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^*^*=r'
I
NEUE JAHRBUCHER
PUR
PHILOLOGIE UND PAEDAGOGIK.
GEGENWÄRTIG HERAUSGEGEBEN
VON
ALFRED FLEGEEISEN v^ HERMANN HASIUS
pBonssoB nr drisosk pbofbssor oi i.bxpzio.
ACHTirNDFÜNFZiaSTEB JAHRGANG.
EINHUNDERTUNDSIEBENUNDDREI8ZIG8TER BAND.
LEIPZIG
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.
1888.
JAHRBÜCHER
PUB
•liiiS
CLA8SISCHE PHILOLOGIE
HERAUSOEaEBEN
VON
ALFRED FLECKEISEIf.
YIERÜNDDREISZIGSTER JAHB&ANe 1888
ODER
DER JAHNSCHEN JAHRBUCHER FÜR PHILOLOGIE UND PABDAGOGIK
BINHUNDERTUNDSIEBBNUNDDREISZIGSTER BAND.
LEIPZIG
DRUCK UNO VERLAQ VON B. Q. TEUBNER.
VERZEICHNIS DER MITARBEITER
AN DEN JAHRGÄNGEN 1885 BIS 1888.
(die in parenthese beig'esetzten zahlen beziehen sich auf das nachstehende Inhalts Verzeichnis-
di« namen der mitarbeiter za den ersten dreiszig* jahrgrin^en sind za anfang- der jahrging«
1860, 1864, 1874 und 1884 abgedruckt)
1. Hbimbigh Adams in Zücich 33.
2. CoHSTAMTiN AMGBBMAirN in 34.
Meiszen (1) 35.
3. August Eduard Anspach in
Cleve (53. 90) 36.
4. Otto Apelt in Weimar (25) 37.
5. Richard Arnoldt in Prenzlau 38.
6. Fbisdrioh Back in Birken feld
7. Emil Baehrbns in Qroning^en 39.
(t 1888) (54. 55) 40.
8. Clbmbhs Bäümkbb in Breslau
9. Adolf Baübr in Graz (45) 41.
10. Ludwig Baubb in Augsburg (31) 42.
11. August Bbck in Basel
12. Jan Wibbbt Beck in Groningen 43.
13. Julius Beloch in Rom (44. 95) 44.
14. Thbodob Bebndt in Herford 45.
(42) 46.
15. Hbbmann Besser in Dresden 47.
16. Friedbich Blass in Kiel (83.
85. 87. 97) 48.
17. Hugo Blümneb in Zürich (40)
18. Rudolf Bobbik in Beigard (9) 49.
19. Wilhelm Böhme in Stolp (7) 50.
20. Felix Böltb in Frankfurt am
Main (56) 51.
21. Kabl Bbandt in Königsberg 52.
(Neumark) (13)
22. Samuel Bbandt in Heidelberg 53.
23. Thbodob Bbaune in Berlin 54.
24. Thbodob Breitee in Hannover
(24) 55.
25. Abthub Bbeusing in Bremen 56.
26. Julius Bbix in Sorau (f 1887) 57.
27. Kabl Bbuomann in Leipzig 58.
28. RiCHABD Bünger in Görlitz
29. Kabl Bubesch in Kiel 59.
30. Karl Busche in Ilfeld (61)
31. Georg Busolt in Kiel 60.
32. Christian Glasen in Hadamar 61.
(26) 62.
Albert Cohv in Berlin (102)
Leopold Cohh in Breslau
Kabl Covradt in Greiffenberg
(Pommern)
Robbrt Crampb in Halle
Christiah Cron in Augsburg
Otto Crusius in Tübingen
(62. 70)
Hermann Dritbr in Aurich
Andreas Deuerling in Burg-
hausen (Oberbaiern)
Eugen Dittrioh in Leipzig (48)
Anton August Draeger in
Aurich
Hans Draheim in Berlin (79)
Heinrich Düntzbr in Köln (53)
Peter Egenolff in Mannheim
Adam Eussneb in Würzburg
Gustav Faltin in Neu-Rappin
(76)
Johann Karl Fleischmann in
Hof
RicHABD Föbstbb iu Kiel
Peteb Wilhelm Fobchhammeb
in Kiel
Kabl Fbick in Höxter
Wilhelm Fbibdbich in Mühl-
hausen (Thüringen)
Anton Funck in Kiel
Waltheb Gebhabdi in Gnesen
(t 1887)
Heinbich Gelzbr in Jena
Albebt Gemoll in Striegau
Karl Ebnst Geobges in Gotha
Martin Clabentius Gertz in
Kopenhagen (39. 111)
Friedrich Giesing in Dresden
(112)
Gustav Gilbert in Gotha
Hans Gilbert in Meiszen
Waltber Gilbebt in Dresden
VI
Verzeichnis der mitarbeiter.
63. Karl Gobbel in Soest (14. 37)
64. AlfmIbd Gobtbe in Glofirau (64)
65. Theodor Gompbrz in Wien
66. Ernst Graf in Marburgs
(Hessen) (74)
67. Ludwig Gurlitt in Steg^Iitz
bei Berlin (114)
68. Karl Hachtmann in Dessau
69. Hermann Hagen in Bern
70. Franz Härder in Berlin (50)
71. Otto Harnecker in Friedeberg^
(Nenmark)
72. Felix Hartmann in Gro8z>
Lichterfelde
73. Theodor Hasper in Dresden
74. Hbrman Haupt in Gieszen
75. Max Hecht in Gumbinnen (105)
76. Ferdinand Heerdbgen in Er-
langten
77. Gustav Heidtmann in Pfaffen-
dorf bei Coblenz
78. Karl Heraeus in Hamm
79. Wilhelm Heraeus in Hanau
80. Heinrich Hersel in ZüllichAu
81. Eduard Hiller in Halle (59.
60)
82. Hermann Hitzig in Zürich (5)
83. Otto Höfer in Dresden (82)
84. Max Hölzl in Dresden (19)
85. Emanuel Hoffmann in Wien
86. Friedrich Hultsch in Dresden
87. Karl Jacobt in Hamburg
88. Constantin John in Urach (77)
89. Emil August Junghahn in
BerUn (106)
90. Adolf Kannengibssbr in Lüne-
burg
91. BRtfNo Keil in Berlin
92. Otto Keller in Prag
93. Karl Kbmpf in Berlin
94. Franz Kern in Berlin (24)
95. MoRiz Kidbelin in München
(67)
96. Georg Knaack in Stettin (15.
22)
97. Friedrich Knoke in Bemburg
98. Wilhelm Heinrich Kolstsr in
Eutin (t 1887)
99. Gborgios Konstantinidbs in
Philippopel
100. Abthub Kopp in Königsberg
(Prenszen)
101. Hebmann Kothk in Breslau
(108)
102. Max Kbbnkbl in Dresden (8)
103. Alfbbd Kunze in Plauen (Vogt-
land) (7)
104. Edmund Lammbbt in Leipzig
(81)
105. Kabl Lang in Lörrach
106. Edmund Lange in Hamm
107. Fbiedbich Leonhabd Lentz in
Königsberg (Prenszen)
108. Kabl Julius Liebhold in
Rudolstadt (16. 99)
109. Hugo Liebs in Waidenburg
(Schlesien)
110. JusTUS Hebmann Lipsius in
Leipzig
111. Abthub Ludwich in Königs-
berg (Prenszen) (18. 34. 96)
112. Bebnhabd Lupus in Straszburg
(Elsasz)
113. Fbanz Lutebbachbr in Burg-
dorf (Schweiz)
114. Kabl Macke in Ahrweiler (76;
115. Hugo Magnus in Berlin (65)
116. Kabl Manitius in Dresden
117. Max Manitius in Niederlösz-
nitz bei Dresden (11. 12. 89)
118. Tbbodob Matthias in Zittau
119. Theodob Maubeb in Mainz (21)
120. Kabl Meiseb in Regensburg
121. Kabl Meissmrb in Bemburg
122. Ludwig Mendelssohn in
Dorpat
123. Heinbich Menge in Mainz (100)
124. Rudolf Menge in Halle (8)
125. Heinbich Mbusbl in Berlin
126. Albbbt Mülleb in Flensburg
(35)
127. C. F. W. Mülleb in Breslau
(20)
128. Gebhabd Heinbich Mülleb in
Wongrowitz
129. Hbbmann Johannes Mülleb in
Berlin (66. 42)
130. Mobitz Mülleb in Stendal
131. Paul Richabd Mülleb in
Merseburg (43)
132. Hebmann Müllbb-Stbübihg in
London
133. Cabl Nauck in Königsberg
(Neumark)
134. Hbbmann Nrtzkbb in Forst
(Lausitz)
135. Kabl Nibbebdino in Gleiwitz
136. Konbad Niembteb in Kiel
137. Hbbmann Nohl in Berlin (20)
138. Johannes Obbrdick in Breslau
139. Raimund Oehlbb in Grosz-
Lichterfelde (46)
140. Jacob Oebi in Basel (84)
141. Fbanz Olck in Königsberg
(Prenszen)
142. Richabd Opitz in Leipzig (38)
143. Thbodoe Opitz in Dresden (7)
144. August Otto in Oppeln
Verzeichnis der mitarbeiter.
VII
145. Fbibdbioh Otto in Wiesbaden 182.
(30) 183.
146. BoBEBT Pabhleb in Wiesbaden 184.
147. Rudolf Pbppmülleb in See-
hansen (AJtmark) 185.
148. Hbbmann Pbtbb in Meiszen
149. Robbbt Pbilippson in Magde- 186.
bnrg 187.
150. THB0D0BPLÖ8sinBa8el(29.58) 188.
151. Wilhelm Pökel in Prenzlau 189.
(35)
152. FbieobichPötzschkb in Plauen 190.
(Vogtland) 191.
153. Fbiedbich Polle in Dresden 192.
(36)
154. Hans Pomtow in Berlin 193.
155. Hkrmanh Pbobst in Münster
(Westfalen) 194.
156. Auoust Pbocksgh in Eisenberg
(103) 196.
157. Gustav Radtkb in Wohlau 196.
158. Ebbst Rbdslob in Weimar(lOl) 197.
159. Paul Rbgell in Hirschberg 198.
(Schlesien) (52. 72)
160. Leopold Reinhabdt in Oels 199.
(Schlesien)
161. Jo HAHNES Richteb in Nakel 200.
(68)
162. Adolf Römeb in Kempten 201.
163. Hbbmann Rönsch in Loben-
stein (t 1888) 202.
164. Wilhelm Heineich Röscher 203.
in Würzen (69)
165. Emil Rosenbebg in Hirschberg 204.
(Schlesien) 205.
166. Otto Rossbach in Breslau 206.
167. Konbad Rossberq in Hildes- 207.
heim 208.
168. Fbanz Rühl in Königsberg
(Preuszen) (4. 17. 46. 104) 209.
169. Heinbich Rumpf in Frankfurt 210.
am Main (f 1889)
170. Paul Rusch in Stettin 211.
171. Leonabd Sad]£e in Freiburg 212.
(Breisgau) (72)
172. Rudolf von Scala in Inns- 213.
brück
173. Kabl Schäfeb in Pforta 214.
174. Kabl Schliack in Cottbus
175. Adolf Schmidt in Jena (f 1887) 215.
176. Max C. P. Schmidt in Berlin
(27) 216.
177. Mobiz Schmidt in Jena (f 1888) 217.
178. Otto Eduabd Schmidt in
Dresden (28) 218.
179. Wilhelm Schmitz in Köln (80) 219.
180. Max Schneidewin in Hameln 220.
181. Hebmann Schbadeb in Ham-
burg (78) 221.
Kabl Schbadeb in^Dtiren
Wilhelm Schbadeb in Halle
Hebmann Sohütz in Potsdam
(88)
Ebnst Schulze in Homburg
vor der Höhe
Kabl Paul Schulzb in Berlin
Paul Schul;sb in Lübeck
Ludwig Schwabe in Tübingen
Alfbed Scotland in Strasburg
(Westpreuszen) (2. 33)
Otto Seeck in Greifswald (93)
Hebmann Siebeck in Gieszen
^Johann Alphon s Simon in
Düren (98. 107)
Jakob Sitzleb in Tauber-
bischofsheim
Wilhelm Soltau in Zabern
(Elsasz) (41. 110)1
Julius Sommbbbbodt in Breslau
Adolf Sonnt in St.'Petersburg
Mabtin Sobof in Berlin
Huao Stadtmüllbb in Heidel-
berg (47. 86)
Peteb Stamm in Rössel (Ost-
preuszen) (27. 103)
Thomas Stanol in München
(91. 92)
Kabl STBaMANN in Geeste-
münde
Paul Stengel in Berlin
Hebmann Steuding in Würzen
(113)
Wilhelm Studemund in Breslau
Joseph Stübm in Würzburg (78)
Fbanz Susemihl in Greifswald
Ludwig von Sfbsl in Marburg
August Tbubeu in Eberswalde
(65)
Adolf Thimme in Verden (75)
Albebt Thumb in Freiburg
(Breisgau)
Paul Tbenkel in Zerbst (63)
Ludwig Tbiemel in Kreuznach
(51)
Kabl Tboost in Frankenstein
(Schlesien)
Kabl Tümpel in Neustettin
(6. 109)
Geobg Fbiedbich Ungeb in
Würzburg (71)
Gustav Ungebmann in Düren
Johannes van deb Vliet in
Haarlem
Fbiedbich Vogel in Nürnberg
Theodob Vogel in Dresden
Fbiedbich Walteb in München
(57. 94)
Geobg Wabtenbkbg in Berlin
VIII }»k»iUtf^!t7Mkfmk,
222, F^mmMAMv Wu:u im MHz ^92. 22^. Jl^tttm Vftmnm \n Vrttkfuri
6H) «MW Miüu
223, AMDkmAMWmDtutMimtß^/rimmmd tt^. H/fmuut Wihtt^ftk tnih^f&wmU
224« AiMXAMvttM ytmnKU. in H«IU 231, Cnuttnom 7AU4n,tm \n Htott'
(73) if^rt fi Mm)
226, FsiTz Wem« in JfUd^y^wzmiU Wt, kt^uumt ZttmKMAMM in WiP
bei I>re«d«D h^lmttUt^r^u
226, Paul Wsiznicscs In Celir 233, (hiWiAV '/appm* in Kifni$nhmr%
227. Max WnhLMAWM in tH^Uin ^Fr^rtUKMr»; ^^1;
(23, 49) 2^, MAWvn jCixKitM in VMtin^tm,
INHALTSVEKZEICHNIH.
(dU in partaÜMf« b«lfM«ixtM MlbUn h^tUä^m ititk mf Am «'«fMi*l«Ai#*4« iff%4Uhmi»
1, beitrage zur deatong »niiker n«aieu (9/ 1
2, zn Homer« Iüm (189) 12
8. biblifche parftllelen za Homero« (102) If>
4. anz, ▼. CCichoriiM de faetie e<rniioUribttf *riti<|Mi««inii« (IM) , 44
6. coniectAne» P»afftni*c* ^82) ,,.,.,, 49
6. Tjreenifchee ron Kjlleo« (214) tM
7. zn Salliutio« (143. 19, 103) 01
8. dae reclproke Terbültnlf bei Caieiar durch #^, ipH h§ «iiege-
drückt (124) 67
9. anz. T. Oeuvre« d*Horftce p, AW*liz (18) .,,.,, 69
10. berichtiguog [betr, AHoetUeber« Akrotioti« von Athen] .... 76
11. über eine Trierer Cfte«*rb*nd«chrift (117) 77
12. zu Attconio« und Apoliineri« Bidoniu« (117) 79
13. zor geechicbte and conipo«ition der Ili»«. V. VI (21) . , , 81. ftl8
14. zor ketbarsi« de« Aristotele« (63) {irt
15. die neueste Übersetzung der Auebasi« (96; , 104
16. zu Piatons Politeia (108) 105
17. Termiscbte bemerkungen. 37—68 (168) 113. 333
18. zn Hesiodos Tbeogonie (111) 131
19. anz. T. HMerguets lex. zu den philo«, sehr. Cieeros (84) . . . 132
20. über die handscbriften von Cicero« Deiotariana (127. 137) . 137. 398
21. zu Vergilin« Aeneis (119) 141. 633
22. Euphorionea (96) 145
23. analecto medica (227) 152
24. zu Sophokles Antigone (24. 94) 159. 451
25. zu Piatons Apologie (4) 160
26. kritische bemerkungen zur geschichte Timolcoos (82) 161
27. ac nnd atque vor consonanten (199. 176) 171. 711
28. zu Cieeros briefen an M. Brutus (178) 179
29. zu Aeneis [IX 176—445] und Ilias [K] (150) 185
30. anz. der zs. des Mainzer verein« f. rhein. gesch. III 4 (145) . 189
31. zu ßilius lUlicu« (10) 193
32. Homerische probleme. 9—14 (222) 225
88. Athene Mentes in Ithake (189) 233
34. zn Hesiodos (111) 241
35. bemerkungen zu Aristophanes (151. 126) 245. 648
36. zn OvidiuB Metamorphosen (153) 266
I
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8T. bh ArchUo«)ki^ ^^1«^ x , , x x , x , * * x x x x x » iW^^
88, kritUclie bew^^kua^u «u ArUlo«»ltMi il^^lwHK y^^^^ % v ^ ^^^^t
88, Bttr AnUialojr)« UUua [\\V x x . x x . x ^^\Kv
90, B« €V>nieliu$ Kepo« ^JI^ , x x . x . . x x x , x . x ^m
1>l, IftxikofraphUck« hoUb v^WO^ x (10
M, Bu den rbetorea UUni minor»« (^H>K x . x x « x . . , x tU
M. 8ladi«ik Bur ^Mhioht« l>iooWlUn» und i'ounUnUu», \ \,\W\s tiH
X InhaltayerzeichiuB.
seile
94. zu Tacitüs annalen (220) 726
95. Theognie vaterstAdt (18) 729
96. zum Homerischen Hermeshjmnos (111) 734
97. Solon und Mimnermos (16) 742
98. Xenophontische Studien. I. 11 (192) 745
99. zur textkritik Piatons (108) 756
100. anz. y. Hypsikles schrift Anaphorikos v. KManitius (123) . . 761
101. zu Plautus Aulularia (158) 763
102. zu Plautus Miles gloriosus (33) 765
108. zur lateinischen grammatik und Stilistik (199. 156) . . . 767. 866
104. die Constantinischen indictionen (168) 789
105. culturhistorische forschungen zum Homerischen Zeitalter (75). 793
106. zu Aineias Taktikos (89) 811
107. zu Xenophons Hellenika (192) 812
108. zu den fragmenten des historikers Timaios (101) 815
109. Achilleus und die lesbische Hierapolis (214) 829
110. zu den römischen tagen (194) 833
111. adnotatiunculae criticae in libellum satiricum qui nunc vulgo
inscribitur Apocolocyntosis (58) 843
112. Verstärkung und ablösung in der cohortenlegion (59) .... 849
113. zu Citeros Cato maior (203) 862
114. genera usitata epistularum (67) 863
BESTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECKEI8EN.
1.
BEITRÄGE ZUR DEUTUNG ANTIKER NAMEN.
1. "kapoc, iKdpioc, ''Ikoc.
Zu WZ. sik 'benetzen, befeuchten', von welcher gr. iKjudc, iKjua-
Aeoc usw. abstammen , scheinen mir mehrere bisher nicht erklärte
mythologische und geographische namen zu gehören, so vor allem
der name des attischen heros 'iKapioc und der des gleichnamigen
demos sowie der inselname ''iKapoc. denn überall finden sich hier
enge beziehungen zum cultus des Dionysos, der so recht eigentlich
der gott der befruchtenden feuchtigkeit ist. es genügt hierfür auf
Preller gr. myih. I^ s. 619 f. zu verweisen, auch für Ikarios, den
vater der Penelope, finden sich beziehungen zum nassen element. so
ist er nach Apollod. III 10, 6 gemahl der naiade Periboia. mehr-
fach heiszt Ikarios auch söhn des Oibalos, der nach den 'HoTai des
Hesiodos auch als vater der quellnymphe Peirene gilt.
Nicht jedoch, wie mir scheint, läszt sich in diesen Zusammen-
hang der name des Daidalossohnes Ikaros bringen, für den Curtius
grdz.^ s. 461 die ableitung von wz. Itt, ik 'schlagen' aufstellt, ist
übrigens, beiläufig bemerkt, dieser ganze mythos nicht rein ätio-
logischer natur, lediglich zur erklärung des namens MKapiov iT^Xa-
TOC erfunden? denn der stürz des Ikaros in das meer und die be-
nennung desselben nach jenem erinnert doch gar zu sehr an den
stürz der Helle und die benennung Hellespontos. vielmehr hat das
meer den namen nach der insel "kapoc, ebenso wie das in der
nähe befindliche karpathische nach der insel KäpTraOoc. übrigens
wird aus Ross inselreisen II s. 166 klar, warum gerade nach der
insel Ikaros das dortige meer benannt worden ist. es heiszt da-
selbst: 'durch die gewalt, mit welcher der wind sich von den berg-
gipfeln auf das meer zunächst an der küste stürzt, bricht er seine
kraft und hört weiterhin ganz auf: während die aufregung, in welche
Jahrbücher für class. philol. 1888 hfl. 1. 1
2 CAngermann : beitrage zur deutung antiker namen.
die rechts und links an der insel sich fortsetzende windströmung das
meer setzt, sich auch dieser von keinem winde beherschten fl&che
mitteilt, so dasz ein sehr starker wellentanz entsteht . . auf diesen
empörten wellen wird dann das schiff mit schlaffen segeln willenlos
hin und her geschaukelt.'
Auch der name der insel ''Ikoc wird von der gleichen wz. sik
herstammen, es ist dies um so wahrscheinlicher, als die jetzt Cheli-
dromia genannte insel trotz jahrhundertelanger Verwüstung und
trotz ihres felsigen Charakters noch immer ziemlich vegetations- und
wasserreich ist , wie aus der höchst beachtenswerten und eingehen-
den beschreibung bei Fiedler ^reisen durch Griechenland' II s. 32 ff.
hervorgeht.
Femer sei dai*auf aufmerksam gemacht, dasz die vielen be-
Ziehungen , die das wort ittttoc und ableitungen desselben , wie die
quellnamen ''Ittttii und ''Ikkii, 'Ittttou Kpiivri, der name des sikelischen
flusses ''iTTTrapic, wofür auch ''iKKOpic, zum nassen element zeigen,
möglicherweise auf das lautliche zusammenfallen der beiden ursprüng-
lich völlig verschiedenen stamme akva und sikva zurückgehen, für
die ezistenz des letztem Stammes läszt sich einerseits das der be-
deutung nach etwas abliegende lat. siccus für sic-vus^ zend. hiku
(etwa 'versiegend'?), anderseits gr. ix^P anführen, das wohl, wie
Clemm (Curtius Studien II s. 53) richtig erkannt hat, auf ttlteres
*Ik-Fop zurückgeht.
Vielleicht ist es auch gestattet den namen des spanischen flusses
Sicoris^ jetzt Segre an die gleiche wz. sik anzuschlieszen. natürlich
ist diese etymologie nur unter der annähme zulässig, dasz dieser
name nicht iberischen Ursprungs ist, sondern von den Ligurem (vgl.
s. 9 f.) oder wie so viele andere auf spanischem boden von den zahl-
reich eingedrungenen Kelten herrührt, es ist dies übrigens um so
wahrscheinlicher, da ein parallelflusz des Sicoris geradezu den namen
Gallicus führt, demnach würde Sicoris nicht blosz wurzel- sondern
auch suffizgleich dem griechischen — oder vielleicht richtiger kari-
schen — iKdpioc sein, etwas weiter abgelegen, aber doch auch mit
einem r-sufüx gebildet ist zend. hikh-ra-m 'flüssigkeit'.
2. Sagray Cdtpoc.
Nicht mit unrecht scheint mir Fick IV s. 56 die eben bespro-
chene WZ. sik auf die ältere wurzelform svak zurückzuführen , von
der er P s. 801 die ableitungen aus den idg. sprachen zusammen-
stellt , darunter lit. sunkiu 'seihen' und ksl. sekna 'flieszen', und mit
erweichung des wurzelauslautes lat. sugere und sanguis. * ableitungen
* tlie primäre wurzel ist wohl sva oder su 'auspressen, erzeugen',
wovon auch gr. üciv, ulöc ('erzeufj;ter*) und got. itunus. Weiterbildung
dieser wurzel mit determinativ k i8t svak^ woraus durch abschwächung
svik, $ik, die daneben erscheinende wurzelform svag^ sug zeigt entweder
Schwächung von k zu g^ wie häufig, oder ist selbständige Weiterbildung
von svGy Mu durch determinativ g.
CADgermann: beitrage sur deutung antiker namen. 3
dieser letztem wurzelform scheinen mir die namen zweier unterita-
lischer flüsse zu sein, nemlich Sagra^ ein fiusz des ßruttierlandes
(Cicero de not. d. II 6 usw; Strabon VI 261), der jetzt mit deut-
scher anlehnung an sacer den namen Sacricmo führt, die Sagra ent-
sprechende m&nnliche namensform zeigt der jetzt Sangro genannte,
die grenzen der Abruzzen bildende Cdtpoc (Strabon V 242 ; Nissen
ital. landeskunde I s. 240). auch der name des pbryg. CatTopioc
schlieszt sich hier zwanglos an. ja selbst den namen der keltischen
Segwina ist man versucht hierher zu stellen,
3. 'AGfivai, *At6ic, 'AiTiKrj.
In Curtius Studien IX s. 252 ff. habe ich gegen Curtius ansieht,
dasz 'ArriKii gleich dcTiKrj sei, einspruch erhoben und die alte
etymologie 'Attikii gleich dKTiKrj , also ^küstenland', wieder in ihr
recht einzusetzen versucht, hiergegen hat Baunack in seinen höchst
schätzenswerten ^beitragen zur altgriechiscben onomatologie' s. 26
sich erklärt, mit hinweis darauf dasz er schon früher in EZ. XXV
s. 250 gegen mich nachgewiesen , dasz die von mir angenommene
assimilation von kt zu tt als gemeingriechisch nicht gelten könne.
er selbst stellt die ansieht auf, dasz 'ArTiKrj für 'AcciKri stehe, also
auf einen stamm ficca zurückgehe, der wurzelverwandt mit lat. aqua
in verschiedenen griechischen y bisher anders erklärten appellativen
und eigennamen vorliege. 'ArTiKrj sei demnach wie auch 'Acia so
viel als ^Seeland', eine nebenform zu 'Acia sei 'Acic, eig. 'Accic,
mit diesem 'natürlich' identisch 'Attic. dies sei umgestaltet mit
aspirierung der doppelcousonanz zu 'Atöic, und in ''Aönvai liege nun
die aus *t8 vereinfachte aspirata vor. der name der hauptstadt sei
demnach wie so häufig stammverwandt mit dem landesnamen.
Ich gestehe dasz mir der weg von einem ursprünglichen Kj durch
die mittelstufen cc oder tt und t9 zu 9, wie er sich in der entwick-
lung äk^a^ öcca, ÖTTa, 'Attikh, 'Attic, 'Atöic, 'Aöfivai zeigen soll,
zu weit ist. anderseits aber halte ich auch nicht mehr an der früher
von mir vertretenen ansieht fest, da eine assimilation von kt zu tt
zwar in andern dialekten, aber nicht im attischen nachweisbar ist.
um in die ganze frage licht zu bringen, bedarf es zunächst einer
Untersuchung über das vorkommen der betreffenden formen 'ArriKri,
'Attic, 'AtGic und 'Aöfjvai. hierbei ergibt sich, dasz die nach
Baunacks ansieht lautlich jüngste form 'A9f)vai sich am frühsten
in der litteratur nachweisen läszt. denn 'AGf^vai kommt mehrfach
bei Homer, auch bei Hesiodos (fr. 106 G.) vor, oft der damit zu-
sammenhängende name 'AGiivair).
Was nun ferner die form 'Attikh betrifft, so erscheint sie wohl
zuerst bei Alkaios und in den iamben des Selon — aus der hexa-
metrischen poesie ist sie ja ihres baus wegen ausgeschlossen — ferner
bei Aischylos (Eum. 681), oft bei Herodotos und Thukydides. ich
führe dies ausdrücklich an, weil diese Schriftsteller immer 'Attikii
sagen, nie etwa 'AcciKrj, während sie sonst ihrem allgemeinen sprach-
ig
4 CAngermann: beitrage zur deutung antiker namen.
gebrauch entsprechend die formen mit cc in eigennamen auch da
anwenden, wo der heimische dialekt derselben tt verlangt, so heiszt
es durchaus GeccaXoi trotz der heimischen form 0€T9aXöc (vgl. Prell-
witz de dialecto Thessalica s. 26), femer bei Herodotos ^^r\cc6c
(VI 13) für attisches 'Y^tittöc, ganz seiner sonstigen gewohnheit
gemäsz, der zufolge er auch aus dorischem A€U)viöac und Aojüidpa-
TOC Aciüviöric und AimdpTiTOC macht. ^ ebenso sagt Thukjdides II
23, 1 BpiXriccöc, während die einheimische form sicherlich nur
BpiXriTTÖc gewesen ist, ich ziehe nun hieraus den schlusz, dasz das
TT in 'ATTiKrj ganz anderer natur ist als das attisch- boiotische TT der
eben erwähnten namen, dem in den übrigen dialekten cc entspricht,
ich möchte demselben dasjenige TT an die seite stellen, das sich in
T^TTQ, ÖTTtt — davon wohl "AttoXoc' — BäTTOc, TTiTTaKOC findet:
denn auch dies wird ebenso wenig wie in 'ArriKrj je durch cc ersetzt,
anderseits gibt es auch zwei lautgruppen cc, dh. neben der gewöhn-
lichen attisch durch tt wiedergegebenen eine solche, die auch im
attischen dialekt nur als cc oder einfaches c erscheint, vgl. hierüber
PCauer in Curtius Studien VIII s. 283.
Was nun die form 'Attic betrifft, so kommt dieselbe, soweit ich
es übersehe, lediglich bei Hesychios vor und ist wohl nur künstlich
construierte zwischenform zwischen 'ArriKrj und 'AtOic.
Diese letztere form erscheint litterarisch wohl zuerst in den
fragment«n der Sappho, und zwar als personenname, so fr. 33 u. 41.
Suidas nennt die trägerin dieses namens unter den ^laipai der
Sappho. da er neben ihr noch eine Meycipa namhaft macht und
Mazimos Tyrios neben der 'AtGic noch eine 'AvaKTopia nennt, die
allerdings vielleicht identisch ist mit der von Suidas unter den
^aOrJTpiai genannten 'Avatöpa MiXricia, so ist es nicht unwahr-
scheinlich, dasz die von Sappho angeredete 'AtOic nach ihrem
heimatsort, nicht mit ihrem eigentlichen namen benannt ist. in
diesem falle zweifle ich nicht, dasz 'AtOic nichts weiter ist als die
koseform für 'A9r)vatc, eine ansieht auf die, wie ich nachträglich ge-
sehen, auch schon Fick (griech. personennamen s. 6) gekommen ist,
der sehr passend an Ndc in seinem Verhältnis zum Stammwort 'lu)V
erinnert, auch auf '€XXdc in seinem Verhältnis zu ''EXXriv liesze sich
hinweisen. 'AOrivatc ist aber seinerseits nichts weiter als ein ganz
regelrecht gebildetes femininum zu *A8iivaToc, man denke an das
Homerische 'Axaub€C, ouk^t' *Axaio(. femer sei daran erinnert, dasz
gerade die feminina auf -ic sehr häufig das Stadtgebiet bezeichnen,
' so viel ich sehe, 6ndet sich bei Herodotos eine einzige ausDahme.
or nennt nemlicb VI 65 denselben Spartanerkönig mit der koseform
"Arie, den er VII 204 und VIII 181 mit dem vollnamen 'HmciXciiic be-
legt. ' unverständlich ist es mir, wenn Bannack ao. s. 29 zar stütze
seiner ableitnng für *ATTiKr| auch den attischen phylennamen 'AttoXIc
und den pamphyliscben stadtnamen 'ATTdXcia heranzieht, die doch beide
erst ableitungen des pergamenischen königsnamens "ATTaXoc sind, über
•ArraXic vgl. Polybios XVI 26 und für 'ArrdXcia Strabon IX 667.
CAngennann: beiti^e znr deutung antiker namen. 5
Tgl. Thuk. in 68, 4 x^pav Tf|v TTXaTaüöa Giißatöa TroirjceTe.
namentlich scheint beim plarale tantum diese bildung bevorzugt
worden zu sein, bei 'AQfivai liegt als besonderer grund zur wähl
für diese bildung noch der umstand vor, dasz die form 'AOrivaia
schon als name der göttin fixiert war. dasz es überhaupt geogra-
phische kurznamen gibt, ist nicht zu bezweifeln: auf das Verhältnis
von AdKiüv zu AaKebaiMÖvioc macht Fick ao. s. LXIII aufmerksam,
andere habe ich in meinem Meiszner programm von 1883 s. 23 bei-
gebracht. •
Weiter sei über das lautliche Verhältnis von 'AtOic zu 'AOrivatc
bemerkt, dasz Baunack ao. s. 19 mit recht hervorhebt, dasz kurz-
namen lautliche Verdoppelung lieben, so KXdovvic, Neorric usw. es
ist auch ganz naturgemäsz dasz das, was der name extensiv einbüszt,
durch eine gewisse intension wieder ausgeglichen wird, so ist nun
t9 in 'At6ic die ganz naturgemäsze Verdoppelung zu 8 in 'AOrivatc.
Übrigens auch in d6m falle, dasz der von Sappho gebrauchte
Personenname 'AtOic nicht landsmännisch zu fassen sein sollte, würde
dodi an der sache nichts geändert, denn es würde dann in diesem
speciellen falle 'AtGic zwar nicht für 'AGiivaic , wohl aber für einen
YoUem namen wie etwa 'ABrivaTÖpa oder 'A6iivöbu)pa stehen.
An das so erklärte 'At6(c ^chliesze ich nun femer ^ATTiKrj an,
in der weise dasz ich es als eine Weiterbildung durch das A^suffix
auffasse, demnach verhält sich 'Attikti zu 'AtOic genau so wie Me-
TapiKrj (zb. bei Xen. Hell. V 4, 18) zu McTapic und GiißaiKri (Stra-
bon Xni 586) zu Oiißatc. auch an AaKU)ViKr| in seinem Verhältnis
zu dem poetischen AoKUJvic sei erinnert, dasz schon im altertum
diese ansieht vertreten war, kann man aus Strabons werten scblieszen,
der IX 397 sagt: 'AKTf|V ^kv fap dirö 'AKTaiujvoc cpaciv, 'AxGiba
ötKal'AxTiKfiv ÄTTÖ *AT0iboc TTic Kpavdou sc. TrpocaTopeuGnvai.
Noch ist ein wort über das Verhältnis der lautgruppe tG in
*AtOic zu TT in 'AmKrj zu sagen, was die physiologische seite be-
trifft, so ist dieser lautwandel genau so zu beurteilen, wie wenn aus
ursprünglichem *K0puGjuJ mit aufgäbe jeder aspiration KOpuTTU) wird.
in der doppelconsonanz läszt sich eben die aspiration — denn bei
dem alter von 'AtGic liegt gewis noch die echte aspirata vor —
weniger leicht festhalten als in einfacher, nach einer mir mündlich
mitgeteilten beobachtung Baunacks scheint sogar nur vor accent tG
sich erhalten zu haben, eine parallele zu *AtGic und 'AxTiKrj bieten
vielleicht die personennamen TTixGeüc und TTiTTaKOC, wenn anders
beide als kurznamen zu betrachten sind, deren erster bestandteil auf
WZ. TTiG zurückgeht, mit dem Charakter der träger dieser namen
würde diese deutung sehr wohl übereinstimmen.
Nachdem wir nun so die entwicklungsreihe 'AGfivai 'AtGic
'ArriKri erkannt haben, wird auch die deutung Baunacks hinfällig.
denn nie und nimmermehr ist es zulässig in 'AGf)vai etwa die be-
deutung Vasserstadt' sehen zu wollen, vielmehr halte ich meine
früher gegebene deutung von 'AGfivai = *die höhen' trotz Baunacks
6 CAngermann: beiträge zur deatuug antiker namen.
einwand, dasz dieser stamm adh sich sonst im griechischen nicht
nachweisen lasse, auch jetzt noch fest, denn was hindert, äv6oc,
dvOepeCüV, dOrjp und ähnliches (vgl. Curtius grdz.^ s. 250) dieser
Wurzel zuzuweisen? auszer den im programm s. 25 zusammen-
gestellten Ortsnamen mache ich jetzt noch aufmerksam auf den
namen des messenischen berges KaXdOiov (Paus. III 26, 11) und
auf die thessalische stadt Calathassa bei Livius XXXII 13 sowie die
arkadische Ortschaft 'ApTۊ6ai bei Paus. VUI 23, 7, deren zweiter
bestandteil sicher auch von gleicher wuj^el abzuleiten ist. eine ganz
besondere stütze für meine erklärung scheint mir noch der name der
göttin 'A611VII oder 'A6iivaia zu bieten, die ich nicht etwa als speciell
'athenische' göttin auffasse, sondern als göttin der höhe im allge-
meinen, ihr besonders ausgebildeter cult in Athen mag sich aller-
dings aus der namensverwand tschaft erklären.
4. Ki^u)Xoc.
Eine schon mehrfach hervorgehobene thatsache der hellenischen
ortsnamenskunde ist es, dasz die namen der inseln des ägäischen
meeres etymologisch viel schwieriger zu erklären sind als durch-
schnittlich die Ortsnamen des festlandes. es ist dies offenbar eine
folge davon, dasz die inselnamen zum grösten teil von einer vor-
hellenischen bevölkerung stammen, Thrakern und ganz besonders
Earern (vgl. Thuk. 1 4). auch mögen einige namen von semitischen,
dh. phönikischen colonisten herrühren, wie zb. C^piq)Oc, Cupoc,
*Avä(pTi (vgl, Kiepert lehrbuch d. alten geogr. s. 250. 252). ein
groszes verdienst um die künde der griechischen inselnamen scheint
sich mir Georg Meyer durch seinen aufsatz 'die Karier' in Bezzen-
bergers beitragen X s. 147 ff. erworben zu haben, insofern er, wie
mir scheint, unwiderleglich nachgewiesen hat, dasz die Karer Indo-
germanen und nicht, wie früher vielfach angenommen ward, Semiten
gewesen sind, auf diese weise ist für die etymologie der inselnamen
ein sicherer ausgangspunkt gewonnen, an dem namen der insel
Ki^u)Xoc sei dies im folgenden dargethan.
« Bei der analyse dieses namens wird es sich empfehlen zunächst
vom Suffix auszugehen, unschwer sondert sich als solches -luXoc ab :
man denke sowohl an griechische bildungen wie q)€iöU)Xöc, d^ap-
TwXöc, und ganz besonders karische personennamen wie MaucciuXöc
und lydische Ortsnamen wie *Ava)Xöc, TTaKTU)X6c usw. (vgl. GMeyer
ao. s. 185). auch noch durch einen andern umstand wird der karische
Ursprung des namens bestätigt, nach Diodoros XI 79 gibt es nem-
lich in der landschaft Megaris einen ort namens Ki^u)Xia. da nun
ohne zweifei in alten zelten Karer diese landschaft bewohnt haben,
so ist es mehr als wahrscheinlich , dasz auch dieser name von den
Karem herstammt.
Nach absonderung des suffixes erhält man nun einen stamm
Kl^o, in dem -man wohl den namen einer färbe vermuten darf, es ist
nemlich das charakteristische merkmal der insel Kimolos ein weisz-
CADgermann: beitrage zur deutang antiker natnen. 7
liches, in groszen bänken lagerndes gestern, das einen trefflichen
baustein abgibt (vgl. Fiedler reisen durch Griechenland II s. 344 ff.
und Bursian geogr. Qr. 11 s. 502). auch der name , den die West-
«uropfter der insel gegeben, Argentieray geht sicherlich auf dieselbe
anschanung zurück, denn von einer silbergrube , die diesen namen
yeranlaszt haben könnte, findet sich keine spur, dieselbe beziehung
auf die weisze färbe liegt nun aber auch offenbar vor im namen des
megarischen Ki^UiXia, das nach Bursian ao. I s. 369 ebenso wie das
daselbst liegende XeuKÖv ireöiov seinen namen von dem weiszlichen
thonboden erhalten hat. man wird nun wohl nicht fehlgehen, diesen
karischen stamm ki^o mit skr. Qjdma ^dunkel', lit. szämas * blaugrau,
grau' (Fick I' s. 52) zu identificieren. die Verschiedenheit der be-
deutung darf nicht auffallen: denn bei den bezeichnungen der färben
finden sich oft solche bedeutungsverschiebungen zwischen den ver-
wandten sprachen, noch will ich bemerken, dasz es ganz mit GMejers
resultaten (vgl. s. 199) übereinstimmt, wenn in dem von uns gefun-
denen karischen stamm ki^o k einem skr. g und lit. sz gegenüber-
steht, denn im gutturalgesetz stimmen griechisch und karisch überein.
als Wurzel ist ki dörren , brennen' anzusehen , von der noch andere
farbenbenennungen stammen, so skr. gjena ^weisz'^ ksl. 59m ^bläu-
lich' ; femer skr. gjdva ^braun', lit. szyvas ^weiszlich' und ksl. sivu
*grau'.
Selbstverständlich hat der name der paphlagonischen stadt
Ki^uiXic bei Ptol. V 4, 2 und Piinius VI 5 denselben Ursprung.
Vielleicht ist es nicht zu kühn auch den bisher meines wissens
nicht erklärten personennamen Ki^uJV auf den gleichen stamm ki^g
zurückzuführen, allerdings ist dies wohl nur unter den Voraus-
setzungen statthaft, dasz dieser name ursprünglich thrakisch ist
und dasz Thraker und Karer nahe verwandte sind, vielleicht er-
hält diese namensdeutung dadurch eine stütze, dasz nach Herodotos
VI 39 der dbeXcpöc ö^o^r|TplOC des ersten uns bekannten trägers
dieses namens den namen MiXTidbric führte, der sich doch schwer-
lich von ^iXtgc 'rötel' trennen läszi, trotz Curtius grdz,* s. 330.
nun ist es aber eine bekannte sitte der Griechen und wohl auch an-
derer Indogermanen , dasz glieder 6iner familie gern namen gleiches
Stammes oder wenigstens ähnlicher bedeutung fahren, ich erinnere
an des Peisistratos vater *l7T7TOKpdTTic und dessen enkel 'liTTTiac und
*'l7nTapxoc, an Armocö^VTic 6 'AXKicöevouc (Thuk. III91, 1), an
*Apxibct|Lioc 6 ZeuSibdjLiou und seine söhne 'Ayic und *ATTiciXaoc, an
das makedonische königshaus, in welchem die bedeutungsverwandten
namen 'A^üviac, 'AXxeTac und 'AX^Havbpoc mehrfach wiederkehren,
so würden auch Ki^iüv als 'der weiszliche' und MiXiidbr^c als Mer
rötliche' passende brudernamen sein.
5. AesiSy Äesar^ Isara,
Bekanntlich gehen viele flusznamen auf den grundbegriff der
raschen bewegung zurück, man vergleiche darüber die von mir im
8 CAngermann : beitrage zur deatung antiker namen.
Meiszner progr. von 1883 s. 11 ff. gegebenen Zusammenstellungen«.
die gleiche Vorstellung scheint mir nun auch in einer anzahl italischer
und keltischer flusznamen vorzuliegen, die ich auf die von Fick I*
8. 29 behandelte wz. is 'anregen, antreiben, schwellen' zurückführe,
es ist dies zunächst ^e^, bei Strabon V 217 und 227 AIcic, flusz in
Umbrien, femer Äesar (Ov. mä. XV 23), bei Strabon VI 262
Aicapoc, flusz bei Kroton. ob der name der samnitischen stadt
Aßsernia auch in diesen Zusammenhang gehört, wage ich nicht zu
entscheiden, femer stelle ich hierher den keltischen flusznamen
IsarOj jetzt Isdre, sowie Isarcus, jetzt BasüJc, auch den namen der
bairischen Isar und der böhmischen Iser ist man versucht hier an-
zuschlieszen. ja sogar ''Icrpoc für *1c-poc stellt sich vielleicht passen-
der hierher als zu wz. sru. auch der name des mjsischen Aic-r|TTOC
mag hierher in seinem ersten bestandteil gehören, während der zweite
teil sicherlich den stamm dp Nasser' enthält.
6. Ortsnamen auf -este.
Mit recht macht meiner ansieht nach Tomaschek in Bezzen-
bergers beitragen IX 101 auf die existenz eines illyrischen suffixes
-ista aufmerksam, das in zahlreichen Ortsnamen wie TergestCy Bigeste^
AtesiBy Ladesta usw. vorliegt, flüchtig erwähnt er auch Segesta an
der Sau sowie den sicilischen ort gleiches namens , erspart es sich
aber weitere Schlüsse aus dieser namensgleichheit zu ziehen, er hat
offenbar übersehen, dasz bindeglieder zwischen diesen beiden räum-
lich 80 weit aus einander liegenden örtlichkeiten vorhanden sind, als
solche betrachte ich das von Plinius III 131 erwähnte Segeste ^ eine
Stadt der Karnier, also eines keltischen Stammes, der nachweislich
ursprünglich illjrisches gebiet occupiert hat; ferner das von Plinius
in 48 erwähnte Segesta TiguUiarutn ^ jetzt Sestri di Levante ^ im
lande der Ligurer. letzteres bildet die unmittelbare brücke zu dem
sicilischen Segesta oder Egesta/ denn offenbar hat Nissen recht.
4 man greift wohl nicht fehl, wenn man die bei den Römern stets
vorkommende form Segesta für die nrsprünglicbe and einheimische hält.
^^EyccTa, wie es immer bei Thakjdides beisst, mag von den sicilischen
Griechen (j^ebildet worden sein, entsprechend der griechischen lautneig^ng
an- und inlautendes s zu zerstören, einen gleichen Wechsel im anlaut
findet man beim namen der Perrhaiberstadt CaX^lilV oder *AX^(i;v (vgl.
Bursian g^ogr. Gr. I 61) und bei dem der spanischen Stadt Salmanticoy
jetzt Salamanca^ wofür Poljbios III 14 *€X^avTlK^ und Livins XXI 5
ffermandica sagt, die form AtyccTa, die oft bei spätem Schriftstellern
auftaucht und bei Strabon die stehende ist, mag wohl volksetjmologisch
angelehnt sein an die zahlreichen mit dem stamm Aly- zusammengesetzten
oder davon abgeleiteten städtenamen wie AiTai, AlT<^c6€va. was end-
lich die bei Verg. Aen, V 718 vorkommende namensform AceMta betrifft,
sowie den namen des vorgeblichen gründers, des Troers Acettet^ so ist
dies wohl nichts als eine etymologische Spielerei, um für den ungrie-
chischen namen "Etcctq eine bedeutungsvolle anknüpfnng au das grie-
chische zu finden, ist doch in der that Acestes dem Aeneas gegenüber
ein heiler und helfer.
CAngermanii: beitrage zur deutung antiker namen. 9
wenn er (itaL landesknnde I s. 469) gestützt auf diese namensgleich-
heit sowie von Eryx und portus JEryciSj ferner der sicilischen stadt
JSnUBa und dem ligurischen flusz '€vT^XXac (Ptol. III 1, 3) die
Eljmer in Sicilien für einen ligurischen Wölkersplitter' erklärt, ja
selbst bis Nordspanien scheinen sich die Ligurer ausgebreitet zu
haben: man vergleiche hierüber Kiepert ao. s. 481. bemerkenswert
ist auch in dieser beziehung, dasz Livius XXXIV 17 eine befestigte
Stadt Segestica erwähnt.
Was nun die abstammung der Ligurer betrifft, so scheint mir
zunächst auf grund ihrer Ortsnamen sowie der auszerordentlich dürf-
tigen Sprachüberreste, die wir besitzen (vgl. LDiefenbach origines
Europaeae s. 111 ff.), das Indogermanentum derselben ausgemacht
zu sein , wie auch Kiepert ao. s. 382 anerkennt, immerhin ist es ja
dabei möglich, dasz hier und da mischungen mit iberischen^ stam-
men, denen manche forscher sie zuweisen wollen, stattgefunden
haben, die frage ist nur, welchem der groszen indogermanischen
zweige sie speciell anzureihen sind, an unmittelbar keltische Ver-
wandtschaft läszt sich meiner ansieht nach aus ethnologischen grün-
den nicht denken, man vergleiche die bilder, die Nissen von dem
volkscharakter der beiden stamme entwirft, und man wird die Un-
vereinbarkeit derselben erkennen, immerhin soll nicht geleugnet
werden, dasz mehrfach mischungen beider stamme stattgefunden
haben mögen, ebenso wenig scheint es mir mit erfolg zu gelingen,
die Ligurer den Italikern oder Etruskem zuzuweisen, bei letztern,
die sich ihnen vor allem feindlich gezeigt und sie in ihren geogra-
phischen sitzen arg beschränkt haben , ist ja das Lidogermanentum
selbst sehr zweifelhaft, auch die geographischen namen bieten keine
ersichtliche Verwandtschaft, aber auch von den seszhaften, ackerbau-
treibenden Italikern scheint sie mir eine tiefe kluft zu trennen,
vielmehr erinnert ihr ganzer volkscharakter, ihre neigung zu ver-
wegener Schiffahrt und seeraub und zum söldnerdienst an die illj-
rischen Völker an der küste des Adria. sind vielleicht die dort sitzen-
den lAhurni sogar ihre besondern Stammes- und namensgenossen?
man vergleiche auch den namen der ligurischen stadt Aißapva bei
Ptol. in 1, 45. nimt man als grundform einen stamm Ligvas an, so
erklären sich die verschiedenen formen sehr leicht.
Von andern geographischen namen, die auf ligurischem und
allgemein illjrischem gebiet wiederkehren, sei auf folgende hinge-
wiesen :
Vada Sdbatia bei Plinius III 48 , jetzt Savona^ erinnert an den
flusznamen Savus und an den namen der oberpannonischen haupt-
stadt Savaria. ich zweife nicht, dasz all diesen namen die oben anm. 1
behandelte wz. su zu gründe liegt, der name der ligurischen SaUuvii,
^ dasz die Ligurer nicht Iberer sind, scheint mir schon aus dem von
Plinias III 48 überlieferten flusznamen Rutuha hervorzugehen, denn nie
lautet ein altiberischer name ebenso wenig wie ein modernes vaskisches
wort mit r an: vgl. Kiepert ao. s. 494.
10 CAngermann: beitrage zar deutung antiker namen.
gr. CdXu€C klingt an das dalmatische Sälona an sowie an CaXuvOioc,
den namen eines königs der Agraier (Thuk. HL 111), eines ursprüng-
lich wohl epeirotischen, also illyrischen Stammes, aach auf SäUntia
im lande der lapyger, also auch eines illyrischen Stammes, sei hinge-
wiesen, der wortstamm mag derselbe sein wie in lat. sal^ gr. äXc.
femer mag der erste bes tandteil des ligurischen stadtnamens Var-
dacate (Plinius III 49) mit dem namen der dalmatischen Vardaei
(Cic. e^pist» V 9, 2; Plinius III 143) zusammenhängen, auch der name
des illyrischen königs BapöuXric oder BdpbuXic wird desselben Stam-
mes sein, ja sogar den volksnamen '€opöoi in Makedonien bin ich
versucht hierherzustellen, als wurzel dieser sämtlichen namen sehe
ich vardh ^erheben' an, wovon skr. ürdhva 'hoch', gr. öpOöc. also
Vardaei =» 'bergbe wohner', endlich sei noch auf den ligurischen
Stadtnamen Dertona hingewiesen, dessen endung mit der zahlreicher
illyrischer Ortsnamen übereinstimmt: vgl. Solana^ Varona, Narona,
Emontty Äenana ua. der name Dertona selbst wird eine Weiterbil-
dung von WZ. cüiar 'halten, tragen' sein (Fick I' s. 116), von der
zahlreiche allgemeine raumbenennungen ausgegangen sind, auch
eine anzahl illyrischer und makedonischer, ja sogar auf griechischem
boden erscheinender Ortsnamen, wie A^pai, Aepieic, A^pbiov usw.
gehört vielleicht hierher.
Aus all diesen gründen stehe ich nicht an die Ligurer für den
am weitesten nach westen vorgeschobenen stamm der einst über ein
weites gebiet hin wohnenden illyrischen völkerfamilie anzusehen,
dieser zweig der Indogermanen , der seine sprachliche Selbständig-
keit nur in den heutigen AJbanesen bewahrt hat, scheint förmlich
die bestimmung gehabt zu haben, in fremden nationalitäten auf-
zugehen, schon im altertum sind viele ursprünglich illyrische
stamme von den Griechen aufgesaugt worden, wie zb. die Thessaler,
Dryoper, Lokrer, vielleicht auch Pelasger ua. und wie viel illyri-
sches blut mag in den ädern so vieler jetziger Romanen , Südslaven
und Neugriechen flieszen I meiner ansieht nach mögen nun einst die
Ligurer mit ihren vermutlichen stammesgenossen, den Sikelem,
ganz Ober- und Mittelitalien bewohnt haben und durch die nach
einander eindringenden Italiker, Etrusker und Kelten von ihren öst-
lichen stammesgenossen, den Venetem und Istriem, losgerissen und
immer weiter nach westen auf das gebirge und den schmalen küsten-
saum sowie auf die inseln des tyrrhenischen meeres gedrängt wor-
den sein.
Doch kehren wir nach dieser ethnologischen abschweifung zu-
rück zu dem in frage stehenden suffiz -este, -ista. ich zweifle nicht
dasz dasselbe ursprünglich ein selbständiges Substantiv gewesen ist
von allgemeiner bedeutung. es bietet sich da auch zum vergleich
das im sanskrit und zend vorhandene Substantiv asta-m 'räum, ort,
heimstätte' dar, offenbar eine ableitung von wz. äs 'sitzen', wozu
auch das griechische fj^ai trotz seiner unorganischen aspiration ge-
hört, vgl. Curtius grdz.^ s. 377 ff. vielleicht liegt das simplex noch
I
CAngermann : beitrage zur deutung antiker namen. 11
TOT in dem lignrischen stadtnamen AMa , jetzt Asti , wofflr freilich
Plinius die vielleicht yolksetymologisch umgestaltete form Hasta
bietet, beiläufig bemerkt erscheint dasselbe Substantiv asta-tn als
ausgang in den modernen asiatischen ländernamen wie Farsistan,
Afghanistan^ Hindostan, eine Weiterbildung von asta^ entsprechend
dem skr. astaka^ scheint mir in dem namen der akarnanischen , also
ursprünglich wohl auch illjrischen stadt ^Actqkoc vorzuliegen.
Bei dem stadtnamen Segesta erscheint mir aber auch der erste
teü des namens erklärbar, ich zweifle nemlich nicht, dasz der stamm
seg in Segesta identisch ist mit dem stamm seg oder segOy der in zahl-
reichen keltischen orts- und personennamen wiederkehrt, ich erinnere
an Segantia^ Segovia^ Segöbriga^ Segodu/num und den personennamen
Segovex. Glück hat in seinen ^keltischen namen' s. 152 diesen stamm
mit dem skr. sahaa ^rubor, vis, potestas' und dem got. sigi Wictoria'
(noch älter segiy vgl. die personennamen Segimerus^ Segimundus) zu-
sammengestellt, noch näher scheint sich mir das sanskritadj. saha-s
'gewaltig, widerstehend, aushaltend' zu stellen: vgl. das von dem-
selben stamme gebildete gr. dxupöc. demgemäsz ist das keltische
Segobriga = *8tarkenburg*, und — wie wir nun sagen dürfen —
das iUjrische Segesta = ^feste , widerstandsfähige statte', denmach
reiht sich dieser name in seiner bedeutung den zahlreichen von mir
im Programm von 1883 s. 21 ff. zusammengestellten städtenamen
an, die auf den grundbegriff 'feste' zurückgehen, eine bedeutung
die namentlich für das pannonische Segesta ausgezeichnet passt:
vgL Appian Illyr. 22 ff. noch sei ausdrücklich bemerkt, dasz die
hier angenommene gleichsetzung von illjr. g mit skr. gh bzw. h und
griech. x vollständig berechtigt ist. denn wie ich bereits im Meiszner
progr. 1883 s. 8 vermutet und Gustav Meyer in Bezzenbergers bei-
tragen Vin s. 185 ff. bewiesen, schlieszt sich das iilyrische in seinem
aspiratengesetz an die nordeuropäischen sprachgruppen keltisch,
litauisch und slavisch an.
Noch einen andern von Tomaschek nicht erwähnten Ortsnamen
auf -este bin ich geneigt als ursprünglich ligurisch in anspruch zu
nehmen, es ist dies der name der latinischen stadt Praeneste. es
erscheint mir die annähme ligurischen Ursprungs nicht zu kühn mit
rücksicht auf die auf Verrius Flaccus zurückgehende notiz, dasz einst
im alten Latium Siculer und Ligurer gesessen. Praeneste selbst
möchte ich als 'Hochheim' erklären, den ersten teil des wertes
halte ich nemlich für eine Weiterbildung der wz. pra, entsprechend
dem skr. pravana-s ^ gr. 7rprivr|C, \&t,pronus, der diphthong ae er-
klärt sich wohl aus einer mittelform pravino-s. die bedeutung übri-
gens stimmt zu der läge von Praeneste vorzüglich: vgl. Verg. Äen.
VII 682 altim Praeneste.
Meiszen. Constantin Angebmann.
I
12 AScotland: za Homers Ilias [A 79— 85j.
2.
ZU HOMERS ILIAS.
A 74 ff. begibt sieb Atbene vom Olympos in das beer der Troer,
was mit folgenden werten bescbrieben wird :
olov b* dcT^pa fiKC Kpövou ndic dTKuXo^1lT€U), 75
f\ vauTi;ici T^pac f\k crpaTiij eup^i Xawv,
Xa^Tipöv ToO öd T€ TToXXol ÖTTÖ CTTiv8fip€C '(cviar
T(?i i\K\)V fjiHev dm xOöva TTaXXäc 'AerjvTi ,
Kdö ö* fOop* ic ^dccov. Gd^ßoc ö' Ixev elcopöwvrac
Tpwdc 8' liTTTOÖd^ouc Ka\ duKvrjmöac 'Axaiouc. 80
wenn Griecben und Troer dies seben und staunen sollen, so kann
die stelle nicht anders verstanden werden , als dasz die göttin auf
ibrem fluge zur ebene die beiden beeren siebtbare gestalt einer stem-
sebnuppe, einer feuerkugel oder eines äbnlicben meteors annahm,
welches die krieger für ein von Zeus gesandtes zeichen ansehen
mnsten. dasz eiKübc, fjiKTO, eibofidvii und ähnliche formen die be-
deutung einer wirklichen Verwandlung an vielen stellen haben, auch
wenn nicht ausdrücklich bd^ac, wie b 756. v 288. n 257. u 31 oder
bd^ac Kai q)U)Viiv, wie X 227, dabeisteht, ist bekannt, und dasz
Homer diese gestalten nicht etwa als schattengebilde auffaszt, wie
man vielleicht aus 0 600 ff. ua. stellen schlieszen könnte, sondern
im gegensatz zu den ipuxoti im Hades , welche Odysseus nicht an-
zufassen vermag (X 392 ff. und 204 ff.; vgl. meine darstellung im
Philol. XLV 8. 590) als handgreifliche körper, zeigen auszer andern
stellen k 302 , wo Hermes dem Odysseus das wunderkraut in die
band gibt, und 0 268, wo Poseidon und Athene die band schütteln,
dasz anderseits ^oikujc aber auch einen bloszen vergleich ausdrückt^
zeigen zweifellos ^ 413. M 385. TT 742, wo fallende menschliche
körper mit einem dpveurrjp, und b 122. 2^ 102, wo einherschreitende
frauen mit Artemis verglichen werden, letztere bedeutung eines
Vergleiches musz aber an unserer stelle diKuTa aus folgenden gründen
haben, bei einer so feinen beobachtung der natur, wie sie uns überall
aus den Homerischen dichtungen entgegentritt, kann man es dem
dichter nicht zumuten, dasz er den menschen eine feuerkugel am
hellen lichten tage sichtbar werden läszt. femer müste man an-
nehmen dasz Athene, nachdem sie als sichtbares meteor nieder-
gefahren, 'plötzlich zwischen beiden beeren, doch unsichtbar, ge-
standen' (Fftsi) und sich dann erst in die reihen der Troer begeben
habe , um dort in der gestalt des Laodokos wieder sichtbar zu wer-
den, warum fuhr sie aber nicht sogleich zu den Troern hinunter?
ihre Stellung zwischen beiden beeren, zumal wenn sie unsichtbar
blieb , war völlig zwecklos, sodann beiszt es in ähnlicher weise von
dem zur Ealjpso eilenden Hermes Xdpu) äpviOi doiKUüC (€51), wobei
schon die alten erkl&rer bemerken: Tf)V öpjLirjv, ou TÖ cui^a, und
AScotland: zu Homers llias [A 79—85]. 13
von der zu Achilleus sich begebenden Athene äputj diKUia (T 350
vgl. a 320). denn wir werden doch hier nicht annehmen, der dichter
habe sich vorgestellt, dasz die göttin als ein flügelspannender (Tavu-
iTT^piS), lant kreischender (XiTU(pu)VOC) falke angeflogen gekommen
w&re, um dann unsichtbar dem Achilleus ambrosia und nektar ein-
zuflöszen, ebenso wenig wie wir glauben, dasz Hermes in gestalt
einer möwe unterwegs fische gefangen habe (ix^Oc dTpu)CCU)v) und
dann in seine eigne natur zurückverwandelt vor Kalypso erschienen
sei. * vielmehr haben wir es mit einem poetisch ausgeführten ver-
gleiche zu thun , dessen tertium comparationis die Schnelligkeit der
bewegung bildet, daher werden wir nicht fehlgehen , wenn wir an-
nehmen, dasz auch in A 74 f^ der dichter nichts anderes habe sagen
wollen als dasz Athene schnell wie ein meteor in die troische
ebene hinabfuhr, wenn Ameis zu A 75 auszer der Schnelligkeit
auch ^das glänzende ihrer erscheinung' mit dem fall einer feuerkugel
verglichen wissen will, so ist mir das unverständlich, wie und wo
hat sich Ameis diese glänzende erscheinung gedacht? in der luft
oder zwischen beiden beeren? in der gestalt der Athene oder in der
einer feuerkugel? sobald man Sichtbarkeit annimt, hört der ver-
gleich auf; Athene fährt dann nicht Vie eine' sondern *als' feuer-
kugel hernieder, nach meiner ansieht kann daher nur die Schnellig-
keit in betracht kommen , so dasz die göttin nach der Intention des
dichters nur dem geistigen äuge dieses allein, wenn ich so sagen soll,
auf ihrer fahrt sichtbar gewesen ist, nicht aber den einander gegen-
über lagernden beeren ; für diese erscheint sie vielmehr erst in den
reihen der Troer in der gestalt des Laodokos. wurde Athene den
menschen aber nicht als meteor sichtbar, so kann sie als solches auch
keinen eindruck auf die krieger gemacht haben, und die verse 79 — 85
müssen interpoliert sein, bestätigt wird der verdacht gegen diese
stelle durch die wunderbare deutung die der erscheinung gegeben
wird:
f{ ß' aÖTic TTÖXcMÖc xe kqköc xai qpüXoTTic aivf]
Iccexai, f\ qpiXÖTTiTa ^ex' d^cpox^poici xiOriciv
Zۆc usw.
* an und für sich wäre gegen eine verwandlang der götter in vögel
nichts einzuwenden, in den meisten fällen sind die götter allerdings
genötigt menschliche gestalt anzunehmen, weil sie füglich anders —
erkannt oder unerkannt — nicht mit den menschen in Unterhandlung
treten können , um unmittelbar in ihre geschicke einzugreifen, sobald
sie aber als blosze beobachter auftreten, verschmähen sie nicht vogel-
gestalt anzunehmen, denn wir werden doch nicht glauben, der dichter
habe die Vorstellung erwecken wollen, dasz Athene x ^^^ '^^^ Apollon
und Athene H 59 in ihrer göttlichen gestalt auf dem russigen dachbalken
bzw. auf einem baumaste hocken, vielmehr müssen wir wirkliche ver-
wandlang in eine rauchschwalbe, worauf schon dvTr^v x 240 hinweist,
und in geier annehmen^ deren göttliche natur allerdings nur dem dichter
offenbar war, während die menschen die eine rauchschwalbe von den
vielen und die beiden geier von den übrigen, welche beutegierig das
Schlachtfeld umschwärmten, nicht zu unterscheiden vermochten.
14 AScotland: zu Homers Ilias [€ 267].
nach der Überlieferung haben wir offenbar doch an eine beiden beeren
sichtbare feuerkngel zu denken, dasz dieselbe wie viele andere den
menschen unerklärliche erscheinungen in jener zeit des aberglaubens
als ein von Zeus gesandtes omen angesehen wurde, ist durchaus
natürlich, aber ebenso natürlich auch , dasz man aus der fülle sol-
cher überraschenden Zufälligkeiten den einen gute, den andern
schlechte Vorbedeutungen beizulegen gewohnt war; 6iner und der-
selben erscheinung aber gutes und böses zugleich zuzuschreiben
wäre ein Widerspruch in sich selbst, daher konnten auch hier die
krieger nicht zweifelhaft sein, ob das zeichen krieg oder frieden be-
deutete, und die versuchte erklärung von Fäsi 'jedenfalls steht
eine entscheidung bevor' ändert daran nichts, offenbar sind die verse
ungeschickt nach A 15 f. nachgebildet, wo der gegensatz zwischen
TTÖX€^oc und q)iXÖTTic begründet ist , da es sich um eine beschlusz-
fassung handelt, ob man den kämpf erneuern oder frieden schlieszen
solle, dazu kommt dasz auch die übrigen verse der verdächtigten
stelle meist aus gemeinplätzen der Homerischen dichtung bestehen:
ed^ßoc V fx€V clcopöiüVTac = T 342 vgl. Q 482. V 815. t 372;
Tpoidc 8' iTTTTGÖä^ouc Ka\ duKvrimbac 'Axoiouc == f 343 vgl. f 127.
131. 6 71; V. 81 = B 271. X 372. 6 328 uö.; &c fipa Tic einecKC
BS X 375. V 170. nach ausscheidung der verse 79 — 85 schlieszt
sich an v. 78 gut v. 86 an, sobald man in letzterm f) bk in f{b4.
ändert, demnach halte ich A 79 — 85 für eine interpolation.
€ 265 ff. lesen wir, dasz das gespann des Aineias von jenen rossen
abstamme , welche Zeus einst dem Tros als entgelt für den raub des
Qanymedes gab, oöv€K* äpiCTOi, wozu Kttttoi oder Ittttiüv t^cav sehr
leicht zu ergänzen wäre , auch wenn der dichter nicht mit fTTTTU)v,
öccoi faci utt' i^ai t' i^^Xiöv T€ (267) fortführe, dieser vers ist aber
nicht nur überflüssig, sondern wegen des utt' i\6j T* i^^Xiöv T€ an-
stöszig. Ebeling lex. Hom. erklärt es durch 'toto terrarum orbe',
was es dem sinne nach offenbar heiszen musz. ob es aber den Worten
nach so heiszen kann? utt' t^Aiov allein könnte diese bedeutung
wohl haben , aber f^^Xioc in Verbindung mit t^uüc kann nur die auf-
gehende sonne bezeichnen, so dasz sich der ausdruck Ott' t^Oü t'
T^^Xiöv T€ nur auf den osten, nicht aber auf den osten und westen
beziehen kann, durch welche beiden begriffe Homer (ebd. 6 29) den
orbis terrarum zu bezeichnen pflegt (Ariston. buo öiacToiceic olbev
*'O^T^poc KOCmKdc, dvaToXf|V Ka\ buciv). dies wird bestätigt durch
i 26. V 240 und M 239, wo irpöc t^oi t' T^eXiöv T€ ausdrücklich dem
Westen (2^öq)0c) entgegengestellt wird, auch hj. a. Apollon 436
di|ioppoi öf| f Tr€iTa irpöc i^u) t* t^^Xiöv T€ firXeucav kann der aus-
druck nur 6ine himmelsgegend bezeichnen, da nun an unserer stelle
notwendig der begriff des orbis terrarum verlangt wird und der
vers 267 entbehrlich ist, so halte ich ihn für interpoliert.
Strasburg in Westpreuszen. Alfred Scotland.
MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros. 15
BIBLISCHE PARALLELEN ZU HOMEROS.
Im folgenden gestatte ich mir den lesem dieser Zeitschrift die
fracht einer vor langem jähren mit steten Seitenblicken auf die
bibel unternommenen durcharbeitong der Homerischen gesänge vor-
zulegen, ich würde diese samlung von parallelen schon früher ver-
öffentlicht haben, wenn ich nicht zufällig erfahren hätte, dasz bereits
dr. Friedrich Burchard Eöster, damals professor der theologie in
Kiel , 'erläuterungen der h. schrift alten und neuen testaments aus
den classikem, besonders aus Homer' herausgegeben hat (Kiel
1833). um nun nicht eine lUaspost Homerum zu schreiben, wünschte
ich zunächst dieses werk kennen zu lernen, indessen stellten sich der
Verwirklichung dieses Wunsches ungeahnte Schwierigkeiten entgegen,
da dasselbe im buchhandel völlig vergriffen ist und meine bemühun-
gen es auf antiquarischem wege zu erlangen ebenso erfolglos blieben
wie meine anfragen bei mehreren gröszem bibliotheken. erst vor
kurzem ist es mir gelungen ein exemplar dieses buches auf einige
zeit zu erhalten , und ich konnte mich nunmehr überzeugen , dasz
meine oben angedeutete befürchtung grundlos war. einmal deckt
sich Rösters arbeit schon deshalb nicht ganz mit der meinigen,
weil er Homerische parallelen zur bibel gibt, während ich
biblische parallelen zu Homer biete, und sodann fand ich,
dasz ich nur in einer geringen anzahl von föUen mit ihm zusammen-
getroffen bin. endlich würde ich, auch wenn letzteres öfter geschehen
wäre, doch mit rücksicht darauf, dasz sein jetzt so selten gewordenes
buch wohl noch keinem leser dieser blätter zu gesiebt gekommen
ist , eine Veröffentlichung meiner samlung nicht ftif* ganz überflüssig
halten, obgleich dieselbe diejenige Eösters, soweit sich letztere auf
Homer bezieht, an reichhaltigkeit übertrifft, ist sie doch weit ent-
fernt davon auf Vollständigkeit anspruch zu machen; vielmehr glaube
ich dasz für eine künftige nachlese auf diesem felde noch mancherlei
übrig bleibt, bei der wörtlichen anführung biblischer stellen ist für
das AT. die Übersetzung von de Wette (4e aufläge, Heidelberg
1858) \ für die apokryphischen bücher die ausgäbe von OFFritzsche
(libri apocrjphi VT. graece, Leipzig 1871), für das NT. die dritte
Stereotypausgabe Tischendorfs (Leipzig 1873) benutzt worden.
ILIAS.
A.
3 ff. iroXXdc V l96i^ouc ipuxotc "Aibi 7rpoiai|i€v
fjpiUUiV, aÖTOUC bk dXuipia T€UX€ KÜV€CCIV
olu)VoTc( T€ näci.
' die von de Wette noch gebrauchte form 'Jehova' ist durchgängig
durch die heutzutage allgemein als richtiger anerkannte 'Jahve' ersetzt.
16 MKrenkei: biblische parallelen za Homeros.
vgl. X 66 ff. aÖTÖv b' 6v irü^aTÖv ^€ küvcc TTpiu-njci Giipijav
üj^TiCTal dpuouciv, direi k^ tic öHx xdkKw
Tuipac ^k ßaXübv ßeO^ujv Ik Gu^öv ^Xrixai,
oOc Tp^cpov iv ii€f&po\c\ TpaTieCfiac Oupaujpouc,
o\ K* i^öv al^a möviec, dXuccovTCC irepi Gu^uj,
K61C0VT' dv TtpoGupOlCl.
T 258 ff. Tijj K^ o\ o\)bk GavövTi x^v im Taiav ixevay ,
dXX' fipa TÖv T€ Kuv€c xe Kai oiiuvol KaT^Saipav
K€i^€vov iy ireöiqj ^Kdc Sctcoc, o\)bl Ki Tic ^iv
xXaOcev 'Axaiidöa)v. vgl. noch P 254 f. X 335 f.
alttestamentliche parallelen sind psalm 79, 2 *8ie geben die laichen
deiner knechte zum firasz den vögeln des himmels, das fleisch deiner
frommen den tieren des landes.' 1 Sam. 17, 44 (Goliath zu David:)
'komm zu mir, dasz ich dein fleisch gebe den vögeln des himmels
und den tieren des feldes' (vgl. 2 Sam. 21, 10). namentlich in den
strafreden der propheten wird das hier angedrohte Schicksal öfter
übelthätem und feindlichen Völkern in aussieht gestellt: vgl. 1 Eon-
21, 19 (Elia zu Ahab:) Mafür dasz die hunde das blut Naboths ge-
leckt haben , sollen die hunde auch dein blut lecken.' v. 23 f. 'die
hunde sollen Isebel fressen im Stadtgraben von Jesreel. wer von
Ahab stirbt in der stadt, den sollen die hunde fressen, und wer stirbt
auf dem felde, den sollen die vögel des himmels fressen' (die erfdl-
lung dieser drohungen s. 22, 38. 2 Kön. 9, 35 ff. vgl. 1 Eon. 14, 11.
16, 4. 2 Kön. 9, 10). Jes. 18, 6 'sie (die Äthiopen) werden über-
lassen allzumal den raubvögeln der berge und dem vieh des feldes,
und es übersommem darauf die raubvögel, und alles vieh des feldes
überwintert darauf.' Jer. 7, 33. 15, 3. 16, 4. Ezech. 29, 5. s. zu
X72ff.
9 ff . 6 Tdp ßaciXfii xoXwGeic
voOcov dvd CTpQTÖv Äpce koktiv, öX€kovto bk Xao(,
oöv€Ka TÖV XpucTiv T^Ti^Tic' äptiTfipa
'AipeiÖTic.
vgl. die alttestamentliche erzählung 2 Sam. 24. 1 Chron. 22 , nach
welcher Jahve eine pest über Israel verhängt, um David für die von
ihm unternommene Volkszählung zu züchtigen.
62 ff. dXX* äfe br\ xiva Mdvxiv ipeio^iev f\ Upf^a
f| Kai öveipoTTÖXov — kqI t^p x' övap ^k Aiöc icxiv — .
diet^elben Offenbarungsmittel kennt das AT., welches den träumen
gleichfalls hohe bedeutung beilegt: 4 Mose 12, 6 'wenn ein prophet
unter euch ist, so thue ich Jahve im gesiebte mich ihm kuAd, im
träume rede ich zu ihm.' 1 Sam. 28, 6 'Saul befragte Jahve, aber
Jahve antwortete ihm nicht, weder durch träume noch durch das
licht' noch durch die propheten.' Hieb 33, 14 f. 'einmal redet gott
und zweimal — man achtet es nicht — im träume, im nachtgesicht,
' gemeint ist das orakel darch Urim and Thammim: s. 2 Mose
28, 30. 3 Mose 8, 8. 4 Mose 27, 21.
MErenkel: biblifiche parallelen zu Homeros. 17
wenn tiefer schlaf die menschen befiLllt, im Schlummer auf dem
Iskger.' Joel 3, 1 ^es geschieht hemachmals, ich werde meinen geist
ansgieszen über alles fleisch und es prophezeien eure söhne und eure
töchter, eure ältesten träumen träume, eure Jünglinge schauen ge-
siebte.' vgl. 1 Mose 20, 3 ff. 18, 12 ff. 31, 10 ff. 24. 40, 5 ff. 41, 1 ff.
46, 2 ff. 4 Mose 22, 8 ff. 19 f. 1 Kön. 3, 5 ff. (2 Chr. 1, 7 ff.) Hieb
4, 12 ff. Jer. 31, 26. Dan. 2, 1 ff . 7, 1 ff. Sach. 1, 8 ff. ua. dasz
jedoch nicht alle träume Offenbarungen der Wahrheit, sondern manche
derselben auch trügerisch sind, weisz sowohl Homer (s. zu B 5 f.)
als das AT. (vgl. Jer. 23, 25 ff. 29, 8. Sach. 10, 2).
197 f. (Athene)
CTfi V Ö7ri0€V, HavGfic bk köjlitic ?Xe TTiiXeiuiva,
otqj qpaivojLi^VTi' tujv b' fiXXujv ou Tic öpäio.
vgl. TT 160 ff.
oub' dpa TTiX€|Liaxoc ibev dvTiov , oub' dvöricev •
ou Ycip TTUJ TrdvTecci 9eoi qpaivovTai dvapxeic
dXX' 'Obuc€Üc Tc Kiivec t€ ibov, Kai ß* oiix uXdovTO,
kvu2ti9|liuj b' ^repujce bid CTaOjuioTo qp6ßT]0€v.
ähnlich ist die alttestamentliche erzählung, nach welcher der dem
Bileam in den weg tretende engel nicht von diesem, wohl aber von
seiner eselin gesehen wird (4 Mose 22, 22 ff.), als die stadt
Dothan, in der sich Elisa aufhält, von einem syrischen beer um-
ringt ist, erblickt der prophet rings um sich her feurige rosse und
wagen, die sein knappe erst dann gewahrt, nachdem ihm auf Elisas
gebet die äugen geöffnet worden sind (2 Kön. 6, 14 ff.). Dan. 10, 7
^ich Daniel sah das gesiebt allein, und die männer, welche bei
mir waren, sahen das gesiebt nicht.' Apg. 9, 7 oi bk dvbpec ol cuv-
obeucvTCC auTUj eiciriKeicav dveoi, dKOÜovTec jii^v xfic qpwvfic,
^r)b^va bi 9€U)poövT€C (bei der bekehrung des Paulus) . s. auch zu
€ 127 f.
423 f. Zeuc Tdp ic 'QKcavöv juex* dinüinovac Ai9i07Tfiac
X9i2!öc Ißri Kaxd baixa, Geoi b* äjna irdviec gircvTC.
vgl. V 205 ff. (Iris)
oux Sboc" eljLii Tdp aöxic ^tt* 'QKeavoTo ^eeOpa,
Ai0iÖ7ru)v k Tctiav , 89i ^e^ouc' dKaxöjLißac
d9avdxoic , iva br\ Kai dtw |Liexabaico|Liai Ipiliv.
a 22 dXX' 6 jiifev Ai9iOTrac |LiexeKia9€ xriXö9* ^övxac (Poseidon).
von Wanderungen ihrer götter auf erden , bei welchen dieselben die
ihnen wohlgefölligen menschen besuchen, wissen auch die semitischen
Völker zu erzählen, so kehrt Jabve mit zwei engein bei Abraham
ein, wo sie gastfreundliche aufnähme finden (1 Mose 18). Elia höhnt
die vergeblich zu ihrem gotte rufenden propheten Baals : ^rufet mit
lauter stimme, denn er ist ja gott! denn er ist (vielleicht) in nach-
denken, er ist bei seite gegangen, er ist auf der reise' (1 Kön.
18, 27).
Jahrbücher für class. philol. 18b8 hTl. 1. 2
18 MKrenkel: bibÜBche parallelen zu Homeros.
B.
6 £P. Um Agamemnon zu einem für ihn unglücklichen kämpfe
zu verlocken, beschlieszt Zeus ihm einen trügerischen träum zu sen-
den, den er anredet:
ßdcK* T9i, oöXe öveipe, Godc im yf\ac 'Axaidiv
^X0ujv de kXiciiiv 'ATa|Li€|Livovoc *ATp€ibao
ndvTtt juidX' dTp€Kdujc dTopeudjuiev ibc diriTdXXu).
GuipfiHai i K^Xcue Kapr]KO|LiöuiVTac 'Axaioüc
iravcubir) • vöv f&Q k€V SXoi iröXiv eupudyi^iav
TpuiuiV ou Tdp fi' djLiqplc 'OXüjLiTTia biijuiai* fxovxec
d9dvaT0i (pp6lo\Tar iTii'x\a^\^e\ fäp SiravTac
*'HpTi XiccojuievTi , Tpiuecci be Krjbe* dqpfJTrrai.
vgl. A 104 &c qpdi' 'AGTivaiT), tuj bk qppdvac öqppovi ireiGev (dem
Pandaros).
C 310 ff. &c "CKTuip dTÖpeu', im hk Tpaiec KcXdbticav
vrjTTior dK Tdp cqpeuiv qppdvac eiXeio TTaXXdc 'AGrivT).
"CKTOpl jLliv Tdp dTTrjVriCaV KQKd jLiriTlÖUiVTl,
TTouXubdjuiavTi b' dp' oö Tic, 8c dcGXi?)v qppdCeTO ßouXriv.
alttestamentliche parallelen sind die geschichte Pharaos, dessen herz
von Jahve verstockt wird, so dasz er sich dem auszuge der Israeliten
möglichst lange widersetzt und, nachdem er in denselben gewilligt,
sie mit heeresmacht verfolgt, um dabei seinen Untergang zu finden
(2 Mose 4, 21. 7, 3 f. 9, 12. 10, 1. 20. 27. 11, 10. 14, 4. 8. 17),
und die erzfthlung 1 Kön. 22, 55 ff. , nach welcher der israelitische
könig Ahab, dem vierhundert propheten einen glücklichen ausgang
seines feldzuges gegen die Syrer vorausverkündigt haben, zuletzt
noch den Micha beschwört ihm die lautere Wahrheit zu sagen, und
von diesem den bescheid erhält (v. 19 — 21): ^ich sah Jahve sitzen
auf seinem throne und das ganze beer des himmels neben ihm stehen
zu seiner rechten und zu seiner linken, und Jahve sprach: cwer will
Ahab bereden, dasz er hinaufziehe und falle bei Ramoth in Gilead ?»
und dieser sprach so und jener sprach so. da gieng der geist her-
vor und trat vor Jahve und sprach: «ich will ihn bereden.» und
Jahve sprach «wodurch?» und er sprach: «ich will ausgehen und
ein lügengeist sein im munde aller seiner propheten.» und er sprach :
«du sollst ihn bereden und wirst es auch vermögen, gehe aus und
thue also.» und nun sieh, Jahve hat einen lügengeist gegeben in
den mund all dieser deiner propheten , und Jahve hat böses ausge-
sprochen über dich.' vgl. Jes. 19, 13 f. Uhoren sind die obersten
Zoans, getcuscht die obersten Nopbs, und Ägypter führen irre die
häupter seiner stamme. Jahve gosz in ihr inneres den geist der
Verkehrtheit, dasz sie die Ägypter irre führen in all ihrem thun, wie
ein trunkener herumirret in seinem gespei.'
808 ff. Während die Achaier bei Aulis mit opfern beschäftigt
sind, verzehrt eine schlänge ein auf einer platane nistendes sperlings-
weibchen samt acht jungen, was als ein groszes wunderzeichen {}xi'xa
MKrenkel: biblische parallelen zu Uomeros. 19
cfi^a, T^pac ^ifd) betrachtet und von Ealcbas folgendermaszen ge-
deutet wird (v. 326—329):
d)C ouTOC Kaxct t^kv* i<pafe CTpouGoTo Kai auTrjv ,
ÖKTiw, öxap juriTtip ^vairi r^v, f^ t^k€ t^kvo,
&c f)|LieTc TOccauT* fiea iiToXeMiEoMev ai39i,
ifSj) beKdruj bk ttöXiv a\pr|C0Mev eupuÖTuiav.
vgl. 1 Mose 41, 1 ff. , wo Pharao träumt, dasz vor seinen äugen
sieben dem Nil entstiegene schöne und fette kühe von ebenso viel
bSszliehen und mageren verschlungen, und alsdann sieben auf einem
balme gewachsene schöne und volle Shren von der gleichen anzahl
magerer und durch den Ostwind verbrannter ähren verzehrt werden,
und Joseph diesen träum dahin auslegt , dasz dem land Ägypten
znnächst sieben jähre des Überflusses, nach denselben aber sieben
hnngerjahre bevorstehen.
411 ff. ToTciv b' €ux6|Li€Voc ^eiicpt] Kpeiuiv 'AYajii^MVUJV
«Zeö Kubicie |Li^TiCT€, xeXaiveqp^c, al9^pi vaCujv,
ixi\ TTpiv ^tt' T^^Xiov bövai Ktti im KV^qpac ^X9eiv,
TTpiv |Li€ KOTd TTpTivic ßaX€€iv T7pi(i|Lioio jLi^XaGpov
ai9aXÖ€V , irpficai bk irupöc briioio 9up€Tpa ,
'6kt6p€ov bk xiToiva irepi cTr|9€cci bat£ai
XaXKqj ßuiYctX^ov • iroX^ec b' djiiq)' auTÖv ^TaTpoi
npriv^ec ^v KOvCqciv öbdH XaZoiaTO TOictv.»
vgl. Jos. 10, 12 ff. ^damals redete Josua zu Jahve, des tages, da
Jahve die Amoriter hingab vor den söhnen Israels und sprach vor
den äugen Israels : «sonne zu Gibeon, stehe stille und mond im thale
Ajalon!» da stand die sonne still und der mond blieb stehen, bis
sich rächte das volk an seinen feinden, ist nicht solches geschrieben
im buche der redlichen?' und es blieb die sonne stehen mitten am
himmel und eilete nicht unterzugeben beinahe einen vollen tag.' das
gegenteil dieses wunders wird C 239 ff. erzählt, wo Here die sonne
noch vor der zeit untergehen läszt, um den ermatteten Achaiern ruhe
vom kämpfe zu verschaffen (vgl. 0 485 ff. und Fäsi zdst.). ander-
seits verlängert Athene die nacht, damit Odysseus und Penelope
nach der Wiedererkennung des erstem durch die letztere sich unge-
stört gegen einander aussprechen können (ip 241 ff.), hiermit vgl.
Hiob 9, 7 'er befiehlt der sonne, dasz sie nicht aufgeht, und sterne
versiegelt er.'
741. Hier wird zuerst ein menschlicher söhn des Zeus genannt
(Peirithoos, vgl. Z 317 f.). andere von ihm mit irdischen frauen
erzeugte söhne sind Aiakos (0 189), Dardanos (Y 302 ff.), Dionysos
(E 325), Herakles (ebd. 323 f.), Minos und Rhadamanthys (ebd.
321 f.), Perseus (ebd. 319 f.), Sarpedon (6 628 ff. Z 198 f.). auch
andere götter haben sterbliche söhne, so Poseidon (A 750 ff. N 206 f.
vgl. mit 185), Ares (B 511 ff. N 518 ff. 0 1 10 ff ), Hermes (TT 179 ff.),
' wahrscheinlich eine alte liederBamluDg, auch 2 Sam. 1, 18 er-
wähnt.
20 MErcnkel : biblische parallelen zu Homeros.
Aphrodite (B 819 ff.) und die fluszgötter Spercheios (H 173 ff.) und
Axios (<t> 139 ff.)) ^^^ Q^c^ ^ ^^^ ff* befinden sich unter den um
Priamos stadt kämpfenden viele söhne unsterblicher, das AT. bietet
hierzu als parallele die erzählung 1 Mose 6, 1 ff., nach welcher
die söhne gottes (dh. engel) mit den schönen töchtem der men-
schen eheliche Verbindungen eingiengen, denen berühmte beiden ent-
stammten.
867. Hier heiszen die Earer ßapßapöcpuiVOi , wie 6 294 die
Sintier dTpiöqpuiVOi , weil sie von den Griechen nicht verstanden
wurden, so heiszen psalm 114, 1 die Ägypter ein ^unverständlich
redendes volk'^ und Jes. 33, 19 die Assyrer ^ein volk von dunkler
rede, die man nicht vemimt, von stammelnder zunge, die man nicht
versteht' (vgl. 28, 11).
r.
298 ff. Z€Ö Ku6icT€ iiificiej Kai dOdvaTOi Oeoi fiXXoi,
ÖTTTTÖTepOl TTpÖTCpOl UTlfep ÖpKia 711^11 V€iaV,
&bi c<p' dipc^cpaXoc xctMdbic {>io\ ujc öbe oTvoc,
auTuJv Kai t€k^u)v, äXoxoi b' äXXoici ba^€l€v.
vgl. Hiob 31, 9 f. ^liesz mein herz sich bethören ob einem weibe und
lauerte ich an der thüre meines nächsten, dann mahle einen andern
mein weib und andere beschlafen sie.'
880 ff. Aphrodite entrückt den Paris , indem sie ihn mit nebel
umhüllt, aus dem schlachtgewühle , wie Hephaislos den Idaios
(€ 20 ff.), Poseidon die beiden Molioneu (A 750 ff.) und den Aineias
(Y 318 ff.), Apollon diesen letztern (6 344 ff.), den Hektor (Y 438 ff.)
und Agenor (<t> 595 ff.), mit Sarpedon ein gleiches zu thun wird
Zeus nur durch den Widerspruch der Here abgehalten, auch das
A. und NT. kennt wunderbare entrückungen, s. zu a 241.
A.
474 ff. CiMoeiciov, öv ttotc ixr\Tr\Q
"IbriOev KatioCca nap' öxöqciv CipöevToc
T€ivaT*, itiei {>a TOKeöciv fijui' 2cTreT0 ^ifiXa ib^cOai.
TOÖv€Kd juiiv KdXeov Ci^oeiciov *
vgl. 2 Mose 2, 10, wo Moses von der tochter Pharaos seinen namen
deshalb erhält , weil sie ihn aus dem wasser gezogen hat (indem der
erzähler, allerdings wohl nicht mit recht, die hebräische namensform
Moscfie von mäscfiä ^ziehen' ableitet).
482 ö V dv KOvir)Ci x^M^^'^ Trdcev , aiTCipoc ujc.
ausgeführter erscheint dieses bild
N 178 ff 6 V aW firecev \iiK\r\ ujc,
f\ 1* öpeoc KOpuqpQ £Ka6€V TT€plqpalVO^^volO
XaXKUj rajuivoMevTi xepeva xöovi qpuXXa neXdccij.
^ de Wette minder genau: 'fremdes volk.*
MErenkel: biblische parallelen zu Homeros. 21
ebd. 389 ff. TT 482 ff.
fjpme V djc öie Tic bpöc fjpmev F| öx^pujk
i\k TTiTuc ßXuüGprj , Tifiv T* o^peci T€KTOvec ävbpec
Ö^TajLiov ireX^Kecci vcrJKeci vrjiov elvai.
^ 414 ff. djc b' 60' ÖTTÖ TiXtiTnc Traipöc Aide dHepiiTi] bpOc
iTpöppiZoc, beivi?) bk Geeiou TiTveiai öbjiii?)
ii auTTic* TÖv b* oö TT€p ix^i 9pdcoc 8c K€v TÖTirai
^TTL'C iiüv, xoXeTTÖc bi Aiöc juieTctXoio KCpauvöc
ftc firec* "GKTOpoc c&Ka xctjual jli^voc dv Koviijciv.
▼gl. Arnos 2, 9 *doch tilgte ich die Amoriter vor ihnen, die hoch
waren wie cedem und stark wie eichen, und ich tilgte ihre frucht
oben nnd ihre wurzel unten.' Jes. 10, 33 f. (wo das assyrische beer
mit einem waJde verglichen wird) ^sieh, der herr^ Jahve der heer-
scbaren , schlägt ab die zweige mit schrecken sgewalt, und die hohes
Wuchses sind, werden umgehauen und die hohen gestürzt, geschlagen
wird des waldes dickicht mit dem eisen, und der Libanon fällt durch
einen mächtigen.'
€.
87 ff. (Diomedes)
60v€ Y«P Sm Trebiov TTOTajitD irXfiöovTi ^oikujc
X€i|iäppu|, 8c t' lÖKtt ßdujv dK^bacce Teqpupac*
TÖV V out' öp T€ Ycqpupai depYjLidvai icxavöiuciv ,
GOT* fipa ?pK€a !cx€i dXtüdiüv dpi0TiXduiv ,
dXöövT* Öairivric, 8t' dmßplcr] Aiöc öjLißpoc
TToXXd b' utt' auToö fpTCt Kairipme KdV ai2!iiuL)v.
vgl. Jes. 8, 7 'der herr läszt die gewaltigen und starken gewässer
des Stromes gegen sie heranziehen (den könig von Assyrien und all
seine herlichkeit) : der tritt über alle seine fluszbetten und geht über
alle seine ufer und dringt ein in Juda, überschwemmt und strömt
über, bis an den hals wird er reichen.' Jes. 46, 7 f. 'wer ists, der
heranziehet gleich dem Nil : gleich den strömen woget sein gewässer?
der Ägypter zieht heran gleich dem Nil, und gleich den strömen
woget das gewässer und spricht: «ich will hinanzieben, das land be-
decken, verderben städte und ihre bewohner.»' 47, 2 (von den Chal-
däem) 'sieh , wasser steigen auf aus norden und werden zum über-
schwemmenden gieszbacb und überschwemmen das land und was
es erfüllt, städte und ihre be wohner.'
127 f. (Athene zu Tydeus :)
dxXüv b' aö TOi dir' öcpOaXjLiiliv ?Xov , f\ Trpiv dirfiev ,
öqpp' cij YiTVU)CKr]C tijli^v Geöv f\bk kqi övbpa.
die Vorstellung, dasz auf dem äuge des natürlichen menschen eine
hülle liegt, die erst durch eine höhere macht gehoben werden musz,
wenn er das vorher für ihn unerkennbare wahrnehmen und erkennen
soll, ist auch dem AT. geläufig, vgl. 1 Mose 3, 5 'gott weisz dasz,
welches tages ihr davon (vom bäume der erkenntnis) esset , so wer-
den eure äugen aufgethan, und ihr werdet wie gott, erkennend gutes
22 MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros.
und böses.' 21, 19 ^gott that ihr (der Hagar) die äugen auf und
sie sah einen wasserbrunnen.' 4 Mose 22,31 'da enthüllte Jahve die
äugen Bileams und er sah den engel Jahves im wege stehen und
sein Schwert gezückt in seiner hand.' 2 Kön. 6, 17. psalm 119, 18.
Jes. 22, 8. Apg. 26, 18. s. auch zu A 197 f.
412 ff. Aus dieser stelle verglichen mit Z 121 geht hervor,
dasz Diomedes' gattin Aigialeia eine Schwester seiner mutter war.
ebenso ist Iphidamas mit einer tochter seines groszvaters mütter-
licher Seite vermählt (A 226), während Alkinoos die Arete, tochter
seines bruders Bhexenor, zur ehe hat (r) 54 ff.). Aiolos gibt sogar
seinen sechs söhnen ihre Schwestern zu frauen (k 5 ff.), auch im
hebräischen altertum finden sich beispiele solcher durch das Mosaische
gesetz (3 Mose 18. 20, 17. 5 Mose 27, 22) verbotener eben, so ist
Abraham mit seiner Stiefschwester Sara (1 Mose 20, 2. 12), sein
bruder Nahor mit Milka, der tochter seines bruders Haran verheiratet
(ebd. 11, 27 ff.), und Thamar, eine tochter Davids, glaubt wenig-
stens dasz ihr vater in eine Verbindung mit ihrem halbbruder Amnon
willigen werde (2 Sam. 13, 13).
866 ff. Diomedes, der schon früher (330 ff.) die Aphrodite ver-
folgt und verwundet hat, besiegt im kämpfe den Ares (vgl. Z 130 ff.),
im AT. ringt Jahve in menschengestalt mit Jakob, welcher dann den
namen Israel erhält, weil er mit gott und menschen gekämpft und
überwunden hat (1 Mose 32, 24 ff.).
898. Nach dieser stelle vgl. mit 0 479 ff. E 278 f. 0 224 f.
befinden sich die Uranionen, dh. das göttergeschlecht, welches mit
Kronos geherscht hatte, tief unter der erde, wohin sie Zeus ver-
stoszen hat, der auch die jetzt mit ihm die weltherschaft teilenden
götter in den Tartaros zu schleudern droht, wenn sie sich gegen
sein gebot auflehnen sollten, vgl. 2 Petr. 2, 4 ö Ocöc äTT^Xuiv
dMapTTicdvTUiV ouk dqpeicaTo, dXXd ceipoTc 2Iöqpou TapTapaicac
Tiap^buiKev €lc Kpiciv Tnpouji^vouc. brief des Judas v. 6 dTT^Xouc
Touc pf| Ttipr|cavTac ttiv ^aurdiv dpxnv dXXd dTToXmövTac tö
tblOV olKTITfiplOV €lc KplClV pCTOXtlC fm^pQC 6€CpOlC dlblOlC UTTÖ
2[Ö(pOV TCTllpTlKCV.
z.
112 (0 174. A 287. 0 487. TT 270. P 185)
dv^p€C fcTC, cpiXoi, Mvf|cac9e bk 0oupiboc dXKfic.
vgl. 1 Sam. 4, 9 ^seid fest und seid männer, ihr Philister, dasz ihr
nicht den Hebräern dienen müsset, so wie sie euch gedienet, so seid
denn männer und streitet!'
128 f. (Diomedes zu dem ihm auf dem schlachtfelde begegnen-
den Glaukos:)
el bi TIC d9avdTU)v fe kut' oupavoO elXrjXouGac ,
OUK fiv fYW)Y€ OcoTciv dTroupavioici jiaxoiMTlv.
vgl. Jos. 5, 13 ff. 'es geschah, als Josua bei Jericho war, da erhob er
seine äugen und schaute, und sieh, ein mann stand vor ihm und sein
MErenkel: biblische parallelen zu Homeros. 23
Schwert gezückt in seiner band, und Josua gieng zu ihm und sprach
zu ihm : «gehörst du zu uns oder zu unsem feinden ?» und er sprach :
«nein, sondern ich bin ein heeroberster Jahves, jetzt bin ich ge-
kommen.»'
146 ff. dir] TT€p qpüXXujv Tcvcrj, toitj bk Kai dvbpiuv.
(puXXa lä jLi^v t' öv€MOC xctjudbic x^€i, fiXXa h4. 8' uXti
TTiXeOöuica qpuei, fapoc b* dmYiTV€Tai iSpt)'
S)c dvbpÄv Y€vef| f\ jiifev qpiiei , f] b' diroXriYei.
eine schöne parallele ist Jesus Sirach 14, 18 ibc qpuXXov OäXXov ^ttI
{>^vbpou bac^oc, Td jLi^v KaraßdXXci, dXXa bk cpuei, o6tu)c koI
T€V€d capKÖc Kai aX^axoc f] juev TcXeuTol, iripa hi Tcwäxai.
ygl. femer Hiob 13, 25 ^ein verwehtes blatt willst du schrecken und
dürre stoppel verfolgen . .?' Jes. 64, 6 *wir welkten wie ein blatt
wir alle, und unsere missethaten rissen wie ein stürm uns fort.' psalm
37, 2 'wie das gras werden sie schell gemäht und wie grünes laub
verwelken sie.' ähnliche bilder Hiob 14, 2. psalm 90, 5 f. 103, 15 f.
129, 6 f. Jes. 1, 30. 37, 27. 40, 6 ff. 51, 12.
166 — 206. Zu der hier erzählten geschichte des Bellerophontes
xuid seiner kinder bietet das AT. mehrfache parallelen. Anteia , die
gattin des königs Proitos , sucht ihn zu verführen , und als er ihren
lockongen widersteht, verleumdet sie ihn bei ihrem gemahl, als habe
er sie zur untreue verleiten wollen, ganz das gleiche widerfährt dem
jugendlichen Joseph, während er sich als sklave im hause Potiphars
befindet (1 Mose 39). Proitos wagt den bei ihm angeschwärzten
nicht selbst zu töten, sondern sendet ihn mit einem seine willens-
meinung enthaltenden täfeichen zu seinem schwäher, dem könige
von Lydien, der infolge dessen den beiden mehrere gefahrvolle
kämpfe zu bestehen nötigt und, als er siegreich aus denselben her-
vorgegangen , ihm einen hinterhalt legt, ähnlich handelt David, in-
dem er Uria dem die stadt Rabba belagernden oberfeldherrn Joab
einen brief tiberbringen läszt, welcher den befehl enthält, ersterm
eine stelle anzuweisen, wo er sichern tod finden müsse (2 Sam. 11).
als Bellerophontes später in Schwermut verfiel, die ihn in die ein-
samkeit trieb, und einer seiner söhne von Ares, seine einzige tochter
von Artemis getötet wurde, leitete man diesen Umschlag seines glucks
davon her , dasz er allen göttem verhaszt geworden sei. so glaubte
auch das hebräische altertum jedes uugltick als eine strafe gottes
und einen beweis seines zomes betrachten zu müssen, eine an-
sieht welche im buche Hiob, das sich die Widerlegung derselben
zur aufgäbe macht, von Hiobs freunden vertreten wird. s. auch
zu u 411.
230 ff. (Diomedes zu Glaukos :)
«Tcuxea b' dXXrjXoic iixa^ü\\to^e\ , öcppa Kai oibe
Tvujciv ÖTi SeTvoi TraTpüüioi eux6|i€0* elvai.»
u)c dpa (pu)vr|cavT€, Ka0' i7T7ru)v diSavie
XeTpdc t' dXXriXu)V Xaßetnv koi TTiCTüücavTO.
fv0' aÖT€ rXauKtu Kpovibric qpp^vac dH^Xeio Zeüc,
24 MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros.
8c TTpöc TubeibTiv Aiofiiribea t€ux€* fiMCißev
Xpiicea xot^Kciujv, dKaTÖjiißoi* ivveaßoiujv.
Tgl. 1 Sam. 18, 3 f. 'es schlosz Jonathan und David einen band,
weil er ihn liebte wie seine seele, und Jonathan zog das oberkleid
aus , das er anhatte , und gab es dem David und seinen rock bis auf
sein Schwert und seinen bogen und seinen gürtel.'
266 ff. xepci b* dviTTTOiciv All Xeißeiv aTGoTia oTvov
äZojLiai • oub^ 7Tr| &ti KcXaiveqp^i Kpoviujvi
a\'|LiaTi Ka\ Xüöpuj TT€7raXaT)i^vov eüxexaacGai.
dies war allgemeine anschauung des Homerischen Zeitalters, vgl.
r 270. TT 230. Q 305. ß 262. f 445. b 750. 759. ^ 336. p 48. 68.
ebenso fordert das Mosaische gesetz von solchen, welche gottesdienst-
liche handlungen verrichten , vorherige Waschungen der hände und
füsze (2 Mose 30, 19 ff. 40, 31 f.) oder auch des ganzen leibes (ebd.
29, 4. 40, 12. 3 Mose 8, 6. 16, 4).
318 ff. (0 493 f.)
iyf b* öpa x€ipC
f YXOC f x' ^vbcKdiTTixu (Hektor) •
0 677 f. (Aias) viüna bfe Euctöv jh^t« vaujuiaxov ^v TraXdjiijciv,
koXXtitöv ßXriTpoici, butüKaiciKociTnixu.
vgl. 1 Sam. 17, 7 (von Goliath) 'der schaft seines Speeres war wie
ein weberbaum, und die spitze seines Speeres war sechshundert sekel
eisen.' 2 Sam. 21, 16 ' Jesbi zu Nob, einer von den erzeugten Baphas
— das gewicht seiner lanze war dreihundert sekel erz' (1 Chr. 12, 23.
21, 5).
344 bäep ^|Ll€lO KUVÖC KaKO|iTlX<^VOU ÖKpUO^CCTlC.
KUUJV findet sich bei Homer nicht selten als Schimpfwort (6 299.
423. 527. A 362. N 623. p 248). ebenso im AT. 'hund' (2 Kön.
8,' 13), Uoter hund' (1 Sam. 24, 15. 2 Sam. 9, 8. 16, 9) und 'hunds-
köpf (2 Sam. 3, 8).
612 ff. £)c u\öc TTpidMOio TTdpic Kard ITepTdiLiou dKpric,
T€ux€Ci irajLiqpoivuiv &c t* t^X^ktujp , ^ßeßrJKCi
KttTXO^öuiv , xax^ec bfe iröbcc qp^pov.
T 397 f. Ö7Ti9€v bfe KOpuccdjLievoc ßfj 'AxiXXeüc,
T€ux€ci irajLiqpaivuiv ujc t* t^X^ktujp Tirepiuiv.
vgl. psalm 19, 6 'diese (die sonne), dem bräutigam gleich, der her-
vortritt aus der kammer, freut sich wie ein held, zu laufen den pfad.'
Matth. 13, 43 töt€ o\ biKaioi dKXdMipouciv ibc ö i^Xioc dv t^ ßaci-
Xeiqt ToO natpöc auiOüv.
H.
148 ff. Der Arkader Ereuthalion fordert im vertrauen auf seine
gute, von Ares stammende rtistung die tapfersten unter den Pyliern
zum kämpfe heraus, aber keiner wagt ihn, den ^rjKiCTOV Kai Kdp-
TiCTOV dvbpa (v. 155) , zu bestehen, bis der jüngste von allen,
Nestor, ihm entgegentritt und ihn besiegt, ebenso fordert der
riesige Goliath, auf seine wehr trotzend, vierzig tage lang die
MErenkel: biblische parallelen zu Homeros. 25
Israeliten heraus, ohne einen gegner zu finden, bis er endlich von
David, dem jüngsten der acht söhne Isais, den er nicht ftir eben-
bfirtig ansieht, besiegt und getötet wird (1 Sam. 17).
821 f. vuiToiciv b* ATavra bir)V€K^€cci T^pctipev
fipiüc *ATp€lbT]c €ÖpUKp€iuiv 'ATaM^juviüV. (vgl. i 437 f.)
G 161 f. TubcibT), irepi ixiy c€ xiov Aavao\ TaxüiruiXoi
?bpij T€ Kpteciv T€ ibi TiXeioic bcTTdecciv. (vgl. M 310 flf.)
in ähnlicher weise ehrt Samuel den bei ihm eingekehrten Saul, in-
dem er ihn unter seinen gasten obenan sitzen und ihm durch seinen
koch die für ihn aufgehobene keule vorlegen läszt , um ihn als den
ersten zu bezeichnen (1 Sam. 9, 22 fif.).
443 fif. Die bei Zeus versammelten götter sehen die von den
Achaiem erbaute mauer, und Poseidon äuszert sich unwillig darüber,
dasz sie dieselbe errichtet haben , ohne sich erst durch opfer um die
gonst der götter zu bemühen, und fürchtet dasz der rühm dieses
bau Werkes die von ihm und ApoUon für Laomedon aufgeführte
mauer verdunkeln werde. Zeus gibt ihm darauf anheim jenes werk
sofort nach der abfahrt der Aehaier zu zerstören, im AT. kommt
Jahve zur erde herab, um die von den bewohnem Sinears gegründete
Stadt und ihren türm zu sehen , fürchtet dasz ihnen nach Vollendung
dieses letztem nichts mehr verwehrt sein werde, und verwirrt ihre
spräche , damit sie vom bau ablassen und sich über die ganze erde
zerstreuen (1 Mose 11, 5 fif.).
478 f. Tiavvuxioc bi cqpiv KttKÖi jiiribeTO uTiTiera Zeöc
C|Li€pbaX^a KTUTreuüV. vgl. 0 133 ff.
auch dem Hebräer bedeutet donner den zorn gottes. vgl. 1 Sam.
7, 10 ^da donnerte Jahve mit groszen schlagen am selbigen tage
über den Philistern und verwirrte sie, und sie wurden geschlagen
vor Israel.' 12, 17 f. (Samuel:) '«ich rufe zu Jahve, und er wird
donnern und regnen lassen, dann erkennet und schauet, dasz ihr
sehr Übel gethan vor Jahve, euch einen könig zu fordern.» und so
rief Samuel zu Jahve, und Jahve liesz donnern und regnen am sel-
bigen tage, da fürchtete sich das ganze volk sehr vor Jahve und
vor Samuel.' Joel 3, 21 'Jahve brüllet aus Zion, und aus Jerusalem
donnert er, und es beben himmel und erde* (vgl. Arnos 1, 2. Jer.
25, 30).
0.
41 ff. Zeus fUhrt zur erde hernieder und setzt sich auf den
gipfel des Ida
eicopöuüv Tpüüujv re iröXiv Kai vfiac 'AxaiOüV.
vgl. 1 Mose 11, 5 'da kam Jahve herab, um die stadt und den türm
zu sehen, welche die söhne der menschen bauten.'
624. Mit jLiOeoc V öc jLiiv vöv UYinc vgl. XÖYOC ÜTinc (Tit.
2, 8), UTiaivouca bibacKaXia (1 Tim. 1, 10. 2 Tim. 4, 3. Tit. 2, 1
vgl. 1, 9), UTiaivovTCC XÖYOi (1 Tim. 6, 3. 2 Tim. 1, 13).
26 MErenkel: biblische parallelen zu Homeros.
I.
812. Die 'Aibao nüXai, 6 15 als cibi^pcai TiuXai bezeichnet
(vgl. TTuXdpTiic als beiwort des 'Aibnc ebd. 367. N 415. X 277),
entsprechen ganz den 'pf orten der unterweit' (Jes. 38, 10, von Septua-
ginta iTuXai $bou übersetzt, vgl. Weisheit Sal. 16, 13. Matth. 16, 18),
welche anderwärts auch 'pforten des todes' (Hiob 38, 17. psalm
9, 14. 107, 18), 'pforten der todesnacht* (Hiob 38, 17) genannt
werden.
386 oub' €l jioi TÖca boir) öca l|id^a6öc t€ kövic t€.
auch bei den Hebräern dient zur sprichwörtlichen bezeichnung einer
zahllosen menge der ^staub der erde' (1 Mose 13, 16. 28, 14) und
der 'sand' (psalm 139, 18), noch häufiger der *8and des meeres'
(1 Mose 32, 12. Jes. 10, 22. Jer. 33, 22. Hos. 1, 10. Apok. 20, 8),
der ^sand am ufer des meeres' (1 Mose 22, 17. Jos. 11, 4. Hebr.
11, 12).
3M (Achilleus:)
rTriXeüc 9riv jlioi fireiTa T^vakd t€ Moccetai auxöc.
vgl. b 10 ff. (von Menelaos)
U\^l bfe CTTdpTT]9€V *AX^KTOpOC fJYeTO KOÜpTlV ,
öc ol TiiXÜYeToc Y^v€TO Kparepöc M€YCtTT^v9T]C
^K bouXric.
die hier vorausgesetzte sitte findet sich auch bei den Hebräern, bei
welchen von den eitern, gewöhnlich vom vater, in ermangelung des-
selben von der mutter dem söhn eine gattin gewählt wird. vgl.
Richter 14, 2 '(Simson) gieng hinauf und berichtete es seinem vater
und seiner mutter und sprach: «ein weib habe ich gesehen zu
Thimna von den töchtern der Philister, und nun nehmet sie mir zum
weibe!»' 1 Mose 34, 4 'Sichem sprach zu Hemor, seinem vater, und
sagte: «nimm mir dieses mägdlein zum weibe.»' 38, 6 ^Juda nahm
ein weib für Ger, seinen erstgeborenen' (vgl. 24, 3 f. 37 f.). 21, 21
'(Ismael) wohnte in der wüste Pharan , und seine mutter nahm ihm
ein weib aus dem lande Ägypten.'
444 ff. Phoinix beschläft das kebsweib seines vaters , welcher
hierauf
TToXXÄ KttTTipäTO, CTUTcpdc b' diTCKeKXeT* ^pivOc,
ixr\ TTOTe foüvaciv olciv dqp^ccecGai qpiXov ulöv
Ö djLi^Gev T€T«wTa • 9€0i b' di^Xeiov dirapdc ,
Zeuc T€ KaTax9övioc koI ^iraivfi ITepceqpöveia.
die gleiche schandthat begeht Jakobs ältester söhn Rüben (1 Mose
35, 22), welcher zur strafe für dieselbe von seinem vater des rechtes
der erstgeburt beraubt wird (ebd. 49, 3 f. 1 Chron. 6, 1 f.).
497 ff. CTpCTTTOl bi T€ KOI 9€0l aUTOl ,
TÜÜV 7T€p Kttl ^€UlUJV dp€Tf| Tl/uHl T€ ßll] T€.
Kai M^v Touc Guiecci Kai €uxujXQc dYavQciv
Xcißf) T€ Kvicri T€ TrapaTpuiTTdic* öv9pujTT0i
Xiccöpevoi, ÖT€ K^v TIC uTTepßfiri Kai dpdpxij.
MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros. 29
242 flf. ßfl 6* TjLi€v dcTCpOTT^ ivaXiTKioc, f^v t€ Kpoviujv
Xeipi Xaßibv drivctHev dir' aliX/jcvioc 'OXupiTou,
bciKVuc cf]|Lia ßpOTOiciv , dpiZiiiXoi bi o\ auTa(.
Idomeneus, von dem dies ausgesagt wird, erinnert damit an den
israelitischen beiden Barak (Richter 4, 6 ff. 5, 1. 12), dessen name
'blitz' bedeutet und sich in dem punischen JBarkas (dem beinamen
Hamilkars) wiederfindet, 'blitz ist ein passender name für einen
im raschen anlauf gegen die feinde den sieg erkämpfenden feld-
herm' (Bertheau).
866 ff. (Othryoneus)
^T€€ bi TTpidiiOio GüTttTpilrv elboc dpCcxriv
Kaccdvbpiiv dvdebvov, ÖTr^cxeio bfe }xi,^a fpTOV,
^K TpoiT]c d^KOVxac dirujc^iiev ulac *Axai(öv.
Tip b* ö T^pujv TTpiapoc örrö t' &X€to kqI Kax^veucev
bu)c^)i€vai • 6 bä juidpvaO' öirocxeciijci mOrjcac.
vgl. Jos. 15, 16 f. (Richter 1, 12 f.) 'Ealeb sprach: «wer Eirjath-
Sepher schlägt und einnimt, dem gebe ich Achsa, meine tochter,
zum weibe.» da nahm sie ein Othniel, der söhn des Eenas, des
bruders Ealebs; und er gab ihm Achsa, seine tochter, zum weibe.'
1 Sam. 17, "25 (die männer von Israel sprachen) 'habt ihr diesen
mann, der herankommt, gesehen? um Israel zu höhnen, kommt er
heran, und wer ihn schlägt, den will der könig bereichem mit
groszem reichtum, und seine tochter will er ihm geben, und das haus
seines vaters will er frei machen in Israel.' 18, 17 'Saul sprach zu
David : «sieh , meine älteste tochter Mesab will ich dir geben zum
weibe, nur sei mir ein tapferer mann und streite die streite Jahves.»'
489 ff. Alvetac b' ^T^pwOev dK^KXcTO otc ^rdpoiciv ,
Anlcpoßöv Tc TTdpiv t' dcopujv Kai *Airtvopa biov,
et ol Sji' fiT€)iöv€C TpüüUiv f cav • ainäp brena
Xaol ?TT0v9', djc e! t€ jueid ktiXov ?ctt€TO pf^Xa
TTiöuev' ^K ßoTdvTic • TdvuTtti b* dpa t€ cppeva TTOi|ir|v.
ein bei den Hebräern sehr beliebtes bild : vgl. Micha 2, 12 f. 'sam-
meln will ich dich, Jakob, ganz, vereinen will ich den rest Israels,
zusammen sie thun wie schafe in den pferch : wie eine herde in ihrer
bürde werden sie lärmen vor menschenmenge. heranziehet der leit-
bock ^ vor ihnen her, sie brechen ein und ziehen ins thor und ziehen
wieder aus durch dasselbe, und es geht ihr könig vor ihnen her und
Jahve an ihrer spitze.' psalm 77, 21 'gleich einer herde führtest
du dein volk durch Mose und Aaron.' 78, 52 'so liesz er gleich
Schafen ausziehen sein volk und leitete sie gleich einer herde durch
die wüste.' 4 Mose 27; 17. 1 Eon. 22, 17. Jes. 40, 11. Ezech. 34, 2.
Micha 7, 14. Bach. 13, 7. Job. 10, 1 ff. Apg. 20, 28. 1 Petr. 2, 26.
5, 2 ff. Hebr. 13, 20.
^ 80 Hitzig (im commentar zdst.), während de Wette dem zusammen-
hange weniger angemessen übersetzt: *der heimkehrende sieger.'
28 MKrenkel : biblibche parallelen zu Homeros.
62 £P. ^v bk Kuboijiöv
lüpce KttKÖv Kpovibric, Kaxct 6* uipööev fJKCv ^^pcac
atjua-n jiiubaX^ac Ö alWpoc, ouvex' fjiieXXev
TToXXäc IqpOijiouc KeqpoXdc *'Aibi TTpoidipeiv.
n 459 ff. ai^aTO^ccac bk \\fiäbac KQTe'xeuev ipaZe
Tiaxba qp(Xov tijliüjv , töv o\ ndxpoKXoc ^peXXev
q)6ic€iv dv Tpoir] ^pißtuXaKi , niXöGi ndipric.
Tgl. 2 Kön. 3, 22 f. ^als sie sieb des morgens früb aufmacbten und
die sonne aufgieng über dem wasser, so saben die Moabiter yon fem
das wasser rot wie blut, und sie sprachen: «das ist blut, vertilgt
haben einander die könige und haben einer den andern erschlagen.»*
269 ff. ibc b* öt' fiv d)bivoucav fxfl ß^Xoc öEu T^vaiKa,
bpijLiu, TÖ xe TTpoieTci juIOTOCxökgi eiXcidmai,
''Hpric GuTax^pec iriKpac ibbTvac fx^^cai,
ftc ö£€i' öbuvai bövov jn^voc *Axp€ibao.
dasselbe bild im AT. Jes. 13,8 ^sie sind bestürzt, von krämpfen und
wehen ergriffen, wie die gebärerin winden sie sich.' 21, 3 ^darum
sind meine hüften voll Schmerzes, wehen ergreifen mich wie der ge-
bärerin wehen.' 26, 17 'wie eine schwangere, nahe der geburt,
wehen empfindet, schreit in ihren schmerzen, also waren wir fem
von dir, Jahvel' Jer. 6, 24. Micha 4, 9. Hos. 13, 13. psalm 48, 7.
M.
37 ff. 'ApYcToi bk Aiöc MdcxiYi bajii^vxec
VTjuciv im TXaqpupQciv deXM^voi Icxavöuüvxo,
"GKXOpa b€ibiöx€c , Kpaxcpöv Mrjcxoupa qpößoio.
N 812 Aide MdcxiYi kok^ dbdjLiTniiev *Axaiol.
vgl. Jes. 10, 26 'dann schwingt über ihn (den Assjrer) Jahve der
heerscharen die geiszel.' Hiob 9, 23 *wenn nur die geiszel tOtete
jählings! aber der prüfung unschuldiger spottet er.' Jos. 23, 13.
Jes. 28, 15. 18.
N.
27 ff. (Poseidon)
ßfl b' dXdav dirl KÜjiiax*. fixaXXe bk xrixe' öir' auxoO
TidvxoGev Ik K€u6|Liaiv , oub' T^YVoincev fivoKxa •
TTlöocüvij bk GdXacca bücxaxo • xoi b* diT^xovxo
ßijuiqpa jidX*, oiib* uir^vcpGe bmivexo xoXkcoc fifuiv.
?gl. 2 Mose 14, 21 f. 'Mose reckte seine band aus über das meer,
da liesz Jahve das meer weggehen durch einen starken Ostwind die
ganze nacht und machte das meer zu trockenem boden , und das ge-
wftsser teilte sich und die söhne Israels giengen mitten durchs meer
auf dem trockenen, und das wasser war ihnen eine mauer zur rechten
und zur linken.' 15, 8 'beim hauch deiner nase häuften sich auf die
wasser, es standen wie ein dämm die ströme, es gerannen die fluten
inmitten des meeres.'
MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros. 29
242 ff. ßn V TjLi€V dCTCpOTT^ dvttXCTKlOC, flV T€ KpOVlUJV
Xeipi Xaßibv drivctHev dir* alYXrjevTOc 'OXO^ttou ,
b€iKVuc cf]|Lia ßpoToTciv, dpiZriXoi bi o\ auxai.
Idomeneus, Ton dem dies ausgesagt wird, erinnert damit an den
israelitischen beiden Barak (Richter 4, 6 ff. 5, 1. 12), dessen name
'blitz' bedeutet und sich in dem punischen Barkas (dem beinamen
Hamilkars) wiederfindet, 'blitz ist ein passender name für einen
im raschen anlauf gegen die feinde den sieg erkämpfenden feld-
herm' (Bertheau).
865 ff. (Othryoneus)
fiT€€ la TTpi(i)iOio GütaTpiDv elboc dpicTTjv
Kacc&vbpTiv dvdebvov, utt^cxcto bfe p^Y« fpTOv,
^K TpoiTic d^Kovxac dirwc^pev ulac 'AxctiOüv.
i4» b' ö Y^pwiv TTpiajLioc ÖTTÖ t' f cx€to Kai Kax^veucev
bu)c^|i€vai • 6 be pdpvaö* öirocxeciijci mGficac.
vgl. Jos. lö, 16 f. (Richter 1, 12 f.) 'Ealeb sprach: «wer Eirjath-
Sepher schlägt und einnimt, dem gebe ich Achsa, meine tochter,
zum weibe.» da nahm sie ein Othniel, der söhn des Kenas, des
bruders EalebS; und er gab ihm Achsa ^ seine tochter, zum weibe.'
1 Sam. 17, ^5 (die männer von Israel sprachen) 'habt ihr diesen
mann, der herankommt, gesehen? um Israel zu höhnen, kommt er
heran, und wer ihn schlägt, den will der könig bereichem mit
groszem reichtum, und seine tochter will er ihm geben, und das haus
seines vaters will er frei machen in Israel.' 18, 17 *SaiQ sprach zu
Dayid: «sieh, meine älteste tochter Mesab will ich dir geben zum
weibe, nur sei mir ein tapferer mann und streite die streite Jahves.»'
489 ff. Aiveiac b' dT€puj0€v ^k^kX€to olc ^idpoiciv ,
Ariicpoßöv Tc TTdpiv t' dcopujv Kai *ATr|VOpa biov ,
Ol Ol äjLi' f]Y€jLi6v€C Tpuju)v ?cav • auxdp f ireiTa
Xaol ?TT0V9', U)C €1 T€ |Li€Td KTiXov IcTieTO jLlflXa
TTiojLiev' i\i ßoTdvTic * Ydvuiai b' dpa te qppeva noiiiiriv.
ein bei den Heljräern sehr beliebtes bild : vgl. Micha 2, 12 f. 'sam-
meln will ich dich, Jakob, ganz, vereinen will ich den rest Israels,
zusammen sie thun wie schafe in den pferch : wie eine herde in ihrer
bürde werden sie lärmen vor menschenmenge. heranziehet der leit-
bock ^ vor ihnen her^ sie brechen ein und ziehen ins thor und ziehen
wieder aus durch dasselbe, und es geht ihr könig vor ihnen her und
Jabve an ihrer spitze.' psalm 77, 21 ^gleich einer herde führtest
du dein volk durch Mose und Aaron.' 78, 52 'so liesz er gleich
Schafen ausziehen sein volk und leitete sie gleich einer herde durch
die wüste.' 4 Mose 27, 17. 1 Kön. 22, 17. Jes. 40, 11. Ezech. 34, 2.
Micha 7, 14. Sach. 13, 7. Joh. 10, 1 ff. Apg. 20, 28. 1 Petr. 2, 25.
5, 2 ff. Hebr. 13, 20.
* 80 Hitzig (im commentar zdst.), während de Wette dem zusammen-
hange weniger angemessen übersetzt: 'der heimkehrende sieger.'
r
*
* .
i
30 MErenkel: biblische parallelen zu Homeros.
I •
\ 0.
l 279 f. direi Tbov "Gktop' diroixÖMevov crixac dvbpujv,
? , TapßTjcav, näciv bfe irapai noci KdirTrece Oujiöc.
F vgl. 1 Sam. 17, 32, wo David im hinblick auf Goliath zu Saul sprich
i 'niemandom falle der mut (eigentlich cdas herz») um seinetwillei
*
!• n.
' 166 £P. o\ bk XuKOi &c
üJjLioqpdYoi, TOiciv t€ irepi qppeciv ficTT€TOC dXKi^,
; Ol t' fXaqpov K€paöv jui^Yctv oCpcci br)U)cavT€C
bdiTTOuciv* ndciv bi. napriiov ai^aTi qpoivöv
■ Kai t' dTcXriböv Taciv dirö Kpnvric juieXavubpou
Xdi|iovT€c T^wjcqiciv dpai^civ }xikav öbiup
dKpov, ip€UYÖ|Li€voi q)ovov aiMaTOC • ^v bi t€ Oupöc
CTrjGeciv dTpopöc den, TrepicxdveTai bi t€ Tacrrip *
ToToi MupMibövuiv f]TriTOp€C i^bfe jliÄovtcc
d^qp' dTa0öv OepdTTOVTa iTobuiKeoc AiaKibao
ßlWOVT*.
352 ff. ibc bi, XuKOi öpvecciv inix^aov f\ dpiqpoiciv
ciVTQi, UTT^K prjXuiv aip€U|Li€VOi, a( t' dv öpecciv
TTOijuidvoc dcppabirjci bi^TjuiaTCv * oi bi Ibövxec
alipa biapTrdi[ouciv dvdXKiba 6u^öv dxoucac *
S)c Aavaoi Tpu)€cciv dn^xpoov.
vgl. Jer. 5, 6 ^darum wird sie der löwe aus dem walde schlagen, d<
abendwolf sie verderben.' Ezech. 22, 27 'ihre obersten sind in ihr<
mitte wie reiszende wölfe, vergieszen blut, verderben seelen, ui
gewinn zu gewinnen.' Hab. 1, 8 'schneller als parder sind seine (d<
Chaldäers) rosse und rascher als abendwölfe, und seine reiter spra
k gen stolz daher und seine reiter kommen von fern , fliegen wie ei
]• adler, der eilet zum frasz.' Zeph. 3, 3. Matth. 7, 15. Job. 10, 1!
884 ff. ujc b* U7TÖ XaiXaTTi irdca KeXaivf) ßdßpiGc xöujv
fiMai' ÖTTUipivu), 6t€ XaßpÖTarov x^^i libuip
Zeuc, öie brj ^' fivbpecci KOieccdMCvoc xaXeTr/jvq,
o'i ßiij €iv d^opiQ CKoXidc Kpivujci 6d^lCTac,
^K bk biKTiv dXdcuiCi, GeiJüv ömv ouk dX^TOvrec
TU)V b€ T€ TrdVT€C jLlfev 71010^01 7rXr|0OUCl ßd0VT€C,
TToXXdc bfe kXitöc tot* d7roT)ir|YOuci xotpdbpai ,
ic b* äXa TTopqpup^Tiv fucYdXa cTCvdxouci ßdoucai
il öpdujv dm Kdp, Mivi39ei bi tc fpY* dvGpiWTruJv.
damit vergleiche die alttestamentliche erzählung von der sintflu
(1 Mose 6 — 8) , welche gleichfalls als ein von Jahve über di
menschen infolge ihrer Sündhaftigkeit verhängtes Strafgericht b<
trachtet wird.
P.
58 ff. oiov bk Tpdcpci fpvoc dvfjp dpiGriXic i\axr\c
Xiupip dv oloTTÖXui^ Ö6' dXic dvaßdßpux€v ubuip ,
MErenkel: biblische parallelen zu Homeros. 31
kqXöv TT|X€9dov • TÖ be le irvoiai bov^ouciv
TravToiuüv dv^jucDv, Kai le ßpuei fiv9ei XeuKqj
(mit beziehung auf Eupborbos). vgl. psalm 52, 10 'ich bin wie ein
grOnender Ölbaum im hause gottes.' 128, 3 'deine söhne (sind) wie
ölbaumpflanzen rings um deinen tisch.'
108 ff. auToip 6 t' ÖOTTicuj dv€x62€TO, XeTire bk vcKpöv,
^VTpoTraXi26|ui€VOc &c le Xic ^uY^veioc ,
6v ßa KÜvec t€ Kai övbpec dirö ciaöjioTo biiuvTai
?TX€Ci Koi qpiuv^ ' toO b* l\ qppeciv äXKijiiov fJTop
TraxvoOrai, d^Kuiv be t' fßr) dirö jiieccauXoio.
&c dirö TTaipÖKXoio Kie HavGöc Mev^Xaoc.
C 161 ff. Obc b' dnö cuijiiaTOc oö ti X^ovt' aT0ijuva buvavrai
TroijLi^vec ÖTpctuXoi }xifa ireivdovra b(€c9ai,
i&c ßa TÖv oÖK ^buvavTO büuj Aiavxe Kopucid
"CKTOpa TTpiajiibTiv dirö vcKpoö beibiHacGai.
vgl. Jes. 31, 4 'gleichwie knurrt der löwe und der junge löwe über
seiner beute, gegen welchen man der hirten menge zusammenruft, vor
ihrer stimme nicht verzagt und vor ihrer menge sich nicht beugt:
also wird Jahve der heerscharen herabsteigen, um zu streiten auf dem
berge Zion und seinem hügel.'
426 ff. iTTTTOi b' AiaKibao )idx»ic dirdveuGev dövxec
KXaTov , ^Tiel br| TTpaiia ttuö^cGtiv fjviöxoio
dv Kovirici TTecövTOC ucp* ''GKTopoc dvbpocpövoio.
der Hebräer Ifiszt selbst die unbelebte natur an den Schicksalen der
menschen teilnähme äuszern : bevge und hügel brechen in jubel aus,
wüste und steppe freuen sich und frohlocken, bäume und ströme
klatschen in die bände (Jes. 35, 1 f. 44, 23. 49, 13. 52, 9. 55, 12.
psalm 48, 12. 65, 13 f. 98, 8).
447 irdvTwv, öcca t€ ^aiay Itti irveiei t€ koi ^pirei
(wiederholt c 131) erinnert ganz an 'alles was sich reget «uf der erde,
worin eine lebendige seele' (1 Mose 1, 30 vgl. 26, 28).
C.
378 ff. TpiTTobac Tdp deiKOCi irdviac freuxev
dcTd|Li€vai Tiepi toTxov ducTa0^oc jueTapoio,
XpOcea bi ccp' uttö KÜKXa ^KdcTiij TruGjLievi OfiKCV ,
öqppa Ol auTÖjLiaToi 0€Tov bucaiai' oTiJuva
i^b' aÖTic TTpöc bujjLia veoiaTO , 0aö|Lia ibdc9ai.
mit diesen dreifüszen vergleichen Köster und Thenius ganz ange-
messen die zehn auf rädern gehenden kupfernen becken des Salo-
monischen tempels (1 Kön. 7, 27 ff.).
T.
404 ff. TÖV b' dp' UTTÖ 2!uTÖ(pi TTpocecpr] iröbac aiöXoc Vttttoc
Edv0oc, dcpap b' f\}x\)ce KaprjaTi* Ttdca be xanx]
^cutXtic ^EepiTTOÖca Trapd Ivyöy oubac kavev.
aubrievTa b' l0riKe-e€d XeuKüüXevoc "Hpr\.
■ I
■ *
t
*,
i
32 MKrenkel : biblische parallelen zu HomeroB.
vgl. 4 Mose 22, 28 ^da that Jahve den mund der eselin auf, und si
sprach zu Bileam' usw.
Y.
'^- 131 XciXeiroi hl 0€Oi cpaivecGai dvapY€ic.
t. vgl. TT 183 ff. fj ^dXa TIC Geöc kci, toI oupavöv eupOv €xouciv.
dXX' iXtiG*, \va toi Kcxapic^^va biio^ev ipd
n^fe XP^c^a btüpa, T€TUTM€va- 9€ib€0 b* fmeujv.
dasz das anschauen des heiligen dem unheiligen verderblich win
ist eine dem hebräischen altertum sehr geläufige Vorstellung: vg
' 2 Mose 33, 20 (Jahve zu Moses:) Mu kannst mein angesicht nicl:
sehen, denn nicht siehet mich der mensch und lebet.' Richter 13, 2
' ^Manoah sprach zu seinem weihe: «sterben werden wir, denn wi
haben gott gesehen».' Jes. 6, 5 ^da sprach ich: «wehe mir, ich bi
verloren ! denn ein mensch von unreinen lippen bin ich und unt<
einem volke von unreinen lippen wohne ich, und den könig, Jahve de
heerscharen, haben meine äugen gesehen».' 1 Mose 16, 13. 32, 3<
2 Mose 3, 6. 19, 21. 20, 19. ö Mose 4, 33. Richter 6, 22 f. 1 Köi
19, 13. Luc. 5, 8.
230 ff. Tpujöc b' aö Tpeic iraibec dfiii^ovcc d£€T^vovTO,
*IX6c t' 'AccdpaKÖc tc Kai dvTiöeoc ravu^rjbiic,
t 6c bf) KdXXicTOc T^veTO 6vtitu)V dvGpiwiruJV
■ I TÖv Ktti dvTipeiHiavTö Geoi Ali oivoxoeueiv
KdXXeoc eivcKtt olo, iv' dGavdTOici |li€T€iii.
der letzte vers kehrt o 251 wieder, wo er den grund angibt, wesbal
Eos den Eleitos raubte, wie schon früher den Orion (e 121). im AI
werden Henoch und £lia, ohne zu sterben, von der erde in de
I himmel entrückt (1 Mose 5, 24. 2 Kön. 2, 1 ff.), dasz jene beide
ersteren diesen vorzug ihrer Schönheit, die beiden letzteren ih
ihrer frömmigkeit zu danken haben, ist bezeichnend für den unte;
schied zwischen griechischer und hebräischer anschauung.
321 f. (Poseidon)
auTiKtt Till jLifcv {neiTtt kot' öcpGaX^ijüV x^€v dxXiiv ,
TTriXcibij 'AxiXnr
T 478 f. (von Penelope)
f] b' out' dGpncai biivaT* dvTiri oötc voTjcar
tQ Tdp 'AGrivaiTi vöov ^Tpaircv.
vgl. aus dem AT. 1 Mose 19, 10 f. 'da streckten die männer (die b
Lot eingekehrten engel) ihre band aus und zogen Lot zu sich hinei
ins haus und verschlossen die thüre, und die männer, welche vor d<
thüre des hauses waren , schlugen sie mit blindheit vom kleinen b
zum groszen , und sie mühten sich ab die thüre zu finden.' 2 Köi
6, 18 'Elisa betete zu Jahve und sprach: «schlage doch dieses vo)
mit blindheit!» da schlug er sie mit blindheit nach dem worte Elisas
Sach. 12, 4 'zu selbiger zeit, spricht Jahve, schlage ich alle rosi
mit scheu und ihre rciter mit Wahnsinn , über das haus Judas ab<
thue ich mein äuge auf, und alle sosse der Völker schlage ich m
MErenkel: biblische parallelen zu Homeros. 33
blindheit.' Luc. 24, 16 ot b^ öcpGaXfioi auTÄv dKpaToOvTO toO fifj
imTVüJvai aöxöv.
O.
64 ff. (Acbilleus)
ö) TTÖTToi, fj M^TCi OaujLia TÖb' 6(p6aXfioiciv öpÄjuai.
fi jLiäXa bi\ TpÄec ^etaXiiTopec, oöc irep ^Tiecpvov,
aÖTic dvacTrjcovTai uttö Zöcpou iiepöevTOC ,
olov bf| Ktti ob* fjXGe cpuTibv ötto viiXefec fjfiap,
Afifivov de T^TCtödriv 7r€7r€pTiM€voc.
vgl, Marc. 6, 14. 16 fJKOucev 6 ßaciXeuc 'Hpübbric, cpavepöv TOip
^T^veio TÖ dvo^a auTOÖ, Kai fXetev öti luudvvTic 6 ßaiTTiZuJV ifr\'
Tepxai Ik vcxpÄv, Kai bid touto dvepToOciv ai buvdjiieic dv auTijli
. . dKOUcac b€ 6 'Hpiübric ^Xetev • «6v i^\h dircKCcpdXica 'liwdvviiv,
oiÜTOC ^T^p6n.»
86. 88 AaoGÖT], GuTdinp "AXiao x^povToc,
ToO b' fxe OuTOT^pa TTpiajiioc, iroXXdc be Kai dXXac.
Priamos selbst sagt von seinen söhnen (Q 495 fif.)
7revTr|K0VTd jioi fjcav, öt' fiXu6ov uiec 'Axaiujv •
dvveaKaibeKa jii^v jliou if^c dK viibuoc fjcav,
Touc b' fiXXouc jLioi fiiKTOV dvi jiieTdpoici TuvaiKCC.
dies erinnert an die Vielweiberei der israelitischen könige David
(2 Sam. 5, 13. 15, 16. 16, 21 f. *20, 3. 1 Chron. 3, 9), Salomo
(1 Kön. 11, 1 ff. Hohesl. 6, 8), Rehabeam (2 Chr. 11, 18 ff.), Abia
(ebd. 13, 21) sowie des richters Gideon (Richter 8, 30).
X.
26 ff. TÖv b' 6 tdpujv TTpiajaoc irpOüTOc ibev 6(p9aX|aoTciv,
irajacpaivovO' uic t' dciep', dTreccujaevov Trebioio ,
6c ^d t' ÖTTüjpTic elciv, dpiürjXoi bd o\ autcxi
cpaivovTai ttoXXoici jaex* dcipdci vuktöc djaoXTiu *
6v Te Kijv' 'Qpiujvoc dTTiKXriciv KaXdouciv.
wie hier Acbilleus, so erscheint Z 401 Astyanax aXiTKioc dcTepi
KaXuj. vgl. 4 Mose 24, 17 *es tritt hervor ein stern aus Jakob, es
steigt ein scepter aus Israel und zerschmettert Moab nach allen Seiten
und vertilgt alle söhne des getümmels.' Jes. 14, 12 'wie bist du
vom himmel gefallen, glanzstern, söhn der morgenröte! zu boden
geschmettert, der du die Völker niederstrecktest!' (gemeint ist der
könig von Babel). Apok. 22, 16 ifd) eijai f] pKa Kai Ydvoc Aauib,
6 dcTTip 6 Xa^TTpöc 6 Trpujivöc.
261 ff. (Acbilleus zu Hektor:)
"Gktop, [xf\ jaoi, fiXacie, cuvriiLiocuvac dYopeue.
ujc ouK ^CTi Xdouci Ktti dvbpdciv öpKia TTlCld ,
ovbk XuKOi le Kai apvec öjaöcppova 9u|a6v ^x^^civ,
dXXd KOKd cppovdouci biajaTiep^c dXXrjXoiciv ,
(jüc OUK ?CT* i[xk Kai cfe (piXr)|Li€vai, ouie ti vüüiv
Jahrbücher für class. philol. 1888 hfl. 1. 3
34 MErenkel: biblische parallelen zu Homeros.
>■
■ -1
r,
k- öpKia fccovTai irpiv t' f\ ?T€pöv t^ irecövia
; aijLiciTOC äcai "Apiia xaXaupivov 7roX€|LiiCTr|V.
S vgl. Jesus Sirach 13, 16 Ti KOivujvr)C€i Xuköc djuviu; oötuüc d^op
TUiXöc TTpöc €vic€ßfi. Matth. 10, 16 Ibou dTib diTocT^XXuj üfiäc ib
irpößara dv M^ciu Xukuüv. dagegen verkünden prophetische weif
sagungen von der Messianischen zeit: ^dann weilet der wolf beii
lamm und der parder lagert sich beim böckchen , kalb und junge
löwe und mastkalb allzumal, ein kleiner knabe führet sie' (Jes. 11, 6'
^wolf und lamm weiden zusammen, und der löwe friszt stroh wie df
rind und die schlänge, staub ist ihre speise' (ebd. 65, 25).
423 ff. TÖccouc Tdp jLioi Tiaibac dir^KTave TiiXeGdovTac.
TÄv TtdvTUJV QU TÖccov öbupoMCii dxvu^€v6c irep
d)C dvöc, oij jLi' fixoc öHu KaioiccTai "Aiboc eicu),
"eKTOpOC.
wie hier Phamos , spricht im AT. Jakob : 'ich will hinabgehen z
meinem söhne trauernd in die unterweit' (1 Mose 37, 35). 'nicht so
mein söhn (Benjamin) hinabziehen mit euch, denn sein bruder h
tot und er ist allein übrig, und begegnete ihm ein Unfall auf dei
wege, welchen ihr ziehet, so brächtet ihr meine gi*auen haare m:
Jammer in die unterweit' (ebd. 42, 38). vgl. 44, 29 ff. 1 Kön. 2, 6. i
140 ff. f vG* aÖT* äXX' dvÖT]C€ TTobdpKnc bioc *AxiXX€Öc •
CTdc dirdveuGe irupfic HavGfjV dTTCKeipaTO xaiiriv ,
Trjv ^a Circpxeiijj TroTajLiiu ipecpe iriXcGöuJcav.
6xGr|cac b' dpa elirev Ibibv ^tti otvoTra ttövtov
*C7r€px€i*, dXXuJc CGI T€ iraTTip iiprjcaTO TTriXeuc ,
K€Tc^ ^e vocTricavTa cpiXiiv ic Trarpiba TCiiav
CGI T€ KÖjliriV K€p^€lV JicHclV G' Upf)V dKaT6|ißT]V ,
TtevTrJKGVTa b' ^vopx« Tiap* auiöGi jifiX' lepeuceiv
ic TTTlTdc, ÖGl TGl T^|Ll€VGC ßUij^ÖC TC GurjClC.
öüc T^pfiG* 6 Y^P^v, cu bi o\ vögv gük iieXcccac.
vöv b* dirci ou v^ojiai fe (piXriv de irarpiba To^av ,
TTaTpÖKXijj T^puji KÖjLiriv ÖTrdcaijiii cpdpccGai.»
dies erinnert an die Nasiräer {ndsir *= 'ausgesoudert , geweiht') d<
AT., welche hieb durch ein gelübde verpflichteten ihr haupÜiai
längere zeit wachsen zu lassen, nach ablau f derselben einen widd«
und zwei schafe opferten und das abgeschnittene haar auf dem unt<
dem Widder angezündeten feuer verbrannten (4 Mose 6. Richte
13, 5. 16, 17. Apg. 21, 23 ff.), mit letzterer handlung vgl. de
brauch des Homerischeu Zeitalters, die Stirnhaare des opfertieres i
die flammen zu werfen (T 254. y 446. l 422).
Q.
161 ff. Ttaibec jLiiv TtttTcp* djiicpi KaGr||i€Voi fvboGev auXfJc
bdKpuciv eijiaT* dcpupov, 6 b' ^v jiCccGici T^paiöc
iVTUTTdC iy X^öiviJ K€KaXu^|LldV0C • djLlCpl bk TTGXXfj
Ti
MKrenkel: biblische parallelen za Homeros. 35
KÖTipoc €riv K€(paXQ le kqi aüx^vi toTo t^POVToc,
Tr|v ^a KuXivböjLicvoc KQTajiiricaTO x^pcW drjciv.
vgL C 23 ff. djLicpoT^prici be x^pciv ^Xübv köviv aiGaXöeccav
X€uaTO KOLK KecpaXfic, x^piev b' ^cxuve irpöcuiTrov
V€KTap^(fj bk. xiTuivi fieXaiv' d^cpiZiave iccppri.
auTÖc b* dv Koviqci ^^tac jueTaXiiicii xavucöeic
KeiTO, (piXrjci bk x^pcl KÖjiiriv Ö^X^ve baiZujv.
X 414 irdviac V iXXiidveue KuXivböjiievoc Kaid KÖirpov.
u) 316 f. djLicpoT^pijci bk x^pciv dXibv köviv alGaXöeccav
Xeilaio KttK K€(paXf)c ttoXitic, dbivd CTCvaxi2!uJV.
auch die Hebräer pflegten sich zur bezeugung der trauer in staub und
asche zu setzen und zu wälzen (Hiob 2, 8. 42, 6. Jes. 6, 26. Micha
1, 10) und sich den köpf mit erde, staub und asche zu bestreuen
(1 Sam. 4, 12. 2 Sam. 1, 2. 13, 19. 15, 22. Neh. 9, 1. Hiob 2, 12.
16, 15. Ezech. 27, 30. Klagel. 2, 10)..
» 448 ff. dXX' ÖT€ br\ TTUpYOUC T€ V€UJV Kttl TdcppOV tKOVTO ,
ot bk vioy irepi böpira cpuXaKxfipec ttov^cvtc '
ToTci b* dcp' ÖTivov fx^ue bidKTopoc dpreicpövinc
ndciv 5 dcpap b' ujiEe rriiXac Kai dTiaiccv öxfjac ,
ic b* äfa-fe TTpiajiiöv re Kai dyXad biüp' in' dTTrjviic.
damit vgl. die erzählung von David , der sich unbemerkt bei nacht
mit nur 6inem begleiter in das lager Sauls schleicht und dessen
Speer und wasserbecher an sich nimt, worauf beide fortgehen, ^und
keiner sah es und keiner merkte es und keiner wachte auf, denn sie
schliefen alle, denn ein tiefer schlaf von Jahve war auf sie gefallen*
(1 Sam. 26, 12). parallelen zu dem geleite desPriamos durch Hermes
bietet auch die Apostelgeschichte (5, 19. 12, 6 ff.), nach welcher
ein engel erst die sämtlichen apostel, dann nochmals den Petrus bei
nacht aus dem gefängnisse führt, dessen thür in dem einen falle von
ihm geöffnet wird, in dem andern sich von selbst vor ihm öffnet.
610 ff. o\ jaev (die kinder derNiobe) ctp' ^vvfi)Liap Keai' ^v cpöviu,
oub^ TIC fjev
KaxOdipai, Xaouc bk XiGouc Troirice Kpoviujv
Toüc b* dpa Tf) beKdiij Gdipav öeoi Oupaviujvec.
vgl. V 162 ff., wo von dem schiffe der Phaiaken, das Odysseus nach
Ithake gebracht hat, berichtet wird:
Tflc bk cxeböv fiX9' ^vocixöujv,
öc jiiv Xdav ^OriKe Kai eppiZiujcev fvepOev
X€ipi KaxaTTpriveT ^Xdcac.
dies erinnert an die alttestamentliche erzählung von Lots weib,
welches in eine salzseule verwandelt wird (1 Mose 19, 26). zu der
bestattung von menschen durch götter vgl. 5 Mose 34, 5 f. ^so starb
daselbst Mose, der knecht Jahves, im lande Moab, nach befehl Jahves,
und er begrub ihn® im thale, im lande Moab, Beth-Peor gegentlber,
und kein mensch weisz sein grab bis auf diesen tag.'
^ andere übersetzen ''man begrub ihn', was sprachlich gleichfalls
zulässig ist.
36 MKrenkel: biblische parallelen za Homeros.
ODYSSEE.
a.
241 (wiederbolt l 371)
vOv hi ^iv dKXeiujc äpiruiai dvripeiHiavTO.
vgl. b 72 f. vOv aij iraTb' dTöTTTiTÖv dvTipein/avTO OueXXai
dKX^a dK jii€TdpuJv.
u 66 ujc b' öie TTavbapdou KOiipac dv^XovTo GueXXai . .
ebd. 77 TÖcppa hi. TÖc Koupac äpnuim dviipein/avTO.
diese redensarten scheinen von spurlos verschwundenen stehend ge-
wesen zu sein: vgl. 1 Eon. 18, 12 Venn ich nun gehe von dir und
der geist^ gottes trägt dich, wohin ich nicht weisz.' 2 Kön. 2, 16
*sie sprachen zu ihm : «sieh doch, es sind unter deinen knechten fun&ig
wackere männer, die mögen doch gehen und deinen herm suchen,
dasz ihn nur nicht der geist Jahves genommen und ihn geworfen auf
einen der berge oder in eins der thäler».' Ezech. 3, 14 ^der geist hob
mich empor und führte mich hinweg, und ich fuhr dahin, erbittert
im zome meines gemütes, aber Jahves band war mächtig über mir,
und ich kam zu den weggeführten zu Thel-Abib' usw. in dem apo-
kryphischen buche Bf)X Kai bpdKUJV wird von dem in Judtta lebenden
Propheten Habakuk berichtet (v. 36): dTreXdßcTO 6 dtT^^OC Kupiou
Tflc Kopucpfic auTOö , Kai ßacTdcac ifjc KÖ|Lir]c xfic KecpoXf^c auToO
€0TiK€v aÜTÖv elc BaßuXüüva dirdvoj toO Xokkou , dv tiu ßoiZ[uj toO
TTveu^aTOC auTOö. (39) 6 hl dTTcXoc toO 0€Oö dTreKaTdcxrice töv
'A^ßaKÖ^ Trapaxpnfia elc töv töttov auroO. Apg. 8, 39 öt€ hk
dvdßr]cav ^k toö öbaioc, irveÖMa Kupiou f^piraccv töv OiXiTnrov xal
oÜK eTbev auTÖv ouk^ti ö euvoöxoc. s. auch zu V 380 fT.
T.
148 fif. (Agamemnon) ßouXeTO Ydp ^a
Xaöv dpuKaK^eiv, i^ilax & lepdc ^KaTÖ^ßac ,
liic TÖV 'A0TivaiT]c beivöv xöXov ÖaK^caiTO ,
vriTTioc , oübfe TÖ fj^n > 8 ou TreicecGai fjiieXXev •
QU Tdp t' alipa 9€ujv Tp^7T€Tai vöoc alfev iÖVTlWV.
vgl. 4 Mose 23, 19 'nicht mensch ist gott, dasz er lüge, noch
menschensobn, dasz er bereue.' 1 Sam. 15, 29 'das vertrauen Israels
lügt nicht und bereut nicht, denn nicht der mensch ist er, um zu
bereuen.'
' im hebrKiscIun ritach üioszen wie im griechischen irvcö^a die be-
griffe 'wind' und 'geist' zunammen. v«rl. Jesus Sirach 89, 28 f. (Über-
setzung aus dem hehräischen) £cTi TTvcO^ara, d cic ^KbiKi^civ ^ktictoi,
Kai 4v Oufiip aÖTuiv dcrep^ujcav jidcTiToc auruiv, xal dv xaipiij ciwre-
Xeiac Icxuv ^kx€oOciv, xal töv Gujiöv toö TroirjcavTOC aOrouc xondcouciv.
TrOp xal x<^^Q^<<f Kai Xi^öc xal OdvaToCf TTdvra ToÜTa eic ^x&{xr)Civ
^XTiCTai. Hitzijf zu der oben angeführten stelle Ezechiels: ^ritach hier
ist <wind, stürm», aber auch d^r ist gotte.s , ist sein nicht blo8Z in die
belebten wesen, sondern überhaupt in die weit gegossener ödem, der
sie durchzieht und vor Stagnation bewahrt.'
MErenkel: biblische parallelen za Uomeros. 37
h.
10 fP. (Menelaos)
vM\ bk C7TäpTri6€v 'AX^KTopoc fit€TO Koupriv ,
6c Ot TT]XUT€T0C T^V€TO KpaT€pÖC MCTOTT^VOllC
iK bov\r]C' '6X^vij bi Ö€oi tövov oük^t' fcpaivov,
direi bf| TÖ irpoiTOV dteivaio rraib' dpaTeivriv,
*6p|iiövTiv, fi dboc ?x€ xpwc^nc 'Acppol)iTT]c.
80 nehmen die patriarcben Abraham und Jakob auf veranlassung
ihrer eignen unfruchtbaren galt innen deren mSgde zu kebsweibem,
von denen sie dann kinder erhalten (1 Mose 16, 1 ff. 30, 1 ff.)-
l.
162 f. Af\\n) bi\ TroT€ TOiov ^AttöXXujvoc irapot ßujmjj
(poiviKOC v^ov ?pvoc dv€px6|i€Vov ^vÖTica
sagt Odjsseus, um die Schönheit der Nausikaa zu bezeichnen, vgl.
den hebräischen frauennamen Thdmdr ^palme' (1 Mose 38, 6. 2 Sam.
13, 1. 14, 27) und psalm 92, 13 'der gerechte grtint wie die palme,
wächst wie eine ceder auf dem Libanon.'
282 ff. ibc b* ÖT€ TIC xpwcöv irepixeucTai dpTupi}) dvfjp
ibpic, öv "HcpaicTOc b&a€v Kai TTaXXdc 'ASrivT]
T^XVTiv TTavToinv, xctpievTa bk f pT« TeXeiei ,
&c dpa Tuj KttT^x^ue x^ipiv KecpaXrj le.Kai uj^oic.
vgl. € 69 ff. MTipiövr]C bk. 0^P€kXov dvrjpaTO, T^ktovoc xAöv
*Apiiovib€w, 8c x^pciv dTTiCTaTO baibaXa Tidvia
xeuxeiv * f Eoxa tdp jiiiv dq)iXaTo TTaXXdc 'AGrjVTi.
0 410 ff. dXX' ujc T€ CTdGjLiTi böpu vrjiov ^EiGuvei
T6KT0V0C ^v iraXdjiiijci barjjLiovoc , öc pd t€ 7TdcT]C
€0 eibfji cocpiric u7ro9nMOCÜvr|civ 'A9r|vr]C ,
(JÜC jLlfcv TÄV ^TTl Ica ^dxil T^TttTO TTTOXciaÖC 16.
auch die Hebräer nahmen einen göttlichen Ursprung künstlerischer
fertigkeiten an : vgl. 2 Mose 28 , 3 'du sollst reden mit allen , die
verständiges sinnes sind, die ich erfüllet mit verständigem geiste,
dasz sie die kleider Aarons machen, ihn zu heiligen, dasz er mir
priester sei.' ebd. 31, 2 ff. *sieh, ich habe namentlich berufen Bezaleel,
den söhn Uris, des sobnes Hurs, vom stamme Juda, und habe ihn er-
füllet mit dem geiste gottes, mit verstand imd einsieht und künde
und allerlei werk, künstlich zu sinnen, zu schaffen in gold und silber
und in kupfer und in bearbeitung von steinen zum einsetzen und in
bearbeitung von holz, zu schaffen in allerlei werk, und sieh, ich habe
ihm zugegeben Oholiab, den söhn Ahimelecbs, vom stamme Dan, und
habe allen, die verständiges sinnes sind, verstand in den sinn gegeben,
dasz sie machen alles, was ich dir geboten' (35, 30 ff. 36, 2).
201 ff. aUi Tdp TÖ irdpoc fe 0eoi cpaivovTai dvapTeic
fmiv, €Öt' fpbuüjLiev dTaKXciTdc dKaTÖjiißac,
baivuvTai T€ irap* d.\x\xi KaGrJiLievoi, ^v0a irep fmeic.
38 MKrenkel : biblische parallelen za Homeros.
vgl. p 485 fP. Kai t6 Oeoi Seivoiciv loxKÖiec dXXobaTroTciv ,
iravToToi t€X^0ovt€c, dniciptücptüci iröXiiac,
dvOpuüTTwv ußpiv T€ Kai €uvo|Liir)V d(popu)VT€C.
eine parallele bietet die dttestamentlicbe erzftblung, nach welcher
Jahve, um sich zu vergewissem, ob das gerücht von der sttndhaftig-
keit Sodoms und Gomorras begründet sei , in begleitung von zwei
engein auf erden erscheint, bei Abraham unter den eichen von Mamre
einkehrt und das ihm von jenem bereitete mahl genieszt (1 Mose 18).
I.
411 voöcov b* oö TTUiC f CTi Axöc |Li€TdXou dXtecöai.
dazu Fäsi : ^das altertum ist überhaupt geneigt in einer geistigen Stö-
rung eine krankheit zu finden, die von einem gotte geschickt ist' (wofür
aus Homer noch die Schwermut des Bellerophontes angeführt werden
kann, s. zu Z 155 — 205)- vgl. die alttestamentliche auffassung der
geisteskrankheit Sauls: 'der geist Jahves wich von Saul, und es
ängstigte ihn ein böser geist von Jahve' (1 Sam. 16, 14). 'es ge-
schah am andern tage , da geriet ein böser geist von gott über Saul
und er rasete im hause' (ebd. 18, 10 vgl. 19, 9).
X.
72 ff. ^rj jLi' äKXauTov äöaitTov lujv öniöev KaraXeiiTeiv,
voccpicöeic , [xr\ toi ti 9ca»v juriviina T^vuiMcti,
dXXd ^€ KaKKfiai cuv reuxeciv, äcca jiioi fcTiv,
cfiiLid ri jLioi xeöai ttoXitic im Givl 0aXdccT]c,
dvbpöc bucxrivoio, Kai icco^^voici iruG^cGai
fleht die seele Elpenors den Odjsseus an. auch den Israeliten galt
es für ein schreckliches loos kein grab zu erlangen , und die bestat-
tung unbeerdigter leichname war daher eine heilige pflicht vgl.
psalm 79, 35 'sie vergossen ihr blut wie wasser ringsum Jerusalem,
und keiner begrub.' Jer. 14, 16 'das volk, welchem sie prophezeien,
soll hingestreckt werden in den straszen Jerusalems von hunger und
schreck, und niemand soll sie begraben, sie, ihre weiber und ihre
söhne und ihre töchter.' 7, 33. 8, 2. 9, 21. 16, 4. 25, 33. Ezech.
29, 5. 1 Kön. 13, 22. 14, 11. 21, 14. Bf)X Kai bpdKUJV 30. daher
rühmt sich der fromme Tobit (Tobit 1, 17 f.) ci Tiva Ik toö t^vouc
ÜOU ^Ö€U)p0UV T€9VTlKÖTa Kai ippijLl^VOV ÖTTICU) TOÖ TCIXOUC NlVCUfl,
cGaiTTOv auTÖv. Kai ci Tiva dir^KTCwe Cewaxiiplfi ö ßaciXeuc, öt€
f^XSe cpeuTUJV Ik ttjc loubaiac, ^Gaijia auTOuc kX€ittu)v. s. auch
zu A 3 ff.
90 ff. Die erscheinung der seele des Teiresias, welche dem in die
unterweit hinabgestiegenen Odjsseus die zukunft enthüllt, hat eine
alttestamentliche parallele in dem aus dem grabe heraufkommenden
Samuel, der dem Saul sein ende vorberverkündigt (1 Sam. 28, 3 ff.).
806 ff. TTiv bk jiCT* IcpijLi^beiav 'AXujfjoc TrapdKOiTiv
cicibov, f{ bi\ (pdcKC TToceibdujvi jiiiTfivai,
MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros. 39
Kai ^' €t€K€v büo Traibe, ^ivuv6abiuj bfe t^v^cSiiv,
'*Qt6v t* dvTiSeov TiiXeKXeiTÖv t' *e(pidXTT]V,
oOc bi\ |Lir)KiCTOuc Bp^Hie 2[€ibujpoc dpoupa
Ktti TToXu KttXXiCTOuc ^6101 T€ kXutöv 'Qpiujva'
dvv^ujpoi Totp TOI T€ Kttl ivvca7Trix€€C fjcav
eOpoc, diTOtp ^fiKÖc T€ T€vcc6tiv dvveöpTuioi.
ilamit vergleiche man den bericht der von Moses nach Kanaan ent-
sandten kandschafter (4 Mose 13, 34) ^daselbst sahen wir die riesen,
4ie söhne Enaks von den riesen, und wir waren in unsem äugen wie
heusch recken, und also waren wir auch in ihren äugen.' zu dem ^reste
der riesen' gehörte auch Og, der könig von Basan, dessen eisernes
bett neun eilen lang und vier eilen breit war (5 Mose 3, 11). vgl.
1 Mose 6, 4. 5 Mose 2, 10 f. 21. 9, 1 f.
V.
81 ff. ibc b' 8t' dvfjp böpTTOio XiXaierai, iL t€ iravfifiap
V61ÖV dv' IXktitov ßöe oivoTre tttiktöv dpoTpov •
dcTTttciuJc b* dpa tijj Kar^bu cpdoc t^cXioio
böpTTOv ^TTDixecGai, ßXdßexai bi T€ Toüvai* lövxr
fijc 'ObuceT dcTtacTÖv ib\) cpdoc T^eXioio.
vgl. Hiob 7 , 2 f. ^wie ein knecht lechzet nach schatten und wie ein
mietling harret seines lohnes, also wurden mir zu teil monde des
wehes und nachte des ungemachs zugezählt.'
408 KöpaKOC 7T€Tpn auf Ithake hat eine parallele an dem nun
^dreh (Richter 7 , 25. Jes. 10, 26). ersterer felsen war wohl ebenso
wenig nach einem manne Korax, wie letzterer nach dem Midianiter-
fUrsten Oreb benannt, sondern der eine wie der andere name be-
deutet einfach 'rabenfels'.
H.
222 fpYOV bi. jioi QU cpiXov ?CK€V.
so dachte auch der Hebräer über die feldarbeit, die er als eine schwere
last und als strafe für Adams sUnde betrachtete (1 Mose 3, 17 ff.),
vgl. 1 Sam. 8, 12, wo Samuel den Israeliten warnend voraussagt,
dasz der von ihnen begehrte könig ihre söhne nehmen wird, um
seine äcker zu ackern und seine ernte zu ernten. Jesus Sirach 7, 15
|Lif| juicrjcric dTriTTOVov ^pTCxciav Kai T^ujpTiav und uvpicTOu dKXic-
839 ff. dXX' öie TctiTic iroXXöv dTT^irXuj ttovtottöpgc vtiöc,
aUTlKtt bOuXlOV fjjLiap djHOl 7T€pi|LinXClVÖUJVT0.
^K laev |Li€ x^otTvdv le xiToüva xe eijuai* ^bucav ,
djicpi bi |Lioi ^dKOC dXXo kqköv ßdXov r\bk xiTUJva,
ßujYaXea, id Kai auTÖc ^v öqpGaXjaoiciv öpriar
kTT^pioi b* 'l9dKnc eubcieXou ^pY* dqpiKOVTO.
Iv9* ^|Li^ |Lifcv Kaiebricav ^ucceX|Litu i\\ \r]\
öttXiu ducipecpei ciepeAc, auioi b' diroßdvTec
40 MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros.
dccu|Li€vujc irapd 9iva 6aXdccr)c böpirov ?Xovto.
auTctp ^^ol becjLiöv jiifcv dv€Tva|LiHiav Geoi aurol
was hier Odysseus von den Tbesproten erzählt, die ihn angeblich
nach Dulichion bringen sollten , erinnert lebhaft an die behandlung^
welche Joseph von seinen brüdem erfuhr, die ihm seinen Srmelrock
auszogen, ihn in eine grübe warfen, sich dann zum essen nieder-
setzten und als sie eine karawane Ismaeliter kommen sahen, diese^
gelegenheit benutzten, um ihn als Sklaven zu verkaufen (1 Mose
37, 23 fif.). mit v. 348 f. vgl. die erzählung von Petrus, welcher im
gefängnis von einem engel geweckt wird, worauf IHiiecav aÖToO
at dXuceic iK tOüv x^iptliv (Apg. 12, 7), und die ähnliche von Paulos
und Silas im kerker zu Philippi, nach deren gebet ein erdbeben ein-
tritt, infolge dessen TidvTUJV xd b6C)id dv^Gt] (ebd. 16, 25 f.).
0.
327 ff. fi cu fe irdTXW XiXaieai aöiöG' öX^cGai,
€l hx] jiiVTiCTripujv iG^Xeic Kaiabövai SjiiiXov ,
TU)V ÖßpiC T€ ßlTl *T€ Clbr|p€OV OÖpaVÖV IK€1.
vgl. 1 Mose 4, 10 (Jahve zu Eain :) ^was hast du gethan? die stimme
von deines bruders blut schreit zu mir von der erde.' 18, 20 f.
^Jahve sprach : «das geschrei über Sodom und Gomorra ist grosz und
ihre sünde sehr schwer, so will ich denn hinabgehen und sehen, ob
sie nach dem geschrei davon, das vor mich gekommen, völlig gethan.»'
(19, 13). 2 Mose 3, 9 *sieh, das geschrei der söhne Israels ist vor
mich gekommen.' Jac. 5 , 4 iboü ö jiiicGöc tOuv ^pyoitOjv toiv d^r)-
cdvTUJV Tdc xiipac ii^uiv 6 dcpucTcpiULi^voc dcp* u^oiv xpdlei, Kai
al ßoal T&v GepicdvTUJV eic lä liia Kupiou caßaujG elccXrjXuGav.
TT.
400 ff. (b cpiXoi , ouK Sv ft^T€ KaiaKTeiveiv dG^Xcijui
TtiX^jlioxov • beivöv bfe t^voc ßaciXriiöv dcxiv
KT€IV€IV.
ähnlich wie hier Amphinomos spricht David , als sich ihm eine gün-
stige gelegenheit bietet Saul zu töten : 'fem lasse es Jahve sein, dasz
ich solches thue an meinem herm, am gesalbten Jahves, meine band
an ihn zu legen, denn der gesalbte Jahves ist er' (1 Sam. 24, 7 vgl.
11, 13 f.) und wehrt später seinem begleiter Abisai eine solche that
mit den worten ^bringe ihn nicht um ! denn wer legt seine band an
den gesalbten Jahves und bleibt ungestraft?' (^26, 9 vgl. 23). die
königin Isebel fragt den ihr als feind nahenden Jehu : ^gieng es wohl
Simri, dem mörder seines herm?' (2 Kön. 9, 31).
217 f. vOv jLifcv bf| jLidXa irdTXv^ KttKÖc kuköv fiini^d2l€i ,
übe aici töv öfioiov äf^i Gcöc übe töv öfioTov.
MErenkel: biblieche parallelen zu Homeros. 41
vgl. Matth. 15, 14 TuqpXöc bk TUcpXöv täv öbiit^, d)iq)ÖT€poi €ic
ßoOuvov irecoOvTQi. Luc. 6, 39 juriTi biivaiai lucpXöc TixpXov
öbTiY€iv;
c.
388 f. (Odjsseus zu der ihn schmähenden magd Melantho:)
fj Tdxa TiiXe^dxip dpeuj, kuov, oV dTopeüeic,
K€Tc* dXGiiv , iva c' aööi bid jueXeicxi TdjLiijciv.
vgl. 1 Sam. 15, 33 ^Samuel hieb Agag in stücke vor Jahve zu
Oilgal.' Susanna v. 59 jiievei 6 dTT^Xoc toö 0€oO ifjv ßojucpdav
IXMJV^ npicai ce |i&ov , öttuüc ÖoXo6p€ucij u^äc. Matth. 24, 50 f.
(Luc. 12, 46) f\H\ 6 Kupioc xoO bouXou dKcivou iv f)|i€pqi fj ou
TrpocboKqi Kai dv üjpqi fj oO twu)ck€i, koi bixoTOjiirjcei adröv usw.
T.
27 f. EeTvoc ob'* ou tdp deptöv dv^EojLiai öc k€v d^fic T€
XoiviKOC fitmiTai, kqi tt]Xö0€V €IXtiXou6u)c.
die griechische redensart entspricht der biblischen ^der mein brot
isset* (psalm 41, 10), ol €c9ovT€C töv dpiov fiou (Jesus Sirach
20, 15 [Übersetzung aus dem hebräischen]).
85 ff. br\ TÖT€ TriX^^axoc npocecpiiveev öv naT^p* aTnia*
€(!) irdTcp, fj jLi^tct OaujLia TÖb' öcpOaXfioiciv öpujfiai.
ilim\c )iOi ToTxoi ^eTdptüv xaXai t€ ^ecöb)iai
ciXdrivai t€ boKOi xal Kiovec uhiöc' €xovt€c
cpaivovT* ö(p0aX|ioTc ibc et irupöc alGoM^voio.
fj |idXa TIC 6€Öc f vbov , o*i oupavöv eupuv ^xo^^iv.»
vgl. 2 Mose 3 , 2 Ma erschien ihm (Moses) der engel Jahves in einer
feuerflamme aus dem husche , und er schaute und sieh , der husch
brannte mit feuer und der husch ward nicht verzehrt.' aus dem NT.
ist die erzählung von der ausgieszung des heiligen geistes zu verglei-
chen; wo es von den aposteln heiszt: ujcpGricav auTOic biafi€pi2[ö)ievai
TXuüCcai ibcei Trupöc,Kai dKdGicev ^qp' ?va ?KacTOV auTUJv(Apg. 2, 3).
406 ff. ir\y b' aör' AutöXukoc dTra^eißeTO cpuJVTicdv le •
«TCtMßpöc iiiöc GÜYöTep t€, ti0€c9' dvo|i' öm k€V eiiruj.
TToXXoiciv Tdp ?TWJT€ öbuccdjiievoc TÖb* iKdvuj ,
dvbpdciv T^bfe t^vaiÄv dvd xöova TrouXußÖTeipav •
Tqj b' 'Obuceijc övo|i* ?ctu) ^Truivufiov. »
so erhält Isaak seinen namen (hebr. Jizhdq von zdhaq ^lachen') nach
der einen erzählung davon , dasz bei der vorherverkündigung seiner
gehurt die hochbetagten eitern Abraham und Sara lachen (1 Mose
17, 17. 18, 12 ff.) , nach der andern davon, dasz bei seiner geburt
selbst Sara spricht: 'lachen hat mir gott bereitet, wer es hören wird,
wird mein lachen' (ebd. 21, 6).
594 ff. (Penelope :)
dXX' fJTOi jii€V dTihv ÜTrepiiiov eicavaßSca
X^HojLiai elc cuvr|v, f^ ^oi ciovoecca t^tuktoi,
alei bdKpuc' d|Lioici rrecpupiLi^VTi , H oij 'Obucceuc
iIiX^T* ^TTOHiöjLievoc KaKOiXiov ouk 6vo|LiacTriv.
42 MErenkel: biblische parallelen zu Uomeroe.
vgl. psalm 6, 7 'ich ermüde mich mit meinem seufzen, schwemme
jede nacht mein bette, mit meinen thränen netze ich mein lager.'
u.
66 ff. ibc b' ÖT€ TTavbap^ou KOiipac dvAovTO GueXXar
T^ci TOKTiac ^fcv (pGTcav 0€oi, al b' dXiTrovTO
öpcpavai iv |Li€Tdpoici, KÖmcce bi bV 'Acppobiiri
TUPUJ KQl jLl^XlTl TXUKCpUJ KOl f)b^l OIVUJ.
milch und honig waren auch bei den Hebräern beliebte nahrungs-
mittel, besonders iHr kleine kinder. vgl. Jes. 7, 14 f. *bieh, die Jung-
frau wird schwanger werden und einen söhn gebären und seinen
namen nennen : gott mit uns (Immanuel), milch und honig wird er
essen, bis er weisz das böse zu verwerfen und das gute zu erwählen.'
y. 21 f. ^es geschieht zu selbiger zeit, hält jemand eine junge kuh
und ein paar schafe, so geschiehts dasz er von der menge gewonnener
milch rahm isset, denn milch und honig wird jeglicher essen, der im
lande übrig bleibt.'
78 ff. €Öt' 'AcppobiTTi bia 7rpoc^cTix€ ^ttKpdv "OXufiTrov
KOupr|c aiificouca leXoc GaXepoTo tqmoio ,
ic Aia TepiTiK^pauvov — 6 f&p t' cö olbev fiiravia,
jLlOipdv t' d^^OpiTlV T€ KttTaöVTlTUJV dvGpiüTTUJV — ,
TÖcppa bl Tdc Koupac äpiruiai dviipeiHiavTC
Kai {>' fbocav CTUTcpiäciv dpivuciv djLicpiTroXeueiv.
die töchter des Pandaros büszen so für die frevel ihres vaters (s. Fäsi
zdst.). nach althebräischer anschauung musten gleichfalls die nach-
kommen, und zwar bis ins dritte und vierte glied, stellvertretend für
die Sünden ihrer straflos gebliebenen oder nicht hinlänglich ge-
straften vorfahren büszen (2 Mose 20, 5. 34, 7. 4 Mose 14, 18.
Hiob ö, 3f. 20, 10. 21, 19. Jes. 14, 21. Jer. 15,4. 32, 18. Klagel.
5, 7. Hos. 4, 6. Amos 7, 17) oder doch zu ihrer eignen sündenschuld
noch diejenige ihrer vorfahren auf sich nehmen (3 Mose 26, 39. Jes.
65, 6f. Jer. 16, lOff. Dan. 9, 16). diese ansieht wurde später von dem
Volke verspottet und von dem propheten Ezechiel ermäszigt (cap. 18).
97 ff. All b' cöHqto x^ipctc dvacxiwv •
«Zeö Tidicp, cT ^ dGAovTCC inX tpacpcprjv t€ kqi uTpf|V
fitex' d|Lif)v ic -faiaVy iirei ^' dKaKiwcaie XiT]v ,
cpriMnv TIC ^01 qpdcBuj dT€ipojLi^vu)v dvGpunruJV
{vboGcv, ^KTOcGev bk A\öc x^pac öXXo cpavrJTUJ.»
lue ?(paT* €uxö|Licvoc* Toö b* ^kXu€ juriTieia Zciic,
auTiKa b' ißpövTTiccv dTT* aiTXr|€VTOc 'OXiijUTrou ,
uipöGcv ^K vccp^ujv TnGnce bk bioc *Obucc€Üc.
(prjjLinv b' iH oiKOio Twvf) irpo^TiKev dXcipic
TrXriciov usw.
ähnlich spricht Gideon zu Jahve: 'habe ich gnade gefunden in
deinen äugen, so gib mir doch ein zeichen, dasz du mit mir redest',
und auch in diesem falle folgt die erfUllung der bitte auf dem fusze,
(Richter 6, 17 ff.).
MKrenkel: biblische parallelen zu Homeros. 43
<p.
ao ff. TToXXfjv öböv fiXeev 'Obucceuc
naibvöc diiv * irpö Totp ^k€ Traifip äXXoi t€ T^poviec.
"IcpiTOc aö9' tTTTTOuc biZri|i€Voc, a! ol öXovto
bu)b€Ka G/jXeiai, önö b' f||iiovoi ToXaeptoi*
Tgl. 1 Sam. 9,3 ^es giengen Eis , dem vater Sauls , eselinnen ver-
loren, und Eis sprach zu Saul seinem söhne : «nimm doch mit dir einen
Yon den knappen und mache dich auf, geh, suche die eselinnen.»'
X.
380 ff. TepTTidbiic b' ?t' doiböc äXucxave Kr\pa ^^Xaivav,
cWi^ioc, 6c ^' fjeibe jueia ^VT]CTfipciv dvctTKij.
€cTTi b* ^v X€ip€cciv €x^v cpöpjLiiTTCt XiTCiav
ÄTX» ''tttp* öpcoöupiiv bixa bi cppeci ^epiiifipiZicv,
f\ iKb\)C |Li€Tdpoio Aiöc ^€TdXou TTOTI ßUJjLlÖV
dpKeiou KoiTO TCTUTM^vov , €v0' dpa TroXXd
Aa^pTT]c 'Obucevjc t€ ßoÄv inX jUTipi' f KT]av ,
fj Touvujv XiccoiTo npocaiEac 'Obucf]a.
auch bei den Hebräern galt der altar als asjlstätte, und verfolgte,
welche seine hömer umfaszten, durften nur dann mit gewalt von
ihm entfernt oder an ort und stelle getötet werden, wenn sie vor-
sätzlich einen mord begangen hatten (2 Mose 21, 14. 1 Eon. 1, 50 ff.
2, 28 ff.).
V-
10 ff. 68 ff. Wie sich hier Penelope gegenüber der ihr die bot-
Schaft von Odjsseus heimkebr bringenden Eurykleia ungläubig ver-
hält, ganz ebenso Jakob bei empfang der nachricht, dasz sein söhn
lebe und herscher über Ägypten sei (1 Mose 45, 26 'sein herz blieb
kalt, denn er glaubte ihnen nicht').
118 ff. KQi tdp TIC 0' 2va qpiIiTa KataKTcivac dvi bri^uj ,
IJJ |Llf| TTOXXoi f UJCIV doCCntflpCC ÖTTICCUJ ,
qpeUTCl TTTIOUC T€ TTpoXlTTlbv Kttl TTaTpiba Tcticxv
f]|Li€Tc b' fe'pjiia 7r6XT]oc dTr^KTajiiev , ol m^t' dpicTOi
Koüpujv eiv iGdKij.
hier wird die sitte der blutrache vorausgesetzt, welche auch dem
hebräischen altertum nicht fremd war: vgl. 1 Mose 4, 15 'so jemand
Kain ermordet, soll es siebenfältig gerochen werden.' v. 24 'ja,
siebenfältig ward Kain gerochen, doch Lamech siebenundsiebzig-
fältig.' 9, 6 'wer menschenblut vergieszet, durch menschen soll sein
blut vergossen werden.' um die alte sitte einzuschränken, bestimmte
das gesetz sechs städte als asjlorte, in die derjenige, welcher unab-
sichtlich einen menschen getötet hatte ^ fliehen konnte und deren
grenzen er dann bis zum abieben des eben im amte stehenden hohen-
priesters nicht verlassen durfte , widrigenfalls der blaträcher befugt
war ihn zu töten (2 Mose 21, 13. 4 Mose 35, 6. 9 ff. 5 Mose 4, 41 ff.
19, 1 ff. Jos. 20).
44 FRühl: anz. v. CCichorius de fastis consularibud antiqaisaimig«
802 ff. TÖv b' d7Tajii€ißö^€voc irpoc^qpn ttoXujlititic 'Obucceuc*
«TOiTap ifd) TOI irdvia ^dX* dipcK^ujc KaraXäu).
€l^i jLifev iH 'AXußavTOC, ö0i KXuid biwjLiata vaiiu ,
ulöc 'AqpeibavTOc TToXuTrriMOVibao dvaKioc*
aurdp €|iOiT* övo^* dcTiv 'Etttipitoc.»
der letzte dieser bedeutsamen namen (s. Fäsi zdst.) deckt sich yOllig
mit dem namen des alttestamentlichen dulders Hiob {J(jöh^ nach der
wahrscheinlichsten erklär ung ^der angefeindete').
Dresden* Max Krenkel.
DE FA8TIS CONSULARIBUS ANTIQUI88IMIS SCRIPSIT CONRADUB
CiCHORius. Lipsiae typis I. B. HirBchfeldi. MDCCCLXXXVL
Separatabdruck aus: Leipziger studien zur classischen philologie
herausgegeben von 0. Ribbeck, H. Lipsius, C. Wachsmath,
neunter band. Leipzig, verlag von S. Ilirzel. 1887. s. 171 — 262. 8,
Diese sorgföltige und scharfsinnige doctordissertation hier kurz
zur anzeige zu bringen bestimmt uns die Wichtigkeit, welche den
darin vorgetragenen kritischen Untersuchungen für einige gmnd-
fragen der forschung über die älteste römische geschichte zukommt,
ein teil der von dem vf. gewonnenen ergebnisse ist durchaus neu
und weicht stark von dem bisher allgemein angenommenen ab; die
begründung aber ist derartig, dasz jeder, der auf diesem gebiete
thätig ist, wohl oder übel dazu wird Stellung nehmen müssen, es
lohnt sich also die aufmerksamkeit auch eines weitern kreises darauf
zu lenken, an Widerspruch wird es kaum fehlen; so weit wir zur
zeit zu urteilen vermögen , glauben wir indessen alles wesentliche
in den ausführungen des vf. für durchaus richtig halten zu sollen,
hervorgehoben mag übrigens werden, dasz dem vf. einige glücks-
fälle zu statten gekommen sind, wie sie jungen gelehrten nur selten
zu teil werden, so war er zb. in der läge die capitolinischen fasten
im original einzusehen und die Bergmannsche collation des Diodor-
codez von Patmos zu benutzen.
Cichorius nimt an dasz eine gleichzeitige aufzeichnung der ober-
sten beamten schon im dritten Jh. Roms stattgefunden habe, und wir
glauben ihm beistimmen zu müssen, wenngleich manche der von ihm
vorgebrachten argumente nicht sehr ins gewicht fallen oder in ihrem
werte bestreitbar sind, wenigstens der hin weis auf die annäles maximi
wird denjenigen forschem, welche über den Ursprung dieser annalen
wie Nitzsch denken, vollkommen wertlos erscheinen, dagegen möch-
ten wir die polemik gegen Jordans behauptung hervorheben, dasz
formen wie VetusH und Papisii nie existiert hätten, und die ab-
weisung der notiz des Pomponius, dasz Appius Claudius zuerst den
rhotacismus durchgeführt habe, es ist in der that wunderbar, dasz
FBühl: anz. v. CCichorius de fastis consularibus antiquissimis. 45
es noch immer ernsthafte gelehrte gibt , welche auf solche notizen
Tiepl €UpilMdTU)V gewicht legen, nachdem sie sich doch so unzählige
male als falsch und willkürlich herausgestellt haben.
Nun steht seit Mommsens aufsatz ^über die römischen eigen-
namen' wohl fest, dasz cognomina in officiellen aufzeichnungen nicht
vor der mitte des fünften jh. d. st. vorkommen; Cichorius führt die
Untersuchung weiter und zeigt, dasz auch die annalisten bis auf
Valerius Antias für die ältere zeit keine cognomina aufgeführt haben
und dasz in der that, wie Nitzsch behauptete, Licinius Macer der
erste ist , welcher den oberbeamten der früheren Jahrhunderte drei
namen gibt, gelegentliche anführung von cognomina wird man
indessen kaum leugnen können. Cich. will zwar (s. 183) einen inter-
essanten fall der art beseitigen ; indem er dem Calpurnius Piso die
letzten worte des fr. 24 bei Peter abspricht (sie lauten bei Dionysios
AB.Xn 4: iK toutou Kai Tfjv d7TU)VU|iiav Tf|V "AXav aÜTiu xeöfivai
X^TOUciv, ÖTi TÖ Hiqpoc fx^^v uttö ^dXT]C fjXGev inx töv fivbpa.
dXac TOip KaXovci *Pw)iaToi Tdc fidXac); allein er ist dabei ent-
schieden im unrecht, denn Dionysios gibt ausdrücklich an, er wolle
hier den bericht des Cincius und des Calpurnius mitteilen, oi qpaciv
usw. darauf folgt der bericht selbst im acc. mit inf. und mit einem
nochmaligen qpaci beim beginn einer neuen periode , das fraglos auf
Cincius und Calpurnius geht, und dann endlich kommen die fraglichen
worte. es ist demnach nicht wohl möglich , dasz ein unbefangener
leser an ein anderes subject für X^youciv denke als an jene beiden
annalisten. auch hielt ja Dionysios den bericht derselben für wenig
glaubwürdig, und es ist daher nicht anzunehmen, dasz er eine etymo-
logie des namens Ahala als landläufig anführe, welche mit dieser von
ihm verworfenen version der erzählung aufs engste zusammenhängt,
dagegen bei der andern, welche er für glaubwürdiger hält, einfach
unmöglich ist. ' wenn aber Cich. gar die 'etymologica cognominis
Ahalae explicatio' dafür geltend macht, dasz der fragliche satz nicht
aus Piso stammen könne, so hat er übersehen, dasz Piso im gegen-
teil etymologien gerade geliebt zu haben scheint (vgl. fr. 1. 43.
44. 45).' auch einige andere bemerkungen in diesem capitel lassen
' überliefert ist allerdings nicht, wie in unsern ausgaben steht,
6 boKiIiv fJTTOv elvai jioi niöavöc Xötoc, CD Kixpryrai (oder KdxpTlvxai)
KlyKioc Kai KaXnoOpvioc dTrix^i^pioi cuYTpa^ptic, vielmehr steht in der
hs. ip K^xpiTai KipKeoc Kai KaXiroupvivoc. allein man wird daraus doch
kaum etwas anderes herstellen können. Mommsens Vorschlag (röm.
forsch. II 8. 199) di k^xP^tch AcOkiöc t€ KaXiroOpvioc Kai (SXXoi cuxvol
CUTTpo<peic ist so unwahrscheinlich wie möglich und scheint ihn selbst
nicht zu befriedigen, zwei quellen musz man wegen des zweimaligen
(paciv auf alle fälle annehmen; mehr als zwei anzunehmen ist schon
deshalb mislich, weil dann Dionysios seine ablehnung eines von einer
ganzen reihe von zeugen bestätigten berichts doch wohl näher hätte
motivieren müssen. ' es mag bei dieser gelegenheit hemerkt werden,
dasz Mommsens behandlung der erzählung von ISp. Maelius (röm. forsch.
II s. 199 ff.) keineswegs völlig überzeugend ist. mir wenigstens scheint
Piso nicht die ältere form der erzählung wiederzugeben, sondern eine
jüngere, welche eben aus einer etymologie des cognomeus Ahala heraus-
/l
■ I
46 FRübl : anz. v. CCichorias de fastis consularibus antiquissimiB.
sich bestreiten, und wir wollen nicbt unterlassen der hier wiede
bolten Peterschen bebauptung, Plutarch habe den stoff zu seine
Camillus aus Dionjsios entnommen, ausdrücklieb zu widerspreche
Jedenfalls sind aber in den fasten als solchen cognomina nie
vor Licinins Macer nachweisbar, und will man nun feststellen, ^
die cognomina in die fasten hineingekommen seien, so wird man z
nächst die verschiedenen erhaltenen beamtenlisten einzeln und in b
zug auf ihr Verhältnis zu einander untersuchen müssen. Livius ni
Dionysios kommen dabei nicht eigentlich in betracbt, da ihre list«
bekanntlich keinen einheitlichen Ursprung haben, und ebenso scheid
der Chronograph von 354 als ein bloszer epitomator der capitolii
sehen fasten aus. Mommsen hat aber diese letzteren auch für d
qmelle des Idacius und des chronicon paschale erklärt und die fast
des chronicon paschale zugleich für eine griechische übersetzui
eines lateinischen Originals, welches durch Idacius erhalten »
beides bestreitet Cichorius. die Urquelle des Idacius und des ehr
nicon sei allerdings ein lateinisches Verzeichnis, aus diesem aber g
durch eine anzabl von mittelgl ledern ein griechisches geflossen, w<
ches das chronicon im wesentlichen wiedergebe, während bei Idaci
eine lateinische Übersetzung dieser beamtenliste vorliege, das ist d
hauptsache nach richtig, der Verfasser des chronicon paschale kai
nicht wohl aus Idacius geschöpft haben, da er einiges mehr ui
einiges besser bietet als dieser (Cicb. hat nicht alle stellen angefühi
die sich dafür geltend machen lassen) , und die fehler des chronica
lassen sich auch nicht auf eine lateinische vorläge zurückführe
eine gemeinsame quelle liegt indessen unzweifelhaft vor, und die
musz griechisch gewesen sein, das zeigen nicht nur die cognomii
bei Idacius ^Sapiens' statt 'Sopbus' zum j. 486 und ^Porphyrie
statt Turpureo' zum j. 558, von denen Mommsen (rOm. chronologi
s. 113 anm. 119) freilich dem erstem ohne angäbe seiner grttn<
die beweiskraft abgesprochen hat , sondern auch die corruptelen fa
Idacius. nur die massenhaften Verwechselungen von h und v hftt
Cich. nicht zur stütze seines satzes anführen sollen; wer sich jema
mit altern spanischen handschriften beschäftigt hat, wird diese ff
ähnliche barbarismen so unendlich oft angetroffen haben, dasz <
nur das spanische vulgär dafür verantwortlich zu machen geneij
sein wird.' aufgefallen ist uns auszerdem, dasz Cich. für seine untc
gesponneu ist and welche die tendenz verfolget, daii verfahren geg<
Tib. Gracchus durch einen präc eilen z fall zu beschönigen, der in sii
lieber wie in rechtlicher besiehun^ womöglii-h noch mehr anstosz darb«
die ursprünirliche erzählung aus den wahrscheinlich manigfaltig cont
roinierten berichten, welche uns heute vorliegen, im einzelnen herau
zuschülen ist schwierig und yielleicht nicht mehr mit Sicherheit möglic
ich bemerke nur noch, dasz die juristischen ausführungen Mommsens a
8. 201 anm. 103 mir mit den von ihm seihst citierten stellen seines Staat
rechts (II' s. 15. 691) in unlösharem Widerspruche zu stehen scheine
* dasz im chronicon paschale zum j. 430 dvTiYpa9€UC steht, b
Idacius dictator^ scheint mir nach keiner Seite hin etwas zu beweise
da sich damals die begriffe dvTiYpa9eOc und dictator wirklich deckte
FBühl: anz. v. CCichorius de fastis consularibus antiquissimiB. 47
sucliungen nicht auch die späteren teile des Idacius und des chro-
nicon paschale herangezogen hat; es würde sich da einiges ergeben
haben, das fELr ihn voraussichtlich nicht ohne wert gewesen wäre, und
die arbeit von GKaufmann im Philologus XXXIV s. 235 ff. bietet
auch für diese Forschungen manchen nützliclien fingerzeig.
Die gemeinsame quelle des Idacius und des chronicon paschale
kann nun aber auch, wie Cich. weiter zeigt, nicht wohl aus den
capitolinischen fasten geflossen sein , da sich mehr^ch verschiedene
cognomina, ja sogar ganz andere consulpaare finden, der beweis
wird zwingend durch eine andere betrachtung, welche zugleich auf
den Ursprung der Idacianischen fasten hinleitet. Idacius und das
chronicon paschale geben bekanntlich nur ein einziges cognomen,
während die fasti capitolini deren sehr oft mehrere anführen , und
Mommsen nahm daher an^ Idacius habe einfach eine auswahl unter
den von seiner vorläge dargebotenen cognomina getroffen, nun
zeigt sich aber , dasz unsere beiden Verzeichnisse überall , wo Dio-
nysios ein cognomen bietet^ mit diesem übereinstimmen und ebenso
seit 309 d. st. mit Livius , eine Übereinstimmung welche auf zufall
nicht beruhen kann und die capitolinischen &.sten als quelle aus-
schlieszt. da nun aber nach den forschungen von Nitzsch angenom-
men werden darf, dasz die cognomina bei jenen beiden historikern
auf Licinius Macer zurückgehen, so erscheint dieser auch als die Ur-
quelle der fasten des Idacius und des chronicon paschale. damit ist
ein fester punkt für weitere forschungen gewonnen, dessen volle be-
deutung sich so ohne weiteres noch gar nicht übersehen läszt. nur
wird man wohl thun, nicht mit Cich. zu sehr auf die andere be-
hauptung von Nitzsch zu bauen, dasz Livius seine quellen nicht con-
taminiere, sondern immer auf längere strecken demselben autor folge.
Die fasten des Diodor^ denen sich darauf die Untersuchung
zuwendet, sind sehr eigentümlicher art. bis zum j. 327 bietet Diodor
sehr häufig drei namen, von da ab nur höfhst selten, auffallender-
weise kommen in seinen historischen notizen immer nur zwei namen
vor und auch dann, wenn dieselben personen in den fasten mit einem
cognomen aufgeführt werden, noch auffallender ist, dasz Diodor im
lln und 12n buche auch sonst hinsichtlich der namen in der ge-
schieh tsei*zäblung mehrfach von seinen fasten abweicht, während uns
später dergleichen nicht mehr begegnet, diese merkwürdige that-
sacbe läszt sich nur erklären, wenn wir Diodor zwei quellen zu-
schreiben, von denen er die eine für die geschichtserzählung und die
fasten der spätem zeit (ohne cognomina) , die andere für die fasten
der frühem epocbe verwertete, für die erstere quelle nimt auch
Cich. einen der altern annalisten , in bezug auf die zweite hat ihm
Wachsmuth eine Untersuchung beigesteuert (s. 214 ff.), in welcher
unseres erachtens zur evidenz gebracht wird, dasz wir es hier wie
bei den litterarbistorischen notizen mit Kastor von Rhodos zu thun
haben, der seinerseits wahrscheinlich die buchausgabe der annales
maximi benutzte.
48 FRühl: anz. v. CCichorius de fa&tis consularibus antiquiBBimis.
Weiter wird dann das verfahren erörtert, durch welches Mao
und Elastor (oder dessen quelle) die cognomina der beamten d
frühem zeit fanden und erfanden, sie nehmen meist eben diejenige
cognomina, welche in der betreffenden gens später üblich wäre
und pflegen ausgestorbenen patriciergeschlechtern die cognomina no«
später blühender gleichnamiger plebejischer gentes zu geben, i:
folge dessen stimmen sie zuweilen überein, während sie in andei
fällen stark von einander abweichen, ein schönes beispiel solch
abweichung bieten die cognomina Sabinus und Regillanus bei d(
Claudiern (s. 224), worauf wir um so mehr hinweisen zu soll
glauben, weil die einfache hier vorgetragene erkläi*ung einige nng
mein geistvolle , aber zu schweren bedenken anlasz gebende hyp
tbesen Mommsens stark zu erschüttern geeignet ist.
Wie steht es nun aber endlich mit den capitolinischi
fasten ; dieser officiellen redaction der magistratstafel? es mu
von vom herein als verdächtig betrachtet werden, dasz sich hi
cognomina und genealogische notizen bereits für die älteste z<
finden ; es musz noch bedenklicher machen , dasz die capitolinisch
fasten gar doppelte cognomina schon in alter zeit haben, währei
zahlreiche beis^piele lehren , dasz bis in ziemlich späte jahrhundei
hinab der erwerb eines neuen cognomens den vcrlust des alten z
folge zu haben pflegte, welche quellen können denn überhaupt die
fasten haben? gleichzeitige aufzeichnungen können es nicht sei
denn dasz vor dem fünften jb. d. st. die cognomina in officiellen ai
Zeichnungen nicht vorkamen steht fest, und aus commentarii domest
oder dergleichen können sie auch nicht wohl entnommen sein, da
sich für die ältere zeit vielfach um früh ausgestorbene geschlechl
handelt, eine von Cich. angestellte vergleicbung mit den andern l
amtenverzeichnissen ergibt nun das resultat, dasz die capitolinisch
fasten einfach eine contamination der fugten des Macer und der v
Uiodor bis 328 benutzten sind, damit erklärt bich denn auch <
Übereinstimmung, die Mommsen zwischen ihnen und den fasten c
Idacius so auffiel; für die brauchbarkeit der capitolini-schcn magistra
tafel aber ibt das resultat sehr trübselig, der schlusz auf die gen<
logischen notizen liegt nahe, und Cich. hat denn auch im einzeln
ihre un/.uverläasigkeit nachgewiesen.
Das schlu>/capitel boäcbäftigt bich mit dem Ursprung der ca
tolinischen fasten und kommt zu demselben resultate wie Matz
dasz nemlich ihre einzige quelle der annalis des Atticus sei. es wi
sich gegen die vorgebrachten gründe wenig einwenden lassen, c
gleich sie nicht alle gleich gut sind, und mit recht macht der
darauf aufmerksam, wie es sich bei diesem Ursprung der capitoli:
scheu fasten am leichtesten erkläre, dasz unsere schriftstellerisc
Überlieferung' des merkwürdigen denkraals nirgends erwähnung th
KöNiosi'ERo. Franz Rüiil.
HHitzig: coniectanea Pausaniaca. 49
5.
CONIECTANEA PAUSANIACA.
I 24, 8 AMichaelis insolitam creare vult verborum composi-
üonem coniciens TOiauTa )li^v auTÖc auToTc cujußaivovTa efbov:
solum enim reflezivum iaxta auTÖc poni potest ut lU 4, 5; cum
dativus supervacaneus , subiectum autem premendum sit, restituen-
dum est TOiaOra jiifev auTÖc cujiißaivovTa eTbov: cf.I21,3. 1117,5.
IV 16, 7.
I 26, 5 IjLiipuxov 9uouciv oub^v, Tr^MjLiaTa bk Qivrec oibkv €ti
otvip XP^c^c^^i vO|Ui2Iouciv. sie edd., oubev Ti Schubartus et
Walzius, oöbe fri Thierschius; Michaelis recepit SW. coniecturam;
nollem fecisset, oub^v Ti enim contra usum Pausaniae diceretur,
qoi hanc vocularum compositionem non coniungit nisi cum adverbiis
et adiectivis: cf. I 26, 6. 31, ö. 36, 5. 6. II 25, 10. III 19, 6. 25, 6.
IV 10, 2. 35, 9 etc. sed etiam oube £ti recedit a Pausaniae consuetudine
loquendi, praeterea i.T\ molestum est. nihil aliud exspectatur nisi
oubevt äXXiu xp^cacOai.
I 33, 5 oÖTUJC Al9ioTT€c TroTajiiijj fe oubevl TipocoiKOÖciv f\
'QKCavu). Siebelisii coniecturam f\ esse exterminandum nemo pro-
bavit, qnamquam qui t\ retinet luculenter demonstrat se quid Paus,
velit non intellegere, eorum enim sententiam impugnat Paus. , qui
Aethiopas Oceani fluminis accolas esse dicunt, ad Oceanum enim,
qui mare esset, nonfiumen, alios habitare populos, Acthiopum autem
extremos mare rubrum accolere, alios qui urbem Meroön incolerent
campumque qui Aethiopicus appellaretur, praeter Nilum neque mare
neque aliud fiumen habere; quorum denique fincs ad Nasamones
usque extenderentur, et ipsos flumine carere. ergo, ait Paus., non
sunt Aethiopes Oceani fluminis accolae: quod erat demonstrandum,
secundum libros autem Paus, hoc dicit: et sie Aethiopes nullum
flumen aut Oceanum accolunt; sed hoc minime demonstravit, cum
contra partem eorum ad Nilum habitare dixerit.
I 43, 3 ubi haec sunt in libris : ^piüia TpÖTTOV Tiva €ubai|tiovri-
couci, Dindorfius (praef. min. p. VIII) coniecit övTiva collatis his
locis 18,5. m 6 . 9. 12 , 6. IX 33, 4 (quibus addo II 7, 6. IV
27, 4. 32, 3), quem Schubartus secutus est; vix recte, nam simplex
pronomen relativum vel interrogativum in interrogationibus in-
directis quae dicuntur interdum a Pausania usurpari constat. manum
igitur retineo: cf. I 24, 8 TpÖTTUJ bfe ou X^yo^ci TTOitu, praeterea
I 20, 4 TTpoqpacic jLifev bi* fivxiva Tui^aioic ^TToX^iiTice Kai öv ipÖTrov
eqs. recte igitur IV 23, 5 (^ßouXeuovTO ttoi xPH cxaXfivai) Porsoni
coniecturam Öttoi non admittunt editores; quamquam minus apte
Siebelisius comparat Xen. Cyrup. III 12 dTTOpUJV ttoT TpctTTOiTO, in
talibus enim rebus non quid per se ferri possit, sed quid scriptoris
consuetudo flagitet quaeritur.
Ad 11 1, 2 pertinet acuta quam fecit Madvigius observatio (adv.
Jahrbücher für class. philol. 18S8 hlt. 1. 4
50 H Hitzig: coniectanea Pausaniaca.
crit. I p. 26 ann.) , incommode scriptum esse dvoiKicat bk Kai Kap*
Xn^öva diTi TTic dpxfic ttjc auioO* sed quod ipse proponit ävip-
KicOai be Kai Kapxriböva lux 7f\c dpxflc iflc aöxoö (cf. 1 2, 2. 39, 6.
41, 5. II 18, 4), non omni ex parte probo; dvipKicdai quidem recipio
sine ulla dubitatione, cum corrupta quattuor codicum scriptura dvuj-
Kicai commendetur, sed Tf)C ante auroO delendum est, id quod facere
non verebuntur, qui quotiens apud Pausaniam articulus falso aut
omissus aut additus sit cognoverint. sie invita grammaticallll?, 4
editur tüüv bi. fpYUJV ÖTrö|LAVii|LAa tuüv d)Liq)OT^pu)V * delendum poste-
rius TÜJV * IV 1 , 7 autem , cum non id Pausanias dicere velit , illum
Pandionis filium fuisse Lycum , sed Pandionem Lyci patrem foisse^
scribendum est ujc b^ TTavbiovoc oijTOC i^v 6 Aukoc, male igitor
exhibetur übe be 6 TTavbiovoc outoc fjv Aukoc VI 4, 9 iv t^
ßapßdpu)v pro ^v ßapßdpiu et IV 4, 5 ^v t^ dKeivou pro iv ^Keivou
scribendum esse non est quod pluribus demonstrem. aliud corrigi
iubet ratio grammatica II 1, 4 ubi in codd. edd. omnibus haec sunt:
dvTaö9a dxaT^pa tujv iriTÖuiV töv bcG^vra dir' aui^ cIXkc , scrib.
dq)' auTrjv.
II 3, 2: e foro Corinthi urbis in Lechaeum euntibus propylaea
erant. öXiTOV bk dirujT^puj tOjv irpoiruXaiujv dcioGciv iv beEiqt
dcTiv 'HpaKXfic x<xXkoGc. haec me non intellegere ingenue &teor.
manifestum enim est, cum Paus, e foro in Lechaeum eat, h. e. in
Septem triones a meridie^ Herculem illum a^neum et Pirenae aquam
trans propylaea posita fuisse ('ultra propylaea ingressis ad dezteram
est Hercules a&neus' Amasaeus). quodsi librorum verba recte se
haberent omnia, dcioGciv voce exeundi quoque notionem contineri
dicendum esset; id quod ferri posse eo confidentius negO; quo facilior
medela esse videtur: pro dcioCciv enim lego dSioOciv. persaepe
apud Pausaniam librarios in eum errorem incidisse, ut praepositiones
confunderent , alibi docui. haud igitur dubito VI 20, 7 rescribere
auToi bk öcTCpov ^k liavieiac Ko^icai q)aci ttjc lTT7T0ba^€iac id
öcTd ic 'OXujtiTTiav pro dv 'OXujiiiTiqi, cf. si tanti est I 6, 3. 10, 5.
17 extr. 39, 2. 41 ,1. 44, 4. II 9, 4. 28, 6 etc. I 23, 3 Letronnii
correctura diravaßdc accipienda erat, cf. III 24, 2. IV 34, 4. Thuo.
VII 29, 3. dcavaßaiveiv apud Paus, nullo loco invenitur. alibi prae-
positio falbo aut omittitur aut addilur. ita X 21, 9 in ^TKaraXTiq)-
G^viac prior praepositio ferri nequit, cum VII 27, 1 (xqj bk X^<^<x-
XujT^ptu TreTTÖXicTai cq)iciv ou cuvexnc ^ nöXic) diTiTTCTTÖXiCTai
scribendum sit, ut habeat dativus unde pendeat. contra male appo-
sita est praepobitio etiam IX 5, 3, non enim dicitPaus. irapeupicKUJ,
cum quid verum sit invenit, sed eupiCKUj: cf. I 14, 6. 28, 7. 31, 5,
32, 6. II 7, 2. 24, 7. 2G, 8. 10. 28, 1. III 21, 9. IV 32, 2. V 1, 3.
4, 5. 21, 9. 22, 1. 26, 2 etc. irapeupicKUj non invenitur, Trapeuprj-
ILiara autem II 16, 3 sunt excogitata vel insidiae excogitatae. [I 41, 4
pro OUK fx^ ^^ 6ttu)C eüpuijuai irdvia cq)iciv legendum esbc cu^-
q)^pUJ|Liai Clavierius ante me intellexit, cf. Thuc. IV 65, 1. VI 13, 1.
Plat. Prot. 317».]
HHitzig: coniectanea Pausaniaca. 51
II 9, 5 secundnm ea quae sunt in libris TÖv T^^P o\ naiba
All|LAr)TptOV 6 V€IWT€P0C TUJV OlXlTTTTOU TTaibUJV TT€pC€UC q)ap|LiäK4J
bU<p6eip€ Paus, errat, Perseus enim natu maior Pbilippi filius fnit,
cf. Polyb. XXIV 7, Liv. 3^XIX 35. 63, sed ni fallor verba 6
V€UiT€poc Twv OiXiTrTTOU iraibuiV ab interprete addita e margine huc
irrepserunt; postquam enim Paus, verbo ol usus est, fieri non poterat,
nt in eodem enuntiato Philippi nomen usurparet, quasi diversus ab
illo esset, quem voce oi designaverat.
II 12, 5 Arantis filiorum sepulcra in Arantino colle esse existi-
mat Paus., erant enim in iis positae columnae rotundae (cTfiXai irepi«
q)€p€ic) et ante Cereris initia Arantem filiosque eius conversis ad
illft monumenta ocnlis ad libamina vocabant. mirum est ab editori-
bos lectionem irepKpepeTc alten Tr6piq)av€ic quae est in VabLa
praeferri; columnae rotundae esse solent, qua de causa nusquam
definite hoc ita se habere dicit Paus, hoc loco autem optime columnae
ir€ptq)av€Tc dicuntur: nam qui Cereris caerimonias celebraturi erant,
non in coUem Arantinum, sed in Cereris templum convenisse pu-
tandi sunt, habebat autem Ceres duo in Phliasiorum urbe templa
(13, 5), e quibus in arce unum, alterum erat infra arcem, itaque
necesse est columnas , ad quas conversi sacra facerent , e longinquo
cemi potuisse: dubium igitur esse non potest, quin 7Tepiq)aveTc
Pausaniae sit restituendum : cf. IX 22, 3 iv TT€piq)av€T ttic iTÖXeuJC.
U 13, 4 Schubartus errare videtur: recte ille quidem facit, quod
coniecturam edd. recc. lireiTQ Tf\c ''Hpac ut minime probabilem
reicit, male autem scripturam codd. ineX ific fe "Hpac suspectam
esse arbitratur : hoc enim dicit Paus. : Pbliasii Hebes simulacrum neo
in secreto custodiunt ullum nee palam ostendunt — cur autem sie faci-
endum esse putent, causam habent sacram — cum tamen, ubi exieris,
ad laevam templum sit cum signo lunonis e marmore Pario. — V 7, 8
autem Schubartus recipere debebat ^TTeira b^, quod est in LaVb,
nisi quod post äq)iKec8ai inserendum erat bi. hoc denique addo, inei
illud , quo saepius in errorem inducti esse videntur interpretes, etiam
VI 20, 3 in scriptura corrupta latere. ibi enim cum haec sint in
libris KaOaTiZcuci bfe Kai Gu^id^aia TravTOia auTiD [Kai] dTriCTT^v-
beiv QU vo^i2!ouciv oTvov, recte iam SW. quaerunt: 'quomodo haec
sibi respondent KaGaTKouci Kai Gu|tiid^aTa TravTcTa Kai ^ttictt^v-
beiv oi) vo|tii2ouciv oTvov?* quas autem ipsi proponunt lectiones
aut Kai ^TTiCTT^vbeiv oi vo^iZovjciv oTvov aut — Kat enim in
MVabPcAgLab omissum est — TravTOia, diriCTT^vbeiv bfe ou
VOjLiUlouciv otvov, baud magis placent quam quod Schubartus voluit
post auTUJ lacunam statuens; scribendum potius Kai omisso: dir ei
cnevbeiv ou vo|Lii2Iouciv oTvov.
II 15, 5 Phoroneum traditum est primum in Argolide exstitisse,
^vaxov bk oÜK dvbpa dXXd töv TroTaiiiov iraiepa eTvai Oopuivei •
ToöTov bfe TToceibuivi Kai "Hpqi biKdcai uepi ttic x^pc^c, c\jv bfe
auTtu KTiq)ic6v t€ Kai 'Aciepiiüva Kai töv "Ivaxov TTOxa^öv eqs.
Siebelisius cum toCtov bi non ad Phoroneum , sed ad Inachum flu-
4»
52 HHitzig: coniectauea Pausaniaca.
vium referendum esse censeat, iudices enim illius controversiae faisse
fluvios, verba Ktti TÖv "Ivaxov TTOia^öv secludit, quippe quae Pau-
saniae mente non perspecta homo nescio quis in margine addiderit;
ac secuti sunt virum illum doctissimum 8W. et Dindorfius, Schubartus
aatem toOtov bi ad Phoroneum referri pos8e ratus uncos removit ;
non recte: oam primum quidem ex iis, quae deinde Pau8. narrat,
solum tres illoä fluvios a Neptuno esse punitos apparet , in quoram
numerum aptene ascribas Phoroneum , dvbpa oö iTOTQ^öv , dubito,
principem autem in illo iudicio fuisse Inachum docent verba (22, 4)
"'Ivaxoc Kai oi cuvbiKrjcavTCC, quare minus bene ultimo ille loco
nominaretur. hoc denique dicendum est, numerum quattuor iudicum
ad controversiam disceptandam minus idoneum esse quam trium,
circumscriptisque illis vocibus optime procedere orationem, cum
primum de Inacho patre, tum de Phoroneo filio quae narranda erant
narrentur.
III 1, 5 KQTeXOövTUjv bk 'HpaKXeibiliv in\ Tica^evoO toO 'Opi-
CTOu ßaciX€uovToc , MeccrjvTi jutv kqi "ApTOC ^Kar^pa iiiotpa Ttj^e-
vov, fi bk Kp€cq)övTiiv ?cxev fipxovxac. unus Loescherus in bis
verbis non omnia sana esse intellexit, hoc enim dicit: 'post ^oipa
videtur ponendum esse tÖ |lI€V, ita ut fiat oratio distributiva.' non
a^sensus est Siebelisius, qui vulgatam defendens in mirum incidit
errorem, cum ^KaT^pav Tf)V oUiav (§ 7) esse 'alteram harum domo-
rum' contendit. ne multis, Loescheri opinio editoribus non erat
repellenda aut silentio praetereunda : nam verbis TÖ ji^V — quae
ante Tii|lI€VOV facile excidere potuisso patet — insertis constans
dicendi genus Pausaniae proprium reätituerimus, qui cum de duabus
rebus dicturus eät, illas proponit, deinde in partitione aut pronomi-
nibus ö jui^V — 6 bi nominibus omissis utitur aut, id quod multo
saepius accidit, vel prius vel posterius substantivum redintegrat, pro
altero ponit pronomen. exempla sunt innumerabilia: cf. lU 14, 8
T€q)upaiv bk iq>' ^KaT^pqi t^ ^^v dcTiv fiToXiia 'HpQKX^ouc, iq bk
cIkujv AuKOÜpTou. 15, 3 'GXevric bi, iepd kqI 'HpaKX^ouc Tf^c ^tv
irXriciov toO Täq)ou toö *AXK|Liävoc , tijj bi. ^TTVJTäiuj toö reixouc
eqs. VI 24, G *HX{tu 7T€TToiTiTai Kai CeXrivr) XiGou xd dtoX^aTO,
Kai Tf\c liiv K^para Ik Tf\c Keq)aXfic, toö bk a\ dKTivec dv^x^^civ.
I 28, 8. IX 1, 2. alteram habes rationem II 6, 5 'Hdoboc Kai
"IßuKOC 6 jLiiv ^TTOiTicev . . *'lßuKOc bi . . q)Ticiv. 9, 6 Zeuc MeiXixioc
Kai "ApTcmc . . TTupa^ibi bi. b MeiXixioc, i\ bk kiovi dcTiv elKac^evri.
III 4, 5: Cleomencs» furore correptus obiit: UJC Tdp bi] dXäßcTO
Eiq)OUC, ^TiTpujCKev auTÖC auTÖv eqs. La £iq)OC. manifestum est
Pausaniam scripsisse fXaße t6 £iq)OC, cf. IV 5, 7. 21, 6. alia est
medii ratio, cf. II 1, 4. IV 18, 6; ne autem in articulo baereas, cf.
III 17, 18 Tf|v Traiba tuj dKivaKij iraiei.
Immerito factum esse dico, quod ne in praefatione quidem
Schubartus emendationis a Siebelisio profectae mentionem fecit,
qua III 6 initium § tertiae sanatur. ibi enim haec sunt in libris:
KXeuüvu^iu bi direXaO^VTi Tf]c ßaciXeiac irepiccdic br\ ti ö 6u|laöv
H Hitzig: coniectanea Pausaniaca. 53
•
eiXe (A g eIXev), quae verba ab Amasaeo et Loeschero ita vertuntur,
nt TrcpiaXtwc . . €Tx€ legisse videantur. qua re Pausaniae suum
redditom non est, nam de iT€piccujc^ quod verbum semper fere cum
brj Ti coniunctum est, dubitari uequit. quod autem Corais et Sie-
belisius coniecerant KX€U)VU|laov bk direXaO^VTa . . Ovjjliöc elXe, e
Pansaiiia confirmari non potest; multo melius est quod deinde Sie-
belisios proponit: ipÖ€i, cf. VIII 28, 5 Sie olboOvTOC auTiD toö
Oti^oO. boc solum mutaverim, ut scribam olbei. itacismo qui dici-
tur eorum , qui nostros libros scripserunt, sescentiens errores immi-
gravernnt. ut alio exemplo utar: V 4, 2 ubi baec eduntur: 'Eireiouc
Touc dpxaiouc rd ixiv fiXXa ctacev in\ rfic aöidiv ji^veiv, cuvoikouc
hl C91CI . . iireici^TOTC, in VbAg non ttJc sed Toic legitur, illud
autem a Siebelisio defenditur bis verbis: *in terra quidem sua prisci
manseront Epei, sed partem suorum agrorum bonorumque Aetolis
cedere coacti sunt.' sed eaedem condicitoes II 13^ 1 a Bbegnida
Phliasiis propositae sunt, ut Bbegnida rege recepto agrum cum
Doriensibus ex aequo partirentur, tamen Siebelisius cum libris
scripsit: ji^vovTac tnX toTc auTOJV (rectius aördiv) ßaciX^a . . tn\
dvotbacfLiq) y^c bix^cQai. et recte scripsit, nam ne sie quidem partem
agri veteres incolas amisisse negatur. manere in t«rra apud Paus.
ni üftllor est aut dv T^ ffji aut xaid x^pctv jüi^veiv, cf. IV 27, 8.
m 8: Schubartus in praef. edit. SW. p. XI initium buius capitis
mutilum et corruptum esse luculenter demonstravit, sed veram scrip-
tnram non totam detexisse videtur; sicenim restituebat eam: 'Apxi-
bd|iOu bi übe dTcXeiJTa KaTaXiTTÖVTOc iraibac'^ATiv t€ KarATTiciXaov,
''Atic 7Tp€cßuT€poc ä)V f^XiKia Tiap^Xaßev dvfi 'AxTiciXdovj Tf|v dpxrjv.
hie omnia recte se habent praeter verba dvil 'AxT]CiXdovj, quae ita
tantum ferri possent, si ad Agesilaum ut fratrem maicrem bereditas
regni pertinuisset , y. 6, 8. iam cum natu minor esset^ colligendum
dico verba kqI *ATTiciXaov , cum suo loco post ^A^iv T€ mota essent,
in dvT\ 'AyilCiXäovj esse mutata.
m 14, 10: quo loco Spartanorum iuvenes pugnare solebant, ad
eum ibatur per duos pontes , Tfjv jüifev bf| f cobov Ka9' f^v keXGeiv
b€Cpo ?CTiv ^Kax^pav xdEiv , TTpoebrjXujce kXtipöc eqs. bic beöpo
vix Sanum est, cum dicendum fuerit £v6a vel exei; neque alibi apud
Paus, baec vox invenitur. accedit quod verbo dceXGeiv locus satis
perspicue est significatus. quibus de causis crediderim scriptum
fuisse . . dceXOeiv xpeiüv dcxiv eqs., ut 22, 12.
III 17, 7 direEeXGeiv bi cq)iciv dpK^co^ai S ^Kouca dvbpöc
BuZaVTlOu: sie edd. libri omnes praeter Va et Ag, e quibus illo
dpK^CU)|LAai , bic dpK^co^ai, super ai expuncto €V; sed cum medium
verbi quod est dpK€iv prorsus inusitatum sit et apud Paus. I 29, 3
baec legantur: Trap^vxi be jüioi xd irXeiui xocdbe . . dpK^cei xoö
XÖTOU, illo quoque loco dpK^cei jiCi scribendum esse nemo non
videt.
IV 8, 4 : in praeclara pugnae inter Messenios et Lacedaemonios
commissae descriptione , quae a consueta Pausaniae exilitate adeo
56 HHitzig : coniectanea Pausaniaca.
XaO^cOai tüüv ^v X^P^'v. facile est his verbis medicinam afferre, sed
quid Paus, ipse scripserit, quaeritur. itaque Valckenarius post iToXXol
iDserit öXiTOU, Siebelisius antezn coniecit ujct€ auTUJV ^b^T^cav oO
TToXu KQi dTTiXaO^cGai Tujv dv x^pciv, ita ut auxuiv twv iv X^pciv
coniungendum esset, sed Pausaniae suum reddas scribendo uiCT€
auTUJV ^Ö^Ticav outtoXXoO eqs. cf. Xen. anab. V 4,32 ou noXXoO
ö^oviac icouc TÖ TTXdTOc KQi TÖ ^f]KOC cTvai.
IV 21, 12, ubi de ultimo Paus, loquitur Messeniorum certamine
Tijj T€ oöv '€|LiTT€p(i|Liiu Kai CiTapTiaTUJV TOic TrapoOci bi€tvai touc
M€CCilviouc fjpecKC, Amasaeus vertit ^Spartanorum principibus', legit
igitur Spxouci, quod melius habet quam TiapoOci: erat enim non
omnium qui aderaut Spartanorum, sed ducum solum discernere, num
fugientibus via daretur, dux autem est SpXüJV, v. initium paragraphi.
Minus recte editores recentiores V 1, 1 scribunt: fivr\ b€ oIk€i
TTeXoTTÖvvTicov 'ApKdbec jLifev auxöxOovec xal 'Axctioi, neque Scha-
bartus haec verba ita interpretari debebat: ^es bewohnen den Pelo-
ponnes als eingeborene stamme die Arkader und Achäer.' melius
Loescherus: ^genera haec Peloponnesum incolunt: Arcades quidem
indigenae et Achaei.' colon enim post TTeXoTiöwricov est ponen-
dum : de quinque Peloponnesi partibus Paus, dixit, iam de nationibos
agitur; ne autem falso TOtöe excidisse opineris, cf. I 21, 5 npöc
oiJv Tf|V diTopiav Taurriv d£€i3pTiTai cq)iciv iixX iiiv TOtc böpaciv
eqs. (v. Siebelisii adn.); 23, 3.
V 5, 2 : hanc paragraphum a Pausania profectam esse vix cre-
didenm. nam non solum illius consuetudo prohibet, quominus res
eiusmodi inter historicam partem et periegeticam interponi putemus,
sed etiam in verbis ipsis sunt quae Pausaniae dicendi usum minime
redoleant. ac primum quidem locutio Oaujidcai b' dv Tic, vulgaris
illa quidem apud alios, in Pausaniae libris, quod sciam, non in-
venitur, deinde pro ^kuickov dicendum erat dKUiCKOVTO, denique et
ratio grammatica et Pausaniae usus illud TÖ ante amov deleri iubent.
est quidem unus apud eum locus, qui idem vitium prae se ferat:
IV 31, 8 Td bi aiTia djuci boKeiv ecTiv 'Ajuaiiövujv T€ kX^oc eqs.,
sed hie Clavierius recte voluit TOuöe pro Td bi: cf. I 4, 3. 6, 2.
13, 4. 19, 3. 22, 6. 26, 3. 36, 1. 43, 1. 44, 7. II 1, 2. III 7, 11.
8, 10. 12, 7. IV 4, 3. ö, ö. 20, 8. 29, 12. 32, 4. V ö, 9. 9, 3. —
II 29, 7 autem , ubi haec sunt ^c 5 ic AeXq)Ouc d7T^CT€iXav ^pT)CO-
jLi^vouc t6 aiTiov ö ti eXx] anticipatio est quae dicitur.
V 13, 9: quod hoc loco Scbubartus tentavit, non eam prae se
ferro videtur diligentiam, qua uti solebat vir doctissimus et de Pau-
sania optime meritus: nam cum verba toG b^, quae sunt in libris
Omnibus, non habeant quo referantur, Schubartus ea mutavit in Tf\c
b^, ut praccedenti KpriTTlboc Tfic irpuüTTic responderent ; sed quid
nunc? reliqua est omni sensu carens vox ^KdcTOU, quam Schubartus
sine dubitatione eicit, cum nullo modo intellegatur, cur quis eam
inseruerit. rectam autem viam ingressis Vitium nisi fallor in hac
ipsa voce nobis quaerendum est. cum primam crepidinem (kpT)-
HHitzig: coniectanea Pausaniaca. 57
Ttiboc likv TTJc 7TpU)TT]c) laudaverit periegeta, iam eum de altera
dictamm esse exspectes , sed loco eius pavimentam (^öaqpoc) , qaod
arae fondamento erat, appellasse videtur. similiter in lovis aede
crepido (KpT)Tric) ambiebat pavimentum (fbaqpoc), in quo signnm
coUocatnm erat, cf. 11, 10. vide igitnr ne sit scribendum: toO b^
im Tfji TrpoGvicei Tr€pi|LA€Tpoc £bdq)0uc eqs. hoc addo: 11, lOrecte
vertit Schubartas : Mngs um die schwarze platte Ittuft eine einfas-
snng (xpiiiTtc) von schwarzem marmor', male autem II 7, 2 voci
qoae est Kpiimc eandem vim tribuit. Sicyoniorum in sepeliendis
mortuis consuetudinem describens haec dicit Paus.: TÖ jii^v cdjjiia
tQ KpuTTTOuci, XiGov bk. ^TroiKObojLiricavTec Kprimba xiovac dq)iCTäci
eqs. hie autem xpiimba non crepidinem ambientem , sed basin esse
niunmi docent : cf. ^numismatic commentarj on Pausanias by Imhoof-
Blumer and P. (jardener' I 28.
V 21, 2 non TrpuiTOi bk dpiGjLiöv S£ . . Jcnicav, sed TrpdiTOV
scribendum; post olympiadem duodecimam et centesimam iterum
sex Zanes erexerunt § 5.
Y 21, 5 : Callippus Atheniensis cum in pentathli certamine ad-
Tersarios pecunia corrupisset, Elei et illi et iis qui contra eum dimi-
caverant mnltam irrogaverunt, Athenienses autem Hyperidem mise-
nmt qui poenam deprecaretur. frustra: diTemövTWV bk 'HXeiujv Tf|v
Xdpiv ixP*JL>VTO u7T€poi|Jia Toiqlbe ic auiouc o\ 'AönvaToi, oöt€ äiro-
blb6VT€C TOt XprjjLlOCTa KQl 'OXUjLiTTlUiV eipTÖ|tl€VOl TTplV fj cq)iciv 6
Gcdc 6 iv A€Xq)oic ou TTpöiepov ?q)TiC€V {iixip oub€vöc XP^ceiv eqs.
hie male se habet ofire, nam fieri non potest, ut ad sequens xai
refera.tur , cum €ipTÖ|LA€VOi antecedenti participio non annexum , sed
suppositum sit; hoc enim dicit Paus.: 'tanta eos superbia asperna-
bantur Athenienses, ut ne Olympiis quidem exclusi pecuniam enu-
merarent.' pro outc igitur OUK postulandum.
VI 3, 13: Pyrilampis Ephesii statuam sculpsit qui idem atque
ipse nomen habebat, non ille quidem Sicyonius genere, sed ex Messena
oriundus ; quid sibi volunt verba y^voc bk ou CikvjOuvioc, cum Pyri-
lampes ille fuerit Ephesius? nenne aut priore loco TTupiXd)üiTTr]C
CiKUCWVioc aut posteriore T€V0C bk ouk 'Gq)^cioc scribendum?
VI 15, 9 biaOXovj bk xai öttXou fiiia icp' ^Kax^pou vikti, scriben-
dum ^KaT^piu ut semper.
Haud recte Schubartus (in his ann. 1864 p. 42) Schmittio con-
cedit VI 22, 9 contra libros legendum esse töv 'AXq)€i6v, diC dcf^X-
8€v, OUK ?x€iv auifiv Ö7TÖ Toiv fiXXuiv biaxpiveiv Tf|v "Apieiiiiv,
pro auTÖv : neque enim est cur obiectum tanta vi efferatur , et apud
Pausaniam persaepe fit, ut nomen in eodem enuntiato antecedens
addito auTÖC pronomine in sequentibus excipiatur, etiamsi super-
vacanea videatur talis repetitio, cf. II 3, 11. V 14, 10. VI 21, 1. 2.
25, 2.x 30, 7. 31, 8. 34, 3 etc.
TüRici. Hermannus Hitzig.
58 KTümpel: Tynenisches von Kyllene.
6.
TYRSENISCHES VON KYLLENE.
Nachdem HDMüller gelegentlich seiner auf die mjthologie der
einzelnen griechischen stamme gerichteten Untersuchungen erwiesen
hatte (mytb. II s. 262 f. 383), dasz die aus Thebai nach Attika
wandernden (KOMüUer Orch.^ s.434) Pelasger, welche den Hermes
in ithjphallischer bildung überbrachten \ denselben von den Ead-
meischen Argeiem übernommen hatten, deren stammgott er ist, bat
OCrusius (beitrage zur gnech. mjth. u. religionsgesch., osterpr. d.
Leipz. Thomasschule 1886 s. IS anm.2) darauf aufmerksam gemacht,
dasz am Hjmettos, wo nach Hekataios (bei Herodotos VI 187 •»
FH6. 1 29, 362) jene (tyrsenischen) Pelasger saszen, dieser ithj-
phallische Hermes ebenfalls vorauszusetzen sei. denn auch Aphro-
dite, die, wie Crusius schon früher nachgewiesen hat (jahrb. 1881
8. 298 f. ; vgl. jetzt beitrage s. 16 ff.) den mittelpunkt der pelasgisch-
tyrsenischen religion — neben den Kabeiren — bildete, aus Thebai
aber statt ihres kabeirischen parhedros den kabeirisch verwandelten
Hermes der. Kad meischen Argeier mit nach Samothrake nahm,
erscheint hier am Hymettos: ein sicheres Symptom tyrsenischer
Kabeirenreligion.
Da diese Aphrodite nun den namen KuXla ftlhrt, welcher aus
einer grotte KuXXou Tnfjpa (Hesychios u. KiXXeia) etymologisiert
wird, so fühlt sich Crusius an den arkadischen borg Kyllene
erinnert, der zugleich durch He rm es cult bezeichnet ist. dadurch
würde eine neue Station auf dem weiten wandergebiet der ver-
einigten Kadmeionen und Tyrsener — erkennbar an combiniertem
Aphrodite- und Hermese ult — gefunden sein, freilich mOchte der
um die religionsgesch ichte der Tyrsener' sehr verdiente gelehrte
diesen parallelfall lieber aus dem spiele lassen , wohl wegen mang^-
der beweise für einen tyrsenischen Charakter des Hermes wie für die
an Wesenheit eines Aphroditecults. was erstere lücke betrifft, so
läszt sie sich direct, die zweite wenigstens durch ein indireot be-
weisendes arg^ment ausfüllen.
Auf dem Kyllene' Arkadiens bildete ein aiboiov äv6pu»itov
diTÖ TtüV K&TU) im Tct fivuj &p)üifiv Ixov (Hippolytos ref. haer. V 7)
das cultobject des Hermesdienstes, jenen *pelasgischen' Hermes-
statuen wenn nicht völlig, so doch der hauptsoche nach entspre-
chend; und auch Aphrodite kann nicht gefehlt haben, wenn man
1 Herod. H 51 ToO bi '€pM^uj iä dT^Xfiara 6pOä fx^w rä a(6ota
Troi€OvT€C . . dirö TTcXacTOiiv irputiTOi . . 'AOiivaloi TrapaXaß6vT€c.
' art. 'Kabiren* in Krach u. Qrubers allg. enc. sect. II bd. XXXII 8. 19 ff.;
vgl. jahrb. 1881 s. 298 ff. ^ Artemidoros I 45 ^v KuXXnvr) . . 'Cp^oO
dToX^a oi)biy dXXo f{ alboicv die übrigen stellen (Lukianos lup. trag. 4*2,
Philostratos v. Apoll. VII 20, Hippolytos ao.i gleiches Inhalts vgl. bei
Preller-Plew gr. myth. I s. 311.
ETümpel: Tyrseniscbes von Eyllene. 59
die schlagende analog^e der elischen stadt Eyllene berück-
sichtigt« nicht nur dasz daselbst genau das gleiche symbol durch
Pausanias verbürgt wird, sondern obendrein in engster Verknüpfung
mit einem dortigen dienst der Aphrodite , so dasz beide gottheiten
in echt tyrsenisch-kadmeischer weise combiniert erscheinen: OeOüV
bk Upd iy KuXX/jvq 'AcKXTimoO, tö bk 'Aq>pobhr\c iccL toO
*€p|ioO bk TÖ fitaXina, 8v oi tqijtij Trcpiccuic c^ßouciv, öpGöv
icTxv* alboiov irii toO ßdepou (VI 26, 3).
Man wird also nicht umhin können die Crusiussche parallele
zwischen KuXXiivri einerseits und der Aphrodite KuXia von der
KuXXou iTiipa anderseits gegen ihn selbst in schütz zu nehmen und
am arkadischen berg eine Aphrodite KuXXrjvT], analog KuXia (von
*icuXXa) vorauszusetzen, ob dieselbe in der vü^qpri KuXXT)vic
*Prjvn enthalten sei, welche nach Dionysios I 61 mit Hermes den
Samon erzeugt haben soll, wage ich nicht zu entscheiden; doch kann
es kaum ein teuschender zufall sein, dasz dieser Cdjiwv, der sonst
^ ans ESTIN ein ansgefallenes EXQN zn ergänzen und so die Überein-
stimmung mit den ithjphallischen Hermesstatnen der attischen Pelasger
Herodois berznstellen läge nahe, wenn nicht die näherstehende analogie
des dxaX^a anf dem arkadischen Eyllene ein veto einlegte: die zeng-
niase verbürgen ausdrücklich, dasz das al6otov dort nicht einer Hermes-
itatne angehörte, sondern es entsprach vielmehr ^eimn jenem genitale
WHtseuH sexus {in foco comparenn e cinere) bei Plinius it. h. XXXVI § 204
(vgL Ov. fast. VI 627. Dionysios AR. IV 2. Arnobins V 8. KOMüller-
Deecke Etmsker II s. 96), in dessen gestalt der gentilgott des italischen
Tyrrheners 'Tarquinius Priscus' als zeugender ahn auftrat; sowie dem
<pdX\oc ^K Tf)c ^criac in der an einen Tarchetios von Alba angeknüpften,
sonst aber genau entsprechenden sage bei 'Promathion' (Promathidas?
in Plutorchs Rom. 2 = FHG. III 203; vgl. Müller- Deecke Etr. II 97).
diese, soviel ich sehe, noch nirgends betonte gleichheit des cultsymbols
bei griechischen und italischen Pelasgern ist ein gewichtiges Zeugnis
für die antike herleitung der letztern von den erstem, im verein mit
den schon von Cmsins hervorgehobenen thatsachen (beitrage s. 20
anm. 2: Aphrodite-Turan , Heinnes-Turms, Leukothea von Pyrgoi, Ca-
milli, s. 28: etrnskische inschrift auf Lemnos, abgedruckt bei SBugge
'der Ursprung der Etrusker', Cbristiania 1886, vgl. auch Deecke im
rhein. mus. XLI s. 460 ff.), welche sieb leicht vermehren lieszen. Plinius
nannte jenen Tarquinischen herdphallos Lar familiaris, was Dionysios
mit f)puic übersetzt oder mit "H(paiCTOC verdeutlichend umschreibt, die
Stiftung der Compitalia an die Laren wird auf eben jene phallossage
zurückgeführt: was wird also jenes 'pelasgische' wort Adptca, mit wel-
chem die Steinburgen in den alten Wohnsitzen der griechischen Pelasgoi-
Tyrsenoi bezeichnet wurden, anderes bedeuten als 'Laren- dh. herren-
sitz'? KOMüller Etr. I- s. 164 anm. 20 hätte also ebenso wenig zweifei
hegen sollen, ob der name Adpicca eines ortes bei Capua von Dio-
nysios Hai. I 21 richtig wiedergegeben sei, wie Deecke ebd. s. 84 anm. 42
und II 8. 97 anm. 60 die MüUersche gleicbsetzung des albaniscbeu Tar-
chetios mit dem Tarcbon-Tarquinius anfechten durfte, stellt doch Deecke
selbst I* s. 471 den Tarchetios zu Tarquitius. ferner vereinigt sich im
Adpoc (Lars) '€p^(v\oc (Dion. XI 51; vgl. Adpoc TTopctvoc) italisches und
griechisches Tyrsenertum: denn *€p^ivioc weist über '€p^r|Vioc auf 'Ep^fjc
zurück, wie '€pmövr|-(H)Ermania und ebenso die etrnskische gens Her-
minia (Müller-Deecke I' 8.462. 489) auf Hermaon-Uermon (Crusius beitr.
8. 20 anm. 2; vgl. s. 14 anm. 4 Hermonia).
60 KTümpel: Tyrsenißches von Kyllene.
auch Cdiuv, Cdoc genannt ist und von Preller-Plew (gr. mjth. I
8. 322 anm. 5 vgl. s. 320) mit dem cdiKOC '€p|Lif)c der Ilias (O 72)
zusammengestellt wird, als erster colonist von Samothrake be-
zeugt wird, jener von Tyrsenern des attischen Hjmettos besiedel-
ten insel. wie freilich diese arkadischen und elischen Pelasger von
Kyllene sich zu jener boiotisch-attisch-samothrakischen Wanderung
stellen, musz vorläufig ebenso unentschieden bleiben wie die fides
jener Überlieferung des Eustathios (zu Dionjs. per. 347 <« CMttller
6GM. II 8. 278, 9 ff.), dasz Pelasger unter Euandros am arkadischen
Kyllene gesessen und 'vor den Tyrrhenem' (!) in Italien sich nieder-
gelassen hätten.^
Mit grö:4zerer bestimmtheit Iftszt sich aber eins ausmachen:
wenn HDMüller ao. behauptet, man dürfe nicht (mit Herodotos)
das phallossymbol erst von den attischen Tyrrhenern herleiten , das-
selbe sei vielmehr südargivisch und von der stiergestalt des Hermes
hergeleitet; ja es müsse darum (obwohl nicht bezeugt) auch bei den
Nordargeiem vorausgesetzt werden, so erledigt sich diese, wie es
scheint, auch von Crusius adoptierte ansieht durch folgende Über-
legung, da die Argeier auf ihrer südlichen Wanderung erst in Boiotien
(Kadmeia) mit Tyrsenern zusammentrafen und verschmolzen, so kann
die in Thessalien noch vermiszte ithyphallische bildung des Hermes
(-lason), wie sie in Attika und von da ausgehend in Samothrake and
Umgegend, femer an den beiden Kyllene genannten örtlichkeiten er-
scheint, nur tyrsenischem einflusz verdankt sein, und musz veranlaszt
sein durch aufgehen des Hermes in einem mit Aphrodite ver-
bundenen phallischen Kabeiros.* es wäre überhaupt eine
lohnende aufgäbe zu untersuchen, in wie weit und ob überhaupt
phallischer cult und mythos sowie sein gegenstück (zb. im Uranos-
mythos), brauch und mythos der ^KTOjiirj, die noch weit mehr
orientalischen Charakter hat, im Griechentum, den (seit Bohde
und Bobert^ viel umstrittenen) Arretophorien , dem kaukonischen
Iphiklosmythos , dem cult und mythenkreis des Dionysos (so des
tyrsenischen bei Clemens Alex, protrept. s. 12 Sylb.) sich unabhängig
von orientalischem einflusz entwickelt habe.
^ sn dem sjmbol der Schildkröte, das in der kyllenisohen legende
von der erfindan^ der leier durch Hermes emcheint und in der be-
nennnng des nordabhan^rs des Kylienebergs als XcXuböpea seinen ao»*
drnck erhielt, vgl. die bemerkang in des vf. 'Aithiopenländer' (jahrb.
SQppl. XVI 8. 214), welche auf die Wahrscheinlichkeit einer beziehung
znm Aphroditecnlt (dem thessalischen und dem elischen der Pheidias-
statue) hinweisen. * vgl. 'Aithiopfniänder' s. 169 f. 176 auszer den
einschlügigen partien bei Crusius 'beitrage' s. 24 ff. ^ rhein. mus.
XXV 8. 548 f. und Hermes XX s. 367 ff. die ^kto^/) im Iphiklosmythos
HDMiiller mjth. I 176 ff. und im tyrsenischen Uranosmythos Crusius ao.
s. 22 anm. 1.
Neustettin. Karl Tümpel.
ThOpitz: zu Sallustius. 61
7.
ZU SALLUSTIUS.
1. Cai. 39, 2 ipsi (=> pai^ci) innoxii florentes sine metu aetatem
agere ceterosque iudiciis terrere^ quo plebem in magistrcUu pladditM
iractarent. die worte quo plebem , . tradareni werden von einigen,
80 neuerdings noch von Conzen 'beitrage zur erklärung des Sallust'
(Darmstadt 1876) s. 6 und Ungermann 'bemerkungen zu Sallust'
(Bheinbach 1878) s. 10 als die absieht aufgefaszt, welche die^ua
durch das iudiciis terrere verfolgten, und dem entsprechend nach
Fabri erklärt durch 'einen so behandeln, dasz er ruhig ist oder
bleibt.' dies widerspricht aber durchaus dem Zusammenhang, es
war doch ohne allen zweifei nicht die absieht der pauci das volk
milder zu behandeln, sondern sie suchten im gegenteil diejenigen,
die etwa dazu geneigt waren, durch anklagen davon abzuhalten, da-
her trifft Wirz entschieden das richtige mit der Übersetzung 'glimpf-
licher umgehen', dann aber ist es unmöglich an der hsl. lesart festzu-
halten, daher haben fast alle neueren hgg. (auszer Scheindler, Kappes
und Eussner), auch Jordan in der 3n aufläge, obwohl die anmerkung
nicht dem entsprechend umgestaltet worden ist, die von Bitschi
opusa m s. 820 vorgeschlagene Umstellung von qui (statt q%u>) . •
tradarefU hinter ceteros aufgenommen, es ist nicht zu leugnen, dasz
dann gedanke und ausdruck ohne allen anstosz sind, trotzdem läszt
sich an der richtigkeit der änderung zweifeln und der versuch
machen, ob nicht eine einfachere heilung denkbar ist. namentlich
kann doch die thatsache, dasz einige hss. qu^e hinter ceteros weg-
lassen, nicht fUr die berechtigung der Umstellung geltend gemacht
werden, wenn nun freilich Weidner bei Conzen ao. s. 5 quom statt
quo zu schreiben vorschlägt, so wird dem schwerlich jemand bei-
stimmen, nach meiner meinung jedoch musz der nebensatz von
terrere abhängen , so dasz , wenn quo nach teurere = ne sein könnte,
sogar die Überlieferung haltbar wäre, da das jedoch nicht der fall,
aber auch quo ne, woran Bitscbl zunächst dachte, kaum zulässig ist,
so schlageich vor: terrere, quo minus plebem inmagistratuplacidius
tradarent. dieselbe construction hat Caesar b. GaU. VII 49, 2 ut si
nostros loco depulsos vidisset, quo minus libere hostes insequerentur
ierreret und Tacitus hist. I 40, 11 nee iUos . . terruere, quo minus
facerent scdus.
2. Über die Schlacht am Muthul (Jw^. 48, 3 — 52, 4) bieten die
neueren hgg. nicht überall ganz genaues und richtiges, als Metellus
am rande des mit dem Muthul parallel laufenden und von ihm 20
römische meilen entfernten gebirgskammes (48, 3) erscheint, er-
blickt er 'vor sich die ebene und weiterhin den flusz, rechts den
hügeligen ausläufer, wo Jugurtha lauei*te' (Wirz). zunächst macht
er eine weile halt (49, 5). darauf heiszt es 49, 6 : commutatis ordi-
nibus in dextero latere, quoäproxumum hostis erat^ triplicibus subsidiis
62 ThOpitz: za Sallustiue.
aciem instruxitj wobei Wirz tripl. subs. durch *iki dreifacher reserve*
erklftrt. richtiger mtiste es dafür zunächst heiszen 'mit drei reserven'.
da aber ein grund nicht einzusehen ist, warum Metellus hier von
der üblichen triplex acies hätte abweichen sollen , im gegenteil ihm
der ausgedehnten aufstellung Jugurthas gegenüber {lugurtha ex-
tenuata stiarum acte consedü 49, 1) mehr an einer langen front als
an einer gröszem tiefe der aufstellung gelegen sein muste, so liegt
die Vermutung nahe, dasz der ausdruck triplicibus subsidüs aciem tn-
struxit ein ungenauer ist und nichts anderes bedeutet als das regel-
mäszige triplicem aciem instmxü, dh. er stellte sein beer in drei
treffen auf. während nun das beer auf dem marsche die front
nach dem flusse zu gehabt hatte, muste es beim Übergang aus der
marsch- in die Schlachtordnung dieselbe zugleich lUidem, dh. nach
dem von Jugurtha besetzten hügel zu, also nach rechts nehmen« dies
war aber nicht so einfach, keinesfalls kam es March ein ein-
schwenken der abteilungen nach rechts {cammutatis ordinibus) zu
stände' (Wirz). denn auf diese weise wäre die auf dem marsche
an der spitze befindliche abteilung, welche in der fron tauf Stellung
den äuszersten rechten flügel zu bilden hat, auf den äuszersten
linken flügel geraten und dem entsprechend die folgenden, so dasz
schlieszlich der rechte flügel durch die leute gebildet worden wäre,
die eigentlich auf dem linken ihren platz hatten, eine solche Ver-
wirrung aber konnte Metellus angesichts des feindes unmöglich an-
richten wollen, deshalb bedeuten die werte commulatis ordinibus
folgendes : er liesz die erste marschabteilung (entsprechend unserer
ersten section) rechts einschwenken und die übrigen daneben ^auf-
laufen' dh. sich so daneben setzen , dasz sie links von der bereits
stehenden abteilung ihren platz fanden, auf diese weise standen die
mannscbaften in der front in der richtigen Ordnung neben einander,
wurde dieses manöver im laufschritt ausgeführt , so nahm es gar
nicht allzu viel zeit in ansprach, bei dieser dar legung bin ich aller-
dings vom modernen Standpunkt ausgegangen, aber wesentlich an-
ders kann es einfach aus dem gründe nicht gemacht worden sein,
weil es so naturgemäsz ist. — Nachdem nun so das beer in Schlacht-
ordnung mit der front nach dem hügel zu aufgestellt war, so führte
Metellus aciem, sicuti instruxerat, transvorsis prindpiis in planum
hinab, dabei khun freilich transvorsis principiis nicht heiszen: ^in-
dem die front eine Wendung machte' (Schmalz), denn was wäre
dann aus den andern treffen geworden? sondern Metellus com-
mandierte einfach 'links um!', 'so dasz das vordertreffen {principia
■=3 prima acies) den feind in der offenen rechten flanke hatte {trans-
vorsis prindpiis) und die reiterei des linken flügeld an die spitze
kam' (Wirz). griff Jugurtha nun an, so brauchte blosz 'halt ! front!*
commandiert zu werden, und das beer stand in der richtigen Schlacht-
ordnung mit dem gesiebt nach dem hügel zu.
3. In den Orleaner fragmenten steht col. VIII IH nc de mis^
sione mutarent animoSy quam primum moenia corum cum omnibus
ThOpitz: zu SalluBtius. 63
copüs aceessü. fdr die gesperrt gedruckten worte ist verschiedeues
Torgeschlagen worden (s. Hanler in Wiener studien IX [1887] s. 29).
das einfachste bleibt mit Hartel (ebd. s. 43) zu lesen: ne demis-
8 tone mutarent animos «=» ^dasz sie nicht an stelle der nieder-
geschlagenheit Übermut treten lieszen'. demissio bezeichnet also
das aufgegebene, ankni das dafür genommene, die construction ist
also ganz dieselbe, wie in der so oft behandelten stelle lug. 38, 10
quia moriis mdu mutahantur^ wo für mutahantur alles nur er-
denkliche vorgeschlagen worden ist. ich denke, diese beiden stellen
sind wohl im stände einander zu erklären und gegen finderungsver-
sache zu schützen.
Dasselbe gilt von col. IX 18 und lug. 88, 6. an der erstem
stelle heiszt es: deinde^ uti quisque acciderat^ per totam urbem
maximo damare tumuUum faciunt, statt (Kciderat vermutete Hartel
aceeperaiy Heerwagen und Bücheier accedebat. die richtigkeit der
Oberlieferung wird aber erwiesen durch lug, 88, 6 quo inprovisus
gravior accideret^ wo Dietsch 'observationes criticae in lugurthae
partem extremam' (Grimma 1845) s. 2 accederet einsetzen wollte,
and ebd. 107, 6 quia de inproviso acciderant
col. X2 at ÜU . . cupere pacem et conscientia noxarum tnetuere,
ne datis armis mox tarnen extrema victis patereniur. hier gibt et
keinen sinn, denn es ist unmöglich zu sagen: sie wünschten den
frieden und befürchteten, die capitulation würde sie doch nicht vor
dem ftuszersten schützen, der gedanke ist vielmehr folgender: sie
wünschten zwar den frieden, aber sie befürchteten usw. alsomusz
sed mit Jordan' gelesen werden, was nach Hauler ao. s. 30 von
zweiter band übergeschrieben zu sein scheint, dafür spricht auch
noch der umstand, dasz die zweite band des palimpsestes auch sonst
das richtige bietet, zb. col. X 11, 19 und 20; XV 21; XVII 9.
col. XI 5 ea postquam Pompeius infenso exercUu adventare com-
pertus est. hier zieht Hauler ao. s. 44 ea unter vergleichung von
lug. 38, 6; 50, 6 und Caesar b. Galt, V 51, 4 zu adventare. aber
an allen drei stellen steht ea nicht auf die frage ^wohin', sondern
*wo*. daher ist es zu compertus est zu construieren = 'als man
dort erfuhr, dasz Pompejus im anrücken begriffen sei', demnach
ist die conjectur von Jordan' eae überflüssig.
col. XVn 9 iamque diebus al^iquoty per dubitationem (fritis}.
die ergänzuDg entspricht durchaus dem sinne, aber vielleicht läszt
sich noch etwas angemesseneres denken, wenn man vergleicht lug.
62, 9 muUis diebus per dubitationem consumptis und Tac. hist. IV
43, 12 consumptus per discordiam dies, so liegt der gedanke nahe,
auch an unserer stelle consumptis zu ergänzen, platz hatte dieses
wort, namentlich wenn wir es uns mit den von Hauler ao. s. 34 be-
sprochenen abkürzungen geschrieben denken.
Dresden. Theodor Opitz.
64 WBöhme: za SallostiaB.
lug. 97, 5 lautet der tezt bei Jordan: pugna latrodnio magis
quam proelio sitnüis fieri, sine signis sine ardinibus equites peäUesque
permixti cedere alius älius oUruncariy mvUi contra advorsos acerrume
pugnantes ab tergo circumveniri, hierin ist aU%tö cMus (Linker oHii
alii) und oUnmcari gegen die hss. gesetzt , welche aHios äUas und
dbtruncare bieten, ihren spuren folgend hat AWeidner in den 'ad-
versaria Sallustiana' (progr. d. gymn. zu Dortmund 1886) 8. 6 mit
recht caedere alios geschrieben, nachdem er dann auf die Unver-
einbarkeit dieser emendation mit dem folgenden äXias obtruncare hin-
gewiesen, fährt er fort: 'quodsi recordamur equites peditesqne in
aciem processisse permixtos, hostes alios militum vi caesos, alios
equorum ungulis conculcatos esse colligitur.' statt des hier ge-
brauchten concülcare aber wählt er, da ein wort verlangt werde,
welches ^litteris ipsis propius accedat ad traditam scriptoram, rariore
vero usu cum obtruncando facilius permutari potuerit' das composi-
tum ohculcare , welches bei Livius XXVII 14, 7 wie auch bei Gate
und Varro vorkomme, allein eines seltenen wertes bedürfen wir
nicht; es genügt das bei Sali, zwar, wenn ich nicht irre, fehlende,
sonst aber nicht ungewöhnliche oh t er er e^ das mit equorum ungulis
(Weidners ausdruck oben) bei Curtius IV 14, 14 sich findet; man
beachte auch Livius VII 23 ae. adeo praecipiti turha obtriti pltures
quam ferro necati. in das bei schlachtbeschreibungen so häufige , auch
von unserm schriftsteiler zuweilen angewandte obtruncare gieng oh-
terere vermutlich zu einer zeit über, wo caedere noch nicht* verdor-
ben war.
lug. 4, 5 nam saepe ego audivi Q. Maxumum, P. Scipionem^
praeterea civitatis nostrae praedaros viros solitos ita dicere^ cum mato*
rum imagines intuereniur , veJiementissume sibi animum ad virtutem
accendi. dazu bemerkt Weidner ao. s. 10, Sali, habe entweder nur
die Zeugnisse bestimmter personen oder die meinung des gesamten
adels anführen, ein gemischtes verfahren aber nicht an weinden können,
ohne die bedeutung der einzelnen aussagen durch die erwähnnng der
herschenden ansieht abzuschwächen ; daher vermute er die entstehung
von praeterea aus praeter ceteros. da aber das dem Sali, in anfzäh-
lungen geläufige praeterea auch hier an sich kein bedenken erwecken
kann, fa>o vermisse ich nur einen ausdruck für ^andere', dasz alle
hervorragenden Römer durch das anschauen der ahnenbilder zur
nacheiferung angespornt worden seien, hat der autor schwerlich ge-
hört noch geglaubt; aus diesem gründe verwerfe ich ceteri, welches
Sali, überdies niemals mit |>rae/erea zut>ammenstellt , und empfehle
die cinsetzung von alios ^ vgl. lug, 100, ^praäerea alios^ 84, 1 alia
praeterea , auch Cot. 47, 1 audire sditum . . P. Äutronium Ser. Sul-
lam L. Vargunteium, muUos praeterea in ea coniuratione esse^ und
(ohne praeterea) lug. 85, 40 nam ex parente meo et ex aliis sandis
viris ita accepi. unsicher bleibt allerdings, ob man den ausfall eines
alios (wenn man nicht multos vorziehen will) besser vor oder nach
praeterea anzunehmen habe; in letzterm falle ist es möglich dasz zu-
WBöhme: zu Sallustias. 65
erst citniatis wegen der ähnlichkeit seiner endbuchstaben mit alios
ausgelassen wurde , später aber hinzugesetzt dieses verdrängte.
lug. 88, 4 beschlieszt Marius, da seine siegreichen gefecbte mit
Jugurtha die entscheidung des krieges herbeizuführen nicht geeignet
sind, die für die Numider günstigsten städte einzeln zu umstellen
und wo möglich zu erobern; ittty beiszt es dann bei Sali, als gedanke
des römischen feldberrn , lugurtham aut praesidiis mtdatum , si ea
pateretuTj aut prodio certaturum, die erklärer ergänzen gewöhnlich
aus certaturum ein fore für nudatum. Weidner s. H, mit Eritz (1834)
dies misbilligend, glaubt die Schwierigkeit an dieser stelle beseitigt
2U haben durch die änderung nttdaturum ('ut lugurtham aut prae-
sidiis suis nudaret aut, si ea non pateretur, in periculum universi
proelii adduceret'). indessen würde man dann nicht prodio certa-
/urunt, sondern prodio certare coaäurum erwarten (vgl. 48, 1 lugurtha
co€U^i4S rerum necessitudine statuit armis certare)'^ zu dieser weitem
teztumgestaltung wird sich aber niemand ohne not verstehen, zwei-
tens hätte Sali., wenn man den schlusz unverändert läszt, wahr-
scheinlich mit anderer Wortstellung im anfang ita aut lugurtJiam . .
nudaturum , . aui prodio certaturum geschrieben, ist es aber, wie
ich mit den bisherigen auslegern glaube, am natürlichsten, nicht
Marius, sondern Jugurtha als das subject in beiden Satzgliedern zu
denken, so fehlt in unserm text eine angäbe darüber, was nach
Marius ansieht der könig thun werde , wenn er praesidiis nudatus
sei. in solcher läge, denke ich, blieb dem Jugurtha nichts übrig als
friedensunterhandlungen anzuknüpfen, leider ist der Wortlaut der
von uns verlangten ergänzung nicht festzustellen; nur rautmaszen
kann man, dasz ein mit -iurü schlieszender salz wegen der ähnlich-
keit dieser endung mit dem -tur in pateretur ausgefallen ist (zu dem
doppelten -urum vgl. 50, 1 remoraturos — temptaturos). im übrigen
ist hier eine Wendung mit pax {pacem petere gebraucht Sali, als
'frieden erstreben' in der or. Phü, § 17, in der bedeutung 'um frie-
den bitten' aber lug. 47, 3 pacem orare), mit deditlo {se dedere? tra-
dereT), vielleicht selbst mit heUum ('den krieg aufgeben') oder noch
andern werten zulässig, weiter ab läge die annähme, dasz auszer-
dem nach dem zweiten aut ein si non pateretur einzuschieben sei.
Cat, 55,1 postquam , ut dixi, senatus in Catonis sententiam dis-
cessit, consul optumum fadu ratus nodem quae instabat antecapere^
ne quid eo spatio novardur^ triumviros (tresviros) quae ad supplicium
postulabat parare iuhet, ipse praesidiis dispositis Lentulum in carcerem
dedudt. so die hss. die worte von tresviros bis iuhd ändert Weidner
s. 2 in tresviros quoad supplicium postulabat parere iubet. er hält es
für unwahrscheinlich, dasz jemand das von den bgg. meist ausgelassene
ad^ durch welches consul zum subject -^on postulabat wird, in den
text eingefügt habe; das für seine conjectur wichtige verbum parere
aber entnimt er dem Paris. Sorb. 500, in welchem es nach Jordan
in parare corrigiert ist. allein ebenso leicht wie etwa ein ursprüng-
liches parere in den andern hss. m parare übergeben konnte, kann
Jahrbücher Hir class. philol. 1888 ha. 1. 5
66 W Böhme: zu Sallustius.
der Schreiber jenes codex in letzterm worte von -ra auf -re abgeirrt
sein, wodurch ein doppeltes -re entstand, ferner trage ich bedenken
dem Sali, die formel parere iuheo in dem von dem kritiker verlangten
sinne zuzuweisen , da pareo in der bedeutung ^auf jemandes befehl
erscheinen, aufwarten' im alten latein allerdings üblich gewesen sein
mag, zur zeit unseres autors aber wohl dem compositum appareo ge-
wichen war, vgl. in den lexicis appareo, apparitor, apparüio. erst
bei Gellius X 3, 19 {parere iusserunt), Spartianus Fese. 7 (paruisset)^
Aur. Victor Caes. 2 ae. (subst. paritores, in Suet. Äug. 49 nicht vor-
kommend) er&cheint das simplez wieder, welches dberdies (^servorum
more* Gellius) mit bezug auf die accensi (Weidner) , schwerlich da-
gegen von magistratus gebraucht wurde ; eine annähme zu welcher
der ausdruck senatus attdoritati parere noch nicht berechtigt, un-
sicher ist mir ferner in Weidners Vorschlag quoad^ welches bei Sali,
überhaupt selten (vgl. Jacobs zu lug. 40, 9), in der caniur. Catü. gar
nicht auftritt; auch eine beschränkung des parere- iubet durch den
Satz quoad supplicium postulahat , welche der erwähnte gelehrte da-
mit zu rechtfertigen sucht, dasz die tresviri capitales 'non omnino
consulis voluntati erant obnoxii', erachte ich für unnötig ; ausreichend
war hier ein ad supplicium parere iubet: vgl. bei Spartianus ao. ad
memoriam und ad liheUos. halten wir demnach an der Überlieferang
in tresviros . . parere iubet , sowie an quae und supplicium fest and
erinnern wir uns an die functionen der tresviri, so lehrt uns eine
vergleichung ähnlicher stellen, dasz Sali, kaum etwas anderes sagen
konnte als 'der consul heiszt die tresviri alles in bereitschaft setzen,
was für die hinrichtung erforderlich war', ich ziehe hier nur heran
Livius XXXVII 18 pararique quae ad transiium UeUesponti opus
essent\ Caesar b. Gall. I 3 constiiuerunt ea quae ad proficiscendum
pertinebant comparare; Sali. Cat. 32, 1 optumum fadu credens . .
multa antecapere quae bello usui forent . . profedus est mit § 2 Cdhego
atque Lentulo . . mandat . . caedem incendia . . pareni. dasz nun
postulabat aus opus erant oder pertinebant an unserer stelle irrtüm-
lich hervorgegangen sei, ist mir fraglich, nicht minder, ob man hinter
der Verbindung ad supplicium ein Substantiv wie mos einzusetzen
habe, da sich mos wenigstens mit postulat nie findet {consududo
postulat steht b. Alex. 49). vielmehr darf man dem Schriftsteller
wohl ein supplicium postulabat zutrauen , vgl. lug. 85, 44 quantum
niei mores j non iUorum flagitia poscebant und die bekannten Wen-
dungen res postulat , tempuSj necessiias, causa ^ amicitia, locus Li^.
V 47, belli usus XXXIV 6. das überlieferte ad rührt vielleicht von
einem abschreiber her, der postulabat anfangs verkehrt als opus
era(n)t las, oder dem während den bcbreibens ein mit po^fu^rc syno-
nymer auddruck einfiel, der gewöhnlich mit ad construiert wurde.
In Cat. 52, 29 trete ich VVeidners prospera omnia cadunt nicht
bei, k&e vielmehr mit mehreren bgg. jjrospere omnia cedunt^ da Sali,
ja prospere und sccus cedere, ercteres Cat. 26, 5, letzteres lug. 20, 5
sagt und die endung von prospere durch die von omnia leicht ver-
AKunze: zu Sallustius. 67
derbt werden konnte, in Ing. 53^ 5 ist die änderung der Über-
lieferang durcb jenen kritiker in (fessi) cfedique wahrscheinlich
richtig; die Umgestaltung des zweiten adjectivs zu letique ist mög-
licherweise im hinblick auf laeti § 8 erfolgt.
Stolp in Pommern. Wilhelm Böhme.
lug. 85, 47 wird in den neuern ausgaben gelesen: egomet in
agmine aut in prodio consuUor idem et socius periaUi vobiscum
adero ; ältere hgg. haben : egomet in agmine^ in proelio usw. mit aus-
lassnng von atU. erstere lesart beruht auf den bessern hss., scheint
aber trotzdem nicht die richtige zu sein, abgesehen von den durch
Kritz und Dietsch dagegen geltend gemachten bedenken widerspricht
die lesart in agmine aut in proelio dem sprachgebrauche Sallusts,
der nach einfachem aut die präposition nicht wiederholt (hier
alle stellen: Cat. 20, 2; 31, 5 {causa)-, 49, 1. 4; 51, 27. 38; 61, 8
igratia)] lug. 17, 2; 40, 1 (2mal); 50, 6; 55, 1; 85, 10. 47; or.
Phü. 10; or. Cottae 12, vgl. auch Fabri zu Cat. 49, 1; lug. 49, 2
ne pauciores cum plurihus aut rüdes cum heUi mdiorihus manum con^
sererent kann nicht in betracht kommen, da hier durch hinzutritt
des neuen subjects rüdes die Wiederholung der präp. bedingt ist).
mit einer leichten änderung, die von der hsl. Überlieferung nicht
weit abweicht, dürfte die stelle zu heilen sein, schreibt man nem-
lich: egomet in agmine Kit^a ut in proelio usw. (vgl. CJat. 2, 3 si
virtus in pace ita ut in hdlo valeret), so heben sich einerseits alle
logischen wie grammatischen Schwierigkeiten, anderseits schwindet
der bei der lesart in agmine, in proelio durch die anaphora der präp.
bewirkte pathetische ton der rede, die ganze stelle kommt dadurch
näher an Cat. 20, 16, wo derselbe gedanke durch vel imperatore vel
müite me utimini: neque animus neque corpus a voUs dberit ausge-
drückt ist.
Plauen im Vogtland. Alfred Kunze.
8.
DAS RECIPROKE VERHÄLTNIS
BEI CAESAR DURCH SE, IPSI SE AUSGEDRÜCKT.
Zu Caesar hG. V 37, 6 nodu ad unum omnes . . se ipsi inter-
ficiunt hatte ich in meiner Schulausgabe bemerkt: 'ungewöhnlich für
mortem sihi consciscunt, wenn nicht se ipsi, wie sonst zuweilen
bei Caesar, etwa die gegenseitigkeit ausdrückt.' an der
richtigkeit dieses meines Zusatzes hatte BDinter in der zs. f. d. gw.
1885 s. 113 gezweifelt, da dieser so gründliche Caesarforscher diese
Spracherscheinung nicht kennt und ich auch in den grammatiken sie
5*
68 BMenge: das reciproke verh. bei Caesar durch ae, %p9% se ausgedrficki.
nicht erwähnt finde, so will ich die fälle hier zusammenstellen, auf
grund deren ich jene bemerkung beifügte: hQ. II 25, 1 confertos
milites sibi ipsas ad pugnam esse itipedimento. VI 37, 10 se ipsi ad-
hortantur. VII 28, 3 cum angusto exUupartarum se ipsi premerenL
70, 3 hastes se ipsi multitudine inpediunt. soweit herscht die Stel-
lung se ipsi] aber es kommt auch vor ipsi se: hG. II 19, 6 u< intra
Suvas aciem ordinesque constütterant atque ipsi sese confirmaverant\
ja auch se allein hG. II 26, 1 tribunos müUum monuü^ utpaülatim
sese legiones coniungerent. mit ausnähme dieses letzten satzes liegen
hier zweifellos reciproke Verhältnisse im strengsten sinne vor, dh.
die subjecte machen sich gegenseitig zum object ihrer thätig-
keit. merkwürdig ist, dasz in solchen fällen Caesar das sonst übliche
ifUer se nur anwendet bei cohortari dreimal hG. IV 25, 5. VI 8, 1.
40, 4. confirmare VI 2, 2. contingere VII 23, 3. bc. 1 21, 3, so dasz ich
also behaupten kann: das eigentlich reciproke Verhältnis
wird bei Caesar entweder durch inter se oder durch se
ipsi ausgedrückt.* unter diesen umständen ist man auch be-
rechtigt hG. V 37, 6 se ipsi interficiunt reciprok zu fassen, und diese
stelle würde dann nicht mehr als parallele für den seltenen fall an-
zuführen sein, wo se interficere steht für 'sich selbst töten*.
Noch bleibt das zuletzt aufgeführte beispiel hG. 11 26, l ut
patUaiim sese legiones coniungerent. coniungere pflegt Caesar sonst
mit inter se zu construieren , vgl. hc. II 10, 3 has (cölumdUis) inter
se capreolis . . coniungunt. ebd. II 2, 3 pedalibus lignis coniunctis
inter se. hG. VII 73, 4 quini erant ordines coniuncti inter se atque
inplicati, in diesen fällen handelt es sich um ein gegenseitiges Ver-
hältnis unter bloszen objecten, die in ein adverbiales Verhältnis
zu einander gebracht werden, während II 26, 1 die legionen sub-
j ecte sind, die sich nicht gegenseitig zum objecte machen, sondern
sich gegenseitig in ein adverbiales Verhältnis bringen (mit einander),
das ist allerdings ein unterschied; aber auffällig bleibt der satz
immer, ich habe noch keinen andern gefunden, wo sese in ähnlicher
weise reciprok stände, eine änderung des teztes vorzuschlagen {pau-
latim inter sese könnte vielleicht verlesen sein) halte ich mich aber
nicht für befugt. Caesar bindet sich eben nicht an unsere gram-
matikeu und Stilistiken; es genügt ihm verständlich geschrieben
zu haben.
* bekanntlich finden sich ancb in der griechischen prosa die pliirale
der reflexiva bisw-ilen für dXXnXujv, zh. bei Demosthenes 4, 10. 9, 21.
▼gl. KWKrüfirer griech. «pr. § 51, 2. 16.
Halle. Rudolf Menge.
KBobrik: anz. v. oeuvres d'Horace par AWaltz, 69
9.
OEUVRES D HORAOE. j^DITION CLASSIQUE TEXTE PUBLl^ d' APRÄS
LSS TRAVAUX LES PLUS R^OENTS AYEO UNE NÖTIGE BIBLIOORA-
PHIQUE ET LITT^RAIRE DES REMARQUES SUR LA LANQUE ET LA
M^TBIQUE, X7NE I^TUDE SUR LES MJ^TRES LTRIQUES D* HORACE,
DES ARGUMENTS, DES NOTES, DES CARTES, DES PLANS, DES FIGURES
ET UN INDEX PAR A. Waltz. Paris, Garnier fräres. 1887. VIII
u. 512 B. 8.
Die bearbeitung des Horatius hat unter den nationen oft ge-
wechselt: Italien, Deutschland, Frankreich, England, Holland haben
der reihe nach sich ihr zugewandt; seltener haben sie dieselbe gleich-
zeitig in angriff genommen, während des letzten Jahrhunderts hat,
abgesehen von verdienstvollen forschungen, die sich meistens auf
besondere einzelne punkte oder fragen bezogen, unzweifelhaft Deutsch-
land die ftthrung auf dem gebiete der niedem wie der hohem kritik
übernommen : denn auch was in Schweden, Italien und besonders in
England in den letzten decennien beachtenswertes erschien, hat fast
ausnahmslos die deutschen arbeiten zur Voraussetzung, um so mehr
zieht eine in Frankreich neu erschienene ausgäbe des Hör. unsere
teilnähme auf sich, die sich bemüht den anforderungen, welche die
gegenwart an eine solche arbeit stellen darf, gerecht zu werden, be-
ansprucht sie selbst nicht eine gelehrte ausgäbe zu sein 'die in
Frankreich noch fehlt', so nimt sie doch so entschieden Stellung zu
den meisten in frage kommenden punkten, dasz sie als solche in
jeder beziehung beachtenswert ist.
Hr. AWaltz, früher professor am lyceum Charlemagne in Paris,
gegenwärtig an der Universität Bordeaux, hat schon in j. 1881 in Paris
ein werk erscheinen lassen 'des variations dela langue et delametrique
d'Horace dans ses diff6rents ouvrages' (245 s.), ebenso verdienstvoll
wie in Deutschland wohl noch wenig bekannt bzw. wenig ausgenutzt.
Waltz ist der deutschen spräche vollkommen mächtig und hat sich
die mühe nicht verdrieszen lassen , auch die kleinsten einzelschriften,
die bei uns in gestalt von Programmen usw. über die prosodischen
und metrischen eigen tümlichkeiten des Hör. erschienen sind, neben
seinen eignen sorgfältigen und ausgedehnten Studien für das letzt-
genannte werk zu berücksichtigen, man darf vertrauen in letzterm
ziemlich alles zu finden , was sich zur zeit überhaupt erwarten läszt.
seine volle Verwertung, deren das buch fähig ist, wird es, davon bin
ich meinerseits überzeugt, erst dann finden, wann die kritik endlich
einmal gerecht gegen den dichter handeln wird, was man fast aus-
nahmslos jedem andern Schriftsteller des altertums, ja sogar dem
modernen deutschen classiker zubilligt: das Zugeständnis, dasz er
durch die band eines interpolators zu seinem nach teil entstellt sein
kt^nne, bzw. entstellt sei — diese rücksicht gewährt man heute gerade
demjenigen dichter nicht, der durch sorgfältige arbeit nach bewusten
kunstgesetzen und durch fleiszigste feilung wie durch die handgreif-
70 BBobrik: anz. v. oeuvres d^Horace par AWaltz.
liebsten und schimpflichsten fUlschungen, denen der gegenwftrtij
tezt seiner gedichte {ca. IV 8, 17. sat. U 3, 325 ua.) unterlegen u
das gröste anrecht auf dieses Zugeständnis hat; man gewährt es ih
nicht blosz nicht ^ nein, man macht sich auch noch ein verdien
daraus, dasz man ihm dieses Zugeständnis verweigert, und ist stc
darauf dasz man dies thut; man pocht darauf als auf ein verdieof
nachdem die grösten kenner des altertums wie das altertum selbst -
ich erinnere nur an den obelos des Probus — die möglichkeit in
geradezu das Vorhandensein solcher textesverderbnisse ohne weiter
als selbstverständlich vorausgesetzt und mit ihm gerechnet haben, ii
will mich über diese frage an dieser stelle nicht weiter ergehei
aussprechen will ich nur, dasz einst die Verschiedenheiten in d
Sprache und der metrik des Hör. sich wichtiger als heute und €
als bedeutsame fingerzeige fUr Interpolationen erweisen werde
dabei wird das in rede stehende buch von Waltz dann um so braue
barer werden, als es ohne jedes Vorurteil, dh. ohne jede rdcksic
auf die bisherigen ergebnisse der hohem kritik abgefiEtszt ist.
In der vorliegenden bearbeitung des Hör. beabsichtigte
ein buch zu geben , welches, gestützt auf die ergebnisse der arbeit«
der letzten fünfzig jähre, nicht sowohl kritischen zwecken dien«
als vielmehr zunächst einen fdr schüler (studenten und angeheni
lehrer) wie ftlr lehrer gleich brauchbaren und zuverlässigen te
bieten und auf ihn eine genaue und strenge erklärung bauen so
für diesen ist in erster reihe der text der editio minor von Kell
und Holder (1878) maszgebend gewesen, der Standpunkt, w
welchen diese ausgäbe der gröszem gegenüber sich stellte , ist b
kannt, und damit ist also auch zum grösten teil die kritische stc
lung bezeichnet, die W. sich gegeben hat. indem er diese notiz gib
verzichtet er darauf Varianten und kritische noten in besonder
abteilung zu bieten; er teilt solche nur an besonders schwierig«
stellen mit. für die erklärung will die ausgäbe in den unter d<
text gesetzten noten alles darreichen, was zur lOsung der schwierij
keiten notwendig ist, oder wenigstens was den unentbehrlichst«
Stoff hierzu darbietet, nach dem Vorgang der ausgaben von Munn
und Wickham in England, von Kiessling in Deutschland wird t<
jedem gedichte der gedankengang des stückes entwickelt.
Die einleitung gibt zunächst einen kurzen lebensabrisz d<
dichters, unter dem texte litterarische nachweise dazu, nach der nati
der Zusammenstellung erwarten wir nichts neues, ich kann aber d
gelogenheit nicht vorübergehen lassen , nicht um Waltz sondern u
der von ihm dort nur wiedergegebenen herschenden ansieht entgegei
zutreten, die sich in dem satze ausdrückt: ^M6cene fit connalt:
Hurace ä Octave, envers qui le podte semble avoir conserve, jusqu
la bataille d'Actium, des sentiments d'antipathie et de r6pu
sion.' schon die blosse erwägung der politiächen Verhältnisse, w
sie in Rom seit dem j. 42 vor Ch. sich gestaltet haben müssen, ve
bietet eine solche annähme für wahrscheinlich zu halten, die so,
RBobrik: ans. v. oeuvres d^Horace par AWaltz. 71
republicaniscbe parte! hatte zunächst jede aussieht verloren , jemals
wieder sich der lenkung der Staatsgeschäfte bemächtigen zu können,
neigungen, welche sich etwa 'von Octavianus ab- und Antonius zu-
gewandt hätten, muste das andauernde verhalten des letztem gründ-
lich stören; umgekehrt muste Octavianus mit jedem tage nicht nur
als der alleinige retter des Staates, sondern sogar als derjenige mann
erscheinen, der die ho£Fhungen auf persönliche Sicherheit und frei-
heit allein erfüllen, der dem reiche wieder zu ansehen und ehren ver-
helfen , seiner Verfassung ihre republicaniscben formen wiedergeben
könne; auch der entschiedenste republicaner muste unter solchen
umständen ein persönlicher anhänger Octavians werden können und
werden, eine gleiche Wandlung haben wir ja selbst erlebt und an-
geschaut in den vielen beispielen , in denen bei uns frühere führer
der fiuszersten demokratischen linken (1848) begeisterte anhänger
und hingebende Werkzeuge des kaisen'eichs geworden sind, nachdem
dieses einmal neu erstanden war. weshalb ? weil dieses , wenn auch
in einer andern als der in politisch unreifer zeit erträumten form
erfftllte^ was nur irgend schwärmerische Vaterlandsliebe hatte er-
sehnen können, wo mächtige ereignisse reden , da bedarf es eben
nicht langes nachdenkens und langer Überlegung, um zur erkenntnis
zu kommen : so darf uns kaum die sichere thatsache befremden, dasz
Hör. möglichst bald nach seiner rückkehr nach Bom seine bis dahin
unabhängige Stellung sei es freiwillig sei es notgedrungen aufgab
und ein staatsamt annahm, war nun überhaupt noch viel räum für
persönliche neigungen und abneigungen? dazu rechne man endlich,
dasz Hör. schon nach drei jähren den zugang zu einem der nächsten
freunde Octavians fand und vorübergebend oder andauernd in dessen
persönliche dienste trat , dienste in denen er wohl oder übel selbst-
redend mit ausführen helfen muste, was Mäcenas etwa im auftrag
oder in Stellvertretung Octavians that {sat II 6, 38). befand sich
denn nun Hör., ein wie groszer dichter er immerhin später geworden
sein mag, damals doch vermögenslos, politisch compr emittiert, in
einem untergeordneten amte stehend, persönlich vereinzelt und ein-
fluszlos, etwa in einer läge, in der er gegen den allmächtigen Oeta-
vian Stellung nehmen konnte? wäre eine solche überhaupt mit seinem
Verhältnis , in welches er zu Mäcenas trat , vereinbar gewesen ? ich
behaupte dasz dies durchaus unmöglich war. aber nicht blosz diese
crwägungen lassen die übliche annähme als unhaltbar erscheinen,
wir haben ja Urkunden, die das gegenteil erweisen, auch wer mit
gewalt die äugen gegen den längst erbrachten beweis verschlieszt,
dasz epod, 9, 27 — 38 von v. 1 — 26 (20) zu trennen und in das j. 36,
in die zeit nach dem siege über Sextus Pompejus bei Naulochus zu
setzen ist, musz zugeben, dasz die worte ut nuper {vidore laetus
Caesare) usw. sich jedenfalls auf diese zeit, auf das j. 36
beziehen, damit ist aber festgestellt und erwiesen, dasz die voll-
ständige aussöhnung des dichters mit den nach der scblacht bei
Philippi gewordenen Verhältnissen nicht etwa erst in das j. 31 oder
72 RBobrik : anz. v. oeuvres d'Horace par AWalU.
gar noch später zu setzen ist, sondern dasz man sie mehr oder min-
der gleichzeitig mit seiner rückkehr nach Bom anzunehmen hat.
darf man doch auch kaum die ihm gewährte amnestie an eine andere
Voraussetzung als an diese knüpfen, zu der falschen auffassung des
wahren Sachverhältnisses mag besonders Suetonius anlasz gegeben
haben, ich äuszere mich über seine anstöszige lebensbeschreibong
des Hör. bei einer andern gelegenheit.
Die Schenkung des landgutes setzt W. in das j. 34. auf eine
kurze Übersicht über die entstehungszeit der einzelnen bücher (35/34,
30/29, 24/23, 20, 17, nach 13 usw.) folgen nachrichten über die
wichtigsten band Schriften und ausgaben; Keller und Holder
finden die bei uns geltende wtlrdigung, und die neuesten ausgaben
von Schütz, Hirschfelder, Kiessling haben neben denen von Dillen-
burger, Fritzsche, LMüller, CNauck und Krüger dem hg. bereite
vorgelegen.
Am Schlüsse dieses abschnittes nimt W. Stellung zu der frage
nach der ursprünglichkeit der überlieferten form der gedichte.
er sagt, dasz sicherlich Veränderungen des ursprünglichen textee
stattgefunden haben, hält aber allerdings die thatsächlich festge-
stellten für wenig zahlreich, eine concession mit der man einstweilen
zufrieden sein kann und die jedenfalls von Unbefangenheit und
wissenschaftlicher einsieht zeugt.
Das zweite capitel der einleitung beschäftigt sich mit der
spräche und der metrik des Hör. bezüglich der erstem werden
die archaismen, die griechischen formen, die syntax der casus , der
Zeiten und modi und besondere constructionen und figuren zu-
sammengestellt, die Übersicht über die metrischen und prosodischen
eigentümlichkeiten ist besonders für diejenigen von Wichtigkeit,
welche sich hierfür des oben erwähnten buches von W. nicht bedienen
wollen ; ich wüste nicht , dasz in so gedrängter form sich anderswo
eine stofflich so vollständige Zusammenstellung des wichtigsten aof
diesem gebiete fände, die einleitung schlieszt mit einer aufführung
der von Hör. angewandten vers- und Strophenarten, die in ebenso
verständiger wie leicht übersichtlicher weise auf den grundsätzen der
rhythmischen metrik aufgebaut ist. im vorbeigehen merke ich an^
dasz wie ich so auch Waltz — der erste teil meines 'Horaz' hat ihm
wenigstens bei ca. IV 11 schon vorgelegen — in dem sog. Hippo-
nacteum (II 18) wie es scheint nut neun trochäen erkennt, die
durch die cäsur hinter der siebenten silbe geteilt werden, dasz da-
neben eine durch alle verse durchlaufende zweite cäsur den vers
in zwei Zeilen von je sechs und drei trochäen zerlegt, habe ich ao.
s. 271 dargelegt, aber es glaubt ja heute noch fast jedermann den
willkürlichen theorien der unmusicalischen nachclassischen gram-
matiker mehr als den versen des Hör. .selbst (vgl. dagegen ua. Wila-
mowitz in den philolog. unters, hefk 9 s. 7 f.).
Wie der titel es verspricht, enthält das buch auch abbildungen^
karten und plane, von ersteren finden wir darin zu ca. I 11 den
BBobrik : anz. y. oeuvres d'Horace par AWaltz. 73
sitzenden Juppiter, zum ca. saec. den Apollo von Belvedere und
die Diana des LouvrO; zu ca. I 1, 23 den liiv/us^ die tuba^ tibia und
den flGtenspieler, zu HE 11 die verschiedenen formen der Ijra, zu
I 14 die antefmae^ zu III 21 amphorenträger, zu III 25 Bacchus und
sein gefolge, zu epod, 1 die navis turrüa, an karten und planen
finden wir zu epod. 5 einen plan von Rom zur kaiserzeit, zu sat. I 5
das Üer Brundisinufn und die heimat des Hör. nach Desjardins , zu
sitf. I 9 einen plan des forum unter der republik, zu 11 6 ein kärt-
chen von Tivoli und von der villa des Hör. nach Walckenaer und No6l
des Vergers ; zu derselben satire den Thrax und mirmiUo , zu II 8
die nenn plfttze bei tische; zu a. p. 179 ff. einen plan des theaters in
Herculaneum, tragische masken, die uncia, das as und das halbe as.
berichterstatter las neulich die frage aufgeworfen, in wie weit die
Schulbücher abbildungen enthalten dürfen, sie wurde meines er-
achtens richtig dahin beantwortet, dasz das Schulbuch kein bilder-
bnch werden soll; nur so viel dürfe durch bilder ua. veranschau-
licht werden, als ohne dieselben nicht verständlich sei. man wird
nicht behaupten können ; dasz die damit gesteckte grenze hier über-
schritten sei; sind auch nicht gerade alle abbildungen unumgänglich
notwendig , so werden sie doch auch keine gefahr bringen den leser
zu zerstreuen , um so weniger als sie in einfachster linearer manier
gehalten sind.
Füge ich noch hinzu, dasz mehrere zweckmftszige register das
bach abschlieszen , so glaube ich den rahmen des ganzen damit voll-
endet zu haben ; es bleibt mir übrig an einzelnen beispielen die grund-
sfttze zu veranschaulichen , von denen W. sich hat leiten lassen, ich
merke zunächst einige lesarten an, für welche sich W. in vielbespro-
chenen stellen entschieden hat. ca. I 2, 39 acer et Mauri unter Ver-
weisung auf Strabon XVII 3, 7 ua. 'c'ötaient, dit M. Benoist, les
turcos de Tarm^e romaine.' II 6, 18 et amicus Auton fertili Bacchd,
III 3, 34 ducere nectaris succos. 4, 9 f. Apulo . . Äpuliae. 5, 17 si
nonperiret. IV 2, 2 ille, 8, 12 muneris. sat, I 6, 126 fugio rabiosi
tempora signu man sieht, W. wählt selbst beiden Keller-Holderschen
ausgaben gegenüber seine lesarten, wenngleich er ausdrücklich be-
merkt, dasz er im allgemeinen der kleinern derselben folgt; bei
ducere {ca. III 3 , 34) schlieszt er sich dabei allerdings dem Avenio-
nensis und Farisinus 7900*^ an.
Ca. I 1 teilt W. in vierzeilige Strophen, so dasz er 1. 2. 35. 36
in dieselben einbegreift, zu I 9. 14. II 18 usw. werden die Alkaios-
fragmente abgedruckt, und W. bemerkt nach dem bruchstück des
Simonides {ca. III 2, 7): 'chose curieuse, le vers 25 traduit un
autre fragment du möme poöte: IcTi Ktti ciTäc dKivbuvov "^ipac*
ich glaube, wenn sich mehr von den Vorbildern des Hör. erhalten
hätte, würden wir uns über dergleichen vereinzelte Übereinstimmungen
weniger wundern : denn ein sehr groszer teil, eine bedeutend gröszere
anzahl als gewöhnlich angenommen wird, zunächst wenigstens der
öden würde sich nach meiner Überzeugung dann in jbrer ganzen aus-
74 RBobrik: anz. v. oeuvres d*Horace par AWaltz.
dehnung einfach als nachbildungen erweisen. — Zu oa. I 3, 1 6
merkt W. an: 'la construction r6gulidre serait: sie . . lapyga, i
reddas] au lieu de cette formule consacr^e, Horace, par une am
coluthe, adopte, dans la seconde partie de la p^riode, la toumure (
rimp6ratif.* — Bei der behandlung von 112 folgt W. der von Chri
vorgeschlagenen teilung der ode in 3 X 5 Strophen nich t.
Dasz W. , der genaue kenner des Hör., sich durchaus nicl
ganz ablehnend gegen das Zugeständnis von interpolationen verhftl
habe ich bereits erwähnt, ich stelle dies um so lieber fest, als kür
lieh ein herausgeber des Hör. sogar die teilbarkeit der öden in vie
Zeilen als eine erwiesene oder für uns wichtige thatsache ablehnt
womit also schlieszlich auch ca. IV 8, 17 stehen bleiben könnte. i(
möchte fragen, wozu dann noch weiter kritik irgend weicherar
wozu dann noch Wissenschaft und der glaube an irgend welche ve
dienstlichkeit wissenschaftlicher forschung auf diesem gebiete ; woa
dann noch lesarten wählen oder verzeichnen, es ist ja jede d<
letztem in irgend welcher weise zu stützen, und wenn alles möglic
sein soll, weshalb soll Hör. dann nicht auch einen historische
Schnitzer begangen oder *zur abwechslung' (!) auch einmal de
Asclepiadeus keine cäsur gegeben haben? hat Catullus sie do<
auch vernachlässigt.
Dasz nun zwar W. irgend welchen vers als untergeschoben an
gelassen hätte, dessen vermag ich mich nicht zu entsinnen, desi
häufiger finden wir aber anmerkungen, aus denen sich entnehme
läszt, dasz W. unter umständen athetesen einen nicht ganz unb
trächtlichen räum geben würde, zu ca. I 1, 1. 2. 35. 36 schweif
er. zu I 6 quis Martern usw. beregl er die bekannten bedenken ui
erwähnt, dasz die strophe von Peerlkamp ua. verworfen worden se
er schlägt vor sie mit qui (dh. Yarius) statt quis unmittelbar ai
die erste strophe folgen zu lassen (ich bemerke dasz qui sich dan
zunächst an mües anschlieszen würde), zu ca. I 7 merkt W. an, dai
^einige hss. und einige ausgaben' mit unrecht diese ode getei
haben, ich darf vermuten, dasz W. bei bearbeitung dieser ode mei
nachweis (ao. I s. 58 ff.), dasz die ode in der that aus zwei stücke
absichtlich in 6ine zusammengeschweiszt sei , noch nicht Vorgelege
hat: denn in seiner kritik meines buches (annales de la facult6 d<
lettres, Bordeaux 1886, n. 2) weist er ausdrücklich auf jene stelle a
beachtenswert hin, in der ich nachgewiesen habe, dasz mit v. 15 nac
dem Zeugnis desCaesiusBassus eine andere art des Archilochische
tetrameters beginne. * — Über die doppelte natur von ca. I 9 wii
nichts angemerkt; ebenso nichts über die echtheit (?) von I 20 un
24, 1 — 4; jedoch sagt W. zu ergo v. 5, dasz der dichter hier de
* wenn W. ao. sagt, ich hütte das Tcrsmass von III 12 dem metm
Horatianum gleichgentellt, so bemerke ich an dieser stelle, dasz nicl
ichf sondern derjenige ordner, der die gedichte des dritten buche
wie ich nachgewiesen habe, in triaden ordnete, dies that und dai
darum su teilen «ei:
BBobrik: anz. v. oeuvres d*Horace par AWaltz. 75
Yon der Mose erbetenen trauergesang beginne. 1 28 ist die anspräche
des Schattens eines im meere umgekommenen, 6in gedieht, zu wel-
chem Hör. durch einen von ihm selbst an dieser küste erlebten Schiff-
bruch veranlaszt zu sein scheint, ich vermisse den nach weis, auf
welche stelle des dichters oder auf welche sonstige notiz sich diese
Vermutung stützen könnte : denn ca. III 4, 28 läszt sich doch nicht
ftir Tarent oder das adriatische meer heranziehen. — Auch I 31,
9 — 16 erhält keine kritische note. dagegen wird II 20 als mehr-
seitig angezweifelt und mehrfach verdacht erregend bezeichnet.
III 1 — 6 sind W. als einheitliche gedichte erkennbar und vielleicht
sogar zu verschiedenen zeiten geschrieben. — Wie man annehmen
kQnne, in 11 ae. sei von Ovidius nachgeahmt, nicht umgekehrt, Ov.
sei das original, wie man also vermuten könne, dasz das verständliche
eine nachahmung des unverständlichen sei , ist mir unfaszbar : vgl.
meine parallelen aus Ovidius zu 1 10 ao. I s. 201 und zu UI 11 ebd.
8. 31 1 ff. — lU 19, 11 wird noch auf Li cini us Murena bezogen, un-
zweifelhaft deutet aber die drei- oder neunzahl der becher auf die
drei silben oder neun buchstaben des Terentlus Murena, wie ich
ao. I s. 352 nachgewiesen habe. — UI 17, 2 — 5 wird angezweifelt,
nicht aber IV 4, 17 — 20, bei welchen versen W. Oesner folgt; je-
doch verweist er dabei auf III 17, 2— 5. bezüglich IV 8, der einzigen
ode die sich nicht in vierzeilen zerlegen lasse, war von W. schon in
der einleitung bemerkt, dasz sie ^apokryph oder durch einschiebungen
gestört' sei. W. beläszt sie daher ohne strophische teilung, merkt
aber aufs neue an, dasz verschiedene Schwierigkeiten auf tiefe Stö-
rungen schlieszen lassen, trotzdem wird incendia als 'stürz, unglück'
gedeutet, ev. auf den brand des lagers des Hasdrubal und Sjphax,
nicht aber auf den brand Karthagos selbst bezogen. — Auch W. er-
kennt mit mir in IV 12, 1 — 12 die nachbilduug eines griechischen
gedichtes, das im osten gedichtet ist, stellt zur zweiten hälfte eben-
falls Catulls c. 13 cenäbis hene in parallele und merkt zu v. 12 an:
'peut-6tre faut-il avec quelques savants voir ici le commencement
d'une deuxidme ode (Sivry, Bobrik).'
Ich habe mich im vorstehenden bemüht das werk des hm. W.
möglichst anschaulich dem leser vorzuführen, nur 6ines fehlt noch
um das bild\u vollenden, ein charakteristischer zug, der seine aus-
gäbe wesentlich von den unsem unterscheidet, aber bei unsem
nachbarn drüben allgemein üblich ist. die ausgäbe ist nicht voll-
ständig, sondern zugestutzt: alle für die Jugend etwa anstöszigen
stellen sind ausgemerzt und eine ganze reihe der öden überhaupt
nicht behandelt, so kommt es dasz wir in dem lyrischen teile des
miserarum est neque amori
dare ludum neque dulci mala vino
lavere aut exanimari
metuentes pairuae verbera linguae ,
eine Ordnung welche auch andere Zeugnisse des altertums als die allein
zulässige erweisen.
76 RBobrik : anz. ^. oeuvres d'Horace par AWaltz. — Berichtigung.
dicbters nur 97 von 121 gedichten, in den übrigen werken die ein-
zelnen etwa anstöszigen stellen nicht finden, der berichterstatter
kann dies ans mehreren gründen , die der entwicklung bei uns wohl
nicht bedürfen , nur bedauern, begreiflich findet er dies verfahren
unter umst&nden gleich denjenigen, welchen Desprez bei seiner
ausgäbe rechnung tragen muste. aber wenn bei uns von jeher alle
hgg. ihre ausgaben unverkürzt veranstaltet und tausende von ehren-
werten Schulmännern sie vielen zehntausenden von schülem ohne
schaden in die bände gegeben haben, sollte dasselbe bei schülem
selbst heiszem blutes nicht möglich sein? der berichterstatter be-
dauert es wesentlich im interesse der Wissenschaft, welche mit einer
verstümmelten ausgäbe nicht gern rechnet: es fehlt ihr die stati-
stische Vollständigkeit, und so oft man bei einem hg., den man achtet,
auf eine lücke stöszt, fühlt man sich beeinträchtigt, geschädigt, wir
gehen aus jenem gründe nun auch einiger gedichte verlustig, die
ich geneigt bin für beste lyrische poesie zu halten, ohne doch den
grund für die Zurücksetzung, die sie erfahren, recht einzusehen oder
zugeben zu können ; ich nenne nur ca. III 26 und I 23. in meinem
'Horaz' habe ich s. 441 ca. lY 11 als aus zwei in jeder beziehung
grundverschiedenen gedichten bestehend nachgewiesen. W. druckt
nur V. 1 — 20 ab, zweifellos weil ihm v. 21 —36 des inhalts wegen
anstöszig erscheinen; so wird denn auch hier wieder indirect die
Selbständigkeit von IV 11, 1 — 20 erwiesen : denn W. läszt die punkte
welche eine lücke andeuten weg, und niemand der das gedieht nicht
Itennt wird die weggelassenen Strophen vermissen.
Die arbeit des hm. Waltz erreicht jedenfalls in den meisten be-
ziehungen, was sie beabsichtigt; sie gibt einen guten, gereinigten
text, eine ausreichend belehrende einftthrung, eine knappe aber
wissenschaftlich wohlbegründete auslegung und eine besonnene er-
klärang. wir wünschen, dasz sie bald eine neue aufläge erleben
n^Og^i gelegentlich welcher es dann auch möglich sein wird eine
nicht unbedeutende anzahl von störenden druckfehlem zu beseitigen.
Belgard. Rudolf Bobrik.
10.
BERICHTIGUNG.
In dem kürzlich erschienenen werke von Adolt Boetticher 'die
Akropolis von Athen' (Berlin 1888, vertage von Julius Spriiifrer) ist durch
ein versehen bei der drucklegung des Verzeichnisses der liilinichen dar-
stellunf^en unterblieben darauf hinzuweisen, dasz eine anzabl (27) figuren
dem maszgebenden werke des oberbaurat JDurm ''handbuch der archi-
tektur, bd. II die baukunsi der Griechen' entnommen ist. es erfolgt
diese berichtigung hier nachträglich auf wünsch der verlagshandluug.
MManitius: über eine Trierer Caesarhandschrift. 77
11.
ÜBER EINE TRIERER CAESARHANDSCHRIFT.
Im beginne des zwölften jh. entstand in Trier jenes grosze ge-
schichtswerk, welches unter dem namen 'gesta Treverorum' bekannt
ist und eine erstmalige kritische ausgäbe durch Waitz (mon. Oerm.
bist. SS. VIII s. 111 — 174) erfahren hat. der erste teil dieses Wer-
kes ist ohne jeden wert für die geschichte: der anonyme Verfasser
bemtlht sich einen stammheros fdr seine stadt aufzustellen ; er findet
ihn in einem angeblichen söhne des Ninus namens Trebetas. ' völlig
sagenhaft bleibt dann die weitere erzählung, bis in c. 7 die einfiLlle
der Gallier — denn für unsern autor sind Gallier und Trierer eines
und dasselbe — in Oriecbenland an der band Justins (XX 5. XXIV
4. 5. XXV 2) berichtet werden, weitere stammessage wird darauf
in c. 8 erzählt, es folgt nun. in c. 9 — 12 eine äuszerst eingehende
Schilderung der beziehungen , in welche die Römer zur zeit Caesars
zu den Trevirem getreten sind, und zwar ist dieselbe direct aus
Caesar de b. QaU, entnommen, die h&lfte dieses berichtes bilden die
nachrichten Caesars über die sitten und einrichtungen der Gallier,
und hier fand sich der autor genötigt das prftsens Caesars in die
Vergangenheit umzuwandeln, hiervon abgesehen schreibt der autor
seine quelle wörtlich ab, es finden sich nur wenig Zusätze und aus-
lassungen, und aus diesem gründe erhalten die capitel 9 — 12 den
wert einer handscbrift für die betrefifenden teile bei Caesar, es gilt
nun diese hs. nach alter und beschafifenheit näher zu untersuchen.
Waitz hat in der vorrede zu seiner ausgäbe (s. 118 — 122) sehr
wahrscheinlich gemacht, dasz der bis zum j. 1101 reichende erste
teil der ^gesta Treverorum' in seiner uns vorliegenden gestalt sehr
bald nach dem j. 1101 verfaszt ist, da einige wenig später geschrie-
bene Trierer geschichtsquellen nicht darin benutzt worden sind, die
hs. würde danach spätestens saec. XI anzusetzen sein, dh. in eine
zeit wo man sich schon vielfach mit dem abschreiben von Caesars
commentarien beschäftigt hat. und das dürfte auch zu der ganzen
beschafifenheit der hs. stimmen : denn dieselbe nimt eine mittelstel-
lung zwischen der ersten und zweiten hss.-classe ein. so finden sich
^ die schandthaten der Semiramis erfahren hier eine eigentümliche
erweiterung. während von dem bei Jastinus I 1, 10 — 2, 11 genannten
söhne Ninya nur der name erwähnt wird (c. 1), wird erzählt dasz Semi-
ramis ihren Stiefsohn Trebetas, den söhn des Ninus und einer chal-
däischen fürstin, nach dem tode des Ninus zum gemahl hegehrt habe.
Trebetas habe sich aber geweigert und sei von der in leidenschaft ent-
brannten frau so lange verfolgt worden, bis er aus dem väterlichen
reiche geflohen sei. auf Grosius geht das nicht zurück, obwohl der
Verfasser noch kurz vorher das leben und den tod des Ninus nach
Orosius (I 4, 1 — 3) geschildert hat. es scheint eine directe Weiterbil-
dung der erzählung des Justinns I 2, 10 zu sein: denn dasz Justinus
dabei benutzt wurde, ergibt sich aus den worten relicta uxore Semirame
cum duobus filiis Trebeta et Nina . . occiso ergo Nino, vgl. hierzu Just.
I 1, 10.
78 MManitiuB : über eine Trierer Caesarfaandschrift.
mehrfach lesarten, die nur B (A bei Nipperdey) oder R oder Gottorp.
allein überliefern (vgl. Dübners ausgäbe I s. XIX. XXIII), also zur
classe A (Dübner s. XIX) gehören, im allgemeinen aber schlieszt
sich unsere hs. den besten Vertretern der zweiten classe an (bei
Dübner «= z/, s. s. XX) und zwar gibt sie ganz besonders die les-
arten von TüVindob. 1 wieder.
Zunächst die beispiele zum erstem falle: h. Q. Y 55, 1 poUi-
cerentur] poUicUareniur Gottorp. Trev.* — ebd. 3 damnatosque]
dampnatosque BTrev. — 56, 4 arcessitum] arcersüum B, accersüutn
Trev. — 58, 1 arcessendos] accersendas A VEgm. Gott., cuxersiendos
Trev. — ebd. 2 magna cum contumdia] magna cantumdia RTrev. —
VI 13, 10 hi certo] hii certo B Gott. Trev. — 14, 4 discunt] ita codd.
praeter sex J {discant) , discebant (wegen des imperfectum s. oben)
Trev. — 15, 2 habet] ita codd. praeter sex J (habent), habebat Trev.
in diesen fftllen also entfernt sich Trev. von sex z/, und ich folge
hier dem texte von Waitz, der hauptsächlich nach cod. 1 (vgl. ao.
s. 123) gegeben ist, während die spätem hss.-classen (BC), welche
die ^gesta Treverorum' mit fortsetzungen bieten, öfters den text
Caesars nach andern hss. corrigieren, was schon Waitz in der praef.
anm. 166 richtig bemerkt hat. sonst aber folgt unsere hs. meist
den sex z/, oder sie schlieszt sich vielmehr eng an die Überlieferung
von TUVind. 1 an, die einander bekanntlich sehr nahe stehen,
ausschlieszlich dem Vind. 1 und Trev. gehören zwei gröszere ab-
weichungen an: VI 13, 7 ne quid ex contagione^ wo alle andern hss.
communione überliefern, und VI 17, 3 huic cum beüo, wo sich sonst
stets prodio vorfindet; vgl. auch VI 11, 4 Mer suos habent Trev.
Vind. 1.
Die ausschlieszlichen Übereinstimmungen mit sex J im Trev.
sind folgende: V 3, b et audoriiate {famUiaritate) bcde.' — ebd. de
suis privatis (privatim) bde. — ebd. Induciomarus veritus (veritus
ne, . Indui.) bd. — Y A^2ßiispr(>pinquisque{filioprop) abcde. —
V 47, 4 convenissent (venissent) a. — V 55, % temptandam (tempta^
turas) abc. — V 56, 2 quod communi lege . . conv. coguntur (quo
lege communi . . conv. consuerunt) be. — ebd. ex his . . venu {ex
iis . . convenit) e. — 3 iudicandum curat (iudicat) cde. — 4 huc
(hoc Trev.) Her fadurum {huc iiurum) bce. — V 58, 4 perferritis
(proterritis) e? — ebd. pdant {pderent) bce. — ebd. neu quisquam
alium prius {neu quis quem prius) be. — ebd. viderd {viderit) e. —
VI 6, 1 Fabio {Fabio legato) e. — VI 7, 1 hiemabat {hiemaverat)
bce. — 5 in animo habebat (Ä. i. a.) bc(e). — 7 equitaius {equi-
tum) bce. — 8 coadis (convocatis) e And. Oxon. — VI 8, 7 contu-
lerunt {receperunt) ce. — 8 excesserunt {excesserant) B. — VI 9, 2
quarum altera {quarum und) e And. Oxon. — VI 1 1, 2 in singulis
' 80 nenne ich unsere hs.; die Cnesar-hss. gebe ich nach Dübner
I s. XIX — XXVII. ' die in dieser abteilunfr hinter Mie richtige Über-
lieferung gehetzten buchfltiibeu bedeuten die von Nipperdey (1847) an
den betreffenden stellen angemerkten b^s.
MManitiuB: über eine Trierer Caesarhandsclirift. 79
{singulis) bce. — 4 idque (üaque) bde. — ebd. si faciant (faciaf)
(a)be. — VI 13, 1 in äliquo {äliguo) abe. — ebd. per se nihü audet
(fi. a. p. s.) (a). — ebd. nuUi {nuUo) ae. — 6 privati {privattis) abe.
— 7 quibus {quilms üa) e. — ebd. ab his omnes {his omnes) a e. —
ebd. adüum eorum {adüum) abe. — 9 druidum adlegitur {druidum)
acd. — VI 14, 3 utantur lüteris (lUteris utantur) bc. — 5 hoc ad
{hoc maxime ad) be. — VI 16, 3 non passe alüer (non passe) bce. —
VI 17, 3 rdiqiMis res {reliquasque res) bcd. — 5 capta accuUare
{capia apud se öccuUare) e. — ebd. gravissimumque supplicium ihi
horum deliäarum {graviss, ei rei supplicium) ab de. — VI 18, 1 ea;
I>ruidihus {ab Druidihus) bce. — 2 spatium (spatia) be. — VI 19, 2
cum fructu {c. fructibus) b c. — 3 igne {igni) b. — VI 20, 1 si quid
. . acceperint . . deferant . . communicent {si quis quid . . acceperit . .
deferat . . cammunicet) b. — 3 quae esse (quaeque esse).
Endlich mache ich die stellen namhaft, wo Trev. mit TU (zu-
weilen in Verbindung mit B oder Oxon. oder Vind. 1) übereinstimmt^ :
V 3, 5 et pasteaquam {sedp.) — V 4, 3 co5 singiUatim {has s^ing.). —
ebd. tarnen magni {tum magni) b. — V 55, 4 in GaUiam {in GaUia). —
V 56, 1 instigare B Oxon. {instigari) Ae. — 3 bana H (bonaque)
de. — V 57, 2 habuerat circummiitü Oxon. {habuerat nuntias mittit).
— V 58, 7 GaUiam quietiarem {qu, G,), — VI 7, 8 naäe Vind. 1
{noctu). — 9 effiät Vind. 1 {effedt) a. — VI 13, 2 cum aere L {cum
aut aere') be. — ebd. in servitutem sese {sese in servitutem) a. —
VI 14, 1 tributa umquam L {tributa una) be. — VI 15, 2 plurimas
circa {plurimos circum). — VI 16, 4 magnitudine immani Oxon.
Vind. 1 {immani magn.) B. — VI 18, 2 ut dies natales LH be. —
VI 19, 1 virique quantas L {viri quantas) b.
So gewinnen wir also für unsere Trierer bs. einen codex spä-
testens saec. XI, der im allgemeinen den text der interpolati mit be-
sonderer hinneigung zu TU Vind. 1 bietet, jedoch mit lesarten der
integri, besonders Gottorp. contaminiert ist.
Noch bemerke ich, dasz die von mir in meiner ausgäbe des
anonjmus de situ orbis s. XII vertretene ansieht, der Verfasser habe
eine Caesar-hs. der classe A benutzt, unterstützt wird durch anon.
II 3 8. 49, 2 Garonna (ebenso Paris, mut. saec. X, vgl. Dübner
I 8. XXIV); ebd. z. 19 ad eam partem (ebenso Voss. I).
* die bucbstaben biuter der richtigen Überlieferung bedeuten die
noten Nipperdeys zu den betr. stellen.
NiEDERLÖSZNITZ BEI DRESDEN. MaX MaNITIUS.
12.
ZU AÜSONIÜS UND APOLLINARIS SIDONIÜS.
In dem panegyricus auf Anthemius kommt Sidonius ausführ-
lich auf die Jugendbildung des Anthemius zu sprechen, er erzählt,
dasz letzterer alles gelernt habe, was Griechenland an Weisheit und
82 KBrandt: zur geschichte und compositdoD der Iliae. V.
nvar als Ilios.' schon nenn jähre lang hatte er deshalb die Zer-
störung derselben hinausgeschoben, auch jetzt ergreift er begierig
eine gelegenheit seinen geliebten Troern wenigstens fOr eine zeit
lang sieg zu verschaffen, und wie viel gewinnen nicht die bücher
N ff., wenn Achilleus direct zu Zeus betet! dies mögen die folgen-
den erwägungen deutlich machen, die fürbitte der Thetis ist den
übrigen göttem nicht entgangen, dagegen von dem gebet des Achil-
leus zu Zeus wissen sie nichts ; und da auch A nicht zu der alten
}xi\vic gehört, hat der Kronide ihnen auch nicht die Sicherheit ge-
geben ^ dasz die Troer scblieszlich doch die unterliegenden sein
würden, was sollen die götter daher denken , als plötzlich Zeus das
kriegsglück zu gunsten der Troer wendet? nichts anderes als dasz
er die Achaier vernichten oder aus der Troas verjagen, kurz seine
lieblingsstadt endgültig retten will, die achaierfreundlichen gÖtter
kämpfen also nach der ursprünglichen auffassung in N ff. nicht um
eine lappalie, nicht um einer vorübergehenden Wendung des kampfes
willen, sondern darum, ob Ilios fallen soll oder nicht, ob die Achaier
werden vernichtet werden oder nicht daher die energie ihres band eins,
derjenige aber, welcher das gebet des Achilleus durch den bittgang
der Thetis ersetzte, stellte sich dieselbe frage, welche Bothe mir
vorlegte, er erfand deshalb die fürbitte der Thetis, welcher Zeus zu
groszem danke verpflichtet war (A 396 ff.).
Endlich steht die nach meiner auffassung ernstgemeinte flucht-
mahnung B 110 ff. mit dem patriotischen zwecke der erweiterung
B 42 — H 312 nicht in Widerspruch, an der rede des Agamemnon
ist nichts unwürdiges, er sieht es ja klar ein, dasz die umkehr klftg-
lieh ist (119 ff.), aber er glaubt auch zu wissen dasz sie trotzdem
nötig ist. denn Zeus selbst (114 f.) befiehlt die rückkehr. Aga-
memnon wüste recht gut, dasz Ilios die lieblingsstadt des Zeus ist,
und die neunjährige vergebliche belagerung hat es ihm zur gewisheit
werden lassen, dasz der höchste gott gegen ihn ist. *wer aber wagte
mit göttem den kämpf?' nach diesen bemerkungen glaube ich zu
der entwicklung meiner ansichten über die entstehung und compo-
sition der Ilias zurückkehren zu können.
Die alte epopöe vom zome des Achilleus (A 1 — 348, lücke,
B 1 — 41, A 1 ff. usw.) hat zwei gröszere erweiterungen erlitten, eine
ältere , um den anfang der olympiadenrechnung entstandene : B 42
— H 312, von welcher ich im programm gehandelt habe, und eine
jüngere: H 313 — K 579, welche ich im folgenden besprechen werde,
dasz mit H 313 ein neuer Verfasser einsetzt, hat schon Lachmann
mehr gefühlt als bewiesen, und Naber quaest. Hom. s. 150 ff. sowie
Christ in seiner ausgäbe haben sich dieser ansieht angeschlossen,
die richtigkeit derselben wird sich hoffentlich auch aus der folgenden,
etwas ausführlichem darlegung ergeben.
unter dem 61 des verses H 313 musz man nach 311 notwendig
die 'Axoiio( verstehen, doch diese können nicht gemeint sein, da 6in
zeit alle nicht fassen konnte und 6in stier alle nicht gesättigt hätte.
KBrandt: zur geechichte und composition der Ilias. V. 83
auch geht aus 327 und 344 hervor, dasz nur von den dpiCTf)ec oder
ßaciXf]ec die rede ist. die Beziehung des ot ist also nicht klar,
femer musz man nach unserm verse annehmen, Agamemnon hahe
dich am ende des Zweikampfes im zelte befunden, denn es heiszt :
'sie führten den Aias zu Agamemnon, als sie aber in dessen zeit
angekommen waren' usw. allein Agamemnon war beim anfange
jenes Zweikampfes zugegen, und es ist nicht erzfthlt worden, dasz er
sich später zu den schiffen zurückbegeben habe. Agamemnon ist
also noch immer auf dem kamp^latze. ohne zweifei war die
meinung des dichters : *sie führten Aias zu Agamemnon, beide be-
gaben sich sodann mit den übrigen königen in das zeit des letztem,
als sie aber dort angekommen waren' usw. unser vers drückt also
den beabsichtigten gedanken nur sehr undeutlich aus.
H 314 f. = B 402 f.; 317—20 ähnlich B 428—31. offenbar ist
unsere stelle eine ungeschickte kürzung der Opferbeschreibung in B.
zunächst kam das gebet in Wegfall, damit fehlt aber nicht nur ein
wichtiger teil der heiligen handlung, sondern auch jede motivierong
derselben, ferner wird die bereitung der für die mcenschen be-
stimmten speisen genau beschrieben, aber ausgelassen sind die verse,
in welchen der gott, der doch wohl die hauptperson ist, seinen teil
erhält, dadurch gewinnt es den anschein , als ob gar nicht ernstlich
an ein opfer, sondem nur an ein mahl gedacht worden sei. doch
nicht genug hiermit, dieser letztere fehler hatte noch einen zweiten
zur folge. B 428 heiszt es: jiiicTuXXöv t' äpa xäXXa, wo xSXXa im
gegensatz zu den jiif^pa Kai crrXäirxvoi steht, in H , wo die erwäh-
nung dieser fortgefallen war, sah sich der dichter genötigt auch das
TäXXa zu beseitigen, er setzte daher jiicTuXXöv t' äp' dTriCTaji^vujc,
dh. er setzte für etwas bedeutungsvolles etwas bedeutungsloses, rein
phraseologisches, auszerdem traf es sich unglücklich, dasz der
nächste vers begann : uj7TTr)cdv T€ TTepiqppab^wc. dadurch ist die
form eintönig (^iCTuXXöv t' dp* dTricia^^vuJC . . ujTUTTicdv T€ irepi-
(ppab^UJC) und der gedanke arm geworden (dTTlciajii^vujc = 7T€pi-
cppabdujc). über das Verhältnis von H 316—18 zu t 421—23 will
ich mich des Urteils enthalten. H 321 ist dagegen sicher aus £ 437
entnonmien. der gegensatz in der Odysseestelle veTjiiev ^KdcTqj,
vuiTOiciv b' 'Obucf)a . . Y^potip^v ist viel gefälliger und ungezwun-
gener als dieser: baivuvx', ovbi Ti Gujiiöc db€Ü€TO baiTÖc dicilc.
vu)TOiciv b' AiavTa . . y^paipev. auch entstand an unserer stelle
durch die zusammenfügung von einander ursprünglich fremden
Versen ein subjectswechsel, welcher den sonst zwecklosen und etwas
umständlichen zusatz zur folge hatte : fjpujc 'AipeibilC) ^^P^ KpciuiV
'AirajLi^lLivuJV. dieser hier nur als lückenbüszer dienende vers hat
dagegen an der stelle ^ ftlr die er ursprünglich gedichtet ist, A 102,
volles gewicht, ferner ist H 323 = B 432, 325 »» = B 5 ^ 326 =
B 283 und sonst häufig, 323—26 = I 92—95.
Von den versen H 313 — 26 sind also acht in ungeschickter
weise aus andern partien der Homerischen gedichte entlehnt: 314 f.
6*
84 EBrandt: zur geschichte und compositiOD der llias. V.
ans B 402 f., 317—20 ans B 428—31, 321 aus i 437 und 322 aas
A 102. auszerdem entbehrt vers H 313 völlig der klarheit. dagegen
in der groszen partie H 1 — 312 findet sich kein einziges beispiel von
derartigen groben Ungeschicklichkeiten , von denen sich in den be-
sprochenen wenigen versen so viele fanden.
Allerdings stellt Kayser H 17 — 312 auf dieselbe stufe mit
H 313 ff., doch ohne hinreichende gründe. Homer, abhandl. s. 51
und 58 — 67 sammelt er stellen des buches H, von denen anderswo
verse , halbverse und drittel verse vorkommen , ohne jedoch zu be-
weisen, dasz dieselben in H das geprftge der nachahmung tragen,
dies ist ein verwerfliches verfahren. Kayser folgert: also ist H ein
cento. doch mit ganz demselben rechte könnte man behaupten : also
ist H eine von nachahmern viel benutzte alte partie, was Naber ao.
s. 153 denn auch wirklich thut. von einer einzigen stelle hat Kayser
nachzuweisen versucht, dasz sie fehlerhaft und daher copie und nicht
original sei. das dpT€|i^a H 308 soll mit H 262 T^ir|öiiv b' aux^v'
dm)X9€, jLi^Xav b* äv€Kr|Kiev aI|Lia in widersprach stehen, allein in
den Worten TÖv b' alip' ujp6u)C€V 'AttöXXujv (272) liegt, dasz Hektor
von Apollon auf wunderbare weise geheilt und gekräftigt wurde,
femer besteht zwischen H 113 und I 353 ff. allerdings ein Wider-
spruch, dort scheut sich selbst Achilleus dem Hektor gegenüber-
zutreten; hier wagt Hektor gar nicht aus den mauern hinauszu-
kommen, aber Kayser beweist nicht , dasz die auffassung von I die
ftltere ist.
Auch Köchly hat sich bemüht die verse H 16 — 312 als eine
jämmerliche flickarbeit nachzuweisen, aber schon Dttntzer Hom. ab-
handl. s. 289 ff hat die meist recht schwachen argumente desselben
im ganzen zutreffend und mit einer zuweilen nicht ganz unberechtigten
schärfe zurückgewiesen, ebenso drückt Hentze (anhang III s. 7)
sein erstaunen über Kaysers und Köchlys fehlurteil aus. allerdings
hat der Verfasser des anfangs von H bei den versen 54 — 56 sich der
von ihm selbst gedichteten verse f 76 — 78 erinnert, denn die partie
B 42— H 312 stammt von 6inem und demselben , dem altern über-
arbeiter der epopöe vom zorne des Achilleus. allerdings mögen bei
den versen 79 f. und 124 ff. dem bearbeiter die verse der alten
jif^vic X 342 f. und A 254 ff. vorgeschwebt haben, aber von einer
irgendwie ungeschickten oder gar sinnlosen nachahmung kann nicht
die rede sein, zwar ist die bemerkung Köchlys : Peleus als vater des
zürnenden Achilleus habe sich über die sehmach der übrigen Achaier
nur freuen können, durchaus nicht unbegründet, aber der Über-
arbeiter der \if\v\c ist ja eben von dem dichter derselben verschieden
and geht auf die intentionen des letztem nur sehr wenig ein, wie
ja die ganze erweiterung an und für sich schon eine Zerstörung des
dichterischen planes der alten epopöe ibt.
Somit kann nicht zugestanden werden, dasz der dichter von
H 17 — 312 sich irgendwelche fehler habe zu schulden kommen
lassen, dagegen H 313 — 26 stammen offenbar von einem höchst
EBrandt: zur geschieht^ und compoBition der Iliae. V. 85
ungeschickten nachahmer, der also mit dem dichter des vorher-
gehenden nicht identisch sein kann.
In der dann folgenden rede des Nestor ist mit einer sonst nicht
gewöhnlichen kürze in wenigen werten vieles und wichtiges gesagt,
ohne dasz die Ursache so bedeutsamer und unerwarteter ratschlage
recht deutlich würde, noch schneller, in einem einzigen verse, wird
der dichter mit der Zustimmung der k5nige fertig, die also die ab-
sieht des Nestor wohl besser verstanden haben müssen als wir.
Was den rat die toten zu bestatten betrifft, so scheint derselbe
nicht mit der intention der alten \if\y\c in einklang zu stehen (A4 f.),
da nach ihr die leiber der gefallenen ein raub der hunde und vögel
sein sollen, bemerkenswert ist auch , dasz nach H 329 die zu be-
stattenden leichen duppoov d^cpl CKd^avbpov gefallen sind, obgleich
der flusz in den vorhergehenden büchern nur als auszerhalb des
Schlachtfeldes flieszend erwähnt wird, so führt 6 35 f. Athene den
Ares Ik \ia%r\^ zum Skamandros^ und 6 774 lassen die göttinnen
beim Zusammenflüsse von Simoeis und Skamandros ihre rosse weiden
und begeben sich von dort in den kämpf, ebenso bilden in Z 4 jene
beiden ströme die grenzen des Schlachtfeldes , und nirgends in den
unserer stelle voraufgehenden büchern wird an den beiden ufern des
Skamandros gestritten , ein neuer beweis dasz mit H 313 das werk
eines andern dichters anföngt. über die verse 334 f. ÜJC k* öcT^a
Tiaici ?KacTOC ofKab* äfr), öt* Sv aötc veiijueOa Traxpiba Tctiav vgl.
schol. H 334 f. A 174.' C 332. y 109 (Lehrs de Ar. stud. Hom.*
s. 196 f.). Aristonikos bemerkt, dasz man nicht zu diesem beson-
dem zwecke, sondern immer, auch in der heimat, die toten ver-
brannte, und ferner dasz die asche dort verblieb^ wo die Verbren-
nung stattfand, was die stellen in ACt allerdings so schlagend wie
nur möglich dartbun. der tadel des Aristonikos ist berechtigt; doch
können die verse 334 f. nicht als interpolation ausgeschieden wer-
den, denn von der Ortsbestimmung des Scheiterhaufens (tutOöv
ÄTTOTTpö veOüV 334) ist die des grubmals (6^91 7Tupr|V 336) und von
dieser wieder die der mauer (ttoti b* auTÖv 337) abhängig.
Der nun folgende rat des Nestor ist, wie oft bemerkt^ völlig
unverständlich, weil diese maszregel besser vor neun jähren getroffen
wäre, auch ist gerade jetzt gar keine besorgnis vor den Troern
nötig, vielmehr konnte, wie Diomedes H 401 f. sagt, jeder Achaier,
xai 6c ^dXa vrimöc den, sehen dasz jetzt über die Troer das ver-
derben verhängt sei. der Unverstand der stelle ist so grosz, dasz es
notwendig einer erklärung bedarf, wie es überhaupt möglich war,
dasz etwas so widersinniges erfunden werden konnte, man erwäge
daher folgendes, die mit H 312 schlieszende partie, die ältere er-
weiterung, ist von den büchern der mitte A ff., der alten JUT^VIC,
deutlich und mehrfach verschieden, wir heben nur zwei punkte her-
vor, in jener partie geschieht nichts für die bestrafung der Achaier,
während dieselben in dieser in die höchste not kommen ; und zwei-
tens : in jener partie werden mauer und graben mit keinem werte
86 EBrandt: zur geschichte und composition der Ilias. V.
erwfthnt, in dieser sind sie hauptpunkte der ganzen scenerie. femer
bedenke man dasz, wie erwiesen, mit H 313 ein drittes stttck be-
ginnt , welches sich von beiden so eben bezeichneten partien durch
seinen centoartigen und ärmlichen Charakter sehr deutlich unter-
scheidet, den büchem vor H 313 widerspricht auszerdem das
düppoov ä|Liq)i CKdjLiavbpov , der alten |if)vic der rat die toten zu
bestatten.
Wäre nun dieses unser drittes stttck nicht zwischen beiden,
fänden wir nach langen Schlachtschilderungen , in denen nichts von
mauer und graben gesagt ist, plötzlich andere^ in denen überall, als
ob es sich von selbst verstände , beides vorkommt , so würden wir
den grund dieser plötzlichen Veränderung nicht begreifen, durch
das eingefügte stttck wird nun zwar einerseits etwas unverständ-
liches hineingebracht, anderseits aber dem angedeuteten ttbelstande
abgeholfen, somit ist die Vermutung nicht abzuweisen, dasz mit
H 313 das werk eines ttberarbeiters beginnt, welcher den erwähnten
Widerspruch ausgleichen wollte.
Die totenbestattung erklärt sich nun wieder als consequenz des
mauerbaus. machten die Achaier eine pause im kämpfe, um sich zu
verschanzen, so verlangte die pietät, dasz sie auch ihre toten be-
statteten, auszerdem wird durch die vcKpoiv dvaipecic ein Waffen-
stillstand herbeigeftthrt, unter dessen schütze gleichzeitig auch der
mauerbau stattfinden konnte.
Wenn sich also oben Lachmanns ansieht bestHtigte, dasz mit
H 313 ein anderer dichter beginne, so bestätigt sich nunmehr die
auf grund der Groteschen hjpothese gewonnene meinung Fried-
länders und die ähnlichen von SchÖmann und Bergk ttber die inten-
tion der partie vom mauerbau. aber Lachmanns urteil folgend
glaube ich nicht, dasz sich das einschiebsei auf wenige verse be-
schränkt, sondern dasz es schon mit H 313 beginnt, und der ansieht
jener beistimmend halte ich 313 ff. nicht mit Lachmann fttr ein lied,
sondern für das werk eines ttberarbeiters.
Zu 328 — 36 gehört nun notwendig die ausführung dieses rates
und das damit unlöslich verknüpfte, dh. 345—432, und zu 337—43
entsprechend 433 — 65. mit 6inem werte: die ganze partie von
H 313 — 465 stammt von 6inem und demselben Überarbeiter, ist
dies richtig, so musz H 344 — 465 in demselben sinne und stile ge-
dichtet sein wie H 313—43. der mit der totenbestattung unlöslich
verknüpfte rat des Antenor und was damit zusammenhängt musz als
erfinduDg unseres dichters verständlich sein, und die darstellung
musz an denselben mangeln leiden wie die der verse 313 — 43.
Beides ist auch thatsächlich der &11. die Verhandlung über die
herausgäbe der Helene und der schätze soll offenbar den zweiten
oben erwähnten Widerspruch der beiden Uiasschichten vertuschen,
in A und den folgenden büchem will Zeus seine lieblingsstadt opfern
und verleiht den Achaiem glück, dagegen von 6 an zürnt Zeus den
Achaiem und hilft den Troern zum siege, ohne dasz doch dieser
EBrandt: zur geBchichte und composition der Ilias. V. 87
plötzliche umschwang erklärt wäre, der Überarbeiter dachte sich
Bun die sache so : den Vertragsbrüchigen Troern kann der eidesgott
doch nnmöglich helfen; soll er sie daher im folgenden unterstützen,
so müssen die Troer zunächst ihr unrecht sühnen, dh. die Troer
müssen die bedingungen des Vertrags vorerst erfüllen oder doch er-
füllen wollen, daher die Verhandlungen.
Was die darstellung betrifiPt, so ist sie auszerordentlich dürftig,
flüchtig y inhaltsangabenartig, voller Widersprüche und ungeschickt
verwendeter reminiscenzen : 347 <=» f 203 und C 249; 348 »s f 456.
H 368. e 497; 349 = H 68. 369. 0 6. T 102. die verse 348 f.
kehren schon 368 f. wieder, aber das 6q)p' cittu) usw. ist doch nur
am platze, wo etwas besonders wichtiges gesagt wird, und darf nicht,
wie 369, zur bloszen phrase werden, übrigens fehlen die verse 368 f.
im Venetus A. 350 f. ähnlich X 114. 117 ; 354 = A 68. Antenor
setzt sich, ohne aufgestanden zu sein; dagegen Achilleus hat sich
A 58 erhoben. 355 = f 329. 6 82. dieser vers, welcher den Paris
als edel und des schönsten weibes würdig preist, passt f 329 vor-
züglich ; hier aber klingt er wie ironie , da sich der schöne und edle
Alexandres in einer sehr peinlichen und erniedrigenden Situation be-
findet. 356 = 0 48. V 557; 357—60 ist aus M 231—34 ent-
nommen. dort sind die verse durch töv b* äp* itiöbpa IbofV usw.
besser eingeleitet als hier, auch scheint die Schroffheit der verse
358 — 60 weder zu der blamage des Paris noch zu dem sogleich
folgenden Zugeständnis (361 — 64) zu passen. 365 = 354; 367 «»
326; 368 f. = 348 f. lauter armselige Wiederholungen. 370 f. =»
C 298 f. zur Wachsamkeit ist Kard CTpaTÖv mehr grund als Kaid
irröXiv, und durch den Verlegenheitszusatz ibc TÖ Tiäpoc Tiep beweist
der dichter selbst, dasz der rat in der stadt zu essen überflüssig war.
373 von 'ATp€tbr)C ab == 6 552. Idaios soll das wort dem Aga-
memnon und Menelaos überbringen, er aber überbringt es den
Danaem (382 ff.), richtet jedoch die anrede an Agamemnon und die
könige (385 = 327). das wären also zwei Widersprüche auf 6inmal.
den letztem würde die lesart von cod. D SXXoi ^UKVrJMibec 'Axaioi
statt äXXoi dpicificc TTavaxaiuJV beseitigen, indessen wird man doch
wohl den besten hss. folgen müssen. 374 = f 87. 372 ff. soll Idaios
zuerst einen friedensvorschlag machen und dann um Waffenstillstand
bitten, also hätte er sagen müssen : Uaszt uns frieden schlieszen ;
wollt ihr den aber nicht, so gebt uns Waffenstillstand.' was aber
wird dem herold aufgetragen? 'biete ihnen frieden an und bitte
um Waffenstillstand, damit wir dann bis zum siege des einen
kämpfen.' die Troer wollen also beides zugleich: frieden und krieg,
was übrigens die verse 377 f. («= H 291 f.) betrifft, so ist aus unserer
stelle nicht ersichtlich, wie der dichter dazu kommt das ende des
kampfes als ein getrenntwerden durch die gottheit zu bezeichnen,
anders H 291 f., wo Hektor sagen will: 'diesmal haben uns noch
die herolde getrennt, später aber wollen wir uns nur durch einen
gott trennen lassen.' endlich sagt weder Priamos noch 385 ff. Idaios
88 KBrandt: zur geschichte und composition der llias. V.
noch 406 ff. AgamemDon, wie lange der Waffenstillstand dauern sollt
was doch von höchster Wichtigkeit war. erst nachtrftglich er&hien
wir, dasz er thatsftchlich zwei tage gedauert hat. v. 379 ist ein
formelvers. 380, welcher aber wohl ausgeschieden werden musz, ist
— A 730. C 298 und widerspricht dem y. 370 gänzlich. 381 «•
372; 385 = 327. 386 hat unser dichter t€ Ka\ dXXoi, obgleich es
385 schon einmal vorkam. 387 ist hier nur eine phrase: 'wenn's
beliebt', denn der herold redet ^ ohne eine antwort zu erwarten,
dagegen A 17, von wo dieser vers genommen ist, kann es sehr frag-
lich sein, ob den göttem Zeus* verschlag recht ist. 388 => 374.
389 und 390 ist -» X 115 und Q 764, und der letztere, wie Köchly
opusc. I s. 126 bemerkt, sehr ungeschickt im munde des boten»
391 = 364; 392 — T 298 und A 100. 395—97 — 376—78.
398 ist ein bekannter formelvers. 399 — I 31. 696 ; 401 ähnlich
P 629; 403f: = I 50 f.; an 412 tadelt Köchly ao. s. 127 mit recht,
dasz die erzählung des schwurs zu kurz ist und iräci Oeoiciv mit
6pKia b^ Zeuc Tctuj in Widerspruch steht 418 «> 420: Nauck sucht
durch conjectur zu helfen, die indessen bei einem so schlechten dich-
ter gewagt sein dürfte. 421 f . «» t 433 f. unklar bleibt bei dieser
Zeitbestimmung, ob die Verhandlungen (381 ff.) am morgen des 421
beginnenden tages stattgefunden oder ob sie den ganzen vorher-
gehenden tag in ansprnch genommen haben, nachdem an Einern
tage (381 — 432) die gefallenen verbrannt sind, wird an einem zwei-
ten (433 — 465) die befestigung durch mauer und graben hergestellt
dasz dieselbe an 6inem tage vollendet wurde, ist nicht nur allen
neuem, sondern, wie es scheint, schon dem dichter selbst unglaub-
lich vorgekommen, deshalb läszt er die Achaier wenigstens morgens
so früh wie möglich beginnen, aber warum konnte er den bau nicht
länger dauern lassen? es ist auffällig, dasz die Troer, welche doch
nur für die totenbestattung Waffenstillstand geschworen hatten, den
mauerbau nicht stören , ja nicht einmal auf den gedanken kommen,
dies für sie so gefährliche werk zu vereiteln, auch der dichter be-
merkte den gerügten fehler; da er ihn aber ni^t zu beseitigen ver-
mochte, suchte er ihn wenigstens möglichst klein erscheinen zu
lassen. Naber ao. s. 152 macht sehr treffend noch auf folgendes auf-
merksam : es bleibt unklar , ob das lager des Achilleus mit in den
kreis der befestigungen gezogen wurde oder nicht, beides wäre
gleich unwahrscheinlich, die ganze beschreibung des mauerbaus ist
auszerordentlich dürftig. 434 = Q 789; 435—40 = 336—41;
441 "» I 350; 442 — 45 sind ganz besonders arm: KapnKO|Liöu)VT€C
*Axaioi, Ziivi dcTepOTTTTrij, *Axaia)v xö^>^oxitu)vuiv, rToceibduiv
dvocixOuJV. 449 f. — M 5 f.; 451 kehrt schon 458 wieder, die be-
sorgnis des Poseidon ist ebenso wunderlich wie der trost durch Zeus,
weshalb Zenodotos, Aristophanes und Aristarch die verse 443 — 64
für unecht erklärten. 454 — A 30; 455 — 6 201. v 140; 460 —
B 140; 462 «s M 31; 464 ist ein häufig vorkommender formelvers.
465 bucCTO b* T^^Xioc kommt sonst nur in der Odyssee vor.
KBrandt: zur geschichte und composition der Ilias. V. 89
unser Iliaaredactor entnalim also, um nur das unbedingt ge-
sicherte anzuführen, aus der alten ^flVlC: A 68. 102. M 231—34.
C 298 f., aus der altem erweiterung: B 402 ff. V 87. 329. A 17.
H 291 1 aus Eirchhoffis späterer fortsetzung des alten Nostos stammt
H 321 = H 437.
In derselben weise geht es nun noch eine geraume zeit weiter.
470 «s 373. in 472 und 476 folgt KapiiKO|LiöujVTec 'Axaioi zu nahe
anf einander, zu 475 bemerkt der scholiast, dasz ein dvbpdTTobov
auch bei spätem noch nicht vorkomme. 475^ «» y 420; 476^ «»
C 354. TTQWUXioi ^8^ unglaublich, sollten die Achaier trotz der
ungeheuren arbeit so wenig müde sein? auch die Troer durcb-
schmausen sonderbarer weise die nacht, ihr tagewerk hätte uns
mehr interessiert ; wir hätten gern erfahren, weshalb sie den mauer-
bau nicht hinderten, wenn Zeus die ganze nacht donnerte und die
Achaier blasse furcht ergriff, so verdient der trotzdem ungeschwächte,
die ganze nacht andauernde appetit derselben alle anerkennung. die
beziebung des cq)iv (478) ist übrigens unklar, und wenn nicht im
folgenden buche Zeus den Achaiem verderben sänne, wüste man
durchaus nicht, auf wen dies C9IV gehen soll, aber warum beziehen
die Achaier dies donnern auf sich? die Troer hörten es doch
ebenso gut und konnten ebenso gut für sich unglück fürchten, sollte
ccpiv also doch auf beide gehen? 482 = I 713. rr 481. t 427.
dieser vers steht mit dem rravvuxioi von 476 in Widerspruch.
In 6 1 — 27 erkennen Eajser und Christ ein älteres und
besseres stück, mir scheinen diese verse nicht wertvoller, auch die
götterversamlung hat den zweck einen Widerspruch zwischen der
\if)V\C 'AxiXfjoc und der altern bearbeitung zu beseitigen, dort, wo
Zeus dem Acbilleu8 genugthuung verschafft und den Achaiern zürnt,
können die den letztern freundlichen götter nur gegen wissen und
willen des Zeus helfen, während in der altern erweiterung der Kronide
die Athene zu gunsten der Achaier handeln läszt. damit dieser
Widerspruch fortgeschafft werde, muste der könig der götter in
einem eingefügten stücke jeden eingriff in den kämpf der Troer und
Achaier verbieten. 01 = 0 695 ;e3 = A 499. 6 754. die
höchste spitze des Olympos eignet sich für den die einsamkeit
suchenden gott, aber nicht für eine götterversamlung, welche
sonst im hause des Zeus abgehalten wird: vgl. Christ in den
sitzungsber. d. bayr. akad. d. wiss. bist.-phil. cl. 1880 s. 239;
Düntzer Aristarch s. 66. in der folgenden rede spricht Zeus seinen
befehl gar nicht direct aus. bis v. 9 steht nur: 'hört und befolgt
mein wort'; aber das wort selbst ist noch nicht gesprochen, von v. 10
an heiszt es: Ver aber diesem meinem befehl entgegen' usw., und
somit ist der befehl schon als ausgesprochen vorausgesetzt, so schon
Jacob. 5 f. c= T 101 f.; 6 = H 68.; 10 = B 391. dort enthält
dTidveuOe Mäxnc den kern des gedankens, hier ist dtTTaveuOc Qedjy
völlig überflüssig und nur ein product der Verlegenheit unseres
dichters, welcher für aTidveuOe lictx^^ nichts besseres zu setzen wüste.
90 KBrandt: zur gescbichte and compoaition der Ilias. Y.
11 BS N 9. das ziehen an der schnür ist etwas wunderlich, was
auch Hentze anhang III s. 43 f. gefühlt hat. femer hat schon Zeno-
dotos bemerkt, dasz die erde unmöglich an den doch auf der erde
stehenden Olympos angebunden werden könne, allerdings ist es
möglich die verse 25 f. einfach auszuscheiden.
6 31 = a 45. AGemoU im Hermes XVIII s. 54 hält die stelle
in a f&r spftter, weil der anfang von a 46 «» 6 358 sei^ eine art
zu schlieszen welche von CBothe in Bursians Jahresbericht XII
(1881) s. 322 scharf, aber mit vollem rechte getadelt wird, kann
nicht ebenso gut dem Verfasser von 6 zweimal dieselbe Odyssee-
stelle vorgeschwebt haben? ich halte 6 31 nicht geradezu für un-
passend, möchte aber glauben, dasz a 45 das irdT€p besser ange-
bracht ist als 6 31. dort wird Zeus in der that als vater angeredet;
hier hat er als herr gesprochen, und als einem herm wird ihm ge-
antwortet, die verse 28 — 40 hat schon Aristarch gestrichen , weil
sie alle Ü äXXuiv töttuiv jicrdKeivrai, was man aber von vielen
partien der uns jetzt beschäftigenden scliicht sagen kann. Zenodotos
nahm auch an tcoTo (37) anstosz , was man jedoch richtig in TCeTo
verändert hat. 31—37 — 462—68. doch fehlen 466—68 in den
meisten und besten quellen, gehören auch gar nicht in den Zusammen-
hang, welchem zufolge sich das t^oCc Kai ^dXXov vielmehr an 465
auf engste anschlieszt. nach Aristarch müste also 31 — 34 aus 462
— 65 entnommen y 35 — 37 aber von dem interpolator von 28—40
hinzugedichtet und dann später irrtümlich infolge einer reminiscenz
nach 465 wiederholt sein, nun läszt sich aber zeigen, dasz umge-
kehrt 462—65 aus 31—34 wiederholt ist und dasz 35 — 37 ur-
sprünglich mit 31 — 34 zusammengehört 31 — 34 passt vorzüglich
zu 5 — 27. 'auch wir kennen deine unzerstörbare kraft' (32) bezieht
sich so eng wie nur möglich auf die ausführliche Schilderung welche
der EjTonide von seiner stärke macht, und v. 33 Hrotzdem wollen
wir die Danaer bemitleiden' auf das vorhergehende verbot einer
hilfeleistung zu gunsten der Achaier. mit 35-*-37 entsteht nun fol-
gender sinn : 'du hast verboten «kommend den Troern oder Danaem
zu helfen», gut, wir wollen nicht «kommend helfen», aber raten.'
31 — 34 hängt genau und ursprünglich mit dem folgenden zusammen,
auch rät Athene später wirklich K507. A438. 0668. dagegen 447 ff.
hat Zeus nicht ausführlich und ausdrücklich seine kraft geschildert
wie 18 ff. auch steht das unthätige mitleid der göttinnen in 464
in gar keinem Widerspruch (dXX' ffiTnic) mit der anerkennung der
kraft des Zeus, das blosze bedauern wird dieser ihnen gern erlauben
und nicht durch seine unendliche kraft veriiindem wollen, dagegen
das thätige mitleid (33) , welches sich im erteilen eines guten rates
äuszert, konnte auf den Widerspruch des gottes stoszen. 462—65
ist also copie und nicht original, überhaupt kann v. 28 -40 nicht
ausgeschieden werden, denn die götter müssen doch entweder mit
Worten oder wenigstens durch schweigen die aufforderung des Zeus
beantworten; der eindruck der gewaltigen werte des Kroniden musz
KBrandt: zur geschichte und composition der Ilias. V. 91
doch in irgend einer weise geschildert werden. 28 «» f 95 und
öfter; 29 c= | 431. 694; 30 <» H 94. 399. I 31. 432. 696; 31 =
a 46. 81. ijü 473; 32—37 = 463—68. in 38—40 = X 182—84
nimt der eben noch so zornige Zeus in sehr matten werten alles
wieder zurück , was er mit so groszem gewichte gesagt hatte, so
schon Christ ao. s. 248. 41 — 44 stammt aus N 23—26. 'nach
diesen werten spannt Zeus seine pferde vor den wagen.' oben auf
der höchsten spitze des Oljmpos? lagen dort die Pferdeställe?
oder ist mittels der figur Kard tö ciuJ7TU)|Lievov das hinabsteigen
der götter zu ihren Wohnungen erzählt dh. nicht erzählt worden?
klar und lichtvoll ist dagegen die darstellung in N, wo sich Poseidon
von der warte in sein haus begibt, welches bei Aigai in den tiefen
des meeres lag, und dort seine rosse anschirrt, auch bemerkt Christ
s. 247 richtig, dasz wohl Poseidon, aber nicht Zeus veranlassung
hatte einen panzer anzuziehen. 45 f. => 6 768 f. ; 47 «=> E 283.
0 151. es wird nicht gesagt, wohin Zeus wollte, sondern nur dasz
er peitschte, und dann dasz er nach dem Ida kam. 48 «=» 0 363; 49 f.
=a 6 775 f. sicher ist die stelle ursprünglich da, wo die göttinnen
ihre pferde beim Zusammenflüsse von Xanthos und Simoeis weiden
lassen und der fluszgott ambrosia für die olympischen rosse aufspros-
sen läszt welcher glänz dort, welche armut hier! vgl. GHermann
opusc. VIII s. 15. 51 von KaeÄexo an = A 405. € 906. A 81 ; 52 -»
A 82; 53 Kapr]KOfxöu)VT€C 'Axouoi, welche formel, wie auch Köchlj
bemerkt, in dieser partie bis zum überdrusse oft wiederkehrt (H 442.
448. 459. 472. 476. 9 53). unser dichter, der sehr dafür ist dasz
seine helden auch etwas zu essen bekommen, läszt die Achaier
das mahl einnehmen, bevor sie sich rüsten, die Troer ziehen aus,
beide beere stoszen zusammen, dasz auch die Achaier ausrücken,
wird nicht erzählt. 58 f. = B 809 f.; 60— 65 = A 446— 51. das
TTcXuc b* öpu^QYböc öpiipei von 59 und das von 63 sind infolge
der beiden entlehnungen allzu nahe bei einander zu stehen ge-
kommen, doch können die verse 60—65 nicht ausgeschieden werden,
dadurch würde die erzählung denn doch zu kurz werden; wir ver-
miszten schon den auszug der Achaier, sollte das zusammentreffen
mit den Troern auch noch fehlen? was nun die hierauf folgende
Schlachtschilderung betrifft, so ist die absieht des dichters nicht
zweifelhaft, die kämpfe in der alten epopöe vom zome des Achilleus
(A ff.) waren — der idee des ganzen gemäsz — nicht glücklich für
die Achaier und konnten daher diesem oder jenem patrioten an-
stöszig erscheinen, dagegen die kämpfe in der erweiterung dieses
alten gedichtes (B 42 — H 312) konnten zwar dem nationalbewust-
sein der Hellenen schmeicheln, schienen aber der durch den zorn des
Achilleus bedingten handlung nicht zu entsprechen, unser dichter
nun, der, wie sich schon oft zeigte, widerspiilche zwischen den ge-
nannten Iliasschichten auszugleichen versuchte, glaubte auch zu
dieser theäis und antithesis die synthesis finden zu müssen, er be-
singt nemlich heldenthaten ausschlieszlich der Achaier, welche jedoch
92 KBrandt: zur geschichte und composition der Iliaa. V.
nichtsdestoweniger, aber nur durch das blitzen des Zeus, besiegt
werden. 66 f. = A 84f.; 68 =» ö 400. Tf 111 \ 69. 70. 72 «= X 209.
10. 12; 71 •* r 127. mit recht sind diese verse schon vielfach,
unter andern von GHermann, Köchly, Naber, Christ, als höchst un-
passend bezeichnet worden. Zeus wägt noch, obgleich er längst ent-
schlossen ist. auch sollen doch nicht entweder alle Troer oder alle
Achaier sterben, es sollen doch nicht entweder nur Troer oder nnr
Achaier getötet werden , ja es stirbt später kein einziger Achaier,
vielmehr laufen alle fort (Kayser ao. s. 52). erst 342 und 344 wird
erwähnt, dasz Danaer getötet werden, ausscheiden kann man in-
dessen weder mit Köchly 70 — 74 , da sodann v. 69 eine noch trau-
rigere rolle spielen wdrde, noch mit Düntzer 69 — 77, da fttr die
folgende tolle flucht eine starke Ursache , wie schreckliches donnern
und blitzen (75—77), vorhanden sein muste.
Dies donnern Übt nun eine radicale Wirkung, alle laufen davon,
allein Nestor musz unfreiwillig bleiben, dabei klingt das fJii|LiV€lV
(78), fiev^TTiv (79), ffii|LiV€ (80) recht eintönig. Paris trifft ein pferd
des Nestor, welches dann die Übrigen in Verwirrung bringt, dies bleibt
unverständlich, bis wir aus 87 nachträglich ersehen, dasz das ver-
wundete rosz ein tTiiTOC Traprjopoc war. ähnlich Köchly ao. s. 137
und Naber ao. s. 148. 80^ — A 840 ; 82 — T 329. H 355. zu 87
bemerkt Naber, dasz der wagenlenker und nicht Nestor das ab-
schneiden hätte besorgen müssen. 91 = T 374; 93 «> B 173; 95
«s X 283; 97 TToXuTXac öioc 'Oöucceuc kommt auszer in I 676.
K 248. V 729. 778 nur in der Odysee vor. 99 = € 134. Diomedes
mischt sich unter die Vorkämpfer, obgleich Nestor ganz allein war
und weder Troer noch Achaier um ihn herum kämpften, es kann
also weder von Vorkämpfern noch vom mischen die rede sein. 103**
~ A 321. 105—107 sind aus € 221^23 entnommen, dort hat
Pandaros erzählt, dasz er zu fusz in Ilios sei und dasz seine pferde
in Lykien stehen , worauf Aineias gut und auf den ersten blick ver-
ständlich sagt: ^so versuche, ob auch troische pferde (im gegensatz
zu den lykischen) laufen können.' hier dagegen verstehen wir nicht,
was mit den Tpunoi TTiiroi gesagt sein soll, er^t durch v. 108 wer-
den wir daran erinnert, dasz Diomedes im buche € nach besiegnng
des Pandaros und Aineias das gespann des letztem erbeutete, und
erfahren erst nachträglich , was wir bisher noch nicht wüsten , dasz
Diomedes die erbeuteten rosse benutzte, hier wird also etwas un-
verständliches erst hinterher erklärt, während dort von vorn herein
alles klar und durchsichtig ist. nun wird zwar 108 von Aristarch
verworfen , aber der vers ist unentbehrlich, er erinnert uns richtig
und sagt auch etwas neues, recht hat Aristonikos, wenn er bemerkt,
dasz hier keine zeit znr belehrung ist (ö Kaipöc öeiTai cuvTOfiiac),
aber der dichter hat sich durch die Übertragung des vorhergehenden
aus € in die notlage versetzt, dem leser und somit durch Diomedes
auch dem Nestor eine bemerknng machen zu müssen. 109 u. 113 ff.
sind nicht zwei wagenlenker des Nestor gemeint, wie ja auch 1<.'4
EBrandt: zur geschichte und composition der Ilias. V. 93
nur Yon öinem die rede ist, sondern einer des Diomedes, Sthenelos,
und einer des Nestor, Eurymedon. da Nestor mit Diomedes auf den
wagen des letztem steigt, musz der f)Vtöxoc des Diomedes zu dem
des Nestor auf den wagen dieses steigen, so schon Calebow 'de
Iliadis libro octavo' (Jena 1870) s. 31. in 91 ff. gebt Diomedes zu
fosz, wftbrend man den Sthenelos mit dem gespanne folgend sich
denken musz. dasz Eurymedon gefährte des Nestor und nicht des
Agamemnon ist, widerspricht dem verse A 228. und doch hat unser
dichter A gekannt, was sowohl aus unsem auseinandersetzungen
Aber den zweck des redactors im allgemeinen als auch speciell aus
H 387 = A 17 und 0 60—65 = A 446—61 hervorgeht, nun be-
denke man die ganze Situation, die Achaier haben in rasender eile
die flucht ergriffen, die Troer werden natürlich mit derselben
Schnelligkeit nachgesetzt sein, b&tten sie nicht in einem momente
den vereinzelten Nestor, der doch ^v TrpOjLtdxoici (99) gekämpft
hatte, erreichen müssen? doch nein, sie müssen so lange warten, bis
der dichter auch so weit ist. Diomedes nemlich musz erst die Ver-
legenheit des greises bemerken, den Odysseus zum beistand er-
mahnen, den Nestor mit gründen zum besteigen seines wagens
überreden und kann dann gar noch den Troern entgegenfahren.
118^ «B A 95. durch den selbstfabricierten namen 'Hviom^a 120
wird bewiesen, dasz unser dichter nicht die überlieferte sage ge-
staltete, sondern thatsachen und personen beliebig aus der luft griff.
122 = 0 452; 123 = 6 296; 124 = P 83. in 124 und 126 sind
Wagenlenker und wagenlenker gegensätze. warum greift übngens
Diomedes nicht den Hektor selbst an? oder läuft dieser so schnell
fort, nur um einen wagenlenker zu suchen? vgl. Naber ao. s. 145
und Dtintzer Ar. s. 73, welcher allerdings 125 — 31 ausscheidet und
die so entstehende lücke durch einen selbstgemachten vers aus-
füllt, allein von unserm dichter läszt sieb nichts besseres erwarten.
Ebenso radical wie erst die flucht der Achaier ist jetzt die
flucht der Troer, und zwar vor dem 6inera ^gespann des Diomedes
(Eayser s- 52). Hektors einzige sorge ist, dasz er einen wagenlenker
wiederbekommt, und sobald er den hat, flieht er mit den andern um
die wette, ja Nestor und Diomedes ganz allein hätten bald die
Troer wie lamme r in Ilios eingehürdet, wenn nicht Zeus wieder ein-
mal gedonnert und geblitzt hätte, dieser Umschwung wird v. 132
mit denselben worten €1 ^f) dp' 6Eu vÖTice eingeführt wie v. 91.
Christ ao. s. 225 nennt dies nicht mit unrecht täppisch und un-
beholfen'. 130 f. = A 310 f. hinter XoiTÖC erwarten wir TpiiuJV.
denn wie ein griechischer dichter die besiegung der Troer schlecht-
hin als verderben bezeichnen könne, ist nicht abzusehen, dagegen
in A ist von dem Unglück der Achaier die rede, sodann tröstet
Nestor den Diomedes ähnlich wie Paris f ae. sich selbst. 146 ist
aus A 286 entnommen, wo das TaOia irdvia besser passt, weil dort
Nestor allerdings vielerlei sagt. 147 = 0 208. TT 52; 150 =
A 182. zu dem wünsche töt€ fiOi X^ivoi eupeia xötüv hat Diomedes,
94 KBrandt: lor geschichte und compodtioD der llias. V.
der Einmal floh, nicht die yeranlaseung wie Agamemnon, wenn er
nach zehn jähren vergeblichen kriegenä und nach bestAttung des be-
schimpften brnders in fremder erde beschämt nach hause zurück-
kehrte. 152 B» A 370; 154 AapöaviuiV€C nur noch H 414. man
beachte auch das folgende, dem Nestor entgleiten 137 die zügel.
Diomedes scheint sie darauf ergriffen zu haben : denn Nestor fordert
ihn V. 139 auf umzuwenden, aber v. 157 wendet Nestor selbst um,
weil Diomedes sich weigerte es zu thun. doch scheint er die zügel
nur für einen augenblick übernommen zu haben, nur so lange bis
das umwenden des gespanns bewirkt war. denn 167 f. überlegt
Diomedes und nicht Nestor, wie er fahren soll, ganz klar ist die
darstellung indessen nicht: vgl. Naber ao. s. 148; Düntzer Ar.
8. 75, welcher durch auswerfen von 151 — 56 helfen will, allein wie
kann Diomedes 157 umwenden, nachdem er dies 150 als im höchsten
grade schimpflich bezeichnet hat? 158 f. ~ 0 589 f.; 160 = € 101.
347; 161 =A257; 162 ~M 311. 164— 66 werfen Aristophanes,
Aristarch und neuere aus. doch enthalten diese verse doch wohl
eine beziehung auf H 399 ff., auf welche keiner so leicht kam wie der
Verfasser jener stelle, dh. unser bearbeiter, dessen werk wir noch
immer vor uns haben. 167 >» A 189. N 455. bidvöixoi |Li€pjLirjpiS€V
mit nur 6inem infinitiv ist eine Singularität* Düntzer ^ welcher Ar.
s. 75 f. die verse 158 — 71 auswirft, versündigt sich an Diomedes,
der nun, ohne Zeus' dreimaligen donner, doch allzu bereitwillig die
flucht ergreift.
e 172—74 = A 285—87. 0 485—87. P 183-85. die verse
177 ff., welche den mauerbau in H voraussetzen, erklären sich durch
meine annähme, dasz wir noch immer denselben bearbeiter vor uns
haben, durch die Wiederholung von 182 aus Z 47 kommt in der
^viijLiocuvii TTUpöc und dem Trupi iviTTprjcuj dasselbe zweimal. 184
■B y 442. 185 übergehe ich , da dieser vers ein später zusatz sein
kann. 187 — Z 395 ; 191 «» V 414. die beiden 192 ff. erwähnten,
angeblich berühmten waffenstücke des Nestor und Diomedes sind
sonst nicht bekannt, iasz der schild ganz golden war, ist eine Über-
treibung; den tausch des Glaukos und Diomedes scheint unser
redactor vergessen zu haben, die hoffnung des üektor, dasz nach
gewinnung dieser waffenstücke die Achaier nach Griechenland
zurückfliehen würden, ist doch ein wenig kühn (Eoiyser s. 52).
überhaupt liebt unser dichter grelle färben, dies ist schon öfter
aufgefallen und zeigt sich auch im folgenden: HeA ärgert sich
so, dasz der ganze Oljrmpos wackelt 199^ »^ A 530. 201 "-
H 455 und v 140, konunt also auszer bei unserm Überarbeiter nicht
in der Ilias vor. die verse 205 — 207 scheinen mit der gewaltigen
drohung des Zeus (5 ff.) und dem eindruck welchen sie machte nicht
in einklang zu stehen, oloc ist unpassend: denn allein sitzt Zeus ja
schon jetzt (^Düntzer An s. 78). indessen das verfahren Düntzers,
welcher auch 177 — 212 fortschneidet und die entstehende wunde
mit dem dürftigen pflaster eines einzigen verses überklebt, kann ich
KBrandt: zur geschichte und compoeition der Ilias. V. 95
nicht billigen, unsere dichtung ist schon an und für sich recht
mager, durch Dttntzer wird sie vollends zum gerippe. 216 ist aus
A 300 entnommen, in der originalstelle ist das 6t€ ol Zeuc Kuboc
Ibuncev eine anspielung auf jene verse , in welchen Zeus von einem
bestimmten Zeitpunkte an dem Hektor rühm gibt (vgl. 192 t6t€ ol
KpaTOC iTT^oi^i^uj und 288 ^jiioi bk jh^t' eSxoc £buiK€v). in unserm
buche hat er nicht ihm speciell, sondern den Troern, und diesen nicht
6inmal sondern zweimal rühm verliehen.
217 ^und nun hätten die Troer die schiffe in brand gesteckt,
wenn nicht . .' ist dieselbe phrase, derselbe plötzliche Umschwung
und dieselbe Übertreibung wie 131. denn das anzünden der schi£fe
würde den Troern wegen der mauer und des grabens wohl noch nicht
gelungen sein. 218« = € 427. c 168; 220 = A 617. N 167. 208;
222 f . = A 5 f . die verse 224 — 26 übergehe ich, weil sie unecht
sind, aber weshalb will Agamemnon nur nach zwei und nicht lieber
nach allen richtungen hin verstanden sein? die Achaier standen
doch nicht nur rechts und links von ihm , sondern auch vor ihm.
wie kann femer Agamemnon an den schiffen entlang geben? wie
kann er auf ein schiff steigen, um zu rufen? die Achaier waren ja
ganz auszerhalb der schiffe zwischen graben und mauer (213). auch
erwartet man statt des ctt), welches für die mühelos aus dem
Oljmpos herabschwebende göttin sehr angemessen ist, vielmehr ein
dveßn oder dgl. 227 = A 275. 586. M 439; 228 = 6 787; 231 »>
SB jLi 348. in der rede 230 ff. wird wieder der aufenthalt der Grie-
chen in Lemnos erwähnt, auf den schon oben von unserm dichter
angespielt war. 232 ist das wort d7TiCT€9^ac misbraucht, vgl.
Kirchhoff Od.* s. 171. Dtintzer Ar. s. 80 wirft allerdings 230—32
aus, aber der Übermut der Achaier erklärt sich doch gerade ganz
vorzüglich aus ihrer weinlaune. 241 = A 129; 242 erinnert an das
gebet des Chryses A 41. 244 = 0 376. auffällig ist die Wieder-
holung facov (243) und la (244). 245 = P 648; 246»» = A 117.
cöov ^mitevai ist überflüssig, denn ouk dTioX^cOai genügte, während
A 117 von cöov f^fi€Vai f\ dnoX^cGai nichts entbehrt werden kann,
wie stimmt ferner das cöov ^mievai zu dem pltie b\ aicijiov fj^ap
'Axctiwv (72)? 247 == Q 315. wiederum wird ein völlig unnützer,
mangelhaft motivierter Umschwung herbeigeführt. Zeus weisz selbst
nicht was er will, und obgleich er seine wage befragt hatte und
diese zum verderben der Achaier gesunken war , schwankt sie nun
nachträglich noch immer hin und her (Kayser s. 52). 252 e=> E 441.
0 380. doch hat an unserer stelle das ^aXXov keinen sinn (Eayser
s. 52), und dann lesen wir sofort, dasz nicht die Achaier, sondern
deren pferde springen. Düntzer wirft 236 — 52 aus. aber ist denn
dadurch geholfen? ist nicht auch das äuszerst auffällig, dasz Zeus,
der so eben noch dreimal den blitz vor das gespann des Diomedes
geschleudert hatte, jetzt das vordringen der Achaier zuläszt? unsere
verse , so schlecht sie sind , versuchen doch wenigstens diesen Um-
schwung durch eine mitleidsregung des Zeus zu motivieren.
96 KBrandt: zur geschichte und composition der üias. V.
Mit 6 253 läszt Lachmann ein neues lied beginnen, allein das
folgende ist genau in demselben stile gedichtet wie das vorher-
gehende (vgl. auch Christ Hom. ü. carmina s. 70). 255^ «» 168;
256»» — A 457; 257»» — 157; 258—60 — €40—42; 260 —
e 294; 262—65 -« H 164—67. die stelle in H ist entschieden
original, denn an der unsrigen ist das verbum nicht so leicht su er-
gänzen wie dort, man musz nemlich aus 266 sich für 261 — 65 ein
rjXGov herausnehmen, auch vollbringen die fürsten, deren anrücken
so gewichtig geschildert wird, keine groszen thaten. das heil aller
Achaier beruht vielmehr allein auf dem bogen des Teukros (Eayser
8. 83) , gerade so wie vorher allein Nestor und Diomedes die Troer
in Uios einhttrdeten: vgl. Friedlftnder anal. Hom. s. 10 f. jedoch
kann von interpolation keine rede sein, in g^z ähnlicher weise er-
wähnte unser dichter auch oben, bevor er die thaten des Nestor und
Diomedes schildert, mehrere andere beiden, von den 274 ff. auf-
gezählten Troern ist 'OpciXoxoc in € ein Danaer, Ormenos musz
sich in M noch einmal töten lassen, Ophelestes wird in 0 zum zwei-
ten male von Achilleus gemordet, Chromios lebt in P wieder (218),
Melanippos musz noch eines zweiten und dritten todes sterben
(0 547. TT 695). man sieht, der dichter hat irgendwelche namen
zusammengesucht, ganz unbekümmert ob und wie sie noch sonst
vorkommen. 278 <» A 255; 280 — H 46. A 429; 281 »» <» H 234;
283»» = A 223. X 480; 288 = A 33. wenn Teukros jeUt gut
schieszt, soll er nach 289 ff. nächst Agamemnon zuerst sein ehren
geschenk haben, der lohn ist für einige gut gezielte schüsse doch
wohl zu grosz. da hätte Diomedes und zehn andere wohl ebenso
gut den zweiten preis verdient. 298 -» 0 315; 302 — 119; 303»»
-» N 586; 309 f. — 300 f.; 311« -« N 518; 312 bezieht sich auf
128 zurück; 313 — 17 =» 121 — 25. ist es nicht ein sonderbarer
Zufall, dasz die wagenlenker Hektors alle rrapä \xaL6v getroffen
werden? 320 — V 509; 321 = 6 302. Teukros verschwindet,
wie oben gesagt ist, nach entsendung des pfeiles hinter den un-
geheuren Schild des Aias, um von neuem den bogen zu spannen,
wie konnte da (324 ff.) Hektor den Teukros während des bogen-
spannens treffen? 327* «=* X 326, obwohl das inX ol )Li€|Liau)Ta von
dem ruhig stehenden schützen nicht passt. femer scheint nach 324
— 28 auszer der bogensehne und der band auch noch der hals ge-
fährlich getroffen zu sein, doch ist die darstellung nicht ganz klar.
Düntzer wirft 325 — 27 aus und besteigt, um die so entstehende
lücke auszufallen , wieder einmal selbst den Pegasus, ja er glaubt
sogar, dasz der von ihm gedichtete vers &ip im ol ^pucvra ßäXev
XiOip ÖKpiÖ€VTl ^unzweifelhaft' hier gestanden habe, indessen die
verse sind unentbehrlich, denn wenn Teukros in die kniee sinkt
und aus dem streite getragen wird, und wenn seine Verwundung den
g^zen kämpf entscheidet, kann dieselbe doch nicht so ganz uner-
heblich gewesen sein, wie sie ohne die verse 325 — 27 erscheinen
müste. 331-34 — N 420—23. das O^uiv ist unverständlich.
KBrandt: zur geschieht« und composition der Ilias. V. 97
wenn Teukros hinter dem Schilde des Aias stand, brauchte dieser
doch nicht erst nach jenem hin zu laufen, v. 333 könnte aus-
geschieden werden, die ganze stelle steht auszerdem im widersprach
mit M und 0, wo Teukros, obgleich am tage darauf, ganz munter
wieder im kämpfe erscheint, sodann findet wiederum ein völlig un-
motivierter und radicaler Umschwung statt, ganz wie wir es von
unserm redactor gewohnt sind : die Verwundung des einzigen Teukros
entscheidet den kämpf vollstSndig, an eine Verteidigung ist gar nicht
mehr zu denken, v. 338 verfolgt ein einziger hund einen löwen,
ein gewis recht mutiges, aber sicher aussichtsloses unternehmen
(Eayser s. 53). 342 ist aus A 178 herübergenommen, passt aber hier
nicht, da der hund nicht tötet und auch nur 6in tier verfolgt. 343
—46 = 0 1—3; 345—47 = 0 367—69. in 0 3 steht irap'
6x€C<piv. da dies hier nicht passte und etwas anderes daftlr gesetzt
werden muste, nahm der redactor an die stelle hiervon napa viiuciv,
obgleich man erwartet Trapd T€ix€t. aber die mauer, von der in 213
noch die rede ist, scheint in 345, wie in 222, vergessen zu sein.
DtLntzer Ar. s. 86 wirft allerdings 343 — 49 aus. allein wenn die
Achaier nicht hinter mauer und graben schütz gefunden hfttten, wftre
es doch sehr sonderbar, wenn nichts von dem erzählt wäre, was
sich dann doch während der ausfahrt der göttinnen ereignet haben
muste.
6 350—52 = 6 711. 13. 14. durch das giIk^ti vwi wird der
anredevers mit dem alten sacralen beiwori dTpUTUiVT) gewaltsam ab-
gebrochen, die hilfe kommt übrigens etwas spät und anderseits
nicht in einem besonders gefährlichen moment. denn zunächst sind
die Achaier durch graben und mauer gedeckt, und der tag neigt
sich dem ende zu. 354 = 34 : hier widerspricht das futurische k^v
öXujvrai dem unmittelbar vorhergehenden praesens öXXujii^vujv.
355 »> = i 350; 356** = 6 175. TT 424. letzteres scheint hier nach
dem ^aiveTQi ouk^t' dv€KTUJC und ohne den an jenen stellen folgen-
den satz inei usw. matt und überflüssig, dasz ferner Hektor viel
übles gethan hat, wollen wir glauben, aber mit seiner augenblick-
lichen wut hat es nicht viel auf sieb, denn die Achaier sind ihm ja
entflohen. 363^ = T 133; 370 ff. nimt bezug auf den späten bitt-
gang der Thetis (ende von A). 372 = 0 77; 376 == 6 737; 380
= N 832. das im viiuciv des letztgenannten verses passt im
eigentlichen sinne nur in N , denn die Troer sind noch nicht einmal
über den graben, geschweige denn bei den schiffen, nun wirft
Düntzer 359 — 73 und 379 f. aus. in der that tragen die betreffenden
bexameter die spuren späten Ursprungs , aber diese trägt das ganze
buch, und anderseits dienen die verse dem zusammenhange, wer
so ungeheures unternimt, wie hier unternommen wird, der musz von
ganz besonderer wut entflammt sein, wie sie sich in 379 f. aus-
spricht und wie sie in 359 — 373 begründet wird. 381 — 83 =
6 719—21; 384—88 = 6 733—37; 389—96 = 6 745—52.
unsere partie ist offenbar eine ungeschickte kürzung der stelle in €.
Jahrbücher für ci«S8. philol. 1888 hft. 2. 7
98 KBrandt: zur geschichte und composition der Ilias. V.
€ 719 steht £)C £q>aT' oub' diriOricc Oed t^auKoiiTic 'AOrjvT). da das
unserm dichter nicht passte, schrieb er XcukuiXcvoc "Hpx]^ ohne zu
bemerken, dasz dadurch 383 ss € 721 überflüssig geworden war.
auch treffen infolge der auslassung von € 722 — 32 die beiden formel*
verse 383 — 6 721 und 384 «» € 733 in sehr eintöniger und an-
angenehmer weise zusammen, mit recht femer fragt La Boche, wie
Athene den x^Tidv des Zeus anziehen könne, wenn dieser selbst ihn
6 43 angezogen hat. nun erklärt Düntzer zwar auch 385 — 87 für
unursprünglich ; aber dasz Athene in das haus des Zeus geht (375),
hat nur sinn, wenn sie sich dessen x^^^v anziehen will, weshalb
endlich ist die lanze 389 ff. einer ausdrücklichen erwähnung wert
befunden, während von schild und heim keine rede ist? einfach
deshalb, weil der dichter des ^c V 6x€a . . ßi^cCTO nicht entraten zu
können meinte und an diese werte sich das \aLeio b* ijxoc an-
schlosz. so behielt er denn aus bequemlichkeit die erwähnung der
lanze bei. durch die ausscheidung von 6 383 würde etwas von
diesen bedenken verschwinden.
6 398 f. s= A 185 f. das dtT^X^oucav passt hier nicht so gut
wie in A. denn hier soll Iris zurückhalten und erst in zweiter linie
melden, dagegen in A thut sie in der that nichts als dasz sie etwas
verkündigt. 401 ist ungeschickt aus A 212 herübergenommen, denn
an unserer stelle trifft gar nicht ein, was Zeus voraussagt, er wollte
aber auch gar nicht sagen ^so wird es kommen', sondern nur Venn
sie nicht umkehren, also* unter gewissen bedingungen wird es so
kommen'. 409 — Q 77. 159; 410 = 0 79. dasz die göttinnen 411
noch iTpidTqci iruXgciv OuXOjliitoio sind, ist sehr wunderbar, dort
waren sie ja schon 396 , und doch hat Zeus inzwischen geredet und
Iris den weg vom Ida zum Olympos zurückgelegt, sie sind also in
dieser zeit keinen schritt weiter gekommen, obgleich Here 392
peitschte, dasz die rede der Iris am schlusz unpassend ist, wird seit
Aristarch von den meisten anerkannt, gewöhnlich wirft man 420
— 24 aus, welche verse indessen dem stile des charakterisierten
dichters durchaus angemessen sind. Nauck und Christ belassen sie
mit vollem recht im texte.
e 425 — A 210. Q 188; 426 — B 156; 427 = 352. die rede
der Here (427 — 31) und überhaupt die umkehr der göttinnen, ja
der ganze versuch derselben ist dem dichter durchaus mislungen.
wenn die göttinnen den plan des Zeus kennen (360 ff.) und Here
wüste, dasz sich gegen ihren gemahl nicht ankämpfen lasse (427 f.),
so durften sie den ja doch vergeblichen versuch gar nicht machen.
433 — 35 ist den versen b 39—42 nachgebildet, das iTTiteiqci von
b 40 muste verändert werden, da schon zweimal iTtTtouc voraus-
gi eng. ferner muste b 41 hier notwendig ausgelassen werden , da
die göttlichen pferde nicht speit und gerste, sondern ambrosia
fressen, durch diese kürzung haben aber die verse keineswegs ge-
wonnen, denn wenn erzählt war, dasz die pferde an die krippe ge-
bunden wurden, so ist es dem epischen stile durchaus angemessen.
EBrandt: zur geechichte und composition der llias. V. 99
wenn auch das vorwerfen von futter erwähnt wird, sehr ungeschickt
ist in V. 433 der vers b 39 umgemodelt, nicht nur dasz der gleich-
klang ^ulVUXOtc Kttttguc f KoXXiTptxoic tTTiTOUc entstand , es ist auch
das ftir die scene in b speciell passende epitheton ibpu^ovrac in das
rein phrasenhafte KaXXirptXOic umgewandelt worden^ und während
sich aus dem Kitttguc £Xucav xmö Ixrfoi) der Odyssee die teilung der
folgenden handlung tTiTTGUC jLi^v (entsprechend tTTirouc ^Xucav),
&p^aTa bi (entsprechend vixö ZirfGÖ) leicht und gefällig ergibt , ist
in der Ilias zugleich mit dem ÖTtö IxrfOV die begründung jener glie-
derung und damit zugleich deren anmut verschwunden, das letztere
gegen AOemoU im Hermes XVIII s. 55. in v. 435 wissen wir nicht,
wessen dviOirta gemeint sind, was in b 42 klar ist. Düntzer Ar. s. 90
wirft 433 — 37 aus, aber es muste gesagt sein, dasz die götter und
unter ihnen Here und Athene versammelt waren, sonst ist die in
444 ff. geschilderte Situation nicht klar. 438^ "=r 397. natürlich
musz der Olympos wieder wackeln, als Zeus sich setzt (443). Düntzer
ao. verwirft auch 440 — 43 ; aber dasz Zeus sich setzt, kann unmög-
lich fehlen, in 444 scheint der dichter sich zu widersprechen, denn
437 setzten sich die götünnen mitten unter die Übrigen götter, 444
sitzen sie von den übrigen getrennt. 445 f . «= A 332 f. 451 : ^nicht
hätten mich sämtliche götter abgehalten.' es ist nicht ausgedrückt,
wovon, die drohung 454 haben wir schon dreimal hören müssen:
5—27, 399—408 und 413—24. 456 = 6 360; 457—62 = A 20
•—25. an unserer stelle ist TrXT)ciai a\ f€ f\cQr\\ überflüssig, weil es
schon oben gesagt ist (444 f.) und Kaxd b€ Tpuiecci jiieb^cGiiv ohne
alle beziehung, da weder Zeus im vorhergehenden etwas zum besten
der Troer geredet hat noch die göttinnen im folgenden etwas zu
ihrem verderben sprechen, auch das xöXoc b^ jiiiv dTPioc fjpei passt
hier nicht. Athene war vorher doch auch schon zornig genug, die
verse 462 — 65, welche lange nicht so schlimm klingen, wie man
nach der groszen Vorbereitung (457 — 62) meinen sollte, sind aus
32 — 35 ungeschickt wiederholt, wie oben nachgewiesen wurde.
Düntzer Ar. s. 91 setzt statt 457—61 einfach den formelvers TÖV b*
1^^€i߀T^ ^TreiTtt ßoiüKic TTÖTVia *'HpTi. indessen etwas erbitterung
musten die göttinnen nach der rede des Zeus wohl zeigen, der citierte
formelvers ist für unsere stelle doch wohl zu farblos und also nur
dazu angethan die partie noch zu verschlechtern.
e 469 = 6 764 ; 471 = 1 359 ; 475 f. ist ohne grund verdächtigt
worden : f{\iou\ Tui ist in einer Prophezeiung, die den tag unbestimmt
lassen will, durchaus am platze, und die ungenauigkeit, dasz unser
redactor den kämpf um Patroklos leiche nach den schiffen verlegt,
ist ihm sehr wohl zuzutrauen. 484 = <t) 478. an dieser stelle sieht
man recht deutlich, wie unnütz das unternehmen der beiden göttinnen
war, da der Sonnenuntergang alles das ganz leicht bewirkt, was sie
mit so groszem apparate nicht erreichen konnten, bei Tpu)dv ji^V
p* d^KGUCiv Ibv qpdoc musz man sich hinzudenken, dasz die Troer
sich zurückziehen. Düntzer Ar. s. 95 wirft 487 f. aus. aber wenn
7*
100 KBrandt: zur geschichte und composition der liias. V.
an unserer stelle doch wenigstens eine andeutung von dem ende der
schlacbt ist, so fällt nach Düntzer auch diese noch fort, in 490 er-
scheint wieder der flusz wie in H 329. 491 = K 199 ; 492 «» T 265 ;
493—95 «a Z 318 — 20. in Z soll der gegensatz zwischen dem
riesigen Hektor und dem weichlichen Paris yeranschaulicht werden ;
hier dagegen stechen die gewaltigen verse von dem nüchternen und
inhaltsangabenartigen stile der Umgebung sehr ab. 496 «*> B 109 ;
497 = r 456; 499 = M 115; 502 f. = | 65 f.; 506 olvülecec
ganz wie H 472 ; 512 \xr\ ^dv dcTTOubi T€ — 0 476. X 304; 514»» —
H 1 1 ; 515 CTUT^qci xai fiXXoc = A 186 ; 516 = T 318. am schlusz
der rede haben alte und neue kritiker viel zu bessern gesucht;
aber einem, der so schwer krank ist wie unser dichter, hilft keine
medicin. so ist in 532—34 und 535 — 38 derselbe gedanke zwei-
mal ausgedrückt, indessen wir haben unserm redactor schon viel
schlimmeres nachgewiesen. 530 f . «» C 303 f.; 539 <» € 136. r\ 94.
ip 336. in 536 kann man das in A 535 passende jLieivq dTT€pxö)Li€VOV
von der lanze wohl nicht so gut sagen. 540 f. «= N 827 f. an
unserer stelle passt weder f^be noch das pr&sens q)^p€i. 542 a=s
C 310; 543 •« b 39. das ibpcdovrac passt besser für die eben
heranbrausenden als für die schon lange ruhig stehenden rosse.
552 = A 47; 553'' « A 371 ; 564 — € 196. die verse 548 «-
A 315 , 557 f . s=> TT 299 f. würden sich leicht als interpolationen
beseitigen lassen.
Aus dem vorstehenden folgt, dasz 6 in demselben stile und in
derselben absieht gedichtet ist wie H 313 ff., dasz es sich auf das
ende des letztgenannten buches zurückbezieht und in jeder hinsieht
mit dieser partie übereinstimmt , mit 6inem worte dasz es von dem-
selben Verfasser ist. das buch 6 bezieht sich in 164 ff. auf die rede
des Diomedes H 399 ff., in 177 auf den mauerbau, in 370 ff. auf
den späten bittgang der Thetis (am ende von A) zurück, es ist später
als die alte jiinvic 'AxiXnoc (s. zb. A 117 — 246 ^ A 212 = 401,
A 300 = 216, A 310 f. = 130 f.), später als die erste erweiterung
derselben (s. zb. B 391 = 10, A 20—25 = 457 — 62, A 182 =
150, 6 134 = 99, 6 221—23 = 105—107, € 719 ff. — 381 ff.,
6 775 f. = 49 f., Z 318— *J0 = 493-95, H 164—67 — 262—65),
ja es ist, wie der bittgang der Thetis und das ende von H, später
als Partien der Odyssee, die nicht zu den ursprünglichen gehören
(b 39—42 — 433—35, b 39 -= 543). es ist von einem dichter, der
wohl fleiszig und wohlmeinend, aber nicht sehr begabt wai*, aus
einer zeit in der man die epische spräche nicht mehr frei beherschte
und sich deshalb lieber möglichst eng an andere verse der Homeri-
schen gedichte anschlosz, ein sehr gefährliches verfahren das zu
vielen mit^griffen anlasz gibt, es ist geschrieben, um Widersprüche
zwischen der alten ^i)vic und deren erweiterung auszugleichen , was
auch am ende von H versucht wurde , um die sich widersprechenden
Vorzüge der handlung beider Iliasschichten , nemlich die besiegung
der Achaier und dos lob achaiischer heldenthaten , zu vereinen und
EBrandt: zur geschichte und coxDposition der Ilias. V. 101
um die folgende gesandtschaft an Achilleus, die eine niederlage der
Achaier vorausseht , zu ermöglichen.
Die TTp€C߀ia kann nemlicb erst gleichzeitig mit H 313 — 6 565
an diese stelle der Ilias gekommen sein: denn ohne diese partie
würde sie mit dem vorhergehenden nicht zusammenhftngen. über-
haupt gibt es auszer dieser stelle weder in der unerweiterten )Lif)vic
noch in der durch B 42 — H 312 erweiterten irgend einen platz, an
dem sie gestanden haben kOnnte. es sind daher all die schönen
ästhetischen und moralphilosophischen ideen von der schuld des
Achilleus, die in allzu groszer Schroffheit bestehen soUte, und seiner
bestrafnng, zu welcher der arme Patroklos sein leben hatte hergeben
sollen , all diese schönen in den Homer hineininterpretierten deute-
leien sind hinfällig, uns können nur noch die fragen interessieren :
ist die TTp€c߀ia eignes werk des Verfassers von H 313 — 6 565, oder
hat er eine fremde dichtung in die Ilias einfügen wollen? und im
letztem falle : hat er diese einzufflgende dichtung intact Übernommen
oder hat er sie überarbeitet? nur dies Iftszt sich antworten : wenn
der Verfasser von H 313 — 6 565 ein fremdes werk eingefügt hat, so
hat er es gleichzeitig überarbeitet, denn I 236 ff. bezieht sich un-
zweifelhaft auf die ereignisse von 6, I 348 ff. auf den mauerbau
in H. dagegen die frage, ob I von demselben Verfasser ist wie H 313
— 6 565 oder nicht, möchte ich nicht mit Sicherheit entscheiden,
obgleich ich mich der erstem ansieht zuneige, indessen wie dem
auch sei, jedenfalls können wir der TTp€c߀ia einen terminus post
quem für die zeit des Verfassers von H 313—6 565 entnehmen,
die stelle nemlicb, wo von den unendlichen reicbtümem von Delphoi
gesprochen wird (I 404 f.), ist nach 700 vor Ch. entstanden, denn
Delphoi gewann erst im laufe des achten vorchristlichen jb. bedeu-
tung und damit reichtum. erst gegen ende des Jahrhunderts kann
dieser so bedeutend gewesen sein ^ dasz er auf 6iner linie mit dem
von Orchomenos und dem des ägyptischen Theben genannt werden
konnte, und noch eine geraume zeit muste verstreichen, bis man ver-
gessen hatte dasz diese schätze erst seit kurzem gesammelt waren,
bis man sie in die mythische zeit hineinverlegen konnte, stammt
nun diese stelle von dem Verfasser von H 313—0 565, so haben
wir die zeit eben desselben bestimmt; gehört sie aber dem werke
an, welches jener Verfasser von H 313 ff. als ein ihm fremdes in
die Ilias einfügte , so fällt die zeit dieses bearbeiters noch später,
jedenfalls also müssen wir die zweite erweiterung der alten jufivic,
die uns im vorhergehenden beschäftigt bat, in die zeit nach 700
setzen, während die erste bear bei tung, wie im programm von Königs-
berg (Neumark j 188 7 gezeigt worden, um den anfang der olympiaden-
recbnung entstanden ist.
Mit H 313 — I föUt nun auch buch K aus dem Zusammenhang
der Ilias heraus, ob aber dieses buch gleichzeitig mit H 313 ff. in die
Ilias kam oder noch später, ob es von demselben Verfasser ist wie
H 313 ff. oder nicht, will ich hier ebenfalls unentschieden lassen.
102 EBrandt: zur geschichte und compoBition der IlLts. V.
nur dies will ich bemerken, es scheint fast als ob die conception
von K nach den büchem H 313 — I eine notwendigkeit war. 6 schafft
die ungünstige läge der Achaier, welcher allein der gedanke der
TTpccßcia entspringen konnte; K bemüht sich durch einen erfolg
die Stimmung der Achaier zurückzuführen, welche vor H 313 und
im anfange von A herscht, und will somit den anschlusz an das
letztere buch ermöglichen (ygl. Christ Hom. II. carmina s. 74).
der die Achaier ermutigende erfolg durfte aber wegen 6 5 ff . und
399 ff. von Zeus nicht bemerkt werden, deshalb geschah die hand-
lung bei nacht , deshalb konnte der sieg der Achaier keine groszen
dimensionen annehmen, dafür muste aber die gewonnene beute
desto kostbarer, das vergossene blut desto edler sein, daher ist
wagen und rüstung des Rhesos von silber und gold , er selbst ein
könig. sodann durfte der getötete könig nicht im folgenden lebendig
vorkommen, daher die einführung eines der Ilias sonst fremden
beiden, auch schlieszt sich das buch K sehr wohl an I an. liachmann
scheint es unpassend, wenn sich die Troer 6 491 und ebenso die
Achaier K 199 £v KaOapqj, öOi bf| vckuuiv bi€q)aiv€TO x^poc ver-
sammeln, aber haben wir dem Verfasser von H 313 ff. nicht viel
schlimmere fehler nachgewiesen? dasz femer die TTpecßeia und
AujX(IiV€ia in derselben nacht spielt, ist bei unserm dichter sicher
nicht auffällig, die handlung der TTp€c߀ia ist schon abends zu
ende, denn I 705 heiszt es: *jetzt, nachdem ihr gegessen und ge-
trunken habt, schlafet', als ob das essen von v. 90 f. kurz vorher-
gegangen wäre, es kann also sehr wohl die Dolonie im dritten teile
der nacht folgen (K 253). auch Übereinstimmungen mit der Odyssee,
auf die BNiese Hom. poesie s. «65 als auf eine eigentümlichkeit von K
aufmerksam macht, sind in H 313 ff. nachgewiesen, sollte also K
nicht doch gleichzeitig mit H 313 — I in die Ilias gekommen sein,
sollte es nicht doch von demselben dichter wie jene partie herrühren?
KONIQSBERO IN DKB MBUMABK. KaRL BräNDT.
14.
ZUR KATHAESIS DES ABISTOTELES.
Im sechsten buche von Piatons Gesetzen (s. 790 ® f.) steht eine
stelle, die zum Verständnis der Aristotelischen definition der tra-
gödie mit beizutragen vermag , aber , wenn ich nicht irre, für diesen
zweck noch nicht ausgebeutet ist. im vorhergehenden erwähnt der
Athener, dasz einerseits die kinder, die nicht schlafet wollten, durch
das wiegen auf den armen zum schlaf gebracht und anderseits die
Bakchantinnen durch den tanz nach dem klänge der flöte von ihren
Wahnvorstellungen befreit und beruhigt würden, und fährt dann
fort: b€i)Liaiv€iv icjl nou raOr' dMq>OT€pa rd näOn, koi ^cti bci^ara
bi' Öiv qmuXnv ti^c ipux^ic tivöl öxav oöv ßuiO^v Tic TTpocq)^pi)
KGoebel: zur katharsis des Aristoteles. 103
TOIC TOIOUTOIC TldGCCl C€lC|Ll6v , f| TUJV ßuiOcV KpaicT KIVTICIC TtpOC-
<^po\iivr\ Tf|v ivröc q)o߀päv oöcav Kai jLiaviKf|V kivticiv, Kpani-
caca bk fOLkr\yn]V fjcuxiav t€ iv t^ ijiux^ (paivcrai dTreptacaii^vii
xflc 7t€pl t4 Tflc Kttpbiac xo^crrflc ttvojLi^viic iK&CTwv mibificeajc,
iravidiraciv drainiTÖv ti, toüc \xiv öttvou XatxAvciv ttouT, toöc
h* dTP*lT0p6Tac dpxou)Li^vouc t€ Kai aöXoujLi^vouc ^eiä Gcujv, olc
öv KaXXi€poOvT€C iKacToi 0uujct , KaT€ipT<icaTO dvtl ^avlKUJV fmiv
btaO^ceurv lEeic £|Liq)povac ^X^^v. das beiszt also in deutschär Über-
setzung: 'beide leidenszustände besteben doch wohl in einer angst,
und diese angst entsteht aus irgend einem fehlerhaften zustande der
seele. wenn nun jemand von auszen an dergleichen leidenszustände
eine erschütterung heranbringt, so überwindet die von auszen heran-
gebrachte bewegung die innere schreck- und wahnhafte bewegung,
und dadurch dasz sie diese überwindet verursacht sie offenbar eine
stille und ruhe in der seele, indem der stürm um das herz herum
sieb legt, eine in jeder beziehung angenehme Veränderung, und
bringt die einen in schlaf, die andern aber, die wachend unter dem
klänge der fiOte tanzen, mit hilfe der götter, wenn sie ihnen unter
günstigen Vorzeichen opfern, aus dem wahne in eine vernünftige Ver-
fassung.'
Durch die von auszen verursachte bewegung des ganzen körpers
wird also die vereinzelte übermächtige innere bewegung des herzens
überwunden und dadurch die harmonie des körperlichen zustandes
und des seelischen empfindens wiederhergestellt, wenn nun Aristo-
teles sagt: fcTi TpaYipMa )iii|LiT)cic TTpdEeuJC citoubaiac Kai TcXeiac
. . bi' dX^ou Kai qpößou Kepaivouca Tf|v tuiv toioütujv KaGrijudTUiv
KdOapciv, so wird durch die anschauung dieser handlung auch von
auszen eine bewegung in das gemüt hineingetragen, und zwar die
affecte der furcht und des mitleids , durch die dasselbe von derglei-
chen geftihlen gereinigt wird, dasz hier die furcht ebenso wie das
mitleid die handelnden personen zum gegenstände hat und nicht uns
selbst^ zeigt die eigne erfahrung: denn es hat wohl niemand bei der
betrachtung einer tragödie furcht für sich selber gehabt, sondern
beide affecte beziehen sich auf die leiden der personen der tragödie.
durch diese von auszen verursachten affecte sollen wir also von der-
gleichen affecten für uns selber, die durch die Vorstellung unserer
eignen leiden veranlaszt werden, befreit und dadurch die harmonie
unserer seele wiederhergestellt werden. Aristoteles sagt toioütujv
TtüV KaGTijLidTUJV, nicht toutu)V : denn wenn wir auch furcht für uns
selber ebenso gut haben können wie für andere, so können wir doch
in demselben sinne nicht mitleid mit uns haben, aber wie durch
die Vorstellung zukünftiger leiden furcht für uns selbst wie für an-
dere erregt wird, so macht die erfahrung gegenwärtiger leiden auch
uns selber zu einem gegenständ eines ähnlichen gefühls, wie andere
durch die anschauung ihrer gegenwärtigen leiden ein gegenständ
unseres mitleids werden, es spricht daher Schopenhauer auch von
einem mitleid mit uns selber, das nach ihm der grund unserer
104 GK.: die neneete übersetzang der Anabasis.
tbränen ist. vielleicbt sagt Aristoteles auch toioütiuv^ weil er noch
an andere leidensempfindnngen denkt, zb. an reae, welche durch die
Vorstellung erweckt wird, dasz wir selber Ursache unserer leiden
sind, von den gefühlen also unseres eignen leidens werden wir da-
durch befreit, dasz sie von den gefühlen für fremde leiden überwun-
den werden, der grund davon liegt aber darin, dasz in der tragödie
das leiden der gattung objectiv und ideal dargestellt wird, und wie
bei Piaton die bewegung des ganzen körpers die einzelbewegung
eines teiles desselben zur ruhe bringt, so wird hier das gefühl
unseres individuellen leidens in dem geftthle des gattungsleidens
aufgehoben und dadurch die harmonie unseres gemütes wiederher-
gestellt denn der schmerz ist eben individuell, und wenn das leiden,
das ihn verursacht, als ein gemeinsames leiden der menschlichen
gattung angesehen wird, so wird dasselbe der kraft individuellen
schmerz zu bereiten beraubt, und wie der buddhist sein eignes be-
wustsein in der contemplation des allgemeinen, so läszt der leidende
mensch seinen eignen schmerz in der versöhnenden empfindung des
allgemeinen leidens aufgehen.
Soest. Karl Ooebbl.
15.
DIE NEUESTE ÜBERSETZUNG DER ANABASIS.
Der sehr rührige Verleger PhReclam in Leipzig sacht in seiner
'oniversalbibliothek' auch die werke des classiscben altertums durch
mehr oder minder freie überseUangen dem lesepnblicam nahe zu bringen,
eine stattliche reihe Übersetzungen hat br. dr. Max Oberbreyer geliefert:
von diesen ist mir kürzlich io die bände gekommen 'Xenophons Ana-
basis oder der zag der zehntausend, aas dem griechischen mit einleitang
and erläaterang' (doppel bändchen 1185. 1186). über den wert dieser
arbeit will ich mich nicht aaslassen, wohl aber verdienen folgende
proben, die mir gerade bei lectüre des vierten bacbes aofgestoszen
sind, die beachtnng der leser dieser Zeitschrift, deren beorteilang ich
sie hiermit unterbreite.
Das kriegerische volk der Taocher erwähnt Xenophon im ganzen
sechsmal (IV 4, 18; 6, 6; 7, 1. 2. 18; V 6, 17): der deutsche Über-
setzer hat dafür an den beiden ersten stellen Tareben; im 7n capitel
schreibt er zwar Taochen, kehrt aber im 5n cap. des 6n boches
wieder zu den Tarchen zurück, paläographisch läszt sich diese merk-
würdige Variante angemein leicht aus der griechischen minuskel-
schrift (aber nar aus dieser) erklären: o und p sind sehr ähnlich, aller-
dings musz man die Verschiebung des accentes mit in den kauf nehmen.
Bedeutend schwerer fällt die aufklärong der Variante IV 4, 13:
'denn man fand hier viel salböI aus lilien, sesam, bittern mandeln und
dem terpentinbanm gezogen', griechisch iroXu yäp £vTa06a cöpicKCTO
XptMQ • • cO€iov Kai C1lcd^lvov ical d^l^^bdX1vov ^k tüjv mKpuiv kqI
T€pcß(v6ivov. Iilien51 als kosmetisches mittel statt des unanständigen
Schweinefetts sieht beinahe aus wie die conjector eines geschickten
intarpolators oder — doch ich will dem urteil des lesers nicht vor-
greifen.
St. G. K.
KJLiebhold: zu Piatons Politeia. 105
16.
ZU PL ATONS POLITEIA.
1 328® lautet die Überlieferung Kai bi\ xai coC fjb^uic &v ttuOoU
jLiTlv 6 xi coi q)aiv€Tai toOto, in€ibi\ dvTaöGa fjbn et ttJc fjXiKiac, 6
hi\ in\ ipfipaoc oöbiu cpaciv dvai o\ Tioir]Tai, Tiötepov xaXciröv toO
ßiou f\ TTUüC cu auTÖ dSaYT^XXeic. Cicero dato «n. § 6 gibt den sinn
der vorhergehenden worte bekanntlich so wieder: volumtis sane^ nisi
molestum esty CatOy tamguam hngam aUquam viam confeceris^ quam
nohis quoque ingrediendutn sU (im original bOKei ydp jLioi XP^vai
TTOp' auTÄv Truv9dv€c9ai , ulcTrep xivd öböv 7rpo€Xr]Xu9dTU)v, f^v
KQi fmdc icuic berjcei TropedecOai, iroia Tic ^cti, Tpaxeia xal
XoXcnrji f\ ^abia Kai efiTropoc), istuc quo pervenisti videre quäle sU.
es ist evident, dasz diese freie Übertragung den inhalt der Platoni-
schen stelle nur summarisch wiedergibt und dasz dieselbe anstatt der
beiden fragen, deren erste auf die qualität des zurückgelegten lebens-
weges hindeutet, während die zweite auf die qualitSt des erreichten
lebenszieles gerichtet ist, sich mit der letzten begnügt, auf welche
es Cicero bei dem zweck seiner schrift ausschlieszlich ankam, da
nun aber weder toC ßiou mit dem vorhergehenden toCto construiert
werden kann, weil es erstlich zu weit davon entfernt ist und weil
zweitens eine Verschmelzung von zwei constructionen (ö ri coi qpai-
veroi toOto und Tröiepov xö^^ttöv toO ßiou) stattfinden würde,
noch auch toCto vor tou ßiou wiederholt werden darf, weil dies
dem Schönheitssinn und der eleganz Piatons widerspräche , so ist es
augenscheinlich , dasz zwischen x^XcttÖv und tou ßiou ein begrifif
wie TeXoc vermiszt wird, dessen ergänzung überdies der ähnliche
ductus litterarum der endsilbe von xgiXcttöv ermöglicht, wie häufig
aber die Verbindung t4\oc tou ßiou und ähnliche sich finden, ergibt
sich ua. aus Ges. V 730«= im TcXei tou ßiou (vgl. ßep. X 613^ im
T^XouC TOU bpöjLiou, wie ja überhaupt das leben nicht selten mit
einer rennbahn verglichen wird , zb. Cic. Cato n». § 14, wo es nach
dem citat aus Ennius : sicut fortis equus , spatio qui saepe supremo
vicvt Olympia^ nuncsenio confeäu' quiescit heiszt: equi fortis et viäoris
seneduti comparat suam^ während das spatium supremum an den
Tni^aTOC bp6|iioc bei Homer V 373 erinnert). VII 801 ® öttöcoi
T^Xoc Ixoiev TOU ßiou. X899^ irpöc t^Xoc öpdiv ^XGdvTac tripaiouc.
Epin. 992** eic irpecßuTOU t^Xoc d9iKOjLi€voic. Tim. 90** t^Xoc
IX€W TOU 7TpOT€6^VTOC dvOpüüTTOlC ÖTTÖ GcuJV dplCTOU ßlOU.
I 331 ^^'^. an dieser stelle haben die anfangsworte von d öpOuJC,
IqpT] (wofür f qpriv zu schreiben) XcTCic bis dTTobibövai eine spätere
Stellung erbalten , als ihnen nach dem logischen godankengange ge-
bührt, so dasz ich folgende Ordnung vorschlage, nach den werten
(b) dXXd fe tv dvG' ^vöc ouk dXdxiCTOv ä-xiufe Oeiriv Sv elc touto
dvbpi vouv f xovTi, liü CiüKpaT€c, ttXoutov xP^ciM^xaTOv elvai föhrt
Kephalos nach der bejahenden wendung des Sokrates (öpOOüC, ^(pr|V,
106 KJLiebhold: zu Platons Politeia.
X^T^ic) weiter fort , und zwar in form einer frage : oök &pa OUTOC
^^^pn^^ äpoc icTx biKaiocuviic, ÖLktfiri T€ X^t^iv Kai Sl &v Xdßn Tic
dTTObibövai ; worauf dann Sokrates erwidert: iraTKoXuJC, fjv b' tT*w,
X^T^ic, u5 K^cpaXe. toöto b' auiö, Tfjv biKaiocuvnv, Tröiepa Tf|v
dXnOetav aurö q)yicojLi€v eivai dirXujc oötuj bis ön oötc xP^ Td
TOiaOra dirobibövai, oCre b(Kaioc dv dr\ ö dTiobiboOc, oöb' a{i
irpöc t6v oÖTUiC ^xovTa Trdvra dO^Xuiv TdXtiOf) X^tciv, und endlich
die entgegnung des Polemarcbos, Trdvu jLi^v oOv, i) CtLiKpaT€C, elirep t^
Tt XP^ CtjLiUivibi) 7T6iO€c9ai , erfolgt, der beweis für die notwendig-
keit dieser Umstellung ist g^eben, sobald die Unmöglichkeit, die
Worte toOto b* aÖTÖ, "rfiv biKOiocuviiv usw., welche auf die gerech-
tigkeit als auf etwas schon bekanntes hinweisen, ohne Übergang
und yermittlung an ihrem überlieferten platze zu belassen, durch
den gedankengang und die rücksicht auf die bekannte abneigung
des Philosophen gegen desultorisches verfahren in der dialektik von
selbst in die äugen springt, es war vorher von Kephalos behauptet
worden , dasz der besitz des geldes sehr brauchbar dazu sei , auch
nicht unfreiwillig jemand zu betrügen oder zu teuschen noch auch,
wenn man einem gotte gewisse opfer oder einem menschen geld
schulde, voll furcht den weg ins jenseits anzutreten, und dasz neben
andern richtungen für die Verwendbarkeit des reichtnms eben diese
einem verständigen manne als die wichtigste gelten müsse, daran
würde sich seitens des Kephalos die frage schlieszen: *liegt also
nicht darin die definition der gerechtigkeit, dasz jemand die Wahr-
heit sagt und, was er etwa empfängt, zurückgibt?' und dann erst
enthalten die nun folgenden worte des Sokrates irOTKdXuic , f|V b'
Ifibf X^T€ic, t& K^qxxXe. toOto b* aurö, Tf|v biKaiocOviiv bis
rdXriOfl X^t^tv zugleich eine bestätigung und einen einwand gegen
die zu weite fassung der definition, welcher geschickt durch das
setzen des falles, in dem ein rasender die einem andern anvertrauten
wafifen zurückfordert und in dem nur das partielle mitteilen der
v^ahrheit empfehlenswert erscheint, gemacht wird, eine weitere be-
stätigung unserer annähme liegt in der thatsache, dasz die nun fol-
genden worte des Polemarcbos nicht an die adresse des Kephalos,
sondern an den unmittelbar vorher redenden Sokrates gerichtet sind,
nur scheint die affirmative Wendung ndvu ^^v OJrv fDr den ersten
augenblick nicht zu passen, da sich ja Pol. auf das zeugfnis des Simo-
nidee beruft , dessen definition der gerechtigkeit (t6 rd öq>€iXö)i€va
^KdcTip dTTObibövai biKaiöv ^cti) mit der von Kephalos in fragender
form vorgeführten in ihrer allgemeinheit und uneingeschränktheit
(die einschränkung des öcp€iXö)bi€VOV auf irpocflKOV erfolgt erst 332^
durch die richtige auslegung des Simonideischen ausspruchs) voll-
kommen übereinstimmt, indessen läszt sich durch verschiedene
stellen, zb. durch Gorg. 466 •«. Euthyd. 304 •. Krit 44 \ Symp .201 ^
der gebrauch von ^liv odv (bzw. irdvu ^^v ouv) in der bedeutung
von tmmo vero belegen, so dasz die antwort von Polemarcbos , wenn
man dieselbe aus dem von Sokrates geäuszerten bedenken (ÖTi o&rc
KJLiebhold: zu Platons Politeia. 107
Xpf| Td TOiaOra änobibövai usw.) veryoUstSndigen wollte, lauten
würde: irdvu jifev oöv, iS CuJKpaT€c, Kai XP^ ^d TOiaOta dTiobibövai
Kai biKaioc dv ein ö dTTobibouc asw.
I 332« i^viEaro dpa, fjv V dyai, die foiKcy, 6 Cijiujvibiic ttoi-
ilTiKdK: TÖ biKaiov 8 eXr\. bi€vo€iTO ^fev f&p, ibc q>aiv€Tai, ön toOt*
cIt) bkaiOV, TÖ TTpOCflKOV iKdCTiJU dlTOblbÖvai, TOOtO bk ÜüVÖ)LiaC€V
öffeiXöjLievov. 'AXXd ti oiei, iq>r]. *Q npöc Aiöc, fjv b* if\i} usw. mit
recht hat Madvig adv. crit. I s. 415 an der bisherigen Verteilung der
Worte anstosz genommen und die frage dXXd li oTei; dem Sokrates
zugewiesen, aber es ist ihm entgangen, dasz weder mit dieser form
der frage noch mit der dann folgenden Zustimmung (fq>il) des Pole-
marchos etwas anzufangen sei. wenn dagegen anzunehmen wSre,
dasz dXXo Ti o!€i; (sc. f| tö TTpocf^KOV licdcTifj övojitdcat öq>€iXö-
^evov) als frage des Sokrates und nicht iq>y\ , sondern ouk i(pr\ als
antwort des Pol. in dem text gestanden hätte, dann hätten wir auch
an dieser stelle ein brauchbares und präcises Symptom dafCLr, dasz
Pol. bis hierher und bis auf weiteres den deductionen des Sokrates
in assentierender haltung folgt.
n 359 "^ ibövra bk Kai OaujiidcavTa KOTaßfivat, koI ibeiv dXXa
T€ bf| d ^u6oXoTo0cl 9au)iiacTd koi Kttkov xa^KoOv koTXov, Oupibac
ixovxa, Ka9* de dTKiiipavia IbeTv dvövra vcKpöv, ibc q)a(v€cOat,
|Li€iZu) f\ Kai* dvOpuüTrov toötov bk dXXo jiifev fx^iv oub^v, ircpi hk
tQ x^ipi XP^coöv baKTÜXiov, 8v TicpieXöjLievov dxßfivai (sc. rütnv).
die Vermutung von Madvig ao. s. 417, dasz anstatt toOtov der gen.
ttXgutou in dem text gestanden habe, ist um so weniger annehmbar,
als ttXoGtoc sich in der bedeuiung 'schmuck' nicht nachweisen läszt.
dagegen halte ich es für wahrscheinlich, dasz KÖc^ou und ^xovra,
letzteres wegen der natürlichem fortsetzung der participialconstruc-
tion, die ursprüngliche lesart gewesen sei, so dasz die werte lauten
würden ibeiv dvövia V€Kpöv , ibc qpaiv€c0ai, jueiZiuü f^ kqt' dvGpuj-
TTOV, KÖCjLlOU bk dXXo jLlfev f XOVT* OUb^V, TTCpl bk T^ X€ipl XP^"
COÖV bttKTUXlOV usw.
II 364 ^ TOUTOic bk Kdci toTc Xötoic jidpTupac TTOiiiTdc knä-
YOVTai, ol jLifev KüKiac ir^pi euTrereiac biböviec, ibc Tf|v jufev KaKÖTTiia
Kai iXaböv Ictiv ^X^cGaiusw, weder biböviec noch dbovTCC, wie nach
Murets conjectur andere in den text aufgenommen haben, sondern
bieXOövTec dürfte die brauchbarste emendation sein, damit würde
auch die gegen die ansieht von Ast, dasz bibövai hier mit tradere
oder docere zu interpretieren sei, gerichtete bemerkung Stallbaums
('sed tradendi docendique verbum ab hoc loco prorsus alienum est:
requiritur enim exbibendi vel potius afferendi vocabulum) am meisten
in einklang zu bringen sein, auszerdem ist irepi (mit Madvig), nicht
TT^pi zu accentuieren , da es nicht zu dem vorhergebenden KOKiac,
sondern zu dem folgenden euTrereiac gehört, dasz endlich für Piaton
diese construction nicht ungewöhnlich ist, ergibt sich unter anderm
aus Prot. 347* eij juev |Lioi boK€ic, fqpri, liü CiUKpaTec, kqi cu Tiepi
Toö dcjuaioc bieXTiXu0^vai. Rep. VI 506 ^ dpK^C€i Tdp ^MW , Kdv
108 EJLiebhold : zu Platons Politeia.
ujciT€p biKaiocuvTic TT^pi KQi cuüqppocuvilc KOI Tujv fiXXuiv bifiXOec,
oÖTUü KQi 7T€pi ToC &T0160O bieXGi^c. lou 531 <^ OU Tt€pi 7roX^)L10U Td
TToXXd bi€Xr)Xu9€. Pbil. 18* bieXOibv CjLiiKpov fn Ticpi auTUüV tou-
Tiuv. Ges. II 673** )LiouciKfic K^pi bieXGövTUJV f)|Lidiv.
n 378*='* dXX' €1 TTUJC fi^XXojLiev 7r€ic€iv, ibc oubcic ituittot€
TToXixilC ^T€pOC ^T^pip dlllfixOeTO OUb' ICTl TOOtO ÖCIOV, TOiaÖTO
(XcKT^a) ^dXXov irpöc Td Tiaibia €u9uc Kai t^pouci Kai tpctud Kai
7Tp€CßUT^pOlC TlTVOfl^VOlC, KQl TOUC TTOHlldc ^TT^c toütujv dvttT-
KacT^ov XoTOTTOieTv. weder ist XcKT^a mit Stall bäum beizabebalten
nocb q)aT^ov mit Madvig zu schreiben, sondern die concinnitäi ver-
langt ein dem nachfolgenden dvaTKacT^ov entsprechendes adj. verb.,
nemlich )li€Xiit^ov (für )LiäXXov), so dasz der nachfolgende inf.
XoYOTtoicTv in gleicher abbängigkeit zu jLieXiiT^ov wie zu dvaTKa-
CT^ov steht und TOiaCTQ bereits das object zu XoTonoi€iv bildet«
das Kai vor touc TroiiiTdc mit Madvig zu streichen ist nicht unzweck-
mftszig, da es sonst neben ixyvc toutuiv einen pleonastischen bei-
geschmack erhSlt, dh. neben der wendung, welche gewissermaszen
die stelle eines zweiten objects (zb. ö^ioxa toutgic) zu XoTOTTOieTv
mit um 80 gröszerm rechte vertritt, als nicht die volle identität,
sondern nur die annähernde gleichheit der dichterischen fictionen
mit den gereinigten mjthenbildungen, in deren kenntnis die altem
Personen die jugend einführen sollen, gekennzeichnet werden sollte,
endlich wird durch die beiden adj. verb. der gegensatz zwischen der
moralischen Verpflichtung für die erziehungsmethode im hause und
dem gesetzlichen zwang für die richtige erziehung auszer dem hause
mit genügendem nachdruck hervorgehoben, übrigens ist die richtige
beziehung der worte TTpecßuT^potc T€VO)li^voic nicht erst von Madvig
ao. s. 418, sondern schon von Stallbaum und mit noch gröszerer
schärfe von JRichter jahrb. 1867 s. 139 festgestellt.
III 388* TtdXtv bf\ 'OjLiripou t€ b€iicö)Lie9a Kai tuiv dXXuJv ttoi-
flTujv jLif) 7roi€iv 'AxiXX^a Gedc iraiba dXXoi* im TrXeupdc KaiaKei-
jLievov, dXXoTC b* aöie ötttigv, dXXore bk irpiivfi, töt€ b* öpOöv
dyacTdvTa, ttXuäZovt dXOovT' inX 9iv' dXöc dTpur^TOio. für
TrXuiiZovT', welches zweifellos verderbt ist, bieten einige hss. TiXd-
Zcvra, während Heyne 7ipuii2[ovTa vermutet, obwohl es sich bei
keinem Schriftsteller nachweisen läszt. am elegantesten ist die Ver-
mutung von Ast, der iTpi|j Iövt' vorschlägt allein das Vorhanden-
sein des L läszt auf die an wendung eines andern verbums aus dem
epischen Sprachgebrauch schlieszen, nemlich auf ivliX) , so dasz it p lü
102[ovt' im texte gestanden haben kann, denn obwohl dieses wort
bei Homer nirgends in der bedeutung des klagenden geschreis vor-
kommt (es findet sich Oberhaupt nur P 66 und o 162), so hatte doch
mittlerweile der gebrauch der tragiker (zb. Aisch. Perser 272, Hek.
789 u. 853. Soph. Trach. 784) den klagenden Charakter des ver-
bums in dem Platonischen sprachbewustsein gesichert
III 416* beivÖTarov t^p ttou Trdvruiv Kai atcxicrov ttgiili^ci
TOiGÜTOuc T€ Kol oötuj Tp^q)eiv Kuvac dniKoupouc ttoijliviujv, ujctc
EJLiebhold: zu Piatons Politeia. 109
\mö dKoXaciac f| Xl^oO f\ tivoc Skkov kokoC fOouc aurouc toOc
Kuvac diTixeipficai toTc TrpoßäTOtc kukouptciv Kai dvTi kuvoiv
XOkoic öjiotu)0f]vai. Madvig ao. s. 419 will KaKOuptctv gestrichen
wissen, da es scheinbar nicht in die constraction passt. indessen
würde er die correctheit der Überlieferang schwerlich angezweifelt
haben, wenn er die ähnliche construction im Oorg. 513 '^ beachtet
hfttte, wo es heiszt: äp* oöv outuüC ditixcipTiT^ov f|)iTv ^ctIt^ itöXci
Kai Toic noXCratc Gfpaneuciv , ibc ßeXTicTOuc auTOuc toöc noXhac
iTOtouvrac; (nur die ausgäbe von Stephanus bietet hier die lesart
Tf|V TTÖXtv Kai Touc TToXiTac). denn es handelt sich ja um eine ziem-
lich weit verbreitete syntaktische freiheit, nach welcher nominale
besiimmungen anstatt mit dem inf. , zu welchem sie eigentlich ge-
hören , verbunden zu werden , von demjenigen werte abhängig ge-
macht werden, von welchem der inf. selbst regiert wird: vgl. Kriton
52 '^ OUK diriOu^ia c€ äXXric ttöX€U)c ovV SXXujv vöjliujv fXaßcv
€ib^vat. Ges. I 626 • boKCic |iioi ific öecO dirujvufiiac äEioc elvai
^äXXov dTTOvo^dZecOai. Demosth. Ol. 2, 19 toOtwv oux^ vOv öpai
TÖv Kaipöv ToO X^YCiv. Thuk. III 6 iflc jiifev OaXdccric dptov jiifi
XPflcGai TOUC MuTiXTivaiouc.
rv 430** bOKCic Tdp MOi t^v öpGfjV böEav irepi tiüv aöroiv
TOUTUiv fiv€u TTOibeiac T€TOVuTav, Trjv t€ 9iipiiubii Kai dvbpa-
Ttobuibii, oÖT€ Tidvu vöfiijLiov f)T€ic0ai, fiXXo T^ Ti f| dvbp€iav
KaXeiv. der gedanke verlangt 1) die ergänzung von boEdZeiv hinter
böEav und 2) die Veränderung des t€ zwischen ttjv und Gripiuübr) in
b€, so dasz es heiszt: 'denn du scheinst mir die richtige ansieht über
eben diese gegenstände (db. über das gefährliche und nichtgefähr-
liche), die nicht aus der erziehung bervorgieng, zu haben, aber die
thier- und sklavenmäszige einerseits nicht als den gesetzen ent-
sprechend anzusehen , anderseits als etwas anderes als tapferkeit zu
bezeichnen.' dasz übrigens dem Platonischen Sprachgebrauch die
figura etymologica böEav boHdZeiv nicht fremd ist, ersehen wir
aus Phil. 49 ^ ÖKÖcoi rauTTiv Tf|v ijieubfi böEav Tiepl ^auTuJv dvo-
r|TUJC boEdiCouci, und für die psychologie des philosophen ist es
interessant an die definition von dem öpOuJC (bzw. öpGd) bo£d2!€iV
zu erinnern, welche sich findet Symp. 202* tö öpGd bolaCew Kai
av€u Toö ex€iv Xotov boövai oök oTc0', f qpn , öti oöt€ dKicxacOai
ecTiv oöie djLiaOia.
lY 430^ KÖcjLioc nox) Tic, fjv b' i-fd), i\ cujqppocuvTi icix Kai
fibovCöv Tiviüv Kai ^TriGuiuiiüV dTKpdieia, ujc qpaci. Kpeinuj bfi
auTOÖ 9aivovTai ouk olb* övTiva TpÖKOv Kai fiXXa äiia roiaOia
UJCTT6P iXVT] a\)Tf\c X6T6Tai. anstatt des komma hinter qpaci haben
die Züricher richtig ein punctum gesetzt, sodann iät mit Madvig ao.
s. 420 qpaivovra (als neutr. plur.) anstatt qpaivoviai zu schreiben,
aber nicht auf KÖC|iioc und dTKpdieia, sondern auf ixvr] und end-
lich KpeiTTUJ auf das nachfolgende TpÖKOV zu beziehen , so dasz der
sinn wäre : 'man spricht demnach gewissermaszen von spuren der-
selben (der cujqppociivri) , die ein gewisses (ich weisz nicht welches)
110 EJLiebhold: zu Piatons Politeia.
sich selbst beberschendes wesen offenbaren und andere dergleichen
(spuren)/
IV 439 « &KK% ijv b' ifibt ixojk dxoucac ti Tticreuui Tourqi, die
dpa AcövTioc usw. dasz ti mit dem folgenden toötui nicht zu-
sammenpasst, hat Madvig ao. unzweifelhaft richtig erkannt, aber
nicht iii ist zu schreiben, wie er vorschlägt, sondern äpTi, dessen
erste silbe wegen der ähnlichkeit der beiden vorangehenden buch-
Stäben leicht verloren gehen konnte und das mit dem voraufgehen-
den Ttori in einen beabsichtigten gegensatz tritt ^gerade jetzt' meint
Sokrates 'schenke ich jener erzählung, die ich einst gehört (aber
damals spurlos, dh. ohne weiter darüber nachzudenken , habe an mir
vorübergehen lassen) , glauben , nemlich deshalb, weil dieselbe zum
beweise dient, dasz die leidenschaft mit den begierden bisweilen im
kämpfe liegt.' dieser kämpf, der in der erzählung selbst mit den
Worten äfia ^ikv Ibetv ^ttiOujlioi, ä^a b' au bucxcpaivoi xal änoTp^-
TTOi ^auTÖv ausgedrückt ist, wird verallgemeinert in dem satze:
oÖToc jLi^VTOi, fcpiiv, 6 Xöyoc oijLiaivei, Tf|v öpT^iv iroXejiiciv ^vioxe
Täte ^iTiOujLiiaic, d)C äKko öv dXX(}i.
IV 440 <^ Ti be; ötqv dbiKcTcOai Tic fiTHTCi^ oök ^v TOUTip lex
T€ Kai xGtX€Tralv€i .. Kai bid t6 Treivfjv Kai biä tö ^lyoGv Kai irdvTa
Td TOiaOra ndcxciv iuttojli^vujv Kai viKqi Kai ou X^jt^i toiv T^vvaiujv,
irpiv dv f\ btaTrpd£T)Tai f\ TeXeimfici) usw. die gröste Umwälzung
hat Madvig ao. s. 421 in den überlieferten text gebracht, indem er
schreibt Kai bi' auTÖ (sc. t6 biKaiov) TT€ivf)v Kai bi' aiJTÖ ^lyoüv
Kai ndvTa Td TOiaOra irdcx€iv uTrojiievwv, Kdv viKäTai,ou Xrjtciusw.
die änderung ist um so bedenklicher, als die construction von uirö-
)Li^V€iv m. inf. in dem Piaton« Sprachgebrauch nicht nachweisbar ist.
wenn man dagegen der Überlieferung der hss. Mon. und Flor, ß'
glauben schenkt, welche bid toO Tt€ivf|V Kai bid toO ^itoöv und
iTdcxu)V bieten und endlich das Kai vor viKqi weglassen , so bedarf
es nur noch der einzigen änderung von urrOjLi^viüV inöirofx^veiv,
um der construction einen passenden ahschlusz zu geben und fol-
genden sinn zu erhalten: 'doch wie, wenn jemand ein unrecht er-
litten zu haben glaubt, braust er da nicht in leidenschaft auf
und grollt und kämpft für das was ihm als gerecht erseheint und
siegt durch hunger und durch frost und durch ausharren im ertragen
aller derartiger Strapazen und läszt von seinem edeln thun nicht ab,
bevor er seinen zweck erreicht oder den tod gefunden hat?' in be-
trefif der participialconstruction , welche UTto^^V€lV mit KapTepciv
und dv^x^cOai teilt, vgl. ua. Gorg. 505"^ oux ÜTtOfi^vei dMpcXou^e-
voc und Ges. VI 770 • die iravTa Td TOiaÖT* dp' icQ' uTrojiieveTeov
ndcxovTac.
IV 444*» ^iravdcTaciv ^^pouc tivöc Tip öXip ttjc Miuxnc, i'v
dpXfl ^v auT^ ou 7rpocf)Kov, dXXd tchoutou övtoc cpucei o\'ou np^-
iT€iv auTifi bouXeuciv Tip Tou dpxiKOu t^vouc 6vTi; zunächst ist
auTijJ wegen der voraufgehenden attraction zu streichen und unter
dpxiKÖV T^voc natürlich hier nicht der stand der herscher (eine
«' .»
EJLiebhold : zu Platons Politeia. 111
sonst nicht seltene bedeutung), sondern das zum herscben geeignete
Termögen zu versteben. rtttselbaft bleibt nur, weshalb der philosoph
nicht einfacher j^t dpxiKiji T^V€i geschrieben bat. deshalb yermute
ich dasz nicht Tip, sondern tuj als dativ des pron. indef. geschrieben
werden müsse, der sinn ist: 'und ein auflehnen eines teiles gegen
das ganze der seele, damit er in ihr hersche, ohne dasz es ihm zu-
kommt, sondern trotzdem daez er derartig Yon natur ist, dasz er
irgend einem teile des zur herschaft bestimmten Vermögens unter-
thSnig sein musz.' übrigens findet sich der gegensatz zu dpxiKÖc,
nemlich bouXiKÖq in den büchem vom Staate nicht, wohl aber Polit.
309* u. Theait 175% wtthrend sich in den staatstheoretischen schrif«
ten dafür das adj. umipeTiKÖc findet, zb. Oes. XU 942® tö piv
u7rT)p€TiKUiTaT0V äiravTi tCu cuimckti , tö bk äpxiKUiTOTOV. in dem-
selben buche (961 ®) liest man KußepviiTiKÖc als attribut des voOc
in den werten Tdc aicGrjceic Tijj KußepviiTiKiI) vili cutKcpacd^evoi
(vgl. Phil. 30^ ßaciXiKÖV voOv) und im Phaidros 241® die gegen-
überstellung voOv Kol cuicppocuviiv dvr' £pu)TOc Kai |iav(ac, wäh-
rend es Phil. 58^ voO Te Kai q>povrjceuic heiszt, so dasz man mit
leichügkeit zu dem schlusz gelangt, dasz auszer dem voOc die cuiqppo-
CUVT) und (ppövTicic zum dpxiKÖv T^voc gehören.
y 449^ die f)|iEic TidXai iTepi)Lievo|i€v oiö^€Vo( c^ irou \ivr\-
c9ric€c9ai TraiöOTroiiac t€ ir^pi, ttOöc TTaiboTroirjccvTai , Kai T€vo-
li^vouc TTÄc 9p^i|iouci, Ktti öXiiv TaöTiiv fjv \if€\c KOivuiviav Tuvai-
KUüv TC Kai iraibuiv* \ilfa f&p ti oiÖM€9a (p^peiv Kai öXov eic
TToXiTCiav öpSuJC f| |bif| öp9ujc TiTVÖ|i€VOV. durch den gedanken
nicht weniger als durch die deutliche beziehung der werte auf die
fast unmittelbar vorhergehenden von 449 * dXXd TÖ öpOujc toOto,
ujciTcp TdXXa, XÖYOu beiToi, Tic 6 Tpörroc ttic KOivu)viac fühle ich
mich zu der Schreibung TiTVOjbi^VTiv (sc. TfjV KOivuiViav) anstatt
YiTVÖ|Li€VOV veranlaszt.
V 459 '^ laTpöv bi ttou |Lif| Ö€0|bi^voic jbitv cu)jLiaci (papjidKUiv,
dXXd biaiTT) deeXövTUJV uTraKOueiv Kai cpauXÖTepov dHapKcTv iyfOV"
^€^a (elvai). weil dOeXövTUiV zu der construction nicht passt und
^OeXouciv (Stephanus) zu gewaltsam wäre, so dürfte mit der leich-
tem änderung von laTpöv in laTpuJV und von biaiTij in biaiTTic
die Schwierigkeit gehoben sein, so dasz folgender sinn herauskommt:
'von ärzten aber, die nicht arzneibedürftigen, sondern diätbedürftigen
körpem entgegenzukommen (zu willfahren) entschlossen sind, reicht
unserer meinung nach selbst ein weniger geschickter aus.'
V 466 ^ ÖTi Koivf) cTpaTeucovTai Kai Ttpöc ye öEouci tujv irai-
bujv eic töv TTÖXejLiGV öcoi dbpoi, iv' uicrrep oi tujv öXXu)v öriiLiioup-
fuiv GeuJVTai TaÖTa, S TcXeujG^VTac berjcei bTijLiioupT€Tv irpöc bk
TT) 0€(f biaKOveiv koi iiTnipeTeiv . . Kai 0epa7T€ueiv iraT^pac t€ Kai
^rjTepac. trotz der künstlichen erklärungsversuche von Stallbaum
und Ast musz eine corruptel der stelle angenommen werden , da die
nachfolgenden infinitive mit dem vorhergehenden iva nichts zu
schaffen haben, es ist deshalb meiner ansieht nach statt öcoi dbpoi.
112 EJLiebhold: zu PUtona Politeia.
W zu schreiben öcoi äbpoi Kai of oi, das b^ vor riji 6^<)i zu tilgen
und das Semikolon vor Kpöc in ein komma zu verwandeln, denn der
sinn erfordert folgendes : i'(es ist offenbar) dasz sie gemeinschaftlich
zu felde ziehen und anszerdem diejenigen ihrer kinder mit sich in
den krieg führen werden, welche reif sind und ffthig, gleichwie die
kinder der andern berufsclassen das anschauen, was sie, zur reife
gelangt, selbst betreiben müssen, auszer dem anschauen in allen
kriegsgeschäften dienstbar und hilfreich zu sein und ihre vftter und
mtttter zu pflegen.'
V 467«* oÖKoCv, fjv b' dtiö, Trp&TOV \iiy airvSsv o\ iror^pcc
dca dvOpuiiTOi, oäx ä^aOcTc fcovrai, äXXd tvuj^ovikoI tuiv crpa-
T61ÜÜV, öcai Te Kai pif\ ^mKivbuvoi; &k6c, i([>r\. €lc ^^v äipa t&c
äEouciv, elc bk, t&c eöXaßrjcovrai. da die construction edXaßeicSai
cTc Ti nicht nachweisbar ist, so muste es entweder heiszen elc bk toc
euXaßrjcovrai, öttujc \ii\ äSouciv oder, weil dadurch die prftcision
der antwort gelitten haben würde , £cTi b^ 8c eäXaßi^covTai , wie
ich vermute, denn am häufigsten regiert euXaßeicOai den acc., zb.
bald nachher 469 <^ cöXaßoO^evoc Tf|V äirö Tilrv ßapßäpuiv bouXciav.
wie geläufig endlich dem Piaton. Sprachgebrauch eine brachjlogie
wie öcai t€ Kai \if\ ^TTiKivbuvoi ist , ergibt sich zb. aus der verglei-
chung mit 475 « töv fipa irepi TÖt jnaOri^aTa bucxepaivovra dXXuic
T€ Kai v^ov övra Kai }ir\niu Xötov fx^via ti t€ xpi^töv Kai ^rj, od
(prjcojLiev qpiXojbiaGf) oiib^ (piXöcoq>ov elvau
V 473** Td»v bt vOv TropeuojLi^vujv x^P^^ ^9* dKdTcpov al iroX-
Xa\ (puceic Ü ävoTKiic dTtOKXeicOdfCiv. Madvig schlägt vor al xuiXal
(puceic •* daudae et imperfedae-^ dagegen halte ich für wahrschein-
licher ircvTipai.
V 478 *» oOkoOv cl TÖ öv tvujctöv , dXXo ti fiv boEacTÖv f\ tö
öv etil ; "AXXo. *Ap* oöv tö \ii\ öv boEäZei ; f) dbiivaTOv Kai boEä-
cai TÖ \xf\ öv; ^wÖ€i bL oux ö boEdluiv ^iri ti q>^p€i Tf)v boEav;
f| olöv T€ aO boEdZeiv jli^v, boEd2l6iv bk ^r\biyi 'AbüvaTOV. da zu
boEdZci weder das weit voraufgehende und in enger Verbindung mit
^iTiCTf)|iri auftretende böEa noch auch das nachfolgende ö boEä£uJV
als subject bezogen werden kann und auszerdem des gegensatzes
wegen ein begriff wie buvaTÖv erwartet wird, so wäre die Ver-
mutung, dasz boEdZci als fragment von boEd2Ieiv £cTiv in den text
gekommen, nicht zu verwerfen, wenn nicht die annähme, dasz boEd-
lex als Verstümmelung eines ursprünglichen boEdCcTai anzusehen
sei , aus paläographischen gründen gerechtfertigter wäre.
RUDOLSTADT. KaRL JuLIUS LiEBHOLD.
FRühl: vermischte bemerkangen. 87. 38. 113
17.
VERMISCHTE BEMERKUNGEN.
(fortsetznng von Jahrgang 1878 s. 309—320 und 1883 8. 736—752.)
37. Bei Athenaios iüll 8. 560^ steht zu lesen: AoCpic b' ö
C&iiioc Kai irpuiTOV T^v^cOm iröXe^iöv (pnci buo twaiKuiv,
H)Xu^TTidboc Kai €öpubiKT)C' ^v <^ Tf|v ^^v ßaKxiKiIiTcpov ^erd
Tu^irdvuiv irpocXOeiv , Tf)v b' EäpubiKiiv |iaK€boviK<&c KaOumXic^^
vi)V, dcKT]0€tcav Td noXeiiiKd Kai Ttapd Kuvvdvq tfji IXXupibt.
Casanbonus schlägt vor statt Kai irpoiTOV zu schreiben Kai 'HiTCipui-
TUCÖv. er hat damit wenig anklang gefunden und mit recht, denn
man kann jenen krieg nicht wohl als epeirotisohen bezeichnen (ygL
Droysen Hellenismus II* 1 s. 239 f.). Meineke bemerkt zu der stelle,
ftltem auslegem folgend : ^si sana est edita scriptura , sensum esse
dixerim, primum bellum, quod duae mulieres inter se gesscrunt,
fnisse Oljmpiadis et Eurjdicae. video tamen quid obstet.' das letz»
tere versteht sich bei einem manne wie Meineke von selbst, ich
denke, in Kai irpwTOV steckt eine buchzahl und es ist zu schreiben
ly Tigj la'. das würde zu den sonst mit bestimmten zahlen Ubv-
lieferten fragmenten des Puris sehr gut stimmen, am n&chaten läge
^ilich Ka\ allein die sonstigen citate aus Duris gestatten nicht wohl
an das 21e buch zu denken.
38. In Plutarchos leben des Coriolanus c. 26 liest man fol-
gendes: 6 bfe MdpKioc Kai TiiXXoc iv 'Avxitu toic buvaTuiTdTOic
Kpu9a bieXeTovTO koi TrapeKdXouv , ?u)c CTacidCouciv ol 'Puijiiaioi
irpoc dXXrjXouc, töv TröXejLiGv cHeveTKCiv. TiX)V bfe bucwiroufi^vaiv,
ÖTi CTTOvbai biexeic fjcav auroic Kai dvoxctl T^T^viifi^ai, irpö-
q)aciv auTOi 'Pu)^aTol Trap^cxov ?k tivoc uiToi|jiac fi biaßoXf)c
iy ö^aic Kai dTuJci KTipuiavTCc dm^vai OucXquckguc irpö f)Xiou
bÜVOVTOC dK TflC TTÖXeUK!. Ivioi bi qKXClV änOTQ ToO MapKiQu Kai
b6\i\i T^WcOai TOUTO, TT^^njavTOc elc 'Püü^tiv rrpöc touc dpxoviac
ouK dXTiefj KairiTopov tiüv OuoXouckujv, ibc iv xaic G^aic bia-
vcouii^vaiv dTTiG^cGai xoic 'Pu)|biaioic Kai xfiv ttöXiv ^iiiTTmpäv.
Trdvrac ji^v yäp auiouc tö KripuT^a toOto bucjbievecT^pouc diroirice
TOic Tu)|Liaioic usw. der satz ^vioi bi qpaciv . . dfiirmpäv bereitet
der forschung nicht geringe Schwierigkeiten, die ganze biographie
läszt sich nemlich bekanntlich, abgesehen von ein paar äuszerlich
angefügten dingen, auf Dionjsios von Halikamas zurückführen,
und das, was hier als die meinung ^einiger' angeführt wird, steht
ebenfalls bei Dionjsios (AR. VIII 4) , und zu allem Überflusz citiert
ihn Plutarch in der cuTKpiCic 'AXk. Kai Kop. c. 2 gerade dafür, man
müste nun entweder annehmen — und das würde der sonstigen
citiermethode des Plutarch am besten entsprechen — Dionjsios sei
durchweg nur nebenquelle, oder Plutarch habe das vorhergehende
aus einer andern quelle entnommen und führe nebenbei noch die
angäbe seiner hauptquelle an. das eine ist indessen so unwahr--
Jahrbücher fUr class. philol. 1888 hft. 2. 8
114 FRühl: vermischte bemerkungen. 38—41.
Bcheinlich wie das andere, nnd so bat sieb UPeter ^die queUen
Plutarchs in den biograpbien der Römer' s. 8 zu einer sehr ge-
zwungenen erklärung entscblossen, welcbe schwerlicb irgend jeman-
den befriedigen wird, die bilfe kann diesmal von der grammatik
kommen, dem barmlosen leser, dem die qnellenfrage gleicbgttltig
ist, wird in dem folgenden satze irdvrac \iiy f&p usw. das Y^p einen
unttberwindlicben anstosz bereiten, es ist an der stelle wo es steht
vollkommen unverstftndlicb. fäbrt man dagegen binter ^k Tf)€
TTÖXeuiC mit irdvrac ^^v T^P ^ort, so ist alles in scbOnster Ordnung,
und nun wird aueb jedermann zugeben, dasz der mit ^k ttic TTÖXeuiC
scblieszende satz weiter nicbts ist als eine verkürzte wiedergäbe eben
des bericbts des Dionysios. wir werden demnach den ganzen satz
fvioi . . d^TTiirpäv als den zusatz eines gelehrten lesers zu betrachten
haben , welcher , durch das citat in der cuipcpicic aufmerksam ge-
macht, in seinem Dionysios nachschlug und einen etwas ausführ-
lichem auszug aus diesem an den rand seines Plutarchexemplars
schrieb.
39. Bei Diodoros XVU 4, 1 beiszt es von Alexander: irpui-
Touc bi. GeTTaXouc öiTO|ivr)cac ttic äpxa(ac dq)' 'HpaicXdouc cut-
teveiac, Kai Xötoic q)iXav6purTroic , £ti bk iietdXaic dirarrcXiaic
fi€T€U)picac jireice Tf|v TTaTpoTTapdboTOV fiT€^oviav TfJc^eXXdöoc
aurq!) cirfxuipficai kgiviSj ttic GerraXiac bÖTM^*^!- ^^^ werte Tf^c
'€XXdboc scheinen niemandem aufgefallen zu sein ; sie sind aber un-
möglich, da weder die Thessaler die hegemonie von Hellas ver-
leihen noch Diodor — was man ihm auch immer schuld geben
möge — solchen unsinn schreiben konnte , da er erst im folgenden
Paragraphen dem Alexander durch das sjnedrion der amphiktjonen
Tf|V Tuiv *€XXTivu)V f|T€|iOviav verleihen Iftszt. die werte tt^c *€XXd-
boc sind daher als glossem zu streichen, bestätigt wird das durch
den auf dieselbe quelle zurückgehenden bericht bei Justinus XI 3, 2,
wo es beiszt : oupide haec ThessaUs audientibus exemplo patris dux
universae gentis creatus erat et vectigalia omnia redüusgue suos ei
tradiderant.
40. Eine lücke liegt dagegen an einer andern stelle des Dio-
doros vor, nemlich XXII 10, 2 Ddf., wo es von Pjrrhos beiszt:
dcrpdTCucev dnl Tf|v tuiv KapxTiboviuiv diriKpdTCiav , f x^v neCouc
Tpic^upiouc, limeic hk x^^^ouc irevTaKOclouc koI £Xdq>avTac. hinter
dX6q)avTac fehlt offenbar eine zahl ; man könnte wegen des folgen-
den Kai vermuten k'.
41. Die erklärer des Arrianos finden es auffallend, dasz es
in der anabasis III 1, 2 beiszt: Mal&Kqc . . Trjv T€ dv 'Iccip Moxnv
ötruic cuvdßT) iT6Truc|bi^voc . . Kai Ooivikt^v t€ Kai Cupiov Kai ttic
'ApaßiacTdiToXXd uirö 'AXeEdvbpou ^x<^|ieva usw. sie meinen,
nach n 20, 4 hätte Alexander blosz den am Antilibanon gelegenen
teil von Arabien unterjocht, und V 25, 4 rühme er sich selbst blosz
'Apaßiac icixy & erobert zu haben. Sintenis schlägt daher sogar vor
statt 'Apaßiac zu lesen irapaXiac. allein unsere stelle ist vollkommen
FRühl: vermischte bemerkungen. 41—43. 115
•
in Ordnung, in seiner rede V 25, 4 denkt Alexander allerdings an
ganz Arabien einschlieszlich der groszen balbinsel, Mazakes aber
kann natürlich nur an das persische Arabien denken, dieses aber
hatte Alezander wirklich bereits fast ganz erobert, es beiszt tech-
nisch 'Apaßia i\ irpöc *Hgij6aiV iröXei (Arr. anab. III 5, 4) und um-
faszt auch einen teil von Ägypten mit Heliopolis, nemlich alles land
Ostlich vom Nil; vgl. Strabon XVII s. 803 und s. 806 ae.
42. Nöldeke sagt in seinen schönen Untersuchungen über die
bedeutung von 'Accupioc, Cupioc und Cupoc (Hermes V s. 458 f.):
*aus Arrian UI 7, 7 sehen wir, dasz dieser name ['Aroupia] zu
Alezanders zeiten gebraucht ward.' er hat sich durch unsere aus-
gaben teuschen lassen. 'ATOupiac ist eine conjectur von Freinsheim,
welche darauf beruht dasz dieser gelehrte die blosz dialektische Ver-
schiedenheit von 'Accupia und 'Aroupia nicht erkannte und 'Aroupia
fftr einen teil von Assyrien hielt, überliefert ist bei Arrian Cupiac,
und wenn man dies nicht im tezte stehen lassen will (vgl. Nöldeke
8. 452 ff.), so musz man 'Accupiac oder 'Acupiac schreiben.
43. Im 21n briefe des Themistokles beiszt es: tujv KpaTrj-
puiv jLioi Ta»v dpYupujv touc ineTiCTOuc T^ccapac, Kai jtSjy 6u|iia-
TTJpuJV T«I»v xpwcu)V, i(p' olc ^TTiTeTpctTTTCti Ttt ^Accöpitt xd iraXaid
TpäjLijLiaTa, oux Sl Aapeioc ö Tra-r^ip jz^pSou TT^pcaic fvairxoc
JYPCtipev . . äTTÖTT€|ii|JOV. Nöldeke bemerkt dazu in dem eben er-
wähnten aufsatze (Hermes Y s. 454 anm. 1] : ^gemeint ist damit
wahrscheinlich der auch dem ganz ungeübten in die äugen fallende
unterschied der keil- und der cursivschrift semitischer herkunft; die
erfindung der neuem scbrift durch Dareios bat natürlich der Ver-
fasser aus der luft gegriffen.' so bedenklich es immerbin ist einem
manne wie Nöldeke in einer solchen frage zu widersprechen, so musz
ich doch gestehen^ dasz mir die richtigkeit jener Vermutung äuszerst
zweifelhaft ist. darüber wird ja freilich Übereinstimmung herschen,
dasz dem Verfasser des briefs selbst irgend eine kenntnis orientali-
scher Schriftarten zuzutrauen keine nötigung vorliegt, dasz er viel-
mehr irgend eine quelle benutzt haben wird , welche über scbrift-
gattungen bandelte, die im persischen reich gebräuchlich waren, und
neben den alten 'AcciJpia fp6i}i\xaTa eine jüngere art der scbrift
unterschied, deren einfübrung dem Dareios zugeschrieben wurde,
wenn aber jemand wirklich orientalische Schriftarten wenigsten^
ihrem malerischen Charakter nach zu unterscheiden verstand oder
von kundigen eingeborenen darüber unterrichtet war, so dürfen wir
ihm auch eine etwas exquisitere gelehrsamkeit zutrauen, semitische
cursivschrift haben die Perser, so viel wir wissen, vor der parthi-
schen zeit für ihre eigne spräche nicht verwendet; die aramäischen
Satrapenmünzen können , eben weil sie aramäisch sind , hier kaum
in betracht kommen ; es bandelt sich nach dem Wortlaut des briefes
um eine scbrift, deren sich die Perser bedienten, und dasz die von
der persischen regierung ausgebenden aramäischen aufschriften ver-
schiedener art, mit welchen die kleinasiatischen Griechen zu thun
9*
116 FRfihl: Termischte bemerkuDgen. 43. 44.
•
hatten, nicht persisch waren, werden diese, welche so viel mit
8emiten in bertthrung kamen , wohl gewust haben, es hindert nns
aber gar nichts anzunehmen , dasz der von dem ver&sser des briefes
benutzte Schriftsteller von persischer keilschrift im gegensatz zur
assyrischen redete, dasz man im obem Asien den unterschied kannte,
wenn auch wohl nur in kleinen kreisen , ist selbstverständlich , und
schon zur zeit Deinons konnte ein griechischer forscher über die
Sache im allgemeinen wohl unterrichtet sein, dazu kommt dasz
diese beiden gattungen der keilschrift bei einiger aufmerksamkeit
seihst fQr den ganz ungeübten , der kein wort von dem inhalt lesen
kann, ziemlich leicht zu unterscheiden sind, da die persischen zeichen
gering an zahl und ziemlich einfach sind, die assyrischen dagegen
zahlreich und compliciert. man wird dagegen nicht im ernst ein-
wenden wollen, dasz Etesias die Inschriften von Bisutun der Semi-
ramis zuschreibt, also entweder persische und assyrische schrift
nicht unterscheiden konnte oder annahm ^ die ganze inschrift sei in
einer einzigen spräche abgefaszt. dasz der Verfasser unseres briefes
den Themistokles eine dummheit begehen iSszt, indem er ihn bei
einem Athener die kenntnis des Unterschieds voraussetzen Iftszt, hat
nichts auffälliges, ob er das, was er über den könig Dareios sagt, selbst
erfanden oder aus seiner quelle übernommen habe, wissen die götter.
wie gegenwärtig die dinge stehen, kann man nicht einmal mit sicher*
heit behaupten , dasz er unrecht habe, es ist sehr mOglich , dasz die
sog. achämenidische keilschrift bereits von den Mederkönigen ver-
wendet wurde; es läszt sich aber vorläufig auch die möglichkeit nicht
abweisen, dasz die inschrift auf dem grabe des Eyros erst von Dareios
angebracht worden sei.
44. Ob es einen alten historiker Eadmos von Milet gegeben
habe, ist bekanntlich streitig, die grosze mehrzahl der heutigen Philo-
logen , welche sich über diese frage gcäuszert haben , verneint die-
selbe; bejaht hat sie bekanntlich Bergk griech. litt.gesch. U s. 40 f.
und dann mit ausführlicher erörterung seiner gründe Heil in der
Marburger diss. ^logographis qui dicuntur num Herodotus usus esse
videatur' s. 47 ff. , bei dem man die litteratur angeführt findet, er
hat nur vergessen Erwin Rohde (wiederholt, zb. rh. mus. XXXI
6. 171) unter seinen gegnern anzuführen und dagegen zu bemerken,
dasz es nach Flachs ausgäbe des Hesychios n. 422 zweifelhaft er-
scheinen kann, ob Gutschmid an seiner Verwerfung des Eadmos auch
später noch festgehalten hat. Heils gründe erscheinen mir im all-
gemeinen als gut; da sie aber ebenso wenig eindruck gemacht zu
haben scheinen wie Bergks positive aubführungen , und kürzlich
JHLipsius in seinen ^quaestiones logographicae' s. 8 f. ihnen aus-
drücklich entgegengetreten ist, so mOge es gestattet sein die ganze
frage noch einmal zu untersuchen.
Dasz eine icricic luivlac oder MiXrJTOu Kai ttic öXiic lujviac
unter dem namen des Eadmos existiert habe, steht durch unzweifel-
hafte Zeugnisse fest (Dionys. Hai. de Thuc c. 23. Diod. I 87, 3.
FRühl: vermischte bemerkungen. 44. 117
Clemens Alex, ström. VI 3, 26 s. 752 Potter; auch Strabon I 1
s. 18 redet offenbar von einem genossen der alten logographen). wie
man unsem Schriftsteller darauf hin mit Arnold Schaefer (quellen-
künde I' s. 10) zu einer mythischen person machen kann, ist nicht
abzusehen, es handelt sich entweder wirklich um ein altes prosa-
buch oder um betrug, die moderne Verdammung, wie sie zuerst von
Karl Müller formuliert worden ist, geht von Dionjsios ao. aus : oCt€
täp biaclüCovTai tiIiv irXeiövuJV al TP<2<poei M^XPi tüliv Ka6' f)|iäc
Xpövurv , oub' al biaciu2[6^evai Trapd irdciv ibc dK€ivu)v oCcai tiüv
ävbpuiv mcT€uovTai, €v alc elciv ai t€ Kdbjbiou toO MiXiiciou kqI
'ApicT&u ToO TTpoKovviiClou Kai tuliv TrapaTüXiiciuJV toütoic. das
ist der einzige uns aus dem altertum ttb^kommene zweifei. freilich
behauptet man, auch Plinius n. h, Y % 112 gedenke eines solchen,
wenn er sagt: nee fraudanda [Milans] dve Cadmo^ qui primus pro-
sam orationem eondere instüuü. allein wer das anftthrt, hat den
Sprachgebrauch des Plinius nicht genügend beachtet. Plinius meint
nicht, Milet würde ein unrecht zugefügt, wenn ihm Eadmos abge-
sprochen würde, sondern wenn er diesen seinen ruhmestitel ver-
schweigen wollte: man vgl. die stelle über die austem XXXII § 62
haec sifU dicta de corpore^ dicemus et de nationihus^ ne fraudentwr
gloria sua lUora, Dionysios spricht nun selbst kein urteil über die
echtheit oder unechtheit des Kadmos aus, ja man darf bezweifeln,
ob er ihn jemals in bänden gehabt habe, er führt ihn lediglich als
beispiel unter einer anzahl anderer an, und dasz er gerade noch
Aristeas von Prokonnesos ausdrücklich daneben nennt, würde sogar
ein günstiges Vorurteil für Kadmos erwecken können, wenn nicht
alles dafür spräche^ dasz er eine prosabearbeitung des Aristeas im
sinne hatte (vgl. Suidas u. 'ApiCT^ac), und die mag allerdings ein
merkwürdiges ding gewesen sein.
An sich würde jedenfalls die bemerkung des Dionysios nicht
viel zu bedeuten haben; wichtiger scheint der artikel des Suidas, den
Flach und Schaefer auffallenderweise nur verstümmelt wiedergeben.
er lautet: KdbjLioc 6 MiXrjcioc eupeirjc TpctjbiMdTUJV. Kdö/ioc TTav-
biovoc MiXrjcioc iCTopiKÖc, 8c ttpujtoc Kaxd Tivac cuTTpct(pf|V
ffpoiM'^ KaTaXoirdbTiv , ^lKplu veiüTcpoc 'Op(p^u)c. cuveio^e hi
KTiciv MiXr|TOu Kai ifjc 6Xtic 'lu)viac dv ßißXioic b'. 6ti töv
Kdb|iOV qpaci TrpuJTOV de ifiv '6XXdba KO^ical td TpamiaTa, Sttcp
irpoüTOi ÖoiviK€C dq)eCpov. auf diesen artikel hin pflegt nun un-
gefähr so argumentiert zu werden: Kadmos, der bringer oder er-
finder der buchstaben, konnte sehr natürlicher weise auch als der
erste Schriftsteller gedacht werden; wenn man ein angeblich uraltes
buch unterschieben wollte, so konnte kein geeigneterer name ge-
wählt werden, dieser angeblich erste Prosaschriftsteller Kadmos von
Milet werde aber auch wirklich von Suidas als identisch mit dem
bringer der buchstaben bezeichnet, dem musz entgegengehalten
werden, dasz Suidas ganz im gegenteil von zwei verschiedenen
Kadmos reden will und sein artikel nicht mehr verwirrt ist, als
118 FBühl: vermischte bemerkungen. 44.
dies sonst bei ihm der fall zu sein pflegt, es macht dafür nichts ans,
ob man die worte |iiKpqj V€U)T€poc 'Opcp^ujc auf den Phöniker be-
ziehen und annehmen will, sie seien an die &lsche stelle geraten,
oder ob man mit Gutschmid bei Flach vorzieht an eine verwechse*
lung zwischen Orpheus und Pherekydes von Syros zu glauben, das
einzige was für die identitSt der beiden fraglichen männer sprechen
konnte ist, dasz auch der erfinder der buchstaben von Suidas als
Milesier bezeichnet wird, nun weisz freilich jedermann, dasz der
Phöniker Eadmos sonst in Theben auftritt und nicht in Milet; allein
das hat Lipsius ao. für ganz bedeutungslos erklärt wegen der 'gram-
maticorum testimonia, quibus litterarum inventorem ex Phoenice
factum esse Milesium iam Muellerus probavit'. diese ^grammatiker-
zeugnisse' müssen wir uns also näher ansehen, es sind ihrer im
ganzen zwei, das erste steht bei dem scholiasten zu Dionjsios Thrax
s. 781, 30: ol jbifev TTpoMTiOca X^to^ci toütujv [tuiv tPöMM^^tuiv]
CÖpCTTIV, fiXXoi bfe OoiVlKtt TÖV TOÖ 'AxiXX^UIC TTaiöOlfUJTÖV, fiXXoi
bk TÖV MiXrjaov Kdbjbiov. das andere ist die bekannte stelle in Vil-
loisons anecdota II s. 187: TTaXa|Lir)biic V ucTcpov dXGwv, dpEä-
jbievGC dirö toö äXcpa, biKa ?E |iöva toTc *'€XXt|civ cöpe croixeia . .
TTpoc^OilKe bk auTOic Kdbjnoc ö MiX/jcioc fpäii}xaTa Tpia 6 q> x
. . jLieTd TaCra Ci^uivibiic ö KeToc dXOujv irpocdOriKe buo , ti Kai tu,
'€Trixap|Lioc bk ö CupaKOiJcioc rpia 2[ E ip , Kai ouruic dTrXripwOricav
TOt eiKOCi T^ccapa. das ist also ganz erbärmliches byzantinisches
gewäsch , auf das gegenüber der sonstigen Überlieferung gar nichts
zu geben und dessen Ursprung nicht schwer festzustellen ist. es ge-
nügte dasz irgend jemand in später zeit einen ausdruck wie Kdb^oc
ö MiXi^cioc TTpuJTOC cuTTPCt(p€UC misverstand , um einen artikel wie
den des Suidas zu erzeugen , was dann wieder zu einer angäbe wie
die des scholiasten zu Dionysios führen muste. ein dritter, der ein-
sah dasz der alte logograph unmöglich der erfinder des alphabets
sein konnte, wollte doch wenigstens einen brocken der interessanten
notiz retten und schrieb deshalb nach eigner combination diesem die
erfindung von dreien derjenigen buchstaben zu, welche die Griechen
dem von den Phönikern überkommenen aiphabet hinzugefügt haben,
man weisz dasz sich etliche von den angaben in jenen beiden oben be-
sprochenen scholiastenstellen auch unter den betreffenden Worten bei
Suidas finden, erwägen wir nun, dasz weder Strabon noch losephos
noch Diodor noch sonst jemand auszer Suidas veranlassung zu dem
glauben gibt, er hätte unter seinem Schriftsteller Eadmos den er-
finder des alphabets verstanden, so wird man diese meinung wohl
definitiv aufgeben müssen, es kommt hinzu dasz der logograph
Kadmos nicht wie der Phöniker als söhn des Agenor, sondern als
söhn des Pandion bezeichnet wird, und endlich dasz es ein non plus
ultra von unsinn gewesen sein würde dem erfinder des alphabets
eine kticic Iwviac unterzuschieben, ein umstand der denn auch Karl
Müller (FHG. II s. 3 B) stutzig gemacht zu haben scheint, wer mit
einem werke eines ao uralten heros, wie der erfinder des alphabets war,
FRühl: vermischte bemerkangen. 44. 45. 119
der doch nach damaliger Vorstellung vor Homer gelebt haben muste,
hervortreten wollte, der hätte, abgesehen von allem andern, fflr einen
pikantem stoff, wahrscheinlich theologischer art, gesorgt, es hat
also ohne zweifei eine unter dem namen des Eadmos von Milet um-
laufende KTictc MiXrJTOU Ka\ Tfjc öXric luiviac gegeben, die wir,
wenn sie echt war, trotz der tendenziösen redensarten des losephos
gegen Apion I c. 2 vor Hekataios setzen dürfen, dasz Strabon dieses
buches gedenkt, ohne einen zweifei hinsichtlich seines Ursprungs zu
Suszem, kann nur geeignet sein ein günstiges verurteil dafür zu er-
wecken, da sich daraus vielleicht abnehmen liesze, dasz Eratosthenes
die echtheit anerkannt hatte.
Das einzige, was gegen die echtheit des buches heutzutage vor-
gebracht werden kann^ ist die angäbe des Clemens von Alexandreia
Strom. VI 3, 26 s. 762 (Potter) : MeXiicaTÖpou yäg ^KXeipev . . 6
TTpoKOWTJcioc Biuiv , 8c kqi rä Käb^ou toO iraXmoO }X€Tifpa\\i€v
KcqKxXaioujLievoc. man könnte sagen und sagt, dasz umgekehrt der
fUscher, welcher unter dem namen des Eadmos schrieb, einen teil
seines Stoffes aus Bion genommen haben werde, allein dem stehen
zwei andere erwägungen gegenüber: einmal nemlich könnte ebenso
gut die Schrift des Bion eine fälschung sein ', und zweitens haben wir
allen grund gar nichts auffälliges darin zu sehen, wenn sich die
ältesten griechischen historiker gegenseitig in hohem masze aus-
schreiben, hier liegt wirklich einmal jene analogie mit den Chro-
nisten des mittelalters vor, welche EWNitzsch und Nissen und ihre
schule so vorschnell für die spätem zeiten angenommen haben, in
denen bereits eine gelehrte bildung bestand, und wer zb. an das Ver-
hältnis des Herodotos zu Hekataios denkt, wird den frühern Schrift-
stellern erst recht ein solch naives schalten und walten mit der dar-
stellung ihrer Vorgänger zuschreiben müssen.
45. Zu den Schriftstellern der ersten hälfte des fünften jh. vor
Ch. werden im Hermes XIX 8. 442 auch ^Dionysios und Aristo-
teles von Euboia' gerechnet, das läszt sich indessen weder hin-
sichtlich des einen noch des andern beweisen, es wäre allerdings
immerhin möglich, dasz Dionjsios von Chalkis identisch mit
jenem Dionysios ö XqXkgOc wäre, welcher bei der gründung von
Thurioi beteiligt war, und es ist nicht unbedingt nötig, dasz die an-
gäbe bei Photios und Suidas u. 6oupiO|LidvT€ic, die hier den XqXki-
5€uc Aiovijcioc nennen, auf einem irrtum beruhe, denn ö XaXKoGc
ist offenbar ein Spitzname^ welcher der komödie seinen Ursprung ver-
danken mag, und dasz ö XaXKoGc an ö XaXKiöeüc anklang, konnte
dazu beitragen dem beinamen gröszere popularität zu verleihen, ein
^ darauf nemlich, dasz, wo die ältesten historiker aufgezählt wer-
den sollen, der name des Kadmos zuweilen nicht genannt wird, wage
ich nicht etwas zu geben. * dasz das wort q)lpeTai bei La. Diog.
IV 58 (T€TÖvaci bi B(ujv€C ö^ko* irpOÖToc ö <t>€p€KOÖ€i Ti?i Cupiip cuv-
OK^dcac, od g)^p€Tai ßißXia 60o) einen zweifei an der echtheit aus-
drücken soll, vermag ich freilich Müller (B^HG. II s. 19) nicht zu glauben.
120 FR6hi: yermiBchte bemerkungen« 45.
athenischer kleruch auf chalkidischem gebiet konnte sehr woU
XaXKibeOc heiszen, und warum ein solcher mann nicht in Athen
eine politische rolle hätte spielen sollen, ist nicht abzusehen, die
identification der beiden mftnner würde sich auch deswegen em*
pfehlen, weil Dionjsios von Chalkis fraglos einer der ersten griechi-
schen Schriftsteller ist, welche über Born geschrieben haben (Dionjs*
Hai. AB. I 27); von einem manne, der Thurioi anlegen half, darf
man wohl erwarten, dasz er interesse für italische verhftltnisse gehabt
habe, allein alle dem steht die thatsache entgegen, dasz von Diony-
sios 6 XaXKoOc wohl gedichte und reden angeführt werden, aber
nirgends ein geschichtswerk, auch von Plutarch nicht, der doch der
Schriften beider mftnner gedenkt (Nikias c. 5. de mal. Herod. c. 22).
was aber sonst über Dionysios von Chalkis bekannt ist, gibt nur
einen sehr dürftigen anhält für die zeit, in der er gelebt haben mnsz*
Karl Müller FHG. IV s. 393 erklftrt ihn für älter als Ephoros; in
den proleg. zu seiner ausgäbe der kleinen griechischen geographea
I s. LXXXI scheint er ihn fOr einen Zeitgenossen des Ephoros zu
halten, und diesem ansatz folgt Detlefsen im index zu Plinius. allein
der beweis ist schwach, er beruht auf der angäbe des sog. Skymnoa
von Chios, der v. 114 ff. von sich sagt, er schreibe
'€paTOC6^V6l jLldXlCTa CU|Ll1T€1T€lC|bl^V0C,
'€(pöp4) T€ Kai np Tdc icriceic elpHKÖn
dv irdvTC ßißXoic XoXKibci Aiovuciifi.
hier meint nemlich Müller eine chronologische anordnung zu ent-
decken ; man braucht aber nur etwas weiter zu lesen und man findet,
vielleicht neben dem einen oder andern sonstigen namen , welchen
uns der trümmerhafte zustand der Überlieferung entzogen hat, der
reihe nach aufgezählt Demetrios von Eallatis, den Sikeler Kleon,
Timosthenes, Kallisthenes , Timaios und Herodotos, und in dieser
liste ist es einfach unmöglich ein chronologisches princip zu erkennen,
die mOglichkeit ist freilich nicht ausgeschlossen, dasz der dichter
den Dionysios lediglich aus Ephoros kennt, allein mehr als eine mög-
lichkeit ist das auf alle falle nicht, man kommt nicht weiter durch
Plinius n. h, IV § 64, bei dem es von der insel Euboea heisit: aniea
vocUata est Chaicodofdis aut Macris, ut Diofhfsius et Ephorus tro'
dtmt. man könnte hier wieder an ein aus Ephoros entnommenes
citat denken , allein Dionysios wird auch V § 134 angeführt, und in
dem index zu diesem buche erscheint er beträchtlich früher als
Ephoros, so dasz jene annähme ohne weiteres hinfällig wird, der
älteste Schriftsteller, welcher unsem Dionysios erwähnt, ist eben der
sog. Skymnos, und der einzige Stützpunkt für einen ansatz nach
rückwärts ist die stelle des Dionysios von Halikamas AR. I 27
Aiovucioc hk ö XaXKib€uc olKicTf)v M^v diroqxiivei Tf)c ttöXcuic
'PiöjLiGV. toOtov bi X^T€i Kcrrd |li^v nvac 'AcKCtviou, Kord bi nvac
'H^aOiuiVOC iraiba elvai. daraus läszt sich schlieszen, dasz Diony-
sios geschrieben haben musz , ehe die sage von der gründung Roms
durch Zwillinge wurzel gefaszt hatte, also spätestens im vierten jh.
FRühl: vermischte bemerkungen. 46. 46. 121
▼er Cb. er kann ganz gut ein Zeitgenosse etwa des Antiocbos von
Syrakns gewesen sein, er kann aber auch hundert jähre später ge-
lebt haben, es ist daher sehr wohl möglich , dasz er identisch mit
joiem Dionysios ist, von welchem es bei Sjnkellos s. 520, 14 Bonn,
heiszt: töt€ KdXXmiTOC Ku2[iiciivöc dcTpoXÖTOC i^yiupileio xai
Aiovucioc ö Tdc TTÖXeic fpäipac. das vorangehende lemma, das zur
Zeitbestimmung dienen kann, lautet: 'PwEävilv CUV 'AXe£dvbpi|i
iiaibi TT6^q>G€icav eic 'A|Liq)iTroXiv QXeuKOC NiKdvuip dcpaviZei,
Kacävbpou KcXeiJcavTOC, die cpaci. ob nun Dionysios an den unter-
gang der Roxane oder an Eallippos oder, was am wahrscheinlichsten
ist, an Seleukos geknüpft werden sollte, ist schwer zu sagen.
Jedenfalls ganz unhaltbar und ohne eine spur von beweis vor-
getragen ist die behauptung von Wilamowitz ^Antigenes von Ka-
rystoe' s. 135, der von Synkellos erwähnte Dionysios (er nennt ihn
s. 348 in seiner weise cDionysios ö T&c iröXeic») habe €äßoiKd ge-
schrieben und sei identisch mit dem von Tatianos adv. Oraecos s. 31
(Otto) erwähnten Dionysios von Olynthos, der über Homer geschrie-
ben hat. einen augenblick habe ich daran gedacht, Wilamowitz habe
sich durch die hingeworfene Vermutung Karl Müllers (FHG. IV s. 393)
zu der annähme verleiten lassen, Dionysios von Olynthos sei iden-
tisch mit Dionysios von Chalkis, und dann den kleinen Wirrwarr mit
den GußoiKd hinzugefügt; allein seinen werten an der oben ange-
führten stelle des Hermes gegenüber habe ich diese Vermutung wie-
der fallen lassen müssen.
Was nun weiter den ^Aristoteles von Euboia' betrifft, so wird
dieser mann in der ganzen griechischen litteratur nur zweimal er-
wähnt, das eine mal kommt er in einem fragment des Lysimachos
von Alexandreia in den scholien zu ApoUonios Arg. I 558 vor, wo
Couibac Kai 'ApicTOTeXric 6 Tcepi 6ußoiac 7T€TTpaT|iaT€U|Li^voc [so
Keil; oi . . TreTTpafliaTeuiLi^voi der Laurentianus; möglicherweise
nicht unrichtig] Kai ö touc OpuTiouc XÖTOuc Tpdipac Kai Aatjiiaxoc
Kai AioviJCtoc ö XaXKibeiJC als gewährsmänner für eine von der ge-
meinen abweichende tradition über Achilleus angeführt werden, das
andere mal nennt Harpokration u. ^ApTOupa Aristoteles von Chalkis
iy TU) 7T€pi €ußoiac als gewährsmann dafür, dasz Argura eine stadt
TTic Cußoiac dv T^ XaXKibiK^ K6l^^vr) sei. danach kann man den
mann nun beliebig ansetzen ; man weisz absolut weiter nichts von
ihm als dasz er vor der römischen kaiserzeit geschrieben haben musz.
Müller hat ihn in seiner fragmentsamlung übergangen.
46. Herakleides von Kyme, der Verfasser von TTepciKd,
wird von Müller FHG. II s. 95 für wahrscheinlich jünger erklärt als
Deinen und sogar als Kleitarchos. diese behauptung stützt sich auf
Plutarchs Them. c. 27, wo in einer aufzählung der Schriftsteller,
welche Themistokles nicht zu Artaxorxes, sondern zu Xerxes kom-
men lassen , "eqpopoc Kai Aeivujv Kai KXeiiapxoc Kai 'HpaKXeibrjc,
Iti b' dXXoi TTXeiovec genannt werden; hier sei nemlich offenbar eine
chronologische reihenfolge beabsichtigt, der grund ist schwach; man
122 FRühl : vermischte bemerkungen. 46.
kann mit geringer mühe eine reihe Shnlicher aufzählungen zusammen-
bringen, in welchen die chronologische ordnnng keineswegs beob«
achtet ist. die fragmente des Herakleides selbst aber lehren uns das
gerade gegenteil. er musz zu einer zeit geschrieben haben, wo das
persische reich noch aufrecht dastand, die fragmente 2 und 4 nem-
lieh bei Athenaios lY s. 145* und XU s. 517 *", welche wörtliche an-
führungen aus Herakleides enthalten, reden im praesens, und das
kommt namentlich für fr. 2 in betracht, welches die sitten am per-
sischen hofe beschreibt, man darf auch fr. 1 (bei Ath. XII s. 514 ^)
hierherziehen, das mit drei sfttzen im praesens beginnt, dasz Athe-
naios nachher im imperfecta m fortfährt, hat für d6n nichts auffallen-
des, der seine art kennt oder auch nur diesen 6inen abschnitt sorg-
föltig durchliest, wir müssen daher Herakleides zu denjenigen schrift-
steilem rechnen, welche, wie Deinen und Aristagoras von Milet, zur
zeit des kOnigs Philippos ihre Studien Persien, seinen sitten und seiner
geschieh te zuwandten und somit gleichsam eine geistige eroberung des
weiten reichs unternahmen, um die kriegerische vorzubereiten, man
wird dabei nicht unbemerkt lassen dürfen, dasz diese drei historiker
sämtlich Kleinasiaten sind, ihre heimat also unter persischer her-
schaft stand. Laertios Diogenes zählt Y 6, 93 neben unserm Hera-
kleides von Ejme , der TTepciKd in fünf büchem schrieb, noch einen
"HpaKXeibTic 'AXcEavbpcüc auf, T€TP<i<pu)c xd TTepciKd tbidijuaxa.
Müller hält beide für identisch , und das wäre in der that nicht un-
möglich, wir würden dann anzunehmen haben, dasz Herakleides in
spätem Jahren , nachdem das Perserreich gefallen , nach Alexandreia
übergesiedelt wäre, sehr wenig wahrscheinlich ist dagegen nach
dem gesagten die weitere Vermutung Müllers (FHG. 11 95. III 531),
dasz unser Herakleides auch mit jenem andern Herakleides von Kjme
identisch sei , der Herakleia am Pontos für Arsinoö verwaltete und
nach dem tode des Lysimachos gestürzt wurde (Memnon c. 7 u. 9).
Herakleides müste dann nicht nur, wie Hieronymos von Kardia, ein
fabelhaftes alter erreicht, sondern sich auch eine geradezu unerhörte
rüstigkeit bewahrt haben.
Das werk des Herakleides zerfiel nun bekanntlich in zwei ab-
teilungen, von denen die erste (iTapaCK6\MXCTiKd) wenigstens zwei
bücher enthielt (Athen. IV s. 145*). nach den fragmenten zu ur-
teilen kann in dieser ersten abteilung nicht wohl etwas anderes ge-
standen haben als eine beschreibung persischer sitten und einrieb-
tungen und allenfalls eine geographische und statistische Übersicht
des persischen reichs. die historischen nachrichten werden wir also
der zweiten abteilung zuweisen müssen.
Dieser umstand ermöglicht uns auch über die anordnung des
weit umfangreichern werkes des Deinen richtiger zu urteilen als
Müller gethan hat. dieser hat nemlich, freilich anders als Wester-
mann, eine chronologische anordnung der cuvrdEcic angenommen,
indem er der ersten syntax die assyrische, der zweiten die medische,
der dritten die persische geschichte zuweist, allein er gerät damit
FRühl: TermiBchte bemerkungen. 46 — 48. 123
in grosze Schwierigkeiten, einmal könnte man sich wandern^ dasz
die 'Accupiaxd und MiibiKd des Deinon nirgends angefahrt werden ;
dann könnte man weiter fragen, ob die medische geschichte wirklich
zu einer syntax von mehrem büchem stoff darhot , und dann , wenn
man auf beides kein gewicht legen und etwa annehmen wollte, dasz
in der zweiten syntax sehr ausführlich von den magiem gehandelt
worden wSre, so steht «einer solchen anordnung noch immer ent-
gegen, dasz ^v Tfji 7T^|i7TTr| Tiliv TTeptiKüüv iflc irpiinic cuvToEeuic
Ton Anutis, der Schwester des Xerxes, die rede war (fr. 21). Müller
hat sich daher genötigt gesehen TpiTTjC statt iTpu)Tiic einzusetzen,
bei einer solchen willkür verlieren wir aber natttrlich allen boden
unter den fdszen , und Müller scheint selbst bei seiner Vermutung
nicht recht wohl gewesen zu sein, er meint , wenn seine conjectur
falsch wäre, so müste man der ersten syntax die geschichte, der
zweiten und dritten die religion, die sitten und einrichtungen der
Perser zuweisen, das gehe aber nicht an, denn ^eius generis distinc-
tiones ab antiquioribus scriptoribus alienae esse solent'. wenn nun
aber Herakleides , der Zeitgenosse des Deinon, so verfuhr, warum
sollen wir Deinon ein solches verfahren absprechen?
47. Bei dieser gelegenheit möchte ich eine schluszfolgerung be-
kämpfen, welche aus dem lln fragment des Deinon gezogen zu
werden pflegt, dort heiszt es (Athen. XIII s. 560^, Deinon und
Lykeas von Naukratis berichteten, T^iv NciTfJTiv Kupuj 7re|Liqp0f]vai
ÜTTÖ *A|bidciöoc • il f)c T€WTiefivai TÖv KaiißücTiv, 8v dicbiKOuvra t^
liTiTpi ^tt' AiTUTTTGV TTGiricaceai CTpaTciav. das pflegt erklärt zu
werden wie von Müller: 'commentum hoc Aegyptiorum, quibus
solacium erat domator altero parente Aegyptius.' die geschichte
spricht nicht dafür, dasz die Ägypter sich mit solchen fabeln über
ihre Unterdrückung zu trösten gesucht haben; sie haben vielmehr
so oft es irgend angieng und häufig mit erfolg versucht die fremden
Unterdrücker mit gewaffnetcr faust zum lande hinauszujagen, die
erzählung sieht eher aus wie eine von der persischen regierung ver-
breitete officielle version, welche die fremd herschaft legitimieren
sollte, sie gehört in dieselbe kategorie wie jenes bildwerk in den
Apisgräbern, das Kambyses knieend vor dem Apis darstellt (Brugsch
geschichte Ägyptens s. 745). Müller vergleicht den bericht bei
pseudo-Kallisthenes , wonach Nektanebos der vater Alexanders des
groszen war. aber diese analogie spricht gerade für unsere ansieht,
sie legitimiert die griechische herschaft, gerade so wie die fabel, dasz
Ptolemaios I ein söhn nicht des Lagos , sondern des Philippos ge-
wesen sei , die Usurpation gegenüber den Makedonem weniger an-
stöszig erscheinen lassen soll.
48. Gleichen Schwierigkeiten , wenn auch anderer art als bei
Deinon, begegnet die Ordnung der bücher des Diyllos. auch sie
zerfielen in mehrere cuvTdEeic. es sind drei stellen des Diodor die
hierfür in betracht kommen, zuerst berichtet Diodor XVI 14, 4:
AiuXXoc V 6 'A0TivaToc fipKTai xfjc \cTopiac dirö xfic iepocuXriceujc
124 FRühl: yermucbte bemerkoDgen. 48.
[nemlioh des delpbisehen tempeU darcb die Pboker] kqI T^TP<i<p€
ßißXiouc elKOci Kai ^TTTd, cujiTrepiXaßubv irdcac xäc i\ toTc xpövotc
ToÜTOic T€V0|Li^vac TTpdfcic TTcpi T€ T^iv *6XXäba Kttl -rfiv CiKcXiav.
dann weiter XVI 76, 5 xdiv bk cuTTpaq)^u)V *'6q)opoc \xkv 6 Ku-
^aioc Tf|v IcTopiav dvGdbe Kai^CTpocpev €lc -rfiv TTcpivOou iroXiop-
K(av . . AiuXXoc V 6 'AGrivaioc ific beur^pac cuvrdEcuic dpx^iv
TTCiToliiTai Tf]c 'Gqpdpou IcTOpiac -rfiv TeXeuTTiv, xai idc fff^c irpdEeic
cuveipei Tdc t6 tujv 'EXXrjvujv Kai tOjv ßapßdpujv M^XPi 'n)c OiXiii-
1T0U TeXeuTfjC. endlich XXT 5 aus den Höschelscben excerpten: ÖTi
AiuXXoc 'AOrjvaioc cuTTPO<P€iicTäc Koivdc 7rpd£€ic cuvxd^ac lfpa\\te
ßißXia eiKOciv ?£' Vduiv bk 6 TTXaTQieuc Tdc dirö toutou bia-
btSd^evoc ^TpctM^c ßißXia rpidKOvra. so viel ich weisz sind drei
ansiebten über das werk aufgestellt worden. Westermann meint
(Paul j- Teuffels realenc. II s. 1190), Diyllos bätte zwei yerscbiedene
gescbicbtswerke geschrieben , eins in 27 bücbem über hellenische
und sikelische geschichte von der plttnderung des delphischen tempels
bis zur ermordung Philipps , des sobnes des Amyntas , das in zwei
cuvrdHeic zerfallen wäre, deren grenze die belagerung von Perinthos
gebildet hätte, und ein anderes von 26 bttchern, worin er Tdc KOivdc
TTpdEeiC bebandelte, welches bis zum j. 298 vor Ch. reichte, mit
dieser ansiebt brauchen wir uns wohl nicht länger aufzuhalten; es
wird genügen sie erwähnt zu haben. Füller (FHG. II s. 360) hält
eine der zahlen bei Diodor für verdorben und läszt es dahingestellt, ob
Diyllos 26 oder 27 bUcher geschrieben habe; er nimt drei cuvTdEeic
an und führt die erste bis zur belagerung von Perinthos, die zweite
bis zum tode Philipps des sobnes des Amyntas, und die dritte ver-
mutungsweise bis zur einnähme Athens durch Demetrios Poliorketes
um 295. dem gegenüber sucht Arnold Schaefer in Sybels Zeitschrift
XVIII s. 173 wieder die verschiedenen Zahlenangaben zu verwerten,
er führt aus, Diyllos habe eine Fortsetzung des Ephoros geschrieben
und dabei keine rücksicht auf das von Demophilos dem werke seines
Vaters hinzugefügte 30e buch genommen, sondern seine erste syntax,
die blosz aus 6inem buche bestanden habe^ zur ergänzung des Ephoros
geschrieben, dann seine zweite syntax in 26 bücbem zur fortsetzung
desselben, diese habe mit dem tode Philipps IV von Makedonien
geschlossen ) der vier monate nach seinem vater Kasandros 296
vor Ch. st^rb.
Ich denke, von diesen beiden meinungen läszt sich die eine
widerlegen und die andere durch eine besser begründete ersetzen,
man wird jetzt einig darüber sein, dasz die 27 bücher das ganze werk
des Diyllos umfEtszten, und wir dürfen daher die verschiedenen an-
gaben über den inhalt combinieren. wir dürfen also auf grundlage
von Diod. XVI 14 und XVI 76 behaupten, dasz Diyllos griechische,
sikelis«che und barbarische , dh. in erster linie persische und kartha-
gische geschichte von 357 vor Ch. an geschrieben hat. wann er ge-
schlossen hat, läszt sich aus Diod. XXI 5 nicht mit Sicherheit ent-
nehmen , da das excerpt darüber schweigt und wir von Psaon nicht
FBühl: vermischte bemerkuDgen. 48. 125
genug wissen y um aus seinem werk irgend einen schlusz auf das
Beines Vorgängers ziehen zu können; nur Dahlmanns meinung ist
von vom berein abzuweisen , welcher (forschungen I s. 33) den tod
des Agatbokles für den scbluszpunkt hielt, denn diese an sich sehr
verlockende annähme widerlegt sich dadurch , dasz unser HöscheU
Bches fragment zwischen excerpten über die expedition des Agatbokles
nach Eroton und die kämpfe der Bömer unter Fabius Maximus gegen
Etmsker, Gallier und Samniten eingeschoben ist und nachher noch
eine ganze reihe von tbaten des Agatbokles in denselben HOschel-
schen excerpten erzählt wird, man hat daher für das ereignis, mit
welchem Dijllos schlosz, freie wähl, und man wird sogar nicht
gerade genötigt sein ein sehr bedeutendes ereignis anzunehmen, sich
vielmehr erinnern dürfen, dasz die ver&sser von allgemeinen ge-
schichten der neuesten zeit durch die natur ihres Stoffes oft genug
gezwungen werden mit irgend einem für die entwicklung im groszen
ziemlich unbedeutenden Vorkommnis abzuschlieszen. '
Versuchen wir nun aber die bücher des werks zu verteilen , so
steht fest dasz die zweite sjntax mit der belagernng von Perinthos
anhub. damit widerlegt sich eigentlich schon Schaefers mit groszer
Zuversicht vorgetragene behauptung, dasz die erste syntax eine er-
gänzung des Ephoros hätte sein sollen, denn wer diesen selbständig
ergänzen wollte, ohne das von ihm hinterlassene material zu be-
nutzen und darauf rücksicht zu nehmen , für den war die belage-
rnng von Perinthos ein ganz willkürlich und sehr übel gewählter
scbluszpunkt, und Schaefer meint selbst, Ephoros würde bei längerm
leben vermutlich mit der Zerstörung Thebens und den Vorbereitungen
Alexanders zum kriege gegen Persien geschlossen haben, wohl aber
konnte jemand , der die allgemeine geschichte seit dem eingreifen
Makedoniens in die griechischen dinge schreiben wollte, mit dem
phokischen kriege beginnen und dann einen ersten gröszern abschnitt
da eintreten lassen , wo das werk des Ephoros in der form , wie es
im buchhandel zu haben war, endete, dazu kommt weiter dasz es,
wenn wir die Ökonomie des gesamtwerks des Diyllos erwägen, sehr
unwabrächeinliüb ist, dasz er für die sechzehn jähre, welche die erste
syntax umfaszte, mit einem einzigen buche ausgekommen sein sollte.^
' Unger, der (sitzungsber. der MüncheDer akad. d. wiss. 1878 I s. 437]
Schaefers ansieht als etwas ausgemachtes hinstellt, fügt den trugschlusz
hinzu, Diyllos müsse, da der tod Philipps IV kein epochemachendes
ereignis war, über seiner arbeit gestorben sein. * das 30e buch des
Ephoros, dh. die arbeit des Demophilos, scheint wirklich nur den phoki-
schen krieg behandelt zu haben, was JArnoIdt 'Timoleon' s. 3 f. da-
gegen anführt, beweist nichts, die ermordnng des Timophanes muste
natürlich ordentlicherweise ganz wo anders erzählt werden als in der
sikeliscben geschichte, und dasz Ephoros den tod des Philistos noch
berichtet hatte, beweist ebenso wenig, die Ökonomie der letzten dekade
des Ephoros ist sehr unklar. ACauer Me fontibus ad Agesilai historiam
pertinentibus* (Breslau 1847) s. 73 ff. hat hier grosze Verwirrung an-
gerichtet, er hat nemlich ohne allen anhält in den fragmenten , voll-
kommen willkürlich, auch das 21e buch den sikelischen dingen zuge-
126 FBühl: vermiBchte bemerkungen. 48.
man kann femer erwägen, dasz es gar sonderbar sein würde, von
einem zusammenhängenden werke von 27 büchern ein einziges buch
als ^ovößißXoc abzutrennen, während der inhalt an sich zu einer
solchen trennung gar keine Veranlassung gab, und endlich wird
man nicht vergessen dürfen, dasz es auch sprachlich nicht wohl an-
geht ein einziges buch als eine cuvTa£ic im bibliographischen sinne
zu bezeichnen. ^ bei diesem stände der dinge wird man also wohl
thun nicht allzu fest an dem buchstaben schlechter Codices zu hängen
und einfach an einer der beiden Diodorstellen einen zahlbuchstab zu
ändern, an welcher? wird sich nachher ergeben, wenn aber Schaefer
sich hinsichtlich der ersten syntaz irrt, so nicht weniger hinsichtlich
des Schlusses des ganzen werks. nach der oben ausgeschriebenen
stelle des Diodor XVI 76, 5 hat nemlich Diyllos keineswegs sein
ganzes werk mit dem tode irgend eines Philippos geschlossen , son-
dern lediglich seine zweite syntax, und ob das geschichtswerk in zwei
syntaxeis zerfiel oder in drei, darüber ist gar nichts überliefert, dasz
bei Diodor XXI 5 nicht angegeben wird, dasz die dritte syntax ende,
wiesen and meint, hier sei die gescbichte der beiden Dionysios erzählt
worden, während das 28e buch die Vorgänge nach der flacht des zweiten
Dionysios erzählt habe, vielmehr masz im 28n buche die regierangs-
geschichte des altern Dionysios enthalten gewesen sein, da Stephanos
u. <t>dpoc (Eph. fr. 160) daraas anführt, dass Ephoros im 28n bache die
adriatische insel Pharos ein lCT{c^a TTapiuiv nenne (vgl. die von Müller
mit recht beigezogene stelle Diod. XV 13). da nan derselbe Stephanos
Istros eine Stadt lapygiens nennt and sich dafür auf das 29e buch des
Ephoros beruft, so musz auch dieses unteritalische und daher vermut-
lich auch sikelische dinge zum gegenstände gehabt haben, es ist da-
her gar nicht abzusehen, warum Ephoros, der doch nicht annalistiach
schrieb, sondern nach stofflichen gesichtspunkten ordnete, die sikelische
gescbichte im 29n buche nicht bis zum stürze Dionysios II herabgeführt
haben sollte, nun bezeugt aber Plutarch im leben des Dion c 35, dasz
Ephoros, abweichend von andern berichterstattem , erzählte, Philistos
habe sich selbst getötet, und macht c. 86 dem Ephoros einen schweren
Vorwurf daraus dasz er den Philistos gelobt habe (oO fAf|v oöb* 'Ecpopoc
öina(v€t t6v <t>(XtCTOV ^kui^kU^uiv usw.). die natürlichste veranlassung
dem Philistos ein paar lobsprüche zu erteilen bot aber sein tod, wie
ja auch Timaios, was wir aus Plutarch ao. schlieszen dürfen, bei ge-
legenheit des todes des alten Vorkämpfers der tyrannis sein gesamt-
urteil über ihn abgab, und Plutarch musz hier wirklich eine bemer-
kung, die Ephoros beim tode des Philistos machte, im äuge gehabt
hab'en. es heiszt nemlich bei Diodor XVI 16, 3: 6 bi <t>{XtCTOC eöXa-
ßr)6€lc Tf|v iK Tfjc aixMoXuidac aUiav dauröv diT^C(paE€, irXcicrac fi^v
xal fA€TicTac xp^lac napccxim^oc toic Tupdvvoic, mcTÖraToc bi tuiv
q>Uuiv TOlc buvdcTCUC tctovUic. da nun Diodor hier hinsichtlich der
thatsachen dem Ephoros folgt, so haben wir allen grund auch in der
hinzugefügten kurzen Charakteristik einen Widerschein der worte des
Ephoros zu sehen, wenn dem aber so ist« wer möchte wohl gerade in
einem falle wie dem vorliegenden dem Plutarch zutrauen, dasz er einen
Bolchen zomausbruch wie im 86n cap. des Dion gegen Ephoros richtete,
wenn das buch, in welchem die ihm misfällige äuszerung stand, gar
nicht von Ephoros verfaszt war, sondern von seinem söhne?
^ vgl. noch Birt buchwesen s. 34 f. Kohde in den Gott gel. anz.
1882 s. 1544.
FBühl: vermischte bemerkungen. 48. 127
wtkrde von geringem gewicht sein, auch wenn wir keinbloszes excerpt
vor uns hätten, es bliebe also Müllers anordnong zunächst bestehen,
welcher die zweite syntax mit dem tode des Philippos, des sohnes
des AmyntaB, endigen läszt, und ohne zweifei wird der leser an diesen
Philippos zuerst denken, allein auch hiergegen erheben sich schwere
bedenken, die erste sjntax umfaszte sechzehn jähre, eine sehr er-
eignisreiche zeit, auszer den wichtigen und verwickelten Vorgängen
im eigentlichen Griechenland waren hier die befreiung Sikeliens, die
kämpfe Timoleons mit den Karthagern und die groszen satrapen-
i^nfstände im persischen reiche, sowie die eroberung Ägyptens durch
Artaxerzes m zu erzählen, stoff genug für eine anzahl von büchem.
die zweite syntax aber würde dem gegenüber blosz die ereignisse
von fünf Jahren erzählt haben , ereignisse die zwar auszerordentlich
wichtig waren, die sich aber doch nicht in solcher falle drängten,
dasz sie mit leichtigkeit eine reihe von büchem ausgefüllt hätten,
während die dritte syntax die f^dzüge Alexanders, die verwickelten
diadochenkämpfe bis etliche jähre nach der Schlacht von Ipsos und
die karthagischen und sikelischen dinge in einer an wechselten von
mancherlei art sehr reichen epocbe behandelt hätte, das wäre jeden-
falls keine sehr schöne Ökonomie gewesen, man wird also wohl ver-
suchen dürfen das problem auf andere weise zu lösen.
Erwägen wir nun die liebhaberei der alten, die einzelnen bücher
ihrer werke nach gewissen Zahlenschemata zusammenzufassen, so
liegt der gedanke nahe, die 27 bücher des Diyllos seien drei enneaden
gewesen und jede syntax habe neun bücher umfaszt. ' dasz die in der
ersten syntax erzählten ereignisse für neun bücher ausreichten, glau-
ben wir gezeigt zu haben; für die bestimmung des inhalts der zweiten
syntax aber kommt uns fr. 3 zu hilfe. dort heiszt es nemlich (bei
Athen. IV s. 155*), dasz Diyllos ^v tri ^vanj tujv IcTopiAv die
beerdigang des Philippos Arrhidaios, seiner frau Eurydike und seiner
Schwiegermutter Kynna durch Kasandros erzähle, niemand, der die
Ökonomie des ganzen werkes des Diyllos erwägt, wird glauben
können, dasz hier von dem 9n buche des gesamtwerkes die rede sei;
es musz notwendig das 9e buch der zweiten syntax gemeint sein,
und somit wüsten wir denn glücklich, welches der Philippos ist, mit
dem diese zweite syntax schlosz. freilich liesze sich dagegen einwen-
den, dasz die bestattung des Philippos durch Kasandros einige zeit
später falle als sein tod ; allein warum soll nicht Diyllos von dieser
ehrenvollen bestattung unmittelbar nach dem schmählichen tode,
gleichsam um ein versöhnendes gegenstück dazu zu liefern , geredet
haben, wie dergleichen ja die historiker aller zeiten vielfach ge-
than haben? will man nun schlieszlich noch auf einen Zeitpunkt
raten, mit dem die dritte syntax und das ganze werk geschlossen
hätte, so läge der gedanke an den tod des Kasandros am näch-
sten, das ereignis ist bedeutend genug , um auch die annähme zu-
zulassen, Diyllos habe von vom herein die absieht gehabt mit ihm
zu schlieszen.
138 FBühl: vermitohte bemerkaogen. 49.
49. Da ich so viel von cuvräEeic zu reden hatte und auch des
Philistos im vorbeigehen gedacht habe, so möge hier darauf hin-
gewiesen werden, da es übersehen zu werden pflegt, dasz das work
des Philistos in der gesohichte des buchwesens darum wichtig ist,
weil es das älteste ist, von dem wir wissen dass es in zwei cuvräSetc
zerfiel (Diod. XIII 103. Cic. ad QuMum ^. II 13. Dionjs. epist* ad
Cn. Pomp. c. 5, 1). der Sachverhalt ist noch dazu von Birt (buch»
wesen s. 38) , der blosz die stelle des Cicero anftlhrt , völlig miaver-
standen worden. Birt meint nemlich, Philistos habe zwei werke ge*
schrieben, CiKcXiKä in elf büchem und irepi Atovudou toO Tupdwou
in sechs bttchem. allein offenbar hat er blosz den Suidas eingesehen,
der allerdings elf bücher CiKcXiKä und sechs irepl Atovuciou ToO
Tupdvvou anfahrt, aus einem so verbreiteten hilfisbuche wie Schaefers
'quellenkunde' hätte Birt die stellen des Diodor entnehmen können^
wonach die CiKcXiKä in sieben büchem bis 406 vor Ch. reichten und
die zweite sjntax sich unmittelbar an die erste anschlosz : T^xpaq>€
bk ßißXouc T^ccapac heiszt es XIU 103 weiter, allein XV 89, 3 be*
merkt Diodor zu ol. 104, 2: OiXiCTOC be rä ircpi Aiovüctov TÖv
V€UIT€pOV lLb€ KaT^CTp09€, blcXOdlV flT) 1T^VT€ ^V ßlßXoiC buctv.
erwägen wir nun, dasz nicht nur nach Cicero das ganze werk zwei
Corpora umfaszte, sondern Dionjsios ausdrücklich sagt: biqpr)K€ b'
auTf|v eic £iriTpaq>ac buo, irepi CiKcXiac ^iv Tf|v irpoT^pav diri-
fpäcpuiv, TTcpi Aiovuciou bi Tf)v ucT^pav. icn bi ^ia* koI toGto
Tvoiiic fiv diTÖ ToO T^Xouc TTic CiK€Xiicf)c, SO ergibt sich unter be-
rücksichtigung der angaben des Suidas folgendes. Philistos schrieb
ClKcXlKd in 13 büchem, die verschieden eingeteilt wurden, wahr-
scheinlich weil die bücher über den jungem Dionysios später ge-
schrieben und erst nach dem tode des Philistos veröffentlicht wur-
den, die eine einteilung gab den CiKcXlKd elf bücher und betrachtete
die Schrift über Dionysios II als besonderes werk, die CiKcXiKd aber
wurden in zwei syntaxeis von sieben und vier büchem zerlegt, die
andere einteilung faszte das ganze werk einheitlich zusammen und
nahm zwei syntaxeis an, von denen die erste sieben bücher umfaszte,
die zweite, welche über die beiden Dionysios handelte, sechs, es ist
keineswegs unmöglich, dasz die bucheinteilung bereits von Philistos
selbst herrührte, und dann dürfen wir wohl annehmen, dasz er nach
seiner rückkehr aus der Verbannung, als er sich entscblosz auch die
regiemngsgeschichte des zweiten Dionysios zu schreiben , das ganze
auf zwei heptaden zu bringen beabsichtigte , dasz ihn aber der tod
an der ausÄlhmng seines planes hinderte. Athanas fügte das
fehlende vierzehnte buch hinzu ; da aber das werk des Philistos, wie
es vorlag, dreizehn bücher umfaszte, so scheint Athanas sich ent-
schlossen zu haben seiner fortsetzung ebenfalls dreizehn bücher zu
geben, merkwürdigerweise haben übrigens diejenigen, welche es
angieng, nicht darauf hingewiesen, wie unhaltbar die gründe sind,
welche Müller FHO. I s. XL VI gegen die angäbe des Suidas vor-
bringt, dasz Euenos der lehrer des Philistos gewesen sei. denn ge-
FRühl : vermischte bemerkungeD 49. 50. 129
meint ist natürlich d^r Euenos von Faros , welcher aus Piaton be-
kannt ist und nicht nur eine versificierte T^xvil schrieb, sondern
aaeh, wie Quintilian inst, orat. 1 10, 17 auf die autorität des Sophron
hin an^bt, grammatik und musik lehrte.* es ist das wichtig, weil
es nicht nur die art der bildung des Philistos bezeichnet, sondern
auch einen fingerzeig geben kann , in welchen litterarischen kreisen
TInikjdideä Torzugsweise anklang fand, die irap^iraivoi und iropd-
i|iOTOt; in denen Euenos grosz war, seheinen sich auch bei Philistos
wiedergefunden zu haben , wenigstens scheinen die werte des Dio-
njsios ao. 5, 6 darauf hinzudeuten: ^upöc t€ irepl iräcav Ib^av
icrl Küi dreXfic . . ^6v t' ^iraivouc , ddv xe ipÖTOuc biairopcÜTirai.
sonst steht Dionysios mit seinem ungünstigen urteil über die schritt-
stellefei des Philistos, was die form betrifft, ziemlich allein; nicht
nur €ieero {ad Quinium fr. TL 13, de orat 11 13, 57), sondern auch
Longinos c.40 zollt gerade der schriftstellerischen kunst des Philistos
seine achtung, and das paenepusiUus Thucydides hat im zusammen-
hange keineswegs, wie viele annehmen , eine herabsetzende bedeu-
tung. mehr als alles andere möchte aber wohl folgendes das ansehen
bezeugen, in welchem Philistos im altertum stand, als Alexander
dem Harpalos den auftrag gab ihm büeher zur lectüre nach Ober-
asien zu senden, schickte ihm dieser neben Euripides, Sophokles,
Atschjlos, Telestes und Philoxenoä auch die werke des Philistos
(Plnt. Alex. c. 8). e» macht auch fast den eindruck, als ob Dionysios
sich bewust gewesen wftre, dasz er im gegensatz zu der gemeinen
meinung stand (vgl. namentlich § 6 Taura V d,r\h9[ Trdvu dvra
i\ko\ <paiV€Tai). möglicherweise sind es die beziehungen des Parier»
Euenos zu Philistos gewesen, durch welche Dionysios I bestimmt
wurde den Pariern bei der anläge ihrer colonie Pharos im adriati-
schen meere behilflich zu sein , da ja die angelegenbeiten der .syra-
kusischen colonisation in diesem meere wesentlich in der band des
Philistos lagen (vgl. Holm gesch. Siciliens II s. 134. 440 f.).
50. Die heutzutage gewöhnliche ansieht geht dahin, Eleitar-
chos müsse nach 304 vor Ch. geschrieben haben, aus Curtius IX 5,21
in Verbindung mit Arrian anab. VI 11, 8 soll nemlich hervorgehen,
dasz Eleitarchos erzählt habe, Ptolemaios sei cu)Trjp genannt wor-
den, weil er Alexander in der Schlacht gegen die Oxydraken gerettet
habe, während wir doch aus Pausanias I 8, 6 wüsten, dasz ihm dieser
titel erst 304 von den Rhodiern verliehen wurde, wie unmöglich
diese annähme sei , scheint schon Alfred von Gutschmid bei Kaerst
'beitrage zur quellenkritik des Q. Curtius Rufus' ((Jotha 1878; mir
ist das buch unzugänglich; ich citiere nach Fräukel) s. 34 gezeigt
zu haben, in der that konnte eine derartige behauptung nicht wohl
aufgestellt werden, wenn dem Ptolemaios jener titel wirklich erst
kurz vorher, zu einer zeit die noch in aller lebenden gedächtnis war,
verliehen worden war. wir müsten also jene stelle des Arrian ledig-
* übersehen von Blass attische heredsamkeit 1 s. 254 f.
Jahrb&cher für class. philol. 1888 hft. 8. ^
130 FRühl: vermischte bemerkungen. 50.
lieh auf Timagenes beziehen, nicht auf Eleitarchos. Arthur Fränkel
Mie quellen der Alexanderhistoriker' (Breslau 1883) s. 50 ff. hat das
eingesehen , er sucht indessen auf anderm wege nachzuweisen , dass
jene fabel wirklich von Eleitarchos aufgebracht worden sei. er leugnet
nemlich die richtigkeit der angäbe des Paus. , und da er von diesem
ergebnis nachher gebrauch macht, wo er die glaub Würdigkeit des
ganzen betreffenden abschnitts des Paus, bestreitet, so ist es bei den
heftigen angriffen, die gegenwärtig auf Paus, unternommen werden,
ernstlich der mühe wert die haltlosigkeit seiner argumente nachzu-
weisen. Fränkel constatiert nemlich, dasz weder Diodor XX 100
noch Athenaios XV s. 696 , wo sie von den ehrenerweisungen der
Bhodier an Ptolemaios reden , der Verleihung des Sotertitels geden-
ken, und sucht dann zu beweisen, dasz Ptolemaios diesen titel bereits
als Satrap von den dankbaren einwohnem Ägyptens erhalten habe,
die er von der herschaft des Eleomenes befreite, der beweis stützt
sich auf münzen, welche £ckhel doctr. num. IV s. 6 verzeichnet, sie
tragen die Umschrift ITTOAEMAtOr B2THP0Z und die Jahreszahlen
A bis AZ. nun zeigten die münzen mit der Umschrift TTTOAEMAtOY
BAZIAEQZ keine Jahreszahlen, Ptolemaios sei auch keine 37 jähre
könig gewesen, folglich werde durch die zahlen angegeben, wie viel
jähre Ptolemaios bereits Soter heisze. selbstverständlich könnte ihm
dieser titel dann nicht erst 304 vor Ch. verliehen worden sein, das
letzte Siegel soll dem beweis die stelle des Josephos ant. lud. XII 1
aufdrücken, wo es bei gelegenheit des ersten einfalls des Ptolemaios
in Syrien (321 vor Ch.) heisze; ibc Kül Tf|V Cupiav äiracav uttö
TTToXejLiaiou toö Aotou, CujTfipoc töt€ xpnMöriZiovTOC , Tdvavxia
TiaOeiv auToO t^ ^TTiKXrjcei. damals habe Ptolemaios eben diesen
beinamen erhalten, die ganze beweisftlhrung scheitert indessen daran,
dasz der ganze abschnitt Eckhels über die Ptolemaiermünzen voll-
ständig veraltet ist. die betreffenden münzen sind nemlich nicht von
Ptolemaios I geschlagen, sondern gehören der phönikischen prägung
des Ptolemaios Philadelphos an. die zahlen bezeichnen die regierungs-
jähre des letztem, wie aus den neuem handbüchern leicht zu ersehen
ist (vgl. Poole catalogue of Greek coins. the Ptolemies, kings of Egypt
s. XXV. 29 ff.), das bild des ersten Ptolemaios mit der Umschrift
TTTOAEMAIOY ZQTHPOZ findet sich denn auch auf den phönikischen
münzen der spätem könige (Poole s. XXXV ; Head ^historia numorum'
s. 713). wir werden demnach denn auch wohl bei losephos wieder
CUJTTlpOC statt CujTfipoc schreiben und die stelle ganz wie gewöhn-
lich auslegen müssen, die betreffenden werte könnten ebenso bei-
spielsweise von Mehemet Ali gesagt werden wie von Ptolemaios Lagos
söhn. Pausanias hätte also von dieser seite nichts zu befürchten«
und ebenso wenig kann es gegen ihn beweisen, dasz in officiellen
ägyptischen documenten der titel Soter erst zwischen dem 22n und
29n, wahrscheinlich seit dem 25n jähre des Ptolemaios Philadelphos
dem Ptolemaios I beigelegt wird (Revillont in der revue ^gypiologique
I s. 15 ff.; Poole s. XXXV). es ist ja bekannt genug, dasz von soI-
FBühl: yermischte bemerkongen. 48. 125
genug wissen, um aus seinem werk irgend einen sohlusz auf das
seines vorgftngers ziehen zu können; nur Dabimanns meinung ist
Ton vom berein abzuweisen, welcher (forschungen I s. 33) den tod
des Agathokles für den schluszpunkt hielt, denn diese an sich sehr
yerlockende annähme widerlegt sich dadurch , dasz unser HöscheU
Bches fragment zwischen ezcerpten über die ezpedition des Agathokles
nach Eroton und die kämpfe der BOmer unter Fabius Maximus gegen
Etrusker, Gallier und Samniten eingeschoben ist und nachher noch
eine ganze reihe von thaten des Agathokles in denselben Höschel-
schen ezcerpten erzählt wird, man bat daher für das ereignis , mit
welchem* Diyllos schlosz, freie wähl, und man wird sogar nicht
gerade genOtigt sein ein sehr bedeutendes ereignis anzunehmen, sich
vielmehr erinnern dürfen, dasz die verfäSser von allgemeinen ge-
schichten der neuesten zeit durch die natur ihres Stoffes oft genug
gezwungen werden mit irgend einem für die entwicklung im groszen
ziemlich unbedeutenden yorkommnis abzuschlieszen.'
Versuchen wir nun aber die bttcher des werks zu verteilen , so
steht fest dasz die zweite sjntax mit der belagerung von Perinthos
anhub. damit widerlegt sich eigentlich schon Schaefers mit groszer
Zuversicht vorgetragene behauptung, dasz die erste sjntax eine er-
gänzung des Ephoros hätte sein sollen, denn wer diesen selbständig
ergänzen wollte, ohne das von ihm hinterlaßsene material zu be-
nutzen und darauf rücksicht zu nehmen, für den war die belage-
rung von Perinthos ein ganz willkürlich und sehr übel gewählter
schluszpunkt, und Schaefer meint selbst, Ephoros würde bei längerm
leben vermutlich mit der Zerstörung Thebens und den Vorbereitungen
Alexanders zum kriege gegen Persien geschlossen haben, wohl aber
konnte jemand , der die allgemeine geschichte seit dem eingreifen
Makedoniens in die griechischen dinge schreiben wollte, mit dem
phokischen kriege beginnen und dann einen ersten gröszern abschnitt
da eintreten lassen, wo das werk des Ephoros in der form, vrie es
im buchhandel zu haben war, endete, dazu kommt weiter dasz es,
wenn wir die Ökonomie des gesamtwerks des Dijllos erwägen , sehr
un wahrscheinlich ist, dasz er für die sechzehn jähre, welche die erste
Syntax umfaszte, mit einem einzigen buche ausgekommen sein sollte.^
' Unger, der (Bitzongtber. der Münchener akad. d. wiss. 1878 I s. 437)
Schaefers ansieht als etwas ausgemachtes hinstellt, fügt den tmgschlass
hinzu, Diyllos müsie, da der tod Philipps IV kein epochemachende«
ereignis war, Ober seiner arbeit gestorben sein, ^ das 90% buch de«
Ephoros, dh. die arbeit des Demophilos, scheint wirk]i<*h nur den phoki-
scDen krieg behandelt zu haben, was JAraoldt 'Timoleon' s. 8 f. da-
gegen anführt, beweist nichts, die ermordnng des Timophanes muste
natürlich ordentlicherweise ganz wo anders erzählt werden als in der
sikelisohen geschichte, und dass Ephoros den tod des Philistos noch
berichtet hatte, beweist ebenso wenig, die Ökonomie der leisten dekade
des Ephoros ist sehr unklar. ACauer Me fontibus ad Agesilai historiam
pertinentibus' (Breslau 1847) s. 73 ff. hat hier gresEe Verwirrung aus-
gerichtet, er hat nemlich ohne allen anhält in den fragmenten, voll-
kommen willkürlich, auch das 21e buch den sikelischen dingen zuge-
130 FEühl : vermischte bemerkungcn. 50.
lieh aof Timagenes beziehen, nicht auf Eleitarchos. Arthur Fränkel
Mie quellen der Alexanderhistoriker' (Breslau 1883) s. 50 ff. hat das
eingesehen, er sucht indessen auf anderm wege nadizuweisen, dass
jene fabel wirklich von Eleitarchos aufgebracht worden sei er leugnet
nemlich die richtigkeit der angäbe des Paus. , und da er von diesem
ergebnis nachher gebrauch macht, wo er die glaubwürdigkeit des
ganzen betreffenden abschnitts des Paus, bestreitet, so ist es bei den
heftigen angriffen, die gegenwärtig auf Paus, unternommen werden,
ernstlich der mühe wert die haltlosigkeit seiner argumente nachzu-
weisen- Fränkel constatiert nemlich, dasz weder Diodor XX 100
noch Athenaios XV s. 696 , wo sie von den ehrenerweisungen der
Bhodier an Ptolemaios reden , der Verleihung des Sotertitels geden-
ken, und sucht dann zu beweisen, dasz Ptolemaios diesen titel bereits
als Satrap von den dankbaren einwohnem Ägyptens erhalten habe,
die er von der herschaft des Kleomenes befreite, der beweis stCLtit
sich auf münzen, welche Eckhel doctr. num. IV s. 6 verzeichnet, sie
tragen die Umschrift TTTOAEMAIOT B2THP0Z und die Jahreszahlen
A bis AZ. nun zeigten die mfinzen mit der Umschrift TTTOAEMAIOY
BAZIAES^ keine Jahreszahlen, Ptolemaios sei auch keine 37 jähre
könig gewesen, folglich werde durch die zahlen angegeben, wie viel
jähre Ptolemaios bereits Soter heisze. selbstverständlich könnte ihm
dieser titel dann nicht erst 304 vor Ch. verliehen worden sein, das
letzte Siegel soll dem beweis die stelle des Joi»ephos ant. lud. XII 1
aufdrücken, wo es bei gelegenheit des ersten einfalls des Ptolemaios
in Syrien (321 vor Ch.) heisze: ibc Ka\ Tf)v Cupiav firracav und
TTToX€|üiaiou toO Adrrou, Currnpoc TÖre xpnM<3^ovTOc, rdvavria
noOeiv airroC tiq dmicXrjcei. damals habe Ptolemaios eben diesen
beinamen erhalten, die ganze beweisftlhrung scheitert indessen daran,
dasz der ganze abschnitt Eckhels über die Ptolemaiermünzen voll-
ständig veraltet ist. die betreffenden münzen sind nemlich nicht von
Ptolemaios I geschlagen, sondern gehören der phönikischen prägung
des Ptolemaios Philadelphos an. die zahlen bezeichnen die regierungs-
jähre des letztem, wie aus den neuem handbüchern leicht zu ersehen
ist (vgl. Poole catalogue of Greek coins. the Ptolemies, kings of Egypt
s. XXV. 29 ff.), das bild des ersten Ptolemaios mit der Umschrift
TTTOAEMAIOY ZQTHPOZ findet sich denn auch auf den phönikischen
münzen der spätem könige (Poole s. XXXV ; Head ^historia numorum'
s. TIS), wir werden demnach denn auch wohl bei losephos wieder
cuiinpoc statt CuiTT^poc schreiben und die stelle ganz wie gewöhn-
lich auslegen müssen, die betreffenden werte könnten ebenso bei-
spielsweise von Mehemet Ali gesagt werden wie von Ptolemaios Lagos
söhn. Pausanias hätte also von dieser seite nichts zu befürchten«
und ebenso wenig kann es gegen ihn beweisen, dasz in officiellen
ägyptischen documenten der titel Soter erst zwischen dem 22n und
29n, wahrscheinlich seit dem 25n jähre des Ptolemaios Philadelphos
dem l^olemaios I beigelegt wird (Revillont in der revue ^gyptologique
I s. 15 ff.; Poole s. XXXV). es ist ja bekannt genug, dasz von sol-
ALudwich: zu Hesiodos theogonie [v. 48]. 131
eben titeln, namentlich wenn sie von auswärtigen Staaten verliehen
werden, häufig kein officieller gebrauch gemacht wird. Kallizenos
nennt freilich bei Athenaios V s. 202 ^ den ersten Ptolemaios noch
bei lebzeiten cujTiip, allein ich wage nicht daraus irgend einen
schlusz zu ziehen, ebenso wenig indessen kann ich auf das schweigen
des Diodoros und des Athenaios irgend welches gewicht legen, um
nun endlich auf Kleitarchos zurückzukommen, so wird es wohl dabei
bleiben müssen, dasz er es nicht gewesen ist, welcher den titel Soter
von der schlacht gegen die Oxjdraken abgeleitet hat, und über die
zeit, wann er schrieb^ fehlt es uns an einem genauem anhält, wenn
man die sonst bekannten data erwägt, wird man seine blute etwa
in das letzte Jahrzehnt des vierten jh. setzen dürfen.
EöKiosBEBO. Franz Rühl.
18.
ZU HESIODOS THEOGONIE.
Es ist von den Musen die rede :
47 beuTcpov aÖT€ Zfiva, Ge&v Trat^p' f{bi Kai dvbpdiv,
dpxönevai 9' u^veöci Geal XrJTOucat t' doibf^c ,
ÖCCOV Cp^pTttTÖC ^Tl GedlV KpdTCt T€ ^^TICTOC.
metrisch ist der zweite vers sicher unhaltbar, und zwar teils wegen
der unerhörten synizesis von aoi, teils wegen des übel gegliederten
spondeischen versausganges , teils wegen der irregulären betonung
des molossus Xr|TOUCai (Aristarchs Hom. textkr. II 255 anm.). der
naheliegende versuch, den einige ältere und neuere kritiker gemacht
haben , durch die änderung XrJTOUci t' doibf]C alle jene anstösze zu
beseitigen , erweist sich bei genauerer betrachtung als verfehlt, weil
er den parallelismus zwischen dpxö^evai und XriTOUcai zerstört, für
ebenso unzulässig erachte ich das in diesem wie in ähnlichen fällen
neuerdings sehr in aufnähme gekommene mittel der athetese, weil
der metrische fehler dadurch allein noch nicht im mindesten wahr-
scheinlicher wird , dasz man ihn ohne weitere veranlassung irgend
einem unbekannten in die schuhe schiebt, und weil der vers im übri-
gen durchaus keinen anlasz zum verdachte gibt, ja sogar ganz vor-
trefflich seine stelle ausfüllt, noch weniger freilich würde ich mich
für eine der übrigen conjecturen entscheiden, XrJTOVT^ t' doibf^c
oder dpxö^evai 9' u^veOciv xbk XrJTOucai doibfic oder dpxö^evai
ufiveOci T€ Kai XriTOucai doibf\c. vermutlich lautete der vers ehe-
mals dpxo^^VT] T€ 9€äv u^vei Xritoucd t' doibrj. die form
9€äv ist gesichert durch v. 41. (mittels einer ähnlichen wortumstel-
lung beseitigt ANauck m61. Gr6co-B.om. III 269 den fehler in v. 435
dc9Xfi b' aö9', öttöt' fivbpec dTUJVi d€9X€Üujciv , indem er richtig
deÖXeuujciv dx&vi schreibt.)
KöNiosBERO. Arthub Ludwioh.
9*
130 FRühl: vermischte bemerkungtn. 60.
lieh auf Timagenes beziehen, nicht auf Eleitarchoö. Arthur Fränkel
^die quellen der Alexanderhistoriker' (Breslau 1883) s. 50 ff. hat das
eingesehen, er sucht indessen auf anderm wege nachzuweisen, dasz
jene fabel wirklich von Eleitarchos aufgebracht worden sei. er leugnet
nemlich die richtigkeit der angäbe des Paus. , und da er von diesem
ergebnis nachher gebrauch macht, wo er die glaub Würdigkeit des
ganzen betreffenden abschnitts des Paus, bestreitet, so ist es bei den
heftigen angriffen, die gegenwärtig auf Paus, unternommen werden,
ernstlich der mühe wert die haltlosigkeit seiner argumente nachzu-
weisen- Fränkel constatiert nemlich, dasz weder Diodor XX 100
noch Athenaios XV s. 696 , wo sie von den ehrener Weisungen der
Bhodier an Ptolemaios reden , der Verleihung des Sotertitels geden-
ken, und sucht dann zu beweisen, dasz Ptolemaios diesen titel bereits
als Satrap von den dankbaren einwohnem Ägyptens erhalten habe,
die er Ton der herschaft des Eleomenes befreite, der beweis stützt
sich auf münzen, welche £ckhel doctr. num. IV s. 6 verzeichnet, sie
tragen die Umschrift TTTOAEMAtOT ZQTHPOZ und die Jahreszahlen
A bis AZ. nun zeigten die münzen mit der Umschrift TTTOAEMAIOT
BAZIAES2Z keine Jahreszahlen, Ptolemaios sei auch keine 37 jähre
könig gewesen, folglich werde durch die zahlen angegeben, wie viel
jähre Ptolemaios bereits Soter heisze. selbstverständlich könnte ihm
dieser titel dann nicht erst 304 vor Ch. verliehen worden sein, das
letzte Siegel soll dem beweis die stelle des Josephos ant. lud. XII I
aufdrücken, wo es bei gelegenheit des ersten einfalls des Ptolemaios
in Syrien (321 vor Ch.) heisze: djc Küi Tf|v Cupiav äiracav uttö
TTToXejLiaiou toö Aotou, CuJTfipoc töt€ xPlMöriZiovTOc , idvavTia
TiaOeiv auToO t^ diriicXrjcei. damals habe Ptolemaios eben diesen
beinamen erhalten, die ganze beweisftlhrung scheitert indessen daran,
dasz der ganze abschnitt Eckhels über die Ptolemaiermünzen voll-
ständig veraltet ist. die betreffenden münzen sind nemlich nicht von
Ptolemaios I geschlagen, sondern gehören der phönikischen prägung
des Ptolemaios Philadelphos an. die zahlen bezeichnen die regierungs-
jähre des letztem, wie aus den neuern handbüchern leicht zu ersehen
ist (vgl. Poole catalogue of Greek coins. the Ptolemies, kings of Egypt
s. XXV. 29 ff.), das bild des ersten Ptolemaios mit der Umschrift
niOAEMAlOY ZQTHPOZ findet sich denn auch auf den phönikischen
münzen der spätem könige (Poole s. XXXV ; Head ^historia numorum'
s. 713). wir werden demnach denn auch wohl bei losephos wieder
CUJTfjpoc statt CujTfipoc schreiben und die stelle ganz wie gewöhn-
lich auslegen müssen, die betreffenden werte könnten ebenso bei-
spielsweise von Mehemet Ali gesagt werden wie von Ptolemaios Lagos
söhn. Pausanias hätte also von dieser seite nichts zu befürchten,
und ebenso wenig kann es gegen ihn beweisen, dasz in officiellen
ägyptischen documenten der titel Soter erst zwischen dem 22n und
29n, wahrscheinlich seit dem 25n jähre des Ptolemaios Philadelphos
dem Ptolemaios I beigelegt wird (Revillont in der revue ^gyptologique
I s. 15 ff.; Poole s. XXXV). es ist ja bekannt genug, dasz von sol-
ALudwich: zu Hesiodos theogonie [v. 48]. 131
eben titeln, namentlich wenn sie von auswärtigen Staaten verliehen
werden, häufig kein officieller gebrauch gemacht wird. Eallizenos
nennt freilich bei Athenaios V s. 202 ^ den ersten Ptolemaios noch
bei lebzeiten cuiil^p, allein ich wage nicht daraus irgend einen
schlusz zu ziehen, ebenso wenig indessen kann ich auf das schweigen
des Diodoros und des Athenaios irgend welches gewicht legen, um
nun endlich auf Kleitarchos zurückzukommen, so wird es wohl dabei
bleiben müssen, dasz er es nicht gewesen ist, welcher den titel Soter
von der schlacht gegen die Oxydraken abgeleitet hat, und über die
zeit, wann er schrieb^ fehlt es uns an einem genauem anhält, wenn
man die sonst bekannten data erwägt, wird man seine blute etwa
in das letzte Jahrzehnt des vierten jh. setzen dürfen.
EöMOSBEBO. Franz Bühl.
18.
ZU HESIODOS THEOGONIE.
Es ist von den Musen die rede :
47 beuTcpov auT€ Zfiva, Oediv Trat^p' f{bi koi dvbpujv,
dpxön€vai 9' unveOci Oeal Xrifoucat t' doibf\c,
öccov (p^piaxöc ^Ti Geujv Kpdtet t€ ^^t^ctoc.
metrisch ist der zweite vers sicher unhaltbar, und zwar teils wegen
der unerhörten synizesis von aoi, teils wegen des übel gegliederten
spondeischen versausganges , teils wegen der irregulären betonung
des molossus XrjTOUcai (Aristarchs Hom. textkr. II 255 anm.). der
naheliegende versuch, den einige ältere und neuere kritiker gemacht
haben , durch die änderung XrJTOUci t' doibfjc alle jene anstösze zu
beseitigen, erweist sich bei genauerer betrachtung als verfehlt, weil
er den parallelismus zwischen dpxöficvai und XrJTOucai zerstört, für
ebenso unzulässig erachte ich das in diesem wie in ähnlichen fällen
neuerdings sehr in aufnähme gekommene mittel der athetese , weil
der metrische fehler dadurch allein noch nicht im mindesten wahr-
scheinlicher wird , dasz man ihn ohne weitere veranlassung irgend
einem unbekannten in die schuhe schiebt, und weil der vers im übri-
gen durchaus keinen anlasz zum verdachte gibt, ja sogar ganz vor-
trefflich seine stelle ausfüllt, noch weniger freilich würde ich mich
für eine der übrigen conjecturen entscheiden, XiiTOVT^ t' doibf^c
oder dpxö^evai 9' u^veOciv ibk XrJTOucai doibfic oder dpxö^evai
ufiveOci T€ KoX XrJTOucai doibf\c. vermutlich lautete der vers ehe-
mals dpxo^^VTi T€ Oeäv u^vei XrJTOucd t' doibri. die form
Gedv ist gesichert durch v. 41. (mittels einer ähnlichen wortumstel-
lung beseitigt ANauck m61. Gr^co-Bom. III 269 den fehler in v. 435
dc9Xf| b' au6', öttöt' fivbpec droivi deOXeüwciv , indem er richtig
deOXeuuiCiv dxujvi schreibt.)
KÖNiosBEBO. Arthub Ludwioh.
9*
)32 MHOlzl: ans. y. HMergueti lezikon eu Ciceroi p>^ilo8. schriffceD.
19.
LXZIKON ZU DEN PHILOSOPHISCHEN SCHRIFTEN CICEROS MIT ANGABE
SÄMTLICHER STELLEN VON U. MerOUBT. ERSTER BAND. ERSTE
BIS ACHTE LIEFERUNO. Jena, 1887. Verlag von Gustav Fischer.
320 8. lez.-8.
Es ist jetzt ein anerkannter satz, dasz lexicalische eiozelfor-
schuiigen, von verschiedenen gelehrten mit teilung des Stoffes unter-
nommen, nötig sind, damit wir einmal zu einem wissenschaftlichen
gesamtlexikon der latinitit gelangen kOnnen. und es sind bereits
dazu rühmliche und dankenswerte anfange gemacht worden; wir
weisen zb. hin auf das 'lexicon Taciteum' von Oerber und Greef,
auf die verschiedenen in den letzten jähren veröffentlichten Caesar-
lexika von Merguet, Mensel, Menge und Preuss, auf Wölfflins archiv.
für Cicero lagen bis vor nicht allzu langer zeit nur unzureichende
leistungen vor. deshalb war das von Merguet in den jähren 1877
— 1884 herausgegebene lexikon zu Ciceros reden ein verdienstliches
unternehmen, dem auch überall die günstigste aufnähme zu teil
wurde mit freude wird sicherlich auch dieses neueste werk des-
selben vf. aufgenommen werden, welches den zweiten teil des lexi-
kons zu sämtlidben Schriften Ciceros bildet, es bedeutet also ein
beträchtliches stüok weiter auf dem wege nach dem endziele : eine
ersehOpfende kenntnis von dem gesamten Sprachschätze Ciceros zu
erlangen, und da von dem jetzt zur herausgäbe gelangenden lexikon,
welches ca. 60 lieferungen umfassen wird, jährlich 12 erscheinen
sollen , da femer nach dem gewählten gesamttitel eine späU^re be-
arbeitung der briefe und rhetorischen Schriften zu erwarten ist, so
wird der wünsch nach einem den gesarmten Cicero umfasi^enden lexi-
kon in absehbarer zeit auf erfClllnng rechnen können.
Gewis findet die absieht Merguets allseitige Zustimmung: den
gesamten Ciceronischen sprachstoff in besondern, einander er-
gänzenden und nach gemeinsamem plane verfaszten wOrterbüchem
der wissenschaffelicben weit vorzuführen, erstens lassen dies die ver-
schiedenen genera dicendi und der verschiedenartige inhalt als wün-
schenswert erscheinen; zweitens aber und vor allem würde die lexi-
calische bearbeitung aller Ciceronischen Schriften auf einmal die
arbeit noch mehr erschweren und die Veröffentlichung auch nur der
et^tiM lieferungen in ziemlich weite ferne hinau^rücken.
Büß erscheinende lexikon will den Sprachgebrauch der philoso-
phischen Schriften einschlieszlich der dabin gehörigen fragmente
vollständig und Obersichtlich dargestellt bringen, darum
werden wie in dem redenlexikon — man gestatte uns diesen kurzen
ausdruck — sämtliche stellen angeführt, auch wo hunderte von gleich-
artigen beispielen zusammenfliesten. mit recht sind auch diesmal die
eigennamen auszer betracht gelassen worden, um vielleicht i<päteT
für alle eobriften lusinnmen besonders bearbeitet zu werden, für jetzt
ist dies um so weniger notwendig, als schon samlungen dafür vor-
MHölzl: ans. v. HMerguets lezikon zu Ciceroa philo«. Bchriften. 133
liegen , die freilich weder ganz Yollst&adig sind noch allen wißsen-
Bchaftlichen ansprüchen genügen, die einrichtung iat ebenfalls die-
selbe wie in dem redenlexikon. der vf. hat demnach Ton einer
darstellung der manigfaltigen bedeatungen eines wortes, welche
dasselbe an den verschiedenen stellen zeigt, abgesehen, wohl aber
am köpfe jedes artikels die hauptbedeutongen angegeben« wir er-
kennen zwar gern den wert an , den ein der bedeutung bis ins ei»-
lelnste nachgehendes Wörterbuch fUr den philologen hat, mtlsaen
indes auch anderseits darauf hinweisen, dasz eine nach diesem grmid-
satz unternommene bearbeitung des gesamten Ciceronischen spmch-
Schatzes auszerordentlich viel zeit in anspruch nehmen und wohl das
leistungsvermögen 6ines oder weniger übersteigen würde; dureb
eine Verteilung jedoch unter viele arbeitskräfte wäre wiederum die
einheitlichkeit bedroht, femer bleibt eine gruppierung nach der be-
deutung in vielen fielen mehr oder weniger subjectiv , so dasz das
leichte auffinden gefllhrdet werden kann, endlich wird durch eine
derartige anordnung bei oft gebrauchten Wörtern die Übersichtlich-
keit erschwert, wir erblicken daher in dem fehlen einer Übersicht
der bedeutungen keineswegs einen mangel. für die wichtigem um-
fangreichem artikel müssen vielmehr und werden auch einzelarbeiten
das fehlende ersetzen, etwa in der art, wie Heerdegen den gebrauch
des wertes fides bei Cicero in seiner monographie 'de fide Tulliana'
behandelt hat. ebeui^o werden durch Merguets lexika special for-
schungen nach der kritischen und exegetischen , der grammatischen
und stilistischen seite hin angeregt werden, interessant ist zb. die
beobachtung, dasz Cicero von der Miloniana ab in seinen spätem
reden wie auch in allen philosophischen Schriften, die insgesamt nach
dem j. 700 verfaszt sind , nie äbs te, sondern nur a te schreibt^ wäh-
rend er in den frühern reden bis zu der j?ro Rab, Fost. einschliesz-
lich aus dem j. 700 beides ohne unterschied anwendet, denn die
einzige stelle , welche uns das jetzt erscheinende lexikon für äbs te
aus Tusc. IV 67 anführt, stammt aus einem fragmente des Naevius.
ist dies bloszer zufall? ähnlich verhält es sich mit alieno und abalieno^
welche beide Cicero in den reden in Verrem, de lege agr,y p, Stdla
und de domo stia neben einander gebraucht, während in den reden
p. Sestio aus dem j. 698 , de prov. cons, , in Fis, und in den Fhüipp.
sowie in den philosophischen schriften nur alieno vorkommt, und
doch konnte in den stellen Sest. 40 i22i . . tribunum populärem a ao
alienare nolebant\ Fhil, XU 10 qui . . propter muUorum annorum
iniurias alienati a senatu ptUabantur und Lael. 77 propter dissen-
sionem . . quae erat in re publica, alienatus est (Scipio) a coUega nostro
MekUo ebenso gut abalienare stehen wie in Verrem IV 60 abalienati
scelere istius a nobis omnes reges amieissimi nationesque, jeder ist
also im stände sich über den mustergültigen gebrauch eines wortes
oder einer redensart oder über das vorkommen einer construction
bei Cicero untrügliche belehrung aus dem wörterbuche zu holen.
Die anordnung der einzelnen artikel ist syntaktiscb-phra*
132 MHölzl: ans. y. HMergtteti lezikon zu Ciceroi p>^ilo8. schriften.
19.
I^EZIKON ZU DEN PHILOSOPHISCHEN SCHRIFTEN CICEROS MIT ANGABE
SÄMTLICHER STELLEN VON U. M E R O ü B T. ERSTER BAND. ERSTE
BIS ACHTE LIEFERUNO. Jena, 1887. Verlag von Gastav Fischer.
320 8. lez.-8.
Es ist jetzt ein anerkannter satz, dasz lexicaliscfae eiozelfor-
schungen, von verschiedenen gelehrten mit teilung des Stoffes unter-
nommen, nStig sind, damit wir einmal za einem wissenschaftlichen
gesamtlexikon der latinitit gelangen kOnnen. und es sind bereits
dazu rühmliche und dankenswerte anfange gemacht worden; wir
weisen zb. hin auf das 'lexicon Taciteum' von Oerber und Greef,
auf die verschiedenen in den letzten jähren veröffentlichten Caesar-
lexika von Merguet, Mensel, Menge und Preuss, auf Wölfflins archiv.
für Cicero lagen bis vor nicht allzu langer zeit nur unzureichende
leistungen vor. deshalb war das von Merguet in den jähren 1877
— 1884 herausgegebene lexikon zu Ciceros reden ein verdienstliches
unternehmen, dem auch überall die günstigste aufnähme zu teil
wurde- mit freude wird sicherlich auch dieses neueste werk des-
selben vf. aufgenommen werden, welches den zweiten teil des lexi-
kons zu sämtlichen Schriften Ciceros bildet, es bedeutet also ein
beträchtliches stüok weiter auf dem wege naefa dem endziele : eine
ersehOpfende kennt nis von dem gesamten Sprachschatze Ciceros zu
erlangen, und da von dem jetzt zur herausgäbe gelangenden lexikon,
welches ca. 60 lieferungen umfassen wird, jährlich 12 erscheinen
sollen , da femer nach dem gewählten gesamttitel eine späU^re be«
arbeitung der briefe und rhetorischen Schriften zu erwarten ist, so
wird der wünsch nach einem den gesarmten Cicero umfassenden lexi-
kon in absehbarer zeit auf erfdllnng rechnen kSnnen.
Gewis findet die absieht Merguets allseitige Zustimmung: den
gesamten Ciceronischen sprachstoff in be sondern, einander er-
gänzenden und nach gemeinsamem plane verfaszten wOrterbüchem
der wissenschaftlichen weit vorzuführen, erstens lassen dies die ver-
schiedenen genera dicendi und der verschiedenartige inhalt als wün-
schenswert erscheinen; zweitens aber und vor allem würde die lexi-
calische bearbeitung aller Ciceronischen Schriften auf einmal die
arbeit noch mehr erschweren und die Veröffentlichung auch nur der
etilen lieferungen in ziemlich weite ferne hinautirücken.
Büß erscheinende lexikon will den Sprachgebrauch der philoso-
phischen Schriften einschlieszlich der dahin gehörigen fragmente
vollständig und Obersichtlich dargestellt bringen, darum
werden wie in dem redenlexikon — man gestatte uns diesen kurzen
ausdruck — sämtliche stellen angeführt, auch wo hunderte von gleich-
artigen beispielen zusammenflieszen. mit recht sind auch diesmal die
eigennamen auszer betracht gelassen worden, um vielleicht später
für alle «obriften msammen besonders bearbeitet zu werden, für jetzt
ist dies um so weniger notwendig, als schon samlungen dafür vor-
MHölzl: ans. v. HMerguets lezikon zu Ciceroa philo«. Bchriftetn. 133
liegen , die freilich weder ganz Tollst&adig sind noch allen wißsen-
Bchaftlichen ansprüchen genügen, die einrichtung iat ebenfalls die-
selbe wie in dem redenlexikon. der vf. bat demnach Ton einer
darstellung der manigfaltigen bedeatungen eines wortes, welche
dasselbe an den verschiedenen stellen zeigt, abgesehen, wohl aber
am köpfe jedes artikels die hauptbedeutongen angegeben, wir er-
kennen zwar gern den wert an , den ein der bedeutung bis ins ei»-
lelnste nachgehendes Wörterbuch für den philologen hat, mtlssan
indes aach anderseits darauf hinweisen, dasz eine nach diesem grmidr
satz unternommene bearbeitung des gesamten Ciceronischen Sprach-
schatzes auszerordentlich viel zeit in anspruch nehmen und wohl das
leistnngsvermögen 6ines oder weniger übersteigen würde; dureb
eine Verteilung jedoch unter viele arbeitskräfte wäre wiederum die
einheitlichkeit bedroht, femer bleibt eine gruppierung nach der be-
deutung in vielen Wlan mehr oder weniger subjectiv , so dasz das
leichte auffinden gefllhrdet werden kann, endlich wird durch eine
derartige anordnung bei oft gebrauchten Wörtern die Übersichtlich-
keit erschwert, wir erblicken daher in dem fehlen einer Übersicht
der bedeutungen keineswegs einen mangel. für die wichtigem um-
fangreichem artikel müssen vielmehr und werden auch einzelarbeiten
das fehlende ersetzen, etwa in der art, wie Heerdegen den gebrauch
des wertes fides bei Cicero in seiner monographie 'de fide Tulliana'
bebandelt hat. ebenso werden durch Merguets lexika Specialfor-
schungen nach der kritischen und exegetischen , der grammatischen
und stilistischen seite hin angeregt werden, interessant ist zb* die
beobachtung, dasz Cicero von der Miloniana ab in seinen spätem
reden wie auch in allen philosophischen Schriften, die insgesamt nach
dem j. 700 verfaszt sind , nie ahs te^ sondern nur a te schreibt^ wäh-
rend er in den frühern reden bis zu der pro Rah. Fost. einschliesz-
lieh aus dem j. 700 beides ohne unterschied anwendet, denn die
einzige stelle , welche uns das jetzt erscheinende lexikon für dbs te
aus Tusc. IV 67 anführt, stammt aus einem fragmente des Naevius.
ist dies bloszer zufall? ähnlich verhält es sich mit alieno und abalienOy
welche beide Cicero in den reden in Verrem , de lege agr. , p, Sidla
und de domo stia neben einander gebraucht, während in den reden
p. Sestio aus dem j. 698 , de prov. cons. , in Fis. und in den Fhüipp.
sowie in den philosophischen schriften nur alieno vorkommt, und
doch konnte in den stellen Sest. 4.0 iUi . . trihunum populärem a 96
alienare nolel>ant\ Fhil. XII 10 qui . . propter muUorum annorum
iniurias alienati a senatu ptUahantur und Lasl. 77 propter dissen-
sionem . . quae erat in re publica, alienatus est (Scipio) a coUega nostro
Meteüo ebenso gut dbalienare stehen wie in Verrem IV 60 ahalienati
scekre istius a nohis omnes reges amieissimi nationesque, jeder ist
also im stände sich über den mustergültigen gebrauch eines wortes
oder einer redensart oder über das vorkommen einer construction
bei Cicero untrügliche belehrung aus dem wörterbuche zu holen.
Die anordnung der einzelnen artikel ist sjntaktisch-pbra-
134 MUölzl: anz. v. HMerguets lexikon zu Ciceros pbilos. scbriften.
seologisch. so sind zb. die stellen für das Substantiv amiciiia
— die bis jetzt erschienenen ersten 8 liefemngen umfassen den buch-
staben a bis atäem — nach folgenden gesiebtspunkten geordnet:
I absolut : subject, prädicat (als apposition und anrede kommt dieses
sabst. nicht vor) ; II nach yerben : acc. dat. abl. , mit prfipositionen,
die unmittelbar vom verbum abhängen (der genitiv findet sich hier
nicht); III nach adjectiven: gen. dat. abl., mit präp. ; IV nach Sub-
stantiven: gen., mit prftp.; V umstand «=> zum ganzen satz gehörige
bestimmung: abl., präp. es ist dann eine verhältnismäszig geringe
mühe, wenn man die Verbindung eines subst. mit einem bestimmten
adj. innerhalb des betreffenden subst. unter verschiedenen rubriken
suchen musz. — Adjectiva werden aufgeführt: A bei Substantiven:
älqs (pronomina oder eigenname), algd (pronomina), appellativa;
B allein: wie bei den subst. — Intransitive verba, zb. (ümtm^
erscheinen zunächst in unpersönlicher Verwendung, dann persönlich,
nach den subjecten geordnet: (üqs^ olqd, appellativa. ohne grosze
mühe kann man sich bei Zeitwörtern mit verschiedenen constructionen,
wie abeo, absHneo mit bloszem abl. oder einer präp., selbst ein bild
verschaffen, das transitive verbum aber, zb. ago, zeigt folgende
Unterabteilungen: I absolut: unpersönlich (substantivisch nach ver-
ben, adj., subst., präp. und verbal), persönlich; II mit ergänzung:
de (pron., appell.), n«, t«/; III mit object: alqm, alqd^ appellativa. —
Schlieszlich mag noch die behandlungsweise einer 4)räposition an
a, ah veranschaulicht werden: I nach verben und partic; II nach
adj. und adv.; III nach subst. und Verbindungen von subst. und verb;
IV zum ganzen satz gehörige bestimmungen : räum, zeit, grenze;
y logisches subject beim passiv : pronomina und allgemeine personal-
bezeichnungen (persönliche , possess., demonstr. , relat., allgemeine
pron.), eigennamen (einzelner personen, Völker- und classennamen,
länder- und classennamen), gattungsnamen (einzelne pers. , coUec-
tive Personenbezeichnungen, sachen, abstracta, tiere); VI ellipsen;
VII lücke. — Allenthalben sind bei längern artikeln die Überschriften
der einzelnen rubriken in fettem druck gegeben, während bei den
maszgebenden Wörtern innerhalb der Unterabteilungen gesperrter
druck und absätze angewendet worden sind, die einzelnen sprach-
lichen erscheinungen gleicher art erhalten ihren platz in alphabeti-
scher reihenfolge, worauf in ausgedehntem masze bedacht genommen
worden ist, so dasz die Übersichtlichkeit und brauch barkeit nur ge-
winnt, während zb. im redenleiikon bei a, ah und ad nach verben
die stellen für die einzelnen Zeitwörter nach der reihenfolge der
reden gegeben sind, werden sie diesmal nach den bei den präp.
stehenden Wörtern aufgeführt: persönliche eigennamen, pronomina
sowie alphabetisch geordnet appellativa und die übrigen eigennamen,
die alle selbst wiederum durch gesperrten druck hervortreten, ähn-
lich ist es nach adjectiven und adverbien usw. bei mehreren bei-
spielen derselben art entscheidet die reihenfolge des zu gründe ge-
legten textes. infolge solcher disposition ^ind selbst die tausende
MHGlzl : anz. v. HMerguets lexikon zu Ciceros philos. Schriften. 1*35
Yon citaten, welche unter eine viel gebrauchte präp. wie a, ab fallen,
aufs klarste gesichtet und leicht auffindbar, tiberhaupt ist durch
eine derartige, consequent durchgeführte gliederung bis ins einzelne^
wie sie die oben mitgeteilten proben zeigen, durch Verwendung von
absStzen und manigfaltigem druck , durch Verweisung bei orthogra-
phischer Verschiedenheit (zb. adpenser s. acupensery aheneus s. aeneus)
oder bei Wörtern, die unter einem andern titelwort behandelt sind
(zb. ahiedus s. abiciOy adverto animum s animadverto), die Übersicht-
lichkeit die denkbar gröste und die benutzung eine ftuszerst bequeme,
man kann für jedes beispiel oder jede Verbindung bereits von vom
berein den ihnen zukommenden platz bestimmen und sofort wissen,
wo man die in frage kommende stelle im lexikon zu suchen hat. wir
können aus eigner erfahrung versichern, dasz man sehr bald mit dem
buche völlig vertraut ist, auch bei solchen artikeln, wo wegen der
geringen anzahl der dahin gehörigen beispiele die rubriken nur mit
Ziffern oder buchstaben bes^eichnet sind, schlieszlich wiinl die be-
nutzung des lezikons noch dadurch sehr erleichtert, dasz mit recht
erläuternde znsätze in ( ) sehr zahlreich angebracht sind und dasz
die citate wiederum in ausführlicher, für das volle Verständnis nöti-
ger fassung gegeben sind, so dasz man nicht im texte nachzuschlagen
gezwungen ist. und doch ist der vf. immer auch darauf bedacht
gewesen, wo es möglich war, räum zu sparen ; vgl. zb. advolatus oder
kleinere artikel, wo, wie schon oben erwähnt, zur bezeichnang der
rubriken blosz Ziffern und buchstaben gesetzt sind, oder ahhorreo,
wo die stellen nicht wieder ausgeschrieben sind, sondern auf a, ab
verwiesen ist. dasz aber durch das umfangreichere und manchmal
wiederholte ausschreiben der stellen , durch die erklärenden zusätze,
durch die typographische ausstattung das buch etwas anschwillt,
kommt den dadurch erzielten vorteilen gegenüber ganz und gar
nicht in betracht. — Unter aequus wären am besten wiederum die
beispiele, in denen die phrase mit inf. oder acc. c. inf. erscheint, von
den übrigen gesondert worden. — Zu loben ist, dasz die stellen für
ac und atqiie diesmal nicht getrennt sind ; ac wird mit unter atque
behandelt werden.
Über die Vollständigkeit und Zuverlässigkeit, welche im Vorworte
hervorgehoben werden, eine unfehlbare ansieht auszusprechen ist
schier unmöglich bei der überfülle der beispiele, die natürlich nie-
mand , auch nur annähernd , alle nachzuschlagen im stände ist. das
urteil eines berichterstatters kann demnach nur auf einer vergleichs-
weise geringen anzahl geprüfter citate fnszen. unseres kann im vor-
liegenden falle nur ein günstiges sein, wir verglichen die artikel
amicitia und amictis vollständig, sowie auszerdem über 500 andere
aus den verschiedensten teilen der philosophischen Schriften ent-
nommene und unter verschiedenen gesichtspunkten nachgeschlagene
proben, nur 6in beispiel vermiszten wir bei aestimo : 'emori noh^ sed
me esse mortuum nihüi aestimo' Tusc- 1 15 und in wenigen fällen
die besondere anführung einzelner Verbindungen aus bereits notierten
136 MHOlzl: anz. y. HMerguets lexikon zu Ciceros philos. schhfleii.
citaten, hauptsächlich bei amicitia und amicus. aber gerade hier
konnten bei der massenhaften häufung der verschiedensten bexiehon-
gen in demselben beispiel neben der groszen zahl der aufgefflhrten
sehr leicht einzelne übersehen werden, die sich übrigens durch Wieder-
kehr in andern artikeln häufig ergänzen. — Die stelle aus acad. I 8
(s. 159* müto) hätten wir vollständiger so gewünscht: mea$ amkas^
in quibus est Studium, in Crraeciam miito {id est, ad Graecos ire mbed]^
ut ea e l alji fontibus potius hauriant quam rivulos consedeniur ^ um
aus ihr noch einige weitere beziehungen des werte« amicus zu ge-
winnen. — In Lad. 16 (s. 156* seniio) si . . de omiciHa disputaris:
qmd sentias^ qualem existumes, quae praecepta des möchten wir mit
CNauck interpungieren, der in der anm. sagt : *de amicitia disputaris
gibt den inhalt , quid sentias uf> w. die disposition des Vortrags.' —
In Lael. 23 (s. 153^ continet) quam . . piurimas et maximas cammo-
ditates amicitia contineat, tum iüa nimirum praestat amnibus, quod
honam spem praducet in posterum nee dehüitari animos aut cadere
potius patitur fassen wir , ebenfalls mit Nauck , iüa nicht als nomi-
nativ , sondern als ablativ <» iUa cammoditate und omnibus als neu-
trum «3 Omnibus rebus humanis, so dasz sich praestat auf amtct^ta
bezieht — gleichwie letzteres auch subject im neben;>atze, also über-
haupt im ganzen Satzgefüge ist — und kein subjectswechsel ange-
nommen zu werden braucht, im übrigen ist der Wortlaut der stellen
durchweg richtig aufgefaszt und wiedergegeben, vielleicht hätte am
anfang des lex. die abkürzung Ä. aus den Tusculanen, unter der man
wohl richtiger auditor als adulescens oder gar Ätticus versteht, platz
finden können. — Druckfehler sind selten und meist ohne belang,
ebenso die Ziffern fast durchgängig richtig, namentlich bei den text-
stellen.
Zu gründe gelegt ist diesem lexikon, was man lobend anerkennen
musz, der text der jüngsten kritischen Ciceroausgabe von CFWMüller,
während die hauptsächlichsten Varianten (hsl. wie anderer ausgaben,
namentlich die der Halm-Baiterschen und der bei Tauchnitz er-
schienenen Baiterschen) zwischen || || aufgenommen werden, die
citate sind mit hinzufügung der paragraphenzahl in der Orthographie
und in der reihenfolge des Müllerschen textes gegeben, während in
den titelwörtem ganz so wie im redenlezikon eine durchweg gleich-
mäszige Orthographie (nach Brambach) angewendet ist
Wir verlassen dieses werk , das wiederum ein schönes Zeugnis
ablegt von deutschem gelehrten fleisz, mit dem wünsche und der hoff-
nung, dasz der vf. für seine unendliche mühe auf allen Seiten die
gebührende anerkennung reichlich finden werde.
Drksden. Max Uölzl.
CFWMfiller: über die handschriften yon Ciceros Deiotariana. 137
20.
ÜBER DIE HANDSCHRIFTEN VON CICEROS DEIOTARIANA.
Unsere kenntnis von der handschriftlichen fiberlieferang der
rede pro rege Deiotaro beruht auf den mitteilungen Halms in der
zweiten Orellischen ausgäbe über sieben Codices und Baiters Aber
einen Ambros. A. ein cod. Colon. Graevü bzw. Gulielmi wird nur
bin und wieder angeführt und ist nirgends von entscheidender
Wichtigkeit, jene sieben hss. sind ein Gemblac. B, Oud. 2 D, Erfurt.
£, Salisburg. 34 S, Oud. 335 G, Fuld. F, Oehler. R. dasz dieselben
trotz manigfacher abweichungen in zwei classen zerfallen, von denen
eine BDES bilden ^ die andere GFR, ist auch bei oberflächlicher
durchsieht der lesarten nicht zu verkennen, so hat denn EUilm für
jene die bezeichnung C eingeführt , ich habe in der Teubnerschen
ausgäbe von 1886 die drei andern H genannt. HNohl hat im
5n heft der im verlage von Tempsky-Frejtag erscheinenden ^orationes
selectae' folgenden Stammbaum aufgestellt:«
« A C (Col.)
GRF
bei ihm ist also ß «= Halms und meinem C, a <= meinem H. Halm
sagt in der vorrede s. XII: 'nos quidem familiam, cuius principes
sunt Gemblacensis et Erfurtensis, ita secuti sumus, ut ei nos non
addiceremus , si ratio alias lectiones praeferendas esse persuaderet.'
ich habe in meiner adn. crit. s. XCV geschrieben: ^utrique satisinter
se diversi ita, ut plerumque BDES paulo integriores, G F R A magis
corrupti sint, non semper.' dagegen sagt Nohl praef. s. VII: 'mihi
secus videtur. nam cum ipse Müllerus triginta Septem locis eam
lectionem praetulerit, quam aA praebent, vix quindecim invenio,
quibus hanc familiam erroris convincere possimus; contra ex aA
necessario recipiendum videbatur etiam [8 lesarten]. quam ob rem
etiam ubi per se utra lectio sit melior diiudicari vix potest, id quod
tricies fere accidit, herum librorum auctoritatem secutus sum.' und
der weitern begründung dieses seines Verfahrens hat er fast die
ganzen 4 spalten seiner recension meines 3n bandes in der 'Wochen-
schrift für class. philol.' 1887 (1198—1202) gewidmet, erführt
daselbst aus, dasz ich selbst aA gegen ß gefolgt bin an 31 stellen,
an 5 a allein gegen /3A, an 2 A gegen aß, an 2 ^lieber die ver-
dorbene lesart von ß corrigieren als aA folgen will', endlich an
7 stellen fälschlich ß gefolgt sei. 'während also an 47 stellen die
lesarten von Aa sicher den Vorzug verdienen, finde ich nur 18, wo
ß das richtige zu bieten scheinen, und auch hier kann man bisweilen
schwanken; jedenfalls aber sind die fehler von aA nicht schlimmer,
IfiS CFWMüUer: über die handschriften von Ciceros Deiotariana.
Bondem eher leichter als die von ß,* folglich sei es *wohl gerecht-
fertigt, an 28 stellen, wo eine entscheidung aus innem gründen
kaum getroffen werden' könne, *der lesart von Aa den vorzug zu
geben.' in der that, wenn die sacbe sich so verhält, so müssen die
bisherigen heransgeber von einer merkwürdigen Voreingenommen-
heit befangen gewesen sein.
Da ich meiner in so weit sicher sein zu können glaubte , dasz
ich jedenfalls nicht aus blindem autoritätsglauben mich der allge-
meinen ansieht angeschlossen hätte, und es mich interessierte mich
zu überzeugen, was mich wohl verhindert haben könnte einen so
klaren Sachverhalt, wie er sich nach Nohl darstellt, zu verkennen, so
habe ich die hsl. lesarten bis zu der stelle durchgesehen , wo 6 , der
beste Vertreter der familie a, ohne den ein sicheres urteil über a nicht
möglich ist, aufhört, § 26 s. 1216, 26 Or. II, und erlaube mir das
resultat mitzuteilen, ich schicke voraus , dasz ich mich dabei in so
weit ganz Nohls anschauungen anbequeme, dasz ich als richtige les-
arten diejenigen bezeichne, die Nohl in seinen text gesetzt hat, als
falsche, die er verwirft, und unter a nicht nur OPR, sondern mit-
unter auch G F oder G B verstehe, dagegen berücksichtige ich bei
der frage nach dem werte von o und ß den cod. A möglichst wenig
und hüte mich ganz besonders so vertrauensvolle Schlüsse auf dessen
lesarten aus Baiters stillschweigen zu ziehen wie Nohl, weil es be-
kannt ist dasz Baiter bei seinen mitteilungen aus hss. nach heutigen
ansprüchen einen viel zu geringen wert auf Vollständigkeit und
genauigkeit gelegt hat. übrigens stimmt nach Baiters schweigen in
dem folgenden Verzeichnis von Varianten A fast überall mit ß gegen
a überein. Nohl hat in der ganzen rede 18 bzw. Wiz quindecim'
stellen gefunden, an denen ß Mas richtige zu bieten scheint', ich zähle
bis § 26, dh. in V5 derselben, 57, an denen Nohl so schreibt wie ß
abweichend von o: s. 1208, 2 Or. II regis, nicht regis Deiotari mit o,
8 cofUurber st. perturber^ 13 a st. e^ a, 24 cum st. 5t, 1209, 1 1 regem
Deioiarum st. rege DeiotarOy 1210, 3 arari st. exorari^ 6 tu iüum st
ülum tu^ 11 amicitiae ßF st, inimicitiaeQR^ in amicitia A, 19 sumpta
st. sumpta esse^ 1211, 1 (1210, 22) nicht ui sibi^ was a zusetzt, 4 nee
uUi veri st. nuüi veri nuntii , 6 ceiiarum st. ceterorum , 10 od st. tn,
13 eius st. illius (auch A), 16 omnihus st. in amnibuSy 22 non ad
B£ Col. St. non ut GB, nan ut ad ADFS', 28 tuis st. civibus,
1212, 1 et probat issimum in o ausgelassen, 2 uterere {-ris) st. utere-
mtni, 8 domi te suae st. te domi suae oDS, 9 suspicari profecto st.
profedo suspicari ^ 10 fuerit st. /ut/, 14 in eo st. tn cum, 16 omnes
liberos pqpulos^ omnes socios st. omn. soc, omn, lib.pop., 18 cum domo
fehlt in a, 1213, 2 a< quam st atque, 3 ne fehlt in GR, 6 vdebat st.
volebant G, volebas B, 12 finget st. fingit G F, fingere B, 14 at^ st.
* dasz kurz vorher einer der codd. a, R, von erster band das
richti((e venii ad und erst von zweiter band mit allen übrigen venit ut
ad hätte, wie Nohl angibt, sagt Halm wenifrstens nicht, sondern nur:
'ut in R snp. lin.*
CFWMüller: über die handschriften von Ciceros Deiotariana. 139
agü GFE, autem R, 15 t;eZ zugesetzt in o, 18 cdasset {cadasset A)
st. celavisset GF, potuisset B, 21 o^ quam st. aqucim G, atque R,
23 re . .perfecta B (und A?) st. rex . . perfecta re «DES, 1214, 1
isti st. festui G, ivisti F, 4t et fehlt in GF, versetzt in R, 7 f. quae . .
gut st quid . . quid (auch A), 10 te lautum st. ^e lotum EFR, tecum
ire G, eine sehr grobe interpolation, von der bei Nobl nichts zu finden
ist^ 13 res criminose est st. res criminis est Q^ est res criminose R,
ebd. post cenam te st. te post cenam^ 15 eadem tua st. %Ua tua G,
eadem Ula F, ebd*. perduint B S ; perdant cc , perdunt D E , jpercJen^ A,
20 Jiahebat st. haberet^ 1215, 3 semper in speculis fuisse st. m speo.
/tHs;$€ semper {in spelunds semper fuisse A), 7 Ao^^ium in a zugesetzt,
10 und 14 Caecüium st. cadium GF^ 11 veri simüe sü st. t;m ^m.
non Sit {simile sit veri A), 16 non nosset, vel si nässet st. nosset vel
quia non nosset G, noscet vel quia non posset vel si noscet R, 1216, 3
heUum est st. est bellum , 4 sparsi fUgen hinzu a D S , 5 erga te hin-
zugesetzt in a, ebd. seseque st. et se et filium suum FR aus z. 15, in
G eine lücke; ebd. spöliare st. exspoliare RA, G fehlt, 21 regem st
regeSy 22 in rege 8t. in regem, in reges A, 23 magni animi st. mo^na-
nttniim aES. von diesen 57 Varianten führt Nohl selbst unter dem
tex^ 33 an, dh. mehr als doppelt so viel als er laut seiner vorrede
gefunden hat.
Angesichts dieser 57 stellen würde , selbst wenn es wahr wäre,
was Nobl sp. 1200 ae. behauptet, dasz 'an 47 stellen' der ganzen
rede *die lesarten von Aa sicher den Vorzug verdienen', der schlusz
den er daraus zieht noch immer überaus kühn sein, aber auch in
dieser zahl hat er sich zu seinen gunsten, wenn auch nicht ganz so
schlimm wie in der vorigen, verrechnet, von den 31 stellen, an
denen ich selbst die lesarten von Aa vor denen von ß bevorzugt
habe, sind, um das richtige Verhältnis zu den obigen 57 zu gewinnen,
zunächst die letzten 11 aus § 27 — 43 abzuziehen, auszerdem aus
§ 9 s. 1210, 11 ita cum, so hat nicht «A, wie Nohl sp. 1199 an-
gibt, sondern sicher nur R, wahrscheinlich auch A, die beide 'pro-
priam quandam coniunctionem habeni' (wahrscheinlich aus con-
jectur). in ß steht falsch iiaque cum {eum D S) , aber in G F viel
schlimmer ita si cum, es bleiben also 19 stellen, dazu kommen 4
oder meinetwegen 5 (von einer gibt Nobl zu dasz sie zweifelhaft ist),
in denen a gegen ßA das richtige erhalten hat. das sind in summa
24 stellen, die 2, an denen 'A gegen aß das richtige bewahrt hat',
die Nohl sp. 1200 oben merkwürdiger weise denen zurechnet, 'wo
«A auch nach Müllers meinung besser sind', ferner die 2, Vo M.
lieber die verdorbene lesart von ß corrigieren als «A folgen will',
endlich die 7, in denen er meine und anderer aus ß entnommene
lesarten aus innern gründen verwirft, kann ich nicht als ^sichere'
beweise des fehlerhaftigkeit von ß anerkennen.
' daran dasz nescio qui vor einem namen stehen kann, zweifelt
niemand; dasz aber auch ad nescio quem Caecüium richtig sei, wird da-
mit nicht bemesen.
140 CFWMfiiler: Aber die hancUchrifteD von Ciceros Deiotariuna.
Mithin herscht einigkeit darüber, dasz in der gröszem hälfte
der rede , die allein eine sichere controle geötattet, ß an 57^ o an 23
oder 24 stellen besser ist. ich rechne zu letztem noch 4 stellen:
1208, 10 lassen BDE ei fort, 1209, 4 haben BDS ebenso sinnlos
etiam statt e^, 1212, 4 desgl. in ea parte st. in eampartem^ 1215, 17
setzen sie mit R und A veteres (veteris) zu. das ist immer noch nicht
die hftlfte der stellen, an denen eingestandenermaszen der vorzug
auf Seiten von ß ist.
Aber wenigstens ebenso wichtig wie die quantität ist die
qualität. rficksichtlich derselben behauptet Nohl sp. 1201 oben, datz
'jedenfalls die fehler von A o nicht schlimmer, sondern eher leichter
als die von ß* sind, von A ist oben bemerkt, dasz er an den stellen
der ersten 26 §§, die ß richtiger hat als a, nach Baiters schweigen
fast überall auf selten von ß steht; übrigens ist derselbe trotz seines
alters und mancher Vorzüge nichts weniger als zuverlässig, sondern in
unserer wie in den andern reden (s.zb. s. 1187,4 obstrepit damar tnüi'
tum et tuharum sani st. obstrepi damore midüum videntur et itibarum
Bono osw.) öfters auf das willkürlichste iuterpolierty zb. s. 1214, 18
hat er allein transirent. non h(ibe8 statt transferri bzw. transire nan
possent? habea^ 1217, 14 armis fuit st %ä armis {ut armis fuit B),
1218, 24 confero st comparo^ 1219; 11 hominis von ihm allein* und
1220, 12^00 nur mit B willkürlich zugesetzt, was Nohl aufnimt und
sp. 1200 ae. als eine der lesarten anführt, an denen 's icher Aa den
Vorzug verdienen', ebd. 20 deiotarum st de Deiotaro^ ganz offenbar
eine eigenmächtige correctur nach ausfall des de, das auch in D fehlt;
R läszt auch den namen fort, 1221, 29 aetate sL et ate.
Betrachten wir die art der fehler in a und ß. unter den 23 feh-
lem von ß sind 7 auslassungen, einmal ist geschrieben enuntiabatur
st ei nunt. {ei ist mehrmals weggelassen), je einmal ipse st. isle und
ai st aity primo st primutn^ in ea parte für in eam partem^ 8 mal ist
etwas zugesetzt: sokbamus st solebam^ etiam st. et, et per st et, ipse
tamen st. ipse, quique eiMn st quigtie (so nach Halm s. 1210, 15 nur
Q, nach Baiters schweigen auch A, B quicquam, von F wird nichts
berichtet; ich halte es für mindestens so wahrscheinlich, dasz in
G[A] die falsche Überlieferung richtig corrigiert ist, wie da^z in ß
eine Interpolation vorliegt), cadere passet st caderet (willkürliche
änderung nach ausfall des t von caderet ; cadere A) , ibi entm erant
st. erant etiim, in cubiculum te ire maüe st. in cubictdo mdüe^ obedien-
tes st audientes^ veteres zugesetzt mit A {veteris), endlich quanto . .
tanto st. Ujmio . . quanto. unter diesen sind höchstens 9 evidente inter-
polationen, alle übrigen fehler sind solche, wie sie aus versehen
überall in den besten hss. vorkommen.
In a zähle ich als willkürliche correcturen s. 1208, 2 zusatz
von Deiotariy S perturber st. conturber, 13 et, 1210, 11 tnimtct^iae,
19 esse, 1211, 1 u^ sibi, 4 nuüi veri nuntü, 16 in omnibus, 28 civibus,
1212, 14 in cum, 1213, 15 vel, 23 rex, 1214, 15 iüa tua, ebd. per-
dant, 20 haberet, 1215, 7 Jwstium, 16 vel quia non nässet, 1216, 4
ThMaurer: zn Ycrgiliua Aeneis. 141
sparsij 5 exspoUare^ 21 reges^ 23 magnanimum (nach Nohl). das sind
21, dfa. mehr als noch einmal so viel eigenmSchtige eorrecturen
als in ß.
Wenn es nnn richtig ist, dasz ß mehr als doppelt so oft besser
nnd mehr als doppelt so selten willkürlich interpoliert ist als a, so
scheint mir der versoch des beweises , dasz or den vorzag vor ß ver-
diene , nicht gelungen zu sein.
Breslau. C. F. W. MGller.
21.
Zu VERGILIÜS AENEIS.
Man könnte Seiten füllen, wollte man mitteilen, was bereits über
das Yergilische secare spem in Äen, X 107 quae cuigue est fortuna
hodie^ quam quisque secat spem^ Tros Rtäulusne fuat nuUo discHmine
habebo geschrieben worden ist , ohne dasz bisher die aafhellung ge-
lungen wäre, zum glück hat Peerlkamp einen abgekürzten weg der
Untersuchung gezeigt, den auch ich einzuhalten gedenke, er schreibt :
*alii spem secat interpretantur quod quisque sperat; älii quod non
sperat. sententia loci postulat quod quisque sperat. sed quomodo
spem secare significabit sperareV auch ich glaube, die deutnngen in
der richtung ^quod non sperat' danken ihren Ursprung nur der Ver-
legenheit, worein man sich durch die frage, wie sie Peerlkamp am
Schlüsse formuliert hat, versetzt gesehen, dies gilt beispielsweise
auch von der bei Ladewig mitgeteilten Ameisschen erklärung ^welche
hoffhung (des gegners) ein jeder zerschneidet', sehen wir darum zu
nächst zu, ob es uns nicht gelingt mit jener frage aufzuräumen,
dasz in Wahrheit dieselbe eine ganz unberechtigte petitio principii
enthält, hoffen wir sogleich zu zeigen ; um so weniger wird es unsere
aufgäbe sein, die verschiedenen darauf gegebenen antworten im ein-
zelnen zu widerlegen.
Der curiosität halber, richtiger um einen beitrag zu liefern, die
deutsche philologie vor einem abweg zu bewahren oder davon zu-
rückzurufen, sei die charakteristische weise mitgeteilt, wie Gossrau,
dessen fleisz und gelehrsamkeit ich die vollste anerkennung nicht
yersage, mit dem gestellten problem zu rand gekommen ist. wie
bringt man es fertig, fragt Peerlkamp, dasz spem secare die bedeu-
tung sperare gewinnt? Gossrau antwortet: ^sequamur Virgilium.
hie dixit secare viam pro ire per viam, cf. ad VI 900; igitur secare
spem est ire per spem, quod est sperare, cf. ad V 786.' weil der in
secare viam liegende einheitliche begriff sich frei wiedergeben läszt
mit ire per viam^ soll nun auch in dem ausdruck secare spem sich
für das secare kurzer band ein ire per substituieren lassen, welche
Vorstellung dem lebendigen sprachgeist bei dem secare viam vor-
schwebte, bleibt für Gossrau ganz auszer betracht.
142 ThMaurer: zu Vergilius Aeneis.
Wie gesagt, das problem ist falsch gestellt; indem die bebaup-
tung Peerlkamps ^sententia loci postulat qaod quisque spercU' nur
auf oberflächlicher betrachtung unserer stelle beruht. Jupiter will
den göttem, in erster linie Juno und Venus, jede einmischung in
den kämpf der Teukrer mit den ihr lager berennenden Rutulem
wehren und erklärt zu dem ende sich auch selber den verzieht auf
jedes eingreifen aufzuerlegen: nuUo discrimine habeho, Tros Riäth
lusne fuat^ quae cuique est fortu/na hodie^ quam quisque secat spem,
sieht man denn nicht, dasz es sich bei diesem verzieht Jupiters um
das gebiet der objectivität, die weit des realen geschehens handelt
und darum der begriff des subjectiven sperare überhaupt hier gar
nicht am platze erscheint? um so mehr steht es uns frei mit Um-
gehung der gelehrten Untersuchungen über ein secare als activ zu dem
deponens sequi, einfach ohne umschweif unsere eigne deutung mit-
zuteilen, dasz das secare 'schneiden' hier nur in metaphorischem
sinne gemeint sein kann , liegt auf der band. Ladewig glaubte das
bild hergeholt von einem schiffe , das die see durchschneidet , und
bringt es damit eben zu dem bereits erledigten begriff des sperare.
liegt uns denn aber nicht ein anderes bild weit näher, bei dem
überdies das secare in seinem eigentlichsten sinne zu seinem rechte
kommt? wir sprechen vom sprieszen, grünen, blühen der hoffnung.
ist die hoffnung nicht eine saat, die der ernte wartet? und gerade
um die einzuthuende ernte , um den erfolg der hoffnung handelt es
sich bei dem gedanken Jupiters, so besagt denn quam quisque secat
spem nicht, wie Ladewig will: 'welch hoffnungsmeer ein jeder durch-
schneidet', sondern so viel wie quam quisque metit spem' vf eiche
hoffnungsernte jeder schneidet'.
Äen. X 279, finde ich, ist man an dem perfringere dextra in den
Worten des Turnus an seine Butuler quod votis optastis^ adest^ per-
fringere dextra usw. entweder mit verständnisinnigem schweigen
vorübergegangen oder hat sich bei der erläuterung einer knappheit
befleiszigt, die die möglichkeit eines Widerspruchs auszuschlieszen
scheint, und doch sind weder die denter selbst unter einander in Über-
einstimmung, geschweige dasz sich die deutung von selbst verstünde.
Ladewig sagt: * perfringere dextra «den feind zu zermalmen».' ebenso
lakonisch heiszt es bei Gossrau: * perfringere verbum militare^ ut
durchbrechen* aber wo ist bei Ladewig dextra geblieben ? und wie öoU
perfringere^ absolut gebraucht, zur bedeutung 'den feind zermalmen'
kommen? ebenso: bei welchem militärschriftsteller hat Gossrau das
perfringere für sich allein stehend in dem absoluten sinne unseres
'durchbrechen' gefunden? und wenn, wie passt dieser sinn über-
haupt an dieser stelle, ganz abgesehen von dem müszigen dextra bei
solcher bedeutung unseres wortes? dabz per/rifi^er^ überhaupt ab-
solut gebraucht werde, dafür musz noch der beleg erbracht werden;
einstweilen macht es anspruch auf ein object, und da ein solches in
unserm satze selbst fehlt, so musz es in gedanken entweder aus dem
ThMaurer: zu Vergilius Aeneis. 143
vorausgehenden oder dem nachfolgend en ergänzt werden, an unserer
stelle bietet nur das letztere einen in frage kommenden begriff, es
ist Mars: in manibus Mars ipse^ viril das von Bibbeck hier vor-
gezogene viris erscheint durch den sinn ausgeschlossen, viris statt
viri gelesen beansprucht der satz allgemeine gttltigkeit^ gerade im
widersprach zu der erfahrung, die ja eben die Rutuler gemacht,
wohl waren sie auch vorher viri gewesen; war aber darum auch seit-
her Mars ipse in ihren bänden, so lange eben die Teukrer sich hinter
ihren wällen gehalten ? das war es ja gerade , was sie mit gelübden
erfleht: votis optastis, und jetzt erst gilt davon das adest^ seitdem
die landung des Aeneas ermöglicht den feind im offenen felde zu
fassen, zum Verständnis namentlich des satzes in manibus Mars ipse,
viri heiszt es bei Peerlkamp : 'optavistis proelium in campo aperto.
habetis. ipse eventus est in vestra virttUe posüits.* als parallele führt
er Hom. TT 630 an : dv T^ip X^pc'^ t^Xoc ttoX^iliou. nicht unmöglich,
dasz hier wirklich Verg. sich dieser worte erinnerte und mit seinem
Mars ipse eben das T^Xoc TroXejLiGU wiedergibt, jedenfalls deckt sich
der Vergilische ausdruck nach dem Zusammenhang am meisten mit
dem prosaischen finis Martis «» finis heUi. wie sehr hier der Sprecher
bei seinen hörern als vornehmstes anliegen voraussetzt, dem krieg
ein ziel gesetzt zu sehen, bestätigen die weiteren worte seines
appells. der krieg hat für die Rutuler durchaus den Charakter des
Verteidigungskrieges, zunächst darum die erinnerung an das ziel :
nunc coniugis esto quisque suae tectique memor, nur mittel zu die-
sem zwecke offenbar bedeutet es, ^enn er fortfährt nunc magna
referte facta^patrum laudesf und gerade in diesem geiste denke ich
mir auch zu unserm perfringere dextra &vls dem folgenden in manibus
Mars ipse , viri den begriff 'krieg' als object gedacht, der sinn der
turmae agrestes (vgl. v . 3 10 primus turmas invasit agrestes Äeneas),
die Turnus führt, ist billig so gerichtet, dasz ihnen Mars erscheinen
musz, wie dort in der Anabasis IV 8, 14 den Hellenen die den weg
sperrenden Kolchier, von denen Xenopbon sagt: toutouc, f\y ttu)C
buvu)fi€6a, Kai ujjliouc bei KaracpaTcTv. was Turnus wort meint : quod
votis optastis > adest — es ist das perfringere deoctra Martern , 'Mars
mit den fausten zu zermalmen', es ist durchaus naturwahr, wenn
der dichter auch in diesem leidenschaftlichen moment Turnus vor
dem directen aussprechen des namens Mars in Verbindung mit dem
perfringere zurückschrecken läszt; so bricht er ab und bringt den
namen in Verbindung mit einer weniger herausfordernden fassung :
in manibus Mars ipse^ viri! ich lese darum unsere stelle mit fol-
gender interpunction:
quod votis optastis^ adest: perfringere dexira —
in manibus Mars ipse, viri!
Äen. X 287 — 307 erzählt die ausschiffung des Aeneas und der
von ihm gegen Turnus zu hilfe gerufenen Etrusker. dieselbe ge-
schieht in verschiedenen weisen, zwei davon sind aufgezählt : interea
144 lliMaurer: ku Vergilius Aeneie.
Aeneas socios de puppilms altis pontihus exponU. müUi sei
recursfis languentis pdagi et hrevihus se credere salin, dann fc
die Worte |>er remos alU^ was Servius interpretiert: seaphis.
meint Oossran: *id satis obscure dictam esset.' er sowohl als I
wig haben sich vielmehr der deutung Heynes angeschlossen : ^i
pro coniis Htore infizis, qoibus nixi in litns prosiliant.' wie
deutung freilich vor obigem urteil Oossraus sicherer sein soll, y
ich nicht, jedenfalls aber könnte bei der deutung Heynes, i
unmittelbar vorher heiszt muUi se credere saltu, das per rema
doch nur den wert einer unterart dieser zweiten weise bedeuten,
entsprechend interpungiert denn auch Bibbeck, indem er nach ex
punctum setzt, nach saUu dagegen komma, und punctum wieder
alii, jeder unbefangene aber wird zugeben, dasz die vom dichte
liebte aufzfthlung unverkennbar auf eine dreiteilnng sielt.
Weiter aber ist die Sache damit ja nicht erschöpft, die i:
essanteste art der ausschiffung steht noch aus und der dichter wi
ihr allein 17 verse, den sämtlichen voransgenannten dagegen ;
ganz 4 verse. das beiäpiel dazu gibt der Etrudkerkönig Tar<
und sein ganzes bedeutendstes flottencontingent thut ihm nach,
seither unsere stelle verstanden wurde, steht dieser letztere ra
der ausschiffung ohne jeden zu&ammenhang mit dem vorausgi
den. und worin besteht derselbe? der erfolg ist ein verschied
während von den andern schiffen gilt : donec rastra tenent sicc%
sedere carinae omnes innoeuae^ ist das Schicksal des Tarchonscl
selbst: soMtur atque viros medüs expanü in undis. gemeinsam
war allen die maszregel, wozu Tarchon aufgefordert hatte: ntf
lecta manus^ validis ineumhite remis f warum sollen denn abe
remi hier andere sein tAs von denen es oben geheiszen per remos
die Sache ist einfach diese, zwei weisen der ausschiffung hat \
dichter in knapper weise v. 287 — 289 beschrieben, nun kündi
eine neue an, die sein vornehmstes interesse bildet; es geschieh
den Worten per remos (M. zum Verständnis dieser dritten weif
er zunächst genötigt etwas auszuholen, indem er erzählt, wie
chon dazu den anläse gegeben : specuXaius liiora Tar^um usw.
setze demnach hinter satiu v. 289 punctum, nach per remos (dii k<
interea Aeneas soeios de puppilms cutis
pontihus expamt. muUi servare recurstts
languentis peiagi et brevUms se credere saltu.
290 per remos ailii: speculaius litora Tardton,
qu€i vada non spirant nee fracta remurmurat tmda ,
sed mare inoffensum crescenti adlabitur aestu,
advertü subito proram sociosque precatur:
nunc^ 0 lecta manus^ validis incumbite remis usw.
Mainz. Theodor Mauri
BESTE ABTEILUNG
FUß CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
22.
EÜPHORIONEA.*
I.
Disputaturo de ratione quae Lycophronem inter et Eaphorionein
intercedat ecce mihi adfertur OKaibelii sententiarum über quartus
(Hermae XXII 497 sqq.), cuius capite septimo etsi omnia quae
Eüphorio ab Lycophrone mutuatus sit enumerare noluit v. cl., pauca
tarn egregie ea de re disseruit, ut vix faabeam quae addam. atque
vocabulorum abstrusorum copiam illum petiisse a tragico poeta ob-
scurissimo constat: lectionis satis accuratae dabo messem, quam ab
aliis auctum iri spero. vocabulorum Lycopbroneorum index Eupbo-
rioneus hie esto : dcT^jLißaKTOV Euph. fr. 106 (plenius legitur Etym.
Flor. p. 49 in Milleri 'm^langes de litt, grecque') ; Lyc. 1117. — AItuc
TTÖXic Aqkujvikii Euph. fr. 116; Lyc. 850. — 'Aktt^c de Attica dictum
Euph. fr. 27; Lyc. 111. 1339. — 'AXaToc 'AttöXXujv Lyc. 916 sqq.
Sc TroT€ 9XeEac Gpacijv
XeCVT* dcpiJKTUJV TOjLicpiujv XupoKTiJTrov
bpdKOVTi ßaißqj x^ipac ujttXicc CkijGij^
Kpd0ic Ö€ TUjLißouc öipeTai bebouTroTOC
eiipoH 'AXaiou TTaiap^ujc dvoKTÖpujv,
NaüaiGoc fvGa jrpöc KXübujv' dpeuTCiai.
adnotat Tzetzes Philcctetam delatum esse in Italiam : Kai nauGeic
xfic dXric 'AXaiou 'AttöXXujvoc lepöv KxiZiei, & xal tö töHov
aiiTOÖ dv^GriKCV, ulic 9Ticiv Gu9opiujv. NauaiGov fluvium in Chi-
liadibus memoravit (fr. 41). — Buvr] Euph. fr. 91 ; Lyc. 107. 757. —
bdvoc. Euph. fr. 90 TÖ ßd oi bdvoc ujTiacev "GKTUJp. Lyc. 887
TpiTUJVi KoXxlc ujTTacev bdvoc fv\r\ (Medea). 269. 710. 1269.
1381. — ZuJCTrjpioc 'AttöXXiuv in Attica colitur ap. Euph. fr. 89',
Cumis ap. Lyc. 1278. — KttÜTiKec Euph. fr. 88; KaünKttC Lyc. 425.
741. 789. — Kevripiov Euph. fr. 81; KCVTipiuJV Lyc. 370. — KÖirpoi
de stabulo dictum (cf. Hom. C 575) Euph. 49 (de Boeoto agitur)
"^ [haec et quae sequitur commentatio oblatae sunt Francisca
Susemihl per quinque lustra professorls publici ordinarii munere in
nniyersitate Gryphiswaldensi functo. quam oblatam occasionem editor
horum annalium dimittere nolui, quin veteri amico proventas tarn diatarnae
industriae ipse quoque ex animi sententia congratalarer et omnia bona
atque fortunata precarer.]
* transposuit Wilamowitzius 'de Lycophronis Alexandra' p. 14.
Jahrb&cher für class. philol. 1838 hft. 3. 10
146
GKnaack: Euphorionea.
TÖ fäp KoX^cavTO ßoTTipec 6tti {ki Traxpibijci ßodiv direOi'iKaTO
KÖTrpotc. Lyc. 91 (de Paride agitur) ou TraTpöc KÖTrpouc
CTCtßovTa ßaKTUüV ßoucTdOjLiuJV. — Kpil (avis Bcaeva) Eaph. fr. 4 ;
hfc, 512. — KuraiKfi de Medea dictum Lyc. 174, hinc Euph. fr. 10
correxit Raibelius p. 507. — KiJXp€ioc Euph. fr. 17 ; verba nondum
emendata sunt, sed formam Kuxp€ioc servandam esse docet Lyc. 451
(versum Euphorionis scboliaste Lyc. adscripäit). — öxOilpflC Euph.
fr. 92; öxOripdv Lyc. 1030, öxönP*A»v 1361. — Troiq)üEavTOC Euph.
fr. 96; noKpvlex Lyc. 198. — ttöttoic (deis) Euph. fr. 99; iröiroi
Lyc. 943. — irpiiviie (de urbis eversione dixit) Euph. fr. 16; Tipi]-
vixO^VT€c Lyc. 1006. — ^atßriböv (iv Aiovücuj kcxtivöti Etym.
Flor. p.260); ßaißifi Lyc. 917, ^aißoici 238. — fTu^cppTiCToTo alirfic
Euph. fr. 84 ; Tuq)piiCTdv X^irac Lyc. 420 (cf. Parthenii fr. 45 Tu-
q)pilCTtov aTiroc), ttAtujv TucppTiCTiujv 902. — x<^P^va {leonem)
Euph. fr. 47; xäpujvoc Lyc. 455. 660; x<^P^V 260. — fitiica Euph.
fr. 51; i|iic€Tai Lyc. 639.
n.
Assidua Alexandrae lectio multo magis elucet e fabulis Eupho-
rioni communibus cum Lycophrone. quo duce haud pauca fragmenta,
quae adhuc incerta vagantur, certo carmini vindicare conabimur.
a rebus Troianis initium capit Alexandra Lycophronea, fabulas Tro-
ianas saepius legimus celebratas ab Euphorione: haec igitur inter se
conferenda sunt, iam videamus singula.
Servius ad Verg. Aen. 11 32
(fr. 150)
ut Euphorion dicit^ Priamus ex
Ärisha filium vatem suscepit. qui
cum dixisset quadam die nasci
puerum^ per quem Troia passet
everti^ pepererunt simul et Thy-
moetae uxor et Hecuba^ quae
Priami legitima erat, sed Pria-
mus Thymoetae filium uxo-
remque iussit occidi.
Lyc. 224 sqq.
ILlTlö* A l C a K € i UJ V OÖjiÖC UJ9€X€ V
naifip
XPncMiJ^v dTTÜücm vuKTiq)otTa
beijuaTQ,
Mi^ bi Kpuipai Touc bmXoOc utt^p
Trärpac
jLioipqi T€q)pu)cac fvxa Ainivatip
Tiupi*
OÖK Sv T0CUJVÖ6 KUji' dlT^KXuCeV
KaK(JL)V.
et 319 sqq.
Tv' äX^a TTdirnoü kqI x^tMCUvi-
öoc' ^öpoi
Tf^c Xa6povu^q)Ou TTÖpTioc
MefiiTM^voi
CKÜ^Vip K^XWVTQl, TTplV Xaq)ü-
iacOai Tdvoc,
TTplv 4k Xoxeiac 'ivxa x^iXaicai
bpöcuj.
* cf. Euph. fr. 128 xa^aic^vai bi ol ^irl toO ^öd({K)uc koikii(i^€voi
A^ovrai irapa €CKpop(uivu
GEnaack: Eaphorionea. 141
qaae scholiasta sie enarrat: ^Tr€iörj 9aciv 'GKdßr] fcxev dbcXcpfiv
KiXXav KttXouji^VTiv, f^ dyaiii'iOri tuj SujuoCtij. TTpiäMOU bk xp€i-
Ofi^vou iv ZeXeiq. ncpi xfic ßaciXeCac ixpr\cQr\ aÖTUj dveXeiv Tf|v
V6UJCTI T€TOKUTaV KQI TÖ TCWriG^V. f TÜX€ bk f\ fifev '€KdßTl T€KoCca
TÖv *AX€iavbpov, fi bk KiXXa töv Motjvittttov. 9€icdjLi€voc
oöv Tflc '€KdßTic dveiXev tt^v KiXXav Kai töv Tiaiöa auxflc Moü-
viTiTTOv. Xa0povufi9ou bk biÖTi XdGpa tiij TTpidM({j djiifVüTO,
dq)* ov €Tx€ TÖV Mouvittttov. ergo Cilla, Lycophronem si audimus,
paelex fuit Priami, cum Euphorio teste Servio axorem eam dixisset
Thjmoetae, id qaod confirmatur a Tzetze, qui postquam Apollo-
dornm (III 12, 5) exscripsit, haec addit (ad 224): ö bk TTpiajiOC
dvri TOÜTUJV dvcTXe KiXXav ^k Gu^oiTOu Kpuq)atuj Tdjiuj (?) töte
TCVvrjcavTOC Mouvittttov.' apparet Vergilii Yersus primi^sque Thy-
moetes duci intra muros hortatur et arce hcari sive dolo seu iam
Troiae sie fata ferehant hac fabula ex Euphorione petita haud inepte
esse explanatos a Servio, etsi dubitare licet, num poetam Cbalciden-
sem respexerit poeta Mantuanus. adiungimus Euphorionis fragmen-
tum 151, quod idem Servius (ad Aen. II 79) servavit: nee immerito
Vergüius Sinoni dat et faUaciam et proditionis officium , ne muUum
discedat a fahfda y quia secundum Euphorionem ülixes haec
fecit. ne bic qaidem deserit Lycopbronem 779 sqq.:
baipiXfic
ccppayic fi^vei Göovtoc iv TTXcupaic fii
XÜTOici T€Tpav9eTca, idc 6 Xu)li€ujv
dTT€TKoXdTTT€iv dcT^vaKTOC oiv^cei
^Kouciav cjLiiubiTTCt TTpocjiidccujv bojLiri ,
ÖTTuuc TTaXeücr] bucjueveic KaiacKÖTTOic
Xiußaici Kai KXauBjLioici cpriXtiucac TTpöjiiov.
Iliupersidos quidem poeta apud Hom. b 244 speculatorem induxit
Ulixem sua ipsius manu turpiter deformatum (auTOV juiv ttXiit^CIV
d€iK€Xir]Ci bajLidccac), sed quem Helena bola nedum Priamus aliusve
Troianorum agnoverit. ipsis vero Lycopbronis verbis efficitur ülixis
astutia deceptum esse regem; ergo Sinonem (de quo cf. Lyc. 340
sqq.) consulto neglexit Eupborio^ qui ne ligneum quidem equum
^ Cillas Pelopis auriga audit, cf. quae disserui 'quaest. Phaethont.'
p. 57. de Arisha egit Dionysius Chalcidensis in scholiis Euripideis ineditis
apud Schw^Hrtz ^m^Ianges Graux' p. 652. cf. quae disseraerant Toepffer
'quaest. Pisistrat.' p. 75, Wellmann 'comra. philol. Qryph.' p. 57 sq.,
ego p. 36. ceterum moneo Tzetzae coinmentariis uti me potuisse a Pottero
Oxonii a. 1697 editis ('Lycophronis Alexandra cum I. Tzetzae commen-
tariis cura I. Potteri'). •* Thoas Andraemonis filius est — nam procul
habendus Troianus, a quo ö tV]V jLiiKpäv MXid6a ^pdipac (pr]c\ TpwQf\vai
TÖV 'Obucc^a . . ÖT€ €lc Tpoiav dviqpxovTO <öuc|Li€V€ic add. Tz/> schol. —
qni una cum Ulixe certamen singulare cum Hectore subiturum se esse
pollicetur Hom. H 168. socius est Ulixis S 469 in insidiis contra Tro-
ianos collocatis. locus memorabilis, cui semen fabulae a Lycophrone
nescio quo auctore relatae inesse credideris. Sinonis dolum indicat 340 sqq.
ßapuv Tiupcöv cave ne Autenori, quamquam etiam bic proditoris partes
suscepit, tribuas, cum metaphorice dictus sit.
10*
148
GEnaack: Euphorionea.
satis tritum commemorandum sibi esse duxit: Trepi ToC boup€(ou
tmrou ö eöq)op(ujv q)Tici TrXoTovTCV^cOai toic "GXXticiv Ittttov
XcTÖMCVOV (fr. 120).^ Aesacam Priami filiam patriae yaticinatam esse
excidium comperimus , excidium Troiae celebratum esse ab Eupho-
rione non solum e fr. 120 sed etiam 153 (hunc Coroebutn stuUum in-
ducit EupJwrion, quem et Vergüius seguitur Serv. ad Aen. II 341)
elucet : ergo cetera quoque fragmenta ad res Troianas spectantia car-
mini illius, quod modo lucrati sumus, inserere licet, sunt vero baec :
Ljc. 264 sq. (de Achille dicit)
TÖv q)tXTaTÖv cou tujv ätacTÖ-
pujv Tpöq)iv
riTiijou T€ Tiaxpöc dpirdcac
jicrdipctov.
Lyc. 657 sq.
Iva q)Oap^vTUJv äTTcXov Xmuiv
q)iXujV;
b€Xq)ivöcTi|iOV KXüÜTra Ooivi-
KTic Gcäc.
fr. 125 (ap. schol. Lyc. 266 cl.
Porphyrio ap. scbol. Hom. f 314)
CxTicCxopoc TOip KQi eöq)0-
piuiv Kai 'AX^Havbpoc 6 AItuj-
Aöc o\ TTOiTiTai q)aci töv "'Gk-
TOpa ulöv eTvai 'AttöXXuj-
voc.
fr. 126 (schol. Lyc. 658. cf. Plut.
de soll, animal. 985^)
CxTicixopöc q)Ticiv 'Obuc-
c^a d7TiTficdcTrlbocq)^p€iv beX-
q)Tvoc TÜ7T0V. Kai Giiq)opiujv
öjLioiujc TOUTijj cu^q)6^TT€Tai.
reliqua auctoritate Lycophronis non sunt confirmata: fr. 58 (de
AeacoNeptuni Apollinisque in moenibus Troiae aedificandis adiutore),
56 (de veriloquio nominis Achillis), 61 et 81 (de Iphigenia, fr. 129
procul habendum)*, 80 (de Tanagraeis, qui expeditionis Troicae
participes esse noluerunt) , 107 (de Palamede aleae inventore) , 59
et 75 (de Nestore et medico Graecorum et oratore). quae si quis
inter se coniunxerit reputaveritque quot versibus exprimenda fuerint,
Carmen, cuius perpauca fragmenta aetatem tulerunt, satis fuisse
amplam mecum opinor statuet. Euphorio igitur qao iure Homericus
a Gratete (AP. XI 318) vocari potuerit intellegitur, neque est quod
dubitemus quin saepius vestigia Homeri presserit; cui imparem se
esse ipse confessus est fr. 62 Moucat TroirjcavTC Kat äTTpoTi|iacTOC
"Ojaiipoc.^ sed etiam Beditus Graecorum celebravit.
fr. 55
f\ o\ MouviTov ula t^kc TrXojii^vtu dvi ujpuj*
dXXd i CiOoviTic' t€ Kai ^v kvti|lioiciv 'OXuvOou
dTpu)CC0v6' ä|Lia TiaTpl TreXuüpioc ^Kravev ubpoc.
^ hanc fabulas ezplicandi rationem illustravit Kaibelias p. 508. cf.
Triphiodori exe. Troiae 184 €0Ed^€VOi bi\ In^na Aiöc xXauKdimbt KoOpn
lirirciiiv Ccircuöov ^c ÖXxdba. ** cf. Wilamowitsium Hermae XVIII
259 sqq. Laocoontis fabulam non fuisse celebratam reetc dixit Kobertus
'bild und lied' p. 209 — sed quae in Hermae vol. XXII 459 de ca rc
dispatavit dnbitationi obnoxia sunt, ergo c fr. 152 nihil mcroorabile
coUigi potest. '' idero fere coniectura assecutns est Meinekius p. 31
(aliter Robde 'griech. roman' p. 23, 1). '^ Ci6ov{r| Tzetzes, corr. Kaibcl:
genetivum verum esse e loco Hegesippi (?) mox laudaudo efficitur.
GEnaack: Eophorionea. 149
quae quo spectent docet Lycophro 495 sqq.
TÖv ttot' €lc \ixoc
XaGpaTov aÖTÖKXriTOc Ibaia nöpic
f| Cujc* elc ''Aibriv KEeiai KaiaißdTic
Oprjvoiciv ^KTaKcTca , M o u v i t o u tokcic.
6v örj ttot' dTPiwccovra KpiiCTiüVT]c ^Xic
KxeveT TraidHac iTT^pvav &fp\[\) ß^Xei ,
öxav t€k6vtoc alxMOtXujTOc k x^poc
fl TraTpojLiriTUJp töv bvÖ94J TeOpajiifi^vov
ßdXq veoTVÖv cKUjLivov.
Wilamowitzius quidem ('aus Kjdathen' p. 138) Mouvixou TOKdc
scribendum esse coniecit, sed refutavit eum Kaibelius 1. s. s. p. 507
versibus Euphorionis imitatoris adlatis. Acamantis cum JLiaodice
consuetudo explicatius narrata est ab Hegesippo, si dis placet, apud
Partbenium (narr. amat. 16). sed novissima verba xpdvou bk
TTpoiövTOC Yiveiai iqj 'AKdjiavii xAöc Motjvitoc, 5v utt' AiGpa
Tpaq)^VTa jicid Tpoiac dXujciv bieKÖjLiicev in' oikou* Ka\ auxöv
ÖTipeuovTa iv 'OXüvGip xfic GpdKTic öq)ic dveiXev adeo
concinunt cum Eupfaorioneis , ut summa me subeat dubitatiO; num
recte margini adnotarit litterator kiopei 'HirnciTTTroc MiXriciaKUJV
<TTaXXTiviaKUJV corr. Wilam.^ a'. an putas e verbis simplicibus tri-
tisque xP^^vou TTpo'iövTOC et GripeuovTa iy 'OXuvOip rfic 0p(jiKTic
öq)ic dveiXev exquisita illa ttXojli^vljj ^vi aipip et CiGovlnc T€ Ka\ dv
KViifioiciv *OXuv8ou dTpuiccovG' . . fKiavev öbpoc esse conformata?
at Hegesippum ipsum manibus non terimus; terimus epitomen Par-
tbenianam. audio; tamen bistorici orationem ampullis Eupbo-
rioneis caruisse paene certum est. accedit quod fides litteratoris
illius ceteroquin probi atque eruditi non tanta est, ut omnibus locis
tuto possis illi confidere. Eupborionem Parthenius saepius excerpsit,
id quod litterator ipse testatus est; itaqueexitum fabulae Hegesippo
eripiendum, vindicandum Euphorioni conicio ; de reliqua fabula quid
statuendum sit salva fide grammatici dubitare licet, nam neglegenter
excerpsisse Partbenium vel inde sequitur, quod de Laodices fine plane
nihil comperimus. quam terra biante haustam esse fidem facit Ly-
cophro 316 sqq.
Tf]V jLiev auTÖTrpejLivov f\ TOKdc kövic
XavoOca k€u9|liuj x^iceiai biacq)dTOc
Xeijccoucav äTr\v dTXiTrouv cievaTjLidTUJV
yideturque congruisse eius imitator, siquidem Wilamowitzius ('Hom.
unters.' p. 341, 12) nihil aliud inesse in Pausaniae narratione satis
obscura (X 26, 8) recte statuit: is enim postquam Lesche auctore
Helicaonem Laodices maritum in Nyctomachia vulneratum captumque
esse narravit, in hunc modum pergit: ^ttgito dv oflv irj MeveXdou
Ktti *Obucc^ujc KTibejLiovia nep\ oTkov töv 'AvTrjVopoc (patris
Helicaonis) ^ribe ec toO 'eXiKdovoc ttjv T^vaiKtt fpTOV bucjuevfec
UTiö 'ATa^^^vovoc Kai MeveXdou f^v^cGai. €iiq)opiujv bfe dvf|p
XaXKibeuc cuv oubevl ekoTi xd ic Tf|v AacbiKtiv dTroirice. quam-
IdO GKnaacki Enphorionea.
quam in Unta testimoniorum pennria quis est qai mentem poetae
assequi audeatV paulo plura de Calcbante Mopso Amphilocho quales
fuerint apad Eaphorionem discimus.
fr. 46 (Servius ad Verg. ecl. 6, 72, ' _ ...
agitur de Gryneo nemore) ! ^y^' ^^^ ^^^'
in quo Kluco} aliquando Caklias Tpiccouc bi rapxucouci Kepxd-
et Mop8U8 dicuniur de periiia du ; 90U vdTiai
vinandi inier sc hahuisse certamen, j "AXcvTOC ouk fiTruiSe KauriKac
et cum de pomarum arboris cuius- ^ ttotäv.
dam contenderent numero , stetit 1 töv ^^v MoXoccoö KuneuDC Koi-
gUma Mopso; (^praey cuius rei ^ tou kukvov
dolore Caldias inieriit. hoc autem*c\)öc TrapanXaTXÖ^VTa 6n-
Duphorionis continent carmina/. XeiaCTÖKUüV,
quae Gallus transtuUt in sermo-' 6t* elc öXuv6u)v öfipiv £Xku-
nem laiinum. cac C09f|v
TÖV dv6d^iXXov auTÖc ^k
^aVT€U^dTU)V
C9aXelc laucei töv fie^op-
^^VOV 7^ÖT^0V.
certamen Calchantis cum Mopso iam Hesiodus vel quisquid fuit
Melampodiae poeta versibus celebravit*, quem , si fides habenda ebt
Servio'^ Euphorio secutus est; OepCKubtic bi 9TICIV uv npoßaXeiv
{tkuov töv KdXxavTQ, nöcouc fx€i xoipouc, töv bk elnciv 6ti
Tpeic, J)v 2va eflXuv dXnBcucavToc bk dnoeavcTv uirö Xutttic
(8trabo XIV 643)", quem Lycopbroiiis auctorem fuisse dicerem,
nisi fuissent qui aliter narrarent: ol bk töv fiev KdXxavTQ npo-
ßaXetv Tf| V UV 9aci , töv bk £piv€Öv kqI töv fitv etireiv TdXqö^c,
TÖV bk \ir\. ä7To6av€iv bk unö Xutttic kqi KttTd ti Xötiov: latet
igitur auetor. " de Mopso et Amphilocbo concinunt poetae Chal-
cidenses
* Htrabo XIV 642 'HcCoboc ^^v ouv oOrui nuic öiacKCudJIci töv ^06ov'
trpoTclvai Tdp ti toioOto tui Mö^fip töv KdXxavra'
BaOjid ji' dx^x kqt^ 6u^öVf ^pivcöc öccov ÖXOveujv
oGtoc ix€x ^iKpöc trcp iibw ctiToic Av dpl6^öv;
töv ö* diT0Kp(vac6ai
Mupioi clciv dpiOfiöv, drdp ^^Tpov tc m^imvoc*
cTc bi iTcpicccOci, TÖV ^1T€v6^^€v oö K€ öuvaio.
OJc <paTo Kai ccpiv dpl6^öc iriyTv^oc ctöCTO ^^Tpou.
Kai TÖT€ b9\ KdXxavra liXoc Oavdroio KdXuHfc.
*° fidcB Servii qnodam modo augetur versibiis Vergilii ab illo explicatis:
hon tibi dant calamoM, en accipe, Musae^
Atcraeo quot ante teni
Alt tibi Orynei nemorin dicatur origo,
nequU sit lucus, quo te plus iactet Apollo,
«' cf. WiUmowiU 'Hom. untcri.» p. 178. 22. KOhlert 'rUtscl und ge-
sellschaftsspiele der Griechen^ p. 38. qni tit sensnt fübnlarum de £co
et Buc egrofrie explicuit VHehn 'caltorpflanieii* ' p. 612. '* aliter
Lycophro 979 a Tcctxe ineptissime impognatos, cum alinm auctorem
■eoQtns Bit. quem Timaeum fuiBse e Tsetce ad 1047 et Etjm. M. 63, 3
efficitur, adde Strab. p. 284.
GEnaack: Eupborionea.
151
Eaph. fr. 50 (laudatus a schol.
Lyc. et Tzetze)
TTüpafiov T^x^€VTa, nöXiv ö'^k-
Ticcaio MaXXöv,
i\c Tiipx bripivG^vie^' KQKoqppdbec
dXXrjXoiciv
Möifioc 'AMqpiXoxöc re Kai Skpitq
tbnpivO^vTec
dXXlcToio TTÜXac
Jßav 'Aibovfioc.
>iOuvdE
Ljc. 439 sqq.
boiol bk ^eOpuDV TTupd^ QU
npöc ^KßoXaic
auTOKTÖvoic cqparoiTci Ar]paivou
KUV6C
b^il0€VT€c ttlx^dcouci XoicGiav
ßof]V
7rupTU)V U7TÖ TTT^pvaici TTa^qpu-
Xou KÖpric.
alTTÜc h* dXißpibc 6x\iOQ iv ^€T-
aixiiiiu)
Mdtapcoc dtvÄv i^piiuv CTaGri-
ceiai 5
ibc jLifi ßX^TTUiCi Mn^^ vcpT^-
puiv ^bpac
buvT€C qpövtü XouG^VTQC dX-
XrjXuüV Tdqpouc.
qnae bene explicat Strabo (XIY 675) eodem scilicet auctore usus
atque Ljcopbro: . . MaXXöc . . KTicjüia 'AjnqpiXöxou kqI Möipou toO
'AiröXXuJVOc Kai MavTOÖc, irepl iLv iroXXd ^u0oXoT€TTal . . töv
Tdp Möipov q)acl Kai töv *A^q)lXoxov ^k Tpoiac ^XGövTac KTicai
MaXXöv eil' 'AimqpiXoxov de "ApTOC direXGeiv, bucapecificavTa bk
ToTc ^K€i TrdXiv dvacTp^ipat beupo , dTroKXeiöimevov bfe Tflc koivuj-
viac cu^ßaXeiv €ic jLiovo|üiaxiav irpöc töv Mövpov, irecövTac ö'
djLiq)OT^pouc Taqpfivai, <dXXd> ixx] iv diröipei dXXrjXoic. Kai vOv
oi Tdqpoi beiKVuvTai Trepi Mdrapca toö fTupdiüiou ttXticiov. ^* ad
Beditus denique referendum est fr. 154 (apud Serviutn ad Aen.
III 16) Euphorion et CaUimachus hoc dicunt etiatnj quod Äenum (oppi-
dum Thraciae) dicatur a socio Ulixis illic sepuUo eo tempore quo
missus est ad frumenta portanda. fuit Aenus frater Gunei (Steph.
Byz. s. V. AIvoc), praeterea nihil de illo viro videtur esse traditum.
lam vero eo res est deducta, ut cuinam operi Eupborioneo
Troica inserenda sint et quaeramus et diiudicemus. solvenda autem
est quaestio tribus versibus incerti poetae a Plutarcho (de sera num.
vind. 557^) laudatis, quos Euphorionis esse Lycophro docebit. et
Plutarcbus ita quidem disputat : dp' oöv OUK dTOTTUiTepOC TOUTUiV
{I) 6 'AttöXXuüv el OevedTac diröXXuci touc vöv ^|Liq)pdEac tö
ßdpaGpov Kai KaTOKXucac Tfiv x^pov Stracav auTÜüv öti irpö
XiXiujvdTuüv, ujc q)aciv, 6 'HpaKXfic dvacirdcac töv Tpiiroba
töv jiavTiKÖv eic Oeveöv dirriveTKe; (II) CußapiTaic bk (ppalujv
^' dualem a Meinekio neglectnm retineo; qnod si verum est, plura-
lem iu extremo versu sequeuti corruptum esse sequitur. ^* cf. Tzetzes
ad 980, ubi ex Apollodori bibliothecae parte deperdita se hausisse ipse
profitetur (Wilamowitz 'Hom. unters.' p. 179, 24). aliorum testimonia
nolni congerere.
152
GKnaack: Euphorionea.
diTÖXuciv Ttüv KaKujv ÖTQV Tpiciv öX^Opoic iXactüVTai tö ^1lVl^a
Tfic AeuKttbiac "Hpac; (III) kqi ^f|v ou noXüc XPÖvoc, d<p' oö
AoKpol Tr^|üi7T0VT€c €10 Tpoittv Ti^TiauvTai xäc TTopG^vouc — sequun-
tur hezametri, quos una cum bis Lycophronis iambis sub nno con-
spectu componam :
Lyc. 1151 sqq.
ö^€Tc ^jLitJV ^Kan bucceßdiv
TÖiüiiJüv
iroiväc riTfaia t(c€t' 'AtpiCKa
TÖV x^^(^POv TOtC dvufiq)€u-
TOUC xpövov
ndXou ßpaßeiaic TnpoßocKoO-
cai KÖpac.
a^i Kai dva^irexövoi t^^voTc tto-
dv T^ÜT€ boOXai
r^oTai ca(p€CKOv 'AGnvdiic
7r€pl ßuü^öv
vöcq)i xpnö^^voio, Kai el ßapu
Tflpac iKdvoi.
Lyc. 1165 sq.
Oedc ö* Ö9eXTp€ucouct koc-
^oCcai TT^bov
öpöciw T€ 90ißdcouci —
de fabula ipsa ab Callimacho in Aetiis narrata disputare nolo —
conferas quae dixi Tallimacb.' p. 11 sq. — recte sensisse Toupium,
qui primus Euphorioni adsignavit bexametros, persuadere tibi volo.
neque enim genus dicendi ab Euphorione abhorret, et imitatio Lyco-
phronea eadem est quam propriam fuisse illi satis nobis videmur
demonstrasse. hoc si constat, videamus num recte ad Chiliades
rettulerit vir doctus. de Chiliadibus Suidas s. v. €u90piuJV refert:
?X€i hk ÖTTÖGeciv elc toüc diTOCTcpricavTac aÖTÖv xPnMaia, &
irap^ecTO, übe biKTiv boiev kSv elc ^aKpdv* elia cuvarci bid
XiXiujv Itüjv xpncMO^c dTTOTeXccG^VTac. elcl öfe ßißXia e'.
[iTnTpd9€Tai bk i\ tt^^tttti x^^^^^ "€pl xPH^M^v, ibc bid x^Xiiuv
irtüV dTTOTcXoCvTai]. novissima verba quae desunt et in cod. Lei-
densi et in Gaisfordii codicibus BVE uncis inclusit Bembardy,
neque equidem dubito quin addita sint ab interpolatore. is tamen
legit vocabulum £tüüV a Meinekio (*anal. Alex/ p. 15) Heynium secuto
mutatum in ^nujv , cum oraculorum mille annomm eventu probate*
rum magnam fuisse paucitatem adfirmaret. sed ut taceam hoc ipso
vocabulo consilium poetae (bc biKTiv boiev k&v eic juaKpdv aptis-
sime illustrari, quis est qui pauca fuisse talia oracula contendat,
praesertim cum Plutarchus quasi praeteriens tria commemoraverit?
neque est cur poetam in illis commoratum esse putemus: vaticinia
ipsa occasionem longius exspatiandi docto poetae praebebant ergo
(ut dicam quid sentiam) ab oraculo Apollinis, qui Locris virginum
tributum per mille annos solvendum cecinit — x^^i^POV XP<^vov
cum vi quadam dixit Euphorionis auctor — profectus res Troianas
inde ab Aesaci vaticinatione usque ad Graecorum reditus copiose et
M Wellmann: analecta medica. 153
docte narravit Euphorio. cui coniecturae, quam probabilem esse
opinor, hoc addam. satis celebre fuit veriloquium Nauaethi fiuminis,
Cttius ad ripas captivae mulieres Troianae naves Graecorum incendio
fenmtur delevisse (Lyc. 921 c schol. et Tzetza. Etjm. M. 958, 38.
Strab. YI 242. schol. Theoer. 4, 24) : idem fiumen commemoravit
in Chiliadibus (fr.41): Kttl ViXiv 'AcKdviöv T€ ^-^^ Naualeoio.
yersas quidem mancus est, sed Nauaethi commemoratio eo nos rapit,
ut facinus muliebre Euphorioni haud ignotum fuisse statuamus.
denique e carminis inscriptione argumentum petere liceat, quo contra
Meinekium pugnem Meinekio ipso arma suppeditante. etenim Alexan-
der Aetolus aequalis Ljcophronis in Musis haec habet:
utöv 6€pcdvbpoio (loquitur de Timotheo), TÖv fjvecev dv^pa cItXujv
Xpuceiujv tepfjv bf| töt€ x^^iaba
quae optime explicavit 'anal. Alex.' p. 228: «xiXidc idem fere est
quod x^^iC'nipt'c» atque Asinii Quadrati exemplo firmavit immemor
Enphorionis.
Stettini. Oeorgius Knaack.
23.
ANALECTA MEDICA.
1.
Inter ignotiores scriptores qui de serpentibus egerunt a Plinio
Petrichus citatur \ propterea memorabilis quod velut Nicander am-
plam illam de serpentibus materiam carmine illustravit. ' cuius
scriptoris aetas adhue densis tenebris obscurata est': mentio eins
bis apud scholiastam Nicandri^ redit, a quo nihil addiscimus. sed
quocumque tempore yixit Petrichus, hoc quidem summa probabili-
täte suspicari licet eum medicum fuisse: nam omnes scriptores qui
idem tractarunt argumentum, quos quidem accuratius noscamus,
medicinam professi sunt, velut ApoUodorus iologorum dux, Era-
sistratus, Heraclides Tarentinus, Numenius Dieuchis medici disci-
pulus, Sostratus^, alii. cui sententiae aliqua fides accedit ex Plinii
elenchis , in quibus eum inter medicos relatum legimus.
lam yero apud Celsum III 9 et apud schol. II. A 624 medici
cuiusdam Petronis mentio fit, qui Celso teste ante Herophilum et
post Hippocratem id est quarto ante Ch. n. saeculo floruit neque
ignobilis fuisse videtur. quid ? estne incredibile Petronem et Petri-
> Plinii nat. bist. XX 268. XXII 83. auctor Plinio 1 20—27. • Plin.
n. b. XXII 83. 5 cf. Nicandrea ed. OSchneider p. 183 adn. * cf.
Bcbol. Nie. Tber. 557. 628. ^ cf. Aelianus de nat. anim. VI 51. scbol.
Nie. Tber. 760. 764 eum Celso de med. VII 14. Galeno t. XIV p. 184.
XVIII 1 p. 823 K.
154
MWellmaim: analecta medica.
cbum enndem fuisse? an in eo haerendnm est, quod ab aliis Petro,
ab aliis Petricbns nominatur? equidem Fickio ^die gpiecbischen
Personennamen' assentior qni p. XLII et p. 69 utrumqne nomen
plenioris caiusdam noroinis a stirpe TT€Tpo derivati hypocoristicum
esse contendii.
Eundem medicum a Oaleno Pctronam* appellatnm esse col-
ligi potest ex schol. IL A 624 collato cum Galeno XV p. 435 sq.
Ip. 144 E.:
scbol. Hom. BLY II. A 624
Kttl TT^Tpujv bk AlTivrJTTic
laipöc, inei bi' fvbeiav 47titttuj-
cic vöcuiV T^voiTO (corr. EMaass,
libri TP(St(pil)) kqI oTvov Kai Kp^a
7rpoc^9€p€v dvanXTipaiv tö Xci-
irov Tfic 91JC6UJC.
Gal. XV p. 435 sq.
cTpriiai bk Kttl ÖTTÖ 'epacicrpd-
TOU KQTd TÖ irpÜUTOV ßißXiov
TTCpl TTUpCTÄV ttUTO T€ KOM] XÜCIC
auToG öid TQX^uiv xe xat ca9wc
dKoXouOricavTOC auTOu tuj 'Itttto-
KpdT€i TTdvTr). bi€X6uJV tdp iy
Tip Ttpoeipim^vip ßißXdu Touc
dvavTiUJTdTaic dTUiToTc in\ toiv
TTUpCTTÖVTUüV XpUiM^VOUC iOTpOUC
ToOc T£ jLiaKpaTc dctriaic Kaia-
TTOVOOVTaC TOUC KdjLIVOVTaC Kttl
TTeTpuüväv töv Kp^a t€ Ka\
oTvov ötbovTa imq>iQM)\ 911CI
KQTd XÖiv oÖTiüC eqs.
ex Homeri scbolio Aeginetam fnisse Petronem sequitur; deinde eum
ab Erasistrato in libro nepl TTupeTuiv adhibitum esse Oalenus docet.
n.
In scboliis Nicandreis doctrina band roediocri excellunt eae ad-
notationes quae ad plantarnm historiam medicinamque ex eis pctitam
pertinent. quas unde arcessiverit scboliasta nostra plurimum interest
scire: landantur Diocles dv Ti!p ^iIoTO^iKifi , Anacreon dv Tip Tiepl
f^iIoTOMiKffc, Apollas dv TCp irepl ßoTavuiv, Miccio dv tiD irepl pxlo-
T0^lKuuv, Cratenas dv Tqj p\Z0T0\i\Ktjb. qnos omnes scboliastam oculis
perlustrasse nemo erit qui contendat: iromo haud scio an solam ex
eis Cratenam adbibnerit, qui saepias landatnr eique aetate erat proxi-
mus. inter adnotationes illas nonnullae cum Dioscoride medico arte
vincnlo cobaerent eaque sunt indole, ut ad Crateuam redire neqneant ;
de quarum fönte certiora docebo.
Scbol. Nie. Ther. 764 de persea arbore pauca eaque mirabilia
excerpsit ex Sostrato et Bolo Äfendesio. et argumentum et totius
narrationis indoles congruit cum Dioscoride I 187.
• cf. GalenoB XV p. 437. Xm p. 64S K.
MWellmann: analecta medica.
155
schol. Nie.
6 KpaVOKOXdTTTTlC iv TQIC 7T€p-
ceiaic öpdrat, ibc CibcTpaToc
iv T^^ nepl ßXTiTdiv kqi
baK^TUJV. Tf)v bk Trepceiav
qKxciv, f)v f^obttKiv^av KaXoCciv,
OLTTÖ Al6ioTT(ac elc ATtutttov
|i€Ta9UTeu6vivai. B üü X o c ^ bk
6 AimOKpiTeiOC dv TOI
ircpi cujLiTTaGeioiv Ka\ dvTi-
iraOetuüv TT^pcac qpriciv ixov-
Tttc nap' iamoxc Gavdci^ov
<puTÖv qpuTeCcai iv AItütttiu
ibc TToXXuiv jLieXXövTUJV dvaipe-
8ifjc€c6ai, Tf|v bk draOriv oöcav
de TouvavTiov imeiaßaXeiv noi-
fjcai T€ TÖ qpuTÖv Kapnöv tXu-
KUTttTOV.
Diosc.
irepcda bdvbpov ^ctiv 4v
AiTÖTTTiu Kapiröv (pipov ibibbi-
^lov, eucTÖ^axov ^9* ou xai
id X€TÖ|üi£va KpavoKÖXaTTTa 9a-
XdTTWX eupicKCTai . . toOto bk
icTÖpricdv Tiv€c dv TTepclbi
dvaipeiiKÖv etvai, jLieiaTeSfev bk
elc ATTUTTTOV dXXoiuiöf]vai Kai
dbuübijLiov T€V&9ai.
s
quem concentum ita explicandum esse puto, ut ntraque narratio ab
auctore communi pendeat: etenim Dioscoridem, qui semel in scholiis
Nicandreis (cf. scbol. Ther. 52) landatur, hoc loco scholiasta in usum
suum vocare non potuit, cum auctorum nomina apud Dioscoridem
desint. habes igitur scriptorem a Dioscoride Nicandrique scholiasta
sdhibitum, qui Bolum Mendesium et Sostratum in usum vocavit,
deinde post Sostratum id est primo ante Cb. n. saeculo exeunte
floruit/
Deinde quae de nasturtio exbibet scbol. Nie. Tb. 41 admodum
similia sunt Dioscoridi II 184:
scbol. Nie.
TÖ bk Kdpbafiov bpiJLIU KQl
ttXtiktiköv kqi TTupiJubec*
bi6 Ktti Xeixnvac d7T0C|irix€i,
X^TTpac ^KTpißei, fivGpaKttc
^riccei, fmuTiva Kaidtei,
Trpöc cuvouciav iTreitei,
t6 veöpov Tri öep^ÖTriTi kivouv
bld TaUTtt TTdvTtt XCtX€7Tf]V ToTc
Oripioic ^KTTveT dva0u|üiia-
civ.
Diosc.
KdpbajLiov . . GepjLiavTiKÖv,
bpi^ü, KaKOCTÖjLiaxov, |koi-
Xiav Tapdccov Kai ?X|iiv0ac ^k-
TivdccoV; cTtXfiva jueiouv, f/ißpua
90€Tpov, ^lijUTiva KIVOUV,
cuvouciav Tiapopiüiüöv . .
dTTOCjLirixei Xdirpac, Xeixn-
vac . . 9u|iia0fev bk ipixeiä
bituKCi Tpixac T€ ^eoucac dir-
^X€i Kai fiv0paKac irepip-
pf|TTei TTUOTTOlOUV.
causam cur nasturtium ad complexus venereos incitet, non affert
Dioscorides: ergo fieri non potest ut scbolium Nicandreum ad eum
^ Boli narratio bis apud Galenum redit VI p. 617. XII p. 669.
^ cf. de Sostrati aetate quae in quinta sententia controversa dieser-
talionis meae 'de Istro Callimachio^ (Gryph. 1886) significavi.
156
MWellmann: analecta medica.
revocetur. iam yero ex quonam fönte Qtrinsque scriptoris doctrina
desumpta sit quaerenti Plinias respondebit, qui XX 129 sq. eadem
fere de nasturtio ac Dioscorides tradit:
Plin. XX 129 sq.
Sextius adicU ustum (sc.
semen tiasturtii) serpentes fu-
gare . . alopecias emendare
addiio sinapi . ,porriginem et
ulcera capitis cum adipe an-
serino. furunculos concoquit
cum fermento. carhunculos
ad suppurationem perducit
et rumpit . . coxendicihus
et lumbis cum polenta ex
aceto inlinitury item licheni
. . quippe natura eius caustica
est, Optimum autem Baby-
lonium.
Diosc.
Kdpba^ov KdXXiCTOV \xkv
etvai boKcT rd ^v tQ Baßu-
ßujvr TravTÖc bi TÖ CTT^pfia
Ocp^avTiKÖv . . 6u^ta6^v
bk ^pTTCTa biiüKet rpixccc
T€ f^eoücac ^TT^x^i Kai äv-
OpQKac TTepipprJTTei ttuo-
TTOIOOV CUV öEoic bk Kai
dX9(T0ic KaTanXacd^v
icxtabiKOUC djq)€X€i Kai
olbrjjLiaTa Kai 9X€TM0väc
bia9op€ibo6tfivdc xe ^kttuoT
CUV äX^lJ KttiaTiXacG^v.
Plinius in enumerandis remediis multus est; Dioscorides etsi multa
omisit , tarnen in eis quae a Plinio Sextio Nigro auctore proferuntor
ita congruit cum Plinio , ut de fönte dubitari nequeat. nolim hno
referre qnae apud Plinium § 127 et 128 antecedunt: qnae unde
desumpserit Plinius non licet pro certo affirmare. id qaidem certum
est Dioscoridis et scholiastae de nasturtio praecepta ex Sextii libro
TTcpi uXiic* petita esse, en habes scriptorem quem post Sostratum
floruisse supra statuimus.
Quodsi recte disputavimus , ad eundem scriptorem omnia quae
Dioscoridi et scholiastae communia sunt referre licebit. huc per-
tinent quae de sulfure explicant schol. Nie. Tb. 44 et Diosc. V 123:
scbol. Nie.
TÖ bt Gciov Kai dc9aXToc
äiicpn) ßapuob^a Kai irveuMa-
TiKd' öiö Kai fjLijüinva f^nTvuet
Kai Kardppouc Tcttici Kai X^npac
Kai 9aK0uc dKXeaiveu tö 6eTov
öpOÖTTvoiav biaXuei Kai XiiOap-
tiKOuc iJTTo6u^llu^€VOV dviiiciv.
f| bt äc9aXT0C iniXllTTTlKOUC dK-
rapdccei . . ou öauMacxöv <oöv>,
d Kai Toic Gripioic TOiauia
ivoxXei.
Diosc.
. . ßflxdc T€ Kai djLiTTÜouc Kai
dc6^aTiK0uc dü9eXei £v \b(\i Xa^-
ßavö^evov Kai uttoOu^iuijlicvov
. . Kai X^npac, ?ti bk Xcixnvac
Kai övuxac Xenpouc alpei T€pe-
ßivGivq ^lx8tv ^iixivi]- cuv öE€i
b^ Karaxpiö^evov ttoi€i ^^v Kai
npöc X^TTpac, aipei bk Kai dX-
90UC* läTaiKaicKopTrCujv irXnTdc
. . Kai TTpöc KÖpuZIav bk Kai
Kardppouv iroi€i . . Kai XiiOap-
TIKOÜC (sc. 8€paTT€U€l) ÖTT06u-
JLilU)^€VOV . .
• cf. de Sextio Nigro quae Teoffel RLG. § 266, 7 disseniit.
MWellmanB: analecta medica.
157
desunt apud Dioscoridem qnae de bitumine a scholiasta adnectuntur :
ergo Dioscorides scbolii fons non fuit.
Porro conferas 8chol. Nie. Tb. 71 cum Diosc. I 134
Diosc.
Stvoc f[ XuTOC . . TÖ b' fivGoc
i\ jLi^v TIC XeuKÖv ciiv tijj ötto-
TTopqpupiJovTi, f| bfe 7Top<pupouv
9^p€i . . 6 bfe KapTTÖc aÖTf^c
TTivöjLtevoc ßoTiGei GTipiobrJKTOic,
cttXtivikoTc, ubpujTriKOic . . ibvö-
jLiacxai bk fiifvoc bid tö xdc iv
Toic Gec^oqpopioic dirveuoücac
TuvaiKQc de ijTTÖCTpui^a xpfl-
c0ai aÖT^ . .
scbol. Nie.
TÖ bfe ÄTVOu ßpua XeuKd
irpdc dvTibiacToXfjv t^9€ik€V,
inei ?cti kqi jLidXac dTVOC. tto-
XuavGfic bi dcTiv 6 XÜToc toO
difvou, 8v ^v ToTc OecjLioqpopiotc
UTT€CTptüVVUVTO ttl TUVaiKCC.
dvTiTipäTTei tdp npöc cuv-
OUCiaV blÖ KQl fitVOC X^Y^Tttl,
firOVÖC TIC UJV . . TÖ bfe CTT^piüia
ToO äyvou Kttl TTivö^evov diraX-
XdTT€l TÄV TTUPCTIÜV Kttl TTOICI
Ibpilrrac, übpuiTTiKoTc tc xal
cttXtivikoTc ßoTiOet elc kuctiv ^k-
xaBaipojLi^vuüv tüüv ufpiöv . /° I
perinde ac Dioscorides scboliasta duo agni genera distinguit, perinde
semen eius lienosis et bydropicis prodesse tradit. quae plura praebet
de agni semine febrem solvente sndoremque excitante , ea ex eodem
fönte iluxisse Plinius XXIV 59 sq. docet; is enim adeo concinit cum
Dioscoride, ut de communi fönte dubitari nequeat: nonmuUum a
salice vitüiu/m usu distal vitex, foliorum quoque adspedu, nisi odore
gratior esset, Graeci lygon vocanty alias agnon^ quoniam matronae
Thesmophoriis Atheniensium castüatem custodientes his foliis cuhUus
sibi sterntmt. duo genera eius . . prima album florem mittit cum pur-
pureo^ quae et Candida vocatur, nigra quae tantum purpureum . .
semen potum vini quendam saporem habet et dicitur fehres sölvere et
cum unguantur oleo admixto sudorem facere . . hydropids et lienihus
perquam utües. cf. praeterea schol. Nie. Tb. 520 et Diosc. III 113,
scbol. Nie. Tb. 60 et Diosc. III 37, scbol. Nie. Tb. 67 et Diosc.
III 40 et Plin. XX 245 sq.
Nieandri igitur scboliasta eodem fönte usus est atque Dioscori-
des : quem fontem Sextium Nigrum esse ex Plinio necessario con-
sequitur. altioris est indaginis quatenus Sextius a Dioscoride in
usum Yoeatus sit: sed cum de Nieandri scboliasta solum modo aga-
tur, vela contrabenda sunt, at quaestio oritur nova eaque gravis-
sima, cuiusnam commentarii Nieandrei doetrinam scboliasta referat.
res si quid video ad probabiles rationes perduci potest. apud scbol.
Nie. Tb. 94 de daueo pauea adnotantur, eadem docet Dioscorides
III 76:
^^ cf. schol. II. A 105. quae Aelianus de nat. anim. IX 26 de agno
narrat ex Sostrato petivit.
158
MWellmann: analecta medica.
Diosc.
ö bi TIC aÖTiXiv . . dpu)^aTlu-
briC, bpl^UC KQl €U(JUbllC f€UO-
JLI^VU) KQl Txvp\ijbr\c . . TÖ b^
CTT^piüia 7r6vTU)v öuva^lv ix^i
6€p|üiavTiKr|V 7nvö^€vov dM^rj-
vuiv . . ÄTurröv Kai crpöqpuDV
dnaXXaKTiKÖv , ßriX^v xpoviiwv
npauvTiKÖv . .
8chol. Nie.
buo f4.vr\ Tf]c ßoTdvTic, f| ^tv
KpriTiKrj, f| bi, 'AciaTiKrj (?). TT X o u -
xapxoc TrXeiova ^dv q>r\Q\ fivr\
aÜTTic etvai, tö bi koivöv Tf\c
öuvdjLi€U)C Ibiuj^a bpl^u xal nu-
pwbec, (bc kqI f) T^ucic aic6ä-
v€Tai Ka\ öcqppricic Kai neipiu-
^€Vov bf\kov elvai. Kai Toip
f^^11V0l KIV61 cqpöbpa Kai bia-
Xüei cxpöqpouc t^ 6€p|üiöttiti
Kai Tiüv TTcpl TÖv OuipaKa
CTrXdtxviwv KaGapTiKÖv Kai
irpOC^Tl T€ M^IV XCTTTUVTIKÖV
?X€i cG^voc.
a scholiasta duo dauci genera nominantnr, alterum Creticam, alterum
Asiaticum (?) : contra Plutarcbus plura esse genera contendit. idem
Plinius refert XXY 110 eodem fönte usus atque Dioscorides: dauci
genera quaJttuor fecU Petronius Diodotus^ quaepersequi nihü attinety
cum sint differentiae duae^ prohatissimi in Greta ^ mox in Achaia et
ubicumque in siccis nati . . alterum dauci genus non recte a scho-
liasta Nicandri Asiaticum nominari patet : 'Axatl'Krj scribendum esse
conicio. vides igitur a Plutarcho Petronii Diodoti sententiam rela-
tam esse : ergo Plutarchus eum auctorem adhibuit« apud quem doctri-
nam et a Plinio XXY 110 sq. et a Dioscoride III 76 servatam repperit»
itaque a Plutarcho auctorem illum et Dioscoridi et scholiastae Nican-
dreo communem adhibitum esse quamvis pro certo nequeat diiudi-
cari, tamen valde probabile est. quid? Plutarchus ille nonne idem
est qui a Stephano Bjz. s. v. Kopömi inter Nicandri interpretes
enumeratur: o\ bk UTTO^vimaTicavT€C auTÖv 6dujv Kai TTXouTapxoc
Kai AiiMilTpioc ö <t>aXiip€uc 9aci eqs.
£rgo si recte disputavi, ex Plutarchi commentario Nicandreo
adnotationes illas de quibus egimus desumptas esse veri est simil
limum.
Stettini. Mazimiliamus Wellmann.
ADDENDA
fr. Euphorionis 92 qaod attuli p. 146 integrum servatum est ap.
Etym. Flor. (Miller melanges p. 76) öcHiTcpi^v Otrcp^cxc kqI öxOiip^c
fcpaveCiic. — ad p. 15*2. Saidae verba in hunc fere modum transponenda
sunt: xPn^MoOc 6ia x^XCuiv £tuiv diroTcXccB^vrac. G. K.
Dioscoridem et Plinium ex Sextio Nifrro doctrinam medicam de-
sumpsisse CMayhoff coniecit nov. lucubr. Piiu. (Lips. 1874) p. 7 adn.
idem Petronii et Diodoti uomina falso a Plinio ita eoniuncta esse iu-
tellexit, ut unus scriptor videatur esse. cf. Diosc. praef. libri I. Krot.
8. V, viiuirov. M. W.
ThBreiter: zu Sophokles Antigone. 159
24.
Zu SOPHOKLES ANTIGONE.
285 ^KpuTTTOV auTOv, öcTic äjüiqpiKiovac
vaoijc TTupu)cuJV fjXOc Käva6rj^aTa
Kai t>iv ^Keivuüv kqI vö^ouc biacKebwv;
Nauck sagt mit recht: 'noch anstösziger ist ff\v dKeivuJV, das land
der götter.' erträglicher findet er die Umstellung:
voouc dKcivuiv fjXGe xdvaGrijLiaTa
KQi tnv nupijücujv usw.
dabei würde denn das anstöszige ^KcivuiV dem sinne nach doch auch
zu TT1V zu ziehen sein, ja bei vaouc noch überflüssiger werden, aber
in dKeivujv sehe ich eine corruptel. irre ich nicht, so fordert die con-
cinnitftt der rede ein zu vaouc und dvaOri^aTa passendes participium.
ich schlage vor zu lesen :
vaouc £p€iipu)v fjXOe Kdva6i^|iaTa
Kai THV TTupuicuJV Kai vö|üiouc öiacKCbatv ;
392 dXX' f) f dp Iktöc Kai Trap' ^Xiribac xapci ^sw.
wer wie Wecklein für die yulgata eintritt, erklärt : 'ein freudiges er-
eignis, welches auszer dem bereich der hofifnung liegt, und von dem
man das gegenteil erwartet hat.' ob damit die tautologie beseitigt ist,
sei dahingestellt; darin wird man Wecklein zustimmen, dasz beide
attribute zu X^P<^i ^^^ ^^^ ^^^^ lesen möge, sinnverwandt sein
müssen, nun liegt bekanntlich der hauptanstosz auf dem gramma-
tischen gebiet, da Seyfferts Stottoc von den schriftzügen der Über-
lieferung weit absteht, so musz man für ^ktÖC etwas näher liegen-
des suchen, was Schubert in seiner ausgäbe (1883) gibt: dXX' f) f dp
eiKÖc Kai Trap' eXrribac xctpd — wofür sonst stehen würde dXX' f|
Top Trapd tö eköc Kai Ttap' dXTribac x^pd — mit der bemerkung
'de praepositione dTTÖ KOivoO posita cf. Lobeck. ad Ai. 206' scheint
mir selbst für eine krause botenrede zu kraus, mit änderung von
auch nur einem bucbstaben ist kürzlich vorgeschlagen: dXX* f) Tdp
^VTÖc . . ich gestehe dasz diese leichte änderung mir am wenigsten
zusagt. f\ dvTÖc X^P^ würde nur das innerliche frohsein, das herz-
liche gefühl der freude sein; x] Tiap' ^XTiibac X^P^ i^^ ^^^^ d^ freu-
dige ereignis, welches gegen hoffen und erwarten eintritt, man müste
also X^P^ ^Q verschiedenem sinne bei ^VTÖc und bei irap' dXTribac
fassen, was ich nicht für richtig oder zulässig halte, ich glaube darin
Wecklein und Schubert beistimmen zu müssen, dasz auch in dem
ersten attribute zu X^P^ ^^^ überraschende eintreten des freudigen
ereignisses ausgedrückt sein soll, ich schlage vor:
dXX' f\ tdp aiqpvTic Kai irap* dXTiibac x^pd.
wenn man bedenkt, wie k und q> häufig verwechselt werden (vgl.
V. 414 dKTibrjcoi für dqp€ibr|COi Bonitz), so wird die dem sinne an-
gemessene änderung nicht als zu gewaltsam erscheinen.
Hannover. Theodob Breiter.
160 OApelt: EU Platons apologie [lO«"].
25.
Zu PLATONS APOLOGIE.
19« Kai oux iwc diijLidZujv X^t^ Tf|v toioüttiv dTTiciViMiiv, ei nc
Tiepl Toiv ToioiJTUiv coqpöc icTiv ^rj iriwc dfw öttö McXtitou
Tocautac b(Kac qpuTOijLir dXXd fäp liioX toutujv, d) ävbpec
'A6r]vaiot, oub^v ^^tcctiv. den durch den druck hervorgehobenen
Worten jiirj . . qpÜYOl^l einen befriedigenden sinn entlocken zu wollen
ist eine vergebliche mühe; das lehrt ein blick in die erklSrenden
ausgaben, dasz es aber anderseits auch nicht zulässig ist die worte
einfach zu streichen, wie es neuerdings Schanz gethan, wird wenig-
stens derjenige finden, der es für nötig hält, dasz ein grund für diesen
vermeintlichen einschub nachgewiesen werde, vielleicht führt die
erkenntnis dessen was der Zusammenhang fordert zu einer ange-
messenen herstellung der worte. Sokrates deckt die Ungereimtheit
auf, die darin liegt, dasz man ihn durch die anklage zu einem natur-
philosophen, zu einem physiker stempeln will, 'dies forschungs-
gebiet' sagt er ^liegt mir so fem, dasz ich nicht das geringste davon
verstehe, dies soll indes nicht heiszen , dasz ich diese Wissenschaft
und ihre Vertreter etwa gering achtete, nein, ich wünsche ihnen
alles gute, wünsche ihnen vor allen dingen, dasz sie vor dem Schick-
sal bewahrt werden mögen, wie ich durch Meletos mit gerichtlicher
Verfolgung behelligt zu werden — nur dasz ich mich mit diesen
dingen befasse, soll man nicht behaupten.' wenn das dastünde, so
würde es, glaube ich, jedermann für sinngemäsz und treffend er-
achten, und hat es nicht vielleicht ursprünglich dagestanden? die
bessern hss. , vor allem der Clarkianus, haben zwar \ir\ ttujc, allein
der letztere zeigt uj in rasur und über ^f\ ttuic von jüngerer band
ein TTOT* übergeschrieben, geringere hss. haben noch einige nicht
weiter erwähnenswerte abweichungen. das deutet auf einen alten
schaden an dieser stelle hin. ich meine , sie hat ursprünglich so ge-
lautet: ^f^ TToO' übe tfw UTTÖ MeXrJTOu TOcauTac öiKac 9UT01.
dasz nach eindringen des ersten fehlers die änderung des 9UT01 in
tpOf oi^i die notwendige und selbstverständliche folge war, liegt auf
der band, man könnte femer daran denken, das glied el Tic . .
C09ÖC £cTiv von dem vorigen loszulösen und zu diesem satze zu
ziehen, also nach dTTiCTf^jniiv stärker zu interpungieren und das Semi-
kolon nach £cTiv in ein komma zu verwandeln, allein es scheint
doch richtiger es bei der bisherigen Verbindung zu lassen und die
besprochenen worte als mehr parenthetische anfügung zu betrachten»
Weimar. Otto Apelt.
ChClasen: kritische bemerkungen zur geschichte Timoleons. 161
26.
KRITISCHE BEMERKUNGEN ZUR GESCHICHTE
TIMOLEONS.
(fortsetzuDg von Jahrgang 1886 s. 313—319.)
Dasz in der gescbicbie der eroberung von Syrakus durch Timo-
leon Plutarch und Diodor verschiedene quellen benutzt haben , und
zwar ersterer den Timaios, Diodor dagegen den TheopompoSf habe
ich an anderer stelle nachgewiesen, die darstell ung Plutarchs ist
im höchsten grade tendenziös, sie ist ein fortlaufender beweis der
wunderbaren €UTUXiot des Timoleon. dies zeigen schon die worte
TUX11 und euTUxioii die in dem kurzen abschnitt nicht weniger als
«Ifmal vorkommen, sowie die zahlreichen ausdrücke ähnlichen in«
halts. das wunderzeichen im tempel von Hadranon weissagt ihm
«ein künftiges glück, das sich sofort darin zeigt, dasz 1) viele städte
und der tyrann Mamerkos sich ihm anschlieszen , und 2) Dionysios,
der den schimpflich besiegten Hiketas verachtet, den siegreichen
Timoleon aber bewundert, letzterm die bürg übergibt, dies geschah
50 tage nachdem er Sikelien betreten hatte (ttic bt Aiovuciou
bucTuxioc irapaXÖTOu qpaveicric oux fJTTOv f| Tl^oXtovTOC
ct&Tuxia TÖ Gau^acTÖv fcx€V. ^trißdc tap CiKcXiac iv fjjLi^paic
7r€VTr]K0VTa usw. c. 16). beEdimevoc ö* 6 Ti|ioX^uJv Tf|v dvÄTticTov
euTUxioiv, heiszt es dann weiter c. 13, schickte er unter Telemachos
und Eukleides 400 mann in kleinen abteilungen in die bürg. Diony-
sios wurde von Timoleon nach Korinth gesandt. Plutarch sagt nicht,
wo Timoleon nach der schlacht bei Hadranon bleibt; man kann ver-
muten in Hadranon oder Katana, dessen tyrann sich ihm jetzt ergibt
und von wo aus er später agiert. Hiketas belagert nun die bürg und
sucht den Korinthem die zufuhr abzuschneiden; er ruft Mago herbei,
welcher in den groszen hafen mit einer flotte von 150 schiffen ein-
läuft und mit 60000 mann in der stadt lagert. Timoleon schickt
aus Katana seinen leuten getreide, Mago und Hiketas ziehen aus,
um diese stadt zu nehmen ; da Neon, der commandant der bürg, dies
bemerkt, macht er einen ausfall und bimt Achradina. Mago segelt
schimpflich mit der flotte nach Africa zurück; Timoleon rückt mit
4000 mann gegen Syrakus und erstürmt Epipolai, so dasz er im be-
sitze der ganzen stadt ist.
Dies der bericht Plutarchs, welchem die neuem geschieh tschrei-
ber durchweg gefolgt sind; ganz anders ist die aus Theopompos ge-
schöpfte darstellung Diodors. nach dem glücklichen tiberfall bei
Hadranon sucht Timoleon dem flüchtigen beere des Hiketas voraus
zu kommen, legt in eilmärschen den weg bis Syrakus zurück und
ersteigt plötzlich und unvermutet von norden her die höhe von Epi-
polai. schnell macht er sich zum herrn dieses Stadtteils , und als
Hiketas zurückkehrt, siebt er sich auf Achradina beschränkt, die
Städte Hadranon und Tyndaris, wo die aristokratische partei die
Jahrbücher für cUss. philol. 1888 hft. 3. 11
162 ChClABen: kritische bemerkungen zur geschichte Timoleons.
Oberhand gewinnt, schlieszen sich ihm an und senden ihm bedeu-
tende truppenmassen (cxpaTiiuTac ouk öXitouc) , ebenso der t3rrann
Mamerkos von Eatana (buva^iv dEiöXotov ^X^^v), viele castelle tre-
ten zu ihm über, und endlich langen 10 korinthische schiffe mit
hilfstruppen an. inzwischen sind die Karthager mit ihrer flotte von
150 segeln in den grossen hafen gegangen, das landheer hat bei'
der Stadt ein lager bezogen, bald jedoch verläszt Mago den osten
ganz und begibt sich in die epikratie. Timoleon hat durch jene Ver-
stärkungen neuen mut gewonnen, rückt gegen Sjrakus heran, be-
siegt den Hiketas und erstürmt Achrad ina. als Dionysios sich von
dem Sieger belagert sieht und nicht hoffen kann sich gegen ihn
lange zu halten , läszt er sich überreden mit Timoleon einen vertrag
zu schlieszen, nach welchem er die herschaft niederlegen und die
bürg dem Timoleon übergeben, Sikelien verlassen und nach dem
Peloponnes auswandern, sein privatvermCgen aber ungeschmSlert be-
halten soll.
Vergleichen wir diese beiden darstellungen mit einander, so ist
diejenige Diodors freilich nicht so ausführlich und zusammenhängend,
aber doch frei von aller tendenz und Parteilichkeit sowie von allen
übernatürlichen wundem ; das einzige wunderbare (dXof öc Tic xal
irapdboEoc ^€TaßoXll) ist der abzug Magos. wenn Diodor sagt, dasz
Timoleon den weg von Hadranon nach Sjrakus bpo^atoc zurück*
legte, so versteht sich von selbst, dasz es nicht heiszen kann *im
laufschritt', ebensowenig wie öpöjLiip bei Herodotos VI 112 (öpö^if>
YevTO ic Touc ßapßapouc), was Leake und neuerdings Delbrück ge-
zeigt haben , und bei Thnkjdides VI 87 , wo die Athener den weg
von Leon nach Epipolai bpö^^J zurücklegten , diese bedeutung haL
wenn an den beiden genannten stellen , wo die entfemung nur acht
Stadien beträgt, öpö^oc eine andere bedeutung haben musz, da hier,
wie allgemein zugestanden wird , der laufschritt eine physische Un-
möglichkeit ist, um wie viel mehr an unserer stelle, wo der weg
400 Stadien beträgt! und dasz der Sikeler Diodor das gewust hat,
dürfen wir doch wohl annehmen, sonst müsten wir ihm alle denk-
fähigkeit absprechen, und ich könnte mir nicht vorstellen, dasz er
das werk verfaszt hätte, welches wir von ihm haben. bpojiiaToc heiszt
also 'in eilmärschen'. und was war natürlicher als dasz Timoleon
nach errungenem siege mit seinen siegesfrohen truppen Syrakus,
das ohne feldherrn und hinreichende verteidigungsmannschafb war,
zu überrumpeln suchte? wenn wir also bpcjuaioc so erklären, gehört
der zug nach Syrakus durchaus nicht zu den 'sachlichen Unmöglich-
keiten', wie Meltzer meint, sondern war das einzig richtige, was
Timoleon thun konnte, wenn er daran denken wollte herr der stadt
zu werden; und so allein kann die Übergabe der bürg erklärt wer-
den, das haben auch Grote und Holm richtig gefühlt, crsterer läszt
mit Diodor den Timoleon nach der schlacht bei Hadranon vor Syra-
kus rücken, 'weil dies die spätem Vorkommnisse (einnähme von
Ortygia) deutlicher und verständlicher macht'; nach besetzung von
ChClasen: kriÜBcIie bemerkuiigen zur geschichte Timoleons. 163
Ortygia habe er die nmgegend von Sjri'akus verlassen und sei nach
Hadranon zurückgekehrt, ähnlich nimt auch Holm (gesch. Siciliens
n 8. 198 und in der topographie von Sjrakus) den zug gegen Sjrakus
als notwendig an, um die Übergabe der bürg zu erklären, unterläszt
aber zu sagen, dasz er und wohin er zurückkehrte. Arnoldt und
Meltzer folgen Plutarch, ebenso Lupus in der deutschen bearbeitung
der Holmschen topographie von Sjrakus.
Flutarchs darstellung von der Übergabe der bürg ist ganz un-
glaublich : Dionysios wartet die entscheidung des kampfes zwischen
Hiketas und Timoleon nicht ab; dem Timoleon, der in der ferne
weilt, ergibt er sich auf gnade und ungnade und überliefert ihm die
bürg ohne bedingungen daran zu knüpfen ; der einzige grund ist das
OaujLid2[€iv. nach Timaios auffassung ist gerade die akropolis von
Sjrakus ein geschenk der götter. und mit welchen Schwierigkeiten
war das ganze verbunden I trotz der Wachsamkeit des Hiketas und
der groszen karthagischen flotte sendet er einen boten an Timoleon,
dieser wieder 400 mann in kleinen abteilungen in die bürg, und end-
lich kommt Dionysios selbst unbehelligt heraus; das ist bei dem
engen fahrwasser im kleinen hafen unmöglich, da müste man frei-
lich sagen: entweder ist die euTuxict des Timoleon oder die nach-
iSssigkeit seiner feinde eine auszerordentliche, und so äuszert sich
auch Grote: ^so zeigten die gÖtter wieder dem Timoleon ihre gunst
durch eine ungewöhnliche Verbindung von umständen und dadurch
dasz sie den feind mit blindheit schlugen.' der feind ist in der ge-
schichte Timoleons nur gar zu oft mit blindheit geschlagen, nach
Diodor ist Timoleon herr der ganzen stadt und bat keinen andern
feind mehr vor sich, da ist für Dionysios wenig hoffnung sich auf
die dauer zu halten, aber er ergibt sich dem Timoleon nicht etwa
auf gnade und ungnade, sondern es kommt zu dem oben erwähnten
vertrag, dieses haben aus Diodor wiederum die meisten neuern dar-
steller als notwendig angenommen ; aber wie konnte von Timoleons
Seite von 'Verhandlungen' und 'bedingungen' die rede sein, wenn er
gar nicht herr der stadt war, wenn es mit unendlichen Schwierig-
keiten verbunden war, ja ganz aussichtslos schien , seinerseits diese
bedingungen erfüllen zu können? er konnte weder dem Dionysios
versprechen ihn aus der bürg zu bringen und ihm sein vermögen zu
lassen, noch konnte er wiederum trotz des Vertrags hoffen die akro-
polis in besitz zu nehmen, eine combination, wie sie hier die meisten
neuem geschichtscbreiber gemacht haben, ist nicht zulässig und
verwickelt in Widersprüche, zunächst haben wir die diametral ent-
gegengesetzten berichte Plutarchs und Diodors streng zu scheiden,
die frage ist nicht die, wann Plutai'ch und wann Diodor die gemein-
same Urquelle am sorgfältigsten und ausführlichsten excerpiert hat,
wie Volquardsen (untersuch, über Diodor s. 98) und Meltzer (gesch.
Karth. I s. 516. 518) sie formulieren, sondern ob Theopompos oder
Timaios einer zuverlässigen quelle gefolgt ist und die thatsachen
richtig dargestellt hat.
11*
164 ChClasen: kritiBche bemerkungen zur geschichte Timoleona.
Nach Plntarch ist es das glück Timoleons und die dnmmheit
der gegner, welche auch später ihm den sieg bringen, dem Timoleon
gelingt es schiffe mit getreide in die bürg zn bringen von Katana
aas; statt nnn, um dies zu verhindern, wachsam zu sein und den
kleinen hafen abzusperren, ziehen Mago und Hiketas ans, um Eatana
zu belagern; die zurückgebliebenen sind natürlich so sorglos, dasz
es Neon gelingt Achradina sofort zu erobern, es ist aber doch un-
glaublich, dasz beide oberfeldherm so thCricht sein konnten S3rrakus
zu verlassen, um Eatana zu nehmen, während in Ortygia auch noch
die feinde saszen. Meltzer meint, sie hätten dadurch die erobemng
der bürg, die so wie so gefallen wäre, beschleunigen wollen; das
konnten sie aber nicht durch eine vielleicht langwierige belagerang
Eatanas, welches sie zu wasser und zu lande hätten einschlieszen
müssen, nach Plutarch ist es zweifelhaft, auf welchem wege sie
gegen Eatana auszogen (c. 18 dS^TrXeucav . . lirireuc), aber wahr-
scheinlich giengen sie sowohl mit der flotte als auch mit dem land-
heere dorthin ab. als sie in der nähe von Katana sind, also am zwei-
ten tage (denn der weg beträgt höchstens zwei tagemärsche) , da
erreicht sie die botschaft von der niederlage; wenn der reiter sie
noch vor Katana erreicht, müste Neon unmittelbar nach ihrem ab-
marsch den stürm unternommen und den sieg sehr schnell errungen
haben, kehren die feinde nun in eilmärschen nach Syrakus zurück,
so sind sie wieder vor der Stadt am dritten tage nach ihrem abmarsch.
nun ist es aber doch unmöglich , dasz Neon in der kurzen zeit die
verfallenen mauern zwischen Achradina einerseits und Neapolis an-
derseits sowie die verbindungsmauem zwischen Ortygia- Achradina
herstellen konnte, und wie hat er mit seinen 2400 mann die 5 km.
lange Westseite von Achradina auch nur einigermaszen besetzen und
gegen die grosze Übermacht der feinde verteidigen können? und
hier konnte er nicht einmal seine ganze macht verwenden, da er die
Südwestseite nach dem sumpfe hin und die akropolis nicht unbesetzt
lassen konnte bei dem anmarsch der feinde.
Die korinthischen hilfstruppen können nur durch einen auszer-
ordentlichen glückszufall von Rhegion nach Sikelien übersetzen und
durch die grenzenlose nachlässigeit des karthagischen admirals. Timo-
leon marschiert mit nur 4000 mann gegen Syrakus, und als dies dem
Mago gemeldet wird, zieht er aus furcht ab: dies die alberne erzäh-
lung Plutarchs. bei Diodor heiszt es doch etwas anders : Hadranon,
Tyndaris und Mamerkos schlieszen sich ihm an mit bedeutender
macht, dann erhält er die mannscbaften vieler qppoupia und die
korinthischen hilfstruppen, so dasz wir nach Diodor sein beer auf
mindestens 10000 mann schätzen können, als die Karthager hören,
dasz Timoleon groszen anhang auf der insel findet, ziehen &-ie ab in
die dTTiKpareia. Timoleon rückt gegen Syrakus heran nach Diodors
nieinung erst als Mago abgezogen ist, und besiegt nunmehr den
Hiketas. Qrote sagt mit recht, dnsz Timoleon, der sich mit 4000
mann fdr stark genug hielt der maszlos gröszem Übermacht der
ChClasen: kritifiche bemerknngen zur geschichte Timoleons. 165
feinde sich gegenüber zu stellen , bei einer vernünftigen berecbnung
wenig aussieht auf sieg zu haben schien ; ich meine, man müste seinen
zag, wie Plutarch ihn darstellt, vom militärischen Standpunkt aus als
das tollkühne wagnis eines unverständigen abenteurers bezeichnen.
Amoldt nimt an, Timoleon habe von der zwischen Hiketas und Mago
bestehenden misstimmung gewust, ehe er vor Syrakus rückte, da-
von weisz Plut. aber nichts : nach ihm zieht Timoleon gegen Syrakus
in dem glauben hier Mago und Hiketas als seine gegner zu finden, und
am tage nach dem abzug Magos erscheint er vor der stadt zur schlacht
bereit und erfahrt da erst was vorgefallen, das unternehmen ist aben-
teuerlich und unglaublich. Grote wendet gegen Diodors erzählung
ein, dasz Timoleon Epipolai zuletzt genommen haben musz, da es
der stärkste teil von Syrakus war; allein es war gewis schwieriger
diesen Stadtteil mit 4 — 6000 mann zu erobern zu einer zeit wo
Hiketas ihn besetzt hielt, als durch eine Überrumpelung die vom
commandanten verlassene höhe zu nehmen, die geschichte der erobe-
rung selbst ist bei Plutarch wegen mangelnden details unverständ-
lich, die feinde flohen natürlich alsbald, und Timoleon hatte keinen
verwundeten, geschweige einen toten, die leichte eroberung kann
Grote auch nur durch die annähme erklären, dasz die Soldaten des
Hiketas keine lust hatten gegen Timoleon und für die herschaft des
Hiketas zu kämpfen, dasz hier die 'sage' mitspielt, erkennt auch
Holm an , und das schnelle entkommen des Hiketas glaubt er damit
erklären zu können^ dasz Timoleon ein thor freigelassen habe, durch
welches er nach Leontinoi entkommen konnte.
Was endlich den plötzlichen abzug Magos betrifft, so können wir
aus der richtigen, aber leider zu kurzen und lückenhaften erzählung
Diodors doch den Zusammenhang der Vorgänge erkennen, während
Timaios in seiner feindlichen Stellung gegen Hiketas alles verdreht
hat. Entella war von den Karthagern abgefallen, und es scheint auch
sonst im karthagischen gebiet gegärt zu haben ; sie senden ein beer
nach Sikelien, müssen aber für ihre Unternehmungen ruhe vor den
tyrannen Ostsikeliens haben und bieten ihnen frieden an, be-
sonders dem mächtigsten derselben, dem Hiketas (Diod. XVI 67, 1);
über die bedingungen schweigt Diodor, doch lassen sie sich aus dem
folgenden leicht ermitteln: die Karthager sollten dem Hiketas zur
herscbaft über Syrakus verhelfen und ihn zunächst gegen Dionysios,
dann gegen Timoleon unterstützen, sei es nun dasz ein Wechsel
im oberfeldherrnamt stattfand und der neue general Mago einen an-
dern weg einschlug, oder dasz es von Karthago aus so angeordnet
war: als sie ihren zweck erreicht hatten, waren sie nicht willens den
mächtigen, energischen und klugen Hiketas zum herrn von Syrakus
zu machen; die Karthager suchen sich den bedingungen zu entziehen,
zumal als Timoleon kommt: denn sie wünschen dasz die aristokra-
tische partei , mit welcher sie immer gegen die demokratie und ihre
mächtigen tyrannen verbündet sind, durch diesen erstarke, daher
lassen die Karthager den Timoleon sowie die korinthischen hilfs-
UKi CfaCbuen: kritische bemerkangen zur geecbichte Timolcons.
trupp^o ruhig nach Sikelien kommen , stehen dem Hiketas in der
Hchlacbt bei Iladranon nicht bei , liegen unthStig im hafen and am
lande , und al» Timoleon schon Epipolai inne hat und mit einer be-
deutenden macht heranzieht, hat Mago einen Torwand, nach dem er,
wie Plutarch hier richtig sagt (c. 20 xp^^Iovn TrdXai Trpoq>ac€U)c)
bchon lange gesucht hat, gefanden, um abzuziehen, dasz Hiketas
ihn mit ulier macht zurflckzuhalten sucht und an die erfüllung der
Vertragsbedingungen mahnt, ist selbst verstSndlich; dasz es bei der
unthfttigkeit der Karthager in letzter zeit zu Streitigkeiten zwischen
Hiketas und Mago gekommen, ibt sehr wohl mOglich. Mago hat den
Hiketas geteuhcht, und als er jetzt plötzlich fortgieng^ legten die
Griechen es als hchwttche und feigheit aus, wozu der gegner gar zu
geneigt iht. in Karthago wurde Magos vorgehen, dh. der jetzige ab-
zug aus Sjrakus, nicht gebilligt: er wurde verurteilt; ob hierzu poli-
tische gegner mit beigetragen haben , wissen wir nicht, da wir über
die internen karthagischen Verhältnisse zu wenig unterrichtet sind.
es versteht sich hiemach von selbst, dasz nur Diodor recht haben
kann mit der angäbe, daaz Mago in die epikratie gegangen ist, wie
Arnoldt und Meltzer richtig angenommen haben, während Holm in
seiner topographie von Sjrrakus und Grote ihn mit Plutarch nach
Africa schiffen lassen.
Dasz Plutarchs erzählung von dem ganzen Vorgang nicht richtig
sein kann, liegt auf der band, besonders wenn wir noch bedenken,
dasz dil' hauptmasse des karthagischen heeres wie immer Iberer,
Kellen, Ligurer und Africaner bildeten und nicht etwa griechische
Söldner, wie es nach Plutarch scheinen könnte, letztere machten in
dem groszen karthagischen beere einen so verschwindenden teil aus,
dasz uie durch einen abfall Mago durchaus nicht gefährlich werden
konnten, den neuern forschern ist es bisher nicht gelungen eine ge-
nügende erklärung zu finden. Holms Vermutung von einer Verbin-
dung Magos mit Hanno, welcher den versuch machte in Karthago
die tyrannid zu erwerben, ist von Meltzer (jahrb. 1875 s. 747) wider-
legt; wenn dieser meint, dasz es jetzt in erster linie gelte die epi-
kratie zu sichern , so kam dieselbe noch gar nicht in frage ; ebenso
wonig kann Mago einen verrat des Hiketas oder den Timoleon ge-
fürchtet haben.
Wir müssen also der nüchternen , unparteiischen darstellung
Diodors gröszere glaubwürdigkeit beimessen als der tendenziösen
und sagenhaften Plutarchs, die obendrein noch viele Widersprüche
und sachliche Unmöglichkeiten enthält, es ist dem Diodor hoch an-
zurechnen dasz er , obgleich ihm der ausführlichere Timaios vorlag,
dennoch in der erzählung der Vorgänge vor der eroberung neben
ihm den Theopompos benutzte und so ein unparteiisches und ge-
rechteres bild des Hiketas zeichnete, die eroberungsgeschichte aus
diesem allein schöpfte, während Plutarch nicht nur den Timaios aus-
schrieb, sondern auch dessen tendenz noch schärfer ausprägte. Dio-
dor hat uns so die möglichkeit geschaffen an der Theopompischen
ChClasen : kritische bemerkungen zur geschichte Timoleons. 1 67
Erstellung die einseitigkeit der Timäischen erkennen und beurteilen
zu können.
£in menscbenalter nach den ereignissen schrieb Timaios , der
seit seiner Jugend den eindrnck von Timoleon als einem ideal und
götterliebling hatte, in Athen seine sikelische geschichte nieder und
^ejenige Timoleons wohl noch bedeutend später; er folgte in letz-
terer mündlichen berichten , welche im laufe der langen zeit sagen
und anekdoten in groszer menge aufgenommen hatten, besonders war
man auf der aristokratischen seite im Zeitalter des Agathokles be-
strebt den Timoleon in den himmel zu erheben und seine thaten herlich
auszumalen, die sagen, die sich um das haupt des Timoleon gebildet
hatten, entsprachen der auffassung des Timaios von ihm, seinem
glauben an die TUXTl und an das unmittelbare eingreifen der götter
in die menschlichen handlungen, und diese seine anschauungen leiteten
ihn in der auswahl der quellen, die ganze geschichte des Timaios
basiert auf einer ersten sage , und diese kann keine andere sein als
die erzählung, dasz Timoleon 50 tage nach seiner landung in den
besitz der bürg von Sjrakus kam; an absichtliche flKlschung des
Timaios ist hier so wenig zu denken wie bei der angäbe ; Timoleon
habe bei der eroberung der stadt keine verwundeten und toten ge-
habt, anders stand Theopompos den dingen gegenüber; kühl und
nüchtern war er hier im stände dichtung und Wahrheit zu scheiden
und das zu wählen , was ihm das wahrscheinlichste war.
Wir kommen jetzt zu der chronologischen frage, bei Diodor
finden wir folgende reihenfolge der ereignisse :
die aufforderung der Sjrakusier kommt nach Eorinth ol. 108, 3
Timoleon segelt ab. schlacht bei Hadranon. einnähme
von Epipolai ol. 108, 4
eroberung von Achradina ol. 109, 1
einnähme von Ortjgia ol. 109, 2
feldzüge gegen Uiketas , Leptines , Enteila . . . ol. 109, 3
Schlacht am Krimisos ol. 1 10, 1
kämpfe gegen die tjrannen. colonisation . . . . ol. 1 10, 2/3
Timoleons tod ol. 110, 4.
a priori könnte man annehmen, dasz Diodor wie in der ganzen sike-
lischen geschichte so auch hier in den chronologischen ausätzen dem
genauen, von ihm selbst (V 1) in dieser hinsieht gelobten Timaios
gefolgt sei ; die geschichte des Timoleon hat Diodor nur zum teil aus
Timaios geschöpft, trotzdem hat er aber seine angaben alle genau
gekannt, in der geschichte der eroberung von Sjrakus hat er Theo-
pompos vorgezogen, hier wird er jedenfalls die Timäiscbe Chrono-
logie , die zur charakteristischen eigentümlichkeit gerade dieser ge-
schichte gehört, verworfen haben, sehen wir uns zunächst die andern
daten an, die dem Timaios entnommen sein könnten, das haupt-
datum ist das der schlacht am Krimisos. eä ist kaum zu bezweifeln,
dasz Timaios dieselbe ins richtige jähr gesetzt hat, es fragt sich nur,
ob wir spuren der Timäischen datierung haben. Plutarch hat hier
168 ChClasen: kritische bemerkongen zur geschichte Timoleons.
so wenig wie sonst in der geschichte Tiiüoleons es fQr der mühe wert
gehalten das jähr zu überliefern; wir sind wieder allein auf Diodor
angewiesen, dieser setzt sie ins jähr ol. 1 10, 1 und hat dieses jähr
wahrscheinlich aus Timaios, aus welchem seine Schilderung der
Schlacht geschöpft ist. das finden wir anderweitig bestätigt. Aga-
thokles ist im j. 361 geboren und 289 gcätorben nach Timaios (irgl.
Meltzer Jahrb. 1875 s. 731); nach Polybios XII 15, der aus Timaios
geschöpft, kam er im alter von 18 jähren nach Sjrakus, also im
j. 343. er ist mit den colonisten gekommen, welche Timoleon her-
beirief, diese colonisation fand nun nach Timaios vor der schlacht am
Erimisos statt, dasz 50 — 60000 mann nicht in einigen wochen oder
monaten aus Sikelien, Italien und Griechenland zusammenkommen,
liegt auf der band: darüber sind drei und mehr jähre vergangen.
Agathokles kam aus Himera und wird einer der ersten ansiedier ge-
wesen sein, welche Timoleons ruf folgten; wenn er nach Timaios
um 343 nach Sjrakus kam , so musz dieser auch die schlacht etwa
drei jähre später gesetzt haben, da er zu dieser zeit die colonisation
als geschlossen betrachtet, also hat auch Timaios die schlacht am
Erimisos nicht früher als 340/39 angesetzt, eine andere frage
wiederum ist die, ob diese groszartige colonisation vor oder nach der
schlacht zum abschlusz gebracht worden ist. nach Diodor fand die
colonisation nach der schlacht und gröstenteils nach dem frieden mit
den Earthagern statt: er sagt XVI 82 oi CupaKÖcioi öiböaci x^poiv
Kttl olKiaC TOIC ßOuXOfl^VOlC fl€T^X€lV Tflc dv CupaKOucoic TToXiTeiac :
fast dieselben werte schreibt er aus dem gedächtnis XIX 2 Ka6' öv
Xpövov TifioXdujv 6 KopivOioc viKrjcac Tf|v iTTiTiu KpiMictu fidxiiv
Touc Kapxn^oviouc fi€TdbujK€ Tflc dv CupaKOÜcaic iroXiTciac iräci
ToTc ßouXofidvoic. diese nachricht entstammt also dem Theopompos;
dann geht er wieder über zu der geschichte des Agathokles: 6 bk
KapKivoc fi€T* 'ATaOoKXdouc TioXiTOTpaqpiiOeic usw. wir haben uns
die Sache so zu denken , dasz Timoleon nach der völligen einnähme
von Syrakus zunächst die Griechen Sikeliens aufforderte nach Sjra-
kus zu kommen, ein teil der colonisation also fand noch vor der
schlacht statt; die hauptmasse der ansiedier aber, diejenigen aus
Italien und Griechenland , ist erst nach der beruhigung des landes
und nach geschlossenem frieden nach Sikelien gekommen, und jeden-
falls nicht, als der krieg mit Earthago in aussieht stand und die
tjrannen noch nicht unterworfen waren, Timoleons ganzer erfolg
überhaupt noch unsicher war. aus Griechenland wird eine grosze
anzahl erst nach der schlacht bei Chaironeia, mit den neuen Ver-
hältnissen in der heimat unzufrieden, auf Timoleons ruf nach dem
Westen gewandert sein, auch wäre es undenkbar dasz, wie Plutarch
erzählt, von einer solchen masse nur 3000 es gewagt hätten dem
Timoleon in den karthagischen krieg zu folgen ; c. 25 heiszt es nem-
lieh: OUTU) KaT€1TXdTT}COV o\ CupOKÖClOl TipÖC TÖ fldT€90C TTIC buVCt-
p€U)C, ificTC fiöXic TH* TifioXdovTi TpicxiXiouc dirö tocoutujv
pupidbuiv ÖTiXa XaßovTac ToXfificai cuv€£6X9€iv. jedenfalls er-
ChClasen: kritische bemerkangen zur geschichte Timoleons. 169
sehen wir aus dieser stelle, dasz Timaios die colonisation fUr ab-
geschlossen hielt , als der krieg ausbrach , während dieselbe in der
that damals erst begonnen hatte, ich glaube also, dasz die coloni-
sation von Timoleon nach der eroberung der stadt angeregt mehrere
jähre foi*tdauerte , hauptsächlich aber nach der Unterwerfung des
Ostens und nach dem frieden mit den Karthagern stattfand : denn
da erst gestatteten die Verhältnisse eine so umfangreiche colonisation^
während Timaios dieselbe fälschlich vor diese ereignisse setzte in
m&iorem Timoleontis gloriam, und zweitens dasz die Schlacht am
Erimisos (und zwar auch nach Timaios) in ol. 110, 1 fiel.
Besonders waren es Volquardsen und Meltzer, welche zu be-
weisen suchten, dasz dasj. 343 dasjenige der schlacht sei; letzterer
hat irrtümlich die angaben Plutarchs und Diodors einfach combiniert^
in dem glauben , dieselben giengen auf ^ine und dieselbe quelle zu-
rück. Volquardsen meint auch, dasz die differenzen zurückzuführen
seien auf die nachlässigkeit Diodors in der. benutzung des Timaios :
er stützt sich auszerdem hauptsächlich auf Plut. Timol. 22. hier
steht aber nur, dasz die Karthager rüsten und die Griechen glauben,
dasz jene £touc ÜJp()i nach Sikelien übersetzen werden ; wenn Plutarch
die landung der Karthager c. 25 meldet mit den werten dv TOUTq>
bi (Während die colonisation von Timoleon ausgeführt, und nach
der besiegung des Leptines uüd Hiketas ein zug in das karthagische
gebiet ausgeführt wurde' Volquardsen s. 100) , so wissen wir dasz
mit diesem dv toutuj ein Zeitraum von mehreren jähren bezeichnet
wird (vgl. dv TOUTUJ in c. 2). gegen das j. 343 möchte ich noch einen
negativen beweis anführen, obwohl ich weisz, wie unsicher die be-
hauptung ist, dasz ein Schriftsteller einer bestimmten sache gedenken
muste. wenn jedoch Timoleon, ein Grieche, im j. 343 einen glänzen-
den sieg über barbaren im westen davongetragen hätte, so wäre es zu
verwundem, dasz Demosthenes in seiner dritten Philippischen rede
(§ 36 ff.), die er ol. 109, 3 (341) gehalten hat, denselben gar nicht
erwähnt, wo er eine parallele zieht zwischen der alten zeit, wo Hel-
lenen über barbaren gesiegt und die freiheit gerettet hätten, und der
Jetztzeit, wo die gesinnung eine ganz andere geworden, so hätte
Demosthenes kaum sprechen können , wären zwei jähre vorher Kar-
thager am Krimisos von Hellenen besiegt worden ; wie viel näher
hätte es gelegen auf diesen sieg hinzuweisen, den Hellenen noch in
der gegen wart mit so geringen mittein über ein barbarisches beer
davongetragen !
Daz zweite wichtige datum in der geschichte Timoleous ist das-
jenige der eroberung der bürg und des endes der Dionysischen her-
schaft, welches gewis so bekannt war, dasz wir kaum zweifeln dür-
fen, dasz zeitgenössische historiker wie Theopompos und Timaios es
richtig angegeben haben, wenn Diodor XVI 7 1 sagt, dasz Theopompos
seine sikelische digression mit der Vertreibung des jungem Dionysios
ol. 109, 2 geschlossen habe, so müssen wir hierin unbedingt dem
Diodor glauben schenken, da er diesen autor genau kannte und
170 ChClasen: kritische bemerkungen zur geschichte Timoleons.
fleiszig benutzte, in dieser digression, welche drei bücher umfaszte,
behandelte Theopompos die geschichte der Dionysischen tjrannis,
und für diese bildete die abführung des Dionysios den natürlichen
abschlusz und nicht die schlacht am Erimisos. nach Theopompos
also endigte die herschaft Dionysios II ol. 109^ 2 mit der einnähme
von Ortygia durch Timoleon. Plutarch sagt dasz Dionysios, nach-
dem er zehn jähre geherscht habe und zwölf jähre von kämpfen and
kriegen hin und her geworfen worden sei, die herschaft verloren
habe. Dionysios aber war im besitz der tyrannis von seines vaters
tode im j. 367 bis zum j. 355, wo er aus der bürg abzog, und nicht
etwa bis zum j. 357 , wo Dion erst den kriegszug gegen Dionysios
begann (vgl. Diodor XV 73 Tf)V hk dpx^iv öiabeEdficvoc ö utöc Aio-
vuctoc dTupdvv€UC€V ^TT] biübcKa, was sich nur auf die erste tyrannis
beziehen kann), im j. 355 wurde er von Dion vertrieben, und nach
zehnjähriger ab Wesenheit (346/5) machte er sich wieder zam
herm der Stadt, wie auch Plutarch selbst ausdrücklich sagt c. 1
£t€i bCKdru) äv^Xa߀ rd irpdTfiaTa iräXtv kqi KaOeiCTrJKei Tupawoc.
dasz Plutarch nicht die erste tyrannis bis zum ausbruch des krieges
mit Dion irrtümlich gerechnet hat, geht hervor aus Plut. Dion 37
(vgl. Diod. XVI 17. Justinus XXI 2) sowie daraus dasz er auch jetzt
die zweite tyrannis nicht mit dem ausbruch des krieges und der
belagerung durch die Syrakusier und Hiketas begrenzt , sondern
mit der eroberung der bürg durch Timoleon und dem abzug des
Dionysios, wie es sich auch von selbst versteht, es ist also klar dasz
die erste zahl bei Plutarch verderbt ist und die stelle c. 13 heiszen
musz: KOTacxüjv hi tquttiv ivt] biubcKa, bu)b€Ka h' &\\a fi€Td
Tf)v Aiujvoc CTpareiav ^v dYuici kqI iroX^fioic biaqpopTiOek. daraus
folgt mit e3ndenz , dasz auch Timaios die eroberung der bürg in ol.
109, 2 und wahrscheinlich in den anfang dieses jahres gesetzt hat.
auch diese datierung findet in der geschichte des mutterlandes ihre
bestätigung.
In einem folgenden aufsatz werde ich die Untersuchung über
die Chronologie der geschichte Timoleons zu ende führen.
Hadamar. Christian Glasen.
PStamm: oc und atque vor consonanten. 171
27.
ÄC UND ATQUE VOR CONSONANTEN.
'Vor vocalen und vor h steht atque ^ vor consonanten ac oder
atque*: so lautet die bisherige, allgemein angenommene regel über
den gebrauch der beiden formen dieser partikel. indessen so un-
zweifelhaft der erste teil dieser regel ist, so sehr bedarf der zweite
der berichtigung und nähern ausführung. nicht immer nemlich darf
vor consonanten atque stehen; vielmehr ergeben sich aus einer ge-
nauem betrachtung und Unterscheidung der einzelnen fälle wenig-
stens in der prosa folgende regeln für den gebrauch von atqm vor
consonanten:
I. atque ist vor consonanten neben ac in ausgedehntestem masze
zul&ssig, wenn innerhalb eines und desselben satzes ein begriff an
einen andern vorhergehenden angefügt wird, zb. dies atque nodes]
decus atque gloria] SüUa atque Marius] magnus atque praedarus;
dictum atque factum ; fortiter atque strenue. der angefügte begriff
besteht meistens nur aus 6inem worte; zuweilen jedoch tritt noch
eine eng damit zusammenhängende bestimmung hinzu, wie Cic.
p. SBoscio 23 nudum eicit domo atque focis patriis (denn so ist zu con-
Btruieren, nicht atque usw. mit dem folgenden zu verbinden, wie unter
11 gezeigt werden wird); Sali. lug. 112, 3 iussu senatus atque poptdi
Bomani] ebd. 62, 1 monet atque lacrumans ohtestatur; ebd. 99, 1
müUes clamorem tollunt atque portis erumpunt] Livius XLII 25, 12
eum accensum restitisse atque voce cLara denuntiasse.
II. atque ist vor consonanten nicht zulässig, sondern nur ac,
wenn ein ganzer satz (gleichviel ob nach einem punctum, kolon oder
komma) oder auch nur ein mehr ausgeführter, selbständiger Satzteil
angefügt wird (insbesondere eine epexegese, wie Cic. de rep. I 71
tuum munus ac dehitum quidem). in diesem falle folgt auf ac sehr
häufig die negation oder eine präposition, eine conjunction oder ein
adverbium. es heiszt also stets: acnon^ acne, ac post, acprimum^ ac
prope, ac iam^ ac tarnen^ ac sic^ ac si, ac saepe^ ac tantum^ ac rursus,
ac deinde usw., nicht atque nofiy atque posty atque primum usw. (es
kann heiszen de instituto atque iudicio meo^ aber nur de instituto
ac de iudicio meo, wie Cic. de o/f. II 1 ; es kann ebenso heiszen pro
tempore atque re, dagegen nur^o tempore ac pro re). auch kann
man einen satz nicht anfangen mit atque quamquam , atque quoniam
oder atque cum ; aber auch ac quamquam^ ac quoniam^ ac cum waren
wegen der zusammenstoszenden gaumiaute nicht im gebrauch ; es
bleiben also übrig die als satzanfänge beliebten formen et quamquam^
et quoniam y et cum^ quoniamque^ cumque.
III. atqus ist neben ac vor consonanten zulässig nach den aus-
drücken der gleichheit und Ungleichheit, ähnlichkeit und unähnlich-
keit, wozu auch simul gehört: denn der gebrauch von ac oder atque
nach diesen ausdrücken beruht ursprünglich auf der unter I fallen-
172 PStamm: ac und atgue yor conBODanten.
den Verbindung zweier begriffe innerhalb desselben satzes (zb. in
dem Satze si idem inieritus esset animorum atque corporum). folgt
jedoch zb. die conjunction si, so steht nach II stets ac, also immer
proinde ac si.
Als beweis für die richtigkeit dieser regeln mögen im folgenden
aus beliebig gewählten abschnitten des Cicero, Caesar, Sallustius
und Livius die stellen mit ac sowie diejenigen, an denen atque
vor consonanten steht, sämtlich verzeichnet werden, wobei die auf
regel II bezüglichen besonders kenntlich gemacht werden sollen«
Cicero acad. 1 8 a Graecis peti non poterant a c post Adii occasum ne
a Latinis quidem — 17 studio atque dodrina — 11 plenam ac refer-
tarn — 18 nostra atque nostros — 19 acprimum — 21 ac de summa
quidem atque naiurali bono — 23 forma atque discriptU) — 27 mate-
riam sine uUa specie atque carentem omni qualitate — 27 secari ac dividi
— 32 notionihus atque rationibus — 37 rede fadum atque peccatum
— 39 mentem atque sensus — || acad, II 13 tot atque tantorum —
15 aliud dicerd atque sentird — 19 sani ac välentes — 32 quaerendo
ac disserendo — 34 animo atque mente — 34 perdpi ac comprendi
— 46 drcumscripti atque decepti — 51 simul ac se commovit —
63 simül ac visum sit — 72 simüiter a nobis de antiquis phüosophis
commemorari atque seditiosi sölerent daros viros . . nominare —
88 aeque ac vigilanti — 91 mvMae atque mngnae — 98 Studiosus ac
düigens — 99 utctur eo sapiens, ac sie ratio vitae gubernabitur —
101 aliter dicimus ac stoici — 101 longe aliter ac sensibus videantur
— 106 comprensa atque percepta — 112 ac mihi videor . . —
127 supera atque caelestia — ^ de fin. l 22 quaerendi ac disserendi
— 22 inermis ac nudus — 22 dividendo ac partiendo — 23 ac fieri
potest — 30 animäl simul atque natum sit — 31 animo ac ratione
— 33 ddiniti atque corrupti — 42 redas res atque laudabilis —
44 dissident atque discordant — 47 placet ac leniat — 47 tenere atque
servare — 50 sua vi atque natura — 50 sermo atque fama —
57 iucunde ac suaviter — 67 consequefitis ac posteri — 67 ladamur
amicorum amicitia aeque atque nostra — 71 magistra ac duce — \
II 6 conceptam atque comprcnsam — 18 ratione ac via — 18 dulcUer
ac iucunde — 31 simul atque natum animal est — 45 studiis atque
fadis — 45 domesticorum ac suorum — 46 ampium atque magni-
ficum — 47 specie ac dignitate — 47 didorum atque fadorum —
49 rcdum atque Inudabile — 71 bonus ac iustus — 73 se proripid
acproicid — 81 ac mihi quidem — 85 ac tamen — 88 finito atque
modico — 93 flagitiosa atque viiiosa — 94 quaedam praecepta ac
paene leges — 99 probitaie ac moribus — 105 consuUa atque fada
— 107 voluptates ac dolores — 112 artibus atque virtutibus — 115
ratio atque consilium — 118 ac ne pHura complectar — | III 1 gravi-
tatem atque constantiam — 4 forenses atque populäres — 4 privatis
ac suis — 6 divino ac singulari — 16 simul atque natum sit —
18 mammae atque barba — 29 magno animo atque forti — 29 de-
spicere ac pro nihilopuiare — 29 sibi ac suae vitae — 35 opiniones
PStaium: ac und atque vor consonanten. 173
ac iuäicia — 38 impure ac flagitiose — 48 firma ac vera — 51 faäis
nominibus ac novis — 68 rationem atque vUam — 70 aegue caram
amid rationem ac suam — 70 lahefactare atque pervertere — | IV 7
apte ac rotunde — 11 rectoris ac domini — 12 honeste ac liheralüer
' — 12 mente atque natura — 17 iuvaret ac contineret — 18 pti^ris
ac verecundiae — 18 convictum ac sodetatem — 18 honeste ac aecore
— 31 fortitudinis ac patientiae — 34 animäl simu^ atque sü ortum
— 36 perfecta atque plena — 41 contra est ac dicitis — 59 honestum
ctque laudäbüe — 61 instituta ac mores — 64 aeqm ac Phatarim —
65 aeque caeci ac si — 69 magnifice atque praedare — 73 con-
temnendum ac despiciendum — | V 7 imperatores ac rerum puhlicarum
principes — 10 causas atque rationes — 14 redufulet oratio^ ac
tarnen . . — 24 omne animal se ipsum düigit aCy simul ortum est^
id agit . . — 33 maior causa atque divinior — 33 concedo ut existi-
ment quod velint ac vel hoc inteUegant . . — 85 d^pravatione quadam
ac motu — 40 mens atque ratio — 47 cur non etiam^ ac fortasse
magis — 50 magnum ac cognitione dignum — 53 a c veteres quidem
phüosophi . . — 58 teneritas ac moUitia — 63 probet atq'ue laudet —
66 dvüe atque populäre — 66 caritate ac sodäate — 67 appetens
atque compledens — 73 contemnendis ac despidendis — 73 vitia
atque virtutes — 94 ac tamen hie . .
Caesar und Livius stimmen im gebrauche von atqm vor
consonanten ebenfalls mit den obigen regeln durchaus überein , nur
dasz diese Schriftsteller auch da , wo atqu^e vor consonanten erlaubt
wäre ) lieber ac setzen. Caesar h. g. II 6 GaUorum eadem atque Bei'
garum oppugnaiio est — 6 lapides ac tela — 11 strepitu ac tumuUu
— 12 ea; terrore ac fuga — 13 in fidem acpotestatem — 14 dementia
ac mansuetudine — 19 ratio aliter se häbebat ac Belgae detülerant
— 19 cum iUi se in süvas redperent ac rursus in nostros impetum
facerent — 19 pulsis ac proturbatis — 23 cursu ac lassitudine —
24 adversis hostibus occurrebant ac rursus fugam petebant — 24 ab
decumana porta ac summo iugo coUis — 25 proelio excedere ac tela
vitare — 25 spe iUata militibus ac redintegrato animo — 26 aitdadus
resistere a c fortius pugnare coeperunt — 28 gente ac nomine Nervi-
orum — 28 aestuaria ac paludes — 28 miseros ac supplices —
29 secum agere acportare — 30 ac primo . . — 31 petere ac depre-
cari — 31 dementia ac mansuetudine — 31 sibi omnes finitimos esse
inimicos ac suae mrtuti invidere — || III 3 cum tantu/m periculi prae-
ter opinionem accidisset^ ac iam omnia . . — 4 alii integris viribus
succedebant, a c non modo defesso ex pugna excedendiy sed . . — 4 lod
relinquendi ac sui redpiendi faadtas — 5 cum iam amplius horis sex
pugnaretur , a c non solum vires , sed etiam . . — 5 paulisper inter-
müterent proelium a c tantummodo . . — 6 quod iussi sunt faciunt,
a c subito . . — 6 in fugam coniciunt ac ne consistere quidem pati-
tintur — 6 in provinciam reverti contendit a c nullo hoste prohibente
legionem perduxit — 7 Silii atque Velanii — 9 ac iam ut omnia . .
— 9 Eomanos nullam facultatem habere navium neque insulasnovisse]
174 PStamm: ac und atque yor consonanten.
a c longe aliam esse . . — 10 partiendum ac latius distribuendum —
11 ne atucüia mittantur ac tantae nationes coniungantur — 12 üa
oppugnatio impediebatur; ac si qaando . . — 12 aggere ac molibus
— 12 raris ac prope nuUis partibus — 13 vada ac decessum aestas
— 13 tanias tempestates sustineri a c tanta onera navium regt veiis
non passe arbitrabantur — 14 quae ubi convenü a c primum ab hosti"
bus Visa est — 14 coUes ac loca superiora — lö binae ac temae naves
— 15 ac tarn . . — lö malacia ac tranquiUitas — 17 his praeerat
Tirodovix, ac summam imperii tenebat earum civiiatumy quae . . —
19 inscientia ac defäigatione — 19 ut ne unum quidem impetum
ferrent ac statim ierga verterent — 19 alacer acpromptus — 19 moüis
ac minime resistens — 25 canstanter ac non timide — 28 longe aJia
ratione ac rdiqui QaUi — 28 süvas ac paludes.
Li vi US XLI 5y 2 terrore ac tumultu — 7, 10 ad mare ac naves
— 9,2 sociorum ac Latini nominis — 9,9 socH ac Latini nominis
— 10, 13 aeque ac prius — 11, 4 coniugum ac liberorum — 13, 2
inUam ac semine aspersam — 16, 9 virtutc ac felicUate — 21, 7 a
canibus ac vöUuribtis — 21, 10 ferias ac supplicationem — 22, 7
potuerint ac debuerint — 24, 3 ac primum omnium . . — 24, 6 ac
scimus . . — 24, 9 aequ^ ac Thessali — 27, 8 ac super . . || XLII 3, 6
detexisset ac prope diruisset — 7, 6 imperat ui equos conscendant ac
tribus partibus in hostes incurrant — 8, 6 laceratos ac ddeios — 11,6
alere ac fovere — 11, 6 robore ac viribus — 13, 4 favore ac bene-
voUntia — 15, 7 amicorum ac sateUitum — 16, 2 sateüites ac servi
— 16, 3 sopitum ac nihil sentientem — 16, 3 exigua ac prope nulla
— 18, 1 latrociniorum ac veneficiorum — 19, 5 curae ac velut tutdae
— 21, 2 pugnasse se scripsit ac sex milia eorum occidisse — 21, 3
contra ius ac fas — 22, 3 statueret ac iudicaret — 26, 2 comprimi
ac sedari — 29, 1 Macedonici ac Romani belli — 34, 6 reportaii ac
dimissi — 34, 7 spectatorem ac iudicem — 34, 15 senatus ac con*
sulum — 37, 9 qui Philippi beUo hostes fuissent ac nuper , . —
38, 2 progressi a c paucos ibi morati dies — 39, 8 hospitalis ac benigna
— 41 , 4 publice ac privatim — 43, 9 nobilis ac potens — 46, 4 ius
ac potestas — 46,6 sibi ac Romanis — 47,8 iusto ac pio — 49 , 2
dignitate ac maiestate — 52 , 10 subadi atque durati beüis — 54 , 6
capta ac direpta — 54, 8 fossa ac vallo — 54, 10 Macedoniam atque
Magnesiam — 55, 2 asperi ac prope invii — 57, 6 cum equitibus ac
levi armaiura — 58, 14 inter aciem ac vallum — 63, 12 regis ac
Macedonum — ad mare ac naves — 64, 4 tumultu ac terrore —
64, 10 sparsos ac dissipa'os — 65, 12 cum equitatu ac levi armaiura
— 67, 7 capta ac direpta,
Sallustius liebt wie Cicero die form atque vor consonanten,
setzt dieselbe jedoch niemals abweichend von dem oben ausgespro-
chenen gesetze. CcU, 1 pronus atque ventri oboediens — gloria fluxa
atque fragilis — 2 urbes atque nationes — periculo atque ncgotiis —
aequabilius atque constantius — mutari ac misceri — lubido atque
superbia — dediti ventri atque somno — vivere atque frui — 3 ac
PStamm: ae und atgue vor oonsonanten. 175
mOU quidem . . — virtule aique glaria — ac me, cum ab rdi^torum
m%oribti8 dissefUirem^ invidia vexabai — 4 miserUs atgue pericidis —
socordia aigue desidia — scderis atque pericuU navUate — 5 simuilaior
ac dissmuHaiar — pessuma ac dworsa — res harkUur supra repetere
ac pauds insHMa maicrum dami miUUaeque . . dmerere — pessima
acflagiUosissima — 6 liberum atquesckUum — 7 simul ac beUipaUens:
erat — in scortis atque canvwüs — 10 labwre atque hMtUia — saemrc:
fartuna ac miscere omnia co^ — 11 ddUs atque faüacm — 12domo8
atque vtüas — 13 ^^uaestui atque sun^^i — 14 flagitiorum atg^
fadnarum — numtM atque Ungua — 16 faimam atque pudorem —
mtaikis atque cruddis — 18 tnopia atque mali mores — 20 maxumium^
atque pukherrimum — ius (xtque dicianem — anms atque divUüs H
luff. 21 co^um atque patratum — 22 bene atque strenue — 23 fcsea
atgue vaüo — pcUicendo ac miserando — 25 mäu atque Wridine —
actametsi, . — 26 Numdas atque negotiataresprcmiecue — 27tfi^er-
pdlando ac saepe iurgiis — acni. . — gratiae atquepecuniae — 29
in castravemt acpauca locuttis • . transigit — 30 ac masoume — deoere
eaMuimavi orationem eius perscribere; acpoiisaumum ea dicam . . —
31 mtdta me dehartantur^ opes factiams^ ius nuStim, ac maxum^
quad . . — ignavia atque socordia — damna atque dedecora — b<Ma
atque paces — 32 perlata rogatione a Memmio ac percidsa omni
noUnUtate — 33 ac tametsi — 34 regem teurere iubet] ac tametsi —
35 Bomücari, proxumo ac maxume fido sibi, imperat^ insidiatores^
Mässivae paret ac maxume occuUe Numidam interfidat — loca atque-
tempora — gratiam atque pecuniam — 36 maturat in Afiricam por-
tare\ ac statim ipse profectus . • — pcUiceri dedüionem ac deinde
metum simulare — ac fuere qui . . — 38 nocte atque nübibus obscu-
ratum — nox atque praeda — 39 metus atque maeror — Aulo omne&
infestij ac maxume qui . . — invidiam ac deinde pericutum timens
— suo atque poptUi iniussu — licentia atque lascivia — 40 per amicos
ac maxume per homines — 41 mos faäionum ac deinde omnium
mälarum artium — lascivia atque superhia — ^2 per sodos ac nomen
Latinum' — 45 iuxta ac si hostes adessent — vaüo atque fossa —
46 lugurtha diffidere suis rebt^^ ac tum demum deditionem facere
conaius est — legatos diverses aggreditur acpauüatim temptando per-
suadet . . — pariter acsi hostes adessent — 48 ubi MeteUi dicta cum
fadis composuü ac se suis artibus temptari animadverttt — copias
parat acper tramites occUttos Metellum antevenit — öleastro ac myr-
tetis — pecore atque cuUoribus — 49 ipsi atque signa müitaria —
equitatum in cornibus locat, ac pauca müites hortatus inpHanum de-
ducit — 50 pro re atque loco — ne forte adversariis rec^tui ac post
munimento foret — a sinistra ac dextera — 51 foeda atque miserabüis
— resistere ac propulsare — hostes atque dves — 52 suos in aequum
hcum deducU ac, dum legatus ad flumen pergity aciem exornat —
53 arma capiunt a c pro castris consistunt — Numidae fugam fadunty
ac plerique abieäis armis integri äbeunt — acprimo — 54 agri ac
pecoris — 55 fuga atque formido — postremos in agmine temptare
176 PStamm: oe and atque vor consonanten.
ac statim in coUes regredi — 56 in loca occuUa discedity ac postpatdo
cognoscit . . — ac ni Marius properavisset . . — 67 pro tempore
atque loco — alii succedere a c murum modo suffodere , modo . . —
58 fundere atque fugare — equUatum misit ac statim Marium cum
cohortihus sociorum — 59 implicare ac perturbare — 60 eos laetoa
modOj modo pavidos animadvorteres ^ ac sicut . . monere oZtt, alii
hortari — consulto lenius agere ac diffidentiam rei simidare.
Wem diese beispiele noch nicht genügen sollten, der findet
auszerdem eine reichhaltige samlung in Merguets lexicon zu den
reden Ciceros u. atque. die hier verzeichneten stellen bestätigen
lediglich das oben gesagte mit ausnähme von einigen wenigen, über
die weiter unten gehandelt werden soll.
Es finden sich nemlich in unsem ausgaben einige stellen, die
der oben unter 11 ausgesprochenen regel widersprechen, die zahl
derselben ist jedoch so gering, dasz man gegenüber der erdrückenden
masse der übereinstimmenden fälle kein bedenken zu tragen braucht
den Widerspruch dieser stellen durch emendation zu beseitigen, glück-
licherweise ist dies aber nicht einmal in allen fällen nötig, sondern
man hat mehrfach nur die hsl. Überlieferung herzustellen, und der
Widerspruch schwindet, so verhält es sich mit folgenden stellen aus
Cicero, de fin. III 59 liest man in den ausgaben: atque perspicuum
etiam ülud est usw.; die hsl. lesart ist aber atqui^ wozu Madvig be-
merkt: *nec tamen (atqui) in hac adiunctione novi argumenti locum
habere videtur.' und doch hat atqui diese anfügende' bedeutung
*nun aber, nun femer, und ebenso', wie andere stellen beweisen :
de div. II 9 ad nullam igitur earum rerum , quae sensu accipiuntur,
divinatio adhihetur. atqui ne in üs quidem rebus, quae arte tradan-
tury divinatione opus est: 'wie die sinnlich wahrnehmbaren dinge
nicht gegenständ der divinatio sein können, ebenso ferner auch
nicht' usw.; weitere kategorien von dingen werden dann in den fol-
genden §§ angeführt ganz in derselben bedeutung ist atqui ebd.
§ 14 gebraucht, man vergleiche femer de div. II 122 quaero ctiamj
si velim scribere quid aut legere aut canere . . somniumne expetendum
Sit an ars adhibenda, sine qua nUiil earum rerum expcdiri potcst.
atqui ('und ebeubo') ne si navigare quidem velim , ita guberncm^ ut
somniaverim; praesens enim poena sit. be^onders instmctiv für diesen
gebrauch der partikel atqui ist die stelle de off. III 13 cUqui (nach
Fleckeisens emendation, die hss. atque) iUud quidem honestum^ quod
proprie vereque dicitur^ id in sapientibus est sdis usw. der Schriftsteller
will zeigen, dasz die comparatio honesti et utilis^ dh. der widerstreit
zwischen dem sittlichen und nützlichen eigentlich keinen sinn habe,
und zwar sowohl nach der schroffen ansieht, welche die stoiker über
das höchste gut aufgestellt haben (§ 12 u. 13), als auch ebenso
nach den gewöhnlichen begriffen von dem sittlichen (vgl. § 17).
^ auch in dem unterdattc eines logischen Schlusses fügt atqui ja
ein neues glied an, daher der name auumptio.
PStamin: ac und atque vor consonanten. 177
:iiiin tritt hier an stelle einer kurzgefaszten satzform, zu der die Par-
tikel atqui unmittelbar passen würde, eine loser gefügte, längere
auseinandersetzung ein, an deren spitze atqui steht, ohne dasz es
dem sinne nach auf die gleich darauf folgenden werte zu beziehen
wäre: eine freiheit der partikelstellung, über die Madvig zu de fin,
118 sagt: 'fit hoc interdum apud Ciceronem, ut oratione non statim
recto cursu eo progrediente, quo debeat, particula conectens inepta
^deatur , si ad eam sententiam solam referatur y in qua posita sit.'
während an der eben behandelten stelle die partikel atqui ausdrückt,
das2 eine bestimmte behauptung wie für 6inen fall, ebenso auch
für einen zweiten gelte, wird de nat. d. II 78 für die behauptung
^eorum Providentia mundtMn administrari mit den werten atqui
necesse est ein zweiter beweis eingeführt, der in § 80 seinen ab-
schlusz findet; es ist demnach auch hier zu übersetzen: *nnd ebenso
ferner ist es notwendig' usw., und atqui hat hier dieselbe function
wie ebd. III 29 itidem und ebd. 33 praeterea.
£s scheint also, um auf die stelle de fin. III 59 zurückzukommen,
nicht zweifelhaft, dasz daselbst für atque zu lesen ist atqui. dasselbe
gilt aber von Tusc. V 53, wo wir in den ausgaben lesen : atque si in
virtute satis est praesidii ad hene vivendum^ satis est etiam ad heate
Qsw. die hss. bieten aber atqui ^ welche partikel, da atque am satz-
anfange vor consonanten nicht steht , auch hier herzustellen ist und
zwar in der im vorigen nachgewiesenen bedeutung. nicht anders
liegt die sache de leg. I 43. hier wird, nachdem im vorhergehenden
dargethan ist, dasz nur das wahrhaft gerecht sein kann, was auf die
natürliche, richtige vemunft als quelle zurückgeht, fortgefahren:
cUqui (so die hss. , die ausgaben atque) si natura confirmatura ius
non erity virtutes omnes toUentur: 'und ebenso werden, wenn das
recht sich nicht auf die natur stützt, überhaupt alle tugenden un-
möglich.'
Aber noch eine andere bedeutung der partikel atqui ist bisher
nicht beachtet worden: atqui hat nemlich auch die function von
igitur. dies zeigt uns deutlich die stelle de fin. V 34 deinceps viden-
dum est , quoniam satis apertum est sibi quemque natura esse carum^
quae sit hominis natura; id est enim , de quo quaerimus. atqui per»
spicuum est hominem e corpore animoque constare usw. offenbar führt
hier atqui nach vorangegangener propositio zur abhandlung über, ist
also = igitur. m. vgl. ferner Tusc. V 40 qui diffidit suis honis,
beatus esse qui potest? at diffidat necesse est^ qui bona dividit triper-
tito (dh. wer auszer der tugend noch andere guter annimt, wie die
peripatetiker) . . atqui nisi stabili bono beatus esse nemo potest. hier
steht aiqui für igitur sogar in der conclusio : denn diese wird hier
mit atqui gemacht, nicht etwa mit den folgenden worten quid ergo.,
die sich auf die ganze vorhergehende ausführung beziehen, auch die
stelle Tusc. II 43 gehört hierher: quod et postulatur a fortibus et
laudatur , cum fit , id aut extimescere veniens aut non ferre praesens
nonne turpe est? atqui (oder atquin) vide ne, cum omnes rectae animi
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 3. 12
178 PStunm: ae nnd atque tot cootoiiatiteo.
adfecHones usw. : 'nnmlnnliche seh wiche wird unter aUen antagendeB
am meisten Terachtet, stSrke am meisten gelobt; daher scheint der
name virt%i8 ursprQnglich mit fortiiudo identisch gewesen nnd erst
spiter auch auf die fibrigen tagenden fibertragen worden zu sein.'*
Die zuletzt erschlossene function der partikel atqm gewihrt nna
das mittel eine weitere, nach der fassung des ausgaben mit den auf-
gestellten regeln fiber den gebrauch Ton atgue vor consonanten in
Widerspruch stehende stelle Ciceros zu berichtigen. Tusc V 43 steht
in den ausgaben : atque cum perturhaiiones animi «Mseriam, sedationes
autem vUam efficiant beatam . . concUationibus quem liberum videna^
hunc duhitabis beatum dieere? allein die hss. haben at qirieuwtque ;
es ist also atqui cumperturbationes herzustellen, xmd zwar hat die
Partikel hier offenbar die bedeutung yon igitur , da aus den vorher-
gehenden ausführungen das re^ultat gezogen wird.
An einigen andern stellen freilich , wo die hss. gegen die regel
atque bieten, ist eine emendation yorzxmehmen, so in Verrem III 48
atque perinde loquar^ quasi . . , wo nach atque das pronomen ea oder
haec einzuschalten ist, das zu dem sinne gut passt, wie schon Orelli
gesehen, ebenso ist de har. resp. 8 zu lesen : atque is pauIo amte^
patres conscnpti, contianem habuit, auch zu dem zwecke, damit das
yerbum ein subject habe. p. Cadio 45 ist statt ndque scUote mit Lam-
bin zu lesen atqui scUote^ da ein sjllogismus an dieser stelle vorliegt
('nun aber wisset'), fiber die stelle p, Mü. 33 kann wohl wegen der
Ifickenhaftigkeit der fiberlieferung hinweggegangen werden, atqui ist
auch mit Orelli ua. zu lesen anstatt atque sie a summis homimbus
accepimus an der stelle p. Archia 18 ; der redner sagt nemlich : 'ich
soll den Archias nicht lieben, nicht verteidigen? und doch haben
wir (oder: haben wir doch) von den grOsten gelehrten gehört, dasz
ein dichter niemand sein kann ohne einen göttlichen anhaucb.'
ebenso ist de leg. II 24 (bisher cUq%ie mea quidem eadem sententia
est) und de fin, IV 62 (bisher atque si verum respandere veües) statt
atq%ie zu lesen atqui (vgl. Brut. 279), da diese partikel hSufig im
dialog beim Wechsel der redenden person gebraucht wird : vgl. de
not. d. I 16; de ar. II 204; Caic tu. 59 ; de rep. I 58; II 30; Tuse.
y 15; de fin. IV 2; Livius VIII 9, 1 (-» 'nun denn, nun gut, nun
wohlan'), auch die stelle de not. d, II 149 Ungua cocem inmoderate
profusam fingü et terminat atque sonos vods distinctas ei pressos
efficit kann nicht richtig sein, da nach regel II bei anfUgung von
Sätzen atque vor consonanten nicht steht; es ist daher hier dem
sinne entsprechend für atque zu lesen iiaque oder atque ita.
auch bei Caesar b, g. IV 25 , 3 (die einzige Caesarstelle , wo atque
regelwidrig steht) dürfte zu lesen sein: itaque nostris militibus
' um die sache sa erschöpfen, sei noch hinzugefügt, dasz, wie für
atqui mitunter at steht (zb. bekanntlich in der assumptio, femer in der
bedeutung ''und doch, gleichwohl', vgl. TWr. V 114 mitte, de imp. Pomp. 61),
so auch umgekehrt für ai bisweilen aiqui eintritt und die bedeutung
'hingegen' annimt, vgl. de leg. I 44 u. de fin. I 68; alqui in der assumptio,
wie Madvig will, liegt an letzterer stelle nicht vor.
OESchmidt: za CiceroB briefen an M. Brutus. 179
eundcmtilms usw. de or. I 54 und Nepos Eum. 3, 6 (einzige wider-
sprechende Neposstelle) emendieren sich leicht durch umstellang;
Cic. p. Balbo 31 lies praeclare.
An einer andern stelle^ Cic. defin. V 40, steht otqtM in den aus-
gaben (Baiter, Madvig, Müller) unrichtig infolge nicht zutreffender
emendation. man liest dort: sicextitit extremurn amnium appetendorum
(xtque ductum a prima commendatione naturae fnüUis gradihus ascendit^
ut ad summum pervenirei. mit extüit vor extremurn hat Madvig die
Ificke ausfüllen zu sollen geglaubt, die die hsl. Überlieferung an dieser
stelle offenbar zeigt, da aber so atqti^ zur anfügung eines neuen
Satzes Tor einem consonantisch anlautenden worte stehen würde,
was nicht gestattet ist : so ist die lücke vielmehr vor atqtte zu suchen
und mit rücksicht auf den ausgang des wertes appetendorum zu
schreiben: sie extremum amnium appetendorum ort um atque ductum
a prima usw. {orior ist ganz in derselben weise gebraucht de off.
I 15). ebenso kann auch acad. l 2 die von Durand, Halm und Baiter
gebilligte lesart hie pauca primo^ atque percontantibus nobis^ ecquid
forte Roma novi^ Ätticus: omitte^ inquit^ et quaere potius usw. nicht
richtig sein, sondern es ist das hsl. ea nach atque beizubehalten und
dann eine lücke anzunehmen.
Rössel in Ostpreuszbn. Peter Stamm.
28.
ZU CICEROS BRIEFEN AN M. BRUTUS.
Die bereits im j. 1884 angekündigte ausgäbe der briefe Ciceros
an M. Brutus läszt länger auf sich warten, als die herausgeber selbst
bei abfassung ihrer vorläufigen ankündigung (vgl. Teubners mit-
teilungen 1884 n. 3) vermuten konnten, so sehr das im interesse
der endgültigen erledigung des echtheitsstreites zu bedauern ist , so
wenig trifft doch die hgg. die schuld der Saumseligkeit, die Ver-
zögerung ist lediglich in den Schwierigkeiten begründet^ welche mit
der klarlegung der Überlieferungsgeschichte und mit der beschaffung
des kritischen apparates verbunden waren, für die Überlieferungs-
geschichte zumal musten, da die Brutusbriefe fast nie für sich allein,
sondern meist in gesellschaft der Atticusbriefe usw. auftreten, von
den hgg. fast dieselben vorarbeiten gemacht werden, als ob eine
ausgäbe der ganzen briefgruppe an Brutus, an Quintus und an
Atticus geplant sei. die unterdes erschienenen abhandlungen von
LGurlitt ^der archetypus der Brutusbriefe' in diesen jahrb. 1885
s. 561 ff. und vom unterz. ^die handschriftliche Überlieferung der
briefe Ciceros an Atticus, Q. Cicero, M. Brutus in Italien' in bd. X
der abhh. der k. sächs. gtis, der wiss. s. 273 — 380 werden zum min-
desten das Zeugnis ablegen, dasz die vorarbeiten zur ausgäbe auf
12*
180 0£Schmidt: zu Ciceros briefen an M. ßmtuB.
breiter grundlage und mit redlicher mühe betrieben worden sind,
die nachforschungen des unterz. in Italien haben zwar das einstige
Vorhandensein einer vom Yeronensis, dem archetjpus von M, unab-
hängigen Überlieferung ergeben, welche zu anfang des fünfzehnten
jh. in der bibliothek der Visconti zu Pavia vertreten war, jedoch
diese Überlieferung selbst nur in d6r gestalt ans licht gebracht, in
welcher sie, vermutlich von Niccolo Niccoli, in den Mediceus ein*
gezeichnet worden ist. immerhin besteht die möglichkeit, dasz trotz
der Verschleppung und teilweiseu Vernichtung der bibliothek von
Pavia durch die Franzosen das dort ehedem vorhandene selbständige
exemplar der briefe sich irgendwo in Italien oder in Frankreich er-
halten habe oder dasz wenigstens eine brauchbare copie desselben
noch vorhanden wäre (ao. s. 322 f. 336 f. 327 f. 370). diese copie
müste freilich , um wert für die textgestaltung zu erhalten , von den
conjecturen und interpolationen der humanisten des 15n jh. frei, also
von der vulgata der jungem hss. ziemlich verschieden sein, dem-
nach kann zb. die ed. pr. Jensoniana, obwohl sie von einer Überliefe-
rung, die von M unabhängig war, beeinfluszt ist, doch nicht zur text-
gestaltung herangezogen werden, weil sie nicht nur Poggios con-
jecturen enthält, sondern auch durch ganz augenfällige interpola-
tionen entstellt worden ist.* oder welches kritische ingenium ver-
möchte bei einem so gearteten texte zwischen Wahrheit und dich-
tung die richtige grenze zu ziehen? wir sind also bis auf weiteres
noch immer vorzugsweise auf den ehrwürdigen Mediceus angewiesen,
und es erscheint auch sehr wohl möglich, den text mit hilfe des
codex M richtig zu gestalten, wenn nur die correcturen dieser hs.
richtig classificiert und richtig gewürdigt werden, eine aufgäbe zu
deren lösung in der genannten abh. des unterz. die grundlagen ge-
schaffen sind (vgl. die receusion von F[ranz] R[ühl] im litt, central-
* nicht nur die Jensoniana, sondern auch die noch wertlosere
Romana hat neuerdings wieder in KLehmann (Wochenschrift für class.
philol. 1886 n. 30 f.) einen Verteidiger gefunden, dann hat Lehmann
ebd. 1887 n. 16 ^die meisten hss.', insonderheit einen Ambrosianus £ und
eine Kömische hs. s als zeugen «finer oder mehrerer von M unabhängiger
Überlieferungen erklärt, ich verweise dagegen auf das zweite capitcl
meiner oben genannten abh. s. 363—868 und auf meinen aufsatz in der
Wochenschrift für class. philol. 1887 n. 32 f. endlich hat Lehmann in
n. 45 der genannten Wochenschrift, ohne das von mir beigebrachte mate-
rial zu entkräften, seine ansieht von £ durch einige weitere stellen zu
stützen gesucht, entsprechend dem Standpunkte, den ich in meinem
aufsatze in der Wochenschrift ao. eingenommen, halte ich gegenwärtig
ein weiteres eingehen auf diese controverse für nicht angezeigt, da ein
bestimmtes urteil erst abgegeben werden kann, wenn Lehmann sein hsl.
material im Zusammenhang vorgelegt haben wird, in seinem letzten
aufsatze hat Lehmann auch aus einer Turiner hs. O proben veröffent-
licht, welche allerdings den anschein erwecken, als ob hier eine von
M unabhängige Überlieferung im spiele sei; doch müssen auch hier
weitere Veröffentlichungen abgewartet werden, ehe man erkennen kann,
ob die hs. in erster band verhältnismäszig rein oder contaminiert oder
stark interpoliert sei.
OESchmidt: zu Ciceros briefen an M. Bratus. 181
blatt 1887 sp. 1769 ff.), ich gehe nunmehr zu dem kritischen apparat
der briefe an M.Brutus insbesondere über, für das sogenannte zweite
bnch (in Wahrheit die erste hälfte des neunten buches) sind wir
einzig und allein auf den text angewiesen , welchen Cratander aus
seiner alten hs. in der ausgäbe von 1528 zuerst veröffentlicht hat.
es ist anzunehmen, dasz dieses textstück von conjecturen und inter-
polationen des humanistischen Zeitalters frei ist, weil Cratanders alte
hs. den Italiänern des 1 5n jh. offenbar nicht zugänglich war , sonst
würden sie längst das fehlende stück des neunten buches ad M. Bru-
tum veröffentlicht haben, die textgestaltung des sog. ersten buches
an M. Brutus (in Wahrheit der zweiten hälfte des neunten buches)
hat auszugehen von M'. dazu kommen die ergänzungen und cor-
recturen von M' (Coluccio) und M" (Niccolo), doch finden sich auch
unter Coluccios lesarten ohne Vorzeichen einzelne conjecturen Co-
Inccios, zu welchen er bei seinen versuchen den archetjpus (Vero-
neusis) zu entziffern gelangte, etwa in gleichem werte wie M*^ steht
C (= randnoten der ausgäbe Cratanders). wäre der alte codex, aus
welchem Cratander seine noten teilweise schöpfte, selbst erhalten
(entsprechend den Würzburger und Mühlbacher fragmenten der
Atticusbriefe) , so würde derselbe ohne zweifei über M stehen, so
aber finden sich leider unter C auch lesarten aus jungem hss. , die
auf conjectur zurückzugehen scheinen (vgl. meine abh. ao. s. 368
and Hofmann ^der kritische apparat' usw. s. 36 f.) ; deshalb ist es
unmöglich C ohne weiteres in allen fällen = M* oder gar über M^
zu stellen, zu den genannten hilfsmitteln kommt noch der Guelfer-
bytanus W, welcher eine von M unabhängige abschrift eines ver-
sprengten trümmerstücks des Yeronensis zu enthalten scheint, und
der Dresdensis D, der ebenfalls zwar auf den Veronensis, nicht aber
auf M zurückgeht, endlich kann der Berolinensis-Hamilton H, eine
von Poggio im j. 1408 gefertigte copie von M, dazu dienen, den
texbestand des Mediceus im j. 1408, also nach Coluccios correctur
und vor Niccolos correctur ohne Vorzeichen, festzustellen und als
mittelglied zwischen M und der vulgata manche lesart jüngerer hss.
aufzuklären.
Die folgende bebandlung einiger stellen aus dem sog. ersten
buche der briefe an Brutus mag zeigen, wie ich die von mir ge-
gewonnenen anschauungen vom kritischen apparat bei der feststel-
lung des textes zu verwerten gedenke.
I 2, 6 (Wesen berg) opprimemini, mihi crede^ Brüte ^ nisipro-
videtis MH. provideatis W. provideris D. schon Poggio hatte die
richtige lesart erkannt, denn er liesz in einer spätem recension P
(codex Mediceus 49, 24, vgl. meine abh. s. 359 f.) schreiben pro-
videritis', eine spur der richtigen lesart zeigt auch W, vgl. Petrarcas
citat de remediis utr. fort. II 117 s. 234 opprimemini , mihi crede^
Brüte , inquit [Cicero] , nisi promderitis,
I 5, 3 Ciceronem nostrum in vesirum collegium cooptari volo.
existimo omnino dbsentium rationem sacerdotum comitiis posse haheri;
1 82 OEScbmidt : zu CiceroB briefen an M. Bratatt.
natn etiam factum est antea : Gaius enim Marius cum in Cappadoda
esset , lege Domüxa (actus est augur^ nee, quo minus id postea liceret^
uUa lex sanxit; est etiam in lege lutia^ quae lex est de sacerdotOs
proxima^ his verbis: QVI PETET CVIVSVE RATIO HABEBITVR:
aperte indicat posse rationem haberi etiam non praesentis. M * liest
aperte indicat posse rationem haberi nonpetentis^ erst M' hat etiam
nach haberi eingeschoben und petentis in praesentis corrigiert. am
rande steht von M' fpotentis, W liest indicat % rationem post se heri
etiam non petentis. zunächst fällt 4&s abgerissene aperte indicat anf ;
ich würde auch ohne die spur des richtigen in W darauf kommen
zu schreiben indicatum. das von M' eingeschobene etiam ist ge-
sichert durch das Zeugnis von W, nicht aber die andere correctnr
Coluccios praesentis, da M ^Wpetentis, M ' ipotentis schreiben, meiner
ansieht nach ist die lesart petentis beizubehalten, denn wenn in der
lex lulia (vgl. Lange rOm. alt. II s. 501 f.) gesagt war: 'in ein
priestercollegium kann gewählt werden, wer sich bewerben wird oder
wer sonst berücksichtigt werden wird', so heiszt das nur, dasz die
formelle petitio zur erlangung der priesterstelle nicht nötig war, dasz
aber auch auf einen nichtpetenten , der durch die nominatio des col-
legiums (vgl. ad Br, I 7, 1) dem volke zur wähl vorgeschlagen war,
rücksicht genommen werden könne, demnach zerfiel der wahlact für
die priestercollegien in folgende teile: petitio [nicht unbedingt not-
wendig], nominatio^ creatio, cooptatiOy inauguratio (vgl. Lange ao.
II s. 500 f.). Coluccio ist durch die werte existimo amnino absen-
tium rationem sacerdotum comitiis posse haberi zu seiner correctnr
verleitet worden, ich lese den letzten satz der stelle nunmehr wie
folgt: est etiam in lege lulia, quae lex est de sacerdotiis proxima ^ his
verbis: QVI PETET CFIFSVE RATIO HABEBITVR: aperte indico-
tum posse rationem haberi etiam non petentis.
17, 1 in Pansae locum petcre constituit M. Tpense W. man ver-
miszt ein pronomen, welches den petenten L. Bibulus bezeichnet, da-
gegen ist in entbehrlich, ich vermute : is Pansae locum petere con-
stituit» so schrieb schon Poggio in seiner zweiten recension M 49, 24.
I 11, 1 is (Yetus Antistius) nobis ultro et poUicitus est et dedit
sestertia XX ex sua pecunia. offenbar ist die summe von 20000
sestertien =» 3700 mark viel zu niedrig für eine geldunterstützung,
die doch dem Brutus als beträchtlich vorgekommen sein musz. des-
halb schreibt man gewöhnlich HS XX «= sestertium vicies «= 370000
mark, damit stimmt in auffallender weise Plutarch Brut. 25 überein,
der dieselbe summe mit TrevrtiKOVTa fxupidbec (bpaXM^v) bezeichnet,
man kann also kaum daran zweifeln, dasz diese summe auch ad Br,
111,1 genannt war. nur führt uns die Überlieferung sestertia XX
doch auf eine andere lesart als sestertium vicies. in M stand ehemals
eine andere zahl übergeschrieben — von welcher band ist wegen rasur
nicht mehr festzustellen — im archetypus aber stand wohl COCO,
ein doppeltes nnciales itf , aus welchem XX sehr leicht entstehen
konnte, demnach ist zu lesen sestertia MM.
OESdiinidt: za Ciceros briefen an M. Brntos. 183
I 11, 2 huic (Veten Anüstio) persuadere cupUmus^ id imperatar
m eastris remaneret remque pubÜcam defenderd: sMwt id sibi * *,
^wmam exercUum dimisissä; statim vero redUurum ad nos CKm-
fifnuwit usw. man Bchreibt cupiimus erst seit Victorias; eine hal.
beglanbignng besitzt diese auffallende form nicbt, da sowohl MWD
als C/ cupimus schreiben, was wohl auch beibehalten werden musz*
interessant aber ist hier das verh<nis der jungem flberlieferong
sn M« Colaccio hatte in M die beiden ersten buchstaben auspungiert
und als seine conjectur mit seinem namenszeichen darüber gesdbrie-
1)611 C^ oe «B Colucins cepmus. diese conjectur ist später, vermutlich
Ton Niccolo Niccoli, welcher auch in seinem Paviensis cupiimus las,
ausradiert worden; doch hat sie Poggio, als er M im j. 1408 copierte,
tioch gelesen, denn er schrieb in H cepmus^ was sich dann auch in
P (M 49, 24) und in M 49, 19 findet; dieselbe findet sich aber anch
in der form coepitnus in der Bomana und Jeusoniana. ich kOnnte
dieselbe erscheinung in hundert fällen gegen Lehmann ins leid führen
^Tgl. m. abh. s. 361 f.), allein was würde es nützen, da Lehmann
bcNdanert hier einen gegensatz der ansichten constatieren zu müssen,
'der schlechterdings keine aussieht auf Vermittlung bietet'? — Weiter-
hin nimt Wesenberg nach statuit id sibi eine lücke an ; es ist klar,
dasz das folgende dem statuU id sibi widerspricht, aber selbst wenn
man mit Wesenberg nach diesen werten ergänzt nan Ucere oder
fadendum tum esse^ will das statuU nicht passen, ich glaube deshalb
dasz die werte stcUuit id sibi selbst verdorben sind und schlage vor
negavU id fieri posscy quoniam exercUum dimisisset usw.
111,2 cuius factum omnihus gratum esse debet, gut modo iudi-
€ant hunc exercUum esse reipublicaCy tibi tanto gratius, quantomaiore
et animo gloriaque libertatem nostram defendis. M ^ überliefert hunc
exercUum esse debet rei pubicae; erst von Colnccio ist das sinnlose
debet gestrichen; aber Niccolo Niccoli hat es am rande, und zwar
ohne Vorzeichen, also aus seiner alten hs. wiederhergestellt, dem
entsprechend findet es sich auch in W, stand also wohl schon im
Veronensis , und auch D schreibt esse debere. nun ist es allerdings
möglich, dasz esse debet als eine alte dittographie des obern esse debet
anzusehen ist, ebenso gut aber ist es mOglich, dasz Brutus in der
ihat esse debere geschrieben hatte. Poggio hat nach Coluccios Vorgang
debet unterdrückt, und — bezeichnend genug — es fehlt auch in B
und J. statt tibi ianto überliefert W tibique tanto^ was vielleicht in
den text zu setzen ist.
I 11, 2 qui etsi nuUa re deterreri a proposito potest , tamen ex-
cUari tuis laudibus indulgentiaque poterü, statt deterreri liest W
detineri; das kann allerdings ein bloszer Schreibfehler sein; indes
sagt auch Sallustius Cat. 4 detineri ab incepto.
1 13, 1 oro atque obsecro te, Cicero j necessUudinem nostram
tuamque in me benevölentiam obtestans usw. die worte in me stehen
zwar schon in der Bomana und Jeusoniana, fehlen aber in MWD, ent-
behren also der hsl. beglaubigung und sind zu tilgen.
1S4 OESchmidt: zu Ciceros briefen an 3L Brutas.
I 15, 4 his (Lepido et Antonio) ardentihus perturhamdae rei
puHicae cupidiiate quod opponi passet praesidium nom habebamus:
erexerat enim se civUas in rciinenda liberiaie conscfüicns, hier hatte
ich frflfaer ( jahrb. 1884 s. 636) praesidio non carehamus Torgeschla-
gen. indes glaobe ich jetzt mit einer geriDgem ändening auszckom-
men : guod opponi possct praesidium non carehamus.
I 15, 5 sed animus idem, qui semper^ infixus in patriae eariiaie
discessum ab eius periadis ferre non potuU, hier wollte ich früher
(ao.) schreiben infixus in patriae integritatc, ich bin aber jetzt der
meinung, dasz die überlieferte lesart zu halten sei. Cicero schreibt
zb. Phü. VII 5 : nisi talis consul esset ^ ut omnis vigüias curas oogätk'
iiones in reipuUicae salute defigerct. die einzelbegriffe rigUiae^ curatj
cogitationes faszt Cicero an unserer stelle in den gesamtbegriff afiimi»
zusammen, man abersetze : *aber mein ganzes ich, welches, wie immer«
nur in der liebe zum vaterlande aufgieng, konnte die entfemung yon
den gefahren desselben nicht ertragen.'
I 15, 7 ut enim primum Ubertaiem revocare coepimus^ cum se
nondum ne Decimi quidem Bruti divina virtus Ha commovisset^ ut
tarn id scire possemus. mit unrecht hat man den sonderbaren ans-
druck Decimi Bruti divina virtus ita se commovisset verdächtigt; der-
selbe ist eins der zahlreichen beispiele dafür, dasz Cicero auch in den
Brutusbriefen es an der ihm sonst eignen ironie nicht fehlen läszt;
dagegen sind die folgenden worte ut iam id scire possemus in der
that recht schief und ohne klaren Inhalt, ich schlage vor ut iam quid
(aliquid?) sperare possemus.
I 15, 13 sed ego nulla in re mala quam te amando constans et
esse et videri. das unentbehrliche in vor te fehlt allerdings in M H,
es ist aber durch WD hsl. beglaubigt, also in den text aufzunehmen.
Diese proben mögen genügen um zu zeigen, mit welchen mittein
und in welchem sinne die gestaltung des testes der neuen ausgäbe
erfolgen soll, indes — weit mehr als durch derartige kleinere ände-
rungen wird der text im groszen umgestaltet werden müssen, indem
die durch mechanische schaden der Überlieferung fälschlich getrenn-
ten oder fälschlich zusammengeratenen textstücke als selbständige
briefe oder deren bruchstücke ihre ursprüngliche Stellung und grup-
pierung wieder erhalten sollen, erst wenn dies geschehen, wird die
geschichtsforschung aus diesen documenten den erhofften gewinn zu
ziehen vermögen, ein beitrag zur textgestaltung in diesem sinne
vom unterz. wird in einem der nächsten hefte dieser Jahrbücher, die
ausgäbe selbst voraussichtlich noch vor ablauf dieses kalenderjahres
erscheinen.
Duebden-Neustadt. Otto Eduard Schmidt.
TbPlüss: za Aeneis [IX 176—446] und Ilias [K]. 185
29.
ZU AENEIS UND ILIAS.
(vgl. Jahrb. 1886 s. 600—502.)
Es heiszt , der treffliche Homeros schlummere manchmal : auch
darin, im schlummern, hat ihm Vergilius nachgeahmt, wie kann zb.
AscaniuB dem Nisus das streitrosz und die goldene rüstung des
Turnus versprechen, während doch die Troer in der hoffnungs-
losesten läge sind? warum musz Ascanius den beiden Jünglingen
Nisus und Euryalus noch alle die vielen belohnungen in aussiebt
stellen, obgleich die beiden ihren entschlusz schon vorher gefaszt
haben? weshalb morden Nisus und Euryalus im feindlichen lager,
obwohl sie dadurch den erfolg ihres ganzen Unternehmens von vom
herein aufs spiel setzen? einfach deshalb, hat man geantwortet,
weil die ganze vielgerühmte erzählung J.en. IX 176 — 445 eine nach-
bildung der Doloneia ist, insbesondere weil auch Diomedes und
Od jsseus im feindlichen lager morden , weil auch in der Doloneia
gescbenke in aussieht gestellt werden , weil dort Hektor dem Dolon
wagen und rosse des Achilleus verspricht, und weil eben Vergilius
in allen drei fällen nicht gemerkt hat , wie verschieden seine eignen
Situationen von den Homerischen sind. * es scheint, Verg. ahme nicht
blosz dem Homeros im schlummern nach, sondern schlafe auch im
nachahmen.
Verschieden allerdings sind die Situationen, sogar in einer weise
verschieden, wie hinwiederum unsere wachsamen kritiker es sich
nicht träumen lassen, ich stelle zunächst ein paar hauptzüge der
beiden darstellungen einander gegenüber, zwei der erprobtesten
f ürsten der Achaier lassen sich , auf eine aufforderung im fürsten-
rate hin, um den lohn des rubmes und von opferschafen bereit finden,
die absiebten der in der nähe lagernden feinde nachts auszukund-
schaften und so der augenblicklichen ungewisheit der eignen bedenk-
lichen läge etwas abzuhelfen — so Homeros. Vergilius: zwei ganz
jugendliche troische krieger werden von dem eignen dämonischen
thatendrang, ihrer glühenden patriotischen ehrbegier und ihrer liebe
zu einander getrieben , um den lohn öffentlicher ehre mitten durch
die enge feindliche einschlieszung nachts sich hindurch zu wagen
und durch entsatz die sache ihres Volkes und ihres fürsten zu retten,
jene erfahrenen beiden unternehmen ihr kühnes abenteuer mit mög-
lichst verständiger und praktischer zurüstung, mit fester Zuversicht,
unter dem glUckverheiszenden geleit Athenes; diese Jünglinge be-
* so Neermann 'über UDgeschickte Verwendung Homerischer motive
in der Aeneis' (Plöner progr. 1882) s. 11 f.; zustimmend Cauer 'zum
Verständnis der nachahmenden kunst des Verg.' (Kieler progr. 1885)
8. 13. im allgemeinen ist die ähnlichkeit mit der Doloneia schon von
den alten und seither immer bemerkt worden: vgl. Servias zu IX 1;
von den neuern Heyne, Forbiger, WRibbeck ua.
186 ThPlüsB: zu Aeneis [IX 176—445] und lliaa [K].
ginnen ihr tollkühnes untemebmen in der fieberhaften aofregong,
die einem jugendlich begeisterten, ahnungsvollen gemüt vor der
ersten groszen, hochherzigen opferthat natürlich ist, unter ebenso
aufgeregten und aufregenden gefühlen ihrer führer nnd ihres Volkes,
aber ohne den beistand der götter. da dort bei Homeros von feind-
licher Seite ebenfalls ein kundschafter ausgegangen ist, fangen die
beiden Acbaier diesen Troer und erfahren so, was sie auskundschaften
sollen, schon ehe sie dem feindlichen lager nahe gekommen sind;
allein durch eine angäbe ihres gefangenen, welche ihnen glänzende
und sichere beute verheiszt, lassen sie sich bestimmen weiterzugehen,
und sie gewinnen ihre beute in einem schutzlosen teile des feind-
lichen lagers durch ein ziemlich kaltblütig zweckmäsziges gemetzel
unter schlafenden feinden, ähnlich und doch ganz anders bei Ver-
gilius : da werden die jungen krieger gleich beim unvermeidlichen,
aber auch toddrohenden beginn ihrer fahrt in ihrer hochgespannten
Stimmung zu einem gemetzel verführt, welches mit ihrem alter und
Charakter in seltsamem und mit ihrer aufgäbe in verhängnisvollem
Widerspruch steht, die groszen Achaierhelden kehren, von Athene
gewarnt und geschützt, ungehindert zurück und feiern beim frOh«
liehen ehrenmahl dankbar ihr glücklich bestandenes kundschafter-
abenteuer; dagegen veranlassen die jungen Aeneaden, gottverlassen,
vom Verhängnis geleitet ^ selber das jammervollste mislingen ihrer
Unternehmung, gewinnen aber durch die art ihres Untergangs in
groszer sache innige teilnähme und unvergängliche ehre bei ihrem
volke.
So weit neben der ähnlich^eit auch die Verschiedenheit in den
hauptzügen. ich mache auf ein paar charakteristische seiten der Ver-
gilischen darstellung noch besonders aufmerksam, einmal auf die
art, wie fürsten und führer der Troer den plan der Jünglinge auf-
nehmen, erst das dankgebet des greisen Aletes an die väterlichen
götter für ihre gnädigen absiebten, die ergreifende rührung des alten
über die zielbewuste entschlossenheit so jugendlicher beiden , seine
zuversichtliche verheiszung des herlichsten lohnes der gOtter und der
fürsten — das alles also im munde eines hochbejahrten, in wollen und
empfinden Vollreifen, maszvoUen mannes': das ist wie eine ironie des
dichters, welcher den jammervollen ausgang kennt, dann Ascanius:
der eifer, mit dem er Aletes das wort aus dem munde nimt, der
Überschwang einer kindlichen liebe , in welcher er auf alles andere
glück freudig verzichten will, wenn er nur den vater wieder habe',
eines Vertrauens mit welchem er sein gegenwärtiges und künftiges
lebensschicksal in die bände dieser Jünglinge legt, als wären es götter \
einer dankbarkeit mit welcher er neidlos auf die glänzendste kriegs-
trophäe und einen wahrhaft königlichen besitzanteil an dem unter-
' V. 246 annii gravis atque animi mnturuM Aletes. ' 257 cui sola
Salus genitore redncto; 262 nihil ilio triste recepto, ^ 260 f. guaecumque
mihi fortuna fidesque est, in vestris pono gremiis.
ThPlüss: zu Aeneis [IX 176—445] und Ilias [Kj. 187
worfenen land und volke verzichtet und unbefangen an vaters stelle
und im voraus darüber verfügt — schon das sind züge, durch welche
der Vorgang als ein Vorgang natürlichen ftthlens und menschlichen
Irrens bezeichnet und eine bittere entteuschung angekündigt wird,
nun aber nimt Ascanius, im überwallen eines ehrfürchtig und liebe-
voll bewundernden, freundschaftglühenden knabenherzens, den kna-
ben Euryalus gar zum hört und Unterpfand seiner ganzen königlichen
sukuuft: das ist Verblendung, die für Ascanins verhängnisvoll werden
kann, wenn das Schicksal ihn beim werte nimt.^ als dann aber Eurjalus
in seiner bescheidenheit das glänzende loos ablehnt und nur bittet
seine mutter über seine abwesenheit zu trösten, will Ascanius in
hochherziger Sympathie diese pietät belohnen : da will es das Ver-
hängnis, dasz er mit seinen werten das böse omen, das er vorher
unwissend gegen seine eigne zukunft ausgesprochen, ebenso unwissend
widerruft und dafür wider willen dem Euryalus sein unglückliches
loos ankündigt.^
Ein zweites, das ich als charakteristisch für die darstellung des
Yergilius heraushebe, ist die art des gemetzeis im Butulerlager. man
spricht oft von der Lieblichkeit der Nisus- und Euryalus-episode',
Sainte-Beuve nennt sie das entzücken reiner seelen^; dabei hat aber
der dichter in der mordscene die zÜge des wüsten und des grausigen
geradezu gehäuft, und gerade vom wüsten und vom grausigen spricht
er im unverkennbaren tone des scherzes. wüst ist nach römischen
begriffen schon der zustand allgemeiner schwerer trunkenheit und
zucht- und ordnungslosigkeit in einem nächtlichen heerlager vor dem
feinde, wüst zum mindesten, fast etwas grausig im stoffe ist der an-
fall und mord, dem Rbamnes in der Situation trunkenen schlafes zum
Opfer fällt; die darstellung hat, wie man bemerkt hat, ^komische
färbung'. grausig sind — und doch wohl nicht für uns moderne
allein — die züge treffender realistischer Charakteristik wie die von
den lang herabhängenden halsen der betrunkenen schläfer und von
dem kopflosen rümpfe, welcher das blut 'schluchzend' oder 'gurgelnd'
(oder gar 'glucksend') herausstöszt; eine grosze lust am unheimlichen
verraten die lautspiele, spöttisch klingt besonders das lautspiel
terra ionqite mit der Vorstellung eines üppigen teppichlagers. wie
ironie klingt in diesem Zusammenhang der ausdruck von mitleid mit
* 276 ff. iam , . comitem casus complector in omnis; nulla meis sine te
quaeretur gloria rebus. ® 299 ff. casus factum quicumque sequentur . .
qime tibi poUiceor reduci rebusque secundis^ haec eadem matrique
iuae generique manebunt — genaa verglichen mit 276 f. iam pectore
toto accipio et comitem casus complector in omnis. dem Euryalus speciell
hat Ascanius die engste Verbindung mit seiner person und seinem fürst-
lichen loose versprochen; am Schlüsse darf er mit dem feierlichsten
schwur und zum letzten trost für leben und sterben der mutter und den
verwandten des Eurjalus nicht etwa becher, dreifusz, goldpfund und
mischkrug zusichern. ' ^tude sur Virgile* s. 178. es ist übrigens ein
verdienst PCauers, auf das anregende buch des feinen kritikers nach-
drücklich aufmerksam gemacht zu haben.
1 188 ThPlfiss: ra Aeneis [IX 176—445] und Ilias [K].
dem schönen, jungen, spiel- and scherzlustigen Serranus. und die
vergleichung mit dem löwen , deren einzelzüge mit rücksichtsloser
] folgerichtigkeit das wilde, wüste, grausige charakterisieren ^ diese
* vergleichung auf den edlen jungen helden Nisus angewendet ist ent-
' weder ein abscheulicher misgriff des dichters (nur dasz die verglei-
' chung so vorzüglich zu dem verglichenen, dem vorher dargestellten
I metzeln und würgen unter den schläfern passt) , oder sie ist — ja
was könnte sie sonst sein? komik? aber hier scheint jeder ausdmek
unheimlich ernst, spott? ironie? dann jedenfalls von der schärfsten
oder bittersten art. ich möchte es sarkasmus nennen und meine, die
ingrimmige lust des dichters am wüsten und grausigen , wie sie in
der ganzen mordscene sich ftuszert und technisch richtig den stärk-
sten ausdruck am schlusz erhält, wo der kindliche Euryalos den
jammervollen Rhoetus abschlachtet, sei eben sarkastische Stimmung,
und wenn ein lebhafter erzähler eine geschichte voll lauter wider*
Spruch zwischen menschlichem edlen wollen und thun einerseits und
übermächtigem Verhängnis anderseits erzähle, so sei diese Stimmung
' eine erklärliche, erklärlich auch aus der eigenart des dichters und
seines Stoffes, nicht blosz aus vert^tändnisloser nachahmung.
Eine bis ins einzelne des ausdrucks gehende analjse der ganzen
) 'episode' von Nisus und Euryalus hat mir überhaupt ergeben, dasz
alle teile bei charakterihtischen Verschiedenheiten unter einander
\ doch eine bemerkenswerte einheit des Charakters und eine folgerich-
tige Verschiedenheit gegenüber der Doloneia aufweisen, ich möchte
hier nur noch an den drei anfangs aufgestellten fragen die probe auf
die ricbtigkeit meines ergebnisses machen, wie Ascanius in seiner
läge rosz und rüstung des Turnus versprechen könne? insofern als
der dichter erzählen will, wie ein hochsinniger jugendlicher ftirst und
held, bei aller bescheidenheit und einer sogar über seine jähre hinaus-
gehenden besonnenbeit^, doch von natürlichen jugendlichen empfin-
• düngen, zb. dem glauben an die gerechtigkeit des weltlaufs, an das
I gelingen einer hochherzigen that und an die macht des eignen vaters,
I unbewust in einen schneidend scharfen Widerspruch zur eignen augen-
1 blicklichen luge und zum bevorstehenden ausgang des Unternehmens
gesetzt wurde. — Warum zweitens Ascanius ohne not den Jünglingen
alle die vielen belohnungen in aussieht stelle? weil der dichter den
Nisus in der noblesse jugendlich heldenhafter aufwallung vom lohne
gar nicht will sprechen lassen (für seine eigne person hat Nisus von
vom herein auf andern lohn als den rühm der that verzichtet, für
Euryalus hat er anfangs belohnungen fordern wollen in der Voraus-
setzung, dasz derselbe den rühm der that nicht mit ihm teilen werde) :
dafür läszt der dichter charakteristisch den alten, lebenserfahrenen
Aletes in seiner aufregung aubzerordentlichen lohn verheiszen und
an die dankbarkeit des Ascanius appellieren, und wiederum bezeich-
nend für denken und thun des arglosen jungen Ascanius und zweck-
^ 810 f. pulcher lulus, ante anno* animumque gerens curamque virilem.
FOtto : anz. der zs. des Vereins zur erf. rhein. gesch. zu Mainz. III 4. 189
m&szig für die contrastwirkung einer vorausgeahnten katastrophe
ist die auszerordentliche bäufung der Versprechungen. — Drittens :
warum morden Nisus und Euryalus? ich meine, weil sie ihre sache da-
durch nicht blosz aufs spiel setzen sollen, sondern verlieren sollen,
und weil die verhängnisvolle macht der Situation auch den pflicht-
getreuen und zielbewusten über das, was pflicht und ziel fordern^ zu
teuschen vermag und die einmal erregte leidenschaft auch für den sonst
verständigen (und das ist Nisus) zum übermächtigen dämon wird.^
Nach meinem dafürhalten stimmt diese probe, und so würde
denn alles zusammenstimmen: die eigentümlichkeit der hauptzüge
und Situationen in der Yergilischen erzählung, im unterschied von
der Homerischen , die besonders charakteristische darstellung in
zwei einzelnen partien und die motivierung der drei einzelzüge. das
Verhältnis zwischen Aeneide und Ilias wäre somit auch hier wie
sonst eine bestätigung dessen , was schon Goethe 'in bester laune'
über nachahmung und nachahmungsjagd ausgesprochen ^° und was
auch die neueste forschung über merkwürdige nachahmungen bei
Schiller bestätigt hat. ''
' 184 f. Nisus ait: 'dine hunc ardorem mentibus addunt, Euryale? an
sua cidque deus fit dira cupido?"* Nisus spricht überhaupt immer, auch
vor und nach der mordscene, bei aller Spannung des gemütes durchaus
verständig, was ebenso charakteristisch ist wie die 'reife' des Aletes
und die 'umsieht' des Ascanius. *° gespräche mit Qoethe, von £cker-
mann, hsg. von Düntzer^ I 132 ff. III 203 f. << GKettner zs. f. deutsche
pbilol. XX 336 ff.
Basel. Theodor Plüss.
30.
ZEITSCHRIFT DES VEREINS ZUR ERFORSCHUNQ DER RHEINISCHEN GE-
SCHICHTE UND ALTERTÜMER ZU MAINZ. IM AUFTRAGE DBS VEREINS
HERAUSGEGEBEN VON DR. W. VeLKE. DRITTEN BANDES VIERTES
HEFT. Mainz 1887 in comm. bei v. Zabern. gr. 8. s. 385—616.
Vor kurzem hat der verein zur erforschung der rheinischen ge-
schichte und altertümer zu Mainz das vierte heft des dritten bandes
seiner Zeitschrift herausgegeben, welches auch zwei abhandlungen über
gegenstände des altertums enthält, und da die Zeitschriften unserer
historischen vereine nicht immer in die bände von philologen und
Schulmännern kommen, so erscheint es zweckmäszig auf die genann-
ten arbeiten hier kurz hinzuweisen, weil aber dieselben im wesent-
lichen nur tbatsächliches berichten, so beabsichtigen wir keine kritik,
sondern nur ein referat zu liefern , glauben jedoch der präcisen und
belehrenden darstellung unsere anerkennung aussprechen zu müssen.
Die erste dieser abhandlungen : 'die neuen römischen inschriften
des museums zu Mainz' von Jakob Keller füllt s. 499 — 552. im
j. 1875 hatte der zu früh verstorbene JBecker in Frankfurt a. M.
ein wissenschaftliches Verzeichnis der damals vorhandenen inschriften
des museums aufgestellt; an welches anknüpfend hr. dr. Keller einen
190 FOtto: anz. der Z8. des Vereins zur erf. rhein. gesch. zu Mainz. Hl 4»
(ersten) nach trag über die erwerbungen der jähre 1875 — 1883 im
j. 1883 erscheinen liesz; der Zuwachs dieser acht jähre betrag 35 in*
Schriften, die letzten vier jähre haben nun eine so reiche ausbeute
von neuen Inschriften namentlich aus der stadt Mainz ergeben, dass
ein zweiter nachtrag bei gelegenheit der gencralversamlung des ge-
samtvereins der deutschen geschichtsvereine am 13 — 16 sept. 1887
als festgabe herausgegeben werden konnte , welcher zugleich in die
eingangs erwähnte Zeitschrift aufgenommen wurde, dieser nachtrag
fdhrt 39 Inschriften auf, von denen 32 aus Mainz stammen, and
zwar 18 votivinscbriften, 6 öflfentlicbe denkmftler, 11 grabsteine mit
inschrift, 4 verschiedener art; unter diesen ist die zweite tafel eine»
militftrdiploms vom j. 90, dessen andere hälfte sich im Paulusmuseum
zu Worms befindet, am wichtigsten, von den inschriften sind mehrere
datiert und stammen aus den jähren 90 — 242 nach Gh., andere lassen
sich mit mehr oder weniger Sicherheit einer epoche zwischen den
Jahren 43 und o. 250 zuweisen, sie geben abermals auf^chlusz fiber
verschiedene Seiten des römischen lebens in der provinz Germania
superior. ein register am ende erleichtert die Übersicht über den in-
halt, die behandlung und einteilung schlieszt sich auch hier an die
von Becker an; sculpturen auf votivaltären und grabsteinen sind
genau beschrieben.
Die zweite arbeit: 'die rOmische Rheinbrücke bei Mainz' von
Heim und dr. WYelke (s. 553—616 mit 6 tafeln) betrifft ein in
den letzten jähren vielbehandeltes thema, fügt aber nicht etwa eine
neue ansieht zu den vielen filtern hinzu , sondern stellt zunächst das
thatsäcbliche zusammen , um an dasselbe einige sich von selbst er-
gebende Schlüsse anzureiben, wodurch die ganze frage wohl zu einem
gewissen abschlusz gebracht wird, es wird nemlich zuerst ein acten-
mäsziger und erschöpfender bericht über die aushebung der pfahl-
roste der brücke am anfang der achtziger jähre , welche bekanntlich
die ganze Untersuchung von neuem anregte und auf neue bahnen
lenkte, mitgeteilt, nach demselben kann nicht mehr daran gezweifelt
werden, dasz diese brücke, wie man jetzt allgemein annimt, ein werk
der Bömer war und dasz Karolingiscber Ursprung ausgeschlossen ist.
In diesem ersten teile also gibt hr. baurat Heim in Mainz zu-
nächst einen auszug aus dem bei den betr. arbeiten geführten tage-
buch, welchen hr. baumeister Reinhardt nach den acten desgroszh.
krebbauamts Mainz betr. die rftumungsarbeiten der pfahlroste im
Rhein angefertigt hat. danach sind elf pfahlroste bzw. reste dersel-
ben (in den jähren 1847 und 1854 hatte man schon mehrere pfeiler
herausgenommen) in der zeit vom 24 augast 1880 bis 27 September
1882 geräumt worden; ein rost konnte bei dem günstigen Wasser-
stand des j. 1882 genauer untersucht werden, man hat nach der
sorgfältigen aufnähme die pföhle desselben im hofe des museums
ganz in derselben weise, wie man sie gefunden, wieder aufgestellt und
darf von der construction dieses rostes auf die der andern scblieszen.
die angaben Heims Über zahl und grösze der pfähle, schwellen und
FOtto: aiu.deriB.deBTereioBiurer£rhem. gesch.iaHainz. III 4. 191
quftder haben wir in folgender tabelle UberBichtlich zusammeDgeatellt.
einzelne pfSfale waren mit rCmiachen zafatzeicben versehen.
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41
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60
Es folgt die beschreJbnng der conetruction der pfahlroste, tLber
die wir einige undeutangen geben, die fundamente der roste bildeten
ein fUnleck, welches aus einem rechteck, lang 12,54 m, breit 7,49 m,
nnd einem an die obere achmale seile angefügten gleicbscbenktigen
dreieck von 6 m höhe bestand, die Umgrenzung der fundamente bil-
dete ein kästen, dessen nände aus mehreren lagen von schwellen aus
eicbenholz zusammengesetzt waren, welche hinwiederum durch quer-
schwellen verbunden wurden, im innern der kaaten waren ebenso wie
auf der auszenseite teils vierkantige, teils runde, unten zugespitzte
Qud mit eisernen schuhen versehene pföhle (und zwar im innern stets
kleinere, die auch nicht regelmäszig standen) in die fluszsohle ein-
gerammt; der abstand derselben von einander betrüge. 0,50 — 1,50 m;
die vierkantigen sowie die graszen runden standen meist dicht an
der auszenseite der schwel lenkasten, die Zwischenräume im innern
waren mit kalkbrucheteinen ausgefüllt, welche in lotten gebettet
waren, rings nm die kästen befand sich ein stetnwurf, in den zwiscben-
rSumen, die mit bindemittel ausgefüllt n aren, standen ebenfalls pfähle,
in der unmittelbaren Umgebung der einzelnen pfeiler lagen femer
qtiaderaussandstein von verschiedener, zum teil beträchtlicher grCsze,
die zum teil mit Inschriften und sculpturen bedeckt waren; sie konn-
ten nicht alle zu tage gefördert werden, s. die tabelle in der letzten
columne.
> die zabi VI erscheint — wohl durch einen dradtfehlar — bei n. 4
nnd n. 6; die erstere haben nir in IV geändert. * die angäbe 1,50
bemht wohl auf einem druckfehler, statt 160. ' hier hatten schon
früher ränoiDngsitrbeiten stattgefunden. * reale der pfeiler I und II,
aber nicht deutlich abgegrenzt.
192 FOtto: anz. der zs. des vereine zur erf. rheiii. gesclu zu Mainz. III 4«
Die genauem einzelheiten über die fandstücke können hier
keinen platz finden ; nur berühren wollen wir die frage , anf welche
weise die pfablroste in ihre läge gebracht und auf ihnen die brücke
aufgebaut worden sei. Heim hält dafür, dasz sie auf einem gerüste
über ihrer künftigen stelle zusammengesetzt, dann durch eine Öffnung
im gerüst hinabgelassen und eingesenkt , endlich die steinpackong
hinzugefügt worden sei. femer seien auf den pfahlrosten die eigent-
lichen brückenpfeiler bis zu einer gewissen höhe aufgemauert und
über diese sei die hölzeme brücke — etwa in der von Cathian ver-
suchten construction — gelegt worden.
An Heims bericht schlieszt sich die abh. von Volke an, wel-
cher zunächst die verschiedenen , in oder an den pfahlrosten gefun*
denen gegenstände aufzählt, unter denselben sind natürlich diejeni-
gen von gröster bedeutung, welche anhaltspunkte für die geschichte
des baus geben , wenn auch der wert der übrigen fandstücke nicht
in frage gestellt werden soll, dahin gehören: der holzhammer aus
pfeiler YII mit der inschrift leg. Xlllly ein guszstück mit der in*
Schrift Ug. XVI und der eiserne brennstempel am pfeiler XI mit der
inschrift leg, XXII Antr^ sodann legionsbausteine mit der inschrift
leg. XIIIIGem. , XIIIIGem, Mari. Victr.^ XXII Frimiigenia) , ein
votivaltar aus dem j. 225 nach Ch. und ein öffentliches denkmal fUr
den kaiser Nero aus dem j. 56. auf grund dieser fundstücke sucht
Volke in besonnener abwägung aller hierher gehörenden momente
eine geschichte der brücke zu gewinnen, anknüpfend an den stein
der leg. XIIII Gem. Martia Ftc/m, welche namen für den Mittel*
rhein auf die jähre 70 bis etwa 100 nach Ch. hinweisen, lehnt er die
erbanung der brücke durch Drusus ab, zumal Kastei noch nicht seine
spätere Wichtigkeit gehabt habe , auch kein weiteres anzeichen flir
Drusus spreche und schon bald nach ihm nachweislich eine brücke
nicht existiert habe, dagegen stimme alles gut zusammen, wenn
man etwa das letzte Jahrzehnt des ersten jb. , jedenfalls die zeit der
Flavier als die epocbe der gründung annehme, wie auch EHübner
gegen die ansichten von Julius Grimm und FSchneider sich aus-
gesprochen hat. dasz der erste bau der brücke mehrfache reparaturen
und infolge eingetretener Zerstörung einen neubau erfahren habe,
darauf deutet der name der leg. XXII hin, insbesondere der brenn-
stempel mit dem zusatz Ant. auf die zeit Caracallas. doch es kam
eine zeit, in welcher auch diese reparierte brücke zerstört war. eine
letzte herstellung — aber auch nur für kurze zeit — erfuhr sie
durch kaiser Maximianus, wie die bekannte bleimedaille von Lyon
beweist.
Sechs tafeln erläutern die darstellung der hm. Heim und Velke;
sie geben situationspläne, eine Photographie des im hofe des Schlosses
aufgestellten pfähl rostes, constructionsübcrsichten der roste und ab-
bildungen der wichtigern fundstücke sowie die ansieht eines bogens
nach Cathians reconstruction.
Wiesbaden. Friedrich Otto.
LBauer: zu Silius Italicua. 193
31.
ZU SILIUS ITALICUS.
Das von dem leider allzufrüh dahingeschiedenen Hermann
Blass zn Berlin in jahrelanger, mühevoller arbeit für eine neue
textansgabe des Silius Italiens gesammelte material ist durch gütige
Vermittlung der Tenbnerschen Verlagshandlung in die bände des
unterz. übergegangen, mit dem auftrage die von Blass begonnene
arbeit zu vollenden.
In den folgenden zeilen sollen zunächst einige stellen des Silius
behandelt werden, und zwar 1) solche, deren lesart gegen conjecturen
in schütz genommen oder an denen zwischen verschiedenen lesarten
der hss. entschieden wird, und 2) solche, deren verderbte Über-
lieferung einer heilung bedarf, was die erstem anlangt, so habe ich
aus dem bis jetzt verarbeiteten material nur einige fälle ausgewählt,
da es nicht sache des herausgebers sein kann, jede einzelne nach
seiner ansieht unnötige conjectur — und deren gibt es auch bei
Silius gerade genug — ausführlich zurückzuweisen, einzelne stellen
sind nach Blass' nachlasz bearbeitet, was jedesmal besonders bemerkt
wird, über die citierten hss. vgl. man die treffliche grundlegende
abhandlung von Blass ^die textesquellen des Silius Italiens' im
8n suppl.-bd. dieser jahrb. (1875) s. 159—250.
I.
I 36. nach dem exordium des ersten gesanges setzt Silius den
götterapparat in beweguug, dem Vorbild des Ennius und bes. des
Vergilius folgend (vgl. JGroesst 'quatenus Silius Italicus a Vergilio
pendere videatur' Wiesbaden 1887, s. 9). Juno ist die Urheberin der
punischen kriege, wie sie das Umsichgreifen der römischen herschaft
sieht (v. 29 ff.), fürchtet sie für ihr Karthago und reizt es zum kriege,
der erste versuch mislingt , aber Juno
35 iterum instaurata capessens
arma remolüur, dux agmina sufficit uwus
turhanti terras pontumque movere paranti.
V. 36 haben agmina LFO; im Col. stand nach NHeinsius dafür
magnaej V hat im text magna, am rand aber von gleicher band
agmina. an dem agmina sufficU nun nahm man vielfach anstosz,
speciell Madvig, welcher adv. crit. 11 s. 161 sagt 'non agi de Kanni-
bale agmina lunoni sufficiente, hoc est suppeditante (quasi agminibus
luno eguerit, quae ipsa duceret, ac non pacis foederumque violatore),
sed de Hannibale uno toti rei sufficiente'. Madvig schreibt daher
omnia für agmina und liest im folgenden verse mit dem cod. Put.
— derselbe gehört nach Blass ao. s. 217 zur dritten, interpolierten
hss.-gruppe, welche für eine textesrecension wenig oder gar nicht in
betracht kommt — terra = *auf der erde' statt terras. demnach
wäre der sinn des verses : der einzige Hannibal genügt der göttin für
Jahrbücher (Hr class. philol. 1888 hft. 3. 13
194 LBauer: zu Silius Italiens.
ihren zweck alles aaf der erde umzastürzen usw. Blass, welcher sich
den gründen Madvigs anschlieszt, vermutet, noch mehr von der Über-
lieferung abweichend: dax ansam sufficU tmu$ turhandij ierras p.
m. p. 6in umstand allerdings scheint für Madvig , speciell für aeine
auffassung des verbums sufficere in dem sinne von ^genügen' za
sprechen, nemlich eine stelle bei Lucanus, wo es 11 87 heiszt: vir
ferus (Marius) ei Bomam cupienti perdere fato suffidens. allein wir
haben den Silius aus sich selbst zu erklären, und erst wenn wir hier
Schiffbruch leiden , dürfen wir ans nach fremder hilfe umsehen, ab-
gesehen nun davon , dasz agmina durch die hss. bestens beglaubigt
ist — denn tnagnae und magna sind offenbar nur sehreibversehen
— scheint es mir, als liesze sich die lesart der hss. nicht nur ganz
ungezwungen erklären, sondern als sei sie durch den Zusammenhang,
durch die auffassung des dichters vom eingreifen der Juno geradeza
gefordert : Juno ist dem dichter die Urheberin der punischen krioge ;
von ihr heiszt es v. 32 : bellandi corda furore Phoenicum exsHmüiai; sie
ist es die nach dem mislingen des ersten Versuches die waffen wieder
in die band nimt und den krieg erneuert : capessens arma remolUur.
Hannibal ist nur das Werkzeug in ihrer band (v. 39 hunc audet sdlum
componere foHs), das instaurare arma v. 35 aber müssen natürlich
die Punier besorgen, speciell der mann den Juno sich zum Werkzeug
erkoren, so bezieht sich nach meiner ansieht der ausdruck agmina
sufficit auf instaurata arma , wie anderseits der in arma remolUur
capessens ausgesprochenen thätigkeit der Juno im folgenden die
Worte turhanti . . movere paranti entsprechen, das verbum sufficere
ist hier im eigentlichsten sinne zu verstehen =» 'nachfUgen, nach-
schaffen', ähnlich zb. Verg. ge. III 65 äliam ex alia generando suffioe
prölem, Hannibal mnsz die armeen nachschaffen für einen neuen
kämpf, nachdem der erste krieg unglücklich ausgegangen war. und
wenn es von Hannibal heiszt dux unus^ so will der dichter damit an-
deuten, dasz wie Juno die Urheberin, so Hannibal die seele des
kampfes war — daher beüum HanntbaUcum.
IV 724. im anschlusz an diese stelle des ersten buches soll
eine des vierten behandelt werden , welche mit jener in einem ge-
wissen innem Zusammenhang steht, insofern auch hier wieder Juno
als treibendes motiv erscheint; auch hier hat das nichtbeachten dieses
umstandes zu unnötigen conjeeturen veranlassung gegeben, die
schlachten am Tieinus und am Trebia sind geschlagen, der consul
C. Flaminius ist im anmarsch ; da heiszt es :
nee regem Afrorum noscenda ad coepta moraiur
laude super tanta moniior deus.
nascenda bieten die hss. und ältesten ausgaben; die ed. Basil. 1522
zum ersten male dafür richtig noscenda ^ was seitdem in die meisten
ausgaben übergegangen ist. ich glaubte früher (n. philol. rundschau
1887 n. 15 s. 228) nascenda halten zu können; allein eine genauere
betrachtung des Zusammenhangs läszt noscenda als die allein richtige
lesart erkennen, mit dem werte coepta ist das vorhaben der göttin
LBauer: zu Silius Italicus. 195
Juno — denn diese ist mit deus gemeint (v. 725) — bezeichnet, nicht
die plane Hannibals, die er schmieden soll , noch weniger das unter-
nehmen des Flaminius, von dem im vorhergehenden die rede ist. 'die
gGttin will daszHannibal ungesäumt ihr vorhaben kennen lernen soll',
dh. die schlacht am trasumennischen see; sie ist ihm laude super tanta
monüar] sie ruft ihm im folgenden zu peUe moros; sie sagt ihm,
dasz dort am see der Ausonier blut in strömen flieszen werde (v. 734).
und von Hannibal heiszt es v. 741 his agitur monitis; er selbst ruft
y. 830 aus {namque) haud parva deus promissis spandet apertis. also
auch hier erscheint Juno wieder als Urheberin, Hannibal als Werkzeug
zur ausführung ihrer plane, darum erscheinen alle Verbesserungs-
vorschläge, zu denen auszer den schon bei Buperti citierten noch
folgende kommen: poscens ad coepta (Bothe), haec noscens (Thilo),
jpensanda (Blass) , navanda (Buchwald) , unnötig.
A60. von dem Spanier Tagus sagt Silius : primus i/nire manUy
posiretnus ponere martern, manu haben FO V, manus L; letzteres
ist in den text aufzunehmen wegen der concinnität der beiden Satz-
glieder; manus mire <= in manus venire ^ ad manum accederey €ic
X€tpac Uvai Xen. anab. IV 7, 16.
I 177. Hasdrubal läszt den Tagus martern und hinrichten; in
der Schilderung der martern heiszt es :
aique omni sanguine rapto
ossa liquefaäis fumarunt fervida memhris,
für rapto haben die hss. und altern ausgaben rupto, und dies ist auch
mit Blass wieder in den text einzusetzen in dem sinne von 'hervor-
brechen , sich ergieszen' , was se rumpere und rumpi öfter bedeutet :
vgl. Verg. Äen, XI 548 tantusse nubibus imher ruperat, II 416 rupto
turhine (vgl. Gossrau zdst.). ge, III 428 dum amnes ulli rumpuntur
fontibus.
1 259. hier heiszt es von Hannibal:
femineum puiat inventa iacuisse suh umhra
exercetque sitim et spedato fönte recedit,
der Col. bietet umenti^ LOV inuenta, F umene darüber l' inuenta.
Blass gibt der lesart des Col. umenti den Vorzug (s. textesquellen
8. 237), während Thilo (quaestiones Silianae criticae s. 17) — doch
ohne angäbe von gründen — Burman folgend inventa lesen will,
ich schliesze mich den beiden letztern an aus zwei gründen: einmal
entspricht inventa umhra (= wenn sich ihm ein schattiges plätzchen
bot) dem folgenden spedato fönte besser, und dann wird, so viel ich
sehe, umhra umens zunächst nur von dem thauigen schatten der
nacht gebraucht: vgl. Sil. II 469. III 168. Verg. Aen. III 589. IV
7. 351.
I 370. die Punier untergraben die mauern Sagunts ; ein teil
derselben stürzt unter gewaltigem getöse ein :
terribilem in sonitum procumhens aggere victo
Herculeus labor atque immania saxa resolvens
mugitum ingentem caelo dedit.
13»
196 LBaoer: zu Silius Italicus.
für caelo haben alle hss., auch der Col. caelL cado ist conjector der
Itali und in alle ausgaben übergegangen, auf den ersten blick
scheint allerdings die Verbesserung cado evident zu sein; cado^^ad
caelutn kommt ja bei Silius und andern dichtem häufig vor, vgl.
1 1 arma quihus cado se gloria toUit-, ebenso 1 277. 508 u5., und der
ausdruck mugUum dare, von dem Blass meint, er könne doch wohl
nicht gut von einer zusammenstürzenden mauer gebraucht werden,
wäre in diesem sinne mehr als gerechtfertigt durch einen hin weis
auf Statins Theb, X 263, wo es gar heiszt: ne gravis exdamet portae
tntigüfM ahenae, allein trotzdem ist an dem so gut beglaubigten codi
festzuhalten, und die worte sind zu verstehen von dem Widerhall,
den der Zusammensturz der mauer am himmelsgewölbe hervorruft
— eine echt Silianische Übertreibung; dare ist dabei in dem sinne
von 'verursachen, hervorrufen' zu nehmen, wie man zb. sagt vulnera^
dolorem dare uä. gründe für diese auffassung lassen sich vier^ltend
machen: Ij ist es an sich unwahrscheinlich, dasz ein ursprüngliches
caelo^ das, wie gesagt, in ähnlichen Verbindungen oft vorkommt, in
allen hss. sollte in caeli verschrieben worden sein. 2) verlangt der
folgende vergleich Älpihus altis acriae rupes scopidarutn mole revulsa
haud aliier scindunt rcsonanti fragmine montem^ wo ebenfalls
vom Widerhall die rede ist, eine solche auffassung des tntigiium dare.
3) sagen nunmehr der erste und der dritte der oben stehenden verse
nicht mehr das gleiche aus , vielmehr dient der dritte jetzt zur Stei-
gerung des efifects. 4) endlich dient zur stütze Silius selbst XII 518,
wo es heiszt : intremit et tdlus d pulsus mugü Ohftnpus.
I 396. der dichter begleitet den tod eines puni sehen k riegers
mit den werten :
fdix heu! nemorum et vitae laudandus opacae,
si sua per patrios tenuisset spictda saltus.
an dem wort tenere haben viele kritiker anstosz genommen, weil sich
der in diesem verbum liegende begrifi^der einschränkung, des zurück-
haltens nicht mit der präp. per verbinden lasse, demgemäsz schreibt
zb. NHeinsius tenuassd «= minuisset, Chory teniassd, Blass torsissd.
meiner ansieht nach ist nichts zu ändern, wir haben eine verkürzte
ausdrucksweise, eine zusammenziehung zweier constructionen : si
spicula tenuisset in saliibus, per eos venans. ähnlich zb. per süvas
vivere.
I 436. (nach Blass.) hier heiszt es von Mars:
flagrantia beUa
cornipedum afflatu tonat d stridorihus axis.
für tonat haben unsere hss. doniat. tonat ist seit JCScaliger in die
ausgaben eingedrungen ; dieser sagt 'Martis est accendere bella, non
domare.' sehen wir zunächst von der bedeutung des ausdrucks hdla
dotnare ab. kann man denn von Mars sagen hella tonat *^ man sagt
allerdings bdlum tonat, zb. Sil. XII 300 dum bellum tonat \ vgl. dazu
IV 264 saevisque virum circumtonat armis, XIV 299 aggrcditur
muros atque armis intonat urbi. Mart. VIII 3, 14 gebraucht bdlum
LBauer: zu Silins Jtalicus. 197
Umare vom dichter, ebenso VII 23, wie man auch sagt verba^ minas
ianare, allein für Mars tonat bella fehlt jeder beleg, und ist denn
die hsl. Überlieferung durchaus nicht, wie Scaliger meint, zu
halten? wir glauben doch. Mars heUum domat ist in dem sinne zu
verstehen, dasz der domitor heUi als sieger aus dem kämpfe hervor-
geht nach niederwerfung des gegners, wie eben auch an unserer
stelle Mars als sieger in dem kämpfe gegen die Titanen hingestellt
wird : vgl. v. 434 telumque coruscans , Titanum quo pulsa cohors,
so sagt Silius auch domare lahores, adversa III 575. I 533 udgl.
femer ist zu vergleichen heUum delere Cic. Lael, 3, 11. Nepos Älc,
8, 6. endlich musz noch verglichen werden Sil. IV 363, wo heUis
suhactis von allen hss. beglaubigt steht; niemand wird es einfallen
dafür mit van Veen 'quaestiones Silianae' s. 82 peraäis corrigieren
zu wollen ; vielmehr stützen sich beide ausdrücke heUum domare und
heUum suhigere gegenseitig , und meine früher (philol. rundschau V
s. 1 10) ausgesprochene Vermutung subacti zu schreiben wird dadurch
hinföllig.
I 499. der Saguntiner Murrus brennt vor begierde sich mit
Hannibal im Zweikampf zu messen ; aber als dieser ihm gegenüber-
tritt, verliert er allpn mut: lato Murrus cäligat in hoste, an dem
lato hat man vielfach anstosz genommen: Silius sage zwar von
Hannibal 11 453 lati umeri (ferner findet sich fisus latis umeris
n 154. V 437 uö., latum peäus IV 417), aber latus allein in dem
sinne von 'riesig' komme nicht vor, und in dem sinne wie Hör. ep,
n 3, 183, wo Bentley latum spat iari mit 'sublimem, superbum in-
cedere' erklärt, könne es hier nicht verstanden werden. NHeinsius
schreibt deshalb dafür laäOy Blass entweder mit Thilo late — dieses
müste zu den vorhergehenden Worten gezogen werden, und hoste
würde eines bezeichnenden attributs entbehren — oder tanto. man
könnte diese Vermutungen noch um alto vermehren (vgl. V 259. 294.
X 306. XIV 529 usw.) , wenn überhaupt ein grund zur Änderung
vorläge, allein ein blick auf die folgenden worte müle simul dextrae
densusque micare videtur ensis et innumerae nutare in casside cristae
zeigt uns deutlich, dasz lato vollkommen am platze ist: denn diesen
Worten liegt die anschauung von 'breiter ausdehnung' zu gründe;
dem Murrus dunkelt es vor den äugen, da er weit und breit nur
feinde zu sehen vermeint.
I 555. Hannibal wird vor Sagunt am fusze verwundet und zieht
sich kämpfend zurück:
nie tegit clipeo fusum per membra cruorem
tardaque paulatim et dubio vestigia nisu
älternata trahens aversus ab aggere cedit.
es handelt sich um aversus ^ welches FO und nach der (unzuver-
lässigen) angäbe Drakenborchs auch der Col. bietet, während LV
aduersus lesen (über die häufige Verwechslung beider Wörter vgl.
Ribbeck proleg. in Verg. s. 237). beide lesarten sind also ziemlich
gleich gut beglaubigt, und wir müssen uns für dasjenige der beiden
198 LBauer: zu Silius Italicos.
Wörter entscheiden , welches dem Zusammenhang besser entspricht«
hier neigt sich die entscheidung zunächst zu gunsten des adversus*
denn die Situation ist folgende: Hannibal hat den Murrus erlegt,
wird aber von einer schar von feinden umringt und hart bedrftngt;
während er sich tapfer wehrt , entsendet Juppiter unter donner eine
lanze, die den Punier am Schenkel verwundet, kann sich Hannibal
nun wohl aversus zurückziehen, wenn man dies wort in seiner eigent-
lichen bedeutung nimt? doch wohl kaum: denn die feinde wären
auf ihn eingedrungen, und es wäre wohl um ihn geschehen gewesen ;
er musz sich langsam und den feinden zugewendet zurückziehen, die
Verwundung mit dem schilde deckend , damit die feinde nicht das
blut flieszen sehen und dadurch mut bekommen, so scheint es fast,
als verlange die Situation adversuSy und JBPius hat dasselbe auch in
seinen 'annotationes posteriores' (1511) empfohlen, allein trotzdem
entscheide ich mich mit Blass für aversus\ nur ist dasselbe eng mit
ab aggere\zn verbinden : ^abgewendet, zurückgeschlagen vom walle.'
denn hätte Silius den rückzug Hannibals als adversus besonders be-
tonen wollen , so hätte er sich wohl kaum mit dem einzigen werte
adversus dafür begnügt, sondern dies ausführlicher gegeben , viel-
leicht durch ein gleichnis veranschaulicht.
I 570. (nach Blass.) der kämpf vor Sagunt ruht in folge der
Verwundung Hannibals; diese Unterbrechung des kampfes benutzen
die Saguntiner, um eine gesandtschafb nach Bom abzuschicken; die
bevölkerung ruft den vätem der stadt zu :
ite citi remis velisque impeUiie puppim^
saucia dum castris clausa est fera; tempore martis
utendum est rapto.
für rapto haben alle hss. rupto, dies wurde in rapto geändert im
hinblick auf VIl 531 rape miles tempora pugnae\ Verg. Äen, XI 459
arrepto tempore] dazu Lucanus X 508 feliciter usus . . tempore rapto,
was heiszt nun tempore inartis utendum est rapto? entweder: man
soll die zeit zum kämpfe rasch ergreifen und benutzen, oder: man
musz die zeit im kriege rasch benutzen, es gilt da kein langes be-
sinnen, jenes passt nicht, da ja der kämpf ruht; dieses würden wir
acceptieren, wenn die hsl. lesart rupto nicht zu erklären wäre; und
das ist mit rupto wohl der fall , ja es passt weit besser in den Zu-
sammenhang als rapto: tempore martis rupto «= interruptOy da der
kämpf in der that unterbrochen ist, vgl. rumpere sileniium^ moros uä.
I 671. von den gesandten der Saguntiner hält nach Silius ein
gewisser Sicoris im römischen senat eine rede ; nachdem er auf die
den Römern selbst drohende gefahr und auf die zwischen Rom und
Sagunt bestehende blutsverwandtschaft hingewiesen, schlieszt er mit
den Worten:
cur ui decisa atque avulsa a corpore memhra
despiciar vesterque luat cur foedera sanguis?
im zweiten dieser verse hat uester nur V , L F 0 haben nostcr, und
dieses noster ist auch wieder in den text einzusetzen, weil es die
LBauer: zu Silios Italiciu. 199
bessern hss. haben und weil es dem sinne nach besser passt. der
redner weist im vorhergehenden auf die Verwandtschaft der Sagon-
tiner mit Born hin und hebt alsdann hervor, wie die B5mer es doeh
firtther für ihre pflicht gehalten, Zancle gegen den tjrannen Hiero zu
helfen, wie sie Capua schützten von dem samnitischen beere (v. 662
— 665); also sollten sie auch ihnen helfen, wenn er nun fortfährt
^warum soll ich gering geschätzt werden wie ein fremdes, abge-
rissenes glied?' wenn er also die Bömer gewissermaszen sagen läszt
^was geht ihr Saguntiner uns an? ihr seid uns fremd', so ist es folge-
richtiger, wenn er dann weiter sagt : 'und warum soll unser blut —
wenn es denn nicht das eurige sein soll — fOr die vertrage bttszen,
während ihr doch andern geholfen habt ?' — Auszerdem möchte ich die
von Buchwald ^quaestiones Silianae' s. 23 ib der rede des Bicoris
vorgeschlagene und von mir früher (philol. rundschau 1887 s. 228)
gebilligte Umstellung der verse 656 und 657 hinter 652 nunmehr
xnrfickweisen. wenn Buchwald meint, der Zusammenhang der rede
werde in ungeeigneter weise unterbrochen dadurch dasz in jenen
Versen 656 f. nochmals auf die drohende macht Hannibals hinge-
wiesen werde, während doch von v. 653 an nur noch von dem
verwandtschaftlichen Verhältnis der beiden städte die rede sei, so ist
darauf zu erwidern, dasz dieser nochmalige hin weis auf Hannibals
macht sich recht wohl rechtfertigen läszt, da der redner jetzt die den
Saguntinem, den verwandten und verbtlndeten der Bömer, unmittel-
bar bevorstehende gefahr mit allem nachdruck hervorheben will,
nachdem er vorher auf das, was später den Bömem selbst drohe,
hingewiesen hatte.
II 272. im karthagischen senat finden die Verhandlungen über
krieg oder frieden statt:
Poenortim interea quis rerum summa potestas
Consultant hello sv^er^ et quae dicta ferantur
Äusoniae a populis oratorumque minaci
adventu trepidanU
im dritten verse lesen unsere ausgaben, verleitet durch die autorität
des Col. nach NHeinsius Ausonia a pqptdis^ während in den übrigen
hss. die präp. fehlt, letzteres ist allein richtig, wie schon Bothe
gesehen bat. es handelt sich nicht um die von den Bömem zu er-
wartende forderung , sondern um die antwort welche man ihnen er-
teilen soll, denn dasz die Bömer ihre forderungen bereits gestellt
haben, ist aus Gestars rede deutlich ersichtlich, wenn er v. 368 sagt:
nam quae, pro superi, Fabius iuhetf odus arma exuite et capta
descendite ah arce Sagunti usw. und dasz die gesandtsebaft in der
versamlung selbst anwesend ist, zeigen ebenfalls deutlich die verse
380 ff. at postquam discordia sensit pectora et infidas ad martern
vergere mentes, non uUra patiens Fahius rexisse ddwem usw. dem-
gemäsz sind oben die worte oratorum minad adventu nicht von der
drohenden ankunft, sondern von der anwesenheit der römischen
gesandten, die nichts gutes bedeutet, zu verstehen, das misverständ*
200 LBaoer: zu Silias Italicag.
nis dieses ansdrucks — und dasselbe konnte leicht entstehen, da
Silius die ankunft der römischen gesandtschaft nicht besonders er*
wähnt — hat den Schreiber des Col. veranlaszt a hineinzucorrigieren»
wir haben hier ein deutliches beispiel , dasz sich auch im CoL Inter-
polationen finden (vgl. oben zu I 259, ferner 11 366, auszerdem Blass
teztesquellen s. 247 f.).
II 282. in der eben erw&hnten versamlung h< Hanno eine
dem Hannibal feindliche rede; er beginnt mit den werten:
cunäa quidem , patres — neque enim cohibert minafdum
280 irae se valuere — premimt formidine vocem,
haud tarnen äbstüerim^ mortem licet arma propinqueni.
testabor superos et cado nota rdinguam^
quae postrema salus rerum patriaeque reposcii.
Y. 282 haben nota der Col. und F, uota LO V. die ausgaben folgen
nut recht den erstgenannten hss. ; allein die erklärung, welche man
den Worten caelo nota relinquam gibt, ist unmöglich. Buperti nimt
rdinquam «» süentio pradermütam und übersetzt: 'ich will, als nur
dem himmel bekannt, was uns frommt, übergehen.' das passt aber^
abgesehen davon dasz caelo «» deis zweifelhaft erscheint, absolut
nicht in den Zusammenhang, denn wollte Hanno seine ansieht über
das, was Karthago frommte , nicht aussprechen, bzw. traute er sich
darüber kein urteil zu^ so hätte er überhaupt geschwiegen, nun aber
spricht er ganz deutlich aus, was nach seiner ansieht das beste ist;
er ßlhrt fort, indem er sagt, nicht erst jetzt verkünde er es, als serus
vateSy sondern schon früher habe er in voraussieht der künftigen
dinge — er vergleicht sich dabei v. 289 — 91 mit einem kundigen
und erfahrenen schififsmann, der seinen leuten die kommenden stürme
prophezeit — mit aller energie darauf gedrungen , man solle den
Hannibal nicht im lager aufziehen; durch seine ganze rede klingt
es hindurch 'Hannibal ist unser verderber, fort mit ihm' und am
schlusz derselben sagt er deutlich 'friede ist das einzige was uns
retten kann', wie passt dies alles zu der erklärung Bupertis ? ich
glaube dasz nota relinquam aufzufassen ist «» nota dicam^ dh. 'ich
werde es als bekanntes, als ausgesprochen zurücklassen, was das wohl
des Vaterlandes erfordert, auch wenn die wut meiner gegner mich mit
dem tode dafür bestraft' — mortem licd arma propinquent, Hanno
ist sich dessen bewust, was er mit seinen freimütigen äuszerungen
riskiert ; der gedanke, dasz er dafür vielleicht sein leben lassen musz,
schwebt ihm vor, und von diesem gesicbt^punkte aus ist auch das
wort caelo zu erklären in dem sinne von 'oberweit, weit'. Hanno
will also sagen: 'wenn ihr mich um meiner werte auch tötet und in
die unterweit hinabsendet, so will ich es doch vorher aller weit ver-
künden, was meinem vaterlande zum heile dient.' ähnlich ist cadum
— 'oberweit, weit' Verg. Aen. VI 897 sed falsa ad cadum mittunt
insomnia manes.
II 375. auf die rede Gestars im karthagischen senat folgen
die werte:
LBauer: za Silius Italicus. 201
tU deinde resecUt
faäaque censendi pcUrum de more potestas ,
hie Hannen reddi propere certamine rapta
instat et auctorem violati foederis addit»
diese drei verse fehlen im Col. aufgrund dieser thatsache hat Modius
dieselben für unecht erklärt, freilich ohne weitere gründe anzu-
führen als dasz die verse Mneptissimi' seien, 'barbariem redolentes,
Silio non digni' udgl. Thilo bringt mit recht wenigstens zweierlei
zur bogründung : erstens sei die emphase des hie nicht zu begreifen,
femer nicht, wie die Senatoren über Hannos abstimmung nach seiner
rede (s. o. zu II 282) so erstaunt sein können, dasz der dichter fort-
fahre : tum vero attonüi^ ceu templo irrumperä hostis, exsüuere patres
Laiioqu^ id verteret omen oravere deum, dazu hätte Thilo als dritten
grund noch bringen können, dasz von einer wirklichen abstimmung
im karthagischen senat bei Livius gar nicht die rede sei. allein wir
dürfen uns , glaube ich , auch mit dieser begründung noch nicht be-
gnügen , sondern müssen zu eruieren suchen, welches das motiv der
einschiebung jener verse gewesen ist. wir müssen zu diesem zwecke
Livins herbeiziehen, nach diesem (XXI 6 ff. und 18) werden zwei
gesandtschaften nach Karthago geschickt : die eine vor der einnähme
Sagunts (Sprecher P. Valerius Flaccus) mit der forderung, dasz
Hannibal ausgeliefert werden solle, wenn man nicht vom kriege ab-
stehe, die zweite nach dem falle Sagunts (sprecher Q. Fabius) mit
der kriegserklärung, im falle Karthago, wie vorauszusehen, sich mit
dem vorgehen Hannibals einverstanden erkläre, diese zwei gesandt-
schaften hat Silius in seiner weise in ^ine zusammengezogen, unter
Valerius Flaccus und Fabius (vgl. meine diss. *über das Verhältnis
der Punica des Sil. It. zur 3n dekade des Livius' s. 38). die gesandt-
schaft gebt bei Silius (II 1 fif.) ab noch vor dem falle Sagunts, trifft
aber in Karthago ein nach dem falle der stadt. dabei übergeht der
dichter ganz naturgemäsz (um historische genauigkeit ist es ihm ja
fe^ajeht zu thun) die forderung der ersten gesandtschaft bei Livius;
ihm sind die reden des Hanno und Gestar und die kriegserklärung
des Fabius die hauptsacbe. nun hat aber Silius die rede des Hanno
ganz nach Livius XXI 10 gedichtet (vgl. m. diss. s. 42 f.) mit dem
einzigen unterschiede, dasz er Hanno die forderung, man solle Hanni-
bal den Bömern ausliefern , nicht mehr stellen läszt, weil diese for-
derung für ihn , der nur 6ine gesandtschaft mit der kriegserklärung
des Fabius kennt, gegenstandslos war. um nun diesem vermeint-
lichen mangel in der Übereinstimmung der reden des Hanno bei
Livius und Silius abzuhelfen , sind jene drei verse entstanden, be-
seitigen wir dieselben , so schlieszen sich die worte tum vero attoniti
trefflich an ut deinde resedit an. wenn Thilo glaubt, es sei die erzäh-
lung eines portenium ausgefallen, wegen der folgenden worte Latio-
que id verteret omen oravere deum, so ist diese annähme durchaus
nicht nötig, da sich diese worte ganz gut auf den schlusz der rede
Gestars beziehen lassen v. 370 ff. uranfur rotes ac toto ahsistite
ij( j2 Iraner: zu ßiHaf ItAÜeitt.
pottfUf: femer bee. 373 MCpf^ri^wf solviM dwctarü hervai€ ■■»»■>,
näit GebtAT bzv. Siliub die tos Rajino nidtn aongesprocfaene aa»>
lieftTusg EaiuuDttlii v«iiigfci«xi£ isdeotei.
II 507. der liuJ Sagrmu s1«rbt bexor. Hercoles. üir erbaoer,
bittet die gCittijD Fide^ der btadt zu hilfe n koxzüzwn. diese t
dft kie bonift nicfau rc tbuc vermag, wenigsUA^ eis rulnsTollei
der tstadt:
fetf «ecMfa fna fundaia vi imoema dextra
dignum U yonxi^ wyamorando fime riporfm:
dediUi fiec fem transmiUant carpora Pofno .
ext^endam Uli deau at^we in saecula müttam.
dak« wort secura im erstes Terse muht des erkl&rern Schwierigkeiten.
NUeiseiue treibt daffir $i cura (bc iwa esf • usd imputiert damit
dem dichter eise recht matte au&druckswei&e. Boihe Tennutet
^e$9ura ^^ casura, wie zb. v. 549 casuro populo. allcis es ist an
Bccura sicbtb zu ftsders ; dasselbe ist ah gegessatz zn dem folgend
ßsifi aehr wohl am platze, die gOttis sagt: 'ich will daftir sorgen
Haguot, ihreb grflsders wfirdig, furchtlos und fest [seatrd) oeh
die kraft (/ewabre rufamvoll zu bterbes . usd dasz sie nicht ermattet
und mutlo« (foiifi) sich des feisden ergebe.' is ähnlichem sinne
steht »ecuruH XVII 41 seatra capit funem.
III 29. Bobtar ist auf Uannibals befehl nach der einnähme
ßagunU) nach Africa gegangen, um das orakel des Juppiter Ammon
zu befragen ; dabei beschreibt der dichter die merk Würdigkeiten des
tempels. v. 29 heiszt es : irtistinda focis sertani aliaria flammae.
liothe und Blass nehmen anstosz an der construction des verses:
erbterer ändert flammae in flammas^ letzterer schreibt foci ftir fods^
um zu sertant ein subject zu gewinnen, ich glaube, wir kommen
ohne jegliche finderung zurecht, wenn wir, was doch eigentlich das
nftchbtliegende ibt, zu servant als subject die priester nehmen, die
V. 21 — 28 teils grammatisches teils logisches subject sind, die
priester bewahren, erhalten die altfire irrcsiinda focis flammae^ so
dasz auf den altftren die flamme nicht verlischt, flammae hängt ab
von irrestinda, über den ausgedehnten gebrauch, welchen Silius von
der Verbindung der adjectiva mit dem genitiv macht, vergleiche ua.
llupertis appendix s. 171.
III 229. die dem Homerischen schiffskatalog nachgebildete
aufzählung der Streitkräfte Hannibals leitet der dichter mit den
Worten ein:
non Ma nee umquam
saevior ü trucibas tempestas ada procdlis ,
nee bellum raptis tarn dirum miüe carinis
acrius infremuit trepidumque cxierruit orbem,
die Worte raptis tarn dirum haben bei vielen kritikern bedenken er-
regt, und es liegt eine ganze reihe von verbesserungs vorschlagen
vor. um das vermeintlich unpassende tarn dirum zu beseitigen und
LBauer: zu SiliuB Italicus. 203
einen zusatz zu raptis bzw. miUe carinis zu bekommen , wurde vor-
geschlagen in Troiam^ in Pergama oder Oraiorum, Ärgivum^ was
wenigstens der hsl. Überlieferung näher kommen würde. Cborj
schreibt gar tum, dicunty und Thilo wünscht trans aequor zu lesen,
wohl im hinblick auf XV 277 qui traxU in aequora mtUe carinas^
während Baehrens mölüum vorschlägt, wozu dies alles? weder
raptis noch müle carinis bedarf eines zusatzes. rapere «=» 'eilig herbei-
schaffen oder in bewegung setzen' steht öfters absolut, zb. XIY 209
equorum miUe rapit turmam, und den fast stereotyp gewordenen
ausdruck miüe carinac verstand jedermann gleich von der flotte
Agamemnons (vgl. zb. Verg. Äen. II 198. IX 147. Ov. mä. XTL 37.
XIII 182 u6.). und tarn dirum endlich scheint mir so sehr berech-
tigt, dasz durch entfernung desselben die concinnität der beiden
glieder der vergleichung gestört würde. Silius gebraucht zwei ver-
gleiche : kein ungewitter braust furchtbarer dahin , noch schnob der
troische krieg heftiger einher; tempestas aber sowohl als heHwin
haben einen steigernden zusatz: kein unwetter, das von furchtbaren
stürmen getrieben am himmel heraufzieht und in folge dessen so
drohend aussieht, braust fürchterlicher los, noch entbrannte der
troische krieg heftiger, der bei einer so mächtigen flotte so unheil-
schwanger {tarn dirum) erschien.
in 635. Hannibal steigt ungehindert von den höchsten höhen
der Alpen herab ; nur steile felswände hindern noch das vordringen.
non acies hostisve tenet , sed prona minaci
praerupto turhant et cautihus obvia rupes.
Chory und Blass nehmen anstosz an der tautologie acies hostisve:
ersterer vermutet non acies hostis retinet und faszt acies als accusativ
auf; dagegen ist zu bemerken, dasz von dem auf immer noch unweg-
samen gebirgen marschierenden beere Hannibals der ausdruck acies
kaum gebraucht werden kann, weit besser ist die Vermutung von
Blass glacies für acies zu schreiben: sie entspricht den Verhältnissen
vollkommen, da in der that Hannibal früher (v. 520. 544. 549) mit
dem eise und mit feindlichen gebirgsbewohnem zu kämpfen hatte;
ich würde die conjectur unbedenklich annehmen , wenn der grund
zur änderung (tautologie des ausdrucks) stichhaltig wäre, dh. wenn
sich nicht ähnliche Verbindungen bei unserm dichter mehrfach fänden:
vgl. zb. VII 249 iam vos acies et proelia et host em poscite; ähnlich
acies et arma II 387. Hl 117; gentes aciemque IX 268 uä. darum
haben wir uns auch hier streng an die Überlieferung zu halten.
V 410. der Punier Pagasus tötet in der Schlacht den Römer
Libo (aus der gens Scribonia); aber dieser findet alsbald in dem
consul Flarainius einen rächen
nee Pagaso exsultare datur, ne impune relidum
consulis ante oculos vita spoliasse Libonem. >
so die ausgäbe von Ruperti; die Bipont. und Lünemann lesen nach
der emendation des NHeinsius den ersten vers : n. P. exsultare datum
2M Lßaiier: 2u .^üiiu raiicJM,
«tTWie mp^M^e f^Jä^mn^ 7^>ii liea osiu liaben diir C<:L imi L F 4atmrm^
0 V fiätwfwt, i;4t»i» lus V -IL äiipern «il* weder >« m« iwjiii*» oiitsr
^ »edbü» aafSMMn. und ait omMdka «nt^ 'SOi^jf 7arhaxiiim wiaBeB^
l^ffMitiiwint^ d^nn 'i.Msr » ijim aiumtraÄ cl<»il:n vor des ennania
rUm Lihc ^ftit^/'JA zn hab^ti. wcza Bcperti bemerke 'qiiae
PfttifM «i^^ia «rar* «t 'iisrna qtiae pcsireccr'. zwhl »iieae aal
ijit ^^nxaweiii^ä». «iu2 «ie ein isrldi'iir»» T^rhäl^cizi zwiadieii di*
im
der xweite «anhält sü^bt, wie «a Bddi BoperiLi erkiänxs^ der Ul
«Sre, eine .«i^eig^ercnfif d«) ersten, icndem steiir; zni: denuelbem
j^a(A2 jsfleieher itofe. es Ut deshalb die liMart der besüem Lu.
>>eb*lten on4 die »i:jkdr;<tk%weUe alt ein TerkUnter chiumos za be-
tfftchten ifkt wtt Pag€UO tza^dUtrt <käw daXkirr^ mtp^ms
o>/wohi mir die rerhind^n^f <ia^>tr »»/«ik rd^wm etwas faait
MheiDt, m^hte ieh doch die beiliehalscsg der 1l«L leaart di
j^füinr ron Hein.%ia» Tcrziehen.
X 4 12, nach der niederla^e bei Canxiae hal^n sich die trümmer
de<i ^e%ebUgenen beere» nach Cancisiim g«ret^e:. Mrtellci wül in
der TerzweiflfiDtf mit andern Qbera meer geben cnd eine andere
Heimat Aocben. Seipio aber, der mit gezQckrem schwert in iiire rer-
itamlanjf eindrint^. zwingt sie zu dem schwur, dasz sie Ton ihrem
vwbahen ab.%tebit;D:
o^iiu en ieMare deos, si moenia tfudis
flfigrabufU Libycis, nuUas te ferre, Mft^Ue,
ausurum in (erras gressu?
zu diesen worten bemerkt Blas& 'emendationen zu Silios' 5. 27: ''ein
sonderbarer &cb wur, in kein 1 an d zu geben ! der arme Metellas moste,
wollte er treue und glauben halten, notwendig in^ wasser geben.' er
schreibt deswegen eztorres fQr in terras und Ändert nuRas in nuüos,
allein das wort extorris ist hier ganz unmuglich , da dasselbe nur im
passiven sinne gebraucht wird <» ^fortgejagt, vertrieben', wie ein
blick ins Icxicon zeigt. Thilo hatte vermutet nullos . . e terra hae
ffrtHBUH^ ebenso wenig geschmackvoll wie der Qberlieferung fem
liegend, ich glaube da^z überhaupt nichts zu ändern ist. nuUus ist
hier «* non alius zu nehmen, wie zb. Sil. XV 199 nuUa acies famae
tantum praedacve j^rarit; Ov. met, I 9G nuUaque mortcdes praeter
Bua lUora norant, auszerdem dOrfte den oben citierten worten von
lilasH gegenüber bemerkt werden, dasz die ^Spitzfindigkeit der frage
* wohin soll Metellus denn gehen? ins meer?' hier durchaus nicht
am platze ist. Scipio spricht in hohem afiect, da ist die ausdrucks-
woine manchmal logisch vielleicht nicht ganz correct; aber jedermann
wüste, was er mit dem nuUas in terras meinte, so dasz kein mis-
verstttndnis obwalten konnte.
L Bauer: zu Silius Itaiicus. 205
IL
I 70 f. voraus geht die Charakteristik Hannibals ; besonders
hervorgehoben ist seine blinde wut gegen alles was römisch heiszt;
dann ffthrt der dichter fort :
hanc rdbiem in fines Itälum Satumiaque arva
addiderat quondam puero patrius furor, ortus
Sarrana prisd Barcae de gente väustos
a Bdo numerdbat avos.
der zweite der oben nach den ausgaben citierten verse erregt ein
dreifaches bedenken: 1) quondam ist correctur der Itali für das hsl.
iandem ; dasz dies aus einem ursprünglichen qu/Ondam verschrieben
worden wäre, ist sehr unwahrscheinlich. 2) patrius furor ist metrisch
unmöglich. OGruppe ^quaestiones Annaeanae' (Berlin 1873) stellt
als tbese 2 auf: 'apud Silium Italicum poetam nusquam pjrrhichica
Terba quinto hezametri pede collocantur nisi antecedente monosyl-
laba; itaque I 71 sie scribendum est: addiderat quondam puero pater,
tU fuU ortus — / wenn wir nun auch den heilungsversuch Oruppes
als verfehlt betrachten müssen, aus gründen die sich im weitem ver-
lauf ergeben , so müssen wir doch die richtigkeit seiner thesis zu-
geben, nun könnte man ja den vers als eine Singularität zu be-
trachten geneigt sein, da sich auch in der von Bücheier (rh. mus.
XXXV 8. 391) mit gutem gründe dem Silius zugeschriebenen Ilias
latina eine ähnliche ausnähme findet v. 986 afflicti miserere patriSj
moveat tua Fdeus, allein es kommt noch ein zweites bedenken hinzu.
Eocks 'de po^tarum Latinorum hexametri caesura, quae est post
qninti pedis arsim' pari II (progr. d, Friedrich-Wilh.-gymn. in Köln
1873) bemerkt hinsichtlich des zusammenfallens des wortaccents
und des versictus, dasz Silius nur fünf fälle habe, in welchen an der
betre fixenden stelle wort- und versaccent auseinandergehen, von
diesen fünf fällen sind aber vier durch eigennamen oder fremdwörter
entschuldigt, nemlich IV 22b Änienicolae Catiüi, VIII A30 Ämazonius
Thermodon, (IX 99 occultafa Thoantis^) XVII 79 Tyrios hymenaeoa,
der fünfte nicht entschuldbare fall ist unsere stelle, nun meint zwar
Kocks: 'versus I 71 et r littera etiam atque etiam repetita et rjthmo
anapaesto ipsum furorem describit, quem rythmum verbo ortw, cui
gravis distinguendi nota praecedit, singulari arte reducit in dactj-
licum.' allein damit ist doch jenes bedenken nicht weggeräumt; wir
müssen vielmehr glauben, dasz in den "Ttori&i patrius furor j welche
gegen zwei gesetze verstoszen, die Silius sonst in seinen über 12000
hexametern aufs gewissenhafteste befolgt hat, ein fehler steckt.
3) orius ist correctur der Itali, wie quondam, von den hss. bieten
LO oscus, F escus oder estus^ von zweiter band corrigiert in
astus^ V ostus. nun läge ja ortus am ende von der Überlieferung,
wie sie LOV bieten, gar nicht weit ab. allein ich habe ein sprach-
liches bedenken dagegen — abgesehen davon dasz es an sich nicht
sehr wahrscheinlich ist, dasz ein so häufig vorkommendes wort wie
206 LBauer: zu Silius Italicus.
ortus sollte so arg verschrieben worden sein: bei der abstammong
mit de gebraucht Silius nie artus: vgl. I 152 antiqua de stirpe
Tagum; 377 Butulo Murrus de sanguine] III 580 sanguine de
nostro popuhis-, ebenso XI 296. XII 214. XVI 684. XVII 654.
orttis nur bei der örtlichkeit: VII 29 ortus in oris, vgl. IL lat. 200
finibus ortus y Ov. trist. I 10, 39 moenibus ortus.
Also ist dreifache abhilfe nötig, beginnen wir mit n. 3. am
nächsten stehen sich in der Überlieferung L 0 V ; da aber mit oscus
und 08ti4S nichts anzufangen , wenden wir uns an F. diese hs. bietet
mehrmals (vgl. Blass textesquellen s. 232) , wo wir von den andern
hss. im stich gelassen werden , von zweiter band eine bessere le&art.
da sehen wir astus^ und daraus ergibt sich uns das richtige altus,
dies (ütus zog ich zunächst zum folgenden verse in der bedeatong
hochgeboren', vgl. darüber Oossrau zu Verg. Äen. IX 697.
Nun zu den beiden andern stellen, vor furor ist ein einsilbigea
wort nötig, damit dem oben erwähnten gesetze rechnung getragen
wird; palrius ist also zu ändern in patris. ebenso musz für tandem
ein richtiges wort gefunden werden, dabei gieng ich davon aus, dasi
es auffallend erscheint, dasz nicht bereits in v. 71 der schwni
Hannibals irgendwie angedeutet ist, der nachher so ausführlich ge-
schildert wird (v. 99 — 122). ich suchte deshalb hinter tandem ein
solches wort und vermutete dafür votum,^ dann ergab sich mir
als einsilbiges wort zwischen pa/ris und furor ein et oder ac^ welches,
nachdem votum einmal verschrieben war , mit patris zusammen zu
pairius gelesen wurde, so gedachte ich zu schreiben: addidertU
Votum puero patris et furor. altus usw.
Nun aber musz ich dieser Vermutung eine andere des hrn. prof.
Hilberg in Czemowitz entgegenstellen und räume derselben rück-
haltslos den vorzng vor der meinigen ein. ich hatte mich bezüglich
^ der metrischen bedenken, die der vers bot, an hrn. prof. Hilberg als
eine autorität auf dem gebiet des hexameters gewendet, und der*
selbe gab mir in liebenswürdigster weise aufschlusz ; zugleich teilte
er mir seine eigne Vermutung mit: er setzt für tandem mit Blass das
naheliegende tantam ein (die beiden wÖrter sind in den hss. öfter
verwechselt, zb. X 163) und schiebt zwischen po/m und furor ein
heu ein , das altus zu furor ziehend , so dasz der vers nun lautet :
addiderat tantam puero patris heu furor altus. zur begründung
dieser conjectur teilte mir Hilberg folgendes mit: 1) das hei$ in der
fünften hebung findet sich bei Silius auch V 154. zu heu furor vgl,
Val. Flaccus II 146 heu furit\ Corippus loh. II 158 heu furit; Verg,
Äen. IV 376 heu furiis incensa feror. für furor altus dürfte der
binweis auf Verg. Äcn, I 209 genügen: premit altum corde dolorem.
2) Silius unterbricht, wogegen ich anfangs einwendungen erheben zu
müssen glaubte, mehrfach durch die affectvolle interjection heu
* tandem steht zb. I 662 in O anc] einigen andern \\%9. fiir Zancfen^
VI 611, wie ich unten leigen werde, für icdem in LFOV.
LBauer: zu Silias Italicus. 207
auch den mhigen flusz der historischen darstellong, wenn er ereig-
nisse berichtet, welche für Born schmerzliche folgen hatten: VI 65
flore intens primo pcUriiSy heuy Funica beUa auspiciis ingressus erat»
VllA 544 in primis Capua, Jieu^ rebus servare serenis inconstdta
modum et pravo peritura tumore, XI 6 adiimgere dextras certavere
palam rumpenti foedera Poeno. heu nimium facües laesis diffidere
re^>us. XL 378 altera curarum Lihyds demittüur aris heu JDecius
redud lentas servatus ad iras, an unserer stelle, wo Silius von dem
urspnmg des tödlichen hasses Hannibals gegen Rom spricht, ist das
heu mindestens ebenso berechtigt wie an den vier eben citierten
stellen, ich trage daher kein bedenken diese verbesserte lesart in
den text aufzunehmen.
I 293. hier ist die rede von den anfangen der stadt Sagunt ;
der znwachs, den die stadt durch die einwanderung aus Ardea er-
hftlt, wird mit folgenden worten erwähnt:
firtnavit tenues ortus mox Daunia pubes
sedis inops , misit largo quam dives dtumno
magnammis regnata viris nunc Ardea nomen.
so die ausgaben nach der übereinstimmenden Überlieferung der hss.
trotz aller gegenteiligen Versicherungen früherer hgg. und erklftrer
(vgl. bes. Drakenborch zdst.) scheint uns im letzten dieser drei verse
ein fehler zu stecken, wenn derselbe überhaupt einen sinn geben
soll, so müste man die werte nunc Ardea nomen übersetzen : ^Ardea,
das jetzt nur noch ein bloszer name ist' ; so fassen es auch Emesti
und Ruperti auf. allein nomen ohne einen zusatz, wie zb. vacuum
oder ein ähnliches wort, kann das unmöglich heiszen'; auszerdem
könnte ein olim oder quondam als gegensatz zu nunc im vorher-
gehenden kaum entbehrt werden, also musz in der Überlieferung
ein fehler stecken, nun könnte man zunächst wegen des nunc auf
den gedanken kommen , es müste in irgend einem der vorausgeben-
den Worte ein älterer name für Ardea verborgen liegen; dies wort
könnte höchstens largo sein, allein erstens scheint es einen altern
namen für Ardea überhaupt nicht zu geben, und zweitens dürfte
man doch bedenken tragen die echt Silianiscbe ausdrucksweise, den
pleonasmus in der Verbindung dives largo älumno zu zerstören, es
musz also anders geholfen werden. Blass nun vermutet, es seien
zwischen den Wörtern viris und nimc zwei halbverse ausgefallen , es
habe also ein hinübergleiten von einem verse in den andern von
Seiten des abscbreibers stattgefunden, wie es ja in den apogr. Sang,
thatsächlich vorkommt (vgl. Blass textesquellen s. 240). damit wäre
allerdings geholfen, sollte es jedoch nicht einen andern ausweg geben
als diesen, der doch nur ultima ratio sein soll, wenn sonst keine hilfe
mehr möglich ist? ich möchte deshalb einen andern Vorschlag
machen, ohne mir freilich zu verhehlen, dasz auch dieser manchem
• vgl. Sil. X 583 vacuum sine corpore nomen oder Ov. met, XV 430
quid restant nisi nomen Athenae?
208 LBauer: zu Silios Itaiicus.
etwas gewaltsam erscheinen mag. dasz Silius an unserer stelle eini
ähnliche des Vergilius vor äugen hatte, haben bereits die frühem hg^
angemerkt, bei Verg. heiszt es Äen, VII 411 ff. locus Ardita qwm
dam didus avis; et nunc magnum manet Ardea nomen^ sed fartum
fuU. was Verg. hier in zwei zeilen ausdrückt, hat Silius kurz zu
sammengefaszt. bei Verg. haben wir den gegensatz von quandan
und nunc; bei Silius haben wir blosz das nunc\ eben deswegen er
regt dasselbe anstosz, und es ist zu vermuten , dasz dieses num
aus der stelle des Verg. in die unsrige eingedrungen, indem eii
abschreiber dasselbe über den vers oder an den rand geschrieben
und dasz es ein anderes wort verdrängt hat. dasz dergleichei
fälle in den hss. des Silius sich mehrfach vermuten lassen, zeigt
Blass teztesquellen s. 244 f. an stelle des nunc möchte ich darum
einsetzen , das mit namen zu verbinden ist , so dasz der vers lautet
magnanimis regnata viris darum Ardea nomen. dieser apposi-
tionelle gebrauch von nomen mit einem attribut ist bekannt: vgl
Sil. II 177 nohüe nomen Eurydamas. IV 360 nohüe Amydae nomen
VIII 255 sacraiaque nomina . . Scipiadas\ Verg. Aen. VII 117 in
faustum Aüia nomen. Luc. I 313 nomina vana Catones uä. darum
aber für das Vergilische magnum habe ich gewählt aus zwei gründen
einmal gehimagnanimis voraus, und dann liebt es Silius an stellen, wc
er den Verg. nachahmt, zu variieren (vgl. darüber Groesst ao. s. 32 ff.)
1 400. (nach Blass) der Saguntiner Murrus tötet in den kämpfei
^or Sagunt viele Punier, darunter auch einen gewissen Ladmus
diesen beklagt sein gefährte Hiberus; da ruft ihm Murrus zu:
narrahis Hamücaris umhris
hanc^ inquit^ dextram^ quae iam post funera vulgi
Hannihalem vobis comüem dahit^ et ferit alte
insurgens gladio cristatae cassidis aera,
für dabit hat L im texte dedU^ am rande dabit^ F liest et ferit dedii
0 hat dedit', nur V bietet dabU. sollte dedii y welches die drei bestei
hss. bieten, blosz verschreibung sein für ein ursprüngliches (2aM1
dazu ist der umstand aufßillig, dasz' in F dedit an falscher stelle steht
Blass vermutet, dasz es dederit heiszen müsse ; das dcderit war deXi
geschrieben (über ähnliche kürzungen und daraus entstandene ver<
Schreibungen vgl. teztesquellen s. 242), war von dem abschreibe]
übergangen und nachher an den rand geschrieben worden, von w<
es an falscher stelle in den vers geriet, der grund dederit zu schreibet
liegt in dem gebrauche des fut. exactum, von dem Orelli (vgl.Draegei
bist. Syntax I 285) sagt : 'futurum exactum illud actionis praemedi
tatae celerrimam ac veluti nunc ipsum iamiam effectam perfectionen
significat': besonders häufig wird in diesem sinne das fut. ex. voi
dare gebraucht: vgl. Draegcr ao. s. 284.^ Blass macht nun zwe
vorschlage , entweder zu schreiben :
' vpfl. auch Sil. VI 601 haud umquam tibi luppUer, inquU^ o ivr^nijr,
dederit portas trantcendere Jiomae,
LBauer: zu Silios lialicaa. 209
HanrnbäUm vobis comitem dederU; ferü aUe oder ^
Hannihalem vobis dederU camUem; et ferü aUe.
4ua erstem vorsehlag gibt er selbst den vorzog; allein dieser ist ans
«wei gründen unhaltbar: einmal verstöszt er gegen das oben zu
I 70 erwähnte metrische gesetz, und dann ist das asyndeton störend,
da sonst in solchen föllen gewöhnlich ein htm oder et oder inde oder
sonst ein wort den Übergang von der rede zur handlang vermittelt:
vgl- »b. I 386. IV 479. 677. V 176. 676. 655. VI 88. 430. 605 ua.
lA möchte daher fttr den zweiten verschlag stimmen, wenn Blass
hier an der elision am schlasz der rede anstosz genommen hat, so
ftUt dies bedenken weg durch vergleichung anderer stellen, zb.II 389,
wo es von Fabius am schlusz seiner rede in Karthago heiszt: par^
ingmti beOurn; et laxoe effundU amidtis; ganz ähnlidi IV 283. Xn
269 nö. die elision ist hier geradezu beabsichtigt, um die unmittel-
b«re aufeinanderfolge von rede und handlung zu malen.
1 421 ff. die Situation ist folgende: bei den kämpfen um Sagunt
leiebnet sich vor allen Saguntinem am meisten ein gewisser Murrus
ans {emkat ante amnes); er hat bereits eine ganze reihe von feinden
niedergestreckt und ruft nun kampfbegierig nach Hannibal selbst:
liMii dudarem avido clamare in prodiapoecU. nach diesem verse folgt
der vergleich :
fidmineus ceu Spartanis latrattbus adtus
cum süvam oooursu venantum perdidit^ hirto
horresdt saetis dcrso d postrema capessü
prodia canentem mcmdens aper ore cruorem^
iamqtie gemens geminat contra venabtUa dentem.
die feststellung der lesart des letzten dieser verse, dessen Überlieferung
eine sehr verworrene ist, soll uns nachher beschäftigen, betrachten
wir zunächst das gleichnis selbst, also Murrus, der voller kampfes-
lust seinen gegner sucht, wird verglichen mit einem von hunden aus
dem schützenden walde gejagten und gehetzten eber, der zum letzten
kämpfe losbricht, in der that ein recht passender vergleich, dort
ein kämpf begieriger, auf seine bisher vollbrachten thaten stolzer
angreifer, hier ein gehetztes ^ umstelltes wild , dem die borsten sich
sträuben und das mit der wut der Verzweiflung sich verteidigt, es
stimmt weder das tertium comparationis — denn kampfesfreude des
angreifenden und wut des im letzten kämpfe sich verteidigenden sind
doch dinge die sich nicht decken — noch auch die begleitenden neben-
umstände . wir müssen also entweder annehmen, dasz der dichter hier
einen recht ungeschickten vergleich gebraucht, oder wir müssen ab-
hilfe zu schaffen versuchen, nun erscheint es durchaus nicht wahr-
scheinlich , dasz Silius , der sonst seine vergleichungen mit groszer
Sorgfalt wählt und ausführt, gerade an' unserer stelle sollte so nach-
lässig gewesen sein; in der that ist auch obiger vergleich der einzige,
welchen Barchfeld 'de comparationum usu apud Silium Italicum*
(Göttingen 1880) s. 12 als wirklich verfehlt anzuführen vermag,
dazu kommt noch ein anderer grund, warum das gleichnis an dieser
Jfthrb&cher für olass. philol. 1888 hft. 8. 14
210 LBauer: za Silias Italicas.
sftlle uns yerdächtig erscheint, wie viele andere yergleicbongen, so
hat Silius auch diese dem Vergilius, seinem epischen vorbilde nach-
gebildet, die hgg. citieren zunächst Äen. X 707 ff. ac vdut üle canum
morsu de montibus aUis aäiis aper . . postquam inter reHa venium
est, sübstüü infremuitque ferox et inhorruit armos. die vergleichnng
bezieht sich auf Mezentius , der von einer schar Tyrrhener bedrSngt
wird: omnihus uni^ uni odiisque viro idisque frequentxbus instaiM
(v. 691). wir können auch noch eine andere stelle herbeiziehen,
nemlich Aen, IX 551 ff. ut fera^ quae densa venantum saepta carana
contra tda furit seseque haud nescia marti inicit ei säUu supra veno-
hida fertur. auch hier ist ein von feinden umringter und hart be-
drängter krieger, Helenor, mit dem wilden tiere verglichen, sollte
nun Silius in seiner nachahmung so ungeschickt gewesen seia
den vergleich an ganz unpassender stelle anzubringen? das ist
doch wohl kaum anzunehmen , und deshalb scheint mir , wie auch
schon Blass, abhilfe geboten. Blass nun möchte die obigen verae
nach 501 stellen, hier ist die Situation folgende: Murms findet den
Hannibal; doch je näher ihm dieser kommt, desto mehr verliert
Murrus den mut: lato caligat in hoste; miüe simul dextrae densusg^
micare videtur ensis (v. 499 f.). auf den ersten blick scheint aller-
dings das gleichnis hier besser zu passen ; wie der eher von hunden
bedrängt ist, so glaubt sich Murrus von tausend feinden umgeben;
ja es scheinen sich die werte postrema capessü proelia vom eher und
suprema vota capessU von Murrus zu entsprechen, wie Blass hervor-
hebt, allein sehen wir näher zu, so hinkt das gleichnis hier erst recht,
weit entfernt nemlich, dasz Murrus hier noch kampfeswut zeigt,
heiszt es vielmehr von ihm : trahü insianii languentia leto membra
pavens Murrus (v. 503 f.) ; er verlegt sich aufs bitten und beten und
wird , während er den Hercules um hilfe anruft , ohne widerstand
zu leisten, von Hannibal niedergestoszen (v. 508 — 516). hierher
also das gleichnis setzen heiszt aus der Charybdis in die Skylla ge-
raten, wenn wir einmal zu der ultima ratio der Umstellung greifen
— und ich meine, die oben angeführten gründe sind zwingend
genug — so passt der vergleich nur nach v. 532 (4 mal 28 verse
später), hier stimmen das tertium comparationis und die nebenum-
stände, die Situation ist hier folgende : nach erlegung des Murrus
kommt Hannibal arg ins gedränge; wie er dem erschlagenen gegner
die rüstung abnehmen wHl, dringen rings die feinde auf ihn ein:
coü auäa vicissim hortando manus et glomerata mote feruntur, da
heiszt es dann von Hannibal :
630 tum creher penitusque trahens suspiria sicco
fumat ab ore vapor nisuque disus anhelo
auditur gemiius fradumque in casside murmur.
setzen wir den vergleich hinter diese verse, so ergeben sich folgende
übereinstimmende momente: wie der eher von hunden und Jägern
gehetzt und bedrängt ist, so Hannibal von den Saguntinern; wie
dem eher die borsten sich sträuben, wie er 'blntschaum malmt' und
LBauer: zu Silins Italioas. 211
WQt schnaubt (gemii% so rinnt dem Hannibal der schweisz vom leibe
(t. 526 iaimque agUur largus per membra fluenüa sudor) , von den
Uppen entquillt ihm dampfender gischt, man hört ihn stöhnen vor wut
(audäur gemitus). wie endlich der eher seine kraft gegen seine
angreifer verdoppelt, so heiszt es von Hannibal v. 533:
menU adver sa damat gaudetque nüescere duris
virtutem et decoris pretio discrmina pensai.
nur auf diese allerdings gewaltsame weise der Umstellung (wir
mflssen annehmen dasz der abschreiber statt 6ines blattes deren drei
umgewendet hat) ist es möglich den richtigen Zusammenhang bei
Silius und Obereinstimmung mit Verg. herzustellen.
Nun zur feststellung der lesart im letzten verse des gleichnisses :
LF lesen iamque gemet geminum contra uenabuHa torqt/^ens'^ in 0 V
fehlt das letzte wort; 0 hat dafür am rande von zweiter band dentem.
der Col. hatte nach NHeinsius iamque gemet geminum contra venahda
dentem; der cod. Tellerianus und andere hss. der dritten gruppe
(Blass textesquellen s. 217) haben als letztes wort fertur. wir sehen
dasz Verwirrung nur in bezug auf den hexameterschlusz herscht.
fertur ergibt sidi auf den ersten blick als zusatz aus Verg. Äen. IX
554 sodtu supra venabuHa fertur. es bleibt nunmehr die wähl zwi-
schen torquens und dentem der bessern hss. man könnte zunächst
geneigt sein torquens als das ursprüngliche und dentem als erklärende
glosse zu dem sonst unverständlichen gemmum zu betrachten, allein
nehmen wir torquens j so stehen wir vor zwei möglichkeiten , von
denen die eine ebenso wenig zusagt wie die andere, entweder müssen
wir, um torquens zu erklären, annehmen dasz zwischen venabula und
torquens ein ganzer vers ausgefallen sei, oder wir müssen an den übri-
gen sonst ganz übereinstimmend überlieferten werten eine gewalt-
samere änderung vornehmen^; eines ist ebenso mislich wie das andere,
darum wird es das beste sein, wenn wir uns an das dentem des Col.
halten und iorquens, wie fertur, als einen heilungsversuch betrachten,
nun zu den werten gemet geminum, wie sie alle bss. bieten; so wie
sie sind, können wir sie nicht stehen lassen, auffallend erscheint
auf den ersten blick gemet, wofür man doch gemü erwartet, daraus
läszt sich wohl der schlusz ziehen, dasz gemet eine verschreibung ist
aus einem ursprünglichen gerne f^^ gemens; dies setzen wir als ur-
sprüngliche lesart ein; das wort gemet in premü oder terit oder furit
oder sonst was zu ändern ist einerseits zu gewaltsam, anderseits
wird gemens gehalten durch die werte auditur gemitus von Hannibal
(s. 0.). haben wir aber ^emen^, so musz aus geminum das verbum
finitum des satzes werden : geminat. so lautet der vers — und so
hat ihn bereits Lefebure hergestellt: iamque gemens geminat
contra venabula dentem. zu der Verbindung geminare dentem vgl.
4 80 schreibt Scaliger iamque gemii genuinum intra venabula torquet,
wobei mir das intra unverständlich ist; die übrigen emendationsversuche
finden sich bei Ruperti aufgezählt.
14*
212 LBauer: zu Silias Italicus.
Sil. I 168 geminato vulnere, 537 geminato fulmine, IV 395 geminato
funere; Verg. Äen. V 434 miUia cavo lateri ingeminat vuHnera. V 457
ingeminans ictus*, ebenso congeminare XI 698. XII 714.
I 665. (nach Blass) es spricht im römischen senat der Sagnn-
tiner Sicoris, der um hilfe bittet für seine bedrängte Vaterstadt; er
glaubt diese hilfe um so eher in anspruch nehmen zu dürfen, da
Sagunts einwohner blutsverwandt mit den Römern seien, denn aus
der italischen Butulerstadt Ardea sei eine colonie wegen Über-
völkerung der heimat nach dem allerdings schon bestehenden Zakjn-
thos gezogen (I 293). da sagt Sicoris : väus incda Dauni «» 'ich
ein alter einwohner des Daunus'. nun ist aber Daunus nur der
name eines altitalischen königs, der der yater des bekannten Tumua
gewesen sein und Ardea gegründet haben soll, unmöglich aber kann
ein einwohner Ardeas incola Dauni heiszen , ebenso wenig wie man
einen einwohner Roms incola Bomtdi genannt haben kann, deshalb
ist Dauni zu ändern in Daunus» den grund des schreibversehens
aus Daunus in Dauni mag der umstand gegeben haben, dasz das
letzte wort des folgenden verses auf i schlieszt: Numicij ja noch
mehr, dasz unter zehn versen, in deren mitte das Dauni steht; nicht
weniger als sieben auf i schlieszen. das Daunus ist ein unmittelbar
ohne besondere adjectivendung vom nomen proprium abgeleitetes
a^jectiv und steht statt Daunius, wie zb. Marsus aper, pulvere
Teucro, Colcha venena^ Dardanae turres und unzähliges andere bei
dichtem, ganz dieselbe Verbindung eines adjectivs mit incola oder
accola statt des gebräuchlichem genitivs eines subst. findet sich zb.
I 414 Garamanticus accola j X 184 ÄUanticus accola, XIV 39 Cres
accola; Luc. VI 16 Taulantius incola, IX 976 Phryx incola uam.
II 86. von Asbyte, der bundesgenossin Uannibals bei den
kämpfen um Sagunt , heiszt es :
tjp^a autem gregihusper longa mapälia Udos
ante aciem ostentabat equos tumuloque propinquo ,
dum sequiitir ggris campum , vihraia per auras
spicula coniorquens summa ponebat in arce.
zunächst sind die worte dum se^üur gyris campum gegen Heinsius,
der dafür (mit hinweisung auf v. 171 gyro campum secaf) schreiben
möchte dum secat in gyros campum, in schütz zu nehmen, die worte
heiszen 'während Asbyte in bogen in der ebene fortreitet, bzw.
fährt', zu diesem gebrauch von sequi vgl. zb. Verg. Aen, II 736
namque avia dum sequor; sequi viam ■« irc viam , zb. Ov. ex Ponio
I 4, 38 quas sequerer vias] ebenso iter sequi II 10, 18. wozu gehört
aber tumuloque propinquo? und was für ein tumulus ist gemeint?
nach der intcrpunction unserer ausgaben musz man die worte zum
hauptsatze ziehen, und Ruperti erklärt: 'dum in campo circa urbem
longius procedit, tumulum urbi propinquum conspicit et occupat,
undo iacula in supcriores urbis partes mi.«it.' erstaunt müssen wir
uns fragen, wo denn dies alles steht; und wenn Asbyte auf einen
hUgel hinaufgefahren ist, wie passen denn dazu die worte dum
LBauer: za Silias Italicus. 213
sequüur campum, iacula in arce ponebat? es ist das komma hinter
prapinquo einfach zu streichen und mit leichter Änderung zu lesen :
tumtUoque propinqua = während Asbyte nahe am hügel im kreise
in der ebene dabinföhrt, schleudert sie wurfspiesze hinauf, mit
tumulus aber ist nichts anderes gemeint als der böhenzug, auf dem
Sagunt liegt, und wenn jemand einwendet, das könne ttunukis nicht
heiszen, sondern es müste dafür coUis stehen, so mag auf in 631
hingewiesen werden , wo Silius tumidus sogar von Alpenhöhen ge-
braucht (tumtUis delatus miquis)\ da kann er wohl das wort, das
sonst allerdings im gegensatz zu coUis einen kleinen hügel bezeichnet,
auch von dem höhenrücken gebrauchen , auf dem Sagunt lag , um
80 mehr als es I 274 heiszt: haud procul HercvUei tollunt se lüore
muri dementer crescente iugo.
II 397. Hannibal erhält von den spanischen küsten Völkern
Schild, heim, schwert, lanze und panzer zum geschenk. vom helme
sagt der dichter : gakamque coruscis subnixam cristis. an dem ^&-
nixam hat schon Gossrau zu Verg. Äen. IV 217 anstosz genommen,
und es ist in der that die Verbindung galea cristä subnixa unmög-
lich, subnixus heiszt ^auf etwas gestützt, gestemmt', nisus re sup-
posita^ zb. Verg. Äen, I 506 solioque aUe subnixa resedü. an unserer
stelle aber ist die sache anders; nicht der heim ist gleichsam auf den
helmbusch gestützt, sondern umgekehrt der helmbusch auf den heim,
es ist deshalb zu schreiben subnexam, wir haben bei subneäere
die bekannte doppelte construction anzunehmen: alicui äliquid und
aliqu^m äliqua re, also gäleae suhneditur cristä und galea subnectitur
cristä, davon das part. galea cristä subnexa. ähnliche constructionen
finden sich bei participien mehrfach, zb. Silius IV 778 facibus sub-
dita , was eine active construction subdere se facibus neben subdere
sibi faces voraussetzt; ebenso VII 361 rapida iam subdita peste vir-
gulta\ XVII 224 subdita taedis Carthago] vgl. auch XII 32 exemptum
curis gravioribus aevum, (die einzige stelle , welche man für sub-
nixam als parallele anführte, ist Verg. Aen. IV 217 Maeonia men-
tem milra crinemque madentem subniocus. allein hier lesen die neuern
hgg. wohl mit recht dem cod. Leidensis folgend subnexus, obwohl
hier mentem mitra subnixus eher einen sinn gäbe als galea cristis
subnixa^ insofern das kinn wenigstens Über der binde sich befindet.)
III 479. Hannibal gelangt mit seinen truppen an die Alpen;
der dichter beginnt die beschreibung derselben mit den worten:
cuncta gelu canaque aeternum grandine tecta
atque aevi glaciem cohibent.
so die ausgaben nach den hss. , von denen nur 0 mit leichter ver-
schreibung cui für aem bietet, die einzige möglichkeit diesen satz
zu construieren ist : cuncta . . tecta (sunt) atque cohibent. dagegen
glaube ich folgende drei bedenken erheben zu dürfen: 1) ist die er-
gänzung von sunt hart; 2) ist die Verbindung cuncta glaciem cohibent
unzulässig; wir müsten cohibere hier in der bedeutung von 'ent-
halten, in sich schlieszen' nehmen; allein man kann doch nicht sagen
214 LBauer: za Silius ItalicQB.
'alles schlieszt eis in sich' für das dem sinne entsprechende 'alles ist
mit eis bedeckt' ; 3) die ausdrücke cana aeternum grando und aevi
glacies = ewiger schnee (firn) und ewiges eis (gletscher) entsprechen
sich und werden durch obige construction unschön auseinander-
gerissen, dem zweiten bedenken hat Bothe abzuhelfen gesucht, in-
dem er schreibt glucies (plur.) cdhihent'y allein dadurch entsteht eine
neue härte, indem cuncta nunmehr zum ersten satze subject, zum
zweiten object ist , während den übrigen bedenken nicht abgeholfen
wird, mein Vorschlag wäre, mit leichter änderung zu lesen: cuncta
gelu canaque aeternum grandine ieäa atque (levi glacie cohibet die
construction ist alsdann folgende: gelu cohibet («= constringii, tenet)
cunäa^ tecta canaque grandine atque glacie {que — atque wie sb.
Verg. Äen, VIII 486. ge, I 182). das einzige bedenken, welches
gegen diese emendation erhoben werden dürfte, wäre gdu als nomi-
nativ; bekanntlich vermeiden die dichter diesen casus von gelu und
gebrauchen dafür andere Wörter, wie bruma^ vis frigoris udgl. doch
kommt gelu^ was ich der freundlichen mitteilung des hm. prof.
Georges in Gotha verdanke, als nominativ vor: ps.-Ov. nux 106.
Oros. IV 20, 35. vulg. loh. 37, 10 u. Zach. 14, 6. Lucretius VI 877
gebraucht gelum, dagegen, glaube ich, spricht für meine Vermutung
der umstand, dasz nunmehr aetema grando und aetema glacies (zu
aevi glacies vgl. Luc. II 82 legibus aevi) verbunden sind ; femer der
umstand dasz mit dem werte 'kälte' sehr häufig verba verbunden
werden wie ligare, vincire, tenere^ constringere^ zu denen cohibere als
synonymum sich gesellt; vgl. ua. bruma . . nivali cuncta constrinxU
gelu Seneca Med. 716.
III 659. (nach Blass) Hannibal ist über die Alpen gegangen
und steht im gebiet der Tauriner. dort findet sich bei ihm im lager
Bostar ein, den er gleich nach der Zerstörung Sagunts zum Juppiter
Ammon geschickt hatte, um den ausgang des zuges nach Italien von
dem gotte zu erfahren. Bostar erstattet bericht über seine Sendung
und gibt dabei eine Schilderung der wüste, so weit das äuge reicht,
dehnt sich die öde ebene aus. es gibt dort keinen hügel auszer einem,
den der Wirbelwind errichtet, oder
658 vel si perfracto popülatus carcere terras
Africus aut pontum spargens super aera Corus
invasere truces capientem proelia campum
inque vicem ingesto cumularufii pulvere monies.
es ist hier, wie die werte deutlich zeigen, die rede von einem kämpf
der winde untereinander, wie ihn die dichter häufig genug schildern
(vgl. zb. Hör. ca. I 9, 10; I 3, 13 oder Sil. IV 321. VII 570.
IX 281 uä.). da kann es unmöglich heiszen Africus aut Corus, son-
dern das aut ist zu ändern in et. veranlassung zur verschreibung
hat vielleicht das im vorhergehenden verse stehende vel gegeben.
V 158. vor der schlacht am trasumennischen see feuert der
consul Flaminius die seinigen zum kämpfe an ; er erinnert sie daran,
dasz der eine einen bruder, der andere einen söhn oder vater am
LBaaer: za Silius liaUcuB. 215
Tioinus oder am Trebia zu beweinen und zu rächen habe; dann fUhrt
er fort : sed est vesirum cui nuUa döloris
privati räbies^ is vero ingefdia sumat
e medio^ fodiant quae magnas pectus in Was.
wer also nicht aus eignem persönlichem Jammer ergrimmt ist, der
solle den gnmd zur erbitterong aus der gesamtheit, aus dem ge-
meinsamen Unglück nehmen, auf dasz sein herz mit gewaltigem zorn
erflUlt werde, anstosz ist zu nehmen an dem werte ingentiai man
erwartet dafür einen prägnantem ausdruck, wie ich ihn in der Über-
setzung angedeutet habe. Gronov schlug vor incendia zu lesen, mit
hinweis auf den analogen gebrauch von flamma und fax (Verg. Aen.
n 587. Sil. VI 332). allein incendia passt nicht wohl zu dem fol-
genden fodiant, dieses verbum zeigt uns vielmehr, dasz dem dichter
das bild von dem anstacheln mit einem sHmtdus vorschwebt: ich lese
deshalb, um den tropus wiederherzustellen, mit leichter änderung
statt des hsl. ingentia vielmehr urgentia» dieses verbum gebraucht
Silius gern in dem sinne von acuere, stiimularey zb. 1 383 voce insuper
wrget. V 427 wrget amar caedum. IX 245 argd factia quemque suis.
verwechselt sind urgens und ingens in den hss. auch VI 265.
VI 160. der dichter läszt einen in der Schlacht am trasumenni-
schen see verwundeten söhn des Begulus, Serranus, auf der flucht an
die hütte eines alten mannes namens Marus kommen, der des Begulus
treuer kriegsgefäbrte und begleiter in Africa gewesen war. der alte
nimt den verwundeten Jüngling auf, pflegt ihn sorgfältig und erzählt
ihm die geschicke seines vaters — eine episode welche den grösten
teil des 6n buches ausfüllt, unter anderm berichtet er ihm von
einem kämpfe, den Begulus und seine leute in Africa mit einem un-
geheuer, einer schlänge {monstrum exitiahüe et ira TeUuris genüum^
cui par vix viderat aetas uUa virum^ serpens centum porrectus in
ulnas) zu besteben hatten (v. 140—290). in diesem bericht ist die
Überlieferung an drei stellen, v. 160. 272. 276 verderbt, zunächst
soll uns V. 160 beschäftigen, es ist die schlänge und der ort, wo sie
sich aufhielt, geschildert; da heiszt es:
semesa iacebant
ossa solo informi^ lateque repletus et asper
vastatis gregihus nigro ruäahat in antro.
so lesen die ausgaben, in den hss. steht infarmidateqtte statt informi
lateque und statt ruäahat im folgenden verse ruäarat. dieses mc-
tarat haben die hgg. der emendation informi lateque zu liebe in ruc-
iahat geändert, und doch muste es auffallen, dasz die hss. rudarat
lesen, trotzdem ringsum lauter imperfectformen stehen (v. 154 hahi-^
tahaty \b^ satiabant^ 159 iace&an^, 163mu2ca&a/, \^b ponebat)\ man
kann daraus mit gewisbeit den schlusz ziehen , dasz Silius rudarat
geschrieben hat: denn wäre r%tdabat das ursprüngliche gewesen, so
wäre es unerfindlich ^ wie bei der nachbarschaft von fünf imperfect-
formen ein abschreiber auf ructoro^ hätte kommen sollen, von diesem
rudarat also als einer sichern grundlage gehen wir aus und schlieszen
2 IG LBauer: za ßilias Italicas.
weiter: ruädbat als imperfect konnte intransitiv von der schlang»
gesagt werden, nicht aber ructarat^ dies erfordert vielmehr ein object,
und dieses finden wir in que, wofür zu schreiben quae\ also: ÜLce-
hant ossa, quae rudarat {rudare transitiv bei Silius II 686 und
XV 432). des weitern ergibt sich aus infomUdate mit ganz leichter
emendation informi dape^ ein passender ablativ zu repUttAS^ den
wir sonst vermissen, nunmehr lautet die Übersetzung: 'am boden
liegen halb verzehrte knochen , welche die schlänge vom häszlichen
mahle voll und gierig nach der unter den herden angerichteten Ver-
wüstung in der schwarzen höhle ausgespieen hatte.' das wort daps
von einer tiermahlzeit findet sich auch Hör. ca. IV 4, 12 nuncm
reludantes dracones egit amor dapis atque pugnae (aquilam). ferner
wird dape an unserer stelle gestützt durch Verg. Äen, III 630^ eine
stelle welche Silius bei seiner Schilderung vor äugen hatte, wie schon
E aperti und Emesti bemerken, dort heiszt es von dem gesättigten Poly-
phemus : nam simül expldus dapibus, weiter unten erudah€U saniem»
so ist also durch dape eine Übereinstimmung mit Verg. hergestellt»
zugleich mit der für Silius nachahmung so charakteristischen Varia-
tion , dasz er den sing, für den plur. setzt (vgl. darüber Groesst ao.
s. 32 flf.). über den gebrauch von repietus vgl. Lucr. VI 718 cogentes
stirsus replent coguntque manere und Verg. Äen, XI 380 primus ades.
sed non replenda est curia verhis,
VI 272. nach langem kämpf und manchem Verlust gelingt es
den Römern dem ungetüm eine schwere Verwundung beizubringen:
donec muräli haUista coerctiit idu. danach heiszt es :
tum fradus demum vires: nee iam amplius aegra
consudum ad nisus spina praestante rigorem
d soliium in nuhes tolli caput acrit^s instat,
so die ausgaben mit den hss. die erklärung dieser verse hat den
hgg. einige Schwierigkeiten gemacht, ßuperti meint, entweder seien
die werte nee iam amplius doppelt zu nehmen , einmal zu praestante
und dann zu instat, oder man müsse hinter amplius interpungieren und
aegra in dem sinne von aegre (wie Emesti auch emendiert) nehmen
«=3 'kaum', so dasz der sinn wäre: 'die schlänge setzt nicht mehr
weiter heftiger (?) zu , da das rückgrat nur mit mühe noch die ge-
wohnte starre zu bieten vermag zum emporrichten und zum empor-
heben des kopfes.' Thilo conjiciert: praestabat spina rigorem nee
soUtum . . caimt acrius instat. an dieser textesänderung ist, abge»
sehen davon dasz sie zu gewaltsam erscheint, vor allem auszusetzen»
dasz die werte solitum . . caput von den vorhergehenden getrennt
werden; und doch müssen sie zu spina praestante rigorem gezogen
werden, da ja die starre des rückgrats auch das emporheben des
kopfes bedingt, alle drei genannten erklärungs- bzw. Verbesserungs-
vorschläge scheitern aber an den werten acrius instat, was soll in
der Verbindung nee iam amplius acrius instat der comparativ acrius?
man müste ihn einfach ^= acritcr nehmen, und dann wird, was den
ausschlag gibt, dieser und ähnliche ausdrücke nur von einem energi-
LBaaer: sn Siliiia Italicus. 217
sehen aagriffo gebraucht (vgl. XIII 253 aerwts hoc mskmi IläU\
ZT 711 acrius hoc Italum pubes ineurrü'y V 217 acHus fftciimbiifi^
oft.), kann also von dem zu tode verwundeten tiere, dessen krftfte
gebrochen sind und das sich, wie die folgenden verse zeigen, nicht
einmal mehr verteidigen kann, unmöglich gesagt werden, es ist des-
halb hinter caput ein punctum zu setzen, für instat ist alsdann mit
kiehter emendation zu lesen instant und nunmehr acHnts instant
BC Bamani mit den folgenden versen zu verbinden:
acnus instant '
iamque aivo peniius demersa falarica sedii
et geminum vötucres Jumen rapuere sagOtae.
mit diesen werten wird ein neuer gefechtsmoment bezeichnet: die
BOmer sehen die krttfte des ungetüms gebrochen, da dringen sie
heftiger auf dasselbe ein , und schon sitzt die faHorica tief im leibe
usw. in den übrigen versen ist für nee alsdann non zu schreiben,
BO dasi die construction der verse folgende ist: tum demum flraetus
(sc serpensest) vires spinä aegra n(miamampUu8Consuetiiimriffarem
praestante ad nisiis et (ad) caput söUium in nubes toUi.
Wenn Cellarius von dieser stelle gemeint hat, sie sei mehr
wund als die schlänge, so scheint mir dies in weit höherm grade von
den unmittelbar darauf folgenden versen zu gelten:
YI 275 tarn patülis vasto sub vulnere faueUms a9r
täbificam exspirat saniem: spes ufüma iomque
ingenti cauda et iaofdis et pondere conti
haeret humi.
das würde in wörtlicher Übersetzung ungefähr lauten : 'schon haucht
aus offenem Schlünde unten aus der weiten wunde hervor die luft (!)
pestilentialische wundjauche , und schon haftet der gewaltigen die
letzte hoffnung (I), der schwänz, am boden infolge der wurfspiesze
und des gewichtes der lanzen.' daran ist folgendes auszusetzen:
1) ist die Verbindung aSr exspirat unmöglich ; aar ist nie -» Spiritus,
und selbst wenn dies der fall wäre, könnte man doch wohl kaum
sagen: Spiritus exspirat] 2) uUima spes von cauda zu sagen ist ab-
geschmackt : was will denn das zum tode verwundete tier mit dem
schwänz noch machen? 3) dürfte auch der dativ ingenti bedenken
erregen, beginnen wir bei unserm heilungsversuch mit n. 2 , weil
hier die hss. uns den weg zeigen, zum glück entheben uns dieselben
der Zumutung, unserm dichter das ultima spes cauda zuschreiben zu
müssen, es steht in den hss. nicht ^pe^, sondern ^ecu5 ; auch der
von Buperti für spes citierte cod. Tellerianus hat nicht spes^ sondern
specus^ corrigiert aus spedus'j specus haben auch alle altem aus-
gaben, spes ist also spätere corrcctur und zwar eine recht unglück-
liche, was fangen wir aber nunmehr mit specus uUima an ? die aus-
gaben ^ welche diese lesart beibehalten haben, scblieszen die beiden
Worte in kommata ein oder interpungieren , wie die ed. Bipontinai
vor specus; in beiden fällen müste man die werte zum folgenden
ziehen und mit ingenti cauda verbinden, specus uUima sollte dann
218 LBauer: za Silias Italicos.
nach Barth imus venter sein ; das ist aber doch ohne den zusatz von
aJvi nicht wohl möglich, und man müste dann übersetzen: 'der
unterste leib des tieres haftet mit dem gewaltigen schwänz am
boden', gewis eine ausdrucksweise die man dem dichter nicht za-
trauen darf, die Verbesserung ingentis caudae (NHeinsius) ändert an
der Sache nichts, und änderungen wie pars oder spira ultima sind za
gewaltsam, ich meine , wir kommen aus aller not, wenn wir specus
und uUima trennen, dieses gehört zu cauda 'das ende des Schwanzes' ;
jenes ist zum vorhergehenden zu ziehen, aus dem unhaltbaren und
entschieden verdorbenen atr mache ich mit nicht allzukühner emen-
dation atra und verbinde es mit specus; atra specus aber ist mit
patuUs faucibus zusammenzufassen = 'die schwarze höhle des offenen
rachens' (wenn Verg. Äen, IX 700 specus von einer klaffenden wunde
sagen kann : reddit specus airi vtdneris undam spumaniem, so darf man
es dem Silius für 'rachenhöhle' wohl zuschreiben), für ingenti scheint
mir bereits Blass das rieht ige gefunden zu haben, nemlich ingestis^
das mit iaculis zu verbinden ist (vgl. den oft vorkommenden aus-
druck ingerü hastatn^ ingestis tdis bei Statius Theh. X 860). also
lauten nunmehr die verse :
iam patuHis vasto suh vulnere faucibus atra
tdbificam exspirat saniem specus; uUima iatnque
ingestis cauda et iaculis et pondere conti
haeret humi.
{specus exspirat «» ^. reddit bei Verg. ao.). so ist das verwundete
Ungetüm vom dichter mit echt epischer breite geschildert: nachdem
ihm mit der haUista das rückgrat gebrochen, kann es den köpf nicht
mehr heben (v. 272), die äugen sind ihm durchbohrt (v. 274), im
leibe steckt die fcUarica (v. 273) ^ aus der schwarzen rachenliöhle
speit es blut (v. 275), und mit dem schwänze ist es an die erde ge-
heftet (v. 277). contus bedeutet eine lange und schwere lanze ; wie
sie besonders die Sarmaten und Skythen führten: vgl. XV 684; zum
ausdruck selbst vgl. II 246 pondere davae,
VI 338. Marus erzählt dem Serranus die weitem Schicksale
des Regulus ; dieser hätte sicher Karthago eingenommen, wäre nicht
Xanthippus mit seinen scharen angelangt; diesem gelang es durch
list den Regulus zu fangen, er gebietet seinen leuten zum schein zu
fliehen und lockt dadurch den eifrig verfolgenden Regulus in einen
hinterhalt :
insano pugnae tendehat amore
iam soluSy nuhes subito cum densa Laconum
saxosis latebris intento ad proelia circum
funditur et Poena insurgit vis saeva virorum.
im letzten dieser verse hatte der Col. nach Ueinsius |7oefui , LOV
lesen poene^ in F ist poene corrigiert aus poena, die ausgaben bieten
insgesamt Poena «» Punica. mislich ist dabei die Verbindung Poena
vis saeva virorum, ja sie ist geradezu unlateinisch, deswegen hat
Barth geschrieben Poenum »- Punicorum; allein auch an Poenum
LBauer: zu Silius Italicus. 219
viromm nehme ich anstosz, da Silius sonst Poeni nie adjectivisch
gebraucht; auszerdem ist an der stelle von Puniem überhaupt gar
nicht die rede, sondern nur von den Laconen (v. 299 — 345); ihnen
allein schreibt Silius die ganze list zu, ihnen wünscht er auch strafe
ftlr ihre missethat : vgl. v. 344 qtiae poena sequetur digna scUis taU
poüutos tnarte Laconas? darum ist sowohl Poena als Poenum zu
verwerfen, das hat auch schon Witbof gesehen und für et Poena
geschrieben atque uni. diese Vermutung würde ja wohl dem sinne
nach ganz gut passen; allein einerseits liegt sie von der Überlieferung
doch etwas zu weit ab, anderseits ist das alleinsein des Begulus
durch iam solus und die vorausgehenden verse schon hinreichend be-
zeichnet, so dasz wir einen nochmaligen hin weis darauf nicht ver-
missen, mein Vorschlag wäre zu schreiben |?one. auf den selten und
im rücken , also total ist Begulus umzingelt , so dasz an eine flucht
oder an ein sichdurchschlagen nicht gedacht werden kann ; das will
der dichter besonders hervorbeben, dem pone steht das circum nicht
im wege, da dieses ja bekanntlich nicht immer b=s 'ringsum von
allen selten' ist, sondern auch von zwei oder drei selten gebraucht
wird : vgl. zb. Caesar 5. c. II 9 , 4 storias . . circum turrim praepen-
denies rdigaverunt (auf drei selten), die tmesis circum fundUur
scheint sogar für die emendation pone zu sprechen, pone bei Silius
zb. X 192 in caedes aciem pone atque in terga ruentes praecipüant]
ebenso IX 100 ubi nuUa sequi propius pone arma . . videt,
VI 611. nach der Schlacht am trasumennischen see schreckt
Juppiter den Hannibal von Rom zurück; dann heiszt es
609 nee Poenum avertisse satis : dat numine magno
Äeneadis mentem , gremio deponere tuto
Bomuleam tandem^ Fabioque salutis habenas
credere ductori.
so wie die verse in den bss. Überliefert sind, können sie nicht stehen
bleiben wegen der worte Romuleam tandem, es liegt denn auch eine
ganze reihe von Verbesserungsvorschlägen vor. Drakenborch schreibt:
dat n. m, Äeneadis, gentem g, d. t. Romuleam tandem, ähnlich Schra-
der, nur dasz er in den beiden versen tandem und gentem vertauscht,
beide conjecturen bezwecken die Verbindung dat Äeneadis mentem
zu beseitigen, wie denn auch Drakenborch sagt: 'non dixit poö'ta (lo^
mentem y sed dat deponere.^ wir müssen bei genauerer betrachtung
gerade umgekehrt urteilen. Silius will sagen: 'Juppiter gibt den
Körnern den gedankcn ein' : denn er führt ja alles auf göttliche ein-
wirkung zurück (vgl. Schinkel quaestiones Silianae s. 23 f.); vgl.
auszerdem I 63 dat mentem luno; Verg. Äen. XII 554 hie mentem
Äeneae genetrix pulcherrima misit. also an dat . . mentem ist absolut
festzuhalten; demnach musz der fehler in Romuleam tandem, speciell
in tandem stecken. Livinejus schlug dafür vor gentem] Heinsius
dadem oder frondem oder laurum oder laudem\ Rupert! famam
oder sortem, Bothe endlich Romam illam tandem. von diesen vor-
schlagen sind am ansprechendsten ^en^em oder sortem] allein ersteres
220 LBaaer: za Silius Italicus.
möchte ich nicht befürworten wegen des üblen gleichklangs von
meniem und gentem an gleicher vcrsstelle in zwei aufeinanderfolgen-
den yersen ; sortem aber scheint mir Silius nicht geschrieben zu haben
wegen des folgenden salutis hahenas. so möchte ich den vielen vor-
schlftgen noch einen neuen hinzufügen , von dem ich glaube dasz er
die verschreibung in tandem am leichtesten erklärt : ich vermute dasx
es ursprünglich geheiszen hat Eomtdeam sedem^ geschrieben romu-
Uä federn ; wai* beim flüchtigen abschreiben der strich über dem a etwas
verlängert worden , so konnte sehr leicht tandem gelesen werden.
VII 33. Fabius ist zum dictator erwählt; Hannibal fragt einen
gefangenen über ihn aus; von diesem gefangenen heiszt es: hie
ardens extrema malis et rumpere vitatn. die hsl. lesart verteidigt
Buperti, indem er erklärt: Vehementer cupiens {ardens) in capti-
vitate {fnalis = in malis) mortem (extrema).* dagegen ist einzu-
wenden 1) dasz sich die auffassung von malis = in malis hier sehr
hart macht, 2) dasz von ardere wohl ein infinitiv, nicht aber ein acc
abhängen kann. Heinsius vermutet extrema mali atque abrumpere
vitam^ Bothe möchte mit Marsus* ausgäbe lesen hie ardens extrema
(ea fcxotTa) , malis erumpere vitam, am einfachsten ist es zu schrei*
ben: hie ardens, extrema malis, abrumpere vitam ^dieser verlangt
— als ende seiner leiden — seinem leben ein ziel zu setzen.' extrema
malis ist apposition ; hexameterschlusz abrumpere vitam wie II 597.
VII 54. von den dreihundert Fabiem erzählt jener gefangene:
saepe globo densi , saepe et per devia passim
dispersi subiere^ vicis meritique labore
acquato, nulli quisquam virtute secundus
ducere ter centum Tarpeia ad templa triumphos.
so die meisten ausgaben nach der emendation von Heinsius. die hss.
lesen im zweiten der citierten verse subiere vices^ und diese les-
art ist mit interpunction hinter diesen werten beizubehalten: 'sie
unterzogen sich ihrer wechselnden aufgäbe', wie schon Blass richtig
notiert hat. wenn aber dieser das folgende meriti in meritis ändert
und übersetzt 'unter gleichmachung der arbeit und der Verdienste',
so ist diese änderung unrichtig, dagegen musz das punctum hinter
aequato getilgt werden, so dasz die werte meritique labore acquato
zu dem folgenden zu ziehen sind , zu dem sie auch dem sinne nach
gehören, also lautet nunmehr die stelle: dispersi subiere vices; meri-
tique labore aequato nulli quisquam virtute seaindus usw. : 'indem sie
sich in gleicher arbeit verdient machen, steht keiner dem andern an
tapferkeit nach' usw.
In ähnlicher weise ist durch weglassen der interpunction fol-
gende stelle zu verbessern:
VII 245 ff. lesen die ausgaben :
iam copia quanto
artior est nuUo Tyriis certamine! quantum
detritum est fnmae!
diese werte spricht Fabius zu seinen Soldaten, um sein 'zaudern' zu
LBauer: zu Siliue Italicus. 221
rechtfertigen, für artior est haben die hss. artior et ; daher ist zu
lesen : iam copia quanto artior^ et — nuUo Tyriis certamine — qtAan^
tum ddrüum est famae!
Hieran schlieszt sich eine dritte stelle , die ebenfalls erst durch
Snderung der interpunction recht verständlich wird: VII 391 ff.
Fabius ermahnt den Minucius während seiner abwesenheit yom
lager sich in kein gefecht mit Hannibal einzulassen ; er weist ihn hin
anf die bisher erzielten erfolge :
iestor te^ söl/us clausi; nee deinde moräbar,
dis sine me libare dapem et soUemnia ferre,
hunc iterum atque Uerum vinctum vel montihiis äUis
amnibus atU rapidis {modo pugna äbsistüe) tradam.
interea
an dem ersten dieser verse (391) hat NHeinsius anstosz genommen
und ihn ohne weiteres für unecht erklärt 'cum et abesse possit salva
sententia et putidus sit omnino'. auch andern erklärem hat der yers
Schwierigkeit gemacht; so ändert Eöstlin das nee in sie, Lefebure
und Emesti, denen sich Buperti anschlieszen möchte^ wollen v. 393
tunc für hunc lesen , um einen bessern Zusammenhang herzustellen,
allein es ist gar nichts zu ändern als die interpunction : der yei:s dis
. . ferre ist als parenthetisch zu bezeichnen; dann ist alles glatt, die
Worte testor te , solus dai^i beziehen sich auf die vorausgehenden
▼erse nü mües et alae iuvere atU densis legio CQnferta maniplis ; da-
gegen nee deinde mordbor auf v. 393 hunc . . vinctum . . tradam^ so
dasz der sinn ist: 'ich, Fabius, habe bisher den Hannibal allein ein-
geschlossen, und ich werde es später — lasz mich nur erst in Rom
meine religiösen pflichten erfüllen — ebenso machen und werde den
Hannibal wieder und wieder einschlieszen ; inzwischen . . . befolge
meinen rat'
VII 516. Oberbefehl und truppen werden zwischen Fabius und
Minucius geteilt:
515 dimditur mües Fabioque equiiumque magistro
imperia aequantur penitus. cernebat et expers
irarum senior, magnas ne pender et aUi
erroris poenas patria inconstdta, timebat,
an der unpassenden Verbindung von penitus und aequare ist anstosz
zu nehmen ; die grundbedeutung von penitus (vgl. Gossrau zu Verg.
Aen, XII 256) spricht entschieden dagegen, eher würde sich dies
wort — und so finden wir es auch in den altern ausgaben — mit
cernebat verbinden lassen, wie man ja sagt penitus perspicere^ videre^
nosse uä. allein bei cernebat wäre penitus hier unnötiger zusatz. mit
cernebat allein weisz man was gemeint ist: Fabius sieht es, und
ohne zu grollen, war er nur besorgt, das übelberatene Rom möge
hart büszen müssen, wollte msupenitt^ zu cernebat ziehen, so müste
man einen objectssatz dazu erwarten, bzw. man müste den von timC'
bat abhängigen satz in anderer form auch mit cernebat verbinden,
dem widersprechen doch wohl die dazwischen stehenden werte et
222 LBauer: za Silius Italicas.
expers irarum. daher glaube ich dasz in penüus ein fehler steckt»
and in der that kommt uns cod. F hier zu hilfe. in F steht gemiius^
daraus ergibt sich das^ wie ich glaube, ursprüngliche ^0mtnt9; ich
lese also: imperia aequantur geminis, Silius gebraucht das wort
geminus gern, so zb. VII 588 gemino comu^ 602 geminas ades; und
von Fabius und Minucius , die beide gemeinschaftlich den gleichen
anteil am Oberbefehl hatten, konnte gemini wohl gesagt werden.
VII 723. Fabius hat den arg bedrängten Minucius durch sein
rasches eingreifen befreit und gerettet; die Punier hatten weichen
müssen :
tum demum terris^ qiuis circumfuderat cUra
tempestas^ Stygiae tandem fuger e tenebrae.
terris haben die meisten ausgaben nach der conjectur der Itali, jedoch
ist das wort hier nicht passend. Stygiae tenebrae bezeichnet die
*todesfurcht', vgl. zb. y. 586 duäor tarn Styga et aäemas intrarai
mente tenebras (v. 741 sagt Minucius: aeternas muUo cum sangume
vidimus umhras), IX 45 perque hos, nox Stygia quas iam circumvolat
umhra , animas. zu dem begriff Todesfurcht' passt aber terris ganx
und gar nicht. Heinsius hat deshalb nicht übel dafür turmis ver^
mutet, während Blass sich Teucris notiert hat, wie auch schon
GronoY conjicierte. da aber die hss. tiriis oder tyriis bieten, so liegt
näher zu lesen Tyrium (»>» Tyriorumy wie zb. v. 714 Foenum «^
Poenarum). dieses Tyrium ist in den relativsatz zu atra tempestas
zu ziehen, zu dem eine nähere bestimmung sonst schwer entbehrt
wird, so lauten nun die Terse: tum dcmum, Tyrium quas circum-
fuderat atra tempestas^ Stygiae tandem fugere tenebrae. wen die
todesfurcht verläszt, braucht nicht besonders hervorgehoben zu wer-
den, da dies aus dem zusammenhange leicht ersichtlich ist.
IX 519. in der schlacht bei Cannae haben die Römer den Yul-
tumus gegen sich; er treibt ihnen dichte Staubwolken ins gesicht;
die geschleuderten Speere kommen nicht ans ziel ; ja der wind hindert
die Soldaten sogar am stosz gegen die feinde.
interdum intentos pugnae et iam iamque ferentes
hostili iuguto ferrum^ conamine duäo
avertit dextramque ipso de vulnere veüit
von den hss. haben LF conamine et ictu, 0 V con. dictu\ die ältesten
ausgaben bieten dafür con, ducto. letzteres hat sich , von Heinsius
empfohlen , im texte gehalten, dasz es aber an unserer stelle weder
mit der von Heinsius gegebenen unmöglichen erklärung 'einen streich
ausholen', noch mit der von Ernesti gegebenen deutung 'ita directo
nisu, ut manus ferientium abducerentur et retorqucrentur' passend
ist, hat bereits Blass 'emendationen zu Silius Italicus' (Berlin 1867)
s. 25 gezeigt. Blass selbst schlug vor conamine victo »= represso^
damals ausgehend von der meinung, dasz dictu die hsl. grundlage
sei. nun ist aber jedenfalls das et ictu der beiden bessern hss. das
ursprünglichere und dictu nur eine verschreibung. conamine et ictu
selbst aber zu halten und aufzufassen als ein Iv öiä öuoiv trage ich
FWeek: Homerische probleme. 231
m
auf dem schlacbtfelde erscheinen können, ja dasz er wieder er^
eeheint, wirft eben licht auf den Vorgang in € 576 ff. das gegenteil
ab«r Ton einem richtigen verfahren ist es, wenn man aufgrund will-
kflrlicher und oberflächlicher auslegung 6iner stelle einer andern, die
sieh mit solcher auslegung nicht verträgt, einfach den process macht.
Wer sich überzeugen lassen will, wird mir, denke ich, bei-
stimmen , wenn ich mit vorstehender Untersuchung den beweis er-
bracht sehe, dasz der vermeintliche widersprach zwischen N 658 f.
und € 576 ff. nicht vorhanden und damit N 658 f. unanfechtbar ist,
13. 0 71 ""IXiov aiird SXoicv 'AOnvainc b\ä ßouXdc.
nur in diesem verse, der noch dazu der letzte von acht angezweifelten
ist, trifft man das neutram ''IXtov als namen der stadt Troja an,
während Homer sonst stets, auch in KaKotXtoc, das femininum ''iXioc
hat. trifft man es aber auch wirklich an? diese frage, welche mir
seit langem nicht aus dem sinn wollte , glaube ich nunmehr ent-
schieden mit nein beantworten zu sollen.
B 592 finden wir unter den städten, die unter Nestors herschaft
Btehen, auch eine namens Aiiru. andere wollten und wollen dafür
gern ATiru schreiben nach dem überlieferten gesetze , dasz gattungs-
namen oder eigenschaftswörter bei der erhebung in den stand der
eigennamen einen andern accent annehmen, warum , frage ich nun,
macht man also nicht umgekehrt die einstimmig überlieferte be-
tonung der hss. und ausgaben dahin geltend , dasz man dem worte
den Charakter eines eigennamens abspricht? der einzige von dem
eine Vermutung in diesem sinne berichtet wird (vgl. Lehrs Arist.'
8. 292), Pherekydes der Athener, hat freilich einen falschen griff
gethan , indem er das Verhältnis umdrehte und 'Guktitov zum eigen-
namen , aiTTU zu dessen bdiwort machte , obwohl er mit recht be-
haupten konnte, dasz man ebenso gut 'GÜKTITOV als Ortsnamen nehmen
könne wie AItitj : denn auch von letzterm wüste und weisz niemand
etwas bestimmtes mitzuteilen, warum ? weil es ohne zweifei niemals
ein AIttu noch ein 'Guktitov daselbst gegeben hat. nur irrtum oder,
wie ich geneigt bin zu glauben, verkennung des Homerischen Sprach-
schatzes haben einen solchen ort in ein Scheindasein gerufen.
Diese verkennung des Homerischen Sprachschatzes läuft darauf
hinaus , dasz man gar nicht daran gedacht hat aiiru als einfach sub-
stantiviert anzusehen, ähnlich wie äKpov. wir erhalten dann, indem
wir selbstverständlich die aHjectivische natur des dÜKTiTOV oder iv
KTiTÖv nicht antasten, eine zweite apposition zu 6puov. diese
meine auffassung findet einen schlagenden beleg A 711 f., wo es
heiszt :
fcTi b^ TIC 6pu6€cca ttöXic, alTreia KoXiivii,
TTiXoO ^TT* 'AX9611U , vediTi TTuXou i^|iia6Ö€VT0c.
hier erlebt man wieder sein blaues wunder: alle weit ist darüber
einig 6puÖ€Cca als mit dem 6päov in B 592 gleich zu erklären,
niemand jedoch verwertet den weitern inhalt von A 711 f. zur klar-
Stellung dessen was B 592 an das 8puov rätselhaftes angeschlossen
224 LBaaer: su Biliös ImUeofi.
MicM viM ((»ebweit«) and oLamort propinquo = hGrweiie). fOr letcieres
fycbeist mir mit leichter finderuzig geschneben werden xd mfiBsen:
clamare propinquum =■ iT\\>c ujctc ßoov (ähnlich Soph. OT.
84 £umi€^POC u>c kXuciv). n&chdem dawkart za c2aaK>rv Ter&duieben
war, folgte notwendig prcpt»^*^ nach, propmquus mit inf. kuu
bei der Torliebe des Silios gerade iHr den xon adjectixen und >»ab-
btantiven abhängigen inf. (vgl. Schinkel quae&tiones Silianae,
Leipzig 18^2, b. 45 L) dorch&uE nicht befremden; man Tgl. zb. ver-
bindongen wie spaiiosus {partus% innutmerae ccpisse rat^ et daudare
p(mlum Vni 483, oder ingens ferre mala X 216; odtium removoFt
ferox XI 8 U&.
XV 574. Hasdrubal kommt über die Alpen nach Italien: da
erscheint die gQttin Oenotria (das land Italien personifidert als
landesg(;ttin Oenotria) im träume dem römischen coniul Nero und
ermahnt ihn ungebänmt den Hasdrubal anzugreifen. Nero bricht
auch sofort auf, um sich mit Livius Salinator zu vereinigen, in der
Schilderung des eiligen aufbruchs heiszt es:
hortator sdi qui&qut: agtj perge^ salutem
Ausoniae ancipUes superi e/, stet Borna oadatne^
in pedibus posuere fuis^ damanique ruunique,
hortandi genus acer habet praecedere dudor.
der letzte dieser verse steht in den hss. in der angegebenen weise ;
die lesart des Col. fehlt uns. die einzige möglichkeit denselben zu
construieren wäre: 'als art der ermahnung hat der feurige feldherr
das Yoranschreiten' ; das ist gewis auch der sinn des verses; allein
die ausdrucksweise erregt doch bedenken. PhTbielmann in seiner
gründlichen abh. über habere mit dem infinit iv ^ Wulfflins archiv II
s. 196) citiert die stelle neben XVI 209, ohne weiter auf dieselbe
einzugehen, ich glaube da&z habd in avei zu ändern ist, so dasz der
vers lautet: hortandi genus — acer avet praecedere dudor. das hor-
tandi genus ist als apposition zum ganzen satz zu nehmen, ebenso
wie IV 41 sölandique genus — ladis ostentat ad urbem per campos
superesse viam, nun ist die Übersetzung : ^als eine art anfeuerung,
trachtet der feldherr selbst eifrig vorwärts zu kommen', arere mit
inf. hat Silius auszerdem noch an fünf stellen: I 61. V 533. VII 22.
XIV 183. XV 373 — und an keiner derselben haben die hss. LFOY
die richtige lesart avet, sondern überall habd (nur VII 22 hat F
agebai statt avebat) ein umstand den wir als stütze unserer emen-
dation betrachten dürfen.
Ebenso ist an der von Thielmann ao. behandelten stelle XVI 209
quare^ age, ladus habe nostros intrare penaies , mit dem Col. ave zu
lesen {ave intrare «» libenter intra) statt des habe der übrigen hss.,
da für die erklärung von habe intrare <= intra passende analogien
sich nicht finden.
Reoensburo. Ludwig Baues.
FWeck: Homerische probleme. 233
poio e» 'im bereich des kampfes' dh. ^auf dem schlachtfelde', wäh-
rend iv iToX^)LiUj =3 'im Schlachtgetümmel' eine ganz andere per-
spective eröffnet, letzteres würde etwas als eingetreten annehmen,
was die ann&herung und Wirksamkeit des noch so rettungsbeflissenen
gespanns einfach unmöglich machen müste , nemlich den kämpf um
den leichnam des gefallenen. Achilleus dagegen in ungerechter Über-
treibung zeiht ja sein gespann des pflichtvergessenen ^ feigen liegen-
lassens, sie darf also auch nicht den schatten einer entschuldigung
streifen, gerade aber die einzig dastehende anwendungder sonst bei
Homer gäng und gäben ellipse mag schuld daran gewesen sein, dasz
die Alexandriner die Überlieferung sei es nicht anerkannten oder
überhaupt verkannten.
Die erklärung der ganzen stelle aber gewinnt durch meine les-
art ungemein an kraft und lebendigkeit und unmittelbarkeit, indem
ich nemlich nun auch f)vioxnot nicht auf den TtapaißdTiic dh. Achil*
leus selbst beziehe, sondern auf den wirklichen wagenlenker, mit
dem allein jenes mal die rosse zurückgekommen waren, würde die
anrede folgendes gesiebt gewinnen: 'Xanthos und Balios, ihr weit-
berühmten kinder der Podarge , auf eine andere weise überlegt euch
nunmehr zu retten den wagenlenker zurück in der Danaer dichten
häufen, wenn {cum!) ich daliege auf dem schlachtfelde, indem ihr
mich dabei nicht wie den Patroklos dort liegen lasset; nachdem ich
gefallen.' ein Deutscher würde den teil nach der anrede etwa so
fassen : ^wenn ihr noch einmal den wagenlenker in Sicherheit brin-
gen wollt, dann macht es ein wenig anders als bei Patroklos, und
nehmt auch den leichnam des gefallenen herrn mit.'
Die antwort des rosses steht damit durchaus im einklang, falls
man nur das xai Xir|V als steigernd faszt : 'ja sogar meiner treu.'
so steht denn nichts im wege nach meinem Vorschlag zu lesen:
fivp Aavaujv ^c ömXov, inex k^ojla* ev iroX^iLioio.
Metz. Ferdinand Weck.
33.
ATHENE-MENTES IN ITHAKE,
Als Athene den Ol jmpos verliesz , sich nach Ithake begab und
in gestalt des Mentes das gehöft des Odysseus betrat (a 102 — 105),
waren die freier im hofe vor dem hause in ihr spiel so eifrig vertieft
(a 106 ff.), dasz dieselben die ankunft des fremden nicht bemerkten,
auch die diener waren im hause mit den Vorbereitungen des mables zu
sehr beschäftigt (a 109 ff.), als dasz sie dem eintretenden gaste hätten
aufmerksamkeit schenken können, daher kam es dasz Telemachos
die göttin zuerst bemerkte (a 113). Düntzer (Hom. abhandl. s. 431)
nimt an dieser darstellung anstosz. das spiel der freier hält er für
ein brettspiel und findet dasselbe an und für sich auffallend ; auch
scheint es ihm anstöszig, dasz so viele sich daran beteiligen, ob es
232 FWeck: Homeriscbe probleme.
wird, es entspricht doch der apposition aiTT€ia KoXuivr) als eigent-
lichster bestimmung für die stadt selbst das ii) ktitöv almj, und der
freien apposition ^AXqpeioio iröpov B 592, welche mit ähnlichen
B 506 und 696 zu vergleichen ist, die Ortsbestimmung A 712. aas
diesem gründe, weil Opüov bzw. 6pu0€cca ttöXic einen steilen berg
oder hügel krönt, kann auch der name nie und nimmer von Opuov
'binse' abgeleitet sein , höchstens beide der nemlichen wnnel ent-
springen, als welche ich 6op 'springen' annehme; vgl. Ortsnamen
wie OopiKÖc, 6öpva£, Opöviov, Ooupioi, vielleicht auch Oup^o,
6üp€0V und bergnamen wie al 6upib€C in Lakonien, Ooupiov 6poc
in Boiotien und den OpujCfiöc Trebioio bei Homer, zu Opuov ^binse*
wäre am ende 6p i£ 'haar' zu stellen ; ob auch die Opöva X 441 ? somit
ist nach meiner deutung B 592 zu lesen: 'undThrjon, desAlpheios
fürt und die wohlgebaute steilburg.'
Das substantivierte ainu also nehme ich auch 0 71 an und fasse
es als apposition zu ^IXiov, dem richtigen accusativ des Homerischen
^IXioc. eine solche apposition ohne bei wort ist möglich, weil sie
selbst das substantivierte beiwort des entsprechenden gattangs-
namens ist , diesen also mit enthält, übrigens halten es auch sonst
nackte appositionen beim eigennamen aus, so nicht selten f\pVKf
zb. Z 35.
14. T 402 &i|i Aavaujv de öfiiXov , dnei x' Sujfiev ttoX^^oio.
über das verbum in dem dTiei-satze hier ist meines erachtens noch
kein befriedigender aufschlusz gefunden worden, ganz abgesehen
von Düntzers Vermutung, die auf eine abänderung in KT^uifiev oder
CTduj|Li€V rät, ist X* ?ujfi€v bzw. tofiev oder auch k* dPujfiev iroX^^oio
a= 'satt sind des kampfes' oder x^^M^v TioXdfioio «» 'uns trennen
vom kämpfe' viel zu belanglos, um die Vorstellung des cauic^^ev sa
rechtfertigen, es kommt hinzu dasz bei der in der ganzen anrede
durchgeführten gegenüberstellung ein dem T€6vr|d)Ta entsprechendes
Vergleichsglied fehlen würde.
Man vergegenwärtige sich die läge: in dem augenblicke, wo er
sich hinter Automedon auf den wagen schwingt, wird der nnmat
über das verhalten des gespanns bei dem falle des Patroklos lebendig
in Achilleus und mächtig über ihn. wie wird sich ein stolzer, herri-
scher und jähzorniger Charakter in solchem falle gegen die vermeint-
lich schuldigen aussprechen, auf deren chrgeiz er zu wirken wünscht?
er wird ironisch bitter werden , und so hier. Achilleus sagt dem-
gemäsz, Xanthos und Balios möchten es gegebenen falles noch ein-
mal so machen, nur mit einem kleinen unterschiede: sie möchten
seinen leichnam dann nicht liegen lassen, und das kommt so heraus:
ich schreibe einfach direi K^0)Li' dv TToXeVolO. hierin ist K€0^' «■
xeofiai conj. von Keijuai mit ungedehntem bindevocal und iy iroX^-
fioio eine construction wie elv 'Aibao udgl., allerdings etwas weiter-
gehend, so wie Herodotos I 35 ae. und VII 8 ae. dv f)M€T^pou und
im hymnos auf Hermes v. 370 f|X8ev de fm€T€pou. es ist da mehr der
unbestimmte begriff des bereichs zu ergänzen, bo ist dann iy ttoX^*
FWeck: Homerische probleme. 233
fioio — *iin bereich des kampfes' dh. *auf dem schlachtfelde', wfth-
rend tv iroX^pqj «» 'im schlachtgetümmel' eiDe ganz andere per-
BpecÜYe erO&et. letzteres würde etwas als eingetreten annehmen»
was die annfthemng und Wirksamkeit des noch so rettungsbeflissenen
gespanns einfach unmöglich machen müste, nemlich den kämpf um
den leichnam des gefallenen. Achilleus dagegen in ungerechter über-
treibong zeiht ja sein gespann des pflichtvergessenen, feigen li^en-
lassens, sie darf also auch nicht den schatten einer entschuldignng
streifen, gerade aber die einzig dastehende anwendung der sonst bei
Homer gftng und gäben ellipse mag schuld daran gewesen sein, dasz
die Alexandriner die Überlieferung sei es nicht anerkannten oder
überhaupt verkannten.
Die erkl&rung der ganzen stelle aber gewinnt durch meine les-
art ungemein an kraft und lebendigkeit und unmittelbarkeit, indem
ich nemlich nun auch f|vioxv)a nicht auf den napaißdnic dh. Achil-
leus selbst beziehe, sondern auf den wirklichen wagenlenker, mit
dem allein jenes mal die rosse zurückgekommen waren , würde die
anrede folgendes gesiebt gewinnen : 'Xanthos und Balios , ihr weit-
berühmten kinder der Podarge , auf eine andere weise überlegt euch
nunmehr zu retten den wagenlenker zurück in der Danaer dichten
häufen, wenn {cum/) ich daliege auf dem schlachtfelde, indem ihr
mich dabei nicht wie den Patroklos dort liegen lasset, nachdem ich
gefallen.' ein Deutscher würde den teil nach der anrede etwa so
fassen : 'wenn ihr noch einmal den wagenlenker in Sicherheit brin-
gen wollt, dann macht es ein wenig anders als bei Patroklos, und
nehmt auch den leichnam des gefallenen herrn mit.'
Die antwort des rosses steht damit durchaus im einklang, £ei11s
man nur das Kai Xiriv als steigernd faszt : 'ja sogar meiner treu.'
so steht denn nichts im wege nach meinem Vorschlag zu lesen:
&HI Aavatuv ic ö)LitXov, ine\ K^ofi' iv ttoX^jhoio.
Metz. Ferdinand Weck.
33.
ATHENE-MENTES IN ITHAKE.
Als Athene den Ol jmpos verliesz , sich nach Ithake begab und
in gestalt des Mentes das geböft des Odyssens betrat (a 102—105),
waren die freier im hofe vor dem hause in ihr spiel so eifrig vertieft
(a 106 ff.), dasz dieselben die ankunft des fremden nicht bemerkten,
auch die diener waren im hause mit den Vorbereitungen des mahles zu
sehr beschäftigt (a 109 ff.), als dasz sie dem eintretenden gaste hätten
aufmerksamkeit schenken können, daher kam es dasz Telemachos
die g6ttin zuerst bemerkte (a 113). Düntzer (Hom. abhandl. s. 431)
nimt an dieser darstellung anstosz. das spiel der freier hält er für
ein brettspiel und findet dasselbe an und für sich auffallend ; auch
scheint es ihm anstöszig, dasz so viele sich daran beteiligen, ob es
232 FWeck: Homerische probleme.
wird, es entspricht doch der apposition ameia KoXuivn als eigwit-
lichster bestimmung für die stadt selbst das 0) ktitöv aliru, und der
freien apposition ^AXqpeioTo iropov B 592, welche mit ahnlicfam
B 506 und 696 zu vergleichen ist, die Ortsbestimmung A 712. mos
diesem gründe, weil Opuov bzw. Opuöecca ttöXic einen steilen beig
oder hügel krönt, kann auch der name nie und nimmer von dpuov
'binse' abgeleitet sein, höchstens beide der nemlichen wurzel ent-
springen, als welche ich 6op 'springen' annehme; vgl. Ortsnamen
wie OopiKÖc, 6öpva£, Opöviov, Ooupioi, vielleicht auch Oup^l,
Oüpeov und bergnamen wie al Oupibec in Lakonien, Goupiov 6poc
in Boiotien und den GpujCfiöc Tiebioio bei Homer, zu Opuov ^binse*
wäre am ende 6pi£ 'haar' zu stellen ; ob auch die Opöva X 441 ? somit
ist nach meiner deutung B 592 zu lesen : 'und Thryon, des Alpheios
fürt und die wohlgebaute steilburg.'
Das substantivierte ainu also nehme ich auch 0 71 an und fasse
es als apposition zu ^IXiov, dem richtigen accusativ des Homerischen
^IXioc. eine solche apposition ohne bei wort ist möglich, weil sie
selbst das substantivierte bei wort des entsprechenden gattangs-
namens ist , diesen also mit enthält, übrigens halten es auch sonst
nackte appositionen beim eigennamen aus, so nicht selten l^puK»
zb. Z 35.
14. T 402 &i|i Aavaujv ic öfiiXov , inei x' Sujfiev ttoX^io.
über das verbum in dem dTiei-satze hier ist meines erachtens noch
kein befriedigender aufschlusz gefunden worden, ganz abgesehen
von Düntzers Vermutung, die auf eine abänderung in KT^ui^ev oder
CT^W|Li€V rät, ist X* ?ujfi€v bzw. iwixey oder auch k' dPujfiev troX^fiOio
a= 'satt sind des kampfes' oder x^uüjiiev TioX^fioio «» 'uns trennen
vom kämpfe' viel zu belanglos, um die Vorstellung des cauic^^ev la
rechtfertigen, es kommt hinzu dasz bei der in der ganzen anrede
durchgeführten gegenüberstellung ein dem TcOviiujTa entsprechendes
Vergleichsglied fehlen würde.
Man vergegenwärtige sich die läge: in dem augenblicke, wo er
sich hinter Automedon auf den wagen schwingt, wird der nnmat
über das verhalten des gespanns bei dem falle des Patroklos lebendig
in Achilleus und mächtig über ihn. wie wird sich ein stolzer, herri-
scher und jähzorniger Charakter in solchem falle gegen die vermeint-
lich schuldigen aussprechen, auf deren chrgeiz er zu wirken wünscht?
er wird ironisch bitter werden, und so hier. Achilleus sagt dem-
gemäsz, Xanthos und Balios möchten es gegebenen falles noch ein-
mal so machen, nur mit einem kleinen unterschiede: sie möchten
seinen leichnam dann nicht liegen lassen, und das kommt so heraus:
ich schreibe einfach inix k^ojla' dv TroXe^oio. hierin ist K€0^* —
K^Ofiai conj. von Keifiai mit ungedehntem bindevocal und iy noki-
^010 eine construction wie eiv 'Aibao udgl., allerdings etwas weiter-
gebend , so wie Herodotos I 35 ae. und VII 8 ae. iv f))Li€T^pou and
im hymnos auf Hermes v. 370 f|X6€V ic fifieT^pou. es ist da mehr der
unbestimmte begriff des bereichs zu ergänzen. &o ist dann iy iroX^-
FWeck: Homerische probleme. 233
fioto "-■ *iin bereicb des kampfes' dh. *aaf dem schlachtfelde', wfth-
rend £v iroX^pqj -» 'im schlachtgetümmel' eiDe ganz andere per-
spective erO&et. letzteres würde etwas als eingetreten annehmen»
was die annäherung und Wirksamkeit des noch so rettungsbeflissenen
gespanns einfach unmöglich machen müste , nemlich den kämpf um
den leichnam des gefallenen. Achilleus dagegen in ungerechter Über-
treibung zeiht ja sein gespann des pflichtvergessenen , feigen liegen-
lassens, sie darf also auch nicht den schatten einer entschuldigung
streifen, gerade aber die einzig dastehende an Wendung der sonst bei
Homer gftng und gäben ellipse mag schuld daran gewesen sein, dasz
die Alexandriner die Überlieferung sei es nicht anerkannten oder
überhaupt verkannten.
Die erklärung der ganzen stelle aber gewinnt durch meine les-
art ungemein an kraft und lebendigkeit und unmittelbarkeit, indem
ich nemlich nun auch f|vioxv)a nicht auf den TTapaißdiT)c dh. Achil*
leus selbst beziehe, sondern auf den wirklichen wagenlenker, mit
dem allein jenes mal die rosse zurückgekommen waren , würde die
anrede folgendes gesiebt gewinnen: 'Xanthos und Balios, ihr weit-
berühmten kinder der Podarge , auf eine andere weise überlegt euch
nunmehr zu retten den wagenlenker zurück in der Danaer dichten
häufen, wenn {cum/) ich daliege auf dem schlachtfelde, indem ihr
mich dabei nicht wie den Patroklos dort liegen lasset, nachdem ich
gefallen.' ein Deutscher würde den teil nach der anrede etwa so
fassen : 'wenn ihr noch einmal den wagenlenker in Sicherheit brin-
gen wollt, dann macht es ein wenig anders als bei Patroklos, und
nehmt auch den leichnam des gefallenen herrn mit.'
Die antwort des rosses steht damit durchaus im einklang, teAls
man nur das kqi Xiriv als steigernd faszt : 'ja sogar meiner treu.'
80 steht denn nichts im wege nach meinem verschlag zu lesen:
&HI Aavauüv ic öfiiXov, £tt€1 K^ofi' iv iroX^ioio.
Metz. Ferdinand Weck.
33.
ATHENE-MENTES IN ITHAKE,
Als Athene den Oljmpos verliesz , sich nach Ithake begab und
in gestalt des Mentes das gehöft des Odysseus betrat (a 102—105),
waren die freier im hofe vor dem hause in ihr spiel so eifrig vertieft
(a 106 fl*.), dasz dieselben die ankunft des fremden nicht bemerkten,
auch die diener waren im hause mit den Vorbereitungen des mables zu
sehr beschäftigt (a 109 ff.), als dasz sie dem eintretenden gaste hätten
aufmerksamkeit schenken können, daher kam es dasz Telemachos
die göttin zuerst bemerkte (a 113). Düntzer (Hom. abhandl. s. 431)
nimt an dieser darstellung anstosz. das spiel der freier hält er für
ein brettspiel und findet dasselbe an und für sich auffallend ; auch
scheint es ihm anstöszig, dasz so viele sich daran beteiligen, ob es
234 AScotland: Athene -Mentes in Ithake.
ein brettspiel gewesen, an dem sich die freier ergötzten, ist ans
unserer stelle nicht ersichtlich ; die freier spielten mit TT€CCoi (M^<poi,
cälculi lusorii) , und da wir über dies spiel nichts genaues wissen
(vgl. Nitzsch anm. zdst.), so dürfen wir auch die darstellung nicht
deshalb verdächtigen, weil sich alle freier an dem spiele beteiligten.
selbst wenn es ein brettspiel gewesen wäre, bei dem die zahl der
teilnehmer nur eine beschränkte sein konnte, so hindert nichts an-
zunehmen, dasz mehrere partien arrangiert waren, gibt es femer bei
dergleichen spielen nicht allezeit Zuschauer, welche mit interesae
dem spiele der andern folgen ? es liegt daher kein grund für die
Verdächtigung von a 106 — 108 vor, es sei denn dasz man über die
art des Spieles nähern aufschlusz gäbe und bewiese, dasz die grosse
zahl der freier sich an demselben unmöglich hätte beteiligen können.
so lange dies nicht geschehen ist, werden wir annehmen dasz Homer
des seinen hörern jedenfalls bekannten und aus diesem gründe nicht
näher beschriebenen Spieles erwähnung thut, um zu motivierenf
warum die freier auf den nahenden gast nicht aufmerksam worden.
Aus demselben gründe wird im folgenden auch die bescfaftfti-
gung der diener hervorgehoben, und ich kann es nicht mit Düntier
ao. sonderbar finden, dasz zu a 106 — 108 in 109 — 112 hinzugeftlg^
wird , wie diener und herolde alles zum sofortigen mahle bereiten,
weil dies nur 'drinnen' geschehen könne, sicherlich geschah dies im
hause , so dasz Athene es von ihrem Standpunkte nicht wahrnehmen
konnte; aber der dichter sagt ja auch nicht eupe Kiipuxac fiicTOVTQC,
als ob Athene diese wahrnehmuncr gemacht hätte, sondern als seine
eigne angäbe: Kr|puK€C V . . ^fiiCTOV. ich kann daher nicht mit Düntzer
in a IOC — 112 einen spätem zusatz sehen, sondern meine, der
dichter habe ausdrücken wollen, dasz Athene gerade zu einer zeit dM
gehöft betreten habe, in welcher die aufmcrksamkeit aller vor nnd
in dem hause befindlichen personen so in anspruch genommen war,
dasz der müszig dasitzende Telemachos allein den gast erblickte.
durch fjCTG Top • • öccöfievoc Trai^p* ecGXöv iy\ qppeciv (a 1 14 f.)
wird der gegensatz des unthätigen Telemachos gegen die emsig be-
schäftigten andern per:!onen deutlich licrvorgehoben.
Düntzer glaubt seine anficht von der unechtheit der verse
a 106 — 112 dadurch unterstützen zu können, dasz er hervorhebt,
wie sonderbar es sei dasz wir uns den Telemachos unter den spielen-
den freiem im hofo sitzend denken sollen , da so traurige gedanken
seine seele erfüllen, dagegen hält er es für angemessen, dasz Tele-
machos im männersaalo unter den schmausenden freiem weilte , mit
denen er auch sonst gemeinschaftlich zu speisen pflegte, ich kann
keinen groszen unterschied in d^n beiden Situationen finden, dasz
Telemachos sehr betrübt ist, st^ht fest: denn die verse 114 ff.
fjcTO Totp ^v MVTiCTfipci qpiXov TeiiTiu^voc fJTop,
6ccöjLA€voc Traiep* icGXöv dvi cppeciv , €1 7to6€V dXGuJv
MvricTTJpuiv Toiv fiev CKtbaciv Kaid biO^aTa Geiri ,
Tififjv b* auTÖc ixox KQi KTTiMaciv olciv dväccoi
ASootlaDcL: Athene-Mentes in Ithake. 235
fiollen, abgesehen von der bestfindigen traner am den vater, offenbar
eine ganz besonders trübe stände schildern , die über Telemachos
gekommen war. daher dürfte wenig gewonnen sein, wenn man den
tief betrübten Telemachos mit den schmausenden freiem zn tisch
setzt, statt ihn teilnahmlos unter den spielenden sitzen za lassen,
traorige gedanken ergreifen uns gewöhnlich nicht in froher gesell-
achaft; wenn sie sich aber einstellen, wie es bei der läge des Tele*
machos durchaus nicht unmöglich war, so fliehen wir die gesellschafb
anderer und suchen die einsamkeit auf, um uns ganz unserm schmerz
überlassen zu können, man halte dies nicht für moderne gefühls-
seligkeit, sondern erinnere sich vielmehr, dasz zb. Odysseus an dem
einsamen strande von Ogygia sasz (e 151 ff.), Telemachos nach
seinem miserfolg in der volksversamlung an die öde küste gieng
(ß 260) und der um die entrissene Briseis trauernde Achilleus eben-
falla die einsamkeit aufsuchte (A 349). ich möchte daher annehmen,
dasz an unserer stelle Telemachos überhaupt nicht unter den freiem
sass, sondern in düstere gedanken versunken sich gesondert von den
andern in den männersaal zurückgezogen hatte, während die freier auf
dem hofe bei ihrem spiele saszen. demgemttsz schlage ich vor in 114 £v
fiCT^poici statt iv fiViiCTfipci zu schreiben, dieser ftnderung wider-
spricht allerdings ^vriCTf^pci ^€6i^)i€VOC in 118, jedoch stehen diese
Worte in einer partie, welche augenscheinlich verderbt ist. von Tele-
maehos heiszt es nemlich V€^€cc/j9ri b' iy\ 9u^ip EeTvov bii9& OtipQCiv
&p€CTd^€V (a 119 f.), was ungereimt erscheint, denn Athene hatte
keinen ersichtlichen grund zögernd vor der schwelle stehen zu bleiben
und zu warten, bis Telemachos oder ein anderer ihr zum TrpöOupov
entgegenkam, anderseits kann die an der schwelle erscheinende ge-
stalt, welche sieb in der vom Sonnenlicht erfüllten tboröffnung scharf
abheben muste, der Wahrnehmung des unbeschäftigten Telemachos,
gleichgültig ob er im saale oder im hofe sasz, falls er sie von seinem
Standpunkt überhaupt erblicken konnte, wohl nicht längere zeit ent-
gangen sein, denn wir werden wohl nicht fehlgehen , wenn wir an-
nehmen dasz der betrübt des vaters gedenkende sehn unwillkürlich
seinen blick über den hof hin durch das thor hindurch in die weite
ferne gerichtet habe, wobei der eintretende fremde ihm sofort in die
äugen fallen muste. nehmen wir aber an, dasz der traumverlorene
blick des Telemachos nicht nach dem hofthor gerichtet gewesen ist^
so konnte Athene wohl eine weile an der schwelle stehen, ohne von
Telemachos bemerkt zu werden ; diese Verzögerung konnte diesem
aber nicht so zum bewustsein kommen , dasz er sich über dieselbe
vorwürfe machte, ich halte daher die verse 118 — 120 für verderbt
und streiche hinter id (ppoviwv die werte fiVTicxfJpci fi€8ri)Li€V0C,
welche einerseits nach dem tiberlieferten iJcTO TÖtp ^v jUVTicifipci (114)
eine überflüssige und lästige Wiederholung bilden und anderseits
meiner Vermutung fjcTO TCtp £v fi€Tdpoici widersprechen, zugleich
wird dadurch die Schwierigkeit der beiden neben einander stehenden
participia (ppov^uiv und ^eOrjfievoc (vgl. Ameis) vermieden, bei
234 AScoÜand: Atbene-Mentes in Ithake.
ein brettspiel gewesen, an dem sich die freier ergötzten, ist ans
unserer stelle nicht ersichtlich ; die freier spielten mit TT€CCoi (vn)qpoi,
cälculi lusorii) , und da wir über dies spiel nichts genanes wissen
(vgl. Nitzsch anm. zdst.), so dürfen wir auch die darstellang nicht
deshalb verdächtigen, weil sich alle freier an dem spiele beteiligen.
selbst wenn es ein brettspiel gewesen wäre, bei dem die zahl der
teilnehmer nur eine beschränkte sein konnte , so hindert nichts an-
zunehmen, dasz mehrere partien arrangiert waren, gibt es femer bei
dergleichen spielen nicht allezeit Zuschauer, welche mit Interesse
dem spiele der andern folgen? es liegt daher kein grund für die
Verdächtigung von a 106 — 108 vor, es sei denn dasz man über die
art des Spieles nähern aufschlusz gäbe und bewiese, dasz die grosse
zahl der freier sich an demselben unmöglich hätte beteiligen kOnnen.
so lange dies nicht geschehen ist, werden wir annehmen dasz Homer
des seinen hörern jedenfalls bekannten und aus diesem gründe nidit
näher beschriebenen spieles erwähnung thut, um zu motiviereDv
warum die freier auf den nahenden gast nicht aufmerksam wurden.
Aus demselben gründe wird im folgenden auch die beschftfti*
gung der diener hervorgehoben, und ich kann es nicht mit Düntzer
ao. sonderbar finden, dasz zu a 106 — 108 in 109 — 112 hinzugeftlg^
wird , wie diener und herolde alles zum sofortigen mahle bereiten,
weil dies nur 'drinnen' geschehen könne, sicherlich geschah dies im
hause , so dasz Athene es von ihrem Standpunkte nicht wahrnehmen
konnte; aber der dichter sagt ja auch nicht eupe icripUKac fiicfOVTac,
als ob Athene diese Wahrnehmung? gemacht hätte, sondern als seine
eigne anhabe: Kr|puK€C V . . ^fiiCTOV. ich kann daher nicht mit Düntzer
in a IOC — 112 einen späteni zusatz sehen, sondern meine, der
dichter habe ausdrücken wollen, dasz Athene gerade zu einer zeit dss
gehöft betreten habe, in welcher die aufmerksamkeit aller vor und
in dem hause befindlichen personen so in anspruch genommen war,
dasz der müszig dasitzende Telemachos allein den gast erblickte.
durch fjcTG TÖtp • • öccöfievoc Traiep* €C0Xöv iVi qppeciv (a 114 f.)
wird der gegensatz des unthätigen Telemachos gegen die emsig be-
schäftigten andern personen deutlich hervorgehoben.
Düntzer glaubt seine ansieht von der unechtheit der verse
a lOG — 112 dadurch unterstützen zu können, dasz er hervorhebt,
wie sonderbar es sei dasz wir uns den Telemachos unter den spielen-
den freiem im hofe sitzend denken sollen , da so traurige gedanken
seine seele erfüllen, dagegen hält er es für angemessen, dasz Tele-
machos im männersaale unter den schmausenden freiem weilte, mit
denen er auch sonst gemeinschaftlich zu speisen pflegt«, ich kann
keinen groszen unterschied in d^n beiden Situationen finden, dasi
Telemachos sehr betrübt ist, steht fest: denn die verse 114 ff.
fjcTO Totp ^v jiVTiCTfipci qpiXov TeilTlILl^VOC fJTop,
6ccö|Li€voc Traiep' icGXöv evi cppeciv , €1 7to6€v dXGujv
iuvricnipiuv tüüv infev CKebaciv Kaid biijuaTa Qüt] ,
Tifif|v b* auTÖc ixoi Ktti KTTiMaciv olciv dväccoi
AScotland: Athene-Mentes in Ithake. 235
sollen, abgesehen von der beständigen trauer um den vater, offenbar
eine ganz besonders trübe stunde schildern, die über Telemacbos
gekommen war. daher dürfte wenig gewonnen sein, wenn man den
tief betrübten Telemachos mit den schmausenden freiem zu tisch
setzt, statt ihn teilnahmlos unter den spielenden sitzen za lassen,
traurige gedanken ergreifen uns gewöhnlich nicht in froher gesell-
schafb ; wenn sie sich aber einstellen , wie es bei der läge des Tele-
machos durchaus nicht unmöglich war, so fliehen wir die gesellschaft
anderer und suchen die einsamkeit auf, um uns ganz unserm schmerz
überlassen zu können, man halte dies nicht für moderne gefühls-
seligkeit, sondern erinnere sich vielmehr, dasz zb. Odjsseus an dem
einsamen strande von Ogjgia sasz (e 151 ff.), Telemachos nach
seinem miserfolg in der volksversamlung an die Öde küste gieng
(ß 260) und der um die entrissene Briseis trauernde Achilleus eben-
falls die einsamkeit aufsuchte (A 349). ich möchte daher annehmen,
dasz an unserer stelle Telemachos überhaupt nicht unter den freiem
sasz, sondern in düstere gedanken versunken sich gesondert von den
andern in den männersaal zurückgezogen hatte, während die freier auf
dem hofe bei ihrem spiele saszen. demgemSsz schlage ich vor in 114 dv
|Li6T<ipoici statt iv jLiVTiCTfipci ZU schreiben, dieser Snderung wider-
spricht allerdings fivriCTfipci )Lie6rj]Li€V0C in 118, jedoch stehen diese
werte in einer partie, welche augenscheinlich verderbt ist. von Tele-
macbos heiszt es nemlich V6)Li6Ccr|6ri b' M 8u)Liijj Eeivov br\Qa 6üpi)Civ
^q>€CTäfi€V (a 119 f.) , was ungereimt erscheint, denn Athene hatte
keinen ersichtlichen grund zögernd vor der schwelle stehen zu bleiben
und zu warten, bis Telemacbos oder ein anderer ihr zum iTpöGupov
entgegenkam, anderseits kann die an der schwelle erscheinende ge-
stalt, welche sich in der vom Sonnenlicht erfüllten thoröffnung scharf
abheben muste, der Wahrnehmung des unbeschäftigten Telemachos,
gleichgültig ob er im saale oder im hofe sasz, falls er sie von seinem
Standpunkt überhaupt erblicken konnte, wohl nicht längere zeit ent-
gangen sein, denn wir werden wohl nicht fehlgehen , wenn wir an-
nehmen dasz der betrübt des vaters gedenkende sehn unwillkürlich
seinen blick über den hof hin durch das thor hindurch in die weite
ferne gerichtet habe, wobei der eintretende fremde ihm sofort in die
äugen fallen muste. nehmen wir aber an, dasz der traumverlorene
blick des Ttlemachos nicht nach dem hofthor gerichtet gewesen ist,
so konnte Athene wohl eine weile an der schwelle stehen, ohne von
Telemachos bemerkt zu werden ; diese Verzögerung konnte diesem
aber nicht so zum bewustsein kommen, dasz er sich über dieselbe
vorwürfe machte, ich halte daher die verse 118 — 120 für verderbt
und streiche hinter TÖt (ppov^iüv die worte juvricinpci |Li€0r|)Lievoc,
welche einerseits nach dem überlieferten fjcTO TÖtp ^v )LivnCTfipci (l 14)
eine überflüssige und lästige Wiederholung bilden und anderseits
meiner Vermutung rjCTO TOtp ^v jueTCtpOlci widersprechen, zugleich
wird dadurch die Schwierigkeit der beiden neben einander stehenden
participia qppov^iüv und fi€6r))Lievoc (vgl. Ameis) vermieden, bei
234 AScotland: Atbene-Mentes in Ithake.
ein brettspiel gewesen, an dem sich die freier ergötzten, ist
unserer stelle nicht ersichtlich ; die freier spielten mit TTCCCoi (vn)qpoi,
caUculi lusorii) , und da wir über dies spiel nichts genanes wissen
(vgl. Nitzsch anm. zdst.), so dürfen wir auch die darstellang nicht
deshalb verdächtigen, weil sich alle freier an dem spiele beteiligteB.
selbst wenn es ein brettspiel gewesen wäre, bei dem die sahl der
teilnehmer nur eine beschränkte sein konnte , so hindert nichts an-
zunehmen, dasz mehrere partien arrangiert waren, gibt es femer bei
dergleichen spielen nicht allezeit Zuschauer, welche mit interesse
dem spiele der andern folgen ? es liegt daher kein grund für die
Verdächtigung von a 106 — 108 vor, es sei denn dasz man Aber die
art des Spieles nähern aufschlusz gäbe und bewiese, dasz die gprosse
zahl der freier sich an demselben unmöglich hätte beteiligen kfonen«
so lange dies nicht geschehen ist, werden wir annehmen dasz Homer
des seinen hörem jedenfalls bekannten und aus diesem gründe nicU
näher beschriebenen spieles erwäbnung thut, um zu motivieren,
warum die freier auf den nahenden gast nicht aufmerksam wurden.
Aus demselben gründe wird im folgenden auch die beschftftt-
gung der diener hervorgehoben, und ich kann es nicht mit DClntzer
ao. sonderbar finden, dasz zu a 106 — 108 in 109 — 112 hinzugefügt
wird, wie diener und herolde alles zum sofortigen mahle bereiten,
weil dies nur 'drinnen' geschehen könne, sicherlich geschah dies im
hause , so dasz Athene es von ihrem Standpunkte nicht wahrnehmen
konnte; aber der dichter sagt ja auch nicht eiSpe KrjpuKac fiicfOVTOC,
als ob Athene diese wahrnehmuncr gemacht hätte, sondern als seine
eigne angäbe: KrjpUK€C V . . ^)LiiCTOV. ich kann daher nicht mit DOntzer
in a IOC — 112 einen spätem zusatz sehen, sondern meine, der
dichter habe ausdrücken wollen, dasz Athene gerade zu einer zeit das
gehöft betreten habe , in welcher die aufmerksamkeit aller vor und
in dem hause befindlichen personen so in anspruch genommen war,
dasz der müszig dasitzende Telemachos allein den gast erblickte.
durch fjCTG TÖtp • • öccöjuevoc xtai^p* ecGXöv ivl qppeciv (a 114 f.)
wird der gegensatz des unthätigen Telemachos gegen die emsig be-
schäftigten andern perlenen deutlich hervorgehoben.
DUntzer glaubt seine ansieht von der unechtheit der verse
a 106 — 112 dadurch unterstützen zu können, dasz er hervorhebt,
wie sonderbar es sei dasz wir uns den Telemachos unter den spielen-
den freiem im hofo sitzend denken sollen , da so traurige gedanken
seine seele erfüllen, dagegen hält er es für angemessen, dasz Tele-
machos im männersaale unter den schmausenden freiem weilte, mit
denen er auch sonst gemeinschaftlich zu speisen pflegte, ich kann
keinen groszen unterschied in don beiden Situationen finden, dasi
Telemachos sehr betrübt ist, steht fest: denn die verse 114 ff.
fjcTO Top ^v iLivricTfipci qpiXov TeTirm^voc fJTop,
6ccöfi€voc Trai^p* dcGXöv ^vi cppeciv , €1 7to6€V £X9uiv
luvTicnipwv TU)v fiev CKcbaciv Kaidt bujjLiaTa Qür\ ,
Ti|Lif|v b' auTÖc ixoi Ktti KTTiMaciv olciv dväccoi
ASootland: Athene-Mentes in Ithake. 235
fiollen, abgesehen ¥011 der bestfindigen traner um den vater, offenbar
eine ganz besonders trtlbe stände schildern , die ttber Telemachos
gekommen war. daher dürfte wenig gewonnen sein, wenn man den
tief betrfibten Telemachos mit den schmausenden freiem zu tisch
setzt, siatt ihn teünahmlos unter den spielenden sitzen za lassen,
traorige gedanken ergreifen uns gewöhnlich nicht in froher gesell-
schaft; wenn sie sich aber einstellen, wie es bei der läge des Tele*
machos durchaus nicht unmöglich war, so fliehen wir die gesellschafb
anderer und suchen die einsamkeit auf, um uns ganz unserm schmerz
flberlassen zu können, man halte dies nicht fflr moderne gefühls-
seligkeit, sondern erinnere sich vielmehr, dasz zb. Odjsseus an dem
einsamen strande von Ogygia sasz (e 151 ff.), Telemachos nach
seinem miserfolg in der volksversamlung an die öde kflste gieng
(ß 260) und der um die entrissene Briseis trauernde Achilleus eben-
falls die einsamkeit aufsuchte (A 349). ich möchte daher annehmen,
dasz an unserer steUe Telemachos ttberhaupt nicht unter den freiem
sass, sondern in düstere gedanken versunken sich gesondert von den
andern in den männersaal zurückgezogen hatte, während die freier auf
dem hofe bei ihrem spiele saszen. demgemäsz schlage ich vor in 114 £v
^CT^poici statt iv fiviiCTfipci zu schreiben, dieser ftnderung wider-
spricht allerdings fivriCTf^pci ^eOVifievoc in 118, jedoch stehen diese
Worte in einer partie, welche augenscheinlich verderbt ist. von Tele-
maehos heiszt es nemlich V€^€ccr)0ii b* tv\ 9u^ifi E€tvov brfiä 9dpQCiv
dq)€CTd^€V (a 119 f.), was ungereimt erscheint, denn Athene hatte
keinen ersichtlichen grund zögernd vor der schwelle stehen zu bleiben
und zu warten, bis Telemachos oder ein anderer ihr zum TTpöGupov
entgegenkam, anderseits kann die an der schwelle erscheinende ge-
stalt, welche sich in der vom Sonnenlicht erfüllten thoröffnang scharf
abheben muste, der wabmebmung des unbeschäftigten Telemachos,
gleichgültig ob er im saale oder im hofe sasz, falls er sie von seinem
Standpunkt überhaupt erblicken konnte, wohl nicht längere zeit ent-
gangen sein, denn wir werden wohl nicht fehlgehen , wenn wir an-
nehmen dasz der betrübt des vaters gedenkende sehn unwillkürlich
seinen blick über den bof bin durch das thor hindurch in die weite
ferne gerichtet habe, wobei der eintretende fremde ihm sofort in die
äugen fallen muste. nehmen wir aber an, dasz der traumverlorene
blick des Telemachos nicht nach dem hofthor gerichtet gewesen ist^
so konnte Athene wohl eine weile an der schwelle stehen, ohne von
Telemachos bemerkt zu werden ; diese Verzögerung konnte diesem
aber nicht so zum be wustsein kommen, dasz er sich über dieselbe
vorwürfe machte, ich halte daher die verse 118 — 120 für verderbt
und streiche hinter lä q)pov€UJV die werte pviiCTT^pci jueOrjiLievoc,
welche einerseits nach dem überlieferten iJcTO fäp iv |LiVTiCTf)pci (114)
eine überflüssige und lästige Wiederholung bilden und anderseits
meiner Vermutung fjCTO TÖp iv fiCTÄpoici widersprechen, zugleich
wird dadurch die Schwierigkeit der beiden neben einander stehenden
participia qppov^uiv und ^eOifjfievoc (vgl. Ameis) vermieden, bei
236 AScotland: Athene-MenteB in Ithake.
dieser annähme, dasz die freier im hofe beschäftigt waren, Tele-
machos aber müszig und gedankenvoll im hause sasz, werden wir
am besten verstehen , warum gerade dieser den fremden zuerst er-
blicken muste. da nach wegfall des pvriCTTipci jüieOri^evoc und des
unerklärlichen v€fi€ccr|6n b* dvi Gu^tp Eeivov briGot Gupqciv iqpecTd*
fi€V die Worte ßf) 5' iOuc TTpoOupoio vor dem jetzt unmittelbar nach-
folgenden ^TT^Oi bk erde entbehrlich sind , so schlage ich vor statt
118 — 120 zu schreiben:
Tot qppov^uüv 6 \xi\ ekib' 'A0r|vriv, ^TTvÖi bk cidc
X€Tp* 2X€ bcEiT^priv usw.
Im folgenden halte ich, wie auch DUntzer (ao. s. 432) 132 — 135
für unecht, da die Homerischen beiden nicht wie wir an gemein«
schaftlicher tafel, sondern bekanntlich auf ihren Opövoi saszen, vor
welche die diener kleine tische stellten, so waren damals die schmau-
senden an und für sich mehr von einander getrennt als in unserer
zeit. Telemachos hatte daher nicht nötig mit seinem gaste geson-
dert von den andern sich an einen Hrompetertisch' zu setzen, wenn
er sich ein wenig zurückziehen wollte, die für die absonderung in
a 133 ff. angeführten gründe sind hinfällig: 'damit der gast nicht
durch den öpufiaxböc der freier belästigt werde.' als ob er dem
getöse sich hätte entziehen können , wenn er sich auch in die ent-
fernteste ecke des saales zurückgezogen hätte, und wüste Telemachoe
denn voraus , dasz sein gast dem lustigen und muntern treiben der
freier abhold war, um ohne unhöflich zu sein mit ihm allein sich in
eine ecke zu setzen? auch der zweite grund ist nur scheinbar stich-
haltig: Yva )Liiv Trepl Trarpöc dTTOixofi^voio fpoiTO. diese absieht
kann nemlich Telemachos unmöglich gehabt haben: denn erfragt
im verlaufe der darstellung mit keiner silbe nach seinem vater, viel-
mehr bringt erst der fremde das gespräch auf diesen (vgl. Hennings
Telemachie s. 162). der Zusammenhang wird durch den ausfall von
132—135 nicht gestört.
Nach beendigung des mahles folgt auf den üblichen vers auräp
£tt€1 Ttöcioc Kai dbiiTuoc iE, €pov £vTO das wort fivriCTfipec , was
offenbar subject zu dem vorhergehenden sein soll; wie es Bckker
auffaszt. dies ist aber nicht möglich, da nach diesem 21 mal vor-
kommenden formelhaften verse weder in der Ilias noch in der Odyssee
jemals das subject im folgenden verse nachhinkt, neuere heraus-
geber haben daher das komma vor fiVTiCTfipcc gesetzt und dies als
subject des nachsatzes aufgefaszt «dann in veränderter constraction
aufgenommen durch toTciv fi^v» (Hentze). das ist aber doch in un-
mittelbarer aufeinanderfolge entsetzlich hart, nur wenn ein längerer
Zwischensatz den anfang )LiviiCTf)p€C vergessen liesze, könnte mit
TOiciv ^^v eine veränderte con^truction aufgenommen werden, die
härte scheint auch Hentze (anb. zu a 151) zu empfinden, da er die
Vermutung von Nitzsch fivr]CTfjpciv gefälliger findet, nach meiner
ansieht ist v. 151 überhaupt zu streichen, ebenso wie 152. anszer
dem nicht recht unterzubringenden fivriCTflp€C erweckt dXXa M€fil)-
AScoüand: Athene-Mentes in Ithake. 337
X€t mein mistranen. verstehen würde ich ToTciv jikv £vi (pp^ci
pcM^iXct poXnrj t€ öpxilCTUC t€ . . aöräp TiiX^fiaxoc usw., aber
dXAa mosz notwendig auf etwas nach der bisherigen Darstellung un-
erwartetes hinweisen, dies fehlt durchaus; vielmehr war es unum-
stSszliche regel, dasz auf ein festmahl gesang und spiel folgten, und
die freier hfttten sich als ganz besonders roh gezeigt, wenn sie diese
dvoOfjfiaTa öoitöc verschmäht hätten, es bedarf daher keiner be-
sondern motivierung, als ob der gesang Telemachos und seinem gaste
als eine art rücksichtslosigkeit unei;;i7artet gekommen wäre, sondern
es war ganz natürlich , dasz sofort nach beendigung des mahles der
herold dem Phemios die kitharis reichte, ich schlage daher vor auf
150 mit auslassung von bi v. 153 folgen zu lassen:
ic/)puE dv x^P^iv KiOapiv nepiKaXX^a 8f)K€V
ct>imi(ii usw.
die Worte ToTciv \xkv ivi qppcclv äXXa ^e^yjXei, poXTTrj t' öpxncTuc
T€ sind offenbar eine paraphrase des spätem verses 159 TOiiTOiciv
fi^v TaOra ^^Xei, dOapic Ka\ doibi^, und t& t^P t' dyaOfi^ara baiTÖc
ist aus q> 430 entlehnt.
Der gesang beginnt, und die freier lauschen, da aber Tele-
machos grSszeres interesse an seinem gast hatte^so fragteer während
des gesanges nach eingenommener mahlzeit den fremden nach seiner
herkunft. es war daher natürlich, dasz er sich nahe zu dem gaste
binbengte {&TX} cxibv K€q)aX/)V 157), einerseits damit die freier
nichts von seinen reden erführen, anderseits um den vertrag des
Hedes nicht durch laute Unterhaltung zu stören, es ist daher an a 157
kein anstosz zu nehmen; aber auch die beiden folgenden verse, welche
Düntzer ao. verwirft, sind durchaus notwendig, denn im gründe war
es ja unschicklich, dasz Telemachos während des liedes seinem gaste
ins ohr zischelte und ihn dadurch hinderte mit ungeteilter aufmerk-
samkeit dem gesange zu lauschen, der wirt konnte doch nicht an-
nehmen, dasz seinem gaste das lied ebenso gleichgültig war wie ihm
selbst, daher bedurfte es einer entschuldigung für sein verhalten,
welche wir in fj Kai |LiOi v€|Li€Cric€ai, ötti k€V cIttu); finden, über die
folgenden verse 160—168, welche Düntzer streichen will, vgl. Philol.
XL VI s. 404.
Die verse a 171 — 173 werden auf grund eines scholions von
Hennings verworfen , weil dieselben hier weniger auf den in könig-
lichem aufzug erscheinenden Mentes als in H 190. TT 59 und 224
auf den als bettler auftretenden Odysseus passen, dies ist kein stich-
haltiger grund , vielmehr bilden die verse eine naive an jeden
ankömmling auf einer insel gerichtete frage, in ähnlicher weise wie
Penelope dem seine herkunft verbergenden bettler gegenüber ihre
aufforderung naiv mit den worten ou fäp öttö bpuöc icci TraXai-
(pdrou obb* ÄTTÖ Tt^Tpiic (t 163) begründet, wofür der deutsche
volksmund eine viel derbere ausdrucksweise hat. dagegen erscheinen
die folgenden verse 174 — 177 überflüssig, wie kommt Telemachos
auf den gedanken den fremden zu fragen , ob er vielleicht ein alter
238 AScotland: Athene-Mentes in Ithake.
gastfreund seines vaters sei? wenn ThHug jahrb. 1859 abt. 11 8. 6
darauf aufmerksam macht , wie genau die antwort der Athene den
einzelnen fragen des Jünglings entspricht, und daraus die echthoit
der verse ableitet, so vergiszt er dabei, dasz Athene gemäsz der von
ihr gespielten rolle ein ihr bekanntes haus betrat ; sie konnte daher
in genauerer weise auskunft geben als Telemachos an den unbo*
kannten gast seine fragen richten, ich meine daher , dasz ein inter-
polator, welcher diesen unterschied nicht zu würdigen wüste, di«
fragen den antworten entsprechend glaubte reconstruieren zu mOssen.
ich will auf das nur hier vorkommende dTricTpoqpoc kein gewicht
legen, werde aber in meiner Vermutung dadurch bestSrkt, dasz der
naiv-neckische vers ou m^v fap Ti C€ nelöy öicfiai ivQab* Uc^ctai
sowie der ähnliche t 163, wie es ja auch natürlich ist, stets den ab-
schlusz der rede bildet (E 190. TT 59 u. 224), was hier nicht der fidl
wäre, wenn 174 — 77 nicht gestrichen würden.
In Mentes antwort sind 195 — 205 längst als späterer einschob
erkannt worden, es wäre in der that, wie ich im Phiiol. XL VI 8. 405
ausgeführt habe, auch zu thöricht, wenn Telemachos auf die gani
bestimmte mitteilung des gastes, dasz Odjsseus noch lebe, aber von
wilden männern auf einer fernen insel festgehalten werde (195 — 99),
in seiner antwort nicht den geringsten bezug nähme, noch wunder-
licher wirkt der zweite teil (vgl. Phiiol. ao.), welcher die bestimmte
Weissagung enthält, dasz Odjsseus in nächster zeit heimkehren werde
(203 — 205). wer weissagt, thut dies mit dem wünsche dasz ihm ge*
glaubt werde; konnte aber wohl nach den werten ofire Tl ^dvnc
i\hy oöt' oiujvüjv cäqpa elbiOc (202) Telemachos noch groszes ver-
trauen zu der prophezeiung haben? femer: hätte Mentes die vene
203—205 gesprochen, so muste Telemachos die später vorgeschla»
gene reise nach Pjlos und Lakedaimon für zwecklos und unsinnig
halten, auch müste durch die Weissagung die hoffnungslosigkeit des
sohnes erschüttert werden, was, wie ich Phiiol. XLVI s. 401 ff. ge-
zeigt habe, nicht der fall war. demnach verwerfe ich 195 von dXXä
vu TÖv T€ 6€0i usw. bis 206.
Auszerdem stimme ich dem Aristophanes (vgl. Aristonicus ed«
Carnuth s. 10) bei; wenn er 185 und 186 ausscblie^zt. wie sollte
nemlich jemand, der den Odysseus freundschaftlich besuchte und mit
der gegend vertraut war, iiT* difpoö vöcqpi TTÖXnoc (195) landen,
wenn er nicht einen besondern zweck damit verband V ein solcher
liegt aber nicht vor; es ist daher so selbätverständlich, dasz der gast
in den an der stadt gelegenen hafcn einlief, dasz es überhaupt keiner
er wähnung des landungsplatzes bedurfte, wir wissen allerdings, dasz
hinter dem scheinbaren Mentes die göttin Athene steckt, dasz diese
vom Olympos herabgeschwebt und überhaupt nicht mit einem schiffe
gelandet ibt; aber um Telemachos zu teuschen, muste sie doch so
sprechen und gehandelt zu haben scheinen, wie der wirkliche Mentes
nach menschlicher berechnung gethan haben würde, und sie spielt
ihre komödie meisterhaft : ^Mentes, auf einer bandelsfahi i nach Temesos
AScotland: Athene-Mentes in Ithake. 239
begriffen , legt unterwegs in Ithake an , um seinen alten gastfrennd
Odyssens zn besuchen: denn er hatte in seiner heimat oder sonst
irgendwo gehört (mit recht macht Ameis-Hentze auf den unterschied
swischen lq>avTO in 194 und qpaci in 189 aufinerksam), dasz der-
selbe nun endlich heimgekommen wäre, er landet im hafen , erkun-
digt sich sofort bei den Seeleuten nach Odysseus und erfährt, dasz
er fidsch berichtet gewesen. Odysseus ist noch nicht heimgekehrt,
naitirlich fragt Mentes jetzt nach Laertes , den er ebenfalls persön-
lich kennt, und erfährt dasz dieser ein zurückgezogenes, freudeloses
leben fem von der stadt führe (189 ff.), da Mentes aber nun einmal
gelandet, geht er, trotzdem der eigentliche zweck seiner reise den
Odysseus zu sehen vereitelt ist, dennoch in den palast. er weisz also
von vom herein, in wessen hause er sich befindet, er weisz femer
daaz er den hausherrn nicht daheim antreffen wird, er spricht daher
dem Telemachos gegenüber nicht erst seine Verwunderung über die
abwesenheit des Odysseus aus, sondern erkennt ohne sonderlichen
Scharfsinn und unterstützt durch die auffallende tthnlichkeit mit dem
alten gastfreunde in dem die honneurs machenden Jünglinge den
söhn des Odysseus.' dasz sich Telemachos in dieser weise etwa den
Vorgang denken soll, geht aus der antwort des Mentes (179 — 212)
henror, welche ich mit ausschlusz der oben besprochenen stellen
(185. 186 und 195 von dXXd vu töv T€ 0€o{ bis 206) gegen Kammer
(einheit der Od. s. 268 f. u. 404 f.) und Düntzer (ao. s. 433 f.) in
schütz nehme, bei meiner auffassung ist an derselben nichts auszu-
setzen, nachdem nemlich Mentes sich selbst vorgestellt (180 — 184),
war er berechtigt zu seinem jugendlichen wirte, in welchem er still-
schweigend den sehn des Odysseus vermutete, in 187 Seivoi V dXXi]-
Xuiv TTaTpuJioi €UXÖ)Li€6' clvai zu sagen , um von vom herein sein
näheres Verhältnis zu dem hause zu kennzeichnen. Düntzer nimt an
Scivoi iraTpüüioi anstosz, weil er meint, dasz gastfreundschaft nur
unter den einzelnen generationen bestehen könne, so dasz etwa nur
Anchialos, des Mentes vater, und Laertes, Mentes und Odysseus, ein
söhn des Mentes und Telemachos gastfreunde wären und sich nur
die letzten Seivoi iTaTpu)ioi nennen könnten, dies ist aber ganz un-
haltbar, und ebenso wie Telemachos a 417 den Mentes seinen Seivoc
iiaTpuiioc nennt, kann letzterer den söhn des Odysseus mit dem-
selben ausdruck bezeichnen. — Dasz sich Mentes für seine zutrau-
lichkeit auf das zeugnis des Laertes berief (188 f.), war natürlich,
da er aber wüste dasz Laertes nicht in der Stadt lebte, sein zeugnis
also augenblicklich nicht herbeigeschafft werden konnte, so wollte er
durch ^TTeX6u;v in 188 und durch die folgenden verse dem Tele-
machos zu verstehen geben, dasz er mit den Verhältnissen bereits
vertraut sei , sich offenbar also schon im hafen nach dem groszvater
erkundigt hatte, um durch dies für Laertes an den tag gelegte
interesse das zutrauen des enkels zu gewinnen, das ist, sollte ich
meinen , sehr fein psychologisch ; war doch dem Mentes daran ge-
legen den Telemachos für seinen rat empfänglich zu machen, darauf
240 AScotland: Athene-Mentes in Ithake.
erfüllte der Taphier die 123 f. von Telemachos gestellte aufforderang
auTOtp EireiTa . . ^u0r|C€ai öttcö C€ XP'l» indem er sagte vöv b* f)X9ov,
was durchaus nicht, wie Otlntzer meint, ungeschickt eintritt, sondern
mit dem folgenden br\ f&p \x\v fqpavx' dmöriiLiiov eTvai, cöv irar^p*
(194) in enger Verbindung steht und so viel heiszt wie 'jetzt bin ick
gekommen um deinen vater zu besuchen : denn man hatte mir erzfthlt
dasz derselbe bereits heimgekehrt sei.' Mentes gab mit diesen Worten
den — allerdings verfehlten — zweck seiner landung an und war
berechtigt cöv Trarepa zu sagen, da er stillschweigend vorausgesetzt
hatte und voraussetzen muste, dasz er den söhn des Odjsseus vor sieh
hatte, nachdem er aber mit den Worten cöv Ttar^pa seine verrnntang
zum ersten male klar ausgesprochen, wäre es geziemend, wenn er
seinen wirt aufforderte dieselbe zu bestätigen, weniger weil Mentes
an der richtigkeit seiner Voraussetzung zweifelte, als vielmehr weil
es schicklich gewesen wäre dem Telemachos gelegenheit zu geben
sich als söhn des Odysseus vorzustellen, und in der that folgt nach
Wegfall der von mir verdächtigten verse 195 — 206, deren unechtheit
durch den nunmehr sich ergebenden guten Zusammenhang bestätigt
wird, unmittelbar auf cöv Ttarepaals motivierung dieses ausdrucks in
207 el bfj ii auToTo tococ Traic cic 'ObucTJoc dh. 'wenn du, wie ich doch
wohl voraussetzen darf, der söhn des Odysseus bist.' hieran schliesst
sich in gebührender weise die hervorhebung der auffUlligenähnlicfakeit
mit Odysseus als grund für die bisherige annähme (208 — 212). bei
dieser auffassung werden wir es verstehen, dasz Mentes seinen wirt
jetzt erst zur bes tätigung aufforderte, dasz er der söhn des Odyssens
sei, nachdem er ihn in seiner bisherigen antwort bereits als solchen
bebandelt hatte, um die Verbindung herzustellen, schlage ich vor
mit leichter ünderung zu lesen :
194 vöv b' fjXöov bf| Top |Liiv fqpavT* dmbriiLiiov elvai,
195+207 cöv TTttT^p', €1 bx] « aÜTOÖ iräic elc 'Obucnoc
das durch diesen Vorschlag wegfallende TÖcoc kann leicht entbehrt
werden.
Über den rat selbst, welchen Athene dem Telemachos erteilt,
habe ich bereits im Philol. ao. gesprochen.
Mit dem abschiede hat es Mentes sehr eilig; selbst die gast-
geschenke will er sich erst bei seiner rückkehr von Temesos abholen,
v. 318 ist offenbar interpoliert, dasz Telemachos dem scheidenden
gaste das geleite gab, nachdem er ihm aus der boupoboKT) (vgl. a 121)
seine lanze überreicht, ohne dasz dies vom dichter ausdrücklich her-
vorgehoben wird, nimt Düntzer ao. s. 440 mit recht an. wenn er aber
die Offenbarung der Athene verwirft (s. 439), so scheint er nur eine
begleitung bis ans hofthor angenommen zu haben, es war jedoch
wohl natürlich, dasz der jugendliche Telemachos den ehrwürdigen
gastfreund des vaters bis zum hafen zu geleiten beabsichtigte, wo,
wie er meinte, sein schiff lag. auch wäre, wenn Telemachos das ge-
höft nicht verlassen hätte, a 324 ^viictfipac dTriux€TO wenig moti-
viert, daher meine ich dasz Telemachos mit dem vermeintlichen
AScotland : Athene-Mentes in Ithake. 241
Mentes das gehöft verlassen und dann zeuge des plötzlichen ver-
schwindens der gOttin gewesen ist, welche auszerhalb des gesichts*
kreises der freier, vor denen sie, wie aus a 406—411 klar hervor-
geht^ streng ihr incognito gewahrt hatte, vor den äugen ihres begleiters
im wahren sinne des wertes ^verduftete' (a 320). sicherlich wäre es
der -Athene ein leichtes gewesen sich in anderer weise aus der affaire
zu ziehen ; sie hätte ein schiff herbeizaubem und mit demselben ab-
segeln können, wenn sie den Telemachos in dem irrtum hätte be-
&ngen lassen wollen, dasz er es wirklich mit Mentes zu thun gehabt.
wenn sie es aber vorzog plötzlich zu verschwinden (denn das ist
doch wohl der sinn von öpvtc b* ix)C ävoTtata öt^iTTaTO, mag man
dvotraia erklären wie man will) , so muste sie die absieht gehabt
haben dem Telemachos ihre göttliche natur zu offenbaren, es ist
dies durchaus kein misgriff , wie Düntzer meint ; stellten sich doch
dem Jünglinge bedeutende Schwierigkeiten in betreff seiner reise in
den weg. es war daher keineswegs überflüssig durch die Offenbarung
ihrem Schützlinge mut und vertrauen zu seinem unternehmen einzu-
flöszen , wie sie es schon a 89 dem Zeus angekündigt hatte, dasz die
götter sich oft erst bei ihrem verschwinden den sterblichen zu er-
kennen geben, finden wir auch sonst bei Homer (y 371. N 68 ff.
Q 460 ff.), dasz den Telemachos bei seiner Wahrnehmung staunen
ergriff und ein bisher unbekanntes gefühl des mutes und der kraft
(^^voc Kai Odpcoc 321) über ihn kam, ist nicht zu verwundem, ich
kann mich daher nicht entschlieszen mit Düntzer a 320 — 323 zu
streichen, sobald wir annehmen, dasz Telemachos seinen gast bis
zum hafen zu geleiten beabsichtigte, ist die darstcllung angemessen
und dem zusammenhange entsprechend, nur die werte utt€|livtic^v
xd i TTttTpöc jLiäXXov fi' f\ t6 7rdpoi0ev sind äuszerst seltsam und
plump ; sie scheiden sich aber leicht aus, so dasz wir erhalten :
320 öpvic b' &Q dvoTiaia bi^TTTaxo' tuj b* ivx Gujliuj
321+322 GfJK€ ixiyoc Kai Gdpcoc* 6 bk qppeciv fjci vorjcac
323 ödjLißricev Kaid Gujliöv • öicato t^P Ö€Öv elvai.
Strasburg in Westpreuszen. Alfred Scotland.
34.
ZU HESIODOS.
In derjenigen Odyssee-hs., welche aus der hinterlassenschaft
des Eolophoniers Antimacbos nach Alexandreia gekommen und viel-
leicht eigenbändig von ihm geschrieben oder doch wenigstens durch-
corrigiert worden war^ fand sich in a 85 *€p|Li€iav jiitv ^Treixa
^ es ist bemerkenswert, dasz Antimacbos in der biograpbie des Hesy-
chios Milesios (Snidas) als YPCim^<ixiK6c xal iroir)Tif]C bezeichnet wird,
möglich, dasz die erstere benennung vorzugsweise durch seine bescbäf-
tigang mit dem texte der Homerischen gedichte veranlaszt wurde.
Jahrbücher für olass. philoU 1888 hft. 4. 16
242 ALudwich: zu Hesiodos.
bidKTOpov *ApT€i(pövTTiv vficov ic 'Qtutitiv ÖTpuvo^€V, dq>pa
TdxicTQ vujLiqpi) ^uTTXoKdjLKp cTiTi) VTi|Li€pT^a ßouXrjv die yariante
'QyuXdiv. die thatsache wird uns in einem scholion berichtet»
dessen erster teil sicher auf Didjmos und also unmittelbar durch
diesen auf Aristarch zurückgebt, welchem letztern wohl auch der
zweite teil, die Widerlegung dieser Variante, angebOrt. das scholion
lautet nach der bessern Überlieferung, die ich für die hier in betracfat
kommenden bss. selber genau festzustellen in der läge war*, folgender*
maszen: dv' T^ Kaxd* *AvTi|iaxov «'QxuXiriv»* Tpdq)€Tai'. bia-
qp^pouct bV o\ TÖTTor Tf|v jifev Tdp 'QtuTWV® dvxöc €lvai*iTpöc
dcTi^pav, Tf|V bi 'ÖTuXiav'" Kaid Kprirriv" 'Hdoööc qpn«" KCiceoi""
TÖv b* 'ÖTÖXiov i{b' 'QtuXti . . . vficov toüttiv bfe" olKoXoiiC**
KaXoCciv. H ' M ' PQ. der jüngste herausgeber der Odjsseescbolien
hat sich mit den auf der band liegenden argen Verderbnissen schnell
genug abgefunden '*, indem er die unbequemen werte hinter K€ic6a
einfach hinauswarf und als scblusz unpassenderweise die yon M*
hinzugeschriebene bemerkung X^T^TQi bi övOjLiaTtKdic f| KaXuipoOc
vf)coc anflickte, letztere hat auch AKirchhoff (die Hom. Odyssee,
2e aufl. s. 319) beibehalten , der die zweite hälfte des scholiona so
umgestaltete: Tf|V jifev Tdp 'Qtuticiv dvxöc elvai irpöc ^CTr^pov
'Hcioböc qpTici, Tf|v bk "QtuXov fiioi 'QruXiav Kaxd KpfJTiiv <pad
K€ic6ai. X^T^TQi bi. övojLiaTiKUfC i] KaXu\|ioGc vf)coc. um bei den
letzten werten stehen zu bleiben , so ist ohne weiteres klar , dasz sie
mit der lesart des codex Antimacheus 'QifuXiTiv nicht das mindeste
zu thun haben: um diese aber dreht sich alles was vorangeht, es
sind hier also in M wie so oft zwei (oder mehr) ganz verschiedene
' was bisher über cod. H berichtet wurde, geht auf Gramer (anecd.
Par. III 8. 417) zurück und leidet an erheblichen irrtümern. ' voran
geht in M< Tf)v dpxotiotv, worüber unten. * kqtä töv M'P (kein
codex KQT*). ^ (IrfUT^n ^I * I'- ^ Tp' (^i^ gewöhnliche abbreviator
für YpdcpcTGt, die indessen auch Ypdcpct udgl. bedeuten kann) M^P,
Tpd(p€t H>Q. 7 bta(p^p€t ohne bi P. « diTurdlv H'M^Q.
* ivTÖc cTvat ist von M* in rasur geschrieben; was M* hatte, lässt sich
nicht mehr feststellen. '° wt^Xiav (so) U *, diTcXiav P. *< nnr so
weit gehen H'Q; das übrige fehlt in Q und ist im Harleianni von H
hinzugefügt, um falschen Vorstellungen über diese 'manns secanda*
vorzubeugen, mu8z daran erinnert werden, dasz wir gerade ihr weitaus
die meisten und wertvollsten notate dieses codex zu verdanken habeUt
während H' (dh. dieselbe hand die den Odysseetezt schrieb) die sp&r-
lich beigefügten scholieu ziemlich flüchtig behandelte, daraus also,
dasz der letzte teil des obigen scholions von H, nicht von Umgeschrie-
ben ist, darf kein präjudiz für seine unechtlieit gefolgert werden, wie
eilfertig der Schreiber IP verfuhr, geht hier schon daraas deutlich her-
vor, dasz rr den infinitiv clvai unbekümmert in der luft schweben Hess.
>' i^doboc (pncl HMiP. " hier hört auch M^ auf; der rest fehlt
in diesem codex; dafür hat M* zugefügt X^crai (dies in rasnr) bi
övofiacTiKdic (so) f) kqXuuioOc vncoc. ** so H, der vor vf)cov eine
lücke für etwa vier buchstaben hat. in P folgt hinter diYuXt) sogleich
vficov bi TauTr)v mit dieser Wortstellung. *^ oIkoXouc P, oI kquXoOc H.
"^ ihm sind die neuesten samler der IJesiodischen fragmonte ge-
folgt: Kinkel fr. 90 und Rsach fr. 94.
ALudwich: za HesiodoB. 243
bemerkungen zusammengeflossen, zum überflusz wird dies durch
cod. H bestätigt, wo die notiz dpxaiav* Tf)v övojLiacTtKUiC outui
KaXoup^vriv als selbständiges scholion über den Homertext
('Qinn'iiiv) nnd auszer ihr noch an den rand i\ vfjcoc Tf)c KaXu\|ioGc
geschrieben ist. letzteres stammt aus den vulgärscholien ('Qx^xiiiv:
i\ KaXuipoCc vf)coc) : ersteres entspricht den in M * erhaltenen wer-
ten X^T^Tai bi övojLiaTiKUJC, die ihrerseits nicht zu der lesart diT^Xinv,
sondern vielmehr ganz augenscheinlich za der glosse dpxaiav in be-
siehang treten, sie rühren von jemand her, der 'Q^UTiilv nicht als
adjectivnm , sondern als eigennamen gefaszt wissen wollte, in dem
eben mitgeteilten interlinearscholion H stehen die beiden entgegen-
gesetzten auffassungen brüderlich neben einander'^, und ebenso in
dem interlinearscholion M': Tf)V KaXuipoOc, Tf)V dpxaiav. hieraus
folgt dasz die glosse Tf)v dpxaiav, welche M Wor dem scholion dv
T^ KardTÖv 'AvTijiiaxov usw. hat, vielmehr hinter dasselbe gehört,
nm dort dann für den zusatz X^T€Tai bk övojLiaTiKÜüC f) KaXuipoCc
vficoc einen etwas schicklichem anknüpfungspunkt zu bieten, als
der gegenwärtig im Marcianus vorhanden ist. wie dem aber auch
sei, darüber kann jedenfalls kein zweifei obwalten, dasz jener zusatz
von dem die Variante 'Q^uXiriv behandelnden scholion als ungehörig
abgetrennt werden musz.
£s entsteht die weitere frage, ob der von Dindorf, Kirchhoff ua.
verworfene schlusz echt ist oder nicht, in der von H (P) überliefer-
ten form TauTTiv bi 6i KauXouc [ol KaXouc P] KaXoCciv kann er es
natürlich nicht sein, aber was war leichter als TauTr)V b^ oö Ka-
XuipoGc KaXoCciv daraus wiederherzustellen?'® dies schlieszt sich
vortrefflich an das vorhergehende an, wo gelehrt wird, dasz es zwar
allerdings eine insel Ogylia gebe , dasz dieselbe jedoch von Ogjgia,
dem Wohnsitze der Kalypso, durchaus verschieden sei.
Gröszere Schwierigkeiten bereiten die unmittelbar vorhergehen-
den Worte TÖv V 'QtOXiov T\b' 'Q^vXx] . . . vficov : indessen sie gänz-
lich zu beseitigen, wie Dindorf that, liegt kein stichhaltiger grund
vor. Schneidewins Vorschlag 'Hcioböc 9TICI KaXcTcöai *'ötuXov, ol
bk *QtuXt]V. vficov be touttiv usw. mischt ohne not fremdartiges
in die (Aristarchische) Widerlegung der lesart *ÖyuXitiv ein'*, und
das nemliche gilt von der oben erwähnten conjectur Kirchhoffs, die
überdies schon wegen ihrer groszen gewaltsamkeit sich wenig em-
pfiehlt. Göttling Hes. fr. 148 bemerkt: 'mihi haec ita cohaerere
videntur: Tf|V bl Kaict KprJTiiv 'Hcioböc q)T]Ci K€ic9ai. cetera quid
1' in dem wörterbache des Hesjcbios liest man hinter einander die
Blossen ü)TUTia dpxata xcixn- 'ßT^xil övo^ia xf^c vncou KaXüi|ioOc.
JYwxiou TiaXaioO, dpxaiou. |Li€TdXou iroXO (?). *=^ Marckscheflfel
Hesiodi fr. 84 erwähnt, dasz Lehmann oi iraXaioi st. oi KaXouc schrei-
ben wollte, abgesehen davon dasz diese conjectur sich weiter von der
überliefemn^ entfernt als die meinige, so genügt sie augenscheinlich
auch nicht zur herstellung eines befrieditrenden Zusammenhangs.
^' auch nimt sie dem infinitiy ^vtöc clvat sein yerbum regens, ohne
ein anderes dafür einzusetzen.
16^
244 ALudwich: zu HesiodoB.
valeant, nescio.' es bedarf keiner langem auseinandersetzung, daai
dieser gedanke 'Qt^Xiav hinter Tf)V bi, wegzustreichen ein sehr un-
glücklicher ist, weil in dem ganzen notate — worauf die woiti
btaqp^pouci bk o\ töttoi deutlich genug hinweisen — nicht von einei
differenz zwischen zwei inseln namens Ogjgia geredet wird, sonden
von einer differenz zwischen Ogygia und Ogjlia. darin hat der yer
fasser des scholions unzweifelhaft recht, dasz er für die behaoptün^
Tf)V jLiäv fäp 'Q'fxrfxav £vtöc elvai npöc dcir^pav als gewtthrsmuu
Hesiodos nennt: denn dasz dieser wirklich die insel der E[a]jrp8<
dvTÖc, db. in die Icui 0äXacca'° verlegte, und zwar in den west
liehen (nicht in den südlichen*') teil dieses meeres, bezeugt auch d«
scholiasi zu ApoUcnios Arg. III 311 ^KoXouOiicev 'AttoXXvüvioc tou
Kttlä TÖ TupCllVlKÖV Tl^XaTOC U7rOTl9€|Ll^VOlC Tf|V 'ObUCC^UM
irXdvnv, iLv dpxnTÖc 'Hcioboc KaTuiiaiK^vai Xeruiv KipKiiv iv Tij
7TpO€ipim^V({i iT€XäT€i, und in einer zweiten notiz: TT€p\ Tf|V 'Ito<
Xiav (IiKnc€v f) KipKii, Ö6€v 6poc Kipxaiov dir" auTfic iroXu
q)dp)iaKOv. (pT\c\ bk 'AtioXXuivioc "Hciöbqj diröfievoc dnl tou SpMCi
Toc TOU 'HXiou elc t^iv xaTä Tuppiiviav K€i)i^vr)v vfico^
T^iv KipKiiv dXöciv. ^CTiepiav bk auTfjv elirev, direl irpöi
! buc)iäc K€iTai. dadurch gewinnt nun aber auch die zweite nadi
^ rieht unseres Odysseescholiasten Tf|V bk 'Qr^Xiov KttTOt Kp/|Tip
'Hcioböc q>Tici KeTcOai bedeutend an glaubwürdigkeit, und meinei
Überzeugung nach liegt nichts näher als anzunehmen, dasz die gleicl
darauf folgenden worte töv b* 'QtüXiov i^b' 'QtuXti . . . vficov nicht
als ein verstümmeltes Hesiodos-citat sind, welches ursprünglich viel
leicht so hiesz:
<7röv>T0v b' *QtuXiov" i^b* 'QTuXiT]<v X<ix€> vficov
(es könnte dies beispielshalber von der nordwestecke Kretas od«
einer ehemals dort hausenden bewohnerschaft gesagt gewesen sein)
für diese meine auffassung spricht einerseits die in allen ihren wesent
liehen stücken durchaus nnverfängliche Überlieferung dieses soholiona
anderseits das poetische wort i\be. besonderer gewaltmaszregeln hab<
ich mich nicht bedient: denn abgesehen von den beiden vermntungs
weise von mir ausgefüllten lücken, deren eine im cod. H selber an
gesetzt ist , habe ich nur 'QyuXt] in 'Qr^Xinv geändert und glaub«
auch dazu berechtigt gewesen zu sein , weil nach dem Wortlaut de
scholions angenommen werden musz, dasz die form des nameni
'QruXiriv im codex Antimacheus der Odyssee mit der Heeiodisohei
genau übereinstimmend lautete.
'° die Streitfrage «utnim ^v tQ £cui BaXdccT) Ulixes erraverit Kai
*Ap(cTapxov, an ^v t^ ii\u Kard KpdniTa» (Gellius XIY 6, 3) ist bekannt
8. Lehrs Arist.' s. 243 ff. " Kallimaclios nahm den wohnaitz de
Kalypso nördlich von Malta an auf der kloinen insel Gaudos, die er al*
mit Ofi^yfriA identificierte (s. Strabon VII s. 299). " die verlängeraBj
der endsilbe von 'Qr^Xiov in der cäsurstelle hat nichts anstösiig^es nn
braucht demnach auch nicht durch "OYiiXiaiv beaeiti^ zu werden.
KÖNI08BER0. Arthur Ludwich.
WPökel: bemerkungen zu Aristophanes. 245
36.
BEMERKUNGEN ZU ARISTOPHANES.
!• Ackarner 341
AI. Touc XiOouc vuv MOi x^iiaZIe Trpdrrov £S€pdcaT€.
XO. ouTOi( coi x^MCii» KQi cu KaxdGou ndXiv xö £iq)OC.
AI. dXX' ÖTTUiC |if| *v ToTc Tpißujciv dtKdGiiVTai ttou XiGoi.
XO. dKc^ceicTQt xctjiäC* • oux öpäc ceiöjievov ;
346 dXXd firj )ioi TTpöqpaciv , dXXd KordOou tö ßeXoc
ibc öbe TC C61CTÖC &|uia t^ cxpoqp^ tiTvexai.
diese verse gehören der scene an , in welcher Dikaiopolis mit den
Achamem, welche ihn wegen seines durch Amphitheos Vermittlung
abgeschlossenen Separatfriedens mit drohnngen jeder art und wieder-
holten steinwürfen verfolgen , sich zu versöhnen bemüht ist und sie
auffordert die steine niederzulegen und der in ihren ge wandern ver-
borgenen sich zu entledigen, in dem schluszverse des chors hat nun
das wort cetcxöc den Übersetzern viele mühe gemacht, während die
erklärer darüber sicco pede hinweggegangen sind, in unsem Wörter-
büchern (Passow, Pape na.) wird C€icxöc -TJ -öv (ceiui) ^erschüttert,
geschüttelt' mit der einzigen autorität Ar. Ach. 346 angeführt und
im Thesaurus von Stephanus heiszt es: *qui concuti s. quassari potest
q. d. quassabilis, concussibilis. redditur etiam concussus Ar. Ach. 346.'
auszerdem findet sich noch hier wie bei Passow ö ceicxöc, eine art
von frauenschmuck aus Moschopulos angeführt, was nun die Über-
setzer betrifft, so Übersetzt Frischlin ^ut simul et hlc in stropha sit
de cor', wofür LEüster zdst. 'nam hie (i.e. cborus) simul cum stropha
(s. conversione in alteram partem) sinum (in quo erant lapides) ex-
Gussit' vorschlägt. Brunck: 'nam et ^inus excutitur hie, dum saltans
in alteram partem convertor.' Voss: 'jeglicher ja schüttelt sich im
wirbeltanz noch zugleich.' Donner: 'jeder, sieh, schüttelt sich im
wirbeltanz, mann für mann.' WRibbeck: 'denn du siehst uns im
tanz hier uns schütteln allzumal.' man sieht leicht, dasz der sinn
der stelle von Frischlin mis verstanden , weil er ceicxöc für das Sub-
stantiv halten mochte, von Küster aber nicht verstanden und von
den deutschen Übersetzern nur dunkel geahnt und daher auch in der
Übersetzung möglichst dunkel gelassen ist, Bruncks Übersetzung aber
nur als freie paraphrase gelten kann, denn da der chor spricht, so
kann öhe nicht den chor bezeichnen, wie Küster meinte, sondern
sich nur auf ein zu ergänzendes ö xpißu)V beziehen, wie schon der
schol. V. 344 zu ^KC€C€icxai richtig ö xpißu)V ergänzt, aber ceicxöc
ist doch offenbar nichts anderes als das, wie es scheint, nur hier vor-
kommende verbaladjectiv von ceiuj, und unmöglich kann (ö xpißu)v)
C€icxöc T^Tvexai etwa im sinne von (6 xpißujv) cei€xai gebraucht
werden, somit scheint nichts weiter übrig zu bleiben als eine cor-
ruptel anzunehmen, welche sich indessen mit der änderung 6ines
buchstabens heilen läszt. man schreibe nemlich C€tC)Li6c und ver-
246 WPökel: bemerkungen zu Aristophanes.
gleiche Ekkl. 791 C€IC|liöc el t^voiTO TroXXdKic usw. hier bezeichnet
C€iC)iöc natürlich nur das ausschütteln des Tpißuiv, und der chor will
den ängstlichen Dikaiopolis, der schon wiederholentlich (341. 343)
seine furcht vor etwa verborgen gehaltenen steinen manifestiert hat,
mit der Versicherung beruhigen , dasz ja zugleich mit der tanzwen-
dung (äjLia t^ CTpoq)^) dieses ausschütteln vor sich gehe.
2. Ach. 762
AI. TTOIC fX€T€; M€. bia7T€lVä|Ll€C d€l TTOTTÖ TTÖp.
AI. dXX' f|bu TOI vfi TÖv Ar, i^v auXöc napQ.
an dieser stelle föllt mir der mangel des artikels auf, der in krasis
mit auXöc verschmolzen leicht verschwinden konnte, denn wenn
auch UTT* auXoO (Herod. I 17. Hes. Schild 281) und irpic aöXöv
sich oft genug findet, so ist doch, so weit ich den Sprachgebrauch
beobachtet habe, irpöc töv auXöv verhftltnismäszig weit häufiger als
TTpöc auXöv. so steht zb. bei Xen. Anab. V 9, 5 irpöc auXöv (iipxi'i-
cavTO, aber § 8 und 10 folgt TTpöc töv auXöv und ebenso Sjmp.
3, 1. 6, 3 u. 4. wie es aber ebd. 6, 3 heiszt: örav fäp ö aöXöc
qpO^TTTli^^xi) TTavTäTtaci ciu)ttuj|li€V und der mangel des artikels an
dieser stelle unerträglich wäre^ so ziehe ich auch an der obigen
dichterstelle i^v a u X ö c napx} der gewöhnlichen lesart vor.
3. Ach. 808
AI. TTGÖaTTd id XOxpV; ibc Tpayacaia qpaivexai.
M€. dXX* oÖTi irdcac KaieipaTOV idc Icxdöac.
810 dTuiv tdp auiäv xdvöe iiiiav dveiXö/iiav.
OÖTI, wofür man früher ouxi las, aus Rav. nach Bekkers vergleichnng
aufzunehmen riet zuerst Fritzsche in der Euphrosjne (Rostock 1836J
8. 5 (vgl. denselben zu Thesm. 114 s. 485), und Dindorf, welcher
in den annotationes (Oxford 1837) meinte: 'scribendum oÜTi ei
Bav.% nahm oCil in der ed. Par. auf. in v. 810 verbesserte Elmslej
ifujv Tdp auidv für das gewöhnliche ifib ydp auTUJV. früher ge-
hörte V. 809 dem Dikaiopolis. Bothe gab 1845 (die frühere aQ8-
gabe kann ich nicht einsehen) ihn dem Megarer, und eben dies wollte
BB Hirschig zu We. s. 143, ohne Bothe zu erwähnen, aber trotz dei
autorität des Rav. halte ich oÖTi nicht für die richtige lesart, weil
OÖTl bei Aristophanes sonst nur in der frage form oÖTi (ofi xi) ttou — ;
über welche Fritzsche zu Frö. 526 handelt, und in der formel oCri
Xaipujv, xctiprjCiüv (Ach. 563. We. 186. Frö. 843) vorkommt, wie
auch Fri. 31 6 ouTi kqI vGv fcTiv auTf)v öctic ££aiprjc€Tai Meineke
XaipuJV für koX vOv aufnahm, wo freilich die vulg. verteidigt werden
kann, faszt man nun den umstand ins äuge, dasz ein Megarer den
in rede stehenden vers spricht, und dasz die übrigen hss. ouxi bieten,
so wird es wohl nicht zu kühn erscheinen , wenn ich die lesart de«
Rav. ouTi als einen Schreibfehler fUr ouKi ansehe, aus welcher an-
nähme sich die lesart der übrigen hss. sehr leicht erklären würde, df
die abschreiber dialektische formen sehr gewöhnlich in die ihnen ga-
läufigem attischen verwandelten, nun ist aber ouki keineswegs aal
den lonismus beschränkt, wie unsere gram matiker gewöhnlich meinen,
WPökel: bemerkhngen zu Aristophanes. 247
sondern diese partikel findet sich, wenn auch selten, wie ja zu ihrem
f^ebrauch auch in dem lonismus verhältnismäszig sich nicht häufig
Veranlassung darbot, auch in andern dialekten. so steht sie zb. ohne
-Variante, wenigstens nach meinen hilfsmittelu, bei Theokritos 25, 81
XU 178, Moschos 4, 90, und daher halte ich sie für eine dialektische
nebenform von ouxi) welche vielleicht noch an mancher stelle, ver-
steckt unter nicht genug beachteten Varianten, bei genauerer auf-
merksamkeit sich wiederherstellen lassen möchte. — Beruht meine
yermutung nicht auf falscher basis, so kann ich auch nicht anstand
nehmen dem Megarer Ach. 785 Trql b' oux\ Oucijiöc ^CTi; und ebenso
Ljs. 1171, wo Meineke oun vermutete ; dem AäKU)V oöki für ouxi
zu restituieren, wie Ja auch der skythische bogenschütze in seinem
kauderwelsch Thesm. 1108 ouKi fiif) XaXfici cu, 1190 oukI TiiXfia
(oÜK dinXricei die hss.) irpuiTä )i€; spricht.
4. Ach. 848
oub* dvTuxujv €V xdTopql irpöceici coi ßabi2!u)V
KpaTtvoc au KCKapfn^voc ^oixöv jiiiqi jiiaxaipqi usw.
für aG, was Elmslej vorschlug und Dindorf ed. Par. und poet. scen.
sowie Meineke aufnahmen, haben alle hss. und frühem ausgaben dei,
dessen unhaltbarkeit zu erweisen nicht weiter erforderlich sein wird,
schon Bentley hatte ävaK€Kap|Lidvoc und Beisig dTTOK€Kap)Li^voc,
Bergk' £YK€Kap|Lidvoc vermutet, aber unbedingt besser als alle bis-
herigen verbesserungsvorschläge ist Fritzsches emendation eQ k. in
der Euphrosyne s. 5, und ebenso ist aus JHVoss ^randglossen'
(Leipzig 1838) s. 111 veröfTentlicht, und aus metrischen gründen
ist zum dritten mal eu für dei verbessert in der metrik von Ross-
bach u. Westphal III s. 207 ; aber ein ganzes vierteljahrhundert ist
nach der ersten Veröffentlichung dieser emendation verflossen, bis
sie in den text des dichters verdientermaszen Albert Müller aufnahm,
der sie nur an dem zuletzt erwähnten orte fand, während die priorität
doch Voss und Fritzsche zuzusprechen ist.
um das suum cuique noch anderweitig zu wahren, musz ich
noch eine andere stelle aus den Acharnern in möglichster kürze be-
rühren:
5. Ach. 988
Tab' dirl TÖ beiTrvov Sjua kqi jueTciXa bf\ [t€] qppovei*
Tou ßiou b' dHeßaXe b€iT|Lia [xdbe] xd TTTcpd irpö tujv Gupüjv.
80 steht nach Bruncks zeugnis die stelle in BC und in SGrynaeus
ausgäbe bei Brubach, während statt des ersten wortes tuj b' in A
sich findet, was Brunck die beiden verse hinter v. 976 einfügend
aufnahm, die ältesten ausgaben haben dagegen Tdb', einige auch
Tab'; aus dem lemma der Aldinischen scholien nahm Bergler xd b*
auf. Invernizi fand nun im ßav. Ktti t' ^ttI tö bemvov öd/iia usw:.,
was er in eine wunderliche parenthese (dni — 9p0V€T) einzwängend
aufnahm, inzwischen beruhigten sich die hgg. bei Tujb' und fanden
sich mit dessen erklärung, so gut oder so schlecht sie es vermochten,
nach kräften ab. Boissonade ergänzte TidvTa vor Tipb', nur Elmsley
248 WPökel: bemerk ungen zu Aristopbanes.
bezeichnete mit richtiger divination den an fang des verses als Itoken-
liaft. aber Bekker fand im Rav. Tai T* dm TÖ bemvov 6' fi|yia (da-
gegen Y. 989 ausgelassen), worin man leicht den rest ein«r paaaiyen
verbalform erkennt, zumal der scbol. Ray. diT€iT€i, oreübei erklSri.
der scfalusz des schol. Aid. lautet: AiKaiöiroXic CTTOuödZei ircpl t6
bemvov. Fritzscbe nun conjicierte ao. 8.5 Tijjb' ö vouc dnT^puixai
iiiX usw.; Bergk schrieb (elbec (Li) TÖvb'; dneiTCi (oder oV iiieifei)
irepi TÖ b.; WHoffmann jabrb. 1863 s. 239 dXX' 5V oOv iräc äveixai
T* — ; Meineke vind. Arist. s. 18 <otjTOci b* duTÖri^Tal t' in\ TÖ h. öu
nun bat aber H. van Herwerden 'nova addenda eritica ad fragmenta
com. Graec' (Leiden 1864) s. 33 als lesart des Rav. angegeben
inxiQVJTai t lux tö bciTivov. sollte dies durch AvVelsens coUation
des Rav. bestätigt werden, so liesze sich vermuten ouTod b* dirr^-
pu)Ta( T* diri TÖ beiTTVOV — ; das verdienst aber die ursprüngliebe
lesart zuerst erkannt zu haben würde auch in diesem falle Fritzscbe
gebühren.
6. Ach. 1020 (b qpiXTQTC, CTtovbai Tcip €lci coi m6vi(i,
ji^Tpiicov elprjvTic tI jlioi, kSv it^vt' Itt).
auf welchen begriff das in k£v steckende fiv zu beziehen sei, ist mir
stets unbegreiflich gewesen und von niemand bisher zu erklären ver-
sucht worden, von den stellen des dichters^ welche AMüller zur er-
klärung dieser stelle anführt, ist auch nicht 6ine der in rede stehmi-
den adäquat, es sind: We. 92 f|V b* oöv KaTOfüiuci} köv äxviiv — .
Lys. 671 el fäp ivbuicci Tic f||i«I»v Taicbe kSv c/iiiKpäv Xoßriv — .
Plutos 126 ^äv dvaßX^ipqc cu kSv cjUKpöv xp<^vov. immer geht
hier ein bedingungssatz voran , und nicht anders verhält es sich mit
mehreren andern stellen des Aristophanes, welche ich anführen
würde, wenn sie zur erklärung dieser stelle etwas beitragen könnten,
um nun zu dieser zurückzukehren, so ist Bothes Übersetzung ^saltem'
vOliig beispiellos und mit des scholiasten erklärung ävT\ ToO elc
n^VT€ irr] nicht zu vereinigen, dasz aber gerade dies die richtige
erklärung ist, kann niemand entgehen, und schon längst ist in der
ausgäbe, welche Scaligers namen trägt, Kdc geschrieben, was Elmsley
in Kclc veränderte, schreibt man aber kqc , so wird die ganze Ende-
rung in einer Verwandlung des N in Z bestehen, welche, besonders
am versende, in den hss. häufig genug von der bessernden hand der
hgg. vorzunehmen ist. vgl. unten zu We. 45.
7. Ach. 1064 orcG' d)c noieiTai; toöto tij vujiqpij q)pdcov,
ÖTav cTpaTiiliTac kqtoX^tujci, touti^iI
vuKTUJp dXciqp^TU) TÖ Ti^oc ToO vu|Liq>iou.
so lautet die stelle in ABCPaLTund in den ältesten ausgaben, nur
steht das Fragezeichen nicht vor, sondern nach toöto. Elmslej
aber bemerkte zu dieser stelle: ^suspicor poetam oIcG' ibc iroieicOu)
toCto scripsisse, quam formam et cognatam oIcO' ö bpacov parum
intellexere librarii.' Bekker dagegen nahm aus dem Rav. oIcO* die
TTOieiTe auf, und ihm folgten auszer Dindorf, welcher dieselbe lesart
in J fand, noch Bergk, Heineke (welcher v. 1064 unter den text ver-
WPökel: bemerknngen sn Ariitophines. 349
bannte), AMtÜler und Bibbeek. aber aehon vor mlbat langer seit 'hat
Beisig comm. crit. in Soph. OC. s. 189 oIc6* die noidkw toOto tQ
lVli^(pQ <ppdcov vermutet, und hierauf lenkte Sohömann« 4er au£die-
aelbe c(»gectiir gekommen war, im index aehoL Giypli. 1868 8. 15
(*» opnac lY 8. 187) ,mit recht wieder die anfinerkaajonkeii ^offan-
fbar entfernt sich Elmelejs Vorschlag am weitesten. von.der hsL über-
lieforong, und daher ist ancfa kein dentsoher hg. » so viel ieh weisz,
ihm gefolgt, weniger bedenklich ist wenigstens ans palttographiachen
.grOnden der Vorschlag Reisigs und Sehömanns, und in der obigen
anfl&hning der stelle habe ich das fragezeichen nach Beisigs verbesse-
raqg vor toGto gesetst. aber su der wenn auch an sich unbedenk-
lichen Verwandlung des hsL troiciTai in iroieiTUi werden wir doch
erst zu schreiten haben, wenn die vulgate si<di durchaus nicht ver-
teidigan Iftszt, wovon ich mich noch nicht habe Überzeugen können,
denn wamm kann Dikaiopolis nicht oTcG' die TroieiTm; Veiszt du
wie es gemacht wird?' fiägen, wenn er im folgwden gerade die
gevmere anweisung dartlb^ noch hinzufElgt: ^das sage der braut,
.sie soll, wenn — '? dasz aber die lesart des Bav. und //iroi€iT€
nicht zu halten ist, haben Meineke vind. . Aristoph. s. 19. und 8chö-
mann ao. Überzeugend nachgewiesen; dagegen sagt Cobet Mnem.
XI (1862) 440: «TTOieicOui pro vulgata iroietroi soloecum est, sed
irouiTC sanissimum, quamqnam neminem vidi, qui in ea dictione
pmesens imperativi posuerit pro aoristo.» nach meiner ansieht ist
aber iroi€iT£ nichts weiter als ein sdireibfehler des absdireibers
für TTOieiTai, wie er in vielen hss. überaus häufig und auch in dem
vortrefflichen Bav. an sehr vielen stellen von mir beobachtet ist.
mit recht verteidigt auch Schömann gegen Heineke die werte touto
x^ vi})iq)i) q>päcov . . äX€t9^TU) als nicht ungriechisch, da ja oSm-
bar die spräche des gewöhnlichen lebens in dem dialog der komödie
nisht an die strenge der syntaktischen Verknüpfung der sfttze ge-
bunden ist, und gerade durch die Verbindung des toOto Tf} vu^q^Q
q>pdcov als ankündigung der folgenden genauem anweisung ver-
liert wenigstens nach meinem gefUhl die stelle ein gut teil der härte,
welche in den worten t^ vi)|Liq)q 9päcov . . dX€i9^TUi sich merklich
f&hlbar macht.
8. Bitter 30 KpdTicra xoivuv töv napövxuiv ici\ vijiv ,
Oeuiv lövT€ npoc7T€C€iv Tou npöc ßp^rac.
für TOU; welches nach Bekker und Velsen der Bav. bietet, während
Invemizi in ihm nou zu sehen glaubte, findet sich troi in A VrTal.
Med. (Ambros.) und bei Suidas u. ßp^TQC sowie in den ältesten aus-
gaben, wovon TTOi in ^ O nicht sehr abweicht ob man nun tou oder
7101 schreiben soll , kann bei der groszen ähnlichkeit beider Wörter
und ihrer häufigen Verwechselung in den hss. weit weniger von den
regeln der diplomatischen kritik als von denen der henneneutik ab-
hängen, so spricht namentlich für tou, von der autorität des Bav. ganz
abgesehen, seine sehr gewählte Stellung, ähnlich wie Aiscb. Prom.21
!v* ofiT€ q)ujvf)v o(iT£ TOU ^opq>f|v ßpOTuiv öi|i€i, oder Eur. Hek. 370
250 WPökel: bemerkungen zu Aristophanes.
oÖT* iXiriöoc fäp oöt€ tou böEnc öpw Odpcoc — , und doch wird
niemand tou für unumgänglich notwendig erklären, da 6€(£iv . .
TTpöc ßp^Tac einen vollständig abgeschlossenen sinn enthält für
TTOi dagegen möchte ich anführen Ar. Piatos 447 €l TÖv 6€ÖV fpnMOV
dTToXiTTÖvie TTOi qp€uSou|Li€6a und Pro. 565 vui bk beicdca t^ ttoi
tn\ Tf|v KttTriXiqp* €Ö9üc öv€Trnbrica|Li€V, wo ttui die valgata ist, irou
aber im Yen. steht (itujc Dobree II 170), jedoch ttoi fast gebiete-
risch Von dem sinn der stelle gefordert wird, unter diesen umstän-
den kann ich an der besprochenen stelle der Ritter tou nicht für die
unbestritten richtige lesart erklären und iroi, das ja auch hsl. ge-
währ hat , nicht so ohne weiteres bei Seite werfen , wie die hgg. ge-
than, sondern inixKü,
Auch an dem folgenden, viel behandelten verse der Bitter kann
ich nicht vorübergehen, ohne einen allerdings kühnen heilversuch zu
wagen :
Ri. 32 noTov ßp^Tac; dreöv i\X€\ fäp Geoüc;
so steht in der Juntina I (ohne fragezeichen) und später bei Invemizi,
während die Aldina und die ihr folgenden ausgaben ßper^Trac oder
ßp€TT^Tac bieten, welches letztere in VjT steht. Brunck nahm aus
B, mit welchem J übereinstimmt, ßp^iac; ttoiov ßp^Tac; auf, ohne
zu merken dasz der abschreiber in der versnot das schluszwort des
vorhergebenden verses wiederholt hatte, die verbesserungs vorschlage
der neuern gelehrten sind folgende. Porson : ßp^Tac; tö ttoTov ^tcöv;
Reisig: ttoTov ßp^rac 6€iliv; Dobree: tt. ßp. i) 'läv ereöv; Dindorf:
TToTov ßp^TQC TTpöc; Hanow : tt. ßp. ; cü b* dieöv f|. Tcip ö. ; ThKock:
TT. ßp. qp^c; oder tt. ßp. cü t'; Meineke: tt. ßp.; qp^p' dieöv — ;
WRibbeck: TT. ßp. ib [xi\'; Anz: iyx^x cü yotp dieöv 9.; Holden: tt.
ßp.; TIC dicöv fiT€iTai Oeoüc; OSchneider: fr* dieöv f)T€i cü 6€0Üc;
am Schlüsse des verses hat i\yi\ V, die übrigen hss. f|Y^ , Rav. aber
i\V\ (fiTtl nach Velsen) cü Oeoüc; es fehlt also yoip vor Oeoüc, und
an dessen stelle steht cü. dieses cu halte ich für die schluszsilbo des
verbums nnd schreibe mit Umstellung des notwendigen T<^p: TTOlOV
ßp^TQc; dieöv Toip ^Ticai Oeoüc; da gerade das perfectum f^TflcOai
so häußg in der bedeutung ^glauben, an etwas glauben' vorkommt:
vgl. Krüger dial. § 53, 3, 2.
9. Ri. 258
i\ biKij y', dTTel TQ Koivd TTpiv Xaxeiv KttiecOieic,
KÄTTOCUKäZieiC TTIÄUJV TOÜC ÜTTeuOÜVOUC CKOTTOIV,
260 6CTIC aÜTl&V djjiÖC dcTlV f\ TT^TTUiV t\ ixi\ TT^TTUIV,
K&y Tiv* aÜTÜJV Tvqjc ÖTTpaTMOV* övia kqI Kexnvöia,
KaraTaTUfV Ik Xeppovrjcou biaXaßujv dTKup(cac
eil* dTTOCTp^ipac töv lö^ov aüiöv £veKoXr|ßacac •
Ka\ CKOTTeiC TC TÜüV TTOXiTÜüV ÖCTIC dCTlV dflVOKUIV,
266 ttXoücioc Kai jLif) TTovnpöc Ka\ Tp^^ujv rd TrpdTMOiTa.
in diesem Sündenregister, welches der chor dem Kleon vorhält, haben
die hgg. und erklärer zwar schon längst an aÜTÜjV in v. 261 beson-
ders wegen des in v. 260 voraufgehenden aÜTU)V anstosz genommen,
WPökel: bemerkungen zu ÄristophaneB. 251
aber noch keine irgend wie wahrscheinliche und überzeugende Ver-
besserung zu tage gefördert. Brunck suchte durch ein radicalmittel
der stelle aufzuhelfen, indem er y. 264. 265 schon nach v. 260 ein-
fügte, wodurch denn aÖTUüv in v. 261 auf das in v. 264 enthaltene
troXiTUUV seine beziehung erhielt, und in dieser Umstellung haben
Bothe und Velsen sich ihm angeschlossen, allein Umstellungen von
Versen lassen sich nur dann unbedenklich vornehmen, wenn ent*
weder in der hsl. Überlieferung der grund der Versetzung den ab-
schreiben! nachgewiesen werden kann, oder wenn in der aufein-
anderfolge der verse oder wortreihen die hss. unter einander diffe-
rieren, niemals aber wenn durch die Umsetzung eine andere Uneben-
heit hervorgebracht wird, wie sie hier durch Bruncks anordnung der
verse veranlaszt ist. denn wenn Brunck schreibt
KdlT0CUKd2l€lC TlliliXiV TOi)C Ö7T€U6UV0UC, CKOTTUJV,
ÖCTIC aUTUJV ÜÜ|l6c dCTlV, f| TT^TTUiV, f\ ixi\ TT^TTUJV,
Kai CKO Trete t€, täv ttoXitujv öctic dcTiv djivoKU&v,
so ist die Wiederholung von ckottuuv und CKOTtetc, die nur durch
6inen trimeter von einander getrennt sind, geradezu hart zu nennen,
bei der gewöhnlichen reihenfolge der verse aber hat ThEock für das
^matte und kraftlose CKOireic, das aus v. 259 entstanden sei', ir^xeic
conjiciert, gegen welche Vermutung Enger und Meineke begründeten
einspruch erhoben, in der zweiten aufläge aber Supeic ebenso un-
wahrscheinlich vermutet, während Meineke vind. Ar. s. 34 CTTObeTc
vorschlug, jenes auTUiv in v. 261 ist indessen nicht blosz wegen
der Wiederholung desselben Wortes in zu rascher aufeinanderfolge,
sondern auch noch weit mehr deshalb anstöszig, weil auTuiv nach
dem Zusammenhang der stelle nur auf tjTreuOuvouc v. 259 bezogen
werden kann , diese aber vor ihrer rechenschaftsablegung bekannt-
lich gar nicht Athen verlassen , also auch nicht von Kleon aus der
Chersonesos herbeigeholt werden konnten.
ThEock vermutete nun, weil der Bav. dvTa v. 261 ausläszt
(das ist aber auch Ach. 216 und mit djv Frö. 363 der fall) kSv tiv'
aO TVi^c TUJV H^vuiv dirpdTliOV* dvQKexilvÖTa, indem er meint, dasz
'unter den von Eleon mishandelten otc ^XuißäO*, o\ H\o\ (1408)
kaum fehlen dürften', und sich auf die worte des scholiasten d)c
KaTatcttövTOc aöioO touc cujbijiidxouc eic *A6i^vac beruft, wo aber
offenbar nicht Athener, welche sich in der Chersonesos aufhalten,
sondern die bewohner der Chersonesos selbst gemeint sind, gegen
diesen Vorschlag erklärte sich schon Enger jahrb. 1854 bd. 69 s.360
und Berliner zs. f. d. gw. 1854 s. 404 ; aber es darf auch nicht un-
erwähnt bleiben, dasz dvQKCXilvÖTa keineswegs <» Kcxiivöra sein
kann, da dvaxdcKUi nur im präsens vorkommt und dvaK^x^lva gar
nicht gebräuchlich ist, während K^x^vot mit einigen seiner modal-
formen und seinem plusquamperfect den Athenern so geläufige for-
men waren, dasz Aristophanes die Athener Kcxiivörac nennen konnte,
was Voss bekanntlich treffend in 'Oaffener' verdeutscht.
252 WPökel: bemerkungen zu Aristopbanes.
Ungleich leichter hat Teufel zs. f. d. aw. 1854 8. 267 xfiv nv'
ävöpa Yorgeechlagen ; aber noch näher an die hss. glaube ich mich
zu halten, wenn ich mit ganz geringer Ibiderung kSv tiv' dcTÖv —
vermute, die formen von auTÖc und dcTÖc werden sehr häufig ver-
wechselt, wie zb. Thesm. 541, wo Junt. aurai für dcrai hat, und
Ekkl. 720, wo Elmslej dcrai für aurai geschrieben hat, ich aber, da
alle andern begrifife in diesem und dem folgenden verse den artikel
haben, dcrai zu schreiben vorziehe, wie auch Lenting schon vor-
geschlagen hat. auch £kkl. 810 ist dcTOiciv für auTOiciv zu schrei-
ben, wie schon Bergk vermutet hat; vgl. Cobet VL. s. 283. 370.
Meineke vind. Ar. s. 189. — Dasz aber v. 264 noch tijüv ttoXitüjv
folgt, kann meinem vorschlage nicht hinderlich sein, da ja ein solcher
Wechsel in den ausdrücken nicht weiter befremden kann.
10. Bi. 418 d£r|7idTUJV xdp xoüc ^ateipouc X^t^JV Toiauxi.
so findet sich dieser vers in den hss. ; aber schon in Junt. I , viel-
leicht auch in der Aldina, welche ich nicht einsehen kann, ist die
lücke vor X^TUJV durch iniX^TUJV ausgefüllt, wie von zweiter band
in A corrigiert ist. Brunck hat aus den Pariser hss. nichts ange-
führt, so dasz man annehmen kann, dasz in ihnen entweder im-
X^T^v steht oder, was wahrscheinlicher ist, dasz Brunck die stelle
nicht genau verglichen hat. erst in neuerer zeit nahm Bothe an
^TTiX^TUiv anstosz und schrieb dnoX^TUiv. ThEock vermutet fjpi
X^TUJV; Enger ttot^ X^tu)V, WRibbeck ti\ X^TU'V und Bergk* )iaT€t-
picKOUc , was Meineke aufnahm, aber eine weit leichtere Verbesse-
rung, welche auch mir schon seit langer zeit sehr wahrscheinlich
gewesen ist, hat längst Bemhardj zum Suidas u. v^a X^^^^v
n 947 vorgeschlagen, nemlich dv vor X^yuiv einzuschieben, vgl.
Wo. 54 dYui V fiv aurQ OoljLidTiov beiKvuc Tobl Ttp69aciv fqKxcKOV.
Fri. 213 Kcl \k\\ AaKuiviKol unepßdXoivTO jiiKpöv, fXcTOv fiv rabi,
welche letztere stelle unstreitig der eben behandelten sehr ähnlich
ist; vgl. noch Fri. 217 dX^T€T' fiv €u6uc. auch Cobet hat denselben
Vorschlag gemacht und Meineke in der adn. crit. denselben gebilligt;
um aber das recht der priorität Deutschland zu sichern , konnte die
stelle hier nicht unerwähnt bleiben, ich bemerke noch, dasz der
Bav. dv an mehr als einem dutzend stellen ausläszt. nachträglich
sehe ich , dasz Velsen dv aufgenommen hat.
11. Ri. 742 6x1 TÖv cxpaTTiTÖv uTiobpaiiidiv töv ^k TTuXoü
nXeucac dKcice toüc AdKUJvac fixoTOV.
dies ist die lesart der ältesten ausgaben, nur dasz diese ÜTTCKbpojuiuiv
haben, was alle hss. auszer BRV bieten; auch der scholiast hat
schon tjirobpajLiidv im lemma. Bentlej nun sagte : Mege urroöpa^div
Touc £k TT. vide Nub. 186. £q. 1198 (1201).' diese emendation ist
unbeachtet geblieben; erst 1869 nahm sie Dindorf poetae scen. auf,
zeigte aber durch die hinzugefügte erklärung des schoL KarabpaiiUiV
Touc £v TTuXcp CTpaTTiTOUC und die beibehaltnng der seit Invemizi
aufgenommenen lesart tuiv CTpaTT]TU)V Toiv, dasz ihm die richtige
auffassung der stelle noch fem lag. es haben nemlich ACRV tvüv
3toa|«$ iMiiiifct ^«icoMiw ^ ^^^^ ^^Mll^
nf«s-iawr. Ä« \ä( mute «r^^ia t« v^YTS^VM >MS:4^
_ _. -^ — - I -^ ^^ ^^i»^^ ^^»O^^^ «^ ^^^^^ I^^^^M k^MliA k^^^B
Ja. . _1 VcHEMBK ^■■K ^1^(^M «■■I ^^W^W V^fVf^W v^Nf^ TWni
^ ir ClMM<f Ä^ ^Hf^WWN^^^^M^ wWW
i>:^ ic^^a >^ BiK^W t^w^v ^i^lMiiMMl #^it sWm
diBKk Skkmc XM^ fi Oi^n^ ^fmlUv*^ xiM^^lv \Wi
aber f3r dtf TO^tlndBis tob i^llv>^i^WV |r^>iri«^1MM w\v ^ix'^tii AH%
ihr. da£2 die gvtroobMl«ii l«i|BP»xi im lüW'Hiim A^f At4^ AH^ftV^>>|t^
und so aufbemlirt wurden, wie noch heiiliiiilM|l¥ («^ OH^^K^^AM^ ^
sdiieht , ist bekannt genng und auft den Y\xn IW^v^ ^^^ |tfiH^mw«'\hm
stellen zu ersehen ; aber wekhe niher^ iHMiitf^hunir ^mw^l¥¥ <iM\^ »^
gründe liegt, werden wir vielleicht nie erfWhr^n. |^b*H^U» nbw mM«*
doch wenigstens ein yerhum geaueht w<>r^l#n« w^WUvmi \H}\ \^\'\ft^U
anbindens enthält. Kock denkt Ml iMppoxiCuiV i m^W\m Nl«||i«V Ml
254 WPökel: bemerkungen zu AristophaneB.
nicht wahrscheinlich erklärte ; Ribbeck vermutete d)LiTraxU[uiv , wel-
ches verbum aber in der classischen grficitftt nicht gebräuchlich ist.
weit näher möchte es liegen cu^iTobi2Iuivzu schreiben, wenn man
vergleicht Frö. 1512 cTi£ac aÖTOUC Kai cu/iiTTobicac . . Kard tt)c
TaX€U)C dTroiT^|Li\|iuj. über die Verwechselung von cOv nnd dv han-
delt Cobet VL. 8. 109.
13. Bi. 843
ouK lÜTaOol TauT* icxl ttw touttj jiia xöv TToceibol.
für TTUJ , welches mit der voraufgehenden negation einen ganz be-
friedigenden sinn ergibt^ bietet Rav. iroi und ebenso auch ^Med.
(Ambr.)Pal. , sowie aus ttuj corrigiert 1^6, welche Variante, so viel
ich weisz, bis jetzt ganz unbeachtet geblieben ist. und doch scheint
mir in ihr die spur der ursprünglichen lesart, nemlich Tut zu stecken,
lesen wir nun oök (ÜTadol tqGt* dcTi toi rauTi}, so gewinnt der vers
im munde des Kleon einen für seine Charakterzeichnung weit ange*
messenern grad von zuversichtlichkeit: vgl.Herod. VII 209,3 f\\ )if|
TauTd TOI TQUTi) dxß^ T^ ifiX) X^T^J, WO die erklärer die ähnliche
sprichwörtliche Wendung der Römer negtmquam istt^c istac ibü (Ennius
bei Cicero de not, d. III 65) angeführt haben, über welche Valckenaer
zum Hippoljtos 31 handelt.
14. Ri. 987 (päd Tdp auTÖv o\
Tiaib€c 0*! £uv€qpoiTuiv
Tf|v buipiCTi fiövriv <fiv> dp-
990 |iÖTT€c6ai Ga/Lid Tf|v XOpav ,
dXXnv V OUK dOdXeiv ^aOciv.
die Partikel dv fehlt in allen hss. sowie in der anführung der stelle
bei Suidas und Zonaras, ist aber schon in den ältesten ausgaben als
das gewöhnliche heftpflaster fUr offene wunden hinzugefügt, dasz
dv hier nicht passt, da bei directer rede es nicht stehen könnte, fühlt
jeder der die stelle mit aufmerksamkeit liest. Dindorf schrieb in der
ed. Oxon. 1835 dvapjiiÖTTecOai (später nicht mehr), und Kock folgte
ihm. aber ebenso leicht, wenn nicht leichter ist es offenbar fiiv
dp)LiÖTT€c6ai zu schreiben , zumal dXXriv V ouk iO^Xeiv fiaOeiv folgt
und das zeichen für ^^v in den hss. nach voraufgehendem )i6vr)V
leicht ausfallen konnte, dieselbe Vermutung hat aber schon längst
Bemhardj zu Suidas u. öuipiCTi I 1451 gemacht und Ribbeck und
Yelsen aufgenommen.
15. Ri. 1036 (ü TQv dKOucov, eha bidKpivov t6t€.
Meinoke sagt mit vollem rechte vind. Ar. s. 64: 'praeter solitum
illud TÖT€ subiectum est particulae elTa, nee dubium mihi quin
corrupt«la lateat. incerta vero loci medela est; fortasse tamen non
displicebit . . elTQ ötdKpivov TÖb€, ut TÖbe ab dKOucov suspensum
Sit. alius generis est üia ^€Td TauTa.' schon 1860 in der adn. crit.
hatte Meineke bemerkt : «töt€ suspectum» ; vor ihm hatte kein hg.
an töt€ anstosz genommen; erst in der zweiten ausgäbe bemerkt
TbKock cclTa — t6t€ , sonst wohl nicht nachzuweisen», und doch
hat schon vor fünfzig jähren Abraham Voss in den ^randglossen und
WPökel: bemerkungen zu Aristophanes. 2Ö5
anmerkungen zu Griechen und Römern von JHVoss' (Leipzig 1838)
8. 106 veröffentlicht: '1036 bidiKpivov TÖbe/ will aber Meineke die
abhängigkeit des tobe von Skoucov urgieren, so wird dies wenig-
stens für den leser durch ein komma nach bidKpivov anzudeuten und
zu schreiben sein äKOUCOV, elra bidKpivov, TÖbe. da aber die ab-
hängigkeit des tobe von äKOUCOV meinem geftthle nach etwas hart
ist und bidKpivov ganz passend ein object verträgt, das ja bei
Skoucov sich von selbst ergänzt, so möchte ich fast diese beziehung
vorziehen, in diesem falle aber, um den ausgang des verses rhythmi-
scher zu machen ; TObi schreiben und selbst eine gröszere änderung
wie etwa tö iräv nicht verschmähen. Velsen vermutete h* äKOUCOV
. . TÖbe.
16. Ri. 1248 oi/ioi TT^TTpaKTtti Toö Geoö tö G^ccpaxov.
in diesem verse, welchen ANauck im Philol. VI 402 für die parodie
eines tragikers hält, haben neuere gelehrte an TT^npaKTai mit recht
anstosz genommen. Kock bemerkt zdst. cTT^TTpaKtai] ist in erfül-
lung gegangen, etwa K^KpavTai?» und Meineke fügt der erwäh-
nung dieser conjectur hinzu «an iT€iT^pavTai?» es wird nicht nötig
sein die Verderbnis von TT^TipaKTai nachzuweisen, seit langer zeit
habe ich vergeblich nach einer nur einigermaszen entsprechenden
stelle gesucht und mich nicht überzeugen können, dasz Trpärrecdai
von der erfüllung eines götterspruchs gesagt werden könne, so weit
ausgedehnt auch der sonstige gebrauch gerade dieses verbums ist.
aber ebenso fest, wie ich von der Verderbnis der stelle überzeugt bin,
ebenso einfach glaube ich sie auch heilen zu können; es bedarf nur
der geringen Veränderung des TT^irpaKTai in TTCTTpoiTai. die Ver-
wechselung dieser und der von ihnen abgeleiteten formen ist ein
sollemnis error librariorum: vgl. nur die Varianten von Eur. Med.
1062 (1032 Elmsley) und Aisch. Eum. 125.
17. Wolken 520
OÖTUJ viKr)cai/ii t' ^toj kqI vo^iZoiiiiiv coqpöc ,
ujc ujuiäc fiToujuievoc elvai 0eaTdc beEiouc
Ktti lauTTiv coqpiüTaT' ^x^iy tcüv e/iiuv KUüjuiiubiüüV
irpdjTouc TiEiujc* dvateOc' iijuidc , i^ irap^cxe ^oi
?PTOV TiXeTcTOV * eli' dvexiwpo'uv vre' dvbpdiv qpopTiKÜüV
525 flTTTlGeic OUK dElOC UJV •
an dieser vielbesprochenen stelle hat GHermann in der vorrede zu
seiner zweiten ausgäbe s. XXX die unhaltbarkeit von irptbiouc hin-
länglich erwiesen , aber die bisherigen heilversuche haben noch zu
keinem befriedigenden resultate geführt. Hermann nahm TTpaJTUUC
aus Cant. 2 auf, ohne nachfolger zu finden. Welckers Vermutung
npuüTTiv nahmen Kock und Meineke auf. Kock erklärte: 'wie ich
. . auch umgearbeitet sie euch wieder darbieten zu müssen glaubte.'
hat Aristophanes so geschrieben, so liegt in dieser fassung der werte
dieselbe captatio benevolentiae , welche Hermann als in irpiüTOUC
enthalten schon abgewiesen hatte, denn mag man den begriff des
zuerstaufdie Zuschauer oder auf das stück beziehen, immer bleibt
256 WPökel: bemerkuDgen zu Aristophanes.
es schwer zu sagen, welchem andern publicum ein athenischer dichter
frtther als dem athenischen sein stück hätte vorführen können , so
dasz er durch eine erste aufführung in Athen einen besondem be-
weis seines Vertrauens auf das urteil und den geschmack seiner mii-
bürger an den tag legen und somit eine gewisse Zuversicht auf eine
freundliche aufnähme seiner komödie aussprechen konnte, auch er-
sieht man nicht aus Rocks erklärung, wie der dichter durch eine
'allen andern versuchen mit neuen komödien' voraufgehende Wieder-
holung der überarbeiteten Wolken sich auf eine günstige Stimmung
des publicums rechnung machen konnte, da es jedenfalls vorteil-
hafter gewesen wftre, durch den mit neuen komödien errungenen
siegesruhm die erlittene niederlage vergessen zu machen und dann
erst das Übel behandelte erzeugnis seiner muse dem alsdann günsti-
ger für ihn gestimmten publicum darzubieten, allen diesen Schwie-
rigkeiten glaube ich leichter zu entgehen, wenn ich besonders durch
elTa V. 524 veranlaszt die voraufgehenden worte und namentlich
V. 523 auf die erste aufführung beziehe und 7rpd)iiv schreibe,
dann ergibt sich als sinn: 'im vertrauen auf euer gesundes urteil
und die vortrefiflichkeit meines Stückes wagte ich jüngst es euch
darzubringen ; da jedoch muste ich — unverdientermaszen weichen«'
dasz in dvaTeüeiv der begriff des 'wiederum' nicht notwendig
enthalten sei (vgl. Hermann ao. s. XXXII) , zeigen die erklftrungen
des scholiasten zu 523: ävtl ToO bibd£ai TÖ bpäfia* die ^Tri ßpui-
fidTUJV bk \ife\ und femer beiSai ö^Tv raÜTiiv sowie die analogien
von ävaTpAcpu), dvarr^Wu), dvatopeüw, dvabciicvucGai , dvabi-
bdcKw, dvaKttivoOcGai, dva^expeiv (Wo. 152. 203), dvaßißpiIiCKUJ,
dvaniveiv und unseres ^auftischen', vgl. Bi. 153 toC 6€o0 töv
XPnc^öv dvab(ba£ov auröv ibc ix^x. 202 ttOüc oöv itpdc iixt raOr*
icTiv; dvabCbacK^ m^. 1045 Sv b* ouk dvabibdcKCi c€ täv XoTiuiV
tn6jy — . We. 514 dvabiboEeiv oiOMai c' ibc Trdvra xaOG* dfiop-
xdveic. PL 563 irepl cuiqppocuviic fjbTi xoivuv irepavui Kdvabibdiw
ÖTi KOC^iÖTTic oIkcT füieT' djLioO. Vgl. noch Krüger zu Thuk. I 32, 1 ua.
Auch durch paläograpbische gründe Iftszt sich meine Vermutung
stützen*, da iTpiiuiiv mit seinem i subscriptum leicht in TrpufTiiv über-
gehen (vgl. Meineke vind. Ar. s. 185) und dies in irpdiTOiK verwan-
delt werden konnte.
18. Wo. 681 ?Ti hf\ Te TTcpl tujv övo|üidTUJV füiaOciv C€ bei,
Sit* dppev' ^ctiv, Sixa b* aürdiv GiiX^a.
so lautete früher die vulgata, welche noch Reisig coni. s. 230 an-
führt, die hss. haben aber in bf| irepl Tu^v ö. (BV nach Hermann),
iix T€ TTcpl Toiv (nach Bekker), ?t* in Trepi tüjv, ft' hx T€ Ticpl
TdiV , ijX bi\ TTCpi T€ TÜJV , ixx hi\ T€ TTCpl T(IlV , IXX brj f€ ItCpi T€
TUJV. GHermann schrieb 1830 lix bi\ bk ircpl tuiv (cIt* (tx T€
* schon Hücheler hat Jahrb. 1861 s. 6d0 f., wie ich nachträglich
sohe, diese stelle auf die erste aufführung bezogen und irp<£iTOv su
schreiben vorgeschlagen, worin ein zeitlicher hinweis auf die erste auf-
fährung liegt.
WPökel: bemerkungen zu Aristophanes. 257
1799), Bergk und Kock (aus eigner yermutung) dXX' Irx fe it.,
Meineke in bi "xe it., dies für den sinn ganz befriedigend, abiir die
entstehung der Varianten nicht hinreichend eridfirend. donn offen-
bar ist hier br) wie so oft in den hss. als lückenbüszer eingeschoben,
nachdem zu anfang des verses eine silbe verloren gegangen war.
die lesart It^ Iti ye it. in M sowie in AB (Bar. und Harl.) bei Person
führt auf gv fxi TC Ti^A TUiv — . vgl. We. 818 6v iix ttoGu».
Ekkl. 665 tv in lr]TVJ. ßi. 140 ttöGcv oöv fiv in t^voito ttiwXtic
elc ^övoc; Frö. 1436 dXX' in ^lav tvu>|liiiv dKÄtcpoc ctirorov.
PL 413 äXX' fivuxe TrpdTTUJV iv Te ti. Thuk. Vn 14, 2 el bi npoc-
Tcvricerai Sv ^ti toTc iToXefiioic. über die so häufige verwechselang
des EN uud ET vgl. Dobree zu Plutos 980, welcher durch die er-
wähnte lesart des Bar. und Harl. zu der Vermutung iff iv n veran-
laszt ward , welche von Dindorf aufgenommen ward.
19« Wespen 44
cIt* 'AXKißidbric cIttc npöc fie rpauXicac *
öXqic; 6^u)Xoc Tf)v K€(paXf)v köXqkoc ^x^i.
diese verse führt Plutarch im leben des Alkibiados c. 1 an mit einer
bemerkenswerten, aber bisher von den hgg. nicht beachteten Variante,
welche die aufnähme in den text hoffentlich ohne Widerrede verdient,
bei Plutarch lautet nemlich der zweite vers: öXdc 6^ujXov; TJ^V
K6q)aXf)v KÖXaKOC Ix^i.
20. We. 484
äp* Sv i5 TTpöc Toiv Geujv uficic dTToXXaxOeiT^ fiou;
hier ist nach der Überlieferung der alten grammatiker und lexiko-
graphen (Hesychios, Et. Gud. udw., Et. M. 79, 12, Thomas Magister
8. 408 [Bitschi], ApoUonios de adv. s. 536, lo. Alex. 32, 4. vgl.
Buttmann uusf. spr. II 379 anm. 10 und Göttling accentlehre s. 362)
w TTpöc TUIV GeÜJV mit Bothe zu schreiben, wie in derselben Verbin-
dung Lys. 857 schon Brunck geschrieben hat, dem Bekker und die
neuern bgg. gefolgt sind. Lys. 836 hat Brunck in der anmerkung
wenigstens tu vf| Ai' dcTi bf]Ta als lesart seines codex angegeben,
aber Plutos 458 und 1176 hat nur Bothe w TTpöc tujv 0€ujv, die
neuern hgg. haben wieder lü. femer ist zu schreiben Ach. 334 fir]-
bttfitüc tu (lö vulgo) fiTibafiüüc. Wo. 1378 u) (iS vor Dindorf) xi c*
eXnvj; Vö. 274 oötoc u) (lö vor Bothe) c^ toi. Ekkl. 970 & (c5
vor Dindorf) uceTCUoi. Ekkl. 160 u) (iS vor Brunck) vf) TÖv 'AttöXXuj.
Thesm. 1019 ui (ui vor Bothe) TTpöc aiboOc C€ Tdv ^v fivTpoic, wel-
chen vers Seidler verbesserte, auch u) KÖaH ist Frö. 223, U) TiiveXXa
KaXXiviKOC Ach. 1231, lü qpeö Vö. 1724 und tiberall wo es sich
findet tu 6ia zu schreiben.
Aber ebenso ist auch bei den imperativen uü X^^P^; ^ X^^P^'^^i
tu TTaie usw. zu schreiben , auch wo tu dem imperativ nachgestellt
ist, wie Lys. 350 ^acov UJ, was an dieser stelle Bothe aufgenom-
men hat.
21. We. 1440 o\JT{jj bk Kttl cö TTapdtpex' €lc tci TTiTTdXou.
vergleicht man diese stelle mit den andern beiden, in welchen dieses
Jahrbücher rür class. philol. 1888 hft. 4. 17
258 WPökel: bemerkungen za Aristophanes.
arztes bei Aristopbanes erwähnong geschieht, nemlich Ach. 1032
oÖK ?CTiv, dXXä KXäe irpöc touc (toO R) TTiTiäXou und 1222 GupaZ^
\i* ^Eev^TKOT' ^c ToO TTiTTdXou, so wird man wohl keinen anstand
nehmen auch hier zu schreiben Trapdtpex* elc ToC TTiTrdXou. schon
Florens Christianus, Scaliger und Bentlej wollten an unserer stelle
so schreiben, und Ach. 1032 sieht toC im Bav. und F. vgl. Lobeck
zu Pbryn. s. 100. noch ist zu erwähnen, dasz Elmsley zu Ach. 1222
sagt: cerunt qui malint utroque loco (Ach. 1222. Vesp. 1432) d)C
Touc TTirrdXou» und dasz Schömann ao. s. 15 unter yerweisung aof
seinen commentar zu Isaios s. 363 u. 244 sich für die Schreibung
Ttpöc TOUC TTiTTdXou entscheidet.
22. We. 1504 =A. dXX* ibZupi
1605 giepoc xpaTqiööc KapKiviTTic ^pxerai,
dbeXqpöc auTOu. <t>l. vf) Ai' dii|iu)viiK' öpa.
HA. fxd TÖv Ai' oubev t* dXXo nX/jv fe xopKivouc •
TTpoc^pxexai top ?T€poc aö t&v KapKivou.
in y. 1507 nahm Brunck an dem doppelten fe anstosz und strich,
wie ich glaube mit unrecht, das erstere, und die neuem hgg. folgten
ihm Botbe ausgenommen. Meineke aber änderte seine ansieht nnd
sagte vind. Ar. s. 37: 'nunc suspicor alterum potius T€> quod post
TrXr)V legitur, delendum esse, poetam autem scripsisse fid TÖV AC
oub^v T* dXX' öpa» iTXf)v KapKivouc neque enim apparet unde
accusativus suspensus sit. Bergkius tentabat n\r\y fe Kapidvou.'
wäre aber öpüj die ursprüngliche lesart, so wäre nach dessen aus-
fall nimmermehr t€ nach irXfjv eingeschoben worden, das auch an
sich schon zu erklären nicht leicht ist. vielmehr hängt KOpKivouc
von d)i|idivilKa v. 1506 ab, und in der stelle handelt es sich um ein
Wortspiel zwischen KapKivoc und KapKivoc. Badham schreibt 'ad-
hortatio ad discipulos academiae Sydneiensis' (1869) s. 29 oäö^v f*
äXXo irXfiv T KapKivouc dh. rpeic KapKivouc.
23. Friede 50 ifvj hk TÖv Xötov ye TOici Traibioic
Kai ToTciv dvbpioici xal toic dvbpdciv
Kai Toic änepTdToiciv dvbpdciv q)pdcu)
KOl TOIC ÖTTepTlVOp^OUClV ?Tl TOUTOlC |idXa.
dasz f Ti |idXa im sinne von It\ ^dXXov zu erklären sei , wird sich
schwerlich nachweisen lassen: denn auch unten v. 280 und 462
sowie Frö. 864 Kai töv MeX^aypov kSti ^dXa töv TfjXeqpov heiszt
^Ti fidXa 'erst recht', aber wenn man auch die richtigkeit der eben
bestrittenen auffassung zugeben wollte, so ist doch der dativ tou-
TOic, der zu iJTrepiivop^ouciv gehört, sehr befremdend, da die übri-
gen mit diesem letzten verbundenen Satzglieder des demonstrativs
entbehren, aber in ganz leichter weise läszt sich helfen, wenn man
^Ti TOUTUiV fidXa oder, was nur die änderung öines buchstabens ver-
langt, ^ttI TOUTOic fidXa schreibt, nemlich im « 'auszer' wie zb.
Xen. Kjrup. IV 5,38 steht: kqI dvbpec iirl toütoic und Ar. Plutos
1001 Kai Ttpdc in\ toütoic eincv. Fri. 1025 c^ toi . . XP^ cxKac
beupl Tid^vai Tox^ujc Td t€ TTpöcq>opa TtdvT' inX toütoic.
WFökel: bemerkungen za Arisiophaiies. 259
24« Fri. 242 iüb TTpacial . . die dnoXckGc zi^epoyf.
246 iui tAifapa Mifap* die £inTpii|iicO' aöriKa
&no£&nayia KarajyiejyiUTTiuTeujyi^va.
250 iib CiKeXia xat cu V die ärröXXucat.
um den zweiten dieser yerse handelt es sich allein, in welchem BV
nach Bekker (Inyemizi schweigt) iZ) statt Idi bieten. Bentley schrieb
lü Mi'fapa M^TCtp' d»c ^TTiTpißifjcecd* airrkcu bei Dobree zu PL 137
lesen wir: 'memini Porsonum probare e schol. lü M^t^pa; M^inxp'
die. neque ^mTpii|iO)Liat neqne ^mTCTpi^iOfLiGU se legisse reoordabator ;
dubitanter proponebat iimpif^i\cecQ\ aliqaando cogitabam imiO
Tpiq>9' eic airriKa , ut 367.' nach den adrers. s. 242 wollte Porson
aber nur die streichen, dagegen iui nnd £7TtTp{i|iecd' erhalten (£in-
Tpiiped' im Leipziger abdruck ist ein druckfehler). weit entschie-
dener sagte Elmsley in Edinburgh review XXXVII 68 (in dem Leip-
ziger abdruck von Eur. Iph. Aul. et Taur. ed. Markland s.249 anm.):
Un addition to the tribrach before the anapest, we suspect that the
passive sense of ^TTiTpiipecde is destitute of authoritj. we read: idi
MeTO(pf)c, die ^TriTeTpiipecd* aörixa diraSdirovrec icaTa^e|LiuTruiT€u-
fi^voi.' die neuem hgg. adoptierten eifrig diesen verschlag, be-
hielten aber zu anfang des ersten verses (246) Bentlejs ftnderung
bei, so dasz der vers in folgender gestalt gewöhnlich in unsem
texten erscheint: \b tAif apa M^t^^p" die ^mTeTpiipecd' airrixa. was
nun den von Elmsley bezweifelten passiven gebrauch der hsl. lesart
^TriTpiipecde betrifft, so hat Elmsley fibersehen, dasz Thukydides
zweimal wenigstens das simplez Tpii|io)Liai passivisch gebraucht, nem-
lieh VI 18, 7 und VII 42, 6; auszerdem aber Sophokles fr. 439 N.
(429 D.) (in welchem corrupten fragment vielleicht ^kttiuiv ti statt
Ikttiövti zu lesen ist) und Lukianos Ikar. 33 , und durch diese vier
stellen erscheint mir dTTiTpii|i€cde im passiven sinne bei einem dichter
hinlänglich geschützt, das zusammentreffen eines tribrachys aber mit
einem anapäst pflegen die neuern metnker im trimeter der komiker,
wenn beide füsze verschiedenen dipodien angehörend durch die diä-
resis getrennt sind, nicht weiter zu beanstanden, es bleibt nun noch
übrig die unleugbare härte in der pronuntiation des verses wenig-
stens zu berühren, welche nicht gehoben wird, wenn wir mit Enger
Jahrb. 1865 s. 114 ujc weglassen, was ja auch schon Porson gewollt
hatte, was aber von Hermann elem. doctr. metr. s. 138 durch die
bemerkung widerlegt ist, dasz die durch die unserm verse ganz ent-
sprechend gebildeten verse 237. 243. 250 geschützt wird, aber wie
wir über die ausspräche des griechischen überhaupt doch sehr wenig
sichere künde haben, so wird die recitation griechischer verse uns
vielfach rätselhaft bleiben, und nach unsern subjectiven ansichten
über rhythmischen vertrag sind wir wohl schwerlich berechtigt die
anderweitig geschützte Überlieferung in zweifei zu ziehen, läszt sich
aber die vulgata iu) Mi'XOLpa M^Tap' die ^TTiTpii|i€c9* auTiKa durch
die angegebenen gründe verteidigen , so musz auch gegen die auto*
rität des Bav. iu) beibehalten werden , weil ja gerade dieselbe form
17*
260 WPökel: bemerkaogen za Aristophanes.
der verse 242 Üb TTpacial — und 250 iui CiKcXia notwendig darauf
führt , wie dies {iQch schon längst yon Hermann ao. und von Reisig
coni. s. 13 f. gegen Erfiirdts Vorschlag iuj lAifap* \b Mifap" zu
schreiben hervorgehoben worden ist.
25. Fri. 274 oÖKOuv Irepov bt{f bc AaKe5a(|iovoc fi^rei
ävucac Ti ;
bf\xa findet sich in keiner bs., so weit deren collationen bekannt
geworden sind, sondern ist eine &nderung der ersten ausgaben, wie
der Junt. I, vielleicht auch der Aldina, welche ich nioht besitze, im
Bav. steht nach Invernizi und Eeisig, welcher Seidlers abschrift von
Bekkers collation des Bav. benutzte, y* ^t', während Bekker T^ n
anführt, was die übrigfen hss. auch zu enthalten scheinen. Dindoif
und Bergk schrieben t^ tiv', während die übrigen hgg. bf^ra bei-
behielten. Beisig vermutete coni. s. 23 y* 0'iT\ was Dindorf nur in
seiner ersten ausgäbe und Boissonade aufnahmen, aber bf^Ta hat
gar keine autorit&t und die lesart aller hss. führt auf f^ f t*, was
Invernizi ja geradezu aus Bav. anführt, vielleicht wird bald Velsens
collation uus darüber gewisheit bringen, übrigens ist T^ Ti auch «»>
X* ^Ti und für y' ii* sprechen folgende stellen unseres dichters:
Wo. 1440 oci^ax bk x^T^pav in TViwjinv. (Fri. 17 xai xpiß' ?6'
ix^poc.) Fri. 423 x^Tep* fxi ttöXX' Scic dTaOa. Vö. 1616 gxepöv
vuv ?xi äKOucaO'.
26. Vögel 599
xouc Gricaupouc x' auxoic bei^ouc' oOc o\ Trpöxepov Kox^devxo
xoiv dipTupiuiv.
für npöxepov hat der Yen. nach Bekker (vielleicht aber ist B ge-
meint) iTpöxepoi , und so haben die alten ausgaben bis auf Bekker.
Dindorf schrieb TTpöxepov nach "RFJ Vat aber Aristophanes sagt
zwar Bi. 1255 akx^vopai xoi xaic npöxepov d^apxiaic und Frö. 691
xdc Trpöxepov dfiapxiac, aber substantiviert nie ol Trpöxepov, son-
dern o\ Trpöxepoi: vgl. Wo. 935 ^iribeiSai cu xe xouc npox^uc
äxx' £bibacK€c. 1029 €ubaipov€C b' fjcav äp' ol 2Iuivx€C im xwv
irpox^puiv.
29. Vö. 641 dXX* d>c xdxicxa bei xi bpäv irpdixov b^ X€
elc^Gcx* elc veoxxidv t^ xf|v iyLr\v
Kai xd^d Kdpq)Ti kqI xd irapövxa (pputava.
so las man früher , und nur im Flor. J findet sich bi xi für das un-
möglich richtige bi X€, wofür Dindorf in der Par. bi xoi schrieb.
Dobree vermutete adv. II 220 bi T€ und im folgenden verse V€0xxiav
X€ für V€0xx{av t^i was Bothe und Meineke aufnahmen, den accent
von V€0xx(av verbesserte in veoxxidv Lobeck zu Phryn. s. 207.
Blaydes nahm 1882 TTpübxicxa bi auf. seit sehr langer zeit halte ich
es für wahrscheinlich bi X€ in b' 1x6 zu ändern: vgl. Wo. 860 dXX*
tei ßdbi2:', tuiMCV. Bi. 1299 W . . ÖeXBc Kai EurrvuiOu Wo. 237
(6i vuv Kaxdßi)6'. Fri. 1207 I6i vuv KaxaB^pevoi irap" ^ol xoOx"
€(cix€. Soph. Aias 988 16* ixKÖvei, cuTKOfive. El. 1095 W dt pivai
brjXuicov. Eur. Hek. 1093 1x6 pöXexe npöc Ocujv. eben diese con-
WPökel: bemerkimgeii so ArietopImnM. 261
jecinr fand ich spftter bei Beisig, ab«r in der vonrede der eonu 8. 71
yersteckt. Dindorf nahm sie 1825 aai^ aber aokon 1830 bi T€.
30. Yö. 1674 öiKat' £)ioiT€ xal irdXtv boxelc X^tv
irepl Tfic KÖpTic, ndtfwj^ mtpobibuifif cot.
diese worte des Herakles fteziehen sieh smück vat die fbrdenmg des
Peithetairos 1634 t^iv ik BociXetav t^iv jßSfnjy fwabi* dfiol acbo*
T^ov Icriv. für naXiv haben aber alle ausgaben von Akhis bis Bnmck
irdXcn, erst Invemizi nnd Bekker nahmen ans Bav. iräXtv anf , nnd
ihnen folgten die neuem hgg. Lenting allein billigte s. 88 irdXoi,
was der sinn hier dorehans verlangt, nnd somit kann gar nicht in
betradit kommen, ob TTAAIN oder TTAAAI in dem nrtext stand« denn
Herakles, gereizt darch die ihm von Peithetairos an gemflte gefllhrte
Ungerechtigkeit seines vaters Zeus und gdodkt durch die ihm all
künftigem herscher des neuen vogebeidies in aussieht gestellten
vorteile, erklttrt sich ffir flberzeugt und bereit der gestellten forderung
sich zu fOgen. auszer in 1536 f. findet sich keine weitere erwihnnng
der Köpii, und daher kann iräXtv nicht richtig sein^ sondern ist viel-
leicht aus 1626 TÖ acf^iTTpov diroöofivat irdXtv ipriqpKoMat TOiJTOtc
if^ in 1674 hineingeraten, wenn es nicht ein blosser Schreib-
fehler ist.
31. Ljsistrate 69
MY. ^«Ilv öcT€poi Trdp€Cjyi€v, di Aiiacrpdn);
ri q>ifjc ; ti cit^ ; AY. oök diroivui Muppivt)V
flKOucav öpri ttcpl TOiothou rtpicnionoc.
die hss. A B Voss. J haben in v. 70 vermutlich Muppivri, da keine ab-
weichnng aus ihnen angemerkt ist. Invemizi fand aber im Bav. Mup-
piviiv und nahm dies auf. nach Bekker hat dagegen der Bav. jiupptvi)!
(nach Velsen )Liuppivr|i, )Liuß^ivr)i von zweiter band), weshalb Enger
mit recht dnaivu), Muppivr) beibehielt, zumal gerade in der Ljsistrate
die autorität des B weit geringer ist als in den fibrigen komödien.
aber mit Veränderung 6ines buchstabens wird die structur des satzes
weit gelenkiger, nemlich oC c' diroivui, Muppivri, f^KOucav fipTt usw.
dieselbe Vermutung ist übrigens auch schon von Halbertsma proso-
pogr. Arist. s. 118 gemacht, aber bisher unbeachtet geblieben, ebenso
ist vielleicht
32. Thesm. 1213 (b fp^bx*, ÜJ TP^'. ouK iiraivuj Tfxjtbto
oOk ^Traivu» TP<jibio in od c' dnaiv' ib fp^öto zu ftndem. Meineke
schlug vor OUK dTraiv' (b ffH^bxo oder oö c' diraivui TP<j^bio. der
Skythe sagt aber auch 1003 äXXd TauTQ bpöc' Ijib, 1179 ou KUiXüc*
iydj und 1198 dXX' £k' tbb^v (oöb^v vulg.), und da er zu anfang des
verses \b TP<!töt\ o5 yp^* sagt, so wird auch beim letzten Tpdbio das
d) an seiner stelle sein. *
33. Lys. 1049 dXX* dnaTT^XX^ui | ttäc dv#|p koI tuv/j, | et Tic
dpTupCöiov öeiJTai Xaßeiv |iväc f^ öu' f\ rpetc
es bedarf nicht vieler worte , sondern nur der einfachen andeutung,
dasz es dpyupibiou heiszen musz, abhSngig von jyiväc f| bu* {^
TpeTc so verlangt es der feste Sprachgebrauch der Attiker: vgL
262 WPökel: bemerkoDgen zu Aristophanes.
Plutos 982 dXX' dpTupiou bpaxMÖic fiv ^ttic' €!kociv €ic Ifndnov.
Xen. Anab. I 4, 13 6 b* utt^cxcto dvbpl ^KdcTiu buiceiv tt^vtc
dpTupiou {üivac.
34. Thesmophoriazusai 555
)Llä Ai' OUb^TTUJ Tf|V |LlUplOCTf|V floTpaV iLv TTOloOjiCV.
direl Tab' oök cipiix*, öpqic, iLc ciXcTTibac Xaßoucat
inena ciq)U)vi2[o)Li€v töv oTvov.
in diesem Sündenregister, welches Mnesilochos in weiblicher yer-
kleidung der frauenversamlnng vorhält, um durch das in ihnen zu
erweckende schuldbewustsein sie milder gegen seinen iniuriaram be-
langteji eidam Euripides zu stimmen, kann er sich unmöglich an 6ine
einzelne frau in der versamlung wenden, sondern so wie er 490
öpaT€ sagt, musz auch hier OUK €Ip1lX^ öpäO', dbc geschrieben wer-
den, derselbe fehler findet sich
36. Thesm. 496 laOö', 6pqlc, | oöttiwttgt' cIttcv, wo auch 6 pär*
geschrieben werden musz. über die elision am versende vgl. Krüger
spr. II § 11, 3, 5, zu dessen samlung b' Ar. Ekkl. 351, ^* Frö. 298
und OOpar Ach. 359 von mir in der fünften aufläge hinzugefügt
sind, übrigens übersetzt Voss 496: 'das, seht ihr, hat er nie gemel-
det,' aber 556 steht 'siehst du'.
36. Frösche 270 f Kßaiv', diröbGC töv vaöXov. IT ?X€ b#| TibßöXw.
so kann allerdings der alte Charon, als er den Dionjsos gelandet,
zu demselben sprechen , und man wird vielleicht an dem asyndeton
keinen besondem anstosz nehmen , ohne indessen eine befriedigende
erklärung des asyndeton geben zu können, aber unstreitig erhftlt
die ganze stelle eine weit lebhaftere fUrbung, wenn man ATTOAOC in
d TT 0 b 0 u c auflöst und die vorsiebt des Charon beachtet, der erst nach
voraufgegangener bezahlung seinen passagier will aussteigen lassen,
diese emendation ist schon von Halbertsma prosopogr. Arist. s. 120
veröffentlicht, von Meineke zwar erwähnt, aber nur von Blaydes
aufgenommen worden.
37. Frö. 649 O0KOUV dvüceic; laTTaxai laTrarai.
so lautet der vers bei Meineke nach Dobree und GHermann und der
lesart des Rav. entsprechend, in welchem der ausruf als ^in wort
geschrieben ist. vor Invernizi schrieb man laTTaiai. AI. xi bf| Taxai;
Brunck nahm aus seinen hss. auf iarraTai. AI. ri b* iarraTai; aber
der Yen. enthält ri TarraTaT. AIA. ri TarraTai und die Mutinenses
mn anscheinend iaiTaTai. AIA. ri rdTrarai; BThiersch erkannte
richtig , dasz in der lesart des Yen. Ti zu dvuceic gehöre und dasz
Aiakos den schmerzensruf des Xanthias wiederholen müsse, er nahm
daher auf: oCkouv dvuceic xi; diraTai. AI. ti Tdirarai. ganz die-
selbe gestalt hat der vers bei Meier de Ar. Ranis III (1852) s. XI,
der im folgenden sich weiter über die notwendigkeit dieser Schrei-
bung ausspricht, ich habe nichts weiter hinzuzufügen als dasz in der
vom Yen. überlieferten krasis rdTTarai doch offenbar nur tö drraTai,
80 wie in dem larraTaT der gewöhnlichen lesart das zu dvuceic ge-
hörige ri deutlich genug steckt, so hat den vers endlich ThFCock
WPökel: bemerkangen zu Aristophanes. 263
geschrieben, aber Meineke und Dindorf (poetae scen. 1869) haben
davon keine notiz genommen, auch in betreff des dem eben bespro-
chenen verse kurz vorhergehenden v. 645 will ich den freunden des
dichters die form zu wiederholter erwägung empfehlen, welche
Fritzsche demselben gegeben, welche aber den beifall der folgenden
hgg. nicht gefunden hat, jedoch mit der einschränkung, dasz die ge-
wöhnliche aufeinanderfolge der verse und somit die lesart des Rav.
beibehalten wird:
HA. IbOli* CKÖ7T€l VUV, f{V fl* UTTOKlVllCaVT* ibqC.
645 f{hr] 'n&jaJEac; AI. ou fid Ai*. HA. oub' djuci boKeic.
38. Ekklesiazusai 581
dXX' Ol) M^XXeiv, dXX' äiTTecGai kqi bf| XP^ tqTc biavoimc,
die TÖ xaxuveiv xopiTUJV fiex^x^* TiXeTcrov napä xoTci Georaic.
äTTT€c8ai mit dem dativ des objects ist bei Attikem eine ganz uner-
hörte construction , welche überdies nur noch bei Pindaros vorzu-
kommen scheint, während Aischylos Sieben 222 CTpdT€U|i' dTTTÖfic-
VOV TTupi batip gar nicht hierher gezogen werden kann. TFaber
vermutete Tfic biavoiac und Bergler tüjv biavoidiv, welches letztere
sicherlich sehr weit von der übereinstimmenden hsl. Überlieferung
abliegt, vielleicht liesze sich allein durch Umstellung eines buch-
stabens die stelle herstellen, wenn man nemlich dXXd irr^cOai
schreibt, aber eine ganz passende parallelstelle habe ich nicht zur
band, denn Soph. OT. 487 TTCTOMm b* dXmciv ist doch von unserer
stelle ganz verschieden, aus dem commentar der Bekkerschen aus-
gäbe habe ich ersehen , dasz schon Bentlej dieselbe Vermutung ge-
macht, aber mit einer nicht ausreichenden parallelstelle, Lys. 55
7TeT0|i€Vac ^k€IV TrdXai geschützt hat. es bedarf einer stelle in wel-
cher TT^TOjuiai mit dem dativ des Zieles construiert ist, und eine solche
kann ich nicht finden.
39. Ekkl. 675 ujcT€ ßabKeiv ek dXXrjXouc.
so steht nach Invernizi und Bekker im Rav.; und ihnen folgte Dindorf
früher, in den Oxforder annot. aber vermutete er eic dXXi^XoiV; was
er auch in der Par. und später aufnahm, aber es scheint ganz über-
sehen, dasz alle alten ausgaben vor Invernizi von der Junt. I (viel-
leicht auch Aid.) bis Brunck ibc dXXr|Xouc bieten , und da Brunck
keine abweichung seiner hss. angibt, so ist es wenigstens möglich
dasz auch sie ibc dXXr|Xouc enthalten, es liegt daher nahe, da ja eic
und ujc in hss. so oft verwechselt werden, hier gegen die autorität
des Rav. zu der vulgata zurückzukehren und U)C dXXi^Xouc zu schrei-
ben, was ich jetzt bei Blaydes gefunden habe.
40. Plutos 834
AI. Kay\jj jitv Jj/iTiv oöc t^ujc
835 €i)r|pY€Tr]ca beojuievouc SEeiv cpiXouc
övTujc ßeßaiouc, €i beriGeiTiv ttot^*
0*1 b' dE€Tpe7T0VT0 KOUK dbÖKOuv öpdv ja* fii.
KA. Kai KQTCT^XuJV V €Ö olb' ÖTi. AI. KO^bq nky oiüv.
aiJXMÖc tdp tüv Tujv CKCuapioiv fi' diruiXecev.
264 WPökel: bemerkongen su Aristophanes.
nm den letzten dieser verse bandelt es sich, an welcbem zuerst Kflster
anstiesz, indem er sagte : 'locus antem bie, si verum fatear, örrouXoc
mibi nee satis planus videtur. nisi forte sensus sit : squalor vasomm
i. e. paupertas me perdidit/ warum Küster die ricbtigkeit des verses
bezweifelte, bat weder er selbst gesagt noch irgend einer der folgen-
den erklärer angeben können, es Ifttzt sieb aber vermuten, dasz er
das pari durv ebenso wenig genügend erklären konnte wie jeder der
den vers scharf ins äuge faszt. Brunck sagt ganz kurz : 'psÄücipium
u5v hie ut saepe abundat', was zu widerlegen sich bisher niemand
die mühe gegeben hat. Bergk erklärt den veni für 'i^rte inter-
polatus' und sucht mit zwei ganz unwahrscheinlichen vorschlagen
demselben zu bilfe zu kommen. Meineke gibt den vers dem
Kanon, indem er c' für )üi' schreibt und will vind. Arist. s. 101
in dem u[iv denselben gebrauch des part. erkennen, der We. 602 {^
bouXeiov oOcav £(pacK€C Kod umipeciav diro^ciEeiv sich zeige, wie
er auch Vü. 725 S£€T€ XP^cGai fnävTca |ioucatc aCpaic dies letzte
wort in oöcatc verwandelt aber von der angeführten stelle der
Wespen wenigstens, da die conjectur zu dem verse der Vögel nicht
in betracht kommen kann, ist doch schon auf den ersten blick unsere
stelle himmelweit verschieden, da hier der nominativ des part., wie
man auch sich wenden will, sich nicht anders als absolut fassen läszt
und ein solcher gebrauch bei Aristophanes wenigstens sich nicht er-
weisen läszt. es ist noch zn erwähnen, dasz Beiske aöxfiöc y&p, A
Tdv, CK€iKxpiuiv fx' ändiXccev und Fritzsche auxjnöc T^p Avruic
CK€uapfuiV vorgeschlagen hat. der scboliast erklärt nun unsere
stelle folgendermaszen : tö Öf)c, inihXed ^€ 6 uiv aux^iöc tüjv ciccu«'
apiuiv i^Tdu)vdvTlToObfj; und in einem andern scholion, wel-
ches Brunck aus cod. C zuerst veröffentlicht hat , steht ebenfalls t^
fi)V f^ ävrl ToO oOv voriT^ov , wo offenbar wie in dem zuerst ange-
führten scholion f\ TÖ £iv ivA toO o{iv zu schreiben ist. wie nun
in dem erstem scholion das UJV ohne spiritus und accent steht, so
führt auch Hemsterhuis dieselbe Schreibart aus einzelnen ausgaben
an. diese erklärung des scholiasten hat mich auf die Vermutung ge-
führt, dasz statt des mir unerträglichen part. i&v geradezu oCv zu
schreiben und auszerdem aöxMÖc zu bessern ist, also at&XM^c y&f>
oSv TUiv CK€uapiu)V )Li* dndiXeccv. die Verbindung xdp oOv belege
ich für Aristophanes durch die stellen: We. 726 cu ifdp oOv vöv fuiot
vikSv TroXXif) beöÖKiicai. Vö. 39 ol fitv ydp oöv t^ttitcc ?va iif\v*
t\ buo im TUIV Kpobdiv $bouciv. Thesm. 164 toOtov ydp odv diafi-
Koac und verweise auf Elmsley zn Sopb. OK. 495. — Nachdem idi
dies geschrieben, fand ich bei Holden (ed. III) die lakonische bemer-
kung: 'quidni fäp oöv?*
41. Plutos 993 dXX' ouxi toi vOv ö ßbcXupöc töv voOv ^x^t
TÖv aÖTÖv, dXXd iroXu |ic8<cniK€V wdvu.
für ndvu vermutet Bergk chaud dubio corrigendum Tpönou» , ich
schlage ttdXiv vor. die vulgata iht mir deshalb anstöszig, weil
ndvu von ttoXu wenn auch nur durch einschiebung öines wertes ge-
WPökel: bemerknngeB m Arittoidianes. 265
trennt ist. denn Arist. trennt sonst nicht ohne not ttdvu
Ton iroXuCy sondern sagt nor Ttdvu iroXüc oder iroXuc irdvu:
vgl. BL 1134 c! CGI 7nwcvÖTr|C 2v€Ct* iv t*^ Tpdirip . . routtp ttdvu
itoXXfj. Wo. 824 xujpoOc* aörm ttdvu itoXXcd öid vSr^ koiXuiv.
Vö. 573 xdXXoi T€ ^ol ttdvu TtoXXoL PL 389 oötuj tidvu troXXd
K€KXo<pac; We. 1176 riva bf^r' öv X^toic; T ttoXXoöc trdvu. Pri.
727 übe TtoXXoi ttdvu ttoOouvrec öndc dvafi^vouc' £ctuköt€C. Frö.
759 ttpäTMa niya K6iavT)Tai, ^4rfa Iv toic veKpoia Kcd crdac ttoXXfj
ttdvu. 1123 Kai ttoTov outou ßacovietc; T ttoXXouc ttdvu. Ekkl. 55
öpur ttpocioucac xdr^P^^c troXXdc ttdvu T^vaiKac' nur We. 980
heiszt es toCto ttoXXouc hi\ ttdvu ^ttd-nicev. auch möchte die
alte nicht so sehr die sehr grosze Terändemng in der neigong ihres
geliebten als vielmehr den Wechsel selbst beklagen.
Znm schlasz eine personen&nderung:
42. Thesm. 249
€Y. "AtdOiuv, dtteibf) cauTÖv dttibouvm q)6ov€ic,
260 dXX* l^dTlOV TOUV XPflcOV f|MlV TOUTIfA
Kttl cxpöcpiov QU ydp Tauxd t' übe oök fcr* ipeic
Ar. Xa)ißdveT€ kqI xP^cO'* oi» qiOoviS^. MN. ri o&v Xdßui;
Ar. 8 Ti; TÖv KpoKurrärv ttpaiTOV ivötiou Xaßdrv.
MN. vf| Tf|V AqppobiTTiv i\h\} t' ÄZei trocBtou.
256 cu2Iuk:ov dvücac. atpe vuv crpöqpiov. €Y. Ibou.
in dieser ergötzlichen scene , in welcher Mnesilochos mit der garde-
robe des Agathen ausstaffiert wird , gibt man v. 253 dem Agathon
meiner ansieht nach mit unrecht, denn Agathon verhält sich in der
ganzen scene , wie Enger in seinem coramentar zdst. klar dargelegt
hat, möglichst passiv und läszt sich mit schwer verhaltenem Unwillen
die manigfachen requisiten des weiblichen costttms förmlich ab-
pressen, das beweisen besonders seine kurzen antworten 219. 252.
257. 261. 262. endlich ermannt er sich, um der lästigen scene ein
ende zu machen, zu den worten 264 cu toOto TifViüCK'' dXX' fx^ic
tdp luv b^ei, eicui nc übe raxicrd |i' dcKUKXncdnu. daher kann
Agathon die frage des Mnesilochos v. 252 t( oOv Xdßuu; mit seinem
rate nicht beantworten, treffend sagt Enger: 'nullum inveneris
locum, ex quo Agathonem quasi ancillae partes agere appareat, cum
plures exstent certissimi loci qui planissime doceant ne sedem quidem
per totam hanc scenam Agathonem relinquere, Enripidem vero
afferre quae necessaria esse intellexerit.' somit kann die antwort auf
Mnesilochos frage in 253 ö Ti; t6v KpOKUJTOV ttpiirrov ^vbuou
Xaßuüv nicht Agathon , sondern nur Euripides sprechen , welchem
sie auch die Junt. I gibt, und längst schon hat Dobree adv. II 238
dem Euripides v. 253 zu geben vorgeschlagen, und ihm ist auch Bergk
gefolgt, der freilich auch v. 254 v#| Tf|V 'Aq)pobiTTiv f^bü y' 6le\
TiocOiou dem Euripides gegeben und dem Mnesilochos, in dessen
munde er so passend war , entzogen hat.
Vor Brunck war 255 so verteilt: Af. cu2IuJC0V dvucac*. aTp€
vöv CTpöqpiov. €Y. Iboii. Brunck schrieb, weil im Aug. die werte
266 FPoUe: zn Ovidics metamorphoseD.
aTp€ vuv crpöcpiov vom vorbergehenden und folgenden durch linien
getrennt sind, Ar. cu2Iu)cov ävücac. MN. alpe vOv crpöcpiov.
€Y. ibou. Bekker folgte Brunck in dieser personenändening, Dindorf
aber gab früher 253 dem Agathon, 254 dem Euripides, 255 dem
Agathon , nur dasz iboü Euripides spricht, in der Par. jedoch und
dem fünften abdrucke der poetae scen. gab er y. 254 und 255 dem
Mnesilochos mit ausnähme des dem Euripides gelassenen iöou, und
ihm folgten Enger und Meineke. da nun Agathon nach dem ganzen
Charakter der scene keine weitern ratschlage erteilen kann als ihm
abgefordert werden, so kann die worte cu2Iuicov dvucac nur Mnesi-
lochos sprechen schon wegen der activen form des yerbums, bei
welchem iyii zu ergänzen ist. Mnesilochos, welcher mit dem anlegen
des IjLidTtov beschäftigt ist, bedarf der hilfe beim gürten desselben
und fordert dazu den Euripides auf. auch die wort« alpe vOv (aTp^
vuv) kann nur Mnesilochos sprechen , der mit ihnen den Euripides
auffordert ihm das busenband zu reichen , was Euripides mit dem
Worte ibou zur ausführung bringt, die drei letzten verse sind also
so zu verteilen :
€Y. 8 Ti; TÖV KpOKUJTÖV TipÄTOV dvbÜOU XoßillV.
MN. vf| Tf|v 'Acppobiniv f|bü t* Ä2l€i TrocGiou.
cu2Iu)cov dvucac. aTp^ vuv crpöcpiov. €Y. Iöou.
Prenzlau. Wilhelm Pökel.
36.
ZU OVIDIÜS METAMORPHOSEN.
IV 84. Pyramus und Thisbe beschlieszen
ut noäe süenti
f allere custodes forihusque excedere temptent,
cumque domo exierint, urbis quoque teda rdinqtiant;
neve sii errandum lato spatiantibus arvo ,
conveniant ad busta NinL
was der vers neve sü errandum enthält , ist so erschreckend seibst-
yerständlich, dasz ich ihn für eingeschoben halten und 88 conveniantque
schreiben möchte.
V 262 Vera tarnen fama esty et Pegasus huius origo
fontis; et ad latices deduxü Pallada sacros.
in der 14n aufläge meiner Schulausgabe habe ich jetzt geschrieben:
fama est: est Pegasus, an et, das gleich darauf wiederkehrt , hat
schon Bothe anstosz genommen, auf est deutet auch die auslassung
des Wortes in der zweitbesten hs. l : der Schreiber hat est nur Einmal
statt zweimal geschrieben, ebenso deutet darauf das origo est in der
besten hs. M : est stand am rande und sollte correctur Ton et sein,
ward aber vom Schreiber am ende hinzugefügt. — Denselben fehler
scheint VIII 235 zu enthalten: Icarus ist ins meer gestürzt; sein
vater Dädalus
FPolle: za Oyidias metamorphoteiL 267
pennM adspexU in
devavüque stMS artes corpusque sepukro
condidit. et teiUus a nomine dicta sepuHH.
80, et teHus^ schreiben alle bgg. ich möchte mit einigen der geringem
hss. est idlus vorziehen (andere dieser geringem bieten a^ntUi est).
— Ebenso
XI 266 fdix et nato^ fetix et camuge Pdeus^
wo mich fetix est nato weit krftftiger dflnkt.
V 460. Ceres hat einen frechen knaben in gegenwart seiner
mntter {onus) in eine stemeidechse {steiki) verwandelt, das nen ge*
schaffene tier
fugU ontmi laiebramque petit; aptumque pudori
nomen hoM^ vmrüls steüatus carpora guttis.
ptubri My alle andern hss. eohri. in meiner ansgabe erUftrte ich
aptum pudori 'zur bescbimpfong geeignet, denn stelio bedentet anch
einen schlauen betritger.' diese erklftning wird von HMagnns in
diesen jahrb. 1887 s. 139 f. angegriffen, er sagt: 'worin besteht aber
der dem knaben angethane schimpf? doch wohl in seiner Verwand-
lung, aber wie kann diese als schimpf bezeichnet werden, da das
eben entstandene tier mit keinem werte als verftchtlich oder wider-
wärtig hingesteUt ist? an sich ist Verwandlung keinpudor. doch
jedenfalls meint man, die Verwandlung in den ädio (stemeidechse)
sei ein schimpf: denn dieses wort ist sp&ter ein Schimpfname
(cschlaner betrttger») geworden, aber wo geraten wir hin! die
stemeidechse existierte bis zu diesem momente noch nicht, trotz-
dem soll die Verwandlung selbst ein schimpf sein , der name soll zu
dem schimpfe passen, weil — das vfort stdio später eine bestimmte
nebenbedeutung angenommen hat.' in der that kOnnte es scheinen,
als hätte ich mich hier einer argen thorheit schuldig gemacht, denn
wenn Magnus ausruft Vo geraten wir hin !' so ist das nur ein höf-
licher rücksichtsvoller ausdrack, dessen sinn ist: wir geraten — oder
vielmehr Polle gerät — auf tolle gedanken. wie aber, wenn ich,
weit entfernt die von Magnus gezogenen folgerangen zurfickzuweisen,
dieselben vielmehr in ihrer ganzen ausdehnung gelten lasse, sie dank-
bar annehme und gerade in dem umstände , dasz sie gezogen wer-
den konnten, den willkommenen beweis erblicke, dasz sowohl die
von mir aufgenommene lesart wie auch meine erklärung derselben
richtig ist? und das thue ich in der that. nur in 6inem punkte, der
hier nicht in frage kommt, musz ich mich dankbar als durch Magnus
belehrt bekennen: in der 14n aufläge habe ich die werte 'einen
schlauen betrOger' ersetzt durch 'einen boshaften , neidischen men-
schen', denn dasz das die bedeutung von stelio sei, hat Magnus sicher
nachgewiesen.
Ich gebe ohne rückhalt zu, dasz vor dem richterstuhle der logik
meine erklärung nicht bestehen kann, -zweifelhaft ist nur, ob hier
die logik und nicht vielmehr die Psychologie die zuständige rich-
terin sei:
268 FPolle: BQ Ovidios metamorphoieii.
der reratand
hält nicht stand y
geht und ipricht: das mag ich nicht,
denn da« sieht wie ein gedieht
siBgt Büekert, und mit einem gedicbte haben wir es hier zu thnn. so
wollen wir denn sehen , ob wir nicht gerade in bezog auf namen-
erteilnng andere ganz äbnHdie beispiele finden , die gleichfalls yor
der logik als arme Sünder dastehen mflssen, vor der psjchologie aber
sehr wohl bestehen, es handelt sich hier nm die volkstflmliche an-
sehannng , dasz mit dem dinge zugleich und unmittelbar auch der
name gegeben sei. ein solches beispiel führt Magnus selbst an, frei-
lich zu dem zwecke meine erklftrong zu Terspotten, thataftchlich aber
dient ihr dasselbe zur beglaubigung, den volkstllmficheii qpruch 'das
sehwein ftthrt seinen namen mit recht' — denn dies ist die echte
form des Spruches, zwei weitere beispiele bieten uns die metamor-
phosen selbst, die nymphe Daphne wird der Terfolgnng Apollos da*
durch entzogen, dasz sie in einen lorbeerbaum verwandelt wird, der
lorbeerbaum entstand erst durch diese Verwandlung, vorher gab es
keinen (I 450). gleichwohl redet Apollo den bäum , der doch noch
keinen namen haben konnte , sofort als lorbeerbaum an (559), und
diese anrede ist durchaus nicht als namenserteil ung, als taufact
dargestellt, sondern es wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dasz
der bäum notwendig laurus heiszen müsse — denn laure redet er
den bäum an, nicht etwa daphne (bdcpvii): wenn er ihn daphne
nennte, so läge die sache freilich anders, das zweite beispiel der
metamorphosen finden wir XI 344, wo Eejx ohne weiteres den
namen des vogels weisz , in den sein bruder Dädalion* verwandelt
wird, den namen habicht (accipiter), ganz gleicher art ist es, wenn
Pausanias VIII 33, 4 erzählt: 'noch eine andere Hiera genannte insel
tauchte aus dem meere auf {denn so ergänzt man mit recht die
lückenhafte stelle), als ob der name gleich mit aufg^etaucht wäre,
bei Homer (T 100 ff. bes. 123) verkündigt Here dem Zeus, dasz
Eurystheus geboren sei, als ob der söhn des Sthenelos gar nicht an-
ders heiszen könnte, wie aber der name, so ist nach volkstümlicher
anschauung auch ebenso unmittelbar mit dem gegenstände zugleich
alles das gegeben, was mit dem namen zusammenhängt, so weis*
sagt Prometheus der lo bei Aischjlos (Prom. 851): *du wirst den
dunkeln £paphos gebären' {j&exc KcXaivöv '€iraq)Ov), und in der
nias gebiert Laodameia gar 'den erzgepanzerten Sarpedon'
(Z 199 i\ V fT€K* dvTiGeov Copinibcva x^XKOKopucr/jv). würde
Magnus auch hier sagen: wo geraten wir hinl weil Sarpedon
später den erzpanzer getragen hat, soll er gleich bei der gehurt
X0(XKOKopuCTr|C sein ? gewis wird er das nicht thun und nun auch
aufboren mir aus meiner erklärung des aptum pudert, durch die es
möglich wird die lesart der besten hs. festzuhalten, einen Vorwurf
zu machen.
Die angeführten beispiele habe ich einem noch ungedruckten
FPoUe: za Oridius metamorphoBen. 269
buche entnommen, das die frage *wie denkt das Tolk Aber die ^raohe?'
beantworten und, so gott will, nooh dies jähr erseheinen aoU. dort
wird der, dem die zahl der angefahrten beispiefe «twa niobt genflgen
sollte, Tide andere finden, lutd nebt viele belege fttr folkstümlidie
auffossnng der spräche habe ich dem hocheleganten höfischen Ovidins
entlehnen können: denn auch der fisinstgebildete tritt nicht ganiana
dem kreise des Volkes heraus, und Ovidins thut es weniger als man
gewöhnüclk aanimt, was auch bei diesem dichter ans &m gmade
weniger auf&llig ist, weil ja seinen ctoff vielfoch die mythologie
bildet, eben ein ersengnis des künstlerisch schaffenden volkn^istes.
in dem erwähnten buche werde ich neben anderm auch an huniAerten
von beispielen, die ich alten und neuem schriftstellem entnehme,
nachweisen^ dasz es der behandlung dieser sdiriftsteller, namenlüch
äec alten, nicht zum schaden gereichen wttrde, wenn wir dabei etwas
weniger logisch und etwas mehr psychologisch verfUiren, was ich
schon vor mehr als zwanzig jähren im Philologus XXVI 550 henror-
gehoben habe.
VI 230 ff. von den söhnen der Niobe:
proximm auäito somtu per inane pharetrae
frena däbat SipyJus: vduii cum prMesoius MMs ,
mibe fugü msa , pendmtiaq^e umäigm srtehr
caf^Mua deducUj ne qua levis^fjßuat aura.
frena dahat: dantem nan emtahOe tdum
canseguitur.
die poetische fUrbung dieser stelle wird meines erachtens bedeutend
gehoben, wenn man hinter aura nicht ein punctum, sondern ein
komma setzt, so dasz das zweite, nicht das erste frena dahat zu veihdi
€um den nachsatz bildet.
YII 572 ff. von den Sginetischen pestkranken:
tantaque sunt nUseris invisi taedia lecti,
prosiUuntj out siprohibent cansistere vires y
Corpora devolvunt in humum ^ fugiuntque penates
575 quisque suos; sua cuique domus funesta videtur
et quia causa lotete locus est in crimine parvus.
der letzte vers 576, von NHeinsius und Merkel gestrichen, hat neuer-
dings wieder unverdiente gnade in den äugen der kritiker gefunden,
und doch läszt sich seine unecbtheit mit einer sehr hohen wfdirschein-
lichkeit darthun. der vers enth< nur eine weitere ausfCLhrung des
vorher gesagten, ungegcbickt mit et angeknüpft, dies vorher gesagte
ist gut und richtig, wer atemnot hat (555), dem sind enge räume un-
erträglich ; er ringt nach viel luft, nicht aber schiebt er die krankheit
auf den engen räum, so lange er noch bei verstände ist, als sei dieser
die Ursache derselben, funesta 575 heiszt nicht ^krankheit und durch
diese tod erzeugend', dem gesunden erzeugend, sondern dem er-
krankten den tod bringend, weil es ihm das atmen su erschweren
scheint, und das funesta videtur bezeichnet nicht die ansieht der gesun-
den oder des Volkes im allgemeinen, sondern die der erkrankten, von
270 FPolle: zu Ovidius metamorphosen.
denen seit y. 554 ausscblieszlicb die rede ist. diese beschuldigen das
local, aber nicbt als ursacbe (causa) der krankbeit, sondern als ihren
tod befördernd, beschleunigend : sie würden es ebenso beschuldigen,
wenn die ursacbe der krankheit ihnen vollkommen bekannt, wenn
es zb. eine notorische Vergiftung wäre, auch sonst laboriert der ge-
danke an einem argen verstosz gegen die logik, den man selbst einem
dichter nicht hingehen lassen darf, ich kann wohl sagen 'weil die
Ursache unbekannt ist, nimt man willkürlich eine («s irgend eine)
Ursache an', nicht aber 'nimt man die und die bestimmte Ursache
an' : dazu ist die unbekanntschaft mit der Ursache kein genügender
grund. noch deutlicher sieht man das an einem concreten beispiele :
'weil Eunz nicht weisz, wer ihm sein geld gestohlen hat, beschuldigt
er Hinz als den dieb' — das ist doch aller vemunft bar. folglich ist
das quia causa lata im munde des erzählers ohne sinn, und Heinsius
hat den vers mit recht gestnchen.
YU 635 ff. Aeacus trttumt:
ante oculos eadem mihi quercus adesse
et promittere idem^ tatidemque animaiia ramis
ferre suis visa est.
M \^&i promittere und von erster band darüber geschrieben rami\
X hat et totidem pro formicis an, r. und darüber promittere idem toti-
demque\ e hat et ramos totidem, es kann wohl kein zweifei obwalten,
dasz die emendation auszugehen hat von promittere idem: die an-
dern lesarten sind offenbar glossen, die an stelle des unverständ-
lichen etwas verständliches bieten wollten, ich vermute, Ov. schrieb
et frondere itidem. durch abschreiberversehen gerieten die buch-
staben it von itidem in das wort frondere hinein, das dadurch zu
fronittere ward und sodann fast mit notwendigkeit ixx promittere wer-
den muste.
XI 328 f. diese schwierigen verse zu heilen ist mir bis jetzt
nicht gelungen, nur auf 6in8 möchte ich aufmerksam machen. M hat
solacia misi, dies misi^ wo Dädalion doch anwesend ist, nicht in
der ferne weilt, ist so auffällig, dasz die meisten hgg. das dixi der
geringern hss. vorgezogen haben, auch Magnus, so sehr dieser sonst
— und mehrfach mit glück — bemüht ist verschmähte lesarten von
M zu retten, hier möchte ich auf das dona remittunt XIII 702 hin-
weisen , das gleichfalls von der Übermittelung an einen anwesenden
gebraucht, also vielleicht geeignet ist das ntt^t zu stützen.
XIII 554 credidit Odrysius praedaeque adsuetus amore
in secreta venit,
an adsuetus habe ich von jeher anstosz genommen, da es zu amore
praedae nicht passt. die nächstliegende und leichteste änderung ist
adductus^ und dies wort dürfte das richtige sein, freilich läszt sich
nicht leugnen dasz es wenig poetisch ist.
Dresden. Fbiedrioh Polle.
EGoebel: über m und iiUer $e, 271
37.
ÜBER SE UND INTEB 8E.
Inter sc drückt bekanntlich das reeiproke und se das reflexi?e
Yerb<nis aus. wenn nun diese beiden yerhftltnisse im gegensats
ZQ einander stehen , kann natürlich nicht se nnd uUer se va densel-
ben Yerben gesetzt werden, wenn Cicero ausdrücken will, dasi sein
und seines bruders Quintus söhn sich gegenseitig, also jeder den
andern lieben, musz er pueri amafU inter se sagen, wfthrend se aimafU
heiszen würde, dasz sie sich selbst lieben, und se aimant mter se wftre
aL)0 ein widersprach, anders aber verh< sich die Sache bei den
Ycrben coniungere^ condüarej disiungere^ disparare, kurz bei den transi-
tiven Yerben , in denen der begriff der redprocitftt schon liegt, hier
musz ein object hinzugefügt werden, das den gegenständ anzeigt,
der mit einem andern oder dessen teile mit sich in ein gegenseitiges
Terhältnis gebracht werden, wenn nun das subject selbst es ist, dessen
teile sich in ein gegenseitiges Yerh<nis bringen, so musz se als ob*
ject hinzugefügt werden: conkmguni se *sie verbinden sich unter
einander' ; es kann also hier das im begriffe des verbums liegende
reeiproke Verhältnis mit dem reflexiven in einem einfachen satze ver-
bunden werden, was bei denjenigen verben, in deren begriff die
reciprocität nicht schon liegt, nicht der fitU sein kann, setze ich also
nun zu se coniungufU die werte inter se hinzu, so habe ich den im
verbum liegenden begriff der reciprocität durch inter se pleonastisch
ausgedrückt, aber inter se vertritt nicht das object wie dort bei
amantj liesze ich aber se weg und sagte nur caniunguni inter se^ so
würde das object fehlen, und ich könnte mir unendlich viele objecto
denken, welche das in coniungunt liegende subject mit einander ver-
bindet, wer also blosz coniungunt inter se schriebe für se coniungunt
oder se coniungunt inter se, würde den fehler machen , dasz er inter
se für se setzte, während der^ welcher amant se schreibt, um die
gegenseitige liebe auszudrücken; umgekehrt se für inter se setzt, der
unterschied zwischen den beiden contradictorisch geteilten classen
von verben wird sogleich klar, wenn man bedenkt, dasz man bei den
reciproken verben auch andere objecte mit inter se verbinden kann,
bei den nicht reciproken aber nicht, man kann sagen coniungunt
arma et rationes inter 5e; aber zu amant inter se kann man kein
weiteres object hinzufügen, oder wenn man inter se durch das reei-
proke determinativum alter auflöst, sagt man: amant alter aUerum
oder alteri äUeroSy dagegen für coniungunt inter se müste man sagen
coniungunt se äUeri cum älteris, ebenso könnte man sagen coniuncti
sunt inter se, aber nicht inter se amati stmt das ist die logische seite
der sacbe. in stilistischer bezieh ung fragt es sich, ob es der Sprach-
gebrauch erlaubt das inier se pleonastisch hinzuzufügen, wenn das ob-
ject durch se bezeichnet ist. zu nos findet sich inter nos an mehreren
stellen bei Cicero pleonastisch hinzugefügt, zb. de div, I 58 nos inter
272 KGoebelt über 9e and inter se.
nos esse complexos\ epist. V 7, 2 nan duhito quin res publica nos inter
nos concüiatura coniunduraque sü. inter se so zu se gesetzt wird
jedenfalls sehr selten vorkommen und wird auch dem lateinischen
idiom nur dann entsprechen, wenn sich se auf das ganze des subjects
bezieht, sonst wird man am besten thun das specifische object zu
dem verbum hinzuzusetzen, zb. manus^ arma^ raiiones . . inter se
coniunxen^nt. hiemach erledigt sich das was in dieser Zeitschrift
oben s. 67 f. über se caniungere gesagt worden ist. das se drückt
also auch hier nicht die reciprocität aus, sondern diese liegt in oon;
se ist notwendiges object. aber auch die übrigen bemerknngen über
den ausdruck der reciprocität durch ipsi se oder se ipsi sind nicht
stichhaltig, wenn Caesar b&. 11 25, 1 sagt: ubi suas urgeri signisgue
in unum locum cöüatis duodecimae kgianis confertos müites sibi ipsos
ad pugnam esse impedimento vidit usw., so hätte er auch etwa sagen
können duodedmam legionem confertis müüibus sibi ipsam esse im-
pedimento, er faszt hier die legion als ein ganzes und setzt das
hindemis, das durch sie selbst Yerursacht wird, in gegensatz zu
hindernissen die von auszen ihr entgegentreten; nicht aber soll das
hindemis das einer dem andern bereitet in gegensatz zu dem ge-
stellt werden, das jeder soldat sich selbst etwa bereiten könnte, ebd.
Vn 28, 3 steht auch: parsque t&i, cum angusto exitu partarum se
ipsi premerent, a müitibuSf pars iam egressa portis ab equitibus est
interfecta, hier ist also die einheit der sich in die thore drängenden
auch in pars ausgedrückt, und das drängen ist in beziehung auf die-
sen einheitlichen begriff nicht reciprok, sondern reflexiv, ebenso ist
in der stelle bQ. 11 19, 6 u^ inira süvas adem ardinesque constUuerant
atque ipsi sese confirmaverant der gedanke, dasz die ermutigung nicht
etwa vom fübrer kam, sondern aus ihnen selbst ; die reciprocität ist
hier sehr gleichgültig , nur accidentiell ; die hauptsache ist , dasz die
Soldaten sich selber helfen , das reciproke Verhältnis schlieszt aber
das reflexive aus. und äemgemäsz ist auch das se ipsi inter fici%mt
bG, V 37, 6 zu erklären, hätte Caesar hervorheben wollen, dasz sich
die einzelnen nicht selber töteten, sondern dasz eben einer den andern
tötete , so hätte er sicher inter se interfidunt geschrieben, aber es
kommt hier nur darauf an, dasz sie nicht durch äuszere gewalt ge-
tötet, sondem freiwillig in den tod gegangen sind, da kann der eine
sich selbst getötet haben und der andere sich von einem kameraden
haben töten lassen, das ist hier gleichgültig, und die phantasie kann
sich das ausmalen wie sie will.
Durch die regel also Mas eigentlich reciproke Verhältnis wird
bei Caesar entweder durch inter se oder durch se ipsi aasgedrückt'
wird die grammatik nicht bereichert werden können.
Soest. Rasl Oobbbl.
ROpitz: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüller. 273
38.
L. Annaei Seneoäe oratorum et rhetorum sententiae divisionbs
COLORES. EDiDiT H. J. M ü L L E R. Vindobonae et Pragae F. Tempaky.
Lipsiae G. Freytag. MDCCCLXXXVIII. XLIV u. 628 8. 8.
Die ausgäbe des rbetor Seneca von HJMüller kommt , das ist
keine blosze redensart, einem wirklieben bedürfnis entgegen, sie
bildet die dritte stufe einer Steigerung, deren beide erste stufen die
ausgäbe Bursians von 1857 und die AEiesslings von 1872 waren,
in abständen also von je 15 jabren vollziebt sieb die textgestaltung in
d6r weise , dasz immer die neue ausgäbe auf reicberm bsl. materiale
berubt und reicbere kritiscbe beitrage zur Verfügung bat. nament-
licb aber in den 80r jabren bat sich die kritik eingreifender mit die-
sem autor beschäftigt und die lange Vernachlässigung, die er vor
Bursian — wahrhaftig unverdient — erfahren hat, wieder gut zu
machen gesucht, besonders haben auch nordische gelehrte sich auf
diesem gebiete bethätigt. es war zeit, dasz diese zum teil schwer
zugänglichen beitrage einmal gesammelt und verwertet wurden, frei-
lich hat Müller von den neuem beitragen gerade HTEarstens ^spici-
legium criticum' (Leiden 1881), welches s. 33 ff. über die suasoriae
und controversiae handelt, nicht selbst benutzt, obwohl er die schrift
einige male erwähnt; von den altem hat er übersehen ANauck im
bulletin de Tacad. imp. des sciences de St. P6tersbQurg bd. 11 s. 337 f.
ich selbst habe eine reihe stellen behandelt in den ^quaestiones cri-
ticae in Senecae et Quintiliani declamationes', die sich finden in den
im Teubnerschen verlag demnächst erscheinenden ^commentationes
philologae quibus Ottoni Bibbeckio . . congratulantur discipuli
Lipsienses'. diese und andere nachtrage stelle ich, soweit sie nicht
im folgenden erwähnt werden, unten s. 290 ff. zusammen, auszer
den sonst veröffentlichten abhandlungen stand M. aber eine reiche
fülle brieflicher raitteilungen zu geböte, vielleicht konnte er mit
ihnen etwas wählerischer verfahren: denn veröffentlichten arbeiten
sind solche vertrauliche mitteilungen keineswegs gleich zu achten.
Doch folgen wir dem gange der praefatio s. VII — XLI. nach-
dem M. in wenig worten Seneca als Vertreter alter tüchtig-
k e i t gegenüber der verderbten beredsamkeit seiner zeit hingestellt
hat, bezeichnet er es als nicht angebracht, hier, ja überhaupt noch
weiter etwas über die römische rhetorik zu sagen, indem da-
rüber genug geredet worden sei. nun vielleicht ist doch das letzte
wort noch nicht darüber gesprochen, in einer anmerkung folgert
er die beliebtheit der declamationen unter anderm daraus
^quod vestigia earum in historiis ac poematis recentiorum temporum
deprehenduntur' und berührt damit einen sehr schwierigen punkt,
nemlich das wandern der novellenstoffe durch die weltlitteratur. er
beruft sich hierbei auf die forschungen Friedländers und österleys.
wenn er aber hinzufügt 'nonnulla afferre mihi liceat', so heiszt das
Jahrbücher für class. philol. 1888 hlt. 4. 18
274 ROpits: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüiler.
nar, dasz er aus dem index Osterlejs einiges hierher gehörige aus-
gezogen hat. nach den subscriptionen der besten hss. weist M. un-
serm autor den vornamenX. zu, obgleich sich dieser wahrschein-
lich nur aus der ursprünglichen Vermischung der werke beider Seneca
erklärt, hierbei möchte ich gleich auf den übelstand hinweisen, dasz
viele gelehrte von 'beitragen zu Seneca' udgl. reden, als ob es nur
.6inen gäbe, und dadurch zu vergeblichen nachforschungen voran*
lassen, die controversien hat M. gegen die hss. vor die sua-
sorien gestellt, nicht nur weil sie zuerst verfaszt sind (vgl.
s. 156, 8), sondern nach seiner ansieht auch im archetypus an erster
stelle gestanden haben (.<. IX).
Nun aber die handschriften selbst, im gründe wird sich
wenig an der bisherigen auffassung ändern, schon Kiessling hat
richtig gesehen, dasz Antverpiensis (A) und Bmxellensis (B) für die
kritik von gleichem werte sind und den ausgangspunkt bilden müssen,
daneben hatte Kiessling die lesung des Toletanus (T) überall ange-
merkt, der nun zurücktritt, da M. eine gute collation des VaticanusY,
aus dem T abgeschrieben ist, von Petschenig erhalten hat. auf eine
vollständige vergleichung des Vaticanus v glaubte M. verzichten zu
dürfen, da er den Bmxellensis D, welcher aus derselben vorläge
stammt wie v, durchgängig verglichen hat. der cod. Brugensis (Br),
eine abschrift des T, ist für die kritik wertlos, die wichtigsten hss.
hat M. selbst verglichen und, wenn man nach der Sorgfalt der ganzen
ausgäbe urteilen darf, sehr gewissenhaft, im allgemeinen gibt er
trotz mancher neuen lesung Kiessling das zeugnis sorgfältiger arbeit,
als beispiele der vorkommenden dififerenzen führe ich folgende an :
s. 67, 24 K. actus B2 = s. 15, 12 M. iaäus B^ 72, 12 K. caibi
C(«« AB)T b — 20, 17 M. ccOb AB calbi V Dvt; 74, 10 K. fuierU B
■K 22, 18 M. fuemt B. über die richtige lesart, dort (actus j hier
QMi bzw. fuerü hatte auch K. keinen zweifei, und so steht es wohl
auch sonst, so oft K. sich versehen hat. M. ist auch nicht unfehlbar :
16, 3 sagt er zb. *€t add. £', 92, 14 steht aber nichts davon. K. 68, 5
'*et om. OB'. — 68, 19 gibt K. egeä, M. 16, 14 egta für egeo. wer
hat recht? K. läszt mancherlei , auch erheblichere Varianten weg,
namentlich bekannte Schreibereigentümlichkeiten, M. dagegen bucht
sorgfältig s. 16 misserrimus^ penas^ fatiamq%i€\ s. 18 qttoties^ aties^
pertinatia^ fatiam: s. 19 nestio^ heneßium, fatio\ s. 20 eq%u> usw.
besonders nach dem was M. selbst s. XXXII sagt musz ich diese
Varianten für überflüssig und störend halten, hinwiederum zeigen
von K. gegebene abkürzungen bisweilen das wesen einer Verderbnis
rascher, so 70, 9 supersütem B (M. 18, 10) <» superstUem.
Die hss. sind* von M. genauer beschrieben worden als bisher,
vor allem sind die einzelnen bände und tinten genauer unterschieden
und die rasuren angegeben worden, so stellt er denn folgendes
stemma der hss. auf:
BOpitz: anz. t. L. Ännaens Seneca rhetor ed. HJMfiUer. 275
C
I
I
AB
von den excerpten-bss. ist die beste der Ton EScbenkl neu ver-
glicbene cod. Montepessulanus M. dessen lesarten sowie die des
von M. neu verglicbenen Paris. P sind vollständig notiert, dem«
näcbst am bäufigsten begegnet der von M. verglicbene Paris. S, dann
Admuntanus a (Petscbenig), Berol. j3 (Müller), vereinzelt auch noch
andere aus der groszen menge der vorhandenen überhaupt, das Ver-
hältnis der excerpten-hss. unter einander festzustellen
war auf grund des zusammengebrachten materials M. nicht möglich,
aber über das Verhältnis der excerpta zu den Seneca-bss.
hätte er sich äuszem müssen, er bevorzugt zb. 137, 8 (181,8 f. K.)
obiorpuistis E gegen exstipuistis B, ohstipuistis bzw. obstup. VD (K.)«
wie ein altes glossem sieht aus s. 47, 7 (97, 10 E.) cadere A V D gegen
deici E, entpuppt sich aber doch als Verstümmelung, vgl. caderei B
= [cd\deici, s. 440, 3 (454, 3 K.) ist infelicüatis wohl blosz ein ab-
schreiberversehen für das inbecillUatis Senecas 404, 21 (421, 10 K.).
wir müssen, wie ich auch unten zeigen werde, die excerpta noch
weiter heranziehen und gelegentlich mit der Überlieferung des Ori-
ginals combinieren. — M. bestreitet dasz r die Verbesserung einer
reihe von stellen selbst gefunden habe, was K. für möglich hielt,
das argument 'cum per se vix credibile sit' beweist nichts, wohl aber
spricht die häufige Übereinstimmung zwischen t und vD bzw. E für
M.s ansieht, dasz r aus hss. geschöpft hat. daneben wird er aber
conjiciert haben, belehrend ist zb. folgende stelle, die in den besten
hss. und v^ lautet s. 20, 12 homo est: non vis alium hominem?
X schrieb ali hominem (Gertz all a me\ was man sich gefallen lassen
könnte, nun hatte aber schon Bursian älam vermutet, was jetzt
durch v^ bestätigt und auch von M. angenommen wird, die haupt-
frage ist, wie weit die von M. neu verglichenen hss. zur Verbesserung
des textes beitragen, ich habe mich der mühe unterzogen die beiden
letzten ausgaben durchgängig mit einander zu vergleichen, das er-
gebnis ist folgendes: der Müllersche text weicht in mehr als 1200
punkten von dem Kiesslings ab. Y5 der abweichungen beruhen auf
conjectur, zum teil alter, meist aber neuerer, nur Yg auf hsl. auto-
rität, meist bekannter. 26 stellen fand ich, die allein auf bisher
unbekannte hsl. gewähr bin verändert sind, zum teil ohne rechte
Sicherheit , zum teil in den excerpten-hss. , von denen Kiessling nur
18*
276 ROpitz : anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüller.
zwei berücksichtigte, sämtlich geringfügig und so beschaffen, dasz
die Verbesserung auch durch einfache Überlegung gefunden werden
konnte y wie denn an etwa ebensoviel weitem stellen conjeoturen
durch neue von M. angenommene lesarten bestfitigung finden, that-
Sache ist, dasz keine der wirklich schwierigen stellen durch M.s
reichen apparat geheilt wird.
Es folgen (s. XXX — XXXV) betrachtungen Über die wort-
schreibung. zu einer consequenten durchführung hat M. sich
nicht entschlieszen können , sondern er macht die entscheidung ab-
hängig von dem zufälligen zusammenstimmen der maszgebenden hss.
auf diese weise hat er die Schreibart Senecas gewis nicht hergestellt,
so steht zb. s. 73^ 4 adligäur, ebd. z. 7 älligaverufU] s. 45, 18 in-
pudentia^ 46, 8 impudentiam; 408, 1 ff. in demselben satze imnor-
talium und imm.
Die addenda und corrigenda nehmen nur 6ine seite ein.
druckversehen sind äuszerst spärlich: 39, 12 anm. schreib 'cf.
p. 41, 11'; 58, 1 hahes qui et vindicet scheint blosz versehen zu sein
für te V, ; 69, 6 anm. versteht niemand , dasz n. heiszen soll ^nunc'.
Wie hat nun M. den text und die anmerkungen äuszer-
lieh gestaltet? E.s klammern sind verschwunden, die ergänzungen
sind cursiv gedruckt, alle sonstigen änderungen sind durch den druck
nicht kenntlich gemacht, meint M. dasz seine änderungen lauter
sichere Verbesserungen sind ? er stellt aber ja oft in den anmerkungen
eine zweite Vermutung auf. mir erscheint gerade im Seneca eine be-
Zeichnung des noch unsicbem nötig, und in dem reichhaltigen apparat
ist es oft nicht leicht, zumal bei der kürze der fassung, sich klarheit
über die Überlieferung zu verschaffen, als einen übelstand empfinde
ich, dasz die quellen- und parallelstellen inmitten des apparats stehen,
wo sie ganz verschwinden, vieles bieten schon die alten ausgaben, eini-
ges möchte ich beisteuern, offenbar schwebt s. 153, 2 ff. (195, 22 ff. E.)
cadenies iam oculos ad nomen meutn erexit fugientemque ani-
warn räinuü Ov. met. IV 145 f. vor: ad nomen Thishes oculos
taut morte gravatos Pyramus erexit visaque recondidit üla, — In
den Worten s. 229, 7 ff. (260, 27 ff. E.) tnuUa erant quae reprehen-
dereSy muUa quae suspiceres^ cum torreniis modo magnus quidem^ sed
turbidus flueret erkennt man leicht das Horazische vorbild sat. I 4, 11.
— Zu der eigentümlichen stelle s. 364, 10 (384, 19 ff. E.) suffixorum
Corpora a crucibus in sepulturam suam defluunt findet sich eine
parallele Val. Max. VI 9 ext. 5 cr%AC% adfixU, e quaputres eius artus
et tdbido cruore manantia memhra . . Samos . . adspexii. auch stoff-
lich konnte manches noch angemerkt werden, so geht exe. VI 7
demens qui filio cessit uxorem auf ein historisches Vorkommnis zu-
rück: Val. Max. V 7 Cirt. 1.
Beigegeben ist ein index der eigennamen, in manchen
punkten vollständiger als der bei Eiessling, aber ohne die viel-
fachen verweise auf andere autoren. deshalb behält der ältere noch
seinen wert aufgefallen ist mir unter Cornelius (P. Cornelius Scipio
ROpitz : anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüUer. 277
Nasica) 'se ipse iDteremit' 569, 1. — 8. 579, 1 (52, 22 ff. K.)
P. Scipionem a maioribus suis desciscentem generosa mors in numc'
rum Scipionum reposuü vermutete Gertz Q. Scipionem ^ M. aber ver-
gleicht Liv. per. 114 und Val. Max. IX 5, 3, welch letztere stelle
jedoch in Halms index unter ^Q. Metellus Scipio socer Pompei M.'
steht, diesen namen , den der betreffende nach seiner adoption an-
nahm, sollte auch M. im index erwähnen, diesem index nominum
muste ein index rerum hinzugefügt werden, wie er in Halms Quin*
tilian und in Bitters Quintilianischen declamationen zu finden ist.
ein index scriptorum bildet den schlusz.
Nachdem wir gesehen haben , dasz auf grund erneuter verglei-
chung der hss. nichts erhebliches neu gewonnen worden ist, soll uns
zuletzt die wichtigste frage beschäftigen , in welcher weise der hg.
die kritischen beitrage verwertet hat und ob die textkritik
unseres autors nunmehr zu einem gewissen abschlusz gekommen
ist. zu diesem zwecke werden wir eine gröszere anzahl stellen be-
handeln.
Wenige Schriftsteller wird es geben, die so viel lücken ent-
halten wie der rhetor Seneca. an vielen stellen musz man von vorn
herein auf ausfüllung verzichten , bei den übrigen wiederum ist die
beseitigung leichter zu bewirken als in andern texten, denn erstens
kommen uns die excerpta, so flüchtig sie auch gemacht sind, hier
trefflich zu statten, ein jeder kritiker hat hierzu seinen beitrag ge-
liefert, und es kann fast ungerecht erscheinen, dasz im apparate die
namen dieser finder nicht genannt sind, einzelnes ist hier immer
noch nachzutragen, ferner liegt eine stütze für ergänzungsversuche
in dem wesen dieser rhetorischen Übungen selbst, bisweilen kehren
dieselben Wendungen bei verschiedenen rhetoren wieder, in den
divisiones baut sich eine ganze reihe aus einander sich entwickeln-
der glieder auf. mit hilfe dieses umstandes habe ich die lücke
s. 170, 16 (211, 16 f. E.) in den comm. Ribb. s. 42 sicher aus-
gefüllt. M. hat hier die ergänzung von Thomas in den text gesetzt,
zunächst noch einige Verbesserungen aus E. der vater, welcher
zögert seinem söhne die einem mädchen angethane gewalt zu ver-
zeihen und deshalb von demselben des Wahnsinns bezichtigt wird,
sagt von sich s. 139, 15 (183, 13 ff. K.) (Papiri Fabiani,) demens
sum. vides turpiter vivo, meretricem amo, legem ignoro, dies tuos non
numero, M. hat die an sich haltbare Vermutung von Gertz vides
enim in den text gesetzt, übrigens ohne jede andeutung im drucke,
in E lesen wir aber s. 197, 4 (234, 19 ff. K.) demens 5wm, vides^
nimirum turpiter vivo . . numero. nimirum passt vortrefflich; der
fehler scheint also in den drei ersten werten zu stecken, nun folgt in
E unmittelbar demens^ inquitj es. potest aliquis ignoscere sie roganti?
die Worte demens, inquit, es fehlen in der rede desselben Papirius
bei Seneca und sind dort schon früher nachgetragen worden s. 140, 1.
liegt hier nicht die Vermutung ganz nahe, dasz auch im anfange sich
Papirius derselben form der einrede bedient und also gesagt hat
278 ROpitz: anz. t. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMflUer.
demens, inquit^ es, nimirum iurpiter vivo'^ — s. 338, 9 ff. (360,
1 2 ff. E.) ist die rede von der figur ^x^* ^^ ^^^ üsener und Gertz
empfohlene und von M. au%enommene matte lfi€pTf|V wird nach
meiner Verbesserung (comm. Eibb. s. 39) »cbwerlich freunde finden,
weiter heiszt es nun et alieri, cum descriptis Alexandri vidorüSf genH-
Ims perdomitis^ novissime paneret: *quousque invicte?* exdamavü
Cestius: tu atäem quousque? hier wird offenbar nicht sowohl das
echo als die breite geschwätzigkeit in Verbindung mit der von andern
zu tode gehetzten licblingswendung verspottet, sonst wftre die ent-
gegnung des Cestius witzlos, in E lautet aber die stelle s. 357, 9 f.
addentique ^quousque post ista?* exdamavü: *et tu quousque?* sollte
E wirklich auf eigne band post ista hinzugefügt haben, was doch so
trefflich auf die weitlftufige aufzfthlung der bisherigen thaten bezug
nimtV vielleicht war es in der vorläge von E Ober invide geschrie-
ben, nun fällt erst licht auf das unverständliche autem^ für das AOtto
diam schreiben wollte : es steckt darin nicht« anderes als eine bittere
replik auf die worte quousque, invide^ post ista, nemlich tu antea
quousque? — s. 407, 20 ff. (424, 4 ff. K.) iüa non (est inpudica,
quae arcessita est a tyranno^; iüe Knon} dicitur sacrüegus, qui deorum
inmortalium dona manxbus suis tulit ad tyrannum aut qui funestas
tyranni imagines inter effigies deorum immortalium consecravit, das
eingeklammerte ist aus E ergänzt, nun ist aber klar, dasz statt des
ersten est zu schreiben war dicitur. denn E, welches weiter unten
hat non est sacrüegus (jsacerdosy, kann hier nicht maszgebend sein,
die concinnität verlangt diciiur, so erklärt sich auch besser, warum
das ganze stück ausgefallen ist femer hat E sacerdos nach sacri'-
legus\ dies gefällt mir sehr, namentlich des zweiten gliedes wegen,
in dem vom weihen der imagines die rede ist. dieses sacerdos wird
statt des von Bursian vermuteten ille in der lücke gestanden haben,
das pronomen hat an sich keinen rechten sinn, weshalb ich glaube
dasz auch im anfange des ganzen satzes nicht f7/a, sondern pueZZa
gestanden hat.
Wo die genannten hilfsmittel uns bei ergänzung der lücken im
stiebe lassen, brauchen wir noch nicht die flinte ins kom zu werfen,
nein , es läszt sich auch sonst bisweilen die ergänzung zu einem ge-
wissen grade von evidenz bringen, unter den lücken, die durch E
sicher ausgefüllt werden, sind sehr viele dadurch entstanden ^ dasz
der Schreiber wegen groszer ähnlichkeit einige benachbarte worte
übersprang, daran müssen wir uns immer halten, und besonders
Gertz hat dadurch mehrere stellen geheilt auch hier ist aber noch
manches zu thun. s. 3, 6 ff. (58, 26 ff. E.) fiat quod vuUis: mittatur
senex in scholas. ülud necesse est inpdrem, ne me quasi (ßcho-
lasticumy c er tum dliquem ordinem velitis sequi in eontrahendis
quae mihi occurrent, erst so wird quasi verständlich : der greis will
in die schule gehen, aber nicht wie ein schulknabe behandelt werden.
— s. 30, 15 ff. (81, 24 ff. E.) Comdi Hispani. occidisti hominem.
quid respondes? ^vim adferebat mihi.* diam puto. sacerdoti pro
ROpitz: anz. t. L. AnnaeiiB Seneoa riietor ed. HJMüller« 279
Ubertate vota facienda sunt: captivae mandabUis usw. richtig scheint
mir M. die an sich unklaren werte eUam puto sam vorhergehenden
gezogen zu haben, er schreibt jpreftifin jptifo. denselben sinn drttckt
Gertz noch schärfer so ans: etiam^ P^o^ ^pretmn^. andere wollen
die Überlieferung halten und etiam affirmativ erkl&ren. nidits von
alledem scheint mir richtig, ich lese ^f>im adferthat mihi* ^ tarn,
puto, (adtuleraty. sacerdoti usw. jeder erkennt, wie leicht in
seiner Umgebung adtvAerat Übersehen werden konnte, die pointe
kehrt wieder s. 33, 11 f. (84, 12 f. E.) gloricdur homicidio eius, quem
nescio an sero occiderit. von demselben gesichtspunkte aus
dürfte es sich empfehlen s. 34, 2 f. (84, 25 f. K.) zu schreiben manm
quae dis datura erat sacra^ capturas tulit ^knoni^; cum usw. M. mit
Eiessling lenoni capturas tulit. — s. 114, 1 (160, 1 ff. K.). die ganze
stelle von 113, 3 an handelt von der kleinlichen freude an nach-
ahmungen. der reiche will alles im kleinen in seiner nfthe haben,
wie manche grosze früherer zeit in ihren parke einen Vesnv udgl.
haben wollten, o paupertas, quam ignatum honum es! der arme ge-
nieszt die erhabenheit, die grOsze und gewalt der natur unmittel*
bar. in diesen worten weht etwas wie stürm und drang, vixpcssum
credere quemquam earum vidisse süvas patentisque eamme campoSy
quos rapidus amnis ex praedpitio vdj cum per plana infiisus est^
ptacidus interfluit; non maria umquam ex coüe vidisse lata aut
hiberna, cum ventis penitus agitaia sunt, quis emmtamparvis
ohleäare animum imitamentis possUj si vera cogncverit? tndelicet ^haec
iUis placenty, tU infaniibus quae tangi conprehendique manibus aut
sinu possunt; nam magna nan eapit exigua mens, überall also
der gegensatz zwischen grosz und klein, und diesen haben die ge-
lehrten förmlich verkleistert mit coi^'ecturen, und M. ist ihnen ge-
folgt, einzig richtig \^i paientisque latissime campoSy was ich lange
bemerkt hatte , ehe ich es bei Linde las. das meer überwältigt ent*
weder durch seine Unendlichkeit {lata, wofür Thomas-Müller {ento)
oder durch die Wildheit zur Winterszeit {hibema). einen passenden
gegensatz bilden die parva imitamentay die Bursian-Müller durch
prava ersetzen, zum schlusz ist fraglich die ergänzung nach videUcd.
die Gertz-Müllersche habe ich oben gegeben, sollte aber nicht
vielmehr zu schreiben sein videlicet sunt eis in deliciis, ut tn*
faniibusuävf.? -— 8.321,8 f. (344,2 S. K,) ex servo gener ä ex donnina
uxory ex domino socer factus est. et ist keineswegs zu tilgen, sondern
der gegensatz verlangt geradezu ex servo gener et coniux (ciux)^
was vor ex leicht ausfallen konnte. — s. 331, 11 ff. (353, 19 ff. E.)
luni GaUionis, fuü adulescens optimus, verecundisstmus, qui patri
suo cessisset, si salva pietate potuisset. pietate ist zu unbestimmt.
Eiessling schlug zuerst salva dvUate vor, verwarf es aber in seiner
ausgäbe und vermutete salva rep. id facere. beides gibt einen falschen
sinn, die eigenschaft, unbeschadet deren er es nicht hat thun können,
musz bleiben, nur ist zu ergänzen salva pietate K^erga ri p.y
potuisset. die res publica wird in dieser declamatio immer und immer
280 ROpitz: anz. y. L. AnnaeuB Seneca rbetor ed. HJMüller.
hervorgehoben: s, 331, 16. 332, 1. 15 usw. — s. 393, 11 ff. (410^
16 ff. E.) cum deplorasset condidonem viölatafn maiestatis et consaetu-
dinem maiorum descripsisset , qua semper voluissent ad supplicium
(lucey advocarif sententiam dixit: at nunc apraet&re lege actum est
ad lucernam, um den geforderten gegensatz hineinzubringen, hat
M. unter hintansetzung der fremden vorschlage — media die vocari
von 0 Jahn, lud daro vocari von Vahlen — luce ergänzt, nach suppU-
dum an sich nicht übel, dennoch ist mir lux nicht bestimmt genug,
viel greifbarer dünkt mich ^aurora^ aduocaru der grund der
auslassung springt in die äugen, zugleich stimmt der hergestellte
ausdruck zu dem sonstigen sprachgebrauche. so heiszt es Ov. am,
I 13, 16 von Aurora: prima vocas tardos suh iugapanda haves^ und
V. 24 lanificam revocas ad sua pensa manum. — s. 422, 12 f. (438^
1 f. E.) non est quod putetis hos lacrimas aut filiae esse aut reae:
fratrem (ßeuity (flet Bursian - Müller), vgl. 429, 14 (444, 20)
qtMC mortuo fratre flevit.
Unter benutzung einer Vermutung von Gertz hat Mttller s. 423^
8 ff. (438, 21 f. E.) ergänzt: venefido simile mendacium, si in (no-
verca vixy credibih: est parriddium^ in sorore credUis? für viel leichter
und besser halte ich si incredihHe est parriddium <^in noverca^ , in
sorore creditis? wenn es auch zunächst incredibUe ist, kann es doch
nachgewiesen werden , dämm dann vix prohavi, — s. 582, 7 f. (55,
17 ff. E.) erat autem Cestius nuüius quidem ingenii . . Oiceroni etiam
infestus. M. schiebt nisi sui amaior ein, vielleicht aber ist vor
Ciceroni ausgefallen patronus. — Nach dem gesagten wird es
nicht zu kühn sein, auch am ende eines abschnittes eine ergänzung
zu wagen, nach der griechischen sentenz des Hybreas s. 311, 2 f.
(334, 5 f. E.) heiszt es hoc quilmsdam corruptum videbaiur^ Romanius
tamen <^imitatus esty. — Dagegen hat M. mit unrecht aufgenom-
men das einschiebsei eines unbekannten s. 115, 10 f. (161, 7 f. E.)
adoptio tres (^ahdicavit, quartumy abdicatura est. denn was soll das
beiszen : die (noch nicht vollzogene) adoption hat drei enterbt (die
aber schon vorher enterbt waren)? — s. 426, 16 f. (441, 25 f. E.)
quod sie dedamarent^ tamquam haec^ quae <^pueUay nominata est^ in-
fans esset verkennen Gertz und M. den absoluten gebrauch von
nominare für consdam naminare s. 429, 3. so heiszt es s. 429, 9
nominavU privigni sui sororem und s. 430, 5 f. postquam nominavü
ßiamy ad me respexit. nun wird auch s. 429, 13 (444, 19 ff. E.)
klar als Selbstgespräch der Stiefmutter: Blandus dixit: nomi-
naho ist am quae patri adfuit^ istam quae mortuo fratre flevit, torta
matre non flevü. M. schreibt mit CFWMüller quid nominabo . .?
Georges gibt übrigens im lexikon geradezu nominare <» 'angeben,
anklagen'. — Für ganz künstlich halte ich die ergänzung 35, 13
(86, 8 E.) ^quaecumque istuc indusa esty conservarum und 388, 18
(406, 12 E.) hominis richtig Bursian proconstdi; für unnötig 379, 14
(397, 29 E.) multa in ((Jaüian uty avarum, für ganz unsicher 182, 7.
398, 22.
ROpitz: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetpr ed. HJMüUer. 281
Die kehrsei te der ergSnzungen ist die tilgang ungehöriger
Worte, auch hier hat G^rtz manchen guten griff gethan. Yielfach
liegt dittographie vor. als solche ist noch zu tilgen in s. 576, 1
(49, 4 ff. E.) non feres Äntonium: intolerabüis [tn] mälo ingenio
fdicUas est nihüque (nocerey cupientis* magis accendit qtiain pro-
sperae turpitudinis conscientia. wo aher diese oder eine andere ent-
stehungsursache des unpassenden Wortes nicht zu erkennen ist , er-
ührigt darin eine Verderbnis zu entdecken, auf den versuch hat der
hg. bisweilen verzichtet, ein erzwungenes flickwort sehe natürlich
auch ich nicht als heilung an. s. 113, 1 f. (159, 6 f. E.) ist über-
liefert iUe secatur lapis et tenui fronte parietem tegit quam umetis
severe, naiv bemerkt M. dazu Werba corrupta seclusi'. nun hat aber
Earsten annehmbar vermutet qiiem timetis subire. ich selbst hatte
mir angemerkt quem timetis semper, vgl. 112, 8 ff . u^ anxii ei
interdiu et nocte ruinam ignemque metuant. — s. 243, 13 ff.
(272, 11 ff. E.) amisi, inquit^ uxorem^ Uberos, Patrimonium, tu putor
hos te ea condicione accepissej ne perderes? ludit [de] stns fortuna
muneribus et quae dedit aufert, mit recht hat Gertz de für verkehrt
erklärt, doch ist dafür zu schreiben ludit te suis Fortuna (doch wohl
auch hier als göttin gemeint, wie in der parallelstelle s. 481, 7 f.)
mtmerihus. der Sprachgebrauch ist verbürgt. — s. 133, 5 (177«
14 f. E.) sie iUa [inquit] me falso periculo terreret konnte recht wohl
Gertzens Vermutung invicem aufgenommen werden , vgl. 136, 9 in-
vicem petit. — s. 481, 5 ff. (491, 5 ff. E.) Jmic eooimii ocuH sumt:
extirpentur radicitus, huic [non] speoiosa fades est: potest formonsus
mendicus esse, non hat schon die zweite band im Antverp. getilgt,
der corrector des Tolotanus schrieb vero^ Gertz dachte an u^ia,
leichter und im gegensatz zu den vorher genannten äugen trefflich
passend ist: huic tota speciosa fades est. — s. 274, 6 ff. (299, 10 ff. E.)
wird die läge des auf einem wrack dem meere übergebenen bruders
geschildert: uhi spes? in gubernaculo? nuUa est. inremigio? nein
hoc quidem est, in comite? nemo repertus est naufragi comes. invdo?
in antemna? omnia [paene] instrumenta circumdsa sunt, admini-
culum spei nullum est. remigione in ist gar nicht überliefert, sondern
remigionem, nun ergeben das dritte und vierte glied , dasz im ein-
zelnen das fehlen der ausrüstungsgegenstände nachgewiesen werden
soll, folglich musz es im zweiten beiszen ne hoc quidem est und im
ersten, wie schon Ritschi ua. verlangt haben, nullum est. im viert-en
ist von dem takel werke die rede, zuletzt bleibt nicht nur die ent-
stehung des paene rätselhaft, sondern es fehlt auch eine angäbe zu
omnia instrumenta , damit diese werte als eine entgegnung auf die
vierte frage erscheinen, man erwartet omnia superne instrumenta.
— s. 280, 9 ff. (305, 1 ff. E.) obids mihi moUiorem animum: aUus
* in den comm. Ribb. s. 43 bemerke ich, dasz ich wie Sander darauf
gekommen sei cupientTs zu lesen, das wird wohl auch bei andern der
fall sein, doch ist es damit nicht abgethan. mir scheint es am besten
für cupientes zu lesen inpudentes (ohne das von M. eingeschobene nocere).
282 BOpitc: ans. ▼. L. AnDaeas Seneca rhetor ed. HJMüUer.
mitior est [plus] quam debety cHius saeviar quam neeesse est. ich
schreibe alius mUior est (^ani^mus. — s. 302, 5 (325, 23 f. K.)
beanstanden tarn mit recht Baumm und Müller quasi iüe [iam] hanc
insaniam introduxisset. zu lesen ist wohl tue tot am hanc insankm
introduxisset. — Von Paris ist die rede s. 547, 12 ff. (24, 23 f. K.)
Cesti Pii. vos ergo \adhunc\y dt immortaleSj invoco: sie redusuri estis
maria? obserate potius. acJ^unc hat OBibbeck eingeklammert, aber
auch die folgerungspartikel hat mistrauen erweckt, ich schlage vor
vos ctra adulterum und dann, da sie unverstftndlich ist, ei reötu-
suri estis maria? fthnlich drückt sich Cornelius Hispanus aus z. 19
ista maria . . adulteris dauderentur.
Auch die Wortstellung ist bisweilen zu ändern, mehrfach
ist, glaube ich, die anaphora veranlassung gewesen ein wort zu
Überspringen, das dann am rande nachgetragen wurde, so schrieb
ich s. 410, 7 f. (426, 8 f. E.) in den comm. Bibb. s. 43 parricida^
[voluisti] violasti patris corpus, (violastiy fratris henefidum. M. gibt
auf grund einer parallelstelle poüuisti. violare gehört aber zu den
lieblingsworten Senecas auch im sinne 'entweihen' : s. 247, 2 (275,
18 f. K.) invoco lovem^ cuius Olympia parricidiis absoluta sunt ist
wohl violata zu schreiben, nicht |>o2{«/a (Bursian-M.). — Vielleicht
liegt anaphora auch vor s. 296, 2 (319, 30 f. K.) vocetur, inquit,
[Ute] dceronianus iUe diens, Kße^ amicus. dagegen gehören s. 185, 1 f.
(224, 3 E.) die begriffe quod uxorem mature dtm, semper düexi so
eng zusammen , dasz das zweite glied nicht mit quod einzuleiten ist,
was Thomas und M. thun. s. 272, 15 ff. (297, 22 ff. E.) erhält eine
pointe erst durch BWachsmuths Umstellung des non. sie scheint
mir sicher, auch 422, 3 f. (437, 15 ff. E.) nimt Wachsmuth mit
recht am sinne anstosz. doch ist leichter als seine Umstellung fol-
gende abhilfe : aiebat autem Scaurus rem veram : [non] minus magnam
virtutem esse sdre dicere quam sdre desinere, s. 571 , 1 ff. (45, 1 7 ff. E.)
paene nihü enim in ea Cicerone dignum est^ ac ne hoc quidem quod
[paene] maxime tcierabüe est, paene hat M. umgestellt und damit
einen verstosz gegen die logik begangen , da ja jenes wort ein ge-
wisses masz zuläszt, ne . . quidem aber alles ausschlieszt. ich lese
mit CFWMüller quod per se maxime tolerabüe est.
Eine höchst wichtige frage ist die, ob in unserm texte Verwir-
rung durch glosseme angerichtet worden ist. M. selbst glaubt
ein solches annehmen zu müssen s. 268, 14 ff. (294, 11 ff. E.), wo
wir lesen von Albucius, der in seinen reden ein Vorgänger unserer
modernsten realisten und naturalisten war: spiendidissimus erat:
idem res dicebat omnium sordidissimas ; acetum etpuldum et [Damam
et Phüerotem] lantemas et spongias; nihü putäbat esse, quod did in
dedamatione non passet, hierzu bemerkt M. Mel. servorum nomina
a grammatico quodam adscripta esse ratus , qui sordida negotia tri-
viatibus verbis (cf. Suet. de rhä. 6) adiungeret' ich finde dies ganz
unglaublich, zusätze konnte hier höchstens ein Zeitgenosse machen,
dem andere beispiele aus den reden des Albodus einfielen. Bursian
ROpitz: anz. y. L. ADnaene Seneca rhetor ed. HJMüller. 283
las aus den werten et phileroton (spongias) oder et psäothrum {et
spongias) heraus, zunächst sehe ich nicht ein, weshalb man das
wort dama 'nach Cuvier eine africanische antilope' (Friedländer
sitteng. Roms 11^ 496) beanstandet. Quintilian IX 3, 6 erwähnt die
timidi damae bei Vergilius. in einem vergleiche kann sie leicht auch
Albucius gebraucht haben, obwohl sie nicht in den Wortschatz der
controversiae gehören, erkennt man die berechtigung des wortes in
dieser gesellschaft zu erscheinen an, so verlangt die dreigliedrige an-
Ordnung von je zwei zusammengehörigen begriffen noch ein zweites
tier. wie wäre es mit dem paläographisch ganz ähnlichen r/^ino -
cerotem'^ in welchem sinne dies wort gebraucht werden kann,
lehrt Martialis I 3, 5 f. maiores nusguam rhonchi, iuvenesque senesque
et pueri nasum rhinocerotis habent, über das vorkommen des
tieres in Rom vgl. Friedländer ao. 11^ 494. die begriffe des ersten
gliedes hängen wahrscheinlich auch innerlich zusammen, vom ptdeium
Bagt nemlich Plinius n, h, XX c. 54 magna societas cum hac ad recre-
andos defeäos animo pul ei o cum surcülis suis in ampuüas vitreas
aceti tärisque deiectis . . inlinvtur etiam in dolonbus cumpdenta et
aceto . . et vomitiones (sistit) cum aceto et polenta . . ex rneüe et
aceto sedat menstrua usw. im mittlem gliede könnte das bindende
der umstand sein, dasz zwei tiere genannt werden, nur das dritte
läszt einen solchen Zusammenhang nicht erkennen, laterne und
schwamm? ganz unverdächtige begriffe, man sieht nicht recht,
worauf eigentlich die werte nihil putäbat usw. sich beziehen, höch-
stens der schwamm kann bedenken erregen, wenn man sich erinnert
an San. ep. 70, 20 nuper in ludo bestiariorum unus e Germanis^ cum
ad matutina spedacula pararetur, secessit ad exonerandum corpus:
nuUum aliud tili dahatur sine custode seeräum; ibi lignum id^ qu^d
ad emundanda ohscena adhaerente spongia positum estj totum in
gulam farsit et [vi] praedusis faucibus spiritum elisit. dieses unver-
diente loos des scbwammes erwähnt auch Mart. XII 48, 5 ff. auch
jetzt noch würde ich bedenken tragen den schwamm in so prägnan-
ter bedeutung zu fassen, wenn nicht gar zu nahe läge — latrinas
et spongias, — s. 104, 5 ff. (151, 24 ff. K.) haec eo libentius^ Mda^
fili carissime , refero , quia video animum tuum a cimlibus officiis ab-
horrentem et ab omni ambitu aversum [Jioc imum concupiscentem'] nihü
concupiscere ^ <[nisiy vi eloquentiae tantum studeas, wo gleichfalls die
annähme eines glossems unhaltbar ist, liegt wahrscheinlich jener Irr-
tum vor, vermöge dessen der abschreiber ein zu schreibendes wort
an ein benachbartes angleicht, eine solche stelle s. 212, 11 con-
positio aspera et quae vitaret conpositionem , hat Thomas geschickt
verbessert : conclusionem, eine gewisse ähnlichkeit des angeglichenen
Wortes pflegt ja meist vorhanden zu sein, so dürfte in unserm falle
zu schreiben sein ab omni ambitu aversum hoc unum^ intermitten-
tem nihü, concupiscere , ut eloquentiae tantum studeas. — Ebenso
halte ich s. 69, 10 ff. (118, 9 ff. K.) das fehlerhafte discessisse nicht
etwa für eine vorausnähme des später folgenden, sondern mit Gertz
284 BOpiiz: anz. t. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüller.
fttr eine leichte Verderbnis und schreibe mit ihm scHus PoUio kiäido
fecisse vtUt eam^ nee tarn misericordiae cessisse; dixü enim ülam
non potuisse cum piratis vivere. durch dieses cessisse wird das pas-
sive handeln der meisten gegenüber dem planmftszigen handeln
{iudicio) der 6inen hervorgehoben. — Ein sicheres beispiel einer
interpolation glaube ich s. 390, 7 ff. (407, 20 ff. E.) entdeckt zn
haben : ipse Montanus iUum locum ptUcherrime iractavit, quam muUa
populus Eomanus in suis imperataribus tulerit: in Gurgite ItAXuriam,
in Manlio inpotentiam , cui non nocuü et fiUum et victorem occiderCj
in SuHa crudelitatemy in LucuUo avaritiam, wenn wir nun in E
8. 436, 15 f. lesen in LucuUo luxuriam^ in muUis avaritiam^ so wird
niemand einen augenblick zweifeln, dasz dies die ursprüngliche les-
art ist. und so hat denn Müller nach dem vorgange Ottos den
Worten zu ihrem rechte verholfen. aber merkwürdigerweise hat
keiner von beiden bemerkt, welche Schwierigkeit nun entsteht: die
luxuria ist zweimal erwtthnt, zuerst in Qurgite^ zuletzt in LucuUo,
sollte Seneca wirklich so flüchtig verfahren sein? und dann, die
excerpta, die wir hier wieder zuverlässig finden, haben m Qurgüe
luxuriam gar nicht, einen augenblick kOnnte man denken , dasz ein
abschreiber.ein etwa am rande nachgetragenes luxuriam in mültis
sich als luxuriam in Gurgite erklärt habe, doch hat die Vermutung
wenig für sich, vielmehr scheint hier ein leser sein wissen ange-
bracht zu haben, wahrscheinlich hat sich auch sonst an dieser stelle
die Weisheit eines lesers breit gemacht, wenigstens gewinnt sie sehr,
wenn man auch den vereinzelten matten zusatz zu Manlins — cui
non nocuU et filium et victorem occidere — beseitigt.
Besonders verderbt sind die griechischen stellen erhalten,
doch ist hier eine gewisse gewähr gegen abschreiberconjecturen ge-
geben, s. 70, 1 (118, 20 f. K.) KaraTTÖYTUiCov töv Tbiov t^v^ttiv
£XOM€V nar^pa. KaraTTÖVTUJCOV M. nach Thomas, mir sehr zweifel-
haft, T^v^TTiv M. doch der Wechsel der bezeichnung ist sehr auf-
fällig, ebenso der mangel an schärfe des gegensatzes. übrigens deutet
die Überlieferung eher auf k. (?) töv Tbiov, töv £)liöv ^ti^^ti schon
Haase) fxoM^v iraT^pa. — s. 184, 9 f. (223, 16 f. K.) t& Tuxnc
beivfjc TttÖTOi imTdTTOVT€C äXXrjXoic ^Xuccuü^€V. das letzte wort
ist Vermutung M.s für 6TTI00M6N, aus dem ich nur das ganz passende
£TT-(ui)Li€v; herauszulesen vermag. £Tr^€iM€V wollte Buschmann, dq)-
fJKOMCV KSchenkl. — Sollte nicht s. 504, 1 (512, 15 K.) fifj ^oi
Tpujdbac pir\bk Niößfiv zu lesen sein )Lif| jliimoO TpunStbac? —
8. 150, 8 f. (193, 13 f. K.) und 184, 5 (223, 11 E.) habe ich in den
comm. Bibb. behandelt. — s. 540, 18 f. (19, 9 ff. K.), wo M. keinen
von den bisherigen versuchen gelten läszt, halte ich Bnrsians Ver-
besserung — wenn man nur Demosthenes wiederholt — für evi-
dent, sie passt vorzüglich in den Zusammenhang, auch wird über
£TTiTäq>ioc 570, 1 ff. ausführlicher gesprochen, ich schreibe also nisi
antiquior Xerses fuisset quam Demosthenes, (^Demosthenesy epiia-
phium diceret.
BOpitz: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMflller. 285
Hieran scbliesze ich eine reihe stellen ohne bestimmten gesichts-
punkt. s. 30, 3 f. (81, 8 ff. K.) si nihü älitidy certe osculatus est te
quisquis puram putavü. puram hat M. mit andern in das gegenteil
verwandelt, mit welchem rechte? die worte heiszen: wenn es dir
gelang einen zu erbitten, dasz er dir nichts weiter anthat — natttr-
lich gelang es durch hinweis auf deine Unschuld — so hat er dir
wenigstens einen kusz geraubt, dieser sinn wird bestätigt durch die
ganz ähnliche stelle 34, 3 f. (84, 26 f. K.) cum deprecareris intrantis
amplexuSy ut alia omnia impetraris, osculum erogasti (einen kusz wenig-
stens hast du hergeben müssen, nach der Verbesserung von Gertz). —
31, 17 f. (82, 27 f. K.) vtdtis audUmis exüum audire? vendit pirata^
emit leno, exdpüur nihü. nach der viel versprechenden frage ein
sonderbarer schlusz. erklären läszt sich ja excipitur nihü^ nemlich :
es wird dem verkaufe keine clausel hinzugefügt, aber was soll das
hier? für mich ist es klar, dasz hier gestanden hat excipit lupanar^
vgl. auch s. 34, 13 sed lupanar excepit. nun schlieszt sich auch das
folgende passend an: eo deduda eSj uhi usw. — Von demselben mäd-
chen heiszt es s. 36, 7 f. (86, 28 f. K.) capta es a piratis, interservos^
ifUer homicidas in Ulis myoparonis angustiis spatiaia es. ist dies
nicht ein Widerspruch? man vermutet ein verbum, welches die durch
die enge gebotene nahe berührung ausdrückt, ich denke iactata
es nach 162, 5 iadatur misera inter sateUÜum maniis. — Wer s. 39,
16 ff. (90, 7 ff. K.) beachtet: nar^'cUe sane omnes tatnquam ad pro-
stitutam venisse^ dum tamquam a sacerdote discesserint , z. 19 ff. dis
iUum impellentibus . . dbsti/nerd a sacro corpore manum, der musz
auch verstehen s. 41, 4 f. leno illam prostituit, popu^us adoravit
(Gertz-M. advolavit). — s. 41, 6 f. (91, 20 f. K.) mtdtum potest ad
redum quoque pudici animi propositum hostis (jcumy gladio, das von
Thomas empfohlene cum scheint mir unnötig, für redum wollte
Gruter fledendum, Nov4k ngidum, das richtige ist ad certum quo-
que pudici animi propositum. — s. 49, 9 ff. (99, 12 ff. K.). eine ver-
brecherin bleibt, vom felsen gestürzt, am leben. Pastor Aidius hanc
controversiam apud Cestium dixü iam Senator d hunc colorem Optimum
putavü: sie veneficiis corpus induruü^ ut saxa reverherd inultum.
Cestius hunc corripuit d dixü: hoc est quare ego audüores meos in-
vitem ad alias audiendos ire? aeque male mihi facü üle, qui aut
athlda aut phthuicus est. dicebat autem in Älhucium , qui iUis diebus
dixerat in hac controversia ^durius saxo\ et in Bassum lulium muUa^
qui dixerat ^virgo desultrix.^ Konitzers inultum ist mir sowohl der
form als dem sinne nach sehr zweifelhaft, weshalb zieht M. das über-
lieferte multum nicht zum folgenden? was sagt aber nun Cestius
unter vielem zu dem redner? 'mir misföUt einer ebenso, wenn er
athlet — damit trifft er den verfehlten color des Pastor Aietius —
als wenn er phthuicus — nach M. = qpGoiKÖc — ist.' aber nirgends
finde ich dieses wort erwähnt, der begriff hätte sinn nur als gegen-
stück zu athlda. aber sonderbar genug wäre das. nein, es musz
darin etwas stecken, was zum folgenden passt: denn der zusammen-
286 BOpits: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. UJMfiller«
hang yerlangt, dasz Cestius mit diesem doppelausdrack zugleich
noch andere verfehlte äuszerungen anderer redner traf. pdaurisUs
(Gertz) passt, noch besser aber der behende pithecuSj Tgl. s.401,5.
weiterlese ich mit leichter teztesänderung dicebat pariter inAünh
dam und im letzten gliede, wo fmdta nach unserer auffassung keinen
sinn hat: et in Bassum lulium simul^ qui dixercU ^virgo desuUrix.* —
8. 65, 2 f. (1 14, 8 f. E.) lesen wir bei M. in dem bekannten gemeinplatse
über die Vorrechte der gebart quis fuü MariiiSy si iüum suis inspexeri-
mus maioribus? die hss. geben mori5i4«. M. hätte wenigstens nach der
Überlieferung und nach dem folgenden inspexeris {maiaribus) schrei-
ben sollen, dies stellt auch Karsten her, der zugleich auf die Ver-
schrobenheit des ausdrucks hinweist, aber seine abhilfe si tüum suis
inspexeris in moniibus taugt nichts ; überdies bleibt suis immer noch
auffällig, mir will nicht aus dem sinne 51 tUum oculis inspexeris
censoriis. — s. 115, 16 ff. (161, 14 ff. K.) Fabriciorum imagines
Meteüispatuerunt; Aemüiorum et Scipionum famüias adapüo miscuii;
etiam abolita saeculis nomina per successores novos fiügeni, sie iUa
patriciorum nohüüas a fundamentis urhis usque in haec tempora conr
stitü. da nachweislich niemand aus der familie der Meteller in die
der Fabricier eingang gefunden hat, so nimt M. seine Zuflucht zu der
annähme ^Latro memoria lapsus videtur esse', indessen ist bei einem
solchen locus communis ein versehen wenig wahrscheinlich, dasz
M. die vorgeschlagenen ftnderungen unbeachtet liesz , daran that er
recht, von allen versuchen erscheinen aber am meisten verfehlt die,
welche die nachgenannten Scipiones als Africani oder Comelii ein-
schmuggeln wollen, darunter der Müllers imagines MeteUKjorum Cor-
nelia patuerunt; Fahiorumy Aemüiorum usw. dasz patricier und
plebejer einander gegenübergestellt werden, ist klar wegen imagineSy
novos und paMciorum. also lasse man Latro mit der allgemeinen
Wendung beginnen patriciorum imagines plebeiis patuerunt. —
s. 120, 1 (165, 2 ff. K.) glaube ich in den comm. Ribb. sicher ge-
heilt zu haben, weiter heiszt es qui dixerat adulesceniem videri stbi
habere qperta quaedam vitia. operta ist conjectur von Gertz, abdüa
las man bisher (capitata ed. Bip.) fUr das überlieferte capUa. am
leichtesten ist jedoch Jiabere tacita quaedam vUia. — s. 122, 1 ff.
(166, 22 t K.) non me deledant ignoti servorum dominogreges nee
sonantia laxi ruris ergastula. M. schreibt j)2a^t5 für km, hält aber
auch die Vermutung Useners flagris für vielleicht richtig, ich habe
mich immer an dem überflüssigen ruris gestoszen und glaube mit
recht zu lesen nee sonantia lamentis ergastula. bei der Verstümme-
lung scheint die thatsache mitgewirkt zu haben, dasz allerdings die
ergastula auf dem lande waren, vgl. 250, 2. — s. 131, 19 (176, 6 K.)
et haec controversia non eget (hss. eret hii, Gertz haeret in, Thomas
eget subtili) divisione dürfte zu bessern sein expetit divisioncm. —
s. 171, 3 (211, 19 f. K.) fac aeddere, quod Ätheniensibus in bello
accidity ut liberi et coniuges in aliquo tutiore loco deponantur : inpuia
büur hoc tempus feminis^ quo vires non destituunt^ sed non habent^
BOpits: anz. t. L. Annaent Seneoa rhelor tu HJMtÜlen 287
M. bat fac sehr gut ergSnst, aber in dem nan folgenden auf einen
yersacb verzichtet, da nur eine andere mOgliohkeit angegeben ist: H
tyrofmus nan väuissd istampatere qmn inUr, so erwartet man die-
selbe construotion, also fac statt si. danach masz siob das ttbrige
ftndem: fac tyrannwm i^elmsse iäam parere imhrß qmn^mnium (let»>
teres nach OBibbeok). — s. 188, 1 fif. (226, U fif. K.) pradiU mOd
fronte m omne lenocinium campomtat paiUlo o^seurto quam posUa
veste nudae usw. angeredet sind die matronae^ vgl* s. 187, 6 f. mth
irona . . prodeat in iantum omaia usw. mihi (m nach Eiessling)
gibt keinen sinn, weshalb Eiessling ienui^ Otto iam yorschlug. wie
soll aber die stim in jeder weise kupplerisch thätig sein? gewia
stand nur da prodite^ matronae^ in amne Unodmum eampo9itae
nsw. — s. 264, 4 ff. (290, 15 ff. K.) fdices nupiae! moriar^ nisi
nubere äuUse est. der vers wird in seine teile zerlegt; natfirlicih masz
dann später moriar nisi statt des überlieferten peream nisi stehen.
— s. 309 y 10 ff. (332, 21 ff. K) Festus quiäam rhdor, sUOurae
pusiUae^ in quem Euctemon^ hämo vemistissUni ingeni^ Oraece disoit
^antequam te viderem^ nesde(Jbamy rhetoras auäoratos esse,* da die
hss. nesde haben, ist vielleicht nesdi richtiger; audoratos M. mit
üsener, was ich in diesem zusammenhange nicht verstehe, die hssu
und ßursian, Kiessling geben vidoriatos. ich yermute dasz Enotemon
gesagt hat rkäoras pygmaeosy vgl. Juv. 6, 604 ff. oedo, si hreve.
parvi sortita estlateris spcUiumpreviorque videtur virgine Pygmaea
nuUis adiuta cothurnis et levis ereda consurgit ad oscuda ptanta.
Eactemon sprach also in der tbat Oraece^ so dasz kein grund ist mit
Eiessling egregie zu schreiben. — s. 332, 17 f. (354, 27 ff. E.) nelite
omnia expedare ah accusaiore d occupato d verecundo ist gesagt yon
dem söhne, der, ans kreuz geschlagen , den zum loskauf geschickten
gesandten zuruft cavde prodüionemy ein ausspruch der von den
landsleuten auf den vater bezogen wird. Gronov bemerkt zu der
stelle: 'quae occupatio in cruce affixi? an potius est otium poda-
gricis pedibus multo molestius graviusqoe? vide an fuerit aXUgato.*
diese ganz verständigen bedenken sucht in thörichter weise Schul-
tingh zu beseitigen : ^haec respiciunt ad tempus quo imperium petiit
filius et prensare debuit; eoque occupafus fuit.' den Schlüssel zum
Verständnis finden wir in den werten des Cestius Pius s. 331 , 3
indidum fuU morientis breve, fili verecundum. zuschreiben
ist also: nolite omnia expedare ah accusaiore d occumhente d vere-
cundOj und das heiszt *viel zu sagen war er teils zu kraftlos , teils
(als söhn) zu rücksichtsvoll.' — s. 385, 4 ff. (403, 2 ff. E.) exidi-
mans ipsum pradoris heneficio dimitti, gratias idi agens d utrisque
manihus mensam tenens *di tibi* inquit Ummortales parem gratiam
referanf* befremdet in hohem grade der ausdruck mensam tenens,
Seneca schrieb gewua tenens oder vielmehr genua amplectens,
dieses zeichen der Unterwürfigkeit wird öfter bei Seneca erwähnt,
zb. s. 427, 16; 457, 16; 659, 16.
288 BOpitz: anz. y. L. Annaeas Seneca rhetor ed. HJMüUer.
Eine besonders interessante stelle finden wir s. 392, 17 ff.
(409, 25 ff. K.) tU ad Florum revertar^ iUe dixit . . Wefülsü inter privata
pocuia puhlicae securis acies , inter temulentas ebriorum reli'
quias humanum everritur caput,' numquam Latro . . nee tarn incredi-
büis umquam figuras concipiehat^ ut in ipso tridinio inter ledos et toros
et mensas percussum descriheret. statt toros , was M.s conjectnr ist,
bieten die hss. loco hzw, iocos. aber auch in M.s form erregt die
stelle grosze bedenken , insofern lecti und tori doch kaum verschie-
denes bedeuten, am wenigsten befriedigt Madvigs Vorschlag inter
Udos et iocos mensae^ da hier zu heterogenes zusammengestellt wird,
in den addenda wird auszerdem die Vermutung von Novak und
ESchenkl mitgeteilt lectos et \locos d] mensas. gegen alle diese ver-
suche spricht noch der hauptgrund : die Schilderung ist gar nicht so
schlimm, dasz sie nicht auch Latro gegeben haben könnte, meiner
ansieht nach kann in den schwer verderbten Worten nur wiederholt
werden die oben erwähnte allerdings greuliche darstellung inter
Kfemuyientas ebriorum reliquias. — s. 403, 19 ff. (420,
11 ff. K.): von zwei söhnen hat einer auf befehl des tjrannen den
vater geschlagen , der andere durch Selbstmord sich davor bewahrt«
der vater nimt aber des sohnes schuld auf sich, ^caede* inquit Spätrem*;
dum ego neglegens sum , occupavU se ex arce filius. vulgata praecipi-
tavitj Gertz occupavit <^occasionem , praecipUavUy, M. schreibt mit
ßursian occupavit praedpitare, Iftszt aber in der anmerkung eine
andere möglichkeit zu. E s. 439 , 20 spricht nicht für eine solche
Wendung, das richtige dürfte sein dum ego neglegens sum ^ occu-
pa(tus, praecipitayvit se. — s. 426, 10 ff. (441, 17 ff. K.) Cestius
in duas partes conieduram divisit d primum quaesiit , an iüi conscia
opus fuerit; deinde: si opus est aut fuit, an hanc habuerit. est aui ist
durch das vorausgehende nicht bedingt, sondern ganz müszig, ja ver-
kehrt und deshalb von D ausgelassen, zu schreiben ist dafür deinde:
si opus cscia fuit. — Ein söhn, der dem vater den rühm der tapfer-
keit nicht abgetreten hat, sucht sich zu entschuldigen s. 472, 1 ff.
(482, 13 ff. E.) aiebas: avom fortem virum habuisti; vide ut sis for-
tiar, Processi tecum in adem nee iUic ubi redimus: omnis gloria in
una domo erat, nicht weniger als zehn conjecturen stehen in M.s
apparat verzeichnet, die elfte, seine eigne, hat er aufgenommen tibi
cessi; rediimus. das allereinfachste, was aber vortrefflich zum voraus-
gehenden passt, hat man übersehen: nee iüic avo cessimus. der
plural ist zu beachten, also der vater hat seinem vater auch nicht
nachstehen wollen. — s. 486, 1 (495, 19 ff. K.) die wiÄt, quis numerus
effidatj ut laesa videatur res publica, duo debUitaniur : nondum res
publica iuvenes, M. res publica viddur laesa. alles scheint schon
durchgeraten zu sein, wir kommen aber ohne grosze änderung weg,
wenn wir schreiben nondum rei publicae inter est. reipublicae ist
bei der Schreibung res p. (vgl. z. 8) fast keine Snderung. Georges
führt zb. an : *si nihü interest regis^ pdo =^ weim es dem könig nichts
verschlagt*. — s. 495, 6 f. (604, 6 f. K.) produdiur nobilis seneXj
EOpitz: anz. y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüUer. 289
longa miseriatvm tobe confeäus. was ist miseriarum tabe'i nun
heiszt es von demselben greise s. 496, 3 vüUima memhrorum tobe
iormentis inmoritur und in einem ähnlichen falle 481, 10 ifUuemim
dehilia infdicmm memhra nescio qua tobe oonsumpta, so witd es
auch oben beiszen müssen longa membrorum tahe eonfeotus. —
s. 505, 5 ff. (513, 19 ff. K.) tradüur emm Zeuxin, tU puto^ pmäHsse
puerum uvam teneniem, et cum tcmta esset sirnüäudo uvae, ut etiam
<^aves advoLare} faceret operiy quendam ex speetatoribus dixisse aues
male existimare de tabula; non fuisse enim advolaturaSy sipuer smiiis
esset, die hss. bieten ftlr speetatoribus (Gruter) ceptoribus, woraus
die correctoren geringerer hss. thöricht genug praeceptoribus ge-
macht haben, pictoribus wollte Schultingh, emptoribus Bursian.
keines von allem ist richtig, sondern zu schreiben quendam ex een-
soribus scripsisse, es genügt für diesen gebrauch an s. 223; 13
(256, 16 f. K.) zu erinnern: servus eräis vmperii non censor est,
sed minister und an Seneca de v, b. 20, 5 faäorum didorumque cen-
sores, — Die eben genannte correctur in Jüngern hss. bringt mich
darauf, dasz vielleicht noch eine andere stelle in derselben weise ver-
derbt sei. denn auch dem zusammenhange wird genügt, wenn wir
8. 523; 9 ff. (4, 22 ff. K.) lesen üaque nihil dicendum aiebat nisi cum
summa vener atione regis {Alexandri), ne acdde^et idem, quod cen-
sori (hss. praecepiori) eins, amüino Äristotelis, acciditf quem occidit
propter vntempestive Uberos säles, -— s. 544, 3 ff. (21, 24 S. K.) me-
mini auditorem Latronis . . recitare Carmen^ in quo agnovimus sen-
sum Latronis . . at nunc quüibet orationes in Verrem tuto licet pro suo
nach den besten hss., nur für suo hat der bisweilen selbständig auf-
tretende Schreiber des Antverp. sua* M. ändert zum teil nach Vor-
gang anderer cuilibet , orationem {sua) und schiebt dicere nach licet
ein. indessen völlig genügend ist die eine änderung r ecit et {ilXr
licet) ^ wie in der entsprechenden stelle vorher. — s. 552 , 14 f.
(29, 13 f. K.) unicuique isla pro ingenio finguntur^ non ex vide (ide)
scientiae, M. mit Gertz ex fide sdentiae ^eruuntury. das zeugma
erregt mir kein bedenken, wenn man nur schreibt ex siderum
scientia. denn darum dreht sich die ganze sache. — s. 577, 13 ff.
(51,14 ff. K.) multos care victuros animi sui contemptus oppressit ; muUos
perüuros parati ad pereundum animi ipsa admiratio eripuü et causa
Ulis vivendi fuit fortiter mori (veUey. permitte populo Bomano contra
Änfonium <^poT}liceri. scripta (tua siy combusseris^ Antonius paucos
annos tibi promittit: at si non combu^seriSy amor populi Bomani
omnes. von Cicero ist die rede, im an fang erscheint sui im höch-
sten grade verdächtig. M. möchte seines namensvetters conjectur
pusilli billigen, ich empfehle animi <(mi^«u^t, indem ich Cic. deor.
III 43 minutum animum pro parvo didmus vergleiche, weiter
wird nicht veUe mit beiden Müller, sondern voluisse. {permitte) zu
ergänzen sein, für das überlieferte licet hat M. mit Noväk poUiceri.
es gentigt vollkommen liceri (Gertz), zumal da contra Uceri terminus
technicus ist. amor rührt von M. selbst her für überliefertes quam.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft.4. 19
290 BOpits : anz. y. L. Anmeas Beneca rbetor ed. HJlf filier.
ich Termisse die concinnitfit in dem scharfen gegensatz nnd schreibe
AfUomius pauoos annos iün promütii. at . . summa pop^tü Bamemi
omnes. derselbe gegensatz findet sich bei Caesar bG. VI 34, S
ma^fiamgue res diUgentiam reguirehat non in summa exercäustuemda
(nUBum emm poterat universis ab perterrUis ac dtspersis periadum
acddere)^ sed in singulis mäiiibus oonservandis. — s. 578, 13 ff.
(62, 6 ff. K.) nuüum tarnen fuä Oamilli opus malus quam quoä
indignum puiavü vwos <!^Bamanosy saMem padioni dAere. so er-
gtfnzte Mfiller. Bomanas für vires wollte Gertz, wenn zn ftndem
ist, was ich glaube, so ist das einzig richtige Quirites.
Auch die argumenta haben yiel gelitten, dazu nur einige
Worte. 8. 98, 14 (146, 10 K.) darfte nur durch ein versehen des
abschreibers ausgefallen sein caplus a piraiis scripsit ^patrt} de
redemptiane, vgl. 63, 8; 99, 15; 215, 12. — s. 298, 2 f. (321, 26 K.)
conprensus estapaire in secreta parte damus medioamentum terens.
so M. nach den hss. hier und 350, 14 und 17 (372, 10 ff. E.), wo
allerdings die ed. pr. Neap. schon tenens gibt dies hielten Bnrsian
und Kieibsling. den ausschlag gibt meiner ansieht nach s. 301 , 19
(325, 11 1. K.) itaquepalam et tto, ut interteniret paier , tenuL —
8. 422, 7 ff. (437, 19 ff. K.) quidam martua uxore, ex qua fOium
habebat , duxU uxarem, M. schreibt (üteram uxorem mit der bemer-
kung *aUeram add. E*. aber £ bat nur aUeram, so wird auch hier
zu schreiben und uxorem ifXr eine versttünmelung davon anzusehen
sein.
Zu den kurzen Überschriften, die in den ezcerpten vor den
argumenten stehen, bemerke ich noch s. 361, 8 (382, 2 K.) Phidias
(remissusy amissis manibus. — s. 435, 5 (449, 24 K.) Flami-
ninus in cena reum pcutiens (statt puniens). bei Seneca ist mehr-
fach dieser ausdruck gebraucht, und eben auf das hinrichten kommt
es an.
Zu den verzweifeltsten stellen und den wenigen, die M. mit
einem kreuze versehen hat, gehört s. 172, 9 ff. (212, 21 ff. K.). es
wird erlaubt sein auch hier einen verbuch zu wagen. Albucius . .
ä prius egit iniusti repudii, deinde ingraii: t inquü putat emet an
uüum beneficium^ a quo tamquam iniqua est dimissa. wir setzen am
ende eiu ; die letzten worte kOnnen nur heiszen ^sie ist als unbrauch-
bar cotlussen worden', wie s. 171, 2 f. tamquam sierüis dimitti possit.
(iXr sterilis könnte aber stehen inutüis^ wie s. 161, 8 f. comes sequerer^
nisi me inutilent dimisissei tyrannus, da ferner zunttcbst nur von der
rein rechtlichen suite die rede bcin soll, so musz das Zugeständnis
vorausgegangen sein ut dederit nullum bencficium marito. das erste
wort lautut dann etwa iniuste, also das ganze tftiti5/e, ut dederit
nuUum bencficium marito^ tamquam inutilis est dimissa.
In einer nach lese stelle ich einige kürzere kritische bemer-
kungen und mancherlei nachtrage zu M.s ausgäbe zusammen, s. 3, 12
halte ich semper für eine verkehrte conjectur. — 8, 7 vulgo : studio.
— 10, 9 f. retuderat auch Karsten (Ka.) unter berufung auf zwei
BOpitz: anz« y. L. Annaeus Seneca rhetor ed. HJMüller. 291
andere stellen des rhetors. — 11, 11 wird man schwer aus der anm.
klug. Otto war hier wohl auch zu nennen. — 13, 13 ah iUis älh
duxerit] üsener. Ml., Thomas, ja, auch Otto, aber ebenso hat die
Amsterdamer ausgäbe von 1672. — 15, 15 f. ü2 omne cansummattNr
in alimentum duorum senum verteidigtiKa. die lesart consumehaiwr
(Dt), da consummare sonst immer «= conficere ist, mit recht, doch
ist yielleicht für das in BV überlieferte conaumatur zu schreiben
consumptum (sc. est). — 23, 6 possit eingeschoben hat auch Ka. und
geschrieben wie Gertz, nur adoptatus possU. — ebd. 14 hatjpericli-
iantis tueri auch Otto; über meine eigne ansieht vgl. die comm«
Ribb. ; ebenso über das in den guten hss. nicht überlieferte nan. —
25 , 20 scheint mir das fragezeichen unberechtigt. — Dasz Sander
z. 1 1 movit und 26 , 5 novit die Überlieferung verteidigt , war wohl
anzumerken. — 30, 19 über isti vgl. comm. Ribb. — 34, 20 übt
adhuc non fuisti? add. Kss., in der ausgäbe wenigstens blosz uhi
non f.? — 36, 20 fehlt ita te Uno Otto. — 44, ö fehlt donec paiiatur
(hss. efficiatur) propter quod deiecta est Ea. — 48, 1 curam habe auch
ich in den comm. Ribb. — 60, 3 edoda für educta hat Ka., unüber-
legt. — 62, 1 das überlieferte optaverunt sieht Ea. für eine entstellte
dittographie des vorhergehenden optäbunt an. — 63 , 17 verteidigt
Otto die combination captus^ inquit^ ^in carcere ety in tenebris iace-
ham, — 64, 20 sed quamdiu non sumtis vgl. comm. Ribb. — 66, 8
quemcumqiie volueris revolve nobHem: C voluerimus^ Ea. unter an-
nähme einer dittographie quemcumqi^ revolveris nohüem, — ebd. 10
tischte hi nach Schg. Otto wieder auf. — ebd. 11 jRomuli casa auch
Boot bei Ka., oder humili <^Iiomuliy casa, — ebd. 18 f. eas possidere
dominum , . quem ea agnoverit Ka. , eam me possidere domum , quae
erum me agnoverit M. — 74, 3 f. hoc prorsus ex fdbulis repleto sceüeri-
hus nostris saeculo deerat verstehe ich nicht dasz M. Köhlers conjectur
novis und nicht aus E nostro {saeculo) aufgenommen hat. — ebd. 15
cuüibet alii (bss. tu) vinciendas trade] cuilibet ut vinciendas tradas
Otto. — 77, 9 aw alendus sit, quod filium a piratis non redemit. Ka.
an (nony, Boot bei Ka. qui filium. — 79, 11 konnte wie anderwärts
verwiesen werden : quare Otto, cf. Sander quaest. sjntact. p. 44. —
80, 7 erklärt sich die sonderbare Wortstellung Cestius alio colore
longe usus est vielleicht aus dem wegfall eines wertes : alio colore
longe ^arcessitoy usus est^ vgl. 68, 8 Buteo longe arcessito colore usus
est. wie es hier weiter heiszt voluit enim videri non invito patre^ sed
secreto suadente . . gestum, so in unserm falle dixit non iram fuisse
illam patris ^ sed callidiiatem. — 81, 12 f voluit iyrannicidio quoque
eius commendationem detrahere] tyranniddii quoque ei comm. detr.
Ka. — 83, 1 fehlt ^a^ri safis est Otto. — 90, 4 ante Urnen exeuntis
cadaver Jioc sternam] exeunti Ka. — 91,9 fi|LiaT|ieva irieiv, fj[xax-
ji^va q)aYeTv hat schon Nauck, s. oben, derselbe schrieb z. 10 dT^p-
fiöc, wo M. mit Gertz Xijuöc hat, aber auch XoiMÖc für möglich
hält, im dritten gliede scheint mir zu allgemein gesagt jurj ITOU
TrdGr) c' 2Xr|. sollte nicht TT&yx] = fallstrick als drittes glied zu
19*
292 BOpiU : anz. y. L. Annaeus ßeneca rLetor ed. HJMHUer.
sohlacbtreihe und hunger sehr gut passen? — ebd. 11 Ti, t^kvov,
öpT^c ; Nauck. — 106, 15 wird favU noch auszerdem bestfitigt durch
Publilias Sjrus v. 173 R. — 110, 1: auch Ea. verwendet sieh mit
recht für das überlieferte müia, vgl. 108, 2. er schreibt wie Barsiaa,
nur behftlt er auch dida bei und exempla^ weiter: guoties enim inier
isla invenerUis domum. — 112, 10 halte ich die annähme eines alt-
hochdeutschen glossems (Schenkl, s. add.) für ganz verfehlt, zu der
verderbtesten stelle des ganzen werkes hat auch Ea. seinen beitrag
geliefert. — 115 , 8 ist ein fehler in der anm.: et tarnen hatte schon
Vahlen. — 122, 17 f. vermutet Ea. cum ülos oorrectos ptäaverü et se
satis minatum, ahdicäbii. — 1 29, 5 haben Bursian und Eiessling ouk
&TIV <i5> ndrep. — 132^ 8 schreibt Ea. ä (iny hoc ülam iureiurando
ohligavit, — ebd. 13 f. schiebt Otto nach E tarn nach ülam and pro-
wmo nach iUo ein. — 149, 9 geht durch die conjectur dixerunt der
idiotismus verloren. — 150, 8 f. zu meiner herstellung in den comm.
Bibb. vgl. s. 143, 2 f. — 156, 5 ff.: zu der schwierigen stelle gibt
auch Ea. seine ansieht ab und erwähnt als lesung HMejers in fragm.
orat. Rom. (Zürich 1842) s. 541: Messalae oraiioncm disertissimam
recUavit , quacum composüam suam stuisoriam de Theodoto dedamavit
post triduum. — 158, 17 hasüicani seäantur (Thomas) ist ganz un-
sicher. — 164, 5 sicher ist sanguine einzuschieben, vgl. comm.
Ribb. — 165, 14 vgl. ebd. — 173, 12 desgl. — 174, 17 vermutete
schon Ea. älii für Uli. — 177, 4 vgl. comm. Ribb. — 181, 6 ist das
citat falsch, es musz heiszen 'ann. phil. 1885, 424'. — ebd. 12 zu
stellen Otto, Thomas, vgl. die eben erwähnte stelle. — 190, 6 völo
et ei] fehlt Otto. — ebd. 17 saeculi mos abiU] Otto schlug vor saecn-
lum nostrum abiii. — s. 191, 8 ff. Ea. behandelt die schwierige stelle
zum zweiten male im spicilegium und führt auch andere kräfte ins
feld: viro est (für novos) . . [e^] horrendum • . dat virt.', aufzu-
nehmen war avaritiae (Eöhler), vgl. exe. 202, 9 f. muliebrkim vitiorum
fundamentum avaritia est. — 193, 20 warum ist furere nicht hin-
ler perseveraverint eingeschoben wie in der entsprechenden stelle
1 24, 1 1 ? — 194, 9 ist das fragezeichen falsch. — 199, 6 vgl. comm.
Ribb. 8. 44. — 204, 9 eloquentia Uli sua non responderet] eloquentiae
ille suae Ea. — 206, 7 dicenicm'] irascentem Ea. — 263, 23 war
mimo für animo aufzunehmen. — 271, 1 hat üsener richtig gesehen
ifisiurandum praeibo (hss. dabo), M. mit Gertz mandabo, — 277, 12
sciretis verteidigt auch Otto. — 282, 5 fehlt Otto: fratris (für fra-
trem). — 288, 6 latius auch Otto. — 297, 9 hoc nee Cicero (^postu-
larey poterat] ich meine nee Cicero (^exigcre} poterat, — 302, 7 f.
ex parte qua transire deberent] quam unüberlegt Ea. — 309, 16 vgl.
comm. Ribb. — 312, 13 quam fand auch Otto. — 318, 9 gab richtig
mit der Quintilianstelle Otto. — 322, 1 ergänzte Otto (wie?) (jcst sed},
z. 2 extimuisse <5e>. — 323, 15 generum habes? Otto. — 325, 3
vgl. comm. Ribb. — 331, 7 reportantur"] Otto, stimmt nicht, vgl.
Jahrb. 1885 s. 427. — 335, 3 proderet hält auch Otto. — 372, 19
vgl. comm. Ribb. s. 52. — 381, 18 ^cuni adtdteroy ist nach adul-
ROpitz: anz. y. L. ADnaeofi Beneca rhetor ed. HJMüller. 293
ierium ttberflÜBsig. — 389, 13 eUi Otto, vgl. Sander qaaest. synt.
8. 45. — ebd. 22 anm. *reprehendendu8 iste^ aber es folgt gkich
Hhm. — 390, 11 puiaivil^, füge hinza Otto. — 395, 8 diriiTT^Xn
schon Naack, derselbe z. 9 ttötgc icii Kai draCpa KaXf| &ui. —
397, 9 Aber geminos vgl. comm. Ribb. — 428, 22 ideo auch Otto.
— 451, 5 Eiessling hat amburel>afUuT statt wrebofUwr. — ebd. 15 f.
vgl. comm. Ribb. — 452, 9 vo8 8uhicuxti8\ vas huUcäbüis Ka. —
465, 3 vgl. comm. Ribb.; z. 4 desgL — 483, 11 habe ich endgültig
geheilt, ygl. comm. Ribb. — 484, 14 si sevmtaH^ reum] si fueriiis
severüati , reum Otto. — 506 , 10 verteidigt Otto die Überlieferung
ago, — 523, 7 fehlt iicceperimus Otto. — 528, 1 ff. über diese stelle
Ygl. auch Holland 'de Polyphemo et Oalatea' (Leipziger Stadien Vll)
8. 205 f. — 531, 1 fehlt der freilich falsche verschlag Ottos etemrn
potuissei^ vgl. Sander quaest. synt. s. 37. — 533,4 äst nüschlich anch
Otto. — ebd. 1 1 vgl. comm. Ribb. — 537, 19 tilgtKa. an uipetas] 536, 1
tilgt er isciuidere. — 541 , 1 ist ausgelassen sanam für auam Otto.
— 552, 4 ist durtis keineswegs sicher, es kOnnte auch ^cruyddis lür
deus stehen. — ebd. 11 ist vielleicht zu ergänzen nt^ meiuefUis
(jsupremus} oppressU dies. — 560, 11 fehlt Otto ai (hss. et) ne
gemüus quidem tuus Über erU, — 561 , 19 schrieb wie Petsehenig
auch Otto age repete tecum, — 565, 6 verlangt Otto ^f et hostem
iudicasset. — 576, 10 quid ^referamy amaulatum saHiUarem] ist an
sich wahrscheinlicher quid cansndatum narrem saJutarem^ auch
entspricht es dem folgenden ai diu ista narravero.
Ich bin fertig, mancherlei habe ich an der neuen ausgäbe be-
anstandet und zu bessern gesucht, jedoch nicht, um das verdienst»
das Müller sich unstreitig erworben hat, zu bekritteln, dasz er selbst
und seine helfer eine grosze anzahl stellen trefflich behandelt haben,
hebe ich ausdrücklich hervor, viel bleibt indes meiner ansieht nach
noch zu thun übrig , aber jeder neue versuch musz von Müllers aus*
gäbe seinen ausgangspunkt nehmen , und auch meine bemerkungen
werden, hoffe ich , der forschung von nutzen sein.
Leipzig. Richard Opitz.
39.
ZU SENECA RHETOR.
s. 17, 6 H JM. schreibe ich : qui iUum vidü (tequey quid non usw.
beide müssen notwendig genannt werden; des einen beispiel {iüius)
lehrt, nihil non timendum feUdbus] des andern aber {tuum)^ nihü
desper, inf. vgl. auch s. 18, 4 vide^ quis . . raget.
s. 31, 16 wird wohl besser so interpungiert : nuda t. {. stetU^
ad fast, emptoris amnes partes usw.
s. 45, 12 ist rupe sinngemttsz; aber das gleichbedeutende eauie
kommt der Überlieferung näher.
294 MCGertz: zu Seneca rhetor.
s. 47, 3 besser wohl umzustellen: ahsoluere (nuütierunty. —
8. 48, 16 Iftszt sich in sententiam halten, vgl. s. 391, 10.
8. 49; 1 1 können doch wohl nur die saxa das corpus reverherarej
nicht umgekehrt ; also reverherent. die folgenden worte scheinen mir
noch keineswegs geheilt, womit sind wohl die worte t'Z^ , ^t au^
athleta aut phthoicus est motiviert? sie können sich doch nicht auf
Albucius und Bassus beziehen, phthoicus namentlich gar nicht, und
womit werden athleta aut phthoicus durch das aeque verglichen?
doch wohl nicht mit der fingierten venefica^ die ihn noch weit mehr
ärgern muste? Cestius war nuUius ingenii nisi sui amatar; wenn er
seine zubörer dazu einlud andere lehrer zu hören, war es gewis immer
seine gewohnheit sie nachher eindringend vor nachahmung ihres
Beispiels zu warnen; um so mehr muste es ihn ärgern, dasz es auf
Pastor die Wirkung gehabt hatte, dasz er sie nachahmte, dieses be-
denkend vermute ich , dasz die stelle so zu schreiben sei : hoc male
mihi facit iUi, qui aput KfM} antidota et phtlioiscos est? *= 'hat wirk-
lich dieses (einen andern zu hören) mir eine so üble Wirkung auf
den (Pastor), der bei mir gegengifte und pillcn iszt?'
s. 50, 10 KaTaßaX[iJü] kqi beuiepov . .
s. 76; 3 ist faciem gewis unpassend; ich vermute carnem.
s. 81, 18 dXerjcaie auTÖV ulöc Kivbuveuei tt. 9.
s. 90, 7 weisz ich nicht , was ^KKeicofiai djc reixoc bedeutet,
oder wie man überhaupt diese worte verbinden kann; auch verstehe
ich nicht, wie die zwei bildlichen ausdrücke bo von einander gerissen
werden können , oder wie räqppov utt. k. Trarepa zu fassen sei. ich
schreibe: coi u TT o Keicojuiai (bittend zu ftiszen fallen)' ibc T€Tx[oc],
fhc rdqppov uiT^pßr)6i kqI Trarepa. diese bilder sind so gewählt,
weil ein krieger angeredet wird. — z. 14 hatte auch ich die Ver-
mutung eäoiiüViCTOV Müller mitgeteilt; aber den schriftzügen näher
kommt das gleichbedeutende 6YKAH[A]0NICT0N, und es ist auch an
sich besser, da KXaieiv eigentlich ein xXiibiJüV oder KXr)böviCMa ist.
8. 129, 4 oiiTo[c] jiövoc diroKTipuTTei ö^•oXoTUJV , 6ti d qp i -
Xtic' dei (vgl. s. 114, 9). ferner: ouk fcTiv . . ttXoötoc* ^vöc
TTXoudou ipeTc dir. ÖTraviiüCiv (=« contradicunt),
s. 150, 8 jLidXa ß[pajb€u)c dXeeic fie Kai d[K]p\j€t, ko{;k^ti,
qpeö, rfjv Kpu[€p]oT^pav §bou o![cu)] fi^pi/Livav, . .
s. 161, 2 escende, inquit, et occide tyrannum, — z.ß in tyran-
nide paritura non sum.
8. 175, 6 dvacTdc oüiv elc Tf|v ÄKpav tcivov Kai . .
s. 183, 13 l^\h cf|V x<ipiv bairavu), M[n] cü dei dc[u)]T€\jq.
8. 273, 17 insui culleo fratrem (a fratrey iubes? vgl. s. 274, 2.
8. 287, 11 OUK diT^bei (noch dazu) Xüipuiv. — z. 18 vauayöc
diTÖ Xi)i^vu)V 'ANHXGH, ä ad patrem <[tn> narratione eleganter
transü . .
s. 288, 1—3 Ibia KpiToö ^vöc oiik dpK€i KatabiKir in[\]
Tiv' aüi [b]iKT]v d[v] vauaT^ip nXer eupicKCi tö Mn^iv dbiKCiv
Tuxnv ^» privata unius iudicis condemnatio non sufficit; rursus ad
MCGertz: za Seneca rheton 295
aliquod iadicium in naufragio nayiga; 'nihil commisisse (L e. qü
nihil commisit) fortunam invenit.
s. 318, 5 xpncTÖv fXaßov jndp-rupa . . \b iratbfov öSiov Iciic
firiTpöc . .
8. 373, 15 mihi aduMerium (ßran^kuiy carcere est,
8. 382, 19 vielleicht ut sälva pramncia ^essä; iam^ uty sM^
cptemtAS m. h. m.
s. 390, 5 scheint mir das blosze colarem adionis esse zu undeut-
lich zu 8ein, und die achreibung der hss. enthält daher vielleicht
mehr als eine dittographie; ich vermute: colarem actioms idoneum
patrono esse: banum se. — z. 8 sehe ich in den werten in Qurgiie
luxuriam eine ungeschickte randbemerkung eines lesers: denn 1) war
Fabius Ourges als feldherr nicht besonders bekannt; 2) erhielt er
gewis nicht wegen seiner Itixuria besonders als feldherr seinen spita-
namen; 3) hätte Montanus hier nicht die hkturia erwfthnt, wenn er
sie wieder in LucuUo nennen wollte, wo es viel passender geschieht.
8. 395, 2 vielleicht nävtec £vö|LiiZov, ÖTi £c[Ti]äTO (^daaz er
bewirtet werden sollte und an dem gastmahl teil nehmen' ; meine
frühere conjectur uOvaTO verdankt Kiesslings unrichtiger angäbe
ihren Ursprung). — z. 8 ist K({)|yiOU hier noch nicht an seinem platz ;
ich schreibe: T^vai, outui fif| cö Xicq. — z, 9 ttötgc £ctI ical
^Taipa K[ai] dvecic..
s. 453; 2 passt die Charakteristik dedamatari s. s. aridOj wie
Faber sah, gewis nicht auf den berühmten Passienus und wftre auch
hier, nachdem er schon so oft erwähnt ist, nicht an ihrem platze ; es
geht aber nicht an diese werte mit Faber hinter Sparso zu versetzen^
da Sparsus ja z. 5 ff. anders charakterisiert wird; sie sind wohl
(mit der änderung dedamatore) in z. 3 hinter rhetore quodam zu
stellen : so wird der folgende witz laterem lavare einigermaszen ver-
ständlich (z. 1 verstehe ich nicht).
8. 465, 10 dcq)aX€CTaTÖv den \iO\ jLi€T[d t]oO TTXouci[ou]
fiv[Ti] TTepiTTaxeTv , vgl. s. 463, 16 — 18. ferner: biä xl ciTui;
ÖTi [6 TT]aTrip ^ou X. d. — z. 14€Tx€v ixQf>oi)C <ttoXXouc>, vgl.
8. 457, 21 f. qpOcei t€ TrappriciacTfic <Kai> KarriTopeiv buvd|Li€VOC.
s. 466, 1 ad ist unrichtig, denn er hatte ja niemanden früher
angeklagt; es ist zu schreiben: tot' €Y[0Y] fp&i^oiiai (cöSii —
cöeOc, wie bei den späteren)' kqI töt€ bfc, kSv eöpiu TT^VTixa.
8. 466, 7 iUe nohiitj vgl. 8. 510, 5. — z. 15 maiarum quoque
suorum tot virtutes.
8. 467, 6 f. deceptus sum ist ganz undeutlich, wenn wir nicht
so schreiben : peccavi (oder erravi) adidescens : magnis exempUs decep-
tus sum^ dum usw.; vgl. s. 468, 12; 469, 8 f. und 21.
8. 468, 21 der satz est <üiqua leXy q. f. p. praeferat ist wohl
nicht als fragesatz zu fassen; es ist die lex de ahdicatione gemeint.
8. 469, 12 der satz si non . . vidsset ist an sich ein sehr
schlechtes argnment und steht ohne Zusammenhang mit den Um-
gebungen ; mit dem vorhergehenden wird er passend sich verbindeUi
296 MCGertz: zu Seneca rhetor.
wenn wir ihn so supplieren : si nan debuisset contenderey non (vincere
iupotuistif non üley vicisset.
B. 471, 3 (unamy hanc rem . .
s. 476 , 10 der satc an non . . paier kann an und für sich rieh«-
tig sein, er steht aber mit dem thema in gar keiner Verbindung;
ich vermute: an non exararetur pater , cum pro (üieno viäor (sc. ex-
orardur) ?
s. 486 , 3 läszt sich wohl die stelle ohne Umstellung der werte
so verbessern : nondum res publica ^itwenietur laesa^ nee magis ah eo
laeaomy invenieSy gut sua de *re infanUs perdidU tot infeUees, potU"
enmt . . perire. at tanken crudekm rem facti* facU et lanista usw.
(ßtta de re verstehe ich nicht; ich vermute tarn dire,)
s. 488, 12 ist statt des unerklärlichen muleati entweder mutüi
oder mutüaii zu schreiben.
s. 490; 16 ist dpa verkehrt, denn ein solcher sehlusz läszt sich
nicht ziehen; es scheint mir, dasz so zu sehreiben sei: t& pev Tuiv
äXXtuv eupuicra (sc. dvbpdnoba) tiXci, TCwpTei' t& b' fm^repa
Tp^qpei dp[Ta] tov öXökXiipov.
s. 491, 10 . . TÄv dxövTiJüV, [f^yf ttujc (ärfdinj ('niit sich ins
haus nehmen') Tic; s. Erttger gr. spr. 65, 1, 10. iemer et iüami
$b€ <^cu]>, cu bi icXme, cu bi 6pf|V€t. (b xaKuiv dcufiq)U)vu)v!
das letzte ist richtig (denn sie litten zwar alle an Übeln , gaben aber
verschiedenen laut von sich); dasz es aber eine corrupta sentenliasei,
wird man einräumen müssen.
8. 494, 5 aedem Mmervae . • fugvunt ^Olynih%{}\ vgl. unten
z. 11 ten^a praedusimaa. übrigens ist, wie mir scheint, weder dieser
letzte satz noch (ja noch weniger) der folgende ergo . . emissent als
fragend zu fassen.
8. 502, 8 dvOpuiirov <[TTUpi^ dq)avi2l€i. beides musz genannt
werden. — z. 17 f)Xiou ir apövTOC : denn kqUiv kann nicht ^scheinen'
bedeuten, und * brennen' passt nicht.
s. 503, 10 ist das L in TTTNL wohl aus einer abbreviatur des
xal entstanden.
8. 505, 8 f. ist 5f puer sehr richtig, aber keineswegs kann es aua
ud entstanden sein ; aus «dist uuae zu machen, und sipuer\9i vor
simiUs ausgefallen. — z. 12 ist eher dixU zu schreiben. — z. 16 f. : da
etwas de Prometheo gesagt werden musz , kann Bursians lesart nicht
richtig sein, es müste wenigstens ein uttö cou hinzugefügt werden;
zweifelnd schlage ich vor riuxou TÖ[Te] TÖ TiOp. . KXanfivai (nem-
lieh damals, als er den Parrhasius es so misbrauchcn sah).
s. 510, 1 <FILIVS> F0RTI8 . . — z. 2 praetmimm <«<, guod
vckty\ si usw., vgl. s. 466, 4.
s« 512, 22 tacitum est^ ne usw. vgl. s. 480, 6 — 8.
8. 518, 8 diruere mihi vidcbar tum h, m,
s. 520, 9 iUe dies, Ä,, exoptatus (iuisy: denn ex0ptatui konnte
wohl nicht exoptatus nobis bedeuten, sondern nur ex. tibi, was ja
falsch wäre.
MCGerk: zu Seneoa rlMtor; 397
B. 521, 1 modo subeufUe fluetu inpletm. — z. 2 gtOkUi mir
nescio quid sehr.
s. 527, 9 Tcpfi*, €Tt6 . . — 8. 11 JvOa |iiv f| voöfc ävtj]€t
)it$ <pop<^ [€l]c dvaToXdc
8. 528, 12 propitiis Kfl/niUmy aambuß.
s. 529, 11: ein rhetomame, wahrscheinlich MaruB^uSf scheiiii
yor reUqui ausge&llen zu sein : denn die folgenden werte kann der
doch nicht sagen, qui noi^'**ß(nttavü müUem. z. 8 f. ist vielleicht M
schreihen: Lairo se^pueff ^4u e. JWsct AreUH smtmtiam) non
excusavü militemy »edd^ ^S^ß^S ^^ ersten dMt)»
8. 5S2, 1 prodwkmr condUa his de mumMk tem^aia. nur so ist
condüa berechtigt, nicht in der von Mttller anfgenommenen lesart;
und zudem wird der sonst feldende Zusammenhang mit dem vorher-
gehenden (totv. g, spoliä) zu wege gebracht. — z. 6 fif. sie adhortari.'^
situ loci tuti sumus. licet totum dasse secum Orientem trahat^ licet t. e^
inutilem <^naviumy numerum: hoe mare quot tandem (so. navihus)
patet? ex vasto usw. gewis mit recht hat Studemund navium hinzu*
gefügt, da das blosze numerum wohl nur als müUum numerum ver-
standen werden konnte, was hier unrichtig wäre; aber das inutüem
zu ändern sehe ich keinen grund.
s. 535, 2 ff. ceteri, inquU, fugertmt (rgl. s. 548| 1—3). ai me
quidem interrogaiiSy ut , quid sentiam , ei in mostrum (jKmorem} et in
G. p, loquMr^ (so. dieam:) eheti sumus ^ non rdidL ttbtr dioM an^
Wendung von ut s. zb. Madvig lat; spr. § 440 anm. 6. ---- o. 12 idea
Tapgeti (^enitmury nemoris • .
B. 538 , 3 ä quia semd in m. inoidi (sc. harum explie&tumum),
Fusd ex omn. s. c. d. subtexam . . ; sonst mttste ein eiiue histter edebrea
stehen.
8. 539, 8 animosius quam Dorion • .
s. 540, 13x1 oöv (peuEeiexe; <8itXo> 6irXiTaic T€(xv1'
so kommt doch eine sentenz heraus.
s. 541, 7 vielleicht besser nach AB: puto oh id indicandum
mMo magis , qtmi . .
s. 542, 5 digitis mlnera tersit (nicht j^rem^ ; denn er müste ja
doch die wunden eher aufreiszen als zudrttcken, um blut daraus zum
schreiben zu holen) ; femer schreibe ich mit D : ut tropkaeo LACONTM
(sc. trophaeum) inscriheret.
8. 544, 10 at nunc qmdlihet ^exy oratione in Venrem (fldferre^
tuto Ucet pro suo, — z. 14 vielleicht so : concidU Heotor; aU enim^
quidquid usw.
8. 547, 20 si non datur nohis (alikry ad 6. iter • .
8. 550, 13 ist die richtige Ordnung dooh wohl diese: numquam
postea non potuisset excidere^ sonst mtlste es wohl eher sokret exdders
heiszen. — z. 20 iam^ ut vuUiSf ad F. r. et d, eius vos affatim
satiaho.
8. 551 , 14 non eodem vitm finci ^nm^ aetate moMgn» {^km/^ßp
zugemessen'), extra usw.
298 HBlümner: zu Peraias [1, 80].
8. 552 , 4 contrane dirtis steterü . . — z. 6 (satorem ad cMum
agrorumy SaturnuSt um der gleichförmigkeit der glieder willen«
8. 561, 8 cognata (sibty sidera.
8. 566, 10 ff. quin eiuraret . . araiiones in Äntonittm fMtUi'
plicesque . . recitare polliceretur, atque his aUa sordidiora muUo
usw. das falsche ceteraque scheint aus einer correctur (ceref) zu cehat
in poUicebatur entstanden zu sein , die mit dem atque sich verband«
das dixit z. 9 regiert auch älia sordidiora,
8. 573, 17 (v. 22) vielleicht non fecü Pseudaphüippo^ unter
allen umständen ist das nichts sagende hoste falsch.
8. 575, 3 conscientia. ^iUi continere se} dif fidle est: nonferes usw.
8. 579, 2 generosa <[fitia> mors.
Kopenhagen. Martin Clarentius Gertz.
40.
ZU PERSIÜS.
1; 79 hos pueris monitus patres infundcre Uppos
cum Videos , quaerisne , unde haec sartago loquendi
venerü in linguas?
sartago ist eine pfanne oder ein tiegel, rfJTOivov, nach gloss. HStephani.
der schol. zu Persius sucht die anwendung des gleichnisses hier im
geräuech des in der pfanne siedenden gerichtes , metaphora pro gar-
rulüatis ardore arguta (lies Stridore arguto) et sine sensu^ qualis stre-
püus est sartaginis; wohl in anlehn ung an die wunderliche etymo-
logie , die wir bei Isidorus orig. XX 8, 5 finden : sartago ab strepitu
soni vocata, quando ardeat in ea oleum, dieser unglaublichen erklft-
rung schlosz sich Plum an; dagegen denkt Casaubonus an die panes
Tayiiviai, die aus verschiedenen bestandteilen gebacken wurden, und
Jahn erklärt Widetur Persius ad varia et diversa respezisse, quae in
tali sartagine coquebantur.' nun musz es aber doch schon seltsam
erscheinen, selbst bei der wunderlichen geziertheit der redeweise des
Persius, dasz statt des hier passend zum vergleich herbeizuziehenden
gerichtes aus allerlei bestandteilen das kochgeschirr , in dem das*
selbe bereitet wird , genannt sein soll ; sodann aber konnte in einer
sartago oder xiiTOtvoc doch sicherlich ebenso gut ein einfaches wie
ein vielfach zusammengesetztes gericht gekocht werden, so dasz dies
geschirr nicht gerade als ein besonders charakteristisches bezeichnet
werden konnte, durchaus passend ist dagegen das mit leichter ände-
rang einzusetzende farrago^ das an und für sich ein buntes ge-
mengsei, bald von allerlei viehfutter, bald von anderer speise be-
deutet und in übertragenem sinne, als ein allerlei manigfaltiger
dinge, bei Juvenalis 1, 86 vorkommt: votum^ timor, ira, voluptaSf
gaudia ; discursus nostri farrago Ubdli est,
Zürich. Uuqo BlOmner.
WSoltau: chronologische Vorurteile. 299
41.
CHRONOLOGISCHE VORURTEILE.
In n. 22 der Gott. gel. anzeigen (1 nov. 1887) hat BNiese eine
besprechung meiner ^prolegomena zu einer römischen Chronologie'
gegeben, weder die form noch der inhalt der anzeige selbst würde
zu einer entgegnung anlasz gegeben haben, erstere ist correct, und
auf einzelne ausstände gegen meine prolegomena hätte, so weit nötig,
meine bald erscheinende Römische Chronologie' (Freiburg ^ Mohr)
die antwort erteilen können, um so mehr als an manchen stellen der
kritiker mehr die unvollstöndigkeit' als die Unrichtigkeit der argu-
mentation tadelt, die römische Chronologie aber vielfach die prole-
gomena ergänzen soll, mehrere einwände erledigen sich auch durch
die von mir inzwischen veröffentlichten antikritiken und aufsätze',
und nirgends vermögen Nieses kurz hingeworfene bemerkungen die
von mir verteidigten theorien wirklich zu erschüttern.
Aber Niese hat seiner anzeige (s. 825 — 831) 'zum schlusz' auf
s. 831 — 836 'einen kleinen beitrag zu den von Soltau und
seinen Vorgängern behandelten fragen zu geben versucht' und
zwar zur aufklärung einer der principiell wichtigsten fragen: zur
Chronologie Diodors. da diese ausführungen mit dem anspruch auf-
treten , als holten sie versäumtes nach und als bedürfte es nur ihrer
beacbtung, um eine gute grundlage für die römische Chronologie zu
gewinnen , so wird es gerechtfertigt erscheinen, wenn dieselben hier
einer besprechung unterzogeu werden.
S. 831 — 834 zeigt ausführlich (ua. auch unter richtiger her-
vorhebung der bisher weniger beachteten stelle Diod. fr. XXXVII
2, 2), dasz Diodoros die consuln mit d6m archontenjahre glich, *in
welchem jene ihr amt antraten' (s. 832). das war zwar früher oft
verkannt, ist aber neuerdings kaum mehr bestritten, dieses princip
ist zb. namentlich von Matzat anerkannt und gut durchgeführt bei
der Chronologie Diodors , und ausdrücklich ward in meinen proleg.
s. 45 anm. 1 hervorgehoben: 'bei einer synchronistischen Zusammen-
stellung von amts- und kalenderjahren mit olympiadenjahren wurde
* vgl. s. 826 'hier (bei den dictatorenjahren) hat der vf. im besten
falle nur bewiesen, dasz die sache so hätte vor sich gehen können';
8. 837 (zur gleichung Alliaschlacht = 387 vor Ch.) 'ich stimme in
der Sache mit dem vf. übereio, bemerke aber, dasz ich nach seinen
ausführungen nicht recht begreife, weshalb er dieser ansiebt ist';
s. 827 anm. 3 'ich möchte wohl wissen, wie sich in chronographischer
hinsieht dictatorenjahre von consulatsjahren unterscheiden' usw. solche
und ähnliche desiderata konnten nicht insgesamt von prolegomena er-
ledigt werden. * so wird das gegen die datierung der Enniusfinster-
nis s. 828 gesagte durch Berliner philol. Wochenschrift 1886 n. 42 s. 1338,
das gegen die dictatorenjahre s. 826 vorgebrachte durch ebd. 1887
u. 32/33 erledigt sein, über Cato als quelle des Polybios sowie über
das 8. 828 bemerkte ist gehandelt Wochenschrift für class. philol. 1888
8. 373 ff.
302 WSoltau: chronologische yorurteile.
Gallierbrande wiederholten magistratscollegien angeht' sagt Niese
8. 834 'so scheint mir deutlich, dasz sie wesentlich dasselbe zq
leisten bestimmt sind, was in den andern quellen die fünf jähre der
anarchie'; wie diese, so sind auch jene der chronologi-
schen berichtigung halber hinzugesetzt, durch sie wird
der in den griechischen Synchronismen des Galiierbrandes und des
Pjrrhuskrieges eingeschlossene Zeitraum auch für die römische Zeit-
rechnung hergestellt, für Diodor ist diese absieht als sicher
anzunehmen; aber auch die anarchiejahre der andern Überlie-
ferung verdanken wahrscheinlich demselben bestreben ihre ent-
stehung. die Voraussetzung ist dabei, dasz schon den altem
römischen Chronologen das zusammenfallen des gallischen brandes
mit dem Antalkidischen frieden bekannt war, und dagegen ist nichts
einzuwenden, da schon Polybios I 5, 4 diesen Synchronismus als fest
und anerkannt erwähnt.' in der that scheinbar ein glücklicher
ausweg, zumal ja die von Niese genannten Voraussetzungen — die
Verbreitung des Synchronismus für die Alliaschlacht und Diodörs
absieht demselben gerecht zu werden — sonnenklar sind, um so
sicherer verkehrt ist aber die dritte Voraussetzung, auf welcher Nieses
hypothese beruht: dasz eine reihe von jähren der chronologischen
berichtigung halber hinzugesetzt sein könnte.
Allerdings, so lange noch die jetzt doch hoffentlich veraltete
interregnentheorie herschte, wonach die interregna besonders in an-
rechnung gesetzt und somit bedeutende erweiterungen einiger amts-
jahre angenommen werden konnten, durfte man mit der hypothese
von fülljahren operieren, nachdem aber forscher der verschieden-
sten richtung, nicht nur ünger und Holzapfel, sondern sogar Seeck
den satz vertreten *dasz der antrittst ermin stets rückwärts gegangen
sei', ist dieser theorie der boden entzogen worden (Berl. philol. ws.
1887 6 aug. s. 1032). ja selbst wenn Niese diesem generellen ur-
teile nicht beistimmen sollte, so würde er doch die wichtigsten
Positionen der rechnung nicht bestreiten können: denn seit dem
Pyrrhuskrieg — das ist allgemeine annähme — ist der antritts-
termin stets rückwärts gegangen , und wenigstens nach guter anna-
listischer tradition ist der antrittstermin der consuln zu beginn der
republik bis zum decemvirat von october auf mai , seit dem zweiten
dccemvirat bis zur Alliaschlacht von december bis juli zurück-
gegangen, das letztere mag zwar in einzelheiten oder sogar völlig
unhistorisch sein , gibt aber jedenfalls in ganz unzweideutiger weise
auskunft darüber, dasz die römischen antiquare annahmen, der con-
sularische antrittstermin im ersten jh. der republik sei ebenso wie
von 450 bis 601 d. st. stets rückwärts gegangen, und da sollte
in der kurzen zeit von 364 — 460 d. st. trotz aller weiteren ver-
* 'bei Diodor beliehen die nötifren 106 jabre aus 100 magistrats-
collegieD« 1 anarchiejabr und 5 eingescbobeuen collegien, bei den übrigen
aus 101 magistraticollegien und 5 anarcbiejabren.'
WSoltau: chronologische Yoroiteile. 303
kttrzungen ^° noch obenein fünf jähre darch inzwischen eingetretene
interregna ausgefüllt sein?
Selbst Matzat, der doch nach dieser richtung hin das menschen-
mögliche geleistet hat, musz offen eingestehen (rOm. chron.I s. 153):
'die aufgäbe dieses deficit von fünf jähren durch interregna za
decken hat bisher niemand gelöst; und wer es versuchen will, wird
bald finden, dasz sie ohne die grösten willkürlichkeiten nicht zu lösen
ist.' Nieses neuer beitrag zur lösung der probleme der römischen
Chronologie ersetzt dieselben nur durch noch problematischere dinge,
es sollte doch feststehen, dasz es bei dem heutigen stände der chrono-
logischen forschung nicht mehr möglich ist, mit der eventualitftt
Yon fälschungen mehrerer jähre oder von einer eintragung
von fülljahren zn rechnen.*' wer mit derartigen behauptungen
eine lÖsung der probleme gegeben zu haben glaubt , hat nicht nur
nichts erreicht, sondern sich und andern den weg zu einer wissen-
schaftlichen lösung verlegt.
Yon derartigen prämissen, welche bedenklicher als das problem
selbst sind, haben meine proleg. principiell abgesehen, und selbst
wenn sie in bezug auf das wichtigste von allem, über die dictatoren-
jahre, noch nicht völlig das richtige getroffen haben sollten, sind sie
jedenfalls auf dem richtigen wege, indem sie solche bedenkliche
hilfshypothesen völlig bei seite lassen, auch ist schon ein gutes
stück erreicht, wenn selbst Niese, trotz seines principiell entgegen-
gesetzten ausgangspunktes s. 826 anerkennen musz, dasz 'be-
wiesen worden sei, dasz die sache so hätte vor sich gehen
können', wenn es auch nicht gelungen sei zu zeigen 'dasz die
Sache so vor sich gegangen sei.' unter urteilsfähigen forschem
kann es nicht mehr in frage kommen, dasz gegenüber der Flavius-
inschrift (304 -f- 204 jähre)*' sowie gegenüber dem ansatz der
ersten consuln 509/8 ol. 67, 4 = 28 jähre vor der bidßacic H^pEou
ol. 74, 4 bei Polybios (III 22) es nicht gestattet sein sollte eine
spätere interpolation mehrerer jähre anzunehmen, haben hier
reductionen der consulnliste auf wahre zeit stattgefunden, so können
sie nur, worauf auch der vorhin erwiesene grundsatz, dasz x amts-
jahre = x — y kalenderjahre seien, mit notwendigkeit führt, ledig-
lich in der combination zweier amtsjahre zu 6inem bestanden haben.
'^ eine dreimalige Verkürzung ist gewis nicht abzuleugnen varr. 413
(Livius VIII 3 vgl. Holzapfel röm. chron. s. 90), varr. 425 oder kurz
vorher, wo kal. Quinct, autrittstermin ist, und nach Gaudium varr. 433
(Holzapfel ao. s. 93. Unger stadtära s. 74; irrig Matzat I s. 184). vgl.
jetzt bes. m. schrift über 'die römischen amtf>jabre' (Preiburg 1888)
8. 1—31. ^* Berl. philol. ws. 1887 n. 32/33 s. 1032: 'die formel x amtS'
jähre == x — y kalenderjahre musz der ausgangspunkt jeder weitern
Untersuchung auf diesem gebiete sein, damit ist aann die theorie von
sog. fülljahren, dh. von jähren welche um des chronologischen ausgleicbs
willen später in die römische consulnliste eingetragen sein sollen, baltlos
geworden.' ** ich übergehe hier die controversen über einzelheiten wie
die, ob ende varr. 449 oder anfang varr. 460 der terminus ad quem sei.
304 ThBerndt: zu LiTins [XXI S, 4].
Niese selbst erkennt an , dasz der antrittstermin der consuln in dtn
150 Jahren 450 — 601 Tom ende des jahres (auf Ä^. Dec. führen die
iarinmphaldaten von 434—460) auf m{. Quind.y Jfat., id. Mari, und
"kcA, lan. zurückgegangen ist. hätte da nicht, um die amtsjahrliste
chronologisch verwendbar zu machen , ein amtsjahr gestrichen wer-
den müssen? desgleichen wird Niese schwerlich Fabius' reehaung
(Gellius Y 4, 3) ignorieren können, welcher höchstens 22 jähre für
die 23 amtsjabre 365 — 387 zählt, wie konnte die eponymenliste
zur Jahresrechnung gebraucht werden, wenn^nicht auch da irgendwo
ein amtsjahr übergangen ward? — Nieses neuer versuch zeigt leider,
wie schwer es hält, dasz sich gewisse unbestreitbare Wahrheiten der
rOmiseben Chronologie volles bürgerrecht in der wissenschaftliehen
weit erwerben.
Zabbrm im Elsasz. Wilhelm 8oltaü.
42.
Zu LIVIÜS.
Zu den werten XXI 8, 4 oppidam ad omma tuLenda aique o^
eunda muMifariam distmeri coepti sunt; non suffieUbant bemerkt
Weissenbom (6e aufl.): Mas asjndeton, welches hier nicht eine er-
klärung, sondern die folge bezeichnete (vgl. IX 35, 6), wäre sehr
hart.' daher haben Weissenborn und nach ihm HJMüller (7e aufl.)
und Wölfflin sUffU getilgt, aber die Verbindung des participiums
coeptus mit einem inf. pass. findet sich, wie Müller bemerkt, nur
XXIV 7, 10 coeptum frequentari emporium und hätte in seiner note
zu diesen werten nicht durch obige stelle belegt werden sollen , wo
aie erst durch conjectur gewonnen ist. deshalb müchte ich das hsl.
(CM) geschützte sunt nicht preisgeben, wenn man auf eine weniger
gewaltsame weise helfen könnte, der hauptmangel der überlieferten
leeart liegt offenbar darin , dasz man zu sufßciebant eine nähere be-
Stimmung vermiszt, während distineri durch ad omnia . . obeunda
und muUifariam mehr als nötig bestimmt ist. diesem misverhältnis
läszt sich nun leicht abhelfen, wenn man die werte muUifariam
distineri coepti sunt als parenthese auffaszt und annimt dasz in
der endung von muUifariam vielleicht ein iam verloren gegangen
ist. demnach würden die werte mit leichter änderung zu lesen sein :
oppidani ad omnia tuenda atque oheunda — multifariam ^iamy
distineri coqdi sunt — non suffidebant. dann steht der hauptsatc
oppidani . . non suffidebant in klarem, durch chiastische wortstel*
lung verstärktem gegensatz zu abundabat . . Poenus^ während die
parenthese mit recapitulierender beziehung auf % 2 pluribus partibus
vineae coeptae agi admoverique aries die sache kurz begründet.
HfiBFOBD. ThEODOB BeRMDT.
BESTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HKRAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
43.
ZU LYSIAS.
Nicht wenige Verderbnisse unserer autoren bleiben unbemerkt,
weil der schaden äuszerlich verhüllt ist und die hsl. Oberlieferung
entweder nicht vollständig mitgeteilt oder nicht streng genug be-
achtet wird, ein beispiel dafür findet sich in Ljsias erster rede gegen
Theomnestos (10) § 10. der Sprecher will seinem gegner klar
machen, dasz eine Verbalinjurie ihr kennzeichen nicht aussohlieszlich
in dem Wertausdruck des Drakonisch -Solonischen gesetzes haben
kann , sondern dasz sie nach dem sinne und der absieht des gesetzes
zu beurteilen ist. mag das gesetz zb. nur die ausdrücke TraTpaXoCac
und ^r|TpaXoiac verpönen y so ist es doch nicht minder eine beleidi-
gung, wenn einer seinem nächsten vorwirft d)C Tf|V T€KO0cav ^ TÖv
q)UcavTa ^TUTiTe. der beweis* dafür, dasz der sinn, nicht der buch-
stab des gesetzes maszgebend sein musz, ergibt sich aus einer erfah-
rung des gegners und einer gewöhnlichen thatsache des praktischen
lebens: f]bda)C Tctp «v cou 7Tu6oi)iTiv • e! Tic ce etiroi ^Ti|jai rfiv
dcTTiba, dv be tiD vöjliiju eipriiai (Pal. eipriTo), ddv Tic cpdcKij dTro-
ßeßXriK^vai uTTÖbiKOV etvai, ouk &v dbiKoilou aurqj, dXX' 4EiipK€i dv
CGI dKoOcavTi (om. Pal.)dppi(p^vaiTf)vdc7Tiba X^T€iv ÖTi(Pal.
XeTOVTi) oubev coi jiiAei, oubi Tdp TauTÖv (Pal. tö auTÖ) icix ^ii|iai
Kai dTioßeßXTiKevai; dXX' oub* äv tüüv ?vb€Ka T€VÖ^€VOc dTiob^gaio,
€1 Tic dTTQTOi Tivd (pdcKUJV 6oi)LidTiov diTobebucGai ^ töv xiTuivi-
CKOv ^KbebucGai, dXX' dcpeinc öv töv auTÖv Tpöirov, öti ou XuiTrobü-
TTic övo^dZieTar oiib' ei Tic iraiba dHdTiwv (Pal.ÖaTCtT^v) XnqpOeiTi,
OUK Sv cpdcKOic (Pal. cpdcKOi) auTÖv dvbpairobiCTfjV etvai, eiTiep
jiaxei ToTc 6v6|iaciv, dXXd \xi\ toTc fpTOic töv voöv irpoc^Heic,
iLv ?V€Ka Td öv6|iaTa irdvTCC TiGcvTai. der Sprecher setzt also den
* folglich ist es ein irrtum Frohbergers, wenn er i^ödwc fdp in
i^b^ujc 5^ ändern zu müssen glanbte.
J.ihrbncher fär class. philol. 1888 hft. 5 u. 6. 20
306 AWeidner: zu Lysias.
fall, Theomnestos wäre elfmann, und fragt, was er in diesem amte
thun würde, wenn ihm notorische Verbrecher (KaKoGpTOi) vorgeführt
würden, ohne dasz in der dTraTUitrj der Solonische gesetzesausdruck
gebraucht wäre, würde er solche Verbrecher dennoch festnehmen
oder sie laufen lassen? nach seiner auffassung des gesetzes müsse
er sie offenbar frei lassen, merkwürdig aber ist, dasz in dem falle
der &TraYurril eine bestimmte thätigkeit des elfmanns ausgesprochen
wird: oÖK &v &TTob^£aio, äXX* dcpeiric £v, dagegen im andern
falle ein hinweis auf die amtspflicht ganz fehlt und statt dessen eine
motivierung oder eine ausrede für irgend ein thun oder unterlassen
angegeben wird : oök &v qpdcKOic. es ist um so bedenklicher aus dem
vorausgehenden oÖk &v äTTob^Saio zu ergänzen, weil der zweite fall
nicht als dTraTUiTH) sondern sAsscelus niam/!^um vorgeführt wird und
überdies dem negativen begriff ouk dv dTTOb^Saio bereits der positive
dq)€ir|C dv gegenüber gestellt ist. hier zu oub*aus dem vorausgehenden
das verbum ergänzen zu wollen würde weder der simplicitas noch der
aequabilitas der Lysianischen spräche gemäsz sein, und es ist viel-
leicht nicht Zufall, dasz der in rhetorisch-stilistischen fragen sonst
80 aufmerksame und gründliche Frohberger an dieser stelle sich in
schweigen gehüllt hat. oder schien ihm die ergänzung gar zu ein-
fach als dasz sie einer bemerkung wert gewesen wäre? auffallend
ist femer oub' — ouk, aber dergleichen Schwierigkeiten werden
durch ähnliche beispiele abgethan; auffallend ist auch, dasz dem
elfmann das q)dcK€iv , nicht ein bestimmtes amtliches handeln zuge-
schrieben wird , während doch in dem andern beispiele das qpdcK€iv
der klägerischen partei vor dem magistrate zufällt, unter diesen
umständen musz es beachtung verdienen , dasz in der hsl. Überliefe-
rung sich cpdcKOi und nicht cpdcKOlc vorfindet, das deutet doch klar
und deutlich darauf hin, dasz der ergriffene dvbpaTTObiCT/jc vor dem
magistrate steht , mit ihm verhandelt , seine ablieferung in das ge-
fängnis für nicht gerechtfertigt erklärt, und diese Vermutung wird
dadurch unterstützt, dasz im Palatinus sich weiter nicht dvbpaTTObi-
CTf|V elvai, sondern dvbpaTTobiCTf)V €TvaiC€i|| vorfindet, nur dasz
c durch drei untergesetzte punkte getilgt ist, eine tilgung die sich auch
auf €1 (das bekanntlich in der schrift nur dm buchstab ist) erstrecken
soll, da nun zu oub' offenbar das verbum finitum fehlt, so' ist in cei
der rest dieses verbums, nicht etwa eine dittographie oder sonst ein
Schreibfehler zu suchen und auch leicht zu finden , da eben die auf-
gäbe des elfmanns gegenüber dem ergriffenen dvbpaTTObicrrjc keine
andere sein kann als tÖ bf)cai auTÖv. demnach ist das ganze vom
Sprecher gewählte beispiel in folgender weise zu emendieren : oub*
el TIC iratba Ödttüv XficpOeiri, öti ouk dv qHxcKOi auTÖv dvbpa-
TTobiCTfiv elvai, brjceic, ctTrep MaxeT toic övö^aciv, dXXd ^i\ toTc
fpTOic TÖv voGv irpoc^Seic. grammatisch läge brjcemc dv näher,
aber die concinnität erforderte dann oub' dv . . brjceiac, so dasz in
demselben satze eine doppelte änderung notwendig würde, das ein-
fache futurum aber ist grammatisch ohne anstosz und steigert, wie
AWeidner: zu Lysias. 307
mir scheint , die boshaffce ironie des Sprechers, es bliebe noch fol-
gender ausweg: oi)V eX Tic iraiba Ü&fwv \r\(pQelr], oOk fiv, ei q>dc-
KOI ouTÖv dvbpairobicrfiv elvai, brjceiac, aber dadurch würde die
einfache rede zu zerstückelt, und es würde nicht so gut der Übergang
zu etirep ^axei vermittelt, wie wenn man biiceic annimt.
Eine andere stelle derselben rede , die der heilung noch bedarf,
befindet sich § 13 und lautet im Palatinus also: OÖK oOv b€iv6v, €i
ÖTttv \iiv berjcij KaKüüc dKOiicavT- toüc ^x^poüc Ti^wpeicdat,
oÖTUü Toüc vöfiouc i&CTicp ^T^ vöv Xa^ßdv€iv, ÖTttv V licpov iropd
Touc vö^ouc etirijc KaKdic, oök diioic boOvai bbcriv; die seit Mark-
land übliche Änderung b^q c^ für bcrjci] erscheint auf den ersten blick
recht einfach, aber die vertauschung von r\ und € ist in der hs. sehr
selten , so dasz sie doch nur dann zulässig erscheinen könnte , wenn
der gedanke des satzes einen begriff wie birji ck notwendig erfor-
derte, nun aber scheint mir der begriff b€iv hier ganz ungehörig zu
sein, wenn Ljsitheos dem Theomnestos das ^ppiq)^yai if|V dcirCba
vorwarf, so war der Sprecher unserer rede damit einverstanden: denn
in seinen äugen war das urteil des Ljsitheos keine beleidigung des
Theomnestos, sondern nur die richtige bezeichnung der im felde be-
wiesenen feigheit desselben, nach seiner anschauung konnte daher
für Theomnestos eine Verpflichtung zur klage nicht vorhanden
sein, dagegen mochte ihn äuszerer zwang oder auch sein wille
dazu bestimmen, ja der Sprecher konnte oder muste es sogar als
freche willkür des Theomnestos bezeichnen, wenn er trotz seiner
notorischen feigheit dennoch Lysitheos wegen beleidigung belangte, es
wird also das motiv der klage eher als ein bOKoGv denn als ein b^ov zu
bestimmen sein, ferner ist in dKQÜcavT* eher dKOÜcavT€ oder dKOU-
cavTi als dKOUCavTa zu finden, da nun cri auf ein ursprüngliches
CGI hinweist, so glaube ich in der Überlieferung ÖTav fl^v bOK^ Cd
KOKUJC dKOucavTi TOUC ^x^pouc Ti^uipeicOai finden zu müssen,
wodurch bekanntlich auch KttKUüC dKOÜeiv in die Sphäre des subjec-
tiven boK6iv gerückt , also die anerkennung der beleidigung seitens
des Sprechers vermieden wird.' ebenso unrichtig ist es, wenn man
Xa^ßdveiv so obenhin in Xa)üißdv€ic ändert, denn wollte der redner
einfach die tbatsacbe hervorheben, so durfte er nicht beivöv mit ei
und indicativ, sondern muste es mit infinitiv gebrauchen, aber
nicht thaisachen, sondern thatsächliche urteile oder anschauungen des
Theomnestos werden als widersprechend einander gegenüber gestellt,
folglich musz dHioTc in dem überflüssigen oÖTU) enthalten sein.
Der gebrauch von dHioOv erinnert mich an einen kleinen fehler,
der noch 30, 1 entstellt: direibf) Toivuv KQi idiv dTToXoTOUjLi^viuv
dirobexecGe . . dHiui xai tujv KairiT^^P^v ujuSc dKpodcacGai, ddv diro-
cpaivujci TOUC qpevJTOVTttC udXai iroviipouc övTac. aus der thatsache,
dasz die richter den angeklagten extra causam sprechen lassen , er-
* umgekehrt ist 29, ö b^b€iKTai für bdboKTai KaTa\|ir]9{Z€c6ai zu
corrigieren.
20*
308 AWeidner: zu Lysias.
gibt sich keineswegs nur eine subjective, sondern vielmehr eine
objective, nicht nur für den gerade sprechenden, sondern ftlralle
auftretenden anklSger gültige berechtigung auch ihrerseits extra
causam zu reden, im Palatinus steht auch nicht deutlich d^iuj; ich
habe mir bemerkt : 'incertum N an 00; accentus etiam evanuit.' dasz
aber jedenfalls äHiov zu schreiben ist, zeigt die^anz gleiche stelle
14, 24 47T€ibf| fäp Kai Tdiv &TroXoTOu^^viuv dTTOb^x^cOe XcTÖvriuv
idc ccpcT^pac aÖTUüv dpeidc xai idc tujv TrpOTÖvujv euepTeciac,
eiKÖc ujLiäc Kai tüüv KaniTÖpiüv dKpodcGai; ^dv dTroqpaivuici toOc
q)€ÜTOVTac TToXXd elc ufiäc fmapTTiKÖTac usw. oder 18, 26 iLv dHiov
öjüiac dv6u^Ti0^vTac TTpoGuMUJC fj^Tv ßoriGficai.
Die werte femer (10, 13) Srepov Tiapd toüc vöfiouc etinjc
KaKtXic lösen, wie mir scheint, die Schwierigkeit, welche sich § 26
zeigt, ^i\ Toivuv dKOUcavTa (iiiv add. Bauchenstein) Geö|ivr|CTOV
[KaKiüc] Td TTpocrJKOVTa 4X€€iT€, \ir\b* (Kai Pal.) ußpülovri t€ (om.
Pal.) Kai X^TOVTi irapd touc vöfiouc cuttviümiiv Jx^tc. durch die
änderung von Kai in \ir]b* und durch den zusatz von T€ ist der fehler
der Überlieferung zwar verhüllt, aber nicht beseitigt, denn was soll
denn hier Ttapd touc vöjlxouc X^feiv heiszen? doch nicht etwa
Widerrechtlich schmähen oder beleidigen'? das ist durch ußpi2[€iv
schon schärfer ausgedrückt und erforderte notwendig zu X^f^^v das
adverbium KaKiüC , wie das obige beispiel zeigt, es kOnnte nur be-
deuten ÖTmnTOpeiv Trapd touc vöfiouc = ouk Ööv auTdi. ein sol-
cher gedanke hat aber hier keine stelle ; dagegen verbindet sich irapd
TOÜC vö^ouc leicht mit cuYTVUifir|V fxCT€: wollten die richter wieder-
um gegen Theomnestos gnade ftlr recht ergehen lassen , so würden
sie in dem vorliegenden falle gegen das gesetz verstoszen, denn § 30
heiszt es : ÖTi 6 vo|io6^TTic oubc^iav öpT^ cuTTViWMilv bibiuciv, dXXd
£il|iioi TÖv X^TOVTa, ddv ^f) dTToqpaivi) d&c ^ctiv dXriöfi Td eipim^va.
ist diese Voraussetzung richtig, dann haben wir in Kai üßpi2IovTi Kai
X^TOVTl nichts anderes als ein glossem zu sehen, dh. Kai X^TOVTi (sc.
irapd touc vÖjliouc) ist erklärung zu Kai ußpi2IovTt. woher aber
kommt dann das störende Kai vor ußpiilovTi? denn an ein Verderb-
nis aus KaOußpUloVTi ist schon darum nicht zu denken, weil das wort
KaOußpi2[€iv den rednem fremd und ijßpi2l€iv eine vox iudicialis ist.
oder sollte KaKoic in der vorausgehenden zeile, wo es neben Td TTpoc-
rJKOvra nicht stehen kann, ursprünglich zu X^fOVTi gehören und
vom rand in den text an unrichtiger stelle eingesetzt sein? das wäre
nicht unmöglich , aber die existenz von Kai vor ußpi2IovTi würde da-
durch auch nicht erklärt sein, so bleibt mir nur die annähme übrig,
dasz Kai durch dittographio aus dem übergeschriebenen Kai X^tovti
entstanden ist. die ganze stelle scheint mir demnach so gelautet zu
haben : fif| Toivuv dKoücavra )iiv öeö^vriCTOv Td TrpocrJKovTa dXe-
€IT€, ÖßpiZoVTl bfe Tiapd TOÜC VÖflOUC CUTTVlUflTlV f X€T€.
Der redner entwickelt dann das schwere unrecht, das mit einer
freisprechung des gegners ihm und besonders seinem verdienten
vater zugefügt würde, diese erörterung wird § 28 abgeschlossen mit
A Weidner: zu Lysias. 309
den Worten Sp' ägiov öpTicQffvai Tili eipHKÖTt kqI ßoriOffcai ti^
TTorpi, ibc Kai ^xeivou KaKÜDc dioiKOÖTOC ; die worte tCj) eipriKÖTi sind
unmöglich, selbst wenn man X^Y^iv so ohne weiteres für KttKiIic
X^Y^iv sagen könnte, aber wenn man ti£i TOiaCr' oder ti£i TaÜT*
eipriKÖTi vorgeschlagen hat, so musz ich diese art der correctnr als
oberflächliches flick werk bezeichnen, denn ein deiktisches pronomen
wäre nur dann zulässig, wenn vorher der inhalt der beleidigong
dargelegt worden wäre, statt dessen hören wir im vorausgehenden
nur von den Verdiensten des vaters sprechen, es ist also TOiaCra
oder raOra ohne jede stütze, es musz demnach nicht der ausfall,
sondern die Verderbnis eines wertes angenommen werden, ist dies
richtig, so ergibt sich die emendation ganz von selbst, mit fip' fiEiov
weist der redner auf § 26 zurück, folglich musz eipfiKÖTi aus ößpt-
KÖTi, dh. 6IPHK0TI aus YBPIKOTI corrumpiert sein, überhaupt ist
die Verwechslung von Worten in der Überlieferung des Lysias nicht
selten : vgl. zb. § 23 KaT€CK€uacTai ftlr KarecK^bacTai, 3, 14 kqI raCra
für KdvTaöGa, 3, 46 KOCjüiiiüTaToc für dKOCfiÖTaxoc, 4, 19 dXX&
XoTtü TÖ Tiöv für dXX* dXoTtüTaTOV , 6, 1 KeXeüovTOC für kcTeüov-
Toc, 6,4 dujVTtti für ?covTai, 7, 17 ekÖTiuv = oiKCTdiv, 7, 34
fpYujv = ^xöpÄv, 7, 37 fXetov = fjXeTXOV, 12, 6T€V^c6ai*»
7r^v€c0ai, 12,11 KapiKOÜc = bapeiKOuc, 12, 32 diroXoufi^voic »»
dTToXoYOUfievoic (dieselbe Variante bei Aischines 3, 81), 12, 62
cuvouciav = eövoiav, 12, 69 ^7T^|üH|iaT€ ■= dmTp^\|iaT€, 12, 77
bOKel = bei, 12, 81 Tivofi^viuv «= Kpivojüi^vuüV, 12, 86 HuvcpTOUV-
TUJV = cuvepouvTLüV und dTTobcOvai = dTtoXXuvai, 12, 94 v}X€Tipac
= cqpeiepac, 12, 96 dqpeXöviec = dqpAKOVTec. und das sind
noch nicht alle beispiele auf so kleinem räume. ^
Wunderbar ist es, dasz 10, 31 auch noch Frohberger ÖTi OÖK
Sv T^voiTO TOUTOU ^ciZujv dTUüV jLioi schreibt, im Palatinus steht
toOtou
|i€i2[u)V, und wenn es zweifelhaft wäre, welches von beiden wörtem
träger des tones ist, so würde die folge der worte uns gezeigt § 26
TIC Tdp öv djLioi jüieiZiujv lauiric t^voito cu/icpopd; es musz also un-
zweifelhaft fieiZiujv TOUTOU umgestellt werden, endlich möchte ich
noch an eine wortvertauschung § 1 erinnern: TroXXouc Tdp öfiujv
Öpdl blKdZiOVTaC XlIlV TÖT€ irapÖVTlUV, ÖT€ AUC10€OC 6€Ö)iVTlCT0V
eicriTTeXXe Td öirXa diroßeßXTiKÖTa oök 4Eöv aintjb biiiüiriTOpeiv.
dasz hier u^üjv unmöglich ist, ist längst erkannt worden, aber auch
hier wurde geflickt statt zu heilen, dem Charakter der hs. gemäsz
musz man annehmen, dasz ujiUJV aus vuv\ entstanden ist, welches
den gegensatz bildet zu tÖT€ irapövTUiV. den ausfall eines wertes da-
gegen müssen wir 10, 29 annehmen: bfiXov Tdp ÖTi ToTc ji^v ctüfiaci
^ nach solchen Verwechslungen wird es nicht zu kühn erscheinen,
wenn ich 1, 7 Kai y&p olKOv6)iOC b€iyi\ Kai qpeibwXöc 5ir)T0TC (Pal*
dTOÖfi) Kai dKpißOuc TidvTa bioiKoOca vorschlage: denn ein verhum fini-
tnm ist notwendig, das zeigt bioiKoOca, dyaO?! aber ist überflüssig nnd
doch als erklärender znsatz kaum denkbar.
310 A Weidner: zu Lysias.
buvavTtti, TCic bk i|iuxäc <ö)ioiac> oök ?xo^civ. der gebrauch von
SjLioioc «» ^ebenbürtig', besonders auch mit ironischer ftrbong (vgl.
Frohberger zu 14, 34), ist von Homer bis Piaton und Demosthenes
so geläufig, dasz es kaum eines beleges bedarf, doch vgl. 2, 5 6|üio(ac
^KTTJcavTC Täc ipuxäc T^ q)uc€i. dagegen vermied ich es oben unter
den Wortverwechslungen 1, 20 anzuftlhren: Kai übe ^KeCvT] Tiip xP^vifi
7T€ic0€ir| (Pal. 7Tpoc0€(r|), kqI xdc eicöbouc olc TpÖTroic irpodoi.
ich glaube nemlich, dasz man mit dieser stelle bisher darum nicht
ins reine kommen konnte, weil man Beiskes änderung von TTpocGeir)
in TietcGedi für unzweifelhaft richtig hielt, was sie höchst wahrschein-
lich nicht ist. es ist jedenfalls viel leichter irpoGeiii in TTpocOeiri
zu finden, nun ist aber TtpoOeTvai eicöbouc nichts anderes als prO"
ponere adituSj und olc TpÖTTOic TTpocioi ist ein erläuternder zusatz.
zuerst versuchte Eratosthenes die dienerin (Tipodoi), dann wurde
diese zur spontanen Vermittlerin , die des Zuredens gar nicht mehr
bedurfte (aurf) eicaTT^iXeie, nicht auT^, was schon die Wortstellung
verbietet), endlich habe die frau die Zusammenkünfte und die art
und weise, wie er ihr nahe kommen könne, selbst vorgeschlagen,
es sind also nur drei personen, deren band iungs weise uns nach ein-
ander vorgeführt wird : der Versucher, die dienerin, endlich die frau,
die auch § 33 als dem manne entfremdet geschildert wird, ich glaube
deshalb schreiben zu müssen : KatriTÖpei TrpuJTOV ^^v ibc ^€Td Tf)V
^Kcpopctv auTfl Trpocioi, ircexff ibc auTtj leXeuTuica elcorrtiXeie
kqI (bc dKcivTi T(jj XP<^vuj TTpoOeiri Kai räc eicöbouc , olc Tpöiroic
TTpocioi.
Nicht selten bringt es die compendiöse Schreibart der hs. mit
sich, dasz äv und auTÖ verwechselt werden, hierher rechne ich 10, 2
dtu) b\ ei fifev TÖv teuTOu fi€ direKTOV^vai fiTiäio, cuTTVififinv Sv
cTxov auTdj toiv elprm^vuiV, q)aöXov fäp fiv (auiö Pal., ob äv ti?)
Kai oubevöc äiioy f)TOU|Liriv : denn auTÖ ist entbehrlich und sogar
störend; äv aber notwendig; femer 1, 38 ei b* f{br\ TrdvTUiv btane-
TTpOTM^viuv Kai TToXXdKic eiceXiiXuOÖTOC €ic Tf|v olKiav Tf|v d^fjv
lÜTivioOv TpÖTTifi ^Xdfißavov aÖTÖv, ciiqppov* fiv (cujqppovcTv Pal.)
^fiauTÖv fiTOU^riV: denn auch in dieser stelle kann dv nicht entbehrt
werden y weil sie einen Irrealis enthält, dagegen beweisen fUlle wie
7, 32 und 37 nichts: denn hier haben wir keinen irrealis, sondern
gefolgerte thatsachen, die nur im indicativ ohne dv ausgedrückt
werden: dK^pbaivov oub^v 'ich gewann nichts, wenn ich es that,
wie der gegner sagt', und oöbc^id lr\\i\q^ f voxoc fjv *er hatte darum
noch immer keinen nachteil'. dieses imperfect versetzt uns lebhaft
in eine schon bezeichnete Situation, die notwendigkeit von dv aber
beweist dasz cu)q)poveTv falsch und aus cuicppov* fiv entstanden ist,
vgl. Demosth. 8, 68 dvbp€tÖT€pov i^auTÖv f)ToG^ai.
12, 32 xpflv hi C€, (b 'GparöcOevec, cTncp fjcGa xpncröc, ttoXü
^&XXov Tok fi^XXouciv dblKUiC dnoGaveTcGai ^iivirrtiv t^v^cSai i^
Touc dbiKUJc dnoXoujüi^vouc cuXXa^ßdveiv. die antithese von toic
AWeidner: za Lysias. 311
)iAXouciv d7ToOav€ic6ai und toic ibiKiuc &itoXou^^voic ist nicht
nur lahm, wie Frohberger bemerkt , sondern entschieden fieüsch, da
sie auf der Voraussetzung beruht, dasz zwischen dem dbiKiUC diro-
6av€iv und dem dbiKUiC dTToX^cGai irgend ein beachtenswerter unter-
schied sei , was doch unmöglich ist. sollte aber nur |üir|VUTf|V fe^i'
cGai und cuXXajißdveiv einander gegenübergestellt werden, wozu
dann der gewaltige aufwand synonymer werte in zwei selbständig
ausgeprägten gliedern ? es ist also nur richtiger takt gewesen, wenn
Markland-Dobree und Beiske^ neuerdings Qebauer den fehler in der
Überlieferung suchten ; aber ihre emendationsversuche können nicht
befriedigen, weder Marklands und Dobrees ^^XXoua biKaiuic diro-
OavetcOai, noch Beiskes toic dTToXXiiouci , noch Gebauers i^ aöröv
dbiKWC diToXoGvTa cuXXajißdveiv : denn sie bewegen sich sämtlich
auf der Oberfläche und verfehlen deshalb den richtigen sinn oder die
richtige form, die formel iroXu ^oXXov i^ deutet an , dasz Erato-
sthenes etwas gethan hat, was das prädicat XPH^^V ^^ ansprach
nimt, dafür aber eine handlung unterlassen hat, die viel eher die
anerkennung der xpilCTÖTiic verdienen würde, wenn sie ausgeführt
worden wäre, dasz nun Eratosthenes sich an der abfühning der
metöken in den kerker selbst beteiligt hat, dafür kann er wohl zur
entschuldigung den zwang der Verhältnisse anführen, unter denen
er lebte und handelte, nimmermehr aber kann er diesen henker-
dienst als ein xpil^'^^^v , die handlungsweise eines ehrlichen und cha-
rakterfesten mannes bezeichnen, von einer solchen thorheit oder
Schamlosigkeit war Eratosthenes weit entfernt, was war denn aber
die edle und mutige that, deren er sich fort und fort rühmte, die
ihn auch schlieszlich zwang sich von Kritias zu trennen , die es ihm
ermöglichte in der stadt zu bleiben , sich der rechenschaft zu unter-
werfen und auf freisprechung zu hoffen? nichts anderes als die Ver-
teidigung des Theramenes vor dem rate gegenüber der anklage und
gewaltthätigkeit des Kritias. auf diese that weist die antithese hin,
wenn wir schreiben: XP^V b^ C€, lö *€paTÖc0€V€C , CiTrep fjcGa XPI-
CTÖc, TToXu ^dXXov ToTc fi^XXouciv dbiKUiC dTToGavcTcöm fiT)vurP|V
T€vecOat ii toTc dbiKUJC d7ToXoTOU|i^votc cuXXo^ßdveiv. in
etwas anderer form findet sich derselbe gedanke § 50 XP^V b* auTÖV
uTiep xfic u^ei^pac ca)TT]piac TaÜTTiv Tf|v TrpoGufiiav ix^iv, dXXd |üif|
UTiep Gnpcx^evouc, 8c de ujudc TToXXd iir\}xapTe\f. dasz endlich die
Verteidigung des Theramenes als ein verstosz gegen recht und gebühr
bezeichnet werden konnte, zeigt § 78, wo es von ihm heiszt: biKaiuic
^tv dv öXiTapxicjt biKTiv bövTOC, biKaiujc b* fiv dv brmoKpQTiqi.
12, 61 TttÖTa hk dnicTttcGe iiiv kqi aÖToi, Kai olb* öti oö bei
fidpTupac napacxecOai. die ausdrucksweise oTb' 5ti ou bei ^dp-
Tupac 7Tapacx€c6ai ist sonst dem Lysias fremd, und diese thatsache
ist um so beachtenswerter^ da die veranlassung zu dieser ausdrucks-
weise häufig genug vorlag, immer aber sagt er oök oTb* Sri b€t
lidpTupac Tiapacx^cGai. diese formel ist so häufig, dasz es der belege
nicht bedarf, doch vgl. noch 12, 37 UJCT* OVK oTb' ÖTt b€l iToXXa
312 • AWeidner: zu Lysias.
KQTTITOPCIV TOlOÜTUiV dvbpOüV. 10, 31 TTCpi }Xiv OÖV TOUTlüV OÖK
oTb* ÖTi bei TiXeiiü X^y^iv. 24, 21 dXXct t^P ouk oW öti bei Xiav
^6 dKpißaic diroXoTOUfievov . . ^voxXeiv nXeiiu xP^vov. 22, 22 oök
oTb* ö Ti bei TrXeiiü X^yeiv. in der hs. selbst fehlt ou vor bei, es ist
deshalb ebenso möglich , ja viel wahrscheinlicher , dasz die negation
vor oTb' ausgefallen ist : Kai ouk oTb' öti bei jbidpTupac Trapacx^cOai.
unmöglich wäre diese form nicht, sie liesze sich annähernd mit
30, 20 vergleichen: auma n^puciv lepd dGirra xpidiv laXdvTiuv
XeT^viTTai . . Kai oux olöv t' elneiv übe oux kava fjv S irpocfiXOe
T^ TTÖXei, aber die gegenüberstellung von ^TTicracOe Kai auToi und
OÖK oTb' bleibt ungelenk, wenn sie durch Kai vermittelt wird, der
gewöhnliche und natürliche Sprachgebrauch erfordert uüct' ouk oW
ÖTI bei. es scheint demnach nicht nur ouk, sondern (Sjct' ouk vor
oTb' ausgefallen zu sein, nur dasz von ujCTe noch ein rest in xal er-
halten ist. wie nemlich der Palatinus unendlich viele abkürzungen
enthält, so war sicher auch schon die hs. aus der er stammt mit ab-
kOrzungen geschrieben. Kai hat dort meist eine gestalt, die leicht
mit Öct' oder ülict' verwechselt werden konnte, immerhin ist es
möglich y dasz nach dem ausfall der Verbindung Kai willkürlich ein-
gesetzt worden ist.
12, 92 ßouXo^ai b* öXita ^Kar^pouc dvajüiviicac Karaßatveiv,
Toüc T* ii dcieoc koI touc ^k TTeipaiwc, \va idc u^iv bid to üiu^v
T€T€VTiM^vac cujicpopdc TtapabeiTMaTa Ixoviec Tfjv ipflcpov qp^priie.
es ist merkwürdig, wie lange oft eingewurzelte fehler unbemerkt
bleiben , auch wenn die Verbesserung längst vorliegt, der Palatinus
hat bid TOUTOV, Bekker hat dies mit richtigem takt aufgenommen,
Frohberger hat bid mit dem acc. der person richtig (zu 12, 58) er-
klärt, und dennoch schreiben alle neuem hgg. von Scheibe an bid
TOÜTUiV. aber ist denn unsere stelle von 13, 46 irgendwie verschie-
den, wo es heiszt: dTrociepTiO^VTec bid toutov Tdiv fibiCTurv? im
folgenden wird von den freunden des Eratosthenes gesprochen : Kai
TipdrTOV fifev öcoi dH ficxeöc dcre, cK^ipacG* ötiüttötoutwv outui
ccpöbpa fipj(ec6e usw. was thut das zur sache? die schuld des Era-
tosthenes und seiner freunde und Verteidiger wird im letzten teil der
rede oft genug durch einander geworfen, sollten aber hier die ge-
sinnungsgenossen bezichtigt werden , dann durfte der redner nicht
bid TOUTiuv sagen, was nur die mithilfe bezeichnen würde, sondern
er muste bid toutouc gebrauchen, was allein die schuld bezeichnen
kann, in dem augenblick der abstimmung aber (Tf)V i|ifi<pov cp^prire)
haben die richter weniger daran zu denken, was die freunde des
Eratosthenes gethan haben, als an die verbrechen und die schuld des
Eratosthenes selbst, über den allein abgestimmt wird, kurz vorher
würde ich also emendieren: ^r\h* oiecGe Kpußbriv Tf)v Hiiiqpov
otceiv (om. Pal.)' q)avepdv tdp nä nöXei -rtiv ufiei^pav tviju^tiv
iTOirjcei (Pal. Troirjceie). denn dasz TTOiTJceTe falsch ist, erkennt
man schon an u^er^pav, wofür ja doch ö^eT^pav auToiv stehen
müste, wenn q)av€pdv . . iroirjceTe richtig wäre.
AW eidner: zu Lyaiaa. 313
13, 36 ei liiy oOv ^v Ttj!! biKacnipCqi dxpivovTO, ß<)ib(wc &v
dcijiZoVTO • &7raVT€C TQP ffi>^ ^tViWKÖTCC fJTC OÖ fjV KOKOO fj ITÖXlC, iv
iij oubfev ?Ti ibqpeXeiv dbuvacBe • vOv b' elc Tf|v ßouXf|v aöroöc Tf|v
inX TUüV TpidKOVTa eicdTOuciv. in neuerer zeit hat man viel&oh den
satz 4v (]jj . . ^büvacOe umgestellt und hinter eicdrouciv eingerückt
allein so hat i\ ib keine beziehung, und was noch schlimmer ist, der
gedanke ist in dieser Stellung ganz wirkungslos und trennt cicdrouciv
von dem notwendigen und wuchtigen abschlusz f) bk Kp(cic TOiauni
^TiTveTO usw. , einem gedanken der ganz unmöglich ist, wenn ^v ijj
oub^v f Ti ibcpeXeTv dbuvacOe vorangeht, dazu kommt dasz auf solche
weise der satz äiravTec fäp . . f) ttöXic seine spitze und schärfe ver-
liert, denn was hilft die kenntnis des Übels , wenn nicht das einzige
mittel der rettung ergriffen und benutzt wird? was ist nun der
sinn? 'die angeklagten wären leicht freigesprochen worden: denn
ihr kanntet den drohenden Untergang der iröXic und konntet durch
kein anderes mittel (als durch die freisprechung der Strategen) hilfe
aus der not gewinnen.' dieser, wie mir scheint, notwendige gedanke
erfordert die änderung von (bq)€X€iv indiqpeXeicOai; worauf schon
dbuvacOe hinweist: dv & oibky fTiäXXoiroioGvTCc dbqpeXeicGat
dbüvacOe. die Verwechslung von ibcpeXeiv und (bq)€X€TcOai war im
Palatinus oder seiner (^[uelle sehr leicht, und ebenso leicht konnte
dXXo 7TOiouvT€C nach £ti ausfallen.
13, 37 ol jifev Top TpidKOvra dKdOriVTO im TiBv ßdGpwv, oö
vuv ol TTpuidveic KaGÄcviai • buo bk TQ&nelax iy tcjj irpöcGev tiIiv
TpidKOVTa dK6ic9Tiv ' Tf)v bk vpfiqpov oÖK eic KabicKOuc dXXd q>ave-
pdv ^TTi Tdc Tpair^Zac Taurac fbei Ti0ec0ai, t^v jiifev KaOaipoöcav
im Tf|v ucT^pav . . . wie Tf)V qificpov TiGecGai zeigt, wurde nur 6in
stimmstein, nicht etwa zwei abgegeben, es sind deshalb alle bis-
herigen versuche die lücke der Überlieferung zu ergänzen misglückt,
weil sie auf der grundform Tf)V jüi^v . . Tf)V bk beruhten , wodurch
eine klare Vorstellung von der sache nicht erreicht werden kann,
die grundform ist vielmehr f) ipficpoc KaGaipei und f) ipf\q)OC ctfifti,
dh. war nur ^in stimmstein abgegeben worden, so konnte der unter-
schied nur in seiner Wirkung liegen, ob die ipf^qpoc KttGaipoOca oder
cdj2[ouca war, oder, was dasselbe ist, ob sie den stein auf den einen
oder auf den andern tisch legten, man legte den stein auf den 6inen
tisch , wenn er eine Verurteilung erwirken sollte ; wollte man aber
eine freisprechung erzielen, so legte man den stein auf den rück-
wärts stehenden tisch , muste also an dem vordem tisch unter den
äugen der dreiszig vorübergehen, daraus ergibt sich dasz die par-
ticipia als prädicate des 6inen Tf|V vpfiq)0V nicht den artikel haben
können, sondern dasz zu emendieren ist: Tf|V bk vpf]qpov . . dirl Tdc
Tpan^Zac Tavjrac ?b€i TiGecGai, inX Tf|V juiv KaGaipoOcav, cijj-
Zoucav b* diTi Tf)V ucT^pav, in dUeram damnantemy ahsdventem in
posteriorem, eine lückenhaft überlieferte stelle für 'ein zur hälfte
erhaltenes glossem' anzusehen ist immer sehr gewagt, erst wenn
die lücke ergänzt ist , kann die frage über echtheit oder fUlschung
314 AWeidner: zu Lysias.
aufgeworfen werden, ich finde weder in der form noch in der sache
ein bedenken gegen die echtheit. die Überlieferung von Tf|V jüi^v —
^TTi Tf|V spricht entschieden für die lauterkeit des texies. denn wie
die modernen versuche beweisen, wüi'de ein interpolator uns sicher
ein Tf)V iik\ — Tf)V bk hinterlassen haben, und warum sollte der
redner nicht den grausigen Vorgang früherer tjrannei seinen richtem
mit sinnlicher anschaulichkeit vor die äugen führen, da von ihnen die
mehrzahl während jener Vorgänge in der fremde war und den
Sitzungen des rates nicht hatte beiwohnen können? dazu kommt
dasz die reden 12. 13 und 25 unmittelbar nach der rückkehr der
demokraten gehalten worden sind, sofort als die neuen magistrate
eingesetzt waren, ist es da zu verwundem, wenn der redner auf die
jüngsten erlebnisse in der stadt hinweist, selbst wenn er voraus*
setzen durfte, dasz alle seine zuhörer von jener merkwürdigkeit
richterlichen Verfahrens gehört hatten?
13, 40 nuGoM^VTi b* ^Keivr] dqpiKveiTat; ^^Xav t€ i^dTiov i^jüi-
<pi€Cfi^VTi . . . d)c elKÖc fjv dnl toi dvbpi aurfic TOiaÜTij cu|üi<popd
KCXpYlM^vu). man ergänzt %a\ dTT0K€Kap|i6vri oder Kai dtTTOKeipa^^vii *
aber die eine form ist nicht üblich und der aorist neben i^|iq)iec^^vii
unmöglich, ferner erscheint es mir kaum glaublich, dasz der redner
nur von der äuszem trauer und nicht auch von der innem bewegung
der seele gesprochen haben sollte, beide bedenken werden beseitigt,
wenn man KalbebaKpufi^vii schreibt, das wegen des gleichen aus-
lauts nach i^^q)iec|Li^vri leicht ausfallen konnte, wie hier der redner
d)c elKÖc iii\ Tifi dvbpi auific (= ijpwus) TOiaünj cu^q)op^ Kcxpi]-
fi^vqj hinzusetzt, so sagt Isokrates 4, 168 im \ikv TaTc cu|iq)Opaic
tqTc und Tiliv TToir|TOjv cuTK€i|i^vaic baKpiieiv d£ioöciv, dXriOivd
bfe TrdGTi TToXXd Kai beivd T^TVÖ^ieva bid töv 7röX€)iov ^<popdiVT€C
TOCOÜTOU b^ouciv iXeeiv, iöctc Kai jiiäXXov xa»pouciv. vgl. femer
Plutarch Aem. Paul. 10 eöpeiv tö GurdTpiov Tf|V Tcpiiav bebaKpu-
ix4vr\\ nach dem Vorgang von Homer TT 7 t(ttt€ bebdKpucai, TTarpö*
kXcic, i^üt€ Koüpri vriTtdi;
13, 42 Kai Tq TwvaiKl ifl aÖToO ^7r^cKT]Trre , vofiüliuv auTf|v
KU€iv ii aÖToO, iäv T^VTirai auifl Traibiov, qppdieiv Tif» t^vo-
^i^vui ÖTi TÖV nai^pa auTOÖ *AT6paT0C d7r^KT€iV€. Frohberger-
Gebauer haben die Überlieferung zwar recht gut verteidigt gegen
Hamakers versuch tiij T€VOfi^vui in auTOi dvbpi T^vofi^Viu zu ändem,
wozu Halbertsma lectiones Ljs. s. 26 vor T^vrirai noch dppev ein-
gefügt hat (nach Aristoph. £kkl. 549), aber eine gewisse tautologie
bleibt doch in Tifi T€VO|i^V(fi neben iä\ T^VTiTai bestehen, diese wird
beseitigt, wenn man Y^VTirai in xivrirat (so der Palatinus meistens,
oft so dasz beide formen nicht zu unterscheiden sind), dh. T^TViiTat
umändert, es wird nemlich im bedingungssatz auf die vorher aus-
gesprochene hoffnung (vo^(2Iiuv auTf)V Kueiv) zurückgewiesen:
wenn sie wirklich gebiert, dh. wenn die ho£fhung sich wirklich er-
füllt, 80 solle dem kinde gesagt werden usw.
13, 46 oöc . . TToiav xivd oUcOe tvuimIV w€pl toutou ^x^iv.
AWeidner: zu Lysias. 315
. . f Ti bk Tct T€ixn lü c KaiecKdcpri, xai a\ vfjec toTc ttoXc^ioic irape-
böOncav. bekanntlich kann übe weder von ot€c6€ noch von tcT£
(§ 44) abhängen, beide structuren wären ungriechisch ; ebenso wenig
dürfte man ?ti be in iCT€ bk oder ^ti b* IcTC ändern wollen, von
Iti be an enthält die Schilderung nur selbständige hauptsätze. in
diesen ist die unmöglich, es kann aber auch nicht einfach getilgt
werden, ich vermute deshalb üjjliijüc KaT€CKä(pr|, nach § 63 oöc
oÖTOC ji^v diT^KTeivev ibjiiujc. der satz ferner ai vfjec ToTcTroXe-
^ioic TrapeböSricav (vgl. 18, 5) zeigt, wie § 14 zu verbessern ist:
dvTi bk Toö äXXo Ti dTaOöv rq TiöXei eöp^cGai rdc xe vaöc irapa-
boövai ToTc AaK€bai|iOvioic Kai tö Tiepi töv TTeipaiä leixoc
irepieXeTv. denn der artikel vor AaKebai^ovioic ist unmöglich,
ebenso unzulässig aber ist es ihn einfach zu streichen, der redner
will nicht nur sachlich erzählen^ sondern auch seinem gefühl des
Schmerzes und der entrtistung ausdruck geben, wie 18, 6 f^ ^TTibeiv
xd xeix^l Ka0aipoujLieva xai xdc vaöc xoTc iroXe^ioic Trapabibojüievac
Kai xö ujLidxepov TrXfiSoc KaxabebouXiü^^vov (so richtig Pal., nicht
KaxabouXoiJjLievov, denn die knechtung war schon vollendet, als die
mauern niedergerissen wurden), es ist also xoTc AuKebai^ovioic
aus xoTc TT 0 X € |i i 0 1 c entstanden, an der Stellung des dativs nach
dem verbum ist kein anstosz zu nehmen, weil der redner nicht fort-
schreitend erzählt, sondern in chiastischer form schildert.
7, 12 ifvj xoivuv, ü& ßouXri, ^v fifev xüj x^u)C xpövifj, öcoi jüie
<pdcKOiev beivöv elvai Kai dKpißfj Kai oöbfev fiv eiKq Kai dXoTicxiuc
TTOificai, nTCtvdKxouv av fiTcujuevoc ^dXXov X€T€C0ai löc juci Trpoc-
fJKe. da f]TOUjLievoc in dieser Verbindung unmöglich ist, schreibt
man seit Scheibe nach Sauppes Vorschlag allgemein aipou|i6VOC ^oX-
Xov, kaum mit recht, da ein jLidXXov aipeicGai das dipavaKxeTv nicht
genügend motiviert, es scheint als ob der redner nur die formel
jLidXXov xoO TrpocrjKOVxoc oder, weil mehrere gute eigenschaften
genannt waren, fidXXov xiLv TTpocTiKÖVTUJV umschreiben will, dem-
nach würde zu corrigieren sein: f]YOUjLi€VOC jidXXov X^xecGai iLv
^01 irpocfiKe. denn in XefOfiai xi ist xi accusativ, also ist in d ^oi
TipocfJKe XeYCcGai die grundbedingung der attraction gegeben, ganz
ähnlich ist Isokrates 15, 145 TToXuxeX^cxepov XeXeixoupTnKa div
Ol vojLioi TTpocxdxxouciv , und bei Lysias 7, 31 scheint mir Beiske
das richtige getroffen zu haben: xd ^|iOi TTpocxexaYM^va fiiravxa
7rpo9u|Li6xepov TreTTOiriKa Oüv (Pal. ibc) üttö xflc TröXewc ^vaTKCtZö-
)aT]V, dh. im Verhältnis zu dem wozu ich vom gesetz gezwungen
wurde, dagegen 19, 50 ist zu corrigieren: ibc Alöxi^OC Ix^i xdXavxa
xexxapdKovxa TiXeiuj iLv Xaßeiv auxöc ujfioXÖTei.
7, 18 ^jLioi XOIVUV xouxuüv oi fiev cpiXoi oi bk bidqpopoi irepi
xujv djiUJV xuYXdvouciv övxec. es ist in der that wunderbar, wie
schlechte nachbam der redner hatte, die nach obigem Wortlaut immer-
fort ansprueb auf sein eigentum machten, aber noch wunderbarer
ist es, dasz man solche Sinnlosigkeiten fort und fort in Schulausgaben
verbreitet, was Lysias geschrieben haben musz , zeigt Thukydides
316 AWeidner: za Lysias.
VI 88 ToTc fifev 'A0Tivaioic eövoi fjcav (o\ Ka^apivaioi) , TrXfjv kqG*
öcov €lTf|vCiK€X(av tljovTO aÜTOuc bouXtücecGaijTOic bk CupaKOcioic
d€i KaTOi TÖ ö^opov bidcpopoi. es ist also irepi tö Sjüiopov
herzustellen, wahrscheinlich ist OMOPON in OMON und dieses in
6M0N übergegangen, und der artikel muste sich bequemen, zumal
da er im Palatinos in der regel nur abgekürzt erscheint, aber auch
in einem altern exemplare konnte aus too^ leicht twv werden, und
iT€pi für KOTOi mit accusativ ist durchaus Ljsianisch, zb. 10, 21 ifix)
Toöv beEatjiriv fiv irdcac idc dciribac dppiqp^vai f\ TOiaÜTTiv tvui-
^Tiv ix^iv Trepl TÖv Trai^pa, wo irepi tivoc dem Tvuifiiiv ix^w eine
active, also umgekehrte bedeutung verleihen würde.
7, 29 beivöv bi ixox boxei cTvai ufiäc }xkv . . ^rjG' djc dTrcpToZö-
fievov 7Ti&7roT€ lT]^\wca\ ^rjO* djc dcpavicavia eic Kivbuvov Kaia-
CTf\cai, toOtov b\ 8c oöie T€ujpTiuv ^ttuc Tirrxdvei oöt* ^Tri^eXi]-
Tf|c ^pTm^voc oöO* fiXiKiav ixwy eibiyfax ncpl tuiv toioütiüv,
dTTOTpdHiai ^e iffvc ^opiav dq)avi2[€iv. das sinnlose iff^^ &°^
ende der periode haben alle hgg. fallen lassen, vielleicht mit durch
die thatsache bestimmt, daez im Palatinus nicht selten einzelne Wörter
aus der obem in die nächste zeile eingedrungen sind, auf den ersten
blick erscheint freilich trfvc nur als müszige Wiederholung; aber
siebt man genauer zu , so musz man bekennen , dasz die lang aus-
gedehnte und regelmäszig gegliederte periode, wenn man ^TT^C
streicht, viel zu kurz und schroff abfüllt, dasz ^opiav dq)av(2[€iv für
sich eine zu wenig sinnliche Vorstellung gewährt und mit dem voraus-
gehenden Y^^PT^V ^YT^c in keiner beziehung steht, darum halte
ich dafür, dasz ^TT^^C nicht gestrichen, sondern emendiert werden
musz. gibt man dies zu, so kann man in ^yTuc kaum etwas anderes
finden als £k yfid das, wie häufig in inschriften, vielleicht ursprüng-
lich assimiliert iTV\^ geschrieben war. bekanntlich bedeutet ffl ohne
artikel dasselbe wie fundus^ grundstück oder auch grundbesitz, vgl.
19, 29 xoXcTröv . . olKiav t€ TrevrriKOVTa ^väv TrpCacOai t^c t€
ttX^ov ^ TpidKOVTa nX^Opa KrrjcacGai , und unmittelbar hinter ^€
musz yfi *mein grundstück' bedeuten, damit bekennt sich der redner
als T^iupTWV, während der kläger nicht ^TTV^c T^uipriJüV, dh. weder
Y€UJpTii)V noch dK TUIV T^iTÖviuv ist
7, 30 ^Tw Toivuv b^o^ai u)iujv |Lif| touc toioutouc Xöyouc
TTicroT^pouc fiTrjcacGai täv fpTU)v, ^ribfe uepl drv aurol cuvicie,
toOt' dvacx^cOai rdiv i\vm dxOptüv Xctövtiuv. die erklärer lassen
Taur' von Xctövtwv abhängen , aber dann ist TaOra Xctövtuiv nur
eine müszige Wiederholung von touc toioutouc Xöfouc. ferner der
gedanke 'was die richter selbst wissen , davon sollen sie die feinde
des angeklagten nicht reden lassen' ist doch auch nicht eben fein ;
vernünftiger ist es zu sagen Vas ihr selbst wiszt und kennt, davon
laszt euch von meinen feinden nicht das gegenteil vorsagen, denn
ihr müst ja wissen, dasz es nur lügen sind.' also ist TauT* dva-
cx^cOai aus TdvavTi* dvacx^cOai entstanden.
Die letzte stelle erinnert an ein ähnliches Verderbnis im scblusz
A Weidner: zu Lysias. 317
der rede gegen Agoratos (13) , der in der Überlieferang also lautet :
^äv ouv Tct ^vavTia toTc X' ipriqpiZricOe, irpaiTOV jn^v oux 6|LiöipTi(poi
TiTvecGe , äneua toTc ufiex^poic aöi&v cpiXoic t€tijliu)PT1köt€c f C€-
c0€, ?7T€iTa ToTc ttSciv öv9pd)7TOic b6S€T€ biKQia KQi öciQ ipriqpi-
cacOai. es bedarf nicht der nähern begründung, dasz erstens \|ir]q){-
lr\cQ€ für ipricpiCTicGe falsch ist, vgl. 12, 100 öcoi jn^v fiv toütiüv
äTTOipriqpicTicOe, zweitens dasz in einem bedingungssatze nicht bedin-
gung und folge identisch sein können , drittens dasz YiTVCcOe nicht
auf 6iner linie mit dem futurum tertium oder fut. exactum stehen
kann; dasz aber dieses von TiTVOfiat nicht T€T€Vi^co|Liat , sondern
€cofiai lautete, zeigt Piaton Parm. 141 « oöt' JireiTa T€vric€Tai oöt€
T€VTi0r|ceTai oux' ^ciai * viertens dasz das zweite f TTCixa aus {irixe,
dh. aus ^xt b^ entstanden sein musz. ich denke mir deshalb den
epilog also: ^ctv ouv xaöxa \|iTi(picT]c0€, Trpiüxov fiev xoTc xpidKOvxa
oux öix6\\fr]q>o\ t* f c€c0e, fireixa xoTc öjuexdpoic auxiöv <p(Xoic
xexifiujpriKÖxec fc€C0€, f xi bfe xoic iräciv dv0piIjTroic böHexe biKata
Kai öcia i|iTi(ptcac0at.
7, 34 fidpxupac fäp f x^v (Pal. irap^x^J^v) auxtD TrpocfiX0ov,
X^T^v öxi fioi TTQVxec clciv (= ndpeiciv?) o\ ©epdTrovxec oOc
dKCKxrifinv ^Tieibfi TTap^Xaßov xö x^jp^ov, Kai Ixoifioc €itiv (Pal.
%Tiv), elxiva (xivac nach § 37) ßouXoixo irapabcövai ßacaviZietv,
f]Toi3jLievoc ouxuic av xöv JXerxov lcxup6x€pov T€v^c0ai xujv xoO-
xou XöifuiV KQi xuüv ?pTUJV xiüv ^fiiüv. man erklärt die letzten
Worte also: 'die folterung wird eine sicherere (?) Untersuchung (?)
sein über das was er sagt und das was ich that', läszt also die geni-
live XÖTUJV und ?pYUJV von f Xeifxoc abhängen, das verbietet aber
die Wortstellung und der sinn : denn der beklagte hat ja keinen
eXeifxoc IpTUJV geliefert, da icxvjpöxepov T€V^c0ai nur vincere oder
superare bedeuten kann , so müssen XÖYUJV und f pipuJV genitive der
vergleicbung sein, aber wie konnte der beklagte seine eignen f pTCt
überbieten? denn sollten ipfo. 'thatsachen' sein, wie Heldmann
meinte, dann durfte nicht xujv iix6j\ hinzugefügt sein, die stelle
wird sonnenklar, wenn man an § 39 denkt: ^TVUiK^vai jLifev (Pal.
i^uj ju^v) ujuäc fiYoöjLiai 6xi NiKÖjiiaxoc uttö xOüv dxÖpuJV (om. Pal.)
7T€ic9eic xu)v ^juuiv xoOxov xöv öyOüva dtuiViCexai. hinter dem
kläger stehen die feinde des beklagten, dieser hat also mit dem
kläger auch seine feinde zu überwinden, und dieses rcsultat erhofft
er von der aussage seiner sklaven auf der folter. es ist also sicher
zu emendieren: f]YOiJ|Lievoc oöxu)C Sv xöv fXeifXOV (die aussage)
kxupöxepov T€vec0ai xiuv xouxou Xötuüv kqi xujv ^x^pwv xujv
^juujv. man beachte dasz er nicht Ktti . . Kai, sondern nur Kai com-
pletiv gebraucht, weil ja die dx0poi im verfahren nicht offen als
partei hervorgetreten waren, das wort ^x^pöc hat dem Schreiber
der hs. Schwierigkeiten gemacht: denn 25, 18 findet sich ^K xoO für
eX0pouc und 7 , 39 ist entweder ^x^P^v nach uttö xüüv ausgefallen
oder iiTTÖ xOüv aus utt* ^x^P^liv verstümmelt, dasz § 39 i'X\h juifev aus
^TVUJKevai jLiev verschrumpft und nicht ^ifuj fifev ^TVUJK^vai zu
318 AW eidner: zu Lysiae.
schreiben ist, beweist der umstand, dasz zu ^TU) jii^v der gegensatz
fehlt und § 40 mit iy\jj bi beginnt.
16, 13 dTT€tbf| irävTQC ^lupujv TOtc jiA^v linT€uouctv dcq>dX€ictv
elvaibeiv vo^iiCovrac, toTc b* ÖTiXiraic Kivbuvov fiTouju^vouc . .
TTpoceXGibv ?<pTiv (fxi Pal.) xqj "OpOoßouXiu dSaXetipai jue ^k toO
KaxaXÖTou, f|TOÜjLievoc alcxpöv dvai toö irXriGouc ^^XXovtoc kiv-
buv€U€iv äbetav ^lüiauTqj irapacKCudcavTi CTpareuecOat. der paral-
lelismus von V0|iJit2[0VTac . . f)TOU|iJi^vouc entspricht dem stil des Ljsias,
aber er ist nur denkbar, wenn jedem participium ein infinitiv bei-
gegeben ist. es mnsz deshalb vor f)irou|iJi^vouc ein infinitiv ausge-
fallen sein , etwa ^(pecrdvat. femer ist elvai b€iv augenscheinlich
verdorben, ich nehme an aus i\br[ elvai. dann aber ist £(pr]V ebenso
wie eliTOV, das man vermutet hat, eine unrichtige ergänzung: denn
TrpoceXOiüV darf von seinem dativ nicht getrennt werden, wo der
dativ fehlt, wie § 16 TrpoceXGuiv ^tui töv xaEiapxov dK^eiiov
dxXripuJTt Tf)V f||Li€T^pav rdStv ir^juirctv , liegt eine Verderbnis aus
TrpoeXOuJV vor: denn Mantitheos trat aus der linie hervor und
stellte die forderung an den taxiarchen frank und frei, dazu passt
das verbum ^KAeuov, das mir auch § 13 das einzig passende zu sein
scheint: natürlich musz es vor iK ToO xaTaXÖTOU gestellt werden,
endlich Irx ist nichts anderes als dK, das am rande nachgetragen
war, beim abschreiben aber in die unrichtige stelle eingerückt wurde:
es gehört vor CTpaT€U6c9at , da es hier sich um einen auszug gegen
den feind handelt die ganze stelle würde demnach lauten : ^Tretbf)
irdviac diupwv xoic jn^v iTTTreuouciv dccpdXetav hi\ elvai vojiii-
Zovrac, toTc b' ÖTiXiiaic Kivbuvov <d<p€CTdvai)> f|Tou^^vouc . . ifib
TrpoceXGiüv tuj *Op9oßoüXiü d£aX€ti|iai ixe <dKA€uov> ^k toO xaia-
XÖTOu, f|Toii)ui€VOc alcxpöv clvai toO TrXriGouc jla^XXovtoc Kivbu-
veuetv dbetav dfiaurijj TrapacKeudcavr* dKCTpareuecOai.
19, 29 Tiva ydp oTecGe (piXÖTijuov ^ikv flvxa, diriCToXÄv b*
auTijj f|KOuca»v Trapd toO iraipöc juribevöc (^TlbfevPal.)dTropric€lv ^k
Küirpou, ^pTiM^vov bt irpecßeurfiv Kai fi^XXovia irXeiv ibc Gua-
YÖpav, ÖTToXiTT^cSai (Pal. uTioXemecOai) dv.Tixiüv flvxuiv; die worte
£k KuTipou sind nicht ein willkürlicher falscher zusatz, sondern nur
die falsche lesung der worte €K€iTrpoc, denn der redner sagte : ^r]b€VÖc
diTopriceiv dK€T,7rpocijpTm^vovbt TTpecßeuxTjv.
19, 38 hat die ha.: vöv xoivuv €t bTijiJi€Üc€xe xd xoO TifioG^ou
— b ixi\ T^voixo, €l ^r| xi ^^XXet ^xifa draOöv fcecOat x^ iröXei —
dXdxxuj i.äv iE auxujv Xdßoi||| xf|v ^k xa»v 'Apicxoqpdvouc T€T^VTixai,
xoöxo lv€Ka T^iioöxe xouc dvatKaiouc xoüc ^kcivou xd cqp^xcp*
auxiüV dTToX^cai; es würde verlorene mühe sein die ganze stelle
nochmals eingehender zu besprechen, da es sich nur um vorschlage
handeln kann, setze ich meine Vorstellung einfach hierher: vOv xoi-
vuv el bri^ieucaixe xd TifioG^ou — 6 ^iif) t^voixo, et ^ri xi jii^XXei ^xi'x'
dXXo KQKÖv ?c€c0ai x^ TTÖXci — dXdxxui fiv iE aöxiüv Xaßövxec
f\ iK xiüv *Apicxo(pdvouc TCT^vnxai, xoüxiuv ?v€Ka i^ioöxe usw.
zu beachten ist, dasz in der hs. iav für dv sich nicht selten findet,
A Weidner: zu Lysias. 319
zb. 24 , 18, und dasz toutujv Ivexa bedeuten würde *um dieser ge-
ringem (dXäTTUü) summe willen', jedenfalls ist keine Veranlassung
XäßoiTC zu schreiben und damit dem redner einen grammatischen
verstosz aufzubürden.
19, 57 eici bi Tivec ol TTpoavaXicKOviec oö ^övov toütou
?veK€V, dXX' iva äpxeiv \j<p' ujuiujv dEiu)9^VT€c biirXdcia KO)üiicu)VTat.
das pronomen toütou hat im vorausgehenden keine stütze und keine
beziehung. darum möchte ich nicht mit Hertlein ou und dXXd tilgen
und jLiövou TOÜTOU schreiben : das heiszt nicht emendieren , sondern
zurechtschneiden ; vielmehr glaube ich dasz toütou aus TOUKOtvou
entstanden ist. Miese leute bringen ihre opfer nicht allein um des
gemein Wesens willen , sondern in der bestimmten absieht im besitz
der ämter sich doppelt zu entschädigen.'
19, 62 Ktti vuv ÖTTÖ TUJV ÜTToXoiTTUJV TpiT]papxa» liky ifdjy
TpiTipapxiJuv b* 6 TTQTfip d7T^0avev, ircipdcofiai b*, ujcirep KdKcTvov
(Pal. et ^KeTvov, etwa Jti ^k€ivov?) diiupuiv, öXita KQTd jniKpöv
TTapacK€udcac8ai€ic Tdc KOtvdc uJcpeXeiac. der ausdruck trapa-
CKeudcacGai im sinne von parare ist an sich wenig klar und läszt
die beziehung auf das vorhandene familienvermögen vermissen, ich
glaube deshalb, dasz ursprünglich an der stelle irpoCKTl^cacOat
gestanden hat: vgl. Isaios 6, 38 tOüV t€ dpxatu)V ixr{biv TipaOrivat
Ttüv Te Ttpocöbujv TTcpiTTOieTv, UJCT€ dci Ti TTpocKTttcGai. L7siasl2,39
TTÖXiv nv Tiva TOiaÜTTiv TTpoccKTricavTO. Lykurgos § 67 f|vtKa oüb'
dv eic TTpocKTTJcacÖai oübfev dv ilr\Tr]cev , ebenfalls von dem kauf-
männischen erwarb.
25, 1 TU)v bi KttTTiTÖpiüv 0au|LidZ!uj, 6ti (o'i Pal.) djiieXouvTec
TiJüv oiKeiiüv Tuiv dXXoTpiiüv ^mfieXouvTar o'i cacpuic eibÖTCC toüc
fiTibev (Pal. ju^v) dbiKOuvTttC KQi TOÜC TToXXd i.Br\ixapTr\K6Tac
lr\To\)c\ Kcpbaiveiv judXXov (om. Pal.) fj üfidc nexQexv Tiepi dudv-
TU)V f]|Liujv Tf)V fVtüjLiTiv TaÜTT]V ^X^iv. die richtigkeit meiner, wie
ich glaube, sehr einfachen Verbesserung ergibt sich aus folgender
entwicklung der gedanken des redners. wenn die richter so häufig
die aufhetzereien der sykophanten hören, die den Städtern alle ver-
brechen der dreiszig zuschieben, so ist es begreiflich, wenn sie
schlieszlich auf alle städter ohne unterschied erbost werden, aber
bei den anklägern ist es anders, wenn diese sich in fremde ange-
legenheiten mischen, dh. andere anklagen, während sie selbst unheil
üben, so bezwecken sie nicht im ernste mit ihren hetzereien die richter
zu der genannten anschauung über die städter zu führen, sondern
sie wollen vielmehr nur ihr eignes, gutes geschäft machen, die
masse ist im irrtum , und irrtum ist verzeihlich , aber die ankläger
handeln nicht im irrtum, sondern aus bosheit und crassem egoismus,
dh. aus Schlechtigkeit, und Schlechtigkeit ist nicht verzeihlich, der
häufige gebrauch von fidXXov f| bei Lysias im sinne von oÜK — dXXd
ist bekannt und bedarf keines beleges mehr, dasz nach Oaufldlui
ÖTi und nicht o'i zu schreiben ist, zeigt der gegensatz der thatsachen:
euer verfahren ist nicht auffallend, wunderbar dagegen ist die that-
J
• I
320 AWeidner: zu Lysiaa.
Sache, dasz die sykophanten, selbst allt&gliche Verbrecher, unschul-
dige männer des Verbrechens bezichtigen, der folgende relativsatz
(es oiiTOt Tdp) enthält dazu die ausführung und erläuterung.
25, 9 fvioi bk T&v ^KCivouc ^KßaXövTUJV aÖToiaÖTOic xuiv
xpidKovra dT^vovro. nach aiioX ist aOOtc nicht möglich, zumal da
die redner in solchen fällen iräXtv gebrauchen, ich glaube dasz in
aÖToi auToTc ein stärkeres wort zu suchen ist, das die handlungs-
weise des Theramenes, das |iJi€TaTi6€c6at iv tx} TToXiTeicjt, scharf
charakterisiert , wahrscheinlich aÖTO|iJioXoOvT€C, wenn nicht gar
aÖTÖ^oXot, vgl. Aischines 3, 75 oi cu)üi|iA€TaiTiTrT€t toTc aOTOiioXoO-
civ iv Tfi TToXiTcicjt. 2, 79 Kai aÖTOfioXÄcai |li€ <p^c auröc fiiv dvbpa-
Trobu)biic Ka\ ^övov oOk kTiTfii^voc [aÖTÖfHoXoc]. das ist freilich
eine spräche, die dem Deinarchos näher steht als dem Ljsias, aber
das einfache auTO)üioXoGvT€C würde dem Charakter des Ljsias nicht
widersprechen.
25, 11 öcot iiA^v iv Txji briMOKpaTicjt &T\ixo\ fjcav eöOuvac bebuj-
KÖT€C f\ tOüV flVTUJV ÖTTeCTepTlfldvOl f\ fiXXlJ Tivl CUfKpOpd TOtaUTI]
KexpilM^VOt. würde es nicht am einfachsten sein vor euÖOvac die
negation ouk einzusetzen? denn wer sich zur rechenschaftsablage
nicht stellte, verfiel der atimie, wenn er nicht gar in contumaciam
zum tode verurteilt wurde, wie zb. Philokrates.
23, 3 ^XGibv in\ tö KOupeTov tö irapa touc '€p^dc, Iva o\
AcKeXeic irpoccpoiTiuciv, i^piüTUiv. dasz Lysias hier tva im sinne
von ol oder öttoi gebraucht haben soll, ist ein alter Irrtum, der
artikel vor AeKcXeTc ist hier unmöglich, da ja die genossenschaft
hier nicht gemeint sein kann, und in der hs. steht klar und deutlich
dpfLiactvä ol A€K€X€tc. es ist also zunächst oT AcKcXetc Trpoccpoi-
T(£)civ sicher gestellt, was ist aber in dpfiacivd enthalten? sicher
nicht \va. man kOnnte wohl an eine corruptlon von '€pfia6r|vac
denken, aber dann müste auch touc in Tdc geändert werden, dazu
waren die Hermathenen kaum so zahlreich vorhanden und fanden
sich wahrscheinlich nur in palästren und gymnasien. einfacher wird
es sein in )üiac tvd eine dittographie zu finden, ist das aber nicht
richtig , so bleibt die annähme übrig , dasz in tvä der rest eines
namens enthalten ist, etwa des damaligen oder frühem besitzers der
genannten Hermen, sicher ist so viel, dasz iva für ol ein solöcis-
mus ist, der dem Lysias ohne jeden grund aufgebürdet wird.
24, 13 KaiTOt €l toOto Treicei rivdc u^ujv, ih ßouXrj, ri |li€
KUjXu€t KXripoOcOai tuiv ivyia dpxövTuiv, xal ufiidc i^ov }xi\ dq>€X^-
cOai TÖv ößoXöv übe ÖTiaivovTOc, toutiü 5t ipTiq>icac9anTdvTac übe
dvamipiu; mit dem letzten kolon lastet man dem redner einen
lächerlichen scherz auf, der noch viel schlechter ist als jener, den
man früher in § 21 herausgeklügelt, jetzt aber glücklich beseitigt
hat. wäre in den Worten wirklich der gedanke enthalten: Venn
er euch das einredet, so könnt ihr alle ihn ebenso gut selbst für
einen krüppel erklären und ihm den obolos zuweisen', dann passt
dazu die folgende begründung ou tdp brJTTOU töv auTÖv O^etc ^iv
A Weidner: zu Lysias. 321
ibc buvdfievov d(paipr)cec6e rd biböfievov, ol bk decfioO^Tai übe
äbuvarov dvra KXripoOcOat KUiXOcoucw wie wasser zu feuer : denn
der erläuternde satz spricht nur von dem invaliden, nicht vom gegner.
die emendation des angeblichen witzes ist glücklicherweise sehr leicht
aus dem Sachverhalt zu finden, wer an der erloosung eines amtes
teilnehmen wollte, muste sich bei den thesmotheten melden, fanden
diese , dasz der candidat zur ausübung des amtes körperlich unfiUiig
war, so hatten sie das recht ihn von der beteiligung am loose aus-
zuschlieszen. wenn nun aber der invalide eben vom rate für buvaröc
erklärt worden war, was konnten dann die thesmotheten thun^ wenn
er sich zum loos um ein amt meldete ? konnten sie ihn jetzt dennoch
ausschlieszen? das recht hatten sie wohl, aber, sag^ der redner, sie
würden sich gewis nicht in Widerspruch setzen mit dem beschlusz
des rates, und der invalide würde zum loose zugelassen werden,
wenn nun der invalide wirklich das amt erlooste, dann käme er
wieder zur dokimasie vor den rat. wie wollten sie ihn dann abweisen
(äTTobOKt|Lid2[€tv) ? sicher würden sieallewieaus6inemmunde
(irdvTac) ihn für einen dvdTT7)poc erklären und ihm damit direct
oder indirect den obolos wieder zuerkennen (ipri9i£€c6ai). während
man also bisher in irdvTec einen fehler finden zu dürfen glaubte^
ergibt sich aus dem verlauf der sache, dasz gerade dieses wort be-
deutungsvoll und unentbehrlich ist. der fehler liegt allein in tout()I,
das, wie noch öfter in der hs. des Lysias, mit TÖre verwechselt wor-
den iät. deutlicher noch würde der gegensatz, wenn auch vOv statt
iixov stände: KQi ufiäc vO V ji^v dcpeX^cSm TÖv ößoXöv d)c utiaivov-
Toc, TÖie bk ipriqpicacGai irdviac ibc dvaTtrjpqj. zulässig wäre auch
Ktti Ujudc djLioö vöv ixi'v USW., aber dadurch würde gegenüber
UJC dvQTTripuj die concinnität gestört, die Verwechslung von vOv
)Li€V und ^fioC ixkv ist ähnlich wie 10, 1 die vertauschung von Ufiujv
und vuvi.
24, 14 dXXd tdp oute ujueic toutijj Tf|v auTfjv fx^TC TViifiriv
ou9* oijTOC €0 TTOiOuv. es scheint mir verfehlt zu sein €Ö ttoiuiv in eu
(ppovüüv oder eil qppovei ändern zu wollen : denn die ungleichmäszige
gliederung des gegensatzes weist deutlich auf den ausfall eines verbums
hin, zumal in solchen gegenüberstell ungen Lysias das verbum zu wie-
derholen pflegt, vgl. Eauchenstein zu 16, 13. welches wort ausgefallen
ist, darüber kann man nicht zweifelhaft sein, da der redner § 18 in der
folgerung wieder auf seine these zurückkommt : UJCT€ liOi bOK€t Ö
KQxriYopoc emeiv irepi Tfjc djiific ößpeuic (wie eben auch vorher von
der körperlichen gjesundheit) ou C7T0ubdZ!u)V, dXXd TraiCuJV.
das wort C7TOubd2!ei ist nach eu Troiujv ausgefallen (vgl. darüber
ßebdantz im index zu Demosthenes u. 'particip' s. 269), weil €U7T0l
und CTTOU in der schrift sehr ähnlich sind, so dasz ja sogar 12, 52
cuvouciav für euvoiav steht, ich hatte mir diese Vermutung längst
notiert, als ich bei Halbertsma *lectiones Lysiacae* s. 50 folgendes
las: ^ceterorum coniecturis longo praestat ea [sie] Naberi, qui mihi
per litteras communicavit , sibi videri librarios lacunam olim male
Jahrbücher t ilr class. philol. 1863 hft. 5 u. 6. 21
322 A Weidner: zu Lysias.
suppleyisse suo eO irotdiV; cum Ljsiae manus foisset CTTOubdZcu'
in der wähl des verbums trafen wir also zusammen , sonst aber ist
meine Verbesserung der stelle sachlich und methodisch yon der an-
schauung Nabers wesentlich verschieden.
25, 15 if\jj Totp TOtouTOv ^fiauTÖv iv rate Tf)c TröXeuic cuji-
q)opatc irapdcxov dicTC , €l Trdvrec 'rfiv aÖTf|v tvi(>|liiiv ?cxov d^oi,
jüirib^va &v öfiuiv Mni^CM^^ KCXpficOat cujiKpop^. statt K€xpi)cdat oder
Xpi^cacOat, was man ebianfalls an dieser stelle versucht hat^ bietet
die hs. nur XP^cOai. diese lesart scheint man mit unrecht aufgegeben
zu haben, denn der redner will nicht togen , dasz niemand damals
ein Unglück gehabt hätte, sondern dasz niemand jetzt einen Unfall
zu beklagen hätte: ci irdvTCC Tf|v aÖTf|v TVidjuiiv ^cxov i^oi, oCibetc
&v oöb€|iAi$ ^XP^'^O cu|iJi(popd. die nachwirkungen der gewaltherschaft
der dreiszig waren auch nach der Wiederherstellung der demokratie
für viele familien recht empfindlich : väter oder brttder waren gemor-
det, das vermögen eingezogen oder zerrüttet, nicht wenige waren von
hasz und mistrauen erfüllt, andere wurden mit processen verfolgt,
wie wir aus Isokrates rede gegen Eallimachos ersehen, endlich erlitten
trotz der amnestie viele die cuficpopd, die der redner jetzt selbst von
sich abzuwehren bemüht ist. das imperfect ist umfassender und wirk-
samer als das plusquamperfect oder der aorist. ist meine auffassung
richtig, so würde die stelle ein neuer beweis für die längst von Falk
gemachte beobachtung sein , dasz die rede unmittelbar nach Wieder-
herstellung der demokratie gehalten worden ist. ja aus f)|Liäc und
aus ixerixeiv tujv irpat^dTiuv in § 23 darf man schlieszen, dasz wir
hier eine rede haben , die bei der ersten neubildung der magistratur
gesprochen wurde und der rede gegen das gesetz des Phormisios
am nächsten steht, da die feinde der demokratie von auszen noch
auf den Umsturz der demokratie hoffen, so dürfte § 23 eher dTTO-
piav als rt^Uipiav zu lesen sein, eine Verwechslung die auch sonst
vorkommt.
26, 33 ddv V öcT€pov öjiiv bi' iripovc currripia (cuinipia
Pal.) T^vnrai, toutouc \iiy d7riXücac9ai (so Pal.), dKetvouc hk
^eiZov buvi^C€cOat. mit toutouc können, weil es f|T0u^€V0t unter-
geordnet ist, nicht die sjkophanten, aber wegen der nähe von u^iv
auch nicht die richter gemeint sein, es bleiben demnach nur die
vorher genannten o\ Ik TTetpaiujc übrig, die jetzt die sjkophanten
ihr wesen treiben lassen, dann aber in die dinge eingreifen und den
bessern die macht einräumen werden, ich lese deshalb dTTtXrj-
i|i€c6ai aus ^TnXucecOat heraus, in der er wägung dasz gerade die
buchstaben r], et und u, sowie \|i und c am meisten in hss. vertauscht
worden sind, bekanntlich ist diTiXaß^cOat Tivöc ein juridischer ter-
minus und bezeichnet die revindication eines eigentums , vgl. Piaton
Oes. 954^ und 954 <= ebenso ohne genitiv.
30, 6 öiLiäc ToCvuv XP^ • • KoXäcai adröv, ical direibih ^yöc
^KdcTOu bliciiv ouK elXrjqKXTC, vuv unip dTrdvruiv t o 0 v Tf|V Tifuuipiav
7TOii^cac6at (Pal. Troti^cacOe). in der hs. steht touv nicht, das hier
AWeidner: za L^nsm, 323
auch nicht angemessen ist. man kann sagen 'vreil ihr seine frtthem
verbrechen nicht strafen konntet, so müszt ihr jetaet wenigstens raobe
nehmen^ aber nicht *weil ihr jedes einzelne vergehen nicht strafen
konntet, so müszt ihr jetzt räche nehmen, wenigstens fttr alle zn-
sammen% als ob die comolierte strafe geringer wftre als die einzel-
strafe, die todesstrafe geringer als geldbnszen oder atimie. in der
hs. selbst steht Tt|||(ß, und ich glaubte, als ich sie vor mir hatte,
ebenso gut toutuiv wie ain&v herauslesen zu können» sicher aber
ist es, dasz allein imkp äirdvTuiv toütuiv das richtige ist dasz
endlich noiificacOai und nicht iroit^cacOe zu lesen ist, wird man eben
nur dem begreiflich machen können, der die ha« selbst kennen ge-
lernt hat; unsere grammatiker werden die theorie Westermanns
auch hier festhalten, ich bemerke nur, dasz die aufforderung am
anfang der rede zwecklos ist, nicht aber die hervorhebung der pflioht
(xpf| KoXdcai Kai njLiuipiav iroii^cacOat).
31 , 9 od Toivuv oöb* djcircp ?vioi Tiv€c tiBv itoXitiSv jyiere-
ßdXXovTo , dTTCtbfi diupu)v ToOc &irö <l>uXf)c iy otc £irpOTT0V eÖTU-
XoOvTac, oub^ TOUTUiv Ti Tt&v eÖTUxnMdTuiv t)£{iuc€ ^eracxetv.
wie 24, 13 töte bi in Tourif bi, so ist hier töt€ in TOtkuiv in der
hs. übergegangen: denn neben Ti kann toütuiv nicht bestehen, und
T€ wSre ein unnützes flickwort.
31 , 32 t6t€ oök db^ovTO aÖToO ßoT)Of)cai xal öjitv ical koivI)
T^ iröXet , Ka\ \ii\ TrpoboOvai jüL^ire Tf|v irarpfba ^/)T€ Tf|v ßouXfiiv,
fjc vOv dStoi TUX61V od jülctöv aörifk, fiXXuiv t^ xaT€pTaca|yi^vuiv.
Halbertsma lect. Ljs. s. 64 bemerkt: *tria ultima vocabula delenda
arbitror. repetiit ea nescio quis ex § 31, ut explicaret scilicet oö
^€TÖv auTtu/ aber § 31 steht irdjc b* dxöc den toOtov . . irpö-
Tepov Toiv KQTepTacajLidvuiv Kai oötuj cuvTijLiii^vai; warumhat
der interpolator eine so ganz andere form , ja fast auch einen ver-
schiedenen gedanken gewählt? das urteil in § 31 zeigt, dasz die
ähnliche anschauung auch in § 32 echt ist, nur dürfen wir Te nicht
in ein müsziges f€. ändern, sondern der eigentümlichkeit der hs. ge-
mäsz in T€ das compendium für Tiu v suchen, also fiXXuiv TUü V KaT€p-
facaju^vuiv corrigieren. ebenso erfordert § 6 der sinn notwendig
ÖTi kSv TrapdvTCC für öti öv irap^VTec.
Dortmund. Andreas Weidnbr.
21
324 JBeloch: das g^echische beer bei PlataiaL
44.
DAS GRIECHISCHE HEER BEI PLATAIAL
Dasz Herodotos für die gescbicbt« der Perserkriege einen gleich-
zeitigen bistoriscben beriebt nicbt benutzt bat, wird boffentlicb von
keiner seite bestritten, seine erzftblang beruht auf leider recht spär-
lichen monumentalen quellen, einigen poetischen productionen und
hauptsächlich auf der mündlichen tradition. dasz es unter diesen
umständen mit dem werte der Zahlenangaben, die sich bei Herodotos
finden, sehr mislich bestellt sein musz, bedarf keiner bemerkung.
sind doch brauchbare Zahlenangaben selbst bei historikem, die gleich-
zeitige ereignisse aufzeichnen, nicht häufig zu finden, denn Verständ-
nis fUr statistische dinge ist eben eine gäbe , die leider sehr viel sel-
tener ist, als es für unser historisches wissen wünschenswert wäre.
Dieser letzte umstand erklärt es auch, dasz die Zahlenangaben
bei Herodotos so lange als bare münze gegolten haben, noch bei
Busolt werden sie gewissenhaft wiederholt, obgleich doch schon ein
jähr früher HDelbrück und ich selbst ihre völlige unhaltbarkeit in
ausführlicher detailuntersuchung dargethan und wenigstens zum teil
begründetere zahlen an ihre stelle gesetzt hatten. Busolt hat diese
forschungen einfach ignoriert, was freilich sehr bequem ist; dagegen
hat ABauer in den Wiener Studien IX (1887) s. 222 den versuch
gemacht die grundlage zu erschüttern , auf der meine kritik der an-
gaben Herodots über die stärke des griechischen heeres bei Plataiai
beruht, es freut mich , dasz mir auf diese weise die gelegenheit ge-
boten wird einige punkte näher zu beleuchten, die ich im ersten
bände meiner 'historischen beitrage zur bevOlkerungslehre* (Leipzig
1886) nur im vorbeigehen habe berühren können.
Auf s. 8 f. des angeführten buches habe ich darauf hingewiesen,
dasz Herodots Verzeichnis der griechischen Streitkräfte bei Plataiai
auf ginindlage des 'platäischen siegesdenkmals' zusammengestellt sei,
wie die genaue Übereinstimmung der namen beweise : denn das fehlen
von Pale auf dem denkmal erkläre sich dadurch, dasz Her. *das
digamma in FaXetoi als TT gelesen und so die Paleer in die liste
hineingebracht habe', dazu meint nun Bauer: 'Eleer und Paleer
klingt freilich sehr ähnlich, und auch die buchstaben sind nahezu
gleich; aber Herodot, der doch griechisch schreiben und lesen
konnte; soll FAAEIOI für TTAAEI gelesen haben?' (Bauer wollte
natürlich sagen cTT(;tXf]C für FaXeiot».)
Selbstverständlich ist mir nie in den sinn gekommen das zu be-
haupten. Herodotos las TTaXetot und suchte dann den staat, auf den
das ethnikon sieb beziehen könnte, da hatte er nun freilich keine
wähl , er fand eben nur Pale auf Kephallonia. wir würden es auch
so machen, falls wirklich TTaXetot auf der seule stünde, und wir wür-
den uns dabei erinnern, dasz das ethnikon von Pale im altertum ge-
schwankt hat; Poljbios gebraucht die form TToXateic. seinen lesem
JBeloch: dos griechkche beer bei Plftiaiai S25
war es Her. natürlich schuldig das ungewOhnliebe eÜmikon in das
gebräuchliche ITaXfic umzusetsen, gant ebenso wie er die Muicavf|c
des denkmais in Muicnvaiot verwandelt hat.
So weit Pale, dasz Eroton auf dem denkmal fehlt, erklärt sich
sehr einfach dadurch, dasz die krotoniatische triere, die bei Salamis
gefochten hat, nicht vom krotoniatisohen Staate gestellt war, wie
daraus hervorgeht, dasz Her. hier, und hier allein, den fdhrer des
Schiffes nennt (VIII 47 vgl. Paus. X 9, 2) ; also nioht die KpoTUK
viärai hatten am siege anteil gehabt, sondern der Erotoniat PhajUos
und seine geführten. Seriphos, das nach Her. einen fUnfzigruderer
gestellt haben soll, hat in Wirklichkeit vielleioht gar nicht am kämpfe
teil genommen oder ist vergessen worden, wie Siphnos und Tenos
zuerst vergessen worden sind, so dasz ihre namen erst naehtrttglidi
hinzugeftl^ werden musten. die opuntischen Lokrer aber werden
wie die Thebaier und Phokier nach der schlaoht in den Thermopylen
zu den Modem übergegangen sein.
So ergibt sich denn Übereinstimmung der listen bei Herodotos
und auf dem siegesdenkmal, wie auch von vom herein zu erwarten
stand, denn Bauers auskunftsmittel, es seien auf dem dreifusz nur
die städte verzeichnet gewesen, die zur errichtung desselben ihren
beitrag gezahlt hätten, erinnert doch gar zu sehr an gewisse moderne
Vorkommnisse, die siegesdenkmäler wurden ja überhaupt nioht auf
subscription errichtet, sondern aus dem zehnten der platäisehen
beute; und auszerdem sind die namen der städte erst nachträglich
darauf eingezeichnet worden: denn ursprünglich stand wenigstens
auf dem delphischen dreifusz nur das bekannte distichon zur verher-
lichung des Pausanias.
Wenn nun auf dem olympischen denkmal nach der bei Pau-
sanias erhaltenen abschrift vier von den auf dem delphischen drei-
fusz verzeichneten namen fehlen, so gehört wirklich ein starkes ver-
trauen in die Zuverlässigkeit des Pausanias dazu , um zu behaupten,
diese namen hätten auch auf dem originale gefehlt, das TTXaTaietc
^oCvot BoiurrtüV beweist gar nichts; oder glaubt Bauer wirklich,
dasz Pausanias vor dem original der inschriffc in Olympia seinen
Herodotos aus der tasche genommen und beide texte verglichen
hätte ?
Darin allerdings , dasz der delphische dreifusz auf den namen
'platäisches siegesdenkmal' im strengen sinne des wertes keinen an-
spruch bat, darin hat Bauer vollständig recht; aber ich wüste nicht,
wer dies jemals bestritten hätte, dasz die Siphnier, Melier usw. bei
Plataiai nicht mitgefochten haben können, ist klar; wenn sie doch
auf dem siegesdenkmal stehen, so musz sich dieses eben auf den
ganzen Perserkrieg beziehen, wie Herodotos und Thukydides ja auch
ausdrücklich angeben, da aber das weihgeschenk aus der platäisehen
beute errichtet wurde, so ist die bezeichnung 'platäisches weih-
geschenk', wenn wir kurz sein wollen, vollständig gerechtfertigt,
jedenfalls thut der name gar nichts zur sache.
326 JBeloch: das griechiBche heer bei PlataiaL
Dasz nun Herodotos die insohrift des delphischen dreifuszes für
seine geschichte benutzt hat, sagt er selbst VIII 82. aber hat er
daneben für seine aufzählung der hellenischen contingente bei Pla-
taiai noch andere quellen gehabt? Bauer behauptet es: 'die ordre
de bataille, die Herodofc gibt, stand doch nicht auf der seule, und
zahl und reihenfolge der namen stimmen keineswegs.' nun, von der
zahl der namen haben wir schon gehandelt, die reihenfolge aber
konnte bei Herodotos unmöglich dieselbe sein wie auf dem denk-
mal: denn die delphische seule ordnet die st&dte, in ihrem ersten
teile wenigstens, nach ihrer bedeutung, so dasz die Lakedaimonier
die erste, die Athener die zweite, die Eorinther die dritte stelle ein-
nehmen, dann Tegea, Sikyon, Aigina und Megara folgen^ die unter
sich ungefähr gleichstanden, allen übrigen Städten der liste aber
überlegen waren usw. Herodotos konnte diese folge natürlich nicht
gebrauchen, da er die Schlachtordnung bei Plataiai beschreiben wollte
und überliefert war oder sich doch leicht combinieren liesz, dasz die
Lakedaimonier und Athener auf beiden flügeln gekämpft, die Tegeaten
neben den Lakedaimoniem, die Plataier neben den Athenern gestan-
den hatten, im übrigen ordnet er die contingente wie bei Salamis,
in geographischer folge: zuerst, im anschlusz an die Spartaner, die
Übrigen Peloponnesier, dann die Euboier, dann die truppen aus dem
griechischen nordwesten, endlich die contingente aus Mittelgriechen-
land, zu denen die Aigineten den Übergang bilden, die rüc^icht auf
das siegesdenkmal ist übrigens unverkennbar : hier wie dort stehen
die Euboier vor den Westgriechen, die Aigineten vor den Megarem.
Dasz nun die griechischen contingente bei Plataiai nicht in geo-
graphischer Ordnung gekämpft haben, ist doch wohl selbstverständ-
lich, oder stellen wir etwa unsere armeecorps in der geographischen
folge der provinzen auf, aus denen sie sich recrutieren ? also hier ist
Herodotos nach willkür verfahren, und dasz es mit den Zahlen-
angaben nicht anders steht, läszt sich leicht nachweisen. Thuky-
dides ist nicht im stände gewesen etwas über die stärke des pelo-
ponnesischen heeres zu ermitteln, mit dem Archidamos in Attika
einfiel, obgleich er ein Zeitgenosse dieses krieges war; und Hero-
dotos soll die stärke des heeres des Pausanias bei Plataiai gekannt
haben? hätte es darüber eine Überlieferung gegeben, so würde diese
doch vor allem die summe des ganzen heeres angegeben haben, wie
uns Aisohylos die stärke der flotte bei Salamis angibt; statt dessen
musz Herodotos die summe erst selbst aus den einzelposten zu-
sammenrechnen, für den wert dieser einzelposten ist es charakte-
ristisch , dasz es sämtlich ganze hunderte oder tausende sind : denn
die 1800 Thespier sind nur ein lückenbüszer, um die 11 myriaden
vollzumachen, zu denen diese zahl gerade noch fehlt, nur Tegea
gibt Her. Vj^ tausend hopliten, entweder weil ihm hier eine wirk-
liche Überlieferung vorlag — die zahl scheint an sich glaubwürdig
— oder weil ihm 2000 hopliten für Tegea zu viel schienen und 1000
zu wenig, dasz die myriade lakedaimonischer hopliten nur Schätzung
JBeloch: das grieohuche beer bei FlfttaiaL 327.
ist, zeigt schon die runde zahl; anch bat Sparta selbst zur zeit seiner
höchsten macht am anfang des vierten jh. nie mehr als 6000 bopliten
auf 6inen punkt zu concentrieren vermocbt, nnd die bebauptnng, die
bttrgerzahl Spartas habe sich seit den Perserkriegen vermindert, be-
ruht eben nur auf den angaben Herodots. n&heres darflber in meiner
^bevölkerungslehre'. Eorintb hat im peloponnesischen nnd korinthi-
schen kriege niemals mehr als 3—4000 bopliten aafgestellt nnd kann
also auch bei Plataiai mindestens keine höhere zahl gehabt haben;
und da Megara und Sikjon sehr viel unbedeutender waren als
Eorintb, so ist die zahl von je 3000 bopliten» die Her. diesen beiden
Städten gibt, völlig unhaltbar, auch das contingent von Plataiai
scheint viel zu hoch im vergleich zu den angaben die wir bei Tbn*
kjdides über die bürgerzahl der stadt^ jähre später finden, dasz
die Potidaiaten überhaupt bei Plataiai mitgefochten haben, ist sehr
unwahrscheinlich; sie brauchten ihre tmppen wahrhaftig zur Ver-
teidigung ihrer eignen stadt notwendiger; nnd die Paleer hat Her.
nach dem oben gesagten ganz willkürlich in die liste hineingebraoht,
es ist damit wohl bewiesen — was allerdings eines beweises kaum
bedurfte — dasz Herodots Zahlenangaben keineswegs auf eine offi-
cielle 'ordre de bataiUe' des griechischen hanptquartiers zurück-
gehen, sondern im wesentlichen auf subjectiver s(^tzung beroben»
dasz daneben für die stärke einzelner contingente eine mehr oder
weniger zuverlässige Überlieferung vorliegen konnte, soll damit nidit
in abrede gestellt werden.
Für die Schätzung ist nun bis zu einem gewissen grade die
folge der namen auf dem delphischen siegesdenkmal maszgebend ge-
wesen. Herodotos gibt das stärkste contingent den Lakedaimoniem,
die am anfang der liste des denkmals, das zweitstärkste contingent
den Athenern , das drittstärkste den Eorinthem, die an zweiter und
dritter stelle stehen, über 1000 mann gibt er nur städten ans der
ersten hälfte der liste; das schwächste contingent teilt er den
Lepreaten zu, die den schlusz der liste bilden, natürlich haben
daneben noch andere erwägungen auf die Schätzung Herodots ein-
gewirkt, ich gebe die liste Herodots hier wieder, ordne aber die
contingente nach der folge der namen auf dem delphischen sieges*-
denkmal.
AaK€bai|ii6vioi 10000
'Aenvaioi 8000 *
Kopiveioi 6000
T€T€äTai löOO
CiKUiivioi 3000
AlTivf^xai 600
Metapfic 3000
'embaOpioi 800
'Opxo|ii^vioi 600
OXidcioi 1000
33400
328 JBeloch: das griechisclie heer bei Plataiai.
33400
TpoiZrjvioi 1000
*ep|Liiovfic 300
TipüvGioi, MuKiivatot .... 400
TlXaiaific 600
*ep€Tpific , Ciupf^c 600
XaXxibflc 400
naXf^c (= FaXeioi) 200
TToTibaifiTai 300
Aeuxdbioi, 'AvaKTopifjc .... 800
*A|LiTrpaKiujTai 500
AcTTpefiTai 200
38700
Fragen wir nun nach der stärke, die das griechische heer bei Pla-
taiai wirklich gehabt haben kann, so würde das lakedaimonische
contingent auf ungefähr 5000 hopliten, das korinthische auf ungefähr
3000, das von Megara und Sikjon auf je 1500 hopliten zu veran-
schlagen sein ; wobei vorausgesetzt ist, dasz die militärische leistungs-
fähigkeit dieser Staaten damals annähernd dieselbe war wie zur zeit
des peloponnesischen krieges. wahrscheinlich war sie geringer, und
unsere zahlen bleiben noch Über der Wahrheit, näheres darüber in
meiner 'bevölkerungslehre'. die zahl von 8000 athenischen hopliten
scheint hoch, namentlich wenn wir berücksichtigen, dasz Athen
gleichzeitig eine flotte in see hatte ; immerhin läszt sich die angäbe
verteidigen, doch werden wir die Plataier in die zahl einrechnen
dürfen, gegen die übrigen zahlen bei Herodotos wird nichts wesent-
liches einzuwenden sein, wenn es auch keineswegs sicher ist, dasz
alle aufgeführten städte auch wirklich ihre contingente nach Plataiai
geschickt haben; von Pale ist sogar, wie wir gesehen haben, das
gegenteil geWis , von Potidaia sehr wahrscheinlich, lassen wir also
Pale und Potidaia bei seite und nehmen dagegen an , alle übrigen
contingente hätten mitgefochten , so ergeben sich als gesamtzahl
27600 hopliten , gegenüber den 38700 hopliten Herodots. indes ist
aus den oben entwickelten gründen auch diese Schätzung sehr wahr-
scheinlicb noch etwas zu hoch, und Pausanias wird kaum über 25000
hopliten unter seinen befehlen gehabt haben, dazu käme dann noch
etwa diö gleiche zahl leichter truppen und, wenn wir Herodotos
glauben schenken , für jeden Spartiaten 7 heiloten. da die spartani-
schen bürger im beere etwa 2000 mann stark sein mochten (vgl.
meine 'bevölkerungslehre' I s. 141), so würden sich 14000 heiloten
ergeben , also eine gesamtstärke des griechischen heeres bei Plataiai
von etwas über 60000 mann, das ist immer noch ein für damalige
hellenische Verhältnisse sehr bedeutendes heer, wie es niemals vor-
her zusammengekommen war und auch später nur selten überboten
worden ist.
Rom. Julius Beloch.
ABauer: znm übexfidl Ton PkteiaL 829
45.
ZUM ÜBERFALL TOBT PLATA14I.
Die bemerkungen , welche EAJnnghahn im Tcurigen Jahrgang
dieser zeiiachrift s. 748 ff. an Thnk. II 2—5 vorbriiigt, hfitie loh,
obwohl dieselben sich mehr mit meinar recension Ton dessen *sta-
dien zu Thukydides' (litt centaralbliatt 1887 nr. 20) als mit Thnl^-
dides beschäftigen, mit schweigen Übergangen, wenn mir nicht in
denselben der vorwnrf gemacht wäre (s. 752) , ioh hfttie die that-
sachen nicht geprüft, die ich als gegen J.s hypotheea sprechende
zengnisse angeführt habe.
Für richtig kann ich von dem oben behanpteten nnr die s. 751
mitgeteilte entdeckung halten, der A. B • » • r nnierzeiehnete reo. sei
zweifellos der vf. des schriftchens *Thttk. n«HMttlkir-8trttbing'. iroti
der Sicherheit, mit welcher Janghahn auch jetzt, noch auftritt, scheint
derselbe doch kein ganz gutes gewissen mehr zu haben, 4^ ^ J^'M
die möglichkeit zugibt, dasz das werk des Thuk. ^einige Jahre an-
klang und einige Verbreitung gefunden habe' und dann erst in der
uns vorliegenden form spttter neu herausgegeben worden sei (s. 757 £)•
damit könnte ich zufrieden sein.
Der versuch seine unhaltbare hjpothese auch nur teilweise sn
retten hat jedoch ihren Vertreter zu gewaltsamen Verrenkungen der'
von mir hervorgehobenen thatsachen genötigt; dies habe ich im fol-
genden darzutbun und damit zugleich den beweis zu erbringen, dasz
ich die angeführten stellen geprüft habe , ehe ich mich ihrer gegen
Junghabn bediente, und dasz mir daher das recht zusteht die dreiste
Unterstellung desselben zurückzuweisen, um die geduld der leser
imd den räum dieser Zeitschrift nicht zu sehr in anspruch zu nehmen
und um nicht bekanntes zu wiederholen, begnüge ich mich in der frage
der wörtlichen Übereinstimmungen lediglich eine probe zu geben.
Die Verteidigung von Plataiai gegen die eingedrungenen The-
baner erzählen Thukjdides (II 3 ff.) und Aineias (2, 3 &) folgender-
maszen:
Aineias
TTXaTaieic bünel ijceovTo
vuKxdc dv Txji TTÖXei 6iißaiouc
övtac KaTavo/jcavTec oö
iToXXoOc auTOuc 6vTac, oubi
f PTUJV TÄV irpOCTlKÖVTlüV ÄTTTO-
H^VOUC oiOjLldvOUC T€ ILl^VTOl
KttT^X^lV Tf|V TTÖXlV, dvÖfilCaV
dTTie^fievot ßqibiwc Kparfi-
C€IV . . .
zu vuxTÖc bei Aineias ist zu vergleichen Thuk. II 1 trepl Ttpiürrov
Cttvov und n 3 QU T&P ^iiL^puiv iv tfji vuktI der nicht gesperrt ge-
Thuk.
ol hk TTXaxaieic ibc
^cGovTO ivbov ie övxac
örißaCouc Kai KaxeiXiiiLiji^viiv
xf^v TTÖXiv . . KttxevÖTicav,
DU TToXXouc xouc 6iißaiouc
övxac Kai dvöjiicav ^tti-
6^|iA€voi ^abiujc Kpaxf]cai...
SSO ABaaer: zum fiberfall toq Plataiai«
druckte satz ist eine kürzere wiedergäbe des früher bei Thuk. er-
zählten: die Thebaier hätten den Überfall unternommen auf die
ihnen allezeit feindselige stadt, da sie den krieg kommen sahen, um
sich ihres besitzes noch im Meden zu versichern, und ferner: die
eindringlinge schlagen auf dem marktplatz ihr lager auf und unter-
handeln von da aus mit den überrumpelten, sie meinen also, wie
Aineias sagt, die stadt bereits im besitz zu haben, auch alles fol-
gende stimmt genau, groszenteils wörtlich überein, was auch Jung-
hahn nicht in abrede stellen kann.
Qegen die entlehnung der Thukjdidesstelle müsten also schwer-
wiegende gründe geltend gemacht werden können, um sie auch nur
wahrscheinlich zu machen , müste man billigerweise erwarten unter-
schiede beider berichte angeführt zu sehen. Junghahn glaubt einen
solchen entdeckt zu haben. Aineias sagt: TUivdpxövTU)V o1 ^^V
öjLioXoTiac ^TrotoOvTO toic 611M01C dv tQ &Topd (vgl. Thuk. O^juevoi
ik ic T^v dtopotv rä öttXq sc. Grißaiot und npöc Su^ßaciv ix^PH*
cav Ka\ Touc Xötouc beSdinevot ficux^ov sc ITXaTatcic), et ti^
napiiTT^^^Ov usw. , alles folgende mit Thuk. thatsächlich und teil-
weise wörtlich übereinstimmend, blosz die erwähnung der äpxoVTCC
ist also dem Aineias eigentümlich, und dies macht es Junghahn
wahrscheinlich, dasz Thuk. nicht benutzt sei! die annähme und
äuszerung , dasz beides , Unterhandlungen mit dem gegner und die
heimlichen yorbereitungen zum widerstand von den behörden ge-
leitet wurden, ist so naheliegend und selbstverständlich, dasz sie
selbst in einer freien Übersetzung des Thuk. statthaft wäre.
JuDghahn glaubt auch einen beweis gefunden zu haben, dasz
die vorläge des Thuk. sogar unwahrscheinlich sei. er sagt:
* Aineias führt das beispiel der Plataier an , indem er in utramqne
partem prüft (!), ob es besser sei zur Verteidigung einer stadt die
gröszem freien räume (eöpuxujpiai) abzusperren [man erwartet 'oder
nicht', was aber nicht dasteht, weil auch Aineias davon gar nichts
sagt] ; er spricht von dieser maszregel dreimal und betont ihren er-
folg sehr stark, von dem letztem ist bei Thuk. keine rede ; bei ihm
ist nur das sperren der straszen oben einmal neben andern masz-
regeln erwähnt.' später heiszt es, das dem Thuk. angeblich entlehnte
beispiel passe sehr schlecht bei Aineias.
Von der verrammelung der straszen erzählen beide Schriftsteller
wörtlich gleich (Thuk. djiidEac T€ dv€U utto2[ut(ujv Ic tqc bhoi)C
KaOicTQcav, Ain. rdc \ikv btöbouc kqI rdc ^ujiiac drucpXuicav dfid£aic
dv€U ijTT02[uTiu)v); Junghahn zählt aber die straszen nicht zu den
freien räumen, den €Öpuxujp{ai der stadt, und hat auch gar nicht
gesehen, worum es sich bei Aineias eigentlich handelt, derselbe rät
zunächst die nicht in Verwendung kommenden freien räume in einer
Stadt, damit sie nicht mit maunschaft besetzt zu werden brauchen,
dem feinde unzugänglich zu machen , sie zu verrammeln und sich so
derselben zu versichern, dafür dasz dies nützlieh sei wird erst dai
beispiel von dem abgewehrten angriff der Thebanar auf Bptrta dank
ABaaer: zam flberfall toh Flataiai 381
solche Vorkehrungen in den €icßoXo{| biöboi nnd €ÖpOxuif>a d«r
Stadt erwähnt und ferner die mit dem gleichen erfolg sogar nach
dem eindringen der feinde auf den markt von den Platadem an-
gewandte yerrammelong der straszen. dabei dnrchbredien die-
selben die wände ihrer häuser und schaffen sieh so die wege SEiir
samlung der mannschaften, und es gelingt ihnen sohlieszlioh dnrdi
diese art der Verteidigung ihrer gegner noch herr zu werden« beide
beispiele beweisen also aufs beste mit einer beabsiohtigten Steige-
rung die ntttzlichkeit des von dem Verfasser erteilten ratsohlags.
Es ist also blosze reohthaberei, wenn Jnnghahn dem gegenüber
davon redet, Thuk. und Aineias hätten aus einer gemeinsamen
quelle geschöpft; diese ausflucht hat noch andere vOUige verkehrt*
heiten zur folge gehabt, und ich darf mich bezüglich der übrigen
punkte kürzer fassen.
Der bericht in der rede gegen Neaira (Dem. s. 1878 ff;) ist
ebenso wörtlich dem Thuk. enüehnt wie der des Aineias. nur an-
fang und ende zeigen unterschiede, aber die gründe, die den Ver-
fasser zu diesen änderungen veranlaszt haben, sind ganz durehndi-
tig, wenn man nur sehen will, schon der umstand, dasz gerade nur
an den fugen der in andere eingereihten erzählung, in den einleiten-
den und abschlieszenden werten, sich unterschiede finden, sprioht da-
für dasz wir es hier mit eigenmächtigkeiten des den Thuk. benntien-
den redners zu thun haben und nicht mit einer aus älterer gemein«
samer quelle geschöpften erzählung, was Junghahn als notwendig
bezeichnet.
Arcbidamos als Urheber des anschlags auf Plataiai erscheint des-
halb, weil der redner von der feindschaft Spartas gegen Pla-
taiai spricht und diese durch ein beispiel belegen will; derfeldherr
im Archidamischen krieg bot sich als Urheber, da ein Spartaner be-
nötigt wurde , von selbst, auch der schlusz ist ungenau, die athe-
nische hilfssendung ist zwar bei Thuk. auch erwähnt, zur zeit ihres
eintreffens sind jedoch die Thebaner schon abgezogen, nach der rede
ziehen sie erst infolge ihres erscheinens ab. auch hier liegt der grund
der abänderung auf der band : der redner spricht von den wechsel-
seitigen Verdiensten, die Athen und Plataiai um einander
sich erworben haben; folglich muste hier dem zwecke der darlegung
entsprechend gesagt sein, dasz erst die hilfe Athens Plataiai völlig
von gefahr befreit habe; wie Thuk. die sache erzählt, passte sie ja
nur wenig für das was bewiesen werden soll.
Denjenigen , die Philistos und Thukydides darstellungen noch
vergleichen konnten, glaubt Junghahn nicht, wenn sie sagen, der
erstere habe den letztem nachgeahmt. Dionjsios von Halikamasos
hebt die unterschiede beider schriftsteiler hervor und hält dennoch
an der nachahmung fest: das beweist dieselbe doch nur noch deut-
licher, bezüglich Xenophons handelt es sich nicht darum , wann die
Hellenika herausgegeben sind , sondern wann der den Thuk. fort-
setzende teil verfaszt ist; der umstand dasz Xenophon da zu erzählen
332 BOehler: zur nautik der alten«
anhebt, wo Thuk. aufhört, beweist auf alle fUlle die fertige vorläge
von dessen werk bis zu dem punkte, wo dasselbe noch heute endet:
denn fortsetzungen schreibt man nur zu etwas schon vorhandenem,
dieser schlusz gilt auch dann, wenn diese Vervollständigung des
Thuk. durch Xenophon erst spttter und unvollendet mit den HeUe-
nika vereinigt wurde, was ich jedoch nicht fOr richtig halte.
Was endlich Diodors darstellung (XU 41 S.) von dem ttber&ll
Plataiais anlangt, so ist auch diese Thuk. entlehnt, und wie man
längst gesehen hat, von der quelle Diodors den Plataiem, Athens
bundesgenossen , zu liebe die rückgabe der thebäischen gefEmgenen
an stelle der ermordung derselben gesetzt worden, die angaben bei-
der teile über diesen heiklen punkt differierten, wie wir aus Thuk. ent-
nehmen, alle Wahrscheinlichkeit spricht daftlr, dasz Ephoros (dessen
namen Junghahn weise verschweigt, da er auf der jagd nach alten
gemeinsamen quellen ist) wie der Benutzer des Thukydideischen be-
richtes so dessen umgestalter ist.
Junghahns zweite vermehrte aufläge des Thukydides, da die
erste nicht recht durchgegriffen hatte, bleibt ein bodenloser einfall,
der mit einer reihe von tbatsachen unvereinbar ist. die ausführliche
darstellung, welche Thuk. von dem ereignis gibt, mit dem bei ihm
der peloponnesische krieg anhebt, ist nachweisbar die quelle aller
uns erhaltenen eingehenden beschreibungen desselben, welche zwecke
sie auch verfolgen : ein historiker, ein redner, ein kriegsschriftsteller
— alle haben Thukydides benutzt, obschon derselbe ^bei den Hel-
lenen nicht recht durchgedrungen war\
Graz. Adolf Baubb.
46.
ZUR NAUTIK DER ALTEN.
Das Etymologicum Magnum hat u. XoTT^vec folgende erklä-
rung: XoTTUüvec bk KaXoGvrai o\ inX tuiv Xifi^vuiv TpnTol XiOoi*
oOc Tpundiciv, W ^EaTrapTuici la cxoivia vctöv H aurdlv. tgöc
bk TOtouTOUC XiOouc kqI XoTT<icia f Xctov. dazu bemerkt Breusing
nautik der alten s. 41 *aber der bare unsinn, dasz solche steine
durchbohrt und die taue darin eingefädelt gewesen seien, macht die
erklärung als die eines nicht sachkundigen höchst verdächtig.' die
erklärung des Etym. M. ist aber nicht anzufechten, wie ein blick auf
das von AGugliemotti Melle due navi romane scolpite sul bassorilievo
portuense del principe Torlonia' (Roma 1866) publiderte relief des
Museo Torlonia (abgebildet auch zb. in Baumeisters denkm. des
class. alt. fig. 1688) lehrt: hier ist das haltetau des Schiffes zur
rechten wirklich, um Breusings worte zu gebrauchen 'in einen sol-
chen an der boÜwerksmauer befindlichen durchbohrten stein ein-
gefädelt'.
Gbosz-Lioht£rfbldb. Raimuhd Oehlbr.
ji
(17.)
vermischte: behebkttnoen.
51. LiTiD8XXXI44beriohtetToneiiMmp8epbiiinad«rAtlHB«r
g^[eo FhilippoB V von Makeäonien nnd ertflblt daan weiten aMUtim
deereto, si gws qvidfosUa, guedad twtam «ywuMiiiiaiiigiw Elu^gi
paHnenl, ferrä, id onme popidtim Aihtitinoiuiit iuttmnm; tiytiit
eotdra ignomitüatit prove hötion mu ^»i$»U fit^Bsetee, gut ooeUiuet
tum, km eaeswrwm. die hgg. (^Unben duz damit aaBgMproeben Mi,
wer einen antrag su gonsten dea Pbilippoa stelle, aoUe von jedem
beliebigen getötet werden dfirfan, er aolla, wie noh WeMMQbMU
anedrOokt, aaeer sein, das ist niolit wohl mOglioh: denn eratena iat
dis Togelfreierklfirung keine nonnaU atrafe^ ea mOata notwendig
festgeetellt werden , was mit dem manne geaohehen aoUe, wenn er
der Staategewalt erreichbar wtre; wir wtlrden ancA naeh wnutiger
Sitte nebenbei noch eine vermOgenaatTafe erwarten, nnd aweitena iit
es naob attischem recht nnmOglioh jemanden m Tmrnrtmlan, olne
dasz er gehOrt ist; also mfisto eine bestiiiunte von etastswigai an
TOllEiehende strafe auf all« fBUe ftstgesetat sein, es ist daher tot
gm oeädiiset ewm eine Ifloke aninnehmen, in weloher die stete fllr
den antragsteiler genannt war, nnd anter dem maime, dessen tStong
ertaubt wird, wird dafaer sogar möglicherweise nidit der aatr^^
steiler, sondern Philippos selbst in verstehen sein.
62. BeiLivias XLU 37, 2 bietet die hs. : DetitmiM «wmu elf
ad Getiivunn regem ISyriorwn, gvemsicHiquemreapeduaKaintitiMaim
habere cemerä, temptard ui etiam ad beift societaUm perUeeret iwssw.
der verschlag hinter aan einzuschieben jiopulo Romano ist wofalkanm
anfechtbar; es kam den Bömem gar nicht darauf an, ob Oentine
aberhaupt sinn fUr freandachaft habe, sondern daranf ob er mit ihnen
freundscb&ft halten wolle, die Schwierigkeit der fblgenden Worte
steckt in iussus, und da so mancherlei voraohlKge zur heilung dw
stelle gemacht sind , so d&rf sich vielleicht aoch der hervorwagen,
imeus einfach za streichen, als ein glossem das mr erkUrang des
conjnnctivB tempttwet beigeeohrieben worden war. dann ist lüln in
ordnnng. die von Uadvig vermisite steigemag liegt wiiUioh vor :
denn der respecfus amioitiae oiiMpopiiIoAonaNOTerpfliehtet^3aBliva
bloBZ znr nentralit&t; wenn er aotiv m guisten der Bflmer «ingrrift,
so ist das in der that ein mehreres.
Ö3. BeiLivinsXLn&6,6ff.wit«leHUdt,«kPanai»tRippsB
in das gebiet von Phcrue scbickt, in der hoffnung die 'oiro Bcbut,i^ der
mit ihnen verbandet en st£dte weit von ihrem lagur entfernten UOmer
tiberraschen zn können, d&nn beiszt ee weiter § 10: quo» enm eo
tumuUu nOUl wufos ammadnertisset, praedam qwdem pratierqttam
hmänum — pteora autem macwme omnis genetis ä'm
(dtminl die hs.) ad epiilandu:
334 FBühl: vermiBchte bemerkungen. 68—56.
bemerkt, dasz der satz nicht in Ordnung sei. Qronovs verschlag quir
dem in quod erat zu verwandeln ist sehr unwahrscheinlich; mit recht
nehmen die neueren eine Ittcke an, und zwar ist von den beiden mir
bekannten vorschlagen der Madvigs, die lücke vor praedam anzu-
setzen, der ansprechendere, da doch vor allen dingen erzählt werden
musz, wie Perseus zu der beute gekomiAen ist. allein auch dann
bleibt eine absurditftt, welche Livius nicht geschrieben haben kann,
kein verständiger wird sagen *er verteilte die beute mit ausnähme
der menschen (es war aber meistens vieh) unter die Soldaten zum
essen', die lücke wird daher vor divisü anzunehmen sein, und sie
scheint einige zeilen zu umfassen , da ein logischer Zusammenhang
zwischen den Sätzen quos cum eo tumuUu nihü motos animadvertisset
und divisü ad epulandum müUibtis nicht besteht, also in der Ittcke
enthalten gewesen sein musz. ob die beute von den Bömem gemacht
war oder von Perseus, läszt sich nicht sagen.
54. Die Vorgänge, welche zur auflösung des böotischen bundes
führten, werden in den fragmenten des Polybios (XXVII 1 f.) nicht
gerade sehr klar geschildert; bei Livius XLII 44 herscht infolge
der kttrze des berichts eine noch gröszere Unklarheit, es scheint hier
aber auch an einer stelle der text nicht richtig überliefert zu sein,
es heiszt nemlich § 4, dasz die muUUtMlo der Thebaner et %U toUeretur
regia societas decrevü et eos qui auctares paciscendae amicUiae (nem-
lich mit Peneus) ftieranty ad satisfadendum legatis Chalcidem misit
fideique legatanm cammendari civitaiem iussit. hier kann legatis
nicht richtig sein : denn die fraglichen personen werden, wie wir aus
Polybios sehen, keineswegs den römischen legaten ausgeliefert, und
selbstverständlich soll auch den legaten keine genugthuung geleistet
werden, sondern dem römischen volke. Polybios aber berichtet, dasz
wenigstens einer der anhänger des Perseus, Diketas, gezwungen wurde
als gesandter zu Marcius und Atilius zu gehen dTToXoTilcö|Li€VOV ÖTT^p
Tf)c npöc TÖv TTepc^a cumiaxiac. Neon und Hippias aber, die fi€Td
TaCra gewaltthätig aus Theben vertrieben wurden und die wir c. 2
im römischen lager treffen, scheint dieselbe mission aufgetragen wor-
den zu sein, wenigstens kann man das aus den werten c. 1, 11
K€X€UOVT€C aÖTOUC ÖTT^p aÜTOlV dTTOXOTetcOai TT€p\ TOlV bllflKOVO-
fiilfi^vuiv schlieszen. man wird demnach statt legatis lesen mttssen
legatoSy und wer es anstöszig finden sollte, dasz in demselben satze
legati auf Thebaner, legatorum auf Bömer gehen soll, dem wird
nichts übrig bleiben als legatis als glossem zu streichen.
55. In der deutschen litteraturzeitung 1887 sp. 1406 hat HNissen
in einer recension von H Jordans buch über *die könige im alten
Bom' die behauptung aufgestellt, bereits im altertum habe man hie
und da die nichttarquinischen könige für plebejer gehalten ; er be-
ruft sich daftlr auf Livius IV 3. es scheint angemessen dieser
exegese sofort entgegenzutreten, ehe sie weiteres unheil anrichtet,
es handelt sich um eine rede des Canulejus. der behauptet nun aber
gar nichts, was von der gewöhnlichen auffassung irgendwie abwiche.
FRühl: Termischte bemerkungen. 66—67. 335
er will blosz zeigen, dasz gar kein gnmd vorliege plebejer von den
würden des Staats auszascblieszeni da man sogar fremde zu kSnigen
gemacht habe; er sagt keineswegs , dasz die Pompilii, Tnllii, Tar-
qninii plebejer gewesen seien, ja man kann aus § 11 {L, Tarquimum
. . incolam ab Tarquiniis vivis liberis Änd regem faäum) schlieszen,
dasz er die gens Marcia , welcher Ancus angehörte , ganz anbedenk-
lich als eine patricische nahm, überhaupt aber möchte ich bei dieser
gelegenheit gegenüber einer seit Niebuhr weit verbreiteten und durch
glänzende namen vertretenen anschauung daran erinnern, dasz die
Bömer selbst allem anschein nach nichts auffallendes darin gefunden
haben, wenn ein patricisches geschlecht denselben namen führte wie
ein plebejisches, und dasz man, was speciell die gens Marcia betrifft,
den plebejern dieses namens geradezu alle gesunde vemunft und
jedes gefühl für die eigne würde und die ihres Standes abspricht,
wenn man annimt, sie hätten aus familieneitelkeit einen groszen
plebejerfeind ihres namens in die geschichte eingeschwärzt.
56. Bei Justinus XVIII 6, 1 habe ich den rex MaxUanorum
Hiarhas im texte stehen lassen, weil ich keinen genügenden grund
sah von der mit J stimmenden vulgata abzuweichen und mich an die
übliche identificierung der Maxitani mit den Mä£u€C oder MdZuec
der griechischen Schriftsteller hielt, welcher auch Tissot 'göographie
compar6e de la province romaine d'Afriqae' I s. 439 beitritt, dasz
nicht nur C mustUanorum bietet, sondern auch TTT muxiUHwrum
überliefern, wonach der archetypus voraussichtlich ein u und kein a
in der ersten silbe gehabt haben würde, konnte zufällig sein, allein
allem anschein nach war mein verfahren verkehrt, und es bewährt sich
hier C wieder als diejenige bs., welche allein das echte bewahrt hat.
Mustüanorum scheint nemlich keine corruptel zu sein, sondern die
richtige form, von Maxitani weisz sonst die ganze antike litteratur
nichts , und die oben erwähnte identificierung ist rein willkürlich.
Mustiiani dagegen hat es gegeben, obwohl sie nur, so viel ich sehen
kann, an einer einzigen stelle vorkommen, in der ^notitia provin-
ciarum et civitatum Africae' nemlich, welche in der hs. von Laon
dem Victor von Vita angehängt ist, findet sich unter den bischöfen
der provinz Numidien unter n. 71 ein Antonianus mustita^MAS ver-
zeichnet (monumenta Germaniae auct. antiq. III 1 s. 65), und somit
wird wohl auch Hiarbas von Trogus als rex Mustüanorum bezeichnet
worden sein, das gebiet der Mustitani wird durch die läge der stadt
Musti bestimmt, welche viermal im itinerarium Antonini vorkommt
und bei dem heutigen Sidi-Abd-el-Bebba gelegen hat.
57. Bei Justinus XLI 3, 6 heiszt es von den Parthem: in
superstüionihus ac cura deorum praecipua omnibus veneratio est. das
halten die ausleger, auch Dübner, für unmögliches latein und folgen
daher der conjectur von JPGronov, der amnibus für omnibus schrieb,
ich will dabin gestellt sein lassen , ob diese änderung verständiges
und verständliches latein liefert, sie ist jedenfalls unnötig, denn die
redensart veneratio in cUiqiui re ist durchaus untadellich : der satz
336 FRühl: vermischte bemerkungeiL. 68.
des Justinus findet sein genaaes analogon in dem des Gurtias VI
5, 29 onmibus harharis in corparum tnaieskUe veneraiio est,
58. Im rhein. museum XXIX s. 639 f. habe ich bei Eutropius
I 20 eine Umstellung vorgeschlagen, überliefert ist dort: neqiu do-
fendi quicquam nisi CapUölium potuä^ quod cum diu öbsedissetU et tarn
Bomani fame lahararenty a CamiUo qui in viema dvitate exuUbat
Q-aUis auperventum est gravissmeque vidi sunt, postea tarnen etiam
accepto auro^ ne Capitolium obsiderenty recesserunt^ sed secutus eos
Camiüus Ua ceddit, ut et aurum quod his datum fuerat et amnia
quae ceperant mUMaria Signa revooaret. ich schlug vor zu lesen:
fame läbararent accepto aurOf ne CapücUum ohsiderent^ reeesserunt^
sed a CamiUo qui in vidna urbe exuläbat GhUis superventum est gra-
wssim^iue vidi sunt, postea tamen etiam secutus eos CamiUus iia
cecidit usw. wegen meiner gründe wird es genügen auf den ange-
führten aufsatz zu verweisen, in den ziemlich zahlreichen arbeiten,
die seitdem über Eutropius erschienen sind , ist meines vorschlage
wiederholt gedacht worden , er wird aber immer mit bezeichnungen
wie 'allzu scharfsinnig' udgl. abgelehnt, wirklichen gegengründen
bin ich nur bei 6inem begegnet, nemlich bei Mommsen, und viel-
leicht hat dessen autoritftt für die andern genügt, da ich meinerseits
von Mommsens ausführungen nicht überzeugt worden bin , so möge
mir eine erwiderung auf dieselben hier gestattet sein. Mommsen
(monum. Germ. auct. antiq. II s. 22) sagt von meinem verschlag:
'pervertuntur ita, quae per se probabilia et cum Livio consentientia
ab Eutropio referuntur, scilicet Gallos primum ad urbem, deinde
iustiore proelio post recessionem victos esse; nam si post recessionem
utrumque proelium commissum est, quomodo fieri potuit ut poste-
rioris solius causa Camillus eos abeuntes sequeretur? immo verba
recte tradita sunt, sed corrupit Eutropius Livianam narrationem
inserta altera de auro armis Camilli recuperato.' dasz also etwas an
sich unsinniges dastehe , gibt Mommsen zu ; ob er die worte postea
tamen etiam accepto auro für richtig überliefert hält, gibt er nicht
an. dasz die Überlieferung sehr alt ist, unterliegt allerdings keinem
zweifei: schon Paianios scheint sie vor sich gehabt und nicht ver-
standen zu haben, denn er übersetzt etwas, was fraglos weder da-
steht noch dastand (kqI vik^ ji^v auTOuc t^ Tiptünj cufinXcicQ. die
bk oÜK ÖexiÄpouv Toö ficrcoc, divricavTO Tuijuaici Tfjv dvoxidpiiav
auTtüV XP^C^H^)* A^cf Mommsen meint, Eutropius habe hier zwar
die Livianische erzählung beil^ehalten , indessen aus einer andern
quelle einen damit unverträglichen bericht übernommen und beides
dann ohne sinn und verstand zusammengeflickt, dergleichen ist an
sich nicht wahrscheinlich und wäre für Eutropius erst mit beispielen
zu belegen, wer seine Livianische epitome mit anderm material er-
weitert, dem darf man zunächst wohl auch zutrauen, dasz er einen
wenigstens einigermaszen vernünftigen Zusammenhang herzustellen
vermag, meine restitution der stelle nimt auch — gerade wie Mommsen
— zwei schlachten an , eine in der nähe der stadt, wobei die Gallier
FBühl: vermischte bemerkungen. 68. 69, 337
besiegt wurden, aber ihr gold und ihre trophäen behielteni und eine
zweite, als ihnen Camillus weiter nachgefolgt war, in der sie ihre
beute verloren, wie man sich indessen auch den gedankengang des
Eutropius zurecht legen möge, er musz immer zuerst von dem los-
kauf des Capitols reden und dann von dem siege des Camillus bei
der Stadt, nun gab es zwei traditionen von der sache. nach der
einen, welche zb. Livius und Plutarch vertreten, kommen die Ghkllier
infolge des siegs, den Camillus in der stadt erficht, überhaupt nicht
in den besitz des goldes ; nach der andern ziehen sie mit dem golde
ab, es wird ihnen aber später wieder von Camillus abgenommen«
Eutropius folgt der zweiten tradition, verbindet aber die Livianische
wenigstens so weit damit, dasz er den schönen sieg des Camillus bei
oder in der stadt hinzufügt, rein ist jene zweite tradition zb. bei
Bufius Festus c. 6 erhalten, am ausführlichsten bei Servius zur Äen.
YI 825 und mit unwesentlichen abweichungen bei dem zweiten vati-
caniscben mythographen (Mai classici auctores in s. 78). dort heiszt
es : Brenno duce GaUi apud AUiam fltmum ädetis UgiombtAS ever^
terunt urhem Eomam ahsque CapUoUo^ pro quo inmensam peoumaim
accepenmt. ttmc CamiUus ahsens didator est faduSy cum diu esset apud
Ardeam in exüio prapter Veientanam praeäam non aequo iure dwi'
sam\' et QäUos iam dbewntes secuius estj quibus interempOs aurum
omne recepü et signa. quod cum UUc appendisset^ dvüati nomen dedU:
nam Pisaurum dicitury quod üUc aurum pensatum est. post hoc tarnen
factum rediit in exüium^ unde rogcUus reversus est. nur was hier
über den ort der gallischen niederlage gesagt wird, darf man allen-
falls mit Schwegler (RG. III s. 262 f.) für Dichtung des beginnenden
mittelalters' halten, das übrige geht auf irgend einen annalisten zu-
rück, warum Droysen Zonaras VII 23^ citiert, weisz ich um so weni-
ger, da Zonaras doch nur aus Plutarchs Camillus schöpft, der neben-
umstand dasz Camillus auch bei Plutarch-Zonaras den Galliern folgt
ist vollkommen gleichgültig, und die Übereinstimmung mit Eutropius
ist nur eine zufällige, da bei Plutarch die Gallier eben ohne gold ab-
ziehen, die sache liegt also gerade umgekehrt wie Mommsen meint:
Eutropius hat nicht den Livianischen bericht durch einen andern
'de auro a Camillo recuperato' erweitert , sondern er hat in eine er-
Zählung von dem loskauf des Capitols und der spätem Wiedergewin-
nung des lösegeldes durch Camillus ein stück aus dem Livianischen
bericht eingeschoben.
59. Es ist in hohem masze bestreitbar, dasz Seeck in seinem be-
kannten aufsatz im Hermes XI s. 61 ff. den geist der schriftstellerei
des Vegetius richtig erfaszt habe, und auch seine aufstellungen
über die lebenszeit des mannes sind vielleicht weniger sicher, als an-
genommen zu werden pflegt, ich beschränke mich indessen hier auf
die erörterung eines einzigen argumentes; dessen bedeutung über die
* dieser bei Livius nicht angegebene grund steht auch bei Eutropius
II 20, 1; HDroysens citat zu der stelle (Serv. ad Aen, VI 285) ist ein
druck fehler.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 5 u. 6. 22
338 FBühl: vermischte bemerkungen. 69. $0.
litterarhistorische frage hinausreicht. Vegetias sagt nemlich I 20
folgendes: od tirhe enim conäUa usque ad tempus divi Gratiani et
catafraäis et goMs tnaniehcUur pedestris exercUus. sed cum com"
pestris exercUatio interveniente neglegentia desidiaque cessaret^ gravia
videri arma coeperunt, quae raro milües induebant; itaque ab tmpera-
iare postulant primo catafraäas, deinde cassides [sedere] refundere.
sie deteäis peäoribtis et capUibfAS congressi contra Gothas müües nostri
muUitudine sagütartorutn saepe ddeti sunt, Seeck behauptet nun, die
erwttbnung Gratians sei reine datierung, da dieser kaiser nie den
Orient beherscht habe^ und die werte des Yegetius besagten, dasz bis
zum tode Gratians die alte gute sitte geherscht habe ; das sei ge*
nügender grund ftlr die annähme, dasz das werk weder Theodosius I
noch Yalentinian 11 gewidmet worden sein könne, diese sätze sind
aber falsch, die werte usque ad tempora divi Oratiani können nur
besagen ^bis zur zeit des hochseligen Gratianus', dh. die Veränderung
trat eben zu dessen zeit ein, Gratianus ist es welcher die alten schutz-
waffen abschaffte, das wird zum überflusz durch das folgende er-
wiesen, ah imperatore postulant heiszt es , und kein unbefangener
leser kann dabei an einen andern imperator denken als eben an Gra-
tianus. ob die neglegentia und desidia auch dem Gratianus schuld ge-
geben werden soll, ist nicht mit gleicher Sicherheit zu sagen; sie
können auch unter einem seiner Vorgänger eingerissen sein und dann
unter Gratianus zu jener forderung geführt haben, keiner seiner
nachfolger konnte sich durch die darstellung des Yegetius irgendwie
gekränkt fühlen, die erwähnung der Gothenkriege zeigt aber deut-
lich, dasz die beklagte reform unter Gratianus vorgenommen worden
sein müsse : denn die furchtbaren niederlagen der Bömer durch die
Westgothen fallen eben in dessen regierungszeit. es wäre mehr als
lächerlich die siege der Oothen der beseitigung eines teils der schutz-
waffen der römischen Soldaten zuzuschreiben, wenn die auf die alte
weise gerüsteten trappen schon vorher und noch viel vernichtender
geschlagen worden wären, also Gratianus selbst hat jene änderung
in der ausrüstung des römischen heeres vorgenommen; wir müssen
es dahingestellt sein lassen, ob die reform anfänglich blosz im westen
oder gleichzeitig auch im Osten des reichs vorgenommen wurde, aus
der schilderangi welche Ammianus XXXI 7, 14 von der art der Ver-
wundung der bei Salices gefallenen Römer entwirft , liesze sich das
letztere schlieszen, allein bekanntlich haben dort auch weströmische
trappen mitgefochten.
60. Der codex Yossianus des Ausonius soll nach Schenkl wie
nach Peiper in langobardischor schrift geschrieben sein, das ist in-
dessen ein entschiedener Irrtum, die schrift ist vielmehr westgothisch,
wie die facsimiles, welche den beiden neuesten ausgaben dankens-
werter weise beigegeben sind , deutlich zeigen, es genügt auf zwei
buchstabenformen hinzuweisen, auf das a und das g, welche im
langobardischen nie so aussehen wie in unserm codex, wohl aber
regelmäszig im westgothischen. ferner ist westgothisch , aber nicht
FRühl: vermischte bemerkuogeiu 60-^d. 339
langobardisch die form des Striches für m (^) und die abkttrzong^
für per (vgl. meine bemerkungen in Bitschis actft IV s. 378). auch
manche andere abkürzungen wie die für que tragen weetgothisehen,
nicht langobardischen Charakter, für ^westgothischen' ursprang spre-
chen auch die orthographischen eigentttmlichkeiten, weldie Schenkl
s. XXXTTT seiner ausgäbe zusammengestellt hat, namentlich die for-
men guum und quur (vgl. ao. s. 377). endlich stimmt das resultat
der paläographischen Untersuchung vortrefflich mit der herkunft des
codex ttberein, da dieser aus Südfrankreich stammt und dort zwar
die westgothische , aber nicht die langobardlsche schrift im ge-
brauch war.
61. Bei dieser gelegenheit möchte ich den zweifei nicht Iftnger
unterdrücken, den ich schon lange hege^ ob nemlich der codex 300
der Leipziger Universitätsbibliothek, welcher die moralia Gregors
des groszen enthält, wirklich im j. 1218 geschrieben sei. die
Unterschrift lautet auf dem facsimile bei Arndt schrifttafeln tf. 52 :
o o o
Anno müt CO. XVIII . Conradus scripsU hu/nc Uhrum Sanäo Päro
in sereno Monte. Gratias domino Bonorum omnium largüori. man
könnte dabei an jenen Conradus denken, welchem die abfassung des
chronicon Montis Sereni zugeschrieben wird, allein die schrift scheint
mir den Charakter nicht des beginnenden dreizehnten, sondern eher
des vierzehnten jh. zu tragen, sowohl hinsichtlich des ganzen doetus
als auch hinsichtlich einzelner buchstaben, wie zb. des scblusz-^und
auch des a , und ich möchte daher vermuten , dasz jene Unterschrift,
wie sonst häufig, aus der vorläge mit abgeschrieben worden sei.
62. Im corpus inscr. Lat. Y n. 923 (<»> Wilmanns n. 1495)
steht die in Aquileja gefundene grabschrift eines C. Manlius Vale-
rianus, von dem es in greulichen versen heiszt : Sassina quem genuitj
nuncÄquüeia tenet; septimae qui cohortis centuriam reguU praetoriae
fidus non harharicae legionis. Wilmanns verweist zur erklärang auf
die irrelevante stelle des Hyginus de castramet. 2 und auf Tacitus
hist. II 21 Uli (sc. legionarii) ut segnem et desidem et Circo ac theairis
corruptum müUem^ hi (sc. praetoriani) peregrinum et externum in-
crepdbant, das reicht aber zur erklärung eines solchen ausdrucks der
erbitterung auf einem grabstein nicht aus, zumal da in gewöhnlichen
Zeiten (und selbstverständlich erst recht in denen des Vitellius) die
militärische disciplin die äuszerung einer solchen gesinnung unmög-
lich gemacht hätte, derselbe grund läszt sich gegen Mommsens er-
klärungsversuch einwenden, dasz nemlich die legio XI Claudia, in
der sich viele barbaren befanden, entweder Habante aetate', dh. im
dritten und vierten jh. in Aquileja garnisoniert oder sich aus dort
angesiedelten Sarmaten recrutiert habe und deshalb in Aquileja ein
scharfer gegensatz zwischen prätorianem und legionaren bestanden
habe, es müssen ganz auszerordentliche umstände obwalten, um auf
dem grabstein eines officiers eine derartig verächtliche bezeichnung
eines andern teils desselben heeres zu ermöglichen, solche auszer-
22»
340 FRühl: vermischte bemerkungen. 62. 63.
ordentliche umstände haben indessen in der that einmal vorgelegen,
der fundort Aquileja scheint darauf hinzuweisen, dasz wir es mit
einem officier der italischen trappen zu thun haben, welche Maximus
und Balbinus gegen Maximinus Thrax und seine in der that völlig
barbarischen legionen aufboten, in jenen kämpfen und unmittelbar
nachher kann eine solche grabschrift nicht auffallen.
63. Man wird im allgemeinen jetzt wohl einig darüber sein,
dasz Eyme in Italien nicht, wie Eusebios nach Africanus angibt %
im elften jh. vor unserer zeitrechnuiig gegründet worden ist, was
bekanntlich schon Niebuhr bezweifelte; auch FvDuhn, welcher in
den Verhandlungen der Trierer philologenvers. (1879) s. 142 ff. für
das hohe alter der stadt eintrat , hat vermutlich seine damalige an-
sieht längst aufgegeben, wen die sonstigen gründe nicht überzeugt
haben sollten, der wird doch wohl dem Charakter der funde in den
kymäischen gräbem, wie ihn Heibig in seinen ^cenni suir arte fenicia'
(annali dell' Inst, di corr. arch. 1876 s. 230 ff.) und in seinem buche
über das Homerische epos' s. 88 ff. dargelegt hat, die beweiskraft
nicht absprechen können.^ nicht gelöst ist aber bis jetzt die frage,
wie jener unhaltbare ansatz für die gründung von Kyme entstanden
sei. Heibig scheint zwei möglichkeiten anzunehmen, einmal (Hom.
epos^ s. 433) glaubt er, dasz man Eyme so hoch hinaufgerückt habe,
weil Aeneas die stadt besucht haben sollte, und meint, nach erfin-
dung der albanischen königsliste habe man infolge dessen den Ur-
sprung der Stadt noch früher ansetzen müssen, als bis dahin geschehen
war. diese ansieht ist unhaltbar, denn der feste punkt, von dem
bei solchen aufstellungen ein Chronograph ausgehen muste, war nicht
die gründung der stadt Rom, sondern die Zerstörung von Troja, imd
es gibt keinen ansatz für dieses ereignis , der gestattet hätte den be-
^ in der reduciening des Kusebiächen datums auf Jahre vor Christus
Lerscht bei den neuern eine auffallende Verschiedenheit. Hierouymus
setzt die gründung von Kyme in das j. 967 Abrahams (so APMR, 965 F
und Dionysios von Telmahre; Schöne folgt dem Bongarsianus, wie sonst
so oft, und nimt 968 an), nach den auseinandersetzungen von AvGut»
scbmid 'de temporam notis quibus Eusebius utitur in chronicis canonibus'
(Kiel 1868; vgL namentlich s. 28) sind die jähre Abrahams 1 — 1239 so
zu reducieren, dasz man sie von 2019 abzieht; das Eusebische grüodungs-
datum von Kyme ist also weder 1046 noch 1049, sondern 1052 vor Ch.
das lemma in den hss. des Ilieronymus heiszt bekanntlich Mycena in
Italia condita vel Cumae, nur dasz FM vel Cnmae auslassen. Duncker
gesch. des alt. V^ s. 485 scheint aus dieser crwähnung von Mykena
irgend etwas schlieszen zu wollen, der hsl. befund führt im verein mit
den notizon bei Synkellos s. 340, 13 Bonn, und Dionysios von Telmahro
zum j. 965 doch wohl darauf, dasz in dem urcodex des llieronymus eine
corruptel vorlag, hervorgerufen durch das folgende lemma Myrena und
dasz diese dann richtig corrigicrt wurde, in einem teil der hss. wurde
die correctur übersehen, in einem andern als zusatz aufgefaszt und an
das endo des lemma gestellt. ' OWcise im rhein. museum XXXVIII
s. 549 redet freilich sehr verwunderlich über die sache hin und her; er
ist aber offenbar der frage absichtlich ans dem wege gegangen, vgl.
noch Busolt griech. gesch. I s. 247 ff.
FBühl: Termischte bemerknngen. 08. 341
such des Aeneas in Eyme als chronologisch möglich hinzustellen«
sich dabei auf Vergilius {Am. VI 1 ff.) und Ovidius (mä. XIV 101 iL)
zu berufen ist vOllig zwecklos , da die poeten wie ihre nfthrmutter,
die sage das recht haben um Chronologie vollständig unbekümmert
zu sein.^
Anderseits meint nun Heibig (s. 432) den Ephoros für den fal-
schen ansatz oder, i^ie es scheint, für eine Vorstufe desselben ver-
antwortlich machen zu können, der soll, seinem bekannten kj-
mäischen localpatriotismus nachgebend , das italische Eyme als eine
colonie seiner eignen Vaterstadt, des ttolischen Eyme, in eine mög-
lichst alte zeit hinaufgerückt haben, begünstigt durch den von
Heibig als heuristische hypothese vorausgesetzten umstand, dasz in-
folge der eroberung Eymes durch die Osker die eponymenliste der
Stadt in Unordnung geriet, angenommen, dem wäre so, so mttste
Ephoros doch jedenfalls an dem uns überlieferten datum unschuldig
sein : denn er konnte das italische Eyme nicht gut früher gegründet
sein lassen als das äolische. wir haben aber überhaupt keinen grund
Ephoros in irgend welche beziehung mit der angäbe zu setzen, Eyme
sei im elften jh. gegründet worden, dasz diese anschauung überhaupt
aufkommen konnte, liegt daran dasz man sich gewöhnt hat die an-
gaben des Vellejus und des Eusebios über die gründung von Eyme für
die gemeine tradition des altertums zu halten, indessen weist Heibig
mit vollem recht darauf hin, dasz Strabon V s. 243 Gas. aller Wahr-
scheinlichkeit nach aus Ephoros geschöpft habe, dort steht aber ledig-
lich folgendes : Tautaic b' d<p€Ef|c dcTi Kujliti, Xa\Kib^u)v Kai Ku^aiu)V
TraXaiÖTaTOv Kiic^a • iracOüV f&p den TrpecßuTdTii tuiv t€ CikcXi-
KU)V Kai TUJV 'liaXiuJTibuJV. daraus folgt nun für die Zeitbestim-
mung eigentlich gar nichts ; höchstens könnte man daraus schlieszen,
dasz Ephoros die Stadt nicht für sehr viel älter gehalten haben kann
als die sonstigen ansiedlungen der Griechen in Italien und Sicilien ;
hätte er an einen unterschied von Jahrhunderten gedacht, so hätte
Strabon wohl ein wort wie TToXXtfi oder dgl. hinzufügen müssen,
was dann weiter über die umstände der gründung erzählt wird^
weist zwar nicht, wie Heibig (s. 430) sagt^ *eher auf ein vorgerücktes
Stadium als auf den beginn der nach dem westen gerichteten
colonisation hin', wohl aber auf eine zeit, wo die colonisation femer
gegenden überhaupt bereits etwas ziemlich häufiges war und am
allerwenigsten auf die zeit wenige Jahrzehnte nach der rückkehr der
Herakliden.
* wie Heibig so auch Duncker gesch. d. alt. Y^ 8. 485 f., deasen
rösuDgsyersncb sonst dem meinigen ziemlich ähnlich ist. vollkommen
unlogisch ist indessen seine ausführung: 'seitdem Vergilius den Aeneas
an die gestade des 4:euböischen Cumae> hatte gelangen lassen, um
hier die Sprüche der cumäischen Sibylle zu empfangen, musten die
Römer die gründung Cumaes entsprechend über die gründung Roms
hinaufrücken, bei Solinus bauen die £uböer Cumae, nachdem Ascanins
Alba longa erbaut hat.'
342 FEühl: vermischte bemerkangen. 63.
• ^^
Ein bestimmtes gründungsdatum für Ejme ist auszer bei Ense-
bios nicht überliefert, und nur Yellejus hat eine angäbe, welche mit
derjenigen der christlichen Chronographen einigermaszen überein-
stimmt, wenn wir die Ursache des bei diesen Schriftstellern obwal-
tenden irrtums ermitteln wollen , so wird es sich empfehlen jeden
einzeln zu betrachten und uns dabei an die reihenfolge der ereignisse
zu halten , ohne auf die bestimmten zahlangaben besonderes gewicht
zu legen, da Vellejus oder sein chronologisches handbuch sichtbar
von dem chronologischen Zahlenschema des Africanus abweicht, nun
bietet Yellejus folgende reihenfolge dar: rUckkehr der Herakliden
80 jähre nach der Zerstörung Trojas, besiedelung von Lesbos 15 jähre
später y angriff der Peloponnesier auf Griechenland und tod des Eo-
dros, metanastasen in Griechenland, zu derselben zeit gründung von
Chalkis und Eretria auf Euböa und Magnesia in Asien ; nee mtätopost
gründung von Eyme in Italien, suhseguenti tempore ionische Wande-
rung et mox äolische und gründung von Smyma, Eyme in Asien usw.
dieses Schema zeigt eine frappante ähnlichkeit mit einem andern in
dem dem Uerodotos untergeschobenen leben Homers, einem buche
das bekanntlich aus sehr guten quellen schöpft, wo es heiszt (c. 38) :
diTÖ Tcip Tf]C elc "IXiov crpaniiiic, f^v 'ATaM^livuiV kqi Mev^Xaoc
f^T€ipav, fieciv öctepov ^Karöv Kai TpidKOvia A^cßoc ibKicOn
Kaxä TTÖXeic, irpÖTepov doOca dTToXic. juetd hi A^cßov olKicOetcav
fieciv öctepov eiKoci Ku^n f| AIoXiOütic Kai OpiKUJvic KaXeo^evn
iliKicGTi. |Li€Td hi KujiTiv ÖKTUJKaib€Ka fxeciv öcTcpov Cfiupva uttö
Ku)Liaiu)V KaTipKicOr). das ist im wesentlichen dieselbe Ordnung der
Sachen, und daraus darf man, wenn andere gründe dazukommen,
wohl schlieszen, dasz in der quelle des Yellejus einfach eine Ver-
wechselung zwischen dem italischen und äolischen Eyme stattgefun-
den hat. diese nötige bestfttigung aber bringt eben Eusebios. bei
diesem folgen aufeinander: Heradidarum descensus in Pehponnesuin^
Peloponncnses contra Athenas ditnicantj tod des Eodros, gründung
von Magnesia (964 Abrahams), gründung von Eyme in Italien
(967; s. oben), gründung von Myrina (971 nach PRM, 970 nach
den von Schöne vorgezogenen hss.), gründung von Ephesos, ionische
Wanderung (978 nach dem SchOneschen Hieronymus, 979 nach M,
980 nach B und dem Armenier, 981 nach AP), hier haben wir zu-
nächst ein versehen des Eusebios zu berichtigen, der setzt die grün-
dung von Eyme in Italien vor die von Myrena und Ephesos , allein
Africanus hatte die umgekehrte reihenfolge. das ergibt sich aus
Synkellos, der s, 340 Bonn, die reihenfolge Myrine, Ephesos, Eyme
in Italien hat. der fehler fUllt dem Eusebios, nicht dem Hieronymus
oder dessen hss. zur last^ da auch Dionysios von Telmahre Eyme,
Murina und Ephesos in dieser Ordnung ayf einander folgen Iftszt
(zum j. 965. 967 und 968). was es mit diesen Städtegründungen in
Wirklichkeit auf sich hat, erfahren wir von Diodor, der zunächst
^ in der armeniscben Übersetzung fehlen diese drei daten.
i
FRühl: Termisohte bemerkmigen. 68. 343
(III 54, 5) angibt, die Amazone Myrina habe die gleiclmamige Stadt
gegründet, und dann weiter (III 56, 6), sie habe anszerdem auch
das äolische Eyme, Pitana und Priene angelegt nnd naoh hervor-
ragenden führerinnen der Amazonen benannt, damit stimmen im
wesentlichen die angaben Strabons (XI s. 505. XII 573. Xm 638),
und dasz Ephesos auch in die reihe der Amazonengründangen ge-
hört, ist bekannt, erwägen wir alle diese nmstSnde, so ergibt sieh
dasz auch hier das italische Eyme lediglich durch ein rersehen ge-
nannt wird und ursprünglich von dem ftolischen die rede war. Yel-
lejus und Africanus , deren Chronologie ja im übrigen eine verschie-
dene ist, gehen also in letzter linie auf einen und denselben autor
zurück, der aus irgend einem gründe beim abfassen einer geschichts-
tabelle einen groben fehler durch die Verwechselung zweier gleich-
namiger st&dte machte, wer dieser Schriftsteller war, wird man nicht
wagen dürfen bestimmen zu wollen; denken könnte man zb. an
Alexander Polyhistor, bei Yellejus ist dann die saohe noch weiter
verwickelt worden , weil er selbst oder das handbuch dem er folgte
noch eine andere bessere quelle hatte* und deren angaben mit den
andern einigermaszen ausgeglichen werden sollten, aus dieser zwei-
ten quelle stammt die angäbe über Hippokles und Megasthenes als
gründer des italischen Eyme^ (I 4, 1). der eigentliche Ursprung des
fehlers ist wohl darin zu suchen, dasz Ephoros, wie wir ans Strabon
Xn s. 550 wissen, seine Vaterstadt zweimal gegründet werden liess,
nemlich einmal von den Amazonen und dann spttter noch einmal
von Aeoliern und loniem. wer dann — wer weisz durch wie viel
mittel glieder hindurch — in seiner quelle die gründung von Eyme
zweimal verzeichnet fand und zum zweiten male in Verbindung mit
der äolischen Wanderung, der konnte, wenn er die frage nicht ein-
gehender untersuchte , sehr leicht auf den gedanken kommen , dasz
es sich das erste mal um die gründung des italischen Eyme handle.
Im übrigen darf man die chronologischen angaben im 36n capitel
des falschen Herodotos ganz gewis nicht auf Ephoros zurückführen,
wozu Johannes Schmidt ^de Herodotea quae fertur vita Homeri'
(Halle 1875) s. 117 zu neigen scheint, da diese zahlen ein viel
höheres datum für die rückkehr der Herakliden und die TpuiiKd
ergeben, als Epboros angenommen haben kann/ allein vielleicht
können sie dazu dienen ^ einen Widerspruch über die zeitansfttze des
Ephoros ausgleichen zu helfen, für den eine befriedigende lOsung
noch nicht gefunden ist. wir haben bekanntlich zwei angaben über
die zeit, in welche Ephoros die rückkehr der Herakliden setzte, und
diese stimmen nicht genau mit einander überein. die eine steht bei
Clemens von Alexandreia ström. I 21 s. 403 (Potter) und lautet:
*^ vgl. Robde im rhein. mos. XXXVI s. 551 anm.. 2. ^ der be-
treffende Satz ist übrigens verdorben, es wird etwa zu lesen sein:
nee multo post Chalcidenses ^ orti^ ui praediximus , Atticis conditoribuM^
Hippocle et Megasthene ducibus usw. ^ vgl. Rohde im rhein. mns.
XXXVI 8. 400 f. 418 ff.
344 FRühl : vermischte bemerkungen. 68.
dirö TOUTOu (nemlich der 'HpaKXeibuiv KciGoboc) dni 6uaiv€Tov
fipXOVTO, i(p oö <paciv 'AXeEavbpov elc Tfjv *Aciav biaßnvai, die
filv Oaviac firi diiTaKÖcia beKaTr^vie, ibc bf 6<popoc ^inraKÖcia
TpidtKOVia TT€VT€. anders Diodor XVI 76 ''Ecpopoc \xky/ 6 Kujiiaioc
Tfjv icTopiav ^vGdbe Kax^CTpocpev elc Tf|v TTepivGou TroXtopKiav^
Tr€pi€i\Ti(pe bk Txji TpCMpfi 7Tpd£€ic TÖc re rdiv '6X\r|vu)v Kai ßap-
ßdpujv, dpHd^evoc dirö rfic tiIiv 'HpaKXeibiwv KaGöbou* xP^vov
hk TrepiAaße cxeböv ^tüliv diiTaKOCiuJV Kai TrevTTjKOVTa. gewöhn-
lich pflegt man Diodors angäbe den vorzug einzuräumen, da er den
Ephoros genau kenne und daher vorauszusetzen sei, dasz er über
dessen Chronologie richtig berichte. JBrandis *de temporum Grae-
corum antiquissimorum rationibus' (Bonn 1857) s. 25 legt den
Clemens sogar ohne ein wort der begründung zur seite. dazu liegt
aber kein grund vor, vielmehr sprechen alle äuszem umstände für
diesen, er ist mit seiner zahl 735 so genau wie möglich, Diodor hat,
wie aus dem zusatz cxcböv hervorgeht, gar nicht die absieht voll-
kommen genau zu sein; Clemens femer gibt ein datum, wie es gar
wohl bei Ephoros selbst gestanden haben kann^, während das datum
bei Diodor o£fenbar errechnet ist, da Ephoros kaum in der läge war
eine bestimmte zahl für die zeit von der rückkehr der Hßrakliden
bis auf die belagerung von Perinthos zu geben , da er einmal nicht
die absieht gehabt hat mit diesem ereignis zu schlieszen und dann das
letzte buch , welches so weit reichte , nicht von ihm selbst verfaszt
war. wenn wir also nur die wähl hätten, ob wir Diodor oder Cle-
mens folgen sollten, so müsten wir uns für den letztem entscheiden,
den ausgleichs versuch, den Karl Müller FHG. I s. LIX vorgetragen
hat, wird heute schwerlich jemand billigen, allein darin scheint mir
Müller recht zu haben, dasz Diodor und Clemens aller Wahrschein-
lichkeit nach ein anderes einzelnes ereignis zum ausgangspunkt ge-
nommen haben , und zwar Diodor den einbruch in den Peloponnes
selbst, Clemens einen Vorgang, welcher durch diesen einbruch her-
vorgerufen wurde, als einen solchen Vorgang aber bietet sich am
nächsten die (erste?) einnähme von Lesbos dar. von dieser erobe-
rung von Lesbos durch Penthilos, den söhn des Orestes, berichtet
auszer Vellejus und pseudo-Herodotos auch noch Pausanias III 2, 1 ;
es liegt nichts vor, was uns verböte hier an Ephoros als quelle zu
denken, und es ist sehr wohl möglich , dasz Ephoros dieses ereignis
wählte, um von ihm vorwärts und rückwärts zu rechnen, das würde
durchaus jenem beimatsgefühl entsprechen, das bei ihm so lebhaft
war und in seiner schriftstellerei einen so hervorstechenden und zu-
weilen fast lächerlichen ausdruck fand, lassen wir diese erste an-
Siedlung der Atriden auf Lesbos, wie bei Vellejus, etwa fünfzehn
jähre nach dem einbruch der Dorier in den Peloponnes erfolgen , so
reduciert sich die differenz zwischen Clemens, der den Ephoros 1069,
" es braucht das nicht notwendig im prooimion oder im ersten buche
gewesen zu sein.
^ FKühl : vermiechte bemerkongen. 08. 345
und Diodor, der ihn 1090 vor Ch. mit seiner erzfthlung beginnen
läszt, auf sechs jabre, dh. sie wird so klein, dasz das cxcböv d^s Diodor
zu ihrer erklärung ausreicht, wer sehr kühn vorgehen wollte, könnte
für die eben vorgetragene ansieht sogar eine bestätigong in dem
Africanischen gründungsdatum von Eyme suchen, wir haben gezeigt
(s. 342) f dasz Eusebios hier eine Verwirrung angerichtet hat und
dasz, wenn wir auf den ansatz des Africanus kommen wollen, Mjrina
den platz einnehmen musz, welchen bei Hieronymus Eyme inne hat,
dieses aber denjenigen, welchem Ephesos zugewiesen ist. also war
nach Africanus Myrina 1052 , aber Eyme 1047 vor Ch. gegründet
worden, halten wir nun den Zeitraum, welchen der falsche Herodotos
zwischen der besiedelung von Lesbos und der gründung von Eyme
ansetzt, fest, so kommen wir für das erstere ereignis auf 1067 dh.
etwa auf denselben termin , mit welchem nach Clemens Ephoros be-
gonnen hat. allein ich wage vorläufig nicht damit zu operieren^ ob-
wohl selbstverständlich das durcheinander von mythischen und
historischen gründungen bei Africanus kein argument gegen eine
solche ansieht abgeben könnte.
Wer sich nicht entschlieszen kann bei dem Eusebischen ansatz
der gründung des italischen Eyme an ein grobes versehen zu glaa-
ben , dem bleibt nichts übrig als wie bei dem ftolischen Eyme an
eine sog. doppelgründung zu denken. ^^ über solche doppelgrün-
düngen hat Böckh gehandelt zum CIG. 11 2655. allmählich ent-
stehende volkssage und nationaleitelkeit wirkten zusammen, die
gründung von städten, welche in mehr oder weniger historischer
zeit entstanden waren, in das mythische altertum zu verlegen und
dann eine ausgleicbung zwischen den beiden gründungsdaten da-
durch zu versuchen , dasz man annahm, die betreffende stadt sei be-
reits in einer frühern zeit einmal gegründet worden. Böckh hat^
veranlaszt durch das Verzeichnis der priester des Poseidon zu Hali-
karnas , eine anzabl von beispielen solcher doppelgründungen ange-
führt; da sich diese indessen sämtlich auf Eleinasien beziehen und
es noch immer gelehrte zu geben scheint, welche mit mythischen
coloniegründungen operieren, so wird es nicht überflüssig sein auch
durch einige analoge beispiele zu zeigen, dasz dergleichen auch im
Westen gar nicht unerhört ist. da ist zb. zu nennen die gründung
von Sybaris oder eigentlich von Makella durch Philoktetes (ps.-
Aristoteles mir. ausc. c. 107. Lykophron v. 919 ff.), die nachher
auf Thurioi übertragen wurde (Just. XX 1, 16). wir haben gar
keinen grund zu zweifeln, dasz im Apollontempel zu Thurioi wirk-
lich die pfeile des Herakles gezeigt wurden. ^^ dann femer die grün-
io Fricke «die Hellenen in Campanien' (Hildesbeim 1873) s. 9 führt
die hoben zahlen für die gründang von Kyme auf «geBchlechterrechnang'
zurück, wenn das irgend verständlich sein soll, so musz er auch an eine
doppelgründung gedacht haben, dem vernehmen nach hat Fricke auch
eine abh. Me origine Cumarum' (Göttingen 1869) geschrieben, die in-
dessen auf der hiesigen bibliethek fehlt, ^' das wesen dieser nach-
346 FBühl: vermischte bemerkungen. 6S.
düng von Metapont durch Epeios (ps.-Arist. mir. ausc. c. 108« Lyko-
phron y. 946 ff. Just. XX 2,1. Vell. 11,1); in dieselbe epoche
führt die erzählung von der gründungder stadt durch von Troja heim-
kehrende Pylier (Strabon VI s. 264) , und wenn sie auf einen heros
Metabos zurückgeführt wird (ebd. VI s. 265), so ist das nur eine dritte
art den verhältnismKszig spät gegründeten ort zu einem uralten zu
machen, weiter gehört hierher namentlich die mehrzahl der stAdte,
deren gründung Diomedes zugeschrieben wurde; ein ganz classisches
Zeugnis in dieser bezieh ung ist Vitruvius I 4, 12 m Apulia appidum
Sälpia vetuSf quod Diomedes ab Troia rediens constüuit sive^ quemaä-
modum nonnuUi scripserunty Elpkias Bhodit^s,^* an eine doppel-
gründung musz man auch bei den Überlieferungen über die gründung
von Kyrene denken, trotz des Widerspruchs von EO Müller, der sich
*Orchomeno8 und die Minyer*' s. 340 ff. in etwas verwirrter und
unklarer weise über die sache ausgelassen hat. auch hier war übri-
gens die sage von der ersten gründung eine doppelte, einmal wurde
sie nemlich auf die von Hypseus zur aufsuchung seiner tochter aus-
gesandten männer zurückgeführt, welche von dem reiz der gegend
gefesselt sich dort niederlieszen (Just. XIII 7,8); dann aber musz
auch eine andere erzählung verbreitet gewesen sein, der zufolge
Aristaios später nach seinem geburtslande zurückkehrte und dort
eine stadt gründete (das musz in der verstümmelten stelle Diod. IV
82, 4 gestanden haben), merkwürdig häufig scheinen doppelgrün-
dungen auch in Spanien zu sein; bei Silius III 332 ff. kommt zb.,
offenbar nach Trogus, eine ganze menge mythischer Stammväter und
Städtegründer vor, über die man bei Ruperti das nötigste bemerkt
findet , und wer lust hat kann mit leichter mühe noch ziemlich viele
andere zusammenbringen, solche erfindungen waren hier ebenso be-
quem möglich wie in Italien, da man in dem spät bekannt gewordenen
lande des fernen westens sowohl Herakles als auch die Homerischen
beiden beliebig umherirren lassen konnte, und die griechischen anti-
quare haben frühzeitig dafür gesorgt griechische mythen dort zu
localisieren. der zweck solcher erfindungen war indessen ein anderer
als in den mit griechischen colonien bedeckten ländem. es handelte
sich nicht eigentlich darum den Städten ein hohes alter anzudichten,
sondern in erster linie wirkten hier vielmehr etymologische Spie-
lereien von gelehrten oder gelehrten dichtem , dann mögen allmäh-
lich die barbaren , nachdem sie mit der griechisch-römischen civili-
sation etwas vertraut geworden waren, selbst auf den gedanken
gekommen sein, sich eine in den äugen ihrer herren edlere herkunfb
beizulegen , und endlich musz bei den von den Puniem gegründeten
Städten eine gewisse loyalitätsbeflissenheit gegen die Römer mit-
richt des Jastinas wie das derjeDigen über MeUipont ist von Enmann
^quellen des Trogas' s. 169 f. nicht richtig erkannt worden.
** die haaptmasse derartiger notizen über Unteritalien ist zasammen-
gestellt bei Lenormant 'la grande Gr6ce' I s. 119 ff., der sehr hübsch
christliche legenden aus dem Rhonethal vergleicht.
FBühl: vennischte bemerknngen. 68. 347
gewirkt haben, man wollte , nachdem Hispanien definitiy zur pro-
vinz gemacht worden war, nicht mehr von den todfeinden der herren
der erde abstammen, und wenn sich das auf keine weise ableugnen
liesz, 80 log man wenigstens, dasz irgendwelche griechische heroea
bei der gründung beteiligt gewesen seien oder nachher der bevOl-
kerung einen Zuwachs gebracht hätten, das geschah zb. in (Jades. '*
wenn Movers mit solchen Schwindeleien ernsthaft operiert und ge-
legentlich weitgehende combinationen darauf baut, so gehGrt das
nur zu den zahllosen beispielen jener merkwürdigen kritiklosigkeit|
welche seine gelehrsamkeit begleitet.
Das interessanteste beispiel einer doppelgrOndung in Spanien
bietet Neukarthago dar. jedermann weisz, dasz diese Stadt erst durch
Hasdrnbal angelegt worden ist; kein alter Schriftsteller weisz etwas
davon, dasz an jenem prächtigen hafen vor der gründung der kar-
thagischen hauptstadt ein ort gestanden habe, und doch ward be*
bauptet, die stadt sei ursprünglich Ton Teukros (Just. XLIY 3, 3.
Silius in 368. XV 192) gegründet worden.
Aber wie ? hat denn hier nicht wirklich lange vor Hasdrubal
«ine 'namhafte stadt' gestanden? hiesz sie nicht Mastia nnd war sie
nicht ein wichtiger grenzpunkt der karthagischen herschaft? gelehrt
wird das jetzt freilich, aber ich fürchte dasz wir es nur mit einem
leeren himgespinnste zu thun haben, jene neue lehre stammt von
Müllenhoff 'deutsche altertumskunde' I s. 151 ff.^^ zum ausgangs*
punkt dienten ihm dabei die verse des Avienus in der Ora maritima
449 flP.
Nanmatius inde partus op(^pidufn pro^pe "
se Massienum curvat aUo ah aequore^
sinuque in ima surgit äUis moenibfis
urhs Massiena. post iugwm Trade eminet
hrevisque iuxia Sirongyle stat insula,
dehinc in huiiis insulae confiniis
immensa tergum latera diffundü paiUis.
dasz der Namnatius portus oder wie er sonst geheiszen haben
mag der beutige hafen von Cartagena sei, läszt sich allerdings kaum
bezweifeln ; ob Strongjle die beutige insel Grosa sei, wie MüllenhofT
will , oder eine von den andern inseln vor der düne des Mar menor
oder das beutige Escombrera, das von Silius in seiner Schilderung
(XV 222 ff.) gemeint wird^', weisz ich nicht und ist hier ziemlich
^' das darf man doch wohl aus Philostratos vita ApoUonii V 4
schlieszen; die besondere lojalität von Gades gegen die Bömer hebt
8trabon wiederholt hervor. ^^ auf die phrasen von Movers 'die
Phönizier' II 2 s. 635 ist es nicht nötig irgend welche rücksicht in
nehmen. ^^ ob damit die tiberliefemng op***pe richtig ergänzt sei,
ist mir zweifelhaft. ^^ diese insel bewahrt noch den antiken namen.
Strabon gedenkt ihrer III s. 169 mit den werten etO' f\ TOO 'HpaxX^OUC
vf|coc i]bY] irpöc Kapxr\b6vij f^v KaXoOci CKOjißpoaplav dirö xCtiv äXtCKOfi^-
vujv cKÖMßpujv . . etKoci bi biix^i CTa6(ouc xal T^rrapac Tf)c Kapxii^övoc.
vgl. KMüUer zu Ptol. II 6, 14.
348 FRühi: yermisclite bemerkangen. 63.
gleichgültig, dagegen darf man nicht wohl bezweifeln, dasz Ayienus
den namen seiner stadt nicht angibt*^, und es steht fest dasz unsere
berichterstatter über die gründung Hasdrubals sich in einer art aus-
lassen, dasz man annehmen musz, an der stelle Neukarthagos habe
vorher kein irgendwie nennenswerter ort gestanden. Ayienus be-
schreibt aber dort sogar eine starke festung. es müste also, wenn wir
MüUenhoff folgen, an diesem vortrefiflichen hafen zu anfang des
fünften jh. eine wohlbefestigte stadt gelegen haben, und diese müste
in der zeit yon da oder vielmehr, wie wir nachher sehen werden,
von der mitte des vierten jh. bis zur zweiten hälfte des dritten spur-
los und ohne eine erinnerung an ihr einstiges dasein zurückzulassen
verschwunden sein, jedermann wird zugeben , dasz das sehr wenig
Wahrscheinlichkeit für sich hat. zur begründung seiner meinung
verweist Müllenhofif auf die angäbe des Stephanos von Byzanz u.
MacTiavoi, dieMastianer trügen ihren namen von einer stadt Macria,
und diese stadt MacTia identificiert er dann mit der Massiena urbs
des Avienus. dasz diese stadt Mastia wirklich existiert habe, werde
nun ausdrücklich bezeugt durch den zweiten vertrag der Römer mit
den Karthagern, in welchem es heisze (Pol. III 24, 4) toO KaXoG
dKpiüTTipiou , MacTiac Tapcriiou ^i\ XriiCecGai ^ir^Keiva Pujjiaiouc
jiTib* €^Trop€U€C0ai ^r\bk. nöXiv ktKciv. das schöne Vorgebirge und
Mastia Tarse'ion würden dort also als vertragsmäszige grenzpunkte
für die römische Schiffahrt bezeichnet. Polybios irre indessen, seine
dolmetscher misverstehend , wenn er sage , Mastia Tarsel'on läge in
Africa in der nähe des schönen Vorgebirges, hier musz man zunächst
den Polybios gegen den Vorwurf Müllenhofifs in schütz nehmen, seine
werte 7Tp6cK€iTai bk. kqi tiu KaXiu dKpujTTipiip Macria Tapcrjiov
besagen dem Zusammenhang nach gar nieht, dasz die beiden örtlich-
keiten local benachbart seien, sondern vielmehr, dasz in dem zweiten
vertrage im unterschied vom ersten auszer dem schönen Vorgebirge
auch noch Mastia Tarsel'on als vertragsmä^^zige grenze der schififahrt
bestimmt worden sei. so sind die werte vor MüUenhoff verstanden
worden (vgl. zb. Campes Übersetzung I s. 266 f. und unten anm. 21),
und so versteht sie später Meltzer gesch. der Karthager I s. 519, der
im übrigen MüUenhoff folgt. Mastia Tarsel'on ist nun nach MüUenhoff
der wirkliche name der Massiefia urbs des Avienus. die frage wird
verwickelt durch eine weitere combination Meltzers. dieser (ao.s. 181.
488 f.) nimt nemlich das schöne Vorgebirge nicht, wie man seit
Heyne meist gethan hat , für das cap Bon , sondern für das Kas Sidi
Ali el Mekki oder cap Farina und fuhrt dann weiter aus, Polybios
irre, wenn er annehme (III 23), den Römern solle die fahrt nach
Byssatis und Emporeia, also nach süden und osten verboten werden ;
in Wirklichkeit hätten sie sich beschränkungen in bezugauf die fahrt
nach Westen gefallen lassen müssen ; es sei ihnen untersagt worden
*^ Massiena ist aber ein adjectiv, urbs Maxsiena also die maMienische
Stadt, anders KMUller im Philologns XXXII s. 117.
FBühl: Termisohte bemerkungen. 68. 849
die libysche küste westlich vom Bas Sidi Ali und die spanische sttd-
lieh und westlich von Mastis zu be&hren. man mosz allerdings an-
geben, dasz Polybios sich hinsichtlich der richtong, in welcher nieht
gefahren werden sollte, irren konnte; die mitteilangen , welche er
über die berühmten vertrage macht, sind ausserdem zum teil nach*
weislich wenig genau (im dritten vertrage kann zb. , wenn man die
machtverhftltnisse Borns zur zeit des Pyrrhos erwftgt, kaum bloss
von Latinern die rede gewesen sein, wie man nach dem Wortlaut des
Polybios annehmen müste), und seine polendk gegen Philinos sohieszt
ins blaue, aber trotzdem stöszt Meltzers ansieht auf unüberwindliche
Schwierigkeiten, einmal nemlich kann das schöne Vorgebirge, dessen
läge Polybios ohne allen zweifei bekannt war , nicht mit dem Bas
8idi Ali identisch sein: denn dann hatte Polybios nicht annahmen
können , dasz den Bömem die £ihrt nach Süden und osten verboten
sein sollte, da Karthago selbst, das den Bömem zugänglich war, süd-
lich jenseit dieses Vorgebirges liegt ; dann aber kann man jemandem,
der von Italien aus nach Cartagena schiffen will, nicht wohl ver-
bieten längs der africanischen küste zu segeln. '^
Diese Schwierigkeiten hat Karl Müller gefühlt, und er ist daher zu
Ptol. II 14, 6 auf den kühnen ausweg verfallen, das KaX6v dKpuiT/j-
piov des Polybios für das cabo de Palos, östlich von Cartagena, zu
erklären, indem er annimt, Polybios habe dieses ^schöne Vorgebirge'
fälschlich f(lr das gleichnamige africanische angesehen, indessen auch
wenn Müller mit seiner deutung des CaiadUMS sinus bei Avienus
V. 424 gegen Müllenboff recht haben sollte, so ist doch seine aus-
legnng des römisch-karthagischen vertrage schwerlich haltbar, da-
nach wäre es nemlich den Karthagern wesentlich auf die Sicherung
ihrer spanischen besitzungen vor den Bömem angekommen, was
wenigstens für die zeit des ersten Vertrags, also für die wende des
sechsten und fünften jh. vor Ch., wenig glaublich ist, und es wäre
auszerdem gar nicht abzusehen, warum in dem zweiten vertrag noch
Mastia Tarsefon hinzugefügt worden wäre, was auch nach Müllers
ansieht unmittelbar westlich vom cabo de Palos lag, und drittens
wären dann im ersten vertrage überhaupt keine bestimmungen hin-
sichtlich der fahrt an der africanischen küste getroffen worden.
Wir werden danach wohl zu der alten meinung zurückkehren
müssen , dasz das KaXöv dKpuJTrjpiov das cap Bon ist und dasz den
Bömem im ersten vertrage die Schiffahrt südlich und östlich des-
selben verboten wurde. ^^ das cap Bon entspricht ja auch im aller-
höchsten grade der beschreibung des Polybios (III 23, 1): es ist tö
TTpOKeijLievov aiiTfic ific Kapxribövoc ibc irpöc xäc fipKTOuc. der
zweite vertrag traf dann bestimmungen hinsichtlich der fahrt nach
Westen, wie sie wohl durch die weitere ausdehnung der italischen
''■'^ man vgl. dazu, was Poseidonios bei Strabon III 8. 144 über seine
eigne fahrt von Spanien nach Italien berichtet. '^ vgl. auch Tissot
g^ographie coniparee de la province romaine d'Afrique s. 167 ff.
350 FBühl : yermischte bemerkaogeD. 63.
Schiffahrt und das yordringen der Massalioten wünschenswert ge
worden waren; er zeigt ja ttberhaupt, dasz die karthagische handels-
politik in der Zwischenzeit viel monopolistischer geworden war. der
zweck der neuen bestimmung bestand darin, den Bömem die fahrt
durch die senlen zu untersagen , keineswegs überflüssig, da einzelne
kühne römische schiffer schon einen versuch dazu gemacht hatten
(Strabon III s. 375 f.)**^ die westgrenze für die römische schifiUirt
würde nun natürlich am angemessensten durch zwei punkte bestimmt
worden sein, einen an der africanischen und einen an der spanischen
küste. welcher grenzpunkt mit MacTia Tapcrjiov bezeichnet wer-
den sollte, hat Poljbios offenbar selbst nicht genau gewnst, sonst
würde er uns ohne zweifei seiner gewohnheit gemttsz darüber auf-
gekl&rt haben, dasz Macria in Spanien gelegen habe, läszt sieh
allerdings mit fug annehmen ; obwohl ja auch in Africa an namen
die mit Macc- und MacT- zusammengesetzt sind kein man gel ist;
aber ob auch Tapcrjiov? das ist eine ganz andere frage, an und
für sich wären wir sogar auszer stände mit Sicherheit zu sagen, ob
MacTia Tapcrjiov 6ine örtlichkeit sei oder ob zwei verschiedene
darunter zu verstehen seien ; wenn im lateinischen texte des Vertrags
ein asyndeton stand, so war das schon für die Zeitgenossen des
Poljbios ohne aus andern quellen geschöpfte kenntnis kaum möglich,
die einzige stelle, an welcher das wort sonst meines Wissens noch
vorkommt, welche freilich in diesem zusammenhange bisher über-
sehen worden zu sein scheint, bei Stephanos udw. bringt uns auf-
klärung. dort heiszt es: Tapcrjiov, nöXic npöc rate 'HpaKXeiaic
ciriXaic. TToXußioc Tpliqi. tö ^Bviköv föci Tapcridric i^ Tapcni-
ujTTic. vOv bk. Kaiä TÖ ^TTixiipiov TapcTiivoi (so Meineke, Tapcr^vol
oder TapcTvoi die hss.) X^TOvrai.'* daraus ersehen wir, dasz der
ort wirklich existiert hat und dasz wir es nicht etwa mit einem
bloszen beinamen von Mastia zu thun haben, ob er aber in Africa
oder in Europa gelegen habe, darüber ergibt sich aus Stephanos gar
nichts; der anklang an ti^ti^^n reicht jedenfalls nicht aus, ihn dem
letztem erdteil zuzuweisen, ebenso wenig wie etwa der an Tharassa
in Numidien (vgl. mon. Germ. auct. ant. III 1 s. 65) dazu ausreichen
kann , ihn nach Africa zu verlegen, es hindert uns gar nichts unter
Tapcrjiov einen punkt in Africa zu verstehen , etwa in der gegend
von Oran, und man darf sich nicht dadurch irre machen lassen, dasz
dieser oder ein ähnlicher name sonst nicht aus Africa überliefert ist.
ohne Poljbios wäre uns zb. der phönikische , noch heute lebendige
^ die cormpte stelle Pol. III 24, 11 iy Cap6övi xal AißOi} fAr)6€lc
•PiWjLioCujv jLi/|T* l^1rop€u^ceul jLiriTC iröXiv ktiZ^tuj , €l ^f| ^iwc ToO ^96610
Xaßdv f\ irXolov ^mcxcudcai. iäy bi x^iM^v Karcv^XKi], iv ir^ve* i'ijLi^paic
dtroTpcx^TUi ist wohl besser als durch annähme einer lacke vor el ^t\
durch eine Umstellung von cl fif) . . imaccudcai hinter dirorpcx^TU) zu
heilen, cur ausbesserung^ eines havarierten schiffs musten oft genug
mehr als fünf tage erforderlich sein. '* diese stelle beweist, neben-
bei bemerkt, dasz die alten das irpikKCiTai bei Polybios nicht so aus-
gelegt haben wie Miillenhoff, sondern so wie oben s. 848 geschehen ist.
FBühl : yermischte bemerkongen. 68. 351
name des Bagradas völlig unbekaimt, und wir haben allen grund sa
der annähme , dasz hunderte von phOnikischen Ortsnamen in Africa
TöUig für uns verschollen sind.** dazu kommt dasz es ziemlich ab-
surd sein würde, an derselben küste zwei verschiedene orte als grenz-
punkte festzustellen.
Wie die dinge liegen, musz es daher als sehr gewagt erscheinen
Tapcifjiov in Spanien zu suchen*'; sollte es wirklich dort gelegen
haben , so war es von Mastia verschieden , kann aber natttrlidli nicht
weit davon entfernt gewesen sein, im wesentlichen wäre dann als
grenze der römischen Schiffahrt das cabo de Palos festgesetzt wor-
den, und dieses ist als eine hohe weithin sichtbare landmarke, bei der
noch dazu die küste ihren lauf vollständig verändert, auszerordent-
lich geeignet dazu.
Tarselon ist jedenfalls eine Stadt ; daraus ergibt sich aber natür-
lieh noch lange nicht, dasz auch Mastia eine stadt gewesen sei. frei-
lich sagt das , wie wir oben s. 348 sahen , Stephanos u. MacTiavoi,
aber darauf ist, wenn nicht, wie bei Tarselon, bestimmtere angaben
hinzukommen, bei den notizen aus alten zeiten und aus fernen
gegenden gar nichts zu geben: heiszt doch auch Tartessos oftgrang
eine stadt (vgl. Müllenhoff I s. 125). nun haben wir aber bereite
vorhin bemerkt, wie unwahrscheinlich der Untergang einer stadt an
dem heutigen hafen von Cartagena zwischen 343 und 225 vor Gh.
sei, und wir können uns weiter auf Müllenhofis eigne nachweise
(s. 148. 155) berufen, dasz Mactia oder Maccia sonst immer und
gerade auch im vierten jh. von Ephoros und Theopompos eine land-
schaft und nicht eine stadt genannt wird, es liegt demnach gar kein
grund vor, in der Massiena urhs des Avienus eine angäbe aus dem
alten Periplus zu sehen, vielmehr wird Avienus, wie so oft, angaben
über moderne Verhältnisse in den alten bericht hineingeschoben
haben, wer Tarraco et Barcüonum amoena sedes düium in seine alte
vorläge einfügte (v. 519 f., vgl. Müllenhoff I s. 172 f.), von dem
wird von vom herein zu erwarten sein, dasz er die blühende Kar"
thago spartaria nicht mit schweigen ttbergieng, auch wenn der alte
Periplus kein wort von ihr sagte.
Dies alles ist unter der Voraussetzung gesagt, dasz MüUenhoffs
lehre von dem alten Periplus richtig sei. wer sich dieser ansieht
nicht anschlieszt und etwa derjenigen von Karl Müller in seinem auf-
satz über die Ora maritima des Avienus (Philologus XXXTT s. 106 ff.)
folgt , für den liegt vollends gar kein grund vor in der Massiena
*' nicht berufen darf man sich freilich auf Avienus v. 331 f. nee
respuendus iestis est DionysiuSy Libyae esse ftnem gut docet Tariessium.
diese angäbe ist vielmehr daraus zu erklären, dasz Avienus Tartessus
gleich Qades setzt und Dionjsios Gades als den endpunkt von Libyen
betrachtet (DionysiDs Per. v. 176, vgl. 11). Tharassa in Numidien klingt
übrigens auch an Tapcf)'iov an; schlieszen musz man aber aus solchen
gleichklängen immer möglichst wenig. '' die G€pctTai bei Polybios
III 33, 9 mit Tapcfi'iov zusammenzubringen ist mehr als mislich.
352 FRühl: vermisclite bemerkungen. 63.
urhs etwas anderes als eine gelehrte redewendung zu sehen, die
Umschreibung von Ortsnamen durch adjectivische bildungen ist bei
Avienus gar nichts unerhörtes; ein sicheres beispiel ist die Feqfena
arx — oder wie sie der dichter sonst genannt haben mag — t. 622,
die ganz gewis nicht so geheiszen hat, sondeiii aller Wahrscheinlich-
keit nach mit dem casteUum Latara bei Mela II 5 , 80 identisch ist.
ich neige aber auch zu dem glauben, dasz eine anzahl der merk-
würdigen namen an der ostküste Spaniens ; welche jeder erklftrung
trotz bieten, auf ähnliche weise entstanden sei.
Wer übrigens genau erwägt, wie Avienus gewöhnlich bei seinen
Ortsbezeichnungen vorgeht, dem wird es von vorn herein unwahr-
scheinlich vorkommen, dasz Avienus an oder neben der stelle von
Karthago nova eine alte , zu seiner zeit gänzlich verschollene stadt,
gleichviel welches namens, erwähnt gefunden habe, seiner sonstigen
gewohnheit zufolge würde er dieselbe namentlich aufgeführt und
hinzugefügt haben, sie sei längst zerstört und an ihre stelle sei die
gründung Hasdrubals getreten, dasz nemlich ein mann von der ge-
lehrten bildung des Avienus von der existenz Neukarthagos gar
nichts gewust habe, wird von vom herein niemand glauben; bei
jemand der selbst in Gades gewesen war (v. 273 f.) ist das vollends
undenkbar, wir werden also anzunehmen haben, dasz Avienus den
namen der stadt aus gründen , die er für künstlerische hielt , nicht
nannte , sondern ihn hinter einer bezeichnung aus dem fernen alter*
tum versteckte, also statt von Karthago von der stadt der Massiener
redete, die zu seiner zeit seit Jahrhunderten verschollen waren, blosz
weil die Massiener einst in diesen gegenden gewohnt hatten, er
rechnet diese selbstgewählte bezeichnung offenbar zu den prisca,
welche in noveUa nominum deducere seinem Probus ein besonderes
vergnügen bereiten werde (v. 702 f.).
Mit diesen ausführungen hoffe ich den letzten anhält für die
annähme der historischen existenz einer stadt an der stelle des
heutigen Cartagena vor Hasdrubal hinweggeräumt und die grün-
dung des Teukros als eine sehr späte erfindung nachgewiesen zn
haben; ehe bessere beweise dafür vorgebracht werden, wird man nicht
wohl mehr davon reden dürfen, im allgemeinen wird man freilich
zugeben können, dasz an manchen orten die entstehung der fabel
von einer gründung durch heroen dadurch begünstigt wurde, dasz
an der stelle, wo sich die Griechen ansiedelten, bereits eine nieder-
lassung der eingeborenen bestand, dieser konnte man nachher natür-
lich ein beliebiges alter und beliebigen Ursprung zuschreiben, ein
solcher fall liegt zb. ganz in die äugen springend in Tarent vor.
Königsberg. Franz Bühl.
HStadtmüller: znr Anthologia Palaüna. 853
47.
ZUR ANTHOLOGIA PALATINA.
(fortsetzung von Jahrgang 1887 s. 637-— 644.)
1. In dem epigramm auf Alkon, der seinen söhn von einer
schlänge umringelt sieht und mit zitternder hand den bogen krümmt,
um der retter oder mörder seines sohnes zu werden, heiszt es AP«
VI 331 bei Gaitulikos (der erste Schreiber A gibt hier den autor-
namen in der form raiToXiKoO, was von C, dem correotor, in Tai*
TCuXiKOU verwandelt worden ist) :
iraiöa naxfip "AXkwv dXo«J> ccpiTXÖ^via bpdKOvri
äBprjcac beik^ töSov ^Kajiiqie X€pi *
Giipöc b* ouK dq)djiapT€, bx& CTÖjiaToc fäp öicrdc
fjiSev, TuT9oGßai6v Snepee ßp^cpouc.
dasz in v. 4 ßaiöv nicht von erster hand herrührt, sondern von dem
corrector über der zeile eingefügt ist, weisz man aus den bisherigen
coUationen; dagegen hat man noch nicht bemerkt, dasz A nicht
TirrOoC geschrieben hat, sondern tut96v, dasz erst C das V aus-
radiert und durch 0 ersetzt hat. demnach hat man als älteste Über-
lieferung den lückenhaften pentameter in der form fjtSev tut6Av
UTrepGe ßp^90uc zu betrachten, ohne zweifei ist das von Age-
schriebene tutGöv das richtige, nicht tutGoO: vgl. IX 276, 2
btepoO tutGöv ÖTTcpGc irdTOU, femer XVI 230, 3 tutGöv öirfep
ba^aXrjßoTOV SKpav. auch darf man wohl annehmen, dasz ßat6v
ursprünglich nichts anderes als eine Interpretation zu tutGöv
war: der glossator mochte sich an stellen erinnern wie VI 220, 6
ßaiöv änvjQey 6bo0. so bleibt nichts übrig als den ausfall eines
Wortes anzunehmen zwischen f^iSev und tutGÖv. nach Homerstellen
wie A 480 beEiöv dvTiKpu bk. bx' ujjiou x<i^K€OV ?TXOC fjXGcv
könnte man versucht rein so zu ergttnzen: bid CTÖjiaTOC faß öicröc |
f\xV dvTiKpO. wahrscheinlicher jedoch ist dasz ein zu CTÖjittTOC
gehöriges attribut ausfiel, welches auf die dem kind eben noch
drohende gefahr hinweist, dasz CTuyicu oder cruTVoO oder XuTpoO
(vgl. Vn 290, 5 ^KTttve XuTpöc Ixxc) vor tutGöv einzusetzen ist.
dem sinn der stelle würde jedenfalls folgende fassung entsprechen :
bid CTÖjLiaToc Tdp öicröc
fjiEev <CTUTiou>, tutGöv* öirepGe ßp^90uc.
^ hier soll noch auf eine der vielen rasuren hingewiesen werden,
welche von Wichtigkeit für die textgestaltang scheinen, aber noch nicht
beachtet sind, in des Kallimachos epigramm aaf den Naxier Ljkos,
der in den wellen den tod gefunden, heiszt es AP. VII 272, 8 ff. xd)
\iäy iy 6tpQ i vcKpöc* ^r^ &* dXXwc oövojLia rO^ßoc ^x^iv | icr)pöccui
iravdXiiecc €iroc Töbe* q)€OT€ OctXdccij | cu|lijli(ct€Iv £p{q>uiv, vouriXe,
buojLi^vujv. dasz v. 4 A ixiu geschrieben, C ^xiuy corrigiert hat, be-
merkt Finsler (krit. unters, zur griech. anth. s. 22). ferner ist das end-
zeichen eines gedichtes nach äx^ sowie das anfangszeichen eines sol-
chen Tor KTipOccu) durch rasur getilgt, aber dazu kommt noch ein
JahrbOcher fUr class. philol. 1888 hft. 5 a. 6.
854 HStadtmüller: zur Anthologia Palaiiina.
2. In dem ^TTiTU^ßiov auf Euripides sagt Addaios, dasz nicht
der grabstein, sondern die bühne das wahre denkmal des dichters
sei, AP. Vn 51, 5 f.
cöv b* ou TOÖTOV tfOj T(9€|Liai T(i90v , dXXd td BdKXOu
ßri^ara xal ciaivdc d^ßdbi TreiOoji^vac.
Jacobs hat ßi^|LiaTa hergestellt ans ttberliefertem fifiara nach Pollax
rV 123. auch Hermanns £^ßdbi hat anklang gefunden; aber was
soll CKrivf) £^ßdbt 7i€t6o|Li^VTi 'scaena cothumo obsequens'? man
wollte darum das verbum ändern; so schreibt FWSchmidt ^jißdbi
CT€tßO)i^vac: aber dasz Addaios die buchstaben er ohne positions-
kraft gebraucht habe, scheint mir eine durchaus verwerfliche an-
nähme, will man an Hermanns conjectur festhalten, so könnte man
vielleicht £|Lißdbt Tr€ipo|Li^vac 'die btthne, welche der kothum
durchmiszt' schreiben; ich erinnere an KUjüiaTa und k^XcvOov 7T€ip€iv,
£v VT)! iT€ip€iv (Apoll. Argon. II 399) und ähnliches, allein ^jißdbi
nBgt mir, so scharfsinnig die Vermutung sein mag, in diesem zu-
sammenhange nicht zu: es musz hier, meine ich, im gegensatz zq
dem vergänglichen grabmal das unvergängliche des andern denk-
mals , dh. der sichere bestand einer (durch Euripides kunst) fest be-
gründeten bühne bezeichnet sein, und wie steht es mit der Über-
lieferung? als solche wird ciaivdc ^^ßaXe iT€iOo)i^vac ange-
geben; man hat aber bis jetzt nicht bemerkt, dasz 0 in 7r€i9o)i^vac
correctur ist, dasz zuerst b geschrieben war; zum zweiten steht n
in rasur; von dem ausradierten buchstaben, an dessen stelle TT kam,
läszt sich mit Sicherheit ein unter die linie gehender , schiefer strich
erkennen , wie bei einem v (p T ^ ^^ kann aber ebenso gut ein p ge-
wesen sein, dann ergibt sich als ursprüngliche Überlieferung ^iußoXe
peiboji^vac. nach dem oben gesagten zweifle ich nicht, daaz
Addaios geschrieben hat:
ßilfiara xal CKTivdc €u )idX' ^peiboji^vac.
die 'trefiflich gestützte' bühne bezeichnet einmal die dauer des denk-
mals , das sich der dichter erworben , dann aber auch das verdienst
des dichters : denn dasz die bühne so sich stützt , diese stütze hat,
ist wesentlich das werk des dichters. wegen ^peibetv verweise ich
zb. auf Aisch. Prom. 350 k(ov* oupavoG t€ koi x^ovöc uj|lioiv ^pei-
bujv, Cho. 646 Aixac b' dpeiberai Tru9|Liif)V. bei der in der
minuskel so häufigen Verwechslung von ji und ß konnte eS jidX*
weiteres, das schluszwort des gedichtes bucfi^vuiv stammt nicht von A«
sondern von G. der erste sohreiber hatte bucfiev^uiv geschrieben;
der corrector änderte c in o and tilgte mit änderung des acoentes das
e nach V. die lesart bucfxev^ujv ist nun allerdings unrichtig; allein sie
weist darauf hin, dasz nicht bucfi^vuiv, sondern 6ucoM^vuiv su lesen
ist. Kallimachos schrieb: qpcOre OoXdcci] | cufAfilcTCtv ^p(<pu)v, vouriXc,
buco^^vwv: ^wage dich nicht auf die see, wenn der Untergang der haedi
zu erwarten ist, bevorsteht.' wegen des futurums vgl. zb. Hesiodos
€Ki\, 883 TTXT)id&ujv 'ATXaT€v^uJV iniTeXXofACvduiv dpxccO' d^f)Tou, dpöToto
hi buco|üi€vduiv.
HSiadtmüUer: snr Anthologia PaLatma. 365
sehr leicht zu IjiißaX" werden; ganz fthnliob wie hier findet eich eö
jiäXa bei Homer b 95 oIkov eO jiidXa vaiCTdovrcu
3. Auf die giftigen iamben des Archiloehos besieht eiöh das
epigramm des louXiavöc Aituimoc (AP. YII 69). an den Kerben»
richtet der dichter folgende worte, v. 3 f.
(puXdcceo 0 u ^ ö V id^ßunf
bpijiUV niKpOXÖXoU TIKTÖJ16V0V CTÖ^aTOC.
mit der ttnderong von 9u)i6v in jyiCOov ist sioher das richtige nioht
getroffen; richtig aber ist, dasz 9ujiöc nioht das erzeugnis des
mundes (TUCTÖjiievov CTÖjiiaTOc) genannt werden kann; vielmehr er-
zeugt der 9ujiöc die dem munde entströmenden worte. mich wan-
dert, dasz man auf eine sehr nahe liegende emendation noch nicht
gekommen ist. der mund heiszt hier mKpöxoXoc, und bpt^O wird
genannt was er hervorbringt; nun liest man bei Theophrastos iT€pl
(puTüüv alTiüüV VI 4, 1: (A bk ibiai tuiv x^^^J^v im& boKoOav
elvm . . T^uKuc Totp Kai Xiirapöc Kai irixpöc xai aöcnipöc kqI
b p i ji u c Kai öivc Kai crpucpvöc dpi9)ioGvTai. man hat nach meiner
meinung x v)iö v idMßuiV für 9ujiöv idjißujv zu schreiben, dann wird
auch der aasdruck TiKTÖ)i€VOv CTÖjicrroc einleuchtend : ^einen dem
munde voll bitterer gallo entquellenden geifer' nennt lulianos die
iamben des Archiloehos, fthnlich wie Erykios die verse des Par-
thenios, des Homeromastiz , als eine dirXuciilV iX^Tunr bezeichnet
(AP. VII 377, 4). und dasz lulianos unzweifelhaft x^M^V Idfißuiv
bpijiöv schrieb , ergibt sich aus der von demselben didliter stammen«»
den Variation des themas ; es heiszt nemlich in demselben zusammen«
hang Vn 70, 3: 9^TT0C ^Xemov dXucKdZoucai idfAßujv fixP^ov
'ApxiXöxou 9X^TM0i AuKaiißidbec. dasz aber idjLißuJV (pX^TM^X
und id^ßu)V X\)\x6c identisch sind, lehrt uns ua. Oalenos de diffl febr.
n 232 öcTic dv ^v Tip cidpaTt X^l^^c utpöc f\ Kai qiuxpöc, f|peic
p^v toGto övopd2Iop€v (pX^TI^^x* zur ursprünglichen und echten
Überlieferung des Palatinus (pX^YMOi verhält sich die lesart des cor-
rectors und des Planudes qid4r()xa genau so wie die verfehlte conjectur
pCOov zu dem was lulianos anstatt 9upöv geschrieben hatte : x^j^dv.
obige verse lauten also:
(puXdcceo x^MÖv idpßujv
bpipuv TTiKpoxöXou TiKTÖpevov CTÖpaTOC.
4. In dem epigramm auf Aelius, der lieber durch sein seh wert
als durch krankheit umkommen will, sagt ApoUonides VII 233, 3 ff.
voöcov öt' elc uTidTTiv d)Xic9av€ T^ppa t* dqpuKTOV
elbev dpiCTeiTiv dpcpav^c eic ibiiiv,
Tif{le V U7TÖ CTiXdTXVOiciv ^öv Eicpoc.
Hecker verwandelt uirdniv in irupdiiiv, und Dübner hat letzteres auf-
genommen ; jedenfalls würde es den vorzag verdienen vor FWScbmidts
CTUT^prjv. aber UTidniv ist unzweifelhaft richtig, wie sich aus der
vergleichang mit Soph. Ant. 1330 ergibt. Sophokles verbindet hier
ÖTTaTOC (pöpujv) mit Tcppiav äfijjv dp^pav, und ähnlich läszt
ApoUonides auf voCcov undniv den ausdruck T^ppa t' dfUKTOV
23*
864 HStadtmüller: zur Anihologia Palatina.
2. In dem dTTiTU^ßiov auf Enripides sagt Addaios, dasz nicht
der grabstein, sondern die btthne das wahre denkmal des dichten
sei, AP. Vn 51, 5 f.
cöv b' oö toOtov tfijj T(9€|Liai Tdcpov, dXXdt rd BdKXOu
ßt^juara xai cktiv&c t\x^&bi TreiGoji^vac.
Jacobs hat ßi^^ora hergestellt ans Überliefertem fijiiaTa nach Pollox
rV 123. auch Hermanns ipßdbl hat anklang gefunden; aber was
soll CKiivf) ^jißdbi 7i€i9o|Li^vil 'scaeua cothumo obsequens'? man
wollte darum das verbum Sndem; so schreibt FWSchmidt i}xßab\
CT€ißO)i^vac: aber dasz Addaios die buchstaben er ohne positions-
kraft gebraucht habe, scheint mir eine durchaus verwerfliche an-
nähme, will man an Hermanns conjectur festhalten, so kannte man
vielleicht £^ßdbi 7r€ipO)i^vac 'die bühne, welche der bothnrn
durchmiszt' schreiben; ich erinnere an KäfiaTa und k^XcuOov 7r€ip€iVi
£v vni nefpeiv (Apoll. Argon. II 399) und Ähnliches, allein djLißdbi
sagt mir, so scharfsinnig die Vermutung sein mag, in diesem zu-
sammenhange nicht zu: es musz hier, meine ich, im gegensatz zu
dem vergänglichen grabmal das unvergängliche des andern denk-
mals , dh. der sichere bestand einer (durch Euripides kunst) fest be-
gründeten bühne bezeichnet sein, und wie steht es mit der Ober-
lieferung? als solche wird CKnvdc ^^ßaXe iT€i9ofi^vac ange-
geben; man hat aber bis jetzt nicht bemerkt, dasz 9 in ireiOo^^vac
correctur ist, dasz zuerst b geschrieben war; zum zweiten steht n
in rasur; von dem ausradierten buchstaben, an dessen stelle ir kam,
läszt sich mit Sicherheit ein unter die linie gehender , schiefer strich
erkennen, wie bei einem v 9 T'* es kann aber ebenso gut ein p ge-
wesen sein, dann ergibt sich als ursprüngliche Überlieferung fjLißotXc
petboji^vac. nach dem oben gesagten zweifle ich nicht, dasz
Addaios geschrieben hat:
ßrjjiaTa xal CKiivdc cd fidX' ^peiboji^vac.
die 'trefflich gestützte' bühne bezeichnet einmal die dauer des denk-
mals, das sich der dichter erworben, dann aber auch das verdienst
des dichters: denn dasz die bühne so sich stützt, diese stütze hat,
ist wesentlich das werk des dichters. wegen ipeibetv verweise ich
zb. auf Aisch. Prom. 350 k(ov* oöpavoO T6 kqi x^ovöc äjiotv £p€i-
bu)V, Cho. 646 Aixac b* ipelbejai iTu9jifjv. bei der in der
minuskel so hftufigen Verwechslung von ji und ß konnte eO pLO^*
weiteres, das schluszwort des gedicktes öuofilvuiv stammt nicht von A»
sondern von G. der erste sobreiber hatte öucficv^uiv geschrieben;
der corrector änderte c in o and tilgte mit ftndemng des accentes das
e nach v. die lesart öucficv^uiv ist nun allerdings unriobtig; allein sie
weist darauf bin, dasz nicht öuofi^vuiv, sondern 6uco^^vuiv zu lesen
ist. Kallimacbos schrieb: q>€OT€ 6aXdcc^ | cu^^Ccyetv ^p(<pu)v, vouriXe,
öuco^lvuiv: 'wage dich nicht anf die see, wenn der Untergang der baedl
zu erwarten ist, bevorsteht.' wegen des futurums vgl. sb. Hesiodos
CkVi. S83 TTXT)td5uiv 'ATXaTcv^uiv iiciTeXXo|üi€vdu>v dpxccO' dfifiTou, ^toio
bi 6ucofA€vduiv.
HStodtmüller: lur Anthologia Palatina. 3Ö7
zwar ist der acut zanHchst von Ä gesetzt und dann noch deutlicher
von C ausgeprägt; oi wird, wie an zahlreichen stellen, einfach Ter-
nichtfl zn eorrigieren, und ao bszeichnet Diibner (S(Juivu|JOV all leaiirt
der hB., Huhreibt über dviJjvu|JOV aad beruft sich auf aein apogcapbon
Parismum. ea musz ohne zwetfel dvi(lvu|iOV beisien, aber dies uud
niclit öpdivunov stellt in der denkbar deutlichsten weise im Palatinas
geachriebeii. einige Zeilen weitEf nnlen {VI! 2B1, 3) «oll es in. Pal.
heiazen: ainit K^KXauTm ßOXoc, £k KEKAauc^^vac. nur eine kleinig-
keit bat msD hier übersehen, nemlich einen punkt, nelchen (nie eich
Bits der tinte ergibt) C über das erste C nt K€KXauc^£voc geaetat hat. dies
beiieutet nber, dasz A allerdings HCKXdiKtt^vac sehrieb, daaz diea jedocb
von C in kekXuu^^voc geändert iat, und dasz also der oürrecCor und
Planncles {s. Jacobs zu VII 281, 3) übereinstimmen; du gemeinsame
eeugaia dieser ab^r wird hier gegen A maazgebend sein dürfen, ich
ernälme diesen fall bier darum, weil man den pnnkt ab lilgiiiigazeichen
öfter nii:bt beachtet bat, ganz überaehen Bcheiat bia jetzt ein
anilerea, im PalatinuB üfter Torkommendea tilguugsx eichen, dessen ba-
achtung mitunter zu nicfat unwichtigen TesnltHten fübren kann, ich
"beapreche hier äinan fall, um xugleicb das zougnis der Pfälaer ha. über
die Terfasser von VII 336 nnd 337 sicher ea stellaa. denn auch Pinelers
angaben (ao. e. 135) hierüber sind nicht zutreffend, znnliohst ist zn
sagen, dasz der erste aehreiber A sowie der lemmatLst L die beiden
epigramme 236 und 237 uls ^inea betrachtet haben, darum sind sie
Ton L nur mit ijinem lemma versehen (zu VII 236), und das anfanga-
zeichen eines epigramma ist vor oCp«a (S3T, 1) nicht von A gesetzt, Bän-
dern von 0, (dem entspricht, dasz das schlus 2 zeichen zn 236 gleicb-
falla von C stammt; nur dürfte man daraus allein noch keinen achlnsz
ziehen, da das letzte wort ton 236 KaKOKptc(i)c an stelle des ausradierten
KCKpOTtlr|C von C eingaaetzt ist; letzteres batta nemlich A irrtümlich
gescbrieben, indem er auf daa acblu»zwart von VII 235.4 ^ciZova
KEKpoirir]C zurückkam.) der correutor bat also die beiden gcdichte
VII 236 und 237 richtig geschieden, er hat aber keineswegs das erste
disticbon von VII 237, wie man annimt, für ein besondereB gedieht ge-
Lalten und diea dem Philippoa von Tbessalonike zugeschrieben, in
Wahrheit verhalt sich die Sache folgend ermaazen. der lemmatiat hatte
mit seinem lemma ZQ Vit 236 den ünszern rand zu dem zweizeiligen
gedieht in anspruch genommon; der eorrecter konnte den autoroamea
zu vn 236 nur unter dem lemma anbringen und muate mit dieser an-
gäbe bertiita auf dia zu VII 237 gehörige randstelle geraten, er ver-
band darum die eutornamcn der beiden gediohte mit Kai und schrieb:
dvTiitdTpou I ÜcccaXoviK^uJC I KOl qiiXiTinou 6ec|coXoviK£u)c, nnd zwar
steht dvTiitdTpou noch etwas oberhalb der ersten verszeile von VIl 237;
das öbrige nimt drei randzeilen ein und steht nebfn den drei ersten
Verszeilen des gedichtes, die rnndzeile itnnier etwas unterhalb der vers-
zeilB, bülte der corrector weiter nichts hinEUgefügt, so wäre von ihm
einfach Antipatros als rerfasaer von VII 236 und Philippos ala der von
vn 237 bezeichnet, es bilden aber die drei ersten verae von VII S37
den sthlusz einer seile (2^23 de» PaUlimis, nnd C bat nun auf dem obern
rande von s. 243, also zn 237, i noch einen dritten
tiet'ert: dXqjtoü )iiTuXt|va(ou, nnd eben diesen Älpbei
ala Verfasser des gadichtea. weil also der oorrector drei s
in den zwei epigrammen (236 und 237] gibt, so nahm man an, er naoe
das eine gedieht 237 in zwei getrennt, zu dieser irrigen auffasBung
wäre man sicher nicht gekommen, wenn man nicht jenes tilgungaz eichen
übersehen hätte, das an dieser stelle zweimal und jedesmal sehr deut-
lich geschrieben stellt, will der corrector andeuten, dasz eine reihe
oder eine zeile ilberfiüasig, verkehrt iat, so setzt er zn anfang der be-
358 HStadtmüUer : zur Anthologia Palatina.
schrieben sein für u. danach ist zu lesen: dvri bk XujiiTic capKÖC
Touc capKüuv jevca^ii^ovc inixexc ^ftlr die schnöde verstfimmelung,
mishandlung des fleisches hast du die das fleisch gekostet haben',
der dichter aber sagt nicht einfach mit adjectivischem oder partici-
pialem attribut 'anstatt des abgefressenen fleisches': denn er will
nicht einfach deu von der erde empfangenen ersatz bezeichnen, son-
dern auf die schuld der gefräszigen fische und die sühne der schuld
hinweisen: dvri Xüjiiic capxöc 'für die Verletzung des fleisches'. so
erklärt sich auch der Wechsel des numerus in capKÖc und capKÜüv,
der bei Xoimic, die zulftssigkeit der vorausgesetzten bedeutung zu-
gegeben, etwas störendes hat. auch ^tt^x^^^ glaubte man ttndem zu
müssen in änixexc. auf den ersten blick kOnnte es befremden, dasz
nach ^X^ic dasselbe verbum als compositum folgt, darum dachte ich
eine zeit lang an touc capKÜuv Teuca^^vouc ^KtX€C. aber dn^x^ic
ist sicher richtig, nur nicht, wie Jacobs meint, gleichbedeutend mit
KQT^X^tc. die prftp. bewahrt ihre volle bedeutung: 'du hast den
schiffbrüchigen' meint Hegesippos 'und hast auf demselben (^irf),
mit demselben zugleich die fische.'
6. Der unbekannte Verfasser von VII 339 verweist in nach-
ahmung von X 118 auf den Auaioc als den tröster im schweren
erdeudasein. das epigramm schlieszt mit dem pentameter
Kttl XUTTllC ÖÖUVriV TÖV BpÖ^lOV TTdp€X€.
von den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen können wohl nur die-
jenigen in betracht kommen , welche entweder aus Xumic oder aus
öi)üvr)v ein persönliches objectsprädicativum zu TÖv Bpöjiiov irdpcxc
herstellen, so liest Jacobs k&\X}i\ Xirrfip' 6büvT]C, FWSchmidt ent-
weder Ktti Xurnic dXdTTiv (öX^iriv Lud wich) oder, was er vorzieht,
Kai TraucTf]p* öbuviic. letzteres verdient auch den vorzug vor den
andern Vermutungen , liegt aber der Überlieferung etwas fem ; nach
meiner ansieht ist in Kai Xuttiic nichts anderes enthalten als kujXu-
T rj c , und danach wird zu schreiben sein :
KlwXUTflVÖ' ÖbÜVTlC TÖV Bpö^iov 7rdp€X€
'dem schmerz einhält zu gebieten schaffe den Bromios zur stelle', so
findet sich KUiXurrjc mit dem gen. zb. Thuk. III 23 KuiXuTf|C Tf)c
btaßdceuuc. der änderung KiiXiiTf)v b' öbuvaiv ('den besänftiger
der schmerzen') , auf welche ich ebenfalls kam , möchte ich wenig-
treffenden stelle ein bäkchen ähnlich demjenigen, welches die erste
hand in dem cod. 2 des Demosthenes zu (gleichem sweck verwendet hat
(vgl. Gardthansen griecb. paläogr. s. 278 f.); nnd zwar hielt es C so,
dasz er manchmal neben dem häkchen noch tilgong^punkte über die
einzelnen bnchstaben setzte, manchmal mit jenem zeichen sich begnügte,
beispiele dieses doppelten verfahrene werde ich bei anderer gelegenheit
anzuführen haben, an unserer stelle aber steht das tilguogshäkchen
vor der dritten und vor der vierten randzeile: C will demnach kqI
<ptX(iriTOU OcccaXovtK^uic gestrichen sehen; er hat anfänglich aus ver-
sehen den Philippos als Verfasser von VlI 287 genannt, dann aber den
irrtum erkannt und in Übereinstimmung mit Planades den Alpheios
gesetzt.
HStadtmüller: zur Anthologia Palfttiiia. 869
stens den yorzug vor K(jjXuTf|V V 6buvi&v nicht geben, weil noh
KriXiiTT)C nur an einer nicht ganz sichem stelle de^La* Diog. (YIH 67)
zu finden scheint.
7. Das von ThMommsen auf die Yarussohlacht bezogene epi-
gramm des Krinagoras* AP. VII 741 fordert im ersten distichon den
leser auf sich die ruhmreichsten beiden der Tergangenheit zu ter*
gegenwärtigen, um diese mit dem jeden vergleich aushaltenden retter
des römischen adlers zusammenzustellen, die beiden yerse lauten:
*09pudbriv Cirdp-nic t6 ixifa xkioc ii Kuv^t^ipov
vaujLidxov i^ Trdvruiv Ipfa xdXet iroX^fiuiv.
an KdXet wird man künftig keinen anstosz nehmen; dagegen ist ipfX
verdächtig, nach dem Zusammenhang der stelle musz nicbt bloss
angedeutet, sondern deutlich gesagt und hervorgehoben sein, dasz
man das allerhervorragendste zum vergleich beiziehen solldb
dafür aber ist fpTOt, namentlich in der Verbindung mit Trdvtuiv
TToX^liuiv , ein zu allgemeiner ausdruck. auch erwa^ctot man naoh
'OOpudbiTV f| Kuv^T^ipov ein wort, das persönlich aufge&szt werden
kann, wie denn auf ein derartiges auch die wähl des verbums KaX€W
schlieszen läszt, da man im andern fall £WiT€tv oder etwas Shnliches
erwartete, tadellos, meine ich, wird die stelle durch Sndemng von
£pta in dxpa. denn erstlich bezeichnet dxpa dasjenige was ia seiniel^
art hervorragt; Erinagoras wird äxpa noX^M^V geschrieben haben,
wie bei dem Tarentiner Leonidas (AP. VII 448, 2) zn lesen ist
dxpa ii&xr\Cj dKpa XivocTaci^c * und Erinagoras selbst sagt (vgL
MBubensobn Crinagorae Mjt. epigr. s. 27 ; 66 1 4 -» AP. Y 108, 4)
Kai ic cTbeoc &pr\y dKpa kqI ic i|iuxf]c TjGoc dveiKaji^vT]. zweitens
aber findet sieb nicht blcsz äxpoi sondern auch dKpa persönlich , in
dem sinne von 'die ersten, die hervorragendsten', dies beweist unter
anderm Theokr. 15, 142 oö TTeXoiniiabäv (wofür nach meiner mei-
nung QU TTepciiiabäv zu schreiben ist) t€ Kai "'ApTCOC dKpa TT€-
XacToi mit der erkl&rung des scholiasten: ot ToG ''ApTOUC dKpoi,
TOtJT^CTlV 0\ ÖOXWTaTOl.
8. Das loos der menschen beklagt Palladas Z 84
boKpux^ujv T€VÖ|LiTiv Kai baKpucac dnoGvi^CKU) ,
bdKpuci b' ^v noXXoTc töv ßiov e^pov 6Xov.
(b T^voc dvOpüüTTUJV TroXubdKpurov dcOevic oiKTpöv,
(pepöjLievov Kard tt)c koI bioXuöjievov.
an stelle des unmöglichen q)€pöji€VOV hat Planudes cupö^evov, eine
verunglückte conjectur gleich dem von Salmasius vorgeschlagenen
* [ad vocem Krinag^oras kann ich nicht umhin anf eine so eben
(zum 28 april 1888) ausgegebene Leipziger habilitationsschrift von
Conrad Cichorias aufmerksam zu machen: 'Rom und MytUene*
(drack von BGTeubner. 67 s. lex. 8), in der 8. 47—61 auf gread neaer
inschriftlicher fände und genauer exegese seiner epigramme über her-
kunft, stand und Stellung des Erinagoras in Myülene und in Rom, int-
besondere über sein frenndschaftsverhältnis zu mehreren gliedern der
familie des Augustus höchst wertvolle aufschlüsse gegeben werden.
A. F.]
360 HStadhnüUor: zur Anthologia Palatina.
q)upö)i€VOV. die jüngste vermutang zu dieser stelle ist FWSchmidts
olxö^evov. aber auch diese genügt keineswegs : denn ein gegensats
zu biaXuö|Li€VOV ist erforderlich , nicht ein ausdruck der das gleiche
besagt wie bioXuecOai. annehmbarer ist so immerhin Boissonades
qpaivö^evov , das Dübner in den text gesetzt hat. es läszt sich aber
ein ausdruck finden, der die antithetische beziehung zu biaXu€c6cu
schärfer bezeichnet als (paivecGai, sich enger an eOpov ßiov an-
schlieszt und auch der Überlieferung sehr nahe kommt, zu verglei-
chen mit Palladas epigramm ist die Homerische betrachtung von der
hinfälligkeit des menschengeschlechtes o 130 oub^v dxibvÖTepov
TOticx Tp^9€i dvBpuüTroio: ein ausdruck in dem sinne von rpe-
qpö^evov würde den passendsten gegensatz zu biaXuöpevov bilden,
zugleich auch die Wendung ßiov €up€iv, an der man anstosz genom-
men; in ein richtiges licht stellen. Palladas schrieb wohl (pcp-
ßö^evov (eine änderung von Kard ff\c in xaTd tt)v oder von
iToXubdKpuToy in TroXubdKpuov ist bei diesem dichter nicht ge-
boten): vgl. Hom. hy. 30, 1 TCiTav . . f^ cpepßei ivX xOovl ndvO*
ÖTTÖc* dcTiv. Apoll. Arg. 11 394 vricou bk npoT^puice xal ^ireipoio
irepaiiic (p^pßovrai OiXupec und namentlich IV lOlS, woMedeia
den schütz der Arete anfleht : ^iib^ ixe KöXxoic ^Kb^iric . . el vu xal
auif| dvGpidTTUJV T^vefic jLiia (p^pßcai. das letzte distichon
lautet also, indem man mit Dilthey interpungiert:
üb Y^voc dv9p(I)7TUJv, iioXubdKpuTOv dcdev^c oiicrpöv
9€pßö|Li€vov Kard tt)c koI btaXuö|Li€VOV.
9. Nicht sehr verschiedenen inhalts ist das epigramm des Aisopos
X 123. das erste distichon lautet:
1TUJC TIC dv€u GavdTOu c€ cpuTOi; ßle ; inupia tdp C€u
XuTpd, Kai oöre cpirfeTv eäjLiapic oöt€ (p^petv.
die conjecturen zum hezameter sind ziemlich zahlreich. FWSchmidt
hält zur herstellung eines ertrSglichen gedankens folgende Umgestal-
tung für nötig: ituüc Tic fiv ^k Oviitüuv ce (piXoi, ßie; der sinn des
distichons ist offenbar der, dasz der tod wünschenswert sei, da man
die leiden des lebens nicht leicht tragen, ihnen auch nicht leicht ent-
gehen könne, aber nicht jeder tod ist gemeint, sondern nur ein
guter, dh. leichter, schmerzloser. Aisopos schrieb wohl : itüüc Tic &v
cuOdvaTÖc (oder euOavdTUJc) c€ cpuTOi, ßie; in ttüjc fiv haben
wir hier die namentlich den tragikem geläufige form des Wunsch-
satzes 'wie könnte man entrinnen' in dem sinne von 'liesze sich
doch eine möglichkeit finden, das beste wäre zu entrinnen.' ich
brauche nicht auf stellen zu verweisen wie Eur. Med. 97. Alk. 864.
Hik. 796 : ituüc fiv ÖXcijüiav, das sich hier findet, kommt obigem ttüjc
TIC dv C€ (puTOi, ßie; vollkommen gleich, auch ist der grund der cor-
ruptel leicht einzusehen : hat man einmal mit falscher wortabteilung
äv€u 0. gelesen statt fiv €u6., so muste notwendigerweise die genitiv-
endung eintreten für -oc oder -ujc. ob aber 9UY01 seine entstehung
dem im zweiten verse vorkommenden 9irf€iv zu verdanken hat und
HStadtmüUer: zur Antholi^^ Palatma. 361
etwa iTi&c TIC &v eöOdvoröc C6 Xiiroi, ß(e; sn lesen bt, käse ich
hier unentschieden.
10. Das Spottgedicht auf Eastor (XI 20B) beseichnet dessen
nase als ein äp^evov irdciic dpTOiciiic: sie sei, heisst es t. 8,
£v irXoioic fitKupa^ KaTacireipovn b' fiporpov,
dTKiCTpov vauTttic , öqiocpäTOic Kpedrpcu
neben fiTKtCTpov ist vaüraic, wie allgemein angegeben wird, nioht
bezeichnend genug; man hat einen andern persönlichen begriff ein-
setzen wollen: fitKiCTpov V äXieOc\ so könnte man auch diTKicrpov
YpiiT€uc' vermuten, einen andern weg schlug Schmidt ein : wenn er
äTKiCTpov b' ^v äTPOiic schreibt, so ist der sinn der stelle getroffen,
der vom dichter gesetzte ausdruck sicherlich nicht« was hier zu sagen
war, hat meiner meinung nach der Verfasserin einer dem vorhergehen-
den tv iiXoioic fiTKupa und dem folgenden Toic tk iruXiSia KÖpo£
(v. 6) entsprechenden weise ausgedrückt, es ist neben firKtcrpov der
dativ eines sachlichen nomens erforderlich zur bezeiohnnng des gegen-
ständes, an welchem sich der angelhaken befindet, nun bezeichnet
aber KauXöc nicht blosz das obere schafliende derlanze, auf welchem
die lanzenspitze sitzt: man nannte so auch das röhrdien von hom
(Hom. ji 253. Q 81) oder von metall, welches am ende der angel*
schnür angebracht war, damit diese von den fischen nicht zerbissen
würde: vgl. Oppian hal. III 145 ff. alqia bk ^^coiv öp^ifjV M*
öboCct bi^TjLiaTOV i{k Kai äxpac xctirac* Toövcica t^civ £x<^kc^*
cav9' dXtfiec KauXövdn'dtKfcTpui boXix^ItTepov , fipxac öböv-
Twv. entsprechend diesem xauXöv tu dincicTpip lautete es demnach
in obigem epigramm nicht dTKiCTpov vauTaic, sondern dTKiCTpov
KauXoic.
Heidblberg. Hugo Stadtmölleb.
48.
ZU KALLIMACHOS.
Im Etym. M. , wo fr. 172 des Kallimachos überliefert ist, lesen
wir folgende, so wie sie dastehen, unverstSndliche worte : K^KpfUirrai
Yuvf) 2;dTKXov UTTOxOovii;). das wort T^^vf) passt hier absolut nicht:
denn nehmen wir an, 2:dTKXov sei nominativ, so hätten wir zwei
nominative, die unverträglich mit aller grammatik wären ; fiassen wir
Z&fKKov als aecusativ , so ist der satz ebenso unübersetzbar, lassen
wir aber £dYKXov als subject, so gibt der satz, wenn wir das unüber-
setzbare fv\i\ bei Seite lassen, folgenden guten sinn : *eine sichel ist
verborgen in einer unterirdischen . . .' es fehlt zu dem dativ des
adjectivs uiroxOovii] das notwendige Substantiv in demselben casus,
und dieses subst. ist in der corruptel fvvi] verborgen, diese Wahr-
nehmung haben schon frühere gelehrte gemacht und durch cosjectur
zu helfen gesucht, recht ansprechend wäre die conjectur Bentleys,
362 JBDitfcrich: zu Eallimacbos [fr. 178 OS.].
der ßuvij vorgeschlagen hat, wenn sie nur nicht auf einer fehler
haften, jetzt y erbesserten stelle des Hesychios basierte, so sehr leid
es thut von dieser conjectur absehen zu müssen, nm so weniger bei
der höchst leichtfertigen und sinnlosen von Toup (emend. in Said«
II s. 461), die seltsamerweise von Yalckenaer gebilligt worden ist*
Toup will nemlich Y cuvQ. aber wenn man in adlen corrupten fiag-
menten ein unmotiviertes T€ zur heilung einschieben dürfte, so würde
das emendieren von Fragmenten eine ziemlich leichte sache sein, die
vorhin erwähnte Bentleysche coi^'ectnr scheint auch auf OSchneider
eindruck gemacht zu haben: er schlägt Buvq vor. aber auch diese
conjectur ist nicht haltbar: die besprechung einer stelle in den
Ljkophronscholien des cod. Marc. n. 476 wird dies lehren, dort
heiszt es zu v. 869 : &pnri bp€TrdvTi * ö fop Zeuc Tf)v bp€irdviiv, dv
i^ T& aiboia £t€|üi€ tou Kpövou, dv CuceXicji Kpü\|Kii X^T^iai. ZdTKXov
hk irapä CiKeXufV t& bp^irava* fi^^virrai hk xaX KoXXijyiaxoc dv ß^
AIt{u)V. eine andere Version verlegt das vergraben jener sichel nach
Eerkjra. auch dies berichtet der scholiast zu v. 761 f. Tf)V Kdp-
Kupdv (pr)civ j^Toi Tf)V Oaiaxiav ix^xv k€Xujc|üi^vov tö öp^irovov Iv
(|) ö Zeuc TÖv Kpövov dE^rejüic. es fragt sich nun, ob beide Versionen
aus Eallimachos stammen, und wenn dies der fall sein sollte, aaf
welche version sich dann unser fragment bezieht, oder ob die zweite
Version einer andern quelle als Eallimachos angehört und hier ist
zu beachten, dasz in der zweiten version Eallimachos nicht citiert
wird, hätte aber die quelle des scholiasten bei ihm auch diese ver*
sion gefunden, so würde sie dieselbe ihm ebenso entlehnt haben wie
die erste, die zweite version stammt also nicht aus Eallimachos.
vielmehr ist sie dem werke des Timaios entnommen, wie wir ans
den schol. Apoll. Arg. IV 983 ersehen, wo dieselbe geschichte er^
zählt und Timaios citiert wird, unser fragment bezieht sich also auf
die sikelische version. dort heiszt es, dasz die sichel iv CiK€X(()i, also
im lande vergraben worden ist, nicht im meere. damit fällt die con-
jectur Schneiders.
Die scharfsinnigste Vermutung ist die von Ruhnken , der inJTn]
vorschlägt, dies sehr seltene wort erklärt Hesychios T^m) * KoiXw^a
Tfjc. OaXäfiTi. TUJVia, und wiederum: pjirac* KoXußac, Kal6aXd^ac.
ol bk 'Cirf^Xeia. unter den Schriftstellern finden wir nur das deminn*
tivum TVTrdpiov bei Aristophanes Ri. 793. die zu diesem verse er-
haltenen scholien sind für die lehre von den bedeutungen diesee
Wortes so sehr wichtig, dasz ich sie ganz hersetze : T^nrapioic * elboc
öpv^ou T^TT€c. inavEe bk tö ^vo^a öiä tö dTnq)€p6^evov. boxet
Tdp TTUJC TTap6^0la Td öv6^aTa* rauTa elvai, xv^^opioic xal Trup-
Tibioic. fj bid TÖ Toüc öpvic toütouc ^dXlCTa Toic inipTOic im-
Ka6f)c6ai xal toic Teixcciv, de oOc o\ 'AOrivaToi dKdOeuöov bid töv
TT6X€^ov q>poupouvT€C Tf)v ttöXiv. dXXuic dvrlTOÖ, £v qHuXcoic
Kai KoXiaTc kqI ctcvoic x^ipioic KpdTTic* bi qnfcxy öti nficov
* 80 liest Snidas u. T^irapfotc; die scholien haben Kporlvoc,
verbeuert int. vgl. CWachamath de Gratete Maliota •. 61.
EDittrich: zu Kallimachos [fr. 172 OS.]. 363
CT€vf|V Kaidbuciv oÖTUJC djvöjLiaJov. so viel ist auf den ersten blick
klar, dasz die scholiasten selbst nicht im klaren gewesen sind, was
das wort f ^ttt] bedeutet; das sieht man deutlich aus der interpreta-
tion des ersten: boKei ttujc . . f\, vertrauenerweckender erscheint
fOr den augenblick die erläuterung des zweiten, der mit klaren
Worten erklärt : iv qpujXeoTc kqI KaXtaic Ka\ ct€V01c xuipioic. quelle
dieser interpretation ist der citierte grammatiker. bei näherer prtt-
f ung ergibt sich , dasz dieser nur den Inhalt der Aristophanesstelle
wiedergegeben hat, aber die bedeutung des wertes T^Trdpiov bzw.
fvnr] gar nicht entwickelt, so bringt die grammatikererklärung uns
nicht weiter vorwärts, und wir wenden uns direct zu der stelle des
Aristophanes. aus v. 793, wo TUTidpia und TiupTiöia verbunden
stehen, ergibt sich klar, dasz dort TTupTibia Hürmchen' und T^^rdpia
'geiemestchen' in ihrer ursprünglichen bedeutung gebraucht sind,
diese beiden einzelbegriffe, von denen jeder etwas erbftrmliches be-
zeichnet, faszt der grammatiker in den allgemeinbegriff zusammen:
TTQCa CT€vri Kardbucic. ziehen wir aus dem gesagten den schlusz,
so wissen wir nur, dasz der grammatiker keine bedeutung des wertes
YUTn] angibt, dasz wir also nur 6ine und zwar die ursprüngliche be*
deutung (geiernestchen) kennen^ die wir bei Aristophanes finden.
Kehren wir wieder zu Hesychios zurück, in dessen erklänmg
ist KoiXujjia thc = OaXdjiiTi = KaXüßri = CTrriXeiov = (TUJvia?):
denn alle diese Wörter bedeuten ^höhlen', da nun auszer unserer
Aristophanesstelle das wort yvnt] nirgends vorkommt, so bezieht
sich die erklärung des Hesychios auf unsern komikervers. bei
Aristophanes aber, haben wir gesehen, hat das wort T^Tidpiov seine
ursprüngliche bedeutung. so ergibt sich , dasz Hesychios nicht die
wahre bedeutung des wortes angegeben hat , sondern jene wieder-
gäbe des inhalts der Aristophanischen textesworte, wie sie der gram-
matiker besorgt hatte, damit verliert die erklärung des Hesychios
ihre autoritöt für die lehre von den bedeutungen des wortes T^^n»
und damit ist auch die conjectur Buhnkens wertlos.
Der gedanke von Buhnken, dasz für das sinnlose fuvfi Ealli-
machos ein wort gebraucht habe, das 'höhle' bedeutete, ist ganz
richtig, und da bietet sich ein wort, das von den Alexandrinern
gern gebraucht wird, nemlich ifpiivr]. das adjectivum Ypwvoc, von
dem das subst. fpiby/r] sc. ir^ipa gebildet ist, wird so von Lykophron
V. 631 (YpÄVOV TT^bov) gebraucht, daher bedeutet fpibvx] 'der aus-
gehöhlte felsen'. auch Nikandros Ther. 794 wendet es an: aÖTixa
b' dTpeuG^VTec ivi TpiivT]Civ fbucav jLiuobÖKOic usw. an unserer
stelle ist natürlich nicht uttö X^ovir) getrennt zu schreiben, sondern
mit dem Etym. M. UTroxÖo vir) , und das gibt den sinn: 'verborgen
ist die hippe in einer unterirdischen felshöhlung.' so lese man denn:
K^KpuTTTtti Tpiwvrj ZdYKXov ÜTTOxOcvir).
Leipzig. Eugen Dittrich.
364 M Wellmann: Diphilos und Hikeüos.
49.
DIPHILOS UND HIKE8I08.
Zu den ärzten, die wir fast ausscblieszlicb aus Athenaios kennen,
gehört Diphilos der Siphnier. für die Zeitbestimmung desselben
ist eine stelle des Athenaios maszgebend: U 51^ Aiq)iXoc ö Ciqpvioc
T€Tovibc KttTd Aud^axov töv ßaciX^a — elc bk outoc tijüv 'AXc-
Sdvbpou btaböxujv — ^vr)|üiov€U€i tujv KCpaciujv usw. seine zeit
ist hier ziemlich genau angesetzt : er lebte zur zeit des Lysimachos,
nachdem dieser den königstitel angenommen hatte, dh. um 300
Tor Ch. den titel seiner hauptschrift Trepl Tuiv TrpoC(p€pOfi^vuJV
ToTc vocoCci kqI toTc i^mivouci kennen wir ebenfalls aus Ath. YIU
355^ uO. interessant wird dieser mann für uns dadurch, dasz er
eine nicht unwichtige quelle für einen spätem arzt gewesen zu sein
scheint; den wir freilich auch nur aus spärlichen, yomebmlich bei
Ath. erhaltenen fragmenten kennen, der aber seiner zeit eine nicht
unbedeutende rolle als arzt gespielt hat, ich meine den Erasistrateer ^
Hikesios'; der nach Strabons (XII 580) zeugnis ein menschenalter
Yor ihm, dh. um 50 vor Ch. eine schule der Erasistrateer in Smjma
begründete und eine reihe yon Schülern bildete, die sich nach ihrem
lelu*er; einem angesehenen arzte, o\ dnö *lK€ciou' nannten, der titel
< Strabon XII 680. Ath. III 87 b. * die von CSprengel gesefa.
der medicin im alt. 8. 563 g^eg^ebeoe zusammenstellnng seiner eitate ift
unvollständig; daher viird die meini^e neben der seinigen ihren plats
behaupten. Atb. U 68'. 69«. III 87»>-'. 116«. 118*. VII 278*. 282*. 288«.
294«. 298«. 804«. 806«»«. 808*. 309»>. 811 ^ 312«. 313«. 313*. 314 »>. 316*.
820«*. 321«. 323«. 327*. 328»»«. XV 681«. 689«. Plinius n. h, XIV 120.
XX 36. XXII 40. XXVII 31. La. Diog. V 64. Qal. XIII 780. 787. 809.
811. 814. Tertull. de anima 26, wo er zweimal genannt wird, für Pli-
nius er^bt sich aus der vergleicbung mit Dioskorides, dass er den Hike-
sios nioht selbst benutzt, sondern dasz er ihn in seiner quelle, wahr-
scheinlich Sextius Niger, verarbeitet vorgefunden hat. ich lasse die
beiden interessanten stellen folgen.
Plinius XXII § 40
leucacantham oHi phyllon^ alü
UcJdadaj alü polygonaton appellani^
radice cypiri^ quae eommanducaia
dentium dolore* $edat, Hern latervm
et lumborum, ui Hieesiug tradit^
semine poio drachmiä oeto out nteo.
eadem ruptUf convoUiM medetur.
Diosk. III 19
X€VKdKav6a (oi bi iroXt^'övaTOV,
ol bi (pOXXov, oi bi icxtdöa xa-
XoOci . .)• TauTTic 1^ ^fea ö^oia
icuir€(p4), iriKpd, icxupd' f^Ttc \iac'
cr)6c1ca öbovraXtiac irapaMuOctxat *
t6 bi dirö2l€^a aÜTf^c cOv olvip
KudOujv Tptuiv iroO^ ßoY^Ocl irXcu-
piTiKotc xpov(oic Kai IcxtabiKoU,
^i^T^act, ciru)^6^otc' xal tö x^Xitibec
bk Tflc piZr)c Td aörd noul mvö-
M€V0V.
für Athenaios, wenigstens für die eitate des 7n buches, lässt sieh das-
selbe höchst wahrscheinlich machen: dieselben stammen aus dem 6sch-
buch des Dorion, worüber ich im Hermes XXIII s. 192 anm. 2 gehandelt
habe. * La. Diog. V 64, wo ein achter Herakleides als larpdc TlS^v
Avö 'iKcdou bezeichnet wird.
MWellmann: Diphüos und Hiketioa.
S65
seiner schrift 7r€p\ SXr)C steht bei Ath. m 118^ Tu 278 S 282 <i.
294«. 298 »^ XV 681 ^ 689 ^
Trotz des ungünstigen yerhältnisses, dasz gerade die über pflan-
zen handelnden abschnitte der schrift des Hikesios nnbekannt sind
und somit die yergieichung mit den entsprechenden zahlreichen fra§^
menten des Diphilos unmöglich ist, findet sieh eine ansahl Ton frag*
menten über den wert der fische als nahrungsmittel, welche mit denen
des Diphilos in einer genauigkeit übereinstimmen, die um so anf-
fallender wird, wenn man die fragmente anderer verwandter autoren
wie die des Earystiers Diokles^ des Atheners Mne0ithaoB^ des
Atheners Philotimos* oder des Praxagoras' vergleicht.
Ich lasse die beweiskräftigen fragmente in gegenüberstellong
mit den entsprechenden stellen des Diphilos folgen.
Ath.Vm3ö6»»«
X€UK(cK01, K^qMXXoi, K€CTp€tC,
fiuSivoi, x^XXiDvec öfioioi clci
KOTd Tf|v irpocq>opdv, toO bk
K€qpdXou KaTobe^crepöc icny ö
K€CTpeuc, ficctüv bk 6 fiuSvoc,
TeXeuraloc 6 xcXXidv.
1. Ath. Vn 306 d«
"Ik^ciöc qprici «tüüv hk KaXou-
li^vujv X€UKiCKU)V TrX^ovd dcnv
etb?). X^TOVTQi TÄp 0% ^itv K^-
q)aXoi, 0^ hk K€CTp€ic, SXXoi bk
xeXXdivec, ol b^inuETvoi. äpiCTOi
V eiclv et K^qpaXoi kqI Tipöc Tf|v
TcOciv Ka\ npöc -rfiv eöxuXiav.
b€ÜT€p0l V eld TOÖTUiV ol XcTÖ-
}i€VOl K€CTp€lC, f\cCOV€C V o\
jiuHivor Kaiabc^cTcpoi bk irdv-
Tujv ol xc^^wjvec, o\ XcTÖfievoi
ßdKXoi . .
die Übereinstimmung dieser beiden stellen spricht für sich selbst ;
bei beiden dieselbe einteilung der XeuKicKOl*, dieselben namen der
arten, bei beiden dieselben angaben über den hygienischen wert der-
selben, die namen bat Diphilos aus Aristoteles entnommen: vgl.
Ath. VII 307 * dv b' fiXXoic cpriclv 6 'ApiCTOT^Xric «6 Kccrpedc xap-
Xapöbouc . . icTx bk 8 ji^v Tic K^qpoXoc, 8 bk x^^^^^v, 8 bk q>€patoc
. . KQi xpocp^ XP^Ttti 6 ixkv qpepaioc t^ d<p' aöxoO T^voji^vq }xü&i*
usw. aus den letzten werten des Aristoteles ist der ^uETvoc des
Diphilos entstanden , der pflichtschuldigst bei Hikesios wiederkehrt.
'* ich meine seine ÖYi€ivä rrpöc TTXcicrapxov, vgl. Ath. VII 820* uö.
^ seine hanptschrift ircpl ioeCTOtiv wird oft von Ath. citiert: vgl.
YIII 357*. ^ der titel seiner hier gemeinten sohrift ist irepl Tpo<pf^c
von mindestens 13 büchern, vgl. Ath. III 79 *. sie wird oft von Galenos
citiert. "^ der auszug aus seiner schrift ircpl Tffc dn6 ivObpiüV Tpo(pf)c
steht bei Oribas s. 124 f. (Daremberg). ^ der ganze bericht im 8n
buche von s. 355* — 357* (c. 54) stammt nach dem ausdrücklichen Zeug-
nis des Ath. aus Diphilos. " auch nach Diphilos sind die X€Uk(ckoi
die gemeinsame gattung, da in der weitern ausführung von ihrem werte
keine rede ist, sondern nur von dem der K^(paXot, Kccrpctc, ^uStvot und
XcXXCjvcc. daraus ergibt sich dasz der bericht des Diphilos gekürzt ist,
was an und für sich aus der gedrängten darstellung folgt
368
MWellmann: Diphilos und Hikesios.
Ath. m 91«
TüCrv bk XcTräöuiv, cpiiclv ö
AiqpiXoc . . eCcTO^oi hk kcA
eÖKaT^ptoccTOi . .
Ath. m 90*
o\ bk JLIU€C ^^CUJC €lc\ TpÖ-
(pijüioi, biaxu)pY]TtKol , oupriTi-
Kot* KpdxiCTOl bi o\ *€q)^-
CIOl . .
Ath. ni 87 ^
TOlC bk XcTidbac Ö 'iK^CtOC
TiüV TipoeipriM^viüV € ö e k k p i -
Touc jüiäXXov cTvai . •
Tuiv bk ^uulv ol ixky/ 'Gcp^-
ClOl Ka\ ol TOUTOtC öjiOlOl T^
cux^Xicji TUIV likv KT€va)V ßeX-
Xtovec . . OÖpTlTlKU)T€pOl
bk ix&Wov fj iixX Tf)v KOiXiav
q)€p6^€voi . .
0\ bk TUIV KTlpÜKUJV Tpd-
XTiXoi €ÖCTÖ^axoi t^ elci Ka\
äTpoq)i()T€poi \iv6jv . . TOIC
b' dc9€vfl TÖv CTÖjiaxov
^Xouci Kai fif) ßabiujc diro-
biu)9o0ci Tf|v Tpo(pf|v elc
TÖ KUTOC Tf)c KOiXiac XP^^-
ci^oi, bucqpOapTOi övrec
. . ÖOev a\ ^riKUJV€C auruiv
(sc. TÜÜV KripuKiüv) TTpÖC \iky
TQC tOüV CTOjiaXWlV €UTO-
viac ouK €Ö9€To0ci, Trpöc
bk Tf|V Tf)c KOiXiac dcG^-
veiav xpil^^^oi.
Die abhängigkeit des Hikesios von Diphilos ist an den ausge-
schriebenen stellen nicht za leugnen, daneben weicht er in der be-
schreibung und Wertbestimmung anderer muschelarten von ihm ab, ein
beweis dafür dasz er den Diphilos nicht ausschlieszlich benutzt hat.
Auf die quellen des Diphilos , die sich aus Aristoteles und den
filtern ärzten wie Diokles, Praxagoras ua. zusammensetzen, komme
ich ausführlicher zurück.
Stettin. Max .Wellmann.
Ath. m 91'
<LV (sc. TUIV KIlpiiKUJV) Oi
^^v Tpdxn^oi eöcTÖ^axol,
bucKax^PTacTOi bl' b\ö
ToTc dcGevoOci töv ct6-
^axov olKcTor öuc^iocpiToi t€
Ka\ ^^cujc Tpöq)ijioi. tou-
Tujv b* al ^rJKUJvec Xctö-
|Li€vai Trpöc ToTc TruGfitov
diraXai, eCqpOapTOi. biö toic
Tf|v tacT^pa dcOevouciv
oiKcTai.
60.
ÜBER DIE POETISCHEN FRAGMENTE
DES ASINIÜS POLLIO.
Von der hinreichend bezeugten poetischen thfttigkeit des Asinius
Pollio (Catullus 12, 7. Yergilius ed. 3, 86. 8, 10. Horatius^o^.
I 10, 42. ca. U 1; 10 nebst Acron und Porphjrio. Tacitus dioL 21.
Plinius ep. Y 3, 5) sind uns ausdrückliche citate nicht erhalten; man
musz eben alles, was von ihm überliefert ist, darauf bin prüfen.
FHarder: über die poetischen fragmente des Asiniiu PolliOr 369
nach aussohlusz derjenigen stellen, welche teils ausdracklioh als aus
historischen Schriften oder ans reden herrührend bezeichnet sind, teils
durch deutliche prosaform eine solche herkunft verraten, verbleibeii
ftir unsere Untersuchung folgende.
1) Priscianus bd. I s. 513, 7 H. nan^scar eUam nactum faett
absque n, ut Fröho et Capro ei PdOÄom et Flmiö plaoet,
2) Quintilianus I 6, 42 neque enim tulnirchkMbundmn et
lurchinäbundum iam in nöbis quieqiMm ferat^ Ueti Cküo eU audor^
nee hos lodiees^ qiMmquam id F(Mioni pUxeet^ nee gladkUa^ atgui
MessäUa dixUy nee parfiddatumy quod in Cadio mx Merabüevidehtr^
nee coUos mihi Cälvus perstMserit.
3) Quintilianus YIII 3, 32 nee a verbis morfo, seä a nemimbna
quoque derwcUa sunt quaedam, tU a Cicerone SuttaturUf ab Asinio
Fimhriatum et FigvHaium,
4) anonymus de dubiis nom, in GLK. V 592, 4 twiwr gemeris
mascuUni, ut Flautus Hu tibi habeas hos turtures^^ quanwis FdUio
(jpulUo MY) et älii dicant turtureüas.
5) anonymus de dubiis nom. ebd. s. 574, -6 caminus generie
mttsculiniy sictj^ Pöüio Asinius.
6) Charisius s. 100, 23 et antistes habet antistitam^ ut Tarro dkfi-
narum IUI et Cicero in Verrem IUI et PöUo ' Venms antistita
Cuprus* (so N; cupras uu dh. ed. pr. Neap. 1532) et Cometiua Severue
^stahat apud sacras antistita numinis aras*.
Dasz die angeführten citate sich auf den bekannten Asinins
Pollio beziehen, ist zweifellos; zu 1 vgl. Haupt opusc II 70, für 4
spricht die er wähnung des vollen namens in 5, für 6 die sonstige
erwähnung des mannes bei Charisius unter dem namen Asinius
(62, 16; 77, 15; 80, 2; 84, 11; 97, 11) oder unter beiden namen
(134, 3; 146, 33).
Prüft man nun die angeführten worte auf die möglichkeit hin,
dasz sie poetischen werken des Asinius entstammen, so ergibt sich
folgendes.
1) Zufällig findet sich in den uns erhaltenen briefen des Asinius
an Cicero zweimal die erwähnte form nactum ^ dh. nactus in ^nst.
X 31, 1 und naäus sum ebd. 32, 5. es läszt sich aber darthun, dasz
Priscian diese stellen bei seinen werten nicht im sinne gehabt hat,
aber sicher auch kein gedieht, sondern die stelle einer grammati-
schen Schrift, in der Asinius jene form nicht gebrauchte, sondern
lehrte, erstens spricht dafür die art, wie er den namen zwischen
lauter autoren aufführt, die er so für grammatische lehren anzuführen
pflegt (zb. I 393, 9; 250, 17; 499, 18; 485, 19; 503, 16; 515, 16);
eine völlige Sicherheit bietet dieses argument aber nicht: vgl. zb.
I 249, 3. zweitens, und das dürfte entscheidend sein, bedeutet
placet (üicui aliqua vox bei Priscian ausnahmslos: 'N. N. lehrt die
genannte form' (in einer grammatischen schrift oder an einer gram-
matischen stelle einer schrift) , aber niemals ^das wort geMlt ihm,
er wendet es an', mit andern werten, j^^acet steht nur bei lehr-
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 5 n. 6. 24
370 FHarder: über die poetiBchen fragmente des Asinias Pollio.
oitaten, um es karz auszudrücken^ nie bei litteraturcitaten : vgl.
16,13; 9,11; 13,9; 14,13; 29, 18; 49, 11; 61, 3. 4. 26; 106,1;
229, 10; 242, 5; 259, 22; 301, 14; 326, 24; 469, 13; 491, 14;
499, 18; 507, 18; 539, 2; 551, 18. U 39, 18; 241, 2. die dabei
einigemal erwähnten quidam lassen sich stets auf noch erhaltene
grammatiker zurückführen, die Priscian nachweislich benutzt hat ;
dasz er auch bei 507, 18 grammatische tradition im sinne hat, zeig^
Cassiodorius GLK. VII 161, 19, Albinus ebd. 303, 8.*
2) Auch bei Quintilianus bezieht sich placet fast immer auf eine
grammatische oder rhetorische lehre: I 2, 2; 5, 63; 8, 3. II 2, 14;
13, 1; 15, 38; 20, 1. Ul 3, 10; 5, 3; 6, 21. 29. 40. 45. 46. 54.
IV 1, 23; 2, 32. 64. V 12, 15; 13, 59. VIH 6, 22. IX 2, 1 (2 mal);
3, 45. X 7, 28. aber ganz so consequent wie Priscianus ist er nicht ;
abgesehen von den stellen, an denen placet überhaupt ohne citat
steht , findet sich das wort doch auch einigemal im sinne von *an-
wenden': m 6, 93. X 7, 28. IX 4, 105. 110, wovon die beiden
letzten stellen übrigens noch zweifelhaft sind, da nun aus der Zu-
sammenstellung mit Cato , Messalla, Caelius, Calvus keineswegs ein
zwingender schlusz auf poetische anwendung des lodices gezogen
werden kann, da ferner das wort, wenn auch bisweilen bei dichtem,
so doch immer an recht prosaischen stellen (Martialis XIV 152, 1;
Juvenalis 6, 195; 7, 66) vorkommt, so wird man sich wohl unschwer
entschlieszen auch dieses wort preiszugeben und es einer gram-
matischen Schrift zuzuweisen; eher einer solchen als einer rede, wie
HMeyer ORF.' s. 500 thut , auf grund der überwiegenden mehrzahl
der angeführten j>2acef -stellen.
3) Da nach Quintilianus VII 2, 26 in des Asinius rede pro
heredibus TJrhiniae contra Lahienum ein FigtUus eine rolle spielte,
so wird man Meyer beistimmen , dasz das Figulatum dieser rede zu-
zuweisen sei; den eindruck poetischer Verwendung macht weder
dieses wort noch das fthnliche Fimbriatum ; wo das letztere gestan-
den habe, Iftszt sich nicht sagen, in einem gedichte schwerlich.
4) Die form turtureHas sieht zunächst so aus, als sei sie einem
gedichte entnommen; der tonfall des Wortes, die deminutivform,
endlich die bedeutung 'täubchen' scheint dafür zu sprechen; man
denkt dabei an die CatuUischen versausgänge integeUum , aundUa^
* darin ist Priscian völlig consequent; ich betone dies, weil sein
sprachgebraucli sonst manche Wunderlichkeiten seigt. so hat er, am
einiges zu erwähnen, tesiis dinmal bei einem litteraturcitat (I 486, 12
teste VergHio)y dagegen 34 mal bei lehrcitaten; umgekehrt auctor^ auctO'
ritas 11 mal als lehr-, 90 mal als litteraturcitat. consequent ist er in
der anwendung von videtur (21 mal lehrcitat) und scriptor^ das ohne sn-
satz nur ^grammatiker' bedeutet oder ^abschreiber' (II 6, 5). die stehen-
den ausdrücke für litteraturcitate sind proferre (an 260mal), ponere (an
lOOmal), dicere (an 80 mal); iu der andern anwendonff findet fich pro*
ferre 7 mal, ponere 27 mal, dicere 18 mal. oetendere heint (abgeaeben
von den vielen ostendimus, ostendemus, astenditur^ die fioh aaf Pritoian
selbst beziehen) an 31 stellen: 'der grammatiker weist aaeh', tüä
29 stellen: 'folgende stelle des antort zeigt' usw.
MWellxnaim: Diphilos nnd Hikesios.
867
der CKOpirioi in der £pu6pä OdXarra, yon denen doch bei Diphilos
keine rede ist.
5. Ath. VII 323 •
xaÜTac (sc. xdc cq)upaivac)
q>ildv Ik^cioc rpoqpiMuJT^pac
elvoi TUJV TÖTTP**>v, dwci-
Qcic bk Tf|v T^Ociy xai dcTÖfiouc,
€ÖxvX((ji bk ^^couc.
6. Ath. Vn 294«
Ik^CIOC iv TOIC TlCpl ÖXtIC TÄV
TaX€(£iv (eine art der ccXdxia)
ßeXTiovac cTvai xal äTToXuu-
ripovQ TOuc dcTcpiac Ka-
X0U>1^V0\)C.
7. Ath. vn 286 *
Ik^cioc hi (pnct «Tf)c dcpiJTic
f) jbi^v X€UKf| kqI Xiav XcTiTf)
Ka\ dcppilibnc, f)v KaXouciv
£vtoi Kai KUjßTriv» usw.
8. Ath. VII 327 *
'Ik^cioc hl q)Tici ccpdTpoi xd
Xpöjüiic . . xal dxapvdvec . .
Ti]p jitv T^vei TrapairXricioi öir-
dpxouciv tXuk€IC t€ Tdp Ka\
7rapacTU(povT€C xal xpö-
q) i jüi 0 r xard Xötov hl xal bvc-
^KXptTOl . .»
9. Ath. m 118»
Mx^cioc V iv öcuT^ptp Trepl
i\r\c 1T^Xa^ubac xußia elvai
(pnci jLi€TdXa.
10. Ath. m 87^
Ix^cioc bk ö 'GpaClCTpdTClOC
tAv XHMi&v (prici Tdc ^fev
rpaxciac X^t^cOai, Tdc bk
ßaciXixdc. xai rdc \iky/ Tpa-
Xciac xaxoxOXouc eTvai, öXi-
TOTpöcpouc xai eöexxpi-
Touc . . TiBv bk Xcitüv xard
rd ^€T^0ii xal rdc biaq>opdc
elvat xpaiicTac.
Ath. Vm 355*
a\ bk cq)upaivai rdiv T<^T'
Tpouv elc\Tpoq)i|üi(j[iT€pai.
Ath. Vm 366«
TÜüv bk c€Xaxiu)V ö yikv ßoOc
xp€(6bTic, ö ö^ TotXeöc xpeic-
cujv 6 dcT€piac Xctö^cvoc.
Ath. Vra356«
f| bk d(puTi ßap€id IcTi xal
WcTrenToc Av ^ Xeuxfi xa-
XeiTai xuüßtTic.
Ath. Vin 356^ vgl. Vm 355 d
ö bk xaXo1}^€VOc dxapvdv
tXuxOc icTi xa\ irapacTu-
q)ujv, Tpöq)l^oc bk xa\ eö^x-
XpiTOC.
Ath. m 120 •
AicpiXoc V ö C{q)Vi6c q>r\ci'
€..TÖbk 8üvv€iov» <pnci «ttvexai
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jidXiCTa al fieiZouc.
372 FHarder: über die poetischen fragmente des Asinioa Pollio.
81, 14; 88, 2; 89, 29; 91, 11; 93, 2; 98, 3. 19; 100, 28; 112, 12;
114, 7; vgl. 138, 11. an diesen stellen wird immer eine gram-
matische form einer andern gegenübergestellt; nur 95, 1 wird sedet
benutzt, um einen autor in gegensatz zu einem andern zu stellen,
jedenfalls läszt sich Keils änderung von selten des sed et nicht an-
fechten^ es fragt sich aber, ob überhaupt etwas geändert werden
müsse, ich bestreite dies, die überlieferten worte heiszen 'Gjprus,
die priesterin der Venus', das ist ja allerdings ein eigentümlicher,
kühner ausdruck , schlieszlich aber doch nur wenig anders als wenn
Yergilius Äen. III 703 sagt: Äcragans . . magnanimum generator
eguorum-^ es ist bekannt, wie weit dieser gebrauch geht bei äUrix^
nuirix^ reginc^ regnator regnatriXy hospüa; vgl. auch solche adjectiy-
Verbindungen wie sortüegis Delphis, Tanais discorSj endlich solche per-
sonificationen wie Ov. met. X 220 ai si forte roges fecundam Ama^
thania metaUiSy an genuisse vdü Fropoetidas: abntiet. die insel
Cyprus mit ihren zahllosen cultusstätten der Aphrodite geradezu
priesterin der göttin zu nennen halte ich für eine immerhin verstönd-
liche, poetisch sehr wirksame kühnheit.
Dasz die worte einem gedieht entstammen, wie man immer
schon annahm, gewinnt dadurch noch an Wahrscheinlichkeit, es
wäre demnach das metrum zu betrachten Thorbeck e ao. hat einen
iambischen dimeter herausgebracht, Baehrens nimt wunderbarerweise
die worte für einen hezameterausgang. das Schema v^^w >^w ^ .
führt vielmehr auf die annähme, dasz die worte in einem galliambus
gestanden haben, dasz sie teile eines verses sind, der gebaut war wie
Cat. 63, 31 oder 63; sie entsprechen metrisch genau den werten
simul anhdans vaga vadü oder ego adulescens, ego ephelms. dasz
Charisius unvollständige verse citiert , kommt oft genug vor : aller-
dings sind es meist anfangs- oder schluszworte, es lassen sich jedoch
auch solche stellen nachweisen, an denen er worte aus der mitte
eines verses anführt, zb. 22, 19; 75, 20. war der vers wirklich galli-
ambisch, dh. hat Charisius nicht etwa zwischenstehendes ausge-
lassen, so musz er einem gedichte entstammen, das sich auf den
Cybelecult bezog, da in der zeit des Pollio galliamben nur für
diesen stoff verwendet wurden (LMüller de re metr. s« 108); dass
in einem solchen gedichte Cyprus habe erwähnt werden können,
wird man nicht unbedingt in abrede stellen: es wäre zb. denkbar,
dasz der dichter berühmte cultusstätten nannte und dann der der
Cybele den preis über alle andern gab; ich denke dabei an Hör.
ca. I 7.
Das resultat ist demnach folgendes, ausser dem zweifelhaften
worte caminus, das einem verse entstammen kann, besitzen wir
von des Asinius dichterischer thätigkeit nichts als den rest eines mut-
maszlich galliambischen verses, an dem eine kühnheit des ausdrucks
auffällt : Veneris antistita Cuprus.
Berlin. Franz Härder«
LTriemel: zum Catonischen grflndangtgahre Borns. 373
51.
ZUM CATONISCHEN GRÜNDUNGSJAHEE BOMS.
Die zahlreichen von den alten aufgestellten grttndnngsxeitea
Boms werden Ton nenem gelehrten noch dadurch Termehrt^ dasz sie
behaupten und zu beweisen suchen, das bisher als das Catos geltende,
aus dem altertnm selbst uns, obgleich erst von Dionysios, überlieferte
gründungsjahr (751/50) rtthre gar nicht von Cato her, sondern sei
eine spfttere, vermeintliche Verbesserung desselben, die Catos namen
mit unrecht trage, darum wollen sie dies angeblich irrige grttndongs-
jahr beseitigen und ein anderes, von ihnen eiist aufgefui\d(Bnes als
das wirkliche jähr Catos an dessen stelle setzen.
Schatte WSoltau 1885 in diesen jahrb.s. 553 ff. 744 als sein Cato-
nisches gründungsjahr aufgestellt, dessen unhaltbarkeit ich (jahrb.
1886 s. 189 ff.) nachgewiesen habe, so unternahm es 1887 GFUnger
ebenfalls in den jahrb. s. 409 ff. sein schon 1880 im 35n bände des
rh. mus. behauptetes Catonisches gründungsjahr 739 mit verstärkten
und vermehrten gründen aufs neue zu empfehlen.
üngers beweisführung zu widerlegen und zugleich die von ihm
wie auch von Soltau und Holzapfel unterschtttzte und mehrfach mis-
verstandene stelle über Cato bei Dionjsios I 74 richtiger zu deuten
ist der zweck dieses aufsatzes.
Als die wichtigste neu hinzugekommene stütze für Hngers jähr
739 erscheint merkwürdigerweise dieselbe , welche Soltau für sein
jähr 744 diente (nur dasz sich bei ihm eigentlich 708 -|~ 37 als 745
ergeben sollte)^ nemlich die annähme, dasz uns 708 vor Ch. als das
todesjahr des Bomulus feststehen müsse, ünger läszt sich hier auf
eine begründung seiner ansieht nicht ein , beruft sich aber auf die
von Soltau (proleg. zu e. röm. chron. s. 85) gegebene, die er also
vollständig zu billigen scheint. Soltau handelt dort von der Ennius-
finstemis an den nonen des Juni, die bei Cicero de rep. I 16, 25 er-
wähnt wird, aus Ciceros worten entnimt er, dasz man mit hilfe dieser
finsternis genau bis auf den tag den tod des Bomulus berechnet habe,
der nach der sage bei einer Sonnenfinsternis stattfand, das ist wohl
möglich, obgleich der todestag des Bomulus {nonis QMndiütMs) als
ein sacraler vermutlich längst sein festes datum hatte und jene nowxe
luniae sich wegen der manigfachen abweichungen des republicani-
sehen kalenders vom julianischen heute nicht mehr genau bestim-
men lassen, aber sehr unwahrscheinlich ist es, dasz das so gefundene
jähr mit dem betreffenden irgend einer altem ära zusammengefaUen
sei. erstlich nemlich thnt das ja auch Soltaus jähr 708 nicht , son*-
dem ist nn ganz neues, welches freilich von Soltau ftlr das echte
Catonische ausgegeben wird ; sodann tritt aber auch gerade in dem
astronomisch berechneten jähre Yarros wieder ein neues gründungs
jähr auf, welches wohl nur Soltau für das uralte vorcatonische an-
sieht, so wenig also das durch berechnung der empftngnis des Bo-
374 LTriemel: zum Catonischen grundongejalire Roms.
mulus sich ergebende jähr Yarros mit der bis dahin üblichen gemeinen
oder überhaupt mit irgend einer frühem Kra zusammentrifft, ebenso
wenig brauchte sich das nach Ciceros angäbe durch astronomische
berechnung von des Bomulus tode gefundene jähr mit dem entspre-
chenden Catos oder einer andern ära zu decken, letzteres müste nur
dann der fall sein, wenn des Bomulus tod schon gleich yon Cato
astronomisch berechnet worden wäre , was aber , so viel ich weiss,
von niemand behauptet wird und auch ganz unglaublich ist Catos
gründungsjahr ergab sich vielmehr durch zurückrechnung von der
Verbrennung Borns durch die Gallier , wie wir aus Polybios I 6 nnd
Dionysios I 74 erkennen, eher könnte man annehmen, dasz die von
Cicero gemeldete berechnung mit der Yarros übereingestimmt habe,
da ja beide astronomische waren, aber auch das ist wenig wahr-
scheinlich , zumal wenn man mit Dionysios II 56 beide finstemisse
für totale hielt, was durch Ciceros ausdruck tenebrae ebenfalls sehr
nahe gelegt wird, da nemlich für denselben ort totale Sonnenfinster-
nisse blosz ungefähr alle 200 jähre vorkommen, so war nur eine von
beiden, die übrigens auch nicht blosz drei volle chaldäische perioden,
sondern über neun monate mehr aus einander liegen, für die berech-
nung zu gebrauchen. Tarutius bevorzugte bei der Yarronischen ära
die vom tage der empfängnis des Bomulus; warum sollte aber vorher
er oder ein anderer nicht auch die vom todestage überlieferte zu
berechnen unternommen haben ? wir müssen daher gänzlich darauf
verzichten; durch nachrechnung und aus wähl unter den in betracht
kommenden Sonnenfinsternissen diejenige herauszufinden, welche
Cicero gemeint habe, zumal auch das datum der Enniusfinstemis
durchaus zweifelhaft ist. übrigens fragt man sich vergebens, wes-
halb gerade von dieser finstemis (nach Soltau vom 6 mai 203) auf
jene frühere zurückgerechnet sein sollte, weder war sie eine totale,
noch ist es glaublich dasz man sie für die älteste in Born sicher
datierte oder auch nur für die erste von den etwa seitdem in un-
unterbrochener reihe verzeichneten Sonnenfinsternissen ansah, mit
deren hilfe sich die frühem hätten berechnen lassen, vielmehr ist
es weit wahrscheinlicher, dasz im letzten jh. vor Ch. in Bom alezan-
drinische, zb. von Hipparchos (vgl. Plinius n. h. II 53. 57) zusammen-
gestellte listen , die zuletzt auf chaldäische zurückgiengen , bei der
berechnung von finstemis8en],benutzt wurden, ob die betreffende
Sonnenfinsternis aber für einen bestimmten ort eine sichtbare ge-
wesen sei oder sein würde, wüste man in Bom natürlich noch weni-
ger als in Alezandreia oder Chaldaea anzugeben, da die Sonnen-
finsternisse der einen Sarosperiode sich nicht wie die mondfinster-
nisse (Soltau proleg. s. 89 ist darüber im irrtum) in der nächsten in
derselben grösze wiederholen, ganz verkehrt aber ist es, von der
Enniusfinstemis lediglich auf die finstemisse zurückzuschlieszen,
welche volle chaldäische perioden von ihr entfernt liegen, freilich
muste man sämtliche (etwa 40) sonnenfinstemisse einer periode
kennen, um eine vergangene oder bevorstehende finstemis richtig
LTriemel: zum CatooiBchen gründongigalire Borns. 375
zu berechnen, ohne dasz indes über deren Sichtbarkeit deshalb etwas
feststand, mit einer so mangelhaften kenntnis jedoch, wie die wftre,
dasz allemal nach 18 jähren und 11 tagen fUr die erde wieder eine
(vielleicht dort unsichtbare) Sonnenfinsternis erfolge, dttrfte wohl
kein Römer eine berechnung nach yorw&rts oder rttckwftrts anzu-
stellen gewagt haben.
Wenn mithin eine sichere berechnung der finstemJs bei Bo-
mulus tode für uns ebenso unmöglich wie überflttssig erscheint , -da
sie mit Catos ftra nichts zu thun hat , so ist schon deshalb das jähr
708, welches Soltau dafür findet, ohne jeden wert, ich möchte aber
auch noch darauf hinweisen , dasz dieses jähr Catos ftra gar nicht
entsprechen kann, zunächst nemlich fftUt die Vertreibung des Tar-
quinius nach Polybios und Dionjsios (vgL jahrb. 1886 s. 191) auf
ol. 68, 1 = 507 Yor Gh., nicht, wie Soltau annimt, auf 506. so-
dann will er nach Cicero de rep. II 30 die königszeit f&lschlich mit
238 jähren berechnen anstatt mit mehr als 240, wie Cicero aus-
drücklich sagt; wogegen ich schon (ao. s. 194) einspruch erhoben
habe, so erhält er 202 -|- 506 "» 708. dies ist weder Ciceros noch
Catos jähr; das letztere würde auf 714/3 fallen, von 714/3 könnte
man aber, wenn damals eine Sonnenfinsternis stattgefunden hätte,
deren datum sich irgendwie mit den fumae Quindües des Cicero ver-
einigen liesze, ebenso gut eine finstemis im j. 400 oder 203 und
alle andern gleichfalls berechnen, wie umgekehrt von der finstemis
im j. 203, 400 usw. eine finstemis im j. 714/3.
Noch geringere berech tigung hat üngers behauptung, dasz in
gleicher weise auch Cincius durch berechnung einer chaldäischen
Periode weniger wie Cato 690 als des Bomulus tode&jahr und hier-
auf 728 als das gründungsjahr Borns gefunden habe, dann müste
ja nicht blosz CatO; sondern schon Cincius ziemlich bedeutende
astronomische kenntnisse besessen haben, während doch Cicero an
jener stelle de rep. 1 16, 25 die astronomischen kenntnisse des Ennius
für ziemlich gering hält, wenn er sagt, sogar Ennius habe sehen das
entstehen einer Sonnenfinsternis mit dem durchgange des mondes
zwischen erde und sonne zu erklären gewust. wie darf man also an-
nehmen, dasz der Bömer Cincius mehr von der astronomie verstan-
den habe als der griechisch gebildete Ennius? und vor allem, woher
könnten dem Cincius solche kenntnisse gekommen sein^ wenn nach
üngers ansieht Cato um 1 70 vor Ch. nicht einmal die schon 50 jähre
zuvor veröfifentlichte troische ära des Eratosthenes in erfahrung ge-
bracht haben soll, die für die römische sage und geschichte doch
von gröstem interesse war?
Aber selbst zugegeben dasz 708, wie Soltau und ünger wollen,
Bomulus gestorben sei, so fällt darum doch die stadtgründung ebenso
wenig auf 739 wie auf 744. da ich das letztere jähr schon (jahrb.
1886 s. 189) widerlegt habe und Soltaus gründungsjahr später auch
von ünger ao. s. 420 verworfen ist, so wende ich mich nun zur be-
sprecbung von üngers weiterer begründung seines Jahres 739.
376 ' LTriemel: eum Catonischen gründung^jahre Borns.
Er behauptet zunächst, dasz man von der irpiUTTi T^vccic
(9 monate vor dem abschlusz der grOndung) der stadt bis zum tode
des Bomulus (708) 38 mondjahre gerechnet habe, welche 32 sonnen*
jähre betrügen, er entdeckt also zu der bekannten dauer der regie-
rang des Bomulus von 37 (seltener 38) jähren die neue von 32 jähren,
als beweis dafür glaubt er wenigstens 6ine stelle der alten beibringen
zu können, nemlich die des Macrobius in samn, Scip. U 11, 16.
leider steckt jedoch in den dort angegebenen zahlen ein allerdings
leicht zu hebender fehler, wir lesen nemlich bei Macrobius: Ver-
flossen waren, als Scipio in Africa diente, seit Bomulus abscheiden
573 jähre, denn im jähre der stadt 607 triumphierte Scipio nach
der Zerstörung Elarthagos.' entfernt man aus dieser zahl die 32 regie-
rungsjahre des Bomulus und die 2 vom träum bis zum ende des
krieges laufenden, so bleiben 573 von Bomulus abscheiden bis zum
träum. Macrobius folgte der capitolinischen .ära; Boms gründang
fiel ihm 752 vor Ch. , dh. ein jähr später als bei Varro. hier ist
DLXXIII {573) entweder von Macrobius selbst oder, was wahr-
scheinlicher, von einem abschreiber verlesen oder verschrieben, es
musz DLXVIII{668) heiszen, und es wurde nur ein X für F gesetzt,
ein nachrechner, der diese um 5 zu grosze zahl vorfand und den
fehler bessern wollte, liesz an verkehrter stelle, nemlich bei den
37 Jahren des Bomulus , 5 jähre weg und schrieb dafür 32 , damit
die angegebene summe 607 richtig herauskäme.
Unger kennt nur eine einzige stelle der alten ^ die ihm direct
sein gründungsjahr 739 liefern soll, es heiszt bei Ausonius de fastis
oancL. 2 und 4 , indem die zahlen in worten ausgedrückt werden :
'verflossen sind bis zu meinem consulate 1118 jähre Boms.' sein
consulat fällt aber 379 nach Ch. «^ 1132 Yarronisch. ünger begeht
hier den irrtum, des Ausonius consulatsjahr als das 1118e anzu-
setzen, während es das 1119e ist. rechnet man mit letzterm, so er-
halten wir als gründungsjahr Boms 740. da an dieser stelle schwer-
lich von der irpiI)TTi T^vecic die rede sein kann, so ist auch an das
gründungsjahr 739 nicht weiter zu denken, vielmehr nehme ich bei
Ausonius den rechenfehler an, dasz er sich beim addieren seiner
consulatsjahre um 10 versah, dies war bei einer so groszen summe
nicht blosz sehr leicht möglich, sondern wurde noch dadurch begün-
stigty dasz er, wie er selbst sagt, seine liste aus den römischen histo-
rikem auszog und dies that, damit seinem söhne (und also auch wohl
ihm) die laufenden jähre ab urbe condita nicht unbekannt blieben,
welchen geeignetem autor konnte er sich aber auswählen , wenn er
die fastenliste der republicanischen zeit zusammenstellen wollte , als
LiviuB, der ja auch sonst dazu benutzt wurde? das Varronische
jähr 1132 lautete dann Catonisch «* 1129, und diese samme würde
sich auch bei Ausonius ergeben haben, wenn er sich nicht um 10 ver-
rechnet hätte.
An zwei andern stellen versucht ünger sein Catonisches jähr
739 durch Verbesserung des teztes zu gewinnen, es sind das die-
LTriemel: «um CatxnaBdien grflnduBgejahre Borns. 377
selben, welche ich schon (jahrK 1886 s. 193) gegen Soltaa bespro-
chen habe: Servins zu Aen. I 267 uad Jastinns XVIII 6; 9. bei
Servius will ünger die worte cum Carthagmem constet ernte LXX
Unnas urbis Bomae eondUam; inkr exeiäium vero Tfxnae et orhvm ¥irbi$
Bomae anm invenkmtur CCCCXXX «bweiohend von den herans-
gebem der fragxnente Gatos (vgl. rh. mos. XXXV s. 29) als Oatos
eigentom in ansprach nehmen, musz aber dum, um Beinen sweok zu
erreichen, die zahlen noch für abgwundete (statt 74 and 432) er-
klären, aber warum schreibt er nicht lieber 75 ? dadurch wttrde
wenigstens die Übereinstimmung mit Justinas voUstflndig. einfacher
löst sich indes die Schwierigkeit, wenn man hier als grttndungsjahr
Karthagos 823 annimmt und nun statt der pseadocatonischen die
Yarronische ära findet, dasselbe grttndungsjahr Karthagos ergibt
sich aus der stelle Justins , der wie Pompejus Trogus (er setzt zb.
YI 6 , 5 die schlaeht an der Allia in dasselbe jähr wie den frieden
des Antalkidas) wirklich Catonisch rechnet, hier jedoch anscheinend
der weise des Dionysios, nicht der des Polybios folgt er gibt nem-
lich (XVIII 6 , 9) 72 jähre als den abstand der gründung Roms von
der Karthagos an, also 823 — 72 ■» 751. ünger will zwar, um
823 als grttndungsjahr Kari^agos gänzlich zu beseitigen und dafttr
sein jähr 814 herzustellen, einen textfohler annehmen und 75
bessern, aber diese änderang erscheint, auch abgesehen von der
stelle des Servius, als ganz unnötig und daher unrichtig, weil sich
bei Solinus 27, 11 (s. 132, 11 M.) dasselbe grttndungsjahr Karthagos
ergibt (vgl. Holzapfels chron. s. 169 anm. 2) , wenn man die von
Solinus ttberlieferten 677 jähre zu 146, der Jahreszahl seiner Zer-
störung addiert, steht sonach 823 als ein bei den alten yorkommen-
des grttndungsjahr Karthagos fest, so darf es auch bei Justinus und
bei Servius angenommen werden, und damit schwindet üngers letzter
beweis ffir sein Catonisches grttndungsjahr 739, das er als 814 — 76
erhält.
Hier äuszert sich ünger sehr ungehalten darttber, dasz neben
dem von ihm gebilligten grttndungsjahre Karthagos (814) noch ein
anderes als gleichberechtigt zugelassen werden könne, er behauptet,
alle übrigen data wichen von 814 nur um 6in oder einige jähre ab
und seien blosz durch die schuld der abschreiber daraus entstellt.
Karthagos gründungszeit stünde durchaus fest und sei nach losephoB
g. Apion I 18 in den Jahrbüchern von Tyros genau verzeichnet ge-
wesen, leider ist jedoch das nach losephos zu ermittelnde jähr gar
nicht das üngers. Duncker gibt dafttr zunächst 870 an («» 1014
— 144). beutiges tages wird das vierte jähr Salomons (1014) <*=:
990 gesetzt, dh. 24 jähre später, wir erhalten dann 846, was mit
der angäbe des Livius per. 51 und Appians Pun. c. 2 ttberein-
stimmen wttrde. ferner berechnet Duncker zweitens mit Zuhilfe-
nahme von angaben des Eusebios (der selbst 850 hat) 854 («» 1014
— 160). wollten wir auch hier statt 1014 setzen 990, so erhielten
wir 830. endlich gibt Duncker noch 834 an nach dem alten testa»
376 ' LTriemel: eum Catonischen gründung^jahre Roms.
Er behauptet zunächst, dasz man von der irpuiTTi T^vecic
(9 monate vor dem abschlusz der grOndung) der stadt bis zum tode
des Bomulus (708) 38 mondjahre gerechnet habe, welche 32 sonnen*
jähre betrügen, er entdeckt also zu der bekannten dauer der regie-
rang des Bomulus von 37 (seltener 38) jähren die neue von 32 jähren,
als beweis dafür glaubt er wenigstens 6ine stelle der alten beibringen
zu können, nemlich die des Macrobius in samn. Scip. 11 11, 16.
leider steckt jedoch in den dort angegebenen zahlen ein allerdings
leicht zu hebender fehler, wir lesen nemlich bei Macrobius: Ver-
flossen waren, als Scipio in Africa diente, seit Bomulus abscheiden
573 jähre, denn im jähre der stadt 607 triumphierte Scipio nach
der Zerstörung Elarthagos.' entfernt man aus dieser zahl die 32 regie-
rungsjahre des Bomulus und die 2 vom träum bis zum ende des
krieges laufenden, so bleiben 573 von Bomulus abscheiden bis zum
träum. Macrobius folgte der capitolinischen .ära; Boms gründung
fiel ihm 752 vor Ch. , dh. ein jähr später als bei Varro. hier ist
DLXXIII (573) entweder von Macrobius selbst oder, was wahr-
scheinlicher, von einem abschreiber verlesen oder verschrieben, es
musz DLXVIII {668^ heiszen, und es wurde nur ein X für F gesetzt,
ein nachrechner, der diese um 5 zu grosze zahl vorfand und den
fehler bessern wollte, liesz an verkehrter stelle, nemlich bei den
37 Jahren des Bomulus , 5 jähre weg und schrieb dafür 32 , damit
die angegebene summe 607 richtig herauskäme.
Unger kennt nur eine einzige stelle der alten, die ihm direct
sein gründungsjabr 739 liefern soll, es heiszt bei Ausonius de fastis
cancL 2 und 4, indem die zahlen in werten ausgedrückt werden:
'verflossen sind bis zu meinem consulate 1118 jähre Boms.' sein
consulat fällt aber 379 nach Ch. «^ 1132 Yarronisch. Unger begeht
hier den Irrtum, des Ausonius consulatsjahr als das 1118e anzu-
setzen, während es das 1119e ist. rechnet man mit letzterm, so er-
halten wir als gründungsjabr Boms 740. da an dieser stelle schwer-
lich von der npybix] T^vecic die rede sein kann , so ist auch an das
gründungsjabr 739 nicht weiter zu denken, vielmehr nehme ich bei
Ausonius den rechenfehler an, dasz er sich beim addieren seiner
consulatsjahre um 10 versah, dies war bei einer so groszen summe
nicht blosz sehr leicht möglich, sondern wurde noch dadurch begün-
stigt, dasz er, wie er selbst sagt, seine liste aus den römischen histo-
rikem auszog und dies that, damit seinem söhne (und also auch wohl
ihm) die laufenden jähre ab urbe condita nicht unbekannt blieben,
welchen geeignetem autor konnte er sich aber auswählen , wenn er
die fastenliste der republicanischen zeit zusammenstellen wollte, als
Livius, der ja auch sonst dazu benutzt wurde? das Varronische
jähr 1132 lautete dann Catonisch o» 1129, und diese summe würde
sich auch bei Ausonius ergeben haben, wenn er sich nicht um 10 ver-
rechnet hätte.
An zwei andern stellen versucht ünger sein Catonisches jähr
739 durch Verbesserung des teztes zu gewinnen, es sind das die-
LTriemel: tum Catofmsolien gitüidungejalire Born«. 377
selben, welche ich schon (jahrb. 1886 8. 193) gegen Boltaa bespro-
chen habe: Servins zu Äen. I 267 und Justinns XVIII 6, 9. bei
Servins will Unger die worte cum CetTthagmem amstä owte LXX
annos urhis Bomae conditam ; inier exeiäium vero Troiae et orhim wrbis
Bomae anm inveniuniur CCCCXXX abweichend von den heraus-
gebem der fragmente Gatos (vgl. rh. mus. ZXXV s. 29) als Oatos
eigentnm in ansprach nehmen, musz aber dann, um seinen zweck zu
erreichen, die zahlen noch fttr abgerundete (statt 74 und 432) er-
klftren. aber warum schreibt er nicht lieber 75 ? dadurch würde
wenigstens die Übereinstimmung mit Justinus vollstttndig. einfacher
löst sich indes die Schwierigkeit, wenn man hier als grflndungsjahr
Karthagos 823 annimmt und nun statt der pseudocatonischen die
Yarronische ftra findet, dasselbe gründungsjahr Karthagos ergibt
sich aus der stelle Justins , der wie Pompejns Trogus (er «etzt zb.
YI 6 , 5 die Schlacht an der Allia in dasselbe jähr wie den frieden
des Antalkidas) wirklich Gatonisch rechnet, hier jedock anscheinend
der weise des Dionjsios, nicht der des Polybios folgt, er gibt nem-
lieh (XVIII 6 , 9) 72 jähre als den abstand der gxOndung Borns von
der Karthagos an^ also 823 — 72 «» 751. Unger will zwar, um
823 als gründungsjahr Karthagos gänzlich zu beseitigen und dafür
sein jähr 814 herzusieUen, dnen textfehler annehmen und 75
bessern, aber diese ttnderung erscheint, auch abgesehen von der
stelle des ServiuS; als ganz unnötig und daher unrichtig, weil sich
bei Solinus 27, 11 (s. 132, 11 M.) dasselbe gründungsjahr Karthagos
ergibt (vgl. Holzapfels chron. s. 169 anm. 2) , wenn man die von
Solinus überlieferten 677 jähre zu 146, der Jahreszahl seiner Zer-
störung addiert, steht sonach 823 als ein bei den alten vorkommen-
des gründungsjahr Karthagos fest, so darf es auch bei Justinus und
bei Servius angenommen werden, und damit schwindet Ungers letzter
beweis für sein Catonisches gründungsjahr 739, das er als 814 — 76
erhalt.
Hier äuszert sich Unger sehr ungehalten darüber, dasz neben
dem von ihm gebilligten gründungsjahre Karthagos (814) noch ein
anderes als gleichberechtigt zugelassen werden könne, er behauptet,
alle übrigen data wichen von 814 nur um 6in oder einige jähre ab
und seien blosz durch die schuld der abschreiber daraus entstellt.
Karthagos gründungszeit stünde durchaus fest und sei nach losephoe
g. Apion I 18 in den Jahrbüchern von Tjrros genau verzeichnet ge-
wesen, leider ist jedoch das nach losephos zu ermittelnde jähr gar
nicht das Ungers. Duncker gibt dafür zunftchst 870 an (">>b 1014
— 144). heutiges tages wird das vierte jähr Salomons (1014) ««=
990 gesetzt, dh. 24 jähre sp&ter. wir erhalten dann 846 ^ was mit
der angäbe des Livius per, 51 und Appians Pun. c. 2 überein-
stimmen würde, ferner berechnet Duncker zweitens mit Zuhilfe-
nahme von angaben des Eusebios (der selbst 850 hat) 854 («> 1014
— 160). wollten wir auch hier statt 1014 setzen 990, so erhielten
wir 830. endlich gibt Duncker noch 834 an nach dem alten testa»
378 LTriemel: zum Catonischen gründang%jahre Roms.
ment, rednciert nach der gleichzeitigkeit des vierten Jahres Amazias.
jede dieser verschiedenen zahlen widerlegt die behaaptung üngers,
dasz 814 als alleiniges gründungsjahr Karthagos seit Timaios fest*
stehe, und was in unsem tagen die Assjriologen entdeckt haben,
wüsten darum noch nicht die alten , am wenigsten losephos. wem
aber losephos und die mit ihm etwa zusammenhängenden ansätse
zu unglaubwürdig erscheinen , für den füge ich noch die angäbe des
Yellejus (I 12, 5 u. I 6, 4) hinzu, dasz Karthago 818 gegründet sei.
Bleibt demnach neben den andern gründungszeiten Karthagos
auch 823 bestehen, so wird dadurch zugleich die behauptung üngers
hinfällig, dasz Cato nach der troischen ära des Sosibios (von 1171)
gerechnet habe, er erhält nemlich, indem er die bekannten 432 jähre
Catos von 1171 abzieht, wieder sein jähr 739. ohne die Unter-
stützung dieses jahres aber hat 1171 als troische epoche bei Cato
nicht das geringste für sich, denn einmal konnte Cato nach 50 jähren
recht gut die ära des Eratosthenes kennen, die an ansehen die viel-
leicht 30 jähre ältere des Sosibios sehr bald weit übertraf; sodann
aber wird des Sosibios ära überhaupt erst von späteren erwähnt,
die sie vermöge ihrer gelehrten Studien aus büchem kannten; end-
lich bevorzugte , wenn wir vorläufig von dem zeugnis des Dionjsios
absehen, auch Yarro (vgl. jahrb. 1886 s. 193) wie vor ihm schon
Poljbios durchaus die ära des £ratosthenes.
Nachdem sich so alle erkenn tnismittel , die Unger für sein
jähr 739 beibringt, als nichtig erwiesen haben, müssen wir mit um
so gröszerer Sorgfalt die nachrichten erwägen, die uns Dionjsios
über Cato hinterlassen hat. zunächst kann ich die stelle nicht finden,
wo Dionjsios nach üngers meinung eingesteht, dasz er sich um die
für die frage nach dem gründungsdatum in dem werke Catos vor-
handenen erkenntnismittel nicht gekümmert habe, ebenso wenig
will mir einleuchten , dasz Dionjsios die bezüglichen angaben Catos
übersehen habe, ünger selbst nennt s. 410 den Dionjsios einen
buchgelehrten, und viele citate bei Dionjsios beweisen, dasz er Cato
oft und mit verliebe benutzt hat. wenn wir femer der bemerkung
Soltaus (proleg. s. 74) beipflichten, dasz Cato häufig chronologische
datierungen durch angäbe der dauer der kriegsabstände und kriegs*
Zeiten ausdrückt«, so verallgemeinem wir dieselbe noch dahin, dasz
Cato überhaupt gern seine datiemngen durch angäbe der abstände
zweier ereignisse von einander ausführte, dies entspricht ganz der
art des Eratosthenes und des Poljbios. wahrscheinlich werden also
noch mehr Zeitbestimmungen nach der troischen ära bei Cato vor-
gekommen sein, aus deren vergleichung sich dann leicht ergab, dasz
nur die ära des Eratosthenes gemeint sein konnte, darum ist es ein
irrtum üngers, wenn er behauptet, Dionjsios sage selbst, dasz er die
432 jähre Catos nur deshalb nach der ära des Eratosthenes berechne,
weil er diese für allein richtig halte, letzteres war zwar auch der
fall, und Dionjsios schrieb , um seine ansieht zu begründen , ein be-
sonderes, leider verloren gegangenes buch; wichtiger aber ist, dasz
LTriemel : zum Catonischen gründangsjahre Roms. 379
er von dem gründungsjahr des Timaios ausdrücklich erklärt, er
wisse nicht, nach welcher ttra es gefunden sei. damit sagt er zu-
gleich, dasz er es von den übrigen gründungsjahren wisse, und darum
berechnet er also Catos 432 jähre nach Eratosthenes.
Eine bestätigung dieser ansieht liefert uns das von des Dionj-
sios ansatz blosz um ein jähr verschiedene gründungsjahr ol. 7,2
des Polybios. Dionysios führt nemlich nur die vier von einander
abweichenden gründungsjahre des Timaios, Cincius, Fabius, Cato an
und gibt damit, wie er I 75, 4 sagt, alle ihm bekannten, bis zu
seiner zeit aufgestellten ären Roms, er erklärt die abweichung des
Polybios, der also nach ihm Catonisch rechnete, von ihm selbst mit
ihrer verschiedenen Umrechnung der römischen in die griechische
zeit und will darum in dem oben erwähnten werke seine Umrechnung
als die richtige nachweisen, ausdrücklich tadelt er an Polybios, dasz
dieser blosz sage, er glaube, Roms gründung falle auf ol. 7, 2, dh.
keine eigne begründung gebe, sondern seinem gewährsmann ohne
weiteres folge, dies kann aber nur Cato, bzw. die Catonische ära
gewesen sein, nicht wie Holzapfel ao. s. 112 meint, Eratosthenes.
denn das gründungsjahr des Eratosthenes würde doch Dionysios wohl
gekannt und also neben den andern vier aufgeführt, bzw. das des Cato
und des Polybios als das des Eratosthenes bezeichnet, jedenfalls aber
nicht sein eignes gründungsjahr erst nach des Eratosthenes ära aus-
gerechnet haben. Dionysios rühmt sich Polybios gegenüber gröszerer
wissenschaftlichkeit, indem er nicht einmal die angäbe der pontifical-
chronik ungeprüft lasse, letztere kann jedoch nicht , wie Holzapfel
8. 172 glaubt; die der capitolinischen ära sein, da ja Dionysios bei
der Zusammenstellung der verschiedenen gründungsdaten weder das
Varronische noch das capitolinische erwähnt, beide also wahrschein-
lich gar nicht kennt, er meint mithin das datum der alten pontifical-
chronik, mit dem eben seine rechnung wie die des Cato und Polybios
übereinstimmen^ welches infolge seines sacralen ansehens und zugleich
wegen seiner officiellen geltung bald allgemein anerkannt wurde,
litterarische Verwendung aber zum ersten male in Catos geschichts-
werk fand.
Wollten wir jedoch Catos Zeitbestimmung in christliche zeit
umsetzen, so müsten wir sogar (1183 — 432 = 761) der berech-
nung des Dionysios vor der des Polybios den Vorzug geben, obgleich
die alten entschieden zumeist dem ansatz des Polybios folgten und
gewis nur einzelne, wie vielleicht Pompejus Trogus in der oben be-
sprochenen stelle des Justinus, nach der weise des Dionysios zählten,
daher finden sich denn auch neben den von Dionysios dem Cato zu-
geschriebenen 432 Jahren , um welche die Zerstörung Trojas und die
gründung Roms aus einander liegen sollten, zb. bei Diodoros 433 jähre
angegeben, was vermutlich eine Verbesserung der Catonischen zahl
auf grund des geläufigen Polybischen ansatzes ist.
Kreuznach. Ludwig Triemel.
380 PRegell : auguralia.
52.
AUGÜRALIA.
1.
Festus s. 214^ 31 peremere Ctncitis in lih. de verbis priscis aU
significare idem quod prohibere: at dato in li, qui est de re müitan
jpro vitiare iistM est^ cum aü, cum magistratus nihil audent imperare^
ne quid consul auspici peremat, Mommsen röm. Staatsrecht I' s. 104
anm. 2 : *der quästor zb. wagt eine amtshandlung, die das servare
de ccuHo zur Voraussetzung hat, nicht vorzunehmen, weil er befürchtet
damit eine von dem consul beabsichtigte amtshandlung zu stören/
wenn diese deutung der aus dem Zusammenhang gerissenen stelle
richtig ist, so müssen die worte des Cato magistratus nUtü audent
imperare den sinn haben : die (niedem) magistrate wagen nicht an
den tagen, wo der consul eine auspicato zu vollziehende handlung
vorhat, auspicia impetrativa abzuhalten, dasz das allgemeine, auf
die anordnung jeder amtshandlung gehende imperare diesen sinn
nur sehr unvollkommen ausdrückt, ist einleuchtend, der eigentliche
ausdruck ist impetrare^ von dem eben jene impetrativa auspicia ab-
geleitet sind, die magistrate wagen nicht eine amtshandlung zu
impetrieren, dh. die deorum audaritas durch anspicieren ftlr sie ein-
zuholen, diese bedeutung des wertes {rem impetrarCy impetrire) ist
sattsam bekannt: Plautus asin, 259 inpetritum^ inauguratum est:
quovis admittunt aves. Cic. de div. I 16, 28 tU nunc extis . . sie tum
avibus magnae res impetriri solehant. ich glaube daher, dasz für
imperare mit leichter änderung impetrare einzusetzen ist.
2.
Die überaus schwierige stelle des Festus s. 333* 9 ff. über die
augurale bedeutung von speäio und nuntiatio harrt noch immer einer
befriedigenden erklftrimg bzw. berichtigung. der überlieferte text
lautet: speäio in auguralihus ponitur pro aspectione^ et nuntiatio^
quia omne iussacrorum hahent^ augurihus^ speäio dum taxat^ quorum
consüio rem gererent magistratus^ non ut possent impedire nuntiando
quae cum vidissent satis. speäio sine nuntiatione data esty ut ipsi
auspicio rem gererent^ non ut alios impedirent nuntiando. ziemlich
allgemein angenommen sind bisher wohl nur die &ndeningen Sca*
ligers auspiciorum für sacrorum, quaecumque für quae cum, sowie
sed iis oder at Ms für satis* ebenso scheint mir die Änderung
Mommsens von non (in hos) notwendig wegen der folgenden anti-
these: non ut ätios impedirent nuntiando. denn offenbar soll mit
diesen werten den magistraten eine competenz abgesprochen werden,
die den vorher erw&hnten personen zuerkannt war.
Im übrigen erscheinen die bis auf Mommsen gemachten restan-
rationsversuche von Rubine (unters, s.38 anm. 2), KOMflller(Etrusker
II s. 112 anm. 9 und ausg.), Härtung (rel. d. R. s. 111 f.), WOrosser
PEegell: augoralia. 381
(de spectione et nunüatione, Bredau 1851 , •• 20 axun. 58) wenig
glttcklich, weil sie teils den notorischen stttzen des iua augurmm wider-
sprechen, teils mit der Überlieferung zu wiUkttrlidh umspringen, am
nächsten scheint auch hier Mommsen der wi^rheit gekommen su sein,
der (staatsr. I* s. 105 anm. 2) den text folgendermaszen umgestaltet:
speäio in auffuräUhtM ponUur pro aspectume. ä fmnUaüo, guiaomne
iiAS sacrortim häbent^ auguribus campeHi^ dumkußot guorMm oandiUo
rem gererent magistraitM, hos ut possent mpedire nuntiando gmae-
cumque vidissefU, at his spedio sine nuniiaiione data est^ ¥i ip^
auspido rem gererent^ non ut aUos impedirent nuntiando. zunächst
stimme ich Mommsen vollkommen darin bei, dasz es ganz verkehrt
wäre, in unserer stelle eine erörterung deijenigen grundsätze zu
suchen, welche Cicero Fhü. 11 32, 81 andeutet: nos {augures) mm>^
iiationem solum hahemuSy constdes ei rt^igui magisiraius eHam spKkh
Honem, ich bin mit ihm der ansieht, dasz in dem text des Yerrius
der obnuntiation der magistrate, welche Cicero im sinne hat»
überhaupt keine erwähnung gethan war. freilich nicht deshalb, weil,
wie Mommsen meint, durch die lex Clodia diese obnuntiation auf-
gehoben war und Yerrius demnach das seiner zeit geltende recht
berücksichtigt habe, sondern vielmehr, weil Yerrius nach meiner
ansieht gerade das ältere (augurale) Staatsrecht im äuge gehabt haL
das obnuntiationsrecht der magistrate, dh, das ius de cado servandi
ist erst durch die Uges Ädia et Fwfia geschaffen worden, also nicht
durch auguraldecrete, sondemim wege der gesetzgebung:
im eigentlichen auguralrecht — und von diesem handelt Festus, wie
der ausdruck in augwrdLihus anzeigt — hatte dasselbe überhaupt
keine stelle, was man aus frühem Zeiten auf die obnuntiation von
magistraten gedeutet bat, zb. die gleichzeitige beobachtung von col-
legen über dieselbe bandlung, das ifus retinendi auspida (Messalla
bei Gellius XlLl 15, 16), fällt unter den begriff des competenz-
conflictes und hat mit der obnuntiation nicht das geringste zm,
thun. dies recht auch den magistraten beigelegt zu haben ist eine
(wahrscheinlich im demokratischen interesse eingeführte) neuerung
der erwähnten gesetze : in altem Zeiten stand die obnuntiation nur
den augurn zu. daher sagt Festus von diesen zelten ganz richtig:
at his (nemlich den magistraten) spectio sine nuntiatione data est.
Femer kann ich die Umänderung von spectio in competü nicht
billigen; vielmehr scheint mir der pointierte ausdruck od his spectio.
sine nuntiatione data est anzudeuten, dasz den augurn im vor-
hergehenden neben der nuntiatio auch die spectio zugestanden war.
Es fragt sich nun, ob unter den befugnissen der augurn auch
von einer (natürlich beschränkten) spectio die rede sein ktum. nimt
man das wort in seiner strengen staatsrechtlichen bedeutung, als
das ius deos de rebus gerendis OMspicüs consulendi^ so kam die spectio
natürlich nur den magistraten zu (Mommsen ao. I* s. 86 anm. 2).
die augurn können niemals die initiative ergreifen, um für einen
geplanten act des staatlichen lebens die göttliche autorisation ein-
382 PRegell: augaralia.
zuholen, wohl aber kann and musz man den augum eine gewisse
spedio zugestehen, sofern man darunter blosz den sinnlichen act
des ausschauens nach zeichen (Festus : aspectio) versteht, da ja that-
sSchlich die augurn oder ihre Stellvertreter bei den auspicien an stelle
und im auftrage der magistrate die zeichenschau ausübten, aber
auch eine gewisse initiative spedio musz den augum zuerkannt wer-
den bei der dirarum obnuntiatio während magistratualer amtsfaand-
lungen, namentlich während der comitien, da ja hier die augum
ohne speciellen auftrag des magistrats, aus eigner initiative, obnun-
tiieren.*
Worin unterscheidet sich nun diese spedio der augum von der
der magistrate? die augum können niemals auspicieren rei gerendae
causa (ut ipsi auspicio rem gererent Festus), sie können niemals aus
eigner initiative impetrieren {res impdrire Cic. de div, 1 16, 28),
sondern unbeauf tragt nur die (intercedierenden) ohlativa als die inter-
preten des göttlichen willens dem auspicierenden oder bereits aus-
führenden magistrat zur anzeige bringen, um q\b periti rdigionum
(Livius XLI 18, 16) durch ihr consüium jenen vor übereilten , den
göttem nicht wohlgefälligen schritten zu bewahren.
Diese beschränkte spedio nun finde ich angedeutet in den
Worten des Festus spedio dum taxat quorum consilio rem
gererent magistraius, und das fehlende prädicat zu spedio wie zu
dem vorhergehenden nunticUio suche ich in e^, für welches ich e«^
vorschlage, ich lese demnach so : spedio in auguralihus ponüur pro
aspedione. est nuntiatio, qtiia omne ius auspiciorum Jiäbent, auguri-
huSy spedio dum taxat quorum consilio rem gererent magistratus: hos
ut possent impedire nuntiando quaecumque vidissent. at his spedio
sine nuntiatione data est, ut ipsi auspicio rem gererent ^ non ut älios
impedirent nuntiando. vor hos ut possent usw. habe ich ein stärkeres
interpunctionszeichen gesetzt, weil ich diesen zusatz sowohl auf
nuntiatio als auf spedio beziehe, zur Sache selbst bemerke ich noch
folgendes, unter nuntiatio ( . . bis auguribus) verstehe ich die nun-
tiation während des auspicienactes, unter spedio (. . bis magistratus)
die obnuntiation während der amtshandlung (rem gerere). in den
Worten quaecumque vidissent finde ich die ohlativa angedeutet und
glaube, dasz Verrius dieselbe einteilung der dirae vorgeschwebt bat,
aufweiche Servius zu Äen. IV 453 (de augurali discipHina) hindeutet:
dira enim deorum ira est^ quae duplici modo coüigitur, aut ex signis
aut quocumque modo d quacumque ex parte, dieselbe ein-
teilung erwähnt Servius noch zu Äen. Y 7 und III 246.
* wenn der augur in viila publica sasz, ut conguli^ stquid usus po-
poBcisaety esset praesto (Varro r. rust. III 2, 2), zugleich doch aber auch,
um nach etwaigen die comitien störenden dirae ausBchau la halten, so
kann man diesen act des schauens und beobachtens doch gewis ange-
zwungen eine spectio nennen und mit der des auspicierenden magistrata
in gewissem sinne vergleichen.
HiRSOHBERO IN SCHLESIEN. PaUL BeOELL.
EAnspach: za Horatias [earm. TU 30]. 383
63.
ZU HORATIUS.
Im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift s. 62 1^627 suchtESchulze
in Petersburg nachzuweisen, dasz ca. III 30 v. 2 unecht, dagegen
zwischen regnatfU poptUorum und ex humU potens (y. 12) zwei hidbe
yerse ausgefallen seien :
regnavU pqptUomm (firtuSy ai ingeni
fatna f actus in urbe} ex humüi potens usw.
die elnschiebung klingt keineswegs Horazisch. ich glaube ; das ge-
dieht ist untadellich überliefert, exeffi monumentum heiszt, wie Ov.
met. XV 871 iamque opus exegi usw. erweist, hier nichts anderes als
'ich habe eine erinnerungsschrift zu ende gebracht', von denkmal
errichten ist gar nicht die rede : manumefdum ist von der samlung
der drei bücher öden gebraucht, wie zb. Cicero monumevUa rerum
gestarum^ commendari monumentis aUcuiuSj annälmm mamunefiiis
celebrari sagte {de arat. I 201. ^pist. V 12, 1. p. Bah. Fast. 43).
^ese erinnerungsschrifb nennt Hör. aere perennius: ^dauernder als
erz — und höher ragend als der königsbau der pyramiden.' wir
können zugeben, dasz allenfalls der zweite vers fehlen konnte, vgL
Find. Py. 6, 7ff. öjivuüv Gricaupöc . . T€T€(xiCTai . . töv oöt€
X€tM^ptoc öjLißpoc . . oCt' ävejLioc ic fiuxoöc äXöc dSoici, obwohl
hier das TCTeixtCTai die Vorstellung stärker werden l&szt, als es in
dem doppelsinnigen monumetUum des Hör. der fall ist. musz er
aber fehlen? Schulze nimt anstosz an der bedeutung des wertes
sUas. dies bezeichne in der regel 1) läge , 2) durch langes liegen
erzeugten moder. dasz diejenigen (unter ihnen auch Eiessling) irrten,
welche hier für sUus die letztere bedeutung annahmen, gebe ich
Schulze gern zu ; entscheidend ist für mich hierbei das aUius. denn
den sinn von ^höher ragend als der moder der königlichen pyramiden'
(selbst diese enallage zugegeben) kann ich nicht ergründen, dasz
trotzdem Martialis VIII 35 unsere stelle im sinne hatte, dh. sich an
sie erinnerte, wenn er sie auch nicht 'nachahmte', ist für mich sicher
wegen der gegenüberstellung des vergehenden und des bleibenden,
wenn aber Schulze bemerkt: 'in dem part. sUus ist überall die be-
deutung der horizontalen läge erkennbar' — so irrt er und vergpiszt
Verbindungen wie jene Plinianische sitae fuere et Thespiades ad
aedem Felicüatis (n. h. XXXVl 39). die grundbedeutung von sino
ist, wie das compositum po(^)f}0 lehrt, keineswegs 'legen', sondern
'stellen , setzen', und Schulze musz selbst zugeben , dasz das subst.
Situs auch 'Standort, anordnung' bezeichne, dasz es aber auch geradezu
'bau , bauliche beschafifenheit' heiszt , lehrt Plinius n, h, IX 72 paS'
seres a rhomhis situ tantum carparum diffenmt, dexter resupinatus
est Ulis, passeri{lms) laevus. auch Tacitus hist. I 48 bezeichnet mit
Situs castrorum nicht die läge, sondern die bauliche beschafPenheit.
schon bei Caesar IQ. V 57 suh castris vagahatur, ui süum castrorum
382 PRegell: augaralia.
zaholen. wohl aber kann und musz man den augum eine gewisse
spectio zugestehen, sofern man darunter blosz den sinnlichen act
des aussebanens nach zeichen (Festus : aspedio) versteht, da ja that-
sächlich die augum oder ihre Stellvertreter bei den auspicien an stelle
und im auftrage der magistrate die zeichenschau ausübten, aber
auch eine gewisse initiative spectio musz den augum zuerkannt wer-
den bei der dirarum ohnuntiatio während magistratualer amtshand-
lungen, namentlich während der comitien, da ja hier die aagum
ohne speciellen auftrag des magistrats, aus eigner initiative, obnun-
tiieren.*
Worin unterscheidet sich nun diese spectio der augum von der
der magistrate? die augum können niemals auspicieren rei gerendae
causa (ut ipsi auspicio rem gererent Festus), sie können niemals aus
eigner initiative impetrieren (res impetrtre Cic. de div, 1 16, 28),
sondern unbeauftragt nur die (intercedierenden) oUativa als die inter-
preten des göttlichen willens dem auspicierenden oder bereits aus-
führenden magistrat zur anzeige bringen, um &\& perüi reUgionum
(Livius XLI 18; 16) durch ihr consüium jenen vor übereilten; den
göttem nicht wohlgefälligen schritten zu bewahren.
Biese beschränkte spectio nun finde ich angedeutet in den
werten des Festus speäio dum taxat quorum cof^silio rem
gererent magistratus^ und das fehlende prädicat zu spectio wie zu
dem vorhergehenden nunticUio suche ich in e^, für welches ich 6«^
vorschlage, ich lese demnach so : spectio in aitguraUbus ponitur pro
aspectione, est nuntiatio, qma omne iu$ auspiciorum hahent^ auguri-
hus^ speäio dum taxat quorum consüio rem gererent magistratus: hos
ut possent impedire nuntiando quaecumque vidissent. at his spectio
sine mmticUione data est, ut ipsi ai^cio rem gererent, non ut aiios^
impedirent nuntiando. vor hos ut possent usw. habe ich ein stärkeres
interpunctionszeichen gesetzt, weil ich diesen zusatz sowohl auf
nuntiatio als auf spectio beziehe, zur sache selbst bemerke ich noch
folgendes, unter nuntiatio ( . . bis auguribus) verstehe ich die nun-
tiation während des auspicienactes, unter spectio (. . bis magistratus)
die obnuntiation während der amtshandlung (rem gerere). in den
werten quaecumque vidissent finde ich die ohlativa angedeutet und
glaube, dasz Verrius dieselbe einteilung der dirae vorgeschwebt hat,
aufweiche Servius zu Aen, IV 453 (de auguraU discipUna) hindeutet:
dira enim deorum ira est, quae dupiUd modo coUigitur, aut ex signis^
aut quocumque modo et quacumque ex parte, dieselbe ein-
teilung erwähnt Servius noch zu Äen. Y 7 und III 246.
* wenn der augur in villa publica sasz, ut consuH, siquid usus po-
poscissetj esset praesio (Varro r. rust, III 2, 2), zugleich doch aber auch,
um nach etwaigen die comitien störenden dirae ausschau zu halten, so-
kann man diesen act des echauens und beobachtens doch gewis unge-
zwungen eine spectio nennen und mit der des auspicierenden magietrata
in gewissem sinne vergleichen.
HlRSOHBERG IN SCHLESIEN. PaUL BeOELL.
EAnspoch: zu Homtiue [carni
53.
ZU HOEÄTIUS.
Im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift 8. 621— 627 suchtESchulze
in Petersburg nachzuweisen, dasz ca. III 30 v. 2 unecht, dagegen
zwiacheb regnavit populorum und ex humtlipotens (v. 12) zwei halbe
verse aasgefallen seien:
regnavit populorum <^orius, at ingeni
fama factus in urbe^ ex humüi potens nsw.
die elnscbiebung klingt keineswegs Horazisch. ich glaube , das ge-
dieht ist untadellich Überliefert, exegi monwment^im beiezt, wie Ov.
mel. XV 871 iaTti^e opus exegi uaw. erweist, hier nichts anderes als
'ich habe eine erinnerungsschrifl zu ende gebracht', von denkmal
errichten ist gar nicht die rede : motiumentum ist von der samlung
der drei bücher öden gebraucht, wie zb. Cicero monwnenta reram
gestarum, commcndari monumentis alicuius, annaUwn monumentis
celebrari sagte {de oral. I 201. epist. V 12, 1. p. Bab. Post. 43).
^ese erinnerungsschrift nennt Hör. aere persnnius: 'dauernder ala
erz — und höher ragend ala der königabau der pyramiden.' wir
ktJnnen zugeben, daaz allenfalls der zweite vera fehlen konnte, vgl.
Find. Py. 6, 7ff. uMVuiv öricaupöc . . TeieixicTai . . töv oiSre
Xeifi^pioc ÖMßpoc . . out' ävejioc ic mjxoüc oKöc dEoici, obwohl
hier das TereixiCTai die Vorstellung stärker werden laszt, ala es in
dem dofjpelsinnigen nwnumentum des Hör, der fall ist. musz er
aber fehlen'/ Schulze nimt anstosz an der bedeutung des wortea
sUus. dies bezeichne in der reget 1) läge, 2) durch langes liegen
erzeugten moder. dasz diejenigen (uuter ihnen auch KiessUng) irrten,
welche liier für siltcs die letztere bedeutung annahmen, gebe ich
Schulze gern zu ; entscheidend ist für mich hierbei das altiits. denn
den sinn von 'höher ragend als der moder der königlichen pyramiden'
(selbst diese enallage zugegeben) kann ich nicht ergründen, dasz
trotzdem Martiaüa Till 35 unsere stelle im sinne hatte, dh. sich an
sie erinnerte, wenn er sie auch nicht 'nachahmte', ist für mich sicher
wegen der gegen übers tellung des vergebenden und des bleibenden.
wenn aber Schuhe bemerkt; 'in dem part. süus ist überall die be-
deutung der horizontalen läge erkennbar' — so irrt er und vergiszt
Verbindungen wie jene Plinianische sitae fitere et Thespiades ad
aedem Fdieitatis («. h. XXXV l 39). die gr und bedeutung von simö
ist, wie das compositum po{si)no lehrt, keineswegs 'legen', sondern
'stellen,, setzen', und Schuhe musz selbst zugeben, dasz das subst.
Situs aucli 'Standort, anordnung' bezeichne, dasz es aber auch geradezu
'bau, bauliche bescbaffenheit' heiszt , lehrt Plinius n. %■ IX 72 jku-
seres a rhombis situ tantum corponim differunt, dexter resi^nalwB
est Ulis, passeri{biis) laevus. auch Tacitua htst. I 48 bezeichnet mit
Situs castroriim nicht die läge, sondern die bauliche beschaffenheit.
schon bei Caesar IG. Y 57 sii& castris vagabatur, ut situvi caslrorum
384 EAnspach: zu Uoraidus [eonn. Hl 80].
cognosceret kann sUiis nicht die ^lage' oder 'anordnung, Standort'
bezeichnen , sondern musz gleich unserm *baa , aufbau' sein, denn
um die beschaffenheit der gegend, in der das lager (offenbar auf
einem sehr steilen berge) lag, kennen zu lernen, brauchte man nicht
wiederholt dicht vor dem lager umherzuschweifen ^ wohl aber, um
die befestigungsart des lagers hei der von natur sehr festen läge
kennen zu lernen (vgL 57 aa.). wenn Cicero sagt de not. d. 11 153
ex quo dehet inteUegi nee figuram situmque metnbrarum nee ingenii
mentisque vim tälem efficipotuisse fortuna, so ist nach § 149 ff. klar,
dasz es hier nicht auf läge oder Standort oder anordnung der glieder
zu einander, sondern nur auf das^ was wir den 'bau' der glieder
nennen, ankommt, dafür spricht auch die enge Verbindung figura
sUusque. ebenso ergibt sich in aead.pr, II 122 eorpora nostra nan
navimus: gut sint situs partium, qtuim vim quaegue pars haheat
ignoramus als bedeutung von sUua partium 'gliederbau' besonders
aus der vergleiohung mit dem folgenden: quia . .patefacta et däecta
mutentur. bei der section verändert sich weder läge noch Stand-
ort noch anordnung der glieder, sondern nur ihre figur und ihr bau,
der genau genommen bei geschlossenem körper anders ist von^
dieser eigentlich passiven bedeutung konnte sich nun leicht die be-
deutung entwickeln , die wir für Hör. beanspruchen : situs «» moles.
so bedeutet ja vidus lebensweise und lebensunterhalt, ähnlich cenatio
Speisung und Speisezimmer, messis das abmähen und das gemähte
oder zu mähende; natio das geboren werden und nation, naminatio
benennung und wort (Varro), ornatus zierde und zierender anzog,
gerate usw. usw. zu sUus 'bau' stimmt auch der gebrauch von situs
"■B 'erbaut' bei Tacitus : vgl. ann. III 38 urhem a Phüippo sitam
und Nipperdej zu Tac. ann. I 39. auch Sallustius scheint diesen
gebrauch von sHus bereits gekannt zu haben : lug, 37 nam circum
murum^ situmin praerupti montls extremo usw. da kann situm nur
so viel sein wie €xstrt4ctum oder meinetwegen positum, wie zb. Caesar
sagt he. I 61 u2 erat qppidum positum ad Iberum und bG. III 12
erat eius modi fere situs oppidorum, ut posHa in extremis lingülis
usw. so nehme ich fiier situs als 'bau' und regalis situs pyramidum
(wie Valerius Flaccus von regalia iussa spricht) als 'königsbau' dh.
von königen errichteter bau der pjramiden.
Gesetzt aber, wir erklären v. 2 wegen der bedeutung von sUua
für unhorazisch : dann müssen wir weiter fragen, wie kam der inter-
polator dazu, situs in dieser bedeutung hier zu gebrauchen? doch
Schulze fragt femer : 'ist es denkbar, dasz Hör. seine gedichtsamlung
von bescheidenem umfange — sie umfaszt nach heutigem maszstab
fünf druckbogen — als ein werk bezeichnet, das durch seine unge-
heure grösze be wunderung erregt?' dasz Ovidius von den pyramiden
und der höhe derselben am schlusz der metamorphosen nichts sagt,
beweist natürlich für Hör. nichts, hätte Hör. überhaupt bei diesem
vergleich an räumliche ausdehnung seiner gedichte gedacht, so wäre
er ja geradezu ein narr gewesen, er denkt selbstverständlich an die
EAnspach: su Horatiiu [eorm. VI 30]« 885
ungeheare bedeutung, die nach seiner meinimg Beine geeammeltea
gedichte haben, doch auch dieser anffassong tritt Sohiilie entgegen:
er weist aus ca. I 6, 9. 11 12, 3. episi. IL 1, 257. 00. m 3, 69.
lY 15, 1. IV 2, 33. IV 2, 31 nach, dasz Hör. das masz seines talen-
tes und die grösze seiner leistongen niemals überschfttzte. alle jene
stellen beweisen aber nur, dasz Hör. bescheiden sein konnte, wMin
er es absichtlich , sei es ans hGflichkeit sei es aus andern grttnden,
sein wollte; alle jene stellen yerraten eine sehr bezeichnende ge-
suchte bescheidenheit. dasz jedoch Hör., wo es sich um seinen
dichterruhm handelte, auch stolz und zwar sehr stolz sein konnte^
beweisen auszer manchen andern stellen das ganze gedieht m SO,
besonders der schlusz, und das zu gleicher zeit entstandene 1 1, wo
er ähnlich den terrarum donUni gut ad deos evehuniur von sieh sagt:
me . . dis miscefU sujperis und subiUmiferiam sidera verUce. diese Yor-
Stellung Yon dem hochragen der eignen person schwebt Hör. offen»
bar auch in HI 30 noch vor, teilweise tibertragen von der person
auf seine werke : diese ragen höher als der königsbau der pyramiden. ^
doch soll sich dieser gedanke nach Schulze ungeschickt zwischen 7. 1
und 3 drängen, ich habe oben gesagt, er liesze sich allenfalls ent-
behren, es leuchtet aber ein, dasz ein monumentum fest sein kann,
ohne gerade sehr bedeutend sein zu müssen, und das letztere, die hohe
bedeutung, wollte eben Hör. hervorheben; auch reichte aerep&rmmma
streng genommen nicht aus, da es auch manumeiüa gibt, die nicht ans
erz sind und doch fast noch dauerhafter als diese, wie ja nach Diodor
I 63 die pjramiden zu Hör. zeiten noch keineswegs vom zahne der
zeit sichtbar benagt waren, und Horatius, der, wie einmal Bdcheler
sehr richtig sagt (im index schol. Bonn. w. 1878/79) , mehr kritiker
als dichter war, empfand dies sofort und fügte v. 2 hinzu« auch v. 3
schlieszt sich prächtig an das vorhergehende an, da ja etwas hoheS|
bedeutendes, wenn es dauerhaft ist, der Vernichtung noch leichter zu
widerstehen vermag als etwas geringes, so wird, um in demselben
gegensatze zu bleiben, der rasende Aquilo leichter die eherne bild-
seule als die hochragende pjramide umstürzen können.
y. 2 ist also echt Horazisch und auch bereits durch Propertius
und Martialis vorausgesetzt : denn wenn man auch nicht sagen kann,
dasz beide Hör. nachgeahmt haben, so ist doch das ganz sicher, dasz
sie bei der abfassung ihrer gedichte sich jener Horazischen stelle
erinnerten, ist aber v. 2 echt, dann fällt eine gute stütze für Schulzes
ansieht, dasz ein vers verloren gegangen sei.' merkwürdig ist es,
dasz er s. 625 richtig angibt: *nach der Überlieferung sagt Hör.:
preisen wird man mich, wo der Aufidus rauscht • . als einführer der
äolischen Ijrik in Italien' und doch auf der folgenden seite LMüller
sich anschlieszt, der nicht weisz^ ob er den ganzen relativsatz qua
violens usw. zum vorhergehenden oder zum folgenden ziehen soll.
^ man vgl. übrigens, was Angustus selbst bei Suetonios vita Hör,
über die superbia des Hör. sagt. * damit hat er übrigens recht, dass
sonst nicht eine silbe als interpoliert auszuBcheiden sei.
Jahrbücher iiir dass. philol. 1888 hft. 6 o. 6. 25
386 EAnspach: su Horatius [oinii. III 80].
das aber ist zunächst festzuhalten : qua viölens usw. gehört zu dieoTy
und ex humüi potens zu princeps . . deduxisse* patens hat die kraft
eines participiums : ^ein m&chtig seiender*, und die ergSnzung Yon
factus ist gar nicht nötig, beschränkt nun Hör. seinen rühm auf
seine geburtsstätte? keineswegs; geht doch vorher: so lange Born
steht, werde ich immer wachsen; wer aber wächst und hochragt,
wird selbstverständlich weithin gesehen, zuerst denkt der dichter
an Rom selbst als die bleibende statte seines ruhms. hier, wo er
gedichtet; wird man ihn nicht vergessen, aber auch in jenem heimat-
lande, an dem der dichter mit ganzer seele hängt, wie nicht blosz
aus unserer stelle hervorgeht, dort wird man seinen rühm verkünden,
und mit besonderer genugthuung erfüllt es Hör., wenn man dort von
ihm sagt : jener arme knabe, in niedrigkeit geboren, ist einer der be-
deutendsten römischen dichter geworden, gerade jener stolz des
dichters, in seinem vaterlande als ein berühmter mann gekannt und
gerühmt zu werden, ist ungemein menschlich, und wir bedürfen auch
nicht der geringsten änderung der Überlieferung, dasz sein rühm
sich über die ganze erde verbreiten werde, hatte Hör. übrigens schon
n 20 zur genüge auseinandergesetzt.
Wenn Schulze s. 625 sagt: 'durch entfemung des unechten
verses bekommt unser gedieht eine schöne strophische gliederung,
die ihm bisher abgieng, da v. 5 und 9 in die folgende strophe über-
hieng', so geht er von zwei falschen Voraussetzungen aus, von der
vierzeiligen strophe auch bei monokolischen gebilden und von der
annähme, dasz bei besonders 'feiner durchbildung der form' sinn-
abschnitt und strophenschlusz zusammenfielen, die richtigkeit der
vierzeiligen abteilung hier zugegeben vergleiche man nur, wenn
man 1 1 unberücksichtigt lassen will, IV 8 und das aus dem stichiscb
wiederholten gröszem Asclepiadeus gebildete gedieht I 18. auch zb.
bei der alcäischen strophe findet sich ja keineswegs selbst in den
feiner ausgearbeiteten gedichten immer sinn- und Strophenabschnitt
zusammenfiedlend : vgl. III 1. 2. 3 usw. auch da kann es vorkom-
men, dasz zweimal hinter einander der gedanke einen vers über den
strophenabschlusz weitergeführt ist, wie I 16, 21 und 25.
Nun ist es aber keineswegs entschieden , dasz alle Horazischen
gedichte in vierzeiligen abteilungen gedichtet sind, der alte gram-
matiker, von dem die bezeichnungen der gedichte als mono€olo$^
dicolos^ tetraoolos herrühren, und der sicher diese benennung nicht
ohne grund vornahm, kennt nicht den beispielsweise von HSchütz
(ausg. s. 32) gemachten unterschied von monocolos aber distichos
oder tetrastichos : 'da beide nur 6ine art von versen enthalten, so
heiszen sie ^ovÖKUiXa, eingliedrig; weil sie aus je vier versen be-
stehen, zugleich TeTpdcnxot, vierzeilig.' man sehe die schollen zu
19, das als ein alcäisches gedieht nach Schütz als rpiKUiXoc Terpd*
CTixoc bezeichnet werden würde , so aber nur als TeTpdKUiXoc be-
zeichnet ist usw. man geht auch femer davon aus, dasz die zahl der
verse aller carmina (mit ausnähme vielleicht von lY 8, wo nach strei-
EAnBpach: zn Horatiiit [carw^ JH 80]« S87
chung des v. 17 noch 33 verse übrig sind und man dann natttrlidi
noch mehr Btreichen musz') durch Tier teilbar, sowie daez ofleabar
HI 9 in vierzeiligen atrophen gebaut sei, da rede und gegenrede je
vier verse enthalte, dem letztem Ittszt sieh entgegenhalten, dass Hör.
rede und gegenrede aus je zwei versen wohl fCLr zn kurz «ad ans
mehr als vier versen für zu lang hielt, deswegen faszte er hier Je
zwei distichen für rede und gegenrede zusammen , ohne dasz jedoch
diese Zusammenfassung metrisch zu 6iner strophe werden mustei.
das gebe ich den Verfechtern der vierzeiligen strophe zu^ dasz Hör.,
weil er die meisten seiner öden in vierzeiligen gebüden und aus
mehreren derselben zusammengefoszten Strophen und antistrophen
usw. gedichtet Tvon 104 öden incl. c. saec» bestehen 80 aus vier-
zeiligen gebilden), bei dem aufbau der monokolisohen und dikolischen
gedicbte gröszere aus 2 , 4 , 6 , 8 versen oder distichen bestehende
Strophen und antistrophen bildete, welche den aus mehreren vier-
zeiligen gebilden zusammengesetzten Strophen und antistrophen un-
gefähr entsprachen.
Von den epoden lassen sich ebenfalls 9 in vierzeilige gebilde
zerlegen^ die andern können fast ohne mühe ebenfalls in die vier*
zeilige Zwangsjacke eingeschnürt werden durch annähme von Inter-
polationen , die ja häufig auch in den epoden gesucht werden, und
doch ist es , so viel ich weisz , bis jetzt niemand eingefallen für die
epoden die vierzeilige abteilung anzunehmen, viele der dikolischen
gebilde aber tragen einen recht epodenhaften Charakter, endlich —
und das ist für mich das entscheidende — muste Hör. auf irgend eine
weise doch erkennen lassen, ob er die monokoliscben oder dikolischen
gedichte in vierzeiligen abteilungen gebaut habe, dies ist nirgends
angedeutet, auszer scheinbar in IH 9 — den grund für diese Zu-
sammenfassung von je zwei distichen habe ich bereits oben ange-
geben — dagegen lassen Hör. gedichte thatsttchlich noch ihren auf-
bau erkennen, bereits FMartin ^de aliquot Horatii carminum ratione
antistrophica et interpolationibus' (Posen 1865) s. 2 f. hat darauf
aufmerksam gemacht, dasz Hör. wie die griechischen dichter zur an-
deutung von strophe und antistrophe gleiche vocale verwendet. Martin
hat nun diese entdeckung keineswegs ausgenutzt, auch viel&ch ver-
kehrte Schlüsse aus ihr gezogen , da er annahm , alle gedichte seien
nach art der griechischen chorlieder gegliedert, auch ist es ihm ent>
gangen, dasz solche respondierende stellen, auszer vocal- und con-
sonantgleicbklang , besonders in arsis, in versbildung (häufig im
inbalt, vgl. Martin ao. s. 3) (entweder correspondierend oder adver-
sativ) und in gleichen werten (eigennamen) übereinstimmen, ich
denke dies an einem andern orte* des nähern nachzuweisen und
' auch über III 12 ist man zweifelhaft, ob es einzeilig, drei- oder
vierzeilig abgefaszt sei.
* r^gl' jetzt des hrn. vf. abh. im osterprogramm 1888 des gymn. zu
Cleve: ^die Horazischen öden des ersten buohs in bezug auf Interpola-
tion, aufbau und zeit ihrer abfassung. Ir teil' s. 3 uö.]
25 •
388 EAnspach: zu Horatias [carm. III 80].
hoffe hierbei dem Hör. manche atrophe mit Sicherheit belasaen sa
können, welche kritischer Übereifer ihm abgesprochen hat. auch
für das vorliegende gedieht DI 30 ergibt die correspondeni der ein-
zelnen teile, ans denen das gedieht aufgebaut ist, dasz dasselbe in
der vorliegenden form vollständig Horazisch überliefert ist. ^ es be-
steht nemlich aus 6 (a) + 3 (b) + ^ (^0 "t" ^ (*0 versen:
a Exegi \ monummtum aere perennius
regalique situ pyramiäwm \ äÜiuSy
quod I non imber \ edax, non Aguüo inpotens
possU diruere aut in\numeräbü%s
5 annorum series et fuga teimporum,
b non omnis \ mariar muUaque \ pars mei
vitäbü I LMtinam. iisque ego \ postera
crescam \ laude \ recens^ dum CapüoUum
b * scandet cum \ tadta virgine \ pontifex.)
10 dicar qua | vicHens obstrepit \ Äufidus
et qua \ pauper \ aquae Daunus agrestium
a* regnavit \ populorumy ex humüi potens^'
princeps Aeolium Carmen ad \ Itcdos
de\duxisse \ modos. sume superbiam
15 quaesüam merüis et \ mihi Deiphica
lau/ro cinge völens^ Mdpomene^ comam,
ich mache auf die fast stetige Übereinstimmung in den kleinem
cäsuren, auf die nicht volle hauptcäsur in monumentum aere und
poputorum ex aufmerksam; regnavit und potens v. 12 erinnern an
V. 2 regalique situ und 3 ÄquHo inpotens.
* der ursprüngliche entwarf mochte nur y. 1 — 4. 5/2 -1- 7/2 f. ent-
halten, 80 daes eich uique ego posiera sofort an annorum serieM aoschloss.
sparen hierfür sind perenniut^ altius^ inpotens vgl. mit AufiduB^
agrestium^ humiä potent ^ so dass die ursprüngliche gliederang sein
mochte 1-^7, Hör. merkte dasz 7/2 sich kaum ganz gut direct an
y. 5/2 ansohlosz, and änderte dann.
Cleve. Eduard Anspaoh.
EBaehrens: ad Orientiiim. 389
54.
AD OBIENTIÜM.
Bobinso Ellis Oxoniensis cmn in corporis scriptoram ecclesift-
sticornm latinorum volaminis XYI parte I Comxnonitoriam Orienti-
anum edituros plagulas a prelo madidas mihi xnitteret, ut siquid ad
emendationem possem conferre ei indicarem, equidem qaamquam
meis stndiis distentus morem ei gessi et ea cum celeritate, qua
plagulae erant remittendae, Carmen illud perlustravi. nnnc nbi edi-
tionem illam pablici iuris factam panlo lentios per horas subsedyaSy
dum animum a gravioribus inquisitionibus de&tigatum recreo, per-
tractavi, praesto sunt haud pauca, quibus adnotationes priores com
corrigam inlustremque tum suppleam novisque inyentis augeanu
Libri I y. 43 sqq. , ubi poeta ezposuit duas vitas esse bomini
datas, terrenam caelestemque^ priorem ita describit ▼. 49 sqq. ez
emendatione nostra:
unam nascendi rcdio prius amnibus affeti^
haut cura eprapnis (xmseqmhirmerUis
(nasci non nosirum nee hngum umere nostrum):
uitam^ quae seguUuTy cura parare patesi.
traditur y. 50 hanc cura et] sed neque unam et hone sibi respondere
possunt neque de yita altera nunc agitur^ cum yersus 51 ita demnm
non sit otiosus , si sententiam prioris distichi accuratius persequitur
(ad merita cf. I 107). nee yero y. 53 codicum scriptura uita parare
potest iustum habet acumen , cum nuda yitae yox non innuat yitam
terrenam piam iustamque, mentem autem scriptoris patefaciat y. 58
altera (vita) de summo parta lahore uenit, ' — 109 sqq. sie lege inter-
pungoque:
et non hoc solo contentus munere, quo te
instruxit membris, sensibus excoluU,
cui tribuit uUam, largitur commoda uttae^
Omnibus ut tibi sü praedita deHoiis.
nam cum magno sententiae impeditae incommodo traditur in libris
qui tribuit. — Secuntur haec (113 sqq.) :
ecce tibi caelum pendetj tibi terra recedU^
aera librantur^ ftuctuat oceanus;
noctes atque dies succedunt mensibus anni;
söl splendet , lucent sidera , luna rubel,
y. 113 Delrio coniecit residU. sed enim praestatre^edt^; quod tempus
perfectum cum utatur praesentis notione , suum inter cetera prae-
sentia habet locum. in sequenti autem hexametro non tolerandos
esse menses anni per noctes diesque succedentes, non est quod pluri-
^ I 85 quod proposui teneoque sensu maiorem [maiore codd.], uincen"
tem eqs. (cf. fillisii editio p. 254), id corroboratar locis, qualis est Minacii
Felicis 18, 8 Ate (deus) non uideri potest: uisu clarior est; neo conprendi:
tactu purior est; nee aestimari: sensibus maior est.
390 EBaehrens: ad Orientiiim.
bus eiponam. legas sibi cedunty mensibus anni, — 137 sq. sie
nuperrimas ediior exhibet:
nee modo terreno tantum seruire it^betur
per uarios ustts subdita terra homini.
ut mittam mlra cum abundantia iunctum nee modo tantum, haec vox
postrema ibi conlocanda erat, ubi ob oppositionem a^ris et pelagi
aliqao modo tolerari potest^ scilicet post terra, oorrigas qnaeso in
totum seruire: cf. II 212.* — y. 170 scribendom videtur :
nee tarnen haee dominus, cuius suni omnia, quaerü:
sufficU ut dominum rursus omattAS ames,
nam quod Codices praebent seruus, excluditur eo qnod poeta, post-
quam dixit debere homines deum colere ^opibus votis serritio', ipse
sabiecit non tarnen dominum haec qoaerere. — Quod olim in v. 181
male me habnit, id nunc intellego longe alia ratione esse remoyen-
dum. nam qui aegre tuli, in mutui quo bruta etiam animalia tenen-
tor amoris descriptione cum tantum pecus (177 — 180) et avium
genus (183 sqq.) arcessantur, sine ulla ratione interseri pisdum
mentionem (181 guod fluctibus occulit aeguor), cuius nuUus fiat usus,
ita debui huic vitio succurrere, ut 181. 182 traicerem post 176, ut
in Universum posito eo quem dixi amore iam per exempla eatur ex
duobus modo generibus petita, sed quod v. 185 sq. dicitur, concur-
rere tam feras quam aves, sicui comiti ingruat periculum , pergitur-
que 187 sq.:
captiluam comüem cursu grege uoce lujilatu^
etsi nonpossunt, eripuisse uolunt:
velim equidem scire, quonam modo haec inter feras et aves distribui
queant. comitantur hae cursu (sc. a^rio), illae grege ; hae voce, illae
volatu: apparet alterum membrum tam sensu quam oppositione
carere. corrigas cursu grege, uoce boatu, sie paulo post v. 193
eodem modo interpunctione sunt distinguenda cola usu ingenio,
rebus ratione.^ — Bedire post mortem animas in eadem membra,
quae vivis erant, persequens Orientius haec habet inde a v. 263 :
non modo quae tumulis bene condita saxa reseruant
aut Arabum solidans puluis odorque tenä ,
sed dicto citius formanda in membra redibit
portio de tumulis, portio de fluuiis.
tenet, h. e. 'differtos habet', ex codice B recepi, cum tegit nihil quic-
quam pertineat ad rem. apparet porro tumulis alterum ex priore
disticho male esse repetitum , cum in tumulis integra cadavera sint
' I 144 quod conieci deripiuntur (vix enim dizerifl in aere decipi
aves, cum praesertim oppositio alind flagitet) confirmatur inter alia
a Silio Italico XIV 266 8eu caelo libeat traxisse uoluerem et a Martiale
IX 101, 7 Stymphalidat attris abatutit. ' y. 201 in adnotatione male
explicat EUisius; dicitur autem brevem sententiam omoia oomplecti lata
patentem (ceterum ad v. 198 totum Catonis distichon IV 83 sq. adscrip-
seram). — v. 208 non intellego prouUis tectis (haec enim adsont); et
v. 218 conieci proprü par causa fauoris. — ▼. 217 sq. quod proposai
flic interpunctum volui offer in simüi causa, sie ut ameris amam».
EBaehrens: ad OrieniiaiiL 391
reposita, quae in hunc locum non quadrent, nbi de diapenia membria
agitur. rem tibi aperiunt ea quae aecontiir v. 269 sq. takum aderU,
tohnn diiiersa ex parte coibU, pars ucHueri aiut piad^ pars lamata feriSf
in qnibus id quod est pisci respicit ad fluuHs y. 266, feris antem ad
lustris sive dumis sive quocumque modo expolsis tomnlis latebraa
ferarum vis restituere. üngit igitur Orientius animo sibi imaginem
hominis mortai, cains membra partim in silyam a beatüs ablata,
partim in flnmen sint abiecta. * — 287 sqq.
ipse etiam uariis condusus wensibus aimus
tempore mutaio mortis hahd speeiem^
cum uer autumno^ frigus depdi/iiur oesfu,
utque hommtMn res est^ hoc uenUy UM abii.
non est sermo de fine anni , sed de ae^ma anni tempomm vioissi-
tudine, id qnod clarias aperiunt t. 291 et sequens. nnde primo dedit
Orientius uarius conclusis mensihus annus\ quocum of. ex. gr.
Petronius (PLM. IV 76, 6 p. 89) et permutaku disUmcHs mensibus
annus et Yergilius Aen. Y 46. deindeidem, ut suspioor, scripsit
tempore mutat am totus habet spedem. pergiturita:
hoc tarnen aeterno, donec deus annuU^ usu
inque uicem äUerno uoluU%tr officio.
in quibus pro aderno Ellisius coniedt äUemo^ ipsum loci consilium
cum innuat aetemitatem tam usus quam offidi esse efbrendam:
aeterno uoluüur officio.^ — 348 restituerim:
d partum excidium quamprope^ Bama^ tuum
secundum melioris librl lectionem raptum,* — 404 yerum puto hoc:
lapsu a praedpüi perge referre pedem ,
cum extet in codicibus incongruum illud lapsum. — Mox y. 428
genuinum erit:
uix dederat tenuis signa notata solo,
ubi absone traditur tenui, — Oravius Vitium residet t. 448, ubi A
tradit :
oderit ignotos audax attendere uuUus
seque tam dt notis addere luminibus,
B autem praebet tarnen notis et recipitur Delrionis ooniectura abdere
(qui praeterea diam coniecit). nihil in his reperio quod vere intel-
legi possit, sed suas huic poetae, qui est ex meliere nota inter con-
similes, reddo elegantias hac mutatione nequitiam (i. e« libidinem)
d motis addere luminibtis, unde magis etiam oommendatnr quod in
yersu sequenti proposui permixto ludentia Umiina luxu.^ — 650
sie lego :
^ Y. 283 aptiBsimum mihi yidetur spiceta (Jny densi», v. 286 ex A
recipio gramine, ^ v. 306 ex B sontes erat recipiendam. * v. 868
et plane superflunm erat inmatandam. conieci tam toto nobiUs orbe fläi.
391 et 400 codicis A scripturam praefero proboque v. 898 coniectoram
Rivini (394 solum nunc retineo). ^ y. 536 iam amplector Biyini emen-
dationem.
392 EBaehrens: ad Orientiam.
certe non älüer siiientia proluU ara,
quempahna obtulit et quem caua gemma, liquor.
päl/mae öbttderini Codices , quod re flagitante secundum ?. 552 quos
crystoMa däbunt quosque pateUa cibos facile emaculatnr. — y. 559
emendo :
argenti aut auri moles et gemma coruscans^
pro librorum lectione a/rgevitum et auri (nee enim mnltum profidmns
et in atque mutando). — Nee non v. 565 aperte est rectum hoc:
nam seruata nimis quam mox bona non tua fientf
nam codicnm scripturam quae mox contortissime Ellisios ex more
suo defendit. cf. Festus p. 261 ^quam mox* significat ^guam cito*.
— 571 scribas:
quodque sihi dempsit, melius repardbüur ipsi
pro iM, porro 574:
non tinea aut plutnae flammaue carpet edax
pro eo quod praeferunt Codices flammaque'^; nee non 602:
quae brutis etiam^ non ratione^ datur.
A cum ratione, B con ratione exhibent, quod varie et sine fructa
explicare student. brutis animalibus cum opponatur homo ratione
praeditus, additum innuit, illa licet ratione carentia tacite tamen
concordiam sequi. — Mox v. 604 nescio cur Ellisius non dederit :
siccis conpugnent umida, lenta citis,
melior liber cum praebeat conpungnent.
In libri secundi initio idem Ellisius ratione prorsus perversa
sequi maluit Schenkelii interpunctionem quam me, qui apertissimis
codicis indiciis insistens haec proposueram, v. 7 sqq. :
cum [an cod.], 9i uentosae moueat te gloria linguae,
qua [quam cod.] suadä uano TuUius etoquio,
sint [sin cod.] fugienda iocus conuiuia sermo uöluptas
sisque [siq, cod.] äiam aequaeuis dissodande tuis:
quo studio nostri seruabis uerba libeüi eqs.
perversam autem esse eam quam dixi rationem inde apparet quod
Orientius non tam gloriam linguae a Cicerone suasam perstringit
(hoc vix tanti erat), sed certum praeceptum ab eodem datum profert
in disticho sequenti. video nunc ex Ellisii indice, eum non intel-
lexisse, unde petitum esset dictum illud. nimirum in Caelianae § 46
(ttbi addendum est hoc testimonium a Ciceronis editoribus neglectum)
haec legimus : omittendae sunt (oratori) omnes uoluptates; reUnquenda
studia deleäationis^ ludus iocus conuiuium; sermo paene famüiarium
deserendus. restitutum igitur a me qua idem valet ac 'qua via' vel
*ratione'. — 29 sq.
ecce patrem Christus pro se lacerantibus orat^
suppilicat ä StephanuSy supplicat et Jacob.
in ultima voce licet I tam consona sit quam vocalis , tamen et sola
vi arseos hie productum non inputaverim Orientio. et quoniam
^ y. 592 B erat sequendus, qui praebet uelle cupit.
EBaehrens: ftd Orientitim. 393
Martenii lectio lacobtis reicitar ob mediae i^llabae prodnctionemi
id quod ecce praecedens suadet commendayerim en SkphamkSy aup»
joilicat en lacob. — 33
nuUum saeua reum fadai sententia,
male me babnit babetque id quod est saeua. quarnqnam nunc de
malis romoribos intellegi baec melius videns malo laeuai cf. 1 438.*
— 125 sqq. sie meo iudicio sunt constituendi:
quid tandem prodesi, cum desmü essepoiestas^
in quo sentitur quod fuU atque äbiU?
et quod paulatim auccedena ne&ciä adaa
et quOy si soierit, quid tibi meräs erU?
nee recte v. 125 esse^ potestas interpunxit Ellisius (apparet autem
notionem quae est id esse supplendam mente) et y. 128 quod a codioe
exbibitum pessimum est. artificiose autem poeta ei a qua ezorsns
est interrogationi in fine inserit noyam. — y. 130 proposui taniaque
hie. nam quod Ellisius bune yersum ad apodosin traxit indeque
y. 133 ante feres e coniectura sua scripsity minime probamus, niüla
cum adsit nee constructio nee iusta sententia. immo a y. 131 indpit
apodosis, cuius in initio melius sane restituetnr ex soUemni barnm
adbortationum formula tu domino piaceas; nee ut praeoeptiyum
dederim Orientii aetati. in prozimo autem disticho, ubi ante ferens
retinendum esse significayi, yerba ultima emendatorem ezpectant
(a sententia requiritur perpetuum hreuibus). — 138 corrigas me
auctore
peruenit ad fructwn uiäus amore laibor.
nam honore, quantum yideo, a proposito est alienüm. — Certius
autem est mendum in y. 157, sie illüd tollendum:
haec quia contingunt animos et mente uidentwr
{conscendunt inepte codex). — 161 sq.
nü habet haec tonguMy longo licet acta rotatu,
quo nunc perfruimur tempore y tnta hreuis.
quo neque cum rotatu neque cum tempore bene sooiatur. oommode
baec profluent ita: qua nunc perfruimur ^ tempore uäa "breuis.^^ —
y. 187 sqq. cum mortis yaria genera describantur, inexpectantibus
nobis accidit quod v. 191 sq. legitur:
quantos beUa fames perimant morbique furentes
et quae per uarias mors ruit una uias.
nam desideratur non unius mortis mentio, sed eiusdem species noya
ceteris praecellens. legas fors ruit una, ex. gr. comparans Tadti
Agr. 3 midti fortuitis casibus.*^ — 209 sq.
* Y. 46 antiquus probo idemque post y. 50 nonnalla intercidisse pato.
V. 52 Becundum Lucretium proposui ftuint pro fHant; sed eadem mensura
recurrit (id qaod et Ellisius praetervidit) infra y. 872. — y. 67 unam
yideo, latere nimirum ahlattan . . colorem, sed haereo de ceteris.
^^ yide an y. 183 lacuna sie Bit explenda: mors dolor exddium ^inee^
dunt\ incendia luctus, *^ y. 208 auspectum est illud proficU sospioa-
murque profugii (qua in yoce primam producit luyencus).
394 EBaehrens: ad Onentium.
sed fac uiuacis spaiia haec tarn longa seneetae^
orbis ut immunis funera respicuzs.
yerbis spatia haec quia vita indicatur hnmana , intolerabiliter gene-
tivns accedit. cedant ergo dativo uiuaci senectae sablata littera
dittographa , qui ex noto loquendi osu adaequat 'tibi seni loiigaeTO%
— De y. 216 quid statuam nescio ^^^ cum praesertim Ellisii adnotatio
sit obscurior , ut optßre liceat fore qui inspecto itemm codice accn-
ratius no8 edoceat, quidnam sibi yoluerit corrector. sed hoc scio,
y. 218 furcilla esse exigendum ineptissimum illud mortis reponen-
dumque sortis idem est^ h. e. eadem condicio. — Male idem Ellisiua
y. 221 sq.
eunHf nisi^ dum fruerisy frucbu tangere firuendi ,
et uUa haec uüae uiwst in officio
attemptayit yocem fiructu^ artificium non ita obscurum cum adsit in
notione tarn fruendi quam viyendi ter posita. colligabimufi autem
recto eententiae yinculo haec et priora, si nee ui^a Aoec restitueri-
mus.«— 231
sed nos decurso primaeuo flore iuuentae.
yoce ex y. 229 male repetita decurso pessime turbatur imaginis tenory
qui postulat potius decusso. ' — 255 sq.
feliXj qui licUum finem putat esse laborum,
quodf post ne timeat^ cauerat ante timens,
hie ne Ellisius quidem inyenit rationem explicandi traditum licUum
coniecitque infeliciter liquidum, dixerat modo poeta homines pecca-
torum conscios seram mortem utpote poenas differentem habere pro
lucro, perrexit igitur idem , ut nobis videtur , per lusum adamatom :
felix^ qui lucrum finem puiat esse lahorumy h. e. yitae miserias
morte finiri. ceterum cur Ellisius in minore versu dederit cauerit^
non perspicio {quod valet 'propterea quod'). — 261 constructioni
refragatur
quem faciat certis bene mens sibi conscia causis,
indicatiyi cum ubique praecedant. unde yerum erit quem facit et
certis, traiecta copula. — Poenas apud inferos subeundas dum descri-
bit Orientius, quattuor partes peocatorum instituit, quarum duae
primae sie sunt redin tegrandae (275 sq.):
hos tenebrae iuges caeca su^ node manebunt;
his lamentatum lamna seuera däbit.
male traditur his lumen tunc flamma s. d. ignis cum in tertia serie
reorum commemoretur , in secunda aliud supplicium locum habere
debet. nee dubito quin lamnam candentem, quam dicit Horatius, recte
intulerim; lamentatum nove fictum si reformidas, repone lamentari.
*' V. 228 conieci teneoque praemaduUse scyfo sive seypho [dbo codex],
nam neglecta positio in vocabnlo ^raecanico, ot mittam Itcentias poeta-
mm cbiistianorum, nullam habet offensionem. ^' post y. 8S4 distichon
yidetar interlapsum esse. — 239 recte volgo scribant nee, quod artiaa
cum prioribus cohaeret.
EBaehrens: ad Orientiiuii« 395
— Consuetis artificiis usus est Ellisius in t. 285 sqq. , quibus ut
affnndain lucem, adscribam verba emendata:
non quod nos^ istic: terrena in nu>rte perempHs
excipiunt unam erimina muUa neoem eqs.
nimimm faciendi verbo, ut saepe, omisso prima yerba paulo brevina
sunt dicta (<«» 'non quod nos facimus, illic faciunt'). iam ea qnae
secuntar separanda sunt necessario : terreno (285) et Ott iBic (291)
sibi respondent. in ipsa autem terreni suppHeii enarratione neqae
in abesse potest (quod nimirum liberius conlocatam ex more noto
cohaeret cum voce peremptis) neque tempus futorom exc^pimt stat
utpote in re ad hanc vitam nostram pertinente. *^ — 297 sq.
est sua periimsj est et ma poena superbiSf
atque aUa effusi causa cruoris erü.
baec yerba expediendi rationem nullam video, siqpidem et poma
xnente suppletum ad id quod est oMa snperflnam reddit yocem ca/asa
nee haec pro subiecto accepta ooit ullo modo cum genetiro (rectum
erit: atque alia poenae causa erit effiisus oruor). capat barum tor-
barum recidendum est ita^ ut simul effusum cruorem colpam habere
intellegatur. recordatur lector prudens legem Numae si qui haminem
liberum dolo sciens marH duU^pariädas esto\ nee pluraadferre est
opus, sponte iam intellexisti, esse Orientii aUa (sc. poena) effM
fr au de cruoris erU, — Traiectione yersuum ut iam olim significayi
opus esse in loco 300 sqq., ita nunc adnoto succurrendum esse paulo
infra. nam siquid yideo , transpositi inter se pentametri 314 et 316
ad meliorem intellectum non paulum conferunt. — y. 319
cU parte ex alia blandorum uerba priorum eqs.
nihil profieit unius yocis uerba sanatio, quandoquidem cur pii audiant
'blandi' obscurum est quammaxime. corrigimus blando rure, erbe
piorum : be in m ubi abiit , metro consultum est refingendo uerba, ^
— 357 sq.
cunäaque contento ducetur linea tractu^
cum fuerü medius progenitar genüis.
accurate qui totam hanc descriptionem mortuorum ad budnam dei
in iudicium currentium mente perpenderit, dubitare non potest quin
pro cum Orientius scripserit dum] cf. ex. gr. Yerg. Aen. I 265 J*
— 373
'' V. 294 foedum inrepsit Vitium typotbetae potidt pro patuit ponentis.
— 301, ubi codex habet linguam in comdtia promptam^ removendam erat
mendum ex adsimilatione ortum reposito promptus^ ut indicaveram
Ellisio, qui malait vocem Plautinam nee senani idoneam promptan»
restituere. ^^ v. 320 cum Martenio repono qui nee, — 323 lumina non
intellego: latetne lumine? — 829 codex habet sed toto et pectore cauH,
Commirius coniecit ca«/t. malim lautt — 3^2 täeiia btcU et inftdi corporis
inlecebris yideant alii num vere possint explicare vocem secandam, ego
laudia (i. e. gloriae vanae) malim. — 835 conieci sanctum hoc agmen
omissa ante h ex more poetarum postremae aetatis synaloephe.
^< diBtichon 371 sq. nondum sanatum est videturque ex scriptura codicis
habantur aliquid reconditius eliciendom esse; pro tunc conicio nunc.
396 EBaebrens: ad Orientdiim.
ore sacer, cdsus sölio, terrore uidendus.
lege omnino uerendus." — 383 sq.
quae uobis gnarus merUi uUaeque fiäurae
dat modo^ sed dudum donaparata pater.
gnarüs est deus summus non vitae futurae^ sed ut meritomm ita
vitae pure a piis peractae, hoc est uüaeque pudicae. — Oratio dei
ubi y. 388 finita est , breviter poeta in artam formulam redigit nor-
mam, secundum quam iudicium fiet:
et tandem ut firme maneanty quaecumque %ubenUi/r^
haec erit aetemi farmüla iudicU,
et tandem , quod compendio noto exbibet codex in hac parte unicus,
recipiendum erat prae volgata lectione et tarnen, deinde quod idem
liber praebet ut uere maneant , dubito num uUam admittat ezpli-
cationem iustam. ipsa autem formula sie incipit (391):
glaria quae iustum, summota morte ienebit.
nugis qui delectatur, perlegatEllisii adnot-ationem ; sana qoi sequitor,
mecum reponet quae iusta 65^, ut sit illud tenehit fere idem ac ^se
tenebit, durabit, non peribit', ut in Aetnae y. 269. — 398
omnia quae scriptis stmt numerata meis.
ocius emacula memorata, — 403 sqq. stabunt sententia structura-
que, ita si scripseris:
his iUud superest, sine quo nihil omnia prosunt^
ut Christus cretus depatre cumquepatre^
Spiritus et sanctus nüUo discrimine iunctus
unum consumment^ nomina trina, deum.
codex Christum credas. — 411 sq. denique lege sis:
quod ne me primis credas iniungere lahris
teque istud tuto dissimülare putes
pro eo quod liber praebet neque,
Appendicis loco addam obseryatiunculam ad aliud Carmen
christianum nuper una cum Orientio emissum (CSEL. XVI 265 sqq.),
Paulini Pellaei Eucharisticon. cuius editor Ouilelmus Brandes munere
suo et prudentius et felicius est functus, ut paucis locis ab eo dissen-
tiam. nolo nunc profusius aut de re metrica poetae illins adferre
quae nondum ad liquidum mihi perducta yidentur, aut de locis
dubiis disputare (yeluti de y. 28, ubi tremulis ülnis^ aut de y. 68, ubi
uckns recolam, aut de y. 61, ubi doärinam exdre, aut de y. 462, ubi
aut pia mens repono) : uno de loco hie agam accuratiua. y. 72 sqq.
haec Brandesius tjpis exprimenda curavit:
nee sero exacto primi mox tempore lustri
dogmata Socratus et bellica plasmata Homeri
erroresque legens oognoscere cogor ülixis,
re yera igitur paryolum puerulum una cum Homeri Yergiliique leo»
tione philosophicis studiis incubuisse dicemus? equidem bene
^^ T. S8t Tix iotegra est toz laudem, fortasse lucem (cf. ad 332).
EBaehrens: za Seneoa und Minudiis Felix. 897
gnarus eins confusionis, qua Isocrates artis rhetoricae exemplar haad
raro cum ezemplari philosophiae Socrate est commatatus a librariia,
ad eondem modum, quo et in Horatii artis poeticae t. 310 commen-
davi (misc. Grit« p. 46) :
rem Ubi Isocraticae poterunt asUndere cartae
et apud Petronium c. 5 dudum correzi :
mox et Isocratico plenu8 grege mittat habenas
Über et ingentia quatüU Demos&iems armaj
ad eundem inquam modum , dum Paulinum perlego , statim in mar-
gine adnotayi dogmata Isocratus. deinde cum alius rei causa ocnlos
detorquerem ad imam marginem, obstupefactus vidi ez ipso codioe
adnotari *socratus (i erasa) I nihil igitur iam restat quam ut addam
pauca ad prosodiam attinentia. et I quidem non solum longam
(Lucilius EisQcratium) , sed etiam, ut apud Graecos, brevem fdsse
docet Bufinus (GLE. VI p. 567) et uUam insignem lamknmu leoeror
tis arte, iam quamquam tertiae productae nunc quidem non memiti
me reperire ezemplum, tamen baec est eadem licentia atque in iUo
Socrätes, quam itidem sibi Mazimianus et Sidonius sumpsernnt.
Oronu^oae. AbmuiIVB Babhbbhs.
55.
ZU SENECA UND MINUCTOS FELIX.
Zu Minucius 36, 5 aues sine patrimanio uiuunt et in diempaeeua
pascuntur; et haec nobis tamen nata stmt^ gut amnia^ si non con-
cupiscmits, possidemus machte ich in der yorrede meiner ausgäbe
(s. IX) die bemerkung, dasz diese sentenz wohl nicht aus biblischen
reminiscenzen geflossen sei, sondern wahrscheinlich aus Seneca, dem
Minucius manches verdankt, ich finde jetzt die bestätigung dafOr
in den aus Senecas schrift de remediis fortmtoru/m uns bewahrt ge-
bliebenen excerpten späterer zeit, die nunmehr in einer sehr er-
wünschten kritischen bearbeitung von OBossbach vorliegen (Bres-
lauer philol. abh. II 3 s. 97 ff.), hier liest man 10, 1 ^pauper sum*.
nihü deest auüms, pecora in diem uiuunt^ feris in cMmmtum soUtudo
sua sufficU. die Übereinstimmung mit Minucius ist deutlich, wenn-
gleich gerade das Seneca atmende sine patrimonio fehlt, wie ich
glaube , durch die schuld des ezcerptors. aber auch für die kritik
der viel behandelten Minuciusstelle wird nunmehr eine feste direcüve
gewonnen. Gelenius behält recht, wenn er das dem folgenden j9a5-
cuntur assimilierte i>a^cua inpecua verbesserte; recht aber behalten
auch diejenigen, die einen bezug für das in der luft schwebende haec
suchten, wenn sie auch (wie ich selbst) im mittel fehlgriflfen. den
gedanken des apologeten , für den die vergleichung von Lactantius
de ira 13 u. ä. st. nichts fruchtet, wird man wohl mit folgender Ver-
mutung treffen: haec et nobis alimenta nata stmt. — Ich füge noch
eine andere parallele hinzu. Minucius 11, 4 (wo, wie ich nachträg-
lich sehe, humiis conterat statt contegat zu schreiben ist) hat sein
398 HNohl: über die handschriften von Ciceros Deiotariana.
Vorbild bei Seneca 6^ 2 , wo freilich wiederum der ezcerptor vieles
weggelassen und verdunkelt hat ; auf Seneca geht dann auch die aus
Petronius von mir angeführte stelle zurück.
Für die empfangene belehrung will ich an Senecas schrift meinen
dank abstatten durch mitteilung einiger Verbesserungen dazu. 1, 3
omnium, quae harremus, ad hanc exütis est recta [Mc($)pect(U hss.],
aliorum per circuUum. — 2, 1 <ad> htmc conäicionem [so S]. —
4, 1 numerus annorumy set [et hss.] adulescentes usw. — 5, 2 &u-
$tum [istud hss.] non sentienti auperuacuum est, — 5, 4 interpun-
giere ich sepuUura: ut corpara . . atnouerentur ^ <üias terra usw. —
am schlusz wohl includü. ita ä nostris usw. — 7, 2 non de me
^sohy locwntur^ sed et de te, — 16, 2 perdiderunt. decus? Quam
muUae inter pröhra matranalis ordinis esse coeperunty ante [c(o)e-
perant hss.] inter exempla numeratae, num [numeratarum hss*] de-
lectabat te sedulitas [fides eius hss.].^ hinsichtlich decus scheint mir
Bossbach zu irren. — 16, 5 ista diUy cum forma(re %txorem in tuos
mores studebis,y repugnahurU, — 16, 6 non cmus auriculis utrimque
patrimonia dependeant^ non quam hina margarüa suffocent. die hss.
geben bina hinter patrimonia^ wo es absurd ist, während es bei mar-
garüa zum Verständnis des suffocare beiträgt (vgl. lineas ducLS ex
margarüis Dig. 34, 2, 40 § 2). Versetzungen finden sich in diesem
texte zuweilen; so war 1, 3 mit Haase zu constituieren. — 16, 6
non cui^AS sarcinis domus sit angusta [non hinter domus die hss.]. —
16, 7 hoc unum deest, ut iUam lugeas anno [an non die hss.; vgl.
Yatic. fr. § 321 lugendi sunt parentes anno usw.].
Groningen. Emil Babhrens.
(20.)
ÜBEB DIE HANDSCHBIFTEN VON CICEBOS DEIOTABIANA.
In meiner ausgäbe der rede pro rege Deiotaro habe ich folgen-
den Stammbaum der hss. aufgestellt:
(X) ß
AC BDES
GBF
da CFWMüller oben s. 138 die Schlüsse, die ich aus diesem stemma
in der Wochenschrift für class. philol. 1887 sp. 1199 £f. gezogen, be-
kämpft hat, so bin ich genötigt meine ansieht hier noch einmal kurz
zu wiederholen und zu beweisen.
I. Ich habe behauptet, a und A gehören derselben familie
an. das geht hervor 1) aus den zahlreichen lesarten, in denen sie
HNohl: über die handBchriften Ton Cüceros DeiotariBna. 399
übereinstimmend das richtige bieten (xb. fOllen sie Ittcken von ß ans
§ 3 ctim verha audieham'j 6 ei; 8 in; 24 ei, eHamf ad] 29 ei; 86 JD.);
2) noch sicherer aus den gemeinsamen fehlem (ab. 20 numquid tr^
jpidaiio] 25 exapoliare] dO ei zngesetat; 36 iusaiis esset; 42 ea^uire
na. ; zuweilen sieht man dasz in der gemeinsamen quelle von a und
A etwas in Unordnung war^ was verschiedene fehler in a und A yer-
anlaszte: § 9 stand statt cu^m amieiUae in z wohl durch ditto-
graphie cuHpam in afmdtiae^ daraus wurde in A euipam im aimieituj^
in a cidpam mimicüiae; 22 war in z sen^ßer ausgefalkn und nach-
trttglich zugesetzt, daher gibt statt semper in specuUs fuisse ainsp.
fuisse semper j A in spduncis semper fmsse ua.). diese behauptung
hat Müller nicht angefochten.
n. Ich habe behauptet, die familie irA sei besser als /}.
die familie aA, dh. die aas den lesarten Ton a und A zu reoon-
struierende hs. z, nicht etwa a allein oder A allein, denn sowohl <r
wie A haben auszer den fehlem ihrer gemeinsamen quelle noch ihre
eignen, und diese möglichst aus dem kritischen apparat zu eliminieren
ist gerade die au%abe der kritik. da Halm in der Zürcher ausgäbe
den Ambrosianus noch nicht kannte, so war für ihn a allein yer-
treter der einen seite der Überlieferang; durch Baiters coUation
jener hs. (1863 im Philol. XX s. 848 ff. yeröffentlicht) wurden wir
in den staoid gesetzt über a hinauf zu z Torzudringen und zu er-
kennen, welche fehler erst dem Schreiber yon a zur last &Uen.
Wie finden wir nun die lesarten von z? wenn a und A fiber-
einstimmen, so ist die sache einfach: aA •» z. wie aber, wenn a
und A auseinandergehen? dann entscheidet die lesart von /3: stimmt
A mit ß überein, so ist anzunehmen dasz A z wiedergibt und der
Schreiber von a geirrt hat; dagegen ist die lesart von A ohne ge-
währ, wenn a mit ß stimmt.^
Wenn wir auf diese weise die lesarten von a A oder z ermittelt
haben, können wir dazu übergehen die beiden familien mit einander
zu vergleichen, bei dieser vergleichung sind natürlich die stellen
auszuscheiden, wo x und ß übereinstimmend das richtige haben, und
nur diejenigen dürfen gezählt werden, wo einerseits z, anderseits ß
allein das richtige bewahrt hat.
Ich habe nun 1) 31 stellen angeführt, wo Müller selbst die
übereinstimmende lesart von aA gegenüber der von ß bevorzugt
hat ; s. 140 fügt Müller noch drei stellen hinzu , die ich übersehen
habe: § 2 ei fehlt in ^, § 5 äiam ß fOn d, % U in ea parte ß für in
eam partem^-, das von mir aus § 11 angeführte quoad für quo gehört
unter die nun folgenden fölle, wo o gegen ßk steht. 2) 5 (rich-
tiger 6) stellen, wo Müller o allein gegen ßk, und 2, wo er A allein
gegen ocß gefolgt ist'; 3) 11 stellen, wo mir die lesart von aA aus
^ wie alle regeln, so hat aueh diese ihre ausnahmen, s. anm. 8.
' dagegen § 23 halte ich die weglassnng von veteres für eine will-
kürliche änderung von cc; im archetjpus stand das wort, die cormptel
ist noch nicht geheilt. ' es sind dies die anm. 1 erwähnten ans-
400 HNohl: über die handschriften Ton Ciceros Deiotariana.
innem gründen als richtig erweisbar schien, sehen wir Ton den
unter 2 und 3 angeführten stellen hier ganz ab , so bleiben 33, an
denen Müller aA als besser anerkannt hat.
Auf der andern seile habe ich 18 stellen aufgezShlt, wo meines
erachtens ß allein das richtige bewahrt hat, dh. wo aus aA her-
vorgeht dasz X fehlerhaft war. übersehen habe ich § 26 in rege ß
richtig, A in reges, a in regem] § 37 de Deiotaro ß, de fehlt in z;
§29 Zusatz von fuÜ in AB. im ganzen stehen also 21 lesarten von
ß den 33 von aA gegenüber; die gute von aA und ß verhielte sich
demnach wie 3 : 2.
in. Zur bekämpfung dieser darlegung führt Müller aus den
ersten 26 §§ der rede 57 Varianten an, wo ß besser ist als a
allein, und glaubt dadurch die Unrichtigkeit meiner rechnung dar-
zuthun. merkwürdigerweise hebt er es sogar als eine instanz gegen
meine ansieht hervor, dasz 'A an diesen 57 stellen fast überall mit
ß gegen a übereinstimmt', eben dies beweist ja, dasz ß nicht allein
das richtige bewahrt hat, sondern z dieselbe lesart bot und dasz erst
der Schreiber von a die fehler hineingebracht hat. der lesart von z
können wir nur mit hilfe von A auf die spur kommen, A will Müller
aber 'bei der frage nach dem werte von a und ß möglichst wenig
berücksichtigen'; er beraubt sich also selbst der möglichkeit mit
hilfe des besten Vertreters der familie z deren wert festzustellen.
Demnach ist der versuch des beweises, dasz ich mich 'ganz
schlimm zu meinen gunsten verrechnet hätte', nicht gelungen^; eine
weitere förderung der frage ist allein von einer sorgfältigen neu-
vergleichang von A zu erwarten, da Müller die genauigkeit der
Baiterschen collation bezweifelt, ist diese schlecht, so fllllt mög-
licherweise die grundlage meiner rechnung; ein bloszer zweifei an
der genauigkeit der collation kann uns aber nicht berechtigen ein so
wertvolles hilfsmittel der kritik unberücksichtigt zu lassen.
nahmefälle. hier ist entweder das richtige durch conjector gefunden
worden oder derselbe fehler doppelt begangen oder, was am wenigsten
wahrscheinlich ist, das falsche aus der andern classe hineininterpoliert,
conjectur ist wohl § 15 der zusatz von tantae in a allein, § 11 quoad
für quo ; fehler dagegen wie § 2 crudeÜs CoMtor, § 8 ad/Uctum^ § 13 vocatus,
§ 85 poiuUset (nachdem einmal assequi aus a se qui geworden war),
§ 40 quonam können leicht doppelt entstanden sein, so wie § 26 regiae
statt rege^ magnafumum statt magni animi (s. wochenschr. sp. 1202), § 11
ceterortan statt certorwn in ESaA, § 18 non ut oder non ut ad in DB aA
statt non ady wie ausser B£ auch Col. bietet, § 19 rex . . perfecta re
statt re . . perfecta y was nur BA erhalten haben.
^ auf die vergleichnng der qnalität der fehler gehe ich nicht weiter
ein, auch hier hat Müller a allein im äuge, ich meinte aA. an einer
stelle geht er sogar noch weiter; er wirft mir vor dasi § 20 'von der
sehr groben interpolation von G, tecttm ire statt te lautum bei mir nichts
zu finden sei', so hat aber nur G; RF haben sowie A und ß te lautum
(lotum)j es ist also nicht einmal ein fehler von a, geschweige denn von x,
dessen erwfthnung er von mir erwartete.
Berlin. Hbbmahm Nohl.
FBölte: die quellen von Charisios I 15 und 17« 401
56.
DIE QUELLEN VON CHAEISIÜ8 I 15 UND 17.
KRITISCHE BEITRÄGE ZUR GESOHIOHTE DER RÖHIBOHBN NATIONAL-
GRAMMATIK.
Es ist ein ausdruck begreiflicher Ungeduld , wenn neuerdings
der mangel an zusammenfassenden arbeiten fiber die geschichte der
römischen nationalgrammatik gertLgt und der versuch gemacht wor-
den ist ein bild yon der entwicklung dieser litteratur zu geben; allein
bei ruhiger Überlegung musz man sich sagen, dasz dazu in der that
die zeit noch nicht gekommen ist. spttrlioh genug sind noch immer
die sichern daten, welche uns zu geböte stehen, auf so sohwanker
grundlage kühne hjpotheson aufzubauen ist ebenso leicht wie un-
nütz, noch auf lange hinaus musz es die aufgäbe der forschung
sein, durch tiefdringende quellenanaljsen den umfeuig unserer kennt-
nisse zu erweitern, man glaube nicht, dasz in dieser richtung bereita
genug gethan sei. die zwei capitel der Charisischen grammatik, 1 16
und 17, mit welchen sich die folgenden erörterungen besohttftigen
sollen, sind der gegenständ vielfacher Untersuchungen gewesen, und
doch schwankt das urteil über sie in der leidigsten weise hin und
her. denn obwohl das richtige in den wichtigsten punkten Ittngst
gefunden worden ist, so ist es doch vom entdecker nicht in genügen-
der weise festgehalten oder durchgeführt und von den nachfolgen!
mit den falschen consequenzen zusammen fortgeworfen, hier kam es
darauf an unter heranziehung aller hilfsmittel festzustellen, was die
erhaltenen quellen über ihre Überlieferungsgeschichte auszusagen
vermögen, auf solcher grundlage wird es dann möglich sein auch
noch einen schritt weiter zu gehen und einige allgemeine zusammen-
hänge in der geschichte dieser Wissenschaft aufzudecken.
I. DIE QUELLEN VON CHARISIÜS I 16.«
Die deutlichen spuren der compilation, welche das cap. 15 sehr
im gegensatz zu dem gesamten übrigen werk des Charisius zur schau
trägt , konnten niemand verborgen bleiben, einen versuch die ver-
schiedenen bestandteile zu sondern hat, abgesehen von Schottmüllers
hinweis auf das Vorhandensein Palaemonischer abschnitte, nur Mo-
rawski gemacht, in 6inem punkte förderte er die forschung, inso-
1 Keil GL. I 8. XL VII; Schottmüller de C. Plini Secandi libris gramm.
(Bonn 1858) s. 20 ff.; Christ im Philol. XVIII s. 122 ff.; Morawski im
Hermes XI s. 339 ff. ; Neumann de Plinil dabii sermonis libris Charisii et
Prisciani fontibus (Kiel 1881) s. 6 ff. — Dieser anfsatz war bereits nieder-
geschrieben, als die diss. von CMarschall de Q. Remmii Palaemonis libris
gramm. (Leipzig 1887) erschien, der vf. behandelt 8. 48 — 68 anser capitel.
dasz eine berücksicl^tigang oder bekämpfung dieser arbeit unmöglich ist,
wird jeder zugeben, der auch nur einen blick in sie geworfen hat. fftr
andere genüge die notiz, dasz Marschall das ganze cap. 15, ausgenom-
men nur die citate aus Romanas, dem Remmias vindiciert«
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft« 5 u. 6. 26
403 FBölte: die quellen von Charisius I 15 and 17.
fem er erkannte , dasz im anfange des capitels reste einer dritten
queUe erhalten sind ; aber er begieng den methodischen fehler , dasz
er den sichern boden, auf dem er seine beobachtung gegründet hatte,
sofort wieder Verliesz und ohbe irgend welche grübde den ganzen
anfang des cap. s. 51 — 63 6iner quelle zuwies, ein fehler der denn
auch noch andere nach sich zog, bo dasz schlieszlich alle resultate
falsch werden musten.
1* Ein fundament für die quellenkritik kann weder die einlei-
tung bilden noch die dispositionen (s. 51, 18 — 23), da es durchaas
unsicher ist, mit welchen bestandteilen des capitels sie zu verbinden
sind, auszugehen ist von der behandlung der nomina auf Ä s. 51, 26
— 52, 5. in diesem abschnitt beobachten wir eine durchaus constante
und ganz singulare sprachliche ausdrucksweise, wie sie sich nur noch
bei der erörterung über die endungen E und I findet, im übrigen
aber diesem capitel fremd ist. die entscheidenden merkmale sind,
wie Morawski feststellte, folgende, erstens die formulierung: (quae)
in — {meram) ueniunt-y so s. 51, 26. 31. 52, 2. 53, 19. 23. 27.
68, 26. [59, 15.] 62, 28.' ein zweites characteristicum ist die genaue
zahlangabe : wascuUna quae in a Utterann uenitmt sedecimphis mimis
sunt; so s. 51, 26. 31. 52, 2. 53, 19. 23. 27 (nuUa). 58, 26. 62, 28
(nuUa und tmum). 29 (unufn).' dem fQge ich femer die beobachtung
hinzu, dasz in diesen abschnitten constant drei beispiele angeführt
werden, wie es s. 51, 27 heiset: ex quibiis exempli causa iria interim
panemus^ so 51, 27. 31. 52, 3. 53, 20. 28. [53, 29 fehlt Eriphyle.]
58, 26. 59, 1. 2. 3. {59, 6 ff. vier beispiele.] 62, 35. auf die beobach-
tung dieser eigentümlichkeiten gestützt sondern wir die abschnitte
B. 51, 26— 52, 5. 53,19—26. 27—29. 58,26— 59, IL 62,28-63,3
ton dem übrigen capitel ab und führen sie auf eine besondere quelle
zurück.
unter den endungen Ä und E findet 8ick eine reihe von einzel-
fragen, welche gleichfalls in constanter und eigenartiger weise for-
muliert sind, das übrige capitel bietet nichts >Kras i^ben analog wäre.
8. 55, 21 lesen wir: amforum an amforarum dicendum sU quaeritur]
dieselbe ausdrucksweise kehrt wieder s. 56, 8. 57, 4. 8. 16. 23. 27.
B8, 10. 61, 1. 15. wir fassen also auch diese abschnitte zusammen
und weisen sie 6inem auctor zu.
Dasz nun diese einzelfragen demselben Verfasser angehören wie
die vorhin besprochenen extremitaies^ dafür spricht zunächst der um-
stand , dasz sie nur so weit vorkommen wie aie letztern. man kann
es femer als wahrscheinlich bezeichnen — der beweis wird ant^ er-
bracht werden — dasz die beiden offenbar zusammengehörigen (vgl.
z. 18—19 und z. 25) dispositionen (s. 51, 18—25), welche der extre-
' danach wird %nan Rnnehmen, dasz in den absehnitt «. 62, Bd-'^S, 8
nrsprünglich z. 28 neutrale nnum <tR t> ventY und i. 29 uumi in i uenit
(Charisins: unum inuenieg) stand. " nur b. 68, 27 bei den griecbisoben
eigennamen nnd b. 68, 1 — 2 bei den appellativea «nd adjeetiren aef e
findet sich toHa,
FBölte: die quellen von duKrisiiu 1 16 und 17. 408
mH(is A voraufgehen, derselben qaatte entnommen and wie diese,
nach der dort (s. 51, 28 — 25) l&r das eapitel ttber die nomma ge-
gebenen disposition erwarten wir tmter jeder extnmUas die behand*
long von einzelfragen, wir finden nun nnter den bis jetzt beepro*
ebenen extremücUes und in engster Verbindung mit ihnen solclie
einzelfiragen ; dem ausdruck quaestio entspricht hier das stete gwae-
rüwr'^ alles dies macht es sehr wahrscheinlich, dasz beiAe reihen von
demselben grammatiker (herrühren, der lieweis Iftsst -sich '«her oooh
stringenter führen, in der quaestio s. 61, 1-^5 wird dem abktiv
ntare der vorzug gegeben gemttsz der regele dasz alle nomina auf e»
ausgenommen die fadiciaj im ablativ auf e endigen, der terminal
nomina facticia kommt in dem ganzen oapitel, ja, soweit mir bekamt^
überhaupt nii^nds vor als hier und s« 56, 26—59, 11, einabsehnitt
welchen wir oben für unsere quelle in anspruch nahmen, ion diesem
werden die neutra auf e geschieden in propria^ iJ^pptUalmfa und fadidm,
der Zusammenhang zwischen der quaesHo und der exiremUas ist evi^
dent; und damit ist der beweis geliefert, dasz beide reihen, derescfre*
miiates wie der quaestionea^ derselben quelle angehdren.^ ich will
der kürze halber den Verfasser dieser quelle als anonymus de JMi»
nitate bezeichnen.^
Die darstellung., weldie der anonymus de LaHmtate i^oci der
esctremitas Ä gibt, ist bei Chariains in zwei stücke auseinandeirge-
rissen: die fnctscuÜna femmina neutra werden 8.51, 26 — 52, i5,idi6
communia duorum et trium generum s. 53^ 19 — 24 behandelt.^ daaz
diese stücke ursprünglich zusammenstanden, bedarf keines naoh-
weises, und damit wird zugleich die Vermutung nahegelegt, dasz der
abschnitt s. 52, 6 — 53, 12, welcher zwischen sie geschoben ist, einer
andern quelle entstammt, dasz dieser verdacht berechtigt war, da-
rüber kann ein auch nur etwas genaueres zusehen keinen zweifei be-
stehen lassen, die anfangs worte beweisen deutlich, dasz hier eine
neue bebandlung der endung A beginnt, dieselben punkte, welche
s. 51, 26 — 52, 5 und s. 53, 19 — 24 erörtert sind, kommen hier noch
einmal zur spräche: die communia s. 52, 8 und 53, 19, die neutra
^ auch die bdispiele, welche 8. 61, 1 — 5 angeführt werden, stimmen
mit denen von s. 58, 26 — 59, 11 iibereiii. hierbei tritt uns nun die
höchst auffällige erscheinang entgegen, daez s. 68, 2ß als nomina pro»
pria auf e rete Soracte caepe genannt werden; Seil emendieete Beate
Soracte Caere, rete tritt aber anch s. 69, 6 und 61, 3, caepe 8. 59, 6 mi£;
wir haben es also mit einer durchgehenden corrnptel.za thun, welche
doch wohl sicher über Oharisius hinaufreicht, wafartoheinlioh ward an-
nächst die erste stelle beim abschreiben verderbt, nnd ein grammatiker
brachte dann die übrigen damit in übereinstinimiiiig. «uf denselben
werden wir es Kurückführen dürfen, wenn wir s. 69, 6 tf« und s. 61, 8 ff.
{ancile kommt s. 59, 1 nicht vor) vier beifl^iele finden, denn im übrigen
werden auch in den quaeiiiones stete drei beispiele angeführt: s. 56, 2.
57, 11. 13. 19. 20, 61, 21. ^ über die berechtigung dieeer beseiehnanif
B. den suhlusz der abhandlnng. ^ die erwäbnnng der neutra s. 5&, 21-h2S
beruht auf Interpolation: dasselbe war schon «.'62, 3— 5 gesagt, «hense
halte ich s. 53, 25 — 26 für einen znsatz.
26 •
404
FBölte : die quellen von Cbarisius I 15 und 17.
8. 52, 21 ff. und 52, 2 ff. wenn nun noch sprachliche beobachtungen
das resultat bestätigen^, so möchte das des beweises genug erscheinen,
und in der that würde ich darauf verzichten noch mehr gründe an-
zuhäufen , wenn ich mir nicht damit den weg zu weitem resultaten
bahnte.
Beachtet man , wie s. 52, 6 ff. zunächst die genera , welche für
die endung Ä in betracht kommen, aufgezählt werden : mo^c, /emtfi.,
neutraplur., neuira sing.^ wie dann, nicht mehr zur aufzählung sondern
bereits zur erörterung gehörig, die cammunia (52^ 8) mit beispielen
folgen, s. 52, 14 die neutraplur, mit beispielen, ebenso s. 51, 21 die
neutra sing., so wird man schlieszen, dasz ursprünglich auch die
masc. und femin, in derselben weise erst in der aufzählung genannt
und dann mit einigen beispielen belegt waren, die entsprechenden
Sätze müssen nach s. 53, 2 peregrina stMt ausgefallen sein, daran
würden die communia sich sehr gut anschlieszen , und es bedürfte
keiner weitern erklärung , warum sie nicht auch in der aufzählung
genannt sind.
Diesen rückschlusz auf eine ältere gestalt der yorliegenden aus-
einandersetzung, welche wir durch analjse des Charisischen textes
gewannen , können wir durch äuszere beweise sichern.
Für den gröszem teil des vorliegenden abschnitts (s. 52, 6—53, 6)
steht uns noch eine zweite Überlieferung zu geböte, das sog. fragmen-
tum Donatiani '^ OL. VI s. 276, 10 ff. der anfang lautet dort fol-
gendermaszen (zur bequemem yergleichung setze ich Charisius da-
neben) :
Charisius :
et ut breuius dicamuSy
a litter a finiunturBomananomina
masctüina et feminina. sunt et
neutralia^ sed in muUiiudiney hoc
est plurali numero; singularia
peregrina sunt.
Donatianus :
a littera finiuntur Bomana nomina
et masculina et feminina et neu-
tralia^ sed in multitudinCy hoc est
pluraliter: singularia enim
peregrina sunt neutra. mascu-
^ der sprachliche ausdruck von s. 52, 6 — 53, 12 bietet darcbaus
nichts, wodurch man veranlasst werden könnte diesen abschnitt dem
anonymus de Latiniiate zasnweisen. ich will nur auf den gebrauch der
vergleichnngspartikeln kurz hinweisen, der anon. de Latin, hat 6 mal
iamquam: 51, 29. (56, 2.) 57, 19. 20. 61, 21. 62, 31. 37 — 5mal guetmad-
modum: 57, 12. 13. 14. 58, 8. 61, 20 — 3mal uelut: 52, 3. 53, 20. 29.
(56, 10) — 2 mal neut: 62, 35. 37 — 2 mal ut: 61, 18 (bis), dem gegen-
über finden wir s. 52, 6—53, 12 und in den entsprechenden partien bei
Donatianus (worüber sogleich) 7 mal ui: Donat. 276, 12 (der sats fehlt
bei Char.). 276, 18 * 52, 14. 276, 23 (= 52, 19 uelut). 276, 26 * 52, 22.
277, 3 * 52, 28. 277, 6 — 53, 4. 53, 9 (der satz fehlt bei Don.) und
Einmal uelut: 52, 19. es sei hier gleich hinzugefügt, dasi bei Char.
8. 53, 30—54, 6 und dem entsprechend bei Donatianus 2 mal ut und
Imal uelut sich findet, femer bei Char. s. 54, 6 — 55, 20 7 mal ut und
Imal ueluti, ^ über dies interessante bruchstück und sein Verhältnis
zu Charisius werde ich im verlauf zu sprechen haben.
FBölte : die quellen yon CharisiaB I 16 und 17.
405
lina^ ut Catilina Pansa;
femininaj ut amicitia aua"
item communia ex mascuHno ritia; oommmiia et mascuUno
et femininOf ut adsect^la conuiua. et femimno^ ui adsecla canmua
ehria: ^cammd} feminino
Fomponius asw. Fomponim usw.
hier haben wir jene Sätze, welche wir bei Charisius vermiszten.
dürfen wir also nun als feststehend annehmen, dasz sie einmal an
dieser stelle gestanden haben, so ist damit der annähme, dasz s. 51, 26
— 52, 5 und s. 52, 6 ff. 6inem Verfasser angehörten, ein weiterer
stosz versetzt, beide erörterungen sind vielmehr durchaus selbstän-
dig, also auf zwei quellen zu verteilen.* mit dem behandelten ab-
schnitt (s. 52, 6 — 53, 6) hängt das stück s. 53, 6 — 12 so eng zu-
sammen , dasz es von ihm nicht getrennt werden kann.
Ebenso wenig kann man s. 53, 30—54, 6 dem anon. de Laün.
zuschreiben, dasz der partikelgebrauch einer solchen annähme wider-
streitet ^ ward oben anm. 7 gesagt, dieser spricht vielmehr dafür,
unsem abschnitt dem Verfasser von s. 52, 6 — 53, 12 zu vindicieren«
zu demselben resultat führt auch folgende erwägung. die vorliegende
erörterung bietet wieder auch das fr. Donat. s. 277, 9 — 15. ist nun
Donatianus von Charisius nicht abhängig und finden wir bei beiden
diese zwei abschnitte zusammen, so ist es mehr als wahrscheinlich,
dasz beide sie einer und derselben quelle verdanken.
Es folgt s. 54, 6 — 55, 20 ein abschnitt, in welchem aus dem
abl. sing, erstens gen. dat. abl. plur. (s. 54, 7 — 28), zweitens der
gen. sing. (s. 54, 28 — 55, 18), drittens der acc. plur. (s. 55, 18 — 20)
abgeleitet werden : die vollständigste darstellung dieses gegenstän-
des, der wir bei den grammatikem begegnen, dasz diese erörterung
mit dem anon. de Latin, nichts zu thun hat, ist offenbar, es wird
unten bewiesen werden , dasz sie derselben zweiten quelle entnom-
men ist, welcher auch die zwei zuletzt besprochenen expositionen
entstammen.
In ähnlicher weise wie die extremiias A ist auch die eoct^evmtas E
auseinandergerissen, ursprünglich musz s. 53, 27 — 29 unmittelbar
^ dies resnltat bleibt durchaus unangetastet, mag man nun mit Keil
(VI 8. 254) annehmen, dasz das fr. Donat. aus Charisius abgeschrieben
ist, oder, wie ich, der ansieht sein, dasz beide auf dieselbe quelle zurück-
gehen, im erstem falle musz man dann natürlich voraussetzen, dasz
Donatianus ein besseres exemplar des Charisius benutzte, in dem jene
Worte standen, während sie in uuserer Überlieferung durch naohlässig-
keit der abschreiber ausgefallen wären, wir werden nun später sehen,
dasz Donatianus nicht von Charisius abhängt, ist damit der annähme,
dasz jene worte je bei Charisius gestanden haben, der boden entzogen,
80 gewinnen wir folgendes resultat: jene worte standen in der ursprüng-
lichen quelle, sie fehlen bei Charisius und zwar von anfang an; dann
sind sie absichtlich ausgelassen und zwar bei der gelegenheit, als man
die beiden quellen zusammenarbeitete, um die Wiederholung etwas zu
mildern, freilich eine schwächliche abhilfe. diese contamination liegt
sicher vor Charisius.
406 FBölte: die quellen von ChariBius I 15 und 17.
Tor s. 58, 26 gestanden haben ; die trennung ist ohne jede änderung
rein äuszerlich geschehen, s. 59, 15—60, 1 documentiert sich als
nachträgliche einfügung, heryorgerufen durch das bedUrfhis die
endung JE? an ihrer stelle vollständig abzuhandeis. der abschnitt
a. 62, 20 — 27 gehört, wie der sprachliche ausdruck deutlich zeigt,
einem andern auctor an. schlieszlich sei dann noch ausgesprochen,
was ja an sich selbstverständlich ist, dasz auch s. 60, 1 — 18 nicht
aus dem anon. de Latin, stammen kann, die regeln über die bil-
dung des ablativs s. 59, 4 — 9 und s. 60, 3 ff. stehen in diametralem
gegensatz. dieser abschnitt läszt sich keiner der drei quellen zu-
weisen , aus denen unser capitel compilicrt ist. ^^ er gehört zu den
einschiebsein, die im verlauf seiner langen sondertmdition nach und
nach eingefügt wurden.
2. Dasz in dem cap. 15 Palaemon benutzt worden ist, hat
bereits Schottmüller erkannt (ao. s. 20), der sich dabei einmal auf
den gebrauch von uelut und zweitens auf die Übereinstimmung mit
cap. 10 und 14 beruft, sodann hat Morawski (Hermes XI s. 347 ff.)
den versuch gemacht im einzelnen zu bestimmen , welche abschnitte
diesem grammatiker gehören, seine resultate bedürfen jedoch sehr
der correctur. "
^^ dasz er zu der zweiten hauptquelle nicht gehört, ergibt die ver-
gleichung von s. 60, 10 — 11 mit s. 73, 15—16. durch diese vergleichung
ersieht man auch, wie schlecht die tradition ist, welcher diese partie
entstammt, am auffälligsten ist die ausdeutung der regula neuirorum
8. 60, 4 ff., dasz omnia neutra triptola^ non tetrapioia sein sollen, was
man nicht anders verstehen kann als dasz vier casus nicht lautlich
identisch sein dürfen, die regula neutrorum auch sonst: [Palaemon]
V 8. 634, 86 ff. — s. 536, 41 — August. V s. 600, 21 — aber die he-
zeichnung iriptoton für ein nomen, welches drei lautlich identische
casus bildet, ist ein unicum. *' bei den folgenden erörterungen wird
sich der misstand ergeben, dasz ich für die berechtigung der von mir
geübten kritik den nachweis schuldig bleiben musz. das liest sich nicht
vermeiden, denn die begründung der von mir befolgten methode kann
ich nur im Zusammenhang einer Untersuchung, welche die gesamte frage
nach der reconstruction der Palaemonischen grammatik umfaazt, ent-
wickeln, anderseits auf die ausscheidung der Palaemon ischeu bestand-
teile in diesem capitel zu verzichten war durchaus unthunlich. im all-
gemeinen sei so viel bemerkt, dasa ich mich, wie natürlich, haaptzäch-
lich auf die bekannten sprachlichen indicien und betonders auf die
Übereinstimmung mit dem anonymus Bobieusif stütze, es wird sich
aber ergeben, und wir werden davon eclatante beispiele finden, das«
eine ganze anzahl von abschnitten alle jene sprachlichen eigentümlich-
keiten besitzt und doch nicht Palaemonischen Ursprungs sein kann, ez
genügt eben nicht rein äuszerlich auf die sprachlichen eigenhciten zu
seheu, sondern man musz auch auf die gedankenentwicklung und dis-
position und auf die grammatische lehre achten, der grund für jene
Huf den ersten blick befremdende erscheinung li«g^ darin, dasz eine
ganze anzahl von grammatikcm sich möglichst eng an den Wortlaut dez
Palaemonischen buches angeschlossen, die darstellung und die lehre aber
oft nicht unwesentlich verändert hat. einem solchen grammatiker ge-
hört zb. die gröszere hälfte von cap. 14.
FBölte: die quellen you Cfaariiiaii 1 1» and 17. 40T
Über die nomina aaf 0 kabe« wir zwei evörlerongOD : s« 68, 8—30
und s. 63, 31 — 64, 20, welohe bei4o im sich dorohaoB sttauBiiii»«
bangen. ^^ im wegantlichen dieselbe ditpositios mB in dena letztem
»bacbmitt finden wir bei dem anen. 9ob. b. &84, 4-r84 wiedear (t/bar.
8. 29, 25 -r-^ ist gttnzlifih y«r6tftnMBaltX und «enn auek bei dieaem
maneb^a anders geordnet iit, so ist doob die ttbepettstimmnng eine
so YoUkommene, dasz an der identität des unpnings nidit gezweifott
werden kann, wir wevden also keinen anstand nebmen dieses ahr
scbaitt Palaemon zu vindieieren. ^ dase die dispaaitioB in aip. 16
nicbt willkürlich geändert ist, bawe^t die übereinatimmong mit fio«
manaa s. 116, 9-^12, dar offenbar den Remmiiis exoinpiert hat.
dann kann s. 6B^ B-^30 nicht a«f Palaeman zurttdEgehen , wiß Mor
rawaki (s. 347) wollte: denn w^ soUen wir ans die zweim^iga bat
handlang desselben gegenständes naek zwei Toraohiedsneii dispoait
tionen erklären? -r— a. 64, 21^Tr97 wesrdsR die grieehischen eigen-
namen auf -ujv behandelt; auch diese exdrtermng hat dorchans
Palaemoniscben Charakter und ist Palaemon aach von Marawski
zugewiesen, nur dasz Palaemon die griechisehe deoHnatiom hai-
behielt (vgl. Char. s. 30, 2^3. anon. Bob. s. d43, 26r-i-27), wie das
auch hier gelehrt wird, also formen wie ßkna nicht anerkannte, nntav
die endung 0 kann dieser abschnitt also erst von einem spfttem gvsni«
matiker gestellt sein.
In der bebandlung der endung Fs. 6&, 29-^6^ 10 will Momwski
8. 65, 29 — 30 rf» 66, 5^—11 dem Palaemon zuweisen, das dazwischen
stehende einer andern quelle, diese Scheidung kann man maehen,
aber geboten ist sie nicht, abgesehen davon ist aber Palaemon
aus sprachlichen gründen ausgeschlossen ; diese machen es vielmehr
zweifellos, dasz die ganze erdrterung 6iner quelle angehört.'^
1' ich gebe kurz die dispositionell an. erstens s. 63, 8 — 30: I. latein^
Worte, nominat. auf ^ s. 8 — 17; 1] gen. -Önis z. 9 — 11; 2) g«n. -init
z. 12 — 14; 3) unregelmäszig coro Anio z. H — 17. XL griech. wöfter, nom.
auf 0 z. 17—30; 1) einige auctoren behalten die grißch. declipiation bei
z. 18 — 19; 2) andere folgen der analogie der latein. Wörter z. 19 — 25;
3) Yerg. bildet den acc. auf o, — Wenn also Morawski (s. 843 f.) s. 68,
17 — 25 einer andern quelle zuweisen wollte, to war das sehr verkehrt,
er stützt B)ch dabei auf das vorkommen von peregrinus z. %ly das aber
in der tbat für die von Morawski im anfange des capitels naphgewies^V^
quelle nicht charakteristisch ist: denn s. 62, 8. 22. 66, 13. 19 gehen
nicht auf diese zurück, ein einschnitt läazt sich hier nirgeade machen.
— Zweitens s. 63, 31 — 64, 20: I. nom. propria, g^n. -onö, aai&ahmea
Apollo Karthago 63, 31-^^-64, 3. II. nom. appellativa, gen. teils -ontf,
teils 'inis 64, 3 — 10. III. ausnahmen: 1) octo pondo duo ambe z. 10*^14;
2) coro Anio z. 14 -|~ 8; 3) griech. eigennamen auf d werdea griechiaeh
decliniert. — Übrigens kann es keinem zweifei unterliegen, dasz diaser
abschnitt böse entstellt ist, besonders dadurch dasz oer versaGh ger
macht ist ihn mit dem yoraufgehenden in beziehnng zu bringen, 'daher
die vielen Verweisungen. '* 6 mal efferre^ nie proferre; 4 mal ti«te#,
daneben 5 mal ut. auch dies Verhältnis spridit für Überarbeitung.
^* singularitaa und pluraliias sind Palaemon fremd, finden sich in cap. 11^
noch mehrfach, vgl. die Zusammenstellung weiter unten.
408 FBölte: die quellen von Cbarisius I 16 und 17.
Die extremUas As s. 66, 22 — 67, 3 ist von Morawski mit recht
als Palaemonisch bezeichnet (vgl. unten anm. 24).
Gröszere Schwierigkeiten macht die endung Es. Morawski hatte
für Palaemonisch erklärt s. 67, 4—68, 16 und s. 68, 27—70, 15;
letzteres richtig. '^ für Palaemonisch halte ich auch s. 68, 7 — 16, ob-
wohl sich im anon. Bob. nichts entsprechendes findet, die sprach-
lichen kriterien treffen alle zu. hingegen s. 67, 4 — 68, 6 gehört
Palaemon nicht, was zunächst s. 67, 4 — 11 betrifft, so kann man
die spräche dieses abschnitts nur als ein stammeln bezeichnen.^*
dasz hier nicht an Palaemon gedacht werden kann, liegt auf der
band, mangel an klarheit und logik ist das was man ihm am aller-
wenigsten vorwerfen kann, ich möchte weiter gehen und diese sätze
überhaupt nicht einer besondem quelle , sondern dem Unvermögen
eines contaminierenden grammatikers zuschreiben, dasz 8. 67, 11
— 68, 8 nicht Palaemonisch ist, ergibt der ganze ausdruck und satz-
bau, vor allem der wertschätz.
Die endung Vs s. 74, 5 — 27 vindicierte Morawski (s. 348) ganz
dem Palaemon. davon ist zu streichen z. 5 — 9. diese sätze sind
wörtlich aus c. 14 s. 44, 21 — 23 wiederholt, sie sind auch dort nicht
aus Palaemon geschöpft, dasz sie hier aus einer andern quelle ent-
nommen sind als z. 9 ff., ist nicht zu verkennen.*^ also sind hier
zwei quellen contaminiert : aus der einen ist nur der anfang gegeben,
aus der andern die volle darstellung; dasz die letztere Palaemon ist,
ist nicht zu verkennen, obwohl sich auch für diesen abschnitt im
anon. Bob. und bei Cbarisius c. 10 und 14 eine entsprechung nicht
findet.
Unter Er hat Morawski als Palaemonisch bestimmt s. 82, 13 — 21
und 84, 12 — 85, 5, letzteres ohne zweifei richtig, aber s. 82, 13 — 21
kann unmöglich von Palaemon herrühren, obwohl dies stück sehr
danach aussieht geht man ins einzelne, so ist hier wieder ein gänz-
licher mangel an logik (vgl. z. 15) zu constatieren , man vergleiche
nur s. 84, 12 — 85, 5. und überdies bliebe es rätselhaft, wie diese
beiden erörterungen in 6inem buche neben einander bestehen sollten,
unpalaemonisch ist z. 19 in qualitate. ebenso gut könnte man s. 83,
8 — 12 für Palaemonisch halten; doch lassen sich diese worte von
dem folgenden gar nicht trennen und sind neben s. 84, 12 ff. nicht
unterzubringen.
»» 8. 68, 27-70, 8 — anon. Bob. s. 642, 3—14 + 647, 26—38 (vgl.
Cbar. s. 31, 12—22); s. 70, 9—16 — i anon. Bob. s. 641, 30—36; Cbar.
8. 28, 27—29, 6. ** nach 8. 67, 7 sollte man glauben, es gäbe com-
mnnia auf -««, das ist aber nicht der fall (vgl. anon. Bob. s. 641, 30 ff.),
dasselbe gilt von den bemerkunfj^en über den {^enetiv, auch sie beliehen
sich auf nomina auf is, erst mit s. 67, 11 erreichen wir festen boden,
nachdem der über^^ang von dem schwanken gründe noch recht kenntlich
durch nam markiert ist. " dies zeigt sclion die art, wie nach den
einlcitungs Worten abgebrochen und auf cap. 14 snrückverwiesen wird,
evident aber eine vergleichung dieser einleitung mit der i. 9 ff. ge-
gebenen: an beiden stellen wird durchaus dasselbe, nur in etwas ver-
schiedener weise vorgebracht.
FBölte : die quellen von CharitiiiB 1 15 und 17. 409
Im wesentlichen richtig hat Morawski das eigentum Palaemons
bei den folgenden erörterungen bestimmt: Ar s. 85, 17 — 22; Or
8. 85, 23—86, 6"; Yx s. 87, 8—12; JEH s. 87, 13—21; JEr" s. 88,
21—28; l8^ s. 88, 29—89, 16; Ix s. 91, 22—24 + 29—80; Oj"
s. 91, 31—92, 6 + 16; Oo? 8. 92, 17—21.
3. Die beiden bis jetzt betrachteten bestandteile Ton cap. 16,
der anonjmns Ae Laiinitate nnd Palaemon, sind aber nur als hilfst
quellen, zur ergänzung benutzt : das beweist die art wie sie nur zum
teil, nicht yollstSndig eingearbeitet worden sind; das beweist aueh
ihr umfang : bilden sie doch beide zusammen nur den dritten teil
des capitels. in dem so nach ausscheidung jener beiden grammatiker
übrigbleibenden rest des capitels lassen sich nun keine quellen mehr
nachweisen, wohl bemerkt man , dasz einzelne abschnitte sich von
der masse abheben und eine besondere provenienz haben müssen,
aber auch die verschiedenartigen bestandteile werden wieder zu-
sammengehalten durch sprachliche Übereinstimmungen. ** um dies
Verhältnis anschaulich zu machen, stelle ich hier eine anzahl von
Wörtern zusammen, welche für die dritte quelle des capitels cha-
rakteristisch sind; und zwar habe ich solche Wörter ausgewählt,
welche im cap. 15 mehrfach, bei Romanus gar nicht oder nur ein-
bis zweimal vorkommen. '^ audor s. 52, 15. 54, 12. 24. 31. 25, 14.
*^ Fr 8. 86, 1&~87, 1 ist auf grund der diction und des Persiaa«
citats anszaschlieszen. '^ vgl, anoo. Bob. s. 542, 14 — 21; den sätsen
8. 88, 5 — 9 entspricht bei dem anon. Bob. nichts, und in der that sind
sie inhaltlich bedenklich, supeüectilis erscheint z. 8 unter den Wörtern
auf 'is im gen., was zu z. 24 absolut nicht stimmt; denn wenn senex
supellex und die substantiva, welche den gen. auf -gis bilden, als aus«
nahmen bezeichnet werden, so können sie nicht schon vorher genannt
sein, sondern es mnsz die allgemeingültige regel voraufgegangen sein,
dasz die Wörter auf -ex im gen. -eis haben. ^ s. 88, 29 — 84 ist inter-
poliert, erstens zerreiszt es den Zusammenhang zwischen s. 29 nnd 84;
zweitens wird 88, 31 ff. dasselbe gesagt wie 89, 9 ff. dies einschiebsei
trägt durchaus denselben charakter wie s. 74, 5—9. *' s. 92, 6 — 15
scheiden sich deutlich aus. ^ ausgenommen sind hiervon natürlich
einmal die auseinandersetzungen, welche ich oben als psendo-Palaemo-
nisch charakterisiert habe, sie im einzelnen namhaft zu machen scheint
mir überflüssig, was ihre herkunft betrifft, so vermute ich dasz sie aus
dem exemplar des Palaemonischen buches stammen, welches der con-
taminator von cap. 15 benutzte, man vergleiche, wie auch in dem von
Charisius und dem anon. Bob. benutzten exemplar solche dubletten ai^
mittelbar neben dem original standen: Char. s. 23, 8— 17 ^ anon. Bob.
s. 539, 24 — 31. zweitens findet sich in der ersten hälfte des capitels
eine anzahl von abschnitten, welche von dem compilierenden gramma-
tiker herrühren, es genügt auf die oben angeführten beispiele zn ver-
weisen. '^ der Übersichtlichkeit halber gebe ich gleich hier einige
ausdrücke, welche dem Romanus geläufig sind, dagegen in cap. 15 nicht
vorkommen, apio s 117, 5. 138, 6. 145, 18 centeo 118, 14. 124, 21.
132, 22. 133, 8. 137, 7. 139, 5. 236, 21 claudo 125, 11. 127, 14. 138, 16. 19.
142, 11. 143, 22 (193, 17. 194, 5) cludo 121, 18. 132, 13 dissideo 188, 20.
136, 17. 146, 11 elegantia 117, 23 (198, 19. 22) finüio 137, 17. 141, 17.
142, 29 inpunitas 146, 8 (191, 5. 194, 1) negotium (» irpdTM<>i gegen-
410 FBölte: lue q^elleo tod Cbaiino« I 15 «imI 17.
M, 18. 6f, 1& 65, 12. 31. 74, 32. 91, 6u 93, 9. 86. 96, 8. 101, 4.
108, 13. 2a 110, 9 (Bomaaas 145, 31) cdOtr^ 81, 2. 83, 16.
107, 14 contrarius 54, 24. 67, 16. 71, 22. 99, 9 enbr^ 91« 21.
creberrimte 102, 17 defiäo in Cendigen') 65, 18. 66, 14 dmu$
67, 20. 88, 12. 89, 29. 94, 2. 107, 16 dc§an8 79i, 8. 104, 16
erudiius 87, 4. 100, 28. 102, 5 frtquenttr 65, 15. 81, 2. 82, 34.
87, 2. 98, 16. 17. 99, b. 100, 28. frequemtc 104, 6 (Pliniiu bei Born.
139, 19) frustra 66, 4. 76, 18 m qmakiaie em 79, 11. 82, 19
(Rom. 195, 12) inaequakias 93, 28. 94, 2 imfero 67, 16. 18.
78, 11 magis 71, 4. 12. 72, 19. 88, 10. 107, 9 (Born. 123, 19.
142, 16) melius 63, 19. 73, 9. 82, 24. 95, 5 (Born. 907, 9)
wuMÜMdo 52, 7 «» VI 276, 11 ; VI 276, 18 (Ckar. om.). 72, 6. 109, 5
sed ueUres hoe nom, ob&erwxuerumi aS. 79, 13. 99, 9. Tgl. 54« 31.
72, 21. 91, 6 (Born. 195, 14) pluraiUas 66, 7. 93, 8. 104, 7
rtpudio 67, 21. 82, 35. 99, 2 sinffuUurii4L8 66, 6. 93, 4 Wfdidms
54, 12. 80, 19 transfero 52, 28 «- VI 277, 2; 65, 19« 21
uarie 52, 15 » VI %76, 19; 63, 14. 68,3. 100,9 (bia) (Bo«u 121,8)
uüiasus 90, 7. 102, 12. 19. 108, 7. uHium 111, 26 umtrp0
71, 12. 76, 15. 79, 9. 80, 18. 82, 11. 90, 29. 95, 28. 106, 3a 107,9
(Bom. 197, 15).
Auf diese sprachlichen beobachtongea geatQtit mosz man alao
behaopien, dasz der compilator onseres capitols anszer den jenen
andern beiden grammatikem gehörigen erörtenmgen alles ^iner
quelle entnommeD hat. dies buch ist nun von total anderer gestalt
als die dritte quelle, welche Morawski fttr cap. 15 annahm. M. wollte
alle behandlungen der extremitates teils auf jenen grammaüker, wel-
chen 4ch als anonymus de Latinüaie bezeichne , teils auf Palaemon
zurückfuhren, der rest sollte aus einem alphabetisch geordneten
werke, in welchem Wörter dubii generis behandelt waren, entnommen
sein, diese ansieht liesz sich aber nicht durchftlhren : denn die endung
Vtn (s. 70, 25 ff.) passte weder fQr Palaemon noch für jenen andern
grammatiker. unsere epikritik hat ergeben, dasz M. noch eine ganze
reihe von extremitates jenen beiden mit unrecht zugewiesen hat, die
vielmehr der dritten quelle entstammen, der art sind die behand-
lungen der endungen Ä s. 52, 6 ff., 0 s. 63, 8 ff., V s, 65, 29 ff., As
8. 66, 11 ff.*\ Es s. 67, 11 ff., Vm s. 70, 25 ff. die behandlung der
Bfttz r€M mm cul^a) 124, 19. 130, 24. 137, 28. 1S8, 6. 146, 22 iramts
117, 8 (190, 24) ttia 118, 16. 122, 1. 146, 14 (192, 11. 19Ci, 25. 194, 12)
capio: non cavit esMt uomen proprium 149, 8 (vgl. RöuBcb Itala on«
valgaU 8. 861 f.) do: acc. per i dmri non poieti 126, a IM, 18. in
bus Myllabam dari nom potesi 139, 1. genetiuum dupHcüt fonrnme ä€mi 128,7.
ego pronomen iia declinandwn dedii 128, 5. {adnerbium koc exempU dmkit
207, 8.) dabii aeire 1^, 21 praeter: eresoere praeier quam 117. 21.
134, 16 {quia geneüuus plus una eyllmba non debet creeeert pmetar qttmm
est?), praeter formawi declinari 132, 8. praeter regulam esse 144, 6.
** dasz M. diesen absohaitt mit unrecht dem anon. dd Latin. Uk-
goBchrieben hat (■. 844, aaf grund ron peregrinus), erf^ibt s&cb ans den
oben ana. 12 geiagten, wonach peregrinus überhaupt kein charaeterisÜ-
FBölte: die quellen yon Chamiu9 I IS und 17. 411
nomin a war demnach auch in dieser quelle naeh endimgen ge-
ordnet*^; unter den allgemeinen erörtmingen fbJ^tea w5rteri deiron
geschlecht und declination streitig waren, femer esthitlt sie cöne stL"^
sammenstellung der nomina quae uaria ra^umt defichmt (s, 9&f 3 SLX
ja es scheint ihr die anordnung eigen gewesen zu sein, daai kiiraof
obseruationes smguiares über genas dedination Orthographie etyauv*
logie folgten, auch die bemerkungen über pronomina (s. 110, 2&
— 111, 15) und Partikeln (s. 111, 16'-**112, 12) aoheinea anf sie xn*
rückzugehen , obgleich bei diesen gerade die sprachlichen eigentOm-
lichkeiten fehlen, sicher ist ihr entnommen die erOrterung über
die bildung der verschiedeneu casus aus dem abl, sing. (s. 64, 6
—65, 20),"
Wenn nun der letztgenannte abschnitt am die jetzige stelle ge-
raten, wenn die behandlung der pronomina und Partikeln so gekttet
ist (sie kann ja nur ein excerpt ausführlicherer capitel sein), so lltat
sich das doch nar durch die annähme erklären, daaz die tbätigkeit
eines Überarbeiters oder contaminators hier ihre spuren hinterlassen
hat. man kann vermuten, dasz es derselbe grammatiker ist, welcher
den anon. de Latin, und Palaemon einscblachtete. das bat alier niobt
erst Charisius getban.'^ unser capitel steht in dem Cherisisohen
cum bildet, wenn derselbe ferner (s. 346] behauptet, s. 66, IT sei
'inepte* eingeflickt, so bedarf dies einer kunen Widerlegung, die dt^
Position (man wird die ähnlichkeit mit 0 8. 63, 8 ff. nicht yerkeanen)
ist folgende: I. lat. Wörter, gen. -{9, toc. ^ nom. IL griech. Wörter,
gen. -ae^ voc. Ä; älter hiesz es aber im nom. hie Aenea. ansnahmeii:
gen. 'tis; älter hiesz es im acc. Calcham. danach passt 8. 66, 17 sehr
wohl in den Zusammenhang; dieser susatz bezieht sich auf 8. 66, 14
uocatiuo amissa s: denn wenn der nom. Aenea hiesz, so blieb natürlich
die für das latein. geltende regel in kraft, wonach voc «« nom. — Mit
dem vorliegenden abschnitt stimmt überein Romanus s. 120, 89 und
B. 121, 8 — IL, wobei für letztere stelle, ausser wörtlichen anklängen,
besonders in betracht kommt, dasz bei ßomanus wie in cap. 15 nur
eigennamen berücksichtigt werden, deshalb glaube ich dasz nicht
Palaemon quelle des Roraanus war, sondern dasz er und die dritte
quelle von cap. 15 denselben grammatiker benutzt haben, bei Romanus
sind durch das excerpieren Unordnungen entstanden.
'^ wenn dies feststeht, so ist es ziemlich unerheblich, ob man die
ursprüngliche abfolge oder die entstehung der jetzigen anordnung n&eh«
weisen kann. *^ dafür läszt sich auch der umstand geltend machen,
dasz Gellius, der in diesem abschnitt 8 mal genannt wird, auch 8. 71,89
erscheint, auszerdem kommt er bei Charisins nur noc^ s. 189, 2 in
einem citat aus Plinius vor. *^ einmal widerspräche eine solche an-
nähme allem, was wir sonst über die arbeitsweise das Charisios be-
obachten können: er compiliert, aber er contaminiert nicht, schlagen*
der ist ein zweites argument: es ist eine ganz sonderbare annehme,
dasz Charisius mehrfach zwei-, ja dreimal (in cap. 10. 14. 15) 6inen und
denselben abschnitt aus seinem Palaemon abgeschrieben haben soll,
ich behaupte dasz alle derartigen Wiederholungen ans den quellen des
Charisius zu erklären sind, für unser capitel lässt sich die richtigkeit
dieser anschauung bündig erweisen, die Palaemonischen abschnitte in
cap. 16 entstammen einer ganz andern recension, als die in oap. 10
und 14 und vom anon. Bob. benutzte ist. hier nur äin beweis, in
412 FBölte: die quellen von ChariBrns I 16 und 17.
werke ganz für sieb da; kein anderes capitel steht mit ihm in be-
Ziehung, es war also ein besonderes buch, aus welchem Charisios
das cap. 15 abschrieb, natürlich wird es umfangreicher gewesen
und von Charisius ins kurze gezogen sein, hat also dies buch seine
besondere Überlieferung gehabt, und zwar ziemlich lange zeit, so
werden viele grammatiker daran gearbeitet haben — wie viele bleibt
ungewis und ist irrelevant — und so werden denn auch nach und
nach manche abschnitte eingefügt sein, die heute isoliert dastehen.
IL DIE GEMEINSAME QUELLE VON C. 15 UND 17.
1. Stellte sich uns, so lange wir uns auf dem boden des cap. 15
bewegten , dessen dritter bestand teil als eine einheitliche masse ent-
gegen, welche aus sich heraus nicht mehr zu zerlegen war, so ver-
mögen wir auf anderm wege noch einen schritt höber hinauf zu
dringen. ^^ ich komme hiermit auf die viel umstrittene frage über das
Verhältnis des cap. 15 zu C. Julius Romanus de ancUogia. nachdem
Keil (GL. I s. XL VII) und Schottmüller (s. 20 ff.) die zahlreichen
Übereinstimmungen zwischen den beiden capiteln durch die annähme
hatten erklären wollen, Charisius selbst habe in c. 15 des Romanus
bücher de anähgia und de consortio casuum benutzt , stellte Christ
(Philol. XVIII s. 122 ff.) die behauptung auf, sie seien vielmehr durch
benutzung derselben quelle verursacht; ihm folgte Morawski (Hermes
XI s. 339 ff.), dagegen sind nun neuerdings wieder einwendungen
erhoben worden von Neumann (ao. s. 6 ff.), der sich namentlich auf
die beobachtung stützt, dasz das capitel des Romanus keineswegs in
seiner ursprünglichen gestalt, sondern stark gekürzt von Charisius
wiedergegeben sei. wenn also das cap. 15 gelegentlich sätze und bei-
spiele bietet, welche in den entsprechenden abschnitten von cap. 17
fehlen, so dürfe man daraus nicht schlieszen, dasz sie auch bei Ro-
manus nicht gestanden hätten, er kommt nun zu dem resultat, dasx
c. 15 von Romanus abhängt; nicht dasz Charisius denselben zwei-
mal ausgeschrieben hätte, sondern der auctor von c. 15 soll Romanus
benutzt haben, seine einwendungen haben ohne zweifei eine gewisse
berech tigung*', und in der that werden damit die von Christ und
cap. 10 nnd beim anon. Rob. erscheinen fünf declinationeD, in c. 16
dngfe^en (s. 68, 23 ff.) werden die nomina auf -es^ -ei mit den Übrigren
auf •«« zusammen, also unter der dritten declination behandelt, folff-
lich gibt es hier nur vier decliuationen, eine sahl welche auch, bei der
durchgängig bei Palaemon herschenden cntsprechung, die viersahl der
conjugationen fordert, die fünfte declination ist nicht Palaemonif eh ;
vielmehr ist diese nnordnunpr von einem spütern grammatiker getroffen,
wie äaszerlich dieser verfahren ist, zeigt der umstand dasz anon. Bob.
8. 547, 36 ff. (bei Charisius ist der ^anze schlusz fortgelassen) ein stück
aus der dritten declination mitgewandert ist; es fehlt 8. 641, 37.
*** die folgenden Untersuchungen .stützen sich häufig auf die reaaltata
der nachfolgenden quellenanaly^e von cap. 17, wie sie für diese eine
wesentliche Voraussetzung bilden, bei diesem Wechselverhältnis hielt
ich die gegebene anordnung für die beste. ** obwohl er vieles auf
Charisius rechnnng setat, was teils von dessen abschreibern (aoslassoof
FBölte: die quellen von ChariBius 1 15 und 17« 413
Morawski yorgebrachten argumente hinf&llig. trotzdem ist die Ton
Christ aufgestellte ansieht über das verhftltnis der beiden capitel
richtig, dafür läszt sich an zwei stellen durch scharfe interpretation
der schlagende beweis liefern.
Über die dedination von ficus wird gehandelt Born. s. 128, 20
— 129, 3 und cap. 15 s. 95, 22 — 96, 6. dasz zwischen beiden die
engste abhängigkeit besteht, lehrt der augenschein.'^ es kann kein
Zufall sein, dasz bei Priscian II s. 267, 14 ff. die beispiele aus Cicero
und Martialis wieder zusammen auftreten, wir ersehen daraus, dasz
sie im engsten Zusammenhang stehen, dann kann Plinius nicht die
quelle dieser auseinandersetzung sein, denn er schlosz sein werk
etwa 66 ab, Martialis erstes buch fällt nach 82 (Teufel-Schwabe
BLG. § 322, 4). das citat aus Plinius bei Born. s. 128, 30 musz also
nachträglich hinzugefügt sein, sieht man nun den artikel bei Bo-
manus etwas genauer an, so kann man gar nicht verkennen^ daez
hier eine compilation vorliegt: der Inhalt von s. 128, 30—31 fiült
im wesentlichen mit s. 128, 20 zusammen, wollte man nun an-
nehmen , dasz dies citat aus Plinius bereits in der quelle des Boma-
nus stand, so wäre das unmethodisch, weil Bomanus, wie wir dies
unten auch nachweisen werden^ den Plinius selbst in bänden hatte«
wo Bomanus den Plinius nennt, hat er direct aus ihm geschöpft
daraus ergibt sich, dasz Bomanus den Plinius mit einem andern
grammatiker contaminiert haben musz. wenn nun cap. 16 nur den
nichtplinianischen bestandteilen des artikels bei Bomanus entspricht,
so folgt, dasz es von ihm weder direct noch indirect abhängt, sondern
dieselbe quelle wie er benutzt hat.
Ich musz es als verwunderlich bezeichnen, dasz, so viel ich sehe,
niemand anstand genommen hat den ganzen artikel über ambos Bom.
8. 119, 9 — 120, 3 aus Helenius Acron herzuleiten, scheint mir doch,
dasz auch eine oberflächliche be trachtung die fugen hätte bemerken
müssen , welche dies stück durchziehen. Acron hatte zu Ter. Ad. Y
9, 5 den acc. amhos für allein richtig erklärt und gegen Yerrius in
schütz genommen (z. 9 — 14). darauf heiszt es indifferenter autem
locutos iieteres uhetiora dahuntur exempla; es folgen zwei beispiele
aus Afranius Panteleus für die form anibos (z. 14 — 19). es wird
fortgefahren mit den worten qui autem cum Heimio fad/nnt hone
afferunt causam, folgen zwei gründe, wonach es amhoa heiszen
musz. danach werden beispiele für amho gegeben, je eins aus Afra-
nius Panteleus und Ter. Andria, zwei aus Vergilius. zum schlusz
einiger beispiele), teils von Romanus selbst gesündigt ist. Naumann
stellt letztern viel zu hoch, sein fleisz ist auszer zweifei, keineswegs
aber sein iudicium.
^^ wir haben bei beiden: LuciHus ^ficV inquü 'comeduntur et ituae*,
die citate ans Varro und Cicero (dasz bei Gharisias ein aasfall vor-
gekoinmen, beweist nichts gegen unsere annähme), und zwar das citat
aus Cic. de orat. II 69, 278 bei beiden de ficu se guspendit, bei Cic, de
ficu se suspendisse (so auch Priscian), schlieszlich das epigramm des
Martialis.
414 FB<e: die quellen von ChariBias I 15 und 17.
wird diese bildung mit der griechischen touc djLiqHi) verglichen,
diese anordnang kann nicht ursprünglich sein ; eine nähere unter*
Buchung wird das beweisen, dasz Romanus mit den werten qui
atiiem cum Helenio faciunt hanc afferunt causam bemerkungen an-
führen sollte, welche er bei Acren gefunden, wäre ohne jede parallele,
der sprachliche ausdruck verlangt, dasz wir diese worte einer andern
quelle zuweisen, diese sätze stehen nun auch bei Bomanus an einer
ganz unpassenden stelle, die worte indifferenter und uheriora (z. 14)
bekommen ofifenbar erst dann einen sinn , wenn ursprünglich auch
beispiele für anibo unmittelbar folgten, dasz diese beispiele für den
schwankenden Sprachgebrauch der altem auctoren aus Acron stam«
men, daran zu zweifeln gewährt autem (z. 14) keinen genügenden
anlasz. die reihe dieser beispiele ist also in der störendsten weise
durch die bemerkungen z. 20—23 unterbrochen, und dies bestätigt
unser urteil, dasz sie nicht aus Acron stammen können, da nur bei-
spiele für den Sprachgebrauch der ueteres angekündigt sind, so wer-
den wir die beiden ersten aus Afranius und Terentius unbedenklich
dem Acron zuschreiben , aber die verse aus Vergilius auf Acron zu-
rückzuführen werden wir um so mehr bedenken tragen , als er, 6in6
stelle'' ausgenommen, diesen dichter niemals anführt, und dort wird
man bei einem contaminator wie Romanus sich nicht besinnen diesen
Vergilvers für angeschoben zu erklären, wir werden also die zwei
beispiele aus Vergilius derselben quelle zuweisen wie 119, 20 — 23,
ebenso die schluszbemerkung s. 120, 3. demnach haben wir bei
Bomanus zwei quellen zu unterscheiden: Helenius Acron s. 119,
9—19 + 23—26 und einen anonymus 3.119,20—23 + 27—120,3.
vergleicht man nun hiermit c. 15 s. 65, 16 — 25, so ist kein wei-
terer nach weis dafür nötig, dasz in diesem capitel nur jener gram>
matiker benutzt ist, welchen Romanus mit Acron zusammengearbeitet
hat. ^ von dem was Acron eigentümlich ist findet sich keine spur.
Die beiden besprochenen stellen ergaben, dasz bei Romanos
zwei quellen contaminiert waren und cap. 15 nur mit 6iner der bei-
den übereinstimmte, dadurch ist eine directe oder indirecte be-
nutzung des Romanus von Seiten des Verfassers von cap. 15 ane»
geschlossen; die congruenzen von cap. 15 und 17 sind nur aus der
gemeinsamen benutzung derselben quelle zu erklären, die beweia-
kraft dieser beiden stellen scheint so vollkommen ausreichend, dasz ich
darauf verzichte weitere argumente zu häufen, was die verschieden«
'^ Rom. 8. 210, 10 prima pro primo Terentius in AdelphU *in prima
fabnlä* ; übt /JeleniuM Acron *pro in primo*; et Maro 'uitümus obtcvria
primam sub uaHibus urbeni*, '* es bedarf nur eines hinweiuec darauf,
dasz Komanus s. 120, 3 dio worte ueinur vorläge ani|^eändert haben
mutz, vergleicht man Roraanus quia omniu accusatiuus pluraUi excepiis
nektralihut et mofioptotis s littera finiri debet mit cap. 15 quia omnes parte9
ortäionit quae catna habent exeeptit neutrix et monoptoti» in « littera aecw
Mitiuo piurali defidunty so ist es liemlich evident, dasi der schiefe aii8>
druck des Romanos einfach infoige der auslasüung von partes oraiioma
quae casus habent entstanden ist.
¥Böiim< 4ie ximtüAetk von Ohariuni I a imd 17.
416
heit des sprachlichen ausdfU^ks betriflt^ so werden die oben (»• 409 f.)
g%gebe)l«h zosamibetistellYm^en füi^ sitäi bbibst sptetIhbXi.'* eäiige
bemerktmgen finden sich im feigenden in den anmerkongen.
2. Kadid^ift Wi)f uns auf diese Weise den weg ge^hxit fa«bM>
können wir die stellen sammeln, an denen beidB capitel ftberdhu^biüH'-
men. denn bei det zusammenstelluag, welche ^chotfanüller (s. 21 f%)
gegeben hiat, Gössen M^ir tois ftkcht beruhigen; sie «nthält vieles was
nicht hierher gehört, indem er beide capitel als ganze behandelt, es
ist nun aber^i^^MUB ndttg, dmz wir hierbei dt» rendtate^etqtfdllen-
alMiJyse in bdtmoiit sieben, ako 4iiiiaai in eap. 15 nur dh% absiolihütia
berücksichtigen, welche der dritten quelle angebilreli, zweitens diis
fälle ausscheüiii^ in dBtteH Bomanus ans Plil^s <Bchl|)tt; ich mosz
hierbei die resultate des fbl^[<amlen abschnitts diesto öütersuchungen
vorwegnehoMk **
Born. ls. 16
s. 117, 18—23 aninuä^ iMt l^t ^-^li
+ 117, 24—28 Allecto — «», t6<->d0
118, 8 —6 Aniiphonem » 64, 31-65,6
119, 20—23 + 27—120, 3 amboM
^ 6t^, 1^-26
*120, 32 Aenea ^ 6^, it
196, 33^1»!^ 6 aeribus = 93^ IS^-tB
IQU «"-11 ^« /^*<« =■ ÖÄ, 11—22
*121, 12—1^ aerem^^ «= 86, 11—12
tl23> 'S Atiäfis »6- itX), 9—13
•^öe»*--? amfattoky *» 100,14-^16
Rom. c. 16
fl^ 10»ll ßtiiSi ^ 68, 16—18
* 1^, 1—4 Butmänm^ 83, 30—84, 4
* les, 20^129, 8 fleM — 96, 22—96, 6
+ 180, 36—131, 3 femini^ — 87, 2—7
* l3l, 1^—18 gtU — 90, 3—4
*U\, 19-^^7 gtuten '^ 87, 22—88, 4
189, 8—9 homo^ — «8, 46—17
?132, 10—14 here9^ — 68L 2—6
♦132, 2lr— 31 7rfc — «9,^- «0
186, 7-^9 itt»*!!}» ^ 93, 18-^28
?140v 11--13 ptHUB ^ n, 38^88
ri I
^ leb iKBfct sieh kiicht verkMrnefn, dasz Roi<i«nii8 es ist, der die ge-
läufigen «ativdrUoke, welche er in seiner quelle fand, durch angewöha>-
liche ersetzte. %o finden sich hei ihm ganz junge constructionen, welche
sonst nirgends hei den lateinischen gramm atikern vorkomiAen, zh. capio
tta. ibf., äare. ditdsfelhe beweist zh. der nmständ, dasz ein So g^f; tmd
glÄ>es yrot\, wie ustti^ ftar ^totnal bei ihm vorkonMit. ^ taatafgemiUa
wäre es bei diesei' zasamibenetellang von den nnzweilelhaften fallen ca
den minder sichern hinabzusteigen, da aber eine Übersicht der eon-
gruenten stellen in der reiheufolge, wie sie bei Komanns stehen, weiter-
hin nötig sein wird, So wtlhle ibh gleich hier divse anotdnnng. die
ra^ ü/et übefreinstimitfftttg^ Will ich duteh vei<^en 4aiMdr&e^ken t * evident,
tttkt di^ beiftpiele etimmen überein , ? KWeifelh«ft. ^ ßomanus bat
die UDgewöhnliche form als Stichwort vorangesetzt, dadurch ist der satz
unklar geworden, c. 15 bietet das logisch richtige, also ursprüngliche ;
iMilMere l^ssimg k^na ans So^ianas gar nicht 'entstandelki sein.
^ die Übereinstimmung liegt ntir in dem Tibulloitnt; dies Wiegt aber
um so sohWeret*, als es von unserer Tiballüberlieferung gXnxlieh »b*
Xveicht. ^ der ansdruck debiUa bei beiden ist singnlftr; M Pala«mon
8. 64, 8 beruht eir auf Überarbeitung. Romanus hat eine quelle bemitzt,
in der über troknhia auf o tm allgemeinen gehaadelt war, und Irrtum-
Hek komo nn«e¥ die 4tebiHä. g«steUt, während es doeh wie ardo oaräd
geht <c. 16 s. 63, 12>. o. 1^6 steht «der gemeinsamen tfnelle unffleioh nfähev.
'*^ die bellen entspreohen einsinder nicht, scheinen aber auf ein*
MSder ^cksidht tm ttetmen. das auffällige ist, dasz bei ReraanttS
heredis mit Periokftis Slräioc^tii geglichen wifd vad nicht mit mercedik
locupletis uä.
416
FBölte: die quellen von Cbarkius I 16 und 17.
Rom. c. 16
1 140, 14 palumbes =- 106, 24—80
•140, 16—16 pometa = 109, 28—29
?140, 17—18 pairis -= 83, 8—10
140, 19—141, 5 pubes^^ = 70, 19—24
141, 6-7 Pataui^f^ =- 71, 1—7
tl42, 3—7 gutes ^^ =- 110, 1-2
143, 30—31 senapi** = 63, 6—7
143, 32—144, 2 siremps =- 93, 24—26
?144, 9 strix «= 109, 14—16
Rom. c. 16
• 144, 13—16 suDellex — 88, 10—15
•146, 8—13 turben =» 64, 26—30
tl46, 26 testu » 66, 31—83
•146, 31-146, 2 tabis » 93, 24—86
•146, 3—9 tergum^ um 71, 20—26
♦145, 12—15 ampHter = 79, 10—14
♦204, 22—24 large — 101, 1—8
t211, 29—81 plure — 109, 10—13
3. Nun finden sich Übereinstimmungen zwischen cap. 15 und 17,
wo Bomanus den Plinius als quelle nennt, ihn also, wie oben bemerkt,
direct benutzt haben musz :
♦52, 17—21 = 143, 24—29 Satumalium
♦55, 2—8 = 138, 18—139, 3 osse
t62, 15—19 = 146, 31—36 uedigcdiarum**
♦73, 12—16 = 125, 3-8 compluria
t83, 3—7 = 134, 12—135, 2 i/ms«
♦90, 5—10 — 141, 20—23 paniutn
105, 4 = 139, 11-12 oscen
♦107, 6—8 — 136, 22—26 mugü
107, 9— 24 = 120, 8— 13 Äugustas
Nach dem, was ich im vorhergehenden auseinandergesetzt, wird
man nicht annehmen, dasz cap. 15 hierbei von Romanus abhängt,
sondern dasz diese abschnitte durch eine andere quelle dem cap. 15
vermittelt sind, hieran schlieszen sich fälle, wo Plinius in cap. 15
direct genannt wird : s. 77, 8. 77,20(V). 79,2. 85,9. 88,16. 106,20.
auch s. 106, 1 — 9 geht auf ihn zurück, wie die vergleichung mit
Pomp. V 144, 17 — 31 zeigt, alle diese Plinianischen erörterungen
sind dem cap. 15 doch offenbar durch eine quelle zugeführt; dasz es
dieselbe war, aus welcher auch die mit Romanus übereinstimmenden
abschnitte herrühren, für diese annähme spricht die beobachtung,
dasz auch die gemeinsame quelle von cap. 15 und 17 aus Plinius ge-
schöpft hat.
Die erörterung des anonjmus de analogiam wie ich den Verfasser
der gemeinsamen quelle der kürze halber nennen will *, über die decli-
nation von ficus haben wir Rom. s. 128, 20 ff. «=» cap. 15 s. 95, 22 ff.
^^ in c. 16 ist iuuentuiis an verkehrte stelle geraten: vgl. Keils anm.
die Vergilbeispiele sind ausgelassen, weil vorher (s. 70, 8—8) aas Pa-
laemon gegeben, bei Komanus scheint lanuginit (s. 140, 19), wo man
lanugo erwarten sollte, stehen gcblie))en, weil er eine construction vor
äugen hatte und um&nderte, welche der in c. 16 erhaltenen ähnlich
war. ^^ Komanus hat excerpiert. -** dies Cicerocitat kommt sonit
bei den grammatikern nicht vor. ^* aus andern quellen Rom. s. 144,
10—12 und c. 16 s. 107, 31—32. ^ Romanus hat Fergüiug beibehalten:
vgl. Christ Piiilol. XVIII s. 122 unten. ** nur das beispiel aus Asinios
Polio stimmt überein. *^ die congmenz beruht nur auf dem citat ans
Pacuvius. *^ warum ich gerade diese bezeichnung w&hle, darüber ver»
gleiche man den letzten abschnitt dieser abhandlung.
FBöIte: die quellen yon Charisios 1 16 nnd 17. 41T
ich machte schon oben darauf anfmerkiam , dasz die bemerkimg des
Plinius 8. 128, 30—31 zum teil mit 8. 128, 20 znsammeBf&llt Pli*
nins nahm die zweite declination fttr die fraoht, die vierte für den
bäum in anspruch. dasz er auch das geschlecht diffiDrenzierte, wird
nicht angegeben, ist aber wahrscheinlich, ganz dasselbe ergibt sieh
aus des Bomanus (z. 20) wenn auch stark zusammengezogenen werten
als lehre des anonjmus. wenn es in cap. 15 den ansc^ein hat; alt
ob das femininum nach der vierten declination überhaupt abgelehnt
würde, so dürfte das namentlich durch kflrzung hineingekommen
sein, nun will das epigramm des Martialis sich dieser differenzierung
gar nicht fügen : denn aus ihm wäre zu folgern, dasz ein unterschied
der declination zwischen der frucht und dem Vitium zu machen ist,
im widersprach mit z. 20. man kann also daraus nur die zusatz-
bestimmung entnehmen, dasz auch fious als vitium der zweiten deoli*
nation folge, demnach ist die bemerkung über fious als vitium erst
durch das Martialepigramm hervorgerufen und , so gut es gieng , in
eine bestehende dififerenzierung hineingefügt, diese stimmt mit Pli*
nius, wird also aus ihm entnommen sein. — Dasselbe ergibt die ver-
gleichung des anonjmus bei Rom. s. 145, 8 — 13 «» c 15 s. 64, 27 — 31
mit Plinius s. 144, 30 ff. die Übereinstimmung zwischen den erstem
beiden stellen ist entschieden gröszer als die von c. 15 mit Plinius.
man musz nur im äuge behalten, dasz Bomanus s. 115, 8 ff. die
differenzierung der genetive fortliesz, weil er sie kurz vorher erst aus
Plinius gegeben hatte, der anonymus wird also durch cap. 15 besser
repräsentiert, mit Plinius stimmt diese Unterscheidung von Turbonis
und turhinis vollständig, wahrscheinlich also, dasz aus ihm auch die
bemerkung über den nominativ stammt.
Ist es demnach sehr wahrscheinlich, dasz der anonymus de ana-
logia aus Plinius geschöpft hat, so können wir auf ihn auch diejenigen
abschnitte des cap. 15 zurückführen, deren Plinianischer ursprang
entweder ausdrücklich bezeugt ist oder sich anderweitig ermitteln
läszt.
4. Das sind die abschnitte des cap. 15, welche wir teils sicher,
teils mit gröster Wahrscheinlichkeit auf den anon. de anälogia zu-
rückführen können, eine durchmusterung derselben lehrt, dasz weit-
aus der gröste teil der dritten quelle dieses capitels aus jenem auctor
entnommen sein musz. der anonymus enthielt auszer der behand-
lung einzelner Wörter auch allgemeine erörterungen über ganze
endungen, wie dies die vergleichung von Bomanus s. 121, 8 — 11
= c. 15 s. 66, 11—22, Rom. s. 132, 8—9 = c. 15 s. 63, 16—17
und Rom. s. 141, 6 — 7 = c. 15 s. 71, 1 — 7 zeigt; wir werden daraus
den schlusz ziehen, dasz er seinen stoff nach den endungen disponiert
hatte, wenn dies richtig ist, so folgt weiter, dasz bemerkungen wie
c. 15 s. 93, 18—23 = Bom. s. 120, 33—121, 5 + 135, 7—9 und
c. 15 8. 93, 24—26 = Bom. s. 143, 32—144, 2 + 145, 31—146, 2
ebenso anhangsweise angefügt waren wie in c. 15. danach war das
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 5 Q. 6. 27
414 FB<e: die quellen von ChariBius I Hb und 17.
wird diese bildung mit der griechischen touc äjLiqHi) verglichen,
diese anordnung kann nicht ursprünglich sein; eine nähere unter*
Buchung wird das beweisen, dasz Romanus mit den werten qui
atäem cum Helenio faciunt hanc afferunt causam bemerkungen an-
führen sollte, welche er bei Acron gefunden, wäre ohne jede parallele,
der sprachliche ausdrnck verlangt, dasz wir diese werte einer andern
quelle zuweisen, diese sätze stehen nun auch bei Bomanns an einer
ganz unpassenden stelle, die werte indifferenter und uberiara (z. 14)
bekommen efifenbar erst dann einen sinn, wenn ursprünglich anch
beispiele für amho unmittelbar folgten, dasz diese beispiele für den
schwankenden Sprachgebrauch der altem aucteren aus Acren »tarn«
men , daran zu zweifeln gewährt autem (z. 14) keinen genügenden
anlasz. die reihe dieser beispiele ist also in der störendsten weise
durch die bemerkungen z. 20—23 unterbrochen ^ und dies bestätigt
unser urteil, dasz sie nicht aus Acren stammen können, da nar bei-
spiele für den Sprachgebrauch der ueteres angekündigt sind, so wer-
den wir die beiden ersten aus Afranius und Terentius unbedenklich
dem Acren zuschreiben , aber die verse aus Vergilius auf Acron zu-
rückzuführen werden wir um so mehr bedenken tragen, als er, öine
stelle'' ausgenommen, diesen dichter niemals anführt, und dort wird
man bei einem centaminater wie Romanus sich nicht besinnen diesen
Vergilvers für angeschoben zu erklären, wir werden also die zwei
beispiele aus Vergilius derselben quelle zuweisen wie 119, 20 — 23,
ebenso die schluszbemerkung s. 120, 3. demnach haben wir bei
Bemanus zwei quellen zu unterscheiden: Helenius Acren s. 119,
9— 19 + 23—26 und einen anonymus s. 1 19, 20—23 + 27—120, 3.
vergleicht man nun hiermit c. 15 s. 65, 16 — 25, so ist kein wei-
terer nach weis dafür nötig, dasz in diesem capitel nur jener gram-
matiker benutzt ist, welchen Romanus mit Acren zusammengearbeitet
hat. " von dem was Acren eigentümlich ist findet sich keine spur.
Die beiden besprochenen stellen ergaben, dasz bei Remanua
zwei quellen centaminiert waren und cap. 15 nur mit 6iner der bei-
den übereinstimmte, dadurch ist eine directe oder indirecte be-
nutzung des Romanus von selten des Verfassers von cap. 15 aoa»
geschlossen ; die congruenzen von cap. 15 und 17 sind nur aus der
gemeinsamen benutzung derselben quelle zu erklären, die beweis*
kraft dieser beiden stellen scheint so vollkommen ausreichend, dasz ich
darauf verzichte weitere argumente zu häufen, was die verschieden«
'^ Rom. 8. 210, 10 prima pro primo Terentius in AdelphU 'in prima
fahula* ; übt /Jelenius Acron 'pro in primo*; et Maro 'uitHmuM oücuriM
primam sub uallibus urbem*. " es bedarf nur eines hinweisec dnraof,
dasz Romanus s. 120, 3 die worte seiner vorläge am^eändert haben
mutz, vergleicht man Romanus quia omnU accutaiiuut pluralii exceptis
neutraHhuM et monoptotit s liitera ftniri Hebet mit cap. 15 quia oume« partes
orationiM quae cama habent exceptis neutrvt et monoptotis in • littera aeat-
9atiuo plurali de/lciunt^ so ist es liemlich evident, dasx der schiefe aoa-
druck des Romanus einfach infoige der auslassung von partes oratiotn»
quae casus habent entstanden ist.
^FBöltt;- 4k ximfji^ea von Ohariuni I tft imd 17.
416
heit des sprachlichen ausdfüeks betrifft^ so werden die oben (s* 409 f.)
gfegebetieb zosatülbetiistelhili^en &3it siäi bblbst sptechbtt.** eäiij^e
bemerkongen finden sich im folgenden in den aiimerkangen.
2. Kadid^ift ^r uns auf diese Weise den weg ge^hxit fali^bM>
können wir die stellen sammeln, an denen beidB capitel ttbor^stitti'-
men. denn bei det zusammenstelluag, welche ^chotfantUler (s. 21 f%)
gegeben hiat, ^ö«ion M^ir täis ftkcht beruhigen; sie onthält vieles was
nicht hierher gehört, indem er beide capitel als ganze behandelt es
ist nun aber^i^^WM ndtig, da«E wit hierbei dt» rendtate^etqtfellen-
aiQftlyse in betmoiit siehen, also ^inüiai in eap. 15 nur dio abedihitio
berücksichtigen, welche der dritten quelle mgebiteli, tweiiens diie
fälle ausscheipiüi^ in deltieli Boiaantis ans PlSniuk <Bchl|)tt; ich musz
hierbei die resultate des fblgt^nden abschnitts dieeto oütersuchungen
V or wegnehoMk **
Rom. t. 16
s. 117, 18—23 anim<ä^ '*^ 1^, 0—14
f 117, 24—28 Allecto — 0&, t6<->d0
118, S —6 Antiphonem » 64, 31-66,6
119, 20—23 + 27—120, 3 amboM
^ 6fe, lfr-26
*120, 32 Aenea ^ 6^, it
120, 33*-l»I^ 6 aeribus = 93^ 18—43
Ifil, B^ll Am ftmU a- 66t, 11^22
*121, 12—13 aerem^^ «= 86, 11—12
tX23> 'S AttibiB ^ 100, 9-^13
•<66»4'-7 (Hnfattaky «=. 100,^4-^16
Rom. c. 16
f 1^ 10»11 BtliäU ^ 68, 16-18
^ 1^, 1—4 Butmänm^ 83, 30—84, 4
• 128, 20^129, 2 fieo9 «-> 96, 22—96, 6
t ISO, 36—131, d fendni^ — 87, 2—7
*l3l, 16—18 gtis — 90, 3—4
*U\, 19-^^7 gUiten ^ 87, 22—88, 4
189, 8-9 kmö^ — ^ 46—17
?132, 10—14 Aere#«8 — 68, 2—6
♦132, 27—31 IH» — «9,^4-«0
186, 7-^9 iufum ^ 93, 18-^88
?140v 11—18 ptHUB ^ «'4, 38-^38
.1 *.
<i I
^ «eb IftBfct ftieh hicht verk^Wnefn, diusz RoiiMii^tis es ist, der die ^e*
läufigen "atis^rüoke, welche er in seiner quell« fand, 4urch angew6ha>-
liche ersetzt», so finden sich bei ihm ganz junge constructionen, welche
sonst nirgends bei den lateinischen grammatikern vorkomntien, zb. capiio
te. ibt., ääre, dassdbe beweist zb. der nmstand, dasz ein So gS^g tmd
glÄ>es woH wie Hsurpo tmv ^totnal bei ihm yorkonMit. ^ taatatgemüM
wäre es bei diesei' zusamibeoBteHang von den nnzweilslhaften Tillen cn
den minder sichern hinabzusteigen, da aber eine Übersicht der eon-
gruenten stellen in der reibeufolge, wie sie bei Romanus stehen, weiter-
hin nötig sein wird, So wftMe Ich gleich hier di«se atiotdnang. die
ra^ ^i- übeftreinstimitfftttg^ Will ich duteh vei<^eYi 4aiM4r6c^keii : * evMent,
titiY dife beiftpiele etimttien iSberein , ? zweifelhaft. ^ Romanus hat
die ungewöhnliche form als Stichwort vorangesetzt, dadurch ist der satz
unklar geworden, c. 16 bietet das logisch richtige, also ursprüngliche ;
Malere l^ssimg k^na avs So^ianas gar nicht 'entstandeto «ein.
^^ die <ib«reinstimmnng liegt nnr in dem Tlbnlloitat; dies Wiegt abelr
um so sohWeret*, als e% von unserer Tibullttberlieferung g)texli«h »b-
XKreioht ^ der ausdruck debilia bei beiden ist singulare bei Palaemott
8. 64, 8 beruht eir auf Überarbeitung. Romaaus hat eine quelle beaatzt,
in der tib«r iroknhiB auf o fitai allgemeinen gehaadelt war, und irrtäia-
Hek homo ante«' die ^tebiUä. gastellt, während es doeh wie ardo oarä^
geht (c. 16 s. 6^, 12>. o. 1^6 steht «der gemeinsaiMn qfaelle anffleioh nffthev.
*^ die bellen entspreohen einander nicht, iB<iheinea aber atif ehi*>
aiader ^cksidlit tm üefbtaen. 'das anff&Uige ist, dasz bei Reraanüft
heredis mit PerioMis 8lräiaclBti$ gerglichea wird aad nicht mit mercedik
locupletia uä.
418 FBölte: die qaellen yon Charisius I 16 und 17.
werk des anonymus fast genau so angelegt wie die dritte quelle von
cap. 15. wie eng diese ihrer quelle sich anschlosz, kann die beobach-
tung des sprachlichen lehren, wenn ausdrücke wie aadar firequenier
magis uarie oder die wendung ueteres hoc non obseruauerunt in c. 15
mehrfach , bei Romanus je Einmal (magis zweimal) vorkommen , so
ergibt sich daraus, dasz diese Wörter der gemeinsamen quelle ange-
hören und dasz die stellen, wo sie in c. 15 erscheinen, alle aus dieser
gemeinsamen quelle stammen, wir werden also kaum fehlgehen,
wenn wir fast die ganze dritte quelle des cap. 15 dem anonymus de
analogia zuweisen. ^^
III. ZU DEN QUELLEN VON CHARISIUS I 17.
Die von Schottmüller (s. 32 ff.) und Neumann (s. 18 ff.) ge-
machten versuche die quellenfrage von Charisius 1 17 zu lösen gehen
beide nur darauf aus , das Plinianische eigentum festzustellen, dasz
jedoch eine definitive entscheidung nur möglich ist, wenn man alle
auctoren im äuge behält, welche in betracht kommen können, liegt
auf der band, bedenken musz man femer auch gegen die von ihnen
angewandte methode erheben, sie stützen sich nemlich ausschliesz-
lich auf die beobachtung der congruenzen in der grammatischen
lehre und den citierten auctoren, beobachtungen welche freilich ein
unentbehrliches rüstzeug, bei einem Schriftsteller wie Bomanus aber
keine geeignete basis bilden, denn da Romanus die worte seiner
quellen nicht nur möglichst ins kurze zieht , sondern auch die ihnen
eigentümlichen Wendungen und ausdrücke umändert, so müssen die
auszüge aus seinen verschiedenen gewährsmännem, die doch inhalt-
lich fast alle recht starke berührungen aufweisen, einander äuszerst
ähnlich werden; wie nun erst gar, wenn ein älterer auctor, Plinius«
und sein benutzer, der anonymus de analogia , neben einander vor-
liegen! unter diesen umständen war es geboten einen weg einzu-
schlagen, welcher im wesentlichen von äuszerlichen kriterien aus-
geht, und auf einen solchen scheinen mir sehr einfache er wägungen
hinzuführen.
Wenn Romanus mehrere quellen ezcerpiert hat, wie es sicher
der fall ist, so darf man voraussetzen, dasz er unter jedem bueb-
*'' eine besondere Herkunft möchte man vielleicht für die rein ortho-
fifraphischen notizen, welche sich durch das ganze capitel zerstreut
finden, annehmen, weil sie an einigen stellen (gruppenweise auftreten,
doch kann ein abschlieszendes urteil nur auf grund einer genauen rer-
gleichung^ mit den orthog^raphen des zweiten jh. gej^ehen werden, es
wäre das eine lohnende auff^abe. so viel ich sehe, gehen die bezüg-
lichen notizen unseres capitels auf eine ältere stufe zurück und sind
von den lehren jener unheeinflnszt. — Dasz das werk des anon. nicht
nur das nomen behandelte, läszt sich positiv beweisen, die gelehrten
abschnitte in Diomedcs darstellung des verbnms sind zom weitaus
grösten teil aus dieser quelle fi^eschöpft; freilich ist der anon. auch hier
nur indirect benutzt, nur ein argument will ich hier (rebeni man vgl.
den eigentümlichen gehrauch von sed fruitra c. 15 s. 66, 4. 76, 16 und
Diom. 319, 19. 381, 17.
FBölte : die qaellen von Ghamius 1 15 and 17. 419
Btaben die excerpte aus seinen verschiedenen gewfthrsmSnneni nach
einander eintrug, so dasz die excerpte der einzelnen anotoren unter
jedem -buchstaben schicbtenweise auf einander folgen, anders hAtte
sich die sache nur dann gestalten können, wenn etwa Plinius so sehr
die bauptmasse geliefert hätte , dasz aus den andern grammatikem
nur ergänzungen eingefügt wären (so Neumahn s. 10), oder wenn
Bomanus mit absieht die auszüge aus den verschiedenen auctoren
durch einander gemischt oder irgendwie geordnet hätte, beides ist,
wie sich ergeben wird , nicht der fall, unsere au^be wird es also
sein, die schicbtenweise lagerung nachzuweisen und mit ihrer hilfe
die herkunft der einzelnen abschnitte festzustellen, eine endgültige
lösung der quellenfrage, welche für jeden abschnitt seinen auotor
ermittelte, wäre nur möglich, wenn jenes postulierte Verhältnis
überall ungestört geblieben wäre; das ist aber ganz undenkbar, hier
müssen also Untersuchungen, welche von anderer seite her die in
unserm capitel benutzten grammatiker reconstruieren, ergänzend ein«
greifen, dafür bedarf es aber einer andern grundlegnng als sie im zu*
sammenhang dieser Untersuchungen möglidi ist, und deshalb wollen
die folgenden auseinandersetzungen auch nur als ein beitrag zur
quellenanalyse des capitels gelten.
1. Ich beginne mit den abschnitten, welche aus Plinius stam«
men. Schottmüller s. 34 £ machte darauf aufmerksam , dasz unttr
dem buchstaben Ä die artikel, welche den namen des Plinius tragen,
nach einem ganz bestimmten prindp geordnet sind, auf zweifelhafte
formen des nominativs beziehen sich die ersten sechs titel: amicUies
Amazon aututnnal aquoLium ammal (vgl. Schottmüller s. 40 anm. 1)
aestifer^ auf den genetiv der folgende: Äugtistas (und weiterhin
ÄureUi amantium), auf den abl. sing, die nächsten: aedüe agüe
agreste auxäiare*^ aplustre, ar lUteris nomina neutralia terimnak^
amni, auf den abl. plur. die zwei letzten: aenigmatis Arabis. diese
anordnung, schlosz Schottmüller, kann weder durch zufall entstan-
den noch von Romanus gewollt sein, eine zureichende erklärung für
diese erscbeinung gewährt nur die annähme, dasz diese disposition
die des Plinius selbst ist, dasz Plinius die zweifelhaften fälle der
declination nach den casus geordnet hatte, machte Bomanus aus
einem so angelegten buche auszüge , indem er zunächst die mit dem
buchstaben Ä beginnenden worte und die an sie angeknüpften be-
merkungen aushob , so muste die vorliegende anordnung entstehen.
Schottmüller bat diese beobachtung nicht weiter verfolgt; er glaubte
dasz das Verhältnis bei den übrigen buchstaben gestört sei.^' es wird
*^ daez dieser titel nicht direct mit zu den Plininscitsten gerechnet
werden darf, wird sich unten ergeben, dadurch tritt zwischen agretie
und Aurelii eine grosze lücke hervor, wie diese zu erklären, darüber
gleichfalls unten, vorläufig will ich die sache so behandeln, als ob
unter A zwei reihen von Pliniusexcerpten ständen, die eine bis s. 120, 81
reichend, die andere mit s. 122, 6 beginnend. ^' wodurch dieser Irr-
tum vcranlaszt, darüber s. unten anm. 67.
27*
422 FBölte: die quellen von Charisius I 16 and 17.
keinen aactor namhaffc zu machen, doch steht es vor dem nom. muffüj
kann also nicht Plinianisch sein, enter N gehören die drei ersten
titel zu den ablativen der dritten decl. , nenUnis s. 138, 7 musz sich
der nun schon oft bestätigten regel fttgen. mdi s. 142, 8 gehOrt za
den ablativen ; rüde s. 142, 10 ist durch einen irrtnm des Bomanus
aus s. 143, 1 wiederholt, aus der ablativschicht stammen das erste
bis dritte und das fünfte lemma unter 8, in dem vierten wird der
commentator Paulus genannt, tristi s. 144, 25 ist den ablativen zu-
zuweisen, s. 144, 27 musz sich der regel fügen, für F und 0 ist der
beweis überflüssig: hier trägt das erste lemma den namen des Pli-
nius. demnach läszt sich bei den elf buchstaben Ä C F G H I L
MORS der beweis erbringen , dasz wir vor dem ersten artikel,
welcher den namen des Plinius trägt, kein excerpt aus ihm zu suchen
haben; und weiter können wir von hier aus dasselbe für NPT fol-
gern; D und Fsind, wie gesagt, gänzlich verwirrt.
Wenn wir bis jetzt gesehen haben, dasz die Pliniusexcerpte von
Bomanus nicht absichtlich zerstreut sind, so dürfen wir annehmen,
dasz alle lemmata, welche ohne angäbe der herkunfb zwischen den
Pliniuscitaten stehen, auf ebendenselben zurückgehen: denn ur-
sprünglich müssen die ausgezogenen abschnitte ja eine geschlossene
reihe gebildet haben, als kriterium werden wir die einbaltung der
casusfolge betrachten.
Danach können wir Plinius zuweisen unter ^: andpes s. 120, 14^;
aui s. 120, 24^; annälei s. 120, 28. unter C reihen sich ein: cicatri-
cum s. 125, 1; cofUinenti s. 125, 13'^; candenti s. 125, 15; unter i^:
fdiäum s. 129, 3"; ferocior s. 129, 31; ferienteis s. 130, 1**; fagus
s. 130, 5; unter Jschlieszen sich an die ablative an : innocente s. 133, 23
und insequenti s. 134, 3; unter L sind later s. 135, 17 und lacer
s. 135, 20'', beide durch ihre prägung eng zusammenhängend, durch
diese ebenso mit dem voraufgehenden laterale verbunden, Lar s. 1 36, 1 3
schlieszt sich an ; unter P sind panium s. 141, 20** und poematorum
^^ wenn man es, wie ich, für wahrscheinlicher hält, dasz Plinius
die besprechung^ der unregelmäszigkeiten dieses wortes an den geneliv
als dasz er sie an den ungebräuchlichen nominativ angoschlossen hat.
^* von Schottmüller s. 88 mit unrecht verdammt, vgl. s. 120, 20 — ^21.
^ vgl. die inhaltlichen (rründe bei Öchottmüller s. 37. ** ich sehe
den Widerspruch mit der PHnianiscben re^I über die nomina auf x
nicht, welchen Schottmüller s. 41 behauptet, vgl. s. 124, 29 abique
communibus. «* vgl. SchottmUlIer s. .S9. *' vgl. Schottmüller 8. 89.
^ wenn es hier heisst neuirum autem puio poue dici und in cap. 16
s. 90, 8 f. ego autem neuirum probo nee puto panem plurali manero diel
posse^ so kann man daran anstosz nehmen, dasz an beiden stellen die
Worte des Plinius in dtrecter rede gegeben sein sollen; dann müste man
auch den artikel bei Romanus dem anon. de analogia zuweisen, übrigens
benutze ich diese gelegenheit, um darauf hinzuweisen, wie auch nier
Romanus wieder gekürst hat; der satz mit quia schlieszt sich in cap. 15
weit logischer an. Neumann ao. s. 15 anm. hat bei Romanus nuwtero
tilgen wollen 'quod hoc loco sensu caret\ aber mit unrecht, vgl.
S. 90, 9*
FBölte : die qaeilen Ton Charirios I 15 und 17. 423
8. 141, 29 genetive wie die beiden citate ans Plinius; ebenso fügt
unter R: radicium s. 143, 14 und unter 8: auj^^HleetiUs s. 148, 16*
sich ein.
Ich will kurz auf die ausnahmen voniden oben aufgestellten regeln
hinweisen, die casusfolge ist gestört unter M: hier folgen nom« gen*
abl. acc, zwischen abl. und acc. steht der voc. JM^ßsis b. 187, 21.
einzelne Pliniuscitate sind auch abgesprengt: so frua a. 130, 29« iniber
s. 135, 3, der nom. an letzter stelle; auch s. 134, 12 halte ich fttr Pli>
nianisch. endlich sind ohne zweifei excerpte aus andern grammatikem
in die Pliniusreihen eingeschoben: arbor (?) s. 119, 1, gen. zwisohen
nominativen , ist sicher nicht Plinianisch. unter C stehen cknUatkim
s. 125, 16 und canes s. 125, 19 zwisohen dem abl. sing, und plnr.,
stören also die casusfolge. mcHU s. 136, 27 gehört wcJiirscheinlich
in die ablativreihe , ebenso maiore a. 137, 27 und onmi s« 139, 13.
man kann sie daher nicht ohne weiteres für Plinianisch erUftrwn,
wie dies für ciuitaiitMn Schottmüller that: denn das« die Pliniani-
schen artikel confundiert sein sollen, ist weit unwahrsoheinlioher
als dasz excerpte aus andern grammatikem eingeeeboben worden
sind, und canee ist in der that nicht Plinianisch, sondern ans Gaper
geschöpft, wie die vergleichung mit icrques s. 145, 19 lehrt, dasa
in ciuitatium Cornutus citiert wird, beweist nichts. Bomanus kann
ihn, wie so viele andere commentatoren, auf welche er geradezu jagd
gemacht haben musz, noch direct benutzt haben, s. 127, 19 — 21
kann von Bomanus angeschoben sein, und in dem oap. de aduafWo
benutzt er ihn auch (s. 201, 12). auch sollte man andernfalls er-
warten, dasz Cornutus durch Plinius Vermittlung auch bei Priscian
erschiene, was nicht der fall ist.
Man sieht , wie gering die zahl dieser ausnahmen ist.
2. Bei neun buchstaben finden wir vor der reihe der Plinius-
citate , welche mit dem nom. oder gen. beginnt, 6inen oder mehrere
titel, in denen die endung des abl. sing, der dritten decl. besprochen
wird; bei CNR stehen daneben die den ablativ behandelnden
Pliniuscitate an ihrer richtigen stelle, der art haben wir unter 0
8. 124, 14—27 sieben artikel, 6inen unter G s. 131, 6, H s. 132, 15,
zwei unter I s. 133, 5. 9, unter JVdrei s. 138, 1. 2. 4, 6inen unter
P 8. 141, 13, Rs. 142, 8, vier unter S s. 143, 5. 7. 8. 11, 6inen
unter T s. 144, 25. gerade auf grund dieser Stellung sind wir be-
fugt die genannten titel als eine besondere schiebt aufzufassen, und
können von hier zu zweifelhaftem fällen fortgehen, unter J^ geht die
Pliniusreibe s. 130, 5 mit dem acc. plur. zu ende, s. 130, 13 — 28
haben wir 7 titel über den ablativ (s. 130, 25 bildet zwei lemmata).
weiter können wir bei D, wo die ursprüngliche anordnung durchaus
gestört ist, die drei artikel s. 127, 7. 9. 11 heranziehen, obwohl
^^ 8. 144, 6 scheint Palaemonisch, s. 144, 13 stammt aus dem anon.
de analogia.
424 FBölte: die quellen von Charieius I 15 und 17.
ihnen ein Fliniuscitat unmittelbar folgt, auch die vereinzelt stehen*
den lemmata unter E s. 127^ 26, Ms. 136, 27 und s. 137, 27—29
(an den Plinianischen acc. angeschoben), 0 s. 139, 13 wage ich hier-
her zu rechnen, auch unter F, wo sonst die vorauszusetzende ur-
sprüngliche anordnung aufs ärgste gestört ist, treffen wir doch eine
gröszere zusammenhängende reihe von (5) abl.-titeln s. 146, 15—23.
Ton diesen titeln wird nun der vierte ausdrücklich dem Plinius zu-
geschrieben, wie dies zu erklären, ergibt sich unter Ä, hier ist die
Pliniusreihe in zwei stücke zerrissen, die ablative stehen in ihr s. 120,
17—31 und s. 122, 13. 16. 23. dazwischen haben wir s. 121, 14
— 122, 2 vier titel, welche den abl. sing, der dritten decL behandeln,
und hier lesen wir nun, wenn wir der Merkeischen emendation**
folgen : aux^üiare per e^, ab hoc aimliare, Kde} [add. Schottmüller]
homine^ ut idem Plinius (eodem Ixbro unde exemplay aliatiui casus
per omne specimen^ et quidem quando «, quando e terminari debeai,
coü^eda exce^pimus. diese worte lassen keine andere erklärung zn,
als dasz Bomanus bemerkungen des Plinius über den abl. sing, der
dritten decl. auf ein besonderes blatt notierte, wahrscheinlich nach-
träglich , da er bemerkte dasz dieser gegenständ eine ausführlichere
behandlung erfordere , als er sie ihm beim ersten excerpieren hatte
zu teil werden lassen.*^ nun konnten wir durch das ganze capitel
eine schiebt verfolgen, welche eben diesen punkt behandelt; zu ihr
gehören auch die vorliegenden titel unter Ä^ es entspricht also diese
schiebt eben jenen secundären Pliniusexcerpten. eine schlagende
^ GL. I add. s. 608. unabhängig von Merkel versachte dann Schott-
müller 8. 36 f. die beiden artikel s. 121, 14 und 15 sn verbinden, eine
entsprechende ergäDzoDg ist notwendig» da sonst s. 121, 16—16 voll-
kommen sinnlos ist. die Merkeische emendation schlieszt sich den
tiberlieferten worten am engsten an. ein sabstantiv wie exempla^ von
dem der gen. ablaiiui casus abhängen könnte, scheint notwendig lu sein«
kann aber in der hs. nicht mehr gestanden haben, fiel es etwa vor
excepimus ans? Schottmüller bemerkt s. 36 ganz richtig, dasz derartige
ändernnffen wohl Über Cbarisins hinansgehen. *^ offenbar weil er
dies Verhältnis verkannte nnd die ablativschicht mit den eigentlichen
Pliniusreihen zusammenwarf^ sah Schottmüller sich auszer stände, seine
glficklicbe beobachtung der casusfolge in den Plininscitaten unter A
zur basis seiner ganzen Untersuchung zu machen, die mehrzahl dieser
artikel hat Schottmüller s. 37 f. auf Plinius zurückgeführt, andere aber
auf grund von inhaltlichen bedenken dem Charisius zugeschrieben, einer
Bolchen ausflucht bedürfen wir jetzt nicht mehr, die regeln über den abl.
sing, der dritten decl., welche in der Pliuiusschicht gegeben werden,
sind durchaus klar, und leicht ist es aus ihnen das system zu recon-
Btruieren. alle Schwierigkeiten sind in der fassung der notizen in der
«bl.-scbicht begründet, es zeigt sich hierbei, dasz Romanus die Plini-
anische doctrin absolut nicht verstanden hatte, der unterschied zwi-
schen der Plinius- und der abl.- schiebt musz damit zuaammenhSngen,
dasz Romauus für diese artikel die formnlierung zum teil selbst geben
muste, indem er bei Plinius nur die beispiele fand, dasz man da-
nach die lehre des Plinius über die endung e oder t im abl. anders
fundieren musz, als lirambach gethan hat, ist klar, doch ist das ans*
zuführen hier nicht des orted.
FBölte: die quellen von Ghansias I 16 und 17. 425
bestäiigung für die richtigkeit des von mir bei der quellenanaljae
verfolgten weges.
3. Die excerpte aus dem anonjmus de anälogia gestatten eine
kürzere darstellung. wie im zweiten abschnitt dieser Untersuchungen
nachgewiesen wurde , kann cap. 15 nicht von Bomanus abhttngen.
läszt sich demnach die Übereinstimmung beider capitel nur aus der
benutzung einer gemeinsamen quelle erklären, so werden wir, so
lange nicht andere gründe für das gegenteil sprechen, die congruenten
abschnitte sämtlich auf 6inen gewährsmann zurückführen, ich be-
zeichnete diesen eben als anon. de anaU>gia. welche erörterungen
wir demselben auctor auszerdem noch zuweisen dürfen, diese frage
wurde für cap. 15 oben beantwortet, dasz auch Bomanus abschnitte
aus dem anonymus überliefert, welche in cap. 15 fehlen, ist durch-
aus vorauszusetzen : muste doch jenes buch die bände dreier gram-
matiker (des Verfassers der dritten quelle, des contaminators von
cap. 16 und des Charisius) passieren, ehe es die vorliegende gestalt
erhielt freilich grosz kann der Zuwachs nicht sein: denn 6inmal
haben wir nur unter wenigen buchstaben mehr als zwei excerpte,
können also auch nur selten eine schiebt nachweisen ; zweitens fehlt
es uns an einem Wegweiser, wie ihn die casusfolge für Plinius bot.
wohl dürfen wir voraussetzen, dasz die excerpte aus dem anon. nach
der endung des nom. geordnet erscheinen, aber genau kennen wir
die folge nicht, und auszüge aus dem zweiten teil des capitels, jener
samlung einzelner notizen, würden sich danach nicht einreihen lassen.
hier ist also Zurückhaltung geboten.
Schichtenweise treten die excerpte aus dem anonymus unter
folgenden buchstaben auf: A^^ s. 117, 18—118, 6 und s. 120, 32
—121, 5 + 8—13, G s, 131, 16— 27, Hs. 132, 8— 14, Ps. 140,
11 — 141, 7, unter dem letzten sind einige zweifelhafte fälle mit ge-
rechnet, weiter lassen sich auf den anonymus zurückführen folgende
artikel. unter A schlieszen sich Alcon s. 118, 7 und Argo s* 118, 8
der endung o an, der die vorhergehenden titel angehören; für Argo
läszt sich auf die ähnlichkeit mit Aenea s. 120, 32 s» cap. 15 s. 66, 17
verweisen, unter D könnte man sich auf die inhaltliche berührung
von Bracontem s. 126, 20 mit AfUiphonem s. 118, 3 stützen, wenn
derartige kriterien nicht sehr bedenklich wären, sicher gehört frag"
mine s. 131, 4, welches &\xf fernen folgt, diesem grammatiker. unter
P kann man vielleicht s. 140, 5 — 141, 7 ganz dem anonymus zu-
^ wie die excerpte ans PÜDias unter A an zwei stellen auftreten :
8. 118, 15—120, 31 and s. 122, 6 ff., so ist dasselbe bei den aus dem
anon. geschöpften abschnitten der fall: s. 117, 9 — 118, 6 ^-|- 7 — 8^
und s. 120, 32 — 121, 13. die annähme ist unabweislich, dass hier eine
mechanische Verschiebung irgend welcher art stattgefunden hat, durch
welche s. 118, 15—120, 31 und s. 120, 81—122, 5 ihre platze tauschten,
der letztere umfaszt Vs des erstem, vor Charisius liegt diese Umstel-
lung jedenfalls.
426 FBölte: die quellen yon CharieiuB I 16 und 17.
vf eisen ] pecua s. 140, 8 und penu b. 140, 11 bttngen eng zusammen,
und für letzteres findet sich in c. 15 eine entsprechende stelle s. 74,
28 — 33 ; patris s. 140, 17 berührt sich mit s. 82, 8 ff., ein abschnitt
welcher nicht Falaemonisch sein kann, endlich bin ich geneigt
Schema s. 144, 18 dem anonymus zu vindicieren wegen des eigen-
tümlichen ausdrucks denotatur, der s. 71, 4 wiederkehrt.
Alles in allem können wir etwa 41 lemmata dem anonymus
zuweisen, und aus dieser geringen anzahl erklärt es sich sehr ein-
fach , wenn beim zusammenschreiben der verschiedenen excerpte die
aus unserm grammatiker genommenen leichter aus einander gerissen
und an verschiedenen stellen untergebracht wurden als die mehr
denn doppelt so zahlreichen Plinianischen.
4. Die übrigen grammatiker, welche im ganzen sechzehn mal
genannt werden: Asper s. 140, 3, Caper s. 132, 6. 145, 20. 23,
Comutus s. 125, 16. 127, 20, Helenius Acron s. 119, 12. 20. 126, 17.
130, 12, Paulus 8. 126, 31. 143, 9, Fl. Pomponianus s. 145, 29,
Scaurus s. 133, 1. 136, 16, Vindex s. 117, 13, können für unsere
Untersuchung nicht in betracht kommen, abgesehen davon dasz es
bei mehreren zweifelhaft ist, ob sie von Bomanus direct benutzt
worden sind.
Ebenso sind die excerpte aus Palaemon zu wenig zahlreich, als
dasz bei ihnen eine schichtenweise lagerung hervortreten könnte,
dennoch will ich bei dieser gelegenheit wenigstens auf die unzweifel-
haften Übereinstimmungen zwischen beiden grammatikem hin-
weisen: ApoUo^ s. 118, 9—12 = Pal. s. 63, 31—64, 5 — JEir
syUaba finita^'' s. 128, 7—11 = s. 84, 12 flf. —Esproduäa finüa
s. 128, 12—16 = s. 68, 34 flf. — hehes^' s. 132, 1—3 = 8. 70, 9 flF.
— lepus 8. 135, 10—12 = s. 74, 9—15 — supeüex^ s. 144, 6—7
>» 8. 88, 24 ff. wenn also Schottmüller und neuerdings Neumann
die unter Palaemons namen überlieferten capitel dem berühmten
grammatiker absprechen , so müssen sie doch zugeben , dasz schon
im zweiten jh. ein ganz ähnliches werk existierte.
Zum schlusz gebe ich eine zahlenmäszige Übersicht über den
anteil der verschiedenen grammatiker. das capitel enthält 246 lem-
mata: davon gehören der Fliniusschicht 93 an (73 bezeugt Bomanus),
*' genaue Übereinstimmung der disposition. vgl. oben anm. 12.
^^ bei Komanos ist infolge des kürzens einige confasion entstanden.
71 mit ffector s. 131, 28 ff. vgl. Pal. r. 86, 1 ff., mit habilü s. 131,^ ff.
Pal. B. 89, 9 ff. und psendo-Palaemon s. 41, 24 ff., mit ffippocoon s. 131, 33
Pal. s. 6i, 21 ff. 7' bei /mpellex wird der gen. -ctf für die Wörter aof
'ex als regel anerkannt: vgl. oben anm. 23. Palaemonisch kann teiiec
8. 144, 3 deshalb nicht sein, vielleicht aber einem ähnlichen exemplar
entstammen, wie das cap. 15 s. 88, 6 benutzte war. ich kann hier nar
die allgemeine bemerknng anfügen, dasz die Palaemonischen excerpte
bei Uomanns der dem cap. 16 zu gründe liegenden recension ungleich
näher stehen als der welche Charisius und der anon. Bob. in bänden
hatten, vgl. oben anm. 24 und 27.
FBölte : die qaellen von Charisiiu I 16 und 17. 427
42 der ablativschicht, also stammen aus Plinius im ganzen 136 ; aus
dem anon. de analogia sind 41 geschöpft;, aus Palaemon etwa 10;
andern grammatikem werden zusammen 16 zugeschrieben; unbe*
stimmt bleiben 45.
IV. DIE EINLEITUNGEN ZU CHARI8IUS I 16 UND 17.
Ausgeschlossen haben wir bis jetzt von unserer betrachtung
die einleitungen zu den beiden behandelten capiteln. je seltener uns
erörterungen über die principien der Sprachwissenschaft bei den
lateinischen grammatikem entgegentreten , um so mehr haben wir
anlasz nicht nur dem Ursprung der sjstemei sondern auch den wegen
ihrer Überlieferung nachzuspüren, suchen wir demnach diese ein*
leitungen mit den grammatikem in Verbindung zu bringen , welche
in den beiden capiteln benutzt worden sind, so haben wir für die
vorrede zu cap. 15 die wähl zwischen dem anon. de Latimtate und
dem anon. de analogia''*; für Bomanus werden die auctoren in be-
tracht kommen , aus denen er sicher direct und in gröszerm masze
geschöpft hat, also Plinius und der anon. de analogia.
An erster stelle will ich mich mit der einleitung zu cap. 17 de
analogia beschäftigen.
1. Für diese auseinandersetzung haben wir auszer Charisius
noch eine zweite Überlieferung in. einem fragment, welches die über«'
schrift trägt : ars grammatica accepta ex auditoHo DonaHam GL. VI
8. 275—77 (vgl. auch die wichtige collation des Neap. IV A 11 GL.
YII s. 671); wir besitzen es in einer anzahl von jungem abschriften
aus einem alten, für uns verlorenen Bobbier codex, in welchem, wie
wir aus der Übereinstimmung der apographa ersehen, unser bmch*
stück zusammen mit andern teils metrischen, teils grammatischen
inbalts zwischen den Schriften des Caesius Bassus und des Atilins
Fortunatianus stand (vgl. Keil VI s. 245 ff.), das fragmentum Dona-
tiani, mit dem allein wir es hier zu thun haben, behandelt s. 275,
13—276, 9 die analogia, s. 276, 10—277, 15 die nomina auf .4
(vgl. oben s. 404). zur bequemern vergleichung stelle ich Charisius
und Donatianus hier neben einander.
^^ bei einer erörterung, welche so mit Varronischer lehre getränkt
ist, kann an Palaemon natürlich nicht gedacht werden, noch weniger
wo möglich an Cominianus (vgl. Keil zu Char. s. 50, 8 und Morawski
ao. 8. 352), der seinen Charakter hätte verleugnen müssen, um einen so
gelehrten abschnitt in seine grammatik aufzunehmen, ganz abgesehen
davon dasz er in dem capitel überhaupt nicht benutzt worden ist. — Eine
befriedigende emendution der einleitungsworte s. 60, 8 zu finden ist
mir nicht gelungen, auch quoque erregt anstosz. ein ut dixinms ist aber
ebenso undenkbar wie ut Cominianui dixUi denn weder bei dem auctor
der einleitung kann vorher von ähnlichem die rede gewesen sein (es
sind die eingangsworte des Werkes) noch bei Charisius; in dem ver-
lorenen cap. 1 war dazu gar kein platz, nehmen doch cap. 1 und 2 su-
sammen nur einen räum von 8 Zeilen des codex ein. in cap. 1 stand
wahrscheinlich in kürzerer fassung dasselbe wie bei Dosithens 8. 876.
428 FBölte : die quellen yon Charisius I 16 und 17.
Donatianus : Charisias :
loquendi facültatem iisus inuenit,
ratio comprohauit. ratio digeritur
in duas species^ quarum äUeram
etymologiam^ aUeram analogiam
Graeci dixerunt. etymologia est
t^erhorum in usu credibüis enume-
ratio, ideoque quasi antölogia dida
est, analogiam sie Graeci defini- anälogia est, ut Chraecis ptacet^
erunt, avaXoyla iaxl övfiTtkoKri CvunXoxii Xöymv axoXov^cnvj
Xoycov axoXov^tov, id est conexus
orationum consequentium. huiusce eaque
generalis anaiogiaespedesquaedam generalis esL specialis uero est
speäantur in rebus, quaedam in quae speäatur nuncin rebus nunc
rationibus. hanc analogiam Graeci, in rationibus occupata, cui Oraed
quae speäatur in diäionibus, sie modum istius modi condiderunt^
definierunt, avaXoyia iaxlv (Tvft- ivaXoyla iarlv avfinXiniri Xoymv
TtXoTiri Xöycav axoXov^cDv iv Xi^si^ aTioXowcDv iv Xi^st,
id est conexus orationis in didione
huic uero anälogiae, quae est in uer-
bis , üla quoque anälogia subieda
est, quae procedü per simüium com-
parationem, quae sie definitur a
quibusdam, avaXoyla hxlv ovfi-
TtXoKt] XoyoDv iiioXov^oDv iv nXidECi
^egtav Xi^ecogj id est conexus ora-
tionum consequentium in dedina-
tionibus partium orationis. in
(anälogia Äristqphanesy quinque huic Äristqphanes quinque
obseruationes tradit, per quas rationes dedit [ud, ut aliiputant^
possent inueniri simüia , ut eius- sex];prmouteiusdemsintgeneri8
dem sint generis, casus, exitus, dequibusquaerüur,deincasus,tum
numeri syllabarum, soni. Aristar- exitus, quarto numeri syttäbarum^
cJius, auditor eius, adicit differen- item soni. sextum Aristarchus, dis*
tiam, id est ne simplicia cum com- cipulus eius, iUud addidit , ne um-
positis comparemus. quam simplicia compositis aptemus.
Aus der unbestreitbaren Übereinstimmung scblosz Keir\ dass
das fr. Donatiani aus Cbarisins abgeschrieben sei, und wenn nun das
fr. Donatiani mehr bietet als Charisius, und zwar bemerkungen,
welche nicht beliebig zugefügt werden konnten , so erklärte er dies
''* Vi 8. 254: 'sed ex bis excerptis . . ea pars qaae est de analog!«
Donatiani nomine inscripta . . cum Charisii arte gprammatica ita con-
sentit, at ex hac recepta esse videatar. nam primnm de nomine ana-
lo^riae praeter panca, qaae ab initio hie nberius scripta sunt, qaam
nnnc apud Charisinm leg^ntur, eadem ab illo auctore Inlio Romano
tradita sunt p. 116, 30. deinde de nominibns A littera terminatis omnia
quae bic leguntur apud eundem p. 52, 6 inreninntur.'
FBölte: die quellen von CharidaB 1 16 und 17. 429
damit, dasz in unserer Cbaridustlberlieferung das betreffende ausge-
fallen sei. es ist dies eine anschauung, welche Keil auch sonst wohl
gelegentlich ausgesprochen hat (und Hagen anecd. Helv. s. CLJX. ist
ihm gefolgt) , dasz unsere Charisius-hs. sich keineswegs mit der ur-
sprünglichen gestalt des Werkes decke ; begründet worden ist sie nie.
wäre nun diese anschauung richtig, wäre wirklich die Überlieferung
des Charisius eine so unzuverlässige , so würde allerdings die con-
sequenz sein , dasz man bei allen quellenuntersuchungen in diesem
grammatiker ein x in die rechnung aufnehmen müste, welches alle
Sicherheit der resultate aufhöbe, ich halte es daher für geboten diese
frage einer genauem prüfung zu unterziehen.
Die einzige vollständige handschrift, welche wir von Charisius
besitzen ^^, ist nicht nur sehr nachlässig geschrieben^, sondern
obendrein noch aufs ärgste beschädigt, so war es denn geboten,
um diese lücken ergänzen zu können, alle grammatiker, welche
Charisius benutzt haben , namentlich die excerptoren der karolingi-
schen zeit heranzuziehen , eine aufgäbe welche Keil in musterhafter
weise gelöst hat. diese excerptensamlungen bieten oft eine andere
anordnung, bei aufzählungen von beispielen oft eine vollere fassnng
als der Neapolitanus, und infolge der wenig vertrauen erweckenden
beschaffenheit dieser hs. erhielten jene Zeugnisse ein unverdientes
gewicht; so dasz man sie schlieszlich als eine gleichberechtigte Über-
lieferung dem Neapolitanus gegenüberstellte.
Wenn nun Keil DLZ. 1886 n. 42 sp. 1490 hierbei voraussetzt
'dasz die Schriften der grammatiker uns zum groszen teil nicht mehr
in ihrer ursprünglichen gestalt, sondern in einer durch den gebrauch
veränderten form vorliegen', dasz 'die erhaltenen Schriften solchen
Veränderungen ebensowohl wie die verlorenen, welche von ihnen be-
nutzt wurden , ausgesetzt gewesen sind', so musz ich die richtigkeit
dieses Satzes a priori baptreiten. die Umgestaltungen, welche die
bücher der altern grammatiker fast ausnahmslos erlitten haben , be-
ruhen darauf, dasz sie von grammatikem fortgepflanzt wurden, denen
es nicht darauf ankam eine genaue copie herzustellen , sondern sich
ein handexemplar für den eignen Unterricht zu gestalten, wobei sie
sich denn jede ft'eibeit gegenüber ihrer vorläge nehmen konnten und
nahmen, aber schon mit den zeiten des Charisius, also in der zweiten
hälfte des vierten jh. tritt hierin eine änderung ein : denn ein zufall
kann es nicht sein, dasz Charisius, Dositheus, der anon. Bob. alle
gleichmäszig denselben cbarakter bloszer compilatoren zeigen, und
iü
für 8. 224, 24—264, 16 kommt hinzu das Pariser brachstück : vgl.
Keil 8. XVI f. '^^ was von dem Schreiber des Neapol. zu erwarten ist,
ergeben seine eignen werte anm. zu s. 296, 18 'item sunt bidiomata
nominum . . quae nos quasi non neoessaria nunc praetermisisse lector
agnoscat* ; später schlug ihm das gewissen, und so trägt er f. 81' das
ausgelassene nach: vgl. Keil s. X unten, ich will bemerken, dasz ohne
zweifei alles, was auf den letzten elf blättern des Neapol. steht, dem
Charisius gehört, es ist dringend zu wünschen, dasz diese abschnitte
einmal publiciert werden.
430 FBölte: die quellen von ChanBius I 16 und 17.
Diomedes unterscheidet sich von ihnen nur dadurch, dasz er sei]
quellen in einzelne sätze zerpflückt, diese dann aber ebenso unTC
^ ändert an einander reiht, vollends nun in der folgenden period
^ wo der Unterricht sich um die grammatik des Donatus concentriei
treten jene altern, gelehrtem bücher vollständig zurück; wennmi
sie nun noch abschrieb , so wollte man eine copie haben , aber nie
eine freie Umgestaltung zu eignem gebrauch, deshalb ist es fal»
eine parallele zwischen der Überlieferung der altem grammatiker ui
der eines Charisius zu ziehen, letzterer kann gar nicht in der wei
umgestaltet sein , weil dazu die bedingungen fehlten.
Prüfen wir nun die thatsachen selbst, so ergibt sich schon a
dem Neapolitanus, dasz auslassungen — nur mit diesen werden vi
es zu thun haben — einzelner Wörter, zb. des artikeU in paradigmen
einzelner beispiele in längern aufzählungen nicht selten vorg
kommen sind ; in gröszerm umfang ist das bei den paradigmen d
dritten buches und im fünften der fall, dasz es aber hinsichtlich d
Zuverlässigkeit der Überlieferung etwas ganz anderes ist, wenn
( dieser weise einzelne Wörter oder beispiele ausgelassen werden, i
wenn die zusammenhängenden auseinandersetzungen gekürzt werde
liegt auf der band.
Aus denäelben quellen schöpfend wie Charisius stimmen d
anon. Bobiensis und Dositheus in einer ganzen reihe von capite
mit ihm überein. eine genaue vergleichung ergibt nirgends anhall
punkte für die annähme, dasz unsere Charisiusüberlieferung lücke
haft wäre.
Die zahlreichen citate, welche die grammatiker des fünften l
neunten jh. aus Charisius genommen haben , lassen sich alle nac
weisen, und wo dies nicht der fall zu sein scheint, ergibt eine g
nauere prÜfung, dasz der fehler auf seilen der excerptensamlung<
liegt. ^ was ferner die letztgenannten sp^ell betrifft , so bieten i
^^ man vgl. Charisius s. 21, 18—22, 1 mit Clemens Scotus dt bt
barismo (Keil de grammat. quibiisdam lat. inf. aetatis corom.. Erlang
1868, 8. 11) cod. Leid. Voss. 4. 33 f. 164^—64* et colum per umtm
fendnini generis in secunda decHnaiione ui coik dirit. »olent errare qiä fecund
decUnationis feminina esse neganU cum plura inueniantur ueluti est haec co
huius colif haec aluus huius aiui, haec humus huius humi. ^ solche citi
hat Hagen anecd. Holv. zusammengeRtellt, aus der ars anon. Beroeni
s. CLXIII— CLXVU, vgl. ferner s. 96, 23. 107, 24. 26. 117,20; aus d
excerpten des cod. Bern. 123 s. CLV — CLXII. ein stück derselb
excerptensamlun^ steht auch in einer Leidener hs. , Voss. 4. 33 s.
(vgl. Keil I 8. XIX), welche ich durch die liberalität der Leiden
bibliothcksverwaltung im frühjahr 1887 auf der Bonner universiU
bibllothek benutzen konnte, wofür ii'h ihr hier meinen dank aussprech
möchte, ich will wenigstens an zwei beispielen zeigen, welchen ei
flusz die hcranziehung dieser zweiten hs. auf unser urteil über die
excerpte ausübt, im Bern, anecd. Ilclv. s. CLXI wie im Voss. f. 7
folgt auf ein Charisiusexcerpt (s. 190, 8—13) der satzs aduerbium dict
est quod uerbo eohereat nee cum altera parte orationis potius iatngatur»
Voss, steht aber auch der namc des auctors, der im Bern, fehlt, nei
lieh sir ^ Sergius. — Zwischen zwei excerpten aas Charisius, vun w
FBölte: die quellen Ton ChanBiaB I 16 and 17* 431
oft bedenteftid mehr beispiele als der Neftpolitanns. wollte man aber
den Charisius damit bereichem, so wftre das sehr verkehrt, man
mache nur einmal den versuch mit» dem material, welches Keil in
den anm. zu Char. s. 187 und 188 bietet.
Eine besondere Stellung nimt ßeda ein, der in seiner Orthographie
Charisius fleiszig benutzt hat, insofern er seine quellen nicht nennt,
man könnte also mit seiner hilfe einen ausfall nur in einem von ihm ex-
cerpierten abschnitt nachweisen.^ ich will dies kurz ezemplifideren.
in den 47 lemmata, welche Beda allein aus oap. 15 genommen, finden
sich nur drei stellen, wo Beda gegenüber Charisius einen flborschusz
aufweist Bedas. 272, 30—31 uhi rem^e» aecleti^ fehlt bei Char. s.71, 29
nach nauium ; kann ein zusatz Bedas sein, ebenso steht es mit dem
beispiel sed Cicero ait ^fiUumque ekta impuberein* Beda s. 280, 11
— 12, welches bei Char. s. 70, 25, auch bei Bomanus s. 141, 6 fehlt;
dagegen haben es Probus s. 20, 5 und Prise. VI s. 250, 3. unbequem
ist ein fall: Beda s. 266, 18 sed auctoriias utrumqite wariai fehlt bei
chen das erste mit 8. 194, 17 ponatur endet, das zweite mit s. 194, tO
Stoici beginot, steht im Bern, anecd. Helv. 8. CLVI: haee ergo ptm apud
ffrecoi duo nomina habet eperema quoä inierpretaiur aduerbUim epandaex
. quod interpraetatur omne dietum^ quod ui gramatieu» dbeii <nmäs oratio qtumdo
desinit esse quod est in aduerbium transit, im Voss. f. 76' fehlen diese werte,
sie passen auch absolat nicht in den zoaammenhang bei Charisias: wir
Bohlieszen demnach, dasz selbst bei dem Verfasser dieser samlnn^ jene
werte noch nicht standen, sondern data sie erst später interpoliert sind*
— Schlieszlich mosz ich noch eine stelle aus dem grammatiker Petros
besprechen anecd. Uelv. s. 167, 5 — 9: haee pars de uerbo pendens a nomine
magis quam a uerbo oriri uidetur et a grammaticis dicitur 'omne dictum*^ ut
Cominianus dicit: partes orationis ubi non sunt, in aduerbium transeunt^
sicuticum dicimus Uoruum ammal* 'toruum clamat*j ' forte tempus^ Pforte egU* et
reliqua, in unserm Charisius steht nichts derartiges. Hagen s. CLXU
will nun in diesem falle nicht annehmen, dasz in unserer Charlsins-hs.
etwHS ausgefallen wäre, weil ein derartiger defect nirgends bemerkbar
sei, sondern glaubt dasz die quelle des Petrus direct aus Cominianus ge-
schöpft habe, man braucht aber doch die stelle nur etwas genaaer an-
zusehen, um zu erkennen, dasz Petrus oder seine quelle weder Charisius
noch Cominianus benutzt hat. hiesze es wenigstens noch omni» pars
orationis quando desinit esse quod est, aduerbium fit, vgl. die vorhin ans
dem Bern, angeführte stelle, Sergius anecd. Helv. s. CXCIV 10 — 12;
Servii comm. in Don. s. 439, 22; bei Petrus ist der sprachliehe aos-
druck so barbarisch, dasz er erst einer ganz späten zeit entstammen
kann, diese ganze auffassung von dem tibergang anderer redeteile in
das adverbium kommt bei Servius zuerst vor. man vgl. nur Diom.
B. 403, 8 =* Don. s. 385, 26, welche Hagen als parallelen anführt, um
den ganzen unterschied zu erkennen, wie Petrus dazu kam den Comi-
nianus für diese sätze verantwortlich zu machen, läszt sich etwa dnrch
die annähme erklären, dasz er excerpte benutzte ähnlich denen im
Bern., wo dann eine randnotiz dem Charisiusexcerpt zugefügt war.
'^ auch bei Beda beobachten wir eine schichtenweise lagerung der
verschiedenen excerpte. man könnte daher zb. gii s. 274, 7 — 8, weil es
auf gluten s. 274, 6—6 — Char. s. 87, 22 flf. folgt und mit Rom. s. 131, 7 flf.
grosze ähnlichkeit im inhalt zeigt, aus Char. entnommen und im Neap.
ausgefallen sein lassen, aber so lange wir nicht positiv beispiele eines
solchen ausfalls nachweisen können, ist ein derartiger schlusz in die
luft gebaut.
432 FBölte: die quellen von Charisius I 15 und 17.
Char. 8. 77, 15; uariare haben wir auch Char. s. 91, IT; auch atic-
toritas im sinne von CMCtoreSj wie es hier gebraucht wird, findet sich
in cap. 15 mehrfach, vgl. s. 54^ 9. 86, 14. 88, 10. 89, 27. (105, 20
[Plinius] ist anders.)
Wenn wir also in diesem falle anzunehmen haben, dasz jener
satz einmal bei Charisius stand, so ist dabei nicht zu übersehen, dass
wir in diesem falle sicher wissen, dasz Beda an der betreffenden stelle
aus Charisius abgeschrieben hat. unsere ganze prüfung dieser frage
drängt nun aber zu der forderung, dasz die abhängigkeit eines gram-
matikers von Charisius feststehen musz, damit ein überschusz^ wel-
chen er unserer hs. gegenüber bietet, durch ausfall in ihr erklttrt
werden könne, so lange die Übereinstimmung sich durch benutzung
einer gemeinsamen quelle erklären läszt, ist dieser beweis der ab-
hängigkeit nicht erbracht.
2. Damit sind wir auf eine genaue vergleichung der einleitang
zu cap. 17 mit dem fr. Donatiani hingewiesen.
Wenn Keil sagt 'praeter pauca quae ab initio hie uberius scripta
sunt' sei bei Donatianus dasselbe wie bei Charisius überliefert, so
hebt das den äuszem unterschied doch nicht genügend hervor, denn
die erörterung nimt bei Donatianus einen räum von 18, bei Charisius
von 772 Zeilen ein, und der ausfall hat nicht nur im anfang, sondern
ebenso in der mitte stattgefunden, es wäre in der that schlecht um
Charisius bestellt, wenn er uns so unvollständig überliefert wäre.
Die ersten sätze des fr. Donat. , welche bei Charisius nicht
stehen, beziehen sich nicht auf das wesen der analogie, sondern
knüpfen die erörterung über sie an ein System der Sprachwissen-
schaft an, indem sie, von dem Verhältnis des %is\as zur ratio ausgehend,
etymologia und analogia als Werkzeuge der ratio bezeichnen und die
etymologia definieren, soll es nun ein bloszer zufall sein, wenn wir
in der einleitung zu cap. 17, das doch aus einem liher de analogia
(vgl. Char. s. 56, 4. 114, 1) abgeschrieben ist, nur sätze finden,
welche das wesen der analogia behandeln? oder hält man es fOr
glaublich, dasz Charisius diese auswahl getroffen? um von seinen
abschreiben! ganz zu schweigen, eine genügende erklärung gewährt
meines erachtons nur die annähme , dasz Romanus selbst nur jene
orörterungen aufnahm.
Vergleichen wir weiter die auseinandersetzung über das wesen
der analogie. Donatianus (s. 275, 16 — 21) unterscheidet zwei species,
je nachdem die analogia huf res oder rationes angewandt wird; von
der analogia quae spectatur in dictionibus gibt er die definition : dva-
XoTioi ^CTiv cu^TrXoKfi Xötujv äKoXouOuJV i\ \ile\. diese erörterung
ist in der einleitung zu cap. 1 7 vollständig verwirrt, hier wird der
analogia generalis eine specialis entgegengestellt, welche sich bald
mit rcs^ bald mit rationes befasse, und von der analogia specialia
wird die definition gegeben , welche doch nur für die auf rationes
oder dictiones angewandte analogia passt. dasz diese Verdrehung den
FBölte : die quellen von CharisiuB I 15 und 17. 433
abschreiben! des Charisius schuld zu geben sei , wird niemand glau-
ben, ja nicht einmal das ist wahrscheinlich , dasz sie durch Charisius
verursacht sei. es ist durchaus derselbe fall, den wir in cap. 17
mehrfach beobachtet haben, dasz Romanus gekürzt und dadurch con-
fusion angerichtet hat.
Schlieszlich ist auch noch darauf hinzuweisen, dasz statt des
von Romanus auch sonst noch gebrauchten seltnem ausdrucks
. aptare s. 117, 5 bei Donat. s. 276, 8 das gewöhnlichere comparare
steht, es wäre auffallend, wenn ein grammatiker, welcher aus
Charisius schöpfte, diesen Umtausch vorgenommen hätte.
Die angeführten momente liefern den bündigen beweis, dasz
das fr. Donat. , so weit es die analogia behandelt , nicht aus der bei
Charisius vorliegenden form abzuleiten ist^, und da wir deren ur-
sprünglichkeit zu bezweifeln keine Ursache haben, im gegenteil gründe
vorliegen sie dem Romanus zuzuschreiben, so kann das fr. Donatiani
selbst von Romanus nicht abhängen.
3. Um nun die frage beantworten zu können, woher Romanus
die einleitung de analogia genommen hat , ist es nötig den gram-
matiker oder wenigstens den kreis festzustellen, dem die vorge-
tragene lehre angehört.
Wie wir vorhin sahen, sind uns bei Donatianus noch einige ein«
leitende satze überliefert, durch welche die besprechung der analogie
in einen weitern Zusammenhang gerückt wird. Donat. beginnt mit
folgenden Worten : loquendi facultatem tisus muenity ratio comproba-
uit, ratio digeritur in duas species, qViarum aUeram etymologiam^
alteram analogiam Graeci dixerunt, den hintergrund für diese be-
merkungen bildet ein System des sermo Latinum , welches nur noch
bei Quintilian vorkommt inst, orat, I 6, 1 sermo constat ratione uetu-
State auctoritate consuetudine, rationem praestat praecipue analogia,
nonnumquam et etymologia^ vgl. ebd. IX 3, 3 . . uerum auctoritate
uetustate consuetudine plerumque defenditur^ saepe etiam ratione
quadam. bei beiden erscheinen also analogia und etymologia als
componenten der ratio ^ und auf grund dieser congruenz dürfen wir,
wie sich bald ergeben wird, beide darstellungen als brechungen 6iner
und derselben lehre betrachten.
Vergleichen wir hiermit die Varronische lehrevom sermoLatinus
(Cbar. s. 50, 25 = Dion. s. 439,16; Varro deserm. Lat, I fr. 41 W.):
'^ nur ein moment läszt sich für die abhängigkeit des fr. Donat.
anführen, wenn mau nemlicb, wie Christ in den Münchener gel. anz. 1859
8. 222, annimt dasz rationibus Char. s. 116, 30 aus dictionibus verderbt
sei: denn dann wäre es freilich auffallend, dasz auch Donat. s. 275, 19
rationes bat. eine corruptel könnte indessen schon auf einer weit frühern
stufe eingedrungen sein, ich halte es aber für wahrscheinlicher, dasz
hier ein misverständnis des gramraatikers vorliegt, der das ganze System
aus dem griechischen ins lateinische übertrug und Xöfoi falsch über-
setzte: vgl. Uhlig index graecus zu Dion. Thr. s. 170 unter irpöc Ti ^x^^
und s. 156 unter Xö^oc.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 5 u.6. 28
434 FBölie: die quellen von Charisius I 16 und 17.
canstat ergo Latinus setmo natura analogia consuettidine audarUat^
so bemerken wir, dasz diese vier principien zwei paare bilden m:
respondierenden gliedern: natura und analogia^ consuetudo nn
auctarüas. die beiden ersten principien enthalten die elemente de
spräche, welche qpuc€i, die beiden letzten jene elemente, welche 6^o
entstanden sind, denn die spräche ist qpucci entstanden , und dei
halb ist in ihr von anfang an die ratio enthalten, welche die analogi
nur ans licht zu stellen braucht.^' consuetudo und auctorÜas beruhe
auf der zufUlligen gewöhnung vieler oder auf dem willkürliche
Sprachgebrauch eines einzelnen.
Von diesem Varronischen System weicht das zuerst bei Quii
tilian begegnende in wesentlichen punkten ab. beachtet man zi
nächst nur das äuszerliche, so ist die kategorie natura verschwundei
dafür die ueiustas neu hinzugetreten, die analogia ist aus einem seil
ständigen princip zu einem Werkzeug der ratio geworden, dere
zweites öpTOivov die von Yarro wahrscheinlich mit der natura vei
bundene etymologia bildet, so entstehen hier zwei neue gruppei
ratio und consuetudo^ auäoritas und ueiustas.^ man kann demnac
nicht sagen^ dasz Quintilian 'paucis mutatis eandem de sermone ol
servationem profert' wie Yarro (Wilmanns de Yarronis libris gran
maticis s. 80 f.), geschweige denn dasz es statthaft wäre ihn beliebi
einige Yarronische principien mit andern, man weisz nicht woh<
entnommenen vertauschen zu lassen. ^ dasz jedoch der Verfasser d(
bei Quintilian überlieferten Systems das Yarronische vor äugen hatt
ist augenscheinlich, bei Yarro ergibt sich die vierteilung aus de]
einfachen grundgedanken die bestand teile der spräche zu zerlege
nach ihrer entstehung durch qpucic oder O^cic. die vierzahl d<
kategorien bei Quintilian trägt den Stempel des zufälligen an di
stim ; der urheber des Systems wollte aber hierin offenbar nicht vc
seinem vorbilde abweichen.
Eine genauere betrachtung des einzelnen mag uns nun den kre
zeigen , in welchem dies System entstanden ist. sein urheber zeif
sich gegenüber dem Sprachphilosophen Yarro deutlich als den pral
tischen schulmann, der nach normen sucht, mit deren hilfe sich d
spräche in feste gesetze bringen läszt. die spräche selbst nimt er a
**' Char. 8. 61, 3 ^ Diom. s. 439, 20 analogia sermonit a natura prod
ordinatio ent; Char. s. 60, 21 (von 8. 60, 16 hu bewegen wir uns (Iure!
aus aaf Varronischem bodeu) quae ratio adeo cum ipta loquella congen
rata est^ ut hodie nihil de muo analogia inferat; Varro bei Plin. Ch«
8. 106, 2 analogia in naturalibu^ nominibus tantum seruatur^ in uoiunian
uero neglegitur. *>* dasz die reihenfolge, in welcher Quintilian d
principien aufzählt, nicht maszgcbend sein kann, ergibt die abweichai
zwischen I 6, 1 und IX 3, 3. bei einem manne wie Quintilian ist eii
freiere benutznng der vorlagen selbstverständlich. *** Schady de Mai
Victorini libri I cap. IV s. 29. den tiefgreifenden nntprsohied zwisch«
Varro und Quintilian bat znerst Nettleship ausge8prochen im joum
of philol. XV s. 202 flf., ihn aber nicht richtig anfgefanst. seinen w(
tern folgerungen kann ich nicht beistimmen.
FBölte: die quellen Yon Charisini 1 16 und 17. 435
ein gegebenes: so wird die natura überflflssig« dafür stellt er den
gegensatz von ratio und cansuäudo heraoB, der praktiaoh so bedeat-
sam ist. deutlicher noch zeigt sich dieser standpunjct in der difife-
renzierung von auäorUas und uekuias. die gelelurte riöhtong unter
den lateinischen grammatikem hat ausnahmslos nie einen prindpiel*
len unterschied zwischen <em und jungem auctoren gemacht, sie
hat im gegenteil sich der schwierigen ftltem litteratur immer mit
verliebe zugewandt und in deren erklttrung ihre eigentliche aufgäbe
gesucht; daher denn auch die beispiele aus ftltem Schriftstellern in
ihren werken durchaus überwiegen, dagegen in den fOr den Unter-
richt bestimmten Schulbüchern wird nur eine ganz begrenzte zahl
von schriftsteilem citiert. schon SchottmttUer s. 27 hat darauf auf-
merksam gemacht, dasz in den unter Palaemons namen überlieferten
capiteln durchgehend nur Cicero Sallustius Terentius Yergilius
Horatius^ citiert werden, weit entfernt hierin mit Schottmüller ein
indicium dafür zu finden, dasz diese capitel nicht von Bemmins
Palaemon herrühren, behaupte ich dasz es durchaus natürlich ist»
wenn wir diesen typischen zug der gesamten schulgrammatik schon
bei döm manne finden, den wir mit gutem grund für den Schöpfer
dieser richtung halten, wie sehr in der that zu den Zeiten des Probus
die ganze ältere litteratur zurückgetreten war, hat JSteup de Frobis
grammaticis s. 64 ff. hinlänglich nachgewiesen, in dieselbe Sphäre
führt uns die differenzierung von audorUas xmduäusias, diese hat nur
dann einen sinn, wenn ein solcher begrenzter kreis ausgesondert und
im Unterricht als mustergültig, als classisch hingestellt wird^, dem
gegenüber die übrigen auctoren als nicht bindend betrachtet werden,
die aufstellung dieses Systems musz in die zeit zwischen Augustus
und Nero fallen , so dasz die atictares wirklich einen gegensatz zu
den ueteres bilden, also vor das auftreten eines Persius, Lucanus ua«
die betrachtung des grammatischen Standpunktes , auf welchem das '
jüngere System des sermo beruht, scheint also darauf hinzudrängen,
Bemmius Palaemon als den zu bezeichnen, welcher es wenn auch
nicht schuf — denn es ist offenbar griechischen Ursprungs* — so
^ dh. Cicero als philosoph und redner, und je ein historiker dra-
matiker epiker lyriker. ^^ ein niederschlag dieser schnlinterpretation
ist zb. das capitel über die singularia und pluraHa tantum bei Char.
B. 81, 26»35, 17 » anon. Bob. s. 648, 1—561, 17 » Diom. 8. 327, 16
—328, 5 + 7 — 23 SB Donat. s. 376, 26 — 32 aus einem anon. saeo. III. ver»
gleicht man damit Char. cap. 15 s. 93, 3 ff. und die übereinstimmenden
stellen bei Romanas, so sieht man dasz diese znsammenstellang schon
im zweiten jh. existierte, sie geht auf Remmins zurück. ^ das lieft
bei Romanus und Donatianas offen zu tage, charakteristisch ist die
fülle der definitionen: vgl. schol. zu Dion. Thr. zb. s. 659 — 69. die
definition der etymologie zeigt diese abhängigkeit auch noch im sprach-
lichen ausdruck: Donatianns s. 276, 16 — 16 uerborum in usu credibüis enu-
meraiio, ideoque quasi antologia dicta est, denn uerborum in usu ist gans
anlateinisch => uerborum quae in usu inueniuniur, hierfür kenne ich eine
entsprechende griechische wendnng nicht, wohl aber haben wir das dem
credibilis entsprechende iTi6av6c schol. Dion. Thr. s. 740, 3 (Steph.)»
28*
. <
i
436 FBölte: die quellen von CharisiaB I 15 und 17.
doch in die lateinische grammatik einführte, wenn ich mich dennoch
nicht zu dieser formulierung entschlieszen kann ^ so liegt der grund
für die Zurückhaltung darin , dasz wir noch zu wenig tther anläge
und inhalt der Palaemonischen grammatik wissen, um ihr eine solche
theoretische auseinandersetzung zuweisen können, hier musz erst die
reconstruction der verlorenen partien seines Werkes das feste funda-
ment schaffen, so viel ist aber sicher, dasz dies System aus dem
kreise der schulgrammatiker stammt/^
Für die frage^ welche uns beschäftigt, ergibt sich aus diesen
erörterungen notwendig das negative resultat, dasz Plinius nicht die
quelle gewesen sein kann, aus der Romanus die einleitung schöpfte.
Plinius steht so durchaus auf den schultern von Varro und Verrius,
bewegt sich so ganz in den von ihnen betretenen bahnen, dasz eine
solche anlehnung an einen schulgrammatiker mir unannehmbar
scheint, besonders wo die gesamtanschauung , aus welcher diese ein-
leitung entsprossen ist, so vollständig mit Plinius eignen principien
im Widerspruch steht, ein punkt der meines erachtens keiner weitem
auseinandersetzung bedarf.
enumeratio ist auffällig, kann aber nicht in enarratio^ wie Keil vor-
8chlä(ift, geUndert werden, denn die etymoloj^ie ist eine cüpccic Dion.
Thr. 8. 6, 1 U. oder dvdirxuEic schol. s. 740, 8 (Steph.); s. 740, 7 (Mel.),
aber nicht ^S/iTiIcic. die Keusche emendation dAiiÖivoAcfia ist evident,
vgl. auch oben anm. 80.
"'^ Nettleship ao. s. 20S f. hält Plinius für den Schöpfer des bei
Quintilian überlieferten Systems des sermo. er glaubt nemlich nach-
weisen zu können, dasz Quintilian I 6 aus den bücheru tiubii sermonit
geschöpft habe, und folgert daraus, dasz auch die einleitung zu dem
capitel aus Plinius stamme, dagegen ist zu bemerkeu, dasz der erstere
nachweis nicht erbracht ist: denn die stellen aus den spätem gram-
matikern, welche Nettleship mit Quintilian vergleicht, sind teils über-
haupt nicht Plinianisch, teils nicht für ihn charakteristisch, sondern
ebenso bei Varro oder Palacmon gegeben, und selbst weun sich eine
evidente Übereinstimmung mit Plinius aufzeigen lieszo, so wäre dennoch
der Rchlusz nicht stichhaltig, dasz nun auch die einleitung des betr.
capitels aus demselben auctor stammen müsse, die anschauung von
Quintilians arbeitsweise « auf welcher dieser schlusz beruht, ist eine
durchaus irrige, man darf doch nicht vergessen, dasz wir es in Quintilian
mit einem hochgebildeten manne zu thun haben, dem die elemente des
grammatischen Unterrichts aus langjähriger praktischer thätigkeit g^läuSg
waren, und nicht mit einem jener stumpfsinnigen compilatoren, welche
am köpfe vorbei von einem buch ins andere schreiben, vorläufig ist mbor
der beweis noch zu erbringen, dasz Quintilian Plinius benutzt hat. daas
nun aber ein mann von der grammatischen richtung eines Plinins der
Schöpfer dieses sjstems sein sollte, wird nach dem eben erörterten nie-
mand annehmen, und in der that findet sich bei ihm keine spnr jenes
gegensatzes von mictores und ueterex; der ausdruck auctoriias komoBt
Einmal bei ihm vor Char. s. 105, 20 im gewöhnlichen «iunc; uetertM
H. 118, 16. Id, häufiger antiqui s. 122, 25. 133, 15. <188, 15.> 139, 19.
dasz Plinius den Varronischen terminns natura gebraucht hat, wie Servius
s. 444, 3 und Pomp. s. 283^ 18 es allerdings wahrscheinlich machen,
darauf will ich gar kein gewicht legen, übrigens will ich darauf hin-
weisen, wie vorsichtig man in der benutzung von citaten, welche diese
grammatikcr geben, sein musz.
FBölte: die quellen Ton Charitiiu 1 16 imd 17. 4S7
Nftohst Plinius hat die gemeinsame quelle tob cap. 15 und 17
das meiste anrecht darauf als fibermittlerin der einleitoog betrachtet
zu werden.
4. loh kehre nun zu dem fragmentum Donatiani zarfiok, wie
in dem ersten abschnitt dieser Untersuchungen gezeigt wurde, weist
das fr. Don. auch in der behandlung der endung Ä einen übersohnsz
auf gegenüber Charisius^; es wftre also auch hier der positive naoh-
weis zu liefern, dasz Donatianus wirklich von Charisius abhftngt, be*
vor man das fehlen jener beiden stttzchen unserer Chariainsfiber-
lieferung schuld geben dürfte, dafür könnte man eine stelle
anführen. Char. s. 52, 17—19 und Donai s. 276, 21—28 bieten,
von kleinem ab weichungen abgesehen, beide folgende werte: nam
neutra quae aemper plurälia sunt^ si <mte nouMmam sffOäbam i Itf*
teram haheant in genetiuOy datitsoper 1ms ai/Ua^Hxm fkhenkur. unleug-
bar enthalten diese werte einen schweren aastosz. yorher ist aus-
drücklich gesagt worden, dasz die endung des gen. schwanke, wie
kann also dieser casus hier als richtschnur für die bildung des dativs
benutzt werden? femer ergibt z. 19, dasz nicht das • vor der endung
des gen., sondern vor dem a des nom. plur. als kriterium gemeint ist.
deshalb hat Keil die ergftnzung van Putschens aufgenommen gmeHuo
^per umy. allein ist damit die sache wirklich gebessert? wenn tcnt-
her der genetiv als schwankend bezeichnet ist, so kann er hier nioht
fest bestimmt werden, wenigstens aber mttsten wir dann auch z. 20
eine er wähnung des gen. erwarten, doch sollte der gen. hier über-
haupt nicht erscheinen, denn nach dem nam z. 17 erwarten wir nur
eine regel über den dativ. also auch durch Putschens ergänzung wird
die stelle nicht von anstosz frei ; derselbe bleibt, so lange hier über-
haupt vom gen. gesprochen wird, dennoch wird niemand die radical-
cur anwenden wollen, in genetiuo hinauszuwerfen , denn wie wttre
sein eindringen zu erklären? wir müssen demnach zunächst fest-
stellen , dasz man nicht das recht hat in diesen werten eine einfache
corniptel, wie sie beim abschreiben vorkommt, zu suchen, also aus
ihrem auftreten bei zwei grammatikem auch nicht die abhängigkeit
des einen vom andern folgern darf, sieht man die stelle etwas ge-
nauer an, so musz man einräumen dasz Char. s. 52, 14 — 17 und 52,
17 — 21 sich teils decken teils ausschlieszen. eine ausführung der
regel, dasz die neutra plurälia auf -ia im dativ »bu8 haben, war nach
s. 52, 16 nicht mehr nötig, und wenn z. 19 — 21 die neutra plurälia
der zweiten decl. vorkommen, so fällt es auf, dasz z. 14 — 17 von
ihnen gar nicht die rede war. wir haben also zwei an einander ge-
fügte stücke anzuerkennen, von denen das letztere aus Plinius stammt
(Rom. s. 143, 24 — 29). unter diesen umständen wird man mit dem
urteil über die corruptel s. 52, 18 zurückhalten, wahrscheinlich ist
^ vgl. oben s. 404. Char. s. 52, 8 fehlen die worte, welche wir bei
Donat. 8. 276, 12 lesen.
438 FBölte: die quellen von CharisiuB I 16 and 17.
sie bei dem zusammenarbeiten der beiden stücke entstanden, eine
abhängigkeit des Donatianus von Charisius läszt sich also auch hier
nicht nachweisen, um so gröszeres gewicht erhält damit der oben
gelieferte nach weis, dasz die bei Char. s. 52, 8 fehlenden worte die
contamination dieser partie noch deutlicher als es jetzt der fall ist
hervortreten lassen würden, also sehr wahrscheinlich von dem con-
tamiitator ausgelassen worden sind.
Wie wir oben nachgewiesen haben, stammt diese ganze be-
handlung der endung Ä bei Charisius aus der gemeinsamen quelle
von cap. 15 und 17, auf sie musz notwendig auch der zweite ab-
schnitt des fr. Donat. zurückgehen.
Nehmen wir nun die fäden unserer früheren erörterungen wie-
der auf, so musz die einleitung de anälogia von Donatianus und
Bomanus — ob und durch welche Vermittlungen bleibt ungewis
' — aus 6iner quelle geschöpft sein, für Donatianus steht also fest,
dasz die einleitung aus einer (direct oder indirect benutzten) quelle
von Bomanus stammt, und dasz die extremitas Ä aus der gemein-
samen quelle von Bomanus und cap. 15 entnommen ist. also wird,
so schliesze icb, Donatianus beide stücke aus einem auctor genommen
haben: aus der gemeinsamen quelle von cap. 15 und 17. Bomanus
kann die einleitung nicht seinem hauptgewtthrsmann Plinius entlehnt
haben, auch ftlr ihn hatte die gemeinsame quelle von cap. 15 und 17
die nächste anwartscbaft. wenn wir nun aus Donatianus schlieszen
können, dasz in ibr die einleitung wirklich stand, so ist es damit
sicher, dasz auch Bomanus ihr die einleitung verdankt.
Demnach haben aus dem anonym us cap. 15 die extremiiaa A,
Bomanus die einleitung, Donatianus beide stücke genommen.
Man könnte diesen combinationen mit dem einwand begegnen,
dasz die einleitung nicht zu dem grammatischen Standpunkt der ge-
meinsamen quelle von cap. 15 und 17 passe, insofern nemlich in der
ganzen dritten quelle von cap. 15 das wort anälogia nicht vorkommt,
abgesehen von 6iner steUe s. 106, 2, die als eine echte ausnähme —
es ist ein durch Plinius (vgl. Pomp. s. 144, 17) vermitteltes citat
aus Varro — die regel bestätigt, in der that , wenn die einleitung
nur die analogie behandelte, so wäre die Zusammenstellung selbst
für einen contaminator, wie es der Verfasser der gemeinsamen quelle
ist, höchst anstöszig. die einleitung behandelte aber, wie Donatianas
zeigt, neben der analogie auch noch andere punkte, mit denen der
übrige inhalt des capitels sich eher in Verbindung setzen läszt ^
dann ist dies zusammenfügen einer aus Palaemonischen kreisen stam-
menden einleitung mit einem capitel, welches wesentlich aus Schrif-
ten der gelehrten richtung compiliert ist , sehr charakteristisch ftür
den Verfasser des buches; ein argument gegen die möglichkeit jene
<>* es wäre deshalb Angemessener gewesen die gemeinsrnme quelle
von cap. 16 und 17 nicht ald anonymus de anälogia su bezeichnen, nur
wollte sich mir kein anderer gleich bequemer name bieten.
Ii'Bölte: die queUen Yon Cliariniu 1 16 und 17. 439
beiden bestandteile zu verbinden kann ich darin nicht erblidEen. in
dieser beziebung müssen die oben Torg«fthrten erwSgimgen ans«
scblaggebend sein.
5. Die dritte quelle von cap. 15 ist, wie oben nachgewiesen
wurde, im wesentlichen nur eine kfirzere absohrift des anonymus de
€in(üogia gewesen, in ihr kann also auch nur diese einleitung gestan-
den haben, ist diies richtig, so wäre damit zugleich entschieden, dasz
die einleitung zu cap. 15 aus jenem grammatiker geschöpft sein musK;
von dessen eigenartigem werke nur im anfimg des capitels einige frag-
mente enthalten sind, der beweis Iftszt sich aber auch direet ftihreni
und zwar in diesem falle gerade dadurch dasz dieselbe eigentiimliöhe
grammatische betrachtungsweise in der einleitung und in den frag-
menten des anonjmus de LaiinUate erscheint.
In der einleitung werden als prindpien des sermo Laimu» im
anscblusz an Varro naiwra anahgid^ eonauehido auoU>riia8 ao^ge«
stellt (s. 50, 25 ff.), neben diesen erscheint nun ein fünfter factor,
bei dem doch erst die letzte und höchste entscheidung steht: der
wohllaui charakteristisch ist es, dasz dies prindp nicht formuliert
noch mit den übrigen in einklang gebracht ist s. 61, 12 — 14 heisai
es, dasz man der consuetudo folgen soll, wenn sie für die schlechter
klingende regelmäszige form eine wohlklingende bietet {horridior
ratio — sanus UancUar), im folgenden satze s. 61, 16 — 17 wird
hingegen gelehrt, dasz die durch die analogie gefordierte form vor»
zuziehen ist, falls die übliche hart klingt (H aspere . . efmnHenhir*%
darüber also , ob man sich durch die analogie leiten lassen oder der
const^udo folgen soll, entscheidet der klang ; was hart klingt
(Jwrridus^ asper), ist zu meiden, was angenehm {sanus hlandior)^ zu
wählen.
In den qiuiestiones erscheinen die Yarronischen kategorien durch-
aus als das geläufige rüstzeug. daneben tritt auch hier jenes irratio-
nale element auf. s. 55, 21 — 56, 4 soll zwischen dem gen. amfarum
und amforarum entschieden werden; die analogie verlangt amfwxh
rum , an ihr gemessen ist amforarum Weäum\ amforum *harbarum\ •*
angenommen aber wird die form amforarum nur deshalb , weil sie
nicht minder wohllautend ist als die andere (stuiuüas und cum aures
simüi pretio reäa düeäent), s. 57, 4 — 7 wird canüies als das correcte,
durch die ratio geforderte gebilligt und zwar deshalb, weil es nicht
ahJiorride klingt, s. 57, 16 — 22 merula oder merulus? die analogie
^" als synonym mit analogia wird ratio gebrancht 8. 61, 10 (von der
auctoritas) non enim quicquam aut rationis aut natwrae aiU consueiudim»
habet, vgl. s. 51, 7. 14. 17. ^^ s. 51, 16 si tarnen eadem non aspere per
analogiam enuntientur verstehe ich nicht, analogiam scheint za rationem an
den rand geschrieben gewesen zu sein, kam dann an verkehrter stelle in
den text und per wurde aus aspere wiederholt. ^ dasz Morawski dies
= ^griechisch' faszte, ist ein unbegreiflieher irrtum, vgl. s. 51, 4. 57, 2,
zumal da der gegensatz rectum die richtige deutnng geradezu gebot.
440 F Walter: zu TacituB HiBtorien [I 66].
kann nichts entscheiden, da die namen der vOgel teils masc., teils
fem. sind.^ merula klingt aber besser: hoc guoque . . inpensiua^
in ^a^, merula [potius], quam per us^ merulMS^ enuntiabüur. schliess-
lich erscheint die suauitas enuntiandi auch s. 61, 23, wo sie freilich
der auctorüas Vergüii nostri^ unterliegt.
Man ersieht hieraus , dasz auch in den quaestiones neben den
Varronischen principien dies irrationale dement hergeht, ganz in
derselben charakteristischen weise , wie wir es in der einleitung be-
obachteten, demnach kann kein zweifei darüber bestehen , dasz die
einleitung zu cap. 15 aus dem anon. de Latinitate stammt**, dem ich
eben nach der einleitung diesen namen gegeben habe, auf sein werk
beziehen sich also auch die dispositionen s. 51, 18 — 25.
^^ 8. 57, 18 f. schlage ich vor: quaedam feminina extremUate ita oiim
consuetudo possedit, ut (^adyrignata potius quam usurpata uidea(^nytttr,
auch diese metaphem, weiche noch ihre ursprüngliche kraft ffihlen
lassen, sind für unsem grammatiker charakteristisch: vgl. s. 60, 8 ne
ipsa quidem rerum natura tarn finita est ut nohis . . nouünmum tut adsignei^
s. 50, 20 ülam loquendi licentiam seruituti rationit addixit (dies bild kann
aus Varro stammen), s. 51, 15 adsiduttas et consuetudo uerha quaedam uel
nomina usque ad persuasionem proprietatis sufficient, ^ inpentius ist
selten, vgl. Consent, s. 825, 29, deshalb durch potius glossiert. *^ hier
handelt der grammatiker wirklich nach der Vorschrift Varros s. 51, 9
namque ubi omnia defecerint, sie ad illam quemadmodum ad aram saeram
decurritur, ** dasz aas diesem grammatiker nnr so spärliche reste
erhalten sind, wird sich aus seiner sparsamen anwendung von beispielen
erklären, spuren seiner (directen?) benutzung finden sieh bei Diom.
8. 439 nnd 492 , 24—26 (— Char. s. 51 , 21—23) , die nächstfolgenden
beispiele Sisenna bei Char. s. 51, 27 ff., moniie s. 59, 1 ff.
Frankfurt am Main. Felix Bolte.
57.
ZU TACITÜS HISTOMEN.
I 66 tum väustas digniiasque cöloniae valwt^ et verha Fabi salu^
tem incdiumüaiemque Viennensium commendantis aequis t saxuri^
"bus accepta; puUke tarnen armis muUati, privatis etpromiscuis copiis
iuvere müUem, saxuribus ist verderbt aus sane aurihus und der
sinn wie folgt: ^die fürbitte des Fabius fand zwar (jsane) ein ge-
neigtes obr, aber sie wurden zur strafe entwaffnet.' zu sane — tarnen
vgl. ann. VI 14 sane is (Rubrius Fabatus) repertus apud freium
Sicüiae räraäusque per centurianem nuUas prdhdbües causas longin"
quae peregrinationis adferebat; mansit tarnen incotumis, zur Stel-
lung aequis sane aurihus vgl. Cic. in Verrem V 80 amoeno sane et
ah arhitris remoio loco. j
München. Friedrich Walter.
ERSTE ABTEILUNG
EÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FlSGKEISBN.
68.
ZU SOPHOKLES OIDIPUS TYRANNOS.
Darf man in wissenscbaftliohen fragen 'mttdigkeit ▼orsohütsen' ?
wenn nicht, so möchte ich für die allerdings viel behandelte *könig8-
rede' im Oidipas Tjrannos eine auffassung and gUedenmg vorlegen,
welche in wesentlichen punkten neu scheint — immerhin in aller
kürze und deshalb ohne alle polemik. ^
Oidipus will die Vertreter der bttrgersohaft darauf vorbereiten,
eine unwillkommene mitteilung, die ab wehr der pest betreffend^
willig entgegen zu nehmen: deshalb faszt er sie so zu sagen bei
ihrer eignen forderung an die götter (alreic, S b' alreic), stellt sich
nur als verkündiger der sache dar, dagegen die Eadmeier als die
freiwilligen vollbringer einer rettenden that im dienste der gött-
lichen heimsuchung (rd^d iiir\. iäy O^Xijc b^x^cOai. tQ vöcqi
äTriipeTcTv'), und verspricht den erfolg mit werten, welche zwar nur
mOglichkeit aussprechen, aber den eindruck ruhiger gewisheit machen
(Xdßoic fiv) — V. 216—218.
Insbesondere bereitet Oidipus die m&nner darauf vor, dasz sie
als landeseingeborene, edle alte Eadmeier jetzt vor ihm wie zeugen
oder gar angeklagte über eine altkadmeische angelegenheit zeugnis
* verglichen sind die abhandlangen oder erklärangen von ORibbeek
(1861. 1870), Classen, Todt, Kyi6ala, Wecklein, Emil Müller (Orimmaer
Programm 1884), Jebb, Naack, Bellermann (dritte aafl.) na. * öirr)peT^v
heiszt ^ einem höhern, zb. dem gott zur erreich nng seiner zwecke dienste
leisten', vgl. Plat. Euthyphron c. 16. in diesem sinne Soph. Phil. 990.
statt der gottheit kann ihr wirken oder ihre Offenbarung genannt sein,
in personificierender weise, vgl. Herod. VIII 41. Fiat Ges. XI s. 914*;
bezeichnend in diesem sinne £1. 1306. im Oidipas ist die pest ein wir-
ken oder eine Offenbarung der götter, sie verfolgt den iweokden
mord des Laios zu söhnen, wie leicht gerade vöcoc personificiert
wird, zeigt Aias 186. Trach. 981. 1030.
Jahrbücher f&r olass. philol. 1888 hfl. 7. 29
442 ThPlüss: zu Sophokles OidipuB Tyrannos [y. 216—275].
oder bekenntnis ablegen sollen und dasz dr im gründe voraussetit,
Laios sei durch Kadmeier ermordet worden: darum betont er, dasz
gerade hr die sache offen aussprechen werde, weil er ihr als voll-
kommen fremder, ebenso unwissend wie unbefangen, gegenüberstehe
(ifd) Eevoc ^iv toO Xötou loöb* dSepüj, E(^voc bk toO trpa-
XO^VTOc), dasz er ja auch ohne diesen besondem grund nicht erst
auf weiten, verborgenen spttrwegen nach dem Sachverhalt suchen,
sondern direct und offen auf das ziel losgehen würde (oä fäp &v
ILiaKpdv !xv£uov auTÖ ^f| ouk ^x^v . .)^ ^^^ &^®^ ^^^ nach dem
beireffenden verfall stadtbürger geworden sei und daran eine art be-
sonderer legitimation besitze, erst recht mit ihnen als lauter Alt-
kadmeiem offen und laut von der sache zu reden (ou fäp hw , > \ii\
OUK ?x^v Ti cu^ßoXov• vOv b\ öcTepoc tap dcTÖc elcdcroOc
TcXd), iijLiTv Trpoqpujvuj näcx Kab^eioic rdbe).^ vorbereitend ist hier
' iXvcOciv bezeichnet die indirecten, weitläufigen, versteckten wen-
dangeif spürender Jäger (vgl. Curtius etym.^ s. 135); Aias 20 (Tgl.
4 f. 19). OT. 475 f. Plat. Ges. II 654«. — fiaKpdv in einem negativen
satze bedeutet gewöhnlich 'zu weit, allzulange', enger mit der negation
verbunden litotesartig: 'nicht allzuweit, nicht gerade weit, nicht erst
lange' mit subjectivcm, ironischem oder verwerfendem ton, gern in der
ablehnnng unnötiger Weitläufigkeit im gegensatz zu kurzer, directer
art des thuns: Aias 1040. EI. 1259. Phil. 26; bezeichnend für den ver-
werfenden ton ist auch Trach. 817 'ich fragte ja auch gar nicht erst
lange danach.' * cufüißoXov ist das besondere beglaubigungsseichen
für einen ansprach zb. auf gastfreundschaft , auf beistand: Phil. 403
^XOVTCC \bc £oiK€ cOfjißoXov caq>ic XOirnc irpöc i^M&c, di liyoxy ircirAcOKOTC
'ihr habt ein untrügliches beglaubigungszeichen eures anspruehs (auf
Philoktetes freundschaf t , Sympathie) in der kränkung, welche euch
widerfahren ist'; das worauf man anspruch macht ist wie in der Oidipus-
stelie nicht noch besonders genannt, wohl aber das worin die beglaa-
bigung besteht, nun ist das gedankengefügo des Oidipus dieses: 'ich
werde offen sprechen als fremder; denn ich würde keine versteckten
Umwege machen, wenn ich etwa keine besondere beglaubignng meines
Anspruchs hätte; nun aber, da ich ja erst seit späterer zeit stadtbürger
bin, rede ich erst recht laut und offen zu euch, die ihr alle Kadmeier
seid.' in diesem Zusammenhang ist 1) das, worauf ansprach erhoben
wird, das zweimal erwähnte offene reden (^ScpOO. irpo(puivui) , 2) das,
worin die beglaubigung des anspruehs besteht, eben die gleichfalls
doppelt oder dreifach genannte eigenschaft, dasz Oidipus dem Vorfall
gegenüber ein fremder, ein jüngerer bürger sei (E^voc. S^voc. <icT€poc
dcTÖc). vgl. das ähnliche Satzgefüge 984 ff. KaXitic dv il€ipr\T6 coi. ei ^i\
VOpci Zuic* f\ TCKoOca* vöv b* itiel Zrj, iräc* dvdTKn ökvciv, wo cl iii\
*icup€i tOiJca unserm ^i\ oOk ^x^^ "^^ cu|üißoXov entspricht, itieX If^ unserm
ücTcpoc ydp tcXOli. — Dabei ist |üiV| oOk ^x^^ aufzulösen im sinne von
si non haberem^ nicht von nisi haberem^ die aussage OÜK dv Tx'^cuov
lüiaKpdv gilt nicht allgemein, für alle fälle ausgenommen den
^inen, dasz er einen besondern Anspruch hätte, sondern die aussage
wird speciell für den dinen fall geltend gemacht, dasz er etwa nicht
hätte, schon das oO in der form ^f) oO mit particip sollte das lehren,
aber eine reihe der öfter zusammengestellten stellen gewinnt an klar-
hcit und energic des ausdracks bei dieser erklärnng, einzelne geben so
allein einen sinn; auch OT. 13 bedeutet: 'ich wäre fühllos, wenn ich
etwa nicht bemitleidete', $i non mitererct; möglich, aber matter wäre:
'ich wäre fühllos, wenn ich nicht etwa mitleid hätte', nisi miMererei,
ThPlüss: zu Sophokles Oidipus Tyrannos [y. 216—875]. 443
auch die art des Sprechers, auf thatsachen sich anspielend zu be-
ziehen, an welche seine zuhörer augenblicklich gewis nicht bestimmt
denken können (toO Xötou ToGbc. ToO irpaxO^VTOC. aÖTÖ), und
auf die Stimmung wirkt der ton liebenswürdiger bescheidenheit und
vertrauender Offenherzigkeit im persönlichen und unbefangener leioh-
tigkeit im sachlichen (E^voc TOO Xötou ToObc. iScpiB, irpoqHUVid.
ou fäp &v juaKp&v Ixv€uov. cöjißoXöv ti. 8cT€poc dcTÖc elc dcToOc
TcXuj)* — 219—223.
Jetzt, nachdem Oidipus so vorbereitet hat, fordert er die an-
wesenden Eadmeier offen und bestimmt dazu auf, über die Urheber
des Laiosmordes ihm persönlich alles was man wisse genau anzu-
geben (kcXcOu) . . d|Lioi). die etwa bereits erregte furcht eines an-
wesenden schuldigen beschwichtigt er mit verstttndig vertraulichem
zureden (kcI ^^v (poßeiTai ..ir€(c€TaiToip-0-* ^ d^^^ ^^11^ ^^i*
ihm selber nach dem Orakel und seiner eignen Voraussetzung der
unwahrscheinliche ist, dasz nemlich jemand einen landfremden als
mörder kennt, heiszt er, mit stiller ironie und leicht übertreibendem
ausdruck der dankbarkeit, eine solche, für Theben entlastende an-
zeige zwiefach willkommen (dXXov Ü iXkr]C xOovöc. jLif| ciuiTidrui'
TÖ fäp K^pboc TcXuj 'tu) X^ Xdpic irpocK€(c€TOu).* so stftrkt er
den angeklagten Eadmeiem durch seine milde, gerechte, persönlich
teilnehmende und unbefangene art den willen zu einem selbstver-
leugnungsvollen geständnis — 224—232.
Vielleicht hält hier Oidipus einen augenblick erwartend inne
und sieht die ältesten blicke und zeichen austauschen; er fährt jetzt
in strengerm tone fort, und für den fall, dasz man die willige an-
nähme seiner persönlichen mitteilung wirklich verhindern werde,
— Ka6^€{olC steht im gegensatz zu OcTCpoc dcröc, in gewissem sinne
auch zu H^voc; Kadmeier sind die alten, eingeborenen bürger, hier
insbesondere die edelsten Vertreter derselben: demg^mftsz 911 xibpac
dvaKTcc, 1223 yf\c ixiyicTa Tf\ch* d€l Tt)Li(ii)Lievoi, wonach Kdb|yu)u XaSc 144
oder dv6p€C iroXlTai 513 zu beurteilen.
^ die drei letzten Wendungen namentlich klingen fast scherzend, die
letzte insofern, als clc dcToOc TcXetv wie ähnliche wendangen eine art
rangclasse bezeichnet und OcTcpoc dcTÖc TcXdi, durch das poljptoton
noch betont, eine Selbstherabsetzung ausspricht; dasz er seine spätere
aufnähme eine art symbolon nennt, ist sachlich richtig, im ansdmck
jedenfalls charakteristisch; vom tone des oö jJUXKpdv ^vcuov dv war
oben die rede. ^ beiläufig: es dünkt mich sprachlich einfacher und
dramatisch charakteristischer OircScXdiv TÖ liriicXrDJia ainöc KuO* aÖToO
zu verstehen 'aus den werten des Sprechers herausgreifen'; Oidi-
pus würde damit eine solche anklage als seinerseits nicht beabsichtigtes
thun eines anwesenden darstellen, was für die kluge, leise ironische
art in diesem teil der rede wohl passte. ^ die letzten werte haben
den ton einer wette auf etwas, an dessen eintreten man nicht glaubt,
ernst sachlich verstanden wäre das anerbieten von anzeigerlohn gegen-
über den 'edlen herren des landes' auffällig (vgl. die erklärer za OT.
1004 ff. Trnch. 190 f.), und warum — wenn eben nicht still ironisch —
für den gcwis leichtern fall mit einem landfremden die dringlichere,
prohibitive wendung ^i\ ciuiirdrui statt einer positiven?
29*
444 ThPlüsB : zu Sophokles Oidipus Tyrannos [v. 216—276].
der thftter von den Eadmeiem wirklich verhehlt werden solle , legt
er feierlichst Verwahrung ein gegen jede art gemeinscfaaft und ver-
kehr der landesbewohner mit dem mörder, und zwar fdr den ganzen
bereich seines landes , kraft der hohem autoritSt des königs und im
namen des gottes (ei b* ad ciuJTTrjcecOe Kai nc . . dTriiicei toCttoc
. . TÖbe. TÖv fivbp* diTaubüj toOtov . . tflc Tf\cb€ . . jinT* clc-
b^X^c^<^i • • Tiva). ^ durch die feierlich umständlichen worte des ein-
gangs & 'k Tujvbe bpdcuj , TQUTa XPH kXu€IV iixov) und die im Ver-
hältnis zur bedeutung kurzen worte am schlusz der Verwahrung (die
TÖ TTuOiKÖv 660Ö ^avT€Tov . .) erregt der kOnig das religiöse ge-
wissen; er betont auch hier seine person (xpf| kXuciv ^oO. yf^c fic
if\i). iH(pr\y/€V i^oi), aber hier thut er es als Vertreter des laÄides
und beauftragter der gottheit: als solcher eben protestiert er und
musz er für die unheilvollen folgen des fortdauernden verkehre mit
dem mörder die einzelnen verkehrenden verantwortlich machen*:
dadurch und indem er die furchtbar vielseitige und ernste Verpflich-
tung sämtlicher einzelner bewohner des landes an der fülle von
einzelheiten in voller schwere verspüren läszt (|liiit' eicb^x^cOai
jiilT€ . . |LifiT€ . . ^r)T€ . . ^f\Te . . (I)6€iv b' dir' oTkujv), damit drängt
er schuldige und wissende zur enthüllung; wenn die einleitenden
worte vielleicht empfinden lassen, dasz Oidipus nur gezwungen vom
^ Toöiroc TÖbc entspricht den Tä k}xä ^nr] 216, dirubcci ist ein gegen-
satz zu dem kXOujv b^x^cdai 217 (ähnlich wie €ic6^x^c6at and diOcIv dir*
oIku)v 238 und 241 entgegengesetzt sind); nar schwebt bei dem «ctivam
diTUiOctv zunächst wohl nicht ein 'für sich und von sich ein zngemntete«
handeln zurückweisen' vor, sondern gemeint kann sein 'das wort des
königa aus seiner richtnng drängen, von seinem ziel zurück werfen%
nnd dieses ziel wäre zunächst die gesamtheit der Kadmeier, an welche
das wort gerichtet ist (sinnlich anschaulich ist für diTU)6€lv Hom. i 81) ;
Oidipus würde also noch immer voraussetzen, dasz die gesamtheit der
Kadmeier den mörder kenne und ihn auch nennen würde, wenn nicht
einzelne diesen erfolg jenes wertes verhinderten. — (piXoc ist nach tra-
gischem Sprachgebrauch eher ein angehöriger als ein freund; <p(Xou
und ^auToO lieszen sich allenfalls, auch bei dem eben angegebenen
sinne von diruiOctv, mit diesem construieren : 'das wort in seiner Wir-
kung bei der gesamtheit von einem ang^hörigen oder sich selbst ab-
wehren': immerhin mag man die genitive von bcicac abhängen lassen«
— diraubOj, gerade in dieser personalform, Phil. 1293 vom feierlichen
Proteste gegen ein thun das man nicht hindern kann, unter berufang
auf die zeugenschaft der göttcr; Aristoph. Frö. 369 f. als relig^ons-
tecbnischer ausdruck von feierlich protestierender hinausweisung der
unreinen oder ungeweihten aus dem heiligen bezirk des mystischen
chors (s. 363 ff. und vgl. Hör. ca, III 1, 1 odi profanum volgut et arceo).
es ist weder eine straA für den mörder noch ein eigentlich hinderades
verbot, aber ein protest, mit welchem die Verantwortung für das bereits
geschehende und für etwaige folgen desselben namens der götter auf
diejenigen geworfen wird, welche etwas doch thun — hier auf die be-
wohner des landes, welche ja subject der verba clcb^x^cOot usw. aind.
* Tgl. Aristoph. Ri. 1014 das pronomen in der parodie einer orakel-
ankündigung: Akouc hi\ vuv Kai irpöccxc töv voOv 4|io( uä. die ein-
zelnen im ganzen lande sind durch ir^c Tf\cb4 nva und irdvrac be-
zeichnet.
ThPlüss: zu Sophokles Oidipus Tyrannos [y/216— 275]. 445
persönlichen wort gütlichen zusprachs znr amtlichen that Übergehe,
so mag er auch damit adelich denkende mSnner verpflichten wollen. ^®
aber vor allem : sofort mit dem act des protesies tritt ideell die Ver-
antwortlichkeit ein , formell mttste sie blosz noch durch die herolde
des königs oder aber durch die Vertreter der bürgersohaft weiter in
Stadt und land kund gegeben werden''; von diesem augenblick an
musz also in stadt und land ein fragen und spttren nach dem manne,
ein beargwöhnen und anklagen aller gegen alle, hasz ond wut gegen
den unbekannten schuldigen , der irgendwo und überall und jeden
augenblick an jedermanns seite stehen kann , und gegen die wissen-
den entstehen ; die furcht musz alles gemeinschaftsieben , vor aUem
gerade den götterdienst stören, das ganze land steht so zu sagen
unter einem interdict. in den äugen des königs sind die edlen des
landes am morde schuld : auf sie l&szt er also mit dem augenblick,
wo er den götterspruch kundthut und die Verantwortlichkeit aller
wissentlich oder unwissentlich sich befleckenden ausspricht, zwie-
fache Verantwortung fallen , für die fortdauer der pest sowohl wie
far die neu entstehende religiöse schuld und not ihres ganzen volkes
— V. 223-243.
Die Zuschauer im theater mögen vorher den klugen, gerechten,
milden, aber seltsam irregehenden könig bemitleidet haben, und für
den mann, der in königlich priesterlicher autoritftt, aber verhängnis-
voll unwissend um seiner selbst willen sein land und seine getreuen
so heimsuchen musz , mögen sie die schicksalsmacht fürchten, die
edlen des thebanischen landes aber müssen mit Spannung, dann mit
Verwunderung und peinlichem zweifei, schlieszlich mit lebhaftem
drang zum Widerspruch und doch wieder scheuer Zurückhaltung den
könig anhören: ist doch jeder mit sich selbst einig, dasz 6r weder
der mörder ist noch ihn kennt ; aber ihre gesamtheit ? wenn der könig
so sicher und so feierlich im namen der gottheit die anklage gegen
6inen oder einzelne von ihnen erhebt? und was thun, um den mörder
von stund an von jeder art gemeinschaft ausschlieszen zu können, wenn
man ihn nicht kennt? wie ihn suchen? jedenfalls, der Sprecher der
Eadmeier wagt es noch nicht im namen der gesamtheit der edlen zu
sprechen.
Während sie noch schweigen, fährt jetzt der könig, nachdem er
den eindruck seiner protestation und Verantwortlichkeitserklärung
an das land einen augenblick abgewartet hat, wieder in anderm ton
fort: mag der entschlusz der Eadmeier nun ausfallen wie er will,
jedenfalls will 6r für sein teil die consequenz der jetzt neu ge-
scbafifenen Situation für sich ziehen: mögen sie sich dann die ihrige
ziehen {ifOj juiv oOv). zunächst bestimmt er mit ruhiger festigkeit
seine eigne Stellung zur gegenwärtigen läge; er erklärt dreierlei:
*® TOÖTTOC TÖ6€ und 6pdcu) bilden wohl eine art gej^ensatz; das fntn-
rum bpdcu) mag entschlusz, selbstttberwindnng ausdrücken, wie irpocTp^-
\(;ojüiai neben dem präsens dinCKf)irru) OT. 1446 uä. ** Teiresias spricht
von einem Ki\p\rf{ia v. 350.
446 ThPlüBs: zu Sophokles Oidipus TTrannoe [v. 216— S75].
dasz er fttr sein teil hiermit bo gut wie er es nach Beinen kr&ften und
mitteln vermöge, im bunde mit dem gotte des Bchickßalß und dem
ermordeten menschen in den kämpf um die räche eingetreten sei
{ifw ^€v oöv TOiöcl)€ iCj) T€ bai^ovt TOI T* ävbpi Till Oovdvn
cu^^axoc ireXuj) ", dasz er fttr sein teil , um zu thun was in seinen
kräften eei und jeder Parteinahme fttr den thäter abzusagen . diesen
thäter im falle der Verborgenheit , ohne rücksicht auf etwaige ge-
hilfen der Verborgenheit, den göttlichen mächten des yerderbens
weihe {ifw pev oöv Toiöcbe . . cu^^oxoc it€Xu), Kareuxc^ai
b€ TÖv bcbpaKÖr', €iT€ TIC €ic wv XeXTjöcv €!t€ irXciövuiv
ixiia) '^ und dritteuB , dasz er für sein teil zur besiegelong dessen
sich als hehler des th&ters der gleichen behandlung weihe, zu welcher
er so eben die leute in Stadt und land hier feierlich verbindlich ge-
macht habe (^if(b ^€v ouv . . ^treuxo^ai . . irodeTv änep ToTcb^
äpTiu>c T^pacä^iiv). ** mit dieser dreifachen erklftrung will Oidipus
^' TOiöcÖ€ kaiu ebenso gut aasdruck der bescbeidenfaeit wie des
«tolces sein: neben öaifiuiv mit seinem begriff von über menschlich er,
übcrmäcbtig ein}j:reifender schicksalsgewalt scheint es dms erstere. —
Warum kämpft Oidipus hier nicht sugleicb auch für land nnd volk?
weil <5r für sein teil so eben noch die not des landes hat steigern müssen,
damit der gott mit der pest und der tote Laios ihr kampfeiel erreichen,
alMo weil er jetzt in etwas auderm sinne selbst thut, was er von den
edlen gewünscht bat: T^ vöcip 6irnp€Tetv. anders 253 f. *' ^T^ m€v
oOv, vielleicht auch TOiOCÖc in dem vorher bet:prochenen sinn einer ein-
scbräukuug, gehört su allen drei gliedern mit dominierendem ton. —
KavcOxo^i mit acc. verstehe ich gauc wie deviwco aliquem; Sophokles
gebraucht KaT€0xO)xai von der weihuug eines tieropfers (Trach. 764 ,
von der weihung eines sterbenden zu dem zwecke, die todesgotter
gnädig gegen den toten su stimmen (OK. 1575), vod einem gebet, durch
welches jemand um den preis einer räche sich selber dem tode weiht
(Aiss 392); cOxecOai ist nicht ein blosses bitten, dasz die götter etwas thun
mögen, sondern es ist eignes thun, eine zuversichtliche bernfung
auf etwas, was man ist oder geleistet hat oder aber leisten wird, zu dem
zweck eine gegenleistuug von der gottheit zu erlangen, und wiederum
ein zuversichtliches fordern der göttlichen leistnng auf gnind
eigner leistungeu oder ansprüche: daher die in6nitivconstructionen so-
wohl der verba dicendi als der verba des wolleus oder des bewirken«. —
hei cTtc TIC . . beachte mau, dasz sich die disjunction auf die isolierung
oder aber verbUnduug des verborgenen mördtrrs bezieht, dagegen die
Verborgenheit jetzt bereits als bestehend vorau^esetzt ist: Oidipus hat
es aufgegeben direct die nennung zu fordern. *' Toicöc beziehe Ich
auf die leute dieses landes {ff\c Tf)CÖe . . rivd 237), sowie toO Xötou
To06€ 219 bedeutet 'was man hier im lande erzählt' oder OK. 288
dcTotc loUbe von den bürgern von ganz Attika, 715 Tolcbe dtuiOlc
von den straszen des landes Attika gesagt wird. — Die grundbedeatung
von dpdo|iai scheint nach allem die einer festen, bindenden vereiobarong
in religiösem sinne, eines religiösen verbindlich- nnd verantwortlichmachens
für gutes oder böses, durch gebet, gclübde usw. dpdo|ia( Tivi heiszt
sonst 'mit jemand, besonders einer gottheit, eine solche Vereinbarung
abscblieszon, jemand durch gelübde zu etwas verpflichten'; im accn-
satlv oder aber im infinitiv (in der regel inf. aor.) steht dasjenige, wozu
man jemand feierlich verpflichtet, das gute oder das böse, das geschehen
oder Jemandem zu teil werden soll (Hom. ß 135. c 176. V 194.209): da-
nach hätte Oidipus vorher die lente im lande heilig verpflichtet bo
ThPlÜBB: zu Sophokles Oidipiu TjTBamOB [▼. 216—875]. 447
mittelbar, durch seinen Vorgang, in den Eadmeiem den persönlichen
willen zu einem selbstverleugnongsvoUen handeln anregen ; ahnungs-
los musz er dabei den blitz göttlicher räche auf sein eignes haupt
herabrufen, und der thatkräftig fromme könig als hilfloser gegen-
ständ einer ironio des Schicksals erfOllt einen tragisch empfäng-
lichen Zuschauer mit mitleidsvoller und angstvoller teilnähme —
244—251.
Wenn aber Oidipus angesichts der neuen not- und Zwangslage^
in welche land und volk durch die kundmachung des Orakels und
des bindenden protestes gekommen sind, seine eigne Stellung fest
bestimmt und nach seinen mittein die lösung der heiligen aufgäbe
entschlossen beginnt, so musz er — der sichtlichen unentschlossen-
heit der edlen gegenüber — seinerseits jedenfalls auch mit aller
kraft seine anspräche auf ihre mitwirkung aufrecht erhalten; in-
dessen ohne direct eine neue forderung an sie zu stellen — die neue
läge thut das selbst — rechtfertigt er nur, dasz 6r fttr sein teil sie
vor den göttem feierlich verpflichte {tfih ixiv oOv . . öjiTv . . im-
CKrJTrru)). ^^ wozu er sie verpflichtet, ist dies: alles, was eben vor-
gewissen dingen, und eben diese dinge (Aircp) lu erfahrea (iraOdv)
würde jetzt Oidipus zuversichtlich für den gedachten fall der hehlerei
fordern (direOxofjiai iraOelv). nun lag ja in dem proteste dicau6(& \ii\
€\cbix€cQai Tiva, üti6€tv h^ irdvrac eben ein verbindliehmaohen: die ein-
zelnen bewohner des ganzen landes wurden heilig verpflichtet und be-
schworen, den mörder yon jeder gemeinschaft anszastossen, vor allem
von haus und herd; insbesondere diese letztere aasstosznng verlang^
hier Oidipns, wie die auffällige Stellung und betonnng 249 oiKOiciv el
Suv^CTioc ^v Totc i^ioXc andeutet und das spätere, wiederholte verlangen
817 ff. 1291 zeigt. — Weder scheint to1c&€ betont — es ist also nicht
im gegensatz zum folgenden öjLitv gedacht — noch hebt Oidipus hervor,
dasz ii^ als hehler sogar die strafe leiden wolle, die dem thäter be-
stimmt sei: der protest war eben keine strafe für den thäter; dasz ein
solcher hehler so gut wie der thäter ausgeschlossen werden muste, war
nach der lehre vom jLiiacfJia selbstverständlich (Rihbeok epikrit. bemer-
kungen s. 8 f.); nur kennen muste man ihn erst, nnd darum fordert
Oidipus von den wissenden göttern (cöxoKUXt), dasz er wirklich er-
leiden möge, was er feierlich vereinbart habe; iraOdv und i^pct-
<&nr\y sind die betonten begriffe.
*^ i^\b )Li^v oOv kann während des ganzen letzten teils der worte
des Oidipus in ton nnd sinn dominieren; erst die antwort des chors
brächte dann den ergänzenden gegensatz, den Oidipus eben provooieren
will, so läszt Neoptolemos Phil. 458 mit ^df i^ den ergänzenden
parallel gedanken, den Philoktetes betreffend, bis 466 erwarten, und mit
468 bringt ihn in selbständiger form dann Philoktetes selber; in den
Worten des Neoptolemos wechseln dazwischen reichlich die subjeote, und
es treten mehrere andere gegensätze ein. ähnlich PbiL 512 ua. zu
dem tf\h ^iy oOv Lysias g. Eratosth. § 3 geben die ergänsung erst
nach der ganzen langen rede die geschworenen mit ihrem spmch. hier
im Oidipus ist Ofjilv H 452 nicht parallel dem tf\h (liv oov, sondern
diesem untergeordnet und parallel zum prädicate von tf\b \xiv oOv, etwa
in dem sinne von k^tb fi^v oOv aÖTÖc \iky Toiöcbc div T(p öoifAOVt c^fA-
^axöc cljüii, 0)Li1v hi. — ^incK/|irrui bezeichnet nicht einen befehl oder
auftrag kraft königlicher oder herschaftlicher gewalt, sondern, wie be-
sonders die anwendung bei sterbenden nnd die Verbindung mit beschwö-
448 ThPlüss: zu Sophokles Oidipus Tyrannos [v. 216—276].
her von heiligen Verbindlichkeiten des königs und der leute im lande
genannt worden ist, zu erfüllen (laOia nävT* imcKf\Tnijj xeXeiv)'*:
aho sie würden vorkommenden falls den könig selber von jedem
haus und herd im land forttreiben mttssen, sie müssen jetzt schon,
so lange der mOrder verborgen ist, überall im land auf ihn fahnden,
ihn wo möglich von aller gemeinschaft ausschlieszen lassen, wie sie
das möglich machen sollen, spricht Oidipus hier nicht aus; wie eres
sich möglich denkt, hat er früher gesagt, aber in wessen namen
er sie verpflichtet, sagt er: nemL'ch in seinem eignen, als des beauf-
tragten und verpflichteten der götter, im namen der gottheit, die das
orakelgebot gesandt, und im namen des landes, das man so schnöde
nutzlos und so freventlich in seiner Zerrüttung lasse (^mcKtiirTui
leXeTv un^p x* ^^auTOö loO Geoö xe xficb^ xe yflc dib* dKdpTtuic
KdO^UJC dqp6ap|Li^viic). ^^ dasz aber 6r seinerseits ein recht habe, sie
im namen der göttlichen heimsuchung und des heimgesuchten landes
für die endgültige erledigung der sache verantwortlich zu machen,
dafür beruft er sich auf zweierlei: einmal darauf, dasz es schon an
sich eine unterlassungsschuld sei, wenn sie, die edlen und ftltesten,
die ermordung eines mannes von edelstem blut und höchster ehren-
Stellung ohne nachforschung und ohne jede sühne hätten hingehen
lassen (oöb' ei T^p f{y M^ OefjXaxov. dvbpöc dpicxou ßaciX^uJc X€.
OUK dKdOapxov ujuac ouxujc iä\) ; für die gegenwart aber beruft er
sich auf die göttliche fügung , welche ihn zum nachfolger und erben
mngsformeln zeigen, ein feierliches 'anfs gewissen binden', ähnlich wie
dpdojüiai, ijiapöiOßaXf im^apTOpo^ai , womit es schon bei Hesychios za-
sammengestellt ist; vgl. OT. 1446.
1« Oidipus hat mit TOiöcöe seine macht als eine beschränkte be-
zeichnet: was er vorläaüg konnte, hat er gethan, ncmlich eine pro-
testation und Verantwortlichkeitserklärung an jedermann im lande er-
lassen, den verborgenen thäter dem verderben, sich selbst eventuell
dem loose der aasstoszung geweiht, das sind aber alles nur forderungen
an götter und menschen, anerkennungen einer schuld, Verpflichtungen t
erfüllen, vollziehen, erledigen im dienst von gottern und menschen
können das alles nach der Überzeugung des Oidipus die hierin mäch-
tigern edlen. raOra irdvra bezöge sich somit hauptsächlich und gram-
matisch passend auf das, was eben mit diT€p dpriuic ]^pacd^V)v wieder
in erinnerung gebracht ist. dem TeXdv ^incKif)iiTUi entspricht voraus-
deutend das wort der edlen 166 ff. t( \ioi . . ^Eavuccic XP^OC- '' ^m-
CKf)irru) dnip wie Phil. 1294 dircnj^u) i)nip 'ich protestiere im uamea
jemandes\ — Wenn Oidipus im namen des landes usw. die edlen für
die erledigung noch schwebender Verpflichtungen verantwortlich macht,
müssen sie in seinen augcn eine schuld gegenüber dem lande usw.
haben: dazu passt die genauste erklärung von d6^u)c im sinne von
'gottlos, gottvergessen, frevelhaft' (vgl. KI. 1*24]; gerade mit dq>6ap^i6K>C
ist es doch wohl im gleichen sinne Kl. 1181 verbunden, dann moas
dKdpiTUK wohl auch eine schuld auf Seiten der edlen andeuten : 'fmeht-
los, nutslos y erfolglos* ist die Verwüstung in demselben sinne, in wel*
chem Aischylos ein orakel, das sein siel nicht erreicht, nicht in er-
füUung geht, 'fruchtlos' nennt: die Verwüstung hat den sweck den mord
des Laios su sühnen, durch die schuld des Kadmos wird dieser iweck
nicht erfüllt, die Verwüstung ist also schnöde nutslos.
ThPlQss: zu Sophokles Oidipus Tyrannot [y. 2ie--276]. 449
des ermordeten in so wunderbar einziger yerflechtnng auch der
familiengemeinschaft gemacht habe (el T^p f|v jLif| OcifjXaTOV . . vOv
b' itieX Kupuj t' ifü) ix^y M^v . . ^x^v ht . . koivuiv t€ iraibujv
KOiva . .)*'^ indem ihm also diese familiengemeinschaft vor äugen
tritt^ fühlt er sich Laios gegenüber als söhn, den Labdakiden gegen-
über als nachkomme: er musz also die heilige pfiioht der blutrache
wie ein söhn und enkel erfüllen, und er will, in tiefster seele. er-
glühend für diesen heiligen kämpf um das recht, auch das göttliche
recht eines bluträchers in anspruch nehmen, und er nimt es jetzt
auch gegenüber den edlen mit so gl&ubiger gewisheit und so heiliger
thatkraft in anspruch, dasz er ihnen je nach ihrer entschlieszung von
den göttern den fluch unseligsten Verderbens herabruft, ja schon im
voraus ankündigt (€{)xo^al Oeoijc ^f| . . dvi^vai . . dXXd ..966-
peTcOai), oder segen und steten sieg des rechtes in aJlen lebens-
kämpfen an wünscht, so will hier Oidipus, indem er für sein teil
sich das recht wahrt den beistand der Eadmeier zu fordern, diese
in den kämpf für den ermordeten und gegen den mörder mit sich
fortziehen, der znschauer freilich mag mit bebendem erbarmen
hören, wie der held mit seinem vorgttnger erbarmen hat und sich
von ahnungsvoll ahnungsloser kindesliebe zu seinem yater ergrififen
fühlt; es mag ihm grausen, wenn er den mann so wunderlich scharf-
sichtig und so grausam blind seine greuelhaften Verhältnisse zu Laios
darlegen hört; und wenn die heilige energie des beiden den Zuschauer
vielleicht entzückt, so erfüllt es ihn vielleicht vrieder mit schauem
tragischen entsetzens zu sehen, wie der unselige mann menschen und
götter, lebende und tote, sein volk und sich selbst nur zu seiner
eignen entsetzlichen Vernichtung antreibt — 252 — 275.
Ich bin methodischer weise von der Überlieferung des Wortlautes,
der verszahl und der versfolge ausgegangen und glaube einheit und
zweckmäszige Ordnung gefunden zu haben, das logische Schema,
nicht als vorläge des schaffenden dramatikers, sondern alß controle
des analysierenden kritikers , wäre folgendes :
*^ das gedankengeHige ist: 'ich meines teils mache euch vor den
göttern verantwortlich: denn auch wenn in dem falle mit Laios nicht
eine besondere göttliche ftignng wirksam wäre, hättet ihr den mord
rächen und sühnen sollen; nun aber, da ich persönlich mit Laios in
merkwUrdig enger gemeinschaft stehe, werde ich meines teils, nm ihn
zu rächen, auch zu den äuszersten mittein greifen.' in diesem gefüge ist
1) die besondere enge gemeinschaft des sprechenden mit Laios identiseh
mit dem beweis einer besondern göttlichen fügnng, vgl. oben %n 221 f.
jüii^ oOk ^xwy Ti cOjüißoXov . . OcT€poc ydp . . und wegen der lockern
periodenbildung etwa OK. 271 ff., wo statt unseres nebensatzes ohne
hauptsatz {kit£\ KUpui) geradezu ein selbständiger satz eingetreten ist,
dann aber auch unser dvO* div sich findet; 2) ist ärtX irdvT* d(p(SofJiai
im allgemeinen entsprechend dem öfjitv TuOra irdvT* ^incK/)irru) T€X€tv;
3) ist logischer hauptgedanke die berechtignng speciell der sprechenden
person, für die sühne des Laios auch pflicht und gewissen der edlen in
anspruch zu nehmen: dann allein ist in den gedanken vOv b' iircl Kupd»
t' ky\h . . dv6* ibv i^\h . . logische, wenn auch nicht grammatische folge^
richtigkeit.
460 TbPIflw: 211 Sophokles Oidipiu TyraanM >. *216—£7Sn.
^.
nehmet williq an, was ich za angen habe,
d; weil ihr damit erreicht, was ihr «iberverijoigt:
h) weil ich mich damit zatnuimBvoll an eoch edl»
des landes selbst wende.
n.
I. nennet den m^rder des Laios,
1 ! weil ich persönlich euch in bester absieht xor nwwmmg
' auffordere:
2) weil ich als beauftragter der gfltter, doreb heiligai
Protest gegen jede gemeinsehaft mit dem mdrder,
das ganae volk binde und banne, bis der mflrder ge»
fanden ist.
II. [l^^set den bann , indem ihr den mdrder findet: denn]
1; ich meinesteils mache mich mit schwerem ftoek
fttr den kämpf gegen den verborgenen mflrder ^w>
bindlich;
2) ich meinesteils mache each für die Idsnng ▼on
bann and Verbindlichkeiten verantwortlich
a) im namen meiner äelbst, des gottes and des
laades,
h) mit meinem heiligen recht.
c; vor den gerecht vergeltenden gOttem gerechten
kampfes.
a
[also sprecht, was ihr eaeraeita thnn wollt.]
darin ISge die logische einheit and ordnong. dramatisch wür-
den wir haben: eine kinge Vorbereitung der stimmang, dann den
versDcfa einer gewinnenden einwirkong aof den willen dnreli ver-
traolicben zospmch, einer zwingenden einwirknng dorefa eine reli-
g}(hB bandlang, einer zorflckgebalten leidenschaftlichen einwirknng
dorcb die fromme energie des eignen vorangehens; ond tragisch
bitten wir: das irren des vorsichtigen, das blinde fehlgreifen des
besonnen und zielbewnst bändelnden, das unentrinnbare gGttliefae
verbingnis eines beiden ^ welcher fBr goit nnd recht vorklmpft das
wire die dramatiscbe energie and steigerang. was sich dabei etwa
sonst neues , zb. fDr den dramatischen Charakter des beiden oder für
charakteristische darstellongsweise des dichten ergeben könnte, lasaa
ich dahingestellt.
Basbl. Theodor PlOss.
FEern: zu Sophokles Antigone [t. 892]. 451
(24.)
ZU SOPHOKLES ANTIGONE.
fivoH , ßpoTotctv oi)biv icT* diribfiOTOv •
ipeubet TÄp i\ *iT(voia Tf|V tviI»m1V * inA
890 cxoXq iToG' fiHciv bcOp' öv Öiiöxouv ifih
raic catc direiXaic , alc dx^tfidcGriv töt€.
dXX" f| TÖip ^KTÖc Kai irap* iXirfbac xapä
£01K€V dXXq ^f^KOC oöbiv f|bov4i
fiKU) , bt' öpKU)v Kainep £iv dirui^oToc.
in diesem anfiEuig der botenrede hat das dicröc in v. 392 mit recht
schon immer grosze bedenken verursacht, und weder eine erklämng
des aberlieferten noch ein änderungsversnch hat bisher allgemeine
billigling gefunden, oben s. 159 fügt ThBreiter den frOhem ver-
besserungSYorschlägen einen nenen hinzu, nemlioh a\fpvr\Q statt iicrdc
zu lesen, er legt dabei groszes gewicht auf den umstand, dasz k und
q) häufig verwechselt würden (was er durch anftthrung der Vermutung
von Bonitz äxiibf^coi statt &q>€ibt)cot in v. 414 belegt), Übersieht
aber den andern, sehr groszen ttbelstand, dasz das ursprüngliche
mit dem vermuteten nur in einem einzigen buchstaben, dem letzten
abereinstimmt, trotzdem bemängelt er Sejfferts droTroc nur des-
wegen, weil es von den schriftzagen der Oberlieferung weit abstehe,
während es doch die beiden letzten buchstaben mit dem aber-
lieferten gemein hat. zeigt sich in dieser abweisung der fremden
und empfehlung der eignen Vermutung eine unberechtigte verliebe,
so erscheint ein ebenso unberechtigtes verurteil in der von Breiter
vertretenen Überzeugung, dasz auch in dem ersten attribute zu Xfxpä
das Qberraschende des freudigen ereignisses ausgedrückt sein
müsse, diesem verurteil verdankt a\(fyr\c seine erfindung, wie jener
verliebe seine unzureichende Verteidigung.
Es ist doch zweifellos lediglich ein verurteil, das sich ungemein
schwer begründen läszt, dasz zwei attribute dasselbe, ja dasz sie
auch nur ähnliches ausdrücken müsten. dasz sie diese eigenschaften
immer haben müsten, kann freilich auch kaum gemeint sein: denn
dem widersprechen die thatsachen zu augenscheinlich; aber es ist
auch gar nicht abzusehen, warum das gerade in diesem falle so sein
müste. und so lange es für diesen fall nicht bewiesen ist, musz auch
diese annähme für nichts anderes als ein verurteil gelten.
Nun ist für dKTÖc von mir vermutet worden £vt6c (vgl. jahrb.
1881 S.825 und 1884 s.495). aus liebenswürdiger Schonung wahr-
scheinlich verschweigt Breiter, wo er diese Vermutung erwähnt, den
namen des Urhebers derselben, 'weil diese leichte änderung ihm am
wenigsten zusagt', sein misfallen darüber aber begründet er so :
«f) dvTÖc x^9^ würde nur das innerliche frohsein, das herzliche ge-
fühl der freude sein; f| irap* dXiriboc x^pd ist aber das freudige er-
eignis, welches gegen hoffen und erwartöi eintritt, man mflsta also
452 FKern: zu Sophokles Antigene [y. 392].
Xopd in verschiedenem sinne bei ivxoc und bei irap* ^Xiribac fassen,
was ich nicht für richtig oder zulässig halte.» wenn nur Breiter
irgend einen grund dafür beibringen könnte, warum f| irap' dXiriöac
Xapd hier ein unerwartetes freudiges ereignis bedeuten mttste, und
nicht nach gewöhnlichem , auch hier doch zunächst anzunehmendem
Sprachgebrauch , eine unerwartete freude , eine frohe Stimmung ^ die
natürlich, wie in der regel alle dergleichen innem Vorgänge, durch
äuszeres geschehen zwar hervorgerufen, aber dadurch doch nicht zu
einem äuszern wird, für den gegenständ oder das ereignis, das den
innem zustand hervorruft, wird X^PM<x recht oft gebraucht, was auch
nach der bildung des wertes erklärlich ist , X^P^ jedenfalls viel sel-
tener und hier sicherlich nicht, was leicht darzuthun ist.
Der Wächter vergleicht seine X<xpä mit jeder andern f|bovr): also
ist f)bovii hier für Xd^ä der übergeordnete begriff, er vergleicht sie
in bezug auf das pf^KOC. darunter ist also das grosze, gewaltige des
innem Vorganges, die durch das äuszere geschehen gänzlich ver^
änderte, höchst erfreuliche Stimmung zu verstehen, diese Stimmung
hat auch die ^TTivoia hervorgerufen, welche den frühem entschlusz,
die YVUijiiYI besiegt hat. natürlich war diese YVUijüill auch durch etwas
äuszeres entstanden, nemlich die drohungen (v. 391), die Kreon auf
ihn hinabgewettert hatte, wie durch diese von auszen kommenden
drohungen in ihm der entschlusz (tvuim^) entstanden war nicht
wieder vor Kreons äugen zu kommen , so ist nun durch ein anderes
äuszeres, ganz unerwartetes ereignis (Antigenes ertappung) eine
andere Seelenbewegung (xcxpd) in ihm ganz unerwartet entstanden,
welche die frühere, den aus den drohungen entstandenen entschlusz,
aus seinem herzen gänzlich verdrängt hat. sein inneres, ihn ganz
erfüllendes gefühl der unerwartet über ihn gekommenen freude
stellt er nun den von ihm erwähnten drohungen, die von auszen
auf ihn eingestürmt waren, eben auch als etwas inneres, übermäch-
tiges gegenüber, als einen menschen aber, der es liebt so billige
psychologische betrachtungen anzustellen , haben wir ihn bereits in
seinem ersten gespräch mit Kreon gewis recht deutlich kennen ge-
lernt, sind doch auch seine letzten worte in diesem zweiten gespräch
eine betrachtung darüber, wie sich freilich in seiner seele neben
dem selbstsüchtigen freudegefühl jetzt auch das gefühl des mitleids
mit der königstochter rege , wie es aber nun einmal seine art sei
seine eigne Wohlfahrt immer in den Vordergrund zu stellen.
Von Seiten des sinnes ist also gegen iviöc nichts einzuwenden^
und dem überlieferten steht es so nahe wie nur irgend möglich,
auch sonst sind dvTÖc und diaöc verwechselt worden: so hält Robert
bei Paus. V 15, 4 ein £ktÖC statt des überlieferten dvTÖC für das
richtige (vgl. DLZ. 1888 n. 4 sp. 142); bekannt ist die Verwirrung
von fvTOcOev und ^ktocOcv, £vto6€V und ^ktoOcv bei Hom. i 235.
239. 338.
Wenn ich nun aber auch durch das dargelegte nachgewiesen so
haben glaube, dass gegen den gedanken, welcher durch die annähme
FKern : zu Sophokles Anügone [t. 856]. 453
der yermutung dvTÖc in den yers kommt, nichts stichhaltiges ein-
gewendet werden kann, wenigstens bisher nicht eingewendet worden
ist, so bin ich doch weit davon entfernt zu meinen, dasz dies und
nichts anderes dort gestanden haben müsse, vielmehr ist mir bei
erneuter betrachtung des verses und des Zusammenhanges , in wel-
chem er steht, noch eine andere Vermutung in den sinn gekommen,
welche manchem vielleicht beifallswerter erscheint als jene, wieder
durch änderung eines einzigen buchstabens l&szt sich der vers auch
so gestalten: dXX" f| f&p ^k toO leal irap" dXiribac X^^P^i» ^^ ^^^^
seitdem mir gewordene und ganz unerwartet gewordene freude/
das ix ToO würde dann zurückweisen auf das töt€ in dem unmittel-
bar voraufgehenden verse tqTc catc dirciXak, alc £xcif^c9f|V töt€.
die attribute zu X'^9^ wären dann beide pri4?o^^^<>^^^' Art, und durch
das demonstrative wort würde eine bessere Verbindung der beiden
verse hergestellt , als sie gegenwärtig vorhanden ist.
Dasz gerade Ik toO so demonstrativ gebraucht sonst bei Sopho-
kles nicht vorkommt, wird dem als etwas durchaus zuftUiges er-
scheinen, welcher bedenkt dasz auch t^ in solchem sinne bei Sopho-
kles nicht nachweisbar ist, wohl aber Tf)c und ti^, dasz auch toTc in
den erhaltenen tragödien und fragmenten so nicht vorkommt, wohl
aber t(!^ und ol, dasz Aischylos mehr als 6inmal Ik toO hat, aber nicfat
^K TiBv, was dagegen bei Sophokles vorkommt, auch bei Homer ist
Ak toO eine bekannte ausdrucksweise, ich möchte es darum nidit
empfehlen, dasz man, um das auch in der prosa übliche £k ToOb€
hineinzubringen, noch weitere änderungen mit den werten vornehme
und darum das sonst sich leicht darbietende dXX' f| T^ ^K ToOb', f|
Ttap^ dXiTibac XOLpa in den text setze, obwohl die änderung auch in
diesem falle nicht gröszer wäre als in den aufgestellten Vermutungen
äiOTroc und aiqpvTic.
Ttpüßäc' dir' icxoTOV Gpdcouc
öipriXöv ic AiKttc ßdOpov
856 Trpoc^TTecec, (b t^kvov, itoXuv.
TraTpijjov b* ^KTiveic tiv* dGXov.
wegen des sinnes der beiden ersten verse und meiner auf grund des
scholions vorgeschlagenen Vermutung dir' dcx<iTOU Gpdcouc zu lesen
verweise ich auf diese jahrb. 1879 s. 458 f. LBellermann, der in
der vierten aufläge seines common tars zu meiner freude diese Ver-
mutung in den text gesetzt hat, gibt von den beiden versen in
Verbindung mit dem dritten folgende Übersetzung, die den sinn
der verse nach meinem urteil durchaus treffend wiedergibt: Vor-
geschritten mit äuszerster kühnheit auf die hohe schwelle der Dike
stürztest du tief hinab.' es ist ein ähnlicher gedanke wie der des
Eumenidenchors (Aisch. Eum. 373 f.) böEai t' dvbptüV Ka\ ^dX'
vn' alO^pi ce^vai TaKÖ/üievai Kard ydc jiivuOouctv firi^oi, nur
dasz dort der erhebung zur höchsten höhe nicht mit ähnlicher an-
erkennung gedacht ist, wie in unserer stelle des kühnen empor*
454 FEern: zu Sophokles Antigone [y. 856].
strebens der Antigene zur schwelle der Dike , sondern mit entschie-
denem tadel.
Mag aber auch der sinn, der in den worten irpoc^irecec, A
T^KVOV, TToXüv mit Sicherheit zu vermuten ist, richtig wiedergegeben
sein, Bellermann verkennt natürlich nicht, dasz das wort irpoc^TTCCec
dazu wenig passen will , und findet mit gutem gründe, dasz zb. kot-
^Tr€C€C den gedanken viel besser ausdrücken würde, das völlig un-
verständliche iToXuv der besten hs. hat er wie andere bgg. aufgeben
müssen und dafür das minder beglaubigte iroXü gesetzt, eine lesart
die Wecklein in nicht überzeugender weise durch Vehementer offen-
disti' erklärt, die Nauck aber geradezu als eine sinnlose bezeichnet,
Bellermann dagegen mit gröszerer besonnenheit als jene beiden eine
bisher noch nicht ausreichend erklärte nennt.
Ich möchte nun zunächst von dem ttoXuv des Laur. ausgehend
dafür zu lesen vorschlagen tö vOv. war nemlich ursprünglich so
geschrieben und von dem ersten N von vCv nur 6in strich verwischt,
so stand TOAYN da, also etwas ganz unverständliches, aus dem sehr
leicht, um doch ein griechisches wort zu gewinnen, ITOATN werden
konnte, ganz abgesehen davon dasz auch an sich die form des T dem
Übergang in IT sehr leicht ausgesetzt war und umgekehrt, so steht
V. 367 im La. tot^ , während die andern hss. ttot^ haben ; v. 249
ist im La. tou aus ttou gemacht; v. 785 t* dTPOVÖfioic verbessert
aus TraTpovöjiotc.
Aber nun das irpoc^iT€C€C, dessen präp. Ursache geworden ist^
dasz man statt des unverständlichen ttoXuv vorgeschlagen hat jiöpi|i,
irdOet, rdcpifj, ttöXci, ich selber früher auch ßu6(fi. vielleicht steckt
der fehler aber eben in dem irpoc, vielleicht hat Sophokles nur
£ir€C€C , das ja auch als simplez genau denselben sinn hat wie das
von Bellermann hier gewünschte KaT^ir€C€C und auch in der ähn-
lichen oben aus Aisch. Eum. angeführten stelle jenen worten folgt
V. 377 iriTTTUiv V ouk olbev usw. das überlieferte irpoc aber denke
ich mir entstanden aus d)C, das HOC ursprünglich geschrieben, in
ein unverständliches TTOC übergegangen und aus demselben gronde
in ITPOC verändert sein konnte, wie jenes TOAYN in das fehler-
hafte TTOAYN. ich schlage also vor den v. 855 zu schreiben
d)C £lT€C€C, (b T^KVOV, TÖ VÖV.
der sinn *wie bist dU; mein kind, jetzt gefallen' ist der hier dorchana
zu vermutende^ die ausdrucksweise schlicht und ohne jeden anstosi,
die angenommene ursprüngliche lesart so beschaffen , dasz man be-
greifen kann, wie aus ihr die gegenwärtige Überlieferung entstan-
den ist.
Berlin. Franz Kbrk.
: zu Pindaroa [Pyth. 6, 37 «'.].
59.
Zu FIND ABOS.
Pyth. 6, 37 ff. lautet die Überlieferung; XOMameT^c b' &p' fnoc
ovK dnepiuiev aOioO- | p^viuv b' 6 SeToc öviip | npiaTO ptv öavö-
TOtO KOjilbäv irarpöc naw. der parapbraBt erklärt oü ndiaiov bi.
TÖv X6tov lauToO fppmiev. er hielt also für das anbject von
£ppii|i£V den Nestor, (auf gmnd dieser auffassung wurde in der editio
Komana airtoö in aCiTOÖ geändert.) nun ist es aber klar, dasz ?tioc,
wenn Nestor subject ist, unmögtich den zuaatz qutoO erhalten kann,
daher hat Hejne die interpunction geändert, das kolon nach än^pi-
l((EV gesetzt und aÜTOG als adverbium zum folgenden gezogen, da-
gegen spricht aber einmal die thatsache dasz Pindaros sich dea ad-
Terbiums aOroO niemals bedient, und sodann die Stellung von bi.
denn bi steht bei Pindaros — abgesehen von der mit ÖJav bi auf
gleicher stufe stehenden Verbindung töi' äv bi Ol- 6, 67 — an
dritter stelle blosz dann , wenn das erste wort der artikel oder eine
Präposition ist.* Ol. 10, 99 ist b' von Mosobopulos fSlsohlieh hinzu-
gefügt; die scbluszsilbe von ipa-zöv ist durch den metrischen ictus
verlängert (vgl, Bergk zu Pyth. 3, 6), und das nsjndeton ist durch-
aus angemessen, da das fi^Xm Kaxaßp^x^iv der Lokrer eben in der
abfassung des siegesliedes auf Agesidamos besteht, auf verfehlte
conjecturon oder interpunctionsänderungen anderer stellen brauche
ich nicht einzugehen.
Das richtige hat ein Grieche des fünfzehnten Jahrhunderte ein-
gesehen, in dem jungen von TyMommsen mit Z bezeichneten codex
Vindoboneusis , oiner der aus dem Pariainus V stammenden ab-
BCbriften, die fUr die constituierung des teites ohne jede urkund-
liche bedeutung sind (Abel in den Wiener Studien IV s. 255), findet
Bich zu aÜToO die glossc nOTpöc. der urheber derselben hatte also die
richtige erkenntnis, dasz nicht Neator, sondern Antilochos subject
von &T\ipt\\ii.v ist. die worte bedeuten: 'und nicht verachtete Änti-
locbos den hilferuf seines vaters, so dasz derselbe ein XOMOl^tttc
Snoc gewesen wtire', dh. er handelte seinem vater nicht zuwider, der
subjects Wechsel, der bekanntlich von den Griechen vielfach sehr frei
gehandbabt wird, ist hier um so weniger bedenklich, da iratba 6v
unmittelbar vorhergeht. dnoppirrTElV von den mit Verachtung auf-
genommenen, nicht befolgten werten eines andern findet sich, wenn
auch nicht in gleicher, so doch in sehr ähnlicher weise Sopb. El.
1018 KaXüJc b' f[br] c' diroppitpoucav äiiTiTTtXXöfiviv. vgl. auch
Find, Ol. 9, 35 dtrö fioi Xötov toOtov, CTÖfia, ptitiov, sowie ditö-
ßXr]TOV ^noc II. B 361 und bei spätem, von worten schlimmen
Inhalts, die gegen einen andern geschleudert werden, gebraucht
ait annaiime der EGyneBchen interpunction, bi
i
f
f
r
456 EHiller: zu den griechischen florilegien.
äTTOppiTTTCiv allerdings Herodotos; aber diese bedeutung hat mit
unserer stelle nichts zu thun, und sollte diroppiiTTCiv ^ttoc auch den
weitern sinn ^ein wort aussprechen' gehabt haben, so war hier jeden-
falls eine Zweideutigkeit durch das pronomen aÖToC ausgeschlossen.
Halle. Eduard Hilleb.
60.
ZU DEN GRIECHISCHEN FLORILEGIEN.
Die Vermutung, dasz Clemens Alezandrinus einen teil der zahl-
reichen Sentenzen aus der profanlitteratur , die sich bei ihm finden,
weder eigner lectüre der betreffenden werke noch gelegentlichen
citaten, sondern einem florilegium verdanke, ist so naheliegend, dasi
sie sich gewis bei der benutzung des Clemens schon manchem als-
bald aufgedrängt hat. eine nicht ganz unerhebliche zahl von Sen-
tenzen hat Clemens mit Stobaios gemein, da nun durch Diels (rhein*
mus. XXX s. 172 ff.) erwiesen ist, dasz eines der florilegien, die den
poetischen samlungen des Stobaios zu gründe liegen, bereits im
zweiten jh. nach Ch. existiert hat, so ist die mGglichkeit nicht in
abrede zu stellen, dasz ein von Clemens und ein von Stobaios be-
nutztes florilegium entweder identisch waren oder unter einander in
einem abhftngigkeitsverhältnis standen oder auf eine gemeinsame
quelle zurückgiengen. diese annähme erhält eine grosze Wahrschein-
lichkeit durch folgenden umstand, ström. V § 11 lesen wir folgen-
des: -rfiv TTicTiv Toivuv oök dpT^lv Kol MÖVTlv, dXXä CUV ZriTi^ei
b€iv 7rpo9aiv€iv 9a|i^v. oö totp toOto Xifw ixr\h* öXuic Ziyreiv,
li\T^\ fäp Ka\ €upi^c€ic X^T^i. tö hi, ZriTOUjüicvov dXuiTÖv,
dK9€UT€i hi, TäfA€Xoü^€vov kotA töv Coq)OKX^a (OT. 111).
TOI h* ÖMOia Kai M^vavbpoc ö kujmiköc Xctci* irdvTaTaZriTOÖ-
)üi€va beicGai luiepiMViic 9aclv o\ co9U)TaTOu die werte
aus Menandros sind offenbar fCLr den Zusammenhang wenig passend :
denn in ihnen wird nicht, worauf es hier ankommt, zum 2^i]T€tV anf-
gefordert, sondern über die richtige art des Iryriiy gesprochen,
nun steht aber bei Stobaios in dem capitel Trepl 9iXo7rov(ac (flor.
29, 47 f.) die Menandrosstelle unmittelbar vor der Sophokles-
stelle, liegt es nicht nahe anzunehmen, dasz dies auch in dem-
jenigen florilegium der fall war, aus welchem sich Clemens excerpte
gemacht hatte*, und dasz die ttbereinstimmung in der zusanmien-
Stellung der beiden Sentenzen hierauf zurückzuführen ist?
* über die bereits in den altem florilegien hertchende stoffUeh«
anordnnng vgl. Diels ao. s. 179.
Hallb. Eduard Hillbs.
EBasche: zu Euripides Andromache. 457
61.
ZU EURIPIDES ANDROMACHE.
Die Andromache ist von jeher von den Euripideserklärem etwas
vernachlässigt worden, ein umstand der wohl hauptsächlich in der
nicht geringen schwäche der composition begründet ist, welche schon
von den alten erkannt und gerügt wurde, allein trotz seiner mängel
verdient auch dieses stück teils wegen des einblicks, den es uns in
das gemüt des dichters , in seine tiefe Verbitterung gegen die Spar-
taner gewährt, teils wegen der meisterhaften Schilderung der frauen-
charaktere, der guten wie der schlechten, ein eingehendes Studium,
und eine gute erklärende ausgäbe wäre nach den veralteten bearbei-
tnngen von Körner, Lenting und Pflugk-Elotz durchaus am platze,
zuletzt hat F WSchmidt im zweiten bände seiner Studien zu den griech.
dramatikern auch aus der Andromache eine gröszere anzahl von stellen
behandelt, einige mit glück, nicht wenige aber so, dasz seine ausfüh-
rungen zum Widerspruch anlasz geben, die folgenden bemerkungen
v^oUen, zum teil im anschlusz anNaucks und Schmidts Studien, einige
v^eitere beitrüge zur kritik und erklftrung des dramas liefern.
Ich beginne mit einer schon vielfach behandelten stelle des pro-
logs. V. 26 f. sagt Andromache:
Kai TipiV jLl^V dv KttKOTci KCljül^VTlV ÖjülUÜC
dXTtic \i* dei TipociiYe usw.
die erklärung Reisigs (zu Soph. OK. s. 242) *spes me adduxit ad
credendum me praesidium inventuram', welche Hermann und Pflugk
für richtig hielten , wird von Nauck (Eurip. Studien II s. 87) mit
recht verworfen, denn abgesehen davon dasz eine ähnliche ellipse
bei 7TpocdT€iv sich sonst nirgends findet, ist auch der gedanke 'die
hoffnung beweg mich zu glauben, dh. zu hoffen, dasz ich hilfe finden
werde' ungeschickt und unpassend, das subject dXTiic fordert durch-
aus, dasz der gegenständ der hoffnung von ihm abhänge und das
verbum absolut stehe, daher haben schon ältere kritiker an 7rpocfiY€
anstosz genommen. Pierson wollte dafür TTpoödlve, Musgrave Tiap-
flXe, Jacobs pC dei ttot' eixe, Elmsley Ttpoc^e schreiben, Vermutungen
die Nauck ao. mit recht teils für ungriechisch, teils für dem sinn der
stelle nicht entsprechend hält. Nauck selbst, gestützt auf das nicht
selten vorkoaimende dXTticiv dpfteic vermutet IXttic p* dei TTlüC fjp€.
mit demselben rechte könnte man mit noch leichterer änderung
iXmc )i* dei ttujc fj-fe schreiben: vgl. Plat. Phaidon 68* uttö TauTiiC
dfö^evoi xfjc eXTriboc. allein da beide Wendungen nur passivisch
vorkommen (Ipb. Aul. 392 ist das von Nauck aufgenommene f\f€ b*
dXTcic coDJectur von Matthiä für x] be t' ^Xiric)), ist vielleicht dXmc
)i* dei T* f ßocKe herzustellen, eine Wendung die sich für unser 'die
hoffnung hält mich aufrecht* auch sonst bei den tragikern findet: vgl.
Phoin. 396 ai b* eXiribec ßöcKOuci qpuTdbac, ibc Xötoc. Bakchai617.
Soph. Ant. 1246.
Jihrbr;cfH-r für class. philol. 1888 hft 7. 30
458 KBusche: zu Euripides Andromache.
120 ff. Der cbor sagt der Andromache:
€1 Ti coi buvaifiav
Skoc tuüv bucXuTUiv TTÖvuJV TcpcTv,
0*1 ci Kai *€pMiövav fpibi CTurepqi cuv^KXqcav,
xXd^ov' dpcpi X^KTpiüv
bibujüiuiv ^TiiKOivov doOcav •
126 dpcpi Traib* *AxiXX^u)c.
auffallend ist hier zunächst, dasz der prädicative accusativ diriKOivoV
in y. 124 sich nur auf eines der beiden vorangehenden objecto be-
zieht, und zwar auf das erste, eine construction die, so frei sie in
grammatischer hinsieht ist, vom sinn der stelle durchaus verlangt
wird, für TXdjüiov' (rXdjüiova bieten ABCE) wollten ältere hgg.
tXSmov schreiben, allein ebenso wie diriKOtvov kann sich auch TXd-
fiov' auf c^ beziehen , und deshalb faszt es Hermann richtiger als
apposition zu c^. derselbe erklärt die werte dM9l X^KTpwv bibu^uiv
diriKOivov doOcav 'quam communicare torum cum Hermionaoporteat'.
mit dieser erkläruüg haben sich die neuem kritiker zufrieden ge-
geben; allein einer nähern betrachtung offenbaren sich auszer dem
erwähnten hyperbaton noch andere sachliche und grammatische
Schwierigkeiten, welche die Wahrscheinlichkeit einer Verderbnis un-
serer stelle nahelegen, zunächst kann ich Hermanns erklärung der
Worte dKiKOivov . . ^oCcav nicht billigen, dieselben bedeuten, wört-
lich übersetzt : 'gemeinschaftlich seiend in bezug auf ein doppeltes ehe-
lager.' einem doppelten ehelager gemeinschaftlich ist aber der natür-
lichsten auffassung zufolge derjenige, welcher mit zwei personen ver-
heiratet ist, in unserm falle also nicht Andromache, sondern Neopto-
lemos als gemahl der Andromache und Hermione. ^iriKQivoc hat also
an unserer stelle die bedeutung 'teilhaftig', und man sollte deshalb
erwarten, dasz es nach analogie der ausdrücke des teilhaftigseins an-
statt mit dem überhaupt äuszerst seltenen djitqpi c. gen. vielmehr mit
dem einfachen genitiv verbunden wäre; dp9i mit dem genitiv ist
hier um so auffallender, als gleich darauf dieselbe präposition mit
acc. folgt. ^ der inhalt des satzes weist uns durchaus daraufhin, in
£oOcav, welches auch der form nach einzig bei Euripides dasteht,
die corruptel zu suchen, ich glaube die auf den ersten blick schwierig
erscheinende änderung von doOcav in övto, welches durch die nach-
gewiesene beziehung des diriKOivoc auf Neoptolemos gefordert wird,
rechtfertigen zu können, wenn mai^nemlich bedenkt, dasz bibufiunr
X^KTpuiV zu £tt(koivov in einem gewissen gegensatze steht, dasi die
tragiker aber einen solchen gegensatz näher zu präcisieren pflegen
(vgl. V. 178. Hei. 571. Her. 328), so ist es nicht unwahrscheinlich.
^ wie ich Dachträglich sehe, nimt auch Schumacher ^de praeposi-
tioDum cum tribus casibus coniunctarum usu Euripideo pari. I' (Bonn
1884) an 6^q>i mit genitiv anstosz und will aus dieaem gründe den-
selben gedanken herstellen, den auch ich verlange; er schreibt d^<pl
X^KTpwv 6t60fiuiv t6v ^övt* ^TriKOivov, was allerdings formell noch nicht
genügt.
EBusche: zu Euripides Andromacbe. 459
dasz fiövov hinter bibO^UüV ausgefallen ist. die nrsprflngliche leß-
art war also äixq>\ X^KTpiuv bibii^uiv ^övov övi* ^irtKOtvoVi so
dasz die in v. 125 anaphorisch wiederholte prttp. zn ^övov dvT* inU
KOtvov gehört, der aasfall des ^öVbv, welcher nach der endsilbe
MQN leicht geschehen konnte, wird zur herstellung dee metrums die
weitere Veränderung des teztes nach sich gezogen haben, so erh<
auch TXd^ov' seine richtige erklftrung: das a4jecti? implur. nentr.
steht wie häufig adverbiell: vgl. Bakchai 126. 157. Hipp. 1861.
136. In der zweiten strophe der parodos singt der chor:
Tvu»ei b' oöc' inX g^vac
b^wXc in* dXXoTpiac iröXcoc usw.
an dieser stelle scheint ein glossem in den text geraten zu sein: denn
dir! £^vac hat fast genau dieselbe bedeutung wie dir' äXXoTpCctc
iTÖXeoc, und eine solche Wiederholung des gleidhen gedankens inner-
halb zweier auf einander folgender verse wird man nicht eben schön
finden können, höchst wahrscheinlich ist tn\ E4vac als erklärung
über dXXoTpiac geschrieben und hat später in v. 136 das richtige
wort verdrängt, das letztere ist vielleicht d^t'jxctvoc 'hilflos' ge-
wesen, welches auch Herakl. 329 dei iro6' f^bc faxa TOtc d^rixdvotc
CUV Tqj biKttiip ßoüXcTat 7rpocu)9€X€tv und ebd. 472 die lf\JJif*
&lxf\xavoQ xpricfiujv dKOUcac eijil Kai 9dßou irX^wc in derselben be-
deutung von personen gebraucht wird, während es Hipp. 643 und
Med. 408 im gegensatz zu coqxk steht und sonst wohl nur sächlich
in der bedeutung 'des rates, der hilfe entbehrend' bei Eur. vor-
kommt, ich würde hinter djui^jx^VOC ein komma setzen , so dasz die
folgenden worte b^mc . . cüüv gew isser maszen eine erläuterung des
adjectivums bilden.
In der zweiten gegenstrophe der parodos sagt der chor y. 142 ff.
qpößu) J)'
ficuxiav fiTo^ev ,
TÖ bk cöv oiKTiiJ qp^pouca TUTXdvu) ,
145 \xf\ TTaTc Tolc Aiöc KÖpac
CGI |i' €Ö (ppovoöcav Tbq (elb^i Musgrave).
in diesen werten steht der finale nebensatz jiif) iraTc usw. in keinem
logischen zusammenhange mit dem vorangehenden hauptsatze. denn
da der chor in dem nebensatz die absieht ausspricht, sein mitleid vor
Hermione geheim zu halten, so musz in dem direct übergeordneten
hauptsatze eine möglichkeit, welche zur erreichung dieses Zweckes
dient, jedenfalls aber doch eine hindeutung auf den inhalt des neben-
Satzes enthalten sein, eine solche hindeutung liegt aber in den werten
TÖ bk cöv oiKTiu qp^pouca TUTXdvu) durchaus nicht daher wollte
Wecklein XavGdvuJ für TUTXdvu) schreiben, wodurch allerdings haupt-
und nebensatz logisch in ein richtiges Verhältnis gebracht werden»
aber diese Vermutung entfernt sich zu weit von der Überlieferung,
um auf Wahrscheinlichkeit anspruch zu haben, überhaupt scheint
es nicht angebracht, in dem TUTXdvuJ, in welchem der fehler zweifel-
los steckt, ein verbum von der bedeutung des XavOdvciv zu suchen^
30*
460 KBusche: zu Euripides Andromache.
da sonst der Inhalt dieses Satzes ziemlich derselbe wäre wie der des
vorangehenden hauptsatzes 9Ößiu b* f)cuxiav dfOMCV und somit die
beide sätze verbindende adversativconjunction hi nicht am platze
wäre, ursprünglich scheint vielmehr der satz )üif) naic usw. von dem
hauptsatze f)CUxiotv äfo^ev abhängig gewesen zu sein, und v. 144 eine
weitere ausführung dieses satzes in form einer participialconstruction
enthalten zu haben, dazu passt dasz tö cöv eine etwas unbestimmte
ausdrucksweise ist : man erwartet zu oiKTqj 9^pouca eher einen be-
stimmtem begriff, wie ^dein Unglück' oder dgl. ich glaube deshalb
das richtige getroffen zu haben, wenn ich vermute: TÖbe cöv
oiKTijj (pipouca bucTux^c, jüifi usw. bucTux^c wird nicht selten
substantivisch gebraucht: vgl. Hei. 27. 285. Her. 561. Hik. 483.
Hipp. 637. Iph. Aul. 1342. dasz das hinweisende TÖb€, nachdem
kurz zuvor die leiden der Andromache vom chor genannt sind , sehr
passend ist, bedarf keines beweises.
192 ff. Andromache hält in bittem werten ihrer feindin Her-
mione ihre ungerechte handlungsweise gegen sich vor, zu der sie in
keiner weise veranlassung gegeben habe : denn sie habe weder den
willen noch die mittel die gemahlin des Neoptolemos aus ihrer Stel-
lung zu verdrängen:
etiT*, (b veSvi , tiu c' dx€TTutu XÖTip
7r€lc9€Tc* äTTU)6uJ TVTICIIüV VU|Ll(p€U|üldTUIV;
übe fj AdKaiva tujv OpuTWV pciujv tröXic,
195 Tuxij 9' uTtepeei käjh' ^XeuG^pav öpqlc;
der erste einwurf , den Andromache der Hermione macht, ist klar
und verständlich, ^sollte ich etwa glauben, dasz Sparta geringer an
macht sei als meine (längst zerstörte) heimatstadt?' desto gröszere
Schwierigkeiten bereitet v. 195 der erklärung. die altem hgg. setzen
fast sämtlich an stelle des überlieferten. dativs Tuxi] den nominativ,
gehen jedoch in der erklärung aus einander. Matthiä, Heath und
Reiske bezogen die tOxt] auf das geschick Trojas , allein mit recht
weist Hermann diese erklämng durch die bemerkung zurück , dasz
sich nur aus dem subject des vorhergehenden satzes der genitiv er-
gänzen lasse, also CiräpTTic, diese ergänzung aber dem sinn der stelle
völlig widerspreche. Hermann, Pflugk und Klotz verstehen also das
Schicksal Androroaches selbst, indem sie f| i\xr\ aus dem folgenden
ergänzen, aber so richtig es ohne zweifei ist, dasz in diesem verse
Andromache sich selbst mit ihrer gegnerin vergleicht, so unmöglich
ist doch, zumal da es sich um einen scharf zu präcisierenden gegen-
satz handelt, die ergänzung des pronomens aus dem folgenden,
falsch vergleicht Pflugk v. 126 tViJüOi Tuxoiv sc. Tf)V crjv: denn hier
kommt ein gegensatz nicht in frage, und die ergänzung des pro-
nomens ergibt sich leicht aus dem imperativ. Lenting, der die Un-
möglichkeit dieser ergänzung einsah , hatte schon früher in seiner
ausgäbe seine conjectur TÜxq 0* uircpOei Tfijüi', dXeuBcpöv 6* 6p^c;
aufgenommen , deren erster teil allerdings den sinn im allgemeinen
trifft, deren zweiter jedoch matt und unklar ist. völlig entspricht
KBusche: zu Enripides Andromache. 461
auch der erste teil dem erwarteten gedanken nicht, da Andromache
nur von sich spricht und die beziehung auf ihre gegnerin uns ei^
raten läszt. wir können daher nicht umhin uns dem urteile Naucks,
der die worte tüx'J ö* uircpGei 'graviter corrupta* nennt, wenigstens
teilweise anzuschlieszen. einen versuch zur herstellung der stelle hat
Yon den neuern kritikem meines Wissens nur Herwerden gemacht,
welcher auTf) b' iiip&Qr\c conjicierte. aber von einem verkauftwerden
kann Andromache unmöglich sprechen, da sie ja selbst dem Neopto-
lemos als f ^pac zuerteilt ist. es ist Oberhaupt kaum anzunehmen,
dasz das seltene ÖTiepOei, welches Hesychios anscheinend gerade aus
unserer stelle in sein lezikon aufgenommen hat (I s. 1459 ÖTrepOei'
ÖTTcp^X^i) , nicht vom dichter selbst herrühre, fassen wir nunmehr
zusammen, v^as wir im verlauf unserer Untersuchung Über die stelle
dargelegt haben, so ergibt sich 1) dasz in v. 195 Andromache ihre
eigne läge derjenigen ihrer glücklichem nebenbuhlerin gegenüber-
stellt ; 2) dasz der gegensatz eine ausdrückliche hinweisung auf An-
dromache und Hermione verlangt; 3) dasz uirepGcT wahrscheinlich
ursprünglich ist; 4) dasz der nachsatz dXcuG^pav 6* öpäc matt und
schleppend ist. der sitz des fehlers wird also vorzugsweise in tüxij
und öpäc zu suchen sein, an zwei versstellen also, die in erster linie
der Verstümmelung und der nachfolgenden ergftnzung von Seiten der
abschreiber ausgesetzt waren (vgl. Nauck £urip. Studien II s. 103).
um die richtige lesart zu finden, müssen wir vor allem Kfifi* zu
ÖTTepGei ziehen, also mit Lenting T&p^ schreiben, sodann glaube ich
dasz Andromache im gegensatz zu sich selbst ihre nebenbuhlerin mit
Ta cd bezeichnet, also tu)V coiv 9* UTiepOei rfip' sagt und mit scharf
pointierter frage fortfährt: dXeuG^pa T* if\b\ vers 195 dürfte also
gelautet haben: tOüv cujv 6* UTiepGei Tfijii*, ^XcuG^pa t* ^Tili;
so allein ergibt sieb der geforderte sinn und der richtige anschlusz
an den vorhergehenden satz: 'sollte ich glauben, dasz Sparta geringer
ist als Troja, dasz meine läge besser sei als die deine, dasz ich die
freie sei?'
248. Als im verlaufe des mit v. 245 beginnenden stichomythi-
sehen Wortwechsels Hermione in v. 245 ihren festen entschlusz aus-
spricht Andromache zu töten, weist diese auf das sie beschützende
bild der Thetis hin, worauf Hermione höhnisch erwidert: jiiicoOv T€
Traxpiba cfjv 'AxiXX^uJC qpöviu. jene entgegnet: '€X^vii viv diXcc*,
OUK ifii)^ M^i^^P ^^ ^n- A^ diesen werten hat man mit recht anstosz
genommen: denn nach dem vorausgegangenen '€X^vr| verliert der
gegensatz ^iiTiip bi. crj vollständig seine Wirkung; auch wenn man
mit Hermann aus der Aldina fe für bi schreibt, klingt der nachsatz
matt, dazu kommt dasz in der antwort zu dem vorangehenden
TTttTpiöa cr)v keine beziehung sich findet. Hartman (Mnem. n. s. X
8. 126) vermutete Kuirpic viv ujXec*, ouk tf^y \xT\Tr\p t€ cr|. allein
durch diese Vermutung wird der gegensatz zu dem vorangehenden
verse eher verringert als verschärft: denn da Aphrodite auf Seiten
der Troer stand, enthielte die antwort Andromaches gewissermaszen
462 EBuBche: zu Euripides Andromache.
eine bestätigung der meinung Hermiones , welche jene doch gewis
nicht geben will. FWScbmidt (krit. Studien II s. 34) schlägt daher
vor 'Q^vri viv ujXcc', übe djüioi , firJTiip T^ crj. leichter kommt man
jedoch zum ziel und erreicht zugleich eine genauere bezieh ung zu
dem TraTpiba ciiv, wenn man schreibt *€XXdc viv oiXec'* ouk ifdi^
)üiifJTTip bk crj, so dasz die letzte hftlfte des verses eine erlftutening der
ersten enthält. '€XXäc wird nicht selten personificiert gebraucht,
vgl. El. 1082. Her. 221. Iph. Aul. 411. Or. 1365. Iph. Taur. 338.
1175. 1180.
321 ff. Andromache sagt mit beziehung auf Menelaos:
eÖKXeia b* olc ptv fcx' äXriOeiac ötto,
€Ubai|LlOvi£u) • TOUC b* öitö l|l€ubUüV ^x^iv
OUK dSiuiCU) TrXfiv xuxij cppoveTv boKcTv.
den anfang des zweiten satzes kann man nur mit Matthiä erklären :
TOUC b* UTTÖ ipcubujv fxovTQC OUK dEiüGcuj cCKXeiov ^X€iv. eine
gleiche gedrängtheit der construction ist mir bei Euripides nicht be-
kannt, nur annähernd läszt sich etwa Med. 216 touc ixky öf^idruiV
diTO sc. Y€TtüTac, oder — diese stelle allerdings in anderer art —
Phoin. 714 vergleichen; ob man aber deshalb mit FWSchmidt Stu-
dien III s. 12 eine dreifache entstellung des teztes annehmen und
€ubaiM0vi2[uj t'i 8c b' dirö i|i€ubuüV fx^i, ouk d£iai C9€ schreiben
darf, erscheint mir mehr als zweifelhaft, sicherer ist die corruptel
im schlusz des satzes. schon Dobree fand den gedanken Mie durch
Idgen berühmten erkenne ich nicht an, sondern meine, dasz sie durch
Zufall weise sind' anstöszig, und mit recht: denn der dichter würde
ja so auch den durch ungerechte mittel berühmt gewordenen einen
Vorzug zuerteilen y was doch gewis nicht seine absieht ist. und
wie läszt sich auszerdem der begriff Tuxq mit 9pov€Tv vereinigen?
Dobree wollte daher irXfiv Tuxq bOKeiv juiövov schreiben. Nauck ao.
s. 101 hält nicht nur 9pov€Tv, sondern auch Tuxq für verdorben und
schreibt n\i\v Scov bOKeiv mövov. FWSchmidt, der Naucks ansieht
über die Verderbnis der stelle teilt, will hier wie an andern Euripi-
deischen stellen das sonst bei den tragikem nur in Aisch. Eumeniden
vorkommende cuOevcTv herstellen , indem er vorschlägt iTXf|V rdx*
euOcveiv bOKCiv. ob dies verfahren an den übrigen stellen gerecht-
fertigt ist, soll hier nicht untersucht werden; an unserer stelle er-
regt die einführung dieses verbums deswegen gerechte bedenken,
weil die partikel rdxoi dh. Vielleicht' neben bOKcTv vollkommen
überflüssig ist. einen angemessenen sinn würde die conjectur nur
haben, wenn Tdxa *eine kurze zeit hindurch' bedeuten könnte , aber
diese bedeutung der partikel läszt sich bei Eur. nirgends nachweisen,
sie heiszt entweder ^in kurzer zeit, bald' oder 'vielleicht'.' Schmidts
' man yergleiobe die stellen, wo Tdxa sich findet; ^in kurzer leit*
heiszt 88 Andr. 263. Bakchai 282. 646. 660. 687. 1194. Hek. 1269. UeL451.
£1. 226. Hipp. 9. 182. Herakl. 74. 462. Her. 600. 871. 1084. Hik. 651.
Ipb. Aal. 311. 461. 970. Ipb. T. 782. Kykl. 61. 210. 422. 618. 689. 691.
sowohl wie Xucfcs itmänJ^mi bsäUt wmt
TUXQ nnhallbar «i, «ad zwar ivwiigB, wvQ '« lir ^ cJbi^lO^
wenig T6ffBdb]age, ob äe cöw gpha dn g^lckai tn ote niiiiiit «tf
eignem Tvdieiitt bcfwW. nbvirtdnvgiiBd wirklidieliMihlalttitY
können wir nidit, wonaf dv a dEwiicui gefcftmide llxtiv kiaw%iik
den mit irXifv begimeadea talz anf die cOkUcmi eelbil «atltll ml
die euöaipovia bendaa aad mm die— geduüna «wigfb^wl Mr
q)pov€iv ein sa TÜxg t*— ' »<^'i' ^)vlMim «achea» w«)cImm im mIk
TrXf|v usw. «DgemeaKa aa dea TOtaagebaadoi gtdbatea MMttbltM«!^
meines erschteas will der diditor sagen: *die daf«h «iga« WI<e>KU|f»
keit berOlmiten preise ich glllcklioh, den rahtt d«^«a^pM ^\m\
welche ihn ohne persOnlidieB Terdieast aar iwnk fe0lMiAmi)f[MI j|M-
nieszen, werde ich nicht saerkenneni soadtMra mtrtaiA^ tUuM it« tMH
nar durch die ftgnng des glfickes sdieinbar bMituMl«* ^ \vÄt\m}i^i
Tiixq eii^^ angemessenoi sinn: denn das gltlok UteKl Jd «Wm \\\^ ^
bSrmlichkeit dieser menschen nicht offin itt tegift tr«l«ll ^ «^ \\\m iin
in den angen der menge als eöicXccte geltta. tiMI dl«IK» Htm^whllH
dem dichter nicht als €Öbai)üi0V€C gelten , YMltoht «Itttl ¥l)H HI»IIÜi^;
es dfirfte daher genOgen (p^pctv flir (ppOVitv NM Mhi^th^H) ttW
einen des dichtere wardigen gedanksn htriHiitollMli
350. Andromache weist darauf hin, dAM N^tttoluftHbM ftftl Ihf
von Menelaos und dessen tochter sogsfttgts unfUdbt «yf^h ^ifüliHMMi
der letztem rftchen werde , nnd dasi tf sflslttOM diHIH ¥if tfttbtMti Vim
einer andern passenden heirat fttr sein bind NUiittlH Wt/if^n *
Tttjuei bfe t(c viv; fl ccp* dvavbti^v <v M^m\t
Xiipav KttG^Eeic iroXiöv; J; tXrjMwiV ÄV^ih
KQKÜjv TocouTUiv oOx bpßc iTTippoÄr i
360 TTÖcac fiv eüvdc 6utaT^p' t^bmriü^vtiv
ßouXot' &v eöpeiv f| iraecTv dYW X^Y^' i
die hgg. bemerken richtig, dasz ßoiiXccOai in V. HAI wIm tltiftll: M»i|f,HH
den sinn von jüiäXXov ßoüXEcOat habe, doch knlnur tmli tiliihi«*- n»-
kannt, dasz in v. 350 noch ein fehler enthalten Int. wIn hilttH iImHN
Andromache sagen: wie yiele eben mOohteiit i\\\ wtihl iltttHM ||n
kränkte tocbter lieber finden lassen als das orduldnn wmn IiiIi Nii|fn|
nemlich x^P^v KaO^Seiv ttoXiöv, nachdem sie kurz KU vor Iti v. MI
ihren zweifei geäuszert hat, ob überhaupt jemand diu Uorttilniii* wIsiImi-
heiraten werde? offenbar enthalten diese beiden | anbsn slnsn
Widerspruch, unrichtig würde es sein den fehler in CUf / lu sueben
und dafür etwa ein verbum des aufsuchens sobstituier zu wollen i
denn dann dürfte nicht Hermione, sondern müste laoi i lub-
ject desselben sein, der richtige gedenke wird Tiei hr dl die
leichte Änderung von Tröcac in iroiac hergestellt, i O]
^eine wie beschaffene (dh. hier natürlich wie gerittgaj
du deine tochter lieber finden lassen als erleiden i
610. Or. 133. 1289. Med. 107. 835. Tro. 1278. Phoin. ! •
325, 1. RbesoB 561. 995. die bedentiing ^yielleichl* Ihm •
Hek. 1247. Hei. 1082. Med. 789. Iph. Aul. 987. I4t9* Sh^
464 EBuBche: zu Euripides Andromache.
357 ff. Andromache sagt dem Menelaos, dasz sie sich in gegen-
wart des Neoptolemos freiwillig gegen die beschuldigong Hermione
durch zaubermittel unfruchtbar gemacht zu haben verantworten
werde: ^k6vt€C oök äKOVTec ovbk ßuijüiiot
TTlTVOVXeC aUTOl T^lV blKTlV U(p^£0|ül€V
^v coTci T^lißpoic, olciv ouK dXdccova
360 ßXdßriv Ö9€iXuj TrpocTiOeic* dTtaibiav.
weil man zu Tf)V biKiiv uqpäojiiev die bezeichnung der person ver-
miszt, welcher die genugthuung zu leisten ist, schlug Eirchhoff aOiQ
für auTol vor. gegen diese Vermutung wendet Nauck Studien 11
s. 103 ein , dasz sich die prftp. iy in den werten dv coia tOMßPOic
nicht erklären lasse, dasz dieser ausdruck also nicht ftir irapövroc
ToC NeoirToXdjiOU stehen könne, er hält deshalb an auroi fest und
will in V. 359 TOic coict TttjLißpoiC lesen, allein in erster linie ist
doch Andromache der Hermione selbst, nicht dem Neoptolemos fdr
die gegen sie erhobene anklage eine Verantwortung schuldig ; ausser^
dem ist auToi nach dKÖVTCC überflüssig, wir werden daher nicht um-
hin können Eirchhoffs Vermutung als richtig anzuerkennen. Andro-
mache will offenbar sagen : 'ich werde freiwillig der Hermione genug-
thuung geben, aber nur vor dem richterstuhl des Neoptolemos, der
ja selbst von dem schaden, den ich Hermione zugefügt haben soll,
mitbetroffen wird und deshalb gewis nicht ohne weiteres zu meinen
gunsten urteilen wird.' in diesem gedankengange ist aber die präp.
Iv keineswegs unmöglich, wie Nauck meint, sondern sehr wohl pas-
send : vgl. Soph. Ant. 459 iw Gcoici T^v Mktiv btibceiv. Eur. Hipp.
1320 cu V Iv t' dK€(vifj Kdv dfiol <paiv€i kqköc. fr. 349, 3.
434. Nachdem Menelaos Andromache durch hinterlist bewogen
hat ihren Zufluchtsort zu verlassen, Iftszt er sie fesseln und sagt zum
schlusz: dXX' üpn* de oTkouc toucV, W eic dXeuO^pouc
bouXri T^T^ca imrJTToG' ußpiZeiv fidGijc.
die Vermutung Herwerdens jiriKdO" für prJTroG*, welche Naucks adn.
crit. erwähnt, erscheint mir überflüssig, da Menelaos sich nicht ana-
drücklich auf die voraufgehenden werte der Andromache zu beziehen
braucht , sondern ihr nur den allgemeinen , nach seiner ansieht stets
in gleicher weise gültigen satz einschärft: gegen freie darfeine Sklavin
unter keinen umständen sich übermütig benehmen.
699 ff. Im eingang seiner erwiderung auf die in v. 645 — 690
enthaltene rede des Menelaos tadelt Peleus die bevorzugung der feld-
herm vor den Soldaten: während diese die gleichen mühen und ge-
fahren zu bestehen hätten, ernteten jene allein rühm und ehre. dMui
heiszt es von v. 699 an weiter:
ccjivol V dv dpxaic fijuicvoi KOid tttöXiv
700 9povoOci brJMOU )üi€i2Iov , 6vt€C oubdvcc *
o^i b' eidv aÜTUiv lutupiifj coqmiTepoi ,
cl TÖXjLia iTpocTdvotTO ßouXiicic G' fifio.
an diesen worten hat FWSchmidt ao. U s. 42 begründeten anston
genommen, er hebt hervor, dasz doch nicht allen in amt und würden
^^SobBBIBS Sl fiBXDDttljBi -JDiOEDOHOSlB* ^lOO
hglMiegJaMciitiHmiiiiiiiiiliiiii wiiirtwiijdhnwjiitevflgiifai^ghrtt;;
dem Mi £e mkt^jplhmg mit in bim t. 701 «jfar tingUMihidfct, ^ ^
ach fafmell Tka tftiBr mnf faiBC pfitecc Jb ggf W^^
er hm» moek bomMgan kfimm^ div «oh der WBi^[«ii|g»Mte üft
T. 708 lo^Bok fldbknht m den -vonBi|>ahBDdflB ^eiyiertt Mnclilieit,u
Sdunidt vcnncbt die rteOe n Ihübb, »deai er<J6|m9(d«rdk iTöKX^rf
eiBetit «ad ▼. 701 bd ■ifaraibi:: dK cidv dem mM^ cOfxibt^MM.
aDeiB dieee gevrfttennaii ipderiiHgiB nd oftrtitat «^Ikt «in »&t>
behdf ab cme vaMulie hmhmg^ vmä «im «bkibe wird «lA wsliint
finden iHKa. dam i3agBBBhBn tc» di» f «niitwi nnmttngikMreiten
ist die iteUe hmmöart dadsndi ^mMmg^ dest ew gint «mmmM^
dee ■■■■!■ fhMgii Btebt, da t. TOS C, imirdektn Men« d«n MtM-
laoe «nd Iilibmiiibhi ab bei^iiele Ür die ^ettgte beTOrtng«ing dMr
feldhefnaiifilDiHSxiisnBitUbaranT«6ManM^ lritti«tMrtl
daber aDen gnmd t. 699—703 fllr eine inter^alion M Mten, di«
in nngeedoekter weise dem gedenken, weMmi der ehot im letttMi
staaifliOB ▼. 479 C. amgeaprocb» hal^ wiederhollv neeh evistthM-
diiDg dar Tier Tcne erinlten wir fUr die rede dee Peleus eitte Rhtl-
Hebe sjnmietneefae gliedening, wie eie HBinel *de Sttrip. in «om-
ponendis diTerbiie arte* (Leipiig 1862) e» 69 ff» (ttr die tolrengetielliltt
rede dee Menelaos nadigewieeen hat die rede mrnilU liettiHeb J(§tet
in drei teile, deren erster ana 6 yereen beeteht^ deren t weitet tttid
dritter je 12 verse umfassen, der erste teil etithRlt die eitlleiitttig
der rede, im zweiten spricht Peleu« bittem tadel gegen MeneUos
und dessen tochier ans, im dritten tröstet er Andromaä)e wwA deretl
söhn« höchst wahrscheinlich haben wir übritfen« euch in det- etilen
rede des Peleos von v. 590 — 641 eine ühmiehe gtiederting MtW-
erkennen, denn aoszer den Tersen fi9i— 001^ welnhi! Bchtnt^t Hb.
s. 40 als unecht bezeichnet hat, scheint a\ii)h t. ri()0 |Lltc6dV t( briVttt
^frrroT* elc oTkouc XaßeTv nicht ¥0m dichter nelbsl hi^t-K^iVliht-nti. Ap^Y
vers nimt nemlich in ungeschickter weine dM ¥«irwi*ti WHhIHf t^^intlil
erst in v. 627 ^Xu)V bk Tpoiov, cT^i Y^ip KAvroOMi tiH mif, nhnvtvHbk-
lieh präcisierter wendung kommt; wAhrend er \w v. rtOI (f. Mt<ni*lilHM
tadelt, weil er der Helene wegen den krletf |t«itft»H ttnje Httini-MHHl
men habe, kommt er erst in Y. 627 KU dem nm\ nt^bwumn IH^^Hft^^
dasz er nach der einnähme Trcjas die u»wtlrt1i|(e |ti»mikhilH MtMk iH
tötet, sondern in gnaden wieder angenummeH bAbHi itMH kHWM
dasz der gedanke 'die du niemall wieder in dlil klil MMw Mv-
nehmen dürfen, indem du noch geld lumkll^
gesebmackt ist. wenn wir also ¥. 601*<-ft01 *"
erhalten wir folgende gliederung der redtl ^
—608 und 610—613), dann sweimel 5 m
von V. 627—638 wieder 12 veno und end*
833 ff. Nach dem dritten stasimon tri'
auf, um dem chor ihre angst um die berr*^
466 KBusche: zu Euripides Andromache»
erscheint Hermipne selbst, voller yerzweiflungüber ihr unrecht, und es
erhebt sich jetzt zwischen beiden franen ein strophischer klagegesang,
dessen metrum vorwiegend dochmisch ist. das zweite strophenpaar
lautet :
CTp. ß. €P. Ti hi fLi€ bei cT^pva KaXüiriciv tt^tiXcic;
bf^Xa Kai ä)i(pi(pavf) Kai dKpunTa bebpdKafiev iröctv.
TP. dXT€ic cpövov ^dqiaca currdinui c^Sev;
dvT. ß. €P. Kard jiAfcv oöv ct^vuj batac TÖXjiiac,
&v f peE* d KaidpaTOC ifü) Kaidpaioc äv6pdiiroic.
TP. cuTTVu>c€Tai coi xrivb* djuapTiav ttöcic.
dasz diese Überlieferung sehr corrupt ist, zeigt ein blick auf das
metrum. es haben sich daher auch die kritiker seit Musums be-
müht das versmasz in Ordnung zu bringen, wir können jedoch alle
versuche bis auf Nauck übergehen , da man sich früher lediglich da-
mit begnügte den dochmischen rhythmus in mehr oder weniger ge-
zwungener weise herzustellen , dagegen nicht beachtete , dasz in der
Strophe auch der gedanke, den die hss. bieten, anstöszig ist. erst
Nauck ao. s. 107 erkannte, dasz zwischen der frage 'warum soll ich
meine brüst verhüllen ?' und den folgenden werten 'nicht zu ver-
bergendes habe ich meinem gatten angethan' kein vernünftiger Zu-
sammenhang besteht, und dasz, um diesen zu gewinnen, anstatt
CT^pva vielmehr die accusative hf\\a Kai d)Liq)iq>av{) Kai dKpuirra
von KaXuTTTeiv abhftngig gemacht werden müssen, er scheidet daher
CT^pva aus, auszerdem die werte bebpdKafuev iröciv und in der gegen-
strophe TÖXfiac dv £p€E', so dasz der erste vers der strophe und gegen-
strophe nunmehr aus einem dochmius und creticus , der zweite vers
aus einer daktylischen tetrapodie besteht, richtig ist ohne zweifiel
Naucks annähme, dasz cr^pva als Wiederholung aus dem vorher-
gehenden verse zu tilgen sei , und femer dasz die werte bf^Xa . .
dKpuTTTa und d KardpaTOC ^t^ Kardparoc sich genau entsprechen
sollen ; also ist auch das überflüssige dvOpioTTOtc hinter dem zweiten
KaTdpaTOC mit recht gestrichen, mit den übrigen tilgungen Naucks
kann ich mich dagegen nicht einverstanden erklttren. einmal scheinen
mir die werte bebpdKafuev iröciv für den Zusammenhang notwendig
zu sein. Hermione ist ja nicht aus innerer reue über ihr verbreche-
risches vorhaben, sondern aus furcht vor der räche ihres gemahls in
Verzweiflung geraten, dasz sie also ihre schuld ausdrücklich als eine
an ihrem gatten begangene hinstellt , ist psychologisch durchaus be-
gründet, auch weist hierauf die trOstung der amme cuTTVuiceral
CGI Tr)vb' dfnapTlav ttöcic deutlich genug hin. in der gegenstropbe
läszt sich die Streichung des Wortes TÖXfiac aus innem gründen in
keiner weise rechtfertigen, da das alleinstehende batoc keine be-
ziehung hat; auch gibt Nauck selbst die mOglichkeit zu, dasz hierin
noch ein fehler stecke, wenden wir uns wieder der stropbe zq, so
meint Nauck , dasz die drei a^jectiva bf^Xa . . fiKpuirra direct von
KaXuirreiv abhftngig seien, wftre dies der fall, so würden die werte
bebpdKafiCV ttöciv allerdings zusammenhangslos sein, da ihnen daa
KBuBche: m Eoripidet AndroauMbt« 40T
innere object fehlte, aber können dieee werte ai4bt uriprUntfliuh
Tor den genannten adjectiyen geelaaden baben^ und kftnn uiobli
nach der Umstellung das den soeamnienbaiig vennittolndi und von
xaXthrreiv abhtfngige pronomen & hinter Acpunro aiMgefallim mIn V
ich schreibe also zogleich mit leichter ecbon von Kirebbolf vor*
geschlagener Terftndemng des bAfiäucmv in der stropbe i ti btf fii
bei xoXuiTTetv Tr^irXotc & bibpaK* d|i6v nöctv M|Xa Nol dfiij^upavf)
xod fiKpuirra. um die responiion benmeteUetti braoeben wir in der
g^enstropbe nur zwischen boSac nnd röXfioc den ausfall von Afrtfp
anzunehmen, wie denn auch Ipb« Anl« 470 KaTOCTl(v<IV mit tinifi
c. gen. constmiert wird, so erhalten wir %u aufanK der Nlru|ibe
und gegenstrophe je drei sich genan entsprechende doobiiiieu i deren
zweiter die form der anaklasis zeigt, wie %b, Or# IM),
Auch in den folgenden Tersen llUzt «ich an einseinen stellen
durch unbedeutende ftnderungen dae rersmaex berste) lenf v* Nil ist
wohl als eine logaOdische tetrapodie mit anakrusis ansuselient Vi MIH
besteht ans zwei dochmien; dasselbe versmaes bal/en wir tilTenbai'
auch in dem vorhergehenden Terse anzuerkennen! der freiiieb niubt
ganz unyerdorben erhalten ist, nach den meisten bss. lautet v. HAIi
diröboc, (b q>\k\ dTröboCi V dvraiav usw. nur C und wabrsolMto-
lieh B haben tZi (piXoc fttr tZi (piX\ Mauck wollte hieraus dureb auM-
scheidung der werte tZi iptk' äniboc tv' einen doebmius berstelieni
jedoch liegt far die annähme einer Interpolation dieser werte kein
stichhaltiger grund Tor« ansprechender ist JJergks Vermutung . der
mit umstellang der mittlem werte nnd im aoscblusz an C'jjij liest;
diTÖboc äiTÖboc, d) q)iXoC; V dvraiav, ein Vorschlag den ilermann
und Klotz billigen, vielleicht ist es jedoch nocb geratener, bei den
besten hss. stehen zu bleiben und vor tv' den aus&U des auf Kipoc
bezüglichen pronomens viv anzunehmen , also zu lesen : dnöboc , iL
q)iX', dTTÖboc viv, tv* dvraiav.
846 ff. sucht Hermione verzweifelnd nach einem auiweg aus
ihrer not: oImoi TTÖTfiOU.
TToG fioi TTupöc q)(Xa q)XöE;
TioG b* elc TT^rpac dcpOdf ;
in der ersten frage ist das fragewort noG durchaus am platze ; da*
gegen erwartet man in v. 848 statt der frage *wo kann ich mich zu
felsen erheben?' vielmehr die partikel 'wie', auszerdem ist die Ver-
bindung beider verse durch bi nicht sehr passend , da ja der Her*
mione die eine todesart ebenso recht ist wie die andere, vermutlich
ist das zweite ttoO aus dem anfang von v. 847 durch das versehen
eines abschreibers in den nächsten vers geraten und hat hier das ur-
sprÜD gliche f^ Ttüac verdrftngt; die beiden verse lauteten wohl iroO
iToG MOi TTupöc (piXa (pXöE; i^ ttuic elc n^rpac depGui; so erhalten
wir in jedem verse einen dochmius, dem eine katalektische iambische
dipodie folgt; die werte olfiot TrÖTfiOU sind schon von Hermann und
Nauck als proodos dem System vorangeschickt. — In v. 861 ist wohl
mit Hermann f aiac für tdc zu schreiben und im folgenden verse fltr
468 EBusche: zu £uripide8 Andromache.
das bei <t>6idboc Ik faiac unpassende eiO' är\v mit Seidler depOctf^v.
die drei letzten verse des kommos scheinen gleiohfalls ans vier doch-
mien bestanden zu haben; nur hat man, um den dritten dochmius su
vervollständigen, für ^ir^pac* das compositum buir^pac* herzustellen,
welches nach der silbe AC leicht zu dem einfachen ^ir^pac* werden
konnte, diese verse lauteten also, wie ich glaube : f\ TteuKaev CKdq>0C) |
Sl (oder vielleicht wegen der auflösung der zweiten länge mit Kloti
8) bid Kuav^ac | bienipac* dKidc | irpiüTÖnXooc TtXdra.
946 ff. Hermione warnt die ehemänner, ihren gattinnen den ver-
kehr mit andern frauen zu gestatten:
aiJTQi tdp bibdcKaXoi KaKÜav *
f\ ixiv Ti K€pbaivouca cuMcpOcipei X^xoc,
fl b* d^TiXaKoCca cuvvoceTv aur^ S^Xci usw.
fUr K€pbaivouca in v. 947 hat Nauck ao. s. 119 richtig Kcpbavoöca
vorgeschlagen, auch den bedenken desselben gelehrten gegen die
präp. CUV in cufucpGefpei wird man zustimmen müssen, da in diesem
verse nur 6ine verderberin des Xe'xoc in frage kommt, vermutlich
ist CUV aus dem cuwoccTv des folgenden verses entstanden und da-
für diTO herzustellen, also zu schreiben f^ fi^v Ti KCpbovoOc* diro-
q>i6€ip€i X^xoc.
980. Orestes erzählt, wie Neoptolemos seine bitte ihm die hand
der Hermione abzutreten mit bittem vorwürfen über den matter*
mord beantwortet habe, und föhrt dann fort:
980 fjXrOUV fitv fiXtOUV, CUfiCpOpdc 5* 1^V€IXÖ|LH1V,
CU»V bk CT€pT]8€lC ibX^MnV ÄKUIV TdflU)V.
dasz V. 981 zu den freilich nicht seltenen interpolationen der Andro-
mache gehöre, wie FWSchmidt ao. II s. 46 nachzuweisen sucht, kann
ich nicht glauben, denn das wort dKU)V rechtfertigt meiner ansieht
nach nicht die bedenken, die Schmidt dagegen geltend macht, der
gedankengang des Orestes ist offenbar folgender : 'ich empfand swar
groszen schmerz über die kränkungen , doch ertrug ich ihn im be-
wustsein meiner schuld stillschweigend; dennoch verliesz ich den
ort, wo ich geschmäht wurde ohne mich verteidigen zu kOnnen, un-
gern , da du (Hermione) nicht mit mir gehen konntest, darum nun'
fährt er fort Verde ich dich jetzt, wo es zeit ist, mit mir nehmen.'
so erklärt sich auszer der Verbindung der verse 980 nnd 981 durch
bi auch die partikel oGv in v. 982 , welcher bei ausscheidung von
981 die beziehung fehlen würde.
1005 ff. Orestes sagt, er werde sich an Neoptolemos mit bilfe
Apollons rächen :
dXX' iK T* ^Kcivou biaßoXaic t€ rate dfiatc
KaKu»c öXcTrai • TViÄccrai b* f x^pctv i\xf\v»
^X^pt^v tdp dvbpOjv fioipav clc dvacrpoqrfiv
baifiujv 5ibu)Ci kouk i^ q)pov€iv v^ifa.
dxOpi&v in V. 1007 ist von den neuern kritikem fibereinstimmend
verworfen worden, denn da f x^pav ^fLif|V vorangeht, musi man das
adjectivum auf die persönlichen feinde des Orestes beliehen, wäh-
KBuBohe: 2U Euripides Andromaohe. 469
rend es sich doch offenbar am froTler gegen den gott handelt. Her-
werdens conjeotar C€fivaiv ist von Schmidt ao. s. 48 wegen des
zweiten Satzgliedes koök i^ (ppovelv fi^a mit recht zurttckgewiesen.
man erwartet jedenfalls den begriff 'gottlos' oder 'sohlecht', ob aber
nun akxpiX^v oder dOediv, wie Schmidt Torschlftgt — cadpöc scheinen
die tragiker nicht von personen gebraucht zn haben — oder vielleicht
aach äceßdiv die ursprüngliche lesart war, wird sich kaum entschei-
den lassen, wenn jedoch Schmidt auszer den genannten Vermutungen
auch daran denkt, das kraftvolle fioipav durch das weit schwttchere
fiippova fäfi dvbpuiv Ttetpav zu ersetzen, wird er kaum Zustimmung
finden.
1171 ff. Als die leiche des Neoptolemos gebracht wird, äussert
der eher sein mitgefühl fttr dies unglttck, das Peleus betroffen, in
einem anapftstischen sjstem, dessen zwei letzte verse lauten:
aÖTÖc T€ KaKoTc TT^ifLiaci xOpcac
€ic Iv fioipac cuv^Kupcac.
gegen Klotz' schwachen verteidignngs- oder vielmehr beschOnigungs*
versuch der hsl. lesart weist Nauck s. 1 23 ff. in ausführlicher darlegung
unwiderleglich nach, dasz das homoioteleuton Kupcac und cuv^Kupcac
unhaltbar sei und die beiden verse anszerdem an andern unzuträg-
lichkeiten leiden, die wohl kaum anzuzweifelnden resultate Naucks
sind folgende: 1) entweder Kupcac oder cuv^Kupcac ist unrichtig ;
2) wahrscheinlich ist KUpcac durch den ausgang des folgenden verses
veranlaszt worden, da sich KupcTv mit dem einfachen dativ sonst nicht
nachweisen läszt; 3) statt der Verbindung elc &v fioipac cuv^Kupcac
erwartet man zu cuv^KUpcac einen dativ ; 4) eic Sv fioipac ist ohne
nähere bestimmung unklar, die schaden hat also Nauck richtig erkannt,
die heilung derselben ist ihm jedoch nur halb geglückt, er schreibt
nemlich: auTÖc t€ (oder fiXXoic re) KaKOic irriiLAaci tiXtitcIc | kqiv^
jucipa cuveKupcac. obwohl für den ersatz des unechten tcupcac ein
sicherer anhält fehlt, kann man sich doch mit TTXr)T€lc, worauf auch
Herwerden gekommen ist, einverstanden erklären, da es sehr wohl zu
TTrjjLiaci passt. anders verhält es sich mit Kaiv^ Moipqi, von dem man
nicht einsiebt, wie es aus eic Sv fioipac entstanden sein soll, denn den
eindruck einer groben interpolation macht die letztere, auch Hei. 742
in der form eic tv Tuxiic vorkommende Wendung durchaus nicht,
man wird also zusehen müssen , ob sich nicht ein von cuv^Kupcac
abhängiger dativ finden läszt, der zugleich die bedeutung des eic &V
jLioipac klar stellt, dieser forderung nun wird meines erachtens ge-
nügt, wenn wir in v. 1171 fürKaKOic, welches sehr wohl als glossem
zu TTr^aci in den text gedrungen sein kann, V€Kpijj schreiben und
dies mit cuv^Kupcac verbinden, eic Sv tritt hierdurch in eine etwas
entferntere beziehung zu cuv^KUpcac, es bedeutet 'in bezug auf, hin-
sichtlich', wie zb. Or. 542 TiÖTiixTlC€V elc T^Kva. der gedanke ist
nunmehr klar, der chor sagt: 'du begegnest dem toten in bezug auf
dasselbe gescbick, db. dein eignes geschick ist ebenso traurig wie das
des toten.'
470 EBuBche: zu Euripides Andromache.
1184 f. Der chor stimmt in den wünsch des Peleas, Neopto-
lemos möchte vor Troja gefallen sein , mit folgenden werten ein :
oÖTÖc T* Sv die ^K Tu»v5* ^TijLiaT' äv , T^pov ,
Gaviüv , TÖ cöv b* fjv dbb* Sv curux^CTCpov.
an den werten ibc ^k Tujvb* hahen Nauck und Wilamowitz (anal.
Eurip. 8. 248) gerechtfertigten anstosz genommen : denn bezieht man
Ik TUÜvbe mit dem scholiasten auf die Troer, so fehlt der begriff *im
kämpfe', der nicht fehlen darf, wenn anders das TifiäcOai begründet
sein soll ; faszt man aber Ik TOivb' mit Pflugk- Klotz sSchlich und er-
klärt 'isto rerum statu', so wird das part 6avu)V vollkommen Über-
flüssig; auszerdem vermiszt man ungern eine nähere bestimmungzu
^TifiäT* äv. Wilamowitz' conjectur ouTU) f* (so schon Hermann) fiv
d)C ''CKTUip ^TijLiaT' äv, T^pov ist freilich von FWSchmidt s. 51 als
unhaltbar nachgewiesen. Schmidt selbst bietet zwei vorschlage, deren
zweiter önuic fi viv 6 t€ku)V t* ^TifbiäT' fiv, T^pov usw. ihm am
meisten zusagt, er belegt allerdings im einzelnen die verschiedenen
metrischen und sprachlichen licenzen dieses verses, jedoch erscheint
es bedenklich dieselben in 6inem verse zu vereinigen, da dieser ein
zu holpriges gepräge erhält, der erste verschlag Schmidts 0UTU)Täp
ibc fjpuiC T* ^TijLAäT' fiv , T^pov verdient daher bei weitem den Vor-
zug f nur ist die Veränderung von {ipu)C zu ^k Tuavb' paläographisch
nicht eben wahrscheinlich, ich möchte eher glauben, dasz die ^k
TUJvb' aus iKKpiTÖv y entstanden, also zu lesen ist: outui t' Sv
(oder fäp) fKKpiTÖv t' ^TiinäT* fiv, T^pov usw. vgl. Tro. 1241
ipOia T€ TTÖXeUJV fKKplXOV fbllCOUM^VT].
1186 ff. Peleus verwünscht die ehe seines enkels mit Hermione
als die Ursache seines tedes:
05 irSfioc , 05 TSfioc , 8c r&be buifiora
kqI TTÖXiv djXecac
alai aiai * 05 Trat ,
juriTroTC cOüV Xex^uiv tö bucübvufiov
1190 JjcpcX* iixöv T^voc €lc T^Kva Kai bÖfiOV
fijLKpißaX^cOai
'Cpfiiövac *Aibav ln\ coi , t^kvov ,
dXXd Kcpauvqj TtpöcOev öX^c6ai usw.
die teztesgestaltung dieser verse von Hermann, welcher in v. 1190
ujq)€X' l[io\ T^pac schreibt und demgemäsz cOav Xex^UiV auf Andro-
mache bezieht, ist mit recht von Nauck stillächweigend übergangen,
denn dasz Peleus der Andromache, als deren freund nnd beschützer
er vorhin auftrat, jetzt die schuld an dem tode seines enkels zu-
schreibt, ist ganz unglaublich; auszerdem ist Hermanns erklftmng
der werte *€pMiövac 'Aiöav 'necem ab Hermiona desünatam' schwer-
lich zu rechtfertigen, wir müssen daher an Pflugks erklärung ^de
Atridis lequitur, quibus et Achillis et Neoptolemi mortem impuiat^
jedenfalls festhalten, zugleich aber Bergks conjectur i^ol für das un*
verständliche djiiöv aufnehmen und dies als dativus ethicus fassen.
nur in 6inem punkte weiche ich entschieden von Pflugk ab, darin
FRMfiller: in I^yttM [II 8 S5]. 471
nemlieh, dasi ich den geniiiT *£ppiövac niebt für riohtig haltea kuui*
denn eiimud ist das wort Ton ctBv Xex^uiv » woiu es ds apiM>siti<m
gehdren soll, zu weit entfernt, und dann ist diese apposition fiber-
hanpt ungemein matt und nttchtem. dasn kommt noch der hiatos
zwisehen dfuptßaX^ctat und *€p^idvac. ich glaube daher dass "Cp-
^i6vac eine in den tezt gedrungene erklSrung ist. was dafür ein-
zQsetien ist, iSszt sich natürlich nicht mit Sicherheit angeben; nicht
ganx unwahrscheinlich ist es jedoch, dass der dichter loVToXibdv
sehrieb, womit eine wenn auch nicht notwendige, so doch gana pas-
sende erlftntenmg des ganzen ausdrucks buci(lvu^0v T^oc cu^v Xex«u>v
g^ben und zugleich das hjperbaton erheblich gemildert würde, firei-
lieh können wir auch hier, wie in so Tielen f&llen, die entstellung des
ursprUnglichen teztes nur beklagen, ohne bei der unsollnglichkeit
unserer hilfsmittel jemals auf eine sichere heilung hoffen zu dürfen.
Ilfeld. Karl Busobb.
(48.)
ZU LYSIAS.
Nachdem der Sprecher der dnoXciria bu)pobOK(ac (21) seine
yerdienste um die stadt aufgezählt hat, fkhrt er § 26 fort: dvO* div
d^ac dTtaiTd) vOv Tf)v x&piv^ kolx d£tui, iv toic KivbOvotc d/ytoO TOi-
aim\v TT€p\ äfiüav TviIiMnv ^XOvtoc, öfiäc vuvl iy T(p OoppoX^tp
dvrac iyii. Kai touc iraibac toutouc Ttepl ttoXXoO Troii^cac6ai,
flYOUfi^vouc usw. wenn es auch bei der selbstbe wüsten spräche der
Verteidigung (zb. § 15 und § 22) yielleicbt nicht auffällig wäre, dasz
der Sprecher yon den ricbtem verlangte, dasz sie ihm 'bocbachtung
erwiesen' (Baur), so würde es doch unpassend sein diese hoohacbtung
für seine noch sehr jugendlichen kinder (§ 24 öpq)avouc Kai irarpöc
dTr€CT€pr])Lidvouc auTOuc KaTaXeiqiuü) zu beanspruchen , von denen
sonst nirgends etwas verlautet vergleicht man nun ganz ähnliche
stellen, wo — namentlich gegen ende einer rede — um freisprechung
gebeten wird , wie 18 § 27 fi|Li€ic TOivuv . . diraiToOfiev öfiäc vuvl
TauTT]v ifiv x&pxv , Kai d£ioG|Li€v [xi\ dbiKUüC fmdc dTtoX^cai, dXXd
TTcXu jLiäXXov ßoriGeiv toTc tujv aÖTujv fiCTacxoOci cufiq)0pujv,
ferner 19 § 54 ßouXecOe fifuäc biKaiioc cujcai fnäXXov f\ dbiKioc
dTToXecai, und berücksichtigt man 13 § 63 o\ V auTdiV irepi-
T€v6|LA€voiKaicui6^VTec, oöc outoc jbifcv dn^KTeivc v d)\x&c Kai
GdvaTOc auTtuv KaieTViwcGT] , f] hk vjxx] Kai 6 baifiiwv TrcpiCTrOl-
T]C€ usw., so wird sieb ergeben dasz der ursprüngliche tezt lautete
i^k Kai Touc Tiaibac toOtouc Tr€pi7roif)cai, fiTOU|Li^vouc usw.
schon der gegensatz diri TOiauTatc alTiatc dTiMOi f^v^cOai, Kai
CT€pTi0^VT€c Tiüv UTiapxövTiwv 7t€VT]T€C clvai . . zeigt, dasz TTCpl
iToXXoO TTOiiicacOai hier nicbt gestanden haben kann.
Merseburg. Paul Richard MI^llbr.
472 OCrosius: zu den Aristophanesscholien und paroemiographen.
62.
ZU DEN ARISTOPHANESSCHOLIEN UND PAROEMIO-
GRAPHEN.
Schol. zu Ar. Wespen 603 hat EZacher jahrb. 1887 s. 532 ff.
einleuchtend zergliedert und erklärt; in der erklftrung des irpuiKTÖC
XouTpoO Tr€piTiTVÖ^€VOC schlieszt er sich mit recht der ansieht des
Euphronios an. dagegen beurteilt er s. 532 die paralleltradition bei
den paroemiographen und in den lezika nicht richtig, die betreffen-
den erklärungen des sog. Zenobios und Diogenianos stehen in einer
artikelreihe , die aus einem 1 e x i k o n interpoliert ist ; aus derselben
quelle, nicht aus Aristophanesscholien, haben Photios und Suidas
geschöpft, was Zacher s. 532 anm. 3 über die 'angebliche epitome
des Diogenianos' sagt, ist dem unterz. nicht recht yerstSndlich. sie
soll mit dem Bodleianus des Zenobios Wiel näher' verwandt sein,
näher als mit wem? mit Diogenian? aber der ps.-Diogenian selbst
ist ja thatsächlich eine sonderrecension des vulgär-^Zenobios', and
von dem archetypos dieser handschriftengruppe hängt sicher auch
der Wiener 'Diogenian' ab. man wird fürchten müssen, dasz Zacher
über diese fragen keine bessern aufschlüsse geben kann als FBrach-
mann in den 'quaestiones ps.-Diogenianeae' (jahrb. suppl. XIY [1885]
s. 341 ff.), die er wohl ebenso wenig eingesehen hat wie die andern
arbeiten über die paroemiographen.
Schol. Aid. Ar. Fri. 152 steht zum yerse Kdrui xdpa ß(\|iac fic
ßouKoXr|C€Tai : Kai ßouKÖXr)fLia tö G^XtriTpov. fiic tö, kqI öttiüc f x^J
Ti ßouKÖXriMOt TT^c XuTrr]C usw. die ansieht von Dindorf , dasz Ma-
surus dies scholion aus Suidas entlehnt habe, scheint Zacher s. 536
'noch zweifelhaft', aus Suidas stammt es jedenfalls, wie das ange-
schlossene Babriosfragment (138, 5 Ebb.) zeigt: denn die fabelndes
Babrios (mit den angehängten jiiuOiKd) hat von allen lexikographen
nur Suidas ausgibig excerpiert. die auf der band liegende richtige
erklärung der stelle, welche Zacher vertritt *, konnte er auch *de
Babrii aetate' (Leipziger Studien II) s. 199 finden.
Die frage, ob 'Musurus nicht von eignem zu den ihm vorliegen-
den alten scholien binzugethan habe', läszt Zacher s. 531 unentscbie*
den. jedenfalls finden sich in den Zusätzen der Aldina spätbjzanti-
nische bzw. neugriechische reim- und accentverse , wie schon Haupt
opusc. III 8. 505 geltend gemacht hat: vgl. rhein. mus. XLU s. 417
anm. 1.
* s. 636, 15 ist diroiraTii|iidTU)v für diraTT)|iidTUiv zu corrigieren.
Tübingen. Otto Crusius.
PTrenkel: die begrfindang der «id<m» gegen TheoüniiiMk 478
es.
DIE BEOBÜNDÜNO DEB ENDEIXIS QEOEN THEOEEINES.
Theokrines hat gegen den sohiffMigentttmer Mikon eine phaeis
angestellt, die klage aber doroh ausbleiben bei der Tonmtersaofaung
verfallen lassen ([Dem.] 58, 8). nach dem § 6 oitierten geaett ver-
f&llt er dafür in eine strafe von 1000 dradimen. die £in)Li€Xi)Tcd
ToO ^fiTTOpiou, vor deren fonim die klage gehört, haben aber die
eintraguDg in die liste der staatsaohuldner nicht bewirkt, wahr*
scheinlich auch die basze überhaupt nicht ausgesprochen« diese
pflichtversäumnis ist die Ursache, weshalb sie nur widerwillig (§ 26)
ihr Zeugnis ablegen, als grund der endeixis ist in der klageschrift
nur diese 6ine schuld aufgeführt, nicht etwa noch die beiden andern
§ 14 — 21 besprochenen Schuldposten (§ 22). ebenso wenig stfitit
sich die klage auf das § 11 angeführte gesets', welches redner auf
Theokrines nur in d6m falle anwenden kann, wenn Mikon die aus-
fuhrgesetze überhaupt nicht übertreten hatte (§ 12). da aber jene
phasis nicht zum austrag kam, kann eine derartige sykophantie
eben nur vermutet, nicht aber bewiesen werden.
Es erhebt sich nun die frage, ob die in der regel nur gegen
notorische atimoi angewandte endeixis auch gegen nicht eingeschrie-
bene staatsschuldner zulässig ist. diesem einwände setzt redner § 49
das gesetz entgegen öq)€iX€iv dq)' fjc fiv 6q>\f]i f\ iropaßl) TÖv vö^ov
f\ TÖ qiriqpicfbia. dasselbe enthält dem anschein nach zwei besüm-
mungeU; von denen die eine die andere ausschlieszt: die Verschul-
dung tritt ein 1) vom tage der Verurteilung, 2) schon vom tage der
gesetzesübertretung an. die angeknüpfte bemerkung über die prak-
tische geltung dieses gesetzes macht die Sache nicht klarer: § 49
^ als inhalt wird angegeben äirXübc dirctirc TOtc toioOtoic tiI»v dv-
Gpiiüiriuv |iif| <paiv€iv, el in^ iriCT€U€i Tic aöT$ öciHciv iy ()\xXy T€T€v»)-
)i^va irepl Oüv TroiclTai Tf|v 9dciv. ^dv bi Tic irap* a(nä iroiQ Titiv cuko*
(pavToOvTUJv , fvbciEiv aCiTuiv cTvai xal diratuJTi^v. Lipaius su Meier u,
Schömanns att. process s. 281 bezieht dieses gesetz auf sarttcksiehang der
phasis, wobei er die worte €l |iif) . . q)dav als amschreibung für €t ^f|
cirdEciciv auffaszt. aber redner setzt § 12 dies gesetz dem die Zurück-
ziehung mit 1000 drachmen bedrohenden direct entgegen, die wieder-
holung der worte cuK09avTCl ToOc vauxXripouc in § 10 a. 12, des bloszen
cuKocpavTel in § 11 und 13 ae. macht es sehr wahrscheinlich, dasz dieser
ausdruck wörtlich aus dem gesetze citiert ist. der sinn des gesetzes
musz also doch der sein, dasz gegen den ansteller einer phasis, wenn
er verloren h ritte, eine klage cuKoqpavTlac in der form der endeixis oder
apaß^oge zulässig war. redner läszt diese sykophantie § 12 in dem an-
stellen einer falschen und ganz grandlosen klage bestehen (€l irXcOcavra
aÖTÖv öiKa{ujc oT TTpocf)K€v q)a(v€i xal irpocKaXclTUi), § 18 sogar in dem
bewusten anbringen einer solchen (cuvciöibc dauTi)» cUKOqNXVToOvTl).
die worte § 11 €l )Lxf| . . q>dciv, welche nur vom aufgeben eines zweifel-
haften processes reden, müssen demnach verdorben sein, worauf auch
die schlechte Verbindung des allgemeinen aasdrucks TOtc toioOtoic mit
dem bestimmten el ni\ Tic hinweist.
JahrbQcher für class. philol. 1888 hn. 7. 31
474 PTrenkel: die begründung der endeizis gegen Theokrines.
TToXXaxdic Kai öqpeiXouci tuj bT]jyioci({j Kai ^ktivouciv ol ßouXÖMCVoi
TOic vöjLioic 7T€i6€c6ai, Ka\ toOt* Ö aÜToO toO vöfiou 5f|Xov. wenn
von staatsschuldnern gesagt wird öqpeiXouci TiD biijyiociqj , so ist das
einfach tautologie; um überhaupt einen sinn zu erzielen, musz dafür
geschrieben werden dqpicTavTai twv bii|Liociu)V. aber sonderbar
bleibt, dasz redner nur zu behaupten wagt, das fragliche gesetz werde
0 f t befolgt, die zweite bestimmung nun erklärt Meier de bonis
damnatorum s. 140: «ab eo die^ quo apparet, cognoscitur, eum
TTapaßf^vai tö i|ir)q)icfbia»', eine erklärung die weder dem Wortlaut
entspricht noch den Widerspruch löst. Böckh staatsh. I' s. 458 be-
zieht die erste bestimmung auf vergehen die nicht erwiesen sind
oder erst einer Schätzung bedürfen , die zweite auf solche die klar
und mit einer bestimmten busze bedroht sind, aber einen solchen
unterschied zwischen unmittelbar klaren und erst zu erweisenden
Übertretungen kennt die attische gesetzgebung nicht, allerdings
wird die Strafbestimmung in den meisten gesetzen und beschlüssen
mit der formel öq)€iX^TU) eingeführt, besonders in fällen wo beamt«
eine gesetzliche Vorschrift nicht zur ausführung bringen; aber nur
wenige solcher pflichtversäumnisse können als unmittelbar klar be-
zeichnet werden, zb. im gesetz Dem. wTimokr. 22 iäy o\ irpurdvetc
jLif) TTOiuüCi KttTd Td T€TP<KMM^va Tf)v dKKXnciav i^ ol irpöebpoi
)Lif) xPHM^'^ic^ci KaTd Td T€TpGiMM^va, ö<p€(X€iv . . ebenso CIA.
1 37 f— m 17 ff., ebd. II 578, 25 ff. gerade in einem solchen klaren
fall steht CIA. I 37 f— m 25 die formel eöeuv^cOu), die überhaupt
in voreukleidischen Urkunden ]!nit öq)€iX^Ti)ü wechselt, bei andern
mit ö(p€iX^Ti)ü eingeführten buszen ist zur erkenntnis der schuld eine
gerichtsverhandlung unumgänglich, zb. bei KaKr)TOpia (LjsiaslO, 12.
Isokr. 20, 3) oder wenn jemand auszer zu bestimmten zwecken Öl-
bäume ausgegraben hat ([Dem.] wMakart. 71). in den bezüglichen
gesetzen kann öqpeiX^TUJ nichts weiter bedeuten als ^dv dXip, dTto-
TicdTU). es ist kaum denkbar, dasz eben dieselbe formel bei jenen
von Böckh angenommenen klaren vergehen identisch sein soll mit
fiTifioc fcTU), £ujc &v-^kt(ci). CS ist femer hervorzuheben, dasz wir
kein einziges beispiel einer solchen ohne richterlichen spruch ipso
facto eintretenden atimie kennen, während doch Übertretungen bei
dieser classe von gesetzen gewis nicht minder häufig waren als bei
der andern, demnach wäre eine oft geringfügige pflichtversäumnis
mit dem tode bestraft worden: denn wenn der beamte nicht unmittel-
bar nach der Übertretung sein amt niederlegte, so begieng er das todes-
würdige verbrechen dpX€iv öq)€iXovTa tuj 5T]^oduj, und dieser strafe
zu entgehen gab es kaum eine möglichkeit : denn während der Privat-
mann für seine Übertretung straflos bleibt, wenn sich kein klaget
findet , wird der beamte für seine vergehen von der rechenschafts-
behörde ex officio belangt.
* ähnlich KFHermann-Tbalbeim griech. rechtMltertümer s. 17 anm.l:
'die atimie begann mit dem augenblick, wo die schuld comtatiert war.'
PTrenkel: die begrfindiiiig der eadciiie g^goi TheoknMK. 475
Meier alt. proc 8. 242 (288 L.) findet eine bedfitign« dM von
B9ekh angenommepen rechtssatiee in de« geeete Dem* mTimekr. M,
welches dem 8trm£batz (öqieiXctv xJSac • . ö^fäkhm rtiwpiaovwa
hpojUi&c) die Terordnimg hininfllgt: lood €vb€iEic nöiAir fem «pic
Touc dcgioO^Toc, Ka6dir€p £dtv Tic dpXQ Ö9cOUinf t^i ti|iodi|i.
aber schon die thataache, dass ontcr der gnwien ahl •^«K^fc**' gn-
aetie nur dies 6ine jenen znsaiz enthiltp Iftui annehmen daes es sich
nm eine Tcrschirfende ansnahmfheatimmnng handelt Meier findet
darin dm sinn: endeixis soll stattfinden gemftaz dem geaetSt
welches dies Terüshren g^gen staateachnldner, die ein Mentlidbea
amt bekleiden, festsetst; staaUechnIdner aber werden jene hf mten
im angenblick der fibertietnng« wertgetranrnr acheini mir dia Ibcr-
aetcimg: endenw wie g^gen stnatasdknldner« dh. das sirangs tcr-
fiihicn sowohl wie die sdiwers stnfe, weidm dieaan drairten, aollan
aneh die prjtanen and pfoedroi traCai«' andera bemerimngnn Ibcr
daa Terüshren, wie der i^dkuiw n verfelgai sei« finden sich in
andern geM^tzen: CU. I 77, 18 C ö^cOcim xdUoK bfM«i&C Ittic
tQ 'AOifvoiqi lat Zrvuovvninr abmt ik ^vificä|icvoi toS tcssipionL
peeph. des KephiKf»hon vom > 32^4 (Bfidüi seenL a. 4fi6) d^e-
htiiu . . US ö eG>9woc neu ol nopdpoi Imkmtmtc crinAvnstnik
TirvmcKoyruiy fj a^ot A^oidirinnr« pwph. des Poljrenklen (cbdL
s. ^7 C j Boa vsobmcx ferm • « tiic ßoiAeikanc . • dvo bl nd
TcAietv cic rryi ßovJüfiv. dudb diese nttüae bcraneclMn die
Steuer die rerf olgcng des sUnliklhigen n etlfiihiii% me
nic&u daTcoä, da^ ^Sc; beqnenuir art der YciffiJgnng, dnrdi
lo rfftii betr^i^i. icncr kcnnca wtder Pato^Vleidf ^ der n
de» ULX«%-*u«»'äeiavu ti« j. 402^, nMh Andctk^dm in der teifirt«hnaig
dScsfCf ij-iria^cr. veldtie li»de ^Moad umf§mda macl«n iiiwrlliAe
da»»«» 1 c^i £T JLci trbtii^4M aaisaaJäilen. eine atnae «ftme fidbler*
Hdicn. t'p.n<ii. ^J£ i'jim«fI>T gnisd ^^tgm Bü^üdm dnrtsa^^ de» img'
Ikti» ^«ttruitrt ajtgt nuJjMfjjtdi ^nrjb, daiz ue müt de»
ötar « c>r ^'jn '^"ujttrii«; irt«vi>t: idd^ jn «sniüiag üleirL wtna
T^n oer ul ^tiii»':xit^ n^; <i9ieäe7v iKQf* f|C «nr ^«fdbg 51r cane W
üt.:« TT r> t^fabw: Tigt T9:^»ii«i «13* wfflfrii^pnie gtwnnrig wuden sc^
' t.U£X^-' u' {.»-ir^^ia «joai ^uvx &t jel j:««ü mAurm ^lertleei 3B«r
ivf^t t.»-r 1.-^11 i^ t.4»i!i wTjsuuls. y\f 4iffw i u^Atifw mSnvc mmff^
Uv: «•»M i'i.u r^*. ir.»r «iUKiWfrUl ÜMOS.. -VM v^MlffWSWÜbblii «Oft
trrt..'» V'tv '>'4*' i'i^*^ Zfvn^ wMauUlMiii «ju» «iMan ««« «mdca
476 PTrenkel: die begründung der endeixis gegen Theokrines.
so kann diese unmöglich mit f{ angeknüpft werden, in diesem falle
wäre nur bi am platze in Verbindung mit einer genauen anfzählnng
der hierher gehörigen vergehen, wir müssen demnach die zweite
bestimmung auf die gesamtheit der mit bestimmter busze belegten
Übertretungen beziehen, dann ergibt sich folgender inhalt: die
schuld an den fiscus, welche die atimie in sich schlieszt, tritt in
kraft vom tage der Verurteilung oder Übertretung an, je nachdem
nemlich die höhe der geldstrafe erst vom richter festzusetzen oder
schon im gesetz bzw. beschlusz bestimmt war. es ist klar dasz ein
gesetz dieses inhalts mit aller attischen rechtsübung in Widerspruch
steht.
Ehe ich den versuch mache eine andere deutung aufzustellen,
will ich erst zeigen, in welcher weise redner die Unterlassung der
einschreibung, den kernpunkt der rechtsfj'age^ überhaupt behandelt,
es ist auffallend, dasz diese Versäumnis in der erzählung'(§ 10) mit
keinem worte erwähnt wird, kein wort des tadeis für die pflicht-
vergessenheit der hafenbehörde, keine andeutung des so naheliegen-
den Verdachts, dasz Theokrines selbst sie dazu veranlaszt haben
könnte, allerdings wird schon § 21 unser gesetz verlesen, aber in
der abgekürzten form öqpeiXeiv dqp' fjc &v 2q)Xr) wiederholt,
woraus sich ergibt dasz redner dasselbe hier nur auf den eben vor-
getragenen dritten schuldposten bezieht, am schlusz der beweis-
führung§26 wird nochmals die berechtigung der endeixis aosschliesz-
lich auf die Unanfechtbarkeit der Zeugnisse gestützt, die frage der
unterlassenen einschreibung nicht berührt, auffallend ist femer,
dasz die übrigen zahlreichen und durch Zeugnisse belegten fftlle, in
denen Theokrines eine öffentliche klage zurückgezogen hat, nar bei-
läufig § 32 und 35 bei der Schilderung von Theokrines' leben und
Charakter erwähnt werden, ohne dasz ihre notwendige folge, die
strafe der 1000 drachmen und weiterhin die atimie behauptet wird,
während in der beweisführung noch zwei schuldposten anderer art
ausführlich behandelt werden , die schon sehr veraltet und unsicher
sind. * dasz Theokrines in jenen fällen die bezahlung der strafsumme
unterlassen bat, wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, folgt aber not-
^ die suhald an den eponjmos § 14—18 wird aus einem ehrendecret
der phyle nachgewiesen, diese scbald soll von einer bei der rechen-
Bchaftsablage entdeckten unterschlagan^ herrühren, die entweder Th.
selbst oder sein gleichnamij^er groszvater verübt habe, in -beiden fällen
wäre Th. rechtlich zam ersatz verpflichtet, wenn aber die phyle ihn für
seine bereitwilligkeit zur Zahlung lobt, so wird sie schwerlich eineverpflich-
tung angenommen, sondern die Zahlung als eine freiwillige angesehen
haben, redner hatte schon vor einiger zeit versucht von dieser schnld eine
abschrift zu nehmen, offenbar um darauf eine endeixis zu gründen, bat
aber damals die Sache hierzu nicht geeignet gefunden, bemerkenswert
ist die dreistigkeit, mit der er zweimal (§ 14 und 15) behauptet, Th.
selbst habe die Unterschlagung begangen, während er § 16 zugibt, die
schuld könne auch vom groszvater herrühren, und endlich ans der Ur-
kunde nachweist, dasz Th. für sich und seinen bruder, also anerkannter-
maszen als erben des groszvaters, zahlong versprochen bat. die vor-
PTrenkel : die begründung der endeiziB gegen Tbeokrines. 477
wendig ans der geringfdgigkeit der snmmen (300 nnd 90 dr.), mit
denen die gegn^ die zurücknähme bezahlt haben sollen.
Warum wird nun ein wesentlicher nunkt des thatbestandes Ter*
schwiegen ? warum werden die gleichartigen Tcrschuldungen nicht nur
für die anklage unbenutzt gelassen, sondern sogar nicht einmal als
solche bezeichnet? warum wird die Widerlegung des einwandes oök
£cnv fvb€iEic TOUTWV, öcoi fif| dTT€TP<XMM^vot eictv bis § 48 au%e*
spart? der grund kann nur d^r sein, dasz redner wohl wüste, wie sehr
die atimie der nicht eingeschriebenen zweifelhaft war. darum rflckt
er mit diesem punkt erst dann heraus, nachdem er durch eine grosze
menge von anklagen ßui ToG TrpdrMaTOC bei den richtem erbit^
terung gegen Theokrines hervorgerufen zu haben glaubt.
Er musz ferner selbst zugeben, dasz der nicht eingeschriebene
auf manigfache andere art belangt werden konnte, %idem er § 52
sagt 6 vöfioc (nemlich das gesetz Über anwendung der Tpct(pf| ^pa-
q)tou) IvbeiEiv KcXeuet xal fiXXac TifiUjpiac cTvat. das wort
KcXeuei darf uns hier nicht irreführen: natürlich ist diese behaup*
tung nur eine folgerung des redners aus jenem gesetz über tP<><P^
äTP<x<piou. ein gesetz, welches ausdrücklich die endeixis auf nidit
eingeschriebene anwendet, ist nicht angeführt worden, redner macht
aber keines dieser verfahren namhaft und geht mit einer nichts*
sagenden wendung über diesen punkt hinweg, um nicht das unge*
wohnliche der von ihm gewfthlten klage noch deutlicher zu machen,
nur von der Tpct<pf) difp(iq>\o\) hat er nachzuweisen versucht , dass
sie auf Theokrines nicht anwendbar sei. das betreffende gesetz,
welches verlesen und wörtlich citiert wird , lautet : iäv hi Tic tüjv
öcpeiXövTUJV Tqj öt]|laoc(uj |Lif| ^KTicac tö öcpXima t^ rröXei äaX€iq>6^,
eTvai Kar" auroC töic Tpotcpac toO dTpaq)iou. thatsächlich haben
aber noch andere gesetze über die anwendung dieser klage existiert,
wie aus den freilich teilweise verdorbenen stellen der lezikographen
hervorgebt (vgl. M.-Sch.-Lipsius att. process s. 447 — 449). es ist
schlechtweg unmöglich^ dasz die bezeicbnung dYp<xq)(ou für das ver-
fahren gegen unrechtmäszig getilgte Schuldner erst erfunden worden
ist; vielmehr kommt dieser name ursprünglich nur den klagen zUy
welche sieb gegen den nicht einschreibenden (vgl. die fthnlioh gebil-
deten ausdrücke aXoticu, dvaufiaxiou ua.) oder gegen den nicht
eingeschriebenen (vgl. dTTpocTaciou) richten, es bleibt also nur die
annähme übrig, dasz diese klagform durch unser gesetz auf den un-
rechtmäszig getilgten Schuldner (und den dafür verantwortlichen
beamten) übertragen wird; in dem gebrauch des bestimmten artikels
ist die bezugnahme auf ein älteres gesetz deutlich genug ausgedrückt,
aus dem plural xpacpdc Iftszt sich schlieszen, däsz schon jenes eine dop-
pelte bedeutung hatte, da nun redner nicht beweist, dasz die tP^V^
bringuDg veralteter schulden an den Bscus galt für sjkophantisch (vgl.
[Dem.] wNeaira 6), so dasz redner sich deshalb entschuldigen moss
(§ 19 aa.).
478 PTrenkel : die begründung der endeixis gegen Theokrines.
äxptt^piou in der ersten bedeutang, die einmal bestanden haben
musz, aufgehoben sei, so ist seine Widerlegung des d^m gegner in den
mund gelegten einwurfes hinfällig , wenn nicht gar eine absichtliche
Unterschlagung jenes gesetzes vorliegt, unbefriedigend ist auch die
Zurückweisung des einwurfs § 50. der sinn desselben kann nur der
sein, dasz die gesetzlichen Vorschriften über tilgung von schnldposten
eine einschreibung als notwendig ftir die constAtierung des öq)€(X€iv
voraussetzten (so Rohdewald im progr. v. Burgsteinfurt 1878 s. 11).
redner entgegnet nur, dasz die betreffenden gesetze auf Theokrines
keine anwendung fänden, was selbstverständlich ist; auf die haupt-
sache , die etwa aus denselben zu ziehenden Schlüsse , Ittszt er sich
nicht ein.
Es steht also fest, dasz ein gesetz über endeixis gegen nicht
eingeschriebetfb Schuldner^ welches die atimie derselben ausdrücklich
anerkannte, nicht existiert hat; dasz dieselben vielmehr sonst durch
klagen verfolgt wurden, in denen ihre bürgerliche ehre nicht in frage
gestellt war. es geht ferner aus der matten bemerkung § 49 hervor,
dasz selbst gute bürger eine nicht aufgezeichnete schuld für gewöhn-
lich nicht bezahlten, das gesetz öq>€iX€iv ä(p' f\c fiv öqpXq ist dem-
nach zur zeit unserer rede nicht mehr im gebrauch gewesen, von
der zweiten bestimm ung öcpeiXeiv dqp' f\c &v napaßQ töv vöfiov f\
t6 qirjqpiCjLia ist schon oben gezeigt worden , dasz sie nicht nur den
gesetzgebem dieser zeit, sondern schon im j. 403 dem Patrokleides
unbekannt war. wenn es noch eines weitem beweises bedarf, dasz
auf dies gesetz eine klage gegen einen nicht eingeschriebenen staats-
schuldner sich nicht begründen liesz, so liefert ihn Demosthenes
selbst, indem er dem ankläger für diesen process seinen mächtigen
beistand verweigerte , während er sich vorher bereit erklärt hatte,
zur Unterdrückung des berüchtigten sykophanten Theokrines, zu-
gleich seines erbitterten politischen feindes, die band zu bieten.
So sind wir zu der annähme gezwungen , dasz unser gesetz g^r
nicht die bedeutung hatte , welche redner ihm zuschreibt, erhält
sich an den zu seiner zeit geltenden gebrauch, dem zufolge öqpeiXeiV
(tuj brifiociiu) die atimie in sich schlieszt und 6q)Xq mit KOTOrvui-
c6^ gleichbedeutend ist. hätte er aber das gesetz nicht auf den vor-
liegenden rechtsfall angewandt, so würde wohl schwerlich jemand
auf den gedanken gekommen sein es in diesem sinne auszulegen,
wobei ergänzungen angefügt werden musten, die dem Wortlaut mehr
oder weniger widersprechen, bei der allgemeinheit der ausdrücke
ist folgendes wahrscheinlich, wenn die zweite bestimmung von der-
jenigen Veränderung des rechtszustandes handelt, welche aus der
Übertretung eines gesetzes bzw. Volksbeschlusses entsteht, so musz
die mit f{ gegenübergestellte erste bestimmung auf diejenige bezogen
werden, welche aus der Verletzung der bedingungen eines fiscaliscben
kauf- oder pachtgeschäfts erwächst, in dieser bedeutung ßndet sich
(Lq)Xov in der bei Dem. wPantainetos eingelegten klagformel : 22 fßXa-
i^i )Li€ NiKÖßouXoc . . ä(p€X^c6ai KcXeOcac . . tö äppjpiov toO ^oO
PTrenkel: die begründnng der endeizis gegen Theokrinet. 479
ok^TOu , ö f (pcpe KaraßoXfiv tQ iröXet toO jutetdXXou . . Kod alrtoc
£|iol T€vöfLi€voc ^TTP<K<P^vai tö SmXoOv Tip bimoc(i(i. 26 Kol iir€i-
bf| (Ziq)Xov ^T^ T^i ÖTifioctq!. worin jene mit öq)€(X€iv beseiohnete
Terftnderang des rechtsznstandes bestand, Uszt sich freilich nur ver-
maten. sobald der pächter oder kftofer von Staatsgut seinen eah-
hmgstermin nicht innehielt, konnte gegen ihn jederzeit die iqM>grapha
eingeleitet werden. Yielleicht war in einer frühem periode das
nemliche verfahren zulässig gegen den Übertreter einer gesetzlichen
Vorschrift, auf deren Verletzung eine bestimmte geldstrafe stand, und
die clause! in dem beschlusz über masz und gewicht aus späterer zeit
(Böckh staatsh. 11' s. 318 fif.) öcpeiX^TUi . . Kai iS^crui f| dTüOTpcKpfj
irp6c toGto tö äpfvpiov t([) ßouXofii^vifi ist ein nachklang aus dieser
zeit, die atimie der staatsschuldner war keineswegs eine uralte
attische einrichtung. dasz sie vielmehr erst im laufe des fünften jL
aufkam , musz aus dem amnestiedecret vom j. 403 geschlossen wer-
den: denn in dem gleichartigen volksbeschlusz aus den Perser-
kriegen, auf den der Verfasser sich bezieht, war diese dasse von
atimoi noch nicht enthalten.
Noch einige bemerkungen über die einschreibung des zu einer
geldstrafe verurteilten, der name desselben und die höhe der summe,
wahrscheinlich auch das vergehen, wurden vom geriohtsvorstand
aufgezeichnet (Lysias 9, 6. Andok. 1, 79), worauf das document
zur abschrift an die finanzbeamten gieng. diese Übertragung ist es,
welche mit dTTP<i<p€iv^ seltener mit iinTP<i(p6tv (Andok. 1, 77.
Aischines 1 , 35) bezeichnet wird , nicht etwa die von den schätz«
beamten selbst bewirkte eintragung in ihre listen, für letztere gilt
der ausdruck ^KTpäqpeiv (Andok. 1 , 77 {^ €l Tic fif) iiCfp&xpr] : die
hier vorgeschlagenen änderungen sind nicht notwendig). Böckh ao.
I' s. 189 und Schömann att. process s. 743 (960 L.) halten nun
diese Übertragung an die schatzbeamten für eine pflicht des gerichts-
Vorstandes, bei genauer prüfung der einschlägigen stellen erscheint
diese meinung nicht als haltbar.
[Dem.] wTbeokr. 19 f. Theokrines vaterist in einer klage
äq)aip^c€UJC verurteilt und hat daher an die staatscasse die gleiche
summe zu bezahlen wie an den privatkläger. es ist ihm aber gelungen
den Vertreter der gegenpartei, den logographen Etesikles zur Unter-
lassung der dTTP^^pn zu bestimmen, redner findet etwas unrecht-
mäsziges nur in dieser Verabredung , durch welche dem Staat eine
busze entgieng; daran dasz die einschreibung von der obsiegenden
partei vollzogen wurde hat er nichts auszusetzen.
Dem. wBoiotos vom namen 14 f. Mantitheos bestreitet seinem
halbbruder das recht zur führung des gleichen namens und führt
aus, wenn derselbe in einer öffentlichen klage verurteilt sei, könne
man nachher aus der eintragung in die schuldnerliste nicht ersehen,
welcher bruder gemeint sei. der einwand, dasz alle wüsten, wer den
process verloren habe, sei nicht stichhaltig, denn diese erinnemng
vf^erde mit der zeit schwinden, selbst bei einer btiO) i£o!6kt\c^ wo
480 PTrenkel: die begründung der endeizis gegen TheokrineB.
der kläger öffentlich erkläre, dasz er sich nicht gegen den echten
Mantitheos wende ; werde er doch durch Vollziehung der dTTpot^ii^
vielleicht bewirken, dasz dieser als Schuldner angesehen werde.
[Dem.] wNikostr. 14 f. (NiKÖCTpatoc) iTTpa<P€i Tiji biifLtociuj
dTTpöcKXiiTOV il djLiq}avüjv KaTacrdceiüc dTTißoXriv. die folge einer
biKT] dTTpöcKXiiTOC , Welche Apollodoros verlor, war die, dasz er so-
wohl an den fiscus wie an den kläger die summe von 610 drachmen
zu zahlen hatte (§ 15). wahrscheinlich ist die annähme von Lipsius
(att. process s. 1016 — 1019) , dasz die Verurteilung zu dieser busze
(dTTißoXr)) in einem förmlichen process eic dfiqpavtJüv KardcTaciv
erfolgte.
Aus den angeführten stellen ergibt sich, dasz bei dqpaipccic,
dEcuXr] und überhaupt in privatklagen, in welchen zugleich auf eine
busze an die staatscasse erkannt wurde, die dTTP<x<pn sache des
k lägers war. es wäre aber unrichtig anzunehmen, dasz dies deshalb
geschah, weil in civilklagen überhaupt die ezecution dem kläger zu-
kam, jene vergehen können allerdings nur vom benachteiligten ver-
folgt werden, aber sie verletzen ebensowohl Staats- wie Privat-
interesse, die berechtigung jener zusatzstrafe begründet Demosthenes
wMeidias 44 f. in folgender weise: TTdv6' 6ca Tic ßia2[öfi€V0C irpdrrci,
Koivd dbiKrijuaia kqi KOid tujv ßiw toö TrpdTMOTOc övtiwv f|T€i8*
6 vojLioedTTic Kai TÖv jufcv ireicGdvia Ibiac, töv bk ßiacOdvra
briiLiociac beicGai ßorideiac. wenn also die dTTpoKpr) überhaupt
pflicht des gerichts vor Standes war, muste sie es auch in diesem
falle sein.
Aber nur in einem vereinzelten falle wird, so viel uns bekannt,
die einschreibung der behörde als Verpflichtung auferlegt, das betref-
fende gesetz, einlage in der rede gMakartatos 71, handelt von der
ausgrabung von Ölbäumen, es heiszt darin: ÖTOU b* dv KaTaTVUicGQ,
dTTpa^övTWV o\ fipxovxec, npöc oOc dv ^ f| biicii, toTc irpdKTopciv,
ö Tip bTijLiociui TiTveTOi- 5 W ttj Gctjj titvctoi, toTc TOfiiaic tuiv ti)c
GeoO. ddv bi ju^ dTTpdq}UJCiv ; auTol 6q)€iXövTU)V. der grund ist
klar, es wird nemlich für den kläger zugleich eine hohe belohnung
ausgesetzt, es war daher leicht möglich , dasz jemand zur klage
schritt, dem nur an dem gewinn der prämie lag, die bestrafung des
Übertreters aber gleichgültig war. ein solcher mochte wohl, wenn er
seinen gewinn eingestrichen hatte, sich um die einzeichnung der
fiscalischen busze nicht weiter kümmern, um nun auf jeden fall der
staatscasse ihre ansprüche zu sichern, müssen die beamten selbst
die einschreibung ausführen.
Aischines 1, 35: gesetz über das verfahren gegen unbotmftszige
redner im rat und in der volksversamlung. die pro^droi sind be-
rechtigt solche mit einer epibole bis zu 50 drachmen zu belegen;
falls härtere strafe nötig erscheint, haben sie auszerdem die sache
dem betreffenden plenum vorzulegen. Kai iäv KaTaTVUicOi) aOtoO
KpußÖTiv i)iri<pi2[ofLtdvuJv, dTTP<XH^dvTUJV ol npöebpoi toic irpdKTopciv.
dieses auszerordentliche verfahren bei Strafverhandlungen in rat und
PTreukel: die begründang der endeuds gegen Theokrines. 481
ekklesie beweist nichts für die praxis bei regelrnftssigem prooess vor
einem gerichtshof.
[Dem.] wAristogeiton 1, 28. der beklagte hat der bypoihesis sn«
folge drei geldstrafen verwirkt : die eine fdr den verlast einer TP<3U(rfk
iropavöfiUJV, die andere fttr den einer nicht näher bezeichneten klage,
die dritte, weil er wie Theokrines einen prooess nicht za ende ge-
führt hat. zwei dieser buszen sind, da sie nicht bezahlt waren, nach
der neunten prytanie verdoppelt in die listen der Schatzmeister der
göttin eingetragen worden, redner sagt daher von Aristogeiton :
äir€€XoiviCM€VOc iraci toic dv t^ iröXct biKaioic, ifvwccci biKacni-
piuav Tpidiv, ^TTpoKPTl O^CfioOeTuiv, ^T^pqi irpoKTÖpuiv. wollten wir
mit Böckb staatsb. I' s. 459 die £TTpct<pf| 6€CM08€TU)V für einen
bloszen vermerk derselben in ihren aoten ansehen, so wftre sie mit
der Yvuicic biKacTTipfou identisch , die wichtige einschreibnng bei
den Schatzmeistern aber gar nicht erwähnt, nach dem oben belegten
gebrauch des aasdrucks dTTP<i<p€tv musz die erste iTfpa^f{ die über*
gäbe von dem gerichtsvorstand an die praktoren, die zweite die ttbex^
Schreibung von den letztem an die Schatzmeister bedeuten, der rhetor
scheint also die ^TTpo^PH ^ür ein geschäft der beamten zu halten,
richtig ist das für den dritten schuldposten, wo kein kläger vorhanden
war. aber wir würden den unbestimmten und ungenauen ausdrücken
des rbetors zu viel gewicht beilegen, wollten wir dasselbe für die
tpaq)f) irapavöfiu)v annehmen/
Es ergibt sich also, dasz es mit ausnähme einiger gesetzlich be«
stimmter fälle , unter die vielleicht die phasis zu rechnen ist, sache
des obsiegenden klägers war, nach fäUung des Urteils die einschrei-
bung bei den praktoren zu vollstrecken, der dem angeklagten un-
parteiisch gegenüberstehende beamte konnte weit eher bewogen
werden diese handlung zu unterlassen, als der ankläger, dessen trieb-
feder doch in den meisten fällen persönliche oder politische feind*
Schaft war. bei der epibole sowie bei der strafe von 1000 drachmen
für Zurückziehung einer klage war natürlich die behörde allein zur
£YTP<^9n berechtigt, dasz diese im letztern fall sehr häufig unter-
blieb (wTheokr. 10. 32. 34), beweist, wie wenig verlasz auf die
beamten war.
^ entschieden unrichtig ist es, wenn vom urteil dreier gerichtshöfe
die rede ist, während doch im dritten fall ein solcher gar nicht zu-
sammengetreten war.
Zerbst. Paul Trenkel.
64.
ZU CICERO DE NATURA DEORÜM.
II 31 praesertim cum is ardor, qui est mündig non agüatiM ah
alio neque externo pulsuy sed per se ipse ac sua sponte moveabuir. nam
quid potest esse mundo välentius , quod peüat atque moveat cährem
eum^ quo iUe teneatur? der ablativ mundo ist unverständlich, wäh-
482 AGoethe: zu Cicero de natura deomm.
rend im allgemeinen über den sinn der ganzen stelle kein zweifei
obwalten kann. Baibus sagt: 'der reine feuerstoff der weit bewegt
sich selbst, er bedarf zu seiner bewegung keines äuszem anstoszes:
denn das was diesen anstosz geben könnte mttste stärker sein ak
jener welterbaltende feuerstoff; dergleichen aber kann es in der weit
unmöglich geben.' wir haben im groszen und ganzen dieselbe argu-
mentation wie II 44. der gedanke , dasz die weit den feuerstoff be-
wegt, ist offenbar verkehrt in einer beweisfQhrung , welche darthun
will, dasz sich letzterer selbst bewegt, man musz deshalb annehmen,
dasz entweder in vor mundo ausgefallen ist oder , was viel gröszere
Wahrscheinlichkeit für sich hat, dasz Cicero seinen griechischen ge-
währsmann falsch übersetzt hat. derselbe scheint gesagt zu haben :
Ti Toö KÖCfLtou IcxupÖTepöv dcTiv; Cicero machte den genitiv toO
KÖcjiOU von dem comparativ IcxupÖTcpov abhftngig, wlübrend doch
der sinn der stelle die abhängigkeit des genitivs von dem fragepro-
nomen Ti verlangte : 'was in der weit ist stftrker', nicht aber *was
ist stärker als die weit'.
Aus Schwenkes verdienstvoller mitteilung und vortrefflicher
bearbeitung der Ciceroexcerpte des Hadoardus ergeben sich für den
text von Cicero de natura deorum einige notwendige ttnderungen.
I 10 hatte ich in meiner ausgäbe (Leipzig 1887) die lesart der
A-classe auäares aufgenommen ; die lesart von B und F audorüaies
verdient offenbar den vorzug. auch Hadoardus fand in seinem
ezemplar auäoritates. dieses wort bietet einen bessern gegensatz
SU raiionis momenta als das concrete audores; im folgenden satze
wird es durch audoritas wieder aufgenommen; endlich sieht man
leichter ein , wie aus auäoritates^ der lesart des archetypus, auctores
entstehen konnte, als das umgekehrte.
II 147 ex quo videlicä, quid ex quibusque relms effieiatur . .
idque ratione conduditnus usw. billigt man die lesart der A-classe
videlicd^ so ist der satz nur dann verständlich, wenn man mit Vahlen
nach effieiatur eine Ittcke constatiert und annimt, dasz ein wort wie
cognoscimus, itidicamus oder etwas ähnliches ausgefallen sei. dessen
wird man ül}erhoben, wenn man statt viddicd die lesart der B-classe
(BFM) videmus aufnimt, welche auch Hadoardus bietet, videre hat
ja bekanntlich oft die bedeutung von cognoscere^ intMegere. es fragt
sich, wie die differenz in der Überlieferung der beiden hs8.-clas8en
hat entstehen können, und diese erwägung scheint uns darauf zu
führen, dasz Cicero geschrieben hat: ex quo scilicet videmus. der
Schreiber von A fand in seinem ezemplar scUicd über videmus ge-
schrieben , hielt dasselbe für eine correctur von videmus und machte
daraus viddicd, während der Schreiber von B das übergeschriebene
scüicd entweder ignorierte oder scüicd in seinem ezemplar überhaupt
nicht vorfand.
Glooau. Alfred Ooethe.
HlCagnas: in CatnUiB [e. 119]. 48$
65.
ZU CATULLUS.
MiiiUushcmu) 68^ N(Mo^ nequeteeummMush(nM €8^2^
descendü: Naso, müUus es et paihicus.
80 ungefähr lautet Catulls epigramm (112) auf einen nnbekanntm
Naso nach der besten Überlieferung: in t. 1 ist es statt est eTidente,
est gut wahrscheinliche besserung der Itali (ob im alten Veronensis
der h^ameter mit hämo abbrach oder mit uBTerstttndlichem homoque
schlosz, mag als unwesentlich dahin gestellt bleiben), was diese bei-
den Zeilen bedeuten sollen, wissen die erklSrer heute ebenso wenig,
wie vor Jahrhunderten Mnret, der ehrlich erklftrte: *boc epigrammate
turpem aliquam libidinem Nasoni obiid constat: quae tarnen cuius-
modi Sit non intelligere me ingenne fateor/ was dem Naso Tor-
geworfen wird, sagt ja paüiicus. wenn aber dieses obscene wort
als äTrpocbÖKliTOV an den schlusz gestellt ist, so sehen wir hierin
gerade einen fingerzeig, dasz im yorhergehenden nicht eine unT er-
hüllte zote, sondern nur eine Zweideutigkeit stecken kann —
andernfalls würde ja der dichter die Wirkung des schluszwortes
pathicus selbst zerstören, schon darum darf man descendü nicht
obscen fassen, noch weniger schreiben qui ie scmdU oder quin te
scindat (wie bestechend diese conjectur Haupts auch ist), dasz jene
Zweideutigkeit und damit die spitze des epigramms yielmehr in
muUtiS steckt^ zeigt die dreimalige affectvoUe Wiederholung, aber
worin besteht diese pointe? die reichen samlungen der neuern inter-
preten sagen uns genau, wie das gedieht nicht erklärt werden darf.
ein positiver ertrag fehlt fast ganz, ich wenigstens finde hier nur
zwei brauchbare notizen. 1) fin/uÜus kann von jemand gesagt werden,
der seinen mitmenschen ^zu viel, dh. Iftstig' wird — besonders
durch geschwStigkeit: vgl. Afranius 202 B. muUa ac mdesta. Plau-
tus Men. 315 (313) haminem muUum et od%os%Mn (mehr bei Baehrens
comm. in Cat. s. 602. Kühner gr. II 177). allerdings tritt an allen
diesen stellen zu muU%is eine nähere bestimmung; aber eine solche
ist möglicherweise auch hier in dem kolon neque . . descendü vor-
banden. 2) descendere hiesz, auch ohne jeden zusatz 'auf das forum
hinabsteigen' und allgemein *in publicum prodire' (Bentlej zu Hör.
epist, I 20, 5 ; Baehrens ao. citiert noch Gronovius obs. III 12). zu
dem collectiven muUus homo descendü genügt es auf Kühner gr. 11
47 f. zu verweisen: der Singular war ja hier wegen des scharf
pointierten gegensatzes müUus homo — negue muUus homo absolut
notwendig, so weit wäre alles in Ordnung: Naso, du bist ein un-
ausstehlicher Schwätzer, und nicht viel leute mögen dir auf der
strasze das geleite geben (denn du marterst jeden begleiter durch
dein endloses geschwätz: man denke an des Horatius schreckliches
abenteuer, als er auf der sacra via lustwandelte; vgl. Cat. 98, 5 si
nosomninovisomnesperdereyVetti,hi8cas). aber nun weiter, dasepi
484 HMagnns: zn Catullus [c. 112J.
gramm schlieszt : multm es etpathicus. hier muUus wieder =» loquax
fassen; so dasz in dem distichon nur der simple gedanke steckte
^Naso ) du bist ein greulicher schwStzer und zugleich ein ekelhafter
lustknabe' heiszt dem dichter ein epigramm zutrauen, das gar keins
ist. es fehlt jede witzige pointe, denn zwischen muUus und pathicus
gibt es keine innere logische Verbindung, und doch wird in den
schluszworten offenbar das eine durch das andere ntther bestimmt,
auf die richtige spur fUhrt eine versprengte notiz von BBurj in
Bezzenbergers beitragen VIII (1884) s. 329: ^es liegt nahe zu ver-
muten, dasz uns hier ein altes participium von malere vorliegt, das
in frühern zeiten in nichtgebrauch geraten ist, aber sich ausnahms-
weise in obscenem sinne <=» fututus erhielt.' aber weder hat jemand
diesen wink beachtet, noch hat der Verfasser seinen einfall begründet,
noch hat er angegeben, an welcher stelle dieses obscene muUus ein-
zusetzen wäre, prüfen wir also das einzelne, die bildung müUus
B» mölüus ist offenbar im einklang mit den Sprachgesetzen: vgl.
colo — cuUwm^ adolesco — aduUum — aduUus^ addUo — aduUum,
weiteres material bei Kühner gr. I 75 f. 493. ist nun mvUus neben
molitus in allgemeinerm gebrauche gewesen und nur zufällig sonst
nicht bezeugt? oder hat Catullus die form neu gebildet? diese
fragen lassen sich natürlich nicht mit Sicherheit beantworten, ich
würde mich am liebsten für die zweite möglichkeit entscheiden, der
witz wird so drastischer und Iftszt sich etwa mit der Wirkung ver-
gleichen^ die in modernen komischen gedieh ten auffallende, durch
ungewöhnliche formen und Wortbildungen erzielte reime ausüben.
Wurde aber Catullus von seinen lesem verstanden, wenn er
muUus «= fututus setzte? eine kurze musterung des Sprachgebrauchs,
die uns leider in etwas unsaubere regionen führt, läszt darüber keinen
zweifei. Petronius Sat, 23 B. cinaedua . . super inguina mea diu
muUumque frustra moluit. Ausonius epigr, 67 (Schenkl) Orispa
tarnen cunäas [sc vener es\ exercet corpore in uno: deglubü^ fdUUy
molitur per tUramque cavemam. ebd. 93, 3 cum dabü uxori
molitor tuus et tibi aduUer, Hör. sat. I 2, 34 non äliemis per-
meiere uxores. ebenso bei den Griechen: Theokr. 4, 58 tö T€pöv-
Tiov f\ f>* in juuXXei (vgl. schol. dazu), es war im altertum nicht
anders als heutzutage : in den ehrbarsten und unschuldigsten Wörtern
fand man, wenn man nur wollte, die bösartigsten zweideutigkeitA.
eine sehr erbauliche blumeniese gibt Cic. epist. IX 22. interessant
für unsem fall sind besonders in § 4 die worte in verbis honesHs
ohscena ponimus . . *hattuit\ inquit, inpudenter; ^depsü* muUo in-
pudentius: atqui neutrum est ohscenum, dasz hattuo und depso (dieses
übrigens mit molere zusammengestellt von Varro sat, 331 B. ied tibi
fortasse alius mdit et depsit) einen sehr unanständigen, allgemein be-
kannten nebensinn hatten , wissen wir nur aus der Cicerostelle und
aus Catullus 74, 3 patrui perdepsuit ipsamuxorem (vgl. dolo Mart.
VII 67, 3. dedolo Apul. met, IX c. 7. ähnlich caedo^ percido ua.).
über die stelle, wo dieses doppelsinnige muUus einzusetten wäre,
HMagnas: ta GatnUns [e. 11t]. 485
scheint kein zweifei gestattet, denn einerseits ist bis sn der zweiten
anrede Naso alles klar, anderseits soll in den schloszworten muttus
durch pathious offenbar seine erklSrang and n&bere bestimmnng er-
halten, also: Naso ist mtdttM als loqwMß^ er ist mMus auch als
patMous* durch das dazwischen tretende kolon neque . • descendU
sollte znnftchst ein misverstBndnis des ersten muUus Terhtttet wer-
den, anszerdem benutzte aber der witzige dichter die gute gelegen-
heit und brachte ganz nebenbei durch den gegensatz muUtsa hämo es
— neqtie muUus homo est eine neue hübsche pointe an. ich halte
meine deutung für ganz sicher, sie erst macht aus den beiden rfttsel**
haften zeilen ein wirkliches, ja, wenn man den blossen wortwitz als
berechtigt anerkennt, ein gutes epigramm. auf ähnlichen Wort-
spielen beruhen übrigens viele epigramme Martials. so ist ein lieb-
lingsthema der doppelsinn von ficiM 'feige' und 'geschwflr' (I 65.
VII 71), von gaUus 'bahn', 'Ghtllier', Wersohnittener priester der
magna mater' (XI 74. ni 24, 13. Xm 63,2). vgL IE 67, 10. VU 7ö.
Xn 39 ua.
Ein kleines bedenken bleibt noch zu erledigen, die schlusz-
worte fnuUus es etpcUhicus haben nach obigem den sinn: Naso, du
bist muUiis 'und somit, das heiszt' eiik pathieus. nun ist ja sol-
<;hes ety das einen ausdruck alsepezegesean den vorhergehenden
anknüpft, nicht unerhOrt; es ist sogar bei Ovidius sehr beliebt (vgl.
fnet. III 204 domum et regälia tecta. IV 757 Änäromedan et ttmti
praemia facti. IX 92 iotm/m aidumwwm ei mensas secundas usw.).
aber Catullus kennt einen derartigen gebrauch sonst nicht (vgl. auch
Cat. 83, 6 hoc est), dieser anstosz schwindet, das verbttltnis von
multus zu pathictis wird noch klarer, die ganze pointe des epigramms
tritt noch schärfer hervor, wenn wir annehmen , Catullus schrieb :
MuUus homo es^ Naso^ neque tecum muUtis homo est qui
descendit: Naso^ mültüS es: ES pathious!
Berlin. Huao Mäonus.
66.
ZU DEN FRAGMENTEN DES LIVIUS.
KEGeorges war der ansieht, man könne die bei Nonius s. 194, 20
erhaltenen worte auratae vaginae^ aurata haUea UUs erant bei Livius
IX 40, 2 hinter den worten duo exercUus erant einsetzen, da Nonius
ausdrücklich Livius Villi citiert und die worte in das 40e capitel
des 9n buches hineinzupassen scheinen , so habe ich mich in der zs.
f. d. gw. 1884 jahresb. s. 106 dahin ausgesprochen, dasz diese an-
nähme einiges für sich habe, sie hat aber doch wohl mehr gegen
sich, die Scheidung der müUes in aurati und argentati (§ 3) ist,
wenigstens nach der uns vorliegenden Überlieferung, nur von den
mit gold oder silber ausgelegten Schilden hergenommen; daher sollte
man meinen, dasz dieses hauptunterscheidungsmerkmal, welches der
Schriftsteller selbst durch die genaue beschreibung der schildform
486 JHMüller: zu den fragmenten des LWius.
hervorhebt und auf das er nach erwfthnung der übrigen, wie man
doch wohl annehmen musz, bei allen kriegern gleichen waffenstttcke
zurückkommt, nicht an zweiter stelle genannt wurde, sondern an der
spitze stand, und umgekehrt sollte man nicht meinen, dasz gerade
vagmae und haUea, die unwichtigsten stücke der rüatung, voran-
gestellt oder, wenn sie bei allen kriegern Suszerlich gleich waren,
von den übrigen armaturstücken überhaupt getrennt worden seien»
die ebenfalls bei allen kriegern gleich waren, man müste denn
glauben , es habe hier der begriff Vergoldet' hervorgehoben werden
sollen, so dasz eine gradatio ad minus stattfände: 1) etwas was bei
allen vergoldet war; 2) etwas was bei den einen von gold, bei den
andern von silber war ; 3) etwas was weder golden noch silbern war.
das wäre gesucht imd unnatürlich, zumal vaginae und haUea^ weil
vom Schilde bedeckt, sehr wenig in die äugen fielen, war es einmal
auf äuszern glänz abgesehen, so konnte mit den helmen und bein-
schienen eine ganz andere Wirkung erzielt werden, und da die argen"
tati sogar weisze rocke trugen , so läszt sich annehmen , dasz auch
vaginae und haUea^ wenn dieselben eine besondere Verzierung hatten,
bei ihnen eher argentcUa als aurata waren, endlich ist nicht zu über-
sehen , dasz das fragment sich eine änderung gefallen lassen müste :
auf duo exercUus erant könnte nur auraiae . . iis erant (nicht Ulis
erani) folgen ; ja bei der voranstellung würde man sogar omntbus
{amnium) oder utrique {utritisque) erwarten, nach dem gesagten
musz ich es ernstlich bezweifeln , dasz Oeorges dem fragment im
texte des Livius den richtigen platz angewiesen hat, obwohl sich
gerade hier ein äuszeres merkmal (homoioteleuton) für den ausfall
der Worte anführen liesz.
MHertz in diesen jahrb. 1862 s. 710 nahm das fragment für
Livius Andronicus in anspruch, und Lucian Müller ebd. 1866 s. 566 f.
pflichtete ihm darin bei. später änderte der letztere seine ansieht
und bewirkte durch die entschiedenheit seiner spräche , dasz auch
Hertz wankend wurde und die möglichkeit zugab, dasz die worte
dem T. Livius als eigentum angehörten (s. LMüUer der satumische
vers s. 110; MHertz opusc. Oell. s. 91 anm.). Hertz hatte schon
früher auf eine stelle in dem genannten 40n capitel des Livius hin-
gewiesen , wo die Worte vielleicht eingefügt werden könnten , eben-
dieselbe stelle wählte dann auch LMüller ; und zwar schlug Hertz
mit einer ergänzung vor: . . adderent, auraiae vaginae y aurata
haltea iUi$ erant, (jargentatae vaginae^ argentata haUea his^y tttnicae
usw.; LMüller mit einer ergänzung und unter hinznfügung eines zweiten
fragments : . . adderent. ^sed maxime eguitum fades oculos m se
convertUcy auraiae vaginae ^ aurata haltea Ulis erant et equarum
aurata tapeta, tunicae usw. an dem umstände, dasz beide gelehrte einen
ergänzenden zusatz gemacht haben, ist gewis kein anstosi zu nehmen ;
im gegenteil, es wäre ein höchst auffallender, höchst merkwürdiger
Zufall, wenn einzig und allein jene sechs Wörter zugleich in den hss.
des Livius ausgelassen und bei Nonius erhalten wären, ja man kann
JHMüUer: zu den fragmenten des Lmoe. 487
sagen, dasz die annähme einer Ificke an wahraoheinliehkeit gewinnt^
je gröszer sie gewesen sein musz; ist doch VUU 23» 2 von Madvig
und IX 39| 4 von Hertz eine solche Ittcke ttberzeugend nachgewiesen
und sehr glaubwürdig auf den ausfiftll eines blattes im arohetjpns
zurückgeführt worden, aber freilich eine gröszere Ittcke ist in dem
40n capitel, um das es sich allein handeln kann, gewis nicht anzu-
nehmen; indicien fttr eine Ittcke sind in dem Liviustext Überhaupt
nicht Torhanden; so wird durch die Torgenommenen ergftnzungen
meines erachtens jede hoffiiung beseitigt, den platz, an welchem
jene worte einst gestanden haben, und ct. die fitssung der stelle,
an die sie gehören, auch nur mit einiger Sicherheit zu bestimmen.
Gegen die Ton Hertz Yorgeschlagene ergSnzung spricht am lau*
testen, dasz das pronomen Ms von dem ihm unzweifeUbaftgebtthrenden
platze just an den entgegengesetzten pol verschlagen ist. nun liesze
sich ja der ergänzte teil auch voranstellen, in dieser fassung:
« • adderent. (his argefUatae vagtnae^ argeiüata haUea^y auratae
vaginae, aurata haUea iüis eraniy iunicae usw. ; aber dasz die argmiaii
Yoranstehen, ist dem tenor der stelle zuwider, auch fühlt jeder, dasz
so das wOrtchen HUs ganz unangemessen gestellt ist. ein aufmerk-
samer leser erkennt ja aus dem in der bedeutung liegenden gegen-
satze zwischen argentaius und aiwratua^ dasz hinter dem ersten tiattea
eine cllsur stattfindet; aber der schriftsteiler würde sich die mOglich-
keit einer Unklarheit vorzubeugen gewis nicht haben entgehen lassen,
wenn es auf so einfache weise geschehen konnte, indem er Hdia vor
auratae stellte oder wenigstens beide male ein d hinter vaginae ein-
fügte, und nicht weniger spricht der umstand gegen die ergSnzung,
dasz Ms und iUis keine klare beziehung auf das vorhergehende haben,
die sie übrigens auch entbehren würden, wenn man das fragment mit
der angegebenen ergänzung hinter duo exercUus erant einsetzen wollte.
Die ergänzung LMüllers ist noch weit mehr zu beanstanden.
ich will kein groszes gewicht darauf legen, dasz man, wenn hinterher
die equites besonders hervorgehoben werden, vorher eine erwfthnung
der pedites erwartet; auch nicht, dasz der Schriftsteller neben den
Pferdedecken an den reitem selbst gar zu unbedeutende waffenstücke
hervorgehoben hätte; auch nicht, dasz im verlaufe der Schlacht von
samnitischer reiterei gar keine rede ist. wichtiger ist, dasz auch hier
die änderung von iUis in iis notwendig wfire und dasz die Verbindung
(His erant equorum aurata tapeta wenigstens etwas auffallendes bat ;
natürlicher wäre jedenfalls et eguis aurata tapeta^ wie denn das zweite
fragment in seiner Originalfassung erafht et equorum waiwrata tapeta
eine weit bessere form des ausdrucks zeigt, als ihm Müller durch die
zusammenschweiszung mit dem andern verliehen hat. aber das ver-
fahren selbst, zwei von verschiedenen Schriftstellern überlieferte
fragmente ohne weiteres zu verbinden und , da das eine mit eramt
schlieszt, das andere mit erafht beginnt, eines dieser beiden erant aus-
zulassen, erscheint mir so willkürlich, dasz die darauf gebaute hjpo-
tbese mit allen aus ihr gezogenen folgerungen als hinflülig gelten
488 JHMüller: zu den fragmenten des Livias.
musz. dasz zwei schriftstell er ^ welche angeblich dieselbe stelle ex-
cerpieren, jeder gerade nur die eine hälfte der fraglichen Wörter aus-
wählt, mag mit dem verschiedenen zwecke erklärt werden, den sie
verfolgten (der eine wollte ein beispiel fttr haUea^ der andere für
tapeta) ; dasz aber der eine bei erant schlosz , der andere mit erani
begann, ist unwahrscheinlich, weil der zweite, wie gesagt, mit der
irrtümlichen loslösung des erant aus der construction , in welche es
gehörte, die form des ausdrucks verbesserte, ftlr die anfügung läszt
sich tlberhaupt nichts weiter vorbringen, als dasz auch hier das wort
aurata (oder vielmehr inauratüy denn so ist überliefert) st^ht und
in unserm 40n capitel von aurati müttes die rede ist. wenn es durch-
aus ein fragment des Livius sein sollte , dann sind doch wahrhaftig
bücher genug verloren gegangen, in denen die wort-e irgendwo ge-
standen haben könnten.
Ich glaube, dasz weder das eine noch das andere fragment dem
Livius gehört, nirgends hat Livius bei beschreibung der kriegeri-
schen ausrUstung eines der drei stücke genannt, der ausdruck haUea
kommt bei ihm gar nicht vor; vagina findet sich Einmal in einem
prodigium (XXI 62, 5); ebenso hat er einmal tapetibus (XL 24, 7);
Sättel oder pferdedecken werden an keiner stelle erwähnt, ob Livius
hältea und nicht vielmehr haUei gesagt hätte, kann zweifelhaft sein
{hältei bei Tacitus, Fronto, Vitruvius, Trebellius; bäUea bei Varro,
Plinius, Florus); aber aus tapetibus kann geschlossen werden, dasz
er nicht tapeta^ sondern tapetia gesagt haben würde, und liegt nicht
(mit änderung von inaurata hinter eguorum zu aurata) in den worten
- s^ - v^ erant et equorum aurata tapeta ein makelloser hezameter-
ausgang vor? wenn also von den drei hss. die eine dieses fragment
dem Livius , die zweite dem Vergilius , die dritte dem Lucilius zu-
schreibt und notorisch, wie L Müller selbst hervorhebt, die beiden
namen Livius und Lucilius in den hss. wer weisz wie oft mit einander
verwechselt sind, dann war wohl kein grund vorhanden, HKeil einen
Vorwurf daraus zu machen, dasz er in seiner ausgäbe der GL. IV
8. 129, 39 und 542, ö den namen Lucilius in den tezt gesetzt hat,
auf den das metrum, dünkt mich, deutlich hinweist, und so glaube
ich denn auch, dasz sich Hertz durch L Müller in seiner ansieht nicht
hätte sollen wankend machen lassen, ich unterschreibe und wieder«
hole, was er ao. s. 710 gesagt hat: Won einer solchen lücke ist bei
Livius nirgend eine spur zu entdecken, und der epischen färbung der
werte entspricht ihr satumisches masz, das bei einer kleinen Umstel-
lung durchaus untadelhaft ist:
aurdtaS taginae, bdltea aüräta
Ulis erant,*
Summa summarum, ich bin fest überzeugt, dasz ich, auf Hertz*
Untersuchung fuszend, die beiden stellen mit fug und recht nicht
unter die fragmente des T. Livius aufgenommen habe.
Berlin. Hermann Johannes Müller.
MKiderlin: su Qirintalianmu 499
67.
ZU QUINTILIANUS.
m 6, 2 qtu>d fu>8 statum^ id quidam constitutionem uocamif
alii quaestionem^ älii quod ex quaestione appareat^ Theo*
dorus Caput t idestxBgxxlaMvyBvixdxcnovy adquodreferanturamma.
das vor K€(pdXaiov Y^viKidrarov stehende id est berechtigt entechie-
den zu der erwartung, dasz eine lateinische Übersetzung der von
Theodorus gebrauchten griechischen benennong yorausgehe. durch
Caput ist jedoch nur KcqpdXaiov, nicht aber TCVtKtbTOTOV ttbersetzt«
dieses bedenken hat man teils dadurch zu beseitigen versucht, dasz
man generale capui schrieb, teils dadurch dasz man t€VtK(£iTaTOV
strich, obwohl es in allen hss. steht, dasz weder das eine noch das
andere das richtige heilmittel ist, läszt sich aus Qnint. selbst mit
bestimmtheit nachweisen. LSpengel hat sich (de artium scriptoribus
8. 184) mit groszer entschiedenheit' ftlr Streichung des monstrOsen
T€ViKU)TaTOV als einer glosse erklttrt. aber wegen seiner monstrosität
braucht man das wort nicht zu entfernen : HMejer hat schon darauf
hingewiesen , dasz es bei den griechischen rhetoren mehr als Einmal
vorkommt, dasz die Superlativbildung selten und aufiallend ist,
macht es gerade unwahrscheinlich , dasz ein leser das wort hinzu-
gefügt habe, nun kommt aber noch hinzu, dasz es wirklich rhetoren
gab, welche das, was Quint. siaius nannte, durch K€q>dXaiov {capud)
allein nicht genügend bezeichnet glaubten, es läszt sich dies schlieszen
aus § 21 id (sc. statum) si quis generalem quaestionem ud caput
generale dicere malet ^ cum hoc mihi non erU pugna, dasz auch
Theodorus Status nicht durch KeqpdXaiov {capui) allein bezeichnet
bat, geht unwiderleglich hervor aus folgenden stellen: III 6, 51
Theodorus quoquCy ut dm, isdem generalibus capüibus utüur: an
Sit? quid sit? quäle sit? quantum sit? ad aliquid; Hl 11, 3
has (sc. summas quaestiones uocat) Theodorus^ utdixi^ capita gene-
ralia, sicut Utas minores aut ex iUis pendentes specialia und
III II, 27 Theodori schola^ ut dixiy omnia refert ad capita. his ptura
intelleguntur : uno modo summa quaestio^ item ut Status, aUero ceterae^
quae ad summam referuntur usw. die letzte stelle beweist zunächst,
dasz Theodorus Status und summa quaestio nicht identificiert hat.
so erklärt sich auch, wie Quint. 6, 36 denselben unter denjenigen
aufführen konnte, welche nur zwei Status annahmen, und doch 6, 51
schreiben konnte: Theodorus quoque, ut dixi, isdem generalibus capi"
tibiis utitur: an sit? quid sit? quäle sü? quantum sit? ad aliquid,
unter generale caput ist eben nicht der Status, sondern die summa
quaestio zu verstehen, aus den drei stellen zusammen im zusammen-
hält mit in 11, 1 f. ergibt sich dasz Theodorus auch nicht etwa das
caput generale und das caput speciale als species des Status angesehen,
sondern dasz er den Status als etwas drittes neben jene beiden ge-
stellt bat. er unterschied also nach Quint. dreierlei: den stattM (wel**
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft 7. 32
490 MEiderlin: zu Quintilianus.
eher sich aus der summa quaestio ergibt) , die summa quaestio und
die minor quasstio, alle drei nannte er capüa (KeqpdXaia). wenn er
nun, wie aus 11, 3 hervorgeht, die minor quaestio mit cap\d speddU
(KeqxiXaiov eibiKÖv) , die summa quaestio mit caput generale (Kcqpä-
Xaiov T^viKÖv) bezeichnet hat, so kann er doch nicht das dritte, den
statuSy durch K€q}äXaiov allein bezeichnet haben; es bleibt für sto^iis
also nichts anderes ttbrig als Keq)dXaiov T€ViKUiTaTOV. an eine Strei-
chung von T€ViK(JüTaTOV ist also nicht zu denken. — Aus meinen
bisherigen ausführungen dürfte bereits klar geworden sein , warum
ich auch den von Begius gemachten verschlag generale caput zu
schreiben , welchen viele von den frühem hgg. , auch noch Burman,
Gesner, Spalding und Wolff befolgten, für unannehmbar halte. Theo-
dorus verstand ja unter generale caput nicht den staJtus , sondern die
summa quaestio, — Was zu caput hinzuzusetzen ist, steht schon in
den hss., aber an falscher stelle, was sollen denn die werte ad quod
referantur omnia bedeuten? zu der griechischen benennung des
Theodorus können sie natürlich nicht gehören, an der stelle, an
welcher sie stehen , können sie aber auch nicht einen teil der latei-
nischen Übersetzung bilden, auch einen causalen relativsatz kann
man nicht in ihnen sehen, und doch müssen sie in irgend einer be-
ziehung zu der benennung des Theodorus stehen, ich halte eine Um-
stellung für notwendig, wenn wir schreiben: Theodorus caput ^ ad
quod referantur omnia^ id est xBtpaXaiov ysvnuixaxov ^ so kann
man die werte als eine Umschreibung von T^viKUiTaTOV betrachten. *
Quint. hatte Y€ViK(£iTaTOV zu übersetzen ; zu einem Superlativ genera-
lissimum aber konnte er sich nicht entschlieszen. was sich nicht
übersetzen läszt, musz umschrieben werden, dasz die werte aber
eine zutrefifende Umschreibung von T^ViKoiTaTOV sind , geht hervor
ans 6, 21 Uermagoras statum uocat . . ad quem prohationes etiam
partium referantur und 11, 8 ^edf siciU^ cum sintpiures quaestiones
omnesque suos Status habeant^ causae tamen Status unus sit^ ad quem
referuntur omnia, — Bei der bisherigen Unklarheit über die anf-
fassung von generale caput haben den erklärem die verschiedenen
ut dixi Schwierigkeiten gemacht, ihre beziehung ist aber klar: ut
dixi von 6, 51 bezieht sich auf 6, 36, wo Quint dem Theodorus
bereits die nemlichen fünf hauptfragen zugeschrieben hat; ut dixi
von 11, 3 auf 6, 51; ut dixi von 11, 27 auf 11, 3.
III 6, 25 f. alii nouem dementa posueruni: personam^ in qua
de animOy corpore^ extra posUis quaeratur, quodpertinereadconieäurae
et qualUatis instrumenta uideo: tempuSy quod ^^vov uocant^ ex
quo quaestio , an t5, quem^ dum addiäa est^ maier p^pert/, seruus Bit
natus: locum^ unde controuersia uidetur^ an fas fuerit t^annum in
^ Qernhard ist bereit« auf diesen gedanken gekommen, ohne jedoch
an eine Umstellung zu denken; an ihrer bisherigen stelle aber können
die Worte unmöglich ro aufgefaszt werden, durch das komma, das
Zumpt zwischen KcqxiXatov und TEViKUbraTOV gesetzt hat, wird gar nichts
gewonnen.
MKiderlin: zu Quintiliamif. tf 1
templo occidere^ an exulauerü gut dornt kduü: tempus Uerum^ quod
TuciQov appeUant: hanc autem uideri uciunt spedem ülius tempariSy
ut aestatem wH hiemem^ huic subi&iur Hk in pesHknüa camisatar:
actum j id est nQu^iv^ quod eo referuni^ sciens oammiaeriianinsciens^
necessüate an casu^ et täUa usw. im Jahrgang 1886 dieser zeitechrift
s. 126 habe ich nachzuweisen versucht, dasz qwdam zwischen uideri
und uölunt eingesetzt werden musz. es scheint mir aber noch ein
anderer fehler in diesem satze zu stecken. Quint. begnügt sich nicht
mit einer bloszen aufzShlung der von manchen rhetoren aufgestellten
neun grundbegriffe, sondern er sucht uns durch hinznfttgung von
begri^erklärungen und beispielen klar zu machen, was unter jedem
derselben zu verstehen sei; nur bei dem letzten — guod est a/per^m^
quam ut nd interpräandum ud exemplo sü demonstrandum — h<
er dies für überflüssig, die werte sciens commiserU an insdens^
necessitate an casu geben nun offenbar zwei beispielOi die uns klar
machen sollen, was unter actus oder irpäEic zu verstehen ist» können
aber diese beispiele durch die werte j^immI eo re/erMH^ eingeführt wer-
den? Baur übersetzt sie ^worunter sie verstehen', das kOnnen sie
aber nicht bedeuten, übersetzen wir sie aber *wa8 sie darauf be« .
ziehen' oder Vas sie dahin rechnen', so sieht man dasz sie nicht
hierher passen, ich glaube dasz entweder guod zu streichen oder
^t40 re/erun^ zu schreiben ist: dahin rechnen sie die fragen%
ob jemand es absichtlich begangen hat oder unabsichtlich, ob not*
gedrungen oder zuflülig, undfthnliche. wenn wir so schreiben,
so schlieszt sich auch et üüia besser an als bei dem bisherigen texte.
III 6, 36 idem Theodorus^ qui de eo an sit et de accidentibus
ei, quod esse constat^ id est ne^l ovalag Kai avfißsßtinovfov eoßisti-
mat quaeri, es scheint mir beachtenswert zu sein, dasz A nicht cuji-
߀ßriKÖTUJV, sondern cujußeßriKÖciv gibt, die buchstaben civ stehen
allerdings auf einer rasur, wie auch die buchstaben ouciacKaicu, aber
es ist alles von der ersten band geschrieben, mag der Schreiber
griechisch verstanden haben oder nicht, in beiden fHUen wäre es auf*
fallend , wenn er civ statt tu)v geschrieben hätte, aber auch an un-
serm texte ist etwas auffallend, irepl cujißeßriKÖTUJV ist durch de
accidentibus vollkommen ausreichend übersetzt: vgL § 56 quam per
accidentiaj id est xara aviißeßfiTwg uocoit. warum hat Quint. ei, quod
esse constat beigesetzt? diese werte weisen deutlich daraufhin, dasz
Theodorus zu cujLißeßriKÖTUJV einen dativ hinzugefügt hat. welcher
es war, wird sich schwerlich mit bestimmtheit feststellen lassen, die
Überlieferung von civ durch A läszt an oOciv denken, dieses wort
würde auch zu der einteilung des Theodorus passen, denn nach der
ansiebt desselben ist gegenständ der Untersuchung entweder das sein,
dh. ob etwas ist oder nicht ist {status conieäurälis) oder das dem
* man könnto anch denken an ^uo ea re/emn/ (worunter sie solche
fragen rechnen): vgl. § 36 de eo an sil, aber ein solches auf die fol-
genden fragen hinweisendes pronomen scheint mir hier doch überflUssig
zu sein.
32*
492 MEiderlin: zu Quintilianus.
fieienden zukommende, dh. wesen, qualität, quantität und beziehung
von seiendem {quid^ qualCy quantum^ ad aliquid) : vgl. § 56 hac inter-
pretatione: an iUi accidat uiro hono esse uel malo, wer oOciv ins
lateinische übersetzen will, ist zu einer Umschreibung genOtigt, weil
es ein part. praes. von esse nicht gibt, in den worten ei quod esse
constat kann man eine Umschreibung jenes part. sehen, auch nepl
ouciac hat Quint. umschrieben (durch de eo an sit), weil der lat.
spräche ein ihm zusagendes subst. von esse fehlte: vgl. § 23 ovalav,
quam Plautus essentiam uocat {neque sane aliud est eitM nomen
kUinum)^ sed ea quaeritur an sit, wenn Theodoms wirklich oöciv
geschrieben hat, so hat Quint. allerdings bei seiner Übersetzung den
numerus geändert, dies hat er sich jedoch auch in § 56 erlaubt,
wenn er Kard cufißeßnKÖc' übersetzt durch per accidentia. wer
jedoch auf die beibehaltung des numerus wert legt, wird ÖVTi statt
oSciv einsetzen müssen.
III 6; 37 in duo et Posidonius diuidit^ uocem et res. in uoce
quaeri putat 'an significet^ quid^ quam mulia^ quo modo*: rebus con-
iecturam^ quod xar aia&rjaiv uocat ^ et qualitatem et finitionem^ cui
nomen dat xar swoiav^ et. ad aliquid, die ed. Gryph. hat zuerst in
auch vor rebus gegeben , wie es vor uoce bereits in den hss. steht,
seitdem hat sich die präp. vor rebus in den ausgaben erhalten; nur
HMeyer , Halm und Meister haben sie beseitigt , weil sie hsl. nicht
beglaubigt ist. es ist aber der blosze ablativ hier doch etwas auf-
fallend, ich habe aber noch ein anderes bedenken : es scheint mir
nemlich auch das verbum quaeri gar nicht zu conieduram zu passen,
ich glaube daher, dasz zu schreiben ist: rebus contineri con-
ieduram usw. (vgl. § 42 ^t^ diam cderi Status contineri dicuniur
und § 44 contineri putat). contineri konnte leicht ausfallen, weil
man von dem ersten con auf das zweite con leicht abirren konnte.
III 6, 45 f. itaque dixerunt coniecturalem, legalem^ turi-
dicialem^ qui d Verginio placent,* horum deinde fecerunt species^
ita ut legäli subicerent finitionem d alios^ qui ex Script o ducuntur^
legum contrariarum, quae avxivofiia dicitur^ d scripti d sen-
tentiae uel uoluntatis^ id est xara ^rjxov %al dicrvoMrv^, d luxd-
XrjilfiVy quam nos uarie translatiuam^ transumptiuam^ trans-
positiuam uocamuSy avUcytafcdv*, quem accipimus ratio cinati-
' 80 steht in den hss. die ed. Stoeriana hat zuerst cufißcßnKÖra
gef^ehen. wenn überhaupt eine änderang notwendig wäre, so würde ich
lieber accidentia in accidens ändern, denn während in § 36 unter acci-
dentibus mehreres zu verstehen ist {gnidy quäle ^ quantum^ ad atiquid)^
handelt es sich hier nur um t^ines, die quaiiias. * auch dem auctor
ad Herennium: vgl. 1 11, 18 coniecturalis y legitimay iitridicialüt. * hier
ist in den ausgraben von Halm und Meister, jedenfalls aus versehen, die
interpunction wegi^cblieben. auch in § 103 fehlt in beiden ausgaben
das vor et praeterea notwendige komma. * wie hier, so wird auch in
§ 48 tyllogismoft mit griechischen buchstabcn zu schreiben sein (in den
hss. sind ja oft griechische Wörter lateinisch geschrieben), dafür spricht
sowohl id esif was Quint. gewöhnlich gebraucht, wenn es sich um eine
MKiderlin: zu Qnintilianiii« 493
uum uel collecHuumy amhiguitatia^ ^^ioe ififp^ßoHa nominahir*
beim ersten lesen des § 4Ö Mit es auf, dasz Ton den fünf arten,
welche von manchen rhetoren als legtües quaesHones bezeichnet wur-
den, die drei ersten durch et yerbundeUi die beiden letzten aber ohne
conjunction angereiht sind, warum diese unregelmäszigkeit? dazu
kommt ein anderes bedenken, horum bezieht sich offenbar auf cofi-
ieäurälem, legalem, itmdicialem. es flUlt nun auf, dasz in dem mit
ita ut angeknüpften satze nur von 6inem staitus^ dem legdUs^ die
species angegeben werden, von den beiden andern aber nicht,
warum hat Quint. nicht legalis deinde fecenmt species y Ua iä ei
usw. geschrieben, wie § 66? es ist wohl zu beachten , dasz iianU
nicht bedeutet ^so zum beispieP, sondern *in der weise dasz'; wir
sind also wohl berechtigt zu erwarten, dasz uns in diesem satze
species von allen drei Status mitgeteilt werden, es drftngt sich da-*
her der gedanke auf, ob nicht vielleicht die zwei letzten ohne et an-
geknüpften arten als species der beiden andern Status anzusehen sind.
aus § 43 {amhiguitatem uero semper coniectura expUcari neeesse
sü) geht hervor, dasz manche rhetoren die ambiguitas unter dem Status
conieäurälis begriffen haben; aus § 88 (et aii^ißoXbx^ quae semper
coniectura explicatur) sehen wir, dasz auch Quint. selbst die ambi-
guitas mit dem st. conieäurälis in Verbindung gebracht hat. es wird
also vor amhiguitatis einzusetzen sein coniecturali. — Wenn wir
ferner VII 10, 3 lesen: scriptum et uduntas de eo disputat ture^ quod
est in lege^ Syllogismus de eo, quod non esty so werden wir uns
nicht wundern, wenn manche rhetoren den syÜogismus nicht unter
den Status legalis rechneten, wo sollen sie ihn aber dann unter-
gebracht haben ? das ^können wir schlieszen aus § 62 : ALhutius
eadem diuisione (sc. qua Hermagoras) usus därahü translationem^^
subiciens eam iurididali. in legdtibus quoque quaestionibus nulOMm
putat esse, qui dicatur ratiocinaiiuus. hierzu spricht Spalding die
Vermutung aus, dasz Albutius den syUogismus dem Status scripti et
uoluntatis zugerechnet habe, ich halte es für viel wahrscheinlicher, dasz
er ihn , wie die translatio , unter dem iurididälis begriffen hat. be-
stätigt wird diese Vermutung durch § 88 syUogismos^ qui est maxime
qualitatis und § 103 qualitas in syUogismo. der Status iuridiciaiis
und der Status qualitatis wurden ja von manchen rhetoren identi-
ficiert, wie aus § 62 (hier steht iurididali für den § 56 gebrauchten
aasdruck qualitas) und § 34 (hier tritt qualitatem für den vorher ge-
brauchten ausdruck iuridiciaiis ein) mit bestimmtheit hervorgeht,
auch diejenigen, von welchen in unserm satze die rede ist, yerstan-
den unter dem iuridiciaiis den Status qualitatis: denn sie nannten
Übersetzung aus dem griechischen handelt, als auch die enduDg os, § 88
(vgl. et dfi(pißoX£a) und 99 ist das wort in A griechisch geschrieben,
was bisher mit unrecht nicht beachtet wurde. VII 3, 11 and IX 2, 103
steht das wort auch in den aasgaben bereits in griechischer schrift.
7 Hermagoras bat nemlich die translatio als Status rationaU» aufge-
führt neben der coniectura, proprietas and qualitas.
494 MKiderlin: zu Quintilianus.
das, was M. Antonius durch iusiniuria bezeichnete, legalis^ dasjenige
aber, was er durch honum mälutn (quälitas) bezeichnete, iuridicialis.
es dürfte also in unserer stelle iuridiciali vor cuXXoTiCfiöv ein-
zusetzen sein. — So sind die fünf species unter die drei Status ver-
teilt. Quint. selbst hat allerdings in früherer zeit (nach § 66) diese
species dem legälis allein zugeteilt; aber damals hat er nicht drei,
sondern vier allgemeine Status aufgestellt, später aber , als er nur
noch drei allgemeine Status annahm, hat auch er sie unter diese drei
verteilt (vgl. § 88 f.).
III 6, 77 et similiter in translatione : *non hahes ius ahdicandi^
quia ignominioso non est actio\' ^habeo ius^ quia ahäkatio actio non
est*: quaentur^ quid svt aäio: finiemus ^non licä ahdkare filium* syU
logismo, Halm und Meister haben nach A syUogismo geschrieben, man
wird , glaube ich , hierbei nicht bleiben können, ich will zugeben,
dasz Quint. sagen konnte : wir werden schlieszen ^es ist nicht erlaubt
einen söhn zu verstoszen' durch einen Syllogismus, aber man ver-
miszt die angäbe des aus der frage quid sit actio sich ergebenden
Status] aus dieser frage ergibt sich j& nicht der Status syUogismi, son-
dern der Status finitionis. diesem einwände entgehen diejenigen, welche
nach den übrigen hss. syllogismos oder, wie Spalding, syüogismus
schreiben ; sie können finiemus mit dem vorhergehenden verbinden
und in diesem worte die angäbe des aus der frage quid sit actio sich
ergebenden Status sehen, aber erstens wäre es etwas auffallend,
wenn Quint. nicht, wie sonst, so auch hier einfach den namen des
Status^ finitio^ angegeben hätte, weit bedenklicher aber scheinen
mir , wenn finiemus mit dem vorhergehenden verbunden wird , die
Worte ^vion licet abdicare filium* syllogismos zu sein, man könnte
sich diese kürze gefallen lassen , wenn in *non licet abdicare filium*
wirklich ein Syllogismus enthalten wäre, da die worte aber nur den
schluszsatz eines solchen enthalten , so scheint mir die kürze uner-
träglich zu sein, daher vermute ich dasz Quint. geschrieben hat:
quaerüur, quid sit actio: finitio; si^ finiemus *non licet abdicare
filium*^ syUogismos (oder cuXXoTicjuöc) , -dh. es wird die frage aufge-
worfen, was eine actio ist: also Status die finitio ] schlieszen wir mit
dem Satze : ^es ist nicht erlaubt einen söhn zu verstoszen', so liegt
als Status ein Syllogismus vor. derjenige redner, welcher für das be-
strittene recht auf die abdicatio eintritt, wird actio so definieren, dasz
die abdicatio nicht darunter fällt ; er reicht also mit dem Status fini-
tionis aus. derjenige aber, welcher dieses recht bestreitet, wird actio
80 definieren , dasz die abdicatio darunter fällt, und dann den Status
syUogismi anwenden: ignominioso non est actio; abdicatio est species
actionis; ergo iUi non licet abdicare filium. — Dasz finitio und syU
logismos ohne verbum stehen , stimmt ganz überein mit der übrigen
spräche des abschnittes: vgl. § 73 Status coniectura^ § 74 quaestio
et Status, § 75 quaestiones et Status^ § 76 ita qualitas.
^ man konnte beim abschreiben leicht von finitio anf finiemus ab-
irren.
MEiderlin: zn Qnintiliaiiafi. 495
ni 6, 81 f. his infinitM quaestumea. Ms finUae amünrntur:
herum cUiqua in demonstratiuay deUberoHua^ iudiciaU materia utique
tractatur: liaec tv/rsus fudidoMs causas et raiwnaU parte et kgaU ctm-
tinent: negue enim uUa iwris disc^piatio nist finUionej quäUtatej caH-
iectura potest eapUcari. vor Halm schrieb man allgemein traetantur»
ivenn dies richtig wäre, so hätte Quint gesagt, da harum sich nur
auf an sü, quid sü^ qucde eit (§ 80) beziehen kann : von diesen drei
Status kommen jedenfalls einige (also mindestens zwei) bei einem
epideiktischen , beratenden nnd gerichtlichen Stoffe zur behandlong.
diese ansieht ?nirde aber weder von Quint noch von andern ver-
treten ; es kommt ja in einfachen föllen nur 6iner von den drei stahu
zur an Wendung (vgl. § 91 und 94 hoc inter omnes canuenU^ in causis
simplicihus singutos Status esse causarum . . in ooniundis uero passe
dtAOS et tris inuenifi). nun kommt noch dazu, dasz A, Bn und
N nicht tractantur^ sondern tractatur geben, folgen wir nun aber
mit Halm diesen hss., so entsteht ein anderes bedenken. aMg[ua musz
dann als femininum angesehen werden, gegen die annähme eines
fem. spricht aber das neutrum harum , und welches subst. sollte zu
(üiqua hinzugedacht werden? an materia Iftszt sich nicht denken
(vgl. n 1, 2 intra deUhertäiuas iudiciaMsquematerias', ebenso 11 10, 1.
lU 4; 16. V 13, 6. XI 1,48), ebenso wenig an quaestio: denn in dem
vorhergehenden satze ist quaestiones in einem ganz andern sinne ge-
braucht, man wird sich also wohl dazu entschlieszen müssen, dUgua
in aliquid zu verändern, einen ganz ähnlichen fall haben wir 1 10,3.
dort steht in allen ausgaben vor Meister: scire quemadmodum in
data linea constitui triangüla aequis laterihus possint. Faber hat zuerst
darauf aufmerksam gemacht (programm von Aschaffenburg 1875)
dasz , da auf einer gegebenen linie nur 6in gleichseitiges dreieck er-
richtet werden kann, trianffukim . . possit geschrieben werden müsse,
diese Vermutung wird dadurch unterstützt, dasz A und S wirklich
possit geben, in beiden fällen weist der umstand, dasz das prädicat
im Singular überliefert ist, darauf hin, dasz auch das subject in den
Singular zu setzen ist.'
III 6, 102 aUer enim dicä, ahdicatum quoque interUberos esse^
et argumentum du>cet ex ipsa, qua r^eUUur, lege: superuacu/um emm
fuisse prohiheri patriis honis ahdicatum , si esset nufnero cUienorum:
nuncy quia filii iure fuiurus fuerit intestati heres^ oppositam esse
legem, quae tamen non id efficiat, ne ßius sit^ sed ne heres sU. sttxtus
finitiuus: quid sit ßius, obwohl auch nach heres in allen beachtens*
werten bss. sit steht, so bat Spalding dennoch in Übereinstimmung
mit einigen schlechten hss. und vielen alten ausgaben dieses wört-
chen weggelassen als ^parum elegans', und Bonneil ist ihm hierin
gefolgt, man wird auch nicht leugnen können, dasz die Wieder-
holung von sit mit dem lat. Sprachgebrauch nicht übereinstimmt.
^ nachdem ich dies geschrieben, sehe ich dasz Wolff bereits be-
merkt bat: ^facilins legeretnr aliquod^ i. e. homm aliqaod (vel an sit^
vel quid sit, vel quäle sity warum aber das adjectivische aHquod^
496 MEiderlin: zu Quintilianas.
wie ist aber das zweite sit in die hss. gekommen? dasz es ans din
zwei ersten buchstaben von Status entstanden sei, wie Spalding
meinte, ist möglieb, aber nicht gerade wahrscheinlich, vielleicht hat
Quint. geschrieben: fit Status finitiuus: vgl. § 98 fit stcUus scripti
et uoluntatis und notho duplex fit quaestio^ § 101 quod ex una lege
duo Status fianty § 92 eum statum esse faciendum, bei der be-
sprechung von III 6, 77 habe ich allerdings ähnliche stellen ange-
führt , wo Qnint. kein verbum gesetzt hat. sie sind aber doch von
der unsrigen etwas verschieden: dort folgt nicht eine frage wie hier
(quid Sit filius), § 98, wo auch eine frage folgt (an uUo modo capere
possit usw.) , steht fit.
IV 1, 1 f. quod principium latine ud exordium dicüury
maiore quadam ratione Graeci uidentur TCQoolfiiov nominassey quia
a nostris initium modo significatur , iUi satis dare partem hanc esse
ante ingressum rei^ de qua dicendum sit^ ostendunt. nam siueprop-
terea , quod ofyri cantus est et citharoedi pauca iUa , quae ante quam
legitimum certamen inchoent emerendi fauoris gratia canunt^ pro-
oemium nominauerunt ^ oratores quoque ea, quae prius quam causam
exordiantur ad conciliandos sibi iudicum animos praetocuntuTy eadem
appeUatione signarunt usw. obwohl die hss. prohoemium geben , so
steht doch in allen ausgaben mit recht irpcoi^iov. der gegensatz
(latine — Graeci) macht es zweifellos , dasz Quint. das wort grie-
chisch geschrieben hat. aber auch in § 2 wird die griechische form
hergestellt werden müssen : denn es handelt sich auch hier um einen
griechischen namen, der von einem griechischen worte(ol^r))
abgeleitet und von den kitharöden, also Griechen gebildet worden
ist. dasz die hss. auch hier alle prohoemium geben, darf hiervon
nicht abhalten, es kommt ja (s. oben anm. 6) in den Quintilian-hss.
sogar dieses häufig vor, dasz rein griechische Wörter, welche in die
lateinische spräche gar nicht aufgenommen worden sind, doch mit
lat. buchstaben geschrieben sind, so gibt im vorigen capitel in
§ 5 A , in § 6 A und ß aiiion statt aiTiov , in unserm cap. gibt in
§ 3 A hdmon statt oT^ov und § 49 A prolempsis und Bn prolemsis
statt iTpöXrmiic. anders liegt die sache in § 3 : denn hier ist nicht
von dem namen, sondern von dem begriff die rede, hier ist also
die lat. form prooemium ganz am platze.
IV 1, 24 nam üle non hoc didtj sed ad poteniissimas guaestiones
iudicem praeparandum: in quo uitii nihil eraty nisi in uniuersum id
praeciperety quod nee omnis quaestio patitur nee omnis causa desiderat,
nam protinus a petUore primo loco, dum ignota iudid lis est^ quo modo
ex quaestionihus ducemus sententias? nimirum res erunt indicandae
prius, demus aliqucis {nam id exigd ratio nonnumquam): etiamne
potentissimas omnis, id est totam causam? sie erit in prooemio per-
ada narratio, seit Zumpt schreibt man omnis quaestio nach A.
obwohl auch N hierfür zeugt, was sehr beachtenswert ist, so möchte
ich mich doch für die lesart von Bn omnis actio entscheiden, es
MEiderlin: zu QnintiUäniiB« 497
•
kommt manchmal vor, dasz A und N, bss. verschiedener gmppen,
die gleiche falsche lesart geben , wfthrend 6n, obwohl zu der nem-
lichen gruppe wie N gehörig, das richtige hat. so geben III 3, 7
A und N inuentwnemy Bn richtig t» inuenUonem; III 10, 4 A und N
id si idy Bn richtig id si ä'^ lY 2, 12 A und N ratio^ Bn richtig
narratio,^^ der Zusammenhang spricht entschieden an unserer
stelle für actio. Quintilian hat in § 23 die Vorschrift gegeben : wenn
die Sache uns stoff gibt den richter zu gewinnen, so musz man hieraus
besonders einiges , was am meisten gunsterweckend zu sein scheint,
fUr den zweck des eingangs herausgreifen, hieran knüpft er eine
kurze polemik gegen Yerginius und Theodorus. von dem erstem
wird es als irrig bezeichnet, wenn er Theodorus die Vorschrift zu-
schrieb, dasz von jeder frage je ein gedanke für die einleitung ver-
wendet werden solle. Theodorus habe nur gesagt, der richter müsse
durch die einleitung auf die wichtigsten fragen vorbereitet werden,
mit dieser Vorschrift wäre Quini einverstanden, wenn sie nicht im
allgemeinen gegeben wftre. in den §§ 24 und 25 gibt er dann
die gründe an, warum dieses verfahren nicht unter allen umstftnden
eingehalten werden könne, der § 25 soll offenbar nachweisen, dasz
nicht jeder fall dieses verfahren wünschenswert macht {amnis causa
desiderai). was wird nun in § 24 durch die werte nam praUnua • .
peraäa narratio nachgewiesen? dasz nicht jede frage (quaesHo)
dieses verfahren zuläszt? oder dasz nicht jeder vertrag vor ge-
ric ht (aäio) dieses verfahren zuläszt? für diese frage ist entschei-
dend, was wir unter äliqtUiS und poteniisaimas omnis verstehen, die-
jenigen hgg., welche quaestio geschrieben haben, scheinen quaestiones
hinzugedacht zu haben; auch Spalding hat sich hierfür erklärt, ob-
wohl er actio schrieb, ich halte dies aber für unmöglich , weil die
ausführung mit den werten schlieszt: sie erU in prooemio perada
narratio. die erzählung hat ja nicht die wichtigsten fragen
(quaestiones) vorzuführen, sondern die wichtigsten thatsachen
{res), die gedankenentwicklung scheint mir folgende zu sein: 'wie
können wir gleich anfangs , wenn wir an erster stelle als ankläger
auftreten , solange dem richter der rechtsstreit noch unbekannt ist,
von den fragen gedanken hernehmen? «freilich (so läszt sichQuint.
einwenden) werden die thatsachen vorher angegeben werden müssen.»
wir wollen dies von einigen (thatsachen) zugeben, sollen wir es
aber auch von allen wichtigen zugeben? dann wird in der einleitung
die ganze erzählung abgemacht sein.' so aufgefaszt enthalten die
Worte keine begründung dafür, dasz nicht jede frage das von Theo-
dorus empfohlene verfahren zuläszt, sondern dafür dasz mancher
Vortrag vor gericht dieses nicht zuläszt. die begründung
spricht also für aäio, aber auch das vorhergehende. Theodorus
'^ nuch III 3, 7 haben Halm und Meister nach Bn quintamque ge-
schrieben, während A und N quintam quoque geben, da aber die letz-
tere lesart anch möglich ist, so möchte ich mich hier für diese ent-
scheiden: vgl. blätter f. d. bayr. gw. 1886 8. 872.
498 MEiderlin: zu Quintilianas.
hat nach Quint. die Vorschrift gegeben , man solle in der einleitong
den richter auf die wichtigsten fragen vorbereiten, nun kann dieser
doch nicht fortfahren: ^aber nicht jede frage gestattet es, dasz man
die richter auf die wichtigsten fragen vorbereitet.' wohl aber kann
er Theodorus entgegnen : ^nicht jeder gerichtliche Vortrag l&szt dies
zu; wenn dem richter die rechtssache noch unbekannt ist, so kann
man nicht von den fragen gedanken fttr die einleitnng hernehmen.'
vgl. % ^ sed in foro quoque contingere istud principtamm genus secun-
dis actionibus potest^ primis quidem raro umquamy nisi forte apud
eum^ cui res iam aliunde nota sit^ dicitnus.
IV 1, 33 fiducia ipsa solet opinione adrogantiae laborare. fadunt
fauorem et iUa paene communia , non tarnen omittenda , uei ideo ne
occupentur: optare, ahominariy rogare^ söüicüum agere: quia ptertim-
que attentum iudicem facit, si res agi uidetur noaa^ magna ^ atrox^
pertinens ad exemplum, praecipue tarnen^ si iudex aut sua uice aut rei
puUicae commouetur^ cuius animus spe^ metu, admanUume^ precibuSy
ua/nUate denique^ si idproftäurum credemuSy agitandus est, in § 5 hat
Quint. als die hauptaufgaben der einleitung bezeichnet: den richter
wohlwollend (heniuöltis) ^ aufmerksam {atientus)^ empfftng-
lich (docüis) zu machen, in § 6 — 33 handelt er von der gewin-
nung des Wohlwollens, in § 33 f. von der erregung der aafmerk-
samkeit und in § 34 — 36 von der herbeiführung der empfang-
lichkeit. obwohl nun der satz fadunt fauorem . . soüicUum agere
offenbar zu der behandlung der ersten aufgäbe gehört, so beginnen
doch die neuem hgg. teils mit den worten fiducia ipsa, teils mit
fadunt fauorem einen neuen abschnitt, hierzu wurden sie dadurch
veranlaszt, dasz an den satz fadunt fauorem . . söflidtum agere durch
quia ein gedanke angeknüpft ist, der sich zweifellos auf die zweite
aufgäbe bezieht, ist denn aber diese anknüpfung möglich? ich
kann dies nicht annehmen aus zwei gründen, erstens glaube ich
nicht, dasz sich die behandlung der zweiten aufgäbe in dieser
w e i s e an die behandlung der ersten anknüpfen Iftszt (vgl. hierüber
meine ausftihrung in diesen jahrb. 1885 s. 114 f.). zweitens gibt der
mit quia beginnende satz keinen grund an für den in dem vorher-
gehenden satze enthaltenen gedanken. die anknüpfung durch quia
hat schon in frühern zeiten bedenken erregt; dies geht hervor aas
den abweichungen in jungen hss. und alten ausgaben, in den einen
steht qua statt quia^ in den andern quaep. a, i. fadwni, auch Begius
hat so geschrieben, er hielt jedoch auch noch die einsetzung von
quoque nach attentum für notwendig, diese verbesserungsversuche
können aber aus verschiedenen gründen nicht befriedigen, auch
den von mir gemachten (ich schlug ao. vor mit quia pHerumgue einen
neuen satz zu beginnen und zwei Zeilen weiter unten huius statt
cuius zu schreiben) halte ich für verfehlt. — Den stein des anstoszes
bilden die worte quia pkrumque. nicht nur die anknüpfung durch
quia ist unmöglich, auch plerumque ist anpassend, wenn der richter
seinetwegen oder um des Staates willen in aufr^gang gebracht wird»
MKiderlin : f a Qointilianiifi. 499
so erregt dies seine auf merksamkeit immer, nicht nur meistens
(plerumqtie). wenn diese zwei Wörter fehlten, so wftre, was wohl
niemand bestreiten wird, alles in Ordnung, die behandlang der
ersten aufgäbe würde schlieszen mit den Worten sotUdium agere^ die
behandlung der zweiten würde beginnen mit den werten oHenium
iudicem facit^ si res usw., wie sie bei Julius Victor beginnt mit den'
Worten attentum iudicem facies^ H res usw., und wie die behandlung
der dritten aufgäbe in § 34 beginnt mit den werten docüem sine
dubio et haec ipsa praestat attention sed e^ iHud^ si usw. dennoch wage
ich nicht eine Streichung der beiden Wörter yorzuschlagen. wie sollen
sie in die hss. gekommen sein, wenn sie nicht von Quint. geschrie*
ben worden sind? ihre entstehung wäre schwer zu erklären, viel-
leicht standen sie anfänglich an einer andern stelle, es ist nicht
unmöglich, dasz Quint. geschrieben hat: e^ iUa paene cammuniat
quia pHerumque et aduersarius iis utitur, non tonnen (vgl. § 71
quo et aduersarius utipotest^ commune appetlatur). fielen die werte
et aduersarius iis lUitur durch irgend einen zufall aus, so waren die
zwei übrig bleibenden völlig sinnlos, und dies konnte ihre Versetzung
zur folge haben, auf diesem wege können die werte quia pierumque
an die stelle gekommen sein , an welcher sie jetzt stehen, dasz ich
diese Vermutung nicht für sicher halte , brauche ich wohl nicht erst
zu sagen, für sicher halte ich nur, dasz die hsl. Überlieferung fehler-
haft ist; vielleicht gelingt es einem andern dem schaden durch ein
leichteres mittel abzuhelfen.*
lY 1, 62 ridendi uero^ qui u^elut legem prooemOs omnihus dede-
runty ut inira quattuor sensus terminarentur. nee minus euitanda
est inmodica eius longüudo, ne in captU excreuisse uideatur et quo
praeparare debet fatiget. Schwierigkeit machten den erklärem die
werte ne in caput excreuisse uideatur, Tumebusfneinte, der bild-
liche ausdruck sei hergenommen von den pflanzen mit knolliger
Wurzel *quae in caput crescere solent', oder von den zwergen , bei
denen der köpf unverhältnismäszig grosz sei; für das subject des
Satzes hielt er oratio , was kaum möglich sein dürfte. Spalding ver-
weist auf III 8, 10, wo das prooemium selbst als eine art von caput
bezeichnet wird ; auch er ist genötigt oratio als subject anzusehen,
welches wort er am liebsten einsetzen würde. HMejer erklärt 'ne
maius sit prooemium quam ceterae orationis partes'. Baur übersetzt
nach Henke in Übereinstimmung mit der erklärung von Gemhard:
'damit er nicht zum hauptteil anwachse.' alle diese erklärungen halte
* correctarbemerknng. wahrscheinlicher ist wohl die annähme, dasz
ein leser zur erklärnng von paene communia an den rand geschrieben
hat: guia pierumque et aduersarius iis utitur^ und dasz dann die ersten
beiden Wörter dieser randglosse in den text geraten sind, einen ähn-
lichen fall haben wir VI 3, 48. dort hat Halm mit recht die unerklär-
lichen Worte non hoc modo aasgeschieden, wie sind aber diese worte
entstanden? vielleicht hat ein leser zar erklärung von quare an den
rand geschrieben: quia non hoc modo adiuuatur.
500 MKiderlin: zu Quintilianus.
ich für ungenügend, mir scheint, dasz capiU hier in einer bedeutung
zu nehmen ist , in welcher es die alten medicin^r gebraucht haben.
Celsus VIII 9 (si nusquam caput se ostendit) gebraucht das wort von
einer angeschwollenen beule, und bei Plinius bedeutet caput facere
^hocb aufschwellen', ich übersetze daher: ^ebenso sehr ist aber auch
eine unmäszige Iftnge der einleitung zu vermeiden, damit sie nicht
einem beulenartigen aus wüchse gleiche.' für die annähme dieser be-
deutung spricht auch excreuisse^ welches wort besonders von krank-
haften auswüchsen gebraucht wurde, so sagte Celsus: coro in eo
(sc. ulcere) excrescU; Plinius : carnes excrescentes cohibere, excrescentia
sind 'auswüchse, gewächse am körper' (Plinius XX § 93). an den
teilen eines gesunden körpers zeigen sich keine ungewöhnlichen
anschwellungen. diesen vorzug haben auch die teile einer richtig
angelegten rede, wenn ein teil derselben einen übermäszigen um-
fang annimt, so erscheint dies als ein krankhafter auswuchs. vgl.
das ähnliche bild § 61 cum uitiosum prooemium possü uideri cicatri-
cosa facies, wenn so principium als subject von uidedtur anzusehen
ist, so können die worte quo praeparare debet (Ab) nicht richtig sein.
aber auch die lesart von B und N {quo praeparari debet) kann nicht
angenommen werden, denn gegen die erklärung 'und damit nicht
das , wodurch vorbereitet werden soll , ermüde' spricht, dasz sowohl
debet als fatiget ein subject nicht wohl entbehren könnte, ich würde
am liebsten mit Badius schreiben : quos praeparare debety weil so das
subject {principium) beibehalten werden kann, aber auch quod prae-
parare debet ^ was Spalding lieber will, ist möglich.
IV I, 64 interim tarnen et est prooemio necessarius sensw ali'
quis, et hie acrior fit atque uehementiar adpersonam deredus aüerius,
quod si accidatf quo iure aut qua tanta superstitione prohibeamur dare
per hanc figurap sententiae uires? manche wollten die figur der
apostrophe von dem jprooemeum gänzlich ausgeschlossen wissen, weil
es unnatürlich sei , wenn man sich in der einleitung , welche die be-
Stimmung habe die richter zu gewinnen^ von denjenigen abwende,
welche man zu gewinnen suche. Quint. ist mit der gänzlichen aus-
schlieszung nicht einverstanden, über den grund, warum er bisweilen
auch in der einleitung eine apostrophe für zulässig erachtet, soll
offenbar der mit interim tarnen beginnende satz aufschlasz geben«
es wird nun gewis jeder überrascht sein , wenn er liest : 'bisweilen
jedoch ist auch für die einleitung irgend ein gedanke notwendig, und
dieser wird kräftiger und feuriger, wenn er an eine dritte person
gerichtet ist.' die erklärer versuchten das bedenken, welches dieser
gedanke erregt, dadurch zu beseitigen, dasz sie dem ^orie sensus
eine besondere bedeutung beilegten; es soll hier das bedeuten, was
wir unter 'sentenz' verstehen, aber erstens ist es nicht wahrschein-
lich, dasz das wort hier eine andere bedeutung habe als in § 62. zwei-
tens gewinnt gerade eine sentenz am wenigsten dadurch , dasz sie
an eine dritte person gerichtet wird, femer zeigt auch das § 67 an-
geführte beispiel aus Ciceros rede für Ligarius, dasz es sich hier nicht
MKiderlin: zu QaintiliaiiuB. 501
um Sentenzen handelt. — Die firflher gemachten yerheBsenrngsver-
suche, welche zum teil weit von der hsl. flherlieferting ahgehen, haben
mit recht keinen anklang gefanden, ich glaube dasz sich durch Snde-
rung 6ines buchstabens ein dem Zusammenhang entsprechender ge-
danke herstellen läszt. wenn wir hocprooemio schreiben, was läle
hss. auszer A geben, und necessarius in necesstmimm Sndem, so haben
wir den gedanken: 'bis weilen jedoch hat dies (sc. sermonem auertere)
die einleitung nötig; mancher gedanke^' gewinnt ja auch hier (in der
einleitung) an kraft und feuer, wenn er an eine dritte person ge-
richtet wird, wenn dies der fall ist, welches recht oder welcher arge
aberglaube sollte uns daran hindern dem gedanken durch diese figur
kraft zu verleihen.' necessarius wurde geschrieben , weil das wort
fälschlich mit sensus verbunden wurde; darauf, dasz in jflngem hss«
bereits necessarium steht, ist kein gewicht zu legen. HMeyer wollte
et est in est et ändern, worin ihm übrigens Burman bereits voran-
gegangen war.^' vielleicht ist statt et (^ blosz est zu schreiben; in
Bn, unserer ftltesten quelle, steht est unter der zeile.
IV 2, 4 f. sunt enim ante amnia guaedam tarn hreues causae^ ut
propositionem potitis haheant quam nairrationem* id acädU aUquando
uirique partim cum uet nuHa expasUio est^ udäere oonstat^ de nire
quaeritur, ut apud centumuiros: ^ßius an fraier debeat esse intestaiae
h€res\ ^puhertas annis an corporis habUu aestimäur*: out cum est
quidem in re narrationi locus ^ sed aut ante iudici nota sunt omma
aut priore loco recte exposUa, Halm bemerkt zu dieser stelle: 'fort.
constat et.* nun stehen aber die werte de re constat und de iure
qu^eritur im gegensatz zu einander, was hindert also die annähme
eines adversativen asjndetons? die stelle scheint mir aber an einem
andern schweren schaden zu leiden, worauf bezieht sich id? es
kann nichts anderes darunter verstanden werden als ut propositionem
potius haheant quam narrationem, nach unserm texte würde also
Quint. den satz aufstellen : 'manchmal sehen beide teile von einer
erzäblung des tbatbestandes ab, wenn entweder keine darlegung des
tbatbestandes stattfindet oder die Sache feststeht, nur das recht in
frage kommt, oder wenn zwar die sache veranlassung zu einer er-
zäblung gibt; aber dem richter schon vorher alles bekannt ist oder
bei einer frühem gelegenheit richtig dargelegt wurde.' es ist nun
ißicbt einzusehen ; dasz nuUa expositio est und de re constat j de iure
quaerüur nicht durch uel — uel verbunden oder getrennt sein
können; die werte stehen vielmehr in einem solchen Verhältnis zu
einander, dasz man eher erwarten würde: 'wenn entweder keine
darlegung des tbatbestandes stattfindet, weil die sache feststeht,
nur das recht in frage kommt, oder wenn zwar' usw. ich komme
aber nun nicht etwa zu dem Schlüsse, dasz quia statt ud zu schrei-
^' auch Quint. hat aliquis manchmal in dieser bedentang gebraucht:
vgl. zb. I 10, 8. II 17, 9. X 1, 94. " derselbe wollte nemlich schrei-
ben: Interim tarnen est et hoc prooemio necessarium, sensus hinc aUquU^
et is acrior fit atque iiehementior^ si ad personam directus allerius.
502 MEiderlin: zu Quintilianus.
ben sei. die änderuDg wäre sehr stark, und 6in bedenken bliebe
doch. Quint bezeichnet den zweiten teil der gerichtlichen rede bald
durch narratio, bald durch exposüiOj ohne einen unterschied zu
machen. '^ die werte unseres textes kämen also auf folgende tauto-
logie hinaus : 'manchmal unterbleibt bei beiden teilen die erzfthlnng,
wenn keine erzählung stattfindet, ich glaube daher, dasz die worte
ud nuUa expositio est auszuscheiden sind, wir haben dann den ge-
danken : 'manchmal ist dies bei beiden teilen der fall, wenn entweder
die Sache feststeht ^ nur das recht in frage kommt, oder wenn zwar
die Sache Veranlassung zu einer erzählung gibt, aber dem richter'
usw. ud — aut findet sich auch § 15 und IX 2, 18; aut — ttel
III 6, 72 und VIII 6, 68 f. die interpolation mag dadurch veran-
laszt worden sein, dasz man nicht erkannte, dasz aut cum est quidem
usw. das zweite glied zu uel de re constat usw. bildet, und dasz man
deshalb das erste glied hierzu einsetzen zu müssen glaubte."
Noch etwas anderes ist vielleicht einer erwähnung nicht unwert.
Francius wollte in dem schluszsatze von § 4 ante amnia streichen.
Spalding bemerkte dagegen : 'haec forma frequens est in enumeran-
dis argumentis vel capitibus, cum primum ponitur.' wenn aber dieser
satz das erste argumentum oder caput angibt, wo sind dann die fol-
genden ? da Quint. mit § 9 zu einer andern frage übergeht, so mflsten ,
sie in den §§ 5 — 8 enthalten sein, diese enthalten aber weiter nichts,
wie die worte id accidit deutlich zeigen, als die angäbe der f&lle,
in welchen die gerichtlichen reden so kurz sind , dasz sie statt der
narratio nur eine proposüio enthalten, der gedanke von Francius
scheint mir also beachtung zu verdienen, es ist nicht unmöglich,
dasz ante omnia durch dittographie aus untenim entstanden ist. be-
merkenswert ist , dasz enim ante amnia in A von erster hand auf
eine rasur geschrieben ist. dasz im vorhergehenden satze jpZtiri-
hus steht, spricht nicht gegen die Streichung; die §§ 5 — 8 geben ja
die gründe an, warum manchmal die narratio wegf&llt wenn ante
omnia gestrichen wird , so übersetze ich : 'es gibt nemlich manche
gerichtliche reden {causae) von solcher kürze, dasz sie statt einer
erzählung nur eine aufstellung enthalten, dies ist manchmal der fiEÜl
bei beiden teilen , wenn' usw.
IV 2, 9 sed ut has non narrandi causasputo^ sie ah iUis dissentio^
gui non existimant esse narrationem, cum reus^ quod ohicUur^ tanium
negat, Baur übersetzt: 'wie ich aber einerseits der ansieht bin, dasz
bisweilen solche gründe da sind keine erzählung zu machen, so weiche
ich anderseits von denen ab, die es für keine erzählung halten, wenn
der angeklagte die anschuldigung nur in abrede zieht.' wenn die
worte keine andere auffassung zulieszen^ so mtlsten sie geändert wer-
1» expoüUio «b. IV 1, 76. 78. 79. 2, 2. «. 8. 11. 14. 22. 29. 42. 47.
60. 59. 63. 69. 75. 88. 101. 104. >* eine ähnliche interpolation haben
wir IV 3, 5 in A. nachdem das erste (^lied {uel quasi finü narrationiM)
durcli das versehen eines abschrcibers ausgefallen war, wurde egressio
nach uel eingeschoben.
MEiderlin: bu Quintiliann«. 503
den : denn das blosze leugnen des angeklagten h< audi Qaint. flELr
keine erzählong, wie die worie 'non cceidi hommem* nMa narraäo
estf conuenit deutlich zeigen, es sind denn auch wirklich bessenmgs-
versuche gemacht worden, als einen solchen haben wir es wohl an-
zusehen, wenn Par. 1. 2. 5, Gk>th. und Voss. 2 und viele alte ausgaben
narrandum statt narraUonem geben; Bondam schlug vor (var. lect.
s. 366) prodesae statt esse zu schreiben, alle Snderungen sind aber
überflüssig, wenn wir übersetzen: 'aber wenn ich glaube, dasz dies
gründe sind, welche dafür sprechen, manchmal von einer erzählung
abzusehen, so bin ich mit jenen nicht einverstanden, welche der an^
sieht sind, dasz eine erzählung nicht stattfinde, wenn der angeklagte
die ihm zur last gelegte that nur leugnet.' dies, meint Quint., ist
kein grund von einer erzählung abzusehen, ebenso, wie hier esse^ ist
§ 12 erU gebraucht ('aber es wird irgend eine erzählung stattfinden
von dem vorleben' usw.).**
IV 2, 12 f. *non ocddi hominem* nuUa narraHo es^, conuemt:
sed erit oliqtM, et intertm etiam longa^ contra argumenta eius cnminiSi
de ante acta uUa^ de causis^ propter guas innocens in pertcyimn de-
ducatüfj aiiis^ qib&HM incredibüe id quad obicUur fiat, neque enim
accusator tantum hoc dicU *occidi8ti\ sed quibtM id probet narratf ut
in tragoedüs^ cmn Teuoer UUxen reum faeU Aiads ocdsi dioens, Hin
uentum cum in sölitudine iuxta examme corpus immui cum gladio
cruento^ non id modo UUxes respondet^ non esse aseid facmus ad"
missumj sed sibi nuUas cum Aiace ininUcitias fuisse: de laude inter
ipsos certatum: deinde sübiungitf quo modo in eam scUtudinem
uenerit^ iacentem exanimem^^ sit conspicattts^ gladium e uulnere extra-
xerit. his suhtexitur argumentatio. nach der in fast allen ausgaben
zur anwendung gebrachten interpunction *^ müste man annehmen,
dasz der satz ut in tragoediis usw. dafür ein beispiel geben soll, dasz
der ankläger sich nicht darauf beschränkt zu sagen 'du hast getötet',
sondern eine erzählung hinzufügt, um hierdurch dies zu beweisen,
das ist aber nicht der fall, die Wortstellung macht es unmöglich ein
adversatives Verhältnis anzunehmen zwischen den werten Teucer
Ulixen usw. und non id modo usw. es bleibt also nur übrig zu verbin-
den : ut in tragoediis non id modo Ulixes respondet und den satz cum
Teucer als einen Zwischensatz anzusehen, die werte ut in tragoediis
non id usw. liefern aber ein beispiel dafür , dasz der angeklagte den
beweisgründen des anklägers gegenüber eine erzählung hinzufügt
über das vorleben , über die gründe welche ihn in den process ver-
wickelt hätten, auf das vorleben beziehen sich die werte sil>i nuUas
^^ § 10 würde ich nicht mit Halm und Meister nach A eontineat
schreiben, sondern continet nach Bn. der relativsatz enthält nicht
einen gedanken des Celsns; dieser nahm ja nicht zwei arten von er-
zählnng^en an, wie Qnint. also: 'denn er hält für eine erzählang nur
diejenige, welche . . enthält' (nicht 'enthalte'). ^^ in der Halmsohen
ausgäbe sieht hier der druckfehler examinem, ^^ Bonneil allein hat
eine ausnähme gemacht, indem er nach narrat ein punctum setzte.
504 MKiderlin: zu Qaintilianos.
. . cetiatum (ich würde daher vor de laude kein kolon , sondern nur
ein komma setzen), auf die gründe des processes die worte quo modo
. . extraxerii, bei diesem gedankenverhältnis nun darf man mit
neque enim nicht einen neuen satz anfangen, wie dies bisher allgemein
geschehen ist, sondern die worte neque enim . . narrat, welche zur
erklärung der worte contra argumenta eius criminis dienen, werden
als eine parenthese zu bezeichnen sein , so dasz sich ut in tragoediis
unmittelbar an § 12 anschlieszt.
IV 2, 15 aut qui repetundarum insimulabitur, non et ante actam
uitam^ et quihus de causis prouinciam uniuersam ud accusatorem aut
festem offenderit^ non inuiiliter exponet? die hss. geben per pro-
uinciam, da per unmöglich ist, hat Regius ud daraus gemacht, was
in viele ältere ausgaben aufgenommen worden ist; in andern aber,
zuerst, wie es scheint, in der Aldina ist per gestrichen, mit recht hat
man seit Spalding dem letztern Verbesserungsversuche den vorzog
gegeben ; es ist leichter anzunehmen , dasz per vor prouinciam durch
dittographie, als dasz es aus ud entstanden ist. für noch wahr-
scheinlicher aber halte ich , dasz per aus pr, , der gewöhnlichen ab-
kürzung i^v prador^ entstanden ist: 'oder wenn einer der erpressung
beschuldigt wird, wird er da nicht sein früheres leben ^ und aus
welchen gründen er als prätor die ganze provinz oder den anklftger
oder den zeugen beleidigt hat, mit nutzen darlegen?' bei einer er-
pressungsklage dachte man in Bom unwillkürlich an einen prätor.
besonders scheint mir d ante adam uitam für die einsetzung von
prador zu sprechen; der angeklagte wird sowohl sein früheres
leben als auch sein verhalten während seiner amtsführung
darlegen.
IV 2, 17 aliae quoque sunt pertinentes ad causam^ sed non ipsius
causae narrationes , ud exempli gratia , ut in Verrem de L. Domitio
usw. Halm und Meister haben hier eine conjectur von Qesner auf-
genommen, indem sie statt illae^ was A gibt (Bn gibt duae)^ aiiat
schrieben, von der notwendigkeit dieser änderung kann ich mich
nicht überzeugen ; ich übersetze : ^auch jene sind erzählungen, welche
auf die sache nur bezug haben *^ aber nicht erzählungen der sache
selbst, welche gemacht werden, entweder um ein beispiel beizubrin-
gen, wie in der rede gegen Verres die erzählung von L. Domitins'
usw. allerdings steht quae fiunt nicht da, aber es läszt sich leicht
hinzudenken. § 14 werden die worte sed ne illud quidem sine nar-
ratione est^ diccntc accusatore: ^fuisti in eo loco, in quo tuus inimicus
occisus est* ^non fui* übersetzt werden müssen : 'aber auch das ist
nicht ohne erzählung, wenn auf den vorhält des anklägers: «du bist
an dem orte gewesen, wo dein feind getötet worden ist», der ange-
klagte antwortet: «ich bin nicht dagewesen».' auch hier müssen die
worte 'wenn der angeklagte antwortet' hinzugedacht werden.
*** § 11 läszt an pertinentium (statt pertinentes) denken; notwendig
ist die änderung jedoch nicht.
MKiderlin: zu Qnintilianpt. 605
IV 2 , 19 qtMe amnia eo perUnent^' td apparetd non uH^^ tum
narrare eum qm negat^ sed iSBmA ij^mm narrare quod negai. mit
diesen Worten blickt Qaint. offenbar zurück aaf %9äb üUs dissenUOf
qui non existimant esse narrationem^ eum reus, ^uod ohküwr^ tantmm
negat '* es ist daher wahrscheinlich, dasz er auch hier nanwre reum
geschrieben hat (IV 1 , 28 hat uns A allein das richtige reormm er-
halten, während die übrigen hss. falsch eKnvm geben), da aber das
überlieferte ewm auch möglich ist, so wird kaum geändert werden
dürfen.
ünverstttndlioh sind mir die worte sed tSMi ipsum narrare quod
negat, man hat es schon früher mit ftnderungen versucht, die ed.
Camp, gibt itta ipsa narrare ^ quae negai (den plural würde man
allerdings erwarten). Turnebus hat non vor narrare eingesetzt, was
Capperonnier aufoahm. Spalding tadelt dies und erkISrt: 'quo modo
id ipsum , quod aliquis negat, possit narrari, hisoo, quae adhuc trac-
tavit , videmus exemplis: narrantur yidelicet, unde fidsa obiici appa-
reat. est vero sententia, ex illis acribus et acutis (cf. 11 4, 31), in
hisce verbis Qnintiliani narrare quod negat.* ich gestehe dasz ich
die schärfe und spitze dieses gedankens nicht begreife, wenn der
des mordes angeklagte von seinem frühem leben erzfthlty von den
gründen welche ihn in diesen process verwickelt hätten, von anderm'
was die ihm zur last gelegte that unglaublich machen soll, wenn ein
der amtserschleichung angeklagter erzählt, welche eitern er gehabt,
wie er selbst gelebt , auf welche Verdienste sich stützend er sich be-
worben habe, wenn ein der erpressung angeklagter von seinem
frühem leben und von seinem verhalten während seiner amtsftthrang
erzählt, so erzählen sie doch nicht gerade das, was sie leugnen, auch
die erklärung von Wolff 'operosius dictum est pro narrat ea, oh quae
crimen negat* befriedigt mich nicht, vielleicht ist oh vor iUud einzu-
setzen (vgl. X 1, 80 uel oh hoc memoria dignum^ quod). dann
hätten wird den gedanken: ^dies alles soll zum beweise dienen, dasz
es nicht notwendig ist, dasz derjenige welcher leugnet nicht erzählt,
sondern dasz er gerade deshalb erzählt, weil er leugnet.' weil er die
that selbst leugnet, deshalb erzählt er dinge, welche geeignet sind
seine Unschuld wahrscheinlich zu machen, res ad causam pertinentes,.
non ipsam causam (§ 11).*®
lY 2, 27 erunt quaedam causae, neque id raro^ crimine quidem^
de quo cognUio est, facües ad diluendum , sed muUis ante actae uUae
flagitiis et grauihus onerataCy quaeprius amouenda sunt^ ut prqpUius
iudex defensionem ipsius negotii, cuiusprqpria quaestio est^ audiat.
ut si defendendus sit M. Caetius^ nonne optime patronus oocurrat
^^ mit § 19 einen neuen abschnitt zu beginnen empfiehlt sieh daher nicht.
'^ § 21 würde ich schreiben: quare etiam, $i (nicht quare, eiiamii);
zum zweiten gliede (sed aliquo modo adficiendus) passt nur si, nicht
etiamsu statt aliquo modo gibt Tnr. falsch aliquando; den nemlichen
fehler haben meiner ansieht nach alle hss. II 10, 6 (vgl. blätter f. d.
bajr. gw. 1886 s. 215.
Jahrbücher für clasf:. philol. 1888 hfL 7. 83
506 MKiderlin: zu Quintilianuii.
prifis conuiciis luxuriae, petvHantiae y inpudicUiae quam ueneficii?
in quihus sölis omnis Ciceronis uersatur oratio: tum deinde narret de
honis PaUae totamque de ui explicet causam , quae est ipsius actione
defensa? Spalding schlag die einsetzung von crimini oder aceusa-
tioni nach ueneficii vor. auch ich halte diese stelle für fehlerhaft
überliefert, aber das von Spalding vorgeschlagene heilmittel scheint
mir nicht das richtige zu sein, ich glaube dasz de ui vor defendendus
einzusetzen und quam vor ueneficii zu streichen ist. qtuim fehlt ja auch
in mehreren bss. , auch in 6 N ; de ui konnte vor defendendus leicht aas-
fallen. Quint. sucht in diesem abschnitt nachzuweisen, dasz in man-
chen fällen von der regel, auf die einleitung unmittelbar die erzShlang
des falles folgen zu lassen , abgewichen werden musz. nach unserm
§ musz dies auch dann geschehen, wenn das vorleben des angeklagten
durch schändliche thaten belastet ist; in solchen fällen empfiehlt es
sich nach der einleitung zuerst den vorwürfen entgegenzutreten,
welche hieraus für denselben erwachsen , und dann erst aaf die dar^
legung des eigentlichen Verhandlungsgegenstandes einzugehen, es
wird dies deutlich gemacht durch folgendes beispiel: Venu M. Caelius
wegen der von ihm begangenen gewaltthat {de ui) verteidigt werden
müste , würde da nicht der Verteidiger am besten zuerst den vor-
würfen wegen schwelgerei, frecbheit, Unzucht und giftmordes ent>
gegentreten, mit denen allein sich die ganze rede Ciceros beschäftigt,
und dann erst von den gutem Pallas erzählen und den ganzen fall
der gewaltthat darlegen , über den er sich in seiner eignen rede ver-
teidigt hat?' das durch A vertretene und in allen ausgaben stehende
quam (vor tieneficii) scheint mir ganz verkehrt, wie die worte totam-
que de ui explicet causam zeigen, setzt Quint den fall, es handle sich
um eine Verteidigung des Caelius de ui (vgl. XI 1, 51 M. Caelius in
defensione causae, qua reus de ui fuit). der giftmord gehört also
auch zu den flagüia ante actae uitae , über welche der Verteidiger
sprechen soll , bevor er den eigentlichen fall erzählt, auch der sich
anschlieszende relativsatz spricht gegen quam*^ Ciceros rede beschäf-
tigt sich ja mit den Jugendsünden des Caelius und der giftmischerei|
deren er beschuldigt wurde. — de ui kann vor defendendus nicht
fehlen. Caelius hat sich so viel zu schulden kommen lassen, dan
mehr als eine anklage gegen ihn möglich war. da es nun hier gerade
darauf ankommt nachzuweisen, dasz in manchen föllen der Ver-
teidiger, bevor er auf den eigentlichen fall eingeht, Ober frühere
Verschuldungen des angeklagten zu sprechen habe, so musz uns
angegeben werden , was wir uns als den eigentlichen verhandlangs-
gegenstand denken sollen.
IV 2, 28 sed nos ducU sdiolarum consuetudo^ in quüms certa
quaedam ponuntur^ quae themata dicimuSy praäer guae nihü est dt-
luendum^ ideoque prooemio narratio semper subiungiiur. inde liberias
dedamatoribus y ut etiam secundo partis suae loco narrare uideantur.
zu den It^tzten worteu bemerkte Gesner: wenn zwei anwälte ftlr die
neraliche partei auftreten, so gibt nur der zuerst sprechende eine
MKiderlin: ca Qmniüiaiuu. 607
erzählung, der andere nieht. die schnlredner aber enfthlen aaobi
wenn sie in der rolle eines Bolchen zweiten anwaltes auftreten, ich
kann diese erklärung nicht fttr richtig halten, erstens glaube ich
überhaupt nicht, daaz die schulredner sich eine solche rolle aus-
wählten, und dann was berechtigt zu der annähme, dass bei gericht*
liehen Verhandlungen solche zweite anwälte niemals erzählten? war
es denn nicht möglich, dasz die beiden anwälte die aufgäbe in d6r
weise unter sich teilten, dasz der erste das vorleben des angeklagten
behandelte und erst der zweite den fall , um welchen es sich eigent*
lieh handelte, erzählte? es wird also nur folgende auf&ssung übrig
bleiben : dasz sie, auch wenn ihre parte! an zweiter stelle zum werte
kommt, zu erzählen scheinen, aber auch bei dieser auffossung er-
regen die Worte bedenken, erstlich würde man einfach narrent w*
warten statt narrare uideaniur. und dann müste man aus diesen
werten schlieszen, dasz bei gerichtlichen Verhandlungen nur die an
erster stelle zum werte kommende partei erzählt habe, dasz dem nicht
so war, geht aus mehrem stellen dieses cap. mit bestimmtheit her<>
vor, und es liegt dies auch in der natur der sache. wenn zb. jemand
des mordes angeklagt wird, aber zn seiner entschnldigung vorbringt,
er habe aus notwehr gehandelt, so werden beide parteien den fall
erzählen, der ankläger in einer den beschuldigten belastenden, der
Verteidiger in einer denselben aitlastenden weise, aber noch ein
anderer unterschied wird zwischen den beiderseitigen erzählnngen
bestehen, der ankläger musz von der Voraussetzung ausgehen, dasz
dem richter der thatbestand noch unbekannt ist; er wird also den
fall nach seinem ganzen verlaufe ausführlich darlegen, der vertei-
yliger aber, der an zweiter stelle spricht, wird, schon um wieder*
nolungen zu vermeiden , bei seiner erzählung nur diejenigen punkte
hervorheben , welche geeignet sind seinen Schützling als unschuldig
oder wenigstens als minder schuldig erscheinen zu lassen, anders
der schulredner, wenn er eine solche Verteidigungsrede hält da
seinem Vortrag eine anklagerede nicht vorangeht, so musz er seinen
Zuhörern, welche die sache noch nicht kennen, den ganzen fall aus-
führlich erzählen ; er wird also, auch wenn die partei die er vertritt
erst an zweiter stelle zum werte kommt, so erzählen, als ob er an
erster stelle spräche, ich glaube daher, dasz zu schreiben ist: narrare
priore (oder primo?) uideanhur. dann ist auch uideantur am platze.
wir haben dann den gedanken: dasz es, auch wenn ihrer partei die
zweite stelle zukommt, den anschein hat, als ob sie an erster stelle
erzählten.*'
IV 2, 64 nam praeterguam planam et hreuem ei credi*
bilem uuU esse euiäentem^ moratam cum digniiate* sedin
oratione mof'ata debent esse amnia cum dignUate^ quae poterunt»
'^ § 29 liest man seit Zampt se exerceat\ ich würde nach Bn bloss
exerceat schreiben, was soll subject zu $e exerceat sein? in den vorher-
gehenden Sätzen war von dectamaiores die rede; die declamatio aber, der
•chulv ortrag, übt nicht sich, sondern den vortragenden.
83*
508 MEiderlin: zu Quintilianus.
euidentia in narratione, quantum ego inteUegOf est quidem magna
uirtus^ cum quid ueri non dicendum, sed quodammodo etiam astenden-
dum esty sed suhici perspicuitati potest: quam quidam etiam canira-
riam Interim piUauerunty quia in quihusdam causis ohscuranda uerüas
esset , quod est ridiculum. warnm Halm und Meister das in den frü-
hcm ausgaben stehende komma zwischen moratam und cum dignitate
gestrichen haben ^ ist schwer einzusehen, ich halte nicht nur hier
eine interpunction fttr notwendig, sondern auch an einer andern
stelle, wo bisher von keinem berausgeber eine solche gemacht wurde.
Quint. hat drei eigenschaften als notwendig fflr die erzählung be-
zeichnet: perspicuitas ^ hreuitas und credibilitas, Cicero hat in den
Topica drei weitere fttr nötig erklärt: denn c. 26 liest man: utpHanae
sinty ut breues^ iä euidentes, ut credibilcs^ tU moratae, ut cum dignitate.
mag man dort moratae oder moderatae schreiben , so viel steht fest,
dasz Cicero mit den werten cum dignitate eine besondere eigenschaft
bezeichnen wollte. Quint. gibt dann die grttnde an , warum er mit
Cicero nicht übereinstimmt, sondern nur drei eigenschaften annimt.
er sagt: 'in der rede musz alles (nicht nur die erzählung) morata
sein (es ist dies also eine eigenschaft, welche die erzählung mit den
übrigen teilen gemein hat , wie die iucunditas § 63) ; cum dignitate
musz dasjenige sein, was eine dignitas zuläszt (nicht für jeden stoff
eignet sich dieselbe, ebenso wenig wie die magnificenOa § 61); die
euidentia aber kann als ein teil der perspicuitas angesehen werden,
es wird also auch zwischen omnia und cum dignitate ein komma zu
setzen sein. — quam darf nicht mit HMeyer &uf perspicuitati bezogen
werden, denn von der perspicuitas war in § 36 — 39 die rede; hier
aber handelt es sich um die euidentia , wie auch euidentissima § 65^
zeigt, von ihr fügt Quint. noch die bemerkung bei : 'manche meinten
sogar, sie sei bisweilen nachteilig, weil in manchen fällen die Wahr-
heit verdunkelt werden müsse, dies ist aber lächerlich : denn wer*
usw. man wird also am besten, wie in den ausgaben vor Znmpt, Tor
quam ein punctum machen; jedenfalls darf nicht mit Bonnell ein
komma gesetzt werden.
V 9 , 3 priora Uta sunt quae aliter habere se non possunt , quae
Oraeci rettfiiJQia uocanty quia sunt alvra arifisia, quae mihi uixper-
tinere adpraecepta artis uidentur: nam ubi est Signum inschibiie^ ibi
ne lis quidem est. das neunte cap. des fünften buches handelt von
den Signa, sie zerfallen nach § 3 in Signa necessaria und signa man
necessaria. jene werden besprochen in § 3 — 7, diese in § 8 — 11. ein-
geführt wei-den die erstem durch die eben angeführten werte. Halm
hat quia sunt geschrieben statt des hsl. quae sunt, ich kann aber
diesen Verbesserungsversuch nicht für glücklich halten, deshalb,
weil diese Signa äXvia cimeia sind, sollen sie von den Griechen
TCK^ripia genannt worden sein? ich kann nicht einsehen, wie der
umstand, dasz sie fiXura cimeia sind, die Griechen gerade auf den
namen TCKjLirjpia gebracht haben soll, aber auch die hsl. flberliefening
MEiderlin: zn Quintilianns. 509
wird sich nicht festhalten lassen, die vier auf einander folgenden
qtme fallen sofort unangenehm ins äuge; man kann unmöglich an-
nehmen, dasz Quint. an die worte priora iüa suni Tier solche relatiy-
sfitze angehängt hai es wftre auch eine sonderbare Ordnung der ge-
danken, wenn zuerst angegeben würde, was für siffna die Signa
necessaria sind {quae aiüer habere se non po8Suni\ dann mit welchem
namen sie von den Griechen bezeichnet wurden, und dann wieder
was für Signa sie sind {quae sunt SXvta atifuüi). ich glaube, dasz
der mit nam sich anschlieszende satz einen fingerzeig für die Ver-
besserung der steUe gibt, er erklärt, in wie fern der umstand, dasi
die Signa necessaria SKxna CT)|i€ia sind, ein grund sein kann, sie von
der behandlung in der rhetorik auszuschlieszen. daraus dürfen wir
entnehmen, dasz Quint. im vorhergehenden satze diesen umstand als
grund der ausschlieszung bezeichnet hat, dasz er den gedanken aus-
gesprochen hat: weil diese signa fiXura cimcia sind, scheinen sie
mir kaum in das gebiet der rhetorik zu gehören, ich vermute also,
dasz zu schreiben ist: . . uocani: quae quia sunt Slwa atnuta, mihi
uix pertinere ad praecepta artis uidentur. das causale gedanken-
Verhältnis liesze sich freilich durch eine viel leichtere änderung,
durch die hinzufttgung eines einzigen buchstabens herstellen, wenn
wir schrieben: quae sunt Slvta aniiuia: quare mihi uix usw. aber
erstlich fügt sich in der erstem fassung der gedanke viel besser in
den Zusammenhang ein, und dann scheint mir auch die form, in
welcher unten die zweite art eingeführt wird (§ 8 . . uocani: quae
etiam si . . nan suffidunt^ tarnen • . ualent\ dafür zu sprechen, dasz
Quint. quae quia usw. geschrieben hat.
V 9, 7 quare potest et coisse cum uiro, quae non peperü^ et non
esse uentus in mari^ cum est fluctus^ neque utique cor eius uuineratum
essCy quiperit. von den signa necessaria bemerkt Quint. unter anderm
folgendes: 'manche haben umgekehrt die gleiche geltung, zb. der-
jenige welcher atmet lebt und (umgekehrt) derjenige welcher lebt
atmet, bei andern ist dies nicht der fall, zb. diejenige welche ge-
boren hat musz mit einem manne gemeinschaft gepflogen haben;
aber auch eine solche welche nicht geboren hat kann mit einem
manne gemeinschaft gepflogen haben, wenn ein groszer stürm auf
das meer sich gestürzt hat , so musz es wellen geben ; aber es kann
auch windstille auf dem meere sein, wenn wellen zu sehen sind.
derjenige, dessen herz verwundet worden ist, musz sterben ; aber es
musz nicht notwendig, wenn einer stirbt, auch sein herz verwtmdet
worden sein.' die gedanken sind klar; es scheint mir aber doch in
unserm texte ein fehler zu stecken, wenn wir, wie alle hss. und aus-
gaben geben, lesen : neqtie utique cor eius uütneratum esse^ so müssen
wir zu diesen werten , dem dritten gliede des satzes , potest hinzu-
denken, nun vertragen sich aber utique und potest hier durchaus
nicht mit einander, es ist dies leicht einzusehen, zum zweiten gliede
des Satzes, zu den werten non esse uentus in mari^ läszt sich recht
wohl potest hinzudenken. Quint. hätte auch schreiben können : neque
510 MKiderlin: zu Quintilianus.
utique est uefäus in mari, aber er konnte nicht schreiben: neque
utique esse uentiAS in mari. § 9 lesen wir: non utique^ q%ii uesttm
cruentam hahuerit^ homicidium fecerit. Quint. hätte auch schreiben
können : potest , qui uestem cruentam habuitj non homicidium fedsse.
aber er konnte nicht schreiben: potest . . non utique homicidium
fecisse. ebenso wenig verträgt sich in unsern Worten utique mit
potest. ich glaube daher, dasz zu schreiben ist : neque utique cor eius
uulneraium est, einen ganz ähnlichen fehler haben die hss. auf der-
selben zeile. A und Bn geben cum esset fluctus^ erst die zweite
' band hat in A esset in est corrigiert. Spalding hat, ohne diese cor-
rectur zu kennen, bereits das richtige vermutet.
Y 9, 8 f. älia sunt Signa non necessaria, quae Bkora Chraeci
uocant: quae etiam si ad toUendam dubitationem sola non sufficiunt^
tarnen adiunäa ceteris plurimum ualent. Signum uocatur^ ut dtxi,
örifietov, quamquam id quidam indicium^ quidam uestigium
nominauerunt, per quod alia res inteUegitur, ut per sanguinem caedes.
ich nehme anstosz an dem worte eUöra. nicht deshalb, weil in keiner
der auf uns gekommenen griechischen Schriften über rhetorik die
Signa non necessaria so benannt werden, auch nicht deshalb , weil
Aristoteles (analy t. pr. II 29) ausdrücklich sagt : eixöc Kai cimeTov
oi) TQUTÖv dcTiv. Quint. könnte ja diese benennung aus quellen ent-
nommen haben, die uns unbekannt sind, bedenklicher ist schon,
dasz im nächsten cap. (§ 15) einer gewissen art von argumenta dieser
name gegeben wird, es ist nicht wohl anzunehmen dasz Quint., der,
wie aus 9, 1 f. hervorgeht, zwischen den Signa und argumenta genau
unterschied, im 9n cap. Signa y im lOn cap. argumenta ^ ohne irgend
eine bemerkung beizufügen, mit dem gleichen namen bezeichnet hat.
am entschiedensten aber spricht gegen elxÖTa der sats Signum
uocaiur . . nominauerunt. da die erklärung dieses satzes von ent-
scheidender bedeutung ist, so müssen wir denselben scharf ins äuge
fassen, vor allem müssen wir uns darüber klar sein, was als subject
des Satzes anzusehen ist. manche erklärer und auch der übersetier
Baur betrachteten Signum als subject« es ist jedoch die unmöglich*
keit dieser auffassung leicht nachzuweisen. Signum ohne nähere be-
stimm ung durch ein pronomen oder ein attributives a^jeciivum kann
nur das Signum im allgemeinen bezeichnen, nicht eine bestimmte art.
was soll aber hier an dieser stelle eine bemerkung darüber, wie die
Griechen das Signum im allgemeinen benannt haben? eine solche
angäbe wäre am platze gewesen da, wo Quint. von den signa im all-
gemeinen spricht, nicht aber in unserm abschnitte, der nur von den
Signa non necessaria handelt wollte man aber auch hiervon absehen,
die Worte per quod alia res inteüegitur und was sich daran anschliesit,
lassen gar keinen zweifei darüber zu , dasz auch im ersten teile des
§ 9 nicht von dem Signum im allgemeinen, sondern nur von dem
Signum non necessarium die rede sein kann, man könnte daher aof
die Vermutung kommen, dasz vielleicht vor ^ni«m ein pronomen
{hoc oder id) ausgefallen sei. bei dieser annähme entstünde aber ein
MEidarlin: zu QointiliaaQs. 511
Deues bedenken, wo hat denn Qnint. schon gesagt, dasa dieses »g»
num CTiiLieTov genannt wird? auf die worte dXura cimeta in § 3
darf man sich nicht bemfen : denn aus ihnen liesze sich eher ent*
nehmen , dasz Qnint. unter dem CT))üi€iov das Signum im allgemeinen
verstanden wissen will, sollen wir etwa auf den Vorschlag von
Regins zurückkommen, der in § 3 schreiben wollte: necessorta su/iü^
quae Oraeci uoccmt xsTifAiJQucy älia non necessaria^ qttae ai^fietcr?
dieser verschlag ist deshalb unannehmbar, weil Qnint. erst in § 8
den griechischen namen für die Signa nan necessaria angibi am
besten aber beweist der coneessive nebensatz {quamquam . . nomkuh
uenmt) , dasz Signum nicht snbject des satzes sein kann, aus dem
inhalt dieses satzes geht ja ganz klar hervor, dasz es sich auch im
hauptsatze nicht darum handeln kann , welchen griechischen namen
griechische rhetoren für einen begriff gebraucht haben, sondern nur um
eine von lateinischen rhetoren ausgegangene Itteinische benennung.
w ir dürfen also nicht wie Baur übersetzen : «das sig/Mm nennen sie, wie
gesagt, CTi|Li€Tov»9 sondern wir müssen übersetzen: *^num wird, wie
gesagt, das CTi|üi€iov genannt, obwohl dieses (das cnjüieiov) manche
indidum^ manche uestigtum genannt haben.' was ist nun aber unter
dem subjecte CTi|ieTov zu verstehen? die worte j>er quod älia res
inteliegitur und das folgende lassen keine wähl, es kann nur das«
jenige darunter verstanden werden, was Qxnni. Signum non neeeS'
sarium genannt hat. diese bedeutung hat ja auch das wort bei den
griechischen rhetoren. bei dieser anffassung von cii)i€fov bekommen
wir denn auch einen dem zusammenhange angemessenen gedanken.
aus dem concessivsaize dürfen wir schlieszen, dasz^ es lateinische
rhetoren gegeben hat, welche den namen Signum nur für das Signum
necessarium beibehielten, das Signum non necessarium aber indicium
oder uestigiufn genannt wissen wollten (also TeK|Liifjpiov = Signum,
CTiJLicTov °» indicium oder uestigium). ihnen gegenüber bemerkt
Quint. , dasz er auch das CTi|Lieiov Signum genannt habe und nach
dem bisherigen gebrauche dazu berechtigt sei. selbstverständlich
musz aber dann der leser vorher irgendwo Über diese bedeutung von
CTiiüieTov verständigt worden sein, wo ist dies geschehen? dasz § 3
eine solche Verständigung nicht enthält und auch nicht enthalten
haben kann , ist schon oben erwähnt, es kann also nur in § 8 ge-
schehen sein, und deshalb glaube ich, dasz hier zu schreiben ist:
alia sunt signanon necessaria^ quae arffista Oraeci uocant. wie sollte
aber aus a\\kti(x geworden sein elKÖTtt, während doch in § 9 richtig
CHMION überliefert ist? zunächst ist zu beachten, dasz in keiner
hs. wirklich eiKÖTa zu lesen ist, während die hss. 10, 12 das wort
richtig überiiefert haben, hier gibt A €1K0A*<, Bn aber €1 KOI A,
was doch von CHM6IA nicht so sehr verschieden isi dann aber musz
*' so nach der augabe Halms, hr. prof. Iwan Müller hatte die eüte
mir mitzuteilen, dasz er aach in A bei einer neuen vergleichnng^ €llvOIA
gefanden habe.
512 JRichter: zu Demosthenes olynthi&clien reden [1 § 1].
besonders darauf hingewiesen werden, dasz in den Quintilian-hss.
gerade die griechischen Wörter vielfach auf die seltsamste weise
depraviert sind, übrigens leugne ich gar nicht, dasz die vorgeschla-
gene Änderung keineswegs leicht ist, aber der Zusammenhang scheint
sie mir durchaus zu fordern, nur wenn man cil|Ll€Ta liest , Iftszt sich
dem § 9 ein vernünftiger sinn abgewinnen. — Schlieszlich möchte
ich noch beifügen , dasz ich vor den werten per quod cUta res usw.
stärker interpungieren würde, mit diesen werten beginnt Quint.^
wie oben (§ 4) mit den werten id atäem accidüj näher aus einander
zu setzen, was unter der bezeichneten art von signa zu verstehen ist.
München. Mobiz Kideblin.
68. '
Zu DEMOSTHENES OLYNTHISCHEN BEDEN.
Wer des Demosthenes unvergleichliche redekunst bewundern
will, der braucht nur die ganz kurze einleitung zur ersten olynthi-
schen rede zu lesen ; geschickter und wirksamer als es hier geschehen
ist kann man sich nimmermehr der ungeteiltesten anfmerksamkeit
seiner zuhörer versichern; nur erscheint es gegen das ende dieser
einleitung aus grammatischen und logischen gründen geboten die
Worte § 1 Tfic ufier^pac tuxtic t&TroXa|Lißdvu) parenthetisch zu fassen
und etwas weiterhin das übliche direXBeiv in diT^XOoizu verwan-
deln ; es lautet dann der letzte absatz des einleitenden gedankens in
deutscher Übersetzung also : ^denn so könntet ihr nicht blosz etwaige
vorbereitete redner hören und manchen nützlichen rat bekommen,
sondern — in Würdigung eurer glücklichen beanlagung (Ol. 3 § 15
Kai Top ciTTcTv xd b^ovia nap* ufiiv elciv, i5 ävbpcc 'ASi^vaToi,
buväjüievoi Kai Tvwvai irdviuiv ufieic öEÜTaroi xd prfiiyTa) nehme
ich es an — etlichen würden auch ohne Vorbereitung vielerlei not-
wendige bemerkungen zur sache glücklich einfallen, so dasz ihr aus
allem eine leichte aus wähl dessen hättet, was zweckdienlich ist.'
mit andern werten: Athener, als aufmerksame zuhörer (irpoOujiuiC
dO^XovTec dKOueiv) braucht ihr nicht allein passiven anteil an den
gegenwärtigen Verhandlungen zu nehmen, sondern auch activen, ihr
könnt nicht blosz receptive (toGt' dv dKOUcavT€C XdßoiTe), sondern
auch recht productive (TToXXd dv diT^XOoi elTreiv) berater des Vater-
landes sein und so mithelfen, den Schleier zu lüften, welcher zur zeit
des Vaterlandes zukünftige wahre Wohlfahrt unsem äugen verhüllt
(qpavepöv t^v^cGai tö m^XXov cuvo(ceiv t^ iröXei); fürwahr eine
überaus packende captatio benevolentiae ! die Überlieferung läszt die
von dem doch vorbereiteten (dcKepfi^voc Tic) Demosthenes jeden-
falls beabsichtigte antithese nicht scharf genug hervortreten.
Nakbl. Johannes Richter.
BESTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOeiE
HERAU8GEOEBBN VON ALFBED FlBCKBIBSN.
(13.)
ZUR GESCHICHTE UND C0HP08ITI0N BEB ILIAS.
VI. ÜBER DAS ACHTZEHNTE BUCH DER ILIAS.
Dasz die bücber N — P, wenigstens ihrem gnmdsiocke nach, sur
alten fif^ic 'AxiXf)oc gehören, ist ebenso gewis wie dasz sie daroh
spätere Zusätze erweitert sind , Aber deren zahl und umfang ieh in-
dessen an dieser stelle keine behanptungen aufstellen will, die erste
hälfte des buches C (v. 1—367) ist ebenfalls ein teil der alten
epopöe vom zome des Achilleus, während die zweite hälfte das werk
des zweiten bearbeiters ist.
Was die erste bälfte des buches C betrifft, so hat im gegensatz
zu der so eben aufgestellten behauptung CRothe (jahresber. des
Berliner philol. Vereins 1887 s. 281) die ansieht vertreten* dasz
diese partie den spätesten teilen der Ilias angehöre, diese ansieht
halte ich jedoch für falsch und gedenke sie ausführlich zu wider-
legen, sie beruht zunächst auf der ebenfalls irrtümlichen meinung
desselben gelehrten, dasz die älteste Ilias nichts davon wisse, dasz
Patroklos von Hektor getötet wird und Achilleus jenen rächt. Bothe
sagt hierüber (ao. s. 291): 'wenn Zeus Achilleus versprochen hat ihn
zu ehren , wenn Achilleus erst dann wieder am kämpfe teilnehmen
will, wenn die Griechen in der grösten not sind, dann musz er wirk-
lich in dieser not eingreifen und nicht erst durch den tod seines
besten freundes dazu gebracht werden.' allein in der alten fif)vic
sagt Achilleus nirgends , dasz er in der äuszersten not der Achaier
wieder in den kämpf eingreifen will, sondern in dem späten buche I,
und wenn er es sagte, ist denn die entsendung des freundes und
der Myrraidonen nicht eine sehr nachdrückliche Unterstützung der
Achaier? ferner kann Bothe den tod des Patroklos nur als strafe
für die hartnäckigkeit des Achilleus in I ansehen, I aber gehöre zu
den spätesten teilen der Ilias. allein Patroklos fftUt einfach, weil es
Jahrbücher für class. philol. 18S8 hft 8. d4
f)14 KBrandt: zur geecbichte und composition der Ilias. VI.
sein geschick ist, weil er die wamung des Acbilleus TT 89 £f. in den
wind geschlagen hat und weil der dichter hierdurch das folgende
aufs schönste zu motivieren beabsichtigte.
Den hinfälligen gründen Bothes gegenüber bezeugt nun 1) X 331,
dasz Acbilleus den Patroklos rächt. 2) ist ohne den tod des freundes
wohl erklärlich , dasz Acbilleus die äuszerste not von den Achaiem
abwehrt, etwa so wie er es in C 202 £f. thut, aber nicht dasz er bis
unter die mauern von Ilios vordringt, nicht dasz er den Hektor
tötet. 3) die unbändige wut des beiden ist nur zu erklären, wenn
ein grund für diese auszerordentliche erbitterung vorlag. 4) für den
hasz des Acbilleus gegen Agamemnon ist es überaus charakteristisch,
dasz der grollende Peleüde nur durch die heiszen thränen des freundes
bewogen wird die Myrmidonen zu entsenden , und dasz er auch da
noch sich nicht überwinden kann selbst mit in den kämpf zu ziehen,
sondern den freund als führer seiner mannen ausschickt. 5) mit der
unmenschlichen grausamkeit des Acbilleus werden wir dadurch ver-
söhnt, dasz die schönste und erhabenste freundestreue das motiv für
dieselbe ist. wahrlich^ stammte die Patrokleia von einem Über-
arbeiter, so wäre dieser ein genialer meister, der ursprüngliche
dichter ein mittelmäsziger stümper gewesen.
Betrachten wir nunmehr auch , was eine zum teil sehr wunder-
liche hyperkritik an einzelbeiten gegen die erste hftlfte von C heraus-
gefunden hat. die verse 9—11 sollen mit P 410 f. in widersprach
stehen, aber wenn Thetis auch früher einmal gesagt hat (nOT^
C9), dasz vor dem tode des Acbilleus der beste Mjrmidone
fallen werde, so braucht sie ihm deshalb jetzt (P 401 ff.) noch
nicht gesagt zu haben, dasz Patroklos schon gefallen sei. übri-
gens ist P 400 — 411 eine verdächtigte partie. vorzüglich passen die
verse C 9 -- 1 1 , nach denen Acbilleus wüste , dasz vor seinem tode
der beste der Myrmidonen fallen werde, zu TT 89 ff-, wo der PeleYde
den freund allerdings ziehen läszt, um die Achaier von dem äuszer-
sten zu erretten, aber dafür auch seinen geführten warnt sich ja
auf das notwendigste zu beschränken und nicht gegen Ilios vorzu-
dringen.
Am schlimmsten ist es der partie 148 — 238 ergangen, diese
soll mit dem buche P in Widerspruch stehen und auch an und fUr
sich nichts taugen, welches ist denn nun die Situation am ende
von P? Menelaos und Meriones tragen den leichnam des Patroklos,
die beiden Aias schützen ihn, Aineias und Hektor greifen ihn an.
die kämpfe um die leiche des Menoitiaden sind entschieden, die
Achaier fliehen und haben zum teil schon den graben überschritten:
irepi t' dfiqpi T€ Tdqppov 760. was wunder, wenn es C 160 heisit,
dasz sie nunmehr schon vf)dc T€ Kai '€XXrjciTOVTOV erreicht haben?
während so die übrigen Achaier schon über den graben zu den
schiffen gelangt waren und sich somit den geschossen der Troer ent-
zogen hatten, war dies denjenigen, welche den leichnam des Patro-
klos trugen und schützten, nicht gelungen, diese befanden sich noch
KBrandt: zur gescbiehie and compofiiiion der Iliu. VL 515
jenseit des grabens. natürlich, wer eine schwere last tu tragen hrt»
kann nicht so schnell laofen , wie wer vielleicht gar noch scbild und
Speer fortwirft (P 760 f. iToXXä bk TCiix^a KoXdt ir^cov . . (pcutövTWV
Aavaujv). besonders der Obergang über den graben nraste für die
träger des leichnams schwierig sein, überhaupt laofen beiden w4e
die beiden Aias und Menelaos nicht so schnell fort wie irgend welche
andere, zumal wenn sie von beiden wie Aineias und Hektor snrück*
gebalten werden, die Troer waren natürlich auch noch nicht über
den graben gegangen : vor einem so geffthrlichen unternehmen pflegt
man sich erst zu bedenken und zu sammeln, auch 153 OÜTIC top
bf| TÖv T^ Kixov Xaöc T6 kqI Imroi ''öauip T6 stimmt vorzüglich sa
P 725—34. bald blieben die Troer erschrocken stehen , bo dasz
Menelaos und Meriones den leichnam ruhig, weiter tragen konnten,
bald stürmten sie wieder auf den toten Patroklos ein. so auch
C 153: wieder einmal erreichten sie den leichnam. (gegen Hentze
anhang zur II. VI s. 109.)
In den versen 171 ff. sagt Iria, dasz um Patrokloe der kiimpf
vor den schiffen rast, dasz die einen ihn retten, die andern ihn bin*
wegschleppen wollen , und dasz in diesem kämpfe viele fallen, was
hiervon sollte wohl zu dem Schlüsse von P nicht stimmen? (gegen
Hentzeao.) femer soll das dpijccacdai und ^K^^eyai- 152. 156. 165.
174. 176. 232 sowie das iTOb<!iv Xdßc 155 beweisen, dasx Patroklos
am boden lag. an einem getragenen leichnam kann man aleo nicht
ziehen und zerren? womit soll man solche gründe widerlegen?
(ge^en Hentze ao.) sodann sollen die werte 157 f. beweisen, dasz
die beiden Aias ihren posten verlassen haben, das nicht, sie sind eben
einen augenblick von Hektor zurückgedrängt, (gegen Hentze ao.)
KpOßba Aide dXXuiV Te Oetiav (168) soll dem widersprechen, dasz
Zeus auf dem Ida, nicht auf dem Olympos ist. aber konnte Zeus
vom Ida aus die Iris nicht besser zu Achilleus gehen sehen als vom
Olympos aus? (gegen Hentze ao. s. 118.) mit recht schickt femer
Here die Iris heimlicb. denn nach der auffassung der alten jLlf)viC
weisz sie nicht, dasz Zeus nichts will als dem Achilleus genugthuung
verschaffen, und dasz also das wiedereingreifen desselben in den
kämpf ganz nach dem willen ihres gatten ist; vielmehr denkt sie,
dasz derselbe jetzt seinem lieblingsvolke endgültig sieg geben will und
deshalb durchaus keine einmischung wünscht, (gegen Hentze ao.)
das auftreten der Athene in 203 ff. bedarf keiner besondem erklS-
rung : denn diese göttin ist überall zur band, wo es gilt den Achaiem
zu helfen, (gegen Hentze ao.) wenn sodann Athene 204 die aigis
trägt, welche P 593 Zeus hatte, so ist das nicht besonders merk-
würdig. Zeus, der seinen scbild 0 229 dem Apollon gegeben hatte^
um Achilleus zu ehren, hat ihn hier zu demselben zwecke der Athene
überlassen, der dichter brauchte dies nicht genau zu erzählen, er
berichtet ja auch nicht dasz Apollon, nachdem er die aigis genug ge-
braucht hatte , dieselbe dem Zeus wiedergab, und doch hat dieser
sie in P wieder und benutzt sie. weil eben die götter alles leicht
516 EBrandt: zur gcecliichte und composition der 11ia8. VI.
und obne mttbe tbun, dispensiert sich der dichter oft von einer
genauen erzfthlung der ereignisse in der gOtterwelt. so auch in A,
wo nichts davon erzfthlt ist, dasz Apollon aufhört zu schieszen und
sich in den Olympos zurückbegibt, von dem er mit so schrecklichem
gerassei herabgekommen war. (gegen Hentze ao.) wenn nun Athene
die aigis umhängt, den Acbilleus durch eine wunderbare flammen-
erscheinung furchtbar macht und ihre stimme mit der des PeleYden
vereint, so erblicke ich hierin nicht eine Verwirrung, sondern eine
wirkungsvolle summierung der motive. auch kann ich nicht finden^
dasz die verse 233 — 38 kurz bis zur Unklarheit seien. Acbilleus
folgt nicht dem sich in bewegung setzenden leichenznge, sondern
den sich um die bahre versammelnden geffthrten.
Wenn femer 239 Helios noch nicht mtlde i&t, so mag das wohl
nach dem jetzigen gange der Ilias wunderbar erscheinen, da ja schon
A 86 der tag weit vorgeschritten ist; dagegen keineswegs nach dem
ursprünglichen gange der alten Mf)vic, in welcher die 'Atc(|li^|liV0V0C
äpiCTcia (A) von der TeixoMOtxia (M) durch eine nacht getrennt war.
schier unglaublich ist es auch, wenn behauptet wird, dasz die nieder-
geschlagenheit des Pulydamas, die sich in dem ersten teile seiner
rede ausspricht, dem zuversichtlichen tone am Schlüsse derselben
widerspreche. Pulydamas fürchtet eben eine o£fene feldschlacht sehr,
dagegen hofft er viel von der Verteidigung der mauern und türme
von Ilios. (gegen Hentze ao. s. 120 f.) sodann heiszt es 314 f. dasz,
während die Troer das mahl einnahmen, die Achaier den Patroklos
die ganze nacht beweinten, damit steht nicht in Widerspruch, wenn
wir 355 lesen, dasz die Mjrmidonen in der Umgebung des Patroklos,
nachdem sie den leichnam gewaschen und ins leichentnch gehüllt
hatten , die ganze nacht hindurch mit dem Peletden jammerten und
klagten, hierdurch ist nur ausgedrückt, dasz alle Griechen um
Patroklos weinten , besonders aber das gefolge des Acbilleus.
Endlich musz ich mich sogar zum Verteidiger der verse 356 — 67
machen , welche allgemein , aber meist indicta causa verurteilt wer-
den, das wiedereingreifen des Acbilleus und der schlieszliche sieg
der Achaier ist ganz nach dem sinne des Zeus, welcher ja dem Pe-
lelfden genugthuung verschaffen will. Here aber bildet sich ein, dan
Zeus die Achaier überhaupt ganz vernichten wolle und dasz sie das
wiederauftreten des Acbilleus gegen den willen des Zeus durch*
f^esetzt habe, dieser läsxt nun seine gemahlin bei ihrem glauben
und spendet ihr ironisch lob: ^nun hast du es doch durchgesetit.'
und neckend fügt er hinzu: Jährlich, die Achaier sind doch wohl
<leine eignen kinder.' anstö^zig ist nur da^ öine, dasz dies gesprftch
y. wischen Zeus und Uere doch offenbar im Olympos stattfindet und
dasz von einer rückkehr des Kroniden in den gOttersitz nichts gesagt
ist. aber diese Schwierigkeit bliebe bestehen, auch wenn 366 — 67
unecht wären, auch dann ist nicht erzählt, dasz Zeus vom Ida lu-
rückkehrte. oder verweilte er dort die ganze nacht? allein wir haben
schon oben gesehen , dasz die ereignisse in der götterweit nicht mit
K Brandt: zur gesohichte und eompoftition der lliat. VI. 617
absoluter genauigkeit geschildert werden, der dichter hielt es eben
für selbstYerstftndlicb , dasz jeder sich denken würde, dasz mit dem
untergange der sonne , wo alles sich schlafen legte , auch Zens sich
zur ruhe begab, und dasz Zens nach diesen schmeichelnden Worten
sanfter neben seiner herschenden gemahlin ruhte, als wenn er sich
vorher mit ihr gezankt hätte, liegt auf der hand.
Demnach darf man es wohl als erstaunlich bezeichnen, dasz emer
so scharfen und eingehenden kritik die erhabene Schönheit dieser
partie entgehen konnte, die der feinsinnige Lehrs mit so treffenden
Worten gepriesen hat. gewaltig, unbändig und wahrhaft heroisch ist
die klage des Achilleus um den getuteten freund, rührend die traner
der in ihren schönsten mütterlidien hoffoungen geteuschten Ihetis,
süsz und schmeichelnd die anrede an ihren söhn, und wer erinnerte
sich nicht bei der folgenden scene zwischen mutter und söhn jenes
gesanges von Hermann und Dorothea, welcher dem dichter selbst
immer thränen ins äuge lockte und welche der letzte und gröete
Homeride aus dem tragischen und heroischen des Homeros ins idyl-
lische und bürgerliche übersetzte? gewaltig ist das letzte ringen
um den leicbnam des Patroklos, übermenschlich das erscheinen des
Achilleus, übermenschlich auch die Wirkung dieses erscheinens. einen
bedeutsamen ausdruck findet diese in den Worten des Puljdamas,
und trotz der kecken gegenrede des Hektor ahnt man wohl, dasz die
befürcbtungen des klugen PanthoYden gegründet sind, rührend end-
lich ist auch die fürsorge für den leichnam des Patroklos.
Aber nicht nur schön, sondern auch alt ist die erste hälfte von C
die erste erweiterung der alten epopöo vom zome des Achilleus,
B 42 — H 312, eine verhältnismäszig frühe und von einem wirklichen
dichter herrührende partie, ist später als C 1 — 367. denn verschie-
dene verse und versteile, welche in C ein originales gepräge tragen,
finden sich in jener partie wieder, allerdings keineswegs ungeschickt
verwendet, aber doch so, dasz etwas ursprünglich bedeutungsvolles
abgeblaszt und rein als phrase oder als epitheton omans erscheint,
so ist in dem €i3p€ AuKäovoc xAöv ä|Liu|iOvd t€ Kparepöv T€ (A 89.
€ 169) das ä|üiu|Liovd t€ Kparepöv re nichts als eine formelhafte
redensart, fQr die ebenso gut etwas anderes hätte stehen können,
dagegen in C 54 ff. wird das oxymore bucapiCTOTÖK€ia erklärt, und
zwar zunächst das dpiCTOTÖKeia durch ^t' £iTel &p T^KOV ul6v
dfiufiova T€ Kparepöv re usw., sodann das buc* durch röv
V oux uTTob^Hofiai aÖTic olKabe vocrrjcavro, böfiov TTtiXtiiov
ekuj. öcppa be fioi Ivjei Kai öp$ qpöoc i^€X(oio, dxvurai. man sieht
dasz dfiu^ovd re Kparepöv re hier das Schwergewicht des gedankens
trägt und durchaus nicht ausgelassen oder durch irgend etwas an-
deres ersetzt werden konnte.
Sodann betrachte man H 163 ff. r(jj b' in\ Tubeibnc dIpTO
Kparepöc Aio^rjbiic, roici b* dir' Aiavrec Goöpiv diruifi^voi
dXKii V, roici b' in* usw. es ist klar, dasz OoCpiv £iTi€i|Lidvoi dXxt^v
zwar nicht unpassend, aber doch nur ein epitheton omans ist. ganz
518 KBrandt: zur geschieh te und composition der Ilias. VI.
anders passen dagegen diese worte C 157, wo in schwieriger sitnaiion
mit Übermenschlicher ausdauer von den beiden Aias die wütenden
und immer wiederholten angriffe Hektors abgewehrt werden.
Der yers B 385 lautet: ujc k6 TravTHi^pioi CTutepiij KpiV((;|Li€0'
"April, der krieg heiszt CTUTCpöc, weil jeder krieg schrecklich isL
aber in ganz anderm sinne wird in C 209 der krieg CTUTCpöc genannt,
denn wenn die be wohner einer stadt, die auf ferner insel liegt und des-
halb an fremder hilfe schon fast verzweifelt, tags kämpfen und nachts
hellflammende Scheiterhaufen entzünden, um durch den nächtlichen
feuerschein vielleicht doch noch die umwohner auf ihre not aufmerk-
sam zu machen , so musz man gestehen , dasz die Situation der be-
lagerten eine verzweifelte ist , dasz dieser krieg im besondern sinne
CTUTCpöc genannt werden musz.
In € 29 heiszt es iräciv öpivOr) 6u)üi6c, nachdem die söhne des
Dares , zwei unbekannte gröszen , besiegt waren ; und zwar war der
eine getötet, der andere in die flucht gejagt worden, eine ganz andere
veranlassung zu dem iräciv öpivQr) Oufiöc war in C 223, wo Achil-
leus, durch Athene mit schrecken und leuchtendem glänze umgeben
und mit mächtiger stimme begabt, in den kämpf wieder einzugreifen
droht.
Endlich ist der vers B 139 dXX' äjeff, ibc fiv ^T^v elirui, tt€1-
6(Jb|Li€6a TrävT€C ja gewis nicht zu tadeln, aber fdr C 297 ist er offen-
bar zuerst gedichtet worden, denn hier ist das djubv dem Vorredner
Pulydamas, das iT€i6u)|Li€6a dem dirmeiceTai , das irdvTec dem oö
"i&p TIC entgegengesetzt
Aber noch mehr: es finden sich in der ersten hälfte von C
andeutungen über einen verlauf der erzählung, welcher von dem
gange unserer jetzigen Ilias abweicht, diese andeutungen weisen
darauf hin, dasz die erste hälfte von C für einen ursprünglichem
verlauf der erzählung gedichtet wurde, so ist bereits von Lachmann
bemerkt worden , dasz nach C 75 Achilleus sich nicht der Tbetis als
fürsprecherin bediente, sondern selbst zu Zeus betete, auch habe
ich schon dargethan , dasz dies der gang der erzählung in der alten
fif^vic war, und dasz der bittgang der Thetis und alle stellen, welche
diesen erwähnen, zu den spätesten teilen der Ilias gehören.
Interessant ist auch das iterativum xcx(p€CKOV (259). haben die
Troer mehr als 6inmal in der ebene gelagert? nach unserer jetzigen
Ilias allerdings nur einmal, nemlich am ende des zweiten sohlaäii-
tages. aber die gestaltung der alten fif^vic war eine andere, wie
schon erwiesen wurde, lag ursprünglich zwischen den kämpfen der
*ATa|üi^|Livovoc dpiCTcia (in A) und denen um die mauer (M) eine
nacht, und diese wurde von den Troern im freien felde zagebracht.
aber auch in der nacht, welche den creignissen des buches A vorans-
gieng, dh. in der nacht vor denjenigen kämpfen, welche nach der alten
fif^Vic die ersten waren und unmittelbar dem träume in 8 folgten,
müshcn die Troer nach der ursprünglichen gestaltung der dich-
tung in der troischen ebene campiert haben, dies kann man noch
EBrandt: zur geschichte und composition der Iliaa. VI. 519
jetzt deutlich aus dem an&nge von A erkennen, hier wird der
auszug der Achaier aus dem schlffiriager genau geschildert, da*
gegen lesen wir nichts Ton einem auszug der Troer aas der stadt,
vielmehr wird nur gesagt, dasz sie sich auf der Jböhe der ebene
wappneten, sie hatten eben bivouakiert und brauchten daher nidit
auszurücken, eine andere frage ist, wie die handlung in der alten
|Lif)vic gestaltet war, wenn die Troer schon Tor der erOfihung des
kampfes in der ebene lagerten, dies können wir jetzt nicht mehr.
mit bestimmtheit sagen, da das verloren ist, was ursprünglich zwi*
sehen A 346 und B 1 stand, wahrscheinlich hatten die Troer berdts
von dem grolle des Achilleus gehört und wagten sich schon ani abend
desselben tages in die ebene hinein.
Dagegen mit dem verse C 369 beginnt eine völlig anders ge*
artete partie. das verweilen der Thetis bei Hephaistos und die 6ir)U>*
TTOiia hat der dichter sidi offenbar gleichzeitig mit den in 148-* 868
geschilderten ereignissen gedacht; doch hat er nicht beachtet , daas
der gang der Thetis zu Hephaistos an . dieser stelle so onglttoklioh
eingefügt ist, dasz man nicht weiss, ob man sich als die zeit dieses
ganges die nacht oder den folgenden tag denken soll, denn die
sonne ist längst untergegangen (239 f.), und nacht lagerte über den
schiffen der Achaier, über dem lager der Troer und über den woh?
nungen der seligen götfer : s. hierüber Bekker Hom. blfttter 11 s. 232.f.
In 382 ist Xdpic als singularis aufflKllig, sonst lesen wir in
Ilias und Odyssee nur von XdpiTCC, und zwar in dem erstem ge-
dichte sowohl in den teilen welche der alten liftvic zuzurechnen sind
(Z 267. 275. P51), als auch in denjenigen welche ich als die erste
erweiterung bezeichne (€ 338).
Die verse 385 f. sind offenbar den versen e 87 f. nachgebildet,
als aiboToc bezeichnet in der Odyssee Kalypso den Hermes mit recht,
denn diesem als einem abgesandten des Zeus war die nymphe ehr-
furcbt schuldig und folgte demgemäsz dem befehle des götterboten,
ohne sich zu weigern , so schwer es ihr auch werden mochte, auch
zu dem worte (piXoc hatte Kalypso besondere veranlassung. wer>so
weit von menschen und göttem entfernt wohnt wie die nymphe, dem
musz wohl in der that ein besuch sehr angenehm sein, auch das
iräpoc T€ M^v oü ti 6a|Lii2[€ic ist der Situation sehr angemessen, trotz
günstigsten windes ist doch eine ununterbrochene Seefahrt von mehr
als 17 tagen und 17 nachten nötig, um von Ogygie nach Scherie
zu gelangen, kein wunder, dasz Kalypso nur selten besuch erhielt,
wenn dagegen Charis die Thetis aiboiTi T€ qpiXr) Te nennt, so scheint
hierzu eine besondere veranlassung zunächst nicht vorhanden zu sein.
erst nacbträglich erfahren wir von den Verdiensten der Thetis um
Hephaistos, welche diese anrede vielleicht rechtfertigen könnten, und
was das Träpoc fe ji^v ofi ti OojiiZeic betrifft, so hatte* Thetis, die so
oft auf dem Olympos war, jedenfalls häufig gelegenheit dazu, ihren
frühem Schützling zu besuchen, während Hermes sicher doch nur
auszerordentlich selten nach Ogygie kam. das schlimmste aber ist,
520 EBrandt: zur gescbichte und composition der llias, YJL
dasz Cbaris eine antwort auf ihre frage gar nicht abwartet, so dasz
diese gänzlich unnütz ist und lediglich als eine phrase erscheint.
V. 390 kommt sonst nur in späten teilen der Odyssee Tor.
Auf die Unklarheit der ganzen scene hat EBembardt 'beitrag
zur Homerkritik' (Verden 1873) s. 16 £f. sehr richtig aufmerksam
gemacht. Tbetis findet den Hepbaistos und kommt ihm nahe (372
und 381), redet ihn aber nicht an, wird auch von ihm weder gesehen
noch angeredet, vielmehr tritt ganz unnötig und unerwartet die
Cbaris dazwischen, diese führt Tbetis hinein, aber man weisz nicht
wohin, man sollte denken in den räum, wo Hepbaistos arbeitet,
wenn Tbetis nicht schon in demselben war. aber nein , Hepbaistos
wird erst in das zimmer hereingerufen, in dem Tbetis sich befindet
dann verschwindet Cbaris spurlos in ganz unerklärlicher weise auf
nimmerwiederseben. die ganze bandlung ist der des späten bitt-
ganges der Tbetis ziemlich ähnlich, dort verwendet sich Tbetis fttr
ihren söhn bei Zeus, hier bei Hepbaistos. dort bat sie sich Ver-
dienste um jenen erworben , hier um diesen, dort wird der erwach-
sene Hepbaistos von Zeus, hier das kind von Here aus dem Oljmpos
geworfen, man sieht dasz der gott der esse saubere eitern hatte.
Bernhardt will 382 — 422 auswerfen, aber weder das vorhergebende
noch das folgende ist besser als diese partie. auch scblieszt sich 423
nicht an 381 an. dasz Tbetis sich setzt, kann nicht fehlen, und dasx
sie Verdienste um Hepbaistos hat, ist, wenn nun doch eüimal der
gang der Tbetis zu Hepbaistos genau erzählt werden sollte, eine ganx
angemessene erfindung.
In den versen 4*24 — 27 bat unser dichter noch einmal die
verse 6 87 — 90 nachgebildet, auch an dieser stelle läset sich die
Priorität der Odysseeverse deutlich erkennen, die freundliohkeit, mit
der Kalypso den Hermes zum reden auffordert und die erfQllung
seines begebrens schon im voraus zusagt, steht in einem fein be-
rechneten contraste zu der peinlicbkeit des auftrage, es wird des»
halb dem Hermes ganz besonders schwer mit der spräche berausxu-
rücken. er beginnt daher nicht ohne Umschweife : *da da mich nun
einmal fragst und es doch wissen willst, so will ich es dir sagen, ich
komme übrigens nicht aus eignem antrieb und wäre lieber des auf*
trags überhoben gewesen, aber Zeus hat es nun doch einmal be*
fohlen.' dies alles ist von wunderbar feiner kunstwirkung. dagegen
sind die verse 426 f. zwar nicht anstöszig, entbehren aber jeder be-
sondem feinbeit und drücken die gedanken des Hepbaistos eben nur
ganz schlicht aus.
Die verse 437—43 sind nicht besonders geschickt ans 66—62
entnommen, denn wenn man die verse 436—39 liest, sieht man
zunächst nicht ein , inwiefern die geburt eines so treflflichen sohnes
ein zweites leid für die mutter sein kann, und wird erst durch 440 1
hierüber aufgeklärt, dagegen bei der lectüre von 56 — 68 ist man
durch das bucapiCTOTÖKeia darauf vorbereitet, dasx selbst die gebart
des trefflichen sohnes für Tbetis zu einem grenzenlosen onglfick wird.
KKrandt: zar geschiohie und compotition der Ilias. VI. &S1
sodann beiszt es t. 62 : ^er jammert^ und ich kann nicht halfen, wenn
ich jetzt zu ihm gehe; aber ich will doch zu ihm geben.' in 443 da-
gegen hat das loOca keinen sinn, die inhaltsangabe Bodann, welche
in den versen 444—56 enthalten ist, bietet manchen anstosz nnd
hat eine auf&lligey schon von Aristonikos bemerkte fthnlichkeit mit
A 366—392, deren unwert ich an anderer stelle genttgend dargelegt
habe, man ist auch hier schnell bei der band gewesen die Terse
444 — 66 zu streichen, mit unrecht die ganze partie taugt nichts und
wird durch auswerfung dieser verse n^ scUechter. schon Hejne
bemerkt, dasz diese verse nicht ohne weiteres ausfallen können, und
Düntzer Aristarch 8. 128 gibt zu, dasz Tofiv€Ka (457) sich durchaus
nicht an v. 448 anschlieszt. allerdings musz Thetis, wenn sie Hephai*
stos um eine rüstung ftlr Achilleus bittet, ihm auseinandersetzen, wie
es kam dasz dieser jetzt keine hat und dasz Patroklos mit der rttstung
des freundes auszog, nun ist 444 f. -■ TT 56. 58. die verse 448 ff.
beziehen sich auf die der dritten schiebt angehOrige Presbeia zurück,
die verse 451 f. klingen, als ob Patroklos in veranlassung der Pres-
beia ausgezogen wSre. das näv 1\jxap (453) ist ttbertrieben. v. 456
ist aus T 414 entnommen und drttckt nicht aus, was eigentlich be-
absichtigt war, nemlich dasz Hektor die rflstung des Achilleus er-
beutete. V. 457 kommt nur noch in der Odyssee vor ■» y 92 und
b 322. das TofiveKa dieses verses ist infolge der Unklarheit dee vor-
hergehenden nicht ganz deutlich, die naohtrSgliohe bemerkung, dasz
Patroklos die waffen oder vielmehr nur den panzer des Achilleus
verloren hat, ist ungeschickt, bzw. falsch, auch hat Thetis nicht aus-
gedrückt, dasz Achilleus jetzt in den kämpf will und also der waffen
bedarf, auch v. 463 kommt wörtlich nur noch in der Odyssee vor:
V 362. TT 436. U) 357.
Hephaistos verläszt nun Thetis, holt alles gerät, welches er so
eben bei seite gepackt hatte , wieder herbei und schmiedet schild,
panzer , heim und beinschienen. Thetis mag sich inzwischen schön
gelangweilt haben : denn sie sieht nicht etwa dem schmieden zu, son-
dern bleibt allein zurück, die Verfertigung von panzer, heim und
beinschienen wird nur ganz flüchtig erwShnt , die des scliwertes ist
gänzlich vergessen , dagegen werden der des Schildes 130 verse ge*
widmet, die bild werke auf dem Schilde haben, wie schon Lesage
im 'hinkenden teufel' richtig bemerkt, keine beziehung sei es auf
Achilleus sei es auf die Situation, die rückkehr der Thetis aus dem
Olympos ist ebenso flüchtig erzählt wie die anfertigung von panzer,
heim und beinschienen. die göttin hat es so eilig, dasz sie nicht ein-
mal zu einem \vorte des dankes zeit hat.
Im gegensatz zu dieser auszerordentlich mangelhaften erzäh-
lung ist die beschreibung des Schildes , an und für sich betrachtet,
ohne tadel, wenn sie auch, wie die nachahmung mehrerer Odyssee -
verse beweist, einer späten zeit angehört, es ist daher nicht wohl mög-
lieb, für die erzählung des ganges der Thetis zu Hephaistos und die be-
schreibung des Schildes einen und denselben Verfasser anzunehmen.
522 WHRoacher: der kykeon des Hipponax.
Dagegen dürfte es nicht richtig sein, wenn man mit Zenodotos
die verse 483 — 608 ausscheiden wollte, denn die ganze zweite hälfte
von C scheint doch hauptsächlich nur zu dem zwecke an dieser stelle
der Ilias eingefügt zu sein, um die heschreibnng des Schildes, dieses
^griechische lied von der glocke', hier anbringen zu können.
Während somit C 1—367 der alten fif^vic angehört, musz ich
C 368 — 617 für eine eindichtung des zweiten bearbeiters halten,
denn in dieser partie finden wir eine zurückbeziehung auf das späte
I (C 448 f.), in ihr ist sogar schon die Telemachie benutzt (C 457
*=* f 92,b 322), und ihre ähnlichkeit mit dem bittgang der Thetis
zu Zeus (A 349 — 611) liegt auf der band, überhaupt sind die verse
C 368 — 477. 609 — 617 ganz in jener ungeschickten und unklaren
nachahmermanier geschrieben, welche wir als charakteristisch ftlr
den zweiten bearbeiter erkannt haben.
Königsberg in der Neuhark. Karl Brandt.
69.
DER KYKEON DES HIPPONAX.
Fr. 43 Bgk. KttKoTci biöcu) Tf|v ttoXüctovov ipuxi^v,
i^v |Lif| dTT07r^|Lii|Jijc die räxicrd jioi xpid^uiv
M^biMVOV, dic &v äXqpiTUJV iTOincu)|Liai
KUKeOüva irivuüv qpdpiiaKOV iroviipiiic.
"gewis mit recht behauptet Diels (Hermes XXIII s. 280), dasz itiviuv
unhaltbar sei, aber die bisherigen besserungs versuche (s. Bergk zdst.)
nicht genügen können . er selbst schlägt mit beruf ung auf Hippokrates
IT. biainic bd. I s. 674 K., der drei verschiedene arten des iaiK€U)V
(£qp' ubaTi, ^ IT * ol V ip , ^ttI jueXin) unterscheidet, vor zu lesen kukcuiv*
in' oivip, indem er voraussetzt, dasz dem Hipponax nur ein mit wein
bereiteter kuk€((;v wünschenswert erschienen sei. ich gestehe daax
mir diese Vermutung gleich von vom herein wenig einleuchtete; eine
genauere Untersuchung hat mich überzeugt dasz sie sogar vOllig un-
haltbar ist.
Offenbar gehört das vorstehende bruchstück zu derjenigen claase
von fragment^n, in welchen sich der dichter als in der höchsten
not befindlich darstellt, vgl. zb. die flehentlichen bitten um kleidong
fr. 16 — 19, namentlich die worte
dfiol Yop ouK IbujKQc oöre ku) xXaivav
baccTav, dv x^tfi^vi qpdpjLiaKOv ^itcuc,
gut' äcKdpi]ci Touc iTÖbac bacciijciv
fKpuvpac, (bc jLirj ^oi xiM^^Xa ^rJTVurai,
femer fr. 36 ouk ärraTac re Kai Xatibc KaraßpuKuiv usw., welche
verse nur dann verstftndlich sind, wenn wir annehmen dasz sie ein
darbender, hungernder dichter geschrieben hat (vgl. auch fr. 20. 38
und 39). genau dieselbe schreckliche not verraten aach die werte
WHRoschers der kykeon de« fiipponaz. 523
unseres bruchstücks. wenn der dichter (v. 1) sa^ KOKOlct b({»cui
Tf)V iToXucTOVOV qivxiiv, 60 kann das nur heiazen *ioh werde vor
not und elend sterben' : denn t|iuxf|v boOvat oder TaXefv f Atbt] ist
ein ganz gewöhnlicher ansdrack fQr 'sterben' (vgl. II. € 654. A 446.
TT 625. Find. Isthm. 1, 100. Eor. Phoin. 998), und qpdpjyuxKOV irovri*
piTic (v. 4; vgl. qpdp^oxov ^(t€VC fit'. 19) bedeutet 'faeilmittel gegen
not und elend', dh. in diesem &lle gegen hanget (Hesjchioa u.
7T0VT]pöv* dmTTovov. KaKOTiaOf). n. iroviipia* iiTtirov(a: vgL auch
TTÖvoc in der bedeutnng ^not, elend'), hierzn stimmt andb, dasz der
KUK6U)V , dh. der aus verschiedenen flttssigkeiten (wasser oder wein
oder milch oder honig oder aT^a laOpou) und geriebenen festen Sub-
stanzen und ge würzen (£Xq)iTa, Tupöc, tMx^v, fopaoer usw.)^ zu*
sammengesetzte mischtrank namentlich dann genossen wurde, wenn
es galt durch hunger, durst und anstrengung ermattete und herab-
gekommene, notleidende (KODCOiraOoOvTCC, K€K^t)ic6Tec) su aiftrkan
und zu erfrischen, vgl. zb. schol. IL A 624 ScTt hk bitpouc \oi\JSt 6
KUKeuiv £k biaqpöpujv eibi£iv ckcuoZö^cvoc . . Totc KaKOiraOoOct
Tap liriTfjbetoc ö kukcUiv TpO(pf|v fifia icaliroTÖv ^xuiv. [TTop-
(pupiou]: TÖ Toic KeKfit)KÖci ckcdoÜmcvov itotöv. Eustath. n.
8. 872, 38 CUV/jOnC f) TOiaUTTl TpO(pf| TOk f^pUlCIV f| TOO KUK6UIV0C
br)Xabf) Kai mövov dir\ dvatpOEei Xafmßavoji^vii (oö pf|v im Ocpa*
7T€ia), die eTvai xaKOiraOeiac aÖTf|v tropajüiOOiov. schol. Nik.
Alex. 130 jüiopöcv hk itotöv, tö £v KaKOiraOeiqi boO^v. so liszt
sich Nestor , als er mit dem leichtverwundeten Maohaon erschöpft,
durstig und hungrig aus der Schlacht zurttckkehrt, von Hekamede
einen aus wein, Ziegenkäse und gerstenmehl bereiteten kukcuiv vor-
setzen (II. A 624 ff. 638 ff.) ; so bittet die durch hunger, durst und
kunimer ermattete Demeter (vgl. hy. a. Dem. 200 fiTraCTOC dbi^Tlioc
i\h^ TTOTfJTOC ficTO ttöBi}! füiivOOouca ßaOuZdJVOio Ourcrrpöc), nach-
dem sie den ihr zunächst kredenzten wein zurückgewiesen, die Meta-
neira um einen nur aus äXq)i, Cbuip und yXifJxuiv bereiteten kukciAv
(ao. 208; vgl. schol. Nik. Alex. 130); so setzt endlich Kirke den von
anstrengung, kummer (Od. k 143) und hunger (k 155. 176 ff.) ent-
kräfteten gefäbrten des Odjsseus zunächst einen aus wein, mehl,
käse und bonig gemischten kukciIiv vor (k 234 ff.), offenbar weil
man solchen trank in der regel hungrigen, durstigen und ermüdeten
Wanderern zur Stärkung und erfrischung darzubieten pflegte, somit
war der kuk6ujv ein mittelding zwischen speise und trank, weil er
beides zugleich enthielt , daher er in der Odyssee (k 235 u. 290} als
speise (ciTOC), in der Ilias aber (A 641 ff.) und auch sonst (schol.
A 624. Apoll. Soph. lex. Hom. s. 105, 3 Bk. Erot. expl. voc. Hippocr.
Hesych. u. kukcOüv) als iTÖina bezeichnet wird (vgl. auch Festus ep. u.
cocetmn genus edulii usw. und KOMüller zdst. schol. A 630 kukcA
^ vgl. auszer den schon angeführten und noch anzuftihrenden stellen:
Orpb. Arg. 323 ff. Plut. sjmpos. VII 1, 4. Hippokr. bd. II 8. 450. 638 K.
die hauptsache bei der bereitung des kukcOjv war übrigens das gersten-
mebl, das wie es scheint nie fehlen durfte.
524 WHBoBcher: der kykeon des Hipponaz.
ä|Lia iTOTiu KQt dvpov 6vTa usw. Eust. II. s. 607, 6 und 870, 65
|Li€Ta£ii ßpiuToO Kai itotoG ö KUKeuJv eTvai bOKCi. ebd. 872, 38
cuvr|9Tic f\ TOiaÜTTi Tpoqpf) xoic f^ptüciv usw. ebd. Od. s. 1656, 65
kqI ßpuiTÖv kqO* *'O^Tipov ö . . KUK€U)v fjv USW.). dasz der icuK€d[iv,
auch der aus wasser bereitete, infolge des gröszern oder kleinem Zu-
satzes von äXqplTa (vgl. kuk€U)V Xctttöc und Traxuc bei Hippokr. bd. I
s. 466. 578 Fo6s) mehr oder weniger nährkraft besasz, bezeugt
ausdrttcklich Hippokr. bd. I s. 674 K. KUKCUiV bk ^övov dqp* äbaii
M^v v|iux€i Kai Tp^qpei, dir' oivip bk Oeppaivei Kai Tp^qpei xal
ktriciv* Im jüi^Xiti bi 9epjLiaiv€i jii^v f^ccov Kai Tpdqpei usw.
Haben wir somit gesehen , dasz auch der blosz aus wasser be-
reitete KUK€tüV vermöge der den dXqpiTtt eigentümlichen nährkraft
vorzugsweise ein den hunger stillendes, stärkendes und erfrischendes
getränk für arme', notleidende und entkräftete war, so werden wir
schwerlich mit Diels annehmen dürfen, dasz der offenbar mit den
bittersten nahrungssorgen kämpfende dichter, welcher sich zur be-
reitung eines nahrhaften KUKeuüv nur einen (für eine reihe von tagen
ausreichenden) scheffel gerstenmehl wünscht, die dem entsprechende,
nicht unbedeutende quantität wein vergessen haben würde, wenn
ihm, wie Diels meint, nur an einem aus wein bereiteten trank ge-
legen gewesen wäre, wir haben vielmehr allen grund anzunehmen,
dasz es dem fast verhongemden dichter lediglich darauf ankam für
eine reihe von tagen sein leben zu fristen , und dazu genügte eben
der |Lidbi|Livoc KpiOduiV, welchen er durch zusatz irgend eines wild-
wachsenden gewürzes (etwa yXrJxuiv') schmackhaft machen konnte,
so ergibt sich aber leicht das richtige wort, welches statt des unver-
ständlichen ITIVUJV einzusetzen sein wird, um den hunger des dich-
ters recht deutlich zu bezeichnen, nemlich ireivuiv (oder itetv^uiv?)«
was ja um so leichter in mvuiV verderbt werden konnte, als lu einer
gewissen zeit graphisch zwischen iretvuiv und TrivuiV kein unter-
schied bestand (vgl. GMejer gr. gr. § 113). hinsichtlich der bei den
iambographen neben einander vorkommenden participia auf -wv und
-dujv s. Renner in Curtius Studien zur gr. u. lat. gr. I 2 s. 41 u. 43.
ich lese also:
die &v dXqpiruiv^ Trotiicu)|üiai
KUKCoiva 1T61VUIV, qpdpjLiaKov Trovriptiic.
dasz diese le^ung aus graphischen und sachlichen gründen auch der
Ahrensschen sonst dem Zusammenhang einigermaszen genügenden
conjectur irivetv vorzuziehen ist, dürfte klar sein.
' wtgen seiner einfachlieit, nührkraft und weil er schnell bereitet
werden konnte (Plat IStant s. 406^], war der kukcuüv das stehende {be-
trank der dYpoiKOi: v^I Theophr. char. 4. ' vgl. ausser hy. a. Dem. 209
noch scliol. Ar. Fri. 712 und schol. Nik. Alex. lä. * vgl. Ober diesen
f^en. materiae Krüger gr. spr. 47, 8, 3 und namentlich dinl. syntax 47,8,3.
Thuk. VI 5, 1 usw.
Würzen. Wilhelm Heinrich Rosohhr.
OCrusius: Dionysios Periegeies und der imbrische Uermeadieiut. 526
70.
DI0NY8I0S PEBI£0ET£8
UND DER IMBBISCHE HEBMESDIENST.
Die von GLeue (Philol. XLII s. 175 fF.) in der periegesis des
Dionysios entdeckten akrosticha sind neuerdings in diesen blättern
(1887 8. 53 — 61) von GFÜnger behandelt worden, durchweg im
gegensätzlichen sinne, in die biographischen und litterarhistorischen
Streitfragen will der unterz. hier nicht unmittelbar eingreifen', son«
dem lediglich die kflhne religionsgeschichtliche hypothese prttfen,
von der ünger s. 55 ausgeht.
Die anfangsbuchstaben von v. 513 — 582 ergeben die worte
6eöc '€p^f)c ^TTt 'AbptavoO.* Leue übersetzt: 'gott Hermes
^bat dieses werk^ unter Hadrian ^entstehen lassen^': wobei der
hauptbegriff ergänzt werden musz und der dichter, weldier sonst die
Musen als fQhrerinnen nennt, sich selbst untreu wird (vgl. die
treffenden bemerkungen von ünger s. 55 f.).
ünger s. 56 meint, eine andeutung von Leue weiterführend,
wie das aus v. 107 — 134 gebildete akrostichon mit 0äpou auf v. 115
<t>apiiiv &Xa bezug nehme , so müsse auch dieses sich an einen der
verse anlehnen, welche zu seiner entstehung beigetragen haben.
der dichter schreibt 522 ff. lv6€V Kai Af)^VOC Kpovaöv TT^bov
*H(patcToto ir^TTTarat diTvrtii t€ 6dcoc Atifii^Tepoc dicr/i,
"'IjLißpoc OpriiKiii T€ Cdpoc KopußdvTiov äcTu usw. auffällig
sei hier einerseits dasz Dionysios bei den einzelnen inseln auch den
hauptcultus angebe^ anderseits dasz er es^ei Imbros nicht thue.
das versäumte hole er in einer 'anmerkung' nach, deren
stelle das akrostichon vertrete; diesen ^besondem weg' habe er
bei Imbros eingeschlagen , weil hier die Verhältnisse nicht so ein-
fach gewesen wären, sondern im laufe der zeiten Veränderungen ein-
getreten seien , deren datum er angebe, aus v. 524 sei also zu er-
gänzen (^v "'IjLißpuj) Oeöc *€p|Lific inx 'AbptavoO, und dazu weiter
(T€T0V€): 'auf Imbros ist Hermes gott, ist das aber erst
unter Hadrianus geworden.' weiter sucht ünger dann 8.57 ff.
nachzuweisen , dasz Heimes in dem culte von Imbros und den nach-
barinscln bald die Stellung eines dienere der eigentlichen götter,
< beiläufig sei nur bemerkt, dasz die parallelformen Dion und Dio-
nysios neben einander (wie in den meisten bss. des ßioc 8. 427 M.) als
namen zweier brüder in einer alexandriniscben gelebrtenfamilie vor-
kommen bei Plutarch de prov. Alex. 29 8. 15, 1. 2 m. a. (Leipzig 1887).
* Unger s. 56 schreibt: 'wie sauer [die herstellung des akrostichons]
dem dichter geworden ist, lehrt die betrachtung . . von v. 617 — 521,
welche nicht 6PMHC sondern €PM€C ergeben (v. 520 beginnt mit
CöptÜTTi^c), trotzdem aber . . jenen gottesnamen darstellen sollen.' die
älteste hs., der Parisinus A, hat v. 520 'Htoi 5* 6(ipiOirr|C (vnlg. €üpiil-
irric b* ^TOi): was natürlich beibehalten werden mnss, wie auch Leut
gesehen hat.
526 OCrusius: DionysioB Periegetes und der imbrische fiermesdienst»
bald die eines gottes eingenommen habe, letztere aber erst in 'spft-
terer zeit'.
Leider musz der unterz. die gelehrten ausfübrungen üngers hier
schritt für schritt bekämpfen.
Erstens: in dem Kabeirencultkreise, zu welchem Imbros
wie Lemnos und Samothrake gehören, hat Hermes von uralter
zeit her als gottheit neben Demeter die hauptrolle gespielt,
ünger operiert s. 57 £f. immer nur mit den schielenden deutungen
des Mnaseas und Varro und läszt dabei den clussischen zeugen, Hero-
dotos II 51, überhaupt nicht zu worte kommen: ToO bi 'Gp^^u) ra
dTdXjLiaTa 6p6d ^x^iv Tot aiboia . . liejLUxOrJKaci . • dirö TTeXac-
Tiüv . . 'AGrivaToi . . öctic bk xd Kaßeipuiv 6pf\a ^e^iirirm, xd
CaMo6pr|iK€C dTTixeX^ouci irapaXaßövxec irapd rTeXacTuiv, ouxoc
djvnp oTbe xö X^T^ . . ol b^ TTeXacTOi (die historischen Inseltyrsener,
die Herodotos nach ausweis der lemnischen inschrift ganz richtig fflr
barbaren erklärt bat) Ipöv xiva Xötov nepi aOxoG (*€pfi^ui) £Xe£av,
xd dv xoici iv CaiioGpriiKij liucxripioici bebr|Xuixat. also Hermes —
mag er nun im spätem culte selbst als ^^TQ^ ^^öc angerufen oder nur
als dius quidam administer^ betrachtet sein — gehörte als gott-
heit neben Demeter zum alten kerne dei Kabeirengruppe: in wel-
chem sinne, das ist sehr schön bereits von KOMüller und HDMüUer
(myth. dergr. stamme II) ausgeführt worden; vgl. auch des unterz.
'beitrage zur myth.' s. 14 f. 18 fi. dasz man den Hermes in dem ver-
wandten imbrischen dienste degradiert habe , um ihn später wieder
zu erhöhen, ist an sich höchst unwahrs^cheinlich und könnte nur durch
die klarsten Zeugnisse glaubhaft gemacht werden, die von ünger
s. 58 f. zusammengestellten notizcn zeigen lediglich, dasz es solche
Zeugnisse nicht gibt, da sie sonst dem gelehrten vf. schwerlich ent-
gangen wären.
Zweitens : ungerechtfertigt ist die einschränkung der notiz auf
Imbros.^ wenn dieser insel kein besonderem epitheton beigelegt
wird, so wird sich das einfach dadurch erklären, dasz der dichter sie
mit dem benachbarten Samothrake als Kopußdvxiov dcxu auf ^ine
stufe stellte; und in der that scheint der mysteriendicnst in Imbros
dem samothrakischen im ersten grade verwandt gewesen zu sein.*
aubzerdem ist der Hermesdienst in der ganzen Kabeirencultreihe von
Theben bis Samothrake nachweisbar (vgl. 'beitrage' s. 13), insbeson-
^ 80 Varro de f. tat, VII 34. Un^^cr führt diese stelle mit sam be-
weise dafür an, dasz HcrmeR nicht pott gewesen sei — was soll dann
aber diu* lieiseen? die von Varro vertretene anffassang des Hermet
{adminitter diU magnU) entspricht schwerlich dem alten religiösen ge-
danken, sondern wird nichts anderes sein als eine umdeutung im an-
schliisz an die viilj^äre dichterniythologie. * Uhnlich schon Leoe.
* vgl. lamblichos v. Pyth. 151 irapA Tf|c TcXcrfjc iv '€X€Uclvi T€VOfi^VT)c
iv 'iMßpw T€ Kai CaMo6pdKi] Kai AnXcu. die Titanen auf der nenerdings vom
unters, im rhein. mus. XLIII .'i05 f. behandelten imbrischen mysterien-
instihrift deuten auf korvhantisch-kurctische elementc des oaltus: vgl.
allg. encycl. 'Kal>ircn* 2e sect. XXXII s. 23.
OCruBiuB : Dionysios Periegetet ^d der imbriiohe Uermesdientt 527
dere auf den in der periegesis genannten inseln Lemnos nnd Santo*
tbrake. wollte also der dichter beilftafig von Imbros eine derartige
einzelnotiz mitteilen, so durfte er das akrostiohcm doch niebt so
anbringen, dasz es der leser ebenso gat nnd besser auf Lemnos oder
Samotbrake beziehen konnte, vor auUem aber: wie kam der dichter
dazu das akrostichon 'alsanmerkung'zu benutzen und darin eine
für den text bedeutsame, ja im texte nach ünger zu vermiasende
notiz nachzutragen? warum setzte er, zumal wenn ihm die her-
stellung des akrostichons so 'viel mtthe madite', nicht lieber einen
hexameter zu? für diese Verwendung des akrostichons wird ünger
schwerlich belege beibringen können.
Drittens: auch ünger ergänzt die hauptbegriffe, nicht nur die
logische copuia', wenn er 6€6c *€pfif)c iiA *AbpiavoO übersetzt
'^auf Imbros^ ist Hermes gott, ^ist das aber erst^ unter Hadrianus
^geworden^'. in der that, wenn der dichter diesen gedanken mit diep-
sem akrostichon hfttte ausdrücken wollen, könnte man mit Erasmus
fragen: 'quorsum attinet anxie disquirere quid senserit is, qui data
opera curavit ne posset intellegi?' aber müssen denn überhaupt
diese werte einen einheitlichen satz ausdrücken, wie auch ünger
mit Leue annimt? können die beiden ftuszerlich verbindungsloeen
und innerlich so schwer zu verbindenden bestandteile teöc *€p^f)c
— ^m ^AbptovoC nicht wirklich von einander unabhftngig sein?
ich denke , diese noch gar nicht in erwägung gezogene möglichkeit
wird sieb mit nutzen in anschlag bringen lassen.
Ehe wir aber selbst einen versuch machen die vier rfttselworte
zu deuten , wollen wir uns vor allem an die üblichen erscheinungs-
formen und aufgaben des akrostichons erinnern, bei kleinern epi-
grammatischen gedicbten deutet das akrostichon oft auf den behan-
delten Vorwurf hin , oft gibt es aber auch den namen des Verfassers
an; das gedieht bat nicht mehr verse als in dem akrostichon unter-
gebracht werden können (beispiele bei Teuffei- Schwabe BLO. § 26, 6).
bei gröszern gedichten vertreten die meist am anfang oder schlusz
angebrachten akrosticba geradezu den titel; der dichter hat dabei
die nebenabsiebt sich die autorschaft an dem gedichte zu sichern, so
dasz man das akrostichon mit der C9paYic der alten hjmnen verglei-
chen kann , in welcher der sänger seinen namen nannte oder höchst
persönliche themata besprach, vgl. La. Diog. VIII d, 78 Kai Trapa-
CTixibia dv Toic TiXeicToic täv uTTO^vii)idTUJV itenoiiiKev (Bpichar-
mos), olcbiaca9€i, ÖTiauTOÖ icxi id cuTTpä^^ara fvgl. aber
Lorenz 'Epicharmos' s. 66). Cic. de divin, II 111 ea quae €e%(^uxCg
dicitur, cum deinceps exprimis versuum litteris aUquid conedUuff ut
in quihusdam Ennianis ^Q. Ennius fecit* (LMüller *Q. Ennius'
8. 251). in diese gruppe gehört sicher das erste akrostichon 109 — 134
djLifl Aiovuciou T&v dvTÖc <t>äpou (Traxplc), wie Leue s. 176 ent-
wickelt, sollte das zweite akrostichon nun wirklich einem ganz an-
dern zwecke dienen, einem zwecke dem es sonst nicht zu dienen
pflegt? schwerlich: sondern wir werden in ihm naturgemftsz eine
528 OCrusiuB: DionyBios Periegetes und der imbrische Hermesdienit.
ergänzung des ersten suchen, eine solche bieten nun in der that
nach Leues anscbauung die worte im 'Abptavoö: es wird damit
die zeit angegeben , in welcher der Verfasser gelebt und seine peri*
egesis geschrieben hat: wie man bei dramen die erste anfftthrong
mit im äpxovTOC toC beivoc notierte und heutzutage auf buchtiteln
die Jahreszahl hinzusetzt, freilich dasz der Hadrianos des akro-
ätichons nicht der rOmische kaiser, sondern irgend ein obseurer
magistrat gewesen sei, wie der propraetor von Asia C. Fabins
Hadrianus (ünger s. 60 f.), davon wird man sich unter dieser Vor-
aussetzung schwerlich zu überzeugen vermögen.
Aber was sollen wir nun mit den isolierten worten G€dc 'Cp^f^c
anfangen ? Rühl hat im rhein. mus. XXIX 86 die feine bemerkung
gemacht, dasz unser Dionysios ein dvf)p b€tctbai)iOV^CT€pOC ge-
wesen Bei. denn 'bei der beschreibung von Europa und Africa wird
nichts historisches erwähnt . . dagegen werden überall die tempel der
götter hervorgehoben, und zwar mit absoluter ausschlieszlichkeit,
und alle berühmten göttersitze . . werden in dieser ihrer eigenschaffc
gefeiert, so dasz man sieht, dasz dem periegeten die religiösen Inter-
essen in erster linie stehen.' wie eine reminiscenz aus einem reli-
giösen hymnos klingen die vertue 604 f. Tok Toip äXirpoic €lv dXi
Kai TCtiQ KaKd jiupia Oi^KaTO baiMUJV : vgl. zb. Theokr. 26 (Lenai),
32. Kallim. 3 (Art.), 255. da nun femer der dichter in so auff&Uiger
imd doch versteckter weise auf die Kabeirenmysterien der von
ihm erwähnten inseln hindeutet, so ist wohl die Vermutung erlaubt,
dasz er an jenen weit berühmten, gerade in Hadrianischer zeit glttn-
zend wieder aufblühenden geheimculten als myste teil genom-
men hatte; also den 'sogen spendenden' Hermes als schutzgott ver-
ehrte, die Worte Oeoc 'Gpfific sind nichts als ein anruf
an den gott, ein abgekürztes gebet, wie es der bcicibaiMUJV bei
jeder handlung spricht, so steht auf inschriften als einleitung der
verschiedenartigsten Urkunden 9€oi (Dittenberger sylloge n. 6. 23 f.
42. 49. 120. 135—358. 3«i6), Geöc Tuxn (lö7. 222. 317. 324. 443),
Gcöv Tiixn «Taeri (322. 377), (Geöv) Tuxav draedv (67. 446),
Oeoi (Geöc) | ^ttI AuciCTpdTou dpxovTOC (71), Öeoi | tn\
XapiKXetbou dpxovTOC (74, ähnlich 163. 186 ff. 207. 313. 365.
438 USW.) G6ÖC TUXT] dTCiGri | ßaciXcuovTOC 'AXeEdvbpou
It€i dvbCKdTiu (114), G€oi tuxij dyctG^ | €7t* dpxövTiuv Kpa-
Tivou, rToXu2!rjXou usw. (373); und in handschriften und alten
drucki*n Ut neben dem datum meist G€Ui böEa, cuv Geui, iv övö^aTl
TT^c dyiac rpidboc und ähnliches zu lesen, diese analogien zeigen
deutlich, dusz auch bei Dionysios jene ganze (offenbar officiellen ur«
künden nachgeahmte) formel der datierung des Schriftwerkes
dienen sollte.
Tübingen. Otto Csuaius.
GFOnger: der Hyakinihieiimonat 52^
71.
DER HYAKINTfflENMONAT.
Der lakoniäcfae monat Hekatombeas , Ib welehem dato grosse
Hyakinthienfest gefeiert wurde*, ist Philol. XZXVII s. 17 ff. (der
Isthmientag und die Hyakinthien) dem attischen Thargelion, also
ungefähr dem mai gleichgesetat worden; um eine stelle spfttefi
gleichzeitig mit dem att. Skirophorion seteen ihn Latisoheff 'flb^r
einige äolische und dorische kalender' (russisch) s. 183, Ernst
Bischoff Me fastis Oraecorum antiquioribns* (Leipziger Studien VII
8. 369 ff.) und ßusolt'zur Chronologie und geschichtederPerserkriege'
(Jahrb. 1887 s. 36); noch spftter, in die zeit des juli (Hekatombaion)
fällt er nach Nissen* 'über tempelorientierung' (rhein. mus. XLII
[1887] 8. 46 ff.), die ermittlung der läge dieses monats ist von
Wichtigkeit fOr die Zeitbestimmung der Thermopylenschlacht und
der mit ihr zusammenhängenden ereignisse, und deswegen hat sich
Busolt mit ihr beschäftigt; durch Nissen hat sie au^ eine bedeu-
tung für die wflrdigung Xenophons gewonnen , welehem er Ittcken*
hafte , aus leichtfertigkeit zu erklärende darstellung schnldgibt. idi
habe mich weder von der trifligkeit dieses vorwürfe noch von der
notwendigkeit dem monat eine andere läge als die des Thargelion
anzuweisen überzeugen können; die gründe, welche gegen beidö
sprechen , werden im nachstehenden dargelegt.
Auszer dem Hekatombeus sind noch fünf lakonische monats-
namen auf uns gekommen ; unbestritten ist die läge des Eameios,
entsprechend (natürlich nur ungefähr) dem august, zu hoher Wahr-
scheinlichkeit von Böckb gebracht die des Artemisios und Gerastios^
jener ^ dem märz, dieser dem april zu gleichen; entspricht, wie
Latisoheff und Bischoff mit mir annehmen, der Herasios^ dem juli,
so kann es sich, da in den Phliasios die getreidereife ^ verlegt wird
1 Hesychios: '€KaT0|üi߀i!ic* )Lif|v irap& AaK€6(Ufiov(oic £v (|> rd TaKiv-
6ta. ' er rügt s. 64, dasz ich 'Zeitrechnung der Gr. and R.' § 43 im text
die von ihm beigebrachten stellen Plutarchs benatze, während in der
anmerkang gegen ihn polemisiert werde, hätte aber aas dem philol. ans.
XIV (1884) 8. 609 wissen können, dasz ich seiner 1886 erschieneoen
samlung nicht bedurfte; sie würde mir auch wegen ihrer anyollständig*
keit ebenso wenig dienste geleistet haben wie aus demselben gründe die
von AMommsen (1883). ^ nach Nissen dem. april, blosz deswegen
weil dies seine läge in den andern dorischen kalendern sei. in Wirk-
lichkeit besitzen wir aber nur für zwei von ihnen anhaltspankte der
bestimmung: in Kerkyra fieng das jähr mit dem Artemisios an, was für
gleichung mit april spricht; anderseits setzt eine inschrift (Ball, de
corr. Hell. VIII s. 22) den Artamitios auf Astypalaia dem amorginischen
AnthesterioD (wahrscheinlich wie in Athen februar) gleich, was nur bei
sonstiger gleichheit mit dem attischen Elaphebolion (märz) erklärlich
ist. * Nissen, welcher den Hekatombeus dem juli gleicht, läszt sich
über den Herasios nicht aus. > Steph. Byz. OXtoOc] AoK€6Qt)Liövtoi
Ttjv fjiTivujv ^va 0Xidciov xaXoOciv, iv «Ji toOc Tfjc tflccapitoOc dK^d2^€tv
cujußdßriKev. schon KFHermann aa. haben ihn dem juni gleichgesetst«
Jahrbücher für class. philol. 1888 hfU 8. 86
530 GFÜDger: der fiyakinthienmonat.
und der Hekatombeus sicher dem Kameios vorausgeht, nnr frageiii
ob (was meine ansieht ist) auf mai und juni der Hekatombeus and
bzw. der Phliasios treffe oder in umgekehrter folge dieser dem mai,
jener dem juni zu gleichen sei.
Den Phliasios für gleichzeitig mit dem attischen Thargelion
(mai) zu erklären hat sich Bischoff durch zwei gründe bewogen ge-
funden, welche Busolt für durchschlagend hält, erstens durch den
angeblich von Vömel Me quo anni tempore in Attica dK^&2[0VT0C
ToO CITOU dicatur' (Frankfurt 1846) erbrachten beweis, dasz in
Attika die reife des getreides im Thargelion stattfand, das attische
datum kann jedoch keinen beweis für das lakonische liefern: Attika
ist und war in dieser beziehung den meisten gegenden Griechenlande
voraus, eine specialbestimmung für Attika, schreibt AMommsen
'mittelzeiten' (Schleswig 1870) s. 7 f. (wo auch die andern citate
zu finden sind), musz auf ein früheres datum lauten als die allge-
meine , weil die ebenen um Athen und bei Eleusis früher ernten als
viele gegenden Griechenlands ; in derPeloponnesos reift nach Dodwell
das getreide 25 tage nach dem attischen ^ die ebene von Elis erntet
nach Curtius 14 tage später als die attische, mitte juni greg. btils ist
dort das körn reif; durchschnittliche anfangszeit des gerstenschnittes
(welcher der weizenernte vorausgeht) ist nach AMommsen der greg.
15 mai 9 während als allgemeine normalzeit desselben in der ebene
Griechenlands das ende des greg. mai anzusehen ist. nach juliani-
schem Stil , auf welchen die antiken data gestellt werden, entfallen
diese data für die classische zeit von Hellas um 7—6 tage später
(sonnwende greg. 21 juni = jul. 28, dann 27 juni), so dasz schon
für Attika regelmäszig der anfang des Skirophorion als emtezeit der
gerate anzusehen ist, wenn auch vor 337, zb. während des Archida-
mischen krieges wegen der mangelhaftigkeit der oktaSteris sie öfters
dem Thargelion (zweite hälfte) zufallen konnte; in unserm fidle,
hinsichtlich Lakoniens, kann von dieser um so weniger die rede sein,
weil sich das zeugnis des Stephanos nicht blosz auf die gerste, son*
dern auf alles getreide überhaupt bezieht, neugriechische bezeich-
nung des juni ist emtemonat (Öeptcrrjc) , und dasz wir recht thun
die modernen Verhältnisse auf die antiken zu übertragen, lehrt unser
locus classicus, Theophrastos bist, plant. VIII 2, 7 irepi Tf)V 'GXXdba
KpiOai jLi^v ^v TOI dßööjiiu, TTopd bi ToTc nXetCToic* ÖTböip (}ir\y\
TeXeioCviai), Trupol bk in TrpoceTTiXajißavouci. Theophrastos denkt
bei Hellas in erster linie an Athen, seinen wohnsitz ; die aussaat der
gerste fand nach bist, plant. VI 5, 1. VIU 1, 2 f. frühestens xu
winters anfang (gegen mitte november), etwas später die des
Weizens statt, dessen reife und ernte durch verschiedene umstände
noch mehr verlangsamt wurde, s. Philol. XLIV s. 649.
^ TT€XoTTOwr)ciotc scheint Plioius n. h. XVIII 60 geleien zu haben:
in Hellade septimo {mente metitur) hordeum^ in Peloponneto octanoj et
frumenta etiamnum tardiut.
GFÜnger: der Hjakinthienmonat 531
In der lakonischen colonie Thera — damit kommen wir znm
andern beweise Bischof -^ sollten laat CIQ. 11 2466 s. 1066 tan,
5n tage des Artemisios und des Hyakinthios (offenbar «** lakon.
Hekatombeus) gewisse erstlinge nnd zwar am 5n Hyakinthios einige
Scheffel gerste und weizen der gOttermutter geopfert werden, hier-
nach hatte EFHermann den Hyakinthios dem Skirophorion oder
Hekatombaion gleichgesetzt, nnd da letzterer dem oben gesagten zu-
folge wegfällt, so scheint es in der that, als ob nur die dentung auf
den Skirophorion zulftssig sei. es ist jedoch eine irrige Voraussetzung,
dasz zu den erstlingen reifes frisches getreide habe genoounen wer-
den müssen, wenn wir über die läge des attischen Thargelion eben*
falls kein anderes zeugnis besftszen als die angäbe über die erstlinge,
welche am 7n tage desselben , an den Thargelien geopfert wurden,
so würden wir auf jenen grund hin auch diesen monat dem juni
oder dem juli gleichsetzen müssen, s. Hesychios: 9opTi^Xia] £v bk
Toic 6apTT]Xioic rdc dTiapxäc ti£iv qKXivofi^vuJV irotcOvrat Kcd nept-
Ko^iZ;oucl . . Kai ö OdpTilXoc x^poc icAy dvdnXeuic circpfidruiv.
Etym. M. 6apT/|Xta ^op-rfi 'A6iiVT|civ övcfidZeTat dnd tujv Oapipi-
Xiu)v, OapTrjXta bk Trdvrec o\ änö Tf)c t^c KopTioi, ähnlich Aneed.
Bekk. 8. 263^; und doch wissen wir, dasz der Thargelion vielmehr
dem mai entsprach, in Rom begann die ernte mit der sonnwende;
aber schon am 7n 9n lln 13n Mains lasen die Vestajungirauen die
ähren vom speit, dörrten und schroteten sie und brachten das mehl
gesalzen am 9n Junius der Vesta dar; am 27n Mains feierten die
Arvalenbrüder das hauptfest der göttin Dia, an welchem sie fruges
aridas (vom vorjabr) et virides (unreife) , darunter auch ähren dar-
brachten, auch die Juden dörrten und schroteten grüne erstlings-
äbren , um sie zu ostern zu opfern. ^
Die Hyakintbienfeier von Amyklai hat eine ähnliche bedeutung
wie die Thargelien in Athen (s. Philol. XXXVII s. 20 ff.): beide
gelten dem eintritt des sommers: am 7n Thargelion wurde zu Dolos
die geburt Apollons gefeiert; Hyakinthos der jugendliche Sonnen-
gott des lenzes, welchem die vom anfang des frühlings bis zu seinem
ende blühende Hyakinthosblnme heilig ist, wird von dem altersreifen
Apollon, dem gotte der sommersonne, getötet.
Unter den bekannten einzelfUllen sind zwei, deren geschieht»
einen tiefern einblick in die Jahreszeit der Hyakinthien verstattet,
der eine gehört in der that dem juni an; aber aus einem einzigen
geschicbtlicben beispiel läszt sich kein sicherer schlusz auf die nor-
male läge eines festes oder monats ziehen, weil infolge der monat-
^ mit recht hat Meursius auch Porphyrios de abstin. II 7 i^ *A6i^-
vTiciv ?Ti Kai vüv öpiwfidvii iTo^Trfi *HXiou t€ kqI *Öp(&v tro^TreOci fdp
elXuciTÖa dTptJCTtc ^ttI irupiiviuiv fiipipiac, Öcirpta, bpOc, ^i^aiicuXo,
KpiOaC, irupoi, TraXdeii i^TiTnipia, dXcOpuiv Trup(vujv kqI KpiBiviuv
(pBoic usw. hierher bezogen wegen scbol. Ar. Ri. 729 TTuavciiiioic kqI
0apimX(oic 'HXiip Kttl "öpaic öOouciv 'AOiivatoi. ^ Hartmann röin.
kaleuder s. 141 f.
35 •
532 GFUnger: der Uyakinthienmonat.
Schaltung und der abhängigkeit des kalenders vom monde die lege
jedes monatsanfangs um vier wochen bin und ber scbwankte; nicht
zu gedenken der noch gröszem Verspätung, welche beim bestehen
der okta^teris eintreten konnte, entweder 10 volle monate oder im
laufe des lOn monats nach Athens einnähme durch Xerzes zog
Mardonios in Athen ein (Herod. IX 3 f| ßaciX^oc atpectc ic Tf|v
ucT^pTlv Tf|v Mapboviou iiTiCTpaTT]inv b€K6)itivoc iT^V€TO); in
Lakonien feierte man damals das Hjakinthosfest (Her. IX 6—11).
Nissen setzt die erste einnähme in den September (Boödromion) und
kommt von da mit 10 vollen monaten in den juli (Hekatombaion),
gibt aber nicht an , warum jene nicht, wie ich gethan habe , in den
august (Metageitnion) gesetzt werden dürfe, auch Busolt läszt Xerzes
erst im Bo^dromion' nach Athen kommen, nimt aber daftlr den
lOn monat unvollendet und bringt dadurch die Hjakinthien in den
juni. ich bleibe dabei , dasz Xerzes Athen in der zweiten hälfte den
Metageitnion eingenommen hat^ setze aber jetzt das ereignis noch
einige tage früher, als ich seinerzeit angenommen habe.
Als die Hellenen erfuhren, dasz Xerzes in Pierien angelangt
war, verlieszen sie den Isthmos und schickten eilig (Korrd Täx^O ^^®
flotte nach Artemision, einen heeresteil unter Leonidas an die Ther*
mopylen (Her. VII 177 f.); nach den Olympien und Kameien sollte
die hauptmacht in eile (Kard Tdxoc) zu diesem stoszen (Her. VII 206).
die olympischen spiele wurden am 11 — 15n tag des Metageitnion
(normal »» 15—19 august 480) gefeiert, nicht des Hekatombaion;
darüber ist Busolt und (aus besondem gründen) Nissen mit mir
einig; ob die Kameien auf den 7 — 15n tag des Earneios, wie ge*
wohnlich angenommen wird, oder einige tage spftler fielen, ist
mir ungewis (Philol. XLIII s. 637 f.). aus Herodotos VII 206 ist
nicht deutlich zu ersehen, ob die zwei feste damals schon gefeiert
wurden oder die feier demnächst stattfinden sollte; aus andern an-
gaben geht aber hervor, dasz sie geraume zeit später anfieng. '" drei
tage dauerten die kämpfe von Thermopylai und die mit ihnen gleich-
zeitigen vor Artemision (Her. VIII 15. 19 — 21. Busolt s. 48); am
vierten früh fuhr die persische flotte nach Artemision, mittags nach
llistiaia, von wo die mannschaften nach Thermopylai übersetzten,
um sich das Schlachtfeld zu besehen; am fünften brach Xerzes mit
dem landheer auf (Her. VIII 23 — 25). auf den schlusz von c. 25
Ol bi d|Li9l E^pEt]v ^c öböv öpii^aTO folgt mit c 26 fJKOv bi ap\
auTÖjLioXoi dvbpec usw. die erzählung von den arkadischen über-
* um den 10 September 480 (iiormiil ^ 7 hue^lromion ol. 75, 1).
^^ eine leise andeutiiiifi^ davon lünzt sioli VII 2U€ in den worteu oOkuiv
boK^ovTcc Kaiä Tdxoc oOtuj biaKpi6if)C€c6ai t6v £v OepMomjXqct nöXcfiov
{iT€MTrov ToOc Trpoöpöfiouc finden, dasz die Olympien mindestens un-
mittelbar bevorstHoden und die Kameien eben gefeiert werden soll-
ten oder bereits bef^onuen hatten, wir(t von Herodotos weder gesagt
noch augedeutet, es handelte sieh nicht bloss nm die spiele selbst,
sondern auch um die Vorbereitungen, vgl. Thuk. VIII 7—10. Pkilol.
XLIII s. 639.
GFÜnger: der HyiÜdiithienmonat. 683
Iftufem, welche die erkandigong des kö&igs naoh dein: treiben der
Hellenen mit der nachricht Iraantworteten, dass sie zur zeit die oljm*
pischen spiele feierten, auf die frage, ob diese erzShlang aaf erfin-
düng beruht oder nicht, kommt nicht viel an; die hanptsacbe ist«
dasz der geschichtschreiber, der doch, was niemand bestreitet, die
kalenderdata der ereignisse kannte, den Vorgang während des mar-
sches der Perser von den Thermopylen nach Athen spielen listt. er
wüste also, dasz während desselben die Olympien gefeiert worden,
auf den gedanken zu Xerxes überzugehen waren jene Arkader ver^
mutlich erst durch die nachricht vom fall des Leonidas gebraclvt
worden; ihr eintreffen bei den Persern setzen wir daher in die letzten
tage des marsches, als sich Xerxes bereits in der nähe von Eleosia
befand.
Die olympischen spiele waren noch nicht vorbei, ja nicht ein-*
mal in gang gesetzt, als die nachricht vom fall des Leonidas in der
Peloponnesos eintraf: denn zu dieser zeit hatten die Peloponnesier»
welche gleich naoh beendigong der spiele autrficken wollten , noob
keine anstalten dazu gemacht: sie saszen in ihren stttdten, und jene
meidung war es , welche sie veranlaszte auf den Isthmos zu eilen
(Her. Vin 71 die ^ttuOovto Toifc i}k(f\ Acuivibiiv T€T€XeuTif)K^vat,
cuvbpa^övT€c ^K TÜJV iToXiuiv ic TÖv 1c8^öv f£ovTO). dort ontev
dem könig von Sparta Kleombrotos versammelt machten sie zuerst
die skironische felsenstrasze (unmittelbar vor Megara) unwegsam;
dann folgte eine beratung , in welcher beschlossen wurde 6ioh auf
die Verteidigung des Isthmos zu beschränken; zu diesem zweek be-
gannen sie quer über denselben eine mauer zu ziehen, erst nachdem
Herodotos von dem guten fortgang dieses Werkes gesprochen und
die an ihm teilnehmenden contingente aufgezählt hat, bemerkt er
c. 72: 'OXu^TTia bk Kai Kdpveta ndpoixtbKee fibr)." die nachricht
von Thermopylai konnte über Eirrha und den korinthischen bösen
in 17} tagen nach Acbaia, in 3 — 4 nach Sparta, der könig Kleom-
brotos mit den ersten mannschaften 3 — 4 tage später auf den Isthmos
gelangen; etwa eine woche danach liesz sich vom glücklichen fort-
gang der befestiguDg reden, die olympischen spiele mögen also
1—2 tage nach dem einlauf der nachricht von Thermopylai be-
gonnen haben.
In Widerspruch mit diesen und mit andern , später zu erwäh*
nenden angaben Herodots steht seine meidung VUI 40, die helle-
nische flotte habe auf andringen der Athener die rückfahrt von
Artemision bei Salamis beendigt (anstatt sie bis zum Isthmos auszo-»
dehnen) , mit rücksicht darauf dasz damals wider das erwarten der
Athener das peloponnesische landheer nicht in Boiotien aufgestellt,
sondern mit dem isthmischen mauerbau beschäftigt gewesen sei.
wenn die flotte, wie aus Her. VIII 18 — 22 hervorgeht, am tage nach
'^ Busolt bezieht diese worie auf den Zeitpunkt, in welchem die
nachricht von dem fall des Leonidas ankam.
534 GFÜnger: der Hyakinthienmonat.
dem letzten kämpfe von Artemision und Thermopylai die rückfabrt
angetreten hatte, so kam sie zwei , spätestens drei tage nach diesem
kämpf in Salamis an; da sie sich auf der flucht befand, so hat sie zu
der fahrt vielleicht kürzere , sicher nicht längere zeit gebraucht als
die persische flotte^*, welche von Histiaia ausfahrend am dritten
tage den hafen von Athen erreichte (Her. VIII 66); die entfemung
von Artemision bis Salamis beträgt nicht mehr als etwa 45 meilen.
an jenem tage waren aber, wie aus VIII 71 (oben s. 533) erhellt,
die Lakedaimonier noch nicht einmal am Isthmos angelangt, nnd zur
befestignng desselben schritten sie erst geraume zeit nach ihrer an<
knnft. wie die auf den schiffen befindlichen Athener zu der m einung,
das peloponnesische beer stehe in Boiotien, gekommen sind, läszt
sich erklären, den plan , mit dem hauptheer erst nach ablauf der
Olympien und Karneien nach norden zu ziehen, hatte der kriegsrat
der Peloponnesier wahrscheinlich im stillen gefaszt, nicht öffentlich
verkündigt: denn die botschafter, welche in Phokis und Ostlokris
zum zuge mit Leonidas nach Thermopylai einluden, erklärten wahr-
heitswidrig , das hauptheer folge in kürzester frist nach ( VII 203 ol
be XotTTol Tuiv cujLijLiäxuJV TrpocbÖKtjLiGi TTdcdv eici i\iiipr\y), dem-
gemäsz konnten auch die attischen flottenftthrer erwarten, dasz das
peloponnesische beer bereits ausgerückt sei, und da sie wüsten, dasz
es am letzten schlachttage noch nicht dort angekommen war, so
durften sie vermuten , dasz es auf die naohricht vom ausgang des-
selben in Boiotien Stellung genommen habe, nachdem sie in Salamis
erfahren hatten , dasz dem nicht so sei , Attika also im augenblick
beim nahen des Xerzes auf keinen schütz von Seiten der bundes-
genossen zu rechnen habe , so baten sie um aufenthalt in Salamis,
damit sie ihre angehörigen aus Attika fortschaffen und zugleich an-
gesichts ihrer jetzigen läge rat halten könnten, so weit ist der be-
richt Herodots VIII 40 in Ordnung; die nachricht dagegen von der
befestigung des Isthmos", welche er gleichzeitig eingehen läszt, ist
anachronistisch , sie kann erst geraume zeit später eingelaufen sein,
zur bestätigung dient ein wahrscheinlich aus Kleidemos (Flut.
Them. 10), Phanodemos (Plut. Them. 13) oder einer andern Atthis
geflossener bericht Plutarchs. als Xerzes die städte der Phoker ver-
wüstete, schreibt er Them. 9, zogen die Hellenen ihm nicht ent-
gegen, obgleich sie von den Athenern gebeten wurden in Boiotien
einzurücken, vielmehr begannen sie ihre ganze macht hinter dem
Isthmos zusapnmenzuziehen und diesen zu befestigen, die künde von
jenen Verwüstungen können aber die Athener erst ein paar tage nach
der ankunft der schiffe in Salamis erfahren haben: denn Xerzes ver-
liesz Thermopylai einen tag nach deren abfahrt von Artemision.
*' diese wollte nicht tu bald in Phalcron ankommen, dh. nicht vor
dem einziig des landheers in Attika, nnd fuhr deswef^en erst drei tage
nach dem aufbruch des Xerzes ab. *' sie würde roraussetien , dati
die spiele schon beendigt waren oder wenif^stens za ende giengen, nnd
wird in ersterm sinne von Busoit benutzt.
GFUnger: der Hjakinthienmonat. 535
Aus der in anm. 10 behandelten stelle Herodota VII 206, im lu-
sammenhalt mit der angäbe dasK die am Isthmos stehenden Hellenen
auf die nacbricht von der an Wesenheit des Xerxes in Pierien Korrdi
Tdxoc (VII 178) nach Thermopylai und Artemision abgiengen, will
Busolt folgern, dasz Leonidas eine woche nach der meidung, etwa
fünf tage vor den olympischen , 6inen tag vor den kameiischen spie-
len, um den 10 august aus Sparta abgegangen sei. Leonidas gieng
aber laut Her. VII 178 nicht von Sparta, sondern vom Isthmos ab,
also nicht 7, sondern 1 — 2 tage nach einlauf der nacbricht. die künde
von der an Wesenheit des Xerxes in Pierien muste , wie Busolt be-
merkt, spätestens in einer woche '^ am Isthmos sein, der böte würde
also nach seiner rechnung 12 — 14 tage vor ungefähr dem 10 august^
um 27/29 juli Pierien verlassen haben, dazu stimmt wenig, dasz
Busolt die ankunft des Xerxes in Therme erst ende juli setzt, noch
weniger, dasz er die 'vielen tage' welche Xerxes in Pierien zubrachte
(Her. VIII 131) auf mindestens 14 veranschlagt und seinen auf-
bruch von da gleichzeitig mit dem des Leonidas um den 14 august
setzt, um so weniger als, wie Busolt richtig bemerkt, nach Her. VII
183. 188 — 191 Xerxes von Therme bis nach Malis 14 tage gebraucht
hat. Pierien war nicht, wie Busolt anzunehmen scheint, das land in
welchem Therme lag ; das war Mygdonien , von wo Xerxes durch
Bottiaia nach Pierien kam; kostete der ganze weg 14 tage, so kann
der aufentbalt in Pierien , die entfemung der andern strecken in be-
tracbt gezogen, nicht mehr als höchstens 7 — 8 tage gedauert haben.
Hätten die kämpfe von Thermopylai und Artemision, wie
Busolt mittels der eben besprochenen rechnung findet, etwa 10 tage
nach ablauf der Olympien, um den 29 august begonnen, so müste
dem plane der pelopounesiscben ftthrer entsprechend das hauptheer
schon vor jenen kämpfen in Thermopylai eingetroffen sein; dies ist
nicht der fall gewesen: aus Her. VIII 71 ersehen wir sogar, dasz
noch beim eintreffen der nacbricht von dem unglücklichen ausgang
der landkämpfe an den auszug des groszen aufgebots nicht gedacht
worden war. hieraus geht, wie schon bemerkt, hervor, dasz die
spiele noch nicht gefeiert oder wenigstens noch nicht beendigt waren.
Busolt vermutet, die Peloponnesier hätten jenen plan aufgegeben,
weil sie grundsätzlich ihre kräfte zur Verteidigung des Isthmos zu-
sammenhalten wollten, wenn dies grundsatz gewesen wäre, so würden
sie von vorn herein jenen plan nicht gefaszt haben, richtig ist, dasz
sie ihn aufgaben , aber nicht wegen dieses angeblichen grundsatzes,
sondern weil sich die Voraussetzung des planes als irrig erwies: es
gab, was sie damals noch nicht ge wüst hatten, noch einen andern
weg in das herz von Hellas als denjenigen auf dessen beschaffenheit
sie die boffnung gegründet hatten, dasz ihn eine kleine schar auf
Wochen hinaus (oben anm. 10) dem mächtigen feinde verlegen könne.
1^ wenn, wie wahrscheinlich, tag and nacht gefahren wurde, konnte
ein schiff von Methone die nacbricht am dritten tage überbringen.
536 GFUnger: der Hyakinthienmonai
yor der meldung Ton dem Untergang des Leonidas den plan zu
ändern hatten sie keinen anlasz , Herodotos weisz auch nichts von
einer frühern änderung desselben: er betont VII 206 das bestehen
der absieht gleich nach den spielen auszuziehen (f^eXXov und
^v^vuiVTO, dann oOrot jli^v bf| oÖTUi biev^vujVTO iroirjcctv), womit
er im stillen andeutet, dasz es bei der bloszen absieht geblieben sei;
die unglücksnacbricht, nicht das ende der spiele führte zur änderung
des beschlusses (VIII 71); auch dann aber wird derselbe noch nicht
auf Verteidigung des Isthmos gerichtet, sondern fem von diesem,
nördlich von dem korinthischen gebiet machen sie den felsenweg vor
Megara unwegsam ; erst in einer beratung, welche nachher stattfand,
wurde beschlossen den Isthmos zu befestigen und damit sich auf die
Peloponnesos zu beschränken (VIII 71).
Wir besitzen noch zwei Zeugnisse über die naturzeit der in rede
stehenden Vorgänge, ein unmittelbarem und ein mittelbares : das erste
steht, bis jetzt noch nicht benutzt, bei Herodotos VIII 12, wo es
von dem nächtlichen ungewitter bei Aphetai zwischen dem ersten
und zweiten scblachttag der flotte heiszt: d)C bk eucppövr) ^T^TÖvcc,
fjv jLitv TTjc dlpTic jLi^cov G^poc, iT^vcTO bi öbujp T€ fiiiXeTOV bxä
irdcTic Tffc vuKToc Kai cxXiipal ßpovral dnö toG TTiiXtou . . d^ßpoc
T€ Xdßpoc Kai ^eufiaTa icxupd ^c ddXaccav \hp\xr\ixiya ßpovrai t€
CKXiipai, vgl. über dieselbe nacht bei Euboia c. 13, wo der stürm
auf dem meere noch viel heftiger wütete, 'mitten im sommer'
sagte man auch bei weitester ausdehnung des begriffes doch nicht,
wenn von dieser den alten 17 — 18 wochen dauernden Jahreszeit nur
noch zwei wochen übrig waren, die spätgrenze desselben läszt sich
aber für diese stelle ziemlich bestimmt angeben, aus dem orte, an
welchem die werte fjv jLi^v rfic djpiic jLi^CDV O^poc stehen, geht her-
vor, dasz sie nicht blosz der datierung wegen angebracht sind : sonst
würden wir sie nicht in der Schilderung einer zwischen zwei kämpfen
liegenden nacht, noch dazu inmitten jener, sondern am anfang der
geschichte des ersten Thermopylentages oder nach der des letzten
gefechtes von Artemision lesen, die werte sollen anzeigen, dasz bei
der damaligen Jahreszeit man ein solches wetter eigentlich nicht
hätte erwarten sollen : }xiv heiszt 'zwar' und Herodot sagt demnach :
als es finster geworden, ergosz sich, obgleich mitten im sommer,
endloser regen und vom Pelion her wütete ein arges donnerwetier
die ganze nacht hindurch, solche Witterung war man sonst erst imans-
gang des sommers gewohnt: Thuk. VII 79 £tuxov ßpovrat TiV€€ T€VÖ-
)i€vai Kai öbujp, ota toö fiouc irpöc ^€TÖTru)pov övtoc qpiXciTiTVC-
cOai. Eudoxos bei Geminos 16 und bei Ptolemaios q>äc€i€ diiXavuiv
verzeichnet im sommer weder regen noch gewitt«r bis zum 17august;
von diesem schreibt er bei Gem. Xupa diüoc büvei Kai ^nicriMaivet **,
bei Ptol. ^TTicimatvei (Bonav. i>Zui/); dann vom 22 aog. bei Ptol. ßpov-
>^ Euktemon bei Gem. 12 aup. XOpa bOcTQi Kai Cti (ki kgI £TT)dat
nauovTQi kqI Vttttoc ^TTiTdAXei. rtolemaiud läszt die iterophaien überall
weg. £iitcima{v€i bezcichuet jeden Witterungswechsel.
GFÜnger: der HjakinthieiimoAat. 687
Täv €Tuj9€v; 24 aug. Gem. u. Ptol^ 4tri€iiMa{v€i'; 25 auglfiAhhcxc^^
^aiv€i; 29 aug. Ptol. tkrioi, ßpovrai^ ^Tiidai TroüovTat; Blangi
Gem. SvejLioc ^^t^c iTV€t xai iirtßpovT^, Ptol. dv€Moi ^eTarriirrav«'
T6c; 3 sept. Fiel. dv€MOC, ßpovTri, bucaepia; 4 sept Ptol. (HETtSc^
ßpovTai, dv€MOC MeTairiTrruiv «- 6 sept. Gem. öeTÖc, ßpövrai, dvc-*
^oc ji^TOtc TTVCt; folgt 14 sepiGem. , 12 sept. PtoL herbstanfang,
wegen dieser und anderer im herbst nnd winter hKofiger. -ericliei-«
nungen wurde der Spätsommer oder vorherbst von H^odos und
manchen schriftsteilem der Bömerzeit bereits als herbst bezeichnet
(Philol. XLin 8. 659) und sein an&ng von vielen an den frttkonter-i
gang der Lyra um mitte august geknüpft; Hess man mit Hesiodos
^Kf). 661 den sommer 50 tage nach der wende zu ende gehen, ao er^
hielt man für 4130 den 17 oder 18 august. viele neugriecfaisohe
Sprichwörter bei AMonunsen 'grieoh. Jahreszeiten' s. 23. 24« 75. 77
lassen den winter (im weitesten sinne) mit dem (julianischen) at^gust
beginnen, dessen erster tag für die zeit des Perserkriegs dem
20 august entspricht, die achlachten von Thermopylai und Arte«*
mision sind demnach spätestens zu anfang der olympischen spiele
(c. 15 — 19 august), wahrscheinlich aber vor ihnen geschlagen wor-
den: denn an einem zwar vor der jahreszeitgrenze liegenden , aber
ihr nahen tage würde der eintritt des gewittere weniger anffallend
erschienen sein. i
Nach Her. VIII 51 verbrachten die Perser am Helleepcmt
einen monat^^ in dessen lauf der Übergang über den Hellespont be^
werkstelligt wurde, in drei weiteren langten sie in Attika an, unter
dem archonten Ealliades (480/79); der aufbruch von Sardeis hatte
äfüia TUJ ^api stattgefunden (VII 37). wäre die einnähme Athens, wie
Nissen und Busolt wollen^ im September, nach Busolt um den 10 Septem-
ber, sein einzug in Attika also um den 8 September geschehen, so
würde die ankunft in Abydos um den 13 mai (Busolt: mitte mai)
fallen, den weg von Sardeis dahin mit Busolt zu etwa 50 meilen,
14 tagem&rschen genommen, würden wir den auszug auf den 29 april
bringen, damit aber das letzte drittel des frühlings erhalten, nicht, was
d^a Tifi fapi besagt, den anfang (im weitesten sinne gefaszt)» dh. das
erste drittel, die ersten 16-— 17 tage (vgl. Philol. XLIII s. 601. 605.
622. 628. 643); dasz Herodotos in der that den anfang meint, lehrt
VII 37 u)c T(4 T€ Toiv f€(p\)pi{jjv KaT€CK€ÜacT0 Kttl rd trepl töv
"AGuüv . . Kai aörfj fj biuipuH TiavTeX^ujc Tr€7T0tii|i^vii dTTcXro,
^vGauTa xe\ii€p\cac^ djna ti^ fopt napccKcuacM^voc ö crparöc
'^ die wähl der ankunft in Abydos statt des anfbraohs von Sardeis
zum anfangspuukt, die des einaugs in Attika statt ia Athen zur sp&t-
grenze der rechnang läszt vermuten, dasz mit diesen grenzen genau
ganze monate erzielt wurden; nur folgt ans der präposition {tv Tpicl
Ir^potci Mr]V€Ct), dasz der rierte nicht schon abgelaufen, sondern sein
letzter tag im gange war, als die grense von Attika überschritten
wurde, unter monat ist die dauer eines solchen (abwechselnd 29 nnd
30 tage) von irgend einem kaleudertag ab zn verstehen, im ganzen
also 117 tage.
538 GFUnger: der Hyakinthienmonat.
Ik tuüv Capb(u)v ibp^äTO. da Xerxes den winter in Sardeis zuge
bracht hatte und die erwähnten bauten noch im winter geschehen
waren, auch zu den Vorbereitungen fUr das beer zeit genug gewesen
war, 80 ist nicht einzusehen, was den aufbruch bis zum 29 april
hätte verzögern können, hätte aber gleichwohl eine so starke Ver-
zögerung stattgefunden , so würden wir bei Herodotos nicht fima Tifi
fapi lesen.
Nehmen wir gemäsz dem s. 533 gesagten an, dasz die olym-
pischen spiele drei oder vier tage nach dem tode des Leonidas be-
gonnen haben, so entfllllt dieser bei vier tagen Zwischenzeit auf den
11 august'^, der aufbruch des Xerxes auf den 13 august. in Phokis,
wo alle Städte verwüstet wurden, scheint er sich längere zeit aufge-
halten zu haben: sonst hätten die Peloponnesier nicht, wie das an-
sinnen der Athener (s. 534) voraussetzt, zeit gehabt ihm, wenn sie
wollten , in Boiotien in den weg zu treten, ich rechne daher nicht
7 — 8, sondern 8 — 9 tage*^ auf den zng von Thermopylai bis Athen,
13 — 20 oder 21 august, so dasz er am 18 oder 19 august die attische
grenze erreichte, mit 117 tagen von da zurück erhalten wir ftlr die
ankunft in Abydos am Hellespont den 23 oder 24 april , mit etwa
14 tagen für den aufbruch von Sardeis den 9/10 april, bei 3 tagen
zeit zwischen Leonidas fall und dem anfang der Olympien den
10/11 april; also 13 — 15 tage nach frühlings anfang, der nacht-
gleiche, der grund, warum nicht, was doch wie es scheint leicht ge-
wesen wäre (s. 537) , der eintritt des lenzes selbst gewählt worden
ist, lag vielleicht in dem weit verbreiteten und bei den Persem des-
wegen, weil ihnen der mond die zukunft vorbei; bestimmte (Her.
VII 37), anzunehmenden aberglauben^ dasz wichtige Unternehmun-
gen nicht bei abnehmendem mond begonnen werden dürften, am
8 april 480 einige stunden vor mitternacht ereignete sich der neu-
mond , der erste bei zunehmendem monde beginnende lichttag war
also der des 9 april; sichtbar wurde der mond wohl erst am
10/11 april, aber unter den magiem in der Umgebung des königs
(Her. VII 37. 43. 113. 191), welche zum teil Chaldaier gewesen sein
dürften, befanden sich ohne zweifei auch astrologen und andere
sternkundige männer^ welche den eintritt des wahren neumondes
genau oder mit geringer abweichung bestimmen konnten.
'^ genaue Ubereiiistimmuiig des eleischen lln ApoUonios (Metü-
gettnion) mit dem mond, dh. gleicbzcitigkeit mit dem 16 august voraut-
geRetst. *'' nach Her. VIII 67 scheint Xerxes, als die flotte, welche
drei tap^e später als der könig und das landheer aufbrach, am dritten
tage der fahrt in Phaleron eintraf, schon in Athen gewesen zu sein, so
dasz der zug zu lande kaum «echs tage gedauert hätte, dies ist au sich
nicht wahrscheinlich und wird dadurch noch unwahrscheinlicher, dass
die ao. gemeldete Zusammenkunft am tage vor der Schlacht von Salami«
stattgefunden, die belagerung von Athen aber lange gedauert hat (Her.
VIII 62. Busolt s. 49). es mu^z also entweder in der eraähliing oder
im texte Herodots (VIII 67) eine Verwirrung angenommen werden, um
so mehr als der ansatz der Salamisschlacht um den 20 BoSdromion ■■
28 September von seiner eignen darstellung (VlII 66) unterstützt wird.
GFÜnger: der Hjakinthienmonat. 539
Demgemäsz setzen wir, eine fehlerweiie von einigen tagen, bei
den spielen von 6inem tag vorbehaltend: 23 jnli anfbrnoh des persi-
schen heeres , 3 augnst der persischen flotte von Therme ; 6 angnst
ankunft des heeres in Malis, 7 ang. der flotte bei Aphetai ; 9 — 11 ang.
kftmpfe von Thermopylai nnd Artemision; 12 aug. rftck&hrt der
griech. flotte; 13 aug. ihre ankunft in Salamis, aufbruch des Xerxes;
15 — 19 aug. olympische spiele; 16 aug. aufbmch der pers. flotte;
18 aug. ankunft derselben in Phaleron, des heeres in Attika; 20 aug.
einnähme Athens.
Vom 20 august 480, normal o» 16 Eameios (Metageitnion),
kommen wir mit der eigentlichen dauer von 10 vollen mondmonaten
auf den 16n tag des gewöhnlich dem attischen Skirophorion ent*
sprechenden lakonischen monats (normal 11 jnni 479); es hindert
aber nichts anzunehmen^', dasz im herbst 480 ein schaltmonat ein-
gelegt und infolge dessen 479 der Hekatombeus jene läge gehabt
habe, fielen die mindestens elf tage dauernden Uyakinthien, wie ich
angenommen habe, in die erste hftlfte desselben, so hat Herodots
bcKd^iivoc, da dieser zeitranm um den anfang derselben ablKuft, eine
dauer von etwa 9% monaten.
Im j. 390 entspricht der Hekatombeus entschieden dem Thar-
gelion. vier tage nach dem opfer der Isthmienfeier vernichtete Iphi«
krates die mora, welche den wegen der bevorstehenden Hyakinthien
beurlaubten Amyklaiem eine strecke weit das geleite gegeben hatte
(Xen. Hell. lY 5). demnach haben die Hyakinthien entweder in dem-
selben monat stattgefunden wie die Isthmien (nur an einem spfttem
tage) oder in dem darauf folgenden, dasz letzteres der fall ist, geht
aus der läge des IsthmAnmonats hervor, nach Nissen sind meine
ausfdhrungen über die Isthmien im einzelnen grOstenteils verfehlt*®;
1^ während desArchidamischen krieges wurde nicht in dem oktaeterisch
entsprechenden herbst 424, sondern im herbst 423 geschaltet; aber die
passende naturzeit des lakonischen kalenders, während die meisten neu-
jähre des attischen schon nm vier wochen za spät eintraten, läset ver*
muten, dasz die hie und da nötige ansmersong eines schaltmonats der
okta'eteris in der zeit zwischen 479 nnd 424 voUsogen worden war;
durch sie muste, wenn die bisherige frühgrenze des neujahrs festgehalten
werden sollte, die schaltfolge eine andere werden. *® er gibt weder
an welche, noch warnm, und entzieht dadurch das urteil einer prüfong
auf seine berechtigung; dasselbe summarische verfahren wird auf meinen
ansatz der Hyakinthienfeier angewendet^ derselbe sei mit einer reihe
von aufstelluDgen verbunden, welche sich mit dem griechischen kalen-
der nicht vereinbaren lassen, die von mir verworfene behanptung des
CurtiuB IV 5, 11, der beschlasz der Hellenen Alexandros zum siege von
Issos zu beglückwünschen, sei bei den isthmischen spielen (von 332) gefaszt
worden, hält Nissen mit Verweisung auf Diodoros XVII 48 aufrecht;
nur iisdem ferme diehut (dh. als Alexandros von dem eroberten Tyroa
gegen Gaza zog, im Hekatombaion oder Metageitnion o1. 112, 1 «■ 882)
sei unrichtig, er übersieht, dasz Diodoros den beschlusz genau in die
von Curtius angegebene zeit versetzt, also nicht iüdem diebus^ sondern
die Verlegung desselben in die zeit der spiele das unrichtige ist: nicht
die dort versammelte menge, sondern, wie Diodoros anadrüoklioh angibt,
540 QFÜDger: der Hyakinthienmonat.
er setzt sie aber doch auf den von mir gefundenen tag und monat,
den 8n tag des korinthischen monats, welcher dem attischen Munj-
chion entspricht, und man sollte demnach glauben, dasz er sich auch
hinsichtlich des Hyakinthienmonats mir angeschlossen hätte; er
glaubt aber erkannt zu haben , dasz Xenophon 'eine jener flflchtig-
keiten, an denen seine geschichte ttberflusz hat', begangen habe,
indem er als einen einzigen feldzug darstelle , was den bessern be-
richten des Diodoros und Pausanias zufolge zwei gewesen seien, der
eine zur zeit der I&thmien und blosz dieser spiele wegen unter-
nommen , der andere einige monate später auf die erwerbung von
Peiraion gerichtet; während des zweiten sei die mora vernichtet
worden.
Von den gründen , welche Nissen beibringt , wttrde der schla-
gendste der sein, dasz nach § 13 des citierten capiteld (Hell. IV 5)
*die Athener Eorinth besetzt halten, während nach § 1 die Argeier
im besitz geblieben sind', wenn die zwei angaben einander aus-
schlössen, dh. wenn ein die (vermeintliche) besitzänderung erklären-
der Vorgang in der mitte läge, von welchem Xenophon nichts meidet,
das ist aber keineswegs der fall : die Athener lagen schon vor den
spielen und während derselben in Korinth, ond die Argeier befanden
sich, wenn man das eigentümliche Verhältnis, in welchem damals
Korinth zu Argos stand, so nennen darf, im besitz der Stadt noch
während und nach der Unternehmung gegen das Peiraion, brauchten
auch zur ausübung desselben keine besatzung. nach der revolution,
welche 393 (Hell. IV 4. 6. 8, 15) die anhänger Spartas aus Korinth
trieb, vereinigten die zurückgebliebenen die stadt mit Argos zn einer
einzigen politischen gemeinde, welche deniiamen Argos führte; die
grenzsteine zwischen beiden bisher getrennten gebieten wurden aus-
gehoben, die einwohner von Korinth waren und hieszen jetzt bürger
von Argos (Xen. Hell. IV 4, 6). später, als die grossen feldzüge
aufhörten, schickten beide kriegführende parteien besatsungen, der
spartanische bund nach Sikjon, der korinthische nach Korinth (Hell.
IV 4, 14). die hier liegende stellte aber nicht Argos, sondern Athen
(IV 4, 15 f. 18); argeiische truppen könnten allenfalls in geringer
zahl anfangs dabei gewesen sein , sicher aber nicht mehr nachdem
391 die btadt Argos selbst von Agesilaos bedroht worden war (IV
4, 19). wenn also in § 1 gesagt ist ol 'ApTcToi auToO (auf dem
Isthmos) ^TUTXavov ttoioövtcc t^v Ouclav Tip TToceibdivi die
"'ApTOUC TT^c Kop(v6ou dvTOC , so sind unter ol 'ApT€ioi auch die
das synedrion des Helleuenbundet fasite den beschlots; dieses tagte,
wie ich ^ezeifirt liHbe, auf dem Isthmos, hatte aber mit den spielen nichts
sa schaffen, trat nicht sn deren seit cusammen, und es gab fSr dasselbe
keinen periodisch wiederkehrenden tcrmin (s. Pbilol. XXiVII s. 11 f.). —
Dasa die isthmischen spiele von 196 nach Polybios dem frfibliDg ange-
hören, ist nicht so selbstverständlich, wie es Niseen erscheinen l*
KF Hermann hatte sie eben nach Polybios in den sommer gatettt, ond
erst Philol. XXXVII s. 6 ff. ist die wahre Jahreszeit aofgeseigt worden.
GFÜnger: der Hjakinthieamoiuit. 64 t
Korinther mit zu verstehen, and den letzten werten liegt nidit, wie
Nissen zu glauben scheint, ''ApTOUC i\ Köpiv6oc fiV| sondern ''AptOC
f) KöpivOoc fjv zu gründe: vgl. IV 4, 6 ''Aprfoc dvtl KoplvOou Tf|v
iraTpiba qutujv övofidZecOat. ebd. ircipu>|i^vouc x^v nctrpibo i&circp
fjv Kai dS äpxv^c KöpivOov Tcoif)cat. 8 , 34 Tf|V KöpivOov ''ApTOC
^TreTToiiivTO. 16 Tf|v KöpivOov dic ''Aproc ^X^iv.
'£ine wunderliche kriegftthrangy welche xnanBsehaften va&
Lakonien nach Korinth marscäieren, drei tage den sfMielen zuschauen
und dann wieder nach hause rttcken Iftsit: eine taktisGbe fonnation
konnte bei dieser ein- und aasmostening nicht eben gewinneo.?
gewis wäre eine solche kriegfühmng wimderlich| das wftre i^ber
auch der zweck, welchen der erste von den zwei feldzttgen die Nissen
annimt verfolgt haben soll: die betranung der korintldsch^n flflcht*
linge mit der isthmischen agonothesie jenes Jahres, ein zweck den
man nicht einmal ganz erreidit haben würde: denn nach dem abzog
des beeres kehrten die ^Argeier' zurück und hielten die spiele noch
einmal ab. wenn Agesilaos blosz jenen zweck verfolgt hfttte, eo
wttrde er entweder mit dem beere längere zeit auf dem Isthmos gcr
blieben sein oder wenigstens eine besatzung zurückgelassen haben*
von einem solchen zweck wird aber ttberhaapt nichts gemeldet^ tt|i4
Xenophon sagt § 1 ausdrücklich, dasz der ganze zog dem Peiraion
gegolten habe; da dieses nördlich vom Isthmos lag, m> moate er
dahin über den Isthmos ziehen und fand hier zufällig die Argeier
mit dem festopfer beschäftigt (aÖToO ItuTX<XVOV t6t€ TlOtoOvTec Tf|V
Ouciav); er hatte also beim auszog aus Sparta gar nicht an die
Isthmien gedacht, auffällig oder vielmehr fUr moderne leser einer
erklärung bedürftig ist allerdings der umstand , dasz Agesilaos die
Amyklaier mitnahm und gleich wieder heimschickte, statt sie beim
auszug zu hause zu lassen, wo ihre anwesenbeit bei den Hyakinthien
notwendig war. den lesem , auf welche Xenophon seine erzählung
berechnete, konnte dies nicht auffallend erscheinen, weil sie dae
datum der Isthmien und das der Hyakinthien kannten: jene fielen
in den Munychion, diese in den Thargelion, also war beim auszug
aus Sparta die Hyakinthienfeier noch lange nicht zu besorgen, und
es konnten die Amyklaier noch mindestens zwei bis drei wochen
hindurch das beer verstärken ; nachdem weder bei dem heranzug des
Agesilaos noch bei seinem eintreffen in Lechaion die verbündeten
sich gerührt hatten, also keine schlecht zu erwarten war, bedurfte er
ihrer nicht mehr und liesz sie in Lechaion zurück; entlassen aber
wurden sie so frühzeitig nicht von ihm , sondern von dem dortigen
befeblshaber, der sich stark genug fühlte auch ohne sie den platz zu
behaupten (Hell. IV 5, 11). ob die taktische formatiou darunter
viel gelitten bat, wissen wir nicht, bezweifeln es aber; sicher
ist, dasz diese Umänderung auch sonst oft stattgefunden hat (ol
*A|LiuKXaToi del ttotc dir^pxovTai ic rd TaxivGia Im töv iraifivo,
^dv TC CTpaT07r€Ö€UÖ|Ll€V0l TUTX^VUICIV i&V T€ fiXXuiC 1TUIC dTTObll-
jLlOÖVTec).
542 GFÜDger: der Uyakinthienmonat.
'Ein heerführer gar, der anüang" april seine truppen mit
bloszer sommergarnitur ausgerUätet (§ 4) in die berge schickt,
gebort ins tollhaus.' Peiraion, von vielen als ort au fgefaszt, hiesz
der landstrich an der küste des korinthischen meerbüsensjenseit des
Isthmos bis zur megarischen grenze, welcher die kürzeste überfahrt
(Xen. Ages. 2, 18) nach und von Ereusis in Boiotien darbot: Xen.
Ages. 2,18 KopivOiouc ttuv tö TTcipaiov CTTeipovTac kqI KOpirou-
jA^vouc. 19 aipei id Tcixn & dv€T6T€ixiCT0 (itu TTeipaiip). Hell. IV
5, 3 elc t6 TTeipaiov f\fe Kai KUTd Td Oep^d irpoqei. 5 ol ^v tu^
TTeipaiip eic t6 ''Hpaiov (eines von den castellen des Peiraion) kqt^-
qpuTOv KQi dvbpec kqI x^vaiKec kqI boOXoi Kai ^XeuOcpot kqI twv
ßocKiijLidTujv Td TiXeiCTQ .,i\bk jLiöpa KaTaßaivouca dnö ti£iv fiKpuJv
Olvönv t6 £vT€T€ixiC|Li^vov TCixoc alp€i. Agesilaos zog die küste
entlang (Hell. IV 5, 5), nur die höhe über den thermen wurde wäh-
rend der ersten nacht von einer mora be;<etzt, und diese litt anfangs
von der kälte , welche auf regen und hagel gefolgt war, aber nur so
lange bis feuer gemacht werden konnte : der fehler, welcher begangen
worden war, bestand darin dasz die troszknechte kein feuer mit hinauf-
gebracht hatten (§ 4 tujv t^ jiiöpqi q)€p6vTUJV Td ciTia oubevöc Tiup
€ic€V€TK6vT0c) ; ihm wurde von Agesilaos bald abgeholfen.
Nissen zieht dem angeblich oft leichtfertigen erzähler Xenophon
betreffs dieser geschichte zwei anerkannt leichtfertige vor , Diodoroa
und Pausanias. letzterer hat in der that aus dem 6inen feldzng zwei
gemacht, indem er III 10 Agesilaos nach der Isthmienfeier heim und
später wieder gegen Korinth ausziehen läszt: ou iroXXtfi hi, ucTCpov
(nach der Schlacht von Koroneia, fast vier jähre nach ihr) TÖv dfuiva
^BriKav TUJV IcOjiiiujv ol ^tti XaKUiviCjiiuj q>€UTOVT€cKopiv6iOL oi6^ £v
T^ TTÖXci TÖTE jLifev Ttü 'AtiiciXdou beijLiaTi f]cuxa£ov • dvaZeuEavTOc
bk de Tf|v CndpTiiv outuj kqi auToi jiieTd 'Apteluiv Td 'IcOfiia
dTOuciv. äq)iK€TO bk Kai auGic ^ttI Köpiv6ov CTpoTi^* küI (iirqei
Tdp TaKiv0ia) dcpinci touc 'AjiiuKXaieTc . . touttiv Tf|v fioipav imdi-
ficvoi KoO' 6b6v *A9iivaioi Kai IqpiKpdTnc bidq>0€tpav. Pausanias läsit
die Korinther und Argeier erst nach dem abzug des Agesilaos an die
abhaltung der spiele gehen, während in Wirklichkeit sie durch dessen
ankunft in derselben gestört wurden und ihre spätere thätigkeit nur
eine fortsetzung der frühem war; er verwechselt femer die mora mit
den Amyklaiern, welchen sie das geleite gegeben hat, und Xenophona
iTToiiicav bi. Kai*ApT€ioi dTreXeövTOc 'AtnciXacu d£ äpxf)c irdXiv
"'IcOjLiia oder ein ähnlicher ausdruck seiner vorläge hat ihn zu dem
misverständnis verleitet, Agesilaos sei nach Sparta zurück gezogen;
infolge dessen nahm er aus der fortsetzung (Xen. dTTCXU'pilce TCpöc
t6 ficTU die TTpobibojLi^viic TTic TToXcuJc) aulasz Agesilaos wieder von
Sparta herbei gegen Korinth ziehen zu lassen.
Diodoros, nach dessen Vorgang Nissen in die zeit zwischen den
" vielmehr mitte april : der 12 Mnnychion ol. 97, 2 entspricht normal
dem 16 april 390.
GFÜnger: der Hyakintiiieiiiiionftt Ö43
zwei yon ihm angenommenen feldzttgen einen misglflckien hand-
streich der verbannten auf Korinth setzt, hat dieses sonst nirgends
genannte ereignis ebenso anachronistisoh behandelt wie die andern
vorg&nge des boiotisch - korinthischen kriegee. die sohlaoht von
Haliartos, geschlagen herbst 395, setzt er ol. 96, 1 <■» 396, das ihr
vorausgegangene bündnis der Athener nnd Boioter mit Korinth und
Argod dagegen läszt er auf sie folgen und setzt es in das nSohste jähr
ol. 96, 2 sa 395; im dritten jähre ol. 96, 3 ■» 394 vereinigt er die
ereignisse aus drei verschiedenen jähren : die schlacht** von Koroneia
(august 394), die kämpfe von Leohaion und die Vertreibung der
spartanisch gesinnten Eorinther (ol. 96, 4 «3 393/2), endlich, als
gleich (euOuc) nach diesen gefeiert, die oben besprochenen isthmi-
schen spiele des j. 390; ebenso im vierten jähre oL 96, 4 <-■ 393
den anscblag der verbannten auf Korinth und ^erd Tivac f)fi^poc
die 390 geschehene Vernichtung der mora, den sieg des Iphikrates
über die Phliasier (erfochten zwei jähre frttber 392, Xen. IV 4, 15),
einen andern über die Sikyonier und ein ereignis des j. 389, das ein«
schreiten der Argeier gegen die particularistischen absichten des
Iphikrates in Korinth, welchen die Athener deswegen abberufen
musten. erst nach seinem abgang läszt 0iodoros Korinth in Argos
aufgehen (XIV 92 Tf|v nöXiv Tf|V Kopivdiuiv x^P<^v 'ApTctav
dTToiiicav), indem er irrig voraussetzt, dasz sich das mit dem au£-
enthalt einer attischen besatzung in Korinth nicht vertragen haben
würde, anlasz zu dem misverständnis gab der von Xenophon IV 8, 34
bei der erzäblung des ereignisses von 389 gebrauchte ausdruck itiA
Ol 'ApT€ioi Tr|v K6piv9ov "ApToc direiroinvTO, otbky fqpacav aöroiv
(nemlich tujv Mq)iKpdT0uc ireXTacTUüv) beicOai.
Bei Xenophon, sagt Nissen, ist entweder im text vor IV 5, 3 t1} b^
T€TäpTr] f)|i^p(;i ein stück ausgefallen, oder der schriftsteiler hat
leichtfertiger weise die rückkehr des Agesilaos nach Sparta, seinen
erneuten ausmarsch nebst den übrigen ereignissen übergangen und
zwei zUge zu einem verschmolzen; er selbst entscheidet sich für das
zweite, vermutlich wegen jener flüchtigkeiten, an welchen nach ihm
Xenophons gescbichte überflusz hat; beispiele solcher hat er nicht
angeführt, dasz die abscbreiber keine auslassung begangen haben,
sondern nach Xen. Agesilaos 390 einen einzigen feldzug unter-
nommen hat, lehrt § 1 ol AaK€baijLiövioi dKOuovTec £ti . . c(|j2[oivto
^v Till TTeipaiijj, ttoXXoi bk Tp^qpoiVTO auTÖGev, CTpareucuci iräXiv
eic Tr)v KöpivÖov : die Unternehmung gegen das Peiraion , welche
dem angeblich zweiten feldzug angehört, ist hier als ziel des angeb-
lich ersten feldzuges bezeichnet, demgemäsz auch mit der fort»
Setzung § 1 Kai iipuüTOV jii^v fjXOev eic NcOjliöv usw. die agonothesie
der flüchtlinge auf dem Isthmos als eine episode des zuges in das
Peiraion bezeichnet; dem irpuiTOV jiiiv entspricht das 5i in § 3 tIJ bi
T€TdpTij fijLi^pa ö*At. ?iT€ Tipöc TÖTTeipmov, und gemeint ist der vierte
** die bei Korinth am Nemeabach hat er gans übersehen.
644 PBegell: zu DionysioB tod Halikamasos.
tag seit dem isthmischen opfer. dasz Xenophon selbst keine leiobt*
fertigkeit begangen hat, lehrt die durchsichtige klarheit und einheit*
lichkeit seiner darstellung , ohne deren besitz wir über die Vorgänge
dieser jähre völlig im nebel umhertasten müsten. und da dieser dar*
Stellung zufolge die Hyakinthien nicht in einen spätem monat als ia
den nächsten nach den Isthmien gefallen sein können, so bleibt es
auch dabei, dasz der lakonische Hekatombeus, welchem sie ange-
hören, dem attischen Thargelion entspricht.
Wurzburg. Georg Friedrich Umger«
72.
Zu DI0NYSI08 VON HALIKARNASOS.
1. Ant. Rom. II 6 töt6 V oöv 6 'PuifiöXoc ^Treibf) lä irapd
ToC baijLiOviou ß^ßaia TTpoc^Xa߀, cuTKoX^cac töv bfiiLiov elc dKKXri-
ciav Kai rot jLiavreia bnXuücac ßaciXeuc dirobeiKvuTai irpöc aÖTuiv
kqI KarecTricaTO dv £9€i toTc )li€t' qötöv äiraci )Lii^T€ ßaciXeioc fiiiT€
dpxdc Xajißdveiv, ddv }ir\ Kai tö baijLiöviov auTOic iiriOecTricri; bi^-
fieiv^ T€ M^XPi TToXXoG qpuXarröjLievov öttö 'PuijLiaiuiv tö nepi touc
oiujviCjLiOuc vö|Lii|Liov, DU fiövov ßaciXcuojLi^vTic TJ^C TTÖXeoic, dXXd
Kai )Li€Td KOTdXuciv Tüüv fiovdpxujv iy üiTraTuiv Kai CTpaniTilLiv Kai
Ttüv fiXXujv Ttüv Kaid vöjiouc dpxövTuiv alp^cei. Tr^iraurai b* iv
ToTc Ka9' fipdc xP<ivoic, ttXtiv olov eUiJüv Tic auToO XemcTai Tfjc
öciac auTTic £v€Ka T^vofi^vii. dirauXiZovTai jli^v Tdp o\ Tdc dpxdc
)Li^XXovT€C Xajißdveiv Kai TTcpi töv öpOpov dvicrdMCVOi irotoOvTai
Tivac euxdc UTraiGpioi, tüüv bi. irapövTUJV tiv^c öpviOocKÖTriuv
MicOöv dK TOG biijLiodou q)€p6)üi€V0i (die puüarii versteht hierunter
Bubino unters. I s. G7 anm. 1). dcTparr^iv auTOic firivuctv £k tüjv
dpiCT€ptüv qpaciv Tf|v oü Ttvofi^vnv. ol bi töv ^k tiic qpuivfic
oiujvöv XaßövTec dnepxovTai Tdc dpxdc TrapaXiiMiöfiCvoi o\ juiiv
ouTÖ T0Ö9' iKavöv tjnoXaMßdvovTec elvai tö füiiib^va Tcv^ctai tiüv
^vavTiouju^vujv T€ Kai kujXuövtuüv oIujvOüv, ol bk Kai napd tö ßoO-
XniLxa ToO 6€ou KiüXuovToc, icii Tdp ötc ßia£ö)uievoi xai Tdc dpxdc
dpTidZovTec judXXov fj Xa)LißdvovT€C, bi* oOc Kai iroXXai fiiv iy jfji
CTpaTiai TuüjLiaiuJv dirtüXovTO TravubXeOpoi, iroXXoi b' iv OaXdm]
CTÖXoi bi€q)6dpiicav aÖTavbpoi, dXXai t€ )Li€TdXai Kai b€ivai irepiird-
T€iai Tf) TTÖXci cuv^Tiecov, ai jiiiv ^v öOveioic iroX^jiioic, a\ hk KOTd
Tdc f )Liq)uXiouc bixocTaciac, £)Liq)av^CTaTai bl Kai fidTicTai KaTd Tf|V
i^r\\ fiXiKiav , ÖT6 AiKivvioc Kpdccoc ävf)p oubcvöc beuTcpoc twv
KoG* dauTÖv fiTCjiövujv CTpaTidv titcv im tö fldpOuiv fOvoc, dvav-
Tioupevou ToO baijLioviou iroXXd x^ipeiv q)pdcac toic dTroTp^Trouct
Tf)v ^Eobov oiujvoTc jiiupioic öcoic Tevcfievoic. dXX' uirip piv ttic
€ic TÖ bai|u6viov öXitujpiac, rj xpu)VTai tivcc iv toic koO' f)MOC xpo-
voic , TToXu f pTOV dv €\r\ X^yciv. diet*e tirade Ober misbrauch und
verfall einer abstrusen, nur Römern ganz verständlichen superstition
nimt sich im munde eines griechischen scbriftstellerä wunderlich
PBegell: zu Dionysios yod Halikarnaaos. Ö4&
genug aus. vergleicht man dieselbe mit Cioeros ftaaseroiigeii über
denselben gegenständ, so möchte man das ganse f&r einen geschickt
componierten cento aus den büchem de divmaüane halten, wir
stellen im folgenden diejenigen partien aus Cicero, welche in ans-
druck und Inhalt besonders an Dion. anklingen, xoeammen. Dion.
öi^jLieiv^ T€ jLiexpi iToXXoC qpuXarröjLievov . • dpxövruiv alp^cct.
Cicero 1 3 ptincipio huius urbis parena Bomülua non 9ok»m au^Hcßto
urhem condidisse^ sed ipse äiamoptimus augwr fume tradikir, demde
auguribus et rdigui reges i4si et exaäis regibus nOUl puUice sine
auspidis nee domi nee müUiae gerebahur. — Dion. ir^irauTat V Iv toIc
Kttd' f)jLiäc xpövoic, TTXf)v oTov elK(li V TIC aÖToO XetircTat Tf)c öciac
auTfic SveKa TWOfi^vri. Cic. II 71 etenim tU 8int oiMrptcta, guae nuOa
stmt^ haec certe guibus utimursive tr^^udio 8we de cadOj simulaera
sunt auspidorum, au^^ida nuUo modo. vgL I 105 rdigionis sntm-
lacra, im folgenden gibt dann Dion. eine kurze, aber zutreffende
Schilderung dos zu seiner zeit ttbliohen, teils leichtfertigen, teils
blasphemischen verfahrene in den auspioien: viele magistn^te be-
gnügen sich mit der constatiemng des ^iZenttuffi^ (aÖTÖ ToOO'Vcavöv
u7ToXa|LißdvovT€c eTvai tö fiiib^va TCv^cOai tiI^v lvavnou|i^vuiv tc
Kai KUüXuövTUJV oluivdiv), ohne das sMai^/miwm abzuwarten; andere
scheuen sich nicht dasselbe sogar zu erzwingen (ßtatöfievoi,
coactum duspicmn Cic. I 27. II 73) oder zu erpressen (äpird-
Z0VT6C, expressum auspidum II 73). diese Schilderung der eoefe*
stia aurspida schlieszt sich im gedankengang and selbst in einzelnen
ausdrücken eng an die analoge Schilderung der p%dlaria auspicia bei
Cicero II 71 — 73. endlich findet sich auch das von Dion. erwähnte
beispiel für die unheilvollen folgen dieser doctrina deos spemens
(Livius X 40, 10) bei Cicero I 29 vor: sed quid vetera? M. Orasso
quid acciderü videmi^ dirarum obnuntiatione neglecta.
Diese auf den ersten blick auffallende Übereinstimmung beweist
natürlich durchaus nicht , dasz etwa Dion. die Schriften Ciceros {de
divinatione oder de auguriis) benutzt oder auch nur aus derselbian
quelle mit diesem geschöpft habe, selbst scheinbar so charakteri-
stische von Dion. getreu übersetzte ausdrücke , wie simulaera auspi-
dorum^ coada^ expressa au^ida waren in den groszen parteikämpfen
der untergehenden republik sicherlich zu vielgebrauchten Schlag-
wörtern einer bestimmten politischen richtung geworden, so viel.
aber wird mau, glaube ich, mit ziemlicher Sicherheit folgern dürfen,
dasz der ganze passus des Dionysios nichts ist als eine
nahezu wortgetreue Übertragung aus einem lateini-
nischen original, denn einem schriftsteiler, -der nicht einmal
augurn und haruspices^ genau zu unterscheiden wüste, kann man
I Festus s. 351* 19 sinistrum in auspicando significare ait Aieius
Capito laetum et prosperum auspidum, at tUentium^ ubi duniaxat vaeat vUio»
' DioD. II 22, wo dpoOciriKa nicht mit Qrosser (de spect. et nant.
[Breslau 1851] tbeses), Mercklin (coopt. 8. 96), Lange (KA. I* 8. 334
aom. 2} iu aöcTTiKa zu ändern ist.
JahrbQchcr für class. philol. 1888 hft. 8. 36
546 FRegell: zn DioDjsios yon HalikarnasoR.
unmöglich eine so eindringende kenntnis der römischen disciplin
und 80 klare Yorstellungen ttber die schwierigsten begriffe der-
selben (siUntium) zumuten , wie sie seiner darstellung der cadesiia
auspicia zu gründe liegen, diese klarheit erstreckt sich hier bis auf die
einzelnen ausdrücke, die an schärfe nichts zu wünschen übrig lassen.
zu den schon erwähnten beispielen noch: dmOcciriZeiv «» addicere]
KiüXii€iv, dTTOTp^Treiv ■=» veiare^ prohihere, ahdicere.^ — In ganz
anderm lichte zeigt sich derselbe autor^ wo er es wagt eigne
theorien vorzutragen, wie II 5 in der ganz unklaren erklärung des
fulmen sinistimUtn (KaT& TOiövbe Tivd djc i'jOj TTciOofiai XoTiCfnöv).
hier verrät sich seine Unklarheit schon in der wähl möglichst viel-
deutiger Worte, wie Ti|Lii({)T€poc , f)T€)LiOViKU)T€poc. dasi übrigens
Dion. einen perüissimus auctor benutzt hat, geht auch aus der nur
bei ihm sich findenden erwähnung einer dreiteilung der augural-
zeichen hervor (II 64): TuüjLiaToi KaXoöciv aÖTÖpac, f))Li€ic b' &v
€T7roijLi€v oiujvoTTÖXouc, äTTdcnc TT^c jAavTiicfic irap' aÖToTc övtqc
dTriCTrjfiovac Tf]C t€ nepi rd oupdvia kqI rd ^erdpcia kqI rd ^TriYcia.
vgl. II 5 Td KpdTiCTQ Tuiv oupaviwv Kai jLiCTapciujv ciifi€iu)v. eine
anspielnng auf diese (natürlich nicht dem auguralarchiv entnom-
mene) theorie findet sich yielleicht noch bei Seryius zu Aen, IX 20
nubes atäem in media sunt.
2. Der besprochene ezcurs schlieszt sich an den beriebt ttber
die inauguration des Bomulus, welche Dion. folgendermaszen erzählt
(II 5): (bc bk KdK€ivoic fjv ßouXofi^voic ^ iTpoeiTTuJV fifidpav, dv i^
5iajLiavT€ucac6ai nepl Tf]c dpxf^c ffieXXev, dTieibf) Ka6f)K€v ö xpövoc
dvacTdc Ticpl töv öpGpov Ik if^c cktivAc npo^XGc cxdc b^önai-
Opioc dv KaOapiu x^P^H^ Kai irpcOucac & vö^oc fjv edx^TO Ai( t€
ßaciXei Kai toTc dXXoic OcoTc, ot)c dTroirjcaTO Tf)c dTroiiciac f)T€MÖ-
vac, ei ßouXofidvoic auToTc dcTi ßaciXeuecOai TfiVTiöXiv öq>* dairroö,
cimeia oupdvia q>f\yax KaXd. ^erd bi Tf|v €Öx^v dcTpanf| bif^XOev
dx tOuv dpiCTcpujv dni Td beSid. dieser bericht weicht in wesent-
lichen Zügen ab von den in der hauptsacbe Ül>erein8timmenden er-
zäblungen des Livius und Plutarch. jener berichtet von der ersten
inauguration (eines königs) I 18, 6 — 10 folgendes: aceUtu^ sicul
Eomulus augurato urhe condenda regnum adtptus est^ de se quoque
deos consuli iussü. inde ab augure, cui deinde honoris ergo pübHicum
id perpäuumque sacerdotium fuit^ dedudus in arcem in lapide ad
meridiem versus consedit, augur ad laevam eius capite vdato sedem
cepitj dextra manu haculum sine nodo aduncum tenens, [quem lUuum
appeUarunt], inde uhi prospectu in urbem agrumque capto deos pre-
' auch der ausdruck TOlc kqO* i^^Ac xP<^votC liUzt aaf einen seit-
genöBsischen autor scbliessen; jedenfalls klingt er nach verlaaf von 20
— 80 jähren etwas wunderlich. Messall a wenigstens gebraucht denselben
ansdruck von dem was er selbst (handelnd) miterlebt hat (bei Oellint
XIII 15, 4): no9 his temporibus praetore praetorei creanie veierum
auctoritatem iumus secuti neque his comiiiis in auspieio fubm».
PRegell: zu DionyBios Ton Halikarnasog. 547
catiis regiones ah Oriente ad occasum däermmami^ [dextras ad
fneridiem partes, laevas ad septemtrUmem esse dmi^ sigmim eatUra^
quoad longissime can^äum oculi ferebant^ ammo finivU; tum Utuo
in laevam manum transkUo dextra in eaput Numaeimpasita preoaius
ita est: ^luppiter pcAer^ si est fas hunc Numam Pampüium, emus ego
Caput teneo^ regem Eomae esse^ uti tu Signa nohis certa addarassis
inter eos fines, quos feci.* tum peregü verUs auspida quae müH
veUet: quibus missis dedaratus rex Numa de templa descendU.
Ähnlich, wenn auch keineswegs vollkommen gleioh, Iftotet der
bericht des Plotarch (Numa 7): TrapaXaßdiv bk fidvreic xal kpetc
dv^ßaivev €lc tö KaTTiTuiXiov Tapmfiiov aörd XÖ90V o\ TÖre *Pui-
jLiaToi 7TpociiTÖp€uov. £vTa06a tuüv jLidvT€uiv 6 irpurreOuiv töv \iky
€iC |Ll€C11JLlßpiaV Tp^ipaC dTKCKOXufifi^VOV, auT&c bi ITOpOCTdc ££diii-
c6€V KQi T^ bdEiä Tf)c K€q>aXf)c d<paTrrd^€voc aÖToO KonitiEaTO ical
7r€pi€CKÖ7T€i Td TTopd Tu)v OcuJV £v oluivoic i^ CUjißÖXoiC ITpOqKIt-
vöfi€va^ 7ravTax6c€ Tdc di|i€ic irepKp^puiv. cvxi\ b' diricroc £v
nX/jOci TOcoiiTq) Tf)v dropdv Karetxc Kapo&OKoOvTuiv xal cuvm-
(jüpouM^vujv Tiij jLi^XXovTi , M^xpic 0^ iTpouq>dvncav dpviGcc dtadol
Kai bcEiol dTT^Tpeipav. oötuü öi Tf)v ßaciXiKf|v dvaXaßJjv £c6i)Ta
xaT^ßaive No^dc eic tö TcXf)6oc dirö Tf)c dKpac. Plntareh hat den
ihm vorliegenden bericht in einigen leicht erkennbaren sflgen aas
eigner phantasie umgeändert, so ist der vors t eher des aognrn-
colleginms (Tütrv jLidvTCUiv 6 TTpurreOuiv), von dem sonst absolut
nichts bekannt ist, wohl als passende staffiige fdr diese kdnigliche
inauguration von Plutarch erfunden, so kann femer die bemerkung
iravTaxöce Tdc öipeic TT6piq)^puiv nicht wohl richtig sein, da der
augur unbeweglich zu sitzen pflegte, was auch Livius hier aus-
drücklieb bemerkt (augur . . sedem cepit). vgl. Servius zur Äen.
IX 4 sed secundum augures sedere est augurium captare: namque . .
a sedeniihus captahantur auguria. VI 197 ad captanda auguriapost
preces inmohiles vel sedere vd stare consuerant, Plutarch hat den
auguralausdruck circumspicit (Cic. de div. II 72) dahin misverstanden
(TT€pi€CKÖiT€i), als ob der augur sich umschauend nach allen
Seiten (navTaxöce) gewandt habe, während er doch nur ttber das
vor ihm liegende beobachtungsfeld ausschau hielt, daher
sagt der sachkundige Livius pro^edu . . capto und inter eos fines
quos feci. nach der Vorstellung, die sich Plutarch von der ausschau
des augur gemacht hatte, konnte er sich denselben auch nicht capüe
velato denken , worunter er sich ofifenbar ein vollständiges einhüllen
des kopfes vorstellte, er corrigierte daher seinen autor stillschwei-
gend dahin, dasz er die Verhüllung dem könig zulegte: ^TKCKaXu^-
pevov. auch musz er wohl in dem sitz des augur zur linken
des königs etwas despectierliches gefunden haben; die königliche
würde bleibt besser gewahrt, wenn er hinter demselben steht, so
wird aus ad laevam . . sedem cepit: napacTdc ÖöiricGev. der feier-
liche eindruck des bedeutungsvollen actes wird wesentlich verstärkt
durch eine im tiefsten schweigen am fusze des burgfelsens ehrfurchts-
86»
548 PRegell: zu DionysioB yon Halikamasos.
voll verharrende menge, dieser theatralische coop dürfte also wohl
ebenfalls auf die recbnung der fruchtbaren griechischen phantaaie
Plutarchs zu setzen sein, endlich scheinen auch die dpviOcc dYCxOol
Ka\ beEioi derselben quelle ihr dasein zu verdanken , als eine mis-
deutung der vorher genannten oluüvol f| cujiißoXa. denn der bericht
des Livius, obwohl er nur von signa certa spricht, läszt norden
gedanken an caelestia signa zu; dies ergibt sich sowohl aus der
Orientierung nach süden wie aus dem charakteristischen aasdruck uii
tu Signa nohis certa adclarassis (zuleuchten, zuflammen).
Entkleidet man den bericht dea Plutarch der von diesem her-
rührenden phantasievollen ausschmückungen , so stimmt er in den
wesentlichen zügen mit Livius überein. diese wesentlichen züge
erblicke ich in folgenden punkten: 1) dasz der inaugurationsact auf
dem Capitolium stattfindet, und nicht auf dem forum oder eamüium,
wie Dionysios gedacht zu haben scheint (irpociiruiv f)fidpov); 2) dasz
die ausscbau und die weihe vom augur, nicht vom könig selbst
vollzogen wird; 3) dasz die erste königsinauguration auf Nnma,
nicht auf Bomulus zurückgeführt wird.
Was jene beiden ersten punkte anbelangt, so gehören ort und
namentlich person, Capitolium und augur, als wesentliche merk-
male zum begriff der inauguration. inaugurare wie augurare —
denn auch dies wird in demselben sinne gebraucht , zb. Cic de leg.
II 21 — kann eben, wie sich von selbst versteht, nur der augnr.
daher kann vor der ezistenz des collegiums von einer inauguration
im strengen sinne des wertes nicht die rede sein, dies ist wohl der
grund gewesen, weshalb die inauguration der könige auf das prototjp
des Numa, nicht des Romulus, der das collegium erst geschaffen
haben soll, zurückgeführt wurde.
Kurz, der Vorgang, den Dion. II 5 aa. beschreibt, ist gar
keine inauguration, trotz seiner ausdrücklichen bemerkung iy
f) bia^avTcOcacdai irepl tt^c dpx^lc fficXXev, ein ausdrack
der allerdings nur von der inauguration gebraucht werden kann, wie
die entsprechenden worte des Livius zeigen: de se quoque deos
consuli iussü. vielmehr beschreibt Dion. die inauguration des
Romulus genau so wie im folgenden capitel (U 6) das antritts-
auspicium der magistrate, mit dem einzigen unterschiede
dasz bei jener in ermangelung von augurn oder deren Stellvertretern
Romulus selbst die spedio ausübt, man musz also entweder an-
nehmen , dasz Dion. sich den inauguratioubact in der that so vorge-
stellt hat, wie er ihn bebcbreibt, oder nbor dasz er den text des ihm
vorliegenden autors {de se deos constdere) mis verstanden hat. beide
annahmen stellen der imperitia rerum auguralium des Dionysios ein
glänzendes zeugnis aus.
HiRSOHBERO IN SCHLESIEN. PaUL ReOILL.
LSadde: su Dionysios Ton Halikarnaaot. 549
1. Von den historikem vor Herodotos und ThQkydides sagt
Dionjsios VI s. 819, 1 fP. Bsk.: oiSroi irpoaip^cet T6 ö^oiqt^XPn*
cavTO TT€p\ Tf)v ^kXot^v tujv öiro0^ceu)v ical buvdfieic oö troXö n
5ia(p€poiJcac fcxov dXXf^Xuiv, oi jüiiv t&c '6XXiivtK&c dvaTP<i<povTCC
\cTopiac, ol bi. Totc ßapßapiKdc* Kai aördc b€ TaiiTOc oö oivdirrov-
T€c dXXiiXaic, dXXä Kar' fOvri xal KüTd iröXctc biaipoöVTCC ical
Xuipic dXXnXuüv dKqp^povTCc, Sva ical töv aöröv q>uXdTTOVTCc aco^
7TÖV, ÖCai bl€CU^OVTO TtOpd TOIC ilTlXUlplOIC fAV^fiOl KttTd iOVt\
T6 Kai KaTd TTÖXcK, cIt* dv Upotc cIt* iw ßcßVjXoic dlTO-
K€i)Li€vai Tpocpai, joxnac eic ri\y KOivfjv dirdvTuiv xvi&civ iH-
V6TK61V oTac napAaßoVy \xf}[ie irpocnO^vrec aörafc ti fufpr^ dqiat-
poOvTCC asw. die henrorgehobenen worte haben in venchiedener
hinsieht anstosz erregt. Sjlborg wollte die |yivf)|iai nioht als jpouipal
bezeichnet haben und verlangte deshalb "fpatpaic, Beiske schrieb
weiter i€patc: sie verstanden also unter |üivf)^ai ttberliefemngen,
die in heiligen oder proÜEuien büchem aufbewahrt ?mrdea. Krflger
zog Tpcicpci^c zu €ic Tf|v dirdvTUJV Tv«£)civ dS6V6TK€?v * mir schdnt
dieser zusatz müszig zu sein, da dSevcTKetv an sich schon deutlich
die schriftliche festhaltnng und Verbreitung bezeichnet, üsenjsr
endlich (in Schaefers abrisz der quellenkunde der griech. gesch.* s. 9)
hat die worte Kard fOvTi T€ Kai KaTd iröXeic gestrichen und den .
relativsatz so geschrieben: dcat bi€cd)ZovTO TTopd TOic imxuipioic
füivfiiLiai Kol cIt" ty Upaic cTt* dv ßeß^Xotc dTroKcifACvoi ypaxpaif
ToOrac usw. ; er versteht also unter fAV^fiai und ypoupai mttndliohe
und schriftliche traditionen. soviel ich sehe, ist bei beurteilung
dieser stelle öins auszer acht gelassen: die angeführten Vermutungen
geben alle von der Voraussetzung aus, als handle es sich irgendwie
um eine schon in feste form gebrachte , ja aufgezeichnete Überlie-
ferung sei es sacraler, sei es profanlBr art: man denke an die Upeiai
al dv ""ApTei des Hellanikos, die '0Xu)li7T10VUCujv dvaTpa9f^ des
Hippias von Elis oder die vielfechen geschlechtsregister. es ist aber
sieber, dasz Dionjsios daran gar nicht gedacht hat. die thfttigkeit
der von ihm angeführten historiker besteht nicht darin, neben münd-
lichen Überlieferungen andere schon niedergeschriebene in ihre werke
aufzunehmen, gleichsam archivalische forschungen anzustellen, son-
dern das ist ihr verdienst, dasz sie die in ganzen landschaften wie
in einzelnen städten umlaufenden mündlichen Überlieferungen, wie
sie die väter auf die söhne und diese wieder auf ihre nachkommen
vererbten , der Vergessenheit entrissen und durch die aufnähme in
ihre werke zum gemeingut machten, freilich achteten die besitzer
solcher traditionen genau darauf, dasz dieselben von jenen histori«
kern so niedergeschrieben wurden, wie sie ihnen von ihren vorfahren
überliefert waren, dh. ausgeschmückt mit dem manigfachsten mär-
chenhaften beiwerk. das sind die gedanken, welche Dion. an einer
spätem stelle s. 823, 4 fif. unter ausdrücklicher bezugnahme auf
die hier behandelte ausspricht, wenn er sagt: dv diraci ydp dvOpdl-
TTOIC KQl KOIV^ KQTd TÖTTOUC KOl KOTd TTÖXctC \bl(f )LlVf)fia( TVV€C dC((l-
550 LSad^e: zu DioDyBioa von Halikamasos.
JOVTO Ka\ TUüV TOIOUTUJV dKOUCjudllUV (sc. TUlV JLIUOIKUIV TlXaCfidTUIV
z. 3), uJCTTcp £ q)r| V* &c biaöexö|Li€voi naibec irapä naT^poüv dm-
jLi€X4c diTOioOvTO Trapaöiöövai toTc ^ktövoic kqi tovic ßouXofidvouc
auTCic €lc TÖ KOlvöv £Kq)^p€iv oÖTUJC i^Eiouv cuTTpdq)€iv,dic nopd
Tuiv dpxoiiujv ibi^avio. meines erachtens ergibt sich aus dem ge-
sagten, dasz die worte eiT* dv i€poTc €!t' iv ßeßrjXoic diroK€i)Li€vai
Xpaq)ai nicht von Dion. herrühren, dagegen sehe ich keinen grand
mit üsener die werte Kard lQyr\ T€ Ka\ Kard TiöXeic zu streichen,
um so weniger als die worte öcai bi€C({)2!ovTO Trapd toTc dTTixujpiotc
|Livf\|Liai KQTd iQvx] T€ KOI KQTd 7t6X €1 c vollstfindig durch jene
späteren ly dnaci ydp dvOpuiTTOic kqi koivQ Kard töttouc
Kai Kard ttöXcic ibia juvriiiiai tiv€c dcübZovro . . djcirep i(pr\y
geschtttzt werden.
2. Ebenso wenig möchte ich mit Usener gleich im folgenden
s. 819, 15 flf. lesen X^Hiv T€ dic ini tö ttoXv! -rfiv auTf|V fiiravTCC
d7TlTTlb€UCaVT€C (statt dTr6Tiib€ucav) 8coi TOÜC aUTOUC TlpO-
eiXovTO Toiv biaX^KTUJV x<xp<XKTf)pctc , so dasz d7riTiib€ucavT€C den
vorhergehenden participien |Lir|T€ npocTiöevTCC auraic Ti \iT\Te
dqpaipoCvTCC (z. 12) gleich stände, wenn ich nicht irre, verdankt
diese Vermutung der lesart des Ambrosianus M dTTiTf'jbcucav ihre
entstehung; indes scheint mir dieser offenbare Schreibfehler (der
Palatinus P hat dircTiibeucav) nicht danach angethan, um die lesart
der ausgaben zu verlassen : X^Siv ii\v auTf)V direTiibeucav ist nicht
minder wichtig als TTpoaipdcei b^olq. dxprjcavTO z. 1 und buvdfieic
QU TToXu Ti biaq)€poucac dcxov dXX/jXujv z. 2 f.
3. Dasz Thukjdides in seiner geschieh te die einteilung nach
sommer und winter anwandte, hat nach Dion. urteil zur folge ge-
habt, dasz seine erzählung beträchtlich zerstückelt wurde, als be-
weis führt er die im dritten buche behandelten ereignisse an (s. 828,
8 ff.) : iv xoOv Ttji Tplxri ßißXiu — lauiq ydp dpK€c6ificofiai fiövq
— Td Trepl MuTiXiivaiouc dpEdfievoc xpdqpeiv, irplv öXf)v
dKTiXripiücai -rfiv birJTnciv, im xd AaK€baijLiov(ujv ä7T€iciv ipfa, Kai
oub^ raura cuTKopuq)(jücac Tf]C TTXaTai^ujv fi^^vriTai iroXiopKfac.
dq)€ic bk Kai TaOniv dT€Xf^ toö MuTiXnvaiKoO fidjiviiTai
TT 0 X ^ ji 0 u usw. weil zum zweitenmal die Vorgänge in Mytilene be-
rührt werden, vermiszt man ungern gerade diese angäbe der Wieder-
holung; unter vergleichung von s. 829, 10 CiKcXiac finrcTai iräXtv
möchte ich vorschlagen toC MuTiXnvaiKOÖ fLid^vriTai <7rdXtv^
TTOX^jLlOU.
4. Thukjdides verdient nicht durchaus ungeteiltes lob in der
ausfübrung der einzelnen partien heines werkes (eScpYacia Tiuv
K€q>aXa(uJv), indem er wichtige thatsachen zu kurz und oberflächlich,
unwichtige mit ungerechtfertigter ausführlichkeit behandelt (s. 839,
1 ff.), dies urteil begründet Dion. durch einige beispiele. unter
anderm hält er dem Thukjdides vor, wie ungleich er die gesandt^
Schäften behandelt habe , welche , die eine von den Athenern nach
Sparta (Thuk. II 59), die andere von hier zu jenen (Thok. IV 15 ff.),
LSad^e: zu Dionyaios von Halikaroasos. 651
beide in der absiebt den frieden herbeizuftlfaren, gesebickt waren»
er sagt s. 842, 10 ff.: T^vofbi^vuJV öi irep) T&c iröXeic dMq)OT^pac
euOOc i\ dpxQ ToO iroX^fiou fbiCTdXun^ cu|yi90p(&v, bi' Sc £iT€6ufir)cov
d|Li(pÖT€pai Tfjc elpfjvTic, iT€pi fbiiv Tf)c TrpoT^pac, ÖTC^AOnvatoi
TeT^iDLi^vnc jLi^v aÖToic rf^c x^P^^i oUcMpOopiiM^viic b^ Tf)c nöXeuic
UTTÖ XoijLioO, TTäcav diTOTVövTCc ßof)6€iav fiXXnv dTc^cTCiXay trpe-
cßeiav clc Cirdpuiv eiprjviic Tuxetv bcdficvoi, oöxe touc dirocToX^v-
TQC dvöpac etpHKCv oCre toöc ^iiG^VTac Ik€i Xötouc öir' ainSiv o(St€
TOUC dvavTitüO^vTac . . qpaüXuic bi iruic Ka\ ^Oujliuic die irepl jiiticpiX^v
Kai dööEuüv TTpaTfbidTUüv raCra €lpr)K€* cfbicTd bk Tf|v . . dirpoucrot
£t€vovto> (II 59). 7r€p\ bk Tf)c öcT^pac, ÖTC AaKcbatfiöyiot
TOUC nepi TTuXov dXövrac Tpiaxociouc KO^icacOai irpoG^ievot irpc-
c߀iav (Trpccßeia P, Trpecßeiac M) dTT^cxeiXav ek rdc 'AOi^vac, Kai
TOUC XÖTOUC eTpiiK€ touc öirö toO Aax€baifbiov(ou {uffiivrac töte
Kai Tdc alT(ac ^ireXVjXuOe , bi' de oök iTTCteX^cBiicav al CTrovbai.
was ist mit 7r6pi ixkv Tf]C irpOT^pac, ircpl bk Tf)c äcT^pac anzufan-
gen, oder genauer: was ist zu ergänzen? Hudson meint, jenes gebe
auf Athen, dieses auf Sparta. Beiske schwankt: vielleicht sei im
ersten gliede fivncOeic oder fbiCfbivim^^oc ausgefallen, oder es sei
cu|Liq)0pdc oder irpecßefac zu ergänzen. Krüger hält die stelle fihr
lückenhaft und will hinter eipfjvTlc etwa d[icT€ Kai irpccßeiac diro-
CT^XX€iv einschieben. Heller im Philol. XXTII 554 schreibt ircpl
^^v TTfc TTpoT^pac Trpccßctac und streicht im folgenden irpecßeiov«
nach meinem dafürhalten ist alles in bester Ordnung, und zu irpo-
T^pac und ucT^pac ist cujLiqpopdc zu ergänzen, nur beachte man,
dasz der eingang der angezogenen stelle nur heiszen kann : 'beide
Staaten hatten gleich im anfang des krieges je einen schweren Un-
glücksfall zu erleiden gehabt' (vgl. Krüger spr. § 44, 3); von meh-
reren kann bei der folgenden vergleichung nicht füglicb die rede
sein, weiter ist in Trepl jii^v tt^c npoT^pac und ircpl bk Tf)c uCT^pac
die Präposition in freierer anknüpfung gebraucht: vgl. Krüger spr.
§ 68^31, 3 und aus Dion. selbst zb. s. 766, 7 ff. iT€pl bk 'HpObÖTOU
KOI — €voq)0üVTOc , ^ßouXrjGric jnaOeiv Tlva nepi auTuiv u7röXT)i|itv
f XUi Kai Tpdipai jiie iT€pi auTujv dßouXrjOnc. wir werden daher weiter
übersetzen: Vas den ersten Unfall angeht, damals nemlich als* usw.;
und ebenso weiter unten, es folgt also auf die jedesmalige ankündi-
gung der zeitlichen folge durch ÖT€ eingeleitet die angäbe des Un-
falles , der jeweils zur Sendung einer friedensgesandtsohaft die Ver-
anlassung gab.
Noch sei eine bemerkung erlaubt zu der form olKOq>6opr)fi^vr)C9
auf welche Sjlburg aufmerksam macht. Krüger schreibt 4>KOq|>8o*
piljLi^vnc. ich glaube dasz die mit Ol anfangende bildung die richtige
ist. der grund den ich vorzubringen habe berührt eine für Dionyaios
wichtige frage, es ist unzweifelhaft und sehr begreiflich, dasz Dion«
die von ihm litterarhistorisch und ästhetisch behandelten autoren in-
folge seiner eingehenden beschäftigung mit ibnen häufig sei esbewust
oder unbewust in ganzen Wendungen wie einzelnen ausdrücken nach-
552 LSadäe: zu Dionyeios von Halikarnasos.
geahmt hat. das hat jüngst Jacobj in diesen jahrb. 1888 8. 841 ff.
für eine ganze reihe von fällen überzeugend und schön nachgewiesen,
für Herodotos hat sich mir bei gelegentlicher lectüre eine offenbar
bewuste nachahmung einzelner werte ergeben , und so zweifle ich
nicht dasz Herodotische bildungen wie V 29 oiKOqpOopiifi^vouc,
Vni 144 oiKoq)6opim^vuüV , 142 oiKoq)6öpric9€ geeignet sind die
form oiKOq)6opim^viic an unserer stelle als echt zu erweisen.
5. Ehe Dion. zum zweiten hauptteil seiner gröszem schrift
über Thuk. übergeht , nemlich zur beurteil ung seiner darstellungs-
weise, hält er es für nötig einen kurzen überblick über die ein-
teilung der darstellung zu geben und zugleich von den goten eigen-
schaften (dpCTai) derselben zu sprechen (s. 861, 16 ff. de iröca T6
liipr\ biaipeicOai 7T^q)UK€V f) \ii\c kqi tivqc Tr€pi€iXfiq>€v dp€Täc).
in bezug auf diese äp€Tai sagt er weiter unten s. 862, 17 ff. (vgl.
auch Volkmann rhetorik der Or. und R.' s. 395) ÖTi Tuiv KoXOufi^vuJV
dpcTUJV al jLi^v eiciv ävoTKaiai Ka\ ^v äiraciv öqpetXouci Trapcivm
TOic XÖTOic, a\ b* ^TiiecTOi, kqI ötqv öirocTujciv ai irpi&Tai, t6t€
•rf|V teuTiöv Icxuv Xa^ßdvouciv , elpriTai ttoXXoic irpörepov (nem-
lich von Theophrastos nepi X^Ecujc). die grundlegenden äpcTai,
TrpuJTai oder^ weil sie in allen reden vorhanden sein müssen, auch
dvaxKaiai genannt, sind den accessorischen (diriOcTOi) entgegen-
gesetzt, indes ist dieser gegensatz nur in dem ersten gliede ort . .
iTitOcTOi ausgedrückt^ im zweiten ist von den grundlegenden dpCTal
nach dem Wortlaut der Überlieferung ausgesagt, wenn sie Yorhanden
seien , dann kämen sie erst recht zu ihrer geltung , ein gedanke der
offenkundig widersinnig ist. man verlangt vielmehr wie im ersten
gliede so auch im zweiten einen gegensatz, mag er gegenüber irpuirat
nun b€OT€pai oder sonst wie heiszen. ich glaobe dasz eine spätere
stelle den richtigen weg der ergänzung zeigt: Dion. sagt nemlich
8. 937 , 8 ff. ÖTi Tfjc GouKublbou X^EcuiC Kpotricni ixiv dcnv f| ^€-
Tptujc ^KßeßiiKuia Td cuvrjGri Ka\ Tdc npiLrac Kai dvaTKaiac
dperdc qpuXdccouca, x^ipujv bk f) Xajiißdvouca 7roXXf)v dKTponfiv
iK Tdiv KoivOuv övofidTUJV T€ kqI cxiiM<iTU)V elc Td iiva Ka\ ßcßia-
C)Li^va kqI dvaKcXcOOTiTa, b\* f^v o\)bi tujv dXXuivdpCTuivoä-
b€jLi(a Tf)v ^auTf^c iTriÖ€iKVUTai buvafiiv. ich schlage dem-
nach vor an unserer stelle zu schreiben : 6Tav öirocTwciv a\ irpurrat,
TÖT6 Tfiv dauTuiv Icx^v (a\ äXXai> Xafißdvouciv.
6. Dasz Piaton gewisser geschmacklosigkeiten in seinem Phai-
dros sich selbst wohl bewust gewesen sei, davon ist Dion. vollständig
überzeugt (vgl. s. 968, 6 auTÖc auTuj ^niTi^^ und s. 970, 3 ön
ipöqpoi tqCt' eicl Ka\ biOupa^ßoi . . qutöc ^p€i). zum beweise dienen
ihm die werte des Phaidro» s. 237* äycre brj . . ToG fiijOou. daran
schlieszt sich die auf die worte desselben dialogs 238 ^' i\ xdp fiv€U
b6lr\c . . fpuiC dKX/jOii gehende bemerkung s. 970, 9 ff. KOl TOCauniv
JKjLiiiKuvac 7rep(q)paciv öXitoic toic övö^aci buvafi^vou irepiXfiq)-
Of^vai irpdTMaTOc ^mXaMßdverai ttic dKaipiac TficaÖTÖcaÖToO;
so MP, die ausgaben auTÖc auToO ohne Tfic. ich glaube dasz die
LSadäe: za Dionysios yon HalikamMOB. 558
Umstellung der hsl. lesart zu Tf)c dicaiptac aÖTÖc rf^c aÖToQ
sieber ist; aÖTÖc, das ich früher streichen woUte, ist durch s. 968, 6
und 970, 3 geschätzt.
7. Unmittelbar auf diese bemerknng folgen die worte des
Pbaidros s. 238^^ ciT^ Toivuv . . T& vOv T^p oökIti iröppu) biOupd^-
ßujv qpOeTTOjLiai. durch sie gerade glaubt Dion. den beweis su lie-
fern, dasz Piaton sich selbst wegen des leeren wortschwallaa an dieser
stelle tadle, der gedanke des Dion. ist nur Ittokenhaft Überliefert:
nach einem räum fflr 9 — 11 buchstaben heiszt es in M : ir* äXXuiv,
iWä Toic aÖTiltiv XoTOtc dXtCKÖfieOa 4—6 buchst &v bat|uiovtt(rraT€
irXdTUJV, öiOupdfißtüv i|iÖ90UC koI Xrjpouc fVi^rmiKÖTec. P.hat räum
für 13 — 14 und 7 buchstaben, Ittszt aber das wichtige dXXd weg.
dem sinne würde etwa diese ergflnzung genügen: ^^vraCOa ydp
oux ä>7r' dXXtüV , dXXd toic oötuuv Xötoic dXiCKÖ^eOa ^<pov€pi&c>
brj, öai)LioviuiTaT€ TTXdrwv , biGupd^ßuiv . . l^TCtrrriKdTec. die Ände-
rung von dv in br\ ergibt sich aus dem fehlen yon (b vor baifioviid-
TaT€ : denn Dion. befolgt in der anrede das gesetz des histus, soviel
ich sehe, ohne ausnähme, es ist keine änderung, wenn wir s. 1 128, 17
schreiben Tauf", d) KpdTtcre 'A^^au für raOra der hss.
8. Nur die vergleichung des besten, was Piaton und Demo-
sthenes geschrieben haben, kann zu einer richtigen Würdigung ihrer
Schöpfungen führen ; eine auswahl, die neben mittelmttssige leistungen
Piatons das vorzüglichste Demosthenischer kunst stellte, wftre be-
greiflicherweise lacherlich, das ist der gedanke der worte s. 1026, 5 ff.«
die ich so zu lesen vorschlagen möchte: TÖ ixiy o6v £kX^€IV ii
dTidvTUJV auToO idiv Xötujv, cTxiva KdKicTO (ti KdKtCTOV die hss.)
etpriTtti, ö Troioöciv ^Tcpoi Tivec, K&nevm toutoic dviiirapaii-
O^vai Tf)v KpdTiCTa Ix^^cav AriMocO^vouc X^Siv, oök ^boKifioZcv
t6 b' £k tuiv Trap' dfiq)OT^p(p (djLiq)OT^puiv die hss.) jLidXiCTa
euboKijLioiJVTUüv — TaOxa irap' dXXriXa Geic — iEexdZciv td Kpelr-
Tuj , toöt' ibola (f bo£6v die hss.) clvai biKaiov • %a\ dir* aurö b#|
<TOÖTO> Tp^ipo^ai TÖ jLidpoc. fttr Ti KdKiCTOV ZU Schreiben xivo
KdKicra bestimmt mich toutoic und KpdTiCTa im folgenden, zu
nap' djLiq>OTdpuj für djiiqpoTepujv vgl. zb. s. 1000, 16 Tdc dptCTa
boKOucac ix^iy nap' dKardpui tuüv dvbpuiv \iiexc iTpox€ipicdii€VOC.
wo freilich P ^KQT^pu; , M ^KaT^piDV hat. ibola scheint mir durch
Geic gefordert. toOto schlieszlich möchte ich nicht gern bei TÖ jLi^pOC
vermissen.
9. s. 1066, 3 ist das überlieferte toutt] iT€ipdco)Liai X^y^tv,
^KeTva iTpo€iiT(JUV in den ausgaben zu TatÜTi] usw. geworden, VTfthrend
das richtige TauTi ist. das deiktische i kommt bei Dion. nicht
selten vor, am häufigsten zeigt es sich in der schrift de comp, verb.,
aus der ich folgende formen notiert habe : TOUTOVi TauTllv( TOUTl
TQUTi Toubi TOiauTi ouTUJc( vuv( oöxi. TttUTl — dKCtvo findet sich
zb. s. 608, 8 — 609,' 12.
10. Ein wesentlicher zug der Demosthenischen redeweise ist
nach Dion. der häufige und dem Charakter der einzelnen reden sich
554 LSadäe: zu Dionysios Ton Halikamasos.
anschmiegende wecbsel im ausdruck: so viel Stimmungen, so viel
Schattierungen der diction, biaqpopai, wie er sie nennt, über sie be-
merkt er 8. 1099, 3 ff. ncXuc bv ör\ XÖYOC, el rdc biaq)Opdc diräcac
ßouXo(|Lir|v X^T^iv, öcac £k€Tvoc 6 baijiiövioc dvf|p öpd»v Kai irpöc
Xpilijua Skqctov dei cxnMCiTiZiujv töv Xötov ; dv^cei tc kqI iiriTdcet
TajLiieuöjLievoc t6j\ dpjLioviujv ^KUT^pav touc koXouc dKcivouc
XÖTOUC dv^TiXacev. hier weisz ich mit XPUJMCi nichts anzufangen,
ebenso wenig mit XPHM^ ^^^ verschlag von Sylburg. eher mOcbte
ich glauben dasz XP^M^ ^^^ dittographie entstanden ist, indem es
nemlich zu cxnMOiTilwv die Variante xP^M^^tiZujv gab; jedenfalls
verschwindet nach tilgung von XPUJMOI jeder anstosz.
11. Von Demostbenes heiszt es s. 1112, 10 ff. {iibpa) TOU-
TOUC TOUC daujuoZojLidvouc im coqpiq xai KpaTicTuiv Xöyuiv iroiirrdc
V0fil2^0JLl^V0UC IcOKpdTTlV KQI FIXaTUiVa T^UITTOIC Kai TOpeUTOlC
doiKÖTOC dKqpepovTQC XÖTOUC. nicht das ist das wichtige, dasz
Isokrates und Piaton schöpfer von ganz vortrefflichen reden waren,
sondern dasz sie, bewundert wegen ihrer Weisheit, zugleich die treff-
lichsten bildner der prosarede waren, welche sie fast dichtelisch ge-
stalteten, denn mit rücksicht darauf ist eben der ausdruck iTOir)T/jc
gewählt; so heiszt es auch von Isokrates s. 539, 1, seine diction habe
sich nicht viel entfernt toO ttoiiitikou jLi^Tpou. für Piaton sei statt
alles andern auf eine äuszerung von Zeitgenossen des Dion. hinge-
wiesen s. 1024, 11 ff.: i\br\ bi tivujv fJKOuca tfih Xctövtujv, die et
Kai napd Oeoic bidXcKTÖc dcTiv, Q tö tuiv dvOpibiruiv k^xP^toii
T^voc , ouK fiXXujc ö ßaciXeuc ihv auTtüv biaX^xcTai 6eöc fj die
TTXdTUiv, ein gedanke übrigens, der nicht etwa erst damals ent-
standen sein kann. Cicero bemerkt wenigstens im Brutus § 121:
quis enim uherior in dicendo Piatone? lavem sie aiunt phüoßophif si
Crraece loquatur, loqui. aus den angeführten gründen mOohte ich
an der vorliegenden stelle KpaTiCTOUC XÖTuiv TTOiiiTdc schrei-
ben: vgl. noch s. 459, 13 £cTi TroiTiTf)C KpdTiCTOc XÖTuiv, XcXujli^vt^c
dK ToO jLi^Tpou XeEeujc.
12. Welchen vertrag die Demosthenischen reden verlangen,
das geben dem aufmerksamen leser fast von wort zu wort die ge-
danken selbst an die band (aurf) f] \ii\c bibdcKCi TOUC fx^VTOC
i|iux^v euKivriTov, jiieO' oTac ttic uTTOKpiceuic ^Kqp^pecOat bcf^cei
8. 1118, 13 ff.), beispiele dafür bringt Dion. aus der dritten Philippi-
schen rede bei. auf die worte Kttl ou ypdqpei jii^v TauTa . . dvOpib-
1T0U § 27 folgt die bemerkung s. 1121, 11 ff. TOUTtt fvcCTi Trpoq)^-
pccOai f)bov^ iy napipbiKO ic fueXcciv djcircp IcTopiav ; ou KaToßo^i
Kai bibdcK€i, TTiIic auTd bei X^t^cOai fiövov ou q>uivf)v äq>i^VTa*
dvTaOGa dcTeiov fjxov usw. sehr schön hat Cobet 'observationea
criticae et palaeographicae ad Dionjsii Hai. antiquitates Rom.'
s. 188 verbessert ouk auTd ßoqi [koI bibdcK€i] nuic auTd usw. nur
(iin bedenken mCchte ich äuszcrn. ist wohl anzunehmen, dasz auf
das starke oÖK auTd ßoa das in seiner Wirkung jetzt abfallende
jiövov QU q)u;vf)V dq)idvTa mit recht folgt? Cobet vergleicht Mar-
LSadäe: zu Dionysioa yon Halikamasos. 555
kellinos leben des Thuk. § 43 6 Xop<XKTf)p ^ÖVOV OÖxl ßo$- er tiber-
sah , dasz unsere stelle eine nachabmung von Demosth« Olynth. I
§ 2 ist: 6 |i^v oGv irapdiv Kaipöc, A Ivbpec 'AOnvatoi, ^övov
ouxi \ife\ q)uivf)v äq)i€(c, eine thatsache auf welche schon
Behdantz im index I zu den neun Philipp, reden unter äTTÖicpiciC
hingewiesen hat. es kann aber nicht zweifelhaft sein, dasz in
ähnlichen Wendungen wie die vorliegende der nachdruck auf dem
mit jLiövov oä eingeleiteten gliede ruht: ßo^ yertrftgt sich mit
dieser Steigerung jiiövov ou q)U)vf|V ä(pi^VTa schlechterdings nicht.
dazu beachte man folgende Wendungen bei Dion.: s. 1023, 8 £
auTOi (oi XÖTOt) bibdcKOuci, ttuüc aÖTOÖc ÖTroKpivecOat bei
s. 1119, 6 f . f| \a\c auTfi bibdcKCi, rivoc diroxpiceuic bet
auT^. s. 1118, 13 adrfi f| X^Sic btbdcKCt . . ^eO' olac Tf)c
tiTTOKplc€U)c '£Kq)^pec6ai bet^cet. so viel geht aus diesen stellen
hervor, dasz in dem hsl. ou KttTaßo^ Kai btbdcKCt das zweite
verbum richtig ist, ebenso dasz Cobet sehr glücklich oAk aärd ßo^
geschrieben hat; nur möchte ich die klammem anders setzen als
er: oiiK aärd [ßo$ Kai] btbdcKCt mAc aörd hei X^TCcOat ^övov
DU q)ujvf|v dq)i^vTa;
Dasz in den folgenden werten dvraCOa dcTetov Jixov irgend
ein fehler vorliegt, hat schon Sylburg gesehen, der f\x^\ oder fixilCOV
für fjxov vorschlug. Beiske vermutete alp€ töv Jix^v , ihm folgend
Eiessling im rhein. mus. XXIII 252 dpov TÖV f)xov. vielleicht liegt
noch näher dvTcTvov oder sogar Tropevretvov töv f)xov, wie Dion.
kurz vorher gesagt hat s. 1119, 9 f. oöxl TaOr* oöv €lpiiüV€UÖ|üi€VOV
bei X^TCiv . . Kttl TTap€VT€ivovTa TÖV fJxov;
Freiburo im Breisoau. Leonard Sad]£e.
73.
Zu THÜKYDIDE8.
Für das deutsche wort 'weihen' gebraucht der Grieche bekannt-
lich dvariO^vai, wenn es sich darum handelt weihgeschenke in einem
tcmpel aufzuhängen oder aufzustellen, so TpiiToba Thuk. I 132, 2.
dvbpidvTttc buo I 134, 4. fTrmXa HI 68, 3. CKuXa HI 67, 1. ßuijüiöv
VI 54, 6. Gricaupöv Xen.anab.V 3,5. 6. CT€(pdvouc Ages. 1,27. Hell.
III 4, 18. Piaton Ges. 943«. dKpoOiviov ebd. 946«. ^ovöEuXov ebd.
956'. dva6r|jLiaTa Staat 362«. Ges. 955 ^ Aischines 3, 21. ^VflM^ia
PL Kritias 120^ GaXXöv Ges. 943«. drrapxfiv cocpiac Prot. 343*.
TpdjLijLiaTa Charm. 164«. 165». tö KißbfiXeuO^v Ges. 917**. tö TVÄvai
^auTov Alk. I 129*. cpidXfiv Kritias 120»». Hjp. Eux. 3, 1. elKÖva
PI Phaidros 235«. önXa Staat 469«. Tpöiraia Dem. 15, 35. (13, 26.)
Xpr||LiaTa kpd 22, 71. dciribac Aischines 3, 116. wenn es nun bei
Thuk. II 84, 4 und II 92, 5 heiszt vaOv dvaTiO^vai, so kann dies
556 AWeiske: zu Thukydides [I IS, 6. III 104, 2].
fttglicb wohl nicht im innern des tempels geschehen sein, sondern
die Sieger haben offenbar das erbeutete schiff nur an das land in den
tempel bezirk gezogen und daselbst festgekettet, hieraus erklärt sich
das verfahren, welches Poljkrates bei der weihung der insel Bheneia
einschlug, denn wenn Thuk. I 13, 6 sagt *Pr|V€iav dXuiv dv^OT)K€
Tilu 'AttöXXüüvi ti!^ AnXiifJ und diesen worten dXucci bi\cac irpdc Tf|V
AfiXov m 104, 2 zufügt, so bedarf angesichts obiger beispiele äva-
TiO^vai in diesem falle einer erklttrung, weil man dem sonstigen
sprachgebrauche gem&sz KaOiepoGv hier erwarten sollte.
Während nemlich icpoGv bei der weihe von personen gebraucht
und daher bei der Seltenheit des Vorkommnisses selten (Thuk. V 1, 1.
PI. Ges. 771 ^) gelesen wird, so tritt KaOiepouv ein, entsprechend der
grundbedeutung der präp. Kard, wenn es sich um die weihung liegen-
der gründe handelt (PI. Oes. 745"*. Dem. 18, 149. 49, 66. Aisch.
3, 21. 3, 109), abgesehen davon dasz es auch bei der weihe sonstigen
besitztums PI. Ges. 909 ^ 914 ^, von geldern Isaios 4, 9. Lysias 19, 3
und als der allgemeinste ausdruck auch bei der weihe von dTdX^orra,
ßuj|ioi und vaoi PI. Ges. 738 S dpxn^ic 799 », xopcia 667 \ id vöjüit^ov
839% CT^q)avoc Aisch. 3, 46 angewandt wird.
£s hätte also Thuk. den besondem ausdruck dvomO^vai 1 13, 6
und III 104, 2 vermeiden und den allgemeinem Ka6t€po0v, beson-
ders da derselbe von zu weihendem lande gebraucht wird, benatzen
müssen, wenn Polykrates Bheneia nicht mit einer kette an Delos be*
festigt und somit sinnbildlich aufgehängt hätte, wie es sonst mit der
kriegsbeute zu geschehen pflegte, dieses anketten nötigte den Tbak.
zu dem verbum dvanO^vat.
Die gegenstände aber, von deren weihung die Griechen dvorri-
O^vai sagen , gehen förmlich in den besitz der betreffenden gottheit,
der sie geweiht werden, über, und darum scheint Aischines 3, 108
Tf)V x^pctv auTÜüv dvaOeivai t^ 'AttöXXujvi geschrieben zu haben
statt des bei X^P^ gewöhnlichen KaOiepoOv, welches jedoch den
besitztitel nicht immer mit ausspricht, sondern zuweilen nur
'unter obhut eines gottes stellen' bedeutet: vgl. PI. Ges. 657**.
799^^ und besonders 914^. diese Unsicherheit und Zweideutigkeit
musten die Amphiktyonen bei der weihung des gebietes von Kirrha,
muste Polykrates bei der weihung von Bheneia vermeiden, underyoll-
zog diese weihe nicht durch KaOiepoOV; sondern durch dvortO^vat.
es möchte demgemäsz zu dXucei br^cac Thuk. III 104, 2 nicht mit
ECurtius gr. gesch. I ^ s. 579 die erklärung hinzugefQgt werden dür-
fen : 'zum sinnbildlichen ausdruck unauflöslicher Verbindung', son-
dern die deutung 'zum sinnbildlichen ausdruck dafür, dasz Bheneia
gleichsam als weihgeschenk aufgehängt und demnach in den danem-
den besitz des gottes übergegangen sei'.
Halle. Albxahder Weiskc.
EGraf : za Platarchs Symposiaka. 667
74.
ZU PLDTABCHS 8TMP08IAKA.
V 7 bandelt vom bösen blick. Plutarch erklftrt seine Wirkungen
€. 3 dadurch , dasz der neid als innerer zustand »ich dem vom ange
ausgebenden TTveujua mitteilt und ihm fachftdlicbe Wirkung verleiht.
Soklaros (c 4) hält die frage damit nicht für erledigt, da ja die be-
treffenden oft nicht nur ihre eignen freunde und kinder, sondern durch
Spiegelung im wasser auch sich selbst ruinierten. Plutarchs erwide-
rung (c. 5) trennt die beiden einwürfe, das behexen der eignen an-
gehörigen erklftrt er daraus , dasz der böse blick durch vielfiaohe an-
wendung schlieszlich zu einer dauernden eigenschaft werde, die ihre
Wirkungen auch ohne den willen des behafteten geltend mache, was
aber das sichselbstbehezen betrifft, so folge bekanntlich oft auf einen
zustand allerhöchsten Wohlbefindens unmittelbar der verfall. ÖTav
CUV, fährt er fort (682«), diriboctv äOpöav Xdßuici Ka\ ß^Ttov fk
7Tpoc€bÖKu;v ^xovrac daurodc dtrißk^uiciv, i&ct€ Oau^dZciv xal
KaracKOTTeiv , tö ciX)|ia Tf)c ^€TaßoXf)c dippk icn Kai <p€pö^6vot
Taic ^Seci Tipöc TÖ x^^P^v ^auTOuc KoroßacKaiveiv [X^TOvrai].
toCto bi. TivcTat fiiäXXov äirö tujv trpöc öbaciv t\ nctv fiXXotc
dcÖTTTpoic iiq)icTap^vu)v ^eujüidruiv * dvatrvct t^P ^^' aöroOc toOc
öpuivTac, (jJCTe olc ^T^pouc IßXoirrov, aÖTo(»c icaicoOcOat. toOto b*
icujc Ka\ TT€p\ TÖt Tiaibia tivd^evov KaTaipeöberm iroXXdnac Tf|V
aiTiav TÜav dvopuiVTUJV. der vorletzte satz steht in gar keinem Zu-
sammenhang mit dem vorhergehenden, da er eine ganz andere er-
klärung deä Vorgangs enthält, es hilft auch nichts mit BFranke
(Jahrb. suppl. I [1856] s. 415) eine lOcke etwa des inhalts: Icuic b*
oub' oiiTUJC ^x^^ TOUTO bk Tiv€Tat usw. anzunehmen : denn auch so
steht der letzte satz wiederum ohne Zusammenhang da, während er
sich an den drittletzten vortrefflich anschlieszt (kinder, die auffallend
gut aussehen, werden bewundert; erkranken sie unmittelbar darauf,
so miszt man dem bewundernden die schuld bei), ein sicheres zeichen,
Uasz der vorletzte von einer andern stelle hierher verschlagen ist.
im folgenden (c. 6) zieht Oaios die Demokritischen €lbu)Xa, die, mit
bosbeit behaftet, von dem menschen ausgehen, zur erklärung heran.
Plutarch erwidert: Trdvu juiv oflv, dXXd Gau^dZui, truic ?Xa6ov
ujLiäc oubev fiXXo tOüv ^£U|idTU)V toütuiv f\ tö ?|lii|iuxov dcpeXibv
Kai TTpcaipeiiKÖv. der ausdruck tuiv ^cu^druiv toi3tu)V läszt er-
warten , dasz Gaios bereits selbst fUr den flusz der eTbuiXa den aus^
druck peujuaia gebraucht habe, (nach Theophrastos TT. aicOt^ceuic sagte
Demokritos selbst in bezug auf das sehen: diravTCC det fivecOai
Tiva dTTopporiv , vgl. effigiarum assidutis creberque repulsus speci/h
lorum ex aequore Lucretius IV 103). dies ist der fall, wenn wir an-
nehmen, dasz er nach den das Demokritcitat abschlieszenden werten
ouTuj Yctp oTjiai iruic töv dvbpa t^ bö£ij, tQ hk Xiiex baijüioviuic
X6Y61V Kai jLi6TaXoTTp€TTWC (688*) als eignen zusatz die worte toOto
558 EGraf : zu Plutarchs Symposiaka.
bk T^vcrai jiiaXXov usw. hinzuftlgte. auch ist dies die einzige stelle
des gesprftcbs, an der dieser satz unterzubringen ist und fast er-
wartet wird, dasz Plut. nicht noch einmal wegen des selbstbebezeDS
seinen besondern Standpunkt geltend macht, sondern nur auf die
hauptsache erwidert , ist nur passend, fj heiszt natürlich 'oder' und
httngt nicht von pdXXov ab, wie Franke gegen die Xylandriscbe
Übersetzung richtig bemerkt.
YII 8 ist von der sitte die rede, Platonische dialoge bei tisch
von knaben aufführen zu lassen, es heiszt 711^: irpöcecTi bi Öttö-
KplClC TTp^TTOUCa Till fjOci TUlV äTTOKClfll^VUlV 1TpOCUITTU)V KQI (puivfic
TrXdcfLia kqi cxniia xal biaO^ceic £TTÖ|i€vai toic XeTOjLi^votc. (puivf^c
cxT^lia neben TrXdcjLia ist unverständlich , 2>ia6^C€ic ohne zusatz un-
klar; es wird wohl cxTiM^TUiv biaO^ceic zu schreiben sein, Tgl.
747 * *ATröXXu)voc f\ ITavöc fj tivoc BdtKxnc cxf\}xa bta6^VT€C. Ath.
XIV 25 e! TIC dfii^Tpuic biaOeifi Tf|V cxTlMO'fOTTOiiav.
VIII 6 c. 5 zählt Lamprias eine reihe lateinischer werte auf, die
aus dem griechischen abzuleiten seien, zum schlusz heiszt es 727*:
TÖ bi. Kaip€ bcpc Kai A^vttic touc öbövTac kqI Adßpa rd x^^^^ ^&
ToO Xa|Lißdv€iv Tf]V ßopdv bi* aÖToiv (sc. Tic oök fiv cTiroi *€XXitvi-
Kilic X^T^cOai ;). die worte tö bk Kaipe b€pe sind nach Wjttenbach
'vexata emendantium coniecturis'. dieselben kOnnen nicht weit her
gewesen sein, da die einzige die Wjttenbach mit 'forte' anführt, die
Xylandriscbe tö bk b^p€iv xaibcpe, aus mehreren gründen durchaus
verkehrt ist. erstens heiszt caedere nicht b^p€iv , zweitens sind die
andern etymologien zwar kühn , aber so thOricht wie diese ist doch
keine; drittens werden nur Wörter aufgezählt, die in unmittelbarem
Zusammenhang mit essen und trinken stehen: coena prandium
stratncUa vinum mel oleum gustare prapinare camessatum miscere
mensa panis corona . . dentes lahra. in diese reihe passt caedere
nicht hinein , wohl aber ein verbum , das in der Überlieferung be-
reits blank vorliegt, £b€p€, dessen erwähnung im Zusammenhang
mit öbövTec, das ja die alten von Aovt€C ableiteten, zu nahe lag,
um hier übergangen zu werden, bedenkt man, dasz das compendium
für ouv dem buchstaben p zum verwechseln ähnlich sieht (Bast
comm. pal. tab. V 1 ist KaXoOvTec kaum von KaXpT€C tu unter-
scheiden), so ist es wohl nicht zu kühn, als ursprüngliche lesart statt
TÖ bi. Kaipe bepc zu vermuten: tö b* {<b€iv d>KdXouv {b€p€.
das praeteritum findet sich auch oben: TÖ b* dpiCTOV £KXil0r| TTpdv-
blOV sc. UTTÖ T&V TÖ ÖVO|ia Tl9^VTU)V.
IX 2. warum das A den ersten rang unter den buchstaben
einnimt, wird (737«) schrittweise gezeigt: tq . . (puivi^€VTa • . irpui-
TcOeiv TUüv d(p(()VU)V xai f)|Liiq)uivu)V. iv bk toutoic tuiv jül^v jüiaKpuiv
ÖVTUiV , Ttüv bi ßpax^uiv , Ttüv V d)Li(poT^puiv kqI btxpövwv Xexo-
fii^vuiV, TauT* eUÖTUic t^ buvdjiici biaqp^peiv usw. in welchem sinne
bei der quantität der vocale eTvai und X€T€c9ai einander gegenüber-
stehen, lehrt Dionysios von Halikamas, wenn er de c. ▼. s. 161 dem
ü) als (puc€i jLiaKpöv das ä als (pu)vf)€v jüiaKpuic Xefö^evov entgegen-
EGraf : zu Plaiarolu Sympotiaka. 559
stellt (ebenso ist s. 85 ^aKpdlc X€TÖ^€VOV jp64iixa wechselftoadniok
fttr Mxpovov, ÖTav jüiaKpdic bapißtXTai). Plutarch fichrieb wahr-
scheinlich TOIV b* d^CpOT^pUÜC X€TO|Ül^VUIV.
IX 4 (738^). die sieben yocale, acht balbvocale, nenn conso-
nanten bilden eine arithmetische proportion. iwia jap dvTUiv xal
ÖKTU) <Kal injäy oötui töv fi^cov dptO^dv ÖTtep^xciv Kai t&irep*
^X^cOai cu|Liß^ßiiK€. selbstverständlich ist statt o&nu za schraben
T a ö T (fi , denn darin liegt erst das wesen der arithmetisehen proportion.
TauTiD M^pei sagt Piaton Tim. 86 * in demselben sasammenhang.
1X4 (7380 ^^^^T^ ^i'* ^^^ M^v 6 irdvTUiV dptO^ÜJV irpATOC
T^Xeioc f) M^v Tpiäc die dpxfjv xal fi^cov ^x^vca Ka\ t^oc, f| bk
Öde, d)c teil '^oTc a(nf\c |i^p€ci TWOfi^vr) bf)Xdv icn. dies ist kein
vernünftiger satz. tt hat, wie so oft, Tt verschlangen: es ist zn
schreiben: xal |if|v ÖTt irdvTUiv dptO^i&v irpi&TOC m^v TdX€ioc f|
Tpidc . . f) b^ d£dc (sc. T^Xcidc icn) . . bf)Xdv icru znr sache vgl.
744 ^ Tpidboc xal ädboc, fiv ^Kdrepoc xal t^Xciöc icnv.
IX 12 (741 ^) bemerkt Sospis za den Akademikern, die darüber
disputieren , ob die zahl der gestime gerade oder ungerade sei, ToCrc
fii^v Traibac dcTpatdXotc 6pui, Toiic V 'AxobimaiKoiic XÖTotc dpnd-
2^ovTac. oub^v tdp oi TOtoOrot CTÖ^axot btaq)^pouct tiüiv £puiTi()V-
TUiv, TTÖTepov fipTia T^ x^xpi cuv€iXiiq>ÖT€C f\ treptTTd cuvtcCvoüciv.
CTÖpaxoi ist corrupt, Wjttenbachs crui^OXot oder cxia^oxtei be-
friedigt nicht, ebenso wenig Döhners Xoto^dxot (vindiciae Plnt.
1864), wir erwarten ein participiam und statt des persönlichen
TOiouTOi vielmehr das neutrum. ich glaube, dasz o\ TOtoiÜTUiv
CTOX<x2l6|Li€VOi die ursprüngliche lesart ist.
IX 14. die tischgesellschaft singt mit einander die Hesiodidchen
verse von der geburt der Musen, darauf sagt der rhetor Herodes :
dKou€T€ upelc ol Tf)v KaXXiÖTTiiv dTTOCTTwvrec f||i«fiv, cüv Totc paci-
Xeöciv auTfjv Trapeivai (paav, oöx dvoXüoDCt bi^Trou cuXXoTic^odc
otib' ^pujTiiJci jLi€TaXXdTT0VTac, dXXd TcOra npdirouciv S ^n'^öpujv
dcTi xai TToXiTixujv fpTOt. TiapeTvai ciiv tw* ist schwerlich richtig,
denn wenn YIII 716** steht djuiaGiac xa\ djLiouciac ciiv oivip Ttapoü-
CTic, so ist das nur ein Schreibfehler fürtv ofvip. die betreffende
stelle bei Hesiodos lautet theog. 80 : f) tdp xal ßactXeOctv &|i* aiboi-
oiciv ÖTTTibeT. das umschrieb der rhetor mit C€|üivotc ßactXcöciv
Trapeivai, und fügte hinzu, dasz diese c€|üiv6tiic sich nicht in pseudo-
pbilosophischen künsten geäuszert habe, zur sache vgl. an seni resp.
gerenda 788* C€|iv6v dcTi GfojLia 7rp€cßuTr]c X^tu)V ti xal TrpdTTUiv
. . 6 jLifev Tdp N^CTUjp CTpaT€uö|Lievoc iv Tpoi^ cc^vöc fjv . . 6 bfc
TTriXeiic xal 6 Aaepiric olxoupoOvTec . . xaTcqppovrjOiicav. statt
qpaciv ist wohl 9T1CIV (sc. 'Hcioboc) zu schreiben.
Wenige zeilen weiter 743® sagt derselbe rhetor: ifü) bk ^€Ta-
TTOioOjLiai Ti xai rfic eÖT^pirfic* elrTCp, fflc cpiici XpuciinTOc, aM\
(wohl auTTi) TÖ Trepi tdc öpiXlac dtniepTTk efXrixc xal xexopi-
cjLi^vov • Ö)liiXt]tixöc Tdp oubtv fJTTOV f\ bixavixdc 6 ^ifJTU)p xal cu^-
ßouXeuTiKÖc. ai tdp ^^€ic ^x^uct xaleäjLieveiac xal cuvriTOpiac xal
560 EGraf: zu Plutarchs Symposiaka.
diToXoTiac* TiXeiCTip bi. t(\> diraiveTv xP^M^Ga xal tijj ip^TCiv, dv
TOUTOic oö 9auXtüv . . tutxovovtcc, fiv tcxvikoic touto irpdTTUi-
p6V usw. diu Worte al YOtp ^^€ic usw. geben keinen sinn. Wytten-
bach notiert: «fort. \iEe\c Ixouci Kai cufiißouXiac», womit ancb nichts
anzufangen ist. ^Scic bat er mit unrecht verworfen, denn es iat
allerdings von einer ^Sic des redners die rede, der ö|üiiXf]TlKf| lElc
(ö)LiiXTiTiKf) sc. T^XVTl oder imcTr\\ir\ findet sieb II 1, 629 0^ ebenso
ist €iifi^V€ia am platze, in dem öinne, wie weiter unten der vers (b
TTÖTTOi, (bc öbe Tiäci (piXoc xai T(|iiöc icnv dvOpuiTTOic anf die
redner als TÖ irept Täc ö^iXiac eädp|iOCTOV ^xovrec angewendet
wird ; nur kann sie natürlich nicht der cuvriTopia und dTToXotlot so
coordiniert sein, wie es in der Überlieferung der fall ist. das aber
fühlt Wyttenbach richtig, dasz wir nach dem vorhergehenden btxa-
viKÖc KQi cufLißouXeuTiKÖc neben cuvriTOpiac Kai diroXotlac aach
eine erwähnung des zweiten genus erwarten, zumal gleich darauf
auch das dritte besprochen wird. cuvriTOpiac Kai diroXoTiotc selbst
ist aber eine ganz unnötige detaillierung ; schreiben wir bimflTO*
piac Kai dTroXoTiac, so sind beide anstOsze beseitigt befremdend
ist auch der ausdruck 6 ^^JTUjp biKaviKÖc Kai cufiißouXeuTiKÖc £cTi.
die ursprüngliche lesart mit evidenz herzustellen wird wohl nicht
gelingen , ein versuch ihr nahe zu kommen wäre : ö/buXriTlKfic T^
oub^v fJTTOv f| biKaviKvf c ö pr\T{jjQ Kai cufußouXeuTiKfjc ££€wc befTai
TTapexouciic eujuievcTc dKpoaTdc Kai bn^nTOpiac xai diroXoTictc.
darauf statt TrXeiCTiu bi. t(jj diraiveTv xpui|i€8a schreibe man TrXeicng
b* iv TU) dTTaiveiv XP^M^Oa, denn es kommt ihm nicht darauf an zu
sagen , dasz bie das genus demonstrativum besonders hftufig gebrau-
chen , sondern dasz in diesem vor allem die ö)LiiXr|TlKf| Sic zur Ver-
wertung kommt.
IX 14 (744 ^) sind vrJTTi, \xicr\ und UTidni genannt oi Td btacTrj-
fLiara Tiap^x^VTCC öpoi. es musz heiszen Tr€pUxovT€C: vgl. zb.
Nikom. Ger. I 25 (Meibom).
IX 14 (746 '^). die acht Seirenen, die bei Piaton sich mit den
acht Sphären bewegen, werden mit den Masen identificiert, und um
deren neunzahl zu behalten, wird behauptet, die neunte behersche
den räum zwischen mond und erde, wenn es nun heiszt: MoCcai hi
eiciv ÖKTU) Kai cu^TrepiTToXoOci TaTc öktw cqHxipaic, \xUi hk töv mpl
TT^v etXrixe tÖttov, so können die ersten worte unmöglich richtig
sein. Herwerdens ciciv öktu) ai cufiiTTepm.oXoOcai ist dem sinne nach
befriedigend, leidet aber an einem unerträglichen hiatus. bei Platon
(Staat X 617*') heiszt es: im bk, Ti&v kukXuiv aÜTOÖ fivui9€V d<p'
dKdcTOu ßeßriK^vai Ceipffva cuMTrepiq)€po)Li^viiv. ich glaube daher,
dasz hier zu schreiben ist: Moucai b' ^Tieiciv öktui koI cujüiTrcpi-
TToXoOci TaTc ÖKTU) cqpaipaic, acht Musen stehen auf den acht Sphären
und bewegen sich mit ihnen herum.
IX 15 (748 '*). die orchestik; früher eine edle knnst, ist jetzt ge-
sunken und befriedigt nur noch das unvernünftige theaterpublicum,
Tf)v bk irapd loTc voOv ^xouci Kai Gciotc dvbpdctv die dXiiOdic
EGraf: su Platarchs Sympodaka. 561
TiMf|v äTroX(()X€K€V. wer sich tlber die dvönra G^crrpa erhebt, tot
deshalb noch nicht gleich ein 6€?0€ ävffp. Plat« edirieb gewii ical
äcT€ioic dvbpdciv. 6 dcTctoc dem d^ctd/jc entgegengeaetst auch
de aud. poetis 25^.
Verkürzte yergleichssätse sind oft darch abschreiber, die die
construction nicht verstanden, verwässert worden, derartige verbin*
düngen wie (£)ciT€p Iv iröXci Tip Cili^arti i&cirep tK 6€dTpou ToO
biKacTTipioü , olov ÖTid TTXirrtc Tf^c cuvtövoü (puivf)Cy oder ol fiiv
€ii9uc ä)cix€p a dKpac TreXatiou irpdEcuic ^TrupovoOc . . dpovrcc
d9fiKav im Tf|V TtoXiTciav (praec. ger. reip. 804^) sind ungemein
häufig bei Piutarch. wenn wir im *€pumKÖc 761* lesen (KiC7r€p £k
l&\r\c Kai x€iM^voc Ka\ tOjv iraibtKi)^ £pu»Tuiv Iw Tivt ToXifjvq tI)
TTcpl TdMOv Kai q)iXocoq)iav 6^fi€V0C t6v ß(ov, so kann gar kein
zweifei sein, dasz das zweite Kttl za streichen ist. (ein verwässerndes
Kai ähnlicher art findet sich de exilio 601 ' ^X^^V bei irpöc TOÜTOtC
voCv Kai XoTic|iöv, Aorep dtKupav Kcd Kußepvi^v, Iva icavrl
XpncGai Xi|i^vi TTpocopiüiicOck bOviiTcn, wo zn schreibun ist i&cii€p
dYKupav TÖv KußepvrJTYiv.) wenn es daher 8jmp. IX 14 (746*) bei
einer Übertragung des Seirenenmjrthos anf getotiges gebiet von der
seele des ungebildeten (denn diese vielmehr ids Td diTa ist als sabjeot
zu denken) heiszt ircpiöx/iXtirrai Kai KaTOTr^irXacTat copKtvotc i^-
q)pdTMaci Kai TidOeciv, so ist auch hier statt Kai irdOectv su schrei-
ben ToTc TrdOeciv.
In anderer weise verwässert ist die construction S7mp.I4 (621 ^
öcai V dv€u cTTOubfic diT€tCKU)|üidZouci Totc cu^iTodoic Traibioi,
TaUTOC ^TTljLieXuJC biaK€X£UC€Tat (sc. 6 CU^7T0dapX0C) TOIC CU|i-
TTÖTaic euXaßcTcGai, jiif) XdOuiciv ößpiv Kai dc^Xteiav KaGdirep öoc-
KuajLiov djLißaX6vT€C oTvu) toTc Xctom^voic irpocidTMöciv dSußpiZuici,
7rpocTäTTOVT6C dbciv i|i€XXoTc usw. Stephanus schrieb d£ußpi£ovT€C
statt d£ußpi21ujci, Wyttenbach schob Kai nach ofvif) ein; auch so ent-
steht kein rechter sinn, denn die ößpic wird nicht in den wein ge-
than, sondern sie ist eine verschärfende zuthatzn den irpoCTdriuiaTa,
gleichwie der iJ0CK\ja|i0C zum wein. dEußpiZuDCt, nach 6ßpiv an sich
anstöszig, ist zu tilgen und entweder zu schreiben KaddiT€p Öoc-
KiiaiLiov otviij ToTc XetOM^voic TTpocidTHaciv dMßaXövT€c oder KoOd-
TT€p uGCKÖaiLiGv d^ßaXövT€C ToTc XetOfidvotc TtpocrdTliaav mit weg-
lassung von oivuj.
Derselbe fall ungeschickter hinzufügung eines verbums liegt
vor im anfang der kleinen schrift de singulari, populari et pancorum
in re p. regimine. werden nemlich dichterstellen zu Vergleichssätzen
der oben besprochenen art benutzt, so fällt die vergleichnngspartikel
weg. solche fälle sind zb. de sanitate praec. 122^ ZrircTv Kai |iav-
Gdveiv «ÖTTi TOI dv ixeyäpoxcx KaKÖv t* dtaSöv T€ T^TUKxau Tt|i
ciujLiaTi, adv. Col. 1108** «ÖTi^p fe |i^vTOi TravTÖc *£XXrivu)v cxpa-
Tou» Tüüv dXXujv 9iXocöq)U)V, de superstit. 169 • «ttöXic b*6no0 fifev
eu)Liia|LidTUJv T€)Liei , 6^ou bk Tiaidviuv t€ Kai CTCvatfidTuiv» i\ ^ux^l
ToO b€icibai)Liovoc uam. wenn wir daher de sing. pop. usw. 826*
Jahrbücher für class. phitol. 1888 hft. 8. 37
562 AThimme: zwei festvorlesangen des Lukionos.
lesen : «KCKpÖTTirai xp^cca KptiTrlc iepaiciv doibatc» 6 npoTpetrö^e-
voc Kai biaipiüv ^ttI TToXireiav ß^ßXriTai Xötoc, so werden wir ohne
bedenken ß^ßXi]Tai hinauswerfen.
Plutarch pflegt citate so umzugestalten, dasz sie sich an die
satzconstruction anschlieszen , abschreiber haben sie oft dieser zum
trotz wieder dem original genähert, so Sjmp. I 1 (614^) f| 'Q^VTi
TTivouciv aOioTc biTiteiTai ncpi toO *Obücc^ujc «olov töV f peEc Kai
£tXii Kaprepöc dvrjp» , wo die hss. zum teil dXX' vor olov anfügen,
de mult. amicorum 95 '^ f| qpiXia cuvdiTei kqI cuvicnici . . Täte ö\i\»
Xiaic Kai q)iXoq)pociJvaic «wc V 8t* öitöc T^Xa XeuKÖv ^TÖ^cpuiccv
Kai fbfice» Kar' *£MTT^bOKX^a. das b^, jedenfalls dem original an-
gehörend, ist hier zu streichen, quo modo quis se ipse sine inv.
landet 539^ öfiioiujc 6 TTivbapoc 9r|cac «Kai tö KauxäcOai irapä
Kaipöv Maviaic uttokp^k€iv» ou TraücTai |LirfaXT)Yopa»v irepl rric
dauToC buvdpewc. bei Pindaros Ol. 9, 37 steht tö Xoibopf)cat Gcoipc
ixBpä coq)ia Kai tö KOuxäcOai Tiapd KOipöv juiaviaictv öncKp^KCt«
an unserer stelle ist das Kai zu streichen, eine unberechtigte ergftn-
zung gleicher art liegt Symp. IX 15 (747*) vor: . . övo|LiaTOTTOi(atC
XpOüVTai Kai ^€Taq)opaic «K€Xapu2^€iv Kai KaxXdZeiv» Td KXui|üi€va
Tuiv ^eufiidTwv X^TOVTCc Kai Td ß^Xr) q)^p€c6ai «XiXaidjüieva xpoöc
Scai», Tf|V icöpponov fidxnv «^tcac ucfiiivii K€q)aXdc ^X^v». die letz-
ten Worte stehen so Hom. A 72, Plutarch aber schrieb nur Tcac
K€q)aXdc ^X^iv. nach dcai scheint ein Kai ausgefallen zu sein.
Mbiszen. Ernst Graf.
76.
ZWEI PE8TV0RLE8ÜNGEN DES LÜKIAN08.
In der TTpoXaXia 6 Aidvucoc erzählt Lukianos zwei kleine ge-
schichten, die sich auf den Dionysoscult beziehen, die zweite der-
selben lautet etwa so: (c. 6) 'in Indien ist ein von Bakcbisehem
epheu und weinlaub umgebener hain , darin drei quellen, die quelle
der Satjm, des Pan und des Seilenos. nur 6inmal im jähre, am
Dionjsosfest, dürfen die Inder diesen hain betreten, nur Einmal im
jähre aus diesen quellen trinken , und zwar die jUnglinge ans der
Satjmquelle , die männer aus dem brunnen des Pan , die greise ans
dem des Seilenos. (c. 7) was die Jünglinge und männer treiben,
wenn dieser heilige zauber sie treibt, will ich heute nicht erzähleni
es ist ohnehin bekannt genug ; wie es aber den greisen geht nach
dem trunke, das will ich berichten, es passt so recht für meinen
zweck, also wenn ein greis getrunken hat, so ist er eine weile
sprachlos wie ein trunkener, dann wird er sehr lebhaft und ge-
schwätzig und fängt an lange reden zu halten, munter wie eine
grille I bis zum späten abend, wenn aber die begeisterung verflogen
ist, wird er wieder stumm wie zuvor, aber nun gebt acht, nun
kommt das allermerk würdigste, wenn ncmlich der greis seine rede
hat unvollendet lassen müssen, da die sinkende sonne ihn hinderte
AThimme : zwei festrorleBaBgen des LakiaaoB. 66S
seinen schlasz zu machen, so iKhrt er im nftohsien jähre, wenn er
wieder aus der quelle getrunken hat, genan an der stelle fort za
reden, wo er im vorigen jähre aufhörte, (c. 8) dieser spott soll sich
auf mich selbst beziehen, und ich brauche wohl die moral von der
geschieh te nicht erst auszusprechen: ihr seht ja schon selbst, wie
weit die £abel auf mich passt.'
Soweit Lukianos. aus dieser erzählung ist zunächst mit Sicher-
heit zu schlieszen, dasz Luk. ein greis war, als er sie vortrug, aber
das hat er schon vorher zu verstehen gegeben (c. 5), wo er seine
Zuhörer an seine blUtezeit und seine damaligen vortrftge erinnert:
dva|iVTic6uiciv oi TraXaiol cu^trörai Ktbfiuiv Kotvuiv tuuv töt€ koi-
pOüv. was sollen nun die schluszworte des c. 7, die Luk. mit Worten
einleitet; wie sie bei ihm recht häufig sind, wenn er auf etwas be-
sonders wichtiges hinweisen will: TÖ fidVTOt TrapaboSöraTOV oöb^TTUi
elTTOV? so wendet er diese werte auch Her. 8 gerade da an, wo er
auf sich zu sprechen kommt; vgl. auch Jacobitz zu Timon 14,
Sommerbrodt zu Charon 23 u« Nigr. 4.
Aber gerade diese werte, welche somit die'hauptsache der selbst-
ironie enthalten müssen, hat man stets Übersehen, weil man nichts
mit ihnen anzufangen wüste, ist es denn aber unmöglich dieselben
auf Luk, selbst in vollem umfange zu beziehen? wir müssen dann
aus ihnen schlieszen : 1) dasz Luk. als greis einen vertrag gehalten
hat; ohne an den schlusz gelangt zu sein; 2) dasz er denselben Vor-
trag nach genau einem jähre an der stelle, wo er aufgehört hatte,
wieder aufgenommen und zu ende geführt hat; 3) dasz er in der
Zwischenzeit geschwiegen, dh. keine vortrftge gehalten hat; 4) viel-
leicht auch , dasz beide vortrftge an einem Dionysosfeste gehalten
worden sind.
Ad 1. Um die Wahrscheinlichkeit dieser annähme zu prüfen,
kommt es darauf an zu erfahren, welche art von vertrag Luk. hier
meint, wir wissen, dasz er vor seinem vierzigsten jähre freie sophi-
stische declamationen gehalten hat, darauf sich entschieden von
dieser art der rhetorik abgewandt; und spftterhin seine zahlreichen
komischen dialoge und briefe vorgetragen dh. vorgelesen hat (vgl.
Apol. c. 1 TÖ cuTTPctMliCt dv TToXXi^ TrXriGei bcixÖ^v). das wort
dTTibeiEic, welches er Her. 7 von seinen vortragen gebraucht, be-
zeichnet, und zwar ganz besonders bei Luk., alle arten von öffent-
lichen vortragen , also ebenso wohl freie reden als auch Vorlesungen
(Pisc. 6. Prom. in yerbo 2) und musikalische vortrftge (Harm. 2)
und anderes, dasz nun Luk. nach seinem 40n jähre wiederum freie
vortrage nach art der wanderredner gehalten habe, ist eine voU-
ständig aus der luft gegriffene behauptung, welche gleichwohl 6in
biograph des Luk. immer dem andern nachgesprochen hat (vgl. noch
Croiset 'essai sur Lucien' [1882] s. 38) ; in seinen Schriften findet sich
davon kein wort', ja seine entschiedene abkehr von dieser art im reifen
^ ebenso wenig von einem aufenthalt des Luk. in Antiocheia in
Syrien, von dem äuidas berichtet: fjv hi oOtoc tö irpiv bucriiföpoc ^v
37*
564 AThimme: zwei festvorleaungen des Lokianos.
mannesalter verbietet uns es anzunehmen, wir dürfen uns also
unter den dTiibeiEcic desLuk.in seinem spätem leben nur vorlesangen
denken.
Ad 2. Wenn es nun eine schrift war, die Luk. vortrug, und
nicht eine freie rede , so ist daran schon nichts wunderbares mehr,
dasz der greis im folgenden jähre genau bei dem worte fortfahren
konnte, wo er im vorigen aufgehört hatte, nur ist die frage, ob zwei
Vorlesungen überhaupt denkbar sind, die zwei unmittelbar zusammen-
gehörige bücher oder capitel einer und derselben schrift enthalten,
aber durch den Zeitraum eines Jahres getrennt sind, dies scheint mir
allerdings auch nur dann möglich, wenn der erste Vortrag, das erste
buch enthaltend, innerhalb des betreffenden Jahres in den buch-
handel kam und somit der Schriftsteller voraussetzen konnte , dasz
sich dasselbe in den bänden seiner zuhörer befand : denn dasz Lnk.
beide male vor demselben publicum sprach, kann nicht bezweifelt
werden, sonst hätte die fabel überhaupt keinen sinn.
Nun findet sich unter sämtlichen Schriften des Lnk. nur eine
einzige, die in zwei bücher geteilt ist , an welche wir hier also allein
denken können : das ist die 'AXil9f|C icTOpia. ein grund für die Zwei-
teilung gerade dieser schrift liegt nicht etwa in ihrer ausdehnung, da
sie in dieser hinsieht vom Hermotimos und von den totengesprächen
erheblich übertroffen wird, ich finde in der that keine andere er-
klärung hierfür als die annähme, dasz der erste teil als monobiblos
zuerst allein vom Verfasser herausgegeben ist. ABaar (zs. f. d. Ost.
gymn. 1885 s. 95) hat sich freilich gegen diese ansieht, die ich im
wesentlichen bereits in meinen 'quaestionum Lucianearnm capita IV'
(Göttingen 1884) entwickelt habe, ausgesprochen, er klammert sich
dabei an einzelne worte und meint; ein buch, welches mit den worten
TaCra jii^v TOt Karä Tf)v vtico^axiav T€vö|i€va schlieszt, könne
nicht als monobiblos herausgegeben sein, ganz recht, aber ich be-
haupte auch nicht, das/, dasselbe in unserm jetzigen Luk.-tezte auch
noch als monobiblos vorliege, selbstverständlich hat das erste buch
der 'AX. icT. eine gewisse redaction erlitten, als das zweite daza
kam. wenn aber bei dieser redaction in den schlusz des ersten
buches auch nur jenes fii^v gelangte, welches Baar durch gesperrten
druck hervorhebt, so steht in den übrigen worten nichts mehr im
wege an eine monobiblos zu denken: denn der schlusz auch des
zweiten buches ist dann um nichts befriedigender, wenn es heiszt:
TauTtt iLifev oöv TOI M^XPi Tfjc ii^pac ff\c cuv€V€xWvTa jülOl 4v Tfl
OaXdiTij . . Tct b' im ttJc yf\c iv toTc Öfic ßißXioic bifiT^cofiat.
*AvTiox€{q(. diese worte beruhen Icdif^licli auf einer verwecbslong mit
LukiunoH Martyr, dem prcsbyter in Antiocheia. und um das quid pro
quo vollständig zu machen« lUszt Suidas anderseits den Lakianos
Martyr aus Samosata stammen, diesem Schlüsse konnte Snidat nicht
widerstehen, da ja sowohl der prleichnamij^e spötter als auch der vor-
(^ängor des Luk. Martyr, Paulos, aus Samonata waren, die übrif^ea
fünf kirchenschriftsteller, welche den Luk. Martyr erwähnen, berichten
davon nichts.
AThimme: zwei festvorlesungen des LukUnoe, 665
diese worte sehen vielmehr so aus , als habe Luk« gehofft vielleicht
€ic v^uüTa noch mehr Münchhaasiadexi zu erzählen, femer verlangt
Baar, dasz dann doch dem zweiten buche ein orientierendes Vorwort
hätte vorausgeben müssen, ganz recht: dasselbe ist auch vorhanden,
nur nicht vor buch II, sondern es muste, wenn beide bttcher heraos-
gegeben waren , vor buch I zu stehen kommen, es sind die 4 ersten
capitel, die Luk. nach meiner ansieht erst mit der gesamtansgabe
der 'AXii6f)c icTopia verfaszt hat. in diesen 4 capiteln wendet sich
Luk. auch nicht an zuhörer, sondern an einen leser im allgemeinen
(vgl. c. 2. 4).
Es diente also die prolalie Dionysos als einleitung des zweiten
buches der 'AX. icT. , wttbrend das erste genau ein jähr früher vor-
gelesen war, ohne dasz andere Vorlesungen dazwischen gelegen
hätten.
Ad 3. Dies letztere klingt vielleicht besonders widersinnig, da
es doch scheint, dasz Luk. die gewohnheit hatte seine Schriften
öffentlich vorzulesen, allein eine andere steUe belehrt uns, dasz er
in der that bei beginn seines alters den Vorlesungen völlig entsagt
hatte , vgl. Her. 7 ^.jioi bk f|viKa iT€pl rfic beOpo TTOpöbou TaÜTfic
dCKOTTOUjLlllV TTpÖC djLiaUTÖV , cf jÜlOt KaXuUC ^X^l TT)XlKl{^b€ dvTt Kttl
TTdXai Tüav dTiibciEeuiv TTeTraufi^vqi aOOic imip ifiauToO i|if)90v
bibövai TocouTOic biKacTQic. zugleich entnehmen wir diesen werten,
dasz er an eben dem tage, an welchem er diese prolalie Herakles sprach,
zum ersten male seit langer zeit wieder mit einer Vorlesung auftrat.
wie aber aus der vorhin behandelten stelle des Dionysos zu wenig,
so hat man aus dieser zu viel geschlossen, man hat geglaubt, diese
worte deuteten an, dasz Luk. wieder, wie in der zeit vor seinem
40n jabre , als wandernder sophist umhergezogen sei. man hat sich
eben mit der landläufigen bedeutung des wertes dtribeiEiC begnügt
und nicht beachtet, dasz hier nur von Vorlesungen die rede sein
kann , denn solche hat Luk. in der that vorher gehalten, aber auch
dasz er sich etwa von nun an wieder häufiger öffentlich habe hören
lassen, ist aus den werten aOOic ÖTT^p djiauToC Hif)q)OV bibövai nicht
zu entnehmen; im gegenteil weisen die worte lT€pi Tf)c bcCpo
TTapobou TauTTic durchaus nur auf das 'jetzige, heutige' auf-
treten hin.*
Wir haben also nachricht von zwei Vorlesungen des Luk. in
seinem greisenalter. von diesen beiden ist diejenige, welche durch
den Herakles eingeleitet wurde, nach seinen unzweideutigen werten
jedenfalls die erstere gewesen, in der zweiten, mit dem Dionysos
verbundenen Vorlesung aber weist Luk. auf eine frühere hin und
gibt zu verstehen, dasz er in der einjährigen Zwischenzeit nicht
öffentlich gesprochen habe, ich ziehe daraus den schlusz, dasz die
andeutuDgen des Dionysos sich auf den Herakles direct beziehen und
' dieser gebrauch von oi3TOC nach dem nomen ist dem Luk. eigen-
tümlich und hat ganz besonders die bedeutung eines hinweises auf den
vorliegenden fall: vgl. Jacobitz zu Timon 6.
566 AThimme: zwei festvorlesungen des LukianoB.
dasz also, wie dem Dionysos das zweite buch, so dem Herakles das
erste buch der 'AXiiGf)c icTopia als Vorlesung nachfolgte.
Ad 4. Luk. trat also nur ausnahmsweise an einem bestimmten
tage zweier auf einander folgender jähre auf. die bisherige an-
nähme; dasz der alte Luk. wahrscheinlich arm geworden und des-
halb des erwerbs halber wieder aufgetreten sei , fällt damit in sich
zusammen, damit ist aber von vom herein wahrscheinlich, dasz
jener wiederkehrende tag ein festtag war, und ich glaube denselben
aus verschiedenen stellen als Dionysischen festtag zu erkennen,
schon die angäbe , dasz die indischen greise an einem Dionjsosfeste
(£opTä2^ovT€C Tqj Ocui) aus jener quelle tranken , weist darauf hin,
auszerdem aber zahlreiche andeutungen, die sich in der prolalie
Dionysos finden, es sind freilich solche anspielungen schon deshalb
natürlich, weil die ganze kleine schrift über den Dionysos handelt;
aber in solcher anzahl würden sie abgeschmackt sein , wenn nicht
auch die zuhörer des Luk. gerade ein Dionysosfest feierten, so wSre
ohne diese feine beziehung ein ganz müsziger zusatz die parenthese
in c. 1 KUüXüei Totp otib^v, ol^ax, Kai pCOcv u^Tv biiiTr)cac8ai Baicxi-
k6v. vgl. c. 5 dXXd ti rrpöc töv Aiövucov 6 Aiövucoc outoc; cTttoi
TIC fiv. ferner die aufforderung an die zuhörer in c. 5 £KßaKX€U€iv
KQi auTOUC usw. was sollten endlich die werte c. 6 dO^Xui xat dXXo
u^iv biTiTT|cac9ai ti tujv ^kcTGcv, ouk äTTpocbiövucov oöb*
auTÖ, oöb' (Lv TTOioG|i£v dXXÖTptov. dieses irotoG|i€V kann
sich hier nicht auf den redenden allein beziehen, da der singular
dOAui unmittelbar vorhergeht, es kann also nur heiszen: 'die ge-
schieh te handelt auch von Dionysos und passt also zu dem was wir
heute treiben.'
Vielleicht also war Luk. von einem angesehenen manne oder
den Studenten veranlaszt worden bei feierlicher gelegenheit diese
proben seiner komischen erfindung und eleganten darstellung zu
geben, dann würde sich die formelle Sonderstellung erklären, welche
sowohl ^Dionysos' und ^Herakles' als besonders auch die 'AXr)Of|C
icTOpia unter den Schriften des Luk. einnehmen. Dionysos und
Herakles nur in sofern , als sie die einzigen XaXial des Luk. sind,
welche zu der Überschrift in den hss. die ausdrückliche bezeicbnung
TrpoXaXia setzen; die 'AX. icT., weil dies die einzige nicht rhetorische
schrift von Luk. ist; die weder in dialog- noch in briefform abge*
faszt ist. diejenigen nicht rhetorischen stücke , welche nicht unter
diese beiden kategorien gehören , sind nemlicb sämtlich ohne frage
unecht es sind: 1) Trepi TOÜ jiif) pcjtbiuic TTiCTCueiv biaßoX^. 2) irept
Tf)c Cupinc OcoO. 3) ATmocG^vouc i-fKibynov. 4) irepl Oucii&v.
5) Tiepi dcTpoXoYinc. 6) Trepi tt^vGouc. 7) Aoukioc f\ dvoc. dazu
kommt noch AimiÄvaKTOC ßioc, welche schrift ebenfalls in der er-
haltenen form keinesfalls von Luk. herrührt, diese Sonderstellung
der 'AX. icT. ist ein anzeichen dafür, dasz sie bei besonderm anlasz
verfaszt und vorgelesen worden.
Verden an der Aller. Adolf Thimme.
GFaltin: sn Horatins efnsteln [1 11]. 567
76.
ZU HORATIÜS EWSTELN.
Im j. 1863 schrieb Lehrs in diesen jahrb. s. 640: 'die elfte
epistel [des Horatius] zu verstehen Quid tibi visa Qdas — wird
nimmermehr gelingen.' in seiner ausgäbe des diehters (1869)
wiederholt er den satz und die begrttndong und anterwii:ßi dieselbe
einer nach prüf ung; aber er bleibt dabei, dass der vorliegende Zu-
sammenhang und die üblichen auffassungen unsinnig seien, nach
bekanntem recept hat er das gedieht auf 17 yerse beschrftnkt und
erklärt; dasz der torso für sehr hübsch zu halten sei. dasi man nun
für diese ausgeburt der Lehrsschen kritik sich nicht begeistert
hat, ist wohl natürlich ; dasz man aber sonst für seine ausfiUmingen
sehr wenig Verständnis gezeigt hat, darf man doch bedauern,
wenn man auch die epistel für recht wohl verständlich und gar
nicht schwer zu fiissen hält, so musz man gleichwohl Lehrs recht
geben , dasz man bei der üblichen erklärung von Voraussetzungen
ausgeht, die notwendig zu Widersprüchen führen, diese Voraus-
setzungen bestehen 1) darin dasz die verse 7 — 10 von Hör. dem
gedanken nach aus einem briefe des Bullatins entnommen seien;
2) dasz Bullatius verbannt und es ihm nicht vergOnnt sei die heimat
wieder zu sehen, beide Voraussetzungen sind ganz wiUkttrlich und
führen nur zu Verwirrung.
Zunächst die frage: was soll wohl der brief enthalten haben,
aus dem Her. die vier genannten verse ihrem sinne nach entnommen
hat? hat ihm Bullatius mitteilungen über seine reisen, seine erfah-
rungen und seine Stimmung gemacht, so sind die fragen, durch welche
unser brief eingeleitet wird, sinnlos : denn Hör. mttste sich dieselben
aus den mitteilungen des freundes selbst beantworten können, diesem
briefe aber einen andern inhalt zu geben verbieten die verse, die
nach seinen angaben gedichtet sein sollen, die annähme also eines
briefes des Bullatius an Hör. widerstreitet der anläge der epistel.
indes wir wollen den zahlreichen und nicht unbedeutenden Ver-
tretern dieser ansieht doch noch einen schritt entgegenkommen und
einen solchen brief voraussetzen, was gewinnen wir , indem wir die
bezeichneten verse (7 — 10) als aus dem sinne des Bullatius geschrie-
ben glauben, für das Verständnis der epistel? nichts als Verwirrung.
auf die frage des Hör. 'oder findest du an Lebedus gefallen aus über-
drusz an der seefahrt?' würde Bullatius antworten: *du weiszt, was
Lebedus ist : ein ort Oder als Oabii und Fidenae ; gleichwohl wollte
ich (veUem) dort leben und der meinen vergessend und von ihnen
vergessen fern vom festland dem toben der see zuschauen.' ich will
keinen äugen blick damit verlieren darzulegen, wie mattherzig der
gedanke eingeleitet ist, er bringt uns sogleich in Verlegenheit wegen
des Sinnes, es ist nicht überflüssig zu erinnern, dasz vettern einen
durch die Verhältnisse unerfüllbaren wünsch bezeichnet: denn selbst
568 GFaltin: zu Horatius episteln [I 11].
ein mann wie Lebrs war im stände za schreiben (ausgäbe s. CLXVI),
BuUatius habe Hief melancboliscb geklagt, er sei des sacbens und des
reisens so müde, dasz er in dem neste Lebedus wolle sitzen bleiben'.
diese aus dem j. 1863 stammende ausfUbrnng hat er 1869 zwar
nicht verbessert, aber doch in der neuen auseinandersetznng
(s. CLXIX) das bewustsein der richtigen deutung gezeigt, der sinn
wäre nun also: 'ich Bullatius hätte wohl lust in dem elenden Lebedus
aus furcht vor seestürmen zu bleiben, aber die umstände gestatten
es nicht.' soll uns aber die vorliegende epistel für ein kunstwerk
gelten — wir müssen sie doch wohl dafür halten, bis uns das gegen-
teil sich als notwendig erweist — so müssen wir billig nach den um-
ständen fragen, die den wünsch des Bullatius untersagen, indes
darauf gibt uns die epistel keine antwort. nehmen wir an^ dasz
Bullatius aus eignem entschlusz reiste, so bleibt uns diese unmög-
lich keit unerklärlich ; folgen wir selbst der üblichen erklärung, dasz
er verbannt war, so erfahren wir auch kein wort, dasz er an einen
bestimmten ort gewiesen war, sondern aus den fragen des Her.
(v. 1 — 5) geht deutlich hervor, dasz seine wähl frei und unbe-
schränkt war. doch das ist nicht die einzige Verlegenheit, in welche
uns dieser unerfüllbare wünsch des Bullatius bringt. Hör. ist in den
folgenden versen (11 — 16) eifrig bemüht den gedanken in Lebedus
zu bleiben seinem freunde auszureden, man begreift nicht warum,
die verse sind unter gedachter annähme, dasz Bullatius zwar in Lebedus
zu leben wünsche, aber nicht dürfe, ganz überflüssig, damit ergibt
sich die annähme selbst als verfehlt und verwerflich.
Die zweite Voraussetzung , die sich bei vorurteilsfreier prflfung
als Irrlicht zeigt, ist die dasz Bullatius verbannt gewesen sei, ein
falscher schlusz aus v. 17 {incolumi) und v. 20 (dum licet ac vcUum
servat Fortuna henignum). er wird widerlegt durch die nicht mis-
zuverstehenden verse 22 — 30. Hör. rät dem freunde, wo er auch
immer sei , dankbar den augenblick zu genieszen. er belehrt ihn,
dasz Vernunft und besonnenheit die sorgen vertreiben, nicht berliche
aussichtsplätze , dasz man durch reisen wohl die gegend, nicht aber
die seele ändere, vor allem : er nennt das reisen des Bullatius einen
geschäftigen müsziggang, er tadelt das streben auf schiff und Vier-
gespann dem glück nachzujagen, das glück sei überall zu finden^ in
Rom y in Ulubrae , wenn es nur am Seelenfrieden nicht fehle, wie
könnte der dichter das reisen des Bullatius einen geschäftigen
müsziggang nennen, wenn Bullatius verbannt wäre? wie könnte er
ihm vorhalten, dasz man durch reisen die gegend, aber nicht die seele
ändere? wie ihn auf Seelenfrieden als die einzige quelle des gl Ucks
verweisen, wenn die bürgerliche Stellung des Bullatius er^httttert
wäre? nein, Bullatius leidet an der krankheit des von genttssen and
Ireuden übersättigten, an Pflichtgefühl und Charakter verarmten
Zeitalters, die Seneca {de tranq. animi 2, 12 f.) beredt zu schildern
weisz: proprium acgri est nUiil diu pati et muiationibus ui re9i^üs
uti. inde percgrinationes suscipiuntur vagae ei miüe orae pererraniyr^
GFaltin: zu Horatiiii epiiteln [1 11]. 569
et modo tnari se modo terra experU/wr «emfier praeseniihuB infesta
levitas, nunc Campaniam pektmua* tarn ddkaia fasHdio amU: tfi-
cuUa videantur, Bruttios et Lucaniae saUus pene^numiur nsw* wenn
wir von diesem gesichtsponkt bei der erklärung ausgehen, werden
wir finden dasz die verse 17 — 21 gerade anfe gegenteil zu deuten
sind, sie besagen, dasz BuUatius in seiner bttrgerlidien Stellung un-
angetastet und in seinen entschlttssen nur von seinem, freilich kran-
ken , gemüt abhängig sei.
Der dichter schreibt also an seinen freund Bullatius, den sein
unruhiges und unzufriedenes gemttt in die ferne , in die herliohen
landschaften Eleinasiens getrieben hat, um dort das glück der er-
holung und Zufriedenheit zu finden, es ergibt sich somit folgende
gedankenreihe: 'welchen eindruck hat Chios, das berühmte Lesboe,
das elegante Samos, Smyma und Eolophon auf dich gemacht?
stehen sie über oder unter ihrem ruf? Terechwinden sie alle vor
dem Marsfeld und dem Tiberisstrom oder scheint dir doch 6 ine von
den Attalischen stftdten Wunsches wert?' das heiazt doch, wenn ich
recht verstehe: ^sehnst du dich nach Rom zurück oder hast da etwaa
besseres gefunden?' dasz Hör. letzteres glaube« klingt nicht gerade
heraus, sein Unglaube verrftt sich noch deutlicher durch folgende
frage : 'oder findest du an Lebedus gefollen aus überdrusz an der
Seefahrt?' hier stocken wir allerdings, wie sind die verse 7 — 10
aufzufassen? jedenfalls als werte des Hör., doch nicht in der weise
wie es bisher üblich war: denn die ist allerdings, wie I^hrs sagt,
keiner berücksichtigung wert. Hör. kann nicht geschrieben haben :
'du weiszt, Bullatius, was Lebedus ist, ein ort öder als Oabii und
Fidenae; gleichwohl wollte ich dort leben und der meinen vergessend
und von ihnen vergessen fem vom sichern Strand auf die tobende
see schauen.' diese ansieht gäbe wieder nur wirrsal. denn wie
käme denn Hör. zu dem wünsche in dem Oden Lebedus leben zu
wollen? wie käme er, der sich in der heimat befindet und keinen
fusz gerührt hat und rühren will, dazu für seine person den seesturm
^.fi^**thten und vor demselben in Lebedus schütz zu suchen? und
in welcher absieht sollte er dies bekenntnis an Bullatius machen,
dessen reisen er als einen geschäftigen müsziggang bezeichnet?
überdies wie würde sich dieser wünsch zu der folgenden abmahnung
reimen ? nein , sowohl im sinne des Hör. als im sinne des Bullatius
musz der wünsch in Lebedus zu leben, um selbst auf kosten jeder
Verbindung mit den seinen vor den gefahren der see bewahrt zu
bleiben, als ein Widersinn erscheinen und — er musz auch vom
dichter als ein widersinniger und unbegreiflicher hingestellt worden
sein, es kostet in der that wenig mühe diese auffassung zu gewinnen,
indem man hinter furentem ein fragezeichen stellt und ebenso sds
als frage faszt. * durch die erste frage wird die unpassende voraus-
^ den rat dazu hat Lehrs 8. CLXXIII schon yor swaniig jähren
gegeben, er selbst bat seinen gedanken nicht ausgeführt, der freilich
die Voraussetzungen seiner 'sehr hübschen epistel' yollständig aufhebt.
570 GFaltin: zu Horatins episteln [I 11].
Setzung beseitigt, dasz Bullatios Lebodns kennen gelernt habe, was Hör.
nicht voraussetzen konnte, denn y. 1 — 5 zeigen an daszBnllatius sinn
nur nach dem interessantesten stand; auch v. 26 lehrt, dasz nur das
schönste und bedeutendste ihn angezogen , ein ort wie Lebedus aber
nicht zu seinen zielen gehört habe, die zweite frage stellt den wünsch
in Lebedus zu bleiben als eine seltsame verirrung hin, und um den ton
des Vorwurfs, der darin liegt, zu mildem, stellt Hör. in seiner höflichen
weise, in der er sich öfter als mit den fehlem und mlingeln seiner
freunde behaftet darstellt — vgl. v. 28 strenua nos exercet inertia
— die frage in der ersten person, meint aber selbstverständlich
Bnllatins. wir können also übersetzen: Veiszt du, was Lebedus ist?
ein ort öder als Oabii und Fidenae; gleichwohl sollte ich dort zu leben
wünschen und vergessend die meinen und von ihnen vergessen fem
vom lande auf das toben der see schauen?' die Ungeheuerlichkeit
sich in Lebedus aus angst vor der see zu verkriechen wird durch die
grösze des opfers, sich von allen lieben für immer zu trennen, nach-
drücklich hervorgehoben, wenn wir noch einmal den sinn kurz zu-
sammen&ssen, so schlieszen die verse 5 — 10 sich an 1 — 4 in fol-
gendem Zusammenhang an: 'hast du das ziel deiner wünsche in den
glttnzenden städten Asiens gefunden oder sehnst du dich nach Roms
herlichkeit zurück? oder hat dich die see so mürbe gemacht, dasz
du selbst die rückkehr zu den deinen vergessen willst?' die reise-
Unlust, meint also Hör., halte Bullatius nicht blosz ab nach der
bessern heimat, in der die sorgen ruhe finden sollten, weiter zu
suchen, sondern treibe ihn dazu auch jede beziehung zur alten abzu-
brechen, beide möglichkeiten beklimpft Hör. und insofern vor allem
den gedanken sich in eine menschenleere einöde mißvergnügt zurück-
zuziehen, was ihm als das allerschlimmste loos erscheint, dem der
freund anheimfallen könnte, indem er ausführt (v. 11 — 16): 'doch
wer von Capua nach Rom geht, wird nicht, wenn er sich vor Un-
wetter in einem kruge geborgen hat, in ihm leben wollen; ebenso
wenig lobt; wer sich erkältet hat, warme Öfen und bttder als die
sichersten mittel des glucks ; darum also (iddrco) darfst d u , sollte
dich ein kriiftiger süd auf der see geschüttelt haben, dein schiff nicht
jenseit des ägäischen meeres verkaufen.' das erste beispiel weist
deutlich auf das ersehnte reisezieh die schlnszfolge auf die heimkehr.
denn diese worte sind kein beispiel, wie zuletzt noch Krüger, Schütz,
Orelli-Hirschfelder meinen, sondern die nutzanwendung der
beidengleichnisse {idcirco) auf Bullatius, eine wamung die rück-
kehr sich unmöglich zu machen, es klingt daraus der wünsch hervor,
der freund möge, wenn er keine lust habe dem ersehnten ziele nach-
zugehen, doch wenigstens zurückkehren. *war deine reise umsonst,
nun so komm wenigstens zurück, und' so ffthrt Hör. fort 'wen
nicht das Schicksal in die ferne hinaustreibt, der bleibe lieber daheim.'
oder mit seinen worten (17 — 21): 'für den, der seine heimat nicht
verloren hat, hat freilich die Schönheit von Rhodos und Mjtilene
nicht mehr zu bedeuten als ein pelzrock im sommer, der schürz im
GFaltin: zu Horatins epistdn [1 11]« 571
Schneesturm ; ein Tiberisbad im winter , der ofen im joli. so lange
man in Bom sein darf und das sohioksal doh freundlich zeigt , soll
man in Bom aus der ferne Samos, Chios and Bhodos preisen.' es ist
klar , dasz BuUatius vorgehalten wird , er habe es gar nicht nOtig in
die ferne zu gehen; er der keine neue heimat za suchen habe, weil
er seine alte nicht verloren, solle heitern mates in der fbme von der
herlicbkeit Eleinasiens reden, sie könne ihm persönlich nicht mehr
bieten als die heimat. da finde er auch alles was er zum glttck brauche,
damit ist der erste teil der epistel (1 — 21) abgeschlossen, man kann
seinen inhalt kurz zusammenfassen in die worte : 'in der ferne findest
du das glück nicht.' der zweite teil (22 — 30) spricht den andern
gedanken aus : ^suche es in dir selbst.' er tritt so bestimmt und
deutlich hervor, dasz nach den oben gebotenen erörterungen der
nfthere nachweis wohl nicht erforderlich ist.
Nur noch ein wort der ab wehr ftlrHoratius gegen Lehrs, derllber
V. 25-— 28 bemerkt (s. CLxvu): \ ^ sollen wir endlich noch in den
kauf nehmen eine sentenz wie diese: €wenn vemnnft und klngheit
die sorgen nimt, nicht ein weit ttber das meer schauender ort, so
ver&ndern ja diejenigen , die ttber das meer schiffen , den himmel,
nicht ihren sinn».' der satz ist gewis kein logisches muster, doch
wem sollte es schwer fallen die verkttrzung in sinnentsprechender
weise auszufüllen? Venn vemunfb und klugheit die sorgen nimt,
nicht ein herlicher blick auf die see, was hilft es solche stellen aufra-
suchen und gar ttber das meer zu eilen, weil die heimat ihrer nicht
genug oder nicht die schönsten bietet? nur den himmel; nicht die
seele verändern, die ttber das meer in solcher absieht eilen.' wie
gering ist aber dieser logische mangel gegenttber der schneidenden
unlogik, mit der Lehrs die frage auf wirft: 'musz man denn, um
einen das meer überschauenden ort zu finden; ttber das meer
fahren ?'
Unser ergebnis ist also in kttrze folgendes: Hör. schreibt an
seinen freund BuUatius, der verstimmt aus der heimat nach den
schönen städten Eleinasiens gezogen ist, um sich seine sorgen zu
vertreiben. Hör. glaubt nicht an einen guten erfolg seiner reise, er
fürchtet im gegenteil, dasz ihm die reise bald leid werden wird, und
dasz er, statt in jenen herlichen stttdten sein seelenglttck zu finden,
bald aus überdrusz in dem elendesten flecken sich vergraben und
selbst die beimkehr aufgeben wird, er warnt ihn vor diesem extrem,
drängt ihn zur heimkehr; denn ihm, einem manne dem das Schicksal
die heimat nicht geraubt, könne die fremde nicht geben, was ihm
nicht auch die heimat biete, wenn er nur für sein unruhiges herz
den frieden gewinne.
Neu BuppiN. Gustav Faltin.
572 CJohn: zum dialogus des Tacitus.
77.
ZUM DIALOGÜS DES TACITÜS.*
c. 28 nam pridem suus cuique ßius ex casta parente fuUus nan
in ceUuta emptae nutricis^ sed gremio ac sinu mcUris educabatur^
cuiiLS praecipua laus erat iueri domum et inservire liberis. digebatur
autem maior aliqua natu propinqua^ cuius probatis spedatisg^
fnoribus omnis eiusdem famüiae suboles cammitteretur, caram qua
neque dicere fas erat quod turpe dictu neque facere quod inhonestum
factu videretur; ac non studia modo curasque, sed remissiones etiam
lususque puerorum sanäitate quadam ac verecundia temperabat, sie
Corneliam Gracchorum^ sie Äurdiam Caesaris^ sie Atiam Äugusti
[matrem] praefuisse educationibi^ ac produxisse prindpes liberos
acc^imu^. wie wenig die erklärung und Überlieferung dieser classi-
schen stelle feststeht, davon legen die kritischen und commentierten
ausgaben des dialogus beredtes zeugnis ab. es ist die rede von der
republicanischen kindererziehung, der als bester und, wie mir scheint,
nicht gebührend berücksichtigter commentar in c. 29 das bild der
monarchischen gegenübertritt, zwar werden nur die grundzüge ent-
worfen, aber sie genügen vollkommen zur grellsten beleuchtung
jener gegenstttze , die das wort neglegentia parentum wie in ihrem
brennpunkt zusammenfaszt. auf der einen seite die pflege und er-
* von den in meinem programm (Urach 1886) veröffentlichten emen-
dationen zam dialog^us nehme ich zwei zu g^onsten der äberlieferong
zurück: 13, 20 (Halm) habe ich, an der möglicbkeit örtlicher bedeotoni:
von Sacra zweifelnd, den ausfall von loca vermutet, indes ist doch die
auffassung 'cultstätten' im allgemeinsten sinne wenigstens ffir die ge-
hobene spräche zulässig und durch den begriff des gottgeweihten betitz-
tums vermittelt: vgl. gegen Cic. de har, resp» 6, 9 loca »aera et religiosa
profana haberi zb. Tac. ann. I 51, 4 profana nmul et Sacra (dh. heilige
haine) . . solo aequantur, — Faszt man ferner c. 16 ae. tos ipsi steigernd
iH 'sogar ihr kunstredner, geschweige ich und andere praktische redner
der gegenwart', so wird man bei der Überlieferung vos . . recessistts
stehen bleiben können. — Leider hat eine reihe traditioneller text-
fälscbungen, deren bekämpfung ich mir ao. angelegen sein liesz, auch
wieder in der neuen recension von Job. Müller aufiuihme gefunden, ich
bin dadurch an der berechtigung meiner rettungen nicht irre geworden,
so steht mir vor allem die richtigkeit der Überlieferung von 5, 11 et ego
und die notwendigkeit einer negativen wendung des causalsatzet (ver-
mutlich quatenus ar biter . . inveniri non potuit) auszer allem zweifei.
Aper, der seinerseits keinen Schiedsrichter begehrt hat, konnte, selbst
wenn er wirklich die ablehnung des Secundus nicht gelten lassen wollte,
unmöglich sagen arbitrum invenif sondern höchstens intfentmus, noch
weniger konnte er nunmehr, nachdem denn doch Secundus onsweideotig
und entschieden abgelehnt hatte, ohne weiteres seine bereitwilUgkett
als selbstverständlich {quatenus ■» quoniam) voraussetzen, am allerwenig-
sten aber hieraus das recht ableiten selbst {ego enim) in die tnstmctioQ
des processes einzugreifen. — Auch die in jabrg. 1887 dieser zs. s. 627 f.
vorgetragenen conjecturen halten vor einer genauem prQfnng des zu-
sammenhangd nicht stich: vgl. zu den beiden ersten meine erörterungen
im corresp.-blatt f. d. gelschulen Württ. 1886 s. 360 und 666.
CJohn: zum dialogns des Tadtos. 573
Ziehung der kinder in der hand und anfeicht (tu gnmo) der mutter,
deren rühm es ist selbst die nationale Bitte und zncht auf das janjgfe
geschlecht fortzupflanzen, auf der andern in den h&nden des anwttr-
digen und gewissenlosen gesindes, der griechischen wftrterin und
des griechischen pttdagogen; dort die zielbewuste erfQllung der
doppelten erziehungsanfgabe, ohr und äuge der kinder vor unsauber-
keiten zu schützen und ihr eignes treiben , arbeit sowohl als spiel,
unter die zucht einer sittlichen autorität zu stellen; hier die schnöde
Versäumnis dieser beiden Verpflichtungen, die preisgäbe der kind-
lichen Unschuld und die gewöbnung an ungehorsam und dreistigkeit;
dort endlich die glänzenden erziehungserfolge: in letzter absii^t die
höchste staatsmttnnische und rednerische tttchtigkeit und zunächst
jene sittliche festigkeit und Schwungkraft der seele, welche die Vor-
aussetzung ist für die begeisterte hingäbe an irgendwelches ernste
Studium; und hier die sittiiche Vergiftung und die frtlhreife blasiert-
heit, der es für idealere bildungszwecke ebenso sehr am können wie
am wollen gebricht, aus diesem durchgeführten parallelismus ergibt
sich zuvörderst m. e. unzweifelhaft, dasz jener schütz der kinder vor
schlechtem beispiel , auf den sich der satz eoraim qua . . viäeretwr
und anderseits die werte c. 29 nee quisquam in Ma domo penH
habet, quid coram infante domino aui dicat aui fadat beziehen, als
ein wesentliches stück der erziehungsthStigkeit erscheinen soll.
offenbar soll die schuld an der ungünstigen Veränderung^ die in
diesem punkte eingetreten war, nicht auf diehausgenossen und deren
gröszere Schamlosigkeit fallen, sondern auf die pflichtversäumnis der
eitern , die einst die kinder durch sittliche scheu (sanctitcUe quadam
ac verecundia) erzogen und zugleich vor befleckung behütet hatten,
jetzt sie der sittenlosigkeit untauglicher Sklaven überlieszen, ja sogar
selbst durch ihr beispiel zu ihrer Verderbnis beitrugen, somit muste
in jenem Zusammenhang die achtunggebietende gegenwart der er-
zieberin , nicht die selbstverständliche der kinder erwähnt werden,
dh. coram qua kann sich nicht &nf suholes beziehen.
Ebenso wenig ist es möglich diese negative seite der erziehungs-
thätigkeit von der im nächsten satz ac . . temperdbat berührten posi-
tiven zu scheiden, also durch u mstellung die beiden sätze räumlich .
zu trennen oder, wie fast allgemein geschieht, sie an verschiedene
Personen zu verteilen, wer die eine Obliegenheit erfüllte, dem flel
selbstverständlich zugleich die andere zu. und da die ganze darstel-
lung augenscheinlich darauf abzielt, die sittenstrenge mutter als
die hüterin der altrömischen zucht, die ehrfurcht vor ihr als die
Wurzel der frühern sittenreinheit und tüchtigkeit erscheinen zu lassen,
so musz bei den beiden bethätigungen des sittigenden einflusses weib-
licher autorität {coram qua . . temperahat) jedenfalls auch und
schlieszlich vorhersehend an die mutter gedacht sein, alsdann kann
sich der satz sic%. . accepimi^, der die glänzenden beispiele mütter-
licher erziehung einführt , ohn^ anstosz an der stelle , wo er Über-
liefert ist, anschlieszen.
574 CJobn: zum dialogus des Tacitus.
Wie verhält es sich nun aber mit jener aasgewttblten ftltem
verwandten und dem ihr geltenden satze, der das über die mntter
gesagte in so störender weise zu unterbrechen scheint? ist sie nnr
eine untergeordnete wächterin der kinder oder die stellvertreterin
der mutter? offenbar nur das letztere, untergeordnetes personal
kannte ja auch schon die gute republicanische zeit, die rOmische
Wärterin und den römischen custos, der mutter selbst fiel in der
regel nur die leitung und controle {praeesse educationi) zu. wenn
nun an der stelle jener sklaven oder daneben noch eine angehönge
des hauses bestellt worden wäre von so unbedingter Vertrauens-
würdigkeit, dasz man ihr sogar den ganzen nachwuchs einer mehr-
fach verzweigten familie (vgl. Marquardt röm. privatalt. I s. 56
anm. 286) anvertrauen konnte, was wäre denn alsdann für die
mutter zu thun übrig geblieben ? und würde nicht ihr verdienst ge-
flissentlich wieder herabgesetzt, wenn hier mitgeteilt werden sollte,
dasz doch auch schon die republicanische mutter sich ihre aufgäbe
zu erleichtem verstanden habe? wie nahe lag dagegen die berück-
sichtignng des falles, dasz die mutter selbst gehindert war das er-
ziehungswerk zu leiten, und wie geschickt liesz sich damit ein hin-
weis verknüpfen auf die alte cinfachheit im gegensatz zur neozeit,
wo das einzelne herrenkind {infans dominus) sein besonderes per-
sonal zu ausschlieszlicher dienstleistung zugewiesen erhält und doch
dabei so schlecht behütet ist I soll nun diese lediglich stellvertretende
bedeutung der mütterlichen erzieherin zu unzweideutigem ansdruck
kommen, so ist Meisers leichte emendation und Umstellung aut
digehatiMT schwerlich abzuweisen, denn mag man auch die über-
lieferten Worte eligebatur atUem pressen und entweder deuten:
^anderseits kam es auch vor dasz' oder: 'wählte man aber, so nahm
man', jedenfalls bleibt das raisverständnis möglich, dasz es sich nur
um eine gehilfin der mutter handle, der autor dagegen hält offenbar
auch im folgenden an der Vorstellung des ansschlieszenden
gegensatzes fest und fuhrt deshalb im sing, fort in der weise, dasz
er bei caram qua und temperabat sowohl an die natürliche ala
eventuell an die bestellte erzieherin denkt, die freiere beziehung von
caram qua und die Verschiedenheit der beiden relativsätze ist deut-
lich genug durch den Wechsel des modus und den mangel copulativer
Verbindung angedeutet.
c. 33 nee quisquam percipere tot aut reconditas tarn varia$
res potest. wenn an der eben besprochenen stelle der grund zur Ver-
änderung der Wortfolge in falscher lesung der conjunction zn Sachen
sein mag , so ist anderswo die Verwirrung vermutlich durch nach-
trägliche ein- oder anfUgung ausgelassener werte entstanden, an
auslassungen ist ja der archetjpus des dialogus ganz auffallend
reich ; da wäre es wunderbar, wenn nicht die eine oder andere vom
Schreiber selbst noch bemerkt worden wäre, so erklärt sich zb. die
textverderbnis in c. 2 , wo anstatt in iudiciis non utrosque modo mit
Nipperdey zu lesen sein dürfte : non in iudiciis modo uirosque ; so
CJohn: sam dialogoB des TadtiiB. 575
vermatlich auch die in c. 41 , wo die gelindeste heilnng der woiie
vüas ac vestra tempora der yorsehlag Haaeee ist, pesira nach tempara
zu stellen, aaf diesem wege ist nun m. e. auch an der citierten
stelle zu helfen. Baehrens begnflgt sich mit der Umstellung von
aut und tarn, ich glaube, die entstehung der Verderbnis wird ein-
leuchtender, wenn auch noch die adjectiva vertauscht werden und
gelesen wird: tat tarn varias aut reeonditas res. auch ans
Innern gründen empfahl sich diese Stellung, nachdem einmal wegen
der negation auf das übliche bindewort (vgl. diäl. 8, 26. 39, 16)
nach tot verzichtet und so tat um einen teil seiner Selbständigkeit ge-
bracht war. vgl. auch Cic. Tuse. Y 72 tat tarn variisgue virtuHbus;
p. Sestio 46 causas tot tamque varias.
c. 35 at nunc adulescentuU noslri deduauntur in sMtaSy ^in^
quihus nan facüe dixerim uirumne locus ipse an candiseipuU an
genus studiorum plus maU ingenUs adferant. nam in loco nihil reve*
rentiae^ sed in quem nemo nisi aeque imperUus intrat; in oondUscipuUs
nihü profeäus^ cum pueri inter pueras et adulescentuU inier aduks-
centuhs pari securitate et dicani et audianiur; ipsae vero eacercitationes
magna ex parte cantrariae. nempe emm usw. nachdem Messalla die
besondere rednerische Vorbildung der frühem seit geschildert, wo
als sttttte des unterrichte das forum , als Vorbilder die proben frem-
der tüchtigkeit, als Übungsstoff die präzis des tages gedient hat,
wird nun das moderne verfahren unter denselben gesichtspunkten
behandelt, in allen drei stücken hat die rhetorensohule ein schäd-
liches neues an die stelle des bewährten alten gesetzt, wenn nun bei
den zwei letzten punkten beidemal dem verdammenden urteil die be-
gründung nachfolgt, so wird es wohl beim ersten auch so sein: der
relativsatz in quem . . intrcU soll begründen, warum der ort, wo die
redekunst jetzt gelernt wird , nichts imponierendes an sich hat. es
fehlt daselbst jene ^immer za)ilreiche, immer neue, aus gegnem und
gönnem bestehende Zuhörerschaft', jene Vertretung der verschieden-
sten geschmacksrichtungen und bildungsgrade, die den redner des
forums zur höchsten kraftentfaltung, den redeschüler zum höchsten
fieiöze angespornt hatte, was in den rhetorenschulen ein- und ausgeht,
steht einschlieszlich des lehrers alles auf dergleichen stufe schülerhafter
Urteilslosigkeit, somit ist nach Taciteischer ausdrucksweise zu schrei-
ben : in loco nihil reverentiae^ ut in quem nemo nisi aeque in^^eritus
intrat. Acidalius vermutet scUicetj aber für scüicet g^ fehlen belege.
mit t^ qui verträgt sich auch der überlieferte indicativ, für den ein un-
anfecb tbares beispiel bietet Qerm, 22, 2 lavantur saepius caUda^ ut apud
quosplurimum hiems occuptxt. auch ebd. 17, 6 u^ quibus nuUus per com"
mercia cultus wird von Halm mit recht für diesen modus in anspruch
genommen, in allen diesen fällen handelt es sich um eine noch be-
stehende thatsache , deren gültigkeit für die gegen wart zu betonen
an unserer stelle besonders nahe lag. bei vergangenen handlungen
konnte diese nüance im tempus (conj. perf. statt impf, oder plsq.)
zum ausdruck kommen, vgl. hist. I 37, 10 mit III 25, 5. ann. 11
576 CJohn: znm dialogus des Tacitus.
10, 13. lY 62, 8. die lesung sed (Nipperdej opusc. s. 339) oder et
(Seebode) verträgt sich weder mit dem indicativ noch mit der form
des Satzes, auch Halm erreicht mit der doppelten correetnr est und
intret die zwingende deutlichkeit meiner emendation nicht.
c. 36. den ttnderungen im Bildungsgang des redners tritt als
zweiter hauptgrund für den verfall der beredsamkeit der umschwnng
der politischen Verhältnisse an die seite. die geordneten zustände
der monarchie bieten der redekunst nicht mehr jene lohnenden aas-
sichten {praemia), deren sich die republicanischen redner erfreut
haben, 'sie waren die vielumworbenen Vertreter ganzer nationen,
ihnen empfahlen sich die Statthalter vor dem abgang in die provinz^
ihnen warteten sie nach ihrer rückkehr auf, ihnen fielen die höch-
sten Staatsämter nur so in den schosz, ja sie waren auch ohne amt
nicht ohne amtsgewalt, da ihr rat und ihre stimme sowohl volk als
Senat beherschte.' quin immo sihi ipsi persuaserant neminem sine
eloquentia aut adsequi posse in civüate aut tueri conspicuum et emi-
nentem locum, so lautet einstimmig die Überlieferung, nur der
codex Leid., der die correcturen des gelehrten Pontanus wiedergabt,
läszt ipsi weg. an einen subjects Wechsel kann gleichwohl niemand
denken, und doch ist die subjectsgleichheit, die beziebung des satzes
auf die redner durch sinn und Zusammenhang absolut ausgeschlossen,
denn dasz den rednem ihre kunst für unentbehrlich galt, um im
bürgerlichen leben eine rolle zu spielen, ist ja selbstverständlich,
von der unentbehrlichkeit (necessUas) der redekunst ist nur die rede,
um darzuthun dasz einst neben den materiellen vorteilen auch das
ehrgeftthl {rubor) ein sporn war für die Übung der beredsamkeit
dies erklärt sieh aus dem schimpf, der sich in der öflfenüicben meinung
an den mangel der redegewandtheit knüpfte, und dieser schimpf hin-
wiederum war eine natürliche folge ihrer vorausgesetzten and that-
sächlichen unentbehrlichkeit für jedermann, besonders aber für den
Staatsmann, jene Voraussetzung musz also notwendig eine allgemeine
gewesen sein, völlig sinngemäöz vermutet hiemach Halm quin
omnes sibi perstuiserant ^ aber diese Verderbnis wäre unwahrschein-
lich, auch wenn sonst bloszes quin in diesem sinne bei Tacitas
üblich wäre, ich suche das vermiszte allgemeinere sabject im an-
schlusz un das unmittelbar vorhergehende und finde in dem mit
unrecht verworfenen pronomen ipsi die bestätigung dafür, dasz hier
dem autor ein gegensatz der regierenden und regierten (ü gm ara"
torum consüio et audoritate regebantu/r) vorschwebte, somit ist in
freier anknüpfung an die objecte et populum et senatum zu lesen: qui
(^{ V) quin immo sibi ipsi persuaserant. die lücke vor quin immo steht
ohnedies auszer zweifei, da Tacitus, wie quin etiam meistens (aus-
nähme nur diaL 29, 6. ann. XII 61,6), so quin immo und in gleicher
bedeutung bloszes itiinio sonst rcgelmäszig nachstellt: vgl. dtoZ.
6, 8. 34, 25. 39, 9. Germ. 14, 16. ann. XV 21, 10.
Urach. Constaiitin John.
BESTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISCHE PHILOLOGIE
HKRAU80E0EBEN VON ALFRED FlECKBISEN.
78-
DIE HEXAMETRISCHEN ÜBEBSCHßlFTEN
Zu DEN ACHTÜNDVIERZIG HOMERISCHEN RHAPSODIEN
Als ich vor etwa einem jabre damit bescbliftis^t war, die hexame-
triscben ^Triypaqpai zur Odyssee, deren völlig ungenügende überlief emng
in WDindorfs ausgäbe der Odjsseeseholien ja tehon längst keinem
Zweifel unterliegen konnte, nach zwei Ambrosianisehan und Bwei Mar-
cianischen hss. herauszugeben, und den sehr bedeutenden unterschied,
der zwischen diesen ^triYpaqpai und den zur Ilias überlieferten obwaltet, zu
erklären versuchen wollte, wurde ich durch Arthur Ludwiohs Königs-
berger festschrift 'Homeri Iliadis et Odjsseae periochae metrieae ab
A. L. editae ad celebrandam . . memoriam virorum illustrinm • .' (druck
von Härtung in Königsberg 1887) überrascht, gleich der erste blick
führte mir auch zur Odyssee eine solche fülle des materials vor die
au^en, dasz zwei von Ludwich für diesen zweck nicht benutzte, von
mir collationierte hss. (Ambr. B 99 sup. und Marc. cl. IX 4) dagegen
nicht ins gewicht fallen konnten, ein eingehendes, sunlichtt zum zweck
einer anzeige bzw. besprechung unternommenes Studium verschiedener
sich auf grund des reichen materials ergebender fragen hat einen sol-
chen nmfang und einen so selbständigen Charakter angenommen, dasz
die resultate desselben für den ursprünglich beabsichtigten zweck nicht
mehr verwendbar erschienen.
Wenn ich also die folgenden blätter als einen selbständigen auf-
satz der Öffentlichkeit übergebe, erfülle ich eine pflicht der dankbar-
keit, wenn ich bemerke dasz, wenn es mir vielleicht gelungen ist einige
neue, sei es sichere sei es wahrscheinliche, resultate zu gewinnen, mir
dieses ohne das von Ludwieh in leichter Übersichtlichkeit gebotene in-
veutar der hsl. lesarten niemals möglich gewesen sein würde.
Die in den hss. überlieferten l)Li)LieTpoi dTTitpoi<poii der 24 rhap-
sodien der Odyssee sind jungem Ursprungs als die der Ilias; von
den zu diesem gedichte vorhandenen sind die auf den grammatiker
Stephanos zurückzuführenden älter als die sich neben diesen oder an
stelle derselben in manchen Iliascodices vorfindenden; die ihrerseits
Jahrlidcher Tür class. philol. 1888 hA. 9. 38
578 HSchrader: die hexanietr. überscbriften zu deu 48 Hom. rhapsodien.
wiederum nicht sämtlich einer und derselben zeit angehören können,
die verschiedenen, somit in gewissem sinne über einander abge-
lagerten schiebten haben, und zwar in hervorragendster weise die
jüngsten, sowohl in den Kuszerlichkeiten ihrer Überlieferung als aach
in ihrer spräche und besonders in ihrer yerstechnik eigentttmlich-
keiten aufzuweisen, die eine annähernde fixierung ihres Ursprungs
gestatten und zugleich zum teil für die entwicklung des byzantini-
schen hexameters nicht ohne bedeutung sind, der für die erreichong
des letztern Zweckes einzuschlagende weg wird freilich, da der direet
in frage kommenden verse nur wenige sind , das für die beurteilung
derselben oder die aus ihnen zu ziehenden folgerungen unerläszliche
material in beträchtlichem masze auf scheinbar entlegenen und znm
teil bis jetzt wenig betretenen gebieten zu suchen haben.
I.
Die schon längst aus der Anthologia Palatina (IX 385) als
CTeqpdvou tpömmcitikgO dKpöcTixa elc ifjv IXiäba Kaiä ^ai|i(|)biav
bekannten verse'
^'AXqpa XiTOtc Xpiicou, Xcijuiöv CTpaioO, fxöoc dvciKTUiv
BfiTtt b' öveipov fx€i, dTOpriv, kqi vfiac dpi6)Li€i
rdjuijLia b' dp' djuiq)' *6X^vtic oioic juiöGoc icilv dKoiraic
A^Xtu Geiüv dYopri, öpKUJV x^cic, "Apeoc dpxrj
61 ßdXXei KuG^peiav "Apr^d t€ Tubeoc uiöc
Zf]Ta b* dp* 'AvbpOjLidxric kqi "6ktopöc ^ct' öapicxuc
^Hia b' Aiac 7toX^jlii2[€ jliöviu juiövoc "GKTopi biip
Qf\Ta Geiüv dtopri, Tpiuujv Kpdioc, *'6ktopoc euxoc
'eHeciTi b' 'AxiXf^oc dTT€iG^oc kiiv 1uiTa
Kdirna b* dp' djucpoieptüv CKomoCeiLiev fjXuGov dvbpec
Adjuißba b* dpicifjac AavaÄv ßdXov "6ktopoc dvbpec
MO Tpiüujv TTaXdjuiqci KaTripme tcTxoc 'Axaiiliv
N 0 bi TToceibdiüV AavaoTc Kpdroc lÜTrace XdGpri
El Kpovibriv Xex^ecci kqi öttvuj fi7raq)€V "Hpii
Ofl Kpovibric K€xöXujTO TToceibduivi Kai *'Hpq
TTi TTdTpoKXov fnecpvev dprjiov *'€ktopoc alx|iil
Tiü Aavaoi Tpiü^c t€ v^kuv n^pi x^ipctc f)LiicTOV
CiTM« 0^Tic 'AxiXfli Trap* 'HqpaicTOu qp^pev ÖTiXa
Tau b' diT^XriYe xö^o^o ^ai fKGope bioc 'AxiXXeüc
T jLiaKdpujv f pic üüpTO , q)€p€i b' ^TTi KdpToc 'Axaioic
Ol Kpaiepiüc Kaid X€i3)LiaT' ebdjiivaTO Tpujac 'AxiXXeüc
* ich halte es der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit wegen für
geboten sie anzuführen, obwohl ich mich, ahgi sehen von dem mit dem
cod. Palat. üliereinstimmenden C(T|Lia (OtM^i iJübner), an den Dübner-
sehen text anschliesze, bis auf Hie ^triYpctcpH ZQ H, welche bei DUbner
£1 Kpovibriv ÜTCvip Xcx^ccci koI i^nacpcv "Hpr| lautet, das oben von mir
gegebene ist auch von Ludwioli au.-i einigen Ilias-hss. fua. Marc. AbS)
anstatt der lesart «les Pakt. Et KpoviÖT^v Xcx^ccci T€ öirvui niraq>€v
*'Hpr| vorgezogen wurden.
HSchrader: die hexametr. überEchiiften zu den 48 Hom. rhapsodien. 579
X i b' öpa Tpk 7T€p\ T€Txoc ät^wv Kxdvcv *'€ktop* 'AxiXXciic
VT AavaoTciv dTwva bibouc ^T^Xeccev ^AxiXXeüc
'Q TTpidjuiiu v^Kuv uTa Xaßdiv t^P« buiiccv 'AxiXXcuc
sind in eine beträchtliche anzahl von Iliascodices übergegangen, teils
allein , teils neben den weiter unten anzuführenden £iTitpoeq>ai.
Nur die verse des Stephanos haben , wie sich aus der zu-
sammenstellung bei Lud wich ergibt, der cod. Yen. A (saec. X),
Ambr. L 116 sup. (saec. XIII), Riccard. 30 (saec. XIV)', sowie
der von mir in diesem sommer zu allen rhapsodien (von Lndwich
nur zu A — A) verglichene Harl. 5693 (saec. XV) und der frei-
lich nur teile des gedichts (A — H) enthaltende Laur. XXXII 31.
auch aus Ambr. F 101 sup. (saec. XIII) and ans Ozon. 298 (saec?)
teilt Ludwich wenn auch aus ersterm nur zu H und I — V, ans letz-
ter m nur zu A — 6, K — T, X und Y, lediglich diese dmtpoipai mit.
da sich die hauptanzahl der sonst überlieferten erst von K an findet,
ist die thatsache, dasz der nur A — K enthaltende cod. Vratisl. 24
(12, 14; vgl. La Boche Hom. textkritik s. 469, 73), de^ Eduard
Meyer gütiger weise ftür mich eingesehen hat, nur Stephanos wieder-
gibt^, sowie dasz aus Monac. 111 (saec. ?), den Lndwich nur zu
A — 6 verglichen hat, keine andere Überschrift bekannt ist, von keiner
bedeutung.
Dasz die diritpotcpai der Iliascodices manche Varianten der les-
arten des cod. Palatinus der Anthologie, die zum teil als einfiEU^he ver*
Schreibungen aufzufassen sind, aufzuweisen haben, ist selbstverständ-
lich; es genügt für sie auf die Zusammenstellung bei Ludwich zn
verweisen, bemerkenswert ist auszer dem anm. 1 zu H bemerkten
nur der umstand , dasz die im Pal. überlieferte lesart (B) Kttl \f\ac
dpiGjuieiv sich auch im Biccard. findet (Ludwich ist mit recht der
autorität des Ven. A usw. gefolgt), dasz zu A viele hss. (ua. der ge-
nannte Venetus) A^Xia GeüüV dTopfjV 8pKU)V x^civ "Apeoc dpxHV
und zu 0 deren drei (2 Ambr. und der oben erwähnte Oxon.) Öfjia
0€UJV dTOpfjV usw. darbieten (Ludwich entscheidet sich, wie durch-
aus zu billigen, für den nominativ), dasz zu I im Ambr. J 4 sup. der
vers durch die Umstellung lujia b* ilecix] 'AxiXfjoc dneiGtoc icriv
den übrigen äuszerlich gleich gemacht ist, dasz das zuO im Palat.
fehlende xpaiepiüc, das nach Jacobs 'ex codice Homeri Vratislav.
accessit', in allen den vers enthaltenden Ilias-hss. vorhanden ist,
so wie dasz zu Q auch die autorität dieser hss. die oben aus dem Pal.
gegebene form der dTritpciqpri empfiehlt: die von Ludwich wohl der
bessern Übereinstimmung der verseinschnitte mit dem sinne zu liebe
vorgezogene form 'ö TTpiajLioc v^Kuv ula Xaßuiv t^pabulKev 'AxiX-
Xci ist hsl. sehr schwach gestützt.
Die zeit und die persönlichkeit des grammatikers Stephanos zu
2 auszer den ^TTiTpaqpai zu A und Q, was darin seinen grond bat,
dasz die ersten 68 verse and der scbhisz des g^edichts (von V 403 an)
von einer sehr viel Jüngern band ergänzt sind, vg^l, Hermes XXII s. 306.
^ dio iiiifpacpr] zu A fehlt.
38*
580 HSchrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapBOdien.
fixieren ist bis jetzt nicht gelungen, die Bergksche yermatang (GL6.
I s. 910, 69); es könne der scholiast des Dionjsios Tbrax sein, wel-
chen jetzt niemand mehr, wie noch vor 15 jähren Michaelis (griech.
bilderchronik s. 85), für einen ^alexandrinischen gelehrten' halten
wird, ist mit recht von Lud wich s. 3, 1 als liaszerst unsicher be-
zeichnet worden. Lud wichs eignes urteil Wersus ipsi satis seram
aetatem mihi prodere videntur' wird cum grano salis zu verstehen
sein, ausdruck und constructionen zeigen nichts, das für eine nftbere
bestimmung zu verwenden wäre; auffallend und aus der griechischen
litteratur bis jetzt nicht nachgewiesen ist nur (zu A) das öpKUiv
Xucic im sinne von CUYX^^^C, von welchem weiter unten noch die
rede sein wird, ein zeichen gewissenhafter beachtung des wertes der
Silben ist es, dasz Stephanos es (zu I) vorgezogen hat das richtig
gemessene idira ans ende des verseszu stellen, anstatt, wie die
im cod. Ambr. J 4 sup. überlieferte ummodelung^ derselben diTt-
Tpaqpri* Mtüia ö' dHeciii 'AxiXnoc dTreiO^oc ictiv, den vers mit einem
z w ei silbigen jota^ anzufangen, die sich zu B A Z und Z findenden
hiate sind teils durch den verseinschnitt (vgl. zu E zb. II. B 262),
teils (zu Z) durch Homerische beispiele wie dm "GiCTOpa (X 206)
und ÖTi ''EKTOpa (Q 593) entschuldigt, die länge der zweiten silbe
von 6^Tic in CiYjiOi 6^Tic 'AxiXf^i usw. ist nach dem bekannten tiittc
6^Ti TavuTTenXe (C 385. 424) nicht auffallend, und nur die Verkür-
zung der ersten silbe in ATac (zu H) steht bis jetzt vereinzelt da, ent-
behrt jedoch nicht gewisser analoga (s.,um von den vonBzach Wiener
sitzungsber.XCY s. 729 angeführten sibjllinischen versen abzusehen,
Hartel Hom. Studien III s. 18 £f. und Anth. Pal. VII 200, 3 X€ipa tap
eic dpoTiäv iraiböc tt^cov). dagegen zeigt sich in allen 24 versen
kein verstosz gegen die feinere verstechnik: die Hilbergschen und
Scheindlerschen gesetze sind nirgends verletzt, nur dasz die übrigens
sehr unzuverlässig überlieferte' dTTitp<)iq>rj zu E gegen ein special-
gesetz des Nonnos (Hilberg s. 168) und einiger sich ihm anschlieszen-
der dichter verstöszt ; der molossus *H(paiCTOU im vierten und fünften
fusze hat die regelrechte betonung (vgl. Ludwidh Arist. Hom. text-
kritik II s. 252 flf.)-
Dasz es trotzdem möglich sein würde die verse bis ins vierte
* auch zu A und P «ribt es, wenn auch geschicktere, ummodelangeu der
verse des Stephanos (x. 588). ^ die von Hartel ao. s. 23 für älioliche
Vorgänge an};efUhrteii lieispiele, ein dreisilbiges 'louXlou (Arist. Hi. 407)
und MöXaoc ^Kur. Hcraklei'lai 30 usw.)t so wie ein sweisilbiges 'Idcuiv
(auf dem kästen den Kypselos, nnch Taus. V 18, 3), die auazerdem sehr
zweifelhaft sind (in letzterwähntem verse dürfte eher Mf)6ciav oder
Mr)&€av 'Idciüv ya}iU\ zu lesen sein, v<;l. Fick Hom. Ilias nat-h ihrer
entsteliunir s. Vll), haben dorn betr. versiiicator natürlich nicht vorge-
schwebt; dagegen konnten ihm beispiele wie ein dreisilbiges 'loüXtoc
(Kaibel epigr. gr. n. 629, ans dem ersten jh. nach Cb.) and ein vier-
HÜbigcs Moßiavöc (ebd. n. 1060, ungefähr »63 nach Ch.). die sieh aas der
lateinischen spräche erklären, wohl bekannt sein. * die Überlieferung
einiger anderer hss. (vgl. Lud wich) El Kpoviönv ünvvii X€X^€Cc(v T* f)Traq>cv
"Hpr\ verstöszt gegen da.^ zehnte Hilbergsche gesett (H. s. 112).
HScbrader: die hezametr. Überschriften sn den 48 Hom. rhapsodien. 581
oder fünfte jh. herabzurttcken, ist nicht zn leugnen, obwohl es mir
bei der von Michaelis ao. s. 86 ff. gut hervoigehobenen neigung, die
das zweite und dritte jh. für öiT06^C€ic verschiedener art zeigt,
näher liegend scheint sie dieser zeit zuzuschreiben, was sich
auch vielleicht auf andere hier allerdings nicht zum abschlusz
zu bringende weise wahrscheinlich machen läszt.
Die äbnlichkeit, welche die durch ihr geschmackloses metrum
mehr als sie es an sich verdienen bekannten beischriften der tabula
Sartiana zu IL A— H (B bei Jahn-Michaelis, vgl. das. s. 85; Eaibel
epigr. gr. n. 1095) mit den kurzen prosaischen ttberschriften der
betr. bücher haben, ist bereits von Michaelis s. 85 anm. 438 hervor-
gehoben worden, dasz auch zu den versen des Stephanos gewisse,
wenn auch beim ersten anblick weniger hervortretende beziehungen
vorliegen, ist bei der beschränkten answahl der zu erwähnenden
dinge keineswegs auffallend ; auffallen musz es hingegen , dasz die
beiden oben als ungewöhnlich bezeichneten erscheinungen in den
versen des Stephanos auch in zwei versen der tafel vorzuliegen
scheinen (die eine ist leider nicht ganz sicher zu constatieren).
Zu H ist in der tabula sicher überliefert: ^Hra Alac "€KTopt
|uio\JVO|uiaxT Ka\ vuS aÖToOc biaXüet (KaraXüei Eaibel), also eben-
falls mit iambischer oder (nach Eaibel) anapftstischer messung eben
desselben wertes Alac: denn die zu € und Z, wo übrigens die Lud-
wichsche conjectur s. 6 Zfiia b* öfiiXcT T€ irpdc *AvSpo)LiäxT|V Kai
ic X^PM^v TTäpiv SXk€1 sehr beachtenswert ist, ebenfalls überlieferten
versanfänge verlangen einen Choriambus vor dem hexameter, so
dasz die an sich nicht ausgeschlossene molossische messung '^Ht'
Aiac zurückzuweisen ist. leider ist die andere eigentümlichkeit, dasz
nemlich zu A sich auch in diesen versen das sonst auszer bei
Stephanos nicht nachweisliche X^CIC öpKUJV im sinne von CUTX^CIC
öpKUJV findet, nicht mit derselben Sicherheit zu constatieren, doch
ist für die lückenhafte und unklare (Uitterarum vestigia ante x^civ
omnia incerta' sagt Kaibel s. 495) Überlieferung bis jetzt keine
dem sinne und dem metrum mehr entsprechende ergänzung als
Michaelis' allerdings zweifelnd vorgetragene (s. 63): A^Xra öeuJV
bofna x v3 c i V 9* öpKUJV, imTruiXeiTai b* 'ATa|i^|iVUJV vorgeschlagen
worden. '
Sollte eine ad hoc vor der tabula vorzunehmende Untersuchung
auch nur die Wahrscheinlichkeit ergeben, dasz daselbst x^cic
und nicht cuTX^^^c oder das zunächst als eine viel zu wenig gewalt-
same thätigkeit bezeichnend zurückzuweisende XOcic gestanden hat,
^ der Yorsehlag Henzens (annali XXXV s. 414) A^Xtu 6* ^x^t
cuTX^civ öpKUiv usw. oder A^Xra OcOtiv MtmOi cOtX"^*^ öpKUiv usw.,
sowie das von Lebrs vorgeschUgene A^Xra b* ^x^i cOfX^'C^v dpKUlv
üjc t' ^TTiTTUiXelTai *ATa|Lil|Livujv (Lad wich s. ö) verstoszen gegen das
metrum. Ludwichs ebenfalls nur zögernd vorgeschlagene lesart AlXra
b' 'ABnvdv T€ x^civ 6' öpKU)V usw. enthält ebenfalls das in frage
kommende wort.
582 HSchrader: die bexametr. überbcbriften zu den 48 Hom. rhapsodien.
so würde ein zusammenbang zwischen der genannten tabula und den
Versen des Stepbanos gesichert und die frage, wer von der andern
quelle beeinfluszt ist, nicht zweifelhaft erscheinen.
Die läng er n verse würden dann ohne frage als den kürzern ,
wenn auch mit binzuziehung der prosaischen ^TTif paq>ai , nachge-
bildet aufzufassen sein, nicht umgekehrt: die letztern sind in jeder
beziehung nicht nur correcter^ sondern auch — um von dem gekün-
stelten metrum völlig abzusehen — schwungvoller, eben dieses, viel-
leicht (vgl. gegen Michaelis Kaibel s. 495) auch in dem brachstück
(zu Q) einer hier absichtlich auszer betracht gelassenen andern
Homerischen tafel (F bei Jahn-Michaelis) vorkommende metrum
macht den eindruck , als ob der Choriambus dem hexameter voraus-
geschickt wäre, um so zu sagen das Stichwort anzugeben oder anzu-
fangen, auf welches die eigentliche inhaltsangabe folgen sollte: ein
für Unterrichtszwecke (der magister fieng zb. mit einem Aikja
6€iüV an und erwartete den anschlusz des bÖYMCt usw. seitens der
Schüler) nicht unpraktisches, wenn auch unschönes mittel.
Auch Michaelis (s. 85) kommt zu einem ähnlichen resultate, in-
dem er für die tabula Sartiana eine copie von nicht erst für sie
gemachten versen annimt. sollte die hier nach dem vorliegenden
material nur zweifelnd zu äuszernde ansieht, dasz die verse durch die
des Stepbanos beeinfluszt sind, richtig sein, bO würde also die frage,
wann die tabula Sartiana entstanden ist, eine zeitgrenze nach unten
für Stepbanos abgeben.^ auch in dieser hinsieht kann, wenn über-
haupt , nur a u 1 0 p s i e etwas lehren, nach der wiedergäbe der In-
schrift bei Jahn -Michaelis scheint es mir nicht wohl möglich, sie
unter etwa das jähr 200 nach Ch. herabzurücken ; doch musz ich hier
das urteil andern überlassen, sicher hingegen ist, dasz die 24 verse
des Stepbanos nicht als zusammenhängendes gedieht und auch nicht,
um hinter einander aufgesagt zu werden, entstanden — in dem
einen wie in dem andern falle würden die sich von K an wiederholt
findenden identischen versausgänge vermieden sein — sondern als
selbständige Überschriften der einzelnen rhapsodien
von dem grammatiker verfaszt worden sind.
IL
Seit dem elften jh. lassen sich zu fast allen büchern der Ilias
von denen des Stepbanos unabhängige ^TTitPüqKxi nachweisen, von
denen einige eine in hieb geschlossene reihe zu bilden oder Überreste
*" äbnlicl) durch die verse über die tliaten des Herakles auf dem
relicf der villa Albani (J bei Jahn -Michaelis) fUr das bekannte epi>
grunim irpOjTa p^v ^v NcM^r) unw. (Anth. Plan. IV 92) vg^l. Michaelis s. 85.
sclion liicrdurch wird die iii)cr8chrift des cod. Mooac. 237 der Planadea:
KoivTou C|Liupvaiou ircpl tuiv iß' 'HpaKX^ouc dOXuiv hioflUli^. der
sitdi in ähulicher weise, wenn auch zweifelnd äussernde Joh. Tsetses
(chil. II 488 ff.) hnt offenbar einen ähnlichen codex einer anthologischen
Biimlunjr vor sich gehabt (anders Ch. Härder de Tsetzae histor. fontibas,
Kiel 188G, s. 64).
HSchrader : die hexametr. übenchriften zu den 48 Hom. rhapsodieii. 583
einer solchen zu sein scheinen, ihrer ersten spar begegnen wir im
cod. Yen. B (453), der zu den bttchem A — P die verse des Stephanos,
zu C — fi hingegen folgende hat*:
CiTjua bk T€iix€a t€0& Kajyidiv *'H<paiCTOC 'AxtXXet
Tau (piXinv Hüv^ecvTO , ir^Trauio bk jyi/jviboc dpx/j
T jLiaKdpuiv ivoni\ Kai q>uXomc Oöpaviuivuuv
01 jLiöOoc AtaKibao Ttap' ^lövac irora^oio
Xi 9^Tiboc ifövoc \bK\)c äTTUiXecev *'€icTopa biov
Vi TTötpokXov KXaie Ka\ iEerAccccv dtiövac
^ö v^Kuv "GKTopa Traipl iröpev *AxiX€uc Iv bidpoic.
der ^^^r wenig jüngere cod. Laur. XXXII 3 (vgl. Hermes XXUs. 283)|
der zu Ob&i meisten büchem, wenn auch zum teil von sptttem händen
eingetragen, die dmTpaq>a{ des Stephanos aufweist, hat, j^d zwar
von erster band, zu <t> und V die diritpa(pa( des Yen. 6 und anszer-
dem zu Z und M die früher nicht nachweisbaren Zf\Ta b* tpef '€Kdßn
*A9Tivac ^TTi Toüvaci 6f^K€V und MO bk yi&xr\ irpöc tcixoc, ö b
^KOope qpaibijioc ''Ektuüp, so wie zu 6 von der bei Ludwich mite*'®
bezeichneten, vermutlich nicht yiel jungem band : 6f)Ta b* fiiraVTac
^Tpeipev 'Axaiouc ''Cicropoc alxjnt^. zu M und 0 sind diese anstatt
der ^TTiTpaqpai des Stephanos vorhanden, während diese zu 6 und
V von späterer band nachgetragen sind.
Einem teile der neuen Imtpoupat und einigen vorher nicht nach-
' /eisbaren begegnen wir etwa ein Jahrhundert später. Enstathios,
welcher zu A — I E— P T und Y nur die ttltem verse anftlhrt,hatzu M
denselben vers, wie er uns aus dem Laur., zu C Y 0 X Q dieselben,
wie sie uns aus dem Yen. B bzw. diesem und dem Laur. bekannt
geworden sind, zu 0 in der form 0T jiÖTOC AiaKibao usw., zu Q:
^Q v^KUV "EKTOpa Ttarpl Xürpiüv Tröpev ujköc *AxiXX€\5c. neu sind
die sich bei ihm zuerst findenden :
KotTTTia 'Prjcou Tfjv KcqpaXfjv ?X€ Tub^oc ulöc
AdjLißba b' ivi TTpOjLidxoici juitii ßaciXeuc 'ATajui^juivuiv
Nu b' im yn\vc\ judxij Aavaoic fjjLiuvs TToceibuJV.
zu C und Y führt er auch den vers des Stephanos an, indem er an
ersterer stelle d i e s en , an letzterer den andern vorausgehen läszt und
zwischen beiden einKa\SXX(Jücb^ einfügt.
Es ist nicht anzunehmen, dasz diese 13 verse erst in oder auch
kurz vor der zeit entstanden sind, in der sie uns zuerst begegnen:
sie würden sonst mehr spuren der spräche und verskunst dieser zeit,
als es thatsächlicb der fall ist, aufweisen, auszerdem ist zu Q, wo
^ kleine versehen des Schreibers überg^ehe ich. das zu Q anstatt
der verkehrten Überlieferung ^vbuipa hergestellte ^v 6((»poic (vgl. 8. 584)
beruht iia. anf der autorität des cod. Ambr. A 181 sup. das £v6aipa
findet sich übrigens auch in dem dem Yen. B verwandten cod. Townl.^
welcher auszerdem noch die hier in frage kommenden Überschriften zu
M C Y— M' bat; doch ist seine autorität hier von geringer bedentung
und demnach auszer betracht gelassen, da diese Überschriften in ihm
erst von spätem händen (saec. XV) eingetragen sind. '° ich selbst
habe seiner zeit die ^Trifpaqpal dieses codex nicht verglichen.
584 HSchrader: die hezametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapeodieiu
die ftlteste ttberlieferong (cod. Yen. 6) in dem iröpev 'AxiXeuc £v
bübpoic eine den Byzantinern geläufige anwendang der prftp. dv
neben einer auch für die bessern unter ihnen fehlerhaften messong
aufweist ^\ ohne frage die bessere und ursprüngliche fassung in der
bei Eustathios (dann auch im Harl. 5600 und Laur. XXXII 11,
vgl. unten) sich findenden form des verses erhalten, und der schlechte,
fas>t ametrisch scheinende vers des Laur. XXXII 3 Zf^ra b* ipci*
*€Kdßii 'A0Tiväc (wahrscheinlich 'AGctvac, vgl. s. 594) in\ toüvaci
6f]K€V dürfte, ebenso wie die (s. 580) besprochene ummodelung des
verses des Stephanos zu I, als eine verballhomisierung eines uns
vielleicht verlorenen, vielleicht aber auch in der bis jetzt hsl.
nicht belegten ^Tiiif paqprj bei Bames : ZfJTa Geäc '€Kdßr] iiii touvaci
tt^ttXov €6riK€V erhaltenen altem, aber auch hier zufällig in der
ältesten hs. nur in der erwähnten schlechten form vorhandenen
verses aufzufassen sein.
Diese und andere unten zu erwähnende Variationen musten
nemlich den Schreibern selbst der ältesten unserer Iliascodices aus
der scbulinterpretation ihrer zeit bekannt sein und konnten
ihnen anstatt der altern und correctern formen auch gelegentlich
näher liegen.
Zu dieser annähme berechtigt uns eine bemerkung in dem cod.
Harleianus 1771 (chartaceus saec. XV), in welchem nach dem verse
des Stephanos, der hier lautet : KdirTra b' &p dMq>OT^poic CKOTTiaZd-
|Li€V f]Xu6ov dvbpec, die uns schon bekannte Überschrift KaTina
Trjcou Tf|V K€q)aXf|V ?X€ Tub^oc ulöc mit den worten eingeleitet
wird: i] 7TpaYMOT€iiübTic (-Titübric cod.) )Liiv diriTpaq)^ icxxv
auTri. für das Verständnis dieses ausdrucks ist von stellen auszu-
gehen wie Proklos comm. zu Plat. Farm. I s. 488 Stallb. (IV s. 30
Cousin) vöv bk tocoOtov ÖTT0)Li€jLivric9ui . . ÖTi M^ bei ifjv twjLivaciav
7TpoTi0tc0ai X^T€iv auToTc üüc ckottöv, dXXd irpatMaTdUübi}
TTpöOeciv Tiva toö biaXÖTou ZIiiTeTv, f^v ol |Litv . . ircpl toO övtoc
elvai biaTcivovTai usw., wo der betr. ausdruck geradezu unserm *prak-
tischer zweck' entspricht, ebenso sind in den scholien zu Plat.
Gorgias s. 492 "= (vgl. zu i^. 493 '^) die den IvboEa gegenübergestellten
7TpaYjLiaT6iujbicT€pa inixcipriiLiaTa dem täglichen, prakti-
schen leben entnommene beweise ^ bei Eustathios opusc. 13, 29
(s. 95, 7 Tafel) die TrpaTMQT€iiI)bTic dXiiGüüC Aptifj Kai cirouba-
^Ojui^vii Kard ndvia Tpörrov die praktische, thatsächlich zur aus-
übung kommende tugend, bei dems. 12, 10 (s. 78, 10) ist TÖ irpat-
paroeibec jui^Xi der wirkliche honig (im gegensatz zu bildlichem
sinne), und mit dem ausdruck ^Keivriv (Tf|V olKiuq>€Xiav) ou q>iX€i
I* ül»er (Hc vorstechnik s. unten, dan instnimcntAle £v in ^v 6i0poiC
findet sio'.i zb. hei Tzctzes PII. 22 Ti^v 6* ö Y^puiv TTp{a|ui0C KOT^pulcv
^olc iyi &ii)poic, Hom. 43 toO bi Oöac AitwXöc ^v dopt Ou^öv
dirnOpa, ebd. 63 TTdvöapoc aö Aio^i^bcoc CtiMOv xpaOcev *v t4i, und
unserer stelle noch ühnlichvr Hom. 169 xal yr]fSjy Cpufia, m^pfouc, iroificav
'Axaiol N^CTOpoc ^v ßouXalciv.
HSchrader : die hexametr. Überschriften m den 48 Hom. rhaptodien. 585
'Obucceuc, TÖ bt 6q>i\\ecQa\ oTkov <ptX€i irpaTliaT€iU)b(&c
(-iDubOuc cod.) bezeichnet derselbe (zu S 223 ff. s. 1762 , 5) genau
dasselbe , was wir 'aus praktischen gründen' nennen würden.
Es ergibt sich demnach, daez f| iTpaYfiC(T€tubbr]c dntTpa<pi^
die zu praktischen zwecken dienende Überschrift bezeichnet, im gegen*
satze zu einer, um mit dem Platon-scholion zu reden, £vboEoc oder
'gelehrten', unter diesen 'praktischen' zwecken ist aber sicherlich
nichts anderes zu verstehen als der zweck des Unterrichts, und zwar
dürfen wir, da nicht von einer, sondern von der irpaYfioreidibilc
iiTiTpGKprj die rede ist, eine zu eben diesem zwecke verfaszte oder zu-
sammengestellte reihe solcher Inhaltsangaben voraussetzen, ob die
im cod. Laur. XXXII 3 zu H dem yerse des Stephanos von zweiter
band beigeschriebene bemerkung firoxoc f|pU)tKifiöi|i€l imYpOKp^
(fthnlich im cod. Lips. 1275 f| jül^v fvoxoc Ti|) f|pu)lKifi fielet dm*
Ypaq)f| TOiauTT)) einen gegensatz zu der TrpaT|LiaT€iubbr]C ausdrücken
oder nur auf das heroische versmasz aufmerksam machen soll, wage
ich nicht zu bestimmen; ich halte ersteres für nicht unwahrschein-
lich, denn obgleich die verse des Stephanos dem f|pu)tKÖv Shioc
wahrlich fem genug stehen, sie haben trotz alledem etwas mehr
Homerisches geprftge als die oben zusammengestellten, denen sich
bald noch einige andere an die Seite stellen werden : man vgl. zb. zu
N das AavaoTc KpdToc diirace mit dem Aavaoic fifiuve, zu X das
Tpic TTCpl TeTxoc &f\üv Kidvev *'€ktop* 'AxiXXcüc mit dem farb-
losem 6^Tiboc TÖvoc djKÖc dirüLiXecev ''€KTopa biov und vor allen
dingen zu K das *Pr)COU ttjv KeqxxXfjv IXc Tub^oc ulöc mit dem frei-
lich etwas ganz anderes hervorhebenden ä|üiq)OT^pu)V CK0tTia£^|Li€V
fiXuGov ävbpec, und man wird nicht zweifeln, welcher seite der Vor-
zug zu geben ist. das für die Situation in M gänzlich unpassende
6 b' ^KOope qpaibijLioc ''Ektwp (von Bames der sacbe entsprechend,
aber, so viel wir wissen, gegen alle hss. in £v6op€ verwandelt) ist
auszerdem eine ungeschickte nachahmung des für T durchaus
passenden Kai lK6op6 bioc 'AxiXXcuc des Stephanos, und den correc-
ten Versen des letztem steht der schlecht gebaute KdTTTra b^ *Prjcou
Tfiv |] K€(paXf)V ä\e Tub^oc v\6c gegenüber, wenn auch nicht diese
beiden zuletzt erwähnten misst&nde, so ist doch eben die plattheit
und gewöhnlichkeit des ausdmcks dieser (und der weiterhin zu
besprechenden ihnen ähnlichen) TrpaTMOlT€l((ib€lc imTpCKpoti den
für sie vorauszusetzenden lehrhaften zwecken gerade besonders ent-
sprechend.
Die sicher anzunehmende , nachahmung des Stephanos^', die
uns das ungeschickte ^KGope gelehrt hat, liefert die 6ine zeitgrenze
für die bisher angeführten verse: ihre entstehung der zeit dieses
mannes näher zu rücken als der zeit, in welcher sie zuerst vor uns
*' auch der s. 583 angeführte vers, der sich auszerdem im Vindob.
176 (Hom. II. ed. Alter II s. 452) findet, Gf^ra b* diravrac ^TpCH^ev
'Axaiouc "GKTOpoc alxMr) dürfte darch die ebenso aaslautende im-
Ypaqpn des Stephanos zu TT beeinfluszt sein.
586 HSchrader: die hezametr. Überschriften zu den 48 Hom. rbapBodien.
auftauchen, veranlassen uns die verhältnismäszig sehr unbedeutenden
spuren schlechter oder byzantinischer verstechnik und spräche, die
wir s. 584 zusammengestellt haben, wohlverstanden ihre ent-
steh ung: denn die schon ftlr das elfte jh. nachgewiesenen fehler-
haften ummodelungen nehmen später ihren fortgang: im dreizehnten
jh. (im Ambr. A 181 sup.^ wird die ^TTiTpacpr) zu X umgeändert in
Xi TTpöfiov "EKTOpa Tpoiac ^tX^'^ Tr^q>V€V 'AxiXXeOc, einen gegen
das dritte Hilbergsche gesetz verstoszenden , ausserdem cäsurlosen
vers, wie sich deren Tzetzes wohl zu schulden kommen läszt. im
vierzehnten jh. ist dann gar aus der nicht gerade schönen £TriTpaq)rj,
wie sie zu N zuerst Eustathios darbietet, im cod. Harl. 5600 ein
NO "EKTOpoc €Öxoc, AavaoTci b' iirrijLiuve TToceiboJV, und vermut-
lich um dieselbe zeit (im Vindob. 176 von zweiter hand) aus dem
KdiTira (bi.) *Pr)Cou Tf]V KeqpaXfjv usw. ein KdTTTra b* äpä K6q)aXf|v
*Pncou IXe Tub^oc ulöc geworden, Verschlechterungen die keines-
wegs mit notwendigkeit einer nachlässigkeit oder willkttr der
Schreiber der betr. hss. zuzuschreiben sind.
Unter solchen umständen ist es notwendig den angefangenen
historischen gang der Untersuchung fortzusetzen und zugleich
die frage aufzuwerfen, ob die betr. hss. die früher nicht nachweis-
lichen ^TTiYpacpai neben solchen, die wir schon aus Yen. B, Laur.
XXXII 3 und Eustathios kennen, aufweisen oder nicht.
Ersteres ist der fall bei dem im dreizehnten jh. geschriebenen
Ambr. A 181 sup.; er enthält abgesehen von den dtTiTpaq)a( des
Stephanos, die er zu A — M und zu 0 hat, auszer den hier zu K N"
C T Y.0 X (vgl. oben z. 7) V Q (vgl. anm. 9) bereits angeführ-
ten Versen folgende neue:
Ei Kpovibnv KoJjLiiC€V '* düGpovoc elc öpoc *'HpTi und
'Pdi TTCpl cujjLia GavövToc f ßn MevAaoc djLHJjiiiwv.
ebenso enthält der gleichfalls dem dreizehnten jh. angehörende Laur.
XXXII 8 neben den versen des Stephanos zu B — Q auszer den hier
in betracht kommenden diriTpacpai zu K (ohne das bi) A T (mit der
lesart qpiXiav anstatt qpiXinv) Y O X Q (in der form '^Q v^KUV
"EKTOpoc TTOTpöc TTÖpcv 'AxiXcuc fvbuüpa) eine neue zu f:
rdjLijLia bk jLiouvo^dxiiccv *AX^Havbpoc MeveXdip,
freilich von zweiter hand, also vielleicht in einer etwas spätem
zeit, etwa dem vierzehnten jh. geschrieben.
Nicht vor diesem jh. begegnen wir den von Stephanos ab-
weichenden ^TTiTpctqpai zu H I 0 TT, sowie zweien von den bisher an-
geführten abweichenden zu Z und 6 :
Der im j. 1366 von Johannes Presbyter aus Kreta geschriebene
cod. Harl. 5600 hat (abgesehen von den ^TriTpOKpoci des Stephanos,
die er auszer zu O sämtlich enthält) nicht nur die schon im elften
*^ in der form NO b' iiii vriucl fuidxilCt Aavooia b* djuiuvc TToccibtfhr.
^* mit dem HiiJigrangc "HcpmcToc *AxiXf)i. '^ Laur. XXXII 88 hat
Koi^riccv.
HSchrader: die hexametr. übenohriften zu den 48 Hom. rhapsodien. 587
bis zwölften jh. nachweisbaren neuern Überschriften zu K — N and
C — Q '^ nebst den zuerst im dreizehnten erscheinenden zn E und P^^,
sondern neu'^
OO Zeuc Tpu)d ndXiv kqI ''Cktopi KÖboc £bu)K€V und
rii TTdTpoKXoc 7T^q)V€v CapiriTÖöva Kai Odvev aöröc,
sowie zu demselben buche
TTi bi veOüv iTupa Tp(I)U)v (pita q)övoc TTarpoKXei.
die beiden ersten verse , und zwar genau in der als überliefert er-
wähnten form, enthält auch der ebenfalls dem vierzehnten jh. ange*
hörige cod. Laur. XXXII 11, welcher aUszer den versen des Stephanos
(zu A— Y und V) zu K A = P— Q das bekannte KdiTTra bfe "Pf\co\)
usw. '^ aufweist, der aus derselben zeit stammende Laur. XXXII 38
bringt zu den bereits bekannten (K — M H Y — X**) den vers Zffia
Tub^oc u\öc djueivpaTO TcOxea fXaOKip hinzu , mehr der Yratisl. 26,
eine pergament-hs., jedoch jung: denn es ist ein palimpsest, und der
text des Homer ist über einen tezt kirchlichen inhalts geschrieben '\
so dasz ich der äuszerung La Roches (Hom, teztkritik s. 469, 72) 'die
hs. scheint dem 13n oder 14n jh. anzugehören' kein groszes gewicht
beilege, trotzdem läszt sich, da beide hSnde, welche in diesen
Überschriften thätig gewesen sind, zu K — N C <t> — Q die uns seit
dem elften oder zwölften jh., so wie zu Z 0 TT die aus andern hss.
des vierzehnten jh. bekannten £mTpotq)ai in guter form*' überliefert
haben (dasselbe gilt von den versen des Stephanos) , das neu hinzu-
kommende nicht ohne weiteres vernachlässigen, es ist folgendes :
'Hia bk djLiaTÖeic*' lev dvrioc "Cktopoc ATac
efiia b' ^v "Ibij ZeOc, Aavaoiic "EKTUip** icpößrice
'lOüia bi dXXiTdveucav** 'AxiXX^a ndviec 'Axoioi.
1''' zu K ohne das auch bei Eustathios fehlende 6^, za N in der
oben 8. 586 erwähnten fehlerhaften form, zu Y in der form dEcT^Xccccv
dYuivo, zu ß: '*ß v^kuv "EKTopa iraTpl Xörpuiv ir6p€v d)Ki)C 'AxiXX€i3c
mit oberhalb der Knie hinzugefügtem TP' iröpcv 'AxiXXcOc £v6uipa.
1^ zu — mit Koijüiicev, zu P in der form *P(£i ircpl cubfia ekxvövTOC
^ßr] EavOöc Mev^Xaoc. ^^ die beiden ersten verse gebe ich nach
Lud wichs änderung, der codex hat Tp\b€C\ uudtTrdqpvc. in dem dritten
verse scheint mir ein TTaTpoKX€l dem iraTpÖKXei des codex näher zn liegen
als L.8 TTaTpÖKXoio oder TTaTpÖKXou. '* auch hier ohne das hi^ zu
£ Kcijuiicev, zu P ebenfalls ^ßr) EavOöc Mev^Xaoc, zu C in der form
ciYiaa bä T€iix€a xaXd £t€uE€ KOfidiv *'Hq>aiCToc, zu Q ebenso wie der
nnm. 16 erwähnte Harl. 6600. "* zu K: Kdirira bä Tf|v K€q>aXif|V usw.
(ohne Pricou), zu O mit ^öOcoc anstatt juiöOoc, zu X mit diröXecev an-
statt dTruüX€C€v. 2* ich verdanke diese mitteilung so wie die collation
der betr. verse der gute Eduard Meyers. ** zu M lautet der vers:
MO bä luicixnv Trpöc tcIxoc, ö b* l6op€ 9. **€., zu N: Aavaotci flMUVC, «u
V: dYuJva. zu ß, wie es scheint: "ß v^Kuv "GKTopa noTpl iröpe *AxtX-
Xeuc ^v öiüpoic (daneben der des Stephanos: 'ß TTpidfiqi V€Kp6v uta
Xaßibv ÖOüpa 6iük€ ^AxiXXcOc). — Die ^iriYpaqpai zu Z 0 und TT lauten:
Zr\Ta bi Tub^oc uiöc d)ui€iij;aTo T€Ox€a fXaOKifi, Oö Tptifccci irdXiv xal
"€KTopi Kööoc ?öujK€v, TTi TTdTpOKXoc €iT€q)V€ Ccpitrjböva Kai ödvcv
auTÖc. *^ das aljutaröeic von zweiter band überschrieben. •* der
codex "GKTOpoc. ^^ unsichere Vermutung; in der hs. scheint zu stehen:
lOüxa bi XiTf)ci dxiXX^o Trdvxec dxatoi.
588 HSchrader : die hezumetr. übersclirifteD zu den 48 Hom. rbapeodien.
Von der sich somit stückweise zusammenfügenden reibe anszu-
scblieszen scheinen dagegen die beiden verse A Ära Ocüüv dropfl
Ktti TTdvbapoc 6pKia Xuei und *Pui Aavaoi Tpuicc T€ Tr€pi v^kuv
djLicpijLidxovTai. ersterer ist nur aus dem cod. Vind. 241 durch Alter
(app. ad Hom. Od. s. 1007) bekannt geworden, und da diese übri-
gens nur vier bücher enthaltende hs. zu f den vers des Stepbanos
(sonst keine ^TriYpotcprj) hat, dürfte der hier in frage kommende als
eine Variation des ähnlichen verses eben desselben zu A aufzufiEtssen
sein, dasselbe gilt von dem verse 'Pui Aavaoi Tpdi^c T€ usw., den
wir dem Ambr. J 4 sup. und in fast identischer gestalt dem Vind. .^9
(in der Iliased. Alter) verdanken : denn wenn beide Codices auch sonst
einige der sog. iTpaTlLiaT6iuüb€ic diriTpacpai aufzuweisen haben'*, so
ist hier die ähnlichkeit mit dem verse des Stephanos noch grösser
als bei dem zu A gehörigen.
Diehss. vom elften jh. an bieten uns also neben denen des Stepbanos
fast zu allen büchem der IHas gut beglaubigte ^TTiTpaqMxi; sie fehlen
nur zu A B A und €, während uns zu Z 6 und TT deren je zwei über-
liefert sind '^ : zu Z und 6 die eine zuerst im elften, die andere zuerst
im vierzehnten jh., zu TT beide aus demselben (vierzehnten) jh. und
Einmal (vgl. s. 587) auch in einer und derselben hs. da zu den übri-
gen büchem sich in den zahlreichen von Ludwich verglichenen hss.**
nur je eine dieser ^iriTpacpai findet, und zwar, wie schon die obige
historische behandlung derselben gezeigt haben wird, für den grösten
teil der bücher von K an seit dem elften und zwölften jh. in constan-
ter Wiederkehr, so finde ich auch durch diese thatsache das oben aus
dem ausdruck des cod. Harl. 1771 f) 7TpaYlLiaT€iajbr)c ^TriYpacprj ge-
folgerte, dasz wir in ihnen Überreste einer geschlossenen,
dort näher charakterisierten reihe vor uns haben, bestätigt.
Die uns erst nach dem zwölften jh. begegnenden sämtlich
als spätere ergänzungen des schon früher nachweisbaren aufzufassen
verhindert mich nemlich der umstand, dasz sie zum teil denselben
Charakter wie jene haben, und sich die wenigen in ihnen vorhan-
denen spuren schlechter verstechnik bei den durch die autorit-ät ihrer
Überlieferung geschützten ohne weiteres beseitigen lassen.
Für das zu E in drei bss. überlieferte, der technik etwa des
•• Ambr. zu K— M und C— Y, Vind. nur zu K und 0. " den im
cod. Ambr. A 181 sup. lu X überlieferten vers haben wir oben alt
Variante der gewöhnlichen fansung bezeichnet. *** ich kann nar
unbedeutendes hinzufUf^en: der cod. Leid. Voss. 64, der zu allen übrigen
büchern nur die 4niTpci<pci( des Stephanos hat, hat zu A und P ansier
diesen auch die irpaTM^^^ciii/beic. die editio princeps Homeri (Florens
1488) gibt zu 0 die Überschrift 0t ^löOoc AiaKiöao usw., zu allen ubri-
fren büchern die des Stephanos. der cod. Vrat. 25 (bei La Roche ao.
s. 469, 74 mit d bezeichnet), der nur N— Q enthUlt, hat an C Y nnd 0
die ^iriTPOcpai C(T)üia bi T6ux€0 T€0E€ usw., T MOKÖpuiv iyoni] oaw., 01
|üiö9oc AiaKibao usw., zu den übrigen büchem die verse des Stephanos.
unter diesen hat er in dem zu Q gehörigen die lesart: *fi TTp(0|toc
v^KUV uTa Xaßdjv bwpa 6üjk€v *AxiXX€l (vgl. oben t. 579).
HSchrader: die bezametr. Überschriften za den 48 Hom. rhapsodien. 589
Tzetzes entsprechende Koijüiicev gibt nemlich eine hs. des vierzehnten
jh. selbst (vgl. anm. 15) Koi^Ticev, was schwerlich eine correctar
ist ; das zu TT in allen hss. fiberlieferte TTi TTdrpOKXoc n^(pv€ Cäp'
TTiiböva ist von Lud wich** in TTi FTäTpOKXoc ni(pv€y Capmiböva
hergestellt worden, dagegen dürfte das zweisilbige ii&ra in der im-
Tpacpr) zu I ebenso , wie es mit dem verse des Btephanos geschehen
(s. 580) ist, auf eine ungeschickte umftnderung einer ftltem iassang
zurückzuführen sein , wenn man es nicht vorzieht den sich nnr Ein-
mal und erst spftt vorfindenden, auszerdem schlecht überlieferten
vers für eine ungeschickte Improvisation eines copisten zu halten,
ebenso wie sicher der gleichfalls nnr Einmal vorkommende, an den
klang der verse des Tzetzes erinnernde, gegen das dritte Hilbergscbe
gesetz verstoszende vers TTt hk V€iXiV irupa Tpiliwv q>()la q)övoc
fTaTpoKXeT zu beurteilen ist. ähnlich könnte die thatsache, dasz sich
zu Z und 6 im vierzehnten jh. von den im elften jh. nachweisbaren
^TTiTpacpai unabhängige (Zf)Ta hk Tub^oc v\6c usw. und 6f)Ta b' £v
^Ibr) Zeuc usw.) finden, zu erklären sein; wenn sie nicht in der präzis
schon seit älterer zeit neben den andern im gebrauch waren (was
ja möglich , aber nicht zu entscheiden ist) , sind sie für improvisa-
tionen, und zwar in diesem falle für nicht ungeschickte, eines der
Schreiber der Codices zu halten, da bei erste rer eventualität sich
nicht behaupten läszt, dasz die ältere quelle das ursprüngliche be-
wahrt hat (vgl. oben s. 584), nehme ich in der folgenden zasammen-
stelluDg der reconstruierten reihe zu Z und 6 bei d e Überlieferungen
auf. ein dem verse vorgesetztes ^ bezeichnet , dasz es aus andern
gründen zweifelhaft ist, ob er überhaupt dieser reihe einzufügen ist. ich
gebe die verse in der für sie vorauszusetzenden ursprünglichen form :
A
B
rdjLifia b^ jLiouvofidxTicev 'AX^Havbpoc MevcXdifj
A
e
* Z n T a Geäc '€Kdßn ^ttI toü vaci tt^ttXov ?8tik€V (vgl. s. 584)
— be Tub^oc uWc d^eiipaTO reüx^ct rXaiiKüJ
'H T a bt aljuaiöeic Tev dviloc *'€KTopoc Atac
9 fi T a b' airavTac f Tpevpcv 'Axaiouc "eKTopoc aixMrj
— b* ^v "Ibr) Zeuc, Aavaoilc *'€ktujp iq>6^r\cev
*'la;Ta be ^XXiidveucav *AxiXX^a irdviec 'Axaioi (vgl. s. 587)
KdTTTra be Tr|cou Tf)v K€(paXf|v ?Xe Tub^oc uWc
A d |u ß b a b' ^vi TTpojLidxoici MiTr) ßaciXeüc 'ATttjüi^^vuJV
M 0 be judxn TTpöc reixoc , 6 b' f KOope q)aibi)iOC *'€ktujp
N u b* ^TTi VTiuci jLidxri Aavaoic fjjiiuve TToceibtuv
E i Kpovibriv KCijuncev ^üGpovoc elc öpoc "Hpri
0 u Zeuc Tpwcl TidXiv kqI "Ektopi Kuboc ^wkcv
<> derselbe citiert a i. Straton in Anth. Pal. XTI 217, 6 Toiqi iy\
KXicir] TepTTÖ/ievoc TTaxpÖKXqj.
590 HSchrader: die bezametr. Überschriften zu dea 48 Hom. rhapsodieo.
m TTdipOKXoc TT^qpvev Capirriböva Kai 8(iv€V auTÖc
'Pol 7T€pi cujjLia 9av6vTOc Ißn Mev^Xaoc dmjfiiwv
CiTM« ^^ T€ux€a T€ÖHe Kajuibv "HqpaiCTOc 'AxiXXeT
Tau qpiXiTiv EuveöevTO, TT^irauTO bi, jiiriviboc dpxn
*Y juaKoipiüV dvoTif) Kai cpOXomc Oupaviübvujv
01 jLi69oc AlaKibao irap' r^iövac TTOTajiioio
XT 0^Tiboc TÖvoc uiKuc diriiXccev "EKTOpa biov
VT ndipoKXov KXaie Kai dHeieXeccev dTÄvac
'Q v^KUv "€KTopa Tiaipi XuTpujv Tiöpev iwküc 'AxiXXeOc.
Die bevorzugung, welche die bücher von K an in hinsiebt der
zahl und der sichern Überlieferung der ^TTiTpacpai vor den vorher-
gehenden büchern aufzuweisen haben , ist schwerlich ein zufal) ; die
sich gerade von K an auffallend wiederholenden versausgänge bei
Stephanos (vgl. s. 582) musten es wünschenswert erscheinen lassen,
anstatt ihrer andere versus memoriales benutzen zu können, für
manche der übrigen bücher — ja, es würde nach der oben gegebenen
Zusammenstellung nicht ausgeschlossen sein zu sagen: für alle —
mag man, da ein solcher misstand nicht vorlag, zunächst darauf ver-
zichtet haben neue zu ersinnen.
III.
Zur Odyssee mögen hier die ^TTiTpacpai mit kritischem material
versehen folgen, nicht sowohl weil ich in nicht wenigen lesarten von
dem Lud wichschen texte abweiche, als besonders deshalb, weil ich
das von demselben zusammengestellte material noch durch drei hss.,
auf deren Varianten von dem von mir gegebenen texte ich mich be-
schränke, vermehren kann, nemlich den Ambr. B 99 sup. (ungefähr
1300), Marc. cl. IX 4 (saec. XIV) und Vindob. 133 (saec. XIII). über
den ersten (Ambrosianus), der die dTTiTpaqpol zu a — <p enthält,
habe ich auf grund einer neuen vergleichung näheres im Hermes
XXII s. 338 mitgeteilt; über den Marcianus, der nur a — Z, hat,
desgleichen im philol. anz. XVII s. 44B, 1 ; über den wichtigen € 45
— u) extr., und also die diriTpacpai von l an bis zu ende enthaltenden,
bisher nicht nach gebühr gewürdigten und benutzten Vindo-
bonensis, den ich durch die seitens der k. k. hofbibliothek gütigst
bewilligte Übersendung an die Hamburger stadtbibliothek hier habe
vergleichen können, bemerke ich, weiteres einem andern platze vor-
behaltend, hier nur das, dasz er nachweislich das original dos
Ambr. K ht und also die scholien desselben, die bekanntlich — um
von den .spätem ergänzungen abzusehen — mit 8 385 aufhören,
von daselbst an , sowie auch an den stellen der bUcher Z r\ und 0
(vgl. Hermes XXII s. 346), wo die verlorengegangenen blätter des
Ambr. eine spätere ergänzung gefunden haben, auf das will-
kommenste ergänzt, die sei es auf grund anderer, von Lud wich
angeführter hsl. lesarten, sei es nach conjectur von mir vorge-
nommenen änderungen werden unten am gegebenen platze ihre be-
^M'ün<lung finden, die dmTpocpai lauten also:
HSchrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien. 591
äXqpa 9€i£)V äTOprj, 'Obuccibqi rToXXdbi Odpcoc
ßnt' dropfjv Ix^Xj f{\a TPn^c, ttXoOv fiCT* 'AOdvac
T<i]Lm' ÖTTÖ N^CTUüp b^KTO, CUVUUpTO b* 8c ull, 0€& b' ilTVf]
beXra jiidO* djucpi irarpöc nap' 'ATpeiba XoxubM€VOC ulöc
. el TiXei dirl cxebiric 'Obuccuc KeaOeiciic növrcji 5
^IfiTa b^ NauciKda köjliic' iv Cxcplq 'Obucfia
fjia b' ^uqppov^ouc' 'ObuceT Cxepiiic ßaciXf)€C
Gfita b' öGXoic 0a{TiK6c 'Obuccfioc ircipiiGev
. iOüTa Td AiüTOcpdTiwv, Kikövuuv cuv KijkXuii|i* dciiv
K d TT TT a b' f x' AiöXou , AaicipuTÖvuiv kqI Ktpicrjc ?pTa lO
XdjLißba b* €v 'Aibeu) vpuxaTc dv^Tuxev 'Obucccöc
ixv Ceipnvac ix^x, FIXaTKidc t' Ibi ßoöc 'AeXiou
V 0 19dKTic ini^Y] OairJKCüv tto^tt^ 'Obucccuc
E T b' 'Obucf^a Heivicev €ö|üiaioc drpjf» öcpopßöc
ou ^TT^ßn MGdKiic 'Obuccibric ^k Aakebai^ovoc 16
TTi b' dpa TriX^inaxoc dvatviupCZei irax^p* iov
^\jj ßdXec, atiTÖXe t€ jüivtictiip t€, kOuiv 8v dv^TVU)
citm' fpiv "Ipou, €Öxoc 'Obucc^uic bdjpd t' dvdKTUiv
Tau b' dvttTvuüpiJei dE ouXfic tP^Oc 'Obucfja
u ßpoviaic Zcuc Gdpcuv* 'Obuccda Kai cx^G* *Axaiouc 20 ♦
(pxbk ßiöv TTpoTiGric' dGXov euvfjc TTtivcXöncia
X i 'Obuceuc juvriCTT^pac dKalvuTO yr\Ki\ xaXxtP
v|i i b' dvaTVUjpi jei ttöciv 8v ttot€ TTiiV€XÖTr€ia
iL b' 'Obuceuc CUV Traipl Kai xAix ii&xei' 'AxaioTc.
1 a eeOüv dr. B (Ambr.) | ö6uccii(&<Ji M(arc.), ö6uccT|(bi B | 2 ß" b' dTopi?|V
^Xei B, ßf^xa b" Afop. ^x* ^ I 3 öirov^CTiup BM | uli e codice b Ludwichii
(Vat. 24) dedi (v. infra); uTic BM | Gcd b' luTT] B | 6 ^. (una litt, erasa)
M I K€ . . 6e(cr]C (vac. spat. int. € et 6 rel.) B, öbucceOc K€o9€(ct]C M |
6 ööuccf^a B I 7 ^ ö' ducppov^ouc' B | b' supra lin. add. V(ind.) | 9 xd
om B I 11 Xdßba V I 12 deXCoio V, irXaTKTdc \bi ßoOc dX(oio B | 13 ini^r\
. airjKUJV (una litt, erosa) V | 14 EO B | 66ucf^ . EcCvic ßoc
(plurima evan.) V | 17 aliröXc ^VT^CTrip T€ B | ßdX . . (duae litt, erosae)
alTTÖXe re V I 18 ciTHa ö' äpiv ipou BV | ööucc^oc B | öOöpa T* dv. BV |
19 öbuccna V I 20 B alteram iiriTpaq)i?|V habet, v. infra | 21 q>l B | dO ...
€uvfic H, deXov eOvfJc V I 22 x( ööucccOc V | 24 Co b' (supra lin. add.) |
uUi |ua (rel. avuls.) V; constat de versa e Ludwichii codicibus.
N u r zu u gibt es noch einq andere inxypa(pf\ : ij bk 6€OkXi3^€VOC
KOKa bf| jLiavT€U€T' 'Axaioic, welche sich in B an stelle der oben an-
geführten (mit der lesart jLiavT€U€ T*) und in V nach dieser, mit der
Überschrift ?T€poc, findet (auszerdem in zwei Vaticanischen Codices,
ebenfalls nach obiger).
Von diesen 21 versen sind nur sehr wenige ohne metrische und
sprachliche Sonderbarkeiten bzw. — wie es wenigstens zunftchst
scheint — fehlem, diese anstosz erregenden verse für ummodelungen
älterer und correcterer formen zu halten, wie ein solcher Vorgang
bei mehreren dTTiYpacpai der Ilias bemerkbar ist, hindert uns die,
abgesehen von lischt in betracht kommenden kleinigkeiten, ein-
stimmige Überlieferung der hss.: es fehlt an jeglicher spur einer
correctein form der betreflfenden verse, wie wir einer solchen zudem
592 HScbrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien.
erstem epos selbst bis zu viel spätem bss. , als es die ftltesten der
Odyssee sind, begegnen, auch Eustatbios — und darauf ist be-
sonderes gewicht zu legen — kennt keine Ijüi^erpoi ^mTPOtqMxi zur
Odyssee: entweder existierten deren noch nicht, oder wenn die uns
bekannten existierten, hielt er sie für unter dem niveau seines
Werkes, das einen für seine zeit höchst anzuerkennenden wissen-
schaftlichen Charakter hat.
Auch diese ^iriTpacpai sind nemlich ohne zweifei in dem oben
besprochenen sinne als 7TpaTM0tT€lUüb€lc zu bezeichnen, freilich als
solche , die einer viel spätem zeit angehören als die zur Ilias. das
metrum derselben nach der norm besserer muster beurteilen bzw.
regeln zu wollen, wie es in altem ausgaben, zum teil auch noch
von Lud wich, mit der herstellung eines AuJTOq)dTUiv , KiKÖVU)V CUV
KukXu)tt6cciv iüüTa oder ou V i'ni^r\ lOäiciic AaKebaijüiovoc l£
'Obuceibnc geschehen ist, t^eruht auf einem falschen gesichtspunkte.
da sie sich im dreizehnten jh. zuerst nachweisen lassen und deutliche
spuren der verstechnik des diesem vorausgehenden Jahrhun-
derts verraten, sind sie nach dem maszstabe der hexametrischen
poesie eben dieses Zeitraums, also der des Theodoros Prodro-
mos und des Johannes Tzetzes zu beurteilen und nur nach
diesem vielleicht zu verbessern.
Die hexameter, die des Tzetzes compendium und ergftnzung
der Ilias bieten, sind bekannt genug und zb. auch in Hilbergs
'princip der silbenwägung' als abschreckende beispiele jenes princip
verletzender 'stümperhafter' verse angeführt worden, zu ihnen
hinzu kommen die einleitenden und abschlieszenden verse des lehr-
gedichts TTCpi fi^Tpwv (anecd. Oxon. III s. 302 ff.), 9 hexameter die
das vierte buch der chiliaden beschlieszen, 17 den an bang des genann-
ten Werkes eröffnende toG auToO CTixoi f)pu)iKoi und andere, ungleich
ungünstiger hat sich bis jetzt die Überlieferung der hexameter des
Prodromos gestaltet: für die reiche fülle des im cod. Yat. gr. 305
enthaltenen materials sind wir bis jetzt noch fast ausschlieszlich auf
die spärlichen mitteilungen von de la Porte duTheil in den ^notices et
extraits' bd. VI — VIII angewiesen, nur für die auch in dieser hs.
(not. et extr. VI s. 519; VIII 2 s. 208) enthaltenen iambi^chen und
hexametrischen tetrnsticha auf die erzähl ungen des alten und neuen
testaments Uäw. steht uns eine 153G in Basel erbchieuene ausgäbe *'\
^ KupoO 0€o6i(>pou ToO TTpobpöjüiou ^niTpdmuiaTa die iroXaiöraTa,
oÜTUj Kai cOccßdcTara, ^v oTc ndvra rnc ^Kor^pac bia6nKr|c KCipdXaia
iJüc ÖXßiuÜTara cuXXaMßdvovrai , kqI t' dXXa tiv6, & irivaE t^ ^iro^^vi]
ccXibi iöia br)Xol. Haftileao iipnd loannem Rebelinm. 1586. 8. diese
dXXa Tivd Hiurl, was die daktylischen gewichte (»etrifft, toO aÖToO TCTpd-
CTixa laußela xal r)pu)a €lc touc 6tiouc xpcic Icpdpxac (Oref^orio.^, B«si-
leios, Chrysostomus), ToO aÜToO iTpocq>u)VTiTpol clc t6v fi^ov dnöCToXov
TTaöXov ^ili'jric), öfioioi €lc töv OcoXötov fpnT^piov, 6^0101 clc Töv fi^Tov
BaciX€iov, ÖMOioi €(c töv XpucöCTO^ov, 0|ioioi €(c TÖV rpr)T<^piov Nucc^a,
€k TÖV dxtov NiKÖXaov öfioioi. ich eitlere (zb. a S') nach der
bogcusignat iir eben dieser leider nicht paginierten aatf abe.
HSchrader : die hexametr. überBchriften zu den 48 Hom. rhapsodien. 693
welche auf einer nach einem Yon Simon Orjüttas aus England mit-
gebrachten codex von Johannes Honter genommenen abschrift be-
ruht, zu geböte, deren entstehung und beschaffenheit eine neue , auf
dem Vat. fuszende ausgäbe des in mehr als 6iner hinsieht interessan-
ten Werkes erst recht wünschenswert erscheinen läszt* kritisch ge-
nügend ediert, aber dem umfange nach verschwindend'* sind die
in dem poetischen roman des Prodromos rd Karä Tobäv6r)V Kai
AociKX^a sich findenden 9 hezameter eines Orakels {TS. 196 — 204).
Die von Hilberg in seinem für diese Studien hoch bedeutungs-
vollen aufsatze 'kann Theodoros Prodromos der Verfasser des XpiCTÖC
Träcxuiv sein?' (Wiener Studien YIII s. 283 fif.) für den iambischen
senar des genannten und anderer ungei&hr zeitgenössischer dichter
aufgestellten gesetze finden sich, wenn auch weniger streng gehand-
habt und durch manche freiheiten vermehrt, auch in den daktylischen
Versen des Prodromos und in noch freierer handhabung in denen des
Tzetzes (vgl. den excurs). da kurzes a t und u im Inlaut (wie auch
im anlaut) bei beiden ohne weiteres als längen gebraucht werden,
liegt nicht der geringste grund vor in unsem dniYpOKpcii das tvi-
TÜxev (X) oder jnäxeT' 'AxQioTc (u)) in frage zu ziehen, ebenso wenig
umgekehrt das 9€ä V f tttt] (t) , AaicrpÖTÖVuiv (k) und Gdpcuv' (u)
mit kurzem a und u : denn die kürzung des langen i und u ist un-
eingeschränkt; die des ä allerdings an gewisse einschränkungen ge-
bunden , denen Oeä jedoch nicht unterworfen ist. die kürze des a in
dem durch krasis entstandenen fiOXoic (6) und dOXov (q)) ist freilich
hart und durch kein beispiel aus den oben genannten gedichten zu
belegen; doch nimt Hilberg ao. s. 289 an dem senar der Amicitia
exsulans des Prodromos 225 ^fioi KaTCTTpäHavTC Touc TÖcouc dOXouc
nur wegen der Stellung im sechsten fusze anstosz und räumt selbst
für Prodromos ein KaYU) für den zweiten versfusz ein (vgl. Horcher
erotici Script, graeci II s. LI), so dasz an der Überlieferung kein
anstosz zu nehmen ist.^' dagegen bedarf die frage, ob zu b das
überlieferte 'Arpeiba und zu jii das von mir hergestellte 'AcXiou
(oder das äXioio der hss.) mit kurzem a zu gestatten ist, einer
weitem auseinandersetzung.
^^ dasselbe ^ilt von den im dritten buche des Niketas Eugenianos
(tOüv KUTd ApöciXXav Kai XapiKX^a) v. 263 S. erhaltenen hexametern,
die, weil überhaupt mit der tcchnik des Prodromos in den bauptsachen
übereinstimmend, liier bei seite gelassen werden konnten, in zweiter
linie, dh. wo die genannten keine analoga darbieten, werden deren in
einigen der von Cramer in den anecd. Paris. IV s. 266 ff. edierten,
freilich der zeit nach nicht sicher genug zu fixierenden gedichte, über
deren Zusammenhang mit der Palatinischen anthologie CDilthej vor
dem index schol. Gott, somnier 1887 zu vergleichen ist, za sacken sein.
'^ auch der im vergleich mit Prodromos freilich sehr incorrecte
Ephraemios hat v. 3365 uOXouc. Ladwich beruft sich auf das bei Greg.
Naz. (Anth. Pal. VIII 166, 3) überlieferte äeXf^iaxa und äeXTjxalc.
Jalirbücher für clasg. philol. 1888 hft. 9. 89
594 HSchrader : die bezametr. überscliniteD zu den 48 Hom. rhaptodien,
'Dasz Tbeodoros Prodromos bisweilen aus metrischem bedürf-
nis die accentaation und ortbographie änderte, auch bie undda
von dialektformen gebrauch machte' (Wiener Studien VIII
S.290, 9), findet sich auch durch seine hexameter bestätigt, für welche
ihm die Verwendung dorischer oder vermeintlich dorischer
formen um so näher liegen muste, als er deren auch sonst, ohne prak-
tische gründe dieser art, zum aufputz seiner verse gebraucht" und
in seinen hexametem, um eine kurze silbe mehr zur Verfügung zu
haben, nicht selten die epischen genitive auf -dwv und -ao mit
kurzer pänultima 'Verwendet, in scheinbar dorischen formen
wie tetr. in ludd. (b ß^) (b TdXav, übe Kpabiriq)iv öq)iv bieO^p-
jLiävac oöXov und in Exod. (t 2') 5c T^uKävq kqkItic |üi€poTr€ir]C
vdjLiaTa TTiKpd braucht freilich keine bewuste substituierung einer
dialektischen form angenommen zu werden": denn ein iOipixava
wenigstens wird schon von Phrjnichos als napa Tf)V dpxoiloiv XP^^^V
getadelt (s. 24 Lob.)* dagegen gehört ohne frage hierher tetr. in
Levit. (t 3^), wo es von der ausstaffierung Aarons heiszt ZuiVT) 6*
ÖTTobuTTic TC ^TTWjLiic T*, ^v bfe XoTcTov | brjXujcic T* dXäOetd T€
xal TT^TaXov fieid jiiiTpnv, in Numer. (y 6*"), wo der esel desBileam
angeredet wird: oö ttot^ fioi Kpamvfiv dm, bucTdve, Tflpwv
deiceic, in los. (t 8') Ü(pe\ cibap^iu ttpiLtuüc }xk\ 'Aßpdjüi 7T€pi-
T^fAvei I ulac douc", in der elegie auf den h. Chrysostomos der vers,
wo Prodromos diesen ua. als bÖTjuaroc euciTÖpou K(6apiv eöjüieXto
verherlicht.
Hat aber ein in der verstechnik keineswegs zu den schlechtesten
>' zb. Rbod. et Dos. IX 196 ff. in den orakelversen (n. 201 bei
Hendess) 2IuüOTp6q>ov norl vdcov und dXuKTOii^bgci aödpou, tetr. in
Genesin (ß S") övaro, in Kxodam (ß 8') ab* iy\h ä Muicftoc iboO irdXiv
^XuOa ^dßboc, in ludd. (b 2') TXaf£ov 'AbuivißeZ^K, in ev. loannis (6 8')
XcXäOÖTac, in Acta apost. (t 6 ') l(pa. eine atrophe aaf den heil. BiiBileios
(k 6^) nimt soear den anlauf zu kühnem dorismen: di x^^P^^^^^ P^d,
Cupav KoX^ovTi c€ irdvTCC | fixav ßapßapixdv. *6XXav{bi b* uiötöc ^icku»
usw. (das folgende scheint corrupt). ^* zb. tetr. in Gregor, theol. (k 1 "]
6€&U)v, epigr. in Paul. (X 6') ^iriCToXduiv, wiederholt, ua. tetr. in Chrjsost.
(X 20) T&UJV, in einem pentameter des not. et extr. VII 8. 267 ver^
öffentlichten gediclits sogar äjuiCT^pujv x^pdwv JIcOtoc, tetr. in Regg. III
(r V) irOp KQl dir* *HX{äo riiXUiTdo bdiov flcpön, in ev. Matth. (6 2')
'Aibdo ^K iTuXcUivwv , epigr. in Gregor. (X 6^) iTf)^a CaßcXXiöo, irf)fia
MaKcboviou. '^ über tetr. in ludd. (iamb. 6 3') oö Tf)c <p&vaCTic Xa^-
irdöoc, 6€oO pövou ist das urteil schwieriger: schon in den LXX teigen
sich in den zweiten aorist hinüberspielende formen von (paCvui (t. bopho-
cles Grcek lex. of the Roman and Byzantine periods udw.), wie aach
Prodromos sonst noch (not. et extr. VIII 2 s. 184) in einem hexameter
die form fKq>dv€ hat. *' ebenso tetr. in ev. loannis (6 8') cibäp^i[|C
X6TX13CI. auch der geometer Johannes, der in seine litanei bei Gramer
an. Par. IV s. 314 ein KuiTvoc d)C T€vö|iav und irpdc ßuMv txpa-
nöfiav als unschuldige arabesken verflochten hat, gebraucht in dem
freilich, wie es scheint, nicht fehlerfrei überlieferten verse bei Cramcr
s. 294, 2 (vgl. Dilthcy ao. s. 22, 1) ciö&poc mit fi.
HScbrader: die hexametr. Überschriften sa den 48 Uom. rhapsodien. 595
byzantinischen dichtem gehörender Theodoros Prodromos — die
hier besprochene freiheit nimt sich Tzetzes, der sich auf andere
weise zu helfen weisz^ nicht — kein bedenken getn^n den er-
wähnten kunstgrifif zu benutzen, so ist sicherlich kein gnmd vor-
handen das irap' 'Aipclbä Xoxtüjüicvoc'' ulöc der b-£inTpaq)fj zu
beanstanden, freilich läszt sich sonst kein aus metrischen gründen
hervorgerufenes eintreten eines -a für das -ou des genitivs nach-
weisen, doch halte ich trotzdem diese lesart für wahrscheinlicher als
das nicht unbedeutendem bedenken unterliegende 'ATpeföqi (vgl.
Hercher erot. Script, gr. II s. LII), das aber seinerseits wieder
weniger anstöszig als 'ATpeibi) und also ebenso gut mit bedacht ge-
wählt sein würde, in beiden flülen verstehen wir jetzt die sonst
schwer verständliche häufung der dorismen gerade in den ersten
£iTiTpaq)ai: 'Obuc€ib(;i (ohne zweifei die richtige lesart, vgl. s. 600),
ttXoOv fiET" 'AOdvac und 'Arpeibo. ^ist dies schon tollheit, hat es
doch methode."®
Mich entschieden für ein an und für sich mögliches ^0 Cetpf)-
vac lx€i; nXatKTdc t' (om. Ambr. B) \bk ßoOc *ÄXloiO auszu-
sprechen würde ich kein bedenken tragen, wenn nicht die nicht
deXioio darbietenden hss. die form dXfoio (mit spir. lenis) auf-
wiesen, da es näher liegt dies aus einem viersilbig verstandenen
deXioio als aus einem verschriebenen dXioio abzuleiten, und bei
einem ursprünglich vorhandenen dcXioto die in allen hss. sich
findende einschiebung des tb^ oder t' ib^ anstatt des vorauszu-
setzenden jLiO Ceipfivac fx^i TTXaTKidc ßoOc 'A£Xioto (vgl. betr. das
asyndetoD ^TTi^pacpf) ß) schwer verständlich ist, so scheint die zu
versuchende lösung dieser Schwierigkeiten auf ein ^0 Ceipf^vac ^x^^
TIXaTKidc t' ibi. ßoöc 'AeXiou zu führen; ein hieraus verdorbenes
deXioio wurde dann für des versmaszes bis zu einem gewissen
grade kundige abschreiber die veranlassung; die von ihnen voraus-
gesetzte synizesis von de auch direct in der schrift durch ein dXioio
auszudrücken.
Betreffs der behandlung, welche in diesen ^TTiTpcxcpat die vocale
e und 0 gefunden haben, bedarf das zu TT vor einem haupteinschnitte
des Verses stehende TriXefAaxöc mit langer ultima vor folgendem vocal
keiner weitern rechtfertigung (vgl. ezc. s. 604) ; dagegen musz der zu
demselben buche überlieferte versausgang dvaifVUjpiZei iraT^p* döv
mit trocbäisch zu messendem döv schweres bedenken erregen, bei
^^ sachlich wohl begründet erscheint das yXixu(>M€voc des Ambr. £ 89
sup., in welchem die ^iTiTpU(pr) yon zweiter, nach Lud wich von dritter,
hand eingetragen ist, unter der yoraussetzung, dasz eine form yXlxdoiiai
:= Y^iXO^cxi anzunehmen ist. ein fXixÖfievoc würde ein neues metrisches
bedenken hinzufügen. '^ derselben methode folgt der Synkellot Elias
(bei Christ und Paranikas anth. carm. Christ, s. 47), wenn er die verse
der siebenten Strophe seines 'AvaKp€6vT€iov xaTavuKTiKÖv, wo ein
Y] in erster silbe unmöglich sein würde, mit a anfangen läszt: d6pa-
yfi]c iKil buvdcxric, dtpav^ic ö ßactXcOuiv usw.
39*
596 HScbrader : die hezametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien.
Tzetzes findet sich an dieser so gewichtigen stelle des verses auszer
dem eigennamen AeX^yuüV nur ttövujv und XÖTOi, bei Prodromos
auszer einigen Wörtern, denen leicht nach Homerischem muster
durch Verdoppelung eines c abzuhelfen ist, nur ein vöcouc, also
Überall Wörter, in denen die längung des kurzen vocals durch die
beschafifenheit des folgenden consonanten (vgl. exe. s. 606) oder
durch den accent unterstützt werden kann, da sich die vorausza-
setzende, aber weder aus dem einen noch aus dem andern gründe
zu rechtfertigende messung des i6\ auch aus den hexametern anderer
Byzantiner nicht beweisen läszt, würde es nahe liegen die Über-
lieferung mit Ludwich in iraT^pa öv'^ oder vielleicht auch in naT^p*
elo oder selbst nur irarep' So zu ändern , wenn es nicht möglich
wäre, mit beibehaltung des in der in frage kommenden zeit sehr
beliebten £6v den vers als boXixöoupoc zu messen , wie dies ohne
frage mit dem zu o gehörigen zu geschehen hat.
Zu 0 haben alle neuem hgg. an der Überlieferung oC ^Tr^ßr)
MddKT^c "Obuceibnc Ik AaKebai)iOVOC anstosz genommen und nach
Barnes' Vorgang AaKebaijLiovoc IH 'Obuceibr^c geschrieben; für, wie
vorauszusetzen, im zwölften jh. entstandene hexameter ohne grund.
denn die Überlieferung findet nicht nur ihre analoga bei Tzetzes —
bei Th. Prodromos nicht — sondern auch ihre rechtfertigung aus
der theorie der Byzantiner, man vgl. zb. Tzetzes Antehom. 78 ^k
TTapiou jLioXTrqciv dxiveov ic Tpoinv FTotpiv (de gestrichen von Hilberg
silbenwUgung s. 16), woselbst IBekker andere verse dieser art citiert,
denen Posthorn. 878 Atv€iac b* fipa ßaiöc, didp iraxüc, €Öctt]8oc
7T^X€, chil. V 193 a\ bk ju^v icTopiai nevniKÖciai mcupujv fiicp
(oder ÖV6U?) und aus den in dem anhange zu den chiliaden stehen-
den CTixoi f)puüiKoi der vers beibia V aivuüc | }xi\ Kp^a iipöjüieva
fvoin ^rJTWp ö XoTOTpdcpoc hinzuzufügen sind, dasz wir hier nicht
eine fiücbtigkeit des Tzetzes, sondern eine bewuste verstechnik des-
selben vor uns haben, zeigen die in seinem lehrgedicht Trepi ^€TpU)V
'(Gramer anecd. Oxon. III s. 302 ff.) über das f|pu)iKÖV fi^rpov sich
findenden angaben (s. 314, 23 fit.):
TÖ JU^ipOV TÖ baKTuXlKÖV, ÖTT€p dcilv f)plUOV,
xpeTc ixi\ Totc biacpopdc tpiccüjc fäp kqx KaXenar
baKTuXiKÖv, aioXiKÖv xai XoTaoibiKÖv t€.
dqp' OüVTTcp TÖ baKTuXiKÖv Tipöc Trdcav x^pav f x^*
bdKTuXov, TraXijLißdKXCiov, djuqpijLiaKpov , CTrovbciov
€ic bk Tf)v ?KTTiv b^x^iai juövnv Ktti TÖv TpoxaTov.
dXXd TÖV iraXijLißdKxeiov jucTd toö djLiq)i)idKpou
öcpeiXeic cu jiioi KaOapouc baKTuXiKOuc (lies -Oüc) Xajüißdvetv,
€ic jLiepn Kai (puüvnevTa Tdc X^Heic K€KTr))bi^vouc usw.
^* das von llcrcher ao. i. LVI dem Prodromos und den übrigen Bjian-
tinern abgesprochene pronoroen possessivum öc f\ Öv findet Bich nicht nar an
der ao. in zweifei (gezogenen stelle (Rhod. et Dos. VIII 366], sondern
auch epijfr. in Chrysost. (X 6*) äXXoTp(T| M X^P»3» ^^Ap cO T« oö Xiircc
f^1TT)C I Öv epÖVOv')Tv T€ TTÖXlV ßoClXibOC 1T0X(u»V ^?).
HSchrader: die hexametr. überBchriften zu den 48 Hom. rhapBodien. 597
Da sich in einem ua. von Znr JacobsmOhlen mit dem psendo-
Hephaistion de metris (diss. Straszburg 1886) herausgegebenen metri-
schen tractate (I § 4 s. 42) ein, abgesehen von der richtigen abson-
dernng des sechsten faszes von den möglichkeiten der fünf vorher-
gehenden, 80 sehr übereinstimmender abschnitt^® findet, dasz er oder
seine quelle für eine vorläge des Tzetzes zu halten sein dürfte, so
würde freilich die Vermutung, dasz dieser ihn aus misverst&ndnis *^
geändert habe^ nahe liegen, wenn nicht einerseits die angeführten
verse in den gedichten des Tzetzes selbst vorlftgen und anderseits
die gleichsetzung des sechsten fuszes und der vorhergehenden mit
einer auch sonst nachweisbaren byzantinischen theorie über den sog.
boXixöoupoc oder ^aKpoCK€Xr)C zusammenhienge.
Ich beschränke mich darauf aus den zahlreichen compendien der
genannten zeit, welche unter den TrdGr) des hexameters auch den so
eben erwähnten anzuführen und nach ihrer gewohnheit (vgl. zuletzt
Hörschelmann im Philol. n. f. I s. 1 ff.) mit fast immer denselben
beispielen (bes. häufig f 237 KdcTopd 6* iiritöbajüiov Kai irOg äxa-
6ÖV TToXub€UK€a) zu belegen pfiegen , nur die für die hier berührte
frage wichtigen äuszerungen anzuführen, in erster linie schol. B
Hepb. § 16, wo es im anschlusz an den so eben angeführten yers
heiszt (s. 21, 24): toöto bä TIV6C oö (pactv ctvai cuviZriciv,
dXXd bidXuciv TTic TeXeuraiac toO cTrovbeiou fiaKpäc.
ähnlich sagt Helias Monachos (Studemund anecd. varia s« 184)
mit anführung des verses K\jkXu)V|i, if^ 7Ti€ olvov, itttX q>&f€C
dvbpöjuea Kp^a (i 347): 6 iy xAei ttoOc TpicuXXaßoc, öirep
dXXÖTpiov CTixou, Kai bid toOto ^aKpocKeXrjc, ibc öirfep büo cuXXa-
ßdc fx^v TÖv TcXcuTaiov Tiöba, kürzer der Verfasser des metri-
schen traetats des cod. Marc. 483 (s. 189 ebd.) über denselben vers:
ibou fi €KTr| x^P^» fJTOUv xö b€UK€a bdKTuXoc dcTiv, und Tricha
TTepi |Li€Tpujv (s. 269, 14 ff. Westphal) unterscheidet katalektische und
akatalektische hexameter, führt als beispiele letzterer aus seinem
bymnos auf die heil. Jungfrau die Variation vUa iTamül€b^0VTa XÖTOV
KÖCjLiOu TCVCTnpd ye (t€?) und aus Homer das bekannte KdcTopa
usw. an, und bemerkt dann (z. 24): bld ToGto Kai TÖ baKTuXlKÖV
dEdjueTpov, €1 ju^v dKatdXiiKTÖv den, bdKTuXov f{ d^q)i|üiaKpov
TÖV TeXeuTaTov b^x^^ai iröba, ibc tö «KükXujijj, xfi nie olvov, direl
qpdT€c dvbpöjLica Kpea» • toO t^P «Kpto» tö ä jüiaKpöv dK Kpdcewc.
selbst den Iliasscbolien scheint diese auffassung nicht fern zu liegen :
vgl. die von GBauscher 'de scholiis Homericis ad rem metr. perti-
^^^ TÖ i^piwiKÖv in^Tpov ^5djüi€Tpöv icTiv ' il faß x^P^^ ^X€ii tAc jut^v
TrdvTe cuTKei|ui^voc ?k t€ öaKTuXou xal cirovöclou, dvioTC bi xal iraXifi-
ßdKX€iov Kai d)ui(p()uiaKpov b^x^'^^i^ KaOapoOc jui^vtoi xal iv rdSei batcrOXou
K€i|ui^vouc . . 1^ bi äKTX] xübpa CTTOvbelov Ö^X^TQi, ^v(oT€ b^ Kai Tpoxalov.
^* ein irrtum des Tzetzes liegt jedenfalls vor, wenn er der sechsten
stelle auch einen palirobaccbius zoschreibt; der amphimacer läszt sich
in gewissem sinne rechtfertigen: vgl. das unten anzuführende dv6p6^€a
Kpea.
598 HSchrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 flom. rhapBOdien.
nentibus' (diss. Straszburg 1886) s. 19 und 43 zu M 381 (oöb^
K^ mv ^^a) und 0 187 (oöc t^keto 'Pte) angeführten schol. B
und A; freilich trage ich bedenken Herodian (11 1 s. 93 Lents)
oder gar Aristarch mit Bauscher dafür verantwortlich zu machen,
und glaube eher ein schlechtes excerpt der betr. Codices annehmen za
müssen.
Ist somit die Überlieferung des versausganges dx AaKCbai^ovoc
zu 0 mit der praxis speciell des Tzetzes und der theorie der Bjzan*
tiner keineswegs im Widerspruch, so ist in betracht zu ziehen, dasz
auch zu TT die messung der dTnTpotq)rj als boXixöoupoc die oben
8. 595 f. erwähnten Schwierigkeiten beseitigen würde: m b* äpa Tr]-
X^jLiaxoc dvaTVU)pi2[€i narep' eov, insofern die Ittngung des 6 mit der
tonsilbe zusammenföUt und das a in irar^p', dessen Verwendung als
länge ohne weiteres vorauszusetzen ist, sich auch thatsächlich als
solche nachweisen läszt, zb. bei Prodromos tetr. in evang. Matth.
{l 370 beiTTVOV dir* djLißpöciov, t6 cgi ic tomov äpruvc TTcmfip. die
unmittelbare nachbarschaft zweier verse der genannten art hat ftlr
von einander unabhängige verse weniger auffallendes als für ein zu-
sammenhängendes gedieht; und selbst in einem solchen hat ein
Tzetzes, dessen verskunst immerhin noch etwas höher steht, sich
an sechs stellen nicht gescheut zwei versus spondiaci unmittelbar
neben einander zu setzen (Ludwich Me hexametxis spondiacis' [Halle
1866] s. 22).-**
Ein beispiel einer kürzung der von den sorgfältigem
byzantinischen dichtem stets lang gebrauchten vocale
ri und uj bieten die Odyssee-dmTpciq)a( nicht dar, dagegen zwei
kurz gebrauchte diphthonge: EC^äioc (zu E) und AtöXdu(zuK). für
ersteres bieten die von Prodromos selbst in seinen iamben gewagten
kürzungen des ai in 'EXiccaioc und des £i in BadXetoc analoga (vgl.
excurs)^', so dasz, da das fehlen der cäsur versen wie dem Tzetziani-
schcn xpuceov ou kukXov, ou ju^t« r^piov ^ktcXüitcucui (an. Ox. III
8. 303, 11) und ähnlichen entspricht, die durch keine spur der h»i.
empfohlene Ludwichsche conjectur Hl V *Ob\Kf\ Eciviccev dxpip
ECuaioc ucpopßöc nicht notwendig ist. härter und nach dem masz-
stabo der verstechnik des Tzetzes wie des Prodromos bedenklich ist
das AlöXou mit kurzer endsilbe (vgl. exe. s. 609). eine corruptel dürfte
schwerlich anzunehmen sein: es ist laxere technik, wie ihr viel-
leicht Prodromos an einer einzigen stelle (vgl. ao.), jedenfalls aber
der geomoter Johannes folgt, der (Cramer an. Par. IVs. 288,13*
204, 3) nicht allein TiiK6bavai t€ ji^pifAvai KaxcO ßiÖTOu jbieXebulvat,
** hinzu kommen anccd. Oxon. III 8. 303, 17 f. neben einander die
versauBgüDfre ircpiaXXa cOv aOTatc MoOcai und baKpOouct dfy oÖTcAc
XÖTOi. *^ die kürie mit der Einmal in der OdjMee (u 879) •ich finden-
den messung f^irdioc, die an und für sich betrachtet ebenfalls ein
€0^(^loc schützen könnte, in Verbindung in bringen würde dem versi*^
ficator zu viel ehre erweisen.
HSchrader: die hexametr. Überschriften su den 48 Hom. rhapsodien. 699
sondern auch Ov\xt rdXav, ri ir^novOac; dv^Tpco, fiif) nou n xXcicq
oiipaviouc OaXdjüiouc vu^q)ioc dSairiviic zu scandieren wagt.
Haben wir somit die basis gefunden, anf welcher die 25 dm-
Tpotcpai der Odyssee metrisch zu beurteilen bzw. zu emendieren sind,
so ist ohne weiteres einleuchtend dasz , abgesehen von der zuletzt
besprochenen irregularität, der Verfasser derselben schon dnrch die
h ä u f u n g mancher in der genannten zeit zwar gestatteter, aber doch
immerhin seltener licenzen unter der verstechnik der zum vergleich
herbeigezogenen beiden dichter steht, ein urteil welches die anzu-
erkennende Schwierigkeit, in dem engen rahmen je 6ines verses einen
im groszen und ganzen gegebenen und von oft schwer zu verwerten-
den eigennamen nicht leicht zu trennenden inhalt zum ausdrnok zu
bringen, nur bis zu einem gewissen grade modificieren kann, zu den
erwähnten licenzen kommt aber noch hinzu nicht nur das zweisilbige
iujTa in der ^TTiTpoicpyj des betr. bucheS| sondern auch (zu e) die dem
verse zu liebe anstatt KCacOetaic gewählte form KCateioic und die
synizesis von utic oder, wie wahrscheinlich zu schreiben ist, ult in
der zu y gehörigen, über ersteres ist oben anm. 5 das nötige be-
merkt worden; das K€a8€icr)C gehört zu den von Hercher ao. II
s. XLYI fif. zusammengestellten, aus eben dem angegebenen gründe
von den byzantinischen dichtem willkürlich geänderten wortformen
und ist speciell mit dem von Ephra^mios (v. 4975) gebrauchten
und von Hilberg (Wiener Studien X s. 67) selbst für diesen nach-
lässigen dichter notwendig gehaltenen TavuOcic zu vergleichen, viel
auffallender ist die einsilbige messung des bei Tzetzes und Prodro-
mos sehr beliebten, aber stets zweisilbig gebrauchten ulic (oder uli),
um so auffallender, als die in frage kommende litteratur die synizesis
überhaupt kaum in anwendung bringt: aus Tzetzes ist mir nur 6in^
beispiel bekannt, aus Prodromos nur 6in sicheres^ und sehr viel
leichteres: tetr. in los. (t 8^) o!ii dir' ^K KaKÖTTiTOC 'Paäß q)i}T€V
€E äfxa TrdvTUJV. das oben in den text aufgenommene ult ist viel-
leicht etwas leichter als einsilbige form aufzufassen denn das besser^
überlieferte uiic, doch hat es nicht aus diesem gründe diesen Vorzug
erbalten, sondern weil nur bei dem dativ ull das den vers so er-
schwerende Sc — in einem einfachen cuvaipTO V ulic*' würde das
m, wie zuweilen in dem Homerischen ulöc (vgl. Hartel Hom. Studien
^^ an. Ox. III 8. 303, 1 Kp^ccov d)uiol i^cXiou q>a€Ct)uißp6T0U i\bi
C6\r)vr]C ist schwerlich richtig tiberliefert, dagegen hat 8. 303, 28 xal
'P6&0C ou c^o |ivf]|ia, cO b* aO 'Pdbou £cc€ai }xyf\ixa kein bedenken, ebd.
8. 302, 10 Ti]v QiTo v^pTcpa boipa *lu;dvvT)C *lcääK((fi ist ohne frage Tfiv
6^To v^pTCpa 6u)p' 'luidvvr)c *lcaaK{qi zu lesen. *^ denn io den iamben
tetr. in Gen. (ß 5*) ö ydp Miüc^iq) T€pfiaTi(£iv CDU t6v Xöyov | cuvevTQ-
(pidt2l€i ce Tok cotc uaTpäciv ist zweifelsohne T€pfiaTti&v zu lesen (vgl.
Const. Manass. comp, chron. 2564). *^ es scheint nur der von Lndwich
eingesehene Vat. 24 zu haben; Hamburg, und Ambr. E, auf die sich
L. ebenfalls für diese lesart bemft, haben uttc. ^^ nur cod. Monac.
519 '^ läszt nach Ladwich das b* 6c ans, was sicherlich nicht auf alter
tradition beruht.
600 HSchrader: die hexametr. fiberschriften zu den 48 Uom. rhapsodieiu
m s. 11), als kürze genommen sein — das auszerdem bei uTic auch
für den byzantinischen gebrauch sehr auffallend ^^ ist, seine sach-
liche erklärung findet, freilich würde ein cuvÜJpTO V 8c (dh. Nestor)
uli nur eine ungenaue wiedergäbe von f 34 o*i («=» N^CTUip CUV
uldciv) b* übe oCv ^civouc ibov, dOpöoi ^X6ov äiravTCC enthalten;
doch ist hierauf schwerlich groszes gewicht zu legen , besonders da
bei Homer unmittelbar darauf das auftreten des einen (Peisistratos)
hervorgehoben wird, auch in dem einsilbigen uli zeigt sich übrigens
der verfertiger dieses verses, um mit Ludwich zu reden, als ein
^poetaster semibarbarus'.
Nachdem so in längerm gange die aus dem brauche der ent-
stehungszeit der diriTpaqpai zu erklärenden, zu entschuldigenden und
zu verurteilenden eigentümlichkeiten der verstechnik derselben ihre
erledigung gefunden haben, bleibt noch übrig sie in grammati-
scher hinsieht in derselben weise zu prüfen, in dieser bieten sie
sehr viel weniger auffallendes und der erklftrung bedürftiges: ausser
dem so eben besprochenen cuvÜJpTO ö' 5c ulic oder uli der epi-
graphe zu T i^^i^ zu a in der besten form der Überlieferung die werte
dXqpa OciJüV dToprj, 'Obuccibqi TTaXXdbi Gdpcoc, an denen in keiner
weise anstosz zu nehmen ist.^' der durch die vorhergehende ent-
wicklung der spräche zweifellos vorbereitete (dem sofort anzufüh-
renden sehr ähnlich ist zb. Soph. Ant. 1218) dativ findet sich, da
'Obuceibqi TToXXdbi Odpcoc ohne weiteres einem 'Obuceibric öirö
TTaXXdboc OapcuvcTai gleich zu setzen ist, ganz ebenso bei Theo-
doros Prodromos tetr. in Regg. I (b 8 ^), wo es über den von Samuel
vernommenen ruf Jav^hs heiszt: öp^c öpdccic Ca|Liouf)X toö ttqi-
blou; öeiij KttXeiTai, irpöc töv 'HXel hi xp^x^i» iwiOcv elvm
iTpocboKricac töv Xöyov, Kai (k&v die ausg.) ficTCpov b^bopK€ töv
kckXtikötq, oder in Gen. (ß 5^), wo Jakob angeredet wird: OÖTUIC
laKibß euXoTeTc toüc dTTÖvouc. . . ibc n^XoTi^Onc 'IcadK i^
iTttTpi CDU. ebenso steht in der Überschrift zu einem tetrastichen-
paar zu Regg. I (e 1^): €lc TfjV cqxurtv- "Ayot, 5v ctüO^vra Tij>
CaoöX TTopd Tf]v Geiav KeXeuciv dir^KTCive CajLiGurjX. vgl. auch
Rhod. et Dos. VIII 323 TToiijj bfe |invOcavTi Tdc ^Mdc Tiixac
liaGuiV ö TTttnip;
^'> ein den folgenden numen Ankündigendes Öc findet sich bei Tseties
Anteliom. 99 6c Mcv^Xaoc Tolo (TTpidMOu) öcöCTM^voc Afkaä 6dipa»
doch geht hier im verse unmittelbar vorher der name des Menclaos schon
voraus, so dasz es sich dnrch ein ^ut (Menelmi») cum accepUtet iUhu
dona wiedergeben liesze. ebd. 230—32 vu|Li(p(ov die T^ dKOUCC (Lao-
dameia) xaXöv trcc^civ irapä vriuciv, x^ipcciv dvnndAoiav 4v dÄMan
Toto Oavövra €0(pöpßou 'Axdrou f\ ''GKTopoc dvöpoipövoio scheint die
Verbindung mit dX|LiaTi nnd also rückbeziehung auf vuM<p{ov nicht ant-
geschlossen zu sein. ^* Ludwich conjiciert: dXq>a 0€UüV dtopi^ 'Obucf^
Sid, TTaXXdöi 6dpcoc-
HSchrader: die hexametr. überschrifton za den 48 Hom. rhapsodien. 601
EXCURS.
Eine studie über die daktylischen verse des Theodoros
ProdromoB und des Johannes Tzetzes.
Eine vergleichung der daktylischen verstechnik des Theodoros
Prodromos und des Johannes Tzetzes mit den von Hilberg in dem
für diese studien grundlegenden aufsatze *kann Theodoros Prodro-
mos der Terfasser des Xpicrdc irdcxuiv sein ?' (Wiener Studien YIU
s. 282 £f.) für den senar der ^classiker, epigonen und stümper' unter
den byzantinischen dichtem, speciell des zur mittlem gruppe zu
rechnenden Prodromos , gefundenen gesetzen kann bis jetzt nur als
eine studie zu dieser aufgäbe bezeichnet werden» zu der aus der
höchst unvollständigeu und mangelhaften Überlieferung der dakty*
lischen gedichte des Prodromos (vgl. oben s. 592) erwachsenden
Schwierigkeit und dem durch die form der tetrasticha desselben ge-
botenen zwangt in je vier versen einen gegebenen stoff zum aus-
^^ auch in der verstechDik der iambisehen tetrasticha macht sich
dieser zwang geltend, insofern sich einige abweichongen yon dem darch
Hilberg constatierten branche des Terfasser« zeigen, zum grossen teil
sind sie unvermeidlich und beruhen auf der anhellenischen natnr vieler
der in betracht kommenden namen. ich stelle hier die hauptsaohen aa-
sammen (einzelnes wird gelegentlich im verlaufe dieses excnrses ange-
führt) und lasse es zum teil unentschieden, ob hier oder dort etwa
durch eine Umstellung zu helfen wäre. Prodromos miszt CSbojiia und
Cobö|iiU}v (tetr. in Gen. a 8^ und ß 1'), 'EXcdZop (in Num. T 5')» To-
BövinX (in ludd. 5 2^), Teöeibv (ebd. 63'), C€|iil€l (in Regg. II € 8')^
N€?|Lidv (in Regg. IV l 6^, Zcßebaicu (in ev. loann. 6 6^), *€in9av(4i
mit langem € (in Chrysost. X 3*^), ferner von appellativen TrpufTOTÖKUJV
(iu £xod. f 10» äpxiepia (in Regg. 16 8')) i^jüCT^puiv (in Acta apost.
i 0^). das 9paYT^^^HJ (}^ ®^- Matth. r) 6^) dürfte in (ppaYY^XXd^ zn
ändern sein, in dem verse ö&poiriK^, tTp6c€X6€ tCD G€i|) Xdftp (in ev.
Luc. 6 2^) ist vielleicht öbpwiTiK^ zu lesen, oder, da in den folgenden
bexametern die form mit o am platze ist, die überlieferte form als zu
den gewisse freiheiten gestattenden kunstausdrücken (Hilberg s. 286)
gehörig zu rechtfertigen, tetr. in ev. Marci (6 2^ ist anstatt des über-
lieferten (pQ^fÜTÖ TIC selbstverständlich (pO^T^aiTO zu schreiben, nnd
in Chrysost. (k 7^ ist in dem unvollständigen verse (b CTpo(pdXuJV usw.
ein TÜJV einzusetzen. — Auffallender und zahlreicher sind die kür-
zungen der diphthonge und des r] (nicht des U)) und die ver-
nachlässigung der position. gegen die Herchersche beobaohtung
(erot. Script, gr. II s. LIV), dasz bei den byzantinischen iambographen
ein diphthonß: vor einem folgenden vocal nicht gekürzt wird, verstoszen
wiederholt mit kurzer pänultima und zwar sogar im sechsten fusze ge-
brauchte formen wie BaciXctou udgl. in den diesen verherlichenden
tetrastichen, ebenso der vers (in Regg. IV t 7') VCKpoOc dviCTfll Kai
6avübv *€Xiccatoc. in anderer hinsieht schlechte verse sind (tetr. in Indd.
b 2 0 Tou b" NncoO GavövToc, MoObac jii^vci und not. et extr, VIII 2
s. 163 'AXeH(ou iralc Ko)Livt)voO ßactX^UJC, während tetr. in ev. Luc. (0 3')
dpa YHP^t^ M^ TT€C€iTat t6 ßp^q)oc durch t^P^xi^ zu bessern und dem
unerhörten AimriTptoc K^xpay^v ö CKÖXoip TTouXou durch die Umstellung
Aii|LXir)Tpioc K^KpaT€ TTaOXou ö CKÖXoip aufzuhelfen ist. — Die Vernach-
lässigung der Uoppelconsonanz ist ohne alle frage vorhanden in dem
602 HSchrader: die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhaptodien.
druck zu bringen , wodurch der Verfasser naturgemäsz gezwungen
war sich in anderer hinsieht freier zu bewegen, kommt die bewuste
oder unbewuste nachahmung des altern oder altepischen branches,
welcher die kttrzung langer, die Ittngung kurzer silben, die Vernach-
lässigung der Position in den äugen der dichter, welche darüber , ob
diese erscheinungen bei ihren Vorbildern in der beschaffenheit der
Silben begründet waren oder nicht, ja selbstverständlich nicht
orientiert waren, rechtfertigen konnte, so dasz zwischen dieser
directen Übertragung oder der nachahmung eines solchen falles und
selbständiger willkür oft nicht zu unterscheiden ist; manche der in
den trefflichen abhandlungen Bzachs (Wiener sitzungsber. XCV n. C)
dem Tzetzes — Prodromos ist nicht berücksichtigt — vorgeworfenen
nachlässigkeiten (zb. C s. 426) erklären sich freilich ohne weiteres
aus der der genannten zeit eigentümlichen behandlung der vocale.
Um also mit der behandlung der doppelzeitigen vocale an-
zufangen , so gilt für beide hier in betracht gezogene dichter ohne
einscbränkung das gesetz der 'epigonen', dasz 'langesaiu nach
belieben auch als kürzen verwendet werden können, während kurzes
a i u im an- und inlaut ohne jede beschränkung auch als längen ge-
braucht werden' (Hilberg ao. s. 292). beispiele anzuführen ist über-
flüssig, ein aus krasis oder contraction entstandenes a sowie ein qi
kommen nur als länge vor (vgL Horcher erot. Script, gr. II s. LI),
auszer bei Tzetzes Hom. 142 oTci Kdji^ Ka\ dKUJV öeibicKCTO oCXioc
ävrip , wo die häufung der abweichungen von der regel jedoch die
Jacobssche änderung oTci KdjLi' ä^KUiv usw. notwendig zn machen
scheint, über das dorische a vgl. oben s. 594.
Der längung von & i 0 im auslaute gegenüber ist Tzetzes
weniger streng als Prodromos, der sich abgesehen von durch
den einschnitt in der mitte des pentameters '* und durch die pen-
themimeres^ entschuldigten fällen die dehnung nur in den sog.
namen Mujdvvvic, zb. tetr. in ev. Matth. (r) 5^ öpBdtic CXcEac* oiibi y6p
•luidvvnc (vi?l. Auszerdem k 7% k 8'. X 8'. X 4'; not. et extr. VIII S
8. 163), eine licenz zu welcher unten analoga ansaffihren sein werden,
sowie in dem verse (tetr. in Num. f b'') ö^i&c t6v uI6v *AapdiV "CXcäZop,
wahrend tetr. in Oen. (a 8^) b\' f|v 6 Aüjt irapf^KC Tf|v EuvauXiav |
ToO irarpa&^Xqpou , Kai irpöc CöboMO rpix^i in Trp6c bi C6bo^ Tp^X^t
nnd in ev. Matth. {x] 5^) KaXoOjiievoc hl TT^rpöc cO vp\br\y CC^uiv in
6 Trpiiiviv Ci^iuv zu ändern ist. in den versen (tetr. in Chrjsott. Xi')
MujdvvTiv ydp ^xßoXövrcc toO Opövou | t6v f|5uv clirdv, Tf|v XplcToO
XcXiööva hat vielleicht ursprünfi^Uch GeoO gestanden (ygl. die ähnliche
corruptcl bei Dilthey ind. schol. Oott. 1887 s. 21, 1).
^^ zb. eleg. in Basil. (X 60 irvcO^aTi iraTxpaT^t Xuccav dcipdficvov.
bekanntlich int dies keine nenerung der Byzantiner (vgl. Spitsner de
versu Or. heroico s. 269 ff.; Rzach XCV 8. 735; C 8. 319. 22). ^ tetr. in
Gen. (a 6') cfjc rdbc iTa|yi|Li^' dva iToXu|yi/)xava 6/|vca t^x^HC (vielleicht
auszerdem als interjection aufzufassen), in Reg(r. II (€ 6*^) t/|^ Xa6«bv
c^ q)(Xu vOv diTÖ KapnoT* dp^pcci. auch das von mir hergestellte TaOrd
coi 'Aßpd|i £naeXa || «piXardSoio ^€voivf)c (in Gen. ß l'j ist dorch die
diäresis gerechtfertigt (vgl. anm. 62).
HSchrader : die hexametr. überacbriften su den 48 Hom. rhapsodien. 603
freien^' Wörtern gestattet (im iambuB ist dies der brauch der 'epi-
gonen': Hilberg ao. s. 292); denn tetr. in ludd. (b 4^) T(&v (jUiCXtc-
ctjüv) &nö X^pc'i q>iXi)ci ixikx baicaro Ca|yii|ii(iv ist ohne frage cormpt
und wohl durch ein nadi q>iXi]Civ einzusetzendes i^c zn heilen.
Tzetzes hat hingegen einige nicht durch die cKsur entschul-
digte^^ fälle von längungen der genannten endyocale in nicht freien
Wörtern: zb. Antehom. 111 KdXX€i ifi€pÖ€VTt mpiirpcndi Tdvöuicav,
219 T€ux€ci Xa|üiTT6|i€Voi napa ^tfri^Tvä Kor^ßaivov, 279 fipjuiaTt
|iapva|i^vr|y 'lepf|v böpaTi ircpovificac, Hom. 357 0q>pa £ TUfißeii-
cuüci, jLi^Töt TT€p\ cJiiLia ßoXövTCC, 463 irdvTii dir€CTpoß^ovTO, dru-
ZÖM€vä TÖip ävbpwVy Posthorn. 258 Ka\ TÖT€_Tpiuiäc i^b* 'Apdßicca
XaTpev 'Gvuüü, 524 fjXuOev 'ApTcioici, ji^T« b' tx&QOVto IbövTec,
753 K61V0C toCt' dp^gciv äWjp, tXwccä V fip' djüiefo, an. Ox. m
s. 302, 31 aurdp tf\iiy Kac(TViiT€ tXukü cpdoc Icadtae, s. 303, 19
jiopcpQ dv dvbpOM^ij TT€pl Kfjpi botKpuxdovTCC. einige dieser verse,
wie auch PH. 106 TTrJTvuciv öbora Xeuxd Kai ic x(ova |ui€Taß(!^X€t
sind wegen Homerischer analoga, Hom. 24 dcTf|p Trajyiqmvöiuv, cf)|Uiä
TroXdjioio, KOjüiriTiic ist wegen des Homer. irroX^jüioio wohl etwas
günstiger zu beurteilen; dem T€pTTÖ|Ui€VOi Xaotci Ka\ f|T€|üiöct mvu-
ToTci (AH. 188) könnte durch ein f|T€|Uiöciv abgeholfen werden
(AH. 52 und PH. 539 ist zb. ein v als iSngungsmittel sicher über-
liefert).
In der behandlung der kurzen vocale € und o huldigt Theo-
doros Prodromos in seinen iamben nach Hilberg , der freilich an
nicht wenigen stellen von den hss. abweicht (vgl. ao. s. 285 ff.^ auch
oben s. 601), strenger Observanz, insofern er die genannten laute nur
in eigennamen und sonst schlechterdings nicht zu verwendenden ter-
mini teebnici gelegentlich als längen verwendet, in den dak-
tylischen Versen bewegen er und noch mehr Johannes Tzetzes sich
erheblich freier.
Vor den hauptverseinschnitten gebrauchen beide die
endungen e 6V o ov oc auch vor folgendem vocal als längen, Pro*
dromos jedoch bis auf 6inen fall^ nur in arsi, Tzetzes auch in thesi.
^3 icl) behalte trotz der von Scheindler (zs. für d. öst. gymn.
8. 430) geäuszerten bedenken, und obwohl mir, wenn man diese Zwei-
teilung beliebt, die umgekehrte anwendung ('unfrei' e» keine oder nur
geringe freie auswahl gestattend) viel passender erscheinen würde,
inibergs bezeicbnung der Übereinstimmung mit seiner betrachtnng der
verse des Prodromos zu liebe bei. ** durch die penthemimeres ent-
schuldigt AH. 139 (freilich dem sinne nach ohne gewicht), H. 31. 169.
469. 490. PH. 474. 683. 769;_vor der diäresis nach dem dritten fusxe
H. 413 TTUKvci KÖmiv TiXXouca Ijrolov iirioxe möBov, app. ad chil. (s. 266
ed. Kasil.) ouk ibov, oö &€&dv)Ka || j>f|Topoc 6pTia MoOcilc, vor der heph-
themimeres AH. 72 tqc 6* dpa fiV|V viKncacä || OiX(v), "A<ppoMTT|, 389 q>äc
Oavdeiv Töv edv|iavTa | xal dxXaucTov €C€tc6at, PH. 617 oöroi 'Oftucc^a
olba cdqpä || ttötc TpüJ€C iir^cxov, 767 dXXd xd n^v Kar^XeSa kOkXq I
ILieYdXujv ^viduTuiv (wo auch das ji zu berücksichtigen ist). ^^ in dem
gedieht auf Alexios Aristcnos (not et extr. VU s. 266, 7) KOi T* öp<povo-
Tpöqpoc Huvöv ^cöXöv, || £c6X6v dirdvTUJV.
604 HSchrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien.
bei ersterm lesen wir zb. tetr. in Num. (t 6 ^) iL Oedc dviiaciv R
oiib' dXXoqpüXiü tcToüjti, in Regg. I (e l'') KOipaviriv KupiöcJ
"Atot ö* öX^cei€ CajiouriX, ebd. (€-2^) dv^pa jüiouvojidxov | €ö
eibÖTa briiOTfiTOC , in dem gedieht cic dxeipa vcKpöv (not. et eitr.
VIII 2 8. 184) djüicpiu baiTU]Li6v€C Q (b itöttoi ä|iq>OT^piuv, desgleichen
mehrfach in den elegien auf , den h. Basileios usw. und in dem nur
aus Pentametern bestehenden loblied auf den protekdikes und nomo-
phjlax Alexios Aristenos (ebd. VII 2 s. 255), ans dem ich nur y. 10
oö McvAaoc öb€ y oöb* 6 Tubfloc ?riv und v. 24 xctip' öpq)avo-
Tpöqpe II XCi^PC vöjLioio q>i3Xa£ anführe. Tzetzes dagegen hat nicht
nur zb. AH. 5 Aucirapiv ouXö|i€vov B dpxf|V iroX^jioio KaxoTo, 258
Tpuüd xopiZöjuievöc || fJTeipc M^Xnv ^tt' 'Axaioic , H. 42 ^k hk ßfou
Aavaöv 0 diröepce Aiübpca TTcipwc, 141 {^ ßodc f\ 6ioc Q f\ 6pvi6oc
>Ji€X€€cciv, 168 o\ bi Tab' ouK ^OcXöv II djüicpu) bi vexpouc KTcp^iSav,
194 Kai TÖTE TÖv II dTceTTauce Köwv || bopi x^ipct xopricac, 297
"GKTOpa |uiup6ji€vöv || i^uv tövov dcTudvaKxa, 471 öcTorioic T€T«-
|i€V II dvi fjjLiaci, T^pjuiaci köc|liou, PH. 32 bf| tot' dOiupnS | Xaouc
Tpiiujv T€ Kai auTHC, 102 rrdv b' dpa veKpüjv JttXt]0€ | töt6
Tpuüiov odbaC; 63 irpöc bi. cdKOC ßpiapov || in4.r]y Xaif|V KOTd X^H^^
539 auTdp ine\ bdKpuccv || £9uc^v Te tiu öcca di[jK€i, 620 aOxdp
iixl y boXöecca Twvf| IcaaKioio", 645 KdXxac TcÖKpöc t€ | Ka\
NecTopibnc 6pacu|ir)br)C, an. Ox. III s. 302, 19 KcTpav MaKcbövec 1
'HqpaiCTiuJVi OavövTi, sondern auch vor der diäresis nach dem dritten
fusze zb. AH. 14 qppdZeo b* AiaKibaö H irÖTjiov baKpuÖ€VTa, H. 55
Toiic Upflac ''OjLiripöc || 'Hq)aicToio KiKXrjcKCi, 82 Kai vii k€ Kai
Mev^Xaöv || dvTiöiuvTa KaT^KTa , 89 Atac b' "A^^iov ulov || iHvä-
pi£€ CeXdTOu, 140 dv^pac f||Lii0^ouc be H Toioic t(€T€ biftpoic, 184
dXX' 6t€ touc dTT€Trauc€ || vüH dvbpoKTaciduiv, 309 aiJTdp irtA
TOÖujVT€C H ?pK€a Tdqppou Jßncav, 446 Tfic b* aÖTC TTpOTrdpoidev j|
uleec ?vb€Ka ßaivov, 454 jLiup6|Li€voi, toöiuvtIc | dv^pec f\bk tuvoI-
K€C, PH. 675 TOub€ 0üpT]v KXr|ic€, Q ^{yia b' etbCTO ?pTO, und ausser-
dem vor der bukolischen cäsur zb. PH. 704 X€i|ülUüV0C jiCcdTOlO iÖV-
TÖc, II WQ dpecivuü. dem an vorletzter stelle angeführten verse würde
freilich durch ein KXrjiccv abzuhelfen sein (wie zb. H. 184 der cod.
Paris. diT^Traucev hat), desgleichen PH. 32 und 102 durch ein
dOiüpTiHe V und £TTXr]6€V, doch scheint dies der theorie des Tzetze«
(s. anm. 61) zu widersprechen, und es würde den sonstigen Ittngangen
der betr. vocale gegenüber dadurch nichts gewonnen sein.
Bei eigennamen gebraucht Prodromos nur in den dennamen
selbst bildenden silben € und o gelegentlich als längen, nicht in den
flexionsendungen derselben, Tzetzes auch in diesen, und zwar nicht
M auch PH. 488 (pdvTCC öir^p AlavTa XutpA Tpidccav dvdMWt icheint
Auf die Wirkung der trithemimeres surückgeführt werden in mÜMen, ob-
wohl die stttrkcre cäsur nach Alavra liegt (anders Rsach C s. 426).
HSchrader: die heiamatr. Überschriften zu den 48 Uom. rliapsodieu. 6(J5
nur da, wo aie durch eine hauptcäsur oder-diSrese geschützt sind,
bei ersterm findet sich tetr. in Gen. {ß 2') iSic Ttip TaOxa T^Xecce
öeöc irepippujv xe 'Pi&im, in ludd. (b 3') SnXuTe'pti fäp äiraciv
'loubaEoiC Acßöipa | dpEc (falls nicht 'loubaioici -/.u lesen ist), in
Kegg. I (e 3'') oioc 6b' fipTi irpöceici ti^i 'Aßiji^Xex tepni, in Acta
opost. (i 2") riap^iiväv rt 0i\iitnöv Te CT*<pav6v le ötoubii, epigr,
in Baail. (\ 5") ■nf\)ia CaßeXXiao, nfma MaKeöoviou." Tzetzes da-
gegen bat niclit nur AH. 11*2 '€puiTUJV (so ist ohne zweifd zu Bcbrei-
bea) ßeX^ecci TrupitpXettetciv ^nXi'itTi, 359 iv öi Müvhtoc fr|v Tuvf)
6c ßaciXEuE AeXtTUJV (so der cod. Paris.), H. 88 TTpLÜra Mevecöriv
TC Kttl 'AtxiaXov ctpapÖTlCCev (wo für das von Tryllitsch unstatt
des re vorgeschlagene efia kein genügender grund vorliegt), PH.
182 'Gkötii 'AfX'MÖxn t€ koi 'AvSponäxi ßaciXeio, 389 flpxeTO
noXXäKi TTouXuSevric (P^r., vulg. TToXu£^vric) e'iveKO viincpnc*',
sondern auch ^ um von den hauptcäsuren hier abzusehen- — AH, 59
Ei£i^oiTo b' aJ) TTdpiov Tiiitj TTäpiböc So Tiaitiöc, 201 'Apr^nitöc
l^peiav TaupoTTÖXoio, ctXiivTic H, 448 'Innööoöc 'Atüöiuv t€ ITo-
Ximc Atitpoßöc re, PH. 579 tue "CXevöc ^p^eivt 6eöiipoiioc, o\ b'
iri\i\ov, zuiM teil allerdings durch Homerische usw. anatoga ent-
schuldigt.
Abgesehen von den eigennamen finden sich bei Tzetzea
und Theodoros Prodromos manche iHngungen von e oder o enthal-
tenden Silben, die sieb nicht auf die Wirkung eines b au ptein Schnittes
des veraes zurückführen lassen, von freien Wörtern (vgl. anm. 53)
gebraucht Tzetzes in der arsis des ersten fuszes so öc (PH. 40),
6 (PH. 690), TÖv (H. 61), öie (H. 31), in der des zweiten fuszes
öv (AH. 81), le [AH. 272. PH. 577), bi (H. 302. PH. 54), ^tv
(PH. 571, Tu!g. miv), 4v(PH. 74;, äiT6{PH. 99)",oca (an. Oi.
III s. 303, 32), an derselben stelle des vierten fuszes bk (H. 712),
dKÖ (H. 258), TOio (PH. 638), ifit (Käufe PH. 701), fiXXo (AH. 378),
des fünften fuszes Öc(PH. 282), TE (H. 220), bk (H. 431), oco
(an. Ox. s. 302, 8). der d ritte fusz hat diese licenz (abgesehen von
den haupteinscbnitten) ebenso wenig aufzuweisen wie der sechste
(in dem wir oben den eigennamen AeXe^tuv gefunden haben), und
ebenso wenig ßndet dieselbe sich (wieder von derselben einscbrttn-
kung abgesehen) in Ihesj. — Auch hier ist Prodromos strenger : in der
ersten arsia hat er ein St' (tetr, in Exod. ß 5"), in der vierten
6c (\XacTT|pioc £ic Xpicröv not, et estr. VIII 2 s. 164 Küpi« nan-
MeWoiv, ÄiraXöxpooc, öc tiirö eopKÖc)'", in der fünften ein töv
" nicht dca verKeä, jondern deB wortlaQts wegen iit »n tetr. in
Chrjsost, (X2'') 6t|XuTipii TS irdcic Tt MOKsbovIou vdCöv dutpuj | irdcxov
aiiBtosz zu nehmen. '" Hber H. 68 cex^Jiovo oder 'Cxfmiova) ». unten
nnm. 64. " über den sicher corrupt überlieferten vers oUi xilli kbI
ÖKUiv öeibicKero oüXioc dvi^p (H. H2) vgl. oben e. 6Ü2. "> für dai
zireitnal in vierter Braia sieb fiodende gelängte e in CTcpov (tetr. in Gen.
606 HSchrader: die bexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rbapsodien.
(inBegg. I b 8''), daneben nach der Überlieferung freilieb auch zwei-
mal ähnliche Ifingungen in thes i , doch dürfte in dem gedieht auf den
mönch loannikios not. et extr. YIII 2 8. 185 crjc dTavoq>pociWllC *
Fj Totp djLXoC XeXaOofjiTiv ein &v vor djiioC einzufügen, und tetr. in
Regg. I (€ 1 ') Koipavoc 'Gßpahic ö b ' ^ttXcto , X(pCT€, T€V^8Xtic die
heilung noch zu suchen sein.
In unfreien Wörtern gebraucht T z e t z e s abgesehen von den
durch einflusz eines baupteinschnittes im verse entschuldigten, oben
erwähnten fällen ein € und o als länge in der ersten arsis in
CT^vaEav (Hom. 460), in der zweiten'* in 8uT0tT€p€C "'Apfjoc
(AH. 23), WbianvTO (AH. 171), elböv (H. 303), fjXeöv (PH. 362),
XuTpöv (an. Ox. III s. 302, 17), i^puiic (ebd. z. 20), in der vierten
vielleicht in irece (PH. 180, so der Paris., vulg. ir^cce), in der
fünften intiTTrov (PH. 713), in der sechsten in ttovwv (PH. 266),
in XoTOi (an. Ox. UI s. 303, 18), daneben in thesi des vierten
fuszes KtttepuHev (H. 284), giroviö (PH. 175), Yttttöv (PH. 703), des
fünften dTT^ßaivov (PH. 226) und dKOue (PH. 492), an allen diesen
thesislängen freilich durch sehr schwache diäresen von dem folgen-
den getrennt. — Prodromos hat (um auch hier von denselben
oben bereits erwähnten fällen abzusehen) die genannten vocale als
längen in erster arsis in juieXiTpäcpoic (tetr. in ev. loannis 6 6"^),
KeXrira (in ev. Matth. 116"^), in zweiter vielleicht in iroXuKdpTiv*
(in S. Basil. k 2"^, wo es wichtig ist, dasz edit. Bas. iroXXuKopriv*
hat, vgl. unten), in dritter inlce (in Gen. ß 1^; Bas. £n€CC€),
KeX€T* (in Acta apost. i 4^^, wo edit. Bas. k^XXct* hat), in vierter
T^pev (in Gen. ß 4"^, wo im folgenden ^tti bdKpua €l߀V zu lesen
ist), in fünfter (pXe^e (in Gen. ß 1 ^), in qppidv (in Regg. III l 2^),
in sechster vocouc (in Gregor. k1^). in thesi findet sich bei
demselben vielleicht tetr. in Regg. I (6 8^) ouvcKO Ouctduiv dno-
baivuvTOy KpidTpnv | X^'fpn<P^ TpiöbovTa xadeiÖTec dOXiot dvbpulv
(wenn man nicht vorzieht Kpedtpiiv und ähnlich wie im folgenden
beispiel dTTObaivuvTO zu lesen), ferner in den cx€TXiacnKoi (not. et
extr. VIII 2 s. 195) ttiXoO dTioCKibdZei, dxdp Ouji^Xgct |üi€6Ul€t
und Kai Tdxa bucßöpouc köcmou iTpo9UTi)C ^eXebuicac, also im
zweiten und vielleicht im fünften fusze.
a 5^ Töv 6' ^T€pov 00 Ti iTiu 16^€V, und not. et eitr. YIII S 8. 206 jiicO*
^Tcpov £TpaTT€C dcTu) ist Vielleicht nach dem Vorgänge Herchert in dem
verse de Rhod. et Dos. amor. VI 176 drcpov su schreiben (vgl. erot.
Script, gr. il s. LUI).
^' auch AH. 3 dpxiiOe b* indixbe kqI ic liXoc iEcp^etvc, da das von
Tzetzes selbst herrührende scholion des codex Aagnst (ed. Schirach, Halle
1770): dpxf^Oe 6(xa toO v dies aasdrUcklich (wegen des folgenden con-
sonanten) hervorhebt, der cod. Vat. hat Übrigens dpx^Oev (vgl. AH. 213
oOpavöOcv und s. 603).
HSchrader: die hexametr. Überschriften %u den 48 Hom. rhapsodien. 607
Einiges entschieden corrupt überlieferte'* ist hier übeit^angen
worden, ebenso die wortformen, die ohne weiteres nach dem vor-
gange der altem poesie durch Verdoppelung eines consonanten zn
längen zu machen sind.^ die meisten der übrigen formen sind
aber ebenso wenig als metrische licenzen aufzufassen, sondern wie
manche andere der unten zu besprechenden scheinbaren vemachlftssi-
gungen der position als neue belege der seiner zeit schon von Tzetzes
selbst (vgl. die stellen der scholien zu Lykophron und zu Hesiodos
bei GHart ^de Tzetzar. nomine' usw. s. 73) und neuerlich von Horcher
erot. Script, gr. II s. XLYI hervorgehobenen freiheit der Ver-
doppelung der einfachen, sowie anderseits der einfachen
Setzung der doppelten liquida aufzufassen, den von Horcher
angeführten beispielen sind völlig entsprechend oder wenigstens sehr
ähnlich nicht nur formen wie TToXXuKdpiiv* (von H. selbst angeführt),
K^Xrira, M€XXiTp(i<poic, k^XXct' («» K^X€Tai) bei Prodromos, ct^v-
vaHav, itövvuüv, '€x^|i|iOva (vgl. anm. 58)*^ bei Tzetzes, sondern
auch, was mir unzweifelhaft scheint, formen, in denen sich eine
doppelconsonanz eines p, das ja ohne weiteres zu den von Tzetzes
mit dieser föhigkeit ausgestatteten d|Ui€TdßoXa gehört, oder selbst
eines c geltend macht, wie bucßöppouc, vöccouc, q>p€cdv hei Pro-
dromos, OuTttT^ppec ""ApTioc und rrdcce bei Tzetees, wobei es un-
entschieden bleiben mag, ob in allen diesen fWen die fixierung des
doppellautes durch die schrift*^ notwendig ist.
Es würden also in den hexametem des Prodromos und des
Tzetzes von nicht entschuldigten Iftngungen eines € und o
in unfreien Wörtern folgende übrig bleiben: bei ersterm in arsi
lepev, 9X€Tei in thesi vielleicht KpcäTpnv und äTTOCK6bd2l€i**, bei
letzterm in arsi brt^riVTÖ, elböv, fjXGöv, firnöv, XÖTOi, in thesi
KOTepuHev , Sttovtö , ittttöv , dir^ßaivöv, dKOui, so dasz also auch in
diesem falle Prodromos der sorgfältigere ist.
^2 tetr. in Gen. (ß i'^) ToOrd cot, 'AßpaÄfi, ^iraOXa ipiXatdOoto (ed.
qpiXoYdOoio) |LX€voivf)c wird *Aßpd|bi ftraOXa zu lesen und die länge des a
durch die diäresis zu entschuldigren sein (vgl. oben anm. 52}; iu Deut.
(t 7 0 atjiaToc Ik jüicOOcvra Kp€Ö9dTou t€ fioxaipvic ist KpciuqH&You zu
lesen; in Acta apost. (i 3^) Kai col |Lidv, T0|Li(i}, tÜKOraTOV ^TTCTO dp^a
musz es 6tTT€T0 oder ^cir€TO heiszen; in dem gedieht auf Alexios
Aristeuos (not. et extr. VII 2 s. 256, 16) iroXXd ^^v dp* ^T^XCCCCV
aiv^cijLxa Ip^a ßactXeuc ist nicht etwa ir^Xecc* alv^ci|yia, sondern
^vaictjLxa mit heibehaltung des ^t^Xccccv zu schreiben, über tetr. in
ludtl. b 4^ öaicttTÖ 8. oben s. 603. •' Prodr. tetr. in Exod. (t 1')
Miüuc^tjc -fowvujv b* ^inXd2:€To dKptö' öXkcat, ebd. (t 2') koI rdx' Äv
€uxoc (5poi|ni, Cardv dirö Kdproc öX^ccac, in Gregor, (i 8*^ oö5' £jLiirr|c
t66' ^Tpeccac, käc b" dvd x^^potc dcipac | XpiCTÖv ovaKTa KdXcccac usw.;
an allen diesen stellen hat die ed; Basil. nur ^in sigma. hei Tzetzes
variieren die hss. ^ diese form des namens entspricht dem Homer.
^^ über spuren solcher Schreibung in der Überlieferung des Prodro-
mos und Tzetzes s. s. 606. ^ oder sollte dtT0CK€M)d2^€i zu schreiben
und diese unform als eine rein äuszerliche nachahmang des £ö5ctC€V,
döbc^c ndgl. der Homerischen hss. aufzufassen sein?
608 HSchrader : die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien.
Der gang dieser Untersuchung hat uns von selbst auf die frage
nach der Vernachlässigung der position in den bexametem
der beiden byzantinischen dichter geführt, eine nicht unbedeutende
anzahl der sich bei Prodromos findenden fälle (aus Tzetzes ist mir
kein beispiel dieser art bekannt) hängt mit der berührten Proteus-
natur der liquidae zusammen, ich lasse sie, ohne mich betreffs der
Schreibung zu entscheiden, nach maszgabe der Überlieferung folgen :
tetr. in ev. Matth. {r\ 7^) CeuTca b' d|i|iiv ?ppoi, b&fxap Odvoi,
dtpoi öXoiVTO, in Begg. I (e 1^ *A|ui|LiaviTriv V diröXXuci rroXuv
KQi direipova Xaöv, in ludd. (b 3^) 5v febediv jiiv f piipe Katd
XOovöc auov dövxa , in Regg. II (C n) i^i t p i c o i c XuKdßaci ßin
XijioTo iraXaicm, in ev. Marci (0 3') dTreXci, d|uiTT€TdvuT€ in
oupaviouc TTuXeiüvac , in Greg, (k 1 ^) irajuiiicb^ovO* IXdovro Kai tc
TTÖXov djLiTT€TdvuvTO, in Acta apost. (i 4^) 6 kXutöc IdKUißoc
öXujLievoc d|LX9i fiiaxoeipr). ferner in einigen eigennamen: tetr. in
Gen. (ß 5') 'G9paijLi Ka\ Mavdccfic buo fjcTTiv iraibe luicriq), in Exod.
(t 1 ^) KQi ßa9tv TTiKpöxujuia Meppnc TroTipiicaTO ^eiOpa , not et
extr. VIII 2 s. 185 Xüüct€ IwdvviKie", KÖboc (lies KÜboc) T€V^8Xf|C
|Li€pOTT6ir|C. — Dagegen ist demselben kaum zuzutrauen die Vernach-
lässigung der Position von cji in den versen TTaCXov deibiU^€C6a
0€oö CTÖjLia alfev Wvtoc | dKXoYinc ckcuoc »oipuKa TratKÖCjüiiov
(epigr. in Paul, apost. X 4^) und X^^P^ ßpoTÜüV ßiÖTiiTOC in* eÖTio-
pov oIjLiov l9i3vTop (ed. IGuvtoc), j Tilpooc €UKOC|ilT], x<^^vi KOU-
pocuVTic (in Basil. X C), doch wüste ich nicht, wie abbilfe zu schaffen
wäre. — Über die verschiedenen stellen des bexameters, welche für
die Vernachlässigung oder beobachtung der schwachen position
neigung oder abneigung haben (vgl. über den trimeter Hilberg
s. 290) , zu urteilen würde bei der unzuverlässigkeit der Überliefe-
rung verfrüht sein.
Tzetzes kann sich für ein lepnd CKajixdvbpou (H. 61), TTCpö-
ujVTd CKajLxdvbpou (H. 253) usw. auf den Vorgang Homers berufen,
während PH. 384 töv b' 'AxiXeüc KQT^Trecpve irapal CKajudvbpoto
^oQciv vielleicht mit Jacobs EdvOoio einzusetzen und AH. 127 6pi£iv
dXixpucoici KapnKOjLXÖuJV uirep ndviac mit Bekker Tr€pi ndvTac her-
zustellen ist; an. Ox. III s. 302, 17 ist ohne zweifei Mvfijüia XuifpÖV
^Tdpou Hav6dc diT^Keipav dOeipac anstatt drapoio EdvOdc zu lesen.
Im trimeter der 'epigonen' sind die dipbthonge sowie die
vocalü r\ und uj stets lang; auch das durch contraction oder
krasis entstandene, sowie das mit i subscriptum versebene a bleiben
in der regel lang (Hilberg s. 291). diese rogel befolgt Tietzes in
seinen hexametern streng*"; denn H. 142 olci K&^i kqI dxiuv ist
^'^ vp:l. anm. 50 dns Muiawric. , *^ ausgenommen sclbstvcritändlich
vor unmittelbar folgendem tocaI, 'worin der bjznntiuidche hexameter
(anders als der trimeter, vgl. Herchcr erot. Script. Or. II •. LIVj alt-
epischem herkommen folgt, hierher gehört auch das oben (anm. 44)
hergestellte ti^v 6^X0 v^pTcpa btiip' *lujdvviic Mcaaxitv.
HSchrader: die hexametr. Überschriften zu den 48 Hom. rhapsodien. 609
Kdjüi' ä^KUiV zu lesen (vgl. oben s. 602) ; weniger sorgfältig ist, wenn
der Überlieferung glauben zu schenken wftre, Prodromos; doch
ist nicht nur in dem oben schon erwähnten gediohte auf Alezios
Aristenos TToXXd m^v dp' £t^X€CC€v £va(ci|ia (anstatt alvtofia)
^pya ßaciXcuc (not. et extr. VII 2 s. 255, 16), sondern auch tetr.
in Num. (y 4"") c5 qpöövc, kqköv djüiaxov direipiTOV (anstatt ärrefpii*
Tov), in ev. Matth. {r\ 6^) &q>ek€c (b TrXoöae Tr€v^CT€poc iixixey
dTrdvTUüV (anstatt ^injuevai irdvriuv) zu lesen, und in ev. Luc.
(6 4^) TrXf]v KOI T* ö öbpoiTiKdc ttotI TOCT^pi ühara Odipe das f* zu
streichen. •• der vers tetr. in Begg. I (e 1 '') iv b' "Ayat äecduicac
'AMaXTiKiTTiv ßaciXf^a dürfte durch den eigennamen entschuldigt
sein, wenn man nicht die Schreibung 'A^aX€KiTT)V vorzieht (vgl.
über uü und o Horcher ao. II s. XL VII). nur an 6iner stelle scheint
eine nachlässigkeit vorzuliegen : tetr. in Qen. (ß 3 ^), wo es von dem
träume Josephs heiszt: IvbCKtt bpdTMCtT* £r)V Kuvdovra bpdTMO
1ujcri9, I jLieTvov öcpp* ?vb€K* tbqc KaciTVifiTouc eTvoi icuvcOvrac,
obwohl es schwer einzusehen ist, weshalb Prodromos nicht ein
KuveOvTac elvai dbeXqpouc vorgezogen haben sollte; die einfache
beseitigung des ja allerdings überflüssigen eTvai würde wegen der
unschönen häufung der spondeen ihre bedenken haben.
Über die von den hier besprochenen beiden verskünstlem des
zwölften jh. den cäsuren und diäresen der daktylischen yerse sowie
den in diesen möglichen oder unmöglichen hiaten gegenüber geübte
tecbnik zu handeln wird erst dann möglich sein , wenn einmal die
hexametrischen gedichte des Prodromos und — zum teil wenigstens
ist auch hier dieser wünsch gerechtfertigt — die des Tzetzes in
kritisch sicherer Überlieferung vorliegen: für jetzt dn^X^M^^*
^^ das O&poirtKÖc ist als eine, wenn aach irrige, doch in den mittel-
alterlichen hss. nicht seltene form beizubehalten, über das tbflömKi
der vorhergehenden iamben s. oben anm. 60. auch tetr. in Basil.
(X 6^) o<)bä öaclc q)6öv€cac ^k ^cpöirccct (pdvat ist die Überlieferang
richtig, und nicht etwa der vers durch ein «pOövfJcac zu verschlechtern,
vgl. LXX Tobit 4, 7. 16 Kai |bii^ <p9ov€cdTUJ cou 6 ö(p6aX^6c iy t^ noi&v
C€ ^X€?i|iocOviiv.
Hamburg. Hericanm Sohradeb.
79.
DE HIATÜ DEBILI QUI DICITÜR HOMERICO.
Inter hiatus maximam dubitationem movet is qui vocatur de-
bilis , qui fit debilitata sjllaba finali , quem ab Homere ceteri poetae
reeeperunt, Latini ut fit etiam imitati sunt, scilicet si consona aliqua
initiali evanescente non eliditur vel si in arsi aut ante caesuram yoc^es
coneurrunt, id minus mirum videtur quam iUud, longam vocalem esse
pro brevi : quam rem ut cognoscamus , Homeri consuetudinem hia-
tus qua huius quae fuerint leges accuratius perspiciamus. fieriautem
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 9. 40
610 HDraheim: de hiatu debili qui dicitur Homerico.
solet hiatus hie plerumque in syllabis quae in ai €i Ol qi g qj exeunt,
cum in declinationibus prima altera tertia tum in coniugatione : buc
adde pronomina adverbia particulas ut jiöi X^M^^ ^^^^ ^^i* quoram
omnium si circumspicio copiam, fieri non potest quin mazimi esse
momenti i illud terminale credam , sive id ipsum elidi sive in con-
sonae quae est j naturam transire malis: igitur cCxOMOei clvai ut
videtur aut est euxojiia' clvai aut cöxojLiajeTvai — quod in mediis
Yocibus non minus observatur, ut oloc vM ä|i9iTuoc vel d|Liq)iTuioc
similia leguntur correpta paenultima (N 275. 0 244. C 105 al.).
quae si fuit rei natura, facile ea consuetudo transibat cum in sjl-
labas contractas ut dK9av€T T 104, neip^ Q 390 tum in alias, quae
synizesin passae erant, ut xp^c^i|J A 15. 374, bcvbp^qj f 152, vel
consonam abiecerant, ut Yv3vai Z 441. Q 300 — cuius rei similis est
elisio sjllabae contraotae iruiX^' inei b 811.
Euge, optime sane, dummodo ne in aliis vocalibus idem fiat:
üeri autem notum est. admittuntur in biatum debilem bi\ irou ^Yui
iixev alia plurima. brevis quidem esset in bis quoque excusatio
fuisse illud i, de quo diximus, rei prineipium, quod re ipsa obsca-
rata aliae vocales secutae essent: sed ne labefiat illa explicatio aut
coniectura potius quam doctrina videatur esse, aliam rationem in-
eundam esse censeo.
Sunt quidem longae syllabae finales, quae diaeresi ut ita dicam
et elisiono in brevem vocalem reduci possunt, ut genetivus bouXou
qui est bouXocio scribi potent boiiXo', accusativus aibö* pro alböa
aibüü , imperfectum dTt^a' pro iii^ae ^Tijixa. praeiit Abrensius qui
X 2 , ut exemplum afferam , pro \bpdi dTT6\puX0VT0 posuit ibpö' dir-
eipuxoVTO. .in eodcm libro babemus 206 fa, 236 £^€0, 347 Kp^a
quod i 162 pro pyrricbio est, 440 böjLXOu: quae sie mutari possunt
^a', ^jLi^', Kp^a', SöjLio*. similia proferam , quorum non deest copia :
'Aciuj B 461, kX^q I 189. 524, buCKXte A 115. I 22, t€u t 348,
diT6q)pdcu) 0 410, quae eodem ego iure commuto atque ii qui a 129
fTXt' 'Obuccfioc scribunt pro ?TXn» A 2 äkfe* £Oiik€, a 340 diro-
TTQue' doibfic , alia.
Adiungenda illis vocibus, de quibus primo loco disputatum est,
censui alias non multas, in quibus differunt editores: ndvTr), ijlb€\
similcs, quas TrdvTr], ffix] alii scribunt, quibus accedit r\ pro el posi-
tum. bis voro vocabulis, quae contractionem passa esse exposuimus,
sine dubitatione adicimus ttou dXXou auToC niXoC inpoO: quin
etiam uj littera in duali numero videtur anceps fuisse si non ubique
at in voce ö]Liq)Ui si comparos buo.
ßestat ut de ceteris vocabulis disscratur quae in vocales longas
desinunt: de quorum exitu etsi adbuc dubitant Graecae linguac per-
scrutatores , tamen quis est qui r\ vel u) litteras terminales eandem
semper formam et naturam babuisse affirmet atque ex aliis vocalibus
urtas esse neget? nee vero minus illud fieri potuit quod supra dixi-
mus, ut pro vetere etnaturali illo hiatu, quam potius elisionem fuisbe
oensemus, licentia quncdam oreretur, qua ubique debilitare poste-
HDraheim: de hiatu debili qui dicitur Homerioo. 611
riores au^erent syllabas longas in hiatu collocatas. qnod atnunque
quoniam obscurum est neque Omnibus locis illnd fieri videmus neque
omnis generis vocabula admitti, haec omnia, quorum paucitatem for-
tasse sunt qui mirentur, eo ordine percenseamus, ut et ipsorum voca-
bulorum naturam et versus locos ubi posita sunt contemplemur.
Ex bis quae in iambum desinunt post syllabam longam poni non
possunt nisi pro pyrricbio : eandem igitur excusationem habent quam
trium brevium syllabarum voces pro dactylo vel anapaesto positae
eamque maximam in diaeresi bucolica A 180. 259. B 383. A 88.
e 12. Z 261. 394. H 431. 477. 668. K 113. N 782. 0 88. 401.
TT 300. 835. C 68. X 147. 256. V 125. a 352. ß 146. 195. 411.
T 421. b 293. € 471. l 329. r\ 166. 321. 0 284. X 544. 578. tt 264.
301. p 103. 463. c 173. T 168. 175. 384. 478. 596. ip 103. 181.
cu 255. in eadem diaeresi occurrunt b^ I 245. C 20. Q 398 et i\
0 113.
Succedunt voces spondiacae pro tertio trocbaeo positae, quarum
non minor excusatio videtur esse, H 411. I 385. K 293. A 624. 668.
TT 340. C 565. T 30. ß 43. b 250. € 323. 1 20. 138. 218. r\ 291. 333.
e 205. 465. 502. X 373. 425. 429. o 180. 268. 361. p 76. c 265.
T 128. 409. 497. v 100. eodem loco babemus T\t) TT 149, rrui T 383.
TT 192, fj b 714. X 58.
Rarius in altero trocbaeo similia inveniuntur H 172. 0 163.
Y 338. V 724. a 290. 294. b 602. ß 378. k 358. X 121. }x 309.
1 406. 526. 0 423. p 30. 185. 256. u 63. 237. q) 202. 207. x 6. 463.
Longe plurima in primo pede occurrunt, cuius quae sit licentia
dudum constat: hiatum et post trocbaeum et post dactylum babemus.
neque me fugit pro trocbaeo illo posse per synizesin spondeum legi
ut KipKn 'uTrXÖKajLioc , quod Y 220 necessarium est, sed quoniam
dubia res est, omnia enumerabo. post trocbaeum biatus extat A 61.
139. 184. 341. 398. 523. B 156. 218. 261. 313. 327. T 374. A 180.
484. e 215. 312. 680. Z 75. 98. 375. H 106. 0 91. 132. 218. K 292.
368. A 50o. M 292. 321. 345. 358. N 141. 553. 777. E 268. 0 17.
123. 171. 251. TT 314. 322. 437. 639. 700. P 182. 204. 232. 334.
630. C 364. T 122. Y 291. O 145. 545. 548. V 106. 155. 491. 541.
610. 734. Q 57. 595. 715. a 2. 217. 256. 370. t 315. 382. b 503.
614. 819. e 308. 427. 437. r\ 29. 120. i 141. 456. 530. k 136. X 8.
143. IX 150. 330. V 259. 400. 2 403. o 12. 114. 128. 276. TT 12.
103. 391. 458. 471. p 25. c 348. u 191. 286. qp 161. 227. x 287.
ip 242. 267. uj 51. 327. 529: post dactylum A 29. 358. T 201. 207.
€ 201. Z 69. 377. H 75. 286. 0 286. I 377. K 115. 324. A 222.
M 145. 0 496. TT 8. 32. 76. C 36. 290. T 173. 189. Y 303. 307.
349.371. 086.92. X 76. 103.300.428.445. V84.553. Q59. a276.
427. ß 149. 154. b 377. 408. € 139. 161. X] 300. 305. 6 255. 519.
1228.468. K 132. 164. X 191. 452. ji 390. H 151. o 336. 396. TT 275.
p 384. 506. 573. t 571. u 309. x 351. 395. i|i 150. U) 123. 495. hoc
loco oportet Bekkeri verba afferre (Homerische blätter I p. 173 sqq.):
'ungleich häufiger ist dasz vocal oder diphthong vor vocal oder
40*
612 HDraheim: de hiatu debili qui dicitur Homerico.
diphtboDg gekürzt wird dh. unterbrochen und voll auszutönen ver-
bindert . . wenn nun ein rbapsode in Atben auftrat und wollte zn-
börem gefallen denen woblklang bedUrfnis war, altertttmlicbkeit aber
läcberlicb oder zum mindesten gleicbgttltig, wird er da nicbt auf die
farbenpracbt seines kleides und den goldscbimmer seines kranzes
wenig gerechnet haben , desto eifriger aber sich beflissen , soweit ee
ohne schaden des rhythmus irgend angieng, dem hexameter mistOne
zu ersparen, die^ in landüblichen versmaszen für unleidlich galten?
oTvijj ^v oder oiKip dv wird er so ungern geboten haben wie Foivi|i
oder Fokiu, aber wohl otvip' V und oIkw' V. weder dF^KOVTC noch
ä^KCVTC, aber dKOVTC. blieben docb jedenfalls, allen ektblipsen
sjnäresen sjnalöphen krasen zum trotz, dissonanzen genug und über-
genug übrig . . so gewinnen wir , für hunderte holperiger daktjlen,
die gleiche zahl stattlicher spondeen . . vornehmlich fällt der gewinn
auf die erste stelle des hexameters.'
Satis iam multa locuti sumus de primo pede, de trochaeo teiüo,
de dactylo quarto : quae restant ea tarn pauca sunt, ut illas veras et
sollemnes hiatus eius, qui debilis dicitur, fuisse sedes appareat. quin-
quiens in Iliade, bis in Odjesea in medio pede quinto hiatum debi-
lem invenimus: e\ ^r\ C 454 et V 792, xp€Uü A 606, ßf^ T 397, bi\
Q 243, auTrj ji 390, xaraOrjcuj t 572. reliqui hiatus in extremis
dactjlis fiunt, in altero fi H 236, brj A 733, i\ixipr\ N 828 et w 514,
q>€pTdpr) 0 488, b\Kr\ X 218 et t 43, ttuj ip 315, in tertio TToOifi
A 240 et E 368, KttTW P 136, bd|iii r 90, fj k 574 et w 430, Tuv/j
X 237, in quinto lari A 118. 578. C 91 , T€uü € 230 et 237, ttcttvu-
lidvuj H 276 et c 65, ttw A 497. X 161. 373. 481, bi^ A 624.
n 763. T 345. Y 23. a 26. 2 24, v^mr\ A 561, ndpeui Y 484,
^TiiTappöeui 0 289, iyd) Q 59. l 218. 0 391. n 170, Itui Q 148
et 177, xopiccTdiTi Q 348 et k 279, ji€|iviiMdvii a 343, T€Tiii|i^vii
b 804, fßn l 253, i^TTin V 314, öikti l 59, cIkäti q) 411 et x 240,
TTOTibcTlii^vuj X ^^Of aici^n ip 14, ßaciXeu^TU) u) 483.
Vidimus certis locis rariu^ debilitari syllabam finalem librosqae
quoädam prorsus illa licentia vacare, nullam autem omnino offen-
sionem praebuit quartus trochaeus. siquis vero rem esse obscnratam
pulet excipiendis iis sjUabis, quae aut in i desinant ant contractione
coaluerint: hoc cogitato, nisi tum illas exclusissemos, nunc fuisse
excludendas. sed hoc concedo: Graecos ignorasse, quae syllabae
Homeri temporibus nondum contractionem passae essent, atque
ipsos rhapsodos elisionem quae ex linguae natura orta esset pro
licentia metrica habuisse. neque hoc mirum est. nam Homeri car-
mina antiquissima non eodem tempore neque eodem loco conscripta
sunt, quo ficta erant: alia fuit prima ingenuaque pronuntiatio , alia
posterioruro conscriptio, cuius ne Htterae quidem vetus pronuntiandi
genus adaequabant. alia denique fuit recentiorum hominum recitatio,
quippe qui antiquam scriptionem suorum temporum conenetudine
interpretarentur. sie factum est ut maxiroa cum in aliis vocibua
tum in contractis serperet licentia.
GZippel : zu DiodoroB [XXXIV 86]. 613
Neque vero ego is sum , qni omnia in antiqnissimtim statum
vindicanda esse censeam aut ubicomque licenüae suspido oriator
coniectura et commntatione mederi andeam: qaa in re Nattckios, vir
vere ingeniosus , qui diligentissime de sjllabis contraoids dissermt,
mihi non probatur. quo accedit, qnod Homeri carmina ab Atticis
etsi polita quodam modo tarnen nbi metrum obstabat cnm cura et
pietate conservata ac tradita sunt, qnamobrem ea quidem verba,
quae ex recentiore scriptione in antiqoius scribendi genas redacta
cum elisione legi possunt, scribenda etiam cum elisione esse dicerem,
nisi incertum plerumque esset, utrum vetustior versus esset an ab
Homeri epigono aliquo ortus. satis equidem babui eiponere biatus
qui debilis dicitur originem : quam ad elisionis naturam et ad caesurae
consuetudinem et ad vocabulorum in iambum desinentium impor-
tunitatem referendam esse censeo, quibus rebus neglectis licentia
quaedam in primum versus pedem admissa esse atque inde in alternm
tertium quintum transisse videtur.
Berolini. Ioannbs Dbaheim.
80.
ZU DIODOROS.
Das Fragment des Diodoros XXXIY 36 Ddf. lautet: ön Kov-
TUJViaTÖCTicö ßaciXcuc Tflc FaXaTiKflc ttöXcujc t^c oötuj koXou-
ji^vric lovTu&pac cuv^cei Kai CTpatriTi? bidq)opoc fjv, q>iXoc b^
Kai cu|u)Liaxoc 'Pcüjixaiwv, übe Sv dv toic ^jünrpocGev xpövoic bia-
TeTpiq)ibc iv 'Piijuij Kai K€KOivuiVT]KUiC dpexfic koi dTuiTflc vo|i(|üiou,
biä 'PujjLxaiuiV bk TTapeiXri^ujc rfiv dv FaXaTiqi ßaciXeiav. es steht
in der Eonstantinischen excerptensamlung Trepl dpcrfic Ka\ KQKiac
s. 386 Val. 8. 607 Wess. nach dem gröszern fragment 33 — 35, das an
den tod des consuls Nasica anknüpft, also dem j. 111 angehört, und
vor 38, das von Marius als legaten des Metellus spricht, also der ge-
scbicbte des j. 109 oder wahrscheinlicher 108 entnommen ist. weder
Kontoniatos noch die stadt lontora sind sonst irgendwie bekannt,
und so steht diese notiz ohne Vermittlung neben den andern nach-
ricbten aus dieser zeit, bei dem namen Kontoniatos liegt es nahe
an Congormetiacus (die lesart der ed. Romana CongerUiaius findet in
den bekannten bss. keine Unterstützung) zu denken , den söhn des
Arvernerkönigs Bituitus (Livius per. 61), wie schon Wesseling zu
Diod. s. 607 anm. 87 gethan hat. wir haben keinen grund an der
namensüberlieferung in der periocha zu zweifeln, auszer dasz der
name vielleicht richtiger Conconnetiacus lautete (vgl. den Camuten-
f (ihrer Conconnetodttmnus bei Caesar hO-. VII 3, 1); sehr möglich
ist es aber, dasz der Eonstantinische excerptor den unbekannten,
für die griechischen Schreiber besonders fremdartigen namen bereits
614 GZippel: zu Diodoroa [XXXIV 36].
in verderbter gestalt las und ihm vielleicht bereits die im cod. Pei-
rescianus überlieferte gestalt gab. die Verderbnis von KoTKOWn*
TiaKÖc in KovTUJViaTÖc konnte besonders in der cursivschrift des
siebenten bis neunten jh. leicht entstehen.
Die änderung wird empfohlen dadurch, dasz der aufenthalt eines
gallischen fürsten in Bom damals jedenfalls noch eine Seltenheit war.
zudem wird mit UJC &V . . biaT€Tpi9UüC der frühere aufenthalt des
Contoniatus in Rom als etwas bekanntes, also früher bereits bespro-
chenes angedeutet, und die Wahrscheinlichkeit, dasz zwei gallische
fürsten mit ähnlichen namen in jener zeit, wo die römischen be*
Ziehungen zu dem jenseitigen Gallien noch so jung waren, sich ziem-
lich gleichzeitig in Bom aufgehalten hätten, ist doch sehr gering.
man könnte daran anstosz nehmen, dasz hier mit dem Tic Contoniatus
als eine unbekannte persönlichkeit bezeichnet, und dasz an seine her-
kunft mit keinem wort erinnert wird; allein dabei ist zu bedenken«
dasz die excerpte keineswegs den text durchweg unverkürzt wieder-
geben, und dasz besonders die eingänge oft ziemlich selbständig ge-
halten sind, so kann eine hinweisung auf die Vergangenheit sehr wohl
bei Diod. gestanden haben, und dasz Conconnetiacus dem excerptor,
der Diodors werk für seinen zweck durchblätterte, eine unbekannte
Persönlichkeit war , ist auch nicht weiter zu verwundem.
Bituitus wurde im j. 121 vor Gh., nach der niederlage an der
Isöre, von Cn. Domitius gefangen genommen und vom Senat nach
Alba verwiesen (Liv. per. 61. Val. Max. IX 6, 3). sein söhn Con-
connetiacus nahm an seiner gefangenschaft teil und konnte so
römische bildung genieszen. Bituitus wird von unsem quellen
ohne ausnähme könig der Arverner genannt: Liv. per. 61. Orosius
V 14, 1. Val. Max. IX 6, 3. CIL. I s. 460. in Caesars zeit ist von
einer königsherschaft bei den Arvernern nicht die rede, und wir
hören von Celtillus, dem vater des Vercingetorix , dasz er die her-
vorragendste Stellung in ganz Gallien inne hatte, aber von seinem
Volke getötet wurde , weil er nach der königsherschaft strebte (((?.
VII 4, 1). was wir aus der Kimbemzeit über die Arverner hören
{hG. VII 77, 12 — 14), gestattet keinen schlusz auf den politischen
zustund des Volkes , wenn auch vielleicht die nennung eines königs
nahe gelegen hätte, falls ein solcher damals vorhanden gewesen
wäre, jedenfalls gibt es für die abschaffung der königswürde bei
den Arvernern keinen passendem Zeitpunkt als die niederlage und
wegführung des Bituitus und seines sohnes. wenn also damals die
königsherschaft bei den Arvernern aufhörte, so ist es durchaus nicht
auffallend und entspricht dem sonstigen gange der römischen politik,
wenn die Bömer einige jähre später dem Conconnetiacus, der in-
zwischen römische cultur kennen gelernt hatte und unter römischen
einfluäz gekommen w^, ein kleines clientelfürstentnm in Gallien
gaben, hier half er ihren einflusz befestigen, und sie konnten ihn
gelegentlich als prätendenten für die Arvemerherschaft aufstellen,
falls diese ihnen wieder einmal gefährlich erscheinen sollten, auf
GZippel: zu DiodoruB [XXXIT d6}. 615
eine künstliche Schöpfung des fürstentnms weist anszerdem hin, dasz
es nicht eine gallische Völkerschaft} sondern eine Stadt ist, über die
Contoniatus nach dem fragment von den Römern die herscfaaft er-
halten hat.
Wo lag nun aber dieses fürstentum? eine Stadt lontora kommt
sonst nirgend vor. hier wird jedoch der Zusammenhang mit unserer
sonstigen kenntnis durch eine weit leichtere änderung hergestellt als
bei dem personennamen , indem wir fdr 'lovTibpac schreiben Aok-
T u) p a c. es durften nur ein paar verbindungsstriche vernachlässigt
oder undeutlich geworden sein, um eine solche verschreibung her-
beizuführen f und zwar konnte hier der fehler sehr leicht entstehen
in der etwa hundertjährigen zeit zwischen der abfassung der excerpte
und der Schreibung des cod. Peirescianus (vgl. das facsimile einer
Seite desselben bei HOmont 'catalogue des manuserits grecs des d6-
partements' tf. 4). Lactora ist das heutige Lectoure nordwestlich
von Toulouse. Tolosa gehörte zur narbonensischen provinz nach
Caesar IG, YII 7, 4 und Strabon IV 1, 4 s. 189. dasz die Stadt
aber bereits vor dem Eimbemeinfall unter römischer hoheit stand,
zeigt Dion fr. 90 Ddf. 6ti TöXocav TipÖTcpov jüihf ivcTTGVbov oöcav
Toic Tcüiiaioic , cracidcacav bfe irpöc tAc tuiv K(jüißpu)V iXiribac,
ibc KCl Touc qppoupouc beOfjvai, TTpoKaT^qcov usw. (vgl. Herzog
Gallia Narbonensis s. 48). danach ist anzunehmen, dasz gleich nach
dem Arvernerkriege die römische macht sich bis hierher ausdehnte,
indem die gesamte clientel der Arvemer zwischen den Cevennen
einerseits und dem Mittelmeer und den Pyrenäen anderseits (vgl.
Strabon IV 2, 3 s. 191) unter römische botmäszigkeit kam. es war
also hier die geeignetste gegend; in der die Römer ein solches cliefftel-
fürstentum errichten konnten, und wo ein solches ihren interessen
diente , indem es an seinem teile ihre neue colonie Narbo und damit
die land Verbindung mit Hispanien sichern half.
Auch anderweitige spuren von der existenz eines solchen dientel-
fUrstentums fehlen nicht ganz, über den spätem zustand Lactoras
erfahren wir nur weniges durch die von Chaudruc de Chazannes in
den ^memoires de la soci6t6 des antiquaires de France' bd. XIII
(nouv. ser. bd. III) s. 121 — 180 herausgegebenen inschriften von
Lectoure. gröstenteils stammen dieselben aus dem dortigen heilig-
tum der göttermutter und beziehen sich auf die daselbst vorgenom-
menen Taurobolien. die datierten sind aus den jähren 176 (n. 5.
22. 27, wahrscheinlich auch n. 11 und um dieselbe zeitn. 15. 19. 21),
239 (n. 7) und 241 (n. 2. 3. 6. 10. 13. 14. 16. 18. 20). wir finden
darin erwähnt die r{es) p{ublica) Lactorat{ium) (n. 1), die allgemeine
lormel d{ecurionum) d{ecreto) (n. 30), und besonders erfahren wir,
dasz der ordo Lad{oratium) im j. 241 ein Taurobolium veranstaltete
für das kaiserliche h2k\x^proq{ue) statu civitat(is) Lactor(atitm) (n. 14).
die Ladorates finden wir als Völkerschaft verzeichnet in der Peutinger-
sehen tafel und früher wahrscheinlich in den Latusates bei Plinius
IV 108 (vgl. Desjardins 'g6ographie de la Gaule' s. 28). eine eigen-
616 GZippel: zu Diodoros [XXXIV 36].
artige Stellung von Lactora ist bezeugt durch die Inschrift des C. Mi-
nicius Italus aus Aquileja vom j. 105 CIL. Y 875^ der jprocuro^or^
jpravinciarum Lugdunensis et Äquitanicae^ item Ladorae war. er hatt«
vorher von Yespasian militärische ehrenzeichen erhalten^ war dam
procurator des Hellespontus geworden , dann procorator von Asien
das er in Vertretung des verstorbenen proconsuls verwaltete, nacl
der gallischen procuratur war er praefeetus annonae und praefedui
Aegypti geworden, seine gallische procuratur gehört demnach wahr
scheinlich in die spätere zeit Domitians.
Mommsen bemerkt zu dieser inschrift, dasz in dieser pro-
vincia Lactora der Ursprung der spätem Novempopulana zu suchei
sei. dasz aber das gebiet von Lactora am ende des ersten jh. ah
besonderer Verwaltungsbezirk aufgeführt wurde, kann nur in be-
sondern geschichtlichen Verhältnissen seine erklärung finden, unc
als beste erklärung bietet sich hier das ehemalige vorhandenseil
eines clientelstaates , der nach seiner einziehung zunächst noch gans
oder teilweise eine gesonderte Verwaltung behielt, diese jprot^tfiac
Lactora hat mithin eine ähnliche Stellung wie die Alpes Cottiae, das
*regnum' Noricum, der Pontus Polemoniacus, Eommagene, Jndaei
usw., welche eine zeit lang clientelfürstentttmer gewesen, dann ii
römische Verwaltung übergegangen waren und hier teils besondere
bezirke bildeten, teils als besondere abteilungen andern bezirken tu-
geteilt waren, wie lange ein solches fttrstentum bestanden hat, läszi
sich natürlich nicht beurteilen ; nur, dasz wir Lactora mit Aquitanii
und der Lugdunensis vereinigt finden, weist darauf hin, dasz es nocl
über Caesars zeit hinaus vorhanden gewesen ist, weil das gebiet sonsl
woHl mit der Narbonensis vereinigt worden wäre.
Für die geschichte der zeit könnte sich aus der richtigstellung
des Ortsnamens noch eine weitere folgerung ergeben, es ist kaum
anzunehmen, dasz Conconnetiacus von Diodoros an dieser stelle ein-
fach seiner selbst wegen erwähnt sein sollte, sondern er mnsz wohl
bei einem gröszern ereignis irgendwie eine rolle gespielt haben, alc
solches bietet sich in den zeitgrenzen, welche wir für das fragment
fanden, nur die niederlage des Silanus im j. 109 (Liv. per. 65. Vell
II 12, 2. Florus III 3, 4), für welche uns jede nähere ortsbeseich-
nung fehlt, die nennung Lactoras an dieser stelle weist uns daranl
hin, dasz der ort, an dem die Kimbern mit den Römern in Gallien
zuerst zusammenstieszen, eher im südwestlichen als im südöstlichen
Oallien zu suchen ist.
Königsberg. Gustav Zippel.
ELammert: zu Polybios. 617
81-
ZU POLYBIOS.
Xapiv ToC mit Infinitiv findet sich bei Polybios, wenn ich richtig
gezählt habe, 73 mal', Ivexa ToC c. inf. nur 6 mal', das finale toO
c. inf. daneben noch 8 mal', indessen erscheint es zweifelhaft, ob
Poljbios bei seiner Vorliebe für präpositionen wirklich das einfache
ToO c. inf. noch gebraucht hat, zumal es auch bei den Attikern eine
verbältnismäszig seltene erscheinung ist. ^ an sechs von jenen acht
stellen spricht auszerdem der sonstige Sprachgebrauch des Polybios,
an drei bzw. vier der unverkennbar gestOrte gedankenzusammen-
bang für die annähme unrichtiger Überlieferung.
n 34, 1 fcireucav o\ öiraTOi . . toO ^i\ curx^PYl^vm Tf|v
eipriVTiv auToTc. cireubeiv 'sich eifrig bemühen' wird wie das gleich-
bedeutende CTT0ubd2:€iv von Pol. niemals absolut gebraucht, sondern
stets mit einem infinitiv als ergftnzung verbunden, dreimal steht
nach diesen verben auch der acc. c. inf. : III 70, 7. XXVII 18, 2.
XXXU 9, 5 (?). in den wenigen fftllen, in denen auf sie ein satz
mit iva oder u)c folgt, hängt dieser nicht unmittelbar von ihnen ab,
sondern es tritt zu ihnen regelmäszig erst ein Substantiv mit einer
präp. zur ergänzung des verbalbegrififes hinzu : V 104, 9 ciT0ubd2l€lV
Tiepi TOÜTOU ToO li^pouc, W ixVi T#|V äouciav 'daher solle er
die Streitigkeiten und kriege mit den Griechen auf die Zeiten der
ruhe verschieben und hierauf (dh. auf diese Verschiebung) sehr
bedacht sein, damit' usw.; VI 33, 4 t#|V yäp biaTptßfjV • .'ol ttXci-
» I 12, 9. 20, 8. 27, 8. 39, 8. 49, 8. II 14, 2. 61, 10. III 4, 10. 34, 3.
38, 4. 42, 4. 50, 6. 101, 4. IV 8, 12. 9, 5. 21, 10. 31, 3. V 74, 9. 88, 6.
103, 2. VI 42, 5. 49, 5. 52, 11. 64, 8. VIII 26, 6. 27, 8. 28, 1. IX 20, 2.
25, 6. 31, 1. 41, 9. X 12, 7. 42, 4. 45, 10. XI 18, 7. 26, 9. XU 12« 2.
XIII 3, 2. XIV 1, 13 2, 12. 3, 6. XV 4, 4. 16, 4. 36, 6. XVI 8, 3. XVIII 3, 7.
11, 8. 28, 12. 30, 3 XX 5, 8. 10, 14. XXI 44, 4. 44, 7. XXII 3, 6. 19, 2.
XXIV 9, 10.- 11,8. 12, 6. 12, 13. XXVII 7, 5. 16, 4. XXIX 7, 4. 9, 12.
XXX 5, l. XXXI 20, 8. 25, 2. XXXII 7, 16. XXXIII 18, 2. XXXVII 9, 7.
XXXVIII 9, 2. 10, 3. XXXIX 12, 11 (die citate beziehen sich auf die
ausgäbe von Hultsch). — FKrebs 'die präpositionellen adverbien bei
Pol/ (Kcgensburg 1882] s. 21 berechnet die f^esamtzahl , ohne die be-
lef^ötellen zu ^el)en, auf 76. * die belegsteilen auch bei Krebs s. 17:
VI 37, 10. XII 25« 3. XVIII 18, 1. XXIX 27, 1. XXX 1, 2. XXXI 26, 8.
3 II 34, 1. XVIII 35, 3. V 102, 6. XII 28« 3. I 12, 6. XXVIII 8, 6.
VII 16, 7. IV 18, 11. [V 31, 2. X 46, 3?] * bei Thukydides findet
es sich nach Behrendt 'über den gebrauch des inf. mit art. bei Thuk.'
(Berlin 1886) s. 15 nur 11 mal (lv€Ka ToO c. inf. nur Imal, xdptv ToO
noch gar niclit) ; in Xenophons anabasis findet es sieb meines Wissens
nicht, aus der Kyrupaideia habe ich 2 beispiele angemerkt: I 3, 9 und
I 6, 40 (^v6Ka ToO steht 3 mal in der Kyrup.: I 2, 1. I 2, 11. V 1, 10).
bei Demosthcnes zählt Stix ''zum gebrauch des inf. mit art. bei Dem.'
(Kottweil 1881 j s. 26 nur 7 beispiele (keins bei Isokrates), für lv€Ka
ToO c. inf. dagegen 9 (bei Isokrates 2).
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 9. 41
618 ELammert: zu Pojybios.
CTOi . . dv TaÜTij TTOioövTai Tq 7TXaT€i(jf biÖTTcp dei CTT0Ubd2l0UCt
TTepliaÜTTic, ibc ^aivTiiai 'daher verwenden sie auf dieselbe viele
mühe, damit sie rein sei'; XII 22, 1 qprici yäp töv *AX^Havbpov
CTTOubdCeiv Kard rfjv idHiv, iva Kaid töv AapeTov auTÖv ttoi-
rjcTiiai ifiv lidxTiv, 'AI. sei auf (eig. in betreff, aber nicht bei) die
richtige wähl seines platzes in der Schlachtordnung eifrig bedacht
gewesen, damit er' usw.; IV öl, 2 CTr€ub0VT€C uirfep ToO TipdT-
littTOC, 'iva . . uTToxpeuJV aiiiöv iroirjciüVTai irpöc ttSv tö KoXotj-
)i€VOV 'sie beschlossen die freilassung des Andromacbos zu erbitten,
was sie schon früher beiläußg gethan hatten, jetzt aber mit allem
ernst betrieben, damit sie sich den Achaios verpflichteten'; X 17, 5
btÖ bei TTCpt jLlTlb^V OUTU) CTT0Ubd2^€lV KQI TTpOVOCTcOm . . UJC Tr€p\
ToOTOTÖjLi^poc, Kva . . urrdpxij 'daher müssen die feldherren auf
diesen punkt (dh. auf die im vorhergehenden besprochene Verhinde-
rung des persönlichen beutemachens) ein ganz besonderes augenmerk
richten, damit jeder soldat aussieht habe' usw. ebenso wenig wie
\va oder ibc läszt sich nun auch das gleichbedeutende toö c. Inf. un-
mittelbar mit CTTCÜbetv verbinden, statt eines Substantivs kann der
substantivierte inflnitiv als object eintreten: XXII 4, 4 ^CTT0ub€t2l€
TTcpi TÖ KaTaTTopeuGfivai töv ZeuHiTrirov elc Tf|v Botu)Tiav. XVI
17, 10 CTroubd2l€iv vnkp toO beövTUJC ^EaTT^XXeiv, wie auch cttoü-
b#|v TTOieTcGai irepi toö Troificai XII 26 ** 4 und urrip toO ^EeXeiv
V 99, 6 gesagt wird, demnach ist an unserer stelle entweder (nach
ni 70, 7 und XXVII 18, 2) toG zu tilgen und acc. c. inf. anzuneh-
men, oder (nach XVI 17, 10) UTT^p toC zu lesen, auf keinen fall das
finale toG c. inf. zu belassen.
XVin 36, 3 jLiapTupiac bfe X^Piv ö|ioXoTOUjLieva 5u* övöjüiaTa
♦ ♦ * TOÖ ixi\ boKcTv dbuvQTa X^t^iv * AeuKioc [xiv fäp usw. Beiske
ergänzt hinter övöjuiaTa als verbum finitum 7Tapa9r|CO^ai oder
7Tap^Ho|iai. beide verba sucht man indessen in ähnlichen Verbin-
dungen bei Pol. vergebens, vermutlich ist eine ganze zeile ausge-
fallen und dadurch oder dabei auch die aufeinanderfolge der übri-
gen Zeilen gestört worden, toö jutf) bOKcTv gehört begrifflich eng mit
^apTuptac X&piv zusammen und steht daher am Schlüsse des satses
schwerlich am rechten platze. VIII 26^ 6 und XIV 2, 12 kehrt das-
selbe TOÖ iii\ boKCiv in Verbindung mit xdpiv wieder, also wird auch
wohl an unserer stelle die prüp. ursprünglich nicht gefehlt haben.
sie lag eben mit in dem ersten X^P^^* ^^^^ ^^i^ stelle scheint folgender-
maszen gelautet zu haben:
liapTupiac bk xdpiv <Kal>
TOÖ ixi\ boKcTv dbüvttTa
X^Y€w ö|ioXoYou|i€va bu'
<dpK0ÖVT' f CTttl ^ri9^VT*>
övöjLiaTa usw.
'zur bekräftigung dessen und um den schein zu vermeiden , als ob
ich unmögliches behauptete, wird die anfUhrung zweier allgemein
anerkannter namen genügen.' vgl. VI 54, 6 £v b* dpKOÖv £cTai
ELammert: zn Polybio«. 619
TTpöc TÖ TTttpöv dir' övöjLiaTOC ^Ti8^v ÖTTobeltMöToc icai it(ct€Uk:
Sv€Kev. KökXtiv t^P ^^^' zur Verbindung von x&piv mit einem
Substantiv und infinitiv vgl. VI 42, 5 öiroji^veiv aipoOvrat X<^^V
TTic €ux€p€iac Ka\ Toö TViÄpijiOv Kai jiCav ^x^iv . . irapcjußoXf^v,
aucb XXXIV 3, 8 bid TÖ jn^TeSoc toO Ei<pouc xal rd Tf|v äK|if)V
cuatpOübr] cTvai. derselbe gedanke wird IV 8, 12 durch X&piV ToO
jüif) btaTTiCTcTv ausgedrückt.
Vor demselben toG ^i\ bOKcTv wird nun nach analogie von
Vin 26, 6. XIV 2, 12 und der eben besprochenen stelle auch V 102, 6
Xdpiv zu ergänzen sein.* auch VII 16, 7 toO bfe jLi#| T€V&9ai ^ri-
bejLiiav uTTOipiav Tf]c äXri8€iac findet seine analoga in x^^P^v toO
revdceai V 88, 6. XXXVIII 9, 2 und formell sowohl wie inhaltlich
in xapiv bi ToO 7TiCT€U€c9ai t#|V äxT^Xiav XI 2ö, 9. vgl. auch die
verwandten bereits oben erwähnten redensarten X<^piV ToC )if| bia-
TTiCTcTv und x<ipiv toO jLif| böEai irapacTTOvbcTv.
Formelhaft wie X<^Piv ToC bOKCtv erscheint auch die Verbindung
u7ro|idv€iv Ti x<ipiv ToO, vgl. I 49, 8. IV 31, 3. VI ö2, 11. 42, 5.
54, 3. daher dürfte XII 28 '^ 3 öiTO)i€)Li€VTiKdvai baTrdvTiv xal koko-
7rd0€iav (xoLpwy toO cuvaxaYeiv usw. zu lesen sein, wie XYili
46, 14 Trdcav urro^eivai bandvriv Kai Trdvra Kivbuvov X<ipiv ific
. . dXeuOepiac. vgl. femer XXIX 7, 4. 9, 12.
Ebenso wird I 12, 6 ävabpa^6vT€c £ti toTc xP^^voic ToO
liTib^v dTTÖpTijLia KaTaXiireTv nach xpövoic <Xopiv> ergänzt werden
müssen, dieselbe formel X<ip^v ToO |i#| KaraXiTTClV steht XXXVH
9, 7. vgl. ähnliche Wendungen mit X&pw HI 34, 3. 38, 4.
Auch XXVIII 8, 6 6 bfe RvOioc oök dbÖKci jLiiv dXXörpioc eTvai
Tfic Tipöc TÖv TTepc^a qptXiac, dcKriTrT€TobfeToO|üifi Trapaxpf^Ma
cuTKaTttTiGecGai toic dEioujLidvoic t#|v dxoprrmdav Kai jli#| büva-
c0ai x^plc XP^MOTWV dvabdHacOai idv npöc 'Puj^oiouc TröXcjiOV
ist xdpiv ausgefallen, dies ergibt die analogie von VIII 28, 1 6 bfe
TrdXai iLiev dTieTTÖpiCTO CKf^vpiv ibc dppujCTiüV X<ipiv toO jLif| 8au-
|id2:€iv dKOÜovTac touc 'Pu)|iaiouc, und XXXIX 12, 11 8c ck?]-
ipd|Li€voc dc0^v€iav eic ©rißac dv€xwpric€ x^ip^v toO |if| |i€Ta-
^ dasz wir es bei xdpiv ToO c. inf. fast durcbgäDgig mit stehend
gewordenen und daher unveränderlichen redewendnngen zu thun
haben, zeigt die aus der folgenden Zusammenstellung sieh ergebende
thatsache, dasz X^P^^ ToO c. inf. bei Pol. in der hälfte aller stellen au
bestimmte Wortverbindungen geknüpft ist: elp/|c6ui xdpiy ToO III 38, 4.
IV 8, 12. IX 31, 1. XV 36, 6 - dvaTKttiov x. T. XVIII 28, 12. II 14, 2.
IX 20, 2 — 0Tro6€xö|bi6voc und ^6^€T0 x- t. XXIX 7, 4. 9, 12 — X- T.
TUX€lv VI 52, 11. 54, 3 — öxroM^veiv x- t. I 49, 8. IV 31, 8. 6, 42. V 62, 11.
54, 3 — X T. jUT?) ÖOK€iv VIII 26, 6. XIV 2, 12 — x- T. öiaXOciv IV 9, 6.
XXII 19, 2. XXIX 7, 4 — X. T. TCV^cGm V 88, 6. XXXVUI 9, 2 — X- T.
XaMßdveiv I 12, 9. XV 4, 4. XXIX 9, 12 — x- t. kuiXOciv III 42, 4.
XXVII 7, 5 — X- T. TT^fTcOecGai IV 8, 12. XI 26, 9 — x- T. irpocö^HocGai
IV 31, 3. V 74, 9 — X' T. K0jüitt:€iv I 39, 8. XXI 44, 4 — X- T. jmoectv
II 14, 2. XXVII 15, 4 — X. T. cuvoOHciv XIII 3, 2. XIV 1, 18. noch
auffallender würde sich jedenfalls dies Verhältnis gestalten, wenn das
ganze werk orhalten wäre.
41*
620 ELammert: zu Polybioä.
cxeiv ToG Ktvbuvou. an letzterer stelle gehört X<^P^v ToG logisch
und daher auch grammatisch zu CKriv|;d|i€VOC , nicht zu dv€Xu>PnC€:
denn nicht durch die abreise nach Korinth, sondern durch das vor-
schützen von krankheit konnte Aulus Postumius seine absieht dem
bevorstehenden kämpfe fern zu bleiben mit einigem anstände er-
reichen, vgl. auch qpaviaciav eTvai x&piv toG töv wapövra icaipöv
dKqpuTCiv 'es sei ein vorwand, um' XVIH 11, 8 und cicrjqieic elc-
q)€pö|i€voc xopiv ToG irpocbeHacGai V 74, 9.
unsere stelle ist übrigens auch sonst noch mehrfach verderbt.
§ 3 ist bid TÖ bucepTOuc iroificai logisch unrichtig. Reiske s. 693
bemerkt daher: «bid TÖ imo X^P^v ToG», ohne anzudeuten, wie er
sich den fehler entstanden denkt, unmögliches aber behauptet
Schweighäuser s. 638: «bld t6 idem valet ac ^vexa vel xdpiv ToG»:
denn btd tÖ c. inf. bedeutet immer nur eo quod. so wie die stelle
jetzt lautet, verlangt der sinn allerdings X^P^v TOG. aber bld t6
braucht trotzdem nicht geändert zu werden, wenn man ^ßou-
X€c0ai> vor TToificai einfügt (vgl. bid tö ^i\ ßouXecOai ^eracxcTv
I 70, 9). dies hat hier um so weniger bedenkliches, als in dem-
iselben § mit Gronov auch Kai MaKcboviav und § 7 mit Schweig-
häuser GUY ergänzt werden musz.
Verstümmelt ist dasselbe fragment endlich auch in den schwer
zu erklärenden werten des § 6 Kai [xi] buvacOai. Hultsch schlägt
vor: <bid> Tf|V dxopriTnc'ov [Kai] juif) buvacGai. aber nach dem
oben angeführten CKrm;d|ievoc dcO^veiav XXXIX 12, 11 dürfte wohl
an dcKr|TrT€TO Tf]V dxopTiTTlciav festzuhalten sein. Dindorf vermutet
(wohl nach Herod. VII 28) KOi <TÖ> MH öGvacGai, was aber bei Poly-
bios nicht zu belegen ist. der Polybische stil läszt an stelle von ical
eher ein erläuterndes participium wie qpdcKUJV erwarten, das auch
weiter unten (cap. 9, 2) noch einmal wiederkehrt, wo die gesandten
in ihrem berichte die antwort des Genthios mit den Worten um-
schreiben: xPHM^^'i'^v bk qpdcKOVTa XP^i^^v ^X^iv. Wendungen wie
zb. TTpocqp^pujv XÖTOV qpdcKUJV U 2, 8 finden sich bei Pol. fast auf
jeder seite (auch Xenophon liebt qpdCKUJV , vgl. anab. V 8, 1 KOTfl-
YÖpricdv Tivec qpdcKOVTec ua.). über das nachdrücklich beteuernde
jüif) nach q)dcKU)V besonders bei handgreiflichen lügen statt des ge-
wöhnlichem QU vgl. XII 25, 4. XXII 17, 9. XXXIV 10. 5. 11, 19.
ferner öjLAVUvai |ifi III 11, 7; umcxveTcGai Mf) IV 23, G.
Wie das sinnlose Kai andeutet, ist auch IV 18, 11 oi bk Aouciärai
vouvexOüC b6vT€C iivd Td»v KaiacKeuacjuidTOJV ttJc ScoG, naprinj-
cavTo TTiv tOüv AlTU)Xa)v dceßeiav Kai toG \ir\bty naOcTv dvr|K€CTOV
— entweder ein ursprüngliches ^V€Ka von den Schreibern in KOl
verstümmelt worden, oder aber vor diesem Kai ein Infinitivsatz etwa
des iiihalts ausgefallen: X^^P^V ToG )i€V€lV dx^paiOl oder X^plV
ToG TU t' dXXa id xrepi töv vaöv dKepaia ^^veiv (II 10,2.
61, 4). der sinn der stelle würde dann sein: 'die einwohner von
Lusoi wandten die ihnen von stMten der Aitoler drohende tempel-
plünderung dadurch ab, dasz sie einen teil der tempelscbitze gut-
ELnminert : zn Poljbios.
willig opferieD, damit wenigstens das Übrige tempelgut unversehrt
bleibe und keinen unheilbaren scfaadeti erleide.'
V 31, 2 aipoOfitvoi bk t#|v totavTiiv ^nicTCiciv koi bia(pECiv
Tf^c dvecTiiiciic biriTr|C€iuc. toO (itv T^p i^f] tfic tiDv kotö ji^poc
KOipuiv CtKpißEiac bianapTciveiv Toiic (ÜKOiiovrac iKovriv xoTc cpiXo-
^aSoOci n€ir«ic(i€ea tiapacKeuäCeiv CMitetpiav ^k toö . . Trapuiro-
^iMvrjcK€iv , . Tö b' eüirapaKoXoueriTOv . . T'Vtceai Tf|v biriTriciv
oöbfev dvcrfKOiÖTtpov . . riToOneÖ' eEvai qsw. toO könnte hier un-
gezwungen als ein von ^fintipia abhUngiger gen. obj. betrachtet
werden, vgl. III 1, 6 TtapacKtuüeeiv ikov^jv tvvoiav xfic SXric ^tti-
ßoXf^C. da aber dann der entsprechende inf, ^^ b' eüirap. TiVEcflai
dem sonstigen sprachgebraiiehe des Pol. zuwider als aec, des bezuges
aufgefaszt werden muiz — der einschub einer präp. , wie ihn zfe.
Casaubon vorschlug mit npöc b€ tö, scheitert hier an dem zwischen
artikel und twap, entstehenden hiatua — ao dürfte der fehler im
ersten gliede zu suchen und hier eine präp. zu ergänzen sein , die
man sich auch auf das zweite glied noch fortwirkend denken kann,
nach II 46, 2. IX 1«, 2. XTI 2ö' 1 bzw. XXXIII 20, 1. XIV 14, 4
empfiehlt sich eic oder npöc, die sich beide gern mit iKavÖC verbin-
den; nur ist die Verbindung von dvatKCtioc mit tlc oder npöc frag-
lich, dagegen ist dvaTKOioc xäplv toö c. inf. eine dem Pol, gelSu-
fige Wendung, vgl. IX 20, 2, XVm 2R, 12. II 14, 2. da auszerdem
dem von alpoü^cvoi eingeleiteten gedanken der rechte abschlusz zu
fehlen scheint, so läszt sich auch hier der ausfall einer lexle vermuten
und in folgender weise ergänzen: alpoO)jevoi tt . . (biä TiXtiovac
aiTiac eic> fjev fäp xö — oder: <biä TiXeiovac alTiaC
Xäpiv^ Jitv Top TOÖ, letzteres natürlich mit der entsprechen-
den Snderung im zweiten gliede toG b' eiiirap über das aus dem
ersten gliede auf das zweite noch fortwirkende X^piV vgl. IV 21, 10.
XXIX 9, 12.
An den beiden stellen XXIX 8, 5 fJTCi TOÜ piv f|CU)tiav fx«>v
KOI (jri cucTpaTeu€c9ai toTc 'PuMotoic . . iitVTaKÖcia xäXavTa, und
III 96, 13 Xaßdjv xpilMOTO xoü p^ nopöticai ttiv xiüpav ist toO
c. inf. nicht final, sondern genetivus pretii.
Endlich könnte noch in frage kommen X 4fi, 3 tö l)€ ßäBoc üjc
dvbpöpiiKec (sc. TiapciTTetppäxOai bei), tö toüc nupcoöc aipoji^vouc
fi£v rrapä TaÜTo ttjv cpöciv dKpißfi noieiv, KOÖaipoupevouc be t»iv
Kpi3i+rtv. Hullüch lieft sinngemäsz ToO Toiic TTUpCOiic, was nach
unserer ansiclit in X^^P'V ToO zu vervollständigen sein würde, in-
dessen scheint die lesart Ca^aubons ic TÖ, richtiger nach Dindorf
eic TÖ, aus graphischen gründen — ävbpöfitiKtC eic — einfacher
und auch in grammatischer bezit-hucg durch den üprnehge brauch
des Pol. hinlänglich geschützt zu sein, alh'rdings verwendet der-
selbe gleich den Attikem eic tö c. inf. verhältnismäszig selten und
zwar nieihtenteils (22 mal) nach verben, subst&ntiven und adjectiven,
die den begriff einer geistigen bewegung enthalten, um das ziel dieser
bfwegung zu bezeichnen: irpotin^vouc tic tö pEfäXlv XEiP'i koto-
J
622 ELammert: zu Polybios.
CK€udcac9at Kapxn^oviouc II 13, 4; forner nach dmppuücOfivat
I 42, 2; dp)Li6C€iv IX 19, 1; dTTiCTräcGai Kai TiapaKaXeTv III 49, 9;
irapopjLiäv XXVII 7, 13; cuYKaiaßaiveiv XXXVI 3, 2; KaOriKeiv
V 31, 1; dHouciav XaßeTv VIII 27, 4; cTioubfiv TToieicGai V 49, 2;
6p)if| XXX Vn 7, 7; dqpopiiai V 63, 6 und XXVIII 17, 8; lf\\oc
XII 26 «^ 4 (Geel ujctc); dvacxpocpfiv bibövai I 66, 3. IV 61, 4»;
irdvia TTOieTv XVIII 3, 7 ; euXaßecT^pouc uirdpHeiv XXVII 8, 3 (vgl.
I 18, 1 irpöc TÖ); 7Tpöeu)iOC XXII 18, 8; Ixavöc II 46, 2. IX 16, 2.
XII 25* 1. in einem kurzen Fragmente IX 9, 11 fehlt ein derartiges
regierendes verbum und ist nach III 49, 9 zu ergänzen: vaüapxoc
<dTriCTrac0€ic)> €ic tö, entsprechend dem folgenden Kai }xr\bk
buVTiGeic: vgl. Livius XXVI 20, 7 Punica dassis ex Sicüia Tarentum
accita ad arcendos commeatus usw. an einer stelle aber hängt eic
TÖ c. inf. von einer relativen maszbestimmung ab: II 68, 7 dic
d viüidTU) C7T€\jbovT€c XaßcTv Touc unevavTiouc €lc tö Tf|v q)uirtv
iTi\ TToXu KaTaqpepfi Kai KpruLtvOübri T^vdcOat toic TToXcjLiioic. diese
stelle zeigt überraschende ähnlichkeit mit Xen. anab. VII 8, 20 dEdyct
VUKTUJp TTdV tö CTpdT€U)LAa, Sttuüc ÖTI liaKpOTttTriV ?X9oi TTfjC
Aubiac elc tö juifi bid tö dTTuc eTvai cpoßeTcOai, dXX' dq)uXaKT€iv.
hier heiszt eic tö uicht, wie man gewöhnlich erklärt, 'damit', son-
dern es drückt ebenfalls ein geistiges ziel, nemlich den höchsten
grad des erstrebten maszes aus, gerade so wie in cic TÖ £cxaTOV
'bis zum äuszersten', cic Td jLieTiCTa 'bis zum höchsten grade' und
ähnlichen ausdrücken, die Xenophonstelle ist also zu übersetzen:
'er bricht nächtlicher weile mit dem ganzen beere auf, uro eine roög-
liehst grosze strecke in Ljdien vorwärts zu kommen , und zwar s o
weit, dasz man sich wegen der nähe des feindes nicht mehr zu
fürchten brauchte, sondern ohne alle sorge sein konnte.' dieselbe
bcdeutung hat eic tö auch an der andern mir bekannten Xenophon-
stelle, Kyrup. 1 4, 5 ouK dTiebibpacKev ^k toö firräcBai elc tö jüif|
TTOieTv ö f)TTiüTO. man vgl. dazu Dem. kranzrede 40 Xaßujv eic tö
^Tib* ÖTioGv TTpoopdv. in diesem »inne iht eic TÖ auch an der zuletzt
angeführten Polybiosstelle aufzufassen und zu übersetzen: *sie such-
ten die gegner möglichst hoch oben auf dem berge zu fassen , und
zwar bis zu einer solchen höhe, dasz die flucht für die feinde
auf eine weite strecke hin über abschüssiges und steiles gelinde
gehen musto.' nun wird auch an der in frage stehenden stelle
X 46, 3 für die zu errichtende holzplanke mit JiC dvbpö^YlKCC eine
nur annähernde höhenbestimmung gegeben ; das maximum aber, das
nicht überschritten werden darf, wenn die einrichtung nicht ihren
zweck verfehlen soll, wird passend durch eic TÖ . . noieiv hinzu-
gefügt: 'nach oben macht man die planke ungefähr mannshoch (dh.
nicht zu niedrig, aber auch nicht zu hoch, sondern) bis zu einer
solchen höhe, dasz man die fackeln deutlich erscheinen und
^ mit TTpöc TÖ c. inf. Btclit dvacTpoq>i^v öibövai VIII 26, 7, auffallen-
der weise mit bloszem iDfinitiv II 35, 3.
ELammertr xa PolybiöB, 623
wieder verschwinden lassen kann.' die bedeutung von tic lö c. inf.
geht also ab diesen stellen in die von Sujc toö c, inf, über, das
bei Polybios ebenfnUs, aber verhältnismäszig selten erscheint, vgl.
T 109, 2. IS 36, 1. X 22, 7,
Oröszere Störungen des teates sind durch ergönsiung ausge-
fellener Zeilen an folgenden stellen zu beseitigen.
V 14, 11 ol hk Tiepi töv tAtfoKiav Kai Aeöviiov &ucx6piüc
^(pepov . . fjf) buvdnevoi bfe toOto iroieiv, äWä tlDv irpaYM^TUJv
oOtoic kotö Touvaviiov npoxuipoijvTiuv. ♦ • • äW 1\köv te npöc
TÄ öeiTTVOV. der im Vaticanus nach TTpoxujpouvimv leer gelassene
räum einer zelle ist von zweiter band durch döufioOvTEC (i£v nur un-
vollkommen ausgefüllt worden. Pol. hat jedenfalls geschrieben npo-
XUipoüvTuJv dÖufioOvTec oö pfiv iW — so dasz döufiouviec (oder
ÖabuvaxoOvrec ?) dorn jxt] buvanevoi entsprach, vgl. oü buvä|j£Voc
KttTOTaxeiv, "i^Xö . . ßiaCÖMtvoc IX 18, 3, auch I 42, 2 ua.; buc-
XtpiIiC jitv ^cpepov . . oü ixi]v 6.\\ä usw. X 14, 6; |i^v . . oü (i^v
dX\ä . . T€ X 12, 11.
IV 59, 3 Trpoc^K£iTO toTc noXenIoic dnaWaiTOM^voic, £vep-
TÖxepov b' ♦ * ^MTiecüJv eic ^v^bpav ^c(pq;Xti Kai ttoXXoüc ÖTi^ßaXe
TLÜv dvbpiiiv. Gronov und Reiske schrieben äIraX^aTTO^£VOlC ivep-
TÖiepov. 4(iTi€CLÜv ö' eIc usw. 'nini pOBt^vepTÖiepov tife aliud inter-
cidit partieipium' Schweighäuser, letzterer dürfte das richtige ver-
mutet haben, denn der in dvepfÖTepov 'alku energisch' liegende
begriff der unvoraiebtigkeit enthält die erklärung des folgenden ifim-
CÜJV eic dvebpav und nichts nnerwartetes , wie es durch die lesart
^HHECibv hk angedeutet werden wtirde, auszerdem ist bk nun einmal
vor ^MTieciuv überliefert, vielleicht hat Pol. geschrieben; ^vepTÖie-
POV b' ^dTTlKEllJEVOC TOlC (pEUfOUClv)) ^(ITTeCÜJV USW. vgl. im
voraufgöhenden capitel (58, 8) fvepTÜJc ^tt^keito Kai KaiauXriKTi-
KÜJC TOtC noXCMioic, ferner V 85, 11, nach II 67, 5 iv^ßaXe ToTc
TToXeMtOiC To\jiT|pii)C wird aber besser ergänzt werden ^vepTÖTEpOV
b' <£nßa\(Juv toOtoic KciTTeiT'^ ^HTtecüjv — , wobei das dop-
pelte ifi- auch den irrtum des Schreibers erklUren würde, vgl,
IX 5, 2 OeujpticavTEc ■ . KäTreiia biaipaii^VTEC , ferner V 56, 12.
IX 19, 1 uam.
IX 17, 1 "Apaioc . - cuvETdEoTO . . fm^pav, iv ^ töv m^v
'Apaiov ^bei vuktöc iropafEvriö^vTa npöc töv ätiö Kuvaiöric
pEovia noTauöv litc ^ni * • • npeniou ^i^VEiv ivtxoXdcavta
fiETQ Tflc buväMEiuc. die erkISrung des sinnlosen npETTiou mislang
bisher, weil man in ihm dnrchaus ein einziges wort, vor allem einen
eigennamen finden zu münaen glaubte. Aenp^OU oder 'Hpeiou Reiske ;
ÜJC ^7t' dpemiujv Oronov; ibc ^iri äpKTOU Buttmann, zu diesen von
Schweighäussr angeführten und zurückgewiesenen Vermutungen ge-
sellt sich noch eine von Campe (anm. zur Übersetzung der stelle) :
'in der corrupten iesart diri irpETiiou erkenne ich den namen des
Süsses Erasinus.' das gelingen des anschlags auf die stadt Kynaitha
624 ELammert: zu Polybios.
hieng wesentlich von einer genauen bestimmung der für den hinter-
halt geeigneten örtlichkeit ab. die Ortsbestimmung npöc TÖv dird
KuvaTOric ß^ovra 7TOTa|i6v ist wegen ihrer dehnbarkeit offenbar un-
zureichend und bedarf einer schärfer gefaszten ergttnzung. diese hat
Pol. jedenfalls mit den Worten (bc ^tti TTpemou auch gegeben, und
Beiske sowohl als Gronov haben in diesem sinne, wenn auch sacb-
lieh unzutreffend y den schaden zu heilen versucht, dagegen bringt
weder Campes noch Buttmanns Vorschlag etwas brauchbares : denn
der flusz war auch ohne angäbe des namens nicht zu verfehlen und
die nördliche himmelsrichtung für den ortskundigen Peloponnesier
durch die worte dirö Kuyai6r)c ßeovTa (dh. unterhalb der Stadt, also
nach norden zu) gegeben, auf die richtige spur führen die worte
des § 3 Trpö Tflc TTÖXeujc iiii töv cuviaxO^via rdcpov, in denen, wie
der bestimmte artikel töv beweist, auf eine bereits früher gegebene
Ortsbestimmung bezug genommen wird, zerlegt man dad sinnlese
TTpeiTiou in seine bestandteile Tip — inX — ou und denkt man sich
dieselben als die zusammengezogenen reste zweier verstümmelter
Zeilen, so lUszt sich folgendermaszen ergänzen: d)C in\ ^TÖv^ Tcp^o-
K€in€VOV Totqpov ific Tr6X<€U)C> ^TT i <TÖTr>ou jLi^vciv — nach II 14, 5
TÖ TTpOK€i|i6VOV dKpuJTTiptov Tfic 'iTaXiac. den ersten anlasz zur
Verwirrung können die kurz auf einander folgenden lautgruppen die
^ttI t6v und TTÖXeuJC ^ttI töttou gegeben haben, zu in\ töttou
^^V€tv 'ruhig an ort und stelle bleiben' vgl. IV 72, 5 uam. zur
häufung der Ortsbestimmungen rrpöc — die im vgl. IV II, 5 ua.
VI 39, 6 ö|ioiujc bi Kai touc uircpacTTicavTac Kai cuicavräc
Tivac Tiüv TToXiTÜüv f\ cu|i|idxu)v 6 T€ cxpaTTiTÖc ^TTicrmaivcTai
biupoic , Ol T€ xi^icipxo* TOUC cwGevTac, ia\ jLifev dKÖvxcc ttoi^jcciv,
* * * el bfe jurj, KpivavTCC cuvavatKdCouci töv coicavxa CT€q)avoöv.
aus dem im Urbinas überlieferten TTOiriciv hat üultsch anstatt der
vulgata TTOtuüctv die unzweifelhaft richtige lesart iroirjceiv herge-
stellt, über die folgenden worte herscht streit. Hultsch ergänzt
^TraTT^'XXuivTat, TrapaKaXcOciv. Keiske ». 456 «post ttoiuiciv omis-
sum est ex more noto Graecorum subaudiendum €U TOÜTÖ ^CTl, wA
TÖ b^ov YiTV€Tai»; Schweighäuser VI s. 380 ^turbata utiqu« oratio
videtur; et vix satiä est, si post ^dv |i^v . . cum Reiskio • . aub-
intelligamus €U toGtÖ ^cti . .'; Bothe s. 47 'recte Reiskiuä hupplet
cu icTX. ellipsis nota, quam non debebat addubitare Schweighaeuser*.
Kälker 'quaest. de eloc. Pol.' (Lpz. st. III) s. 223 'quamquam vir doctus
(Hultsch) interdum non satis caute in hac re egit. velut 580, 8 poat
TTOtiicctv addit verba minime idonea ^TraTT^^^üivrai, TrapaKaXoOciv,
qua in re videtur valde errasse. de aposiopesi quae inest in verbis tra-
ditis cf. Thuc. III 3, 3. IV 13, 3; uti omittitur Jiciv, ita cicv 43,31.
80, 20. [lüciv 20i>, 19.] €Tvai 193, 8. fjv 248, 10. 327, 23. ficav
489,31. fcTOi lin,29.' im Sprachgebrauch derAttiker ist die ellipae
im erdten gliede des bedingungssatzes etwas sehr gewöhnlichem und
bedarf keiner belege, glaubt man ihrer aber zu bedürfen, ho liegt die
bekannte stalle in Piatons Protagoras (325 *') am nächsten, die man
ELammert: zu. PolyMos. 625
wegen ihrer ähnlichkeit für das unmittelbare Vorbild der unsrigen
zu erklären versucht sein könnte: xal iäy jiiv iKibvireidTiTat — ,
ei bk ixf\ . : euOiJvouciv dneiXaic xal irXiiTatc aber auch bei P0I7-
bios selbst finden sich zwei beispiele , die von den erklärem unserer
stelle bisher übersehen worden sind : XVIII 63, 8 dT€tV aÖTÖV IkI-
Xeuov, iäv ixiv dKibv ßouXriTat tretOapxefv — , cl bk M^i, ^erd
ßiac, und XXI 5, 8 kSv \iiy ^TTiiutxdvwct ircpl täv dftouji^vuiv — ,
€1 bi jLirj, ToTc Katpoic ^q>€bp€0€iv. an allen drei Poiybiosstellen er-
scheint indessen die annähme einer ellipse bedenklich^ denn es stehen
erhebliche stilistische Schwierigkeiten im wege. überall wird durch
die ergänzung einer unpersönlichen redensart das snbject gewechselt
und dadurch nicht nur das ebenmasz des periodenbaus, sondern auch
aller sinn und Zusammenhang gestört, sollte Pol. wirklich seinen
lesern zugemutet haben zu construieren : ^sie befahlen ihn zu holen,
wenn er gutwillig gehorche^ (so sei es gut), wenn nicht, mit gewalt' ;
oder : 'die Athener rieten den Aitolem eine gesandtschaft nach Born
ZU schicken, und wenn sie ihre wünsche erreichten, (so sei es gut),
wenn nicht, den verlauf der begebenheiten abzuwarten'; oder end-
lich: ^die tribunen zwingen die geretteten, wenn sie es freiwillig
thun, (so ist es gut,) wenn nicht, durch ihren Urteilsspruch ihren
retter mit einem kränze zu beschenken' ? besonders im letzten falle»
wo nicht nur das subject, sondern auch dae object durch voranstel-
lung deutlich als beiden bedingungssätzen gemeinsam gekennzeichnet
wird, würde eine eingeschobene unpersönliche redensart unerträglich
sein, es müsten also irgend welche persönliche verba vom leser hin-
zugedacht werden (vgl. Sauppe zu Plat. Prot. 311**); nur ergeben
sich dieselben hier aus dem texte nicht so ohne weiteres und so un-
fehlbar, dasz man ihre ergänzung unbedenklich dem leser überlassen
könnte. Poljbios, der IV 32, ö auch die leicht zu ergänzende un-
persönliche redensart dTiv€TO TÖ b^ov gewissenhaft hinzufügt, bat
die lösung derartiger probleme seinen lesern sicher nicht zugemutet,
am unwahrscheinlichsten wird dies an unserer stelle dann, wenn
man statt des früher angenommenen TTOldictv die lesart des ürbinas
TTOirjceiv als richtig anerkennt, denn dann müste auszer dem be-
dingungsnachsatze auch noch das verbüm des Vordersatzes in gestalt
von ujciv ergänzt werden, bei Poljbios, der in seinem streben nach
Verständlichkeit die auffälligsten tautologien und umständlichsten
Perioden nicht scheut, musz die auslassung so wichtiger teile 6iner
und derselben periode als eine stilistische Ungeheuerlichkeit gelten.
seine ellipsen beschränken sich auf die copula im indicativ. ein con-
junctiv von cijui ist sonst nirgends von ihm weggelassen worden;
man vgl. beispielsweise unter zahlreichen andern fällen UI 63, 9.
X 9, 8. IX 19, 7. III 22, 12. die drei stellen, an denen clev und
eivai fehlen , beweisen wenig, hier liegt die annähme von Schreib-
fehlern näher als die einer ellipse. endlich heiszt ^KUiV eljit wohl
niemals ^ich bin bereit etwas zu thun'; dafür gebraucht der Grieche
fe'Toi|uöc oder 7Tp60u|iöc €l|ii TTOiciv Tl. bei Pol. wird ^Kiliv über-
626 ELammert: zu Polybios.
haupt nicht mit eijuil, öfter aber als prädicat mit andern verben ver-
bunden, wie das oben angeführte £ku)v iretOapxeTv XYin63, 9:
vgl. I 14, 12. X 12, 7. XVn 4, 2. XX 12, 1. XXXH 8, 10. 12, 9.
XXXI 18, 2. 27, 5. der ergänzungs versuch von Hultsch war abo
durchaus berechtigt, nur TrapatvoOctv erregt bedenken, da dies ver-
bum von Pol. nur dann gebraucht wird, wenn schwankende gemüter
zu einem bestimmten entschlusse gebracht, aber nicht wenn, wie an
unserer stelle, bereits gefaszte beschlüsse nur gebilligt werden sollen,
in diesem falle ist dTratveiV stehender ausdruck. auszer diraxT^^-
XecOat wird auch qpdcvai häufig mit einem inf. fut. verbunden, ttoi-
Tictv im Urbinas und irotuüctv der andern hss. lassen an die zwie-
fache zusammenziehung zweier Wörter denken: iroiii^cetv (puü^tv
und TTOt<^rjc€tv (p)>ujciv. die lautlich gleichen endungen -c€iv und
-civ machen den Schreibfehler erklärlich, infolge derselben endung
Civ ist die näch]iite zeile vollständig Übersprungen worden, und Pol.
wird vielleicht geschrieben haben : Troir|< c € i v qp Ä >civ, <d TT a l V ^ -
cavT€c biaq)iäciv>. vgl. III 63, 14 tujv bfe ttoXXäv . . Xajißa-
vövTiüv 6pjuf|v Ktti TTapdcTaciv, otav 6 irapaKaXuJV dcTioübacc, töt€
^^v ^Tiaiv^cac auTOUc biaqpfiKC (die stelle zeigt zugleich den unter-
schied von TiapaKaXeTv und inaiveiv); femer LEI 111, 11 toutouc
biaXexOeic . . ^Traiv^cac Kai b€Ed|i€voc aurdiv Tf|v öpjütfjv dq)fiK€.
zu cpujciv vgl. (prj XXXIV 11, 20. — Auch XXI 5, 8 (s. oben) hebt
die annähme eines zoilenausfalles die Schwierigkeit in einfachster
weise: man kann an äTTaXXatf^vai tOüv vCv KaKUüV (ttövuüv) oder
dnaXXaTfivai Tidviiüv kokujv denken nach III 111, 9; desgl. er-
gänze man XYIII 53, 8 (s. oben) eine redonsart wie Trpcjiuic Ka\
qpiXavOpiüTTUJC nach I 72, 3 oder dveu becjiujv Kai q)uXaKf)c dh. ohne
die bei einer regelrechten Verhaftung übliche fesselang und bestel-
lung verantwortlicher Wächter, nach XXXII 7, 6 bid T#|V ^TOi^öniTa
Kai TTpoOujuiav dveu becjuujv f\xQr] Kai cpuXaKfic.
X 43, 2 f. Td»v bk Tipöc ToöTO cuvaTU)Vic|idTU)V nXelciriv ^xo^ci
biiva/aiv o\ TTUpcoi* * * * dpTi id |i^v t^tov€, Tivd b* dK^fjv ^€p-
Yeiiar Kai buvaTÖv ^cti tivu)CK€iv, & jLi^Xei usw. Hultsch: 'hie
aut nonnulla interciderunt aut alio modo verba scriptoris corrupta
sunt.' dasz etwas ausgefallen 'ist, lehrt der hiatus. der logische za*
sammenhang verlangt ydp, das vor dprt leicht ausfallen konnte, vor
Ydp wird Kai und vor diesem eine der bereits mehrfach vermiszten
Übergangsformeln ausgefallen sein, ergänzt man in dieser weise
und beseitigt auszerdem hinter £v€pT€iTai das kolon, so ist die
stelle klar:
<bid Tauxriv Tf|v alxiav Kal>
<Ydp> dpTi id jLiiv T^TOve, xivd
b' dK|if|V ivepTeTiai Kai usw.
nach dpTi und dK^f)V hat das letzte Kai die bedeutung des cum in-
versum. das Kai vor ^dp beiszt natürlich hier nicht 'auch', sondern
etenim, wie II 70, 3. vgl. Xen. Kyr. II 1, 10 cxeböv t€ (rd £irXa)
^TOi|ia i^v Kai tuüv TTcpcdiv ol öfiÖTijüioi Trapfjcav. zu dxfifiv . . xal
ELammert: zn Polybioi. 627
vgl. Pol. XI 30, 1 dKjifiv bk laOf i\efe. %(A loiicXifi jifev ol crpa-
TiuJTQi cuV€V|;6q)ricav 'noch sprach er dh. kaum hatfce er so gespro-
chen, als auch schon', danach würde zu übersetzen sein : *denn eben
ist etwas geschehen , noch ist man mit irgend einem unternehmen
beschäftigt, da ist es auch schon dem bekannt, der interesse daran
hat , und wäre er drei bis vier tagereisen entfernt.'
VI 10, 6 f. AuKoOpToc . . TTdcac öjiioO cvYffipoiCe rdc dper&c
Kai Tdc ibiÖTTirac tuüv dpicTU)V TToXireujüidTwv, Iva junib^v adEavö-
jLievov uTifep TÖ b^ov elc rdc cu|i<pu€ic öcrp^TtriTai icaK(ac, dvTi-
cTTUjjLi^vric bk Tfic dKdcTOu buvä)i€U)c all' dXX/jXuiv ^YibajLioO veOn
)ir]b' im TToXu KttTapp^Trij ^iib^v aörolv, dXX* IcopponcOv xat
CuTOCTaToü|üievov [im ttoXu] bia^^vq Kaxd töv iflc dvTiTrXoiac
XÖTOV dei TÖ TToXiTeujLia usw. *Ljkurgos verschmolz in seiner (ge-
mischten) Verfassung die den (drei) besten Staatsformen (dh. dem
€lboc ßaciXiKÖv, dpiCTCKpartKÖv und bimOKpaTtKÖv) eigentümlichen
Vorzüge mit einander aufs engste, damit keine derselben die Über-
macht bekomme und infolge dessen in die ihr verwandte schlimme
regierungsform umschlage (dh. das königtum in gewalt herschaft, die
aristokratie in Oligarchie, die demokratie in Ochlokratie), sondern da-
mit die macht einer jeden von den andern wechseis weise (in* dXXif)-
Xujv) gehemmt werde und infolge dessen keine derselben anf irgend
einer Seite (des wagebalkens) sich senke (dh. schwerer werde) und
tief nach unten abschlage (dh. schlieszlich das entschiedene Über-
gewicht bekomme), das Staatswesen aber im gleichgewicht schweben
bleibe nach art der — gegenfahrt.' Reiske sucht das wort zu recht-
fertigen und erklärt es als 'fahrt gegen wind und wellen', dasz ein
derartiger begriff hier gänzlich ungereimt ist, fühlt man. zudem weisz
man nicht einmal, ob es das wort Überhaupt gegeben hat, denn man
sucht es in der ganzen griechischen litteratur vergebens. Beiske stellt
nun daneben auch die scharfsinnige Vermutung auf, dasz dvTmXoiac
aus dvTiTTaOeiac verschrieben sei. Dindorf hat dies in den text auf-
genommen und (Steph. thes. u. dvTmXota) mit den werten begründet:
'recte Reiskius dvTiTraGeiac , cuius de coniectura ne dubitatnm qui-
dem fuisset, si idem apud Strabonem III p. 172 vitium^ ubi pro dvii-
TrXoiav Xylander quod mox sequitur dvTlTrd9€iav, sublatnm novissent
oditores.' Naber Mnem. VI s. 226 vergleicht noch ein fragment des
Arcbytas bei Stobaios anth. s. 269 : bei TÖV VÖjLlOV jifj ^ÖVOV dtCtGdv
Kai kqXöv fjiLiev, dXXd xai dvTiTreTrovG^vai toic gutu) ficp^ecciv . . tö
b' dvTiTTeTTOvG^vai X^t^ aÖTUü Kai dpxciv Kai fipx€c9ai rdv aöidv
dpxdv. trotz alledem bleiben gegen die Beiskesche Vermutung man-
cherlei bedenken bestehen, wenn bei Strabon dvTinXoiac aus dvTt-
TraOeiac verschrieben worden ist, so folgt daraus noch nicht mit un*
umstöszlicher gewisheit, dasz dasselbe auch an unserer stelle ge-
schehen sein müsse, es kann doch hier auch ein anderes ähnliches
wort in dvTiTrXoiac verschrieben worden sein, zn dieser annähme
führt aber folgende erwägung. an sich kann ja das gegenseitige Ver-
hältnis der drei demente 8es Ljkurgischen Staatswesens als eine
628 ELammert: zu PolybioB.
ävTirrddcia gedacht werden, denn wie bei Pol. XXI 28, 9 cu^ndOcia
die natürliche eigenschaft dasselbe wie irgend etwas anderes zu er-
leiden bezeichnet; so würde ävTiTrdOcta umgekehrt den einem dinge
unzertrennlich anhaftenden zustand des entgegengesetzten leidens
bedeuten, dies ergibt sich auch aus [PlatonsJ Axiochos s. 370* Xuirci
Tctp TÖv CT€pö|i€VOv TÄv dYaeüJV f| dvTiTraGeia t&v koucuüv 'es be-
trübt den des guten beraubten das diesem entgegengesetzte erleiden
des widerwärtigen', sowie aus den von Strabon an der oben ange-
fahrten stelle wiedergegebenen werten des Polybios: (pr\c\ hk 6
noXußioc KprjVTiv dv Tip ^HpaKXciuj tuj iv fabeipoic dvai ttöti^ov,
ßa0|iujv öXiTUiv Kttiaßaciv fxo^cav eic tö öbujp, f^v raic TToXip-
poiaic Tflc 0aXdTTT]c dviiTraOeiv, xaid jLitv xdc TrXrj^ac dicXei-
TTOucav, Kaid bk xdc d|i7TU)T€ic tiXtipcum^vtiv. an unserer stelle
könnte man nun die dvTtTidOeia der drei Staatselemente vielleicht
nach dem angeführten Archjtasfragmente in dpxciv und dpx€ctei
finden, aber von einem solchen gegensatze ist hier nirgends, weder
im vorhergehenden noch im folgenden die rede, die begründung,
die Pol. auf seine behauptung Kaid TÖV xfic dvTiTtXoiac XÖTOV fol-
gen läszt, lautet nemlich: 'weil das königtum von Übermut fern-
gehalten wird durch die furcht vor dem volke, da auch diesem ein
genügender anteil am staatsieben vergönnt worden ist, das volk
aber hinwiederum nicht wagt seine könige gering zu achten, aus
scheu vor den geronten (dh. der aristokratie), die sich als sorgftltig
nach verdienst und Würdigkeit auserlesene männer immer dem zu-
neigen werden , auf dessen Seite das recht ist.' hier handelt es sieb
also nicht um den gegensatz von regieren und regiertwerden , son-
dern lediglich um das regieren, und zwar um das nebeneinander-
regieren dreier gleich starker gewalten, dem dadurch dauer verliehen
wird , dasz gewaltsame Übergriffe der einen in die machtbefugnisse
der andern und das übermäszige anwachsen der einen auf kosten der
andern durch das rechtzeitige eingreifen der dritten verhindert wer-
den, das bild, das bei dieser erörterung von anfang bis zu ende fest-
gehalten wird, ist das de< wagebalkens, an dem sich immer je zwei
gewalten, vor allen königtum und volksherschaft 'die wage halten*,
bei eintretenden gewichtsverschiebungen und Schwankungen aber
die dritte durch hinneigen und druck nach der bedrohten (wegen ai
leichten gewichtes in die höhe gehenden) seite hin (irpocKXicei kqI
^OTTi^ § 10) 'den ausschlug gibt', man lese daher KaT&TÖv rdVTl-
TT d X o u XÖTOV 'dem gegengewichte gemäsz', db. dem Verhältnis
der im staute sich gegenseitig hemmenden und aufhebenden gleich
starken kräfte entsprechend, die bedeutung von TÖ dvTiTraXov ver-
anschaulicht am deutlichsten Cassius Dion XXXVII 56,4: (Crassns)
^c dvTiTiaXov auTOuc dXXr|Xoic KQTacTficai i^O^Xiicev, finuic
|iTib^T€pöc C(pu)V (Pompejus und Caesar) uir^pcxi]« npocbOKrjcac
iK€ivouc TC dvxaTUJViCTdc icoKpaTCic £c€c8ai. vgl. Thuk. VII 13
ic dvTiTraXa KaGecrdvai, IV 117 dvTiTraXa KadiCTdvat, III 49
^nÖ€ica)v bi tOüv TViüjLiaiv toutujv ^dXiCTa dvTiirdXuiv npdc dXXi^-
ELammert: zu Folybios. 629
Xac 'da diese ansichten so vorgetragen waren, dasE sie sich in hohem
grade die wage hielten' (Classen); I 3, 3 dvTtTraXov ic %y 6vo|Uia
äTT0K€Kpic9at 'als gegenge wicht in einen gemeinsamen namen be-
griffen worden sein' uam. dieselbe bedeatung Iftszt sich anch Pol.
III 8, 11 noch erkennen: ovlb^v dftöxpcuiv odV ävrdraXov etäpibv
TaTc cq)€Tepaic dirißoXaic. — Schliesslich sei noch darauf hinge-
wiesen, dasz Dindorfs lesart jüiribo^AGi nicht statthaft ist. es soll nicht
gesagt werden 'damit keine derselben (der drei gewalten) nach
irgend einer seite hin sich senke': denn jede derselben kann sich
wie das gewicht am wagebalken überhaupt nur nach ihrer seite
senken ; Pol. will mit ^T)öa)ioO nur eine nähere erklärung zu jüiTib^v
geben: 'keine auf irgend einer seite (des wagebalkens).'
VI 5, 4 — 8. dasz die ausdrucksweise an dieser stelle von der
unbekannten quelle beeinfluszt worden ist , aus der Pol. seine Philo-
sophie geschöpft hat, erkennt man aus den &nü£ dprui^va cuv-
aT€Xd2:ec9ai, dboHoTroiriTOC und 6 Xötoc a\p€i. vielleicht
kann auch töt€ br| irou, das sonst nirgends bei Pol. vorkommt —
er begnügt sieb immer mit TÖT€ br\ — und die Verbindung TÖT6 bf\
TTOu dvdTKTi, statt deren sonst überall entweder das einfache dvdTKr|
oder bfiXov ibc und qpavepöv ön dvdipcii steht, auf fremde rech-
nung gesetzt werden, aber so weit wird man schwerlich gehen, die
gänzlich überflüssige Wiederholung von TÖT€ bi\ (neu) vor einem
und demselben nachsatze, von örav vor einem nebensatze, der dem
voraufgehenden ÖTttV f\ biä usw. logisch zu coordinieren, aber nicht
durch TÖT6 br| von ihm zu trennen war , und ein und desselben Ver-
gleiches KaOdTTep ^TTi TUJV dXXu)v libiJJV neben ein und demselben
bauptgedanken (dvdTKTi TÖv biacp^povra f|Y€ic9ai) etwa ebenfalls
dem stilistischen Ungeschick der quelle zur last legen zu wollen, der
besserungsversuch Eeiskes s. 440 (Kaid TÖ iräv CtjJOV uiC TÖ 6jLi6-
9uXov usw.) hebt die Schwierigkeiten nur unvollkommen, der aus-
fall mebrerer zeilen, der eintrag einer derselben an falscher stelle
und eine reihe unglücklicher versuche den gestörten Zusammenhang
wiederherzustellen haben eine Verwirrung erzeugt, deren beseitigung
einer energisch durchgreifenden band bedarf, die erste spur, die auf
den richtigen weg zu leiten vermag, enthält der ürbinas in v TIC vor
fiYOUjLievouc , dem unverkennbaren reste eines gen. part. fem. gen.
(TToijuvrjC dürfte wegen seiner engem bedeutung hier nicht zulässig
sein); hierdurch ist der ausfall einer zeile, etwa dT^Xr|C ttou CUV-
r|0poic)LA€(vr|c) (vgl. § 9 Cujriböv cuva0poi2oM^vu)v) oder Tf|c dx^Xric
Tnc Ti6poic|ae(vr|c) oder if\c cuTir€VO|i^(vTic) deutlich erwiesen, das
erste KaGdirep im . . gehört zwei zeilen tiefer hinter öirep cIköc
Kaid TOUTO dh. kqt' auTÖ toOto, wie auch sonst oft 6 aÖTÖc einem
KaOdTTep entspricht (vgl. XI 26, 2 KttOdirep — TÖV aÖTÖv TpÖTrov).
vor ÖTT€p ciKÖc dagegen , dessen Verbindung mit cuvaOpoiZo^^vuJV
eine auffallende härte ergibt, ist ein verbum finitum ausgefallen,
dessen conjunctiv das dritte glied zu dem die periode einleitenden
ÖTUV bildete und durch KdTT€iTa angeknüpft war, das nach Wegfall
630 ELammert: zu PolybioB.
deä verbums in Kam (Kai ^m) umgeändert wurde, folgerichtig mäste
dann auch noch töt€ bf\ ttou eingeschoben werden, weil nunmehr
der nachsatz bereits hier zu beginnen schien, das erste t6t€ bf\ ist
aus misyersländnis verschrieben aus tot€ bk 'bisweilen aber', welches
das zweite glied zu örav einleitete, eic vor TÖ öfiöq)uXov ist nach
der analogie von d6poi2[€c6ai €ic Ti (X 16, 6. 27, 13) aus dem ur-
sprünglichen distributiven dei hergestellt worden; dei TÖ öfi6q>uXov
cuvaT€Xä2[€c6at aber bildete die erklärende fortsetznng zu dem durch
KaöÖTrep usw. von ihm getrennten Kai* auxd toöto; der zum in-
finitiv gehörende artikel TÖ mit einem begründenden und ergftnzen-
den fk 'insofern nemlich' ist nach toOto ausgefallen, nparrov in
§ 4 ist irrtümlich zum vorhergehenden q)Ü€c6ai gezogen worden;
der anstöszigü pleonasmus wird vermieden, wenn man es als npuiTOV
^jLi^v^ zum folgenden zieht, so dasz es dem ^ireibdv b^ in § 10 ent-
spricht, die Periode würde also ungefähr in folgender gestalt her-
zustellen sein: TTpuüTOV <Cm^v^i ^"^^"^ ^ ^^^ KaTaKXuCfioOc . . q>6opd
T^VTlXai . . TOlfe bfe CU]LAq)6€ipO]LA^VU)V irdVTWV TUJV £mTTlb€UfAdTUIV
Kai T6XVUÜV [ßiav] ^k tujv TrepiXewpö^vxwv oiovei cirepiiAdTuiv aOOic
auEriö^ CUV XP^^viu ttXtiöoc dvöpüüTruiV, [töt€ brj nou] KdireiTa
TOUTUiV cuvaOpoi2Io|Li^vujv
<7rdXiv T^VTixai cucTr|MaO',>
ÖTrep eiKÖc Kai' auxö toOto,
KaOdirep ^tti tuiv dXXuiv Zibuiv,
<t6 T*> Ä€i TÖ öfiöcpuXov cuv-
aTcXdZIecOai bid Tf|v iflc
qpuceujc dcö^veiav, dvdTKTi usw.
zu Kai* auTÖ TOÖTÖ — TÖ c. inf. vgl. XII 25 '^ 7 Kai* <outö toöto>
Xdpiv ?X€i TÖ )Lif| T€v&6ai. zu tö fe c. inf. vgl. VI 16, 6 xai fifjv tö
t' dTTiieXeic T^vecöai. die gliederung tot^ bk — Käireixa kehrt
wieder X IG, 4; vgl. auszerdem Kdv TT0T6 bi XU 25^ 2. Verbin-
dungen wie ^Treibfj — Kai — bk — töt€ bi\ zb. III 115, 4; öxav —
Kai — KdrretTa — töt€ bf\ zb. IV 45, 7 haben an unserer stelle die
falsche Schreibung tÖT€ brj veranlaszt. die einschiebung von irdXiv
T^VTiTai cucTrjjLiaTa empfiehlt sich deshalb, weil in § 10 der begriff
cuCTTJjLiaTa etwas unvermittelt auftritt, vielleicht ist auch § 8 TCViuv
zu tilgen und durch den jetzt fehlenden artikel zu ersetzen nach
analogie von IV 45, 6 tüüv dXXu)V tüüv TrapeTTOjLA^vujv tui noX^fiifi
KaKÜüV, vgl. V ,')8, 7 uam. ein charakteristisches beispiel von Zeilen-
Verschiebung s. V 80, 3 f.
XIV 1, 15 ist die von Krebs ao. s. 67 besprochene anakoluthie
durch einschiebung von TTapacK€ud2l€iv Tdc CKT]vdc (vgl. § 6)
hinter ffic zu heben. II 35, G dagegen scheint es mir nicht der er-
gänzung einer ganzen zeile zu bedürfen, sondern nur der Umstellung
von UTTOjLi^vouci. man let^e TOic uirofi^vouci TÖ q>OXov auTuiv,
[KatJ Trdcac dEeX^tX^^^* ^^® einschiebung von xai und die schrei*
bung ^EeX^YXOuci wurde durch die naheliegende annähme veranlasst,
dasz letzteres dem part. uttojli^vouci parallel stehe, aus dem nomi-
ELammert: zu Polybios. 631
nativ TÖ qpCXov auTUüV ist das object ain6 zu önojüi^voua in ge«
danken zu ergänzen, wenn man letzteres nicht in absoluter baden-
tung ^ftir standhafte mSnner' (vgl. II 63, 4) fassen will.
Einzelne Wörter scheinen an folgenden stellen verschrieben oder
ausgelassen zu sein : VI 10, 3 ist statt des neben bt' (Iiv unerträg-
lichen pleonasmus im* aÖTtxiv als notwendiger gegensatz zu ££u)6€V
zu lesen uTTOKttTwOev auidiv. vgl. III 55, 2 öiroKdru). — ^HE 8, 6
TÖ T^Xoc TT^c KaTacTpoq>fic *das ende des Sturzes' ist unsinn ; nicht
minder Td äTUxrJMCtTa tt^c KaTacTpoq>f)c Mie unglücksf&lle bei dem
Sturze'; auch Beiskes erklfirung s. 410: <dTOxilM<^ pi'o improbitate,
vita criminosa, sceleribus» (vgl. Schweighäuser u. driix^M^^ °^ djiiap-
Tia) vermag die Schwierigkeiten nicht zu heben. Td dTUX^M^'TA '"^
calamitates ist nur ein anderer ausdmck fttr KaTacTpoq>t^. lies [tö]
TcX^uic . . Tf)v KaTacTpoq>ifiv: tcX^uic bezieht sich auf irapa-
TiXriciov, das hier wie auch sonst oft zweier endungen ist; vgl. T€X^u)C
CUV6TTWC II 27, 3; tcX^uüc ei)r\6kc ko\ irapanXificiov XII 25 • 7 und
zu dem nachgestellten TeX^uic V 74, 3 iT€piq>oßot TcX^uJC fjcav. —
n 18, 3 T€vo|Li^vou V dvTicTTdc|LiaTOC xal tiöv OÖ€V^tu)V elcßoXöv-
TUJV lies T€V. b' dVT. öld TUJV OueV^TUIV <TUJV> clcßoXövTUJV. —
I 37, 8 TTOT^ bk Kai tiraviujc lies noik b* ei koI ctt. — VI 9, 11
f| TToG )Li€TacTrjc€Tat : Schweighäuser fragt unter dem texte «iroi?»,
erklärt aber in den annot. VI s. 323 nicht ganz richtig: ^quisnam
gradus sit is, ad quem ubi pervenerit, consequetur mutatio.' der
sinn der worte ist : wer den kreislauf der Verfassungen richtig ver-
standen hat, der kann sich bei der beurteilung der zukünftigen ge-
staltung eines Staates vielleicht in bezug auf die zeit irren (dh. wann
die zu erwartende Staatsumwälzung eintritt), aber selten dürfte er
sieb wohl irren in bezug auf die stufe, auf der ein Staat in seinem
Wachstum oder sinken steht, und in bezug auf die rieh tung, nach
welcher die Umwälzung erfolgen, dh. zu welcher neuen staatsform
sie führen musz. Casaubon bemerkte also richtig: ^in quam formam
sit immutanda'; nur hätte er dann auch IT Ol lesen müssen. —
XXXII 14, 13 dvG* Oüv TipÖTcpov diT^cx€TO tOüv iTpox€(pu)V f|bo-
vüüv ist TUüv zu tilgen und attraction anzunehmen, was Krebs ao.
s. 33 über dvTi ToO c. inf.'' und dvO' liv bemerkt, ist unzutreffend,
an den vier stellen, die er für dvö* liv anführt, bewahrt dVTi voll-
ständig seinen präpositionellen Charakter: IX 36, 5. XVIII 14, 8.
1 6, 2 heiszt es = dvTi TOUTUiV *dafür, zum danke dafür' ; an unserer
stelle müste es dem attischen Sprachgebrauch entsprechend in der
bedeutung von dvTi TOUTUJV, S oder dvTiTOiiTOU, 8ti — genommen
werden ; diese ist aber für Polybios nicht zu erweisen. — X 22, 9
erg. bh. nach cu)Li7r€piCT^XXovT€C. — I 4, 2 erg. fe vor T^TOV€ nach
' dvTl ToO c. inf. kommt, beiläufig bemerkt, bei Pol. nirgends vor.
die stelle, die Krebs als beleg anführt, hat er misverstanden : hier ge-
liört dvTl ToO zu bi'c und nicht zum infinitiv.
632 ELammert: zu PolybioB.
XII 26** 2 KQi iiidiXiCTa xauTTiv T€. — HI 8, 10 erg. t' hinter ri,
um den hiatus zu beseitigen, nach 11 61, 8 Tiva fe xprj- — II 68, 9
ist statt des widersinnigen Tf|V KttTdcTaciv zu lesen: Tfjv xard
<[Kopuq)f)v]> CTdctv im gegensatz zu Tf)v uttö iröba sc. crdctv nach
IV 41, 4. Vm 9, 3. XVIII 30, 3. — II 4, 9 ist nach näcav statt
ffiv richtiger zu ergänzen iTapaX(av: denn hier ist von dem See-
kriege der Illjrier, nicht wie XXX 11, 2 von den landkriegen der
Aitoler die rede.
Die eigentümlicbkeit des Polybischen Stiles, im interesse der
deutlichkeit und concinnität jedem gliede der periode sein eignes
verbum regens zu geben — man vgl. beispielsweise eine reihe wie
IX 15 — fordert an folgenden stellen entsprechende ergftnzongen:
IV 25, 7 dem part. npocbtacacpoGvTec entsprechend erg. bibdSov«
T€C hinter irapaTrXiiciuiC bt Kai: vgl. XXIV 10, 4 a. 7. XXXII 7, 4.
— VI 4, 4 ebenfalls nach TrapaTrXrjctuic erg. ^tit^ov hinter briMO-
KpaTiav. — VI 17, 5 lies hinter boOvai einfach bOvarai, nicht,
wie Reiöke s. 447 vorschlägt, toTc uTT€pii]LA€puici buvarau — VI 16,8
erg. ?x€i TfjV Kupiav OÖTOC hinter dviiKÖVTU)V. — IV 24, 1 ist
vor im iTGtciv ausgefallen €7tt€V. wiederaufgenommen wird das-
selbe § 4 mit ö Tdp OiXittttoc fcpricev; statt dessen lies TOiTCtp«
CUV 6 O. über das epanaleptische TOiTapoOv vgl. III 22, 1 nam.
— VI 18, 8 ist ebenfalls TOiTapoCv an stelle von tdp zu setzen,
denn hier handelt es sich nicht um eine begründung, sondern um
eine folgerung, wie in allen schluszsätzen der voraufgehenden ent-
sprechenden abschnitte: VI 12, 10 UJCT€; 13, 9 ö bf| xai; 14, 12
iäcT€ TrdXtv; 15, 11 djCT€; 16, 5 und 17, 8 biö. dasz die stelle be-
schädigt ist , zeigt das überlieferte unpassende ndv des Urbinas und
iToO des Regius. lies: irdvTa TOiTOipoOv imxivei. die beweis-
führung kehrt damit zu der in § 1 aufgestellten these zurück. —
XI 6, 3 erg. eUöc hinter dKcivuiV nach XV 1,14. III 109, 3 uam. ;
hinter dem ersten iav T€ auszcrdem fdp nach XV 14, 2 ua. —
X 45, 8 erg. bei hinter 7Tap€CK€udc6at wie § 7 vor Xapßdvovrac.
— V 88, 6 empfiehlt auszer den oben angeführten gründen auch
(las zeugma, das durch die Verbindung von rdXavra mit dv^6cc(IV
entsteht, TrpoceGecav vor xdptv einzuschieben (vgl. XXI 34, 13),
wenn nicht wie oben XVIII 35, 3 eine ganze zeile etwa des inhalta
zu ergänzen ist: fiXXa b€Ka X^tP^v <[Tfic £Triq>dc€UJC £bu)Kav
Kai) Tou . . T€V^c6ai nach IX 20, 6.
Leipzig. - Edmund Lammeet.
TbMaurer: su VergilioB Aeneis. 633
(21.)
Zu YEBGILIÜS AENEIS.
I 108 tris Noiu3 abre$ias in sasca latenUa iorguet
{saxa vocant Iküi mediis qua» in fliwitbus araa,
dorsum inmane mari summo) . . .
wie die alten grammaüker^ sogar Quintilianus VIII 2, 14; den y. 109
wegen seiner construction zu rügen fanden, von denen Charisios IV
s. 275 (Keil) die worte dentet: Ms noius ahreptas in saxa tcrqud^
quae saxa medUs fkuiübus Jatentia ItdU aras {Aras?) vocant^ so
stieszen sich an dem sinne sowohl Heyne (*8altem yalde alienum est
a poetae iudicio in medio tempestatis aesta interponere observationem
grammaticam') als auch Peerlkamp (*et plane sapit glossam gramma-
ticam eamque inficetam'). während darum beide wie auch Brjant
den vers als von fremder band trotz der beglaubigung durch Quin-
tilianus tilgen möchten, scheint Heyne noch mit sich reden zu lassen
unter 6iner bedingung: ^suppetit forte ratio aliqua, qua labes poetae
si non elui at dilui saltem potest, si Aras^ ut fecimus, scribas, non
aras : ita ut sit certus in mari locus' ; überdies verlangt er änderung
der herkömmlichen interpunction : saxa (inquam) vocaint Itäli mediis
qiiae fluäibus Aras , dorsum usw. aber auch so noch bleibt er bei
dem urteil Meiuna tamen vel sie exit oratio, et indignus tanto poeta
versus', inzwischen hat Wagner sich anders entschieden: *sustuli
asteriscos ab Hejnio huic versui appositos; quem genuinum esse
patet ex verbis v. 110 adiectis: dorsum immane mari summo, quae
versui 108 non possunt commode adnecti, sed talem sententiam quae
est V. 109 requirunt.' die Schreibweise Aras statt aras hat auch er
gebilligt, dagegen »ich bei der landläufigen interpunction saxa vocant
Italic mediis quae in fludibus^ Aras beruhigt, während nun Bibbeck
aras wiederherstellt, mit tilgung der den relativsatz einschlieszenden
kommata, hat Heyne nicht nur mit seiner fassung des Aras als eigen-
name bei Gossrau^ Ladevvig* und auch Weidner nachfolge gefunden :
alle drei, Gossrau mit leisem vorbehält, wollen mit ihm genauer die
bei Plinius n. h, V 7, 7 erwähnten Aegimuri Arae von dem dichter
damit bezeichnet sehen : so heiszt es bei Weidner kurzer band : *2ur
Sache vgl. Plin. n, h. V 7, 7 contra Carthaginis sinum duae Aegimuri
arae^ scopuli verius quam insuLaCy interSicUiam maxime et SardiniamJ*
dieselbe stelle finden wir auch bei den beiden andern genannten ab-
gedruckt, nachdem zuerst Heyne in seinem vierten excurs zu unserm
buche darauf scheint aufmerksam gemacht zu haben, nur erstaun-
^ nach Ladewig soll gar in saxa die den ^Italern* eignende benen-
nung entdeckt werden, im gegensatz zu der mit insulae für den geogra-
phisch feststehenden begriff Arae; er sagt wörtlich: 'die epanaphora
{in saxa — saxa vocant) dient hier zur rechtfertigung des vorhin gebrauch-
ten ausdrucks; klippen sage ich, denn so (nicht iuseln) nennen die
Italer die mitten in der flut liegenden Arae.'
Jahrbücher für clnss. philol. 1888 hfU9. 42
634 ThMaurer: zu Vergilius Aeneie.
lieh, dasz nicht ein einziger die anschlieszenden worte inter Sicüiam
maxime et Sardiniam weiterer erwägung wert gefunden hat. Heyne
belehrt uns bezüglich jener Äegimuri Arae ausdrücklich : ^erant autem
ex adverso Carthaginis, CCXXX ab urbe stadiis, inter Apollinis et
Mercurii promontoria' , indem er zugleich auf Livius XXX 24 ver-
weist, wo wir lesen : onerariae pars maxima ad Äegimurum — instda
ea sinum ah aUo cLaud/Uy in quo »Ua Carthago esty triginta ferme müia
ab urhe — . . ddatae sunt, danach ist entweder bei Plinius maxmae
zu schreiben oder, wenn maxime richtig, dann zielt es auf das httofige
vorkommen jener arae gerade zwischen den genannten inseln; keinen-
falls aber schränkt sich die mit scopuli anhebende appoäition auf duae
Äegimuri arae ein , sondern illustriert den appellativen begriff arc^
überhaupt.' bestätigung liefert die bei Servius mitgeteilte bemer-
kung aus Varro de ora maritima lih, I: ut faciunt ü^ g^i ab Sardinia
Sidliam aut contra petunt. nam si utramque ex conspedu amiserunt^
sciunt periculose se navigare ac verentur in pdago latentem «fMu^am,
quem locum vocant aras (der sinn des relativsatzes ergibt, dasz Äras
zu schreiben ist, wie auch Heyne thut). was ergibt nun ein vergleich
beider stellen? einmal da^z arae offenbar ursprünglich appellativ
eine gewi.sse erscheinungsform von inseln bezeichnet, dieser gattung
gehört zb. als kleineres exemplar auch die meta des Schiffsrennens
am Eryx V 124 ff. an, von der es heiszt: est proctd in pdago saxum
spumantia contra litora, quod tumidis subnhersum tundüur dim flue-
tibus, hibemi condunt ubi sidera Cori; tranquiUo silet immotaque
attoUiiur unda campus et apricis statio gratissima mergis , eine stelle
die zugleich die Streitfrage entscheidet, die sich in den werten bei
Servius kundgibt: saxa latentia modo propter tempestaiem^ non ut
quidam tradunt tranquiUo mari. infolge dessen kann das wort durch
attribute specificiert werden, wie eben Äegimuri arae. endlich aber
wird damit für sich allein offenbar in specie eine art inselflur collectiv
bezeichnet zwischen Sicilien und Sardinien , zu der auch jene oben
erwähnte meta gehörig zu denken sein wird, nach der örtlichkeit
unseres Sturmes nun , bei der nennung des Notus als des hier wirk-
samen windes, liegt es durchaus nahe an unserer stelle das wort in
diesem letztem sinne zu verstehen, also dasz wir es nicht so sehr mit
einer von Heyne wie Peerlkamp beanstandeten grammatischen notiz
zu thun hätten, vielmehr, wie auch Heyne versuchsweise annahm,
mit einer geographischen, womit der schein grösserer glaubwürdig-
keit für das erzählte als factum gewonnen würde, den zu sparen der
dichter trotz aller erregtheit der scene gewis keine Ursache hatte,
danach wäre das wort an unserer stelle eigenname und grosz zu
schreiben: ^die Altäre', und doch bei wiederholter erwägung, wie
die verschlagenen schiffe allesamt nachher in kurzer frist wohlbehal-
' in dem bei Plinius anschlieszenden satze auctoret svnt et ha* quon»
(htm hnhUiUwt »ubsediHxe wird et wolil iiiif Siciliam et Sardininm^ da* hat
aut' die gesamthcit Mer insclflnr der Arae gehen.
ThMaurer: zu VergilioB Aeneia. 635
ten an der karthagischen küste anlaufen (v. 8dO. 399. 584), wird
man, wie die weite entfemung hindert das ayrtis v. 111 im engem
geographischen sinne zu verstehen, mag auch der dichter bei der
wähl des ,ausdrucks daran gedacht haben, so auch aus demselben
gründe das gleiche bezüglich des arae annehmen , wozu ja die stelle
des Plinius doppelt berechtigt, dann stellt sich die sache so dar, der
dichter habe eine so aufföllige benennung, welche sich gerade in
jenen italisch - karthagischen gewässem localisiert hatte, bei der
Schilderung dieses sturmes in denselben nicht übergehen wollen; so
dasz man wohl recht hatte darin einen zng der epischen objectivität
zu erkennen, wie er gerade in der höchsten erregung der darstellung
am charakteristischsten wirkt, erinnernd an den meisterhaften zug
Schillers, womit er den alten Walter Fürst zeichnet, wenn derselbe in
dem entscheidenden moment des entschlusses zur abschüttelung des
tyrannenjoches es nicht unterlSszt die dort noch viel mehr ^gram-
matische' notiz bezüglich des ^Bütli' einflieszen zu lassen *weil dort
die Waldung ausgereutet ward', das ItaU dürfte andeuten , dasz der
dichter auch von andern bezeichnungen weisz: so hat Servius die
notiz : älii dicunt Oraecos haec saxa ßmiwig appeMare. irrig erscheint
die deutung, von der ebenfalls Servius vermerk nimt: Itaias auiem
äliqui non qui in ItaMa nati sint^ $ed qui Latine loquantur aeaiphmi.
die erstere auffassung empfiehlt sich, weil jene speciell Arae ge*
nannte inselflur gewissermaszen als natürliche grenze der italischen
und karthagischen gewttsser erscheint, wie die notiz des Servius
verrät : saxa oh hoc ItaU Aras vocanty quod Un Afri et Bomani foedus
inierunt (natürlich verkehrt) et fines imperii sui üUc esse voUienmt,
nach dem festgestellten sinne hat unsere stelle völlig die gestalt, wie
wir sie bei Bibbeck lesen, und wir übersetzen : Mrei entführt der süd
im Wirbel auf versteckte klippen — es nennen sie, die mitten in der
Strömung, die Italer altäre, ein rücken rohen gesteins im Spiegel
der see', ganz entsprechend der deutung des Charisius.
I 113 unam, quae Lydos fidumque vehebat Oronten,
ipsim ante ocidos ingens a vertice pontus
in puppim ferit: excuiiiur pronusque magister
volvüur in caput; ast iUam ter ftudus ibidem
torquet agens circum , et rapidus vorat aequore vortex.
wir fragen, wer ist v. 114 mit ipsiiM gemeint? Aeneas? Orontes?
die commentatoren schweigen sich über die frage aus. Voss über-
setzt: ^eines, das Lycierfreund* hertrug und den treuen Orontes,
faszt ihm selbst vor den äugen ein hoch anrauschender meerschwall' ;
Binder getreulich folgend : ^eins , das lycische scharen geführt und
den treuen Orontes, schlägt, ihm selber vor äugen* usw. wir fragen
wieder, wer soll mit ^ihm selbst', mit *ihm selber' gemeint sein?
die übliche construction würde bei beiden die deutung auf Orontes
ausscblieszen : es wäre nemlich sonst ein demonstrativ, nicht das
Personalpronomen zu erwarten, weitere Schwierigkeit: wie ist
42*
636 TbMaurer: zu Vergilius Aeueis.
magister zu verstehen? ist damit der capitftu Orontes gemeint oder
ein namenloser Steuermann? dasz magister bei Verg. den Steuer-
mann bezeichnen kann, lehrt V 867, ebenso VI 313, als beidemal
von Palinurus, dem Steuermann der Ida , der Äeneia puppis^ gesagt,
dasz bei Verg. das wort aber auch für den capitän steht, ja als ter^
minus technicus dem Steuermann (rectar) gegenübertritt, zeigt V 176.
Gjas hat den Steuermann Menoetes über bord geworfen ; dann heiszt
es von ersterm : ipse guhernado rector suhit , ipse magister hortatur-
que viros davomque ad litora torquet , wobei offenkundig, chiastisch
geordnet, das davom torqttet auf den dienst des Steuermanns, das
hortatur mros auf den des capitäns zielt bestätigend kommt hinzu
ebd. V. 224 cedit^ quoniam spoliata magistro est, das schiff des Gyas
unterliegt dem des Mnestbeus , weil Gyas, gebannt ans Steuer , dem
amte des magister , das der gegner so glänzend versehen {at media
sodos incedens nave per ipsos hortatur Mn€stheus)y nicht gleich wirk-
sam obliegen kann, wie Verg. an unserer stelle das wort gemeint
hat, verrät zum glück die stelle VI 333 ff. cemü ibi maestos et mortis
Jumore carentis Leucaspim et Lyciae duäorem dassis OrofUefi, quos
simul ah Troia ventosa per aequora vedos obruit Auster aqua invol-
vens navemque virosque. dasz nemlich der bei der erwähnten gelegen-
heit unseres Sturmes umgekommene Leucaspis keiner der fürsten, son-
dern nur ein dienstmann war, erhellt aus 1584, wo es bezüglich dieses
Schiffbruches heiszt: unus (sc. Orontes) dbest^ media in fludu quem
vidimus ipsi suhmersum; didis respondent cetera mairis (sc Veneris).
und die bezüglichen worte der mutter lauten v. 390: namque tibi
reduces socios dassemque relatam nuntio d in tutum versis aquiloni-
bus actam\ vgl. v. ^^^ puppesque tuae pubesque tuorum aut partum
tend aut pleno subit ostia velo, danach unterliegt keinem zweifei
mehr die richtigkeit des Wortes 'h%\^Qv\\\ismagister\ Leucaspis \ damit
wird aber auch zugleich das ipsius im gegensatz wohl auf Orontes
gehen: ist doch durch die verse 106—112 der sonst in frage kom-
mende Aeneas einigermaszen dem gesichtskreis entrückt; wiewohl
das epitheton fidus zu Orontes ihn könnte für den dichter zur stelle
beschworen haben, wodurch die deutung des ipsius auf Aeneas durch-
aus nicht jeder berechtigung entbehrte, jedenfalls will die deutung
des ante oculos bei Sevvius : ad maiorem dolorem besser auf den pius
Aeneas passen als auf den unmittelbar von demselben Schicksal ereilten
Orontes. geht aber, wie ich allerdings vorziehe, ipsius auf Orontes,
dann scheint es bich auch zu empfehlen zu excutitur als subject den
nemlichen ipse zu fassen, nicht den magister, dem vielmehr allein
das 2>fonus völvitur in caput gilt, scheint es doch schicklicher, wir
erfahren zuerst das besondere Schicksal des mit namen genannten,
unserm iuteresse durch fidus empfohlenen dudor^ dann das des un-
genannten magister^ endlich das Schicksal deä beider persönlichkeiten
beraubten schiffes, als dasz gerade die hauptperson in der masse ver-
schwindet, damit gewinnt -aber auch da» ante octdos eine andere
deutung, als nicht ad dolorem gesagt, sondern ad terrorem.
ThMaurer: zu Yergilins Aeneis. 637
Obige stelle gibt uns noch zu einer weitem erörternng anlasz.
entgegen der einzig beglaubigten lesart ast tüam v. 116 bekennt
sich Weidner zu Bibbecks yerbesserung ast aMam mit folgender recht-
fertigung: *die zahl der schiffe des Aeneas betrug zwanzig (I 381).
davon rettete er. aus dem stürme sieben (I 170). es giengen also
dreizehn zu gründe, folgt man nun der hsl. lesart tBam^ so wUrde
nur der Untergang von zwölf schiffen beschrieben', worauf der hin-
weis auf Ribbecks proleg. s. 68 folgt, nun dort lesen wir: <que-
ritur V. 381 sqq. Aeneas ex ^bis denis' quibus Phrygium aequor con-
scenderit navibus ^vix Septem' convolsas undis euroque superesse.
et re vera ^Septem collectis navibus omni ez numero' portum subire
traditus est v. 170. sed in ipsius nauiragii descriptione duodecim
tantum , non tredecim navium ruinas descripsit poeta vv. 102 sqq.
frangitur enim primum ipsius Aeneae navis, tum tres noto abreptae
in aras torquentur, tres euro in syrtes; octava est quae Ljcios
fidumque vehebat Oronten ; nona Ilionei, decima Achati navis, unde-
cima ^qua vectus Abas', duodecima ^qua grandaevus Aletes'. ergo
aut neglegenter unam omisisse statuendus erit Vergilins aut con-
iectura diligentiae eins succurrendum. possis enim conicere, eins, in
qua cum Lyciis Orontes vehebatur, navis interitum cum magistri
casu Vi 115 (^excutitur pronusque magister volvitur in caput') ab-
solutum esse, sequi deinde alius memoriam, ut v. 116 (Uiam pro
iUam correcto legendum sit:
ast äliam ter fluctus ibidem
torquet agens circum et rapidus vorat aequore vortex.
quod etiam vocabulo ^ibidem' commendari videtur : nam ibidem, ubi
magister deeiderit, navem quoque undis vorari non erat profecto cur
adfirmaretur. 'ast' particulam cum pronomine 'alius' coniunctam
habes II467. IV 488. VI 316. VII 395. 1X727.» also dreizehn
schiffe giengen zu gründe? von zwölf schiffen wird der Untergang
beschrieben? beschrieben wird in Wahrheit der ^Untergang' nur von
einem einzigen, dem des Orontes. *zu gründe geht', worüber man
die oben citierten stellen v. 390. 399. 584 vergleiche, ein einziges,
das des Orontes. und dasz auch Aeneas angesichts des mit eignen
äugen gesehenen nicht an den Untergang von dreizehn schiffen glaubt,
zeigt V. 170 f. huc Septem Aeneas coUeäis navibus omni ex numero
subit verglichen mit v. 180 ff. Aeneas scopulum interea conscendit
et omnem prospeäum lote pelago petita Anthea si quem iadaium vento
videat Fhrygiasque hiremis aut Capyn aut cetsis in puppibus arma
Calci, endlich, wollten wir mit Bibbeck aliam lesen, um so die zahl
der angeblich 'zu gründe gegangenen' zu füllen, welches ist denn die so
zu erzielende maximalsumme? wirklich 13, wie Weidner mit Bibbeck
zählt? prüfen wir doch das obige additionsexempel. da heiszt es zu-
nächst : 'frangitur primum Aeneae navis'. aber Aeneas Ifiuft ja selbst
in den hafen ein, sein schiff befindet sich also unter jenen '7 aus dem
Sturm geretteten' Weidners, des Aeneas schiff ist also auf keinen
fall 'zu gründe gegangen', wie das 'einzige' des Orontes. und was
638 ThMaurer: zu Vergilius Aeneis.
von dem schiffe des Aeneas gilt, gilt auch von Bibbecks 'decima
Achati Davis' : denn auch Achates befindet sich unter den mit Aeneas
y. 170 einlaufenden, wofür man v. 312 vergleiche: ipse (Aeneas) uno
graditur comiiatus Acliate, die irrige deutung des 'ibidem' bei Bib-
beck 'ubi magister deciderit' hat Weidner richtig zurückgewiesen:
ibidem ist zu verbinden mit circum agens. wie sollte übrigens der
dichter seinem leser zumuten die bei jenem stürme genannten schiffe
hinterdrein zusammenzuzählen ? drei zahlen sind es die uns allein
interessieren können : die zwanzig mit denen Aeneas in see sticht,
die sieben mit denen er persönlich an der karthagischen küste
landet; endlich die zahl der im stürme wirklich verlorenen: unus
abest. wir denken damit ebenso die überlieferte lesart iäam gegen
die änderung aliam geschützt wie den oben auf gnind jenes tOam
von Ribbeck gegen Verg. erhobenen Vorwurf der 'neglegentia'
zurückgewiesen zu haben.
Zu VI 640 largiw hie campos aether et luwine vestit purpureo
meint Peerlkamp : 'mallem : largior hie aether y et campos lumine vestU
purpureo\ Gossrau kühn: 'iungas: et largior hie aether campos vestU
lumine* . . bei Ladewig heiszt es besonnener: ^et lumine vestU. voll-
ständig: largior aether hie campos vestit et vestit campos lumine pur-
pureo, die reinere luft aether ist hier weit ausgebreiteter als aaf
der erde.' offenkundig huldigen auch Peerlkamp und Oossran der-
bclben auffassung. was aber, fragen wir, soll für die elysinms-
be wohner gewonnen werden mit einer solchen 'weitem ausbreitung
des reinern äther', wenn sich darunter noch immer ein a(^ befindet,
den sie zu atmen haben? man bat bei dieser deutung völlig die
dichterische diction übersehen, zur Verbindung welcher begriffe soll
denn das et dienen? doch offenbar dem vestit mit lumine purpureo
noch eine weitere bohtimmung zu geben neben einer in dem voraus-
gehenden enthaltenen, und wo birgt sich diese letztere? eben in
dem nicht attributiv, sondern ptädicutiv gemeinten, ebenfalls mit
lumine vestit zu verbindenden largior. der sinn unserer stelle ist
also in prosa so wiederzugeben : hie campos aether largiore et pur-
pureo lumine vestit^ 'reichlicher kleidet hier der äther mit licht, mit
purpurnem , die flur'.
Die freie weibe des Vergilius durch et zwei formell als verschiedene
Satzglieder auftretende, einander nebengeordnete begriffe zn ver-
binden , in unserni falle das pr&dicative largior mit dem adverbialen
purpureo lumine, ist offenbar schuld geworden an einer teztver-
derbnis, die sämtlichen commentatoren bisher eine noch nicht be-
wältigte crux aufgebürdet hat. ich meine die stelle VI 725. hier
lautet der beglaubigte text bei Ribbeck lucentemque glohum lunae
Tiianiaque astra. dazu heiszt ci« bei Servius: lucentemque glohum
lunae] idco usus est participio, ut ostendat eam suum turnen n&n
habere: nam lucens est quod aliunde ifüuminatur^ lucibäe quod
per sc lucety ut patulum quod semper patet^ paiens quod et aperi'
TbMaurer: sn VergiliuB AeneU. 639
tur et cLaudUur^ ut ooiüiy 08. wer an diese belehrung über luoms
glauben will, dem können wir allerdings nicht helfen, der conser-
vative Ladewig schreibt: ^Tüania astra sind eigentlich die sonne
und der mond, denn Sei und Lnna waren kmder des Titanen
Hyperion; da der mond hier aber bereits genannt ist, so hat man
nur an die sonne zu denken , die auch sonst von den dichtem Öfter
durch Titan bezeichnet wird, vgl. Am. IV 119.' den frühem stand
der frage erfahren wir kurz durch Peerlkamp: ^lucenlemque . . astril.
Trappius et Wakefieldus emendaverunt Tüanaque et asira. Heynios
astra Titania interpretatur Solemj Wagnerus Lunam cum 8016, per
quandam epexegeseos speciem. ego ex verbis, ut nunc leguntnr,
nihil amplius officio nisi Lunam d sidera\ 8ol autem deesse non
potest. locum iam mature fuisse corruptum suspicor, nam landavit
Hieronymus t. lY p. 362 et vidit TUania. TITANU non moltum
abit a MICANTIA. si scribas: lucmtemque gloibumt Lunamque, miean-
tiaque astra ^ habes versum Virgilio dignum. glohus lucens est soly a
quo luna lucem accipit. astra mkanüa nominavit CatuUos epithal.
205.' darauf folgen zwei citate aus Ambrosius: 1) geniües hommeSj
quod caekim ac terras^ lunae quaque steUarumgue mkantium glohas
Spiritus intus äUxt^ suis versibus indiderufU; 2) ghhos mioanHum
siderum. aufgrund derselben urteilt Peerlkamp: Widisse Ambrosiom
micantia astra fere dicas.' doch fügt er das eingestftndnis bei: *Yir-
gilium autem liberius expressit. nam et mare et sclem omisit.' wenn
nun Gossrau sich zu der letztem annähme Peerlkamps bekennt mit
einem ^unde illum (sc. Ambrosium) quod coniecit Peerlk. legisse
admodum est verisimile' , so erscheint dies doch obenhin geurteilt.
oder sagt nicht Peerlkamp selbst, dasz es sich hier nicht um ein
wörtliches citat handelt? es konnte aber eben darum die dichterische
bezeichnung Titania am allerwenigsten berücksichtigung erwarten.
so stellt sich denn auch bei näherem zusehen das micofUium bei
Ambrosius nur als eine freiere wiedergäbe des lucentem zu globum
an unserer stelle heraus; es Iftszt vielmehr die übergehung des $ol
mit Sicherheit darauf schlie^zen, dasz in der that Ambrosius genan so
gelesen hat, wie noch heute unser text liefert. — Im übrigen heiszt
es bei Gossrau zu unserer stelle also : *Tüaniaque astra Solem signi-
ficare videntur; Titan enim apud poetas Sol est, cf. IV 119 sqq.
astra autem de una Stella non minus recte dici potest quam sidera
solis apud Ov. met. XIV 172. sie sidera Val. II 361 unam stellam
signat. offensi tarnen sunt plures , quod in onmium rerum ennmera-
tione omisit Stellas.' dann folgen die erwähnten besserungsversuche.
wenn nun bezüglich derjenigen Peerlkamps mit seiner deutung des
lucentem glöhum als ^sonne' Gossrau urteilt ^et satis est pingue,
solem dicere lucentem globum neque aliud quid addere ad enm slg-
nandum', so scheint mir das gegenüber einem so scharfsinnigen köpfe
wie Peerlkamp mindestens etwas gewagt, auch fehlt es keineswegs
an jener von Gossrau vermiszten anderweitigen bezeichnung; es hat
dieselbe vielmehr Peerlkamp ganz richtig in der gegenüberstellnng
640 ThMaurer: zu Vergüius Aeneie.
von luna gefunden, und dies trifft noch mehr zu bei der nunmehr
von mir vorzuschlagenden, wie ich glaube evidenten conjectur.
Ein vierfaches verlange ich: 1) die erwfthnung der sonne;
2) desgleichen der sterne; 3) die reihenfolge: sonne, mond, steme;
4) leichtigkeit der vorzuschlagenden conjectur — dinge von denen
mindestens eines bei jeder der seitherigen deutungen oder conjec-
turen zu vermissen war. setze man getrost nach glohum ein et ^ das
aber ausfiel , weil man ganz richtig die abhängigkeit des lunae von
jenem forderte und zugleich die dichterische bezeichnung des sei als
lucens ghhus nicht verstand, letztere gewinnt aber nunmehr ihre
volle berechtigung eben durch den klaren gegensatz zu hmae, von
demselben wiederholt zu denkenden regens glohum abhftngig. das
Titaniaque astra ist nun so zu verstehen, dasz damit zu dem bereits
genannten besondern das allgemeine hinzugefügt wird, worin ersteres
nochmals so sehr mit enthalten erscheint, dasz es sein, wie uns Lade-
wig belehrt, streng genommen ihm allein gebührendes mythologi-
sches epitheton auf den gesamtbegriff ausdehnt. Über den hier vor-
liegenden gebrauch des que bemerkt Weissenbom zu Livius I 2, 3:
^das allgemeine wird nicht selten durch que oder et ohne reliqui an-
geknüpft.' demnach ist unser vers lucentemque glohum d lunae Tita-
niaque astra deutsch wiederzugeben: *und den leuchtenten ball, auch
den des mondes , überhaupt die Titanischen gestime.'
Um der intention seines Werkes entsprechend sich darin ^die
ganze römische geschieh te reflectieren' zu lassen , macht Verg. be-
kanntlich im sechsten buche gebrauch von der seelenwanderungs-
lehre. Aeneas hat die animas superum ad lumen ituras erschaut,
woran sich als einleitung zu der anschlieszenden theorie v|. 710
— 723 ein wechselgesprftch zwischen Aeneas und Anchises reiht.
dasselbe eröffnet sich mit der mitteilung: horrescü visu suhito
caumsque requirit inscius Aeneas^ quae sint ea flumina usw. darauf
folgt: tum pater Anchises: animac usw. den abschlusz bilden, auf
die frage de.s erstaunens über das in kürze von Anchises mitgeteilte,
aus dem munde des Aeneas die werte : dicam . . suscipU Anchises
usw. wir sehen, es hegleitet, enti<prechend dem allgemeinen epischen
brauch, die jedesmalige rede ein vermerk, wer der Sprecher ist. wie
äteht es dagegen bezüglich jenes auüdruckes des erstaunens seitens
des Aeneas V da heiszt es, ohne jede Vermittlung an Anchises vor-
ausgehendes wort anschlieszend :
0 pater, anne aliquas ad cadum hinc ire putandum est
720 suhlimis animas itcrumquc ad tarda reverti
Corpora? quae luds miseris tam dira cupido?
dann folgt jenes obige dicam usw. mit seinem regelrechten suscipU
Anchises, durfte man sich hier wirklich etwa bei dem gedanken be-
ruhigen, aus dtm o pater erfahre der leser ja, dasz der eprecber
Aeneas sei? wir glaubten hier der mahnung Bentleys eingedenk sein
zu sollen: ^noli itaque librarios solos venerari, sed per te sapere
ThMaurer: zu YergiliixB Aeneis. 641
aude.' sehen wir uns den tezt nnserar stelle genauer an: opakr^
anne aliquas ad caelum hinc treptäandum est suibUmia animas Uerum-
que ad tarda reverti corpara? nun, das anne^ an sieh nicht gerade
häufig, begegnet bei Yerg. auszer an der unsem nur noch an einer
einzigen stelle, VI 864. und richtig ^ auch dort folgt unmittelbar
das indefinite aliquis: guis, paier^ tZfe, virum ^ sie camiiaiur
euntem? ßius anne aUguis magna de stirpe nepcftwm? aber freilich
mit ganz anderm rechte: steht es doch dort in seinem ursprünglich-
sten sinne als alius quis. wie aber an unserer stelle? gilt är sie
nicht Eilend t-Seyffert § 308 anm. 1: ^da die frage mit an eine
rhetorische ist . . und . . negativen sinn hat, so müssen in ihr die
pronomina und adverbia indefinita gebraucht werden , welche sonst
nach einer negation folgen ^ also quisguam^ til^usw.'? oder wo
soll der grund gefunden werden, dasz von den subUmes amrnae (über
diese Verbindung nachher) nur aUquae jene für Aeneas befremdliche
luds dira cupido empfinden? wozu werte verlieren? man setze, in
kommata eingeschlossen, an stelle von anne aUguas vielmehr
ÄeneaSj in gedenken dazu zu ergänzen aU. der kluge abschreiber
verband es mit o pater und half dem resultierenden unsinn ab durch
ein kühn conjiciertes anne aU^MS.
Nun noch ein wort über siublimis. auch hier erscheint es mir
rätselhaft, wie im chorus ein Heyne, Ladewig, Oossrau die nächst-
liegende, zugleich dem sinne nach vortreffliche Verbindung mit
animas verschmähen konnten zu liebe der mit tre. ' ist das wort bei
dieser letztern Verbindung, wo das ire bereits seine bestimmung durch
ad caelum erhalten hat, völlig müszig, so verliert gleichzeitig durch
seine abtrennung von animas das erstaunen des Aeneas , wie es sich
in der partikellosen frage (s. Ellendt-Seyffert § 306*^ anm. 3) verrät,
die so wünschenswerte sofortige begründung. sublimis^ mit cmimas
verbunden, ist eben der dichterisch gemodelte gegensatz zu dem
epitbeton tarda bei corpora, vgl. etwa Schillers 'die schwarzen und
die heitren loose'. zu der bedeutung des wertes an unserer stelle
vgl. Ov. ex Pento III 3, 103 mens tua suhlimis supra genus eminet
ipsum ; auch Aen, XII 788 gehört hierher.
In den versen zu ehren des Augustus VI 792 — 806, für die
Heyne das bewundernde wort bat 'in Augusto vero repraesentando
se ipsum superavit poeta', stört noch immer eine reihe von Unklar-
heiten oder misverständnissen den vollen genusz der dichtung. so*
viel ich sehe, hat man bisher allgemein , als npuDrov vpcOboc, das
Latio V. 793, sei es als ablativ sei es als dativ, mit condet verbun-
den, ohne zu beachten, dasz damit eine ganz zweckwidrige ein-
scbränkung des zu feiernden Verdienstes des Augustus gemacht wird,
^ auch Serviiis verbindet sublimis mit animas. wie gegen desselben
deutuDg ^ animas subtimium Koch mit recht erinnert, dasz dadurch 'die
allgemeine frage beeinträchtigt' wird, so übersieht er, dasx von dem-
selben vorwürfe auch das von ans nun beseitigte aUqua$ betroffen wird.
642 ThMaurer: zu Vergilius Aeneis.
während, wie sich zeigen wird, das wort gerade der entgegengesetz-
ten absieht dienen soll, schon die cäsur hätte davor behüten sollen,
mit Umgehung nemlich der natürlichsten , der männlichen , hat man
sich für die dreigliedening des verses durch hephthemimeres und
trithemimeres entschieden , obgleich der letztem doch der sinn in
jedem falle schnurstracks zuwiderläuft, setze man yielmehr zu leich-
terem Verständnis nach rurst^ komraa und verbinde LcUio statt mit
condet mit regnata als dativus commodi oder ethicus, was der fassang
als ablativus loci vorzuziehen sein wird; beziehe regnata nicht, wie
allgemein irrig geschehen , auf arva sondern auf aurea saecula , und
verbinde endlich das super et Garamantas et Indes nicht , wie trotz
eingestandener daraus resultierender zweifei ausnahmslos beliebt
worden ist, mit proferet imperitim^ sondern vielmehr mit dem vor-
ausgehenden, und nun sehe man zu, wie viel damit gewonnen
worden.
Nicht nur hat Caesar Augustus das goldene Zeitalter unter Satur-
nus erneut : rurstis condet , nein , der segen, dessen unter jenem sich
nur Latium erfreute (vgl. VIII 319 — 325), unter Augustus werden
dessen teilhaftig auch die Garamanten und Inder, ein deutlicher hin-
weis auf die wiederholte schlieszung des Janustempels im j. 730/24/
Zugleich wird damit eine weitere Schwierigkeit gehoben, erst
jetzt tritt das wort Heynes in sein recht: 'iam debebat sequi profert
Imperium — et super (?) eam terram^ quae iacet extra sdis vias. sed
inversio facta entbusiasmum adiuvat.' nun , diesem 'enthusiasmus'
war seither ein arges hemmnis bereitet, so lange das super et Gara-
mantas et Indos ?n proferet gezogen den sinn schlosz und nun das iacet
extra sidera tellus gar kein unterkommen mehr hatte, so hielt denn
auch Peerlkamp trotz der Hejneschen Versicherung statt des iacet die
conjectur quaque geboten, wie anders steht nun diesache! hebt der
satz an mit proferet imperium^ dann ist die einzige sich meldende
frage die des wohin? und ist es nun nicht der lebendigkeit der
dicbteririchen darstellung entsprechend, wenn Verg. statt nüchtern
fortzufahren in tellurem^ quae . . abbricht, um einzusetzen: iacet
extra sidera tellus , nemlich in quam proferet imperium — ?
Was den sinn dieser worte und der anschlieszenden betrifft, so
erscheint erstaunlich, dasz Ladewig meint: ^der ganze satz ist nur
poetische ausscbmUckung des gedankens, dasz Augustus die faer-
* hier mit Hcyne-Wagner, denen auch Gossraii beipflichtet, an die in
d.'is j. 734 20 fallende gcBandtschaft der Inder wahrend der anwesenheit
des Augustus in Syrien, oder an die auslieferung der römischen feldzeichen
durch Phraatcä in demseli'cn Jahre zu denken (gegen letzterei streitet
auch huius in adventum tarn nunc Caspia regna horrent^ womit das Parther-
rcicli gemeint ist), oder mit Gossrau an den sieg des L. Cornelias Balbos
über die Garamanten, wegen dessen derselbe den 17 mHra 786/19 triom-
phierte, scheint sich um deswillen zu verbieten, weil kaum ansonehmen
ist, dasz obige stelle nicht bereits gedichtet war, ah Vvrg. unser bnch
dem Augustus vorbis, also a. 731/2S oder 732/22. das et vor GmrammUaa
steht im sinne von 'auch', vgl. I 200. 201. 203 na.
ThMaurer: sn Yergilins Aeneie. 64S
Schaft Roms über die grenzen der den Bömem bekannten weit im
Osten, Süden und westen ausdehnen werde', nachdem bereits Heyne-
Wagner , wie im anschlusz Oossrau die zu suohende nShere bezug-
nahme richtig erkannt hatten, im gegensatz zu des Servius sigmfir
cot autem Maurorum Äähiopiam heiszt es bei Heyne 'respioi autem
a Marone Candacen victam et Aethiopiam supra Aegyptum a
C. Petronio copiis peragratam (a. 730/24) probabile fit.' während
nemlich zu jener deutung des Servius in der Zeitgeschichte jeder
erforderliche anhält fehlt (vgl. Weidner zu I 19 f. 'natürlich Mau-
retanien konnte Verg. überhaupt noch nicht erwähnen, da es erst
unter dem kaiser Claudius römische provinz wurde') , musz es für
den dichter durchaus zulässig erscheinen, wenn er eine besonders
pathetische bezeichnung, die eigentlich nur einem teile zukommt,
hier der Maurarum Äähiqpia (vgl. IV 180 ff.), als periphrase des
ganzen gebraucht , das selbst wieder der sache entsprechend einen
andern teil vertritt , hier die Äethiopia supra Aegifphim. der name
also, der unserm dichter auf den lippen schwebt, den er mit iacd
extra sidera teUus usw. periphrasiert, er heiszt AetMapia.^
Bei beanstandung der verse 802 u. 803 hat man, an den Wort-
laut tantum teUuris obivU sich klammernd, die parallele zwischen
Augustus einer- und Hercules und Liber anderseits eben nur auf
das damit markierte tertium comparationis eingeschränkt, während
mindestens gleich wichtig die verwandte bedeutung der beider-
seitigen Züge in ihrer tendenz erscheint, was auch Ladewig, bezüg-
lich des wie? allerdings wenig glücklich, auszuführen versucht hat.
während darum auf jenes tantum teUuris an sich nur das fixerü aeri-
pedem cervam licet (^mochte er die erzhufige binde bannen', indem er
sie nemlich einholte) zu beziehen ist — soll dies doch erst im lande
der Hyperboreer geschehen sein — so verlegt der dichter im folgen-
den den Schwerpunkt, der nun einmal auf das pacarü fällt, zielend
auf den sieg über die Cantabrer (vgl. Hör. ca. lU 14, 1 ff. HercuUs
riiu modo diduSy o plebs^ tnorte venalem petiisse kmrum Caesar
Hispana repetit penates victar ah ora a. 730/24) , zum andern auf
das tremefecerit (vgl. huius in adventmn horreni Oaspia regna usw.).
der vergleich mit Liber endlich zielt, wenn, wie wir wahrschein-
lich fanden, schon 732 gedichtet, auf die vorerst geplante reise des
Augustus nach Asien (wofür ebenfalls d&% huius in <idventumgeltenä
gemacht werden mag), nach den umständen muste sich dieselbe
durchaus , worauf ich das viäor in Verbindung mit pampineis iuga
^ es mag bei dieser gelegenheit auf eioe weit gröszere freiheit im ge-
brauch der periphrase aufmerksam gemacht sein, deren sich Schiller in
seinem 'berglied' bedient, die ^königin hoch und klar' ist keine andere
als die ^seit #n'igkeit verschleierte Jungfrau' im Teil, die der dichter
zur krönung seines landschaftlichen gemäldes hier ebenso frei wider
die geographische Wirklichkeit znr stelle beschwört, wie bekanntlich
im 'grafen von Habsbnrg' wider die historische den ^weinachenkenden
Böhmen'.
644 ThMaurer: zu Vergilius AeoeiR.
fledit hahenis usw. beziehe , 'als zu einem triumphzng des Caesar
Augustus anlassen.
In dem et duhiiamus adhuc virtute (ich ziehe vor virtuti) exten-
dere vires, wogegen das virtutem extendere f actis gar matt erscheint,
erkenne ich dieselbe beabsichtigte paronoraasie wie in 1 117 e^ rapidus
vorat aequore vortex (sonst bei Verg. üblich die form veriex\ wie ich
in verwandtem sinne an anderm orte die inschrift auf dem Abasschild
hergestellt habe Aeneas haec de Danais vidoribu{s) (beabsichtigter
archaismus) vidor (nicht arma).
Mag zum schlusz das gewonnene resultat durch abdruck der
ganzen stelle ins licht treten :
hie vir, hie est, tibi quem protnitti sa^us audis,
Augustus Caesar, divi genus, aurea condet
saecüla qui rursus , Lotio regnaia per arva
Saturno quondam, super et (raramavUas et Indes;
proferet imperium — iacet extra sidera teüus , 796
extra anni sölisque vias , uhi cadifer Allans
axem umero torqud stellis ardentihus aptum.
huius in adventum iam nunc d Caspia regna
responsis horrent divom d Maeotia teOMS
et septemgemini turhant trepida ostia NiU, 800
nee vero Aleides tantum teUuris öbivit,
fixerit aeripedem cervam licd aut Erymanthi
pacarit nemora et Lernam tremefecerit arcu ,
nee qui pampineis vidor iuga fledit hahenis
Liher, agens celso Nysae de vertice tigris, 805
d duhitamus adhuc virtuti extendere vires ^
aut mdus Ausonia prohihet consistere terra?
Zu den worten am schlusz des sechsten buches v. 898 his ibi
tum natum Anchises unaque Sibyllam prosequitur didis lesen wir bei
Peerlkamp (derselbe folgt der lesart uhi st&it ibi): ^quibus dictia?
ultima Anchisae dicta, quae hnec appellari possunt, fuere fungar inani
munere, sed post ea locutus est alia multa, quae ipsa Vergilius non
retulit, sed brevi scntentia niemoravit. \vdSi aliquem didis^verhis pnh
sequi d emittere significat aliquem postremum sälutare, eumqoe verbis
compellatum dimittere. his didis Aenean prosecutus est, omnino
requirit ipsa dicta, quibus Anchises usus fuisset.' dem billigen ver-
suche Peerlkamps selber, jene berechtigte frage 'quibus dictis?' fein
zu umgehen durch ein conjiciertes hie, uhi tum natum Anchises una-
que Sibyllam prosequitur didis, portaque emittit ehuma: Hie viam
secat ad naves sodosque revisit — dieser conjectur hat bis jetzt noch
niemand beipflichten wollen, ebenso wenig freilich ist es gelungen
die befriedigende antwort auf Peerlkamps frage zu finden, oder wer
möchte sich etwa bei der Ladewigs beruhigen : 'das his didis recapi-
tuliert die hauptsacbe, die vorhergehenden gespräche'? dssprasequi
verbis gibt jenen fraglichen worten einen ganz bestimmten Charakter,
ThMaurer: zn VergiliuB AeneiB. 646
was bereits Peerlkamp betont hat und die stelle Cio. m Oai. 11 1 be-
stätigt: Catüinam . . vd eiedmus vd emisimus vd ipBum egredie9ikm
verhis prosecuti sumus. dazu wollen die Vorhergebenden gesprftcbe'
durchaus ungeeignet erscheinen, nein, unter allen umst&nden mflssen
wir, was ich auch Peerlkamps ooi^ectur entgegenhalte, Yon dem
dichter für diese begegnung seines beiden mit der seele seines yaters
Anchises in der unterweit irgend ein bestimmtes sobluszwort for-
dern ; womit entweder der söhn vom yater oder umgekehrt abschied
nahm, unsere stelle zeigt, welchem yon beiden der dichter dieses
schluszwort zugedacht hatte , wie das prasequi dasselbe zugleich als
ein geleitswort charakterisiert, fragen wir uns selbst, welcher art
jenes abschlieszende geleitswort billigerweise sein mnste. entweder
konnte es sich an das persönliche yerhftltnis anschlieszen,in dem yater
und söhn zu einander stehen, entsprechend dem begrttszungsworte
V. 687 venisti tandem usw. mit derartiger sentimentalitftt würde der
dichter hier entschieden hint-er sich selbst zurückgeblieben sein : gilt
doch gerade für unsem gesang jenes bewundernde wort Nägelsbaohs
über Vergilius ^die ganze Aeneide ist das geistreichste yaticinium
post eventum, ein reflez der gesamten grOsze Boms, ein nachhall
seiner ganzen geschichte'. ja, gerade diesen als einzige anderweitige
möglicbkeit sich darbietenden Charakter des patriotischen pathos muste
am zweckentsprechendsten das geforderte geleitswort zeigen, ent-
weder also haben wir anzunehmen, ein solches wort sei durch irgend-
welchen Zufall yerloren gegangen, oder aber es sei an unrichtige
stelle geraten, nun gibt es in der that in unserm gesange in un-
mittelbarer nähe ein wort des Anchises, das zu einem solchen geleits-
wort in dem angedeuteten sinne wie gemacht scheint, und noch mehr,
dasselbe begegnet zugleich an einer stelle, an der es dermalen nur
höchst befremdlich und störend erscheinen musz. Verg. läszt die auf-
zählung der beiden Boms durch Anchises mit der das interesse seiner
nächsten leser am unmittelbarsten berührenden nennung des sohnes
der Oetavia, des jungen M. Claudius Marcellus schlieszen, den
Augustus zu seinem nachfolger bestimmt hatte, und der zu den
schöusten boffnungen berechtigend kaum 19 jähr alt in Bajae ge-
storben war. der einführung dieses nachrufes dient der preis seines
ahns M. Claudius Marcellus, des siegers über die iusubrischen Gallier
wie über Hannibal. nun leitet der dichter diese ganze partie ein
mit den werten sie pater Anchises cUque haec miratUünts addit,
oöenbar zielt doch jenes sie auf dasselbe, was anlasz zu dem
mirari wird, dem dann ein verwandtes durch unser addit angereiht
werden soll, angereiht aber wird ein held der römischen ge-
schicbte : was darum billigerweise als vorausgehend zu erwarten wäre,
das ist die aufzählung römischer beiden, diese aufzählung erscheint
aber dermalen in unserm texte ganz unvermittelt unterbrochen durch
das berühmte wort v. 847 — 53 excudent <üii usw., während die auf-
zählung der römischen beiden schlosz mit der nennung des groszen
Fabius Cunctator und dem anachronismus aus "RnmM^ wms gm nohis
646 ThMaurer: zu Vergüius Aeneie.
cunctando restiiuis rem. wie ferner jene herlichen worte über die
mission des Bömertums in ihrem unvermittelten anschlusz an die
aufgezählten beiden dermalen jeder sie ins gehörige licht stellenden
folie entbehren , so machen sie so sehr den eindruck eines schlasz-
wortes , dasz der anschlieszende nachruf auf Marcellus wie ein hors
d'oeuvre erscheint, hat man doch im Widerspruch mit den ausdrück-
lichen Zeugnissen des Servius und Donatus denselben als erst nach-
träglich hinzugedichtet annehmen wollen, wie Heynes wort lehrt
'videri potest totus locus reliquo iam carmine absolute insertus esse;
nee tamen video, unde viri docti hoc tamquam exploratum satis
tradere possin f. wenn es sich endlich auf der einen seite empfahl,
für die einführung des brennenden zeitinteresses , des todes des
jungen Marcellus, neu anzuheben, wie es mit dem sie pater Änchises
atque haec mirantihus addü geschieht, so wurde wieder der za-
sammenhang am besten gewahrt, wenn auf Fabius, den schild Roma
gegen Hannibal, unmittelbar das schwort desselben M. Claudias
Marcellus genannt ward, die frage wäre jetzt: wo ist unserm ent-
deckten geleitswort seine stelle anzuweisen ? hätten wir es mit einem
Prosaiker zu thun, so bliebe nichts übrig als dasselbe hinter v. 898
einzureihen, so dasz his didis prosequüur ankündigend voraosgienge.
ich gestehe, es geschähe damit der bedeutsamkeit jenes wortes, die
doch in erster linie unserm dichter selber wird zu gemüt gegangen
sein , wie es den lesenden Jahrhunderten geschehen , schwerer ein-
trag; sie giengen im ruhigen flusse des epischen tones einfach ver-
loren , statt sich nach ihrer natur als markstein hervorzuheben, ein
wort von solchem gewichte wollte durchaus auf den rhetorischen
leuchter gestellt sein, wir geben ihm die stelle nach ▼• 892. der
dichter hat des Anchises preiäende aufzählung der gr^^szen der römi-
schen geschichte im ton des berichtes zusammenfassend abgeschlossen
mit den werten exitn hetta viro memorcU . . et quo quemgue modo
fugiatque feratque lahorem. da läszt er, ohne uns zunächst zu sageo,
wo wir uns befinden, unter welchen umständen es gesagt wird, den
alten mit emphase das scbluszwort anheben , dem söhne damit die
parole des Römertums auf den weg gebend : excudeni aiii . . tu regere
imperio populosy Romane^ memento usw. im tone der parenthese folgt
dann das wo? sunt geminae Somni portae usw. , worauf mit kräftig
anhebendem his ibi tum v. 897 in richtiger abstufung das bis jetzt
noch ausstehende gedankenverhältnis nachgeholt wird, mit dem his
didis prosequiiur eben auf das obige emphatische geleitswort ver-
weisend, es bliebe noch die frage, was etwa schuld gewesen, daat
unser wort an unrechte stelle geraten, man könnte an das oben
eitler te wort Heynes erinnern, fand wirklich eine solche nachträg-
liche einschiebung statt, dann läszt sich recht wohl denken, wie
zugleich ein stück des bereits zuvor vollendeten bei dieser ein-
schiebung mitgieng. dann schlosz ursprünglich v. 889 — 93 unmittel-
bar an V. 847; daran weiter unser geleitswort v. 848—54; endlich
daran mit v. 893 der schlusz des gesanges. eingeschoben wurden dann
ThMaurer: zn Vergilias Aeneis. 647
später V. 855 — 88, wobei durch zufall irriger weise v» 848 — 54 mit-
gieng. doch gestehe ich dieser annähme um deswillen mich zu Yersagen,
weil auch ich bezüglich der berichte über die Wirkung, welche der
dichter gelegentlich der Vorlesung unseres buches im j. 731 oder 732
mit der auf unsem Marcellus bezüglichen stelle bei Angustus und
Octavia hervorgerufen habe, es mit Peerlkamp halte *et cur Servius
et Donatus talia finzissent?' vielmehr vermute ich, man las nur mit
dem äuge und verstand so nicht das rhetorische pathos', meinte
darum die werte des Anchises , in der oratio recta gesprochen , der
V. 846 endigenden rede desselben als schluszwort anreihen zu sollen.
die daraus erwachsenden, oben aufgezeigten unzuträglichkeiten liesz
man in der freude der gefundenen sohlimmbesserung einfach auszer
betracht. dem Verfasser wolle man zu gute halten , wenn er in der
freude über den nunmehr in seiner vollen Schönheit hergestellten
schlusz unseres gesanges sich an einer metrischen Übertragung des-
selben versucht hat, die er hier vorzulegen wagt:
80 der vater Anchises. sie staunen noch, da er jetzt fortfährt: 864
^sieh, wie im spolienscbmack , dem stolzesten, held Maroellos 855
schreitet, in schatten sie stellend die Sieger, die übrigen allel
er isfs, der dem römischen Staat aas kriegen nnd anfrahr
wieder zu stand hilft, nieder die Poener , den meuternden Galler
reitend, als dritter die wAffen des feinds weiht vater Qoirinus.'
und Aeneas anjetzt — eine Jünglingsgestalt von seltner 860
schöne SHh er geben zumal, in glänzenden waffen,
aber die stirn umwölkt, gesenkten blickes das äuge —
^wer doch, vater, ist der im geleit des wandelnden beiden?
ist es ein söhn? ist*s einer vom hohen stamme der enkel?
welch ein stattlich gefolge! welch bild von groszheit er selber! 865
aber es schlägt ihm ums haupt mit nächtlichen schwingen die traaer.'
da ^beginnt mit entquelleudeu thränen» vater Anchises:
^o mein söhn, lasz schweigen zu herben web's mich der deinen!
nur ihn zeigen will das geschick — doch länger auf erden
dasz er verweile, verbeut^s. zu grosz each war* er erschienen, 870
götter, der römische stamm, nennt* ihn er dauernd sein eigen.
welches klagen des volks wird einst bei der Stadt, der gioszen,
steigen von Mavors plan! wirst schauen du, Tiberinas,
welch ein begängnis, nun du dem frischen hügel vorbeifliesztl
nie wird ein söhn vom ilischen stamm den latinischen ahuherm 875
schwellen das herz, das hoffende, so; mit gröszerem stolze
bat niemals das Komnlische land den pflegling getragen.
ach, der frommheit! der vätertreu! des kriegerischen armes!
straflos war* ihm keiner zum kämpf entgegen getreten
je, sei's dasz er zu fusz anschritt zu begegnen dem feinde, 880
mocht* in die weichen den sporn er dem hengst, dem schänmenden, bohren.
^' bezüglich dieser gefahr des lesens mag hier an ein bedeutsames
wort JGFichtes erinnert werden: 'das schreiben ist bei den alten er-
funden worden, lediglich um die mündliche mitteilang denen zu er-
setzen, die zu ihr keinen zagang haben konnten; alles geschriebene
war zuerst mündlich vorgetragen and war abbildung des mündlichen
Vortrags; nur bei den neuem, besonders seit erfindung der baohdracker-
kunst hat das geschriebene begehrt für sich etwas selbständiges zu
sein, wodurch unter anderm auch der stil, dem das lebendige oorrectiv
der rode entgieng, in solchen verfall geraten.'
648 Albert Müller : zu Aristopbanes [Acb. 988].
armer knabe, gäb^ es ein wie, zu brechen das fatam!
du wirst unser Marcellus sein! reicht lilien mit vollen
bänden! laszt rosen micb, purpurne, streun, die seele des enkeli
dasz icb mit solchen f^aben sie ehre, des nichtigen dienstes
waltend!' — also schweifen sie rings in der gegend hierhin,
dorthin, durch das gefild der schattenweit, alles durchmusterod.
da Anchises den söhn vom einen zum andern so führte
ihm entflammend den sinn mit begier zukünftigen rnhmes,
lehrt er anjetzt den helden die kriege, die fürder zu führen, MO
lehrt ihn Laurentums Völker, die Stadt des königs Latinus,
wie so mancher gefahr er entrinne , andre bestehe. 89t
^lebensvoller gebild aus erz zu schmieden verstehen — S47
sei^s drum — andere, so lebendige züge dem marmor
es zu entlocken; des redners kunst handhaben sie besser;
zeichnet die bahnen des himmels ihr stift; sie kennen die Sterne — 850
du, zur weltlierschaft, o Römer, dich wisse berufen —
dazu ward dir die gftbe zu lehren frieden und sitte;
Schonung besiegten! zu boden die hoffart ! dies deine losung!'
zwei sind der titore des traums: das eine aus hom, so heiszt es,
wo sich der handliche ausgang beut wahrhaftigen schatten;
blendendes elfenbein ist der stoff des schimmernden andern,
durch doch lassen die manen nur tenschende träume nach oben.
hier war^s, wo mit solchem geleitRwort jetzo Anchises
söhn und Sibylle zugleich eutläszt durch die elfenbeinpforte.
jener nimt seinen weg zu den scliiffen , die freunde zu finden:
bald dann trUgt's ihn die küste entlang zum hafen Gactas. 900
Mainz. Theodor Mauber.
(35.)
ZU ARISTOPHANES.
Aub einer von mir vor mehreren jähren aus altem intere8ee*an
längst verlassenen Studien vorgenommenen vergleichung des codex
Bavennas mit dem gerade zur Verfügung stehenden Leipziger dmck
der Elmsleyschcn ausgäbe der Acbarner teile ich hier anlftszlich des
aufsatzes von WPökel oben k. 247 das folgende mit, da es bei der
höchst auffallend(>n thatsache, dasz Acb. 988 die einen Ka( T* oder
Tai T* in\ TÖ bemvov im Bavennas gefunden haben, wfthrend Her-
werden aus derselben quelle d7TT€pu)Tai t* im TÖ bemvov anführt,
interessieren wird den Sachverhalt kennen zu lernen, beide be*
hauptungen sind berechtigt, in der that beginnt die fragliche zeile
mit Tai t\ und zwar so dasz diese silbe ohne bezeichnung eiser
lücke genau unter den übrigen zeilenan fangen steht, hierin ist also
die ursprüngliche lesart der hs. zu erkennen, vor dem läi stehen
aber am rande die buchstaben ^TTTep* von anderer band and in der
weise mit neuer tinte überzogen, dasz nur das zweite e noch als alt
zu erkonnen ist. es folgt dann am rande das wort ^TTT^pujTC als an*
fang eines scholions, das zu entziffern mir bei der kürze der zu ge-
böte !<tebenden zeit nicht gelungen ist.
Flknsburg. Albert Müller,
ERSTE ABTEILUNG
FÜB CLASSISOHE PHILOLOGIE
HBRAU8GEGEBBN VON ALFBBD FlBCKBISXN.
82.
Zu DEN GBIECHI80HEN TBAOIKEBN.
Sophokles El. 636
^Traipe bi\ cu OujüiaO" f| ircepoOcd fioi
635 TldTKapTT*, äVQKTl Tl^b* ÖTTIüC XUTnpfouC
eix&c dvdcxuj beijüidruiv & vOv ix<ai.
Nauck hält dvdcxu) 'ohne zweifei für fehlerhaft' : denn die redens-
art euxdc dvacxeiv lasse sich weder durch die annähme rechtfer-
tigen, dasz an das x^^P^c dvacxciv der hetenden (II. f 318 Xao\ b*
^pr)cavTO, OeoTci bk x^^P^c dv^cxov) gedacht werde noch durch die
berufuDg auf die redensart öpKta T^jüiveiv, welche so viel bedeute
wie TTOieicOai öpKia tili cqpdria t^jüivciv. Nauck hält es also für un-
möglich, dasz euxdc dvacxcTv heiszen könne 'unter bitten die hSnde
erbeben', und schlägt, um einen passenden ausdruck zu bekommen,
die gewaltsame änderung vor: ävaicra TÖvb' öirwc Xuniptoic edxottc
dxriXu). doch ist an unserer stelle überhaupt nichts zu ändern: denn
die von Nauck in abrede gestellte bedeutung der redensart eöxäc
dvacx€iv =» 'betend die bände erheben' findet sich allerdings: bei
Kaibel epigr. gr. add. 241» v. 19 f. lesen wir:
oiivcKa Kai npöc t^kvq Kai dv^pac, oTciv dv^cxov
€ U X 1?| V Ö ÖCIOU , T^PjÜl* ilT^ßT]V ßlOTf)C.
auch Kaibel findet diese redensart merkwürdig; er sagt: «oTcci
dv^cxov traditur. mirum est cöx^v dv&X^V (i. e. €ÖXO^^ X^^pOiC
dv^cxov), non tarnen ultra poetae artem.» man wird mir jedoch zu-
geben, dasz die Sophoklesstelle und das aus Kaibels samlung an-
geführte opigramm sich gegenseitig stützen , und dasz femer Kaibel
nicht nötig hat das überlieferte oTcct (bzw. oTciv) dv^cxov zu ändern
in Die ^tt' dv^cxov, damit es so viel sei wie iliv (hrep: denn der dativ
oici entspricht dem dvaKTt TUJÖe bei Sophokles, man vgl. auch Eur»
El. 592 öv€X€ x^pöc, fiv€X€ XÖTOV, tei Xirdc de touc 6€odc.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft 10. 48
650 OHöfer: zu den griechischen tragikern.
Oid. Tyr. 7
diTU) öiKaiojv |Lifi nap' ätT^Xidv, T^Kva,
dXXuüv dKOueiv aÖTÖc iLb' dXrjXuOa.
vergebens hat man versucht dXXiüV durch hinweis auf stellen wie
Eur. Or. 532 ti {iiapTupujv äXXwv dKoueiv bei ^\ & t' eicopdv näpa;
Xen. Kyrup. I 6, 2 öttuüc pf) bi' äXXuJV ^PMT]V^UJV tqc tuiv Ocuiv
cujLißouXiac cuveirjc, dXX' auTÖc tiTViI)Ckoic zu rechtfertigen: sie
gehören nicht hierher, ebenso wenig lassen sich heranziehen stellen
wie Xen. anab. I 5, 5. Thuk. VII 61. Od. a 132. ß 412. l 84. 6 40.
i 193. 367. Herod. IV 179: denn an allen diesen stellen werden
immer zwei gegenstände einander gegenübergestellt; an unserer
stelle aber kann Oidipus den grund der opfer und des Wehklagens
eben nur durch boten oder durch eigne anschauung erfahren ; schliesz-
lich verbietet auch die Wortstellung die worte dTY^XuJV . . dXXuiv
aufzufassen «= Won anderen, nemlich von boten'. dXXujv ist also
fehlerhaft; doch scheinen die bis jet^t gemachten Verbesserungsvor-
schläge den schaden noch nicht geheilt zu haben. Meineke schlng
vor djLiuiv «= djLiuüV , Wecklein dTTÜJV , Moriz Schmidt schrieb £cui
böjLiuüV für T^Kva, dXXuJV, ORibbeck endlich (in seinem interpre-
tationscolleg über Soph. CT.) vermutete dXXiuc ■* 'aufs geratewohl'
mit bezug auf v. 333. 1151. — Warum, fragen wir, will Oidipus sich
persönlich nach den wünschen der hilfeflehenden und nach dem zweck
ihrer versamlung erkundigen, nicht aber durch boten darüber unter-
richtet werden ? einzig und allein doch nur deshalb, weil er in person
alles genauer und wahrheitsgetreuer erfahren kann als durch die be-
richte der boten, die oft ungenau und unzuverlässig sind: vgl. Eur.
Herakl. 389 fif. fiKCi cipdicujn' 'ApTCiov EiipucGcuc t* äva£. ifib
viv auTÖc elbov dvbpa ydp XP^wv, öctic CTpaniTCiv q^nc* iwl-
CTac6ai KaXuic, ouk dtT^^oici touc dvavTiouc öpav. ich ver-
mute daher, dasz in dXXuüV ein auf dyT^^^^v bezügliches adjectivam
stecke, das diesem gedanken ausdruck gibt, und schlage für AAAQN
vor AAAQN: denn derjenige, der geschwätzig ist, der nimt es mit
der Wahrheit nicht genau, setzt oft etwas hinzu und entstellt die
thatsachen: vgl. Eur. Hik. 458 ff. KXaiu)V t' &v fjXOcc, cl C€ }ii\
*Tr€jLmi€V TTÖXic TTcpiccd cpwvujv töv tdp ÖTTtXov xpcuiv
X^EavG* 8c fiv idEr) Tic ibc idxoc naXiv xu)p€^v • tö Xoittöv b* etc
i\ii\v nöXiv Kp^tüv ficcov XdXov cou nejLiTr^Tiü tiv* ättcXov.
Kjkl. 315 KO|Lii|iöc T€vrjc€i Ka\ XaXicTaTOC. Galenos II 66 (Kühn)
'AcKXriTTidbiic dv|jeucaTO TTapanXiiciujc olK^Taic XdXoic fiiv
TÖ iTpöc6€ ToO ßiou Kai noXXd noXXdKic dyicXripaTa biaXuca^^voic
unö iT€piTTf)C TravoupTiotc ähnliche vorwürfe wie gegen die
boten werden oft auch gegen die ihnen verwandten herolde erhoben:
Eur. Hik. 426 ko)liv|jöc y' ö KTipuE Kai irapcpTdiiic Xötiuv. Herakl.
292 f. Tiäci ydp oütoc KrjpuEi vöjlioc bic TÖca nupToOv twv TiTVO-
fi^vujv. fr. 1001 del ttot' ^ti CTT^pjiia KiipuKUJV XdiXov.
Euripides Hek. 449. der cbor der gefangenen Troerinnen
fragt, ungewis über sein weiteres Schicksal:
OHöfer: zu den grieobiaohein tragikem. 661
TTOi 1L16 Tdv jüieX^av iTop€äc€ic ;
Tuj bouXöcuvoc irpöc oTkov
KTii6€Tc'ä9(£o^ai;
niemand hat bis jetzt an dem aoristns pass. KTTiOetca aastosi ga«
nommen , trotzdem sich kein einziges beispiel dieses gebrauchea bei
den tragikern findet und anch die flbrigen schriftsteiler den aor. paas«
von KTäcOai gemieden zu haben scheinen, wenigstens habe ich ihn
nur an zwei stellen bei Thukydides finden können (1 123, 1 od T^
biKaiov & Tfji dTTopicji ^kti^Ot], tQ iTCpiouciqi diroX^cOai and II 86, 4
Td jLi^v KttTd noX^^ouc £pTa oTc Sicacra ^icnfjOii). ich stehe daher
nicht an KTTideic' ftlr verderbt zu halten; den weg zur emendation
zeigt das scholion des cod. Marcianos : lifi bouXöcDVOc] t(vi boOXr|
övo^acOeTca npöc töv oIkov dupiBo^oa; der seholiast las also
kX Ti 6 e T c' , und auch wir werden kein bedenken tragen diese lesart in
den text zu setzen: vgl. v. 480 ifü) b* iv Scivqi x6ov\ bflK^KXrmai
bouXa. ebd. 552 öoOXt] K€KXf)c6ai ßociXlc oik' aicx^vo^ai.
Ion 309 ToO eeoö KaXoCjüiai boCXoc zu tcX^eek s. Hik. 1226
'eTTiTOVOi b' äv' '€XXdbo KXnWvrec Hei. 22. Her. 160. Alk. 629.
Hipp. 860 f. Theseus, der die schreibtafel in der band der toten
Pbaidra bemerkt, fragt:
Ti brj TToO' f{be bikioc Ik (piXnc X^P^c
i^pTTiiLidvTi ; O^Xei Ti dumf^vot v^ov;
dXX' fj X^xouc ^01 kqÜ Täcvuiv iirtCToXdc
f Tpctipev t\ böcTiivoc ^EaiTOUjüi^vii ;
860 Odpcet, TdXaiva* X^KTpa ydp rd 6nc^uuc
ouK fcTi bOü^d 8' fiTic elceiciv f\m\.
so liest man in den ausgaben, während die codd. A und C für buifid
6' TiTic bieten biupaO' iiTic, was sich als lemma des scholion A findet:
OUK fcTi bu)^a9'] OUK fcTiv fiiiCTuvfi clc Touc böjioucelcÄöoi
bid Td XcKTpa Tou 6tic^ujc. es ist klar dasz, wenn bui^aO' die rich-
tige lesart ist, im vorhergehenden verse X^KTpa fehlerhaft sein mosx^
und es wäre auch wunderbar, wenn Theseus auf die kräftige Ver-
sicherung 'mein lager wird kein weib mehr teilen' das matte *mein
haus wird kein weib mehr betreten' folgen lassen wollte: denn wenn
sich eine frau dem manne vermählt, so betritt sie doch wahrlich
auch sein haus, die Ursache der Verderbnis ist leicht einzusehen:
über biü^a6' ward zur erklärnng — vgl. das scholion: eic TOÖC
bö^ouc eic^XOoi bid Td X^KTpa — X^KTpa geschrieben, diesea
drang in den text ein und verdrängte das echte wort, ein, wie ich
gleich hier bemerken will, auf bi())üia6' bezügliches ac^ectivum; natttr-
lieh muste nun, um die construction zu ermöglichen, büb^aO* ver-
wandelt werden in buijud 6*. zur richtigen ergänzung des verdrängten
adjectivs scheint mir Eur. Alk. 862 den weg zu zeigen: hier ruft
Admetos , der nach Verlust seiner gattin sich in gleicher läge wie
Theseus befindet, klagend aus: i\b, CTUTval npöcoboi, CTUfval b'
6ip6ic xnP^v jLieXdOpiuv. hiemach schlage ich vor an unserer
stelle zu schreiben :
4S*
652 OHöfer: zu den griechiBchen tragikern.
9dpc€i, xdXaiva- xf\pa fäp tci Giiceiwc
ouK fcTi bu))Lia6* f^Tic eiceiciv T^vr).
vgl. auch Kaibel epigr. gr, 224, ö ttSc Top ijLioO q>6ifi^viic X^POC
bö^oc. ebd. 406, 13 öpqpavä T^Kva XmoiTO; x^pov ßiov, otxov
fpriMOV. ebd. 1046, 12 ujc oi Zeuc djKTCipev öbupöjüicvov irapa-
KOiTTiv TnP<Ji €V dCaX^tü xnpi) nepiKeijiicvov eöv^. Anth. Pal. Vn
517, 6 TÖv 6ÖT6KVOV x^lpov Iboöca böjiov. Soph. fr. 858 kot^
öpqpavöv T^P oTkov dvbpöqppujv Tuvrj. Eur. Or. 664 Bavtbv T^P
oTkov öpqpavöv Xeiipu) ttqtpöc.
Hek. 489. der herold Talthjbios ruft beim anblick der unglflck-
lichen Uekabe, gleichsam am walten des Zeus verzweifelnd, aus:
(L ZeC, t( \iiijj; irÖTepd c' dv6p(J[)TTouc öpfiv,
f| böEav dXXiüC xrivbc KCKTiicGai judiriv
490 ipeubn, boKoövxac baijuöviwv elvai t^voc,
TuxTiv bk ndvia rdv ßpoioic ^mcKOTiciv;
mit recht hat Nanck den v. 490, der ganz unvermittelt, während bis
jetzt einzig und allein von Zeus die rede war, das ganze götter-
geschlecht einführt, gestrichen: er ist das mach werk eines inter«
polators, der das vorausgehende böEav Trjvbe noch nfther ausführen
zu müssen glaubte, man vgl. auch den ähnlichen vers des Kritias
fr. 1 , 42 (s. 599 Nauck) OviiTOUC vojLiiZeiv baijüiövujv elvai t^voc. aber
auch V. 489 leidet an mangeln : zuerst an der allerdings nötigenfalls
erträglichen Verbindung von dXXuüC und |LidTT]v; vor allen dingen aber
fehlt diesem verse das subject, und dieses aus dem vorhergehenden
object dvOpuiTTOUC zu ergänzen ist doch allzu hart, deshalb schlug
Heimsoethvor: f\ böEav dXXiuc Tr)vb6 K€KTfic6ai ßpoTOUC, einecon-
jectur die wegen des unmittelbar folgend'en ßpoTOic wenig ansprach
auf Wahrscheinlichkeit hat. den richtigen weg zeigt das scholion:
dpa öpäv ce xd lOuv dv9pai7TU)v * f{ jndniv Tfjv öitöXt]I|iiv TauTT|v
K6KTf]c6ai f^dc. f) Tuxn be ndvTa CKoneT. man sieht, die para-
phrase des scholiasten schlieszt sich eng an die werte des Euripides:
dpa öpdv c€ Td tujv dvGpüüTiujv = nÖTepd c* dv6pumouc 6päv
f| judniv Tfjv UTTÖXriniiv KeKTflcOai fijuäc = i\ böEav äXXtuctVjvbc
K€KTf)c6ai )üidTr)v
f^ TuxTi bfe Tidvia CKOTiei = tuxtiv bfe ndvia rdv ßpoTok dm-
CKoireiv.
sollte bei dieser groszen ähnlichkeit zwischen der paraphrase des
scholiasten und dem texte des Euripides das von letzterm in der
Wiedergabe des v. 489 gebrauchte wort f))üiäc nicht auch ein Eori-
pideisches und daher folgendermaszen zu schreiben sein:
iL Zeö, Ti \(,iuj; irÖTCpd c' dv8pu)Trouc öpdv,
f\ böEav fiMdc xrivbe KCicnicOai Mdniv,
TUXTIV bfe Tidvia Tdv ßpöToTc iniCKOTTcTv;
Alk. 321. Alkestis, den tod unmittelbar vor äugen sehend, klagt:
bei ydp 9aveiv iie * Kai TÖb' oük ic aCptov
321 oub' eic Tpirriv poi mhvöc fpxcrat kqköv,
dXX* auTiK* iy toTc ouk^t* ouci X^o^ai.
OHöfer: zu den griechischen tragikem, 653
dasz jLiTivöc V. 321 verderbt ist, wird wohl allgemein zugegeben,
und es sind verschiedene verbeseemngsvorschlSge gemacht worden:
KTipöc oder ^fiKOC, oder anch Cjüi^voc fpX€Tai kokc&V. Jnlins
Schneider (Philol. XLII s. 185) wollte schreiben: oöb* eic TptTTlV
cotpriTpöc fpxerai kuköv. ich vermnte^ dass ^iivöc ein zu koköv
gehöriges adjectivum verdrftngt hat, und schlage vor: VT]Xic Spxcrai
KQKÖv, eine phrase die unwillkürlich an das Homerische vr|X€ic ^^ap
erinnern muste; das wort viiXi^c (wiXet^c) findet sich bei den tra*
gikem an folgenden stellen: Aisch. Prom. 42. 243. Cho. 234. Soph.
OT. 180. Ant. 1197. Eur. Kjkl. 369.
Alk. 898. wenn Admetos in seinem schmerz um die dahin*
geschiedene gattin dem chor vorwirft:
Ti jüi* dKdiXucac ^iipai TUjüißou
Tdqppov elc KoiXT]V Kai )üi€t' £k€(vt]c
Tf\c iLi^T* äpicTiic KCicOat (p6i)üi€vov;
so fragt man sich: was soll hier die hohle grabesgruft? sollte Ad-
metos nicht vielmehr verlangen der gattin in ein gemeinsames grab
(also KOivf) v) zu folgen? man vgl. die folgenden verse biio b' ävrl
piäc "AibT]c ipuxdc TÄc mcTOTdrac Eöv Äv &X€V 6no0 x^oviav
XijLivTiv biaßdvTC. Hik. 797 naic fiv öXo(^t]V Eöv TOicbc t^kvoic
Kö i V ö V ^c ''Aibriv Karaßäco, femer die ganz entsprechenden stellen
Alk. 365 f. 382. Hik. 1007. 1020. 1040. 1063. Hipp. 837. Andr.
510 ff. Hek. 418. 896. Her. 1363. Or. 1058. 1067. Phoin. 1659.
fr. 362, 33. Aisch. Cho. 887.
fr. 154 TÖ ü\v dq)dvT€c TÖ Kaid t^v tijüiüüci coO.
K£vöv t'* ÖTav Tdp Ifji Tic, cötuxcTv xpewy
(so mit Musgrave für €ÖTUX€t, Kp^ov). Nauck erklärt v. 1 d(p^VT€C
für verderbt, doch bedarf es nur einer geringen änderung, um die
stelle zu heilen: der gedanke in v. 1 ist doch offenbar: ^erst dem
toten erweisen die menschen ehre' (vgl. Aisch. Sieben 686 X&pxc
b' dq)' fmüüv öXoiLi^vu)v 6au^d2IeTai. Mimnermos fr. 1 [s. 645
Nauck] beivol Tdp dvbpl trdvTCC dc^fev cÖKXcei Cävti (p6ovf\cai,
KaTOavövTab'aiv^cai), woran sich v. 2 die forderung schlieszt,
dasz der lebende glücklich sein müsse (vgl. Eur. fr. 536 touc 2Iu)V-
Tttc €u bpdv KaiGavujv bk träc dvf|p yfl kqi CKid" tö ^Tib^v de
oubev ^^TT€i. es wird daher v. 1 zu lesen sein: TÖ lf{y dqp^VTOCTÖ
Kaid Tflv Tijuwci CDU. dasz tö 2f)v dqpeivai so viel ist wie 6av€iv,
zeigen stellen wie Or. 1171. Tro. 1135. Hei. 1431 Hiux^iv äq>€ivai.
Hek. 571 dqpfiKe TTveOpa Oavacijüiip cqpax^. ebd. 367. schol. Aisch.
Sieben 686 f]\xe\c lf\v dqp^VTCc . . cökX^q töv GdvaTOV ^€TabiuiEo^€V.
Schlieszlich seien noch einige belegstellen für fragmente des
Euripides, die sich bei Nauck nicht finden^ angeführt, auf fr. 15, 2
TTpiuTOV ^^v eiboc dEiov Tupavviboc nimt Anna Eomnena I 294^
bezug: b\' S7T€p dgiov Tupavviboc tö elboc aöroO ^vo)üi(2[€TO
usw. fr. 722, 1 CTrdpTTiv fXax€C, K€ivT|V KÖcp€i findet sich ebd. I
445 ^ in folgender fassung: KOTdTÖv clTTÖVTa' CirdpTav ?Xax€C'
TauTQv KÖcpei. fr. 1071 dXXiuv iaTpöc aÖTÖc SXxeciv ßpuuuv
654 OHöfer: zu den griechischen tragikem.
steht bei Tzetzes zu Lyk. 805. zu fr. 178 Tf)V Cq)(TT<x 6 Aiövucoc
iTrejuipe toic Gnßaioic, ujc iy 'AviiTÖvr) X^yci (so nach Ungar Theb.
parad. s. 386 für übe dvavTOta X^t^^v) ist hinzuznfdgen schol. Eur.
Phoin. 934 äXXaxoö bi q>r]c\ raCra unö Aiovucou iT€irov0^vai
Tf|V TTÖXiv. zum argument der 'Avtiöttt) ist nachzutragen schol. Enr.
Phoin. 102 , zu dem des MeXeaxpoc Libanios I 234 und Georgios
Kedrenos I 248, 9 Kai 6 CupiTTibric bk bpoipa Trepl MeXeärpou
ÜElQeio. zur MeXaviTTTTr) coqprj vgl. schol. Eur. Phoin. 1134. aaf
den 6tiC€UC bezieht sich wohl Luk. Hermot. 47 tö toC 6r)C^uic
^KeTvo |Lii|Liiicö|Lie6a Kai ti Xivov Trapä rfic TpatiKf^c 'Apiäbviic
Xaßövxec etcijiicv ic töv XaßupivGov ^Kaciov , ibc t%ew dnpaTjiö-
vu)C jLirjpwöjLievGi auTÖ Hxivax' man vgl. Libanios I 298 dvreödev
bfe Geuiv TIC x^ipa uTiep^cxev d&CTicp iv bpdpaTi . . toö jitv Tap
6tic^ujc Tf)v ujpav 'Apiäbvr) 6au^dcaca t^ junpivOiu toO XaßupivÖou
TÖV veavicKOV ^E^ciuce. auf die doppelte redaction des 'IttitöXutoc
scheint hinzudeuten Themistios or. XXXII s. 362^ Eöpiniboubi
dKOueT€ iv TaTc TpaTqjbiaic da KaTeüHacOai X^yei 6nc^a xiu
iraTpi TToceibtüVi KaTd toO naiböc iTrTToXuTOu usw. fr. 1013
q)9e(pouctv f\Br\ xpilcO' öpiXiai KOKai scheint Chorikios yon
Oaza s. 293 im äuge gehabt zu haben: (p6£tpouctv fiQr\ C€)üivd
jueipaKiiuv oux outuüc ol irapotveiv eiuüOÖTCC, öcov Tic elc dKOCjüiüiv
iK TtaXaidc ciuqppocuviic jLi€TaßaXu)v. * bei fr. 698 tttujx* d^q)(-
ßXriTa cofjLiaTGC Xaßujv (xikt] möchte ich aufmerksam machen
auf Hei. 1079 Tab' dpqpißXriCTpa cüüpaTOC ^dKT]. — fr. adesp.
157 und 158 (s. 679 Nauck) dTd)Linc€V 'EX^VTi TÖv OeoTc ctu-
YoujLievGV und TajiieT b' ö niv br\ Tuvbdpeuj KÖptiv piav scheinen
zurückzuführen zu sein auf Eur. Or. 19 f. TGi^€ib*ö)üiivbf|Tf|V
Oeoic CTUTOUfi^VTiv Mev^Xaoc *6X^vt]v. zu fr. adesp. 378
(s. 709) Xaxd) ßlov lf\c b Tiplv dTpo^oc Xduiv vgl. anecd. Paris.
IV 343, 3XaTU)ßiujv2:iuv, T^ojTTa Kai TOCTfip jiövov. folgende,
* Joh. Malchin, der in seiner diis. Me Ghoricii Qaiaei Teterom grae-
coram scriptorum stadiis' (Kiel 18B4) 8. 46 — 60 auch 'de Ghoricii stadio
Euripidio' handelt, bat diese stelle übersehen, wie ihm überhaupt nicht
weniger als folfirendo beziehuugen des Gborikios aaf Enripides entgangen
sind: s. 13 bucdpccTOv y^P ol vocoOvtcc vgl. Or. 232 6ucdpccTov
ol vocoOvTCC dnopCac ütto. s. 96 ^av(a y^P dXYclv o(i <ptXc1 vgl.
Med. 48 v^a Y^p q>povTlc oOk dXYCtv (piXet. s. 127 dpxatöc fic
XÖYoc ic t6Ö€ TTponYQYC Opdcouc . . oO rd cluBÖTa ^^ouctv al m^Tcii:
YdXa bi 1T0U TÖ iibwp kqI ji^Xi iroicl tqIc d|i(p* aOröv T^vaiElv 6 Ai6-
v\jC0C vfrl. Bakchai 710 f. s. 240 KOivd bi rä (piXuiv i^ irapoiM^a
vo|Lioe€T6i vjfl. Or. 7.S5 Koivd Ydp Td tuiv «piXuiv. ■. 268 i\ jap
€05oE(a tOliv £pYUJv ini touc KpaxoOvrac aCiToiioXcl' dTOirov oiW ^^pou
^^v cTvai TOUC Tiövouc, ^T^pou bi TOUC KapnoOc vgl. Androm. 696 ff.
8. 271 f\viKa TÖ xpwcoOv ^CTffXOc fe^pac 'Idcuiv vfjl. Med. 5 f. ol Tö
irdYXPUcov bipoc JlMq. ^CTf^XOov. s. 286 irpöc jAp Tolc dXXoic
KQKOlC iCTl KOl GCTTOXÖC, otc dlTlXlOpldC iCTlV 1^ dlTlCTfa, WObci
nach Malcbin 8. 16 dem Chorikios die stelle bei Demo8th. Ol. I 16, 16
vorgfeschwebt haben soll: . . Td tuiv OcttqXuiV raÜTa T^ diriCTa
p^v ^v bfiTiou (pOcct usw., kann sich ebenso gut beliehen auf £ar. fr. 426
iroXXol irapfjcav, dXX* ÄiriCTa dcccaXOiv.
FBlass: sa Tyrimioi. 066
wohl nicht nur zufHUige iamben scheinen der trtgödie zu entstam-
men : Lukianos Alk. 1 Bpvtc dXicudfV ivo^cHopai^ noX^r|voc xal
TToXubaKpuc, iT€pi fjc bf| iraXatöc dvOpübirotc |i€^06€UTai
XÖTOC. Prokop. ep. 36 ae. b^x^u TÖv ftvbpa, <pr|ci, xal töv
dpviv ToO 6€oC. ebd. 135 ö\^i irore Td ti&v ipiIiTuiv iiav-
6dv€ic ToE€t3)üiaTa. Theophyl. 8im. ep. 29 ireviqi öucvouOe-
Ti^Tip 9iipi(p xal bucKÖXqi. unklar ist mir, worauf Eustathios
de capt. Tbessal. s. 504 (ed. Bonn.) bezug nimt: |Uiaxap(ZoVT€C • .
TÖV GdvaTov Kard toöc dirö fabcipuiv, irap* otc 6 'Aibiic ^ict€t(-
^TiTo, ei iLif| jLiiibc^iav x^^^P^v oTb€ 9dvaToc xard töv Tpatipböv*
sollte es Soph. El. 356 sein: I&CT6 T^ T€6vttt(ÖTi Tt^dc irpocdirreiv,
€1 TIC f CT' iKcT xdpic — ?
Drbsden-Nbustadt. Otto Höfsr.
83.
ZU TTBTAI08.
Aus Tyrtaios Eunomia bringt Bergk als drittes fragment:
d (piXüXpriMOtTia CirdpTav öXet, äXXo bk oöb^v.
}(( « 4k ^c ♦ 4e
d)b€ Tdp dpTupÖToEoc dvoE i^KdepTOc 'AnöXXwv
XpucoKÖjLiiic ^XP^I it(ovoc ii dbikou.
das steht so in den ezcerpten aus Diodoros (VII 14, 5 Ddf.), jedodi
ist dort dem ersten verse Yorausgeschickt: ön ö aÖTÖC AuKOOpTOC
fjveTKe xPncMÖv in AeXqpi&v irepi Tf^c 9iXapTup(ac töv ^ irop-
oijiiac |Li^p€i )üivii)üiov€UÖ)üi€VOV , und dem zweiten : f| TTuOia ^Xpvfce
Tuj AuKOÜpTif) iT€pl Tübv iToXiTiKÜtiv oötwc (was man mit unreoht
streicht) , und nach dem dritten folgt in unmittelbarem anschlusz :
dpX€iv \xk\ ßouXf\c usw., 8 verse über die Verfassung, von denen
die 4 ersten auch Plutarch im Ljkurgos c. 6 bringt, dasz nun Bergk
in ab weichung von Schneidewin und den andern früheren jenes erste
Orakel überhaupt dem Tyrtaios zuweist, und dasz er y. 2. 3 hiermit
in einen selbstverständlich nicht einmal unmittelbaren Zusammen-
hang bringt und von der fortsetzung losreiszt, kann unmöglich ge-
billigt werden, die Schwierigkeit ist aber die, dasz Plutarch dem
die Verfassung enthaltenden delphischen Orakel eine andere einlei*
tung gibt :
Ooißou dKoucavTec TTuOujvöOev oTKab' fvetKav
jLiavTelac t€ GeoO xal tcX^cvt* fnca*
dpx€iv jLi^v ßouXf\c usw.
dieser Schwierigkeit ist auch Schneidewin nicht herr geworden , der
die schlechteste auskunft ergriff, die verse 0o(ßou dKoOcocVTCC • .
^TTca für untergeschoben zu erklären, wir mflssen vielmehr, wie
mir scheint, einen ganz andern ausgangspunkt nehmen. Plutarch
schickt seinem citate voraus: es sei zu der Lykurgischen rhetra
später durch die könige Theopompos und Polydoros ein zuaatz ge-
macht worden; fneicav bk xal auTol (gleichwie Lykurgos) Tf|V
656 FBlass: zu Tjrtaios.
TTÖXiv, übe ToO 6€o0 laOia npocTdccovToc, die nou Tuptaioc dm*
fid|LiVT]Tat bid TOÜTiüV * Ooißou äKOUcavT€C usw. also nach Plutarchs
Worten sind zu oiKab' £v€iKav (was Amiot mit Sicherheit aus 0% Tdb€
ViKäv hergestellt hat) subject die könige Theopompos und Polydoros;
die ganze anfUhrung hätte sonst auch gar keinen sinn, da in den
citierten versen von einem gemachten zusatze nichts gesagt wird,
nun wird Theopompos thatsächlich in einem anderweitigen citate
aus Tjrtaios genannt^ Paus. IV 6, 2:
f)|Li€Tdpiu ßaciXfii, OeoTci qpiXifj GeoiröjiiTTUj ,
5v bid Meccriviiv eiXoMev cupuxopov.
diese verse sind von Buttmann mit einem daitten , beim scholiasien
des Piaton erhaltenen verknüpft worden: Meccrjvriv äT0t6f|V jüiiv
dpoOv , dyaOfiY hk qpuTeueiv , und Bergk hat fünf weitere verse aus
Strabon (Pausanias) angeschlossen: dpcp' auTf)v b' djiidxovT' usw.
der anschlusz ist beide male so vortrefflich^ dasz man die richtigkeit
der Vermutungen nicht bezweifeln wird, nun combiniere ich alles
dies ferner mit den versen bei Diodoros :
*bf| Tdp (so die hs. verdorben) dpTupÖToEoc äyai ^KdepTOC
*AiTÖXXuJV
XPUCOKÖ^nC iX9^ TTIOVOC il dbUTOU
fljLieT^piAj ßaciXfji, OeoTci qpiXif) OeoTTÖ^Trqi usw.
die Sache würde also die sein , dasz Diodoros (oder sein excerptor)
eine anzahl verse ausliesz^ die eine amplification des Orakels aus der
person dessen, dem es gegeben, enthielten; auszerdem ist falsch die
angäbe des excerpts, dasz dies dem Ljkurgos geweissagt sei. das
ende besagter amplification ist nun nicht erhalten. Strabon und
Pausanias citieren:
djucp' auTf|v b* dMdxovT' ivv€aKa(b€K* ivi]
vujXeM^ujc aiei; TaXaciqppova Oujiiöv ^x^vtcc,
aixjLiilTOtl TTaxdpujv f^eT^pujv naidpcc •
eiKOCTiu b' ol jLifev Kaid niova fpxa Xinövrcc
qpeuTOV l6u)|Liaiujv ^k peTdXwv öp^iuv.
es muste folgen : *die andern blieben als unsere unterthanen zarück%
und es können hier immerhin die verse gestanden haben, die Paa-
sanias über die läge der unterdrückten Messenier anführt (fr. 6. 7
Bgk.). am ende aber kam der dichter auf Theopompos (und Poly-
doros?) zurück und führte nun das Orakel an, mit den einleitenden
versen Ooißou dKOUcavTCC usw., diePlutarch gibt; subject zu fveiKav
werden wohl die von Theopompos gesandten Pythier (Herod. VI 57)
gewesen sein. — Es ist übrigens höchst auffällig, dasz bei Tyrtaios
somit Theopompos ganz an die stelle Lykurgs tritt, von dem er
offenbar überhaupt nichts gesagt hat; hätte er das, dann würde uns
schon jemand dieses zeugnis über Lykurgos, wie es auch lautete, auf-
bewahrt haben, aber auch Heilanikos hat den Lykurgos nicht er-
wähnt und die spartanische Verfassung auf Prokies und Eurysthenes
zurückgeführt (Busolt gr. gesch. I 134).
Kiel. Friedeich Blabb.
JOeri : die grosxe responnon im Bhetos. 657
84.
DIE GBOSZE BESPONSION IM BHES08
UND EINIOES ANDERE.
In meiner sebrift über *die grosze responsion in der spätem
Sopbokleiscben tragödie' (Berlin 1880) glaube ich den nachweie er-
bracht zu haben, dasz im Oidipus Tyrannos, in der Elektra und dem
Philoktetes jeweils das vorletzte, in den Trachinierinnen das dritt-
und das vorletzte epeisodion von zwei, was die zahl der dialogischen
verse betrifft ^ genau gleich langen partien umschlossen sind, deren
erste immer das längste epeisodion des Stückes ist, während die zweite
— ich nenne sie ezodoscomplez — sich aus dem letzten epeisodion
und der ezodos zusammensetzt, ich bin mit dieser entdeckung eines
Sophokleischen verszahlenkanons teilweise mit höhn zurückgewiesen,
nicht aber widerlegt worden und habe dabei die erfahrung gemacht|
dasz manche sonst tüchtige philologen einer anforderung, welcher
ein naturforscher sich nie entziehen dürfte, nicht gerecht zu werden
vermögen, der anforderung nemlich, dasz man eine richtig con-
statierte erscbeinung anerkennen soll , auch wenn man ihre gründe
nicht weisz. dafür aber, dasz ich richtig constatiert habe, bietet
sich mir jetzt folgende bestätigung.
Ich vermesse mich nicht den Verfasser des Bhesos zu kennen.
im altertum ist aber behauptet worden , TÖ bpfijLia TÖV Coq>6KX€tov
^äXXov uTToqpaiveiv xotpaKTf)pa, und GHermann, der das stück sonst
erst in alexandrinische zeit setzt, will ein zeichen der nachahmung
des Sophokles in den rein gebauten trimetem finden (opusc. III
287 f.). es liegt nun doch sehr nabe, wenn hier die metrische form
in bat rächt kommt, das Sophokleische in der äuszem form über»
haupt und somit, die Symmetrie der verszahlen einmal vorausgesetzt,
auch in dieser zu suchen — und richtig: die mesodische composi-
tion ergibt sich , so schön wir es nur wünschen können , indem das
letzte epeisodion von zwei gleich langen partien umschlossen ist
und nur der 6ine, unwesentliche unterschied gegenüber den Sopho-
kleischen stücken besteht, dasz die erste statt der zweiten partie die
zusammengesetzte ist, also ein complez von zwei epeisodion der
exodos gegenübersteht, die umstehende tabelle mag dies darthun.
Hierzu ist bezüglich der verszählung nur das 6ine zu bemerken,
dasz ich ein volles recht zu haben glaube, die trochäischen septenare
730 f. und den ihnen vorangehenden vers, welche vorgetragen wer-
den, ehe der wagenlenker auf der bühne sichtbar wird, noch der
epiparodos beizuzählen, die das trochäische metrum schon 683 — 91
ausgibig verwendet , und dieselben somit von der folgenden respon-
sionspartie auszuschlieszen. kritische Schwierigkeiten, um derent-
willen athetesen oder lückenannahmen notwendig wären, finden sich
in den betreffenden partien nicht.
658
JOeri: die grosze responsion im Rhesos.
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COCOH*OOCOOOOO&Oi-AO«i^i^O>0909^0)lOO>0«OOl(^
JOeri : die grosse responrioa im Bhesoft. 060
Was nun die responsion betrifil;, so sind also zwei gfrosze parliaii
von je 204 trimetem, deren erste Ton der anktmft des Bhesos handelt,
während die zweite die auf die katastrophe folgenden soenen nmfasst,
um eine kürzere mittelpartie gruppiert, welche uns die feinde, von ihrer
göttin geführt, auf dem wege zum morde zeigt dasz die responsion der
verszahlen keine zufällige ist, ergibt sich hauptsächlich aus dem vor*
handensein einer nebenresponsion; das erste der beidbn verbundenen
epeisodien und der letzte compacte verscomplez der ezodos enthalten
nemlich beide je 78 verse, so dasz wir es genauer mit den verszahlen
78. 126 — 110 — 126. 78
zu thun haben, ich gebe nun zwar gern zu, dasz diese nebenrespon-
sion etwas äuszerliches hat, insofern die verse der auftretenden Muse
890 — 94 und die chorverse 904. 905 dabei von der folgenden Musen-
scene getrennt erscheinen, mit der man sie gern verbunden sähe,
finde aber doch auch, dasz ein starker einschnitt am ende der Musen-
arie wohl darf angenommen werden; eine pause machte hier die
Muse doch jedenfalls , ehe sie zu der trimeterrede übergieng. und
übrigens findet sich auf unserer tabelle noch ein zweites beispiel da-
für, dasz eine ganze scene nur mit der compacten trimeterpartie
einer folgenden scene respondiert. in das dritte epeisodion ist eine
Strophe und in die ezodos die antistrophe dazu eingelegt, es wird
nun doch kaum zufia.ll sein , dasz beiden Strophen unmittelbar par-
tien von je 66 versen vorangehen, und auch hier erscheinen die
zwei mal zwei in die anapSste des wagenlenkers eingelegten chor-
trimeter der folgenden wegenlenkerscene nicht beigezählt, um end-
lich zu erschöpfen, was mir von Bbesosresponsionen bekannt ist, so
bemerke ich, dasz auch im ersten epeisodion eine strophe (131 — 36)
von ihrer antistrophe (195 — 200) getrennt ist, und dasz die jener
vorangehende Aineias-Hektor- scene und die dieser vorangehende
Dolonscene je 46 verse enthalten (86 — 130=» 149 — 194); doch ist
diese responsion nicht ganz sicher , weil die verse 85. 86 auch dem
vorhergebenden könnten beizuzählen sein.
Nun mag man ja immerhin sagen, das sei ein entsetzlich mecha-
nischer Schematismus: mich; der ich nur darauf ausgehe das con-
stante vorkommen einer erscheinung festzustellen , und der ich es
für unwissenschaftlich halte , wenn sich die leute über einzelformen
und gründe dieser erscheinung ereifern, ehe sie die äugen recht auf-
gethau haben , um sie zu sehen, rühren diese gefühlsexpectorationen
nicht im mindesten, was ich aber aus dieser Ehesosresponsion ge-
lernt habe, das will ich hier noch kurz angeben.
Wir sehen aus der tabelle, dasz die trimeter 736 f. und 745 f.,
womit der chorführer die anapäste des verwundet aus dem zelte
stürzenden wagenlenkers unterbricht, mitgezählt werden müssen.
nun gibt es auch in den Sophokleischen responsionspartien eine
stelle , wo ein vereinzelter trimeter des chors auf die anapäste eines
verwundet hervorkommenden folgt : es ist dies der vers Oid. Tjr.
1312 ^c beivöv oöb' dKOUCTÖv oub' iiTÖi|iiMOV. diesen vers, welcher
660 JOeri : die grosze respopsion im Rheeos.
zwischen einer anapästischen partie und einem dochmisch iambischen
kommos steht; ignorierte ich früher bei der Zählung der verse, haupt-
sächlich deshalb, weil er syntaktisch mit dem unmittelbar vorher-
gehenden zusammenhängt, seit ich aber die Bhesospartien kenne,
glaube ich nicht mehr dasz dies angeht, und erkläre mir die sache
folgendermaszen.
Überall , wo solche versprengte trimeter anapästen gegenüber-
stehen, ist ein beabsichtigter contrast in der Vortragsweise anzu-
nehmen : denn wie käme der dichter sonst dazu vom anapästischen
metrum abzugehen? findet sich ein solcher trimeter also, wie an
unserer stelle, zwischen den gesungenen oder jedenfalls parakata-
logisch vorgetragenen anapästen und dem sicher gesungenen kommosi
so wird man für ihn an nicht musicalischen vertrag zu denken haben;
er bildet die scheide zwischen den zwei'affectvoUem und darum musi-
calischen Partien und ist also bezüglich des Vortrags und somit auch
der Zählung nicht anders zu beurteilen als ein beliebiger trimeter des
dialogs.
Wenn nun v. 1312 mitzuzählen ist, so bedarf es keiner atheteae
mehr, um die genaue Übereinstimmung des groszen epeisodions mit
dem exodoscomplexe im Oidipus herzustellen, und dies ist mir sehr
lieb : denn während ich nach wie vor bestimmt und ohne scrupel im
Philoktetes an die unechtheit der zwei verse zwischen cuXuJVT€C und
elra in 1365, an die von 1443 f. und an die lücke nach 1251 glaube,
musz ich zugestehen dasz meine athetese hier verse getroffen hat, die
mehr nur entbehrlich und nicht schlechter sind als andere die ich
stehen lassen musz. '
Und nun, meine herren kritiker, rechnen wir einmal zusammen
nach!
Es gibt sieben Sophokleische stücke und ein stück, dessen
Coq)6KX€ioc x^pOKTiip im altertum von kennem behauptet wurde.
von diesen acht stücken zeigen nicht weniger als fünf die erschei-
nung, dasz zwei grosze, von einander getrennte scenische partieni
deren eine die scbluszpartie ist, sich in der zahl der dialogischen verse
entsprechen, gezählt werden hierbei von mir alle trimeter, so weit
sie nicht einem kommos angehören ^ alle trochäisohen tetrameter
(auszer in der epiparodos des Bbesos) und die fünf singulären allOo-
* wer von mciDem haaptresnltate überzeugt ist, wird allerdings die
nebenrespoDtioDen nicht aufgeben wollen, die jetst auf beiden selten die
Streichung von drei vcrseu (darunter gerade 1312) su bedingen scheinen.
gleichwohl möchte ich nicht mehr von interpolation reden; ich denke
vielmehr lieber an eine leise Überarbeitung des Stückes durch den dichter
oder eine diesem noch nahe stehende hand. ' eine Schwierigkeit
macht höchstens die abgrcnzung des kommos Trach. 871 — 896. vor
dem auftreten der amme kann er nicht beginnen; die verse 863 — 70
gehören also noch nicht dasu; ihm aber die 8 trimeter bis 878 schon
beizuzählen wird sich nicht jedermann leicht entschlieszen. dast es ta
geschehen hat, lehrt der umstand, dasz nach v. 878 ein inhaltlicher
einschnitt nicht besteht, ich bin aber froh mich für meine abgreniang
auf das von responsionsrücksichten ganslich ungetrübte nrteil von
JOeri : die groBze responBion im BheMs. 661
metrischen verse El. 1161. 62. Trach. 1081. 85. 86; nicht gezfiUt
werden die interjectionen und die blossen interjectionellen Terbin-
düngen wie \ifijj n', die anapftste nnd alle eingeschalteten lyrisoben
Partien, hierzu kommt noch die eine kritische prftmisse, dasz in der
exodos des Philoktetes die zahl der Überlieferten verse nm drei m,
kürzen ist. die zahlen aber, in denen sich diese partien entsprechen,
sind folgende^:
für Bhesos 264—526 — 733—996 : 204
oder 78 + 66 + 60 — 2 + 2 + 66 + 49 + 5 + 2 + 78
für Trachinierinnen 225—496 — 863—1278 : 272
oder 272 = 6 + 51 + 215
für Elektra 516-822 — 1098—1510 : 307
oder 307 = 133 + 96 + 6 + 6 + 66
für Oidipus Tjrannos 518—862 = 1110—1530 : 310
oder 136 + 9 + 165 = 76 + 74 + 1 + 159
für Philoktetes 219—675 — 865—1441 : 432
oder 171 + 104 + 157 — 216 + 191 (statt 192) + 25 (statt 27).
Dasz ich nun diejenigen pbilologen, welche sich das athetieren
zur aufgäbe gemacht haben, Ton diesen groszen responsionen, welche
ein correctiv der subjectiTität sein nnd die sogenannte nnbefEingene
kritik unmöglich machen könnten ; je überzeugen werde, glaube ich
jetzt so wenig wie früher:
^denn zu tief schon hat der hasz gefressen
und zu schwere thaten siod geschehn,
die sich nie vergeben nnd vergessen;
noch hab* ich das ende nicht gesehn — '
Hense (studien zu Soph. s. 198) nnd von FSchabert (in seiner ansgabe)
berufen zu können.
' von vorn herein konnte ich natürlich nicht sagen, ob interjectionen
und kurze Verbindungen- — die längste ist Phil. 219 Id) Eivoi — zu
zählen seien oder nicht, die probe aber ergab durchweg ein nnd das-
selbe resultat, dasz sie nicht zu zählen sind, und das war anch das
natürlichere, ein einzelner iambus wie OK. 816 ri 9dl; kann nur in musi-
calischer Umgebung, nicht zwischen den trimetem als vers betrachtet
werden; geht dies aber nicht an, so wird auch Trach. 866 und OT. 1471
t{ q)r)|Li{ und alles ähnliche nicht als solcher anzusehen sein, das vor-
kommen von tetrametern und allöometrischen versen lehrt, dasz absolute
metrische gleichheit nicht verlangt wurde, demgemäsz dürfte die an-
nähme nicht viel gegen sich haben, dasz diese Verbindungen sich ge-^
wissermaszen enklitisch (Trach. 866) oder proklitisch (Traoh. 868] an
die benachbarten verse anschlieszen. es sind ihrer in unsem stücken
im ganzen sieben; auch wenn sie mitzuzählen wären, brächten sie die
responsion nicht zu falle. * es fallen also für Sophokles nicht in reoh-
nung: Trach. 866. 868. 871—896. 947—1043. 1269—1278. Elektra 1160.
1232—87. 1384—97. 1404—21. 1428—41. 1608— IMO. Oidipus Tjrannos
649—68. 678—97. 1186—1222. 1297—1811. 1813-68. 1468. 1471. 1476.
Phil. 219. 391-402. 507—18. 1081—1217, die zwei seit Bmnck, worauf
ich der controle wegen noch besonders aufmerksam machen will, in den
ausgaben nicht mitgezählten aus v. 1366 ausgeschiedenen verse, 1408 — 17.
1443—44. 1445—71. nach Phil. 1261 nehme ich, wie gesagt, den aasfall
eines verses an.
662 JOeri : die grosze respoxiBion im Bheeos.
sage ich mir mit dem chor in Schillers braut von Messina von ihrem
kriege gegen die armen verse; sie können mir höchstens so weit
entgegenkommen, dasz sie annehmen, in byzantinischer oder in sonst
irgend einer argen zeit sei über den echten Sophokles ein unhold
gekommen , der durch seine zuthaten die von haus aus nicht vor-
handene responsion herbeigeführt habe, den ernsthaften geistern
dagegen, welche zwar eigentlich eine freude daran hätten, wenn der
groszen versestreicherei im Sophokles ein ende mit schrecken bereitet
würde , welche aber meine resultate mit ihrer Vernunft nicht in ein-
klang bringen können und deshalb einen begreifliehen Widerwillen
dagegen haben , möchte ich nochmals die frage vorlegen : findet sich
in der art, wie ich die verse zähle oder nicht zähle, die geringste
Willkür?
Wenn mir diese frage nicht bejaht werden kann, so habe ich
gewonnenes spiel: denn eine erscheinung, deren gründe man nicht
kennt, mag ja immerhin eine schwer verdauliche sache sein: einen
sehr viel bessern magen verlangt die annähme, dasz sich diese er-
scheinung in fünf von acht stücken aus bloszem zufall wiederholt
habe, verfahre ich aber willkürlich in der Zählung, so bitte ich dass
man mir einmal genau sage, wo dies geschieht, wenn ich ein recht
auf die beantwortung dieser frage nicht habe, so haben es doch wohl
diejenigen , die sich bisher von mir haben überzeugen lassen, wo
liegt bei meiner Zählung die willkür?
Die responsion des längsten actes mit zwei kurzem acten in
den fünf Sophokleischen bzw. Sophoklesartigen tragödien ist in
meinen äugen der stärkste beweis dafür, dasz es eine zeit gab, in
welcher die alten dramatiker auf die verszahl im groszen achteten.
sie bildet das eigentliche centrum meiner position in den responsions-
fragen, ist sie zufall, so mag es auch zufall sein, dasz in der Elektra
drei scenen von je 144 versen auf einander folgen und dasz das
zweite epeisodion des Oidipus Tyrannos die Zahlengruppen
13. 26. 39 — 19 — 39. 26. 13
die exodos der Trachinierinnen die gruppen
43. 25. 17. 17 — II — 17. 17. 26. 43
zeigt; dann mag überhaupt das kunstvolle gebäude der das ganze
Stück umfassenden responsion in den Trachinierinnen* auf znfallbe-
^ ich erlaube mir dieselbe in deo baaptzügen hier naeh meiner
Schrift 'interpolation und responsion in den iambischen partien der
Andromache' s. 23 f. zu wiederholen, weil sie in der 'grofien reepoB*
sion' noch nicht vollständig darj^elegt ist. unter der f^ewit eriaabten
kritischen prämisse, dasz das cic TÖv OcTcpov von r. 80 io einem Ter»
loren (gegangenen folgenden verse seine beziehung hatte y ergeben sich
für die sieben acte folgende zahlen:
94. 64. 272. 102. 168. 67. 216.
nimt man hier auszer dem ezodoscomplex noch eine verbindanf der
beiden anfangsscenen an, so haben wir die reihe:
168. 272 — 102 — 168. 27«.
HStadtmüUer: zu EuripidcB Ipliigeneia in Aolis [919—974].
ZU EDBIPIDES IPHIQENEIA IN AÜLIS.
In der Euripideiscben tragödie, welche noch so viele ungelöste
Probleme bietet, iat eine der setr verschieden behandelten partien die
Igngere rede des Achilleus (919^974), die erwiderung auf Klytai-
mestras bitte Iphigeneia gegen den vater zu schätzen, wollte mtui
freilich mit Dindorf v. 938 — 974 streichen und für den vorher-
gehenden teil eine Interpolation annehmen in dem umfang der
Bauchen ateinschen athetese (jahrb. 1671 b. 163 f.), so würde die län-
gere rede zu einer kurzen erwiderung von wenigen versen zu-
sammenschrumpfen; keineswegs aber wäre das um diesen preis ge-
wonnene, kaum ein viertel von der Überlieferten zahl der verse,
nun durchaus tadellos, und Kljtaimestraa krltik (y. 990) ä\A' eS
jiev üpxäc eirrac, eu bk xal 7i\r\ würde höchst seltsam klingen.
wenn nun umgekehrt ein kritiker wie HWeil die ganze rede bis
auf einen einzigen vers für echt hält und Über die umfänglichste
athetese dies urteil spncbt: 'retrancber un morceau qui caract6rise
si bien l'Achille grec et les moeurs de l'antiquitä, c'est pousser la
critique trop loin*, so ergibt sich aus solchem Widerspruch der An-
sichten die berechtigung einer erneuten prDfung, die hier versucht
werden soll.
I. In der einleitung gibt der held eine Belbatcharakteristik. der
Euripideische Achilleus, welcher dem Homerischen verwandt und
doch ein wesentlich anderer ist, spricht von eich (v. 919 — 931):
ü(tJT]X6cppujv ^01 6u^6c alpcTM npöcui'
dnicTaTai bt xoTc kokoIcI t" dcxaXäv 920
^ETptiuc Te xfiipEiv TOtciv ££urrKtup^voic.
XeXoticm^voi t&p ol ToioU)' elclv ßporiilv
äpöüjc hiaCnv TÖv ßiov TVLÜfiqc \iixa.
fcTiv ufev ouv iv' f|bij fjfi Xiav q>pov£iv,
fcTiv bfe )(.(i)-nou xpnciMov TViiMnv ^X^tv. «ß
i-xOi b' ty övbpöc eiiceßecTäTou xpacpeic
Xetpmvosgferöov tq{ic Tpönouc dnXoOc ^x^iv.
ta\ TofcJilKliaic, fy/ ^ikv fiTÜivrai KaXtüc,
dXX' £v««& Tpr •sfptT- -v 9W
Ttap^uiv, "ApTI Tl 'I >(.
nachdem man 920—938 ala ■ ijehn^
Hennig t. 925, um t. 9S4 nü <•
nimis magnonimnm eaae' u t.
will mit Hennig v. 936 ■
weitere tilgung von t. 934 1
Bau eben stein , ist v- 9?''
allerdings wttrde £t^
an V. 919 äipr)Xdq>pun
JibrbUdier tOi eluc lAilo.
\
>
666 HStadtmüller: zu Euripides Iphigeneia in Aulis [919—974].
(etwa yfiocb^ i\ dvbpöc €uc€ß€CT(iTOU Tpaqpeic?), so müsse v. 92G
fallen und damit die fünf zunächst folgenden verse. so wttre denn
von den ersten dreizehn versen genau ein dutzend über bord ge-
worfen und 6in vers, der freilich den meisten emendationsbedttrftig
erscheint, glücklich gerettet, ich bin, um dies gleich vorauszuschicken,
der meinung, dasz dieser teil der rede keine Interpolation erfahren
hat, dasz die 13 verse sämtlich echt sind, zunächst sollen v. 920 f.
iTricTaiai hk toTc KaKOici t' dcxaXfiv ^erpiujc t€ x^^P^^v toiciv
iiujfK[D^4.y/o\c entbehrliche , ja ungehörige reflexionen sein, daraus
dasz die Euripideischen figuren, vom beiden bis zur amme, sich gern,
nach unserm geschmack manchmal zu gern in philosophischen be-
trachtungen ergehen , daraus soll die existenz dieser verse nicht er-
klärt werden: die Charakteristik des beiden, der Zusammenhang des
dialogs und der verlauf der handlung gewähren den versen ihre volle
existenzberechtigung. dieselben besagen: ^Acbilleus, der hoch-
herzige, mit dem hochstrebenden mut, versteht es gleichwohl sich zu
mäszigen, hat mäszigung gelernt im schmerz und im unmnt Aber
schlimmes so wie in der freude an dem was man hoch stellt, was
gegenständ des preises, der bewunderung ist' ; dh. der Euripideiscbe
Achilleus gleicht dem Homerischen, aber er ist doch wieder ein ganz
anderer als dieser. Achilleus, dessen name Agamemnon willkürlichst
misbraucht, ist schwer gekränkt in seiner ehre: der Homerische
würde leidenschaftlich aufbrausen und sofortige genugthuong von
Agamemnon fordern ; nicht so der Euripideiscbe : dieser ist nur ent-
schlossen die tötung derjenigen , die einmal die seine genannt war,
nicht zu dulden, zu Iphigeneias rettung will Achilleus das schwert
ziehen, aber nur im notfall, wenn eine andere lösung ausgeschlossen
ist. der Euripideiscbe Achilleus will dasz Überredung und bitte
zuerst angewandt werde (Trei9uj]Li€v a\)Tf\c naiipa ß^XTiov (ppoveiv
V. 1011 vgl. 1015) und wünscht dasz dieser weg zum ziele führe:
denn Achilleus empfindet wohl die seiner ehre widerfahrene krän-
kung (tö V d]Li6v ou q)ai3Xu)C qp^pu) v. 897) , aber auch der schwer
verletzte versteht es sich im schmerz zu mäszigen, weisz selbst-
beherschung zu üben (KaKoTciv äcxaXäv juerpiuic). Achilleus ist bei
Euripides in seinem reden und thun ebenso besonnen wie hoch-
herzig : der Homerische ist stürmisch aufbrausend , in seinem zom
und schmerz leidenschaftlich, unerbittlich, wenn nun Euripides den
Charakter seines beiden so wesentlich modificiert, soll er dann nicht
berechtigt sein das eigentümliche seiner auffassung anzudeuten, um
das Verständnis der dem Achilleus zugedachten rolle zu erleichtern?
bei Achilleus war eine derartige aufklärung den griechischen Zu-
schauern gegenüber geradezu geboten : denn in der seele des Grie-
chen hatte sich das bild des Homerischen Achilleus bestimmt und
unauslöschlich festgesetzt, man könnte nun das zweite glied des
Satzes ]Li€Tpiujc re x^tipc^v toiciv iiujfKU}}xivo\c aus der neigung
der alten zu antithetischer entwicklung eines satzes, namentlich
gnomischen inhalts erklären ; allein auch diese werte haben, wie ich
HStadtmüller: za £aripideB Iphigenda in AoHb [919—^4]. 667
meine, ihre specielle beziehung im Zusammenhang der stelle nnd
dienen zugleich zur beleuchtung der contrastierenden Charaktere des
Stückes, in dem, was Elytaimestra von Achilleus erbittet, liegt
(vgl. namentlich v. 914 — 916) zugleich das ansinnen ausgesprocheii|
dasz Achilleus zur befreiung Iphigeneias seinen einflusz auf das beer
geltend mache, dh. der gedanke, dasz der söhn der göttin mit dieser
auflehnung gegen Agamemnon die Oberleitung des heeres erringen
könne, erringen solle, wenn nun AchiUeus erklSrt, dasz seine frenda
an den ehren und gütern , welche in der Schätzung der menschen
hoch, zu hoch stehen (roTctv ££u)Yku)^^voic) , eine nicht unmSszige
sei , so ist damit jenes ansinnen Elytaimestras , das den ruhmsflch-
tigen locken würde, zurückgewiesen; er wird nichts unternehmen
um den rang zu erlangen, den zu behaupten Agamemnon vor der
höhe keines preises, vor der schwere keines Opfers zurückschreckt*
und nicht minder treffen die werte den Charakter Elytaimestras.
das vermeintliche glück den Thetissohn zum eidam zu haben hat sie
nicht maszvoU zu tragen verstanden ; in ihrem stolz , ihrer freude
(v. 628 f.) denkt sie nicht an den neid der götter, es gebricht ihr an
der cujqppocuvri 9 der bedingung eines richtigen, vemunftgemftszen
handelns. — So seltsam also die Terse klingen würden im munde
des Homerischen Achilleus, so natürlich lauten sie bei Euripides
und entspringen dem bedür&is desselben den zuhörer über seine
Umgestaltung des Charakters zu belehren; nur das Unvermögen an
stelle des Homerischen Achilleus den Euripideischen treten zu lassen
hat zur beseitigung der verse und zum zweifei an der richtigkeit der
folgenden vier verse geführt, diese enthalten eine kurze rechtfertigung
des von Achilleus vertretenen Standpunktes mit der Widerlegung
eines einwandes, welcher gegen denselben erhoben werden kann.
ich habe , sagt Ach. , jenes maszhalten gelernt (diricTaTai) , mich an
dasselbe gewöhnt : denn dies ist die unentbehrliche grundlage eines
richtigen, der Vernunft folgenden lebens. dies drückt Eur. (y. 922 f.)
so aus: 'nur solche (welche jenes masz zu halten verstehen) besitzen
die Überlegung, sind geistig gerüstet (XeXoTiCjii^VOl elclv)
richtig, der Vernunft gemäsz zu leben, sich weder durch leidenschaft
noch durch verkehrte Wertschätzung der guter des lebens irre führen
zu lassen.' so stellt Euripides also auch hier die cuicppocOvri seines
Achilleus der nicht beherschten leidenschaft des Homerischen holden
einerseits und der schwer gebüszten ruhmsucht Agamemnons ander-
seits entgegen, man kann einwenden, fährt der dichter v. 924 fort,
dasz es manchmal wonne gewährt nicht besonnen zu sein (aus den
werten jiir) Xiav q)pov€Tv hört man den einwand des gegners: 'man
darf nicht allzu besonnen sein'): darauf erwidert er, dasz anderwärts
besonnenheit heilsam, gewinnbringend ist, also er s atz bietet für
die entsagung, zu welcher sie auffordert, man würde diese beiden
verse nicht vermissen, wenn sie fehlten; etwas fremdartiges oder
störendes aber enthalten sie nicht und finden ihre bestätigung auch
in der anknüpfung des folgenden satzes mit ifib bi, diese hervor-
668 UStadtmüUer : zu Euripides Iphigeneia in Aalie [919—974].
hebung des subjects läszt annehmen , dasz die allgemeine betrach-
tung , welche zwischen das über Achilleus speciell gesagte (v. 919
— 921 und 926 f.) tritt, etwas umfänglicher art sein muste, und
Euripides mochte diese gelegenheit gern ergreifen zur Suszenmg
über die frage, ob das f)bu oder das xpil^^MOV, das x<^(p€W oder
9poveiv erstrebenswert sei/
II. Anders als über den ersten teil der rede denke ich Ober den
nächsten, der (v. 932 — 947) überliefertermaszen so lautet:
ckb\ (b cx^iXia iraGoöca irpöc tiuv 9iXTdTUiV, 982
S bi\ KttT* fivbpa TiTverai veaviav,
tocoOtov oIktov TiepißaXuJv KaiacTcXu»,
ko{}ttot€ KÖpT] ci\ TTpöc TTaipöc cq)aTr)C€Tai 986
i^ii] qpaTicGeic' • oü fäp ^ilatiX^kciv nXcKdc
ifd) TrapeSuj ciu ttöcci tou^öv biixac.
ToCvopa TdPi ci Kai ^i\ cibripov fjpaTO,
Toöpöv q)ov€uc€i TTttiba cf\v, TÖ b' atnov
TTÖcic cöc • dtvöv h* ouk^t' icfi ciöp* i^öv, 940
ei bi' €p' öXeirai bid t€ touc £^ouc Tdjiouc
f\ beivd iXäca kouk dvexid TrapG^vcc,
GaupacTd b' ibc dvdEi' ^Tipac^^vr).
ifd) KdKiCTOC fjv dp' 'ApTeiuüV dvrjp,
ifuj TÖ ixr\biy/ , Mev^XeuJc b* dv dvbpdciv , 946
ibc ouxi TTtiX^ujc, dXX' dXdcxopoc T^T^c,
öcTTcp (poveuei tou^öv 6vo^a C(|) iröcei.
alle interpretationskünste können hier über die beiden letzten versa
nicht hinweghelfen, v. 947 ist, wie man erkannt, aus bestandteilen
der kurz vorhergehenden verse 937 — 939 zusammengesetzt; der vers
(bc ouxi TTtiX^ujc, dXX' dXdcTopoc t^T^c ist an seiner jetzigen stelle
unmöglich, mag man eine grammatische beziehung derselben auf
^TUJ TÖ iir]bi\ für zulässig halten (man müste in dem falle Meväeuic
b* dv dvbpdciv als eine auszer dem grammatischen Zusammenhang
^ zur recbtferti^piDg von Trp6cuj in v. 919 CFi[fr)X6g)puiv fioi 6u|iÖ€
atperai irpöcui y er weist Hennig auf Sopb. Trmcb. 647; diese itella ist
mit andern schon von Firnhaber (s. 170) angeführt, trotzdem hat man
an der richtigkeit von irpöcui gezweifelt, der jüngste verbesserungs-
versuch zu der stelle : 6\|ir)Xöq>puiv fioi 6u^6c oö^öc aTpcTCU (von
FWSchmidt) entbehrt aller Wahrscheinlichkeit; immerbin wird man sieh
bei der Überlieferung nicht beruhigen, denn so bezeichnend irpöcui in
der genannten Sophoklesstelle ist (irpöcui CTcixeiv im gegensats sn
q)G(v€iv], 80 wenig läszt sich das wort in der Euripidesstelie in scharf
präcisicrter bedeutung fassen oder in eine bestimmte beziehang bringen,
ich dachte an 6i|;TiX6q>puiv fnoi Gufiöc atpcrai qpOcci : <pOc€i 'von natar*
im gegensatz zu diricTarai; das hochherzige wesen ist ihm angeboren,
das maszhalteu ist die frucht der Überlegung oder erziehnng. aaeh kam
ich auf <)i[fTiX6q>pujv ^oi GufLiöc aTperai Opdcci. durch Opocci gewinnt
man einen innigem Zusammenhang mit den nächsten versen, indem die-
jenige kraft des Oufiöc genannt ist, welche nicht frei walten soll, son-
dern sich der leitung der im folgenden gemeinten cu;<ppocOvn in OBter»
werfen hat.
HStadtmüller: za Earipidea Iphigeneia in Aulia [910—974]. 669
stehende parenthese fassen): inhaltlioh ist jedenfalla der yers hier
unhaltbar, unmittelbar vorher t. 944 und 945 klagt Achillena dass
Agamemnon an ihm so gehandelt, als ob er der geringsten einer sei,
dasz er ihn fttr gar nichts geachtet habe ; dazu passt nun keineswegs
die bezeichnung äXdcTopoc T^T^c : denn nicht misaohtet wird der
alastor oder der söhn desselben, sondern man erkennt seine macht
und zittert vor derselben, anderseits ist dieser vers an sich tadellos
und erinnert nicht an das machwerk eines interpolators. also hat
man es mit Umstellung versucht, mit einer doppelten, bei Weil steht
er nach 943 Gau^acra b' übe ävdSi' i^Tt|iidcji€9a: nach dem ge-
sagten kann diese änderung nicht genügen , da sie nur der zuerst
berührten grammatischen sdiwierigkeit rechnung trägt, noch unbe-
greiflicher ist der versuch den vers zwischen 944 ifib KäKiCTOC fjv
äp' 'ApT€iuJV dvi^p und 945 ifti) TÖ jiiiib^v unterzubringen, auf die
stelle , für welche nach meiner meinung der vers wie geschaffen ist,
hat man merkwürdigerweise noch nicht geachtet, als ein alastor oder
ein dämon ähnlicher art musz Achilleus sich in der that vorkommen
bei der erwägung, dasz sein bloszer name todbringend sei, dasz dieser
einem vater die möglichkeit zum morde der tochter biete; und dem
interpolierten verse 947 verdanken wir wenigstens das 6ine, dasz in
den elementen desselben ein Zeugnis erhalten ist, welches den von
unserm verse ursprünglich eingenommenen platz angibt, die werte
ibc ouxi TTriX^ujc, äXX' dXdcTopoc T^T^c standen nicht über Scirep
(poveuei Toupöv dvopa ct^ iröcei, sondern zwischen v. 937
ifil) irap^Euj cifi iröcei toö^öv bi\iac und v. 938 Tofivo^a fäp
. . TOU|idv q)OV€iJC€i, also zwischen den versen, welche der inter-
polator zur bildung seines Werkes benutzt hat. der dichter schrieb
nach meiner meinung folgendermaszen:
DU Tdp £^ttX^k€iv TrXoKdc 9d6
ifih Tiap^Hu) c\\} TTÖcei toö^öv b^fiac, 987
ujc ouxi TTtiX^ujc, dXX' dXdcTOpoc tcTüic* 946
TOÖvoMa Tdp , €l Kai ^f| cibripov f^paro , 988
TOU|iöv qpoveucei iraiba ct^v.
man könnte nun vermuten, dasz v. 937 vielmehr ^ub irap^ui toö-
jLiöv övCfLia ciu TTÖC61 ZU Schreiben sei, dasz also der interpolierte vers
wenigstens noch ein echtes versglied bewahrt habe, und wirklich
ist jene fassung des verses von Nauck vorgeschlagen; bei der bis*
berigen aufeinanderfolge der verse würde sich dann an TOÖjiöv dvojyia
cuj TTÖcei unmittelbar TOÖvo^a — toö^öv (938. 939) anschlieszen.
auf das anstöszige eines solchen Zusammentreffens hat man bereits
aufmerksam gemacht (vgl. FWSchmidt krit. Studien II s. 256);
mit der von mir vorgeschlagenen einfügung von v. 946 zwischen die
gleichklingenden Satzglieder dürfte jener anstosz vermindert, viel-
leicht beseitigt sein ; trotzdem möchte ich 937 in der überlieferten
form mit bejiiac halten, nicht darum weil dieses b^jiiac bei Eur. oft
zu einer ^völlig beziehungslosen Umschreibung der person' (Schmidt
ao.) entwertet erscheint, sondern weil der ansdruck in seiner eigenV
670 HStadtmüUer: zu Euripides Iphigeneia in Aulie [919—974].
liehen bedeutung die bestfttigung durch die folgenden verse erhftlt«
es heiszt nemlich im anschlusz an das oben angeführte folgender-
maszen :
xd b' alTiov
TTÖcic cöc* dtvöv b' ouK^T* iciX CUJ^* i^iöv, 940
€l bi' €|Li' dXeiTai bid xe xouc ipoüc td^ouc
f] b€ivä xXäca kouk dvcKxd TrapG^voc.
der sinn der stelle ist : 'dem Agamemnon kommt allerdings die Ur-
heberschaft des mordes zu; aber im fall der Opferung Iphigeneias
wird an meiner person (mag die seele auch noch so rein sein) blui-
schuld haften': und dieser gedanke entspricht, wie bekannt, durch-
aus der antiken anschauung. wollte also Achilleus dem Agamemnon
nicht entgegentreten ; so hätte er ihm in der that gestattet nicht
blosz den namen zu misbrauchen, sondern ihn selbst in einer der
stthne bedürftigen weise mit blutschuld zu beladen: darum sagt
Achilleus ifd) TiapeHuj ct^ iröcci xoÖ]liöv b^^ac. — Wie steht es nun
mit der nachbarschaft der beiden verse, von denen der eine, wie wir
gesehen, unecht, der andere an falsche stelle geraten ist? die ihnen
vorangehenden drei und die folgenden vier verse lauten folgender-
maszen :
Gaupacxd b' d)c dvd£i' i^Tijiiacp^vri. 943
Iffh KdKiCTOc fjv dp' 'Aptelujv dviip ,
tfOj xö M^b^v, Mev^Xeujc b' iv dvbpdciv. 946
jLid xdv bi' UTpOüV KUjLidxujv xeGpajuiii^vov 948
Nrjp^a, qpuxoupYÖv e^xiboc f^ jn' ^Tcivaxo,
oux dvpcxai cfic Gutaxpöc 'ATajbi^jiivuiv äva£, 960
oub' elc dKpav x^ip*, iSjcx€ TrpocßaXeiv ir^nXctc.
wie der erste dieser verse (943) überliefert ist, steht er im anschlusz
an f] beivd xXdca kouk dvcKxd TrapG^voc (942) und soll also zur
weitern Charakterisierung des der Iphigeneia gewordenen looses
dienen, es klingt aber nach den eben angeführten Worten jenes
dvdSi" i^xi^acji^vr) nicht blosz wie ein unerwarteter, nachschleppen-
der Zusatz: das i^xipdcGai ist in beziehung auf Iphigeneia durch-
aus unzutreffend, unpassend gesagt, von einer dxipia ist, wie Achil-
leus denkt, nicht Iphigeneia betroffen, sondern nur er selbst, dies
zeigen die folgenden verse (944 f.); dies beweist der ganze gedanken-
gang der rede, zuerst nemlich ist Ach. empört bei vergegenwftrtigung
des Zieles, zu welchem der misbrauch seines namens schliesziich nach
Agamemnons absieht führen sollte ; träte er dieser nicht entgegen,
so müsto er sich selbst vorkommen wie ein böser dämon. zum zwei*
tcn beschäftigt ihn ein wesentlich verschiedener gedanke, der dasx
die AtrcYden ihn nicht h<5eh genug achteten, um ihr falsches
spiel nicht auf kosten seines namens zu spielen, v. 943 kann sich
also jedenfalls nicht in der überlieferten weise an 942 anschliesien.
bringt man den vers durch die änderung von f^xtpacM^vii in iVnftä-
C|ii€9a (Monk) in die einzig mögliche beziehung auf Achilleus , dann
HStadtmüUer: zu Euripides Ipbigeneia in Aolis [919^974]. 6T1
geben eine weitere ausführung dieser än^ta die beiden folgenden
verse (944 f.) :
dtu) KcxKicToc fjv fip* *ApTeiiUV dv/jp,
ifuj TÖ mbiVy Mev^euic b' iv dvbpdcw.
so passend tö iir\bi.v als Steigerung des Torhergehenden xdKiCTOC
erscheint , so verkehrt ist die folgende antithese Mev^XeuiC b' £v
dvbpdciv. man weisz dasz das griechische drama dem MenelaoB
vielfach die stelle des mattherzigen Schwächlings zugewiesen hat.
dieser Vorwurf — und er kommt hier im ton der ironie zum schärf-
sten ausdruck — ist an unserer stelle in Achilleus munde unberech-
tigt und unbegreiflich, was ist vollbracht von dem einen oder dem
andern , dasz Ach. hier fragen kann : 'einen Menelaos zählt man zu
den männern, während man mich misachtet' ? mit vollem recht hat
FWSchmidt neuerdings diesen vers verworfen, und eine bestätigung
der unecbtheit findet sich im weitem verlauf der rede, wo esheiszt:
vOv V oub^v elpi Trapd fe toic cxpaniXdTaic (v. 968); unmöglich
kann in derselben rede eine derartige dublette stehen, unser ihter-
polator aber hat sich mit der 6inen antithese nicht begnügt: wie er
die beiden vergleicht, in derselben weise und zu demselben ende
stellt er die herkunft, die heimat derselben gegenüber, diese zweite
antithese lautet V. 952 — 954:
f\ CiTTuXoc fcrai iröXtc , Spicjiia ßapßdpuiv ,
ö0€v TTCcpOKac* ol crpaTTiXdTm t^voc,
OGia bk Toö^öv T* cöbajüioö KetcX^cerai.
ob der interpolator selbst mit dem mittlem verse den commentar ge-
geben hat zu dem fein ersonnenen CinuXcc (Argos oder Sparta
konnte er nicht gebrauchen, da er dem gefeierten Phthia einen gerin-
gen , namenlosen ort gegenüberstellen muste), oder ob eine jüngere
band das werk des altern interpolators erweitert hat, wer möchte
dies entscheiden ? jedenfalls ist der höhnische hinweis auf den ahnen-
sitz der Atreüden ebenso wenig der gesinnung des redenden ange-
passt wie die vergleichung , welche des Pelelden und Atrelden an-
sprüche auf die dvbpeia einander gegenüberstellt, dem ungehörigen
des inhalts entspricht das Ungeschick des ausdmcks. man findet
TTÖXic^ auffällig, ändert öpic^a in £p€ic^a, mit welchem gewinn?
ebenso zwecklos hat man an der construction des folgenden verses
corrigiert (80€V 7T^q)UK€ TOic CTpaniXdTaic t^voc hat zuerst Beiske,
dann Hennig noch einmal in verschlag gebracht) ; im dritten verse
hält man meist Jacobs' ändemng <t>9iac bk Touvojii' für notwendig.
' verlohnt es sich an dieser stelle eine änderung vorzunehmen, so
möchte ich kXutöc für it6Xic einsetzen; die gefi^ensätzliche beziehung
zwischen f\ CdruXoc ^crai kXutöc, öpic^a ßapßdpuiv und v. 954 06(ac
bt Toövo|Li* oOöaiLioO K€KX/|C€Tai tritt dann schärfer hervor: 'Sipjlos
im harharenlande wird gefeiert, Phthia dagegen nirgend genannt sein.'
in Verbindung mit Ortsnamen, localen begriffen findet sich kXutöc nicht
blosz häufig bei Homer, sondern auch bei den tragikern, zb. Ant. 1119
kXutAv öc d|LA(p^Tr€ic 'iToXiov. OT. 172. Iph. Aul. 863.
672 HStadtmfiller: zu Euripides Iphigeneia in Aulis [919—974].
kurz, diese zweifache antithese in v. 945 und v. 952 — 954 trägt im
wesen so offen den Stempel der gleichartigkeit , dasz ich mich nur
wundem musz , wie man zwar mehrfach sich von der unechtheit der
verse überzeugte, dagegen die Verwandtschaft derselben, die
gemeinsame tendenz und manier der interpolation noch nicht er-
kannte. — Da nun von den drei versen 945 — 947 zwei unecht sind
und der mittlere umzustellen ist, so würde, wollte man der Über-
lieferung im übrigen folgen, der mit 948 beginnende schwor sich
unmittelbar an 944 anschlieszen und von 940 — 950 sich folgende
gedankenreihe ergeben: 1) auf mir lastet blutschuld, wenn die durch
den vorwand der Vermählung geteuschte Iphigeneia jetit durch die
band des vaters den tod finden wird ; 2) in unbegreiflicher weise bin
ich misachtet; und der niedrigste der Griechen galt mehr als ich ;
3) ich schwöre es bei Nereus, dasz Agamemnon an seine tochter nicht
band anlegen wird, man sieht ohne weiteres, dasz die im innig-
sten Zusammenhang stehenden gedanken, der erste und der dritte^
durch eine fremdartige erwägung auseinandergerissen werden, dh.
dasz die verse 943 und 944 nicht zwischen 942 und 948 stehen
können, es ist schon oben hingewiesen auf die ähnlichkeit zwischen
dem auf V. 944 folgenden ifix) tö ^r\bkv und v. 968 vOv b' oub^v
eipi Trapd fe toTc CTpaTriXaiaic sollte etwa der interpolierte vers
(945) für die richtige einreihung der beiden vorangehenden verse
denselben dienst leisten, der von dem verkehrten verse 947 geleistet
wird für die richtigstellung von v. 946? bringt man v. 943 f. vor
968, dh. vor diejenige stelle, welche die auffällige ähnlichkeit
mit V. 945 aufweist, so erhält man unter combinätion des tadel-
losen teiles von v. 945 {Ifih tö )LiTib^v) und des verses 968 (vCv b*
ovbiv eijui Trapd fe, toic CTpaiTiXdTaic) folgende versgruppe, welcher
niemand einen correcten Zusammenhang absprechen wird :
Gau^acTd b' übe dvdEi' i^Ti)Lidc]Li€9a ' 94»
ifüj KdKicTOC fjv dp* 'ApTciuJv dvrjp, 944
ir(\h TÖ jLiTibiv irapd fe toic CTpaTiiXdTaic, 945-(-968
dv eufnapeT Te bpav t€ kq! \ii\ bpdv KaXuK. 909
Jetzt, wo die verse 943 — 947 zum teil beseitigt sind, lum teil
ihre richtige stelle erhalten haben, ist endlich der anschlusi von
948 ff. an die zugehörigen verse gewonnen ; dasz man nicht früher
auf denselben aufmerksam geworden , ist mir fast rätselhaft bei der
offenbaren Zusammengehörigkeit der folgenden verse:
dtvöv b' ouk^t' dcTl ciijp' ipöv , 940
€l bi' fjLi' dXeiTai bid t€ touc djiioöc td^ouc
f| beivd TXaca koük dvcKTd itapG^voc 942
)Lid TÖv bi' \)^p6jv KUjLidTujv TcGpamii^vov 948
Nrjp^a, qpuTOupTÖv e^Tiboc, f\ p' dTeivaTO,
oux äM;€Tai cfic GutOTpöc 'Atap^^vuiv dvoE, 950
oüb* €lc dKpav X€ip'» ^ÖCTC TrpocßaXciv tt^ttXoic.
man erkennt die Wechselbeziehung der sätze nach Inhalt und form:
dem futurum öXciTai (941) entspricht &i[i€Tai (960), der annähme
HStadtmüUer: zu Euripidee Iplugeneia in Anus [91»-974]. 678
ei öXelrai die yersicherang odx &Mi€Tai« und es ist durolwnt begreif-
lich und natürlich , wenn Achillens hier nnter dem banne der yor-
stellung, dasz Jphigeneias blot, wfirde es vergossen, seinen namen»
seine person mit blutschuld beflecken mflste, wenn er hier die anf
Iphigeneias yerteidigang bezfigliohe erklftmng dnroh einen feierlichen
schwur bei dem erzeuger der Thetis bekriftigt.
m. Da T. 952 — 954 wegfallen, so folgen anf AohiUens be-
teuerung, Iphigeneia gegen den vater zu verteidigen, unmittelbar
die gegen Ealchas und die seherkunst gerichteten werte (▼• 956
-958):
iTiKpoOc bk irpoxtirac x^pvißdc t* ivdpEerai
KdXxac 6 jidvTtc. Tic bk ii&vnc Icf ävf^p,
8c öXir" äXriefl, iroXXä bk ^f€obi\ Xifti
Tux^v, öxav bfe |iif| Tiixq, bioixcroi;
den letzten dieser yerse hat man mehrfach getilgt, meist misver-
standen, der sinn der stelle ist folgender: *wie kann man d6n
einen seher nennen , der wenig wahres und viel falsches sagt au f s
gerate wohl, wie es der zu fall will (n^x^v), und der tuende
ist, dh. dessen kunst zu ende ist, dessen rühm dahin ist, wenn
er es nicht trifft, wenn ihm der zufall nicht wohl will?' TUXibv
steht demnach in allgemeinerer bedeutnng als das nur den günstigen
fall bezeichnende vix^ ^i^d bezieht sich nicht bloss auf öXlt* dXr|9f)y
sondern auf beide eventualitftten, so dasz iroXXd bk t|i€ubf| keines-
wegs eine parenthetische beiftlgung des freier gestalteten gegensatzes
ist. der dichter will sagen : ob er die Wahrheit sagt oder das gegen-
teil, beides ist zufall (m. vgl. wegen dieser doppelten beziehung von
TUYX^veiv zb. Hom. 6 429 twv fiXXoc jii^v äirocpOicdui, äXXoc bk
ßiCüTUJ, öc K€ tOxi))* unser yers bezeichnet also die mantik aus-
drttcklich als spiel des zufalls, Iftszt dieselbe nicht als kunst, nicht
als ausflusz göttlicher eingebung gelten , und ich sehe keinen zwin-
genden grund den vers zu streichen, wofern man die übrigen auf
Kalcbas bezüglichen verse halten will, manche verwerfen nemlich
nicht blosz den vierten , sondern diese vier verse. eine dritte mög-
lichkeit, an die man noch nicht gedacht, will ich hier anführen, man
könnte versucht sein nur den ersten der vier verse zu halten und
diesen an 951 anzuschlieszen, vielmehr an stelle dieses verses zu
setzen, der ja auch schon verdächtigt und durch, wie ich meine,
unnütze conjecturen umgestaltet worden ist. es würde dann heiszen:
oux äi|i€Tai cfic GuTaxpöc 'Atom^MVUIv fiva£, 960
TTiKpouc bk Trpoxöiac x^pvißäc t* ivdpEerat. 966
danach würde Agamemnon die dem opfer vorangehenden heiligen
handlungen vorzunehmen haben, in Übereinstimmung mit dem zb.
v. 1518 gesagten: eöbpocot iratal irarpiipai p^voucicc x^pviß^c
T€. der interpolator aber, müste man annehmen, hfttte dies amt
lieber in der band des priesters gesehen als in der des kOnigs und
aus dem gründe die folgenden verse hinzugefügt, indes vermag ich
das ungehörige, das in dieser rede, in diesem Zusammenhang die er-
674 HStadtmüUer: zu Euripides Iphigeneia in Aolis [919—974].
wähnung des Ealchas haben soll, nicht zu erkennen, meine also, dan
alle vier verse zu halten sind, man könnte ja allerdings einwenden,
dasz sie der erinnerung an jene häufigen ausfalle gegen die manük
zu verdanken seien , in welchen das damalige drama den kämpf der
aufklttrung mit dem aberglauben spiegelte; allein mit demselben
rechte darf man behaupten, dasz ein teilnehmer dieses kampfes und
ein der reflexion zugeneigter dichter wie Euripides eine ihn tief be-
wegende frage auch da berühren mochte, wo der Zusammenhang dazu
nicht unmittelbar aufforderte, aber sollten jene vier verse wirklich
nur ein äuszerlicher zusatz sein, durch kein motiv der dichtang, durch
keine forderung der composition begründet, ausschlieszlich ver-
anlaszt durch die Skepsis des dichlers und seines Zeitalters? der alte
diener Klytaimestras erklärt in Achilleus gegenwart den unnatür-
lichen entschlusz Agamemnons durch hinweis auf die orakel des
Ealchas 878 f. wenn nun der stimme des Orakels zuwider Achilleoa
Iphigeneia retten will, so ist eine darlegung seines Standpunktes der
mantik gegenüber nicht blosz zulässig , sondern es scheint geradezu
geboten, dasz er zur rechtfertigung des die orakel nicht anerkennen-
den Verfahrens sich über sein mistrauen gegen die kunst der seher
äuszere. entbehrlich, aber darum noch keineswegs verwerflich wür-
den die vier verse dann sein, wenn in der vorausgehenden Unter-
redung des Orakels nicht gedacht würde; so erscheinen sie zur moti-
vierung von Achilleus auftreten notwendig und gewähren zugleich
dem dichter einen weitern zug in der gegensätzlichen Charakterisie-
rung seiner haupthelden.
Nach dem angriff auf Ealchas lauten der Überlieferung gemäsi
die verse bis zum schlusz der rede folgendermaszen v. 959 — 974:
DU Tiliv YciM*wv ?KaTi — ^upiai KÖpai
ÖTlpÜüCI X^KTpOV TOÖILIÖV — cTpllTai TÖbC * 960
dXX' ößpiv de f|M&c ößpic' 'ATaMdjuvujv ävoE.
XPnv b' auTÖv alieiv tcümöv 6vo]li' i^ov ndpa,
eripajLia iraiböc, el KXuTaijiiricTpa t* d^ol
jiciXicT' dneicBTi GuTCtidp* dKboOvai ttöcci.
fbujKa tSv "GXXticiv , el Tipöc ''IXiov 965
dv Tqjb* iKajuve vöcxoc • ouk i^pvouMeO* fiv
TÖ Koivöv aöE€iv 6jy ^di' dcTpateuöiLiTiv.
vöv b* oubdv eljLii Tiapä t€ toTc CTpaTTiXarmc
dv eujLiapei t€ bpav t€ kq! ^f) bpäv KaXÜJC.
xdx* €ic€Tai cibnpoc, 6v irpiv de OpuTac 970
dXGeiv, cpövou KTiXiciv aijLiaTi xpctvd»,
e\ TIC jLie Tf|v cf|v Gutaidp' dHaiprjceTai.
dXX' ficiixote • öcöc dtib Trdqprivd coi
]Li€TiCTOC, OUK ujv, dXX* öpoic Ttvrjcopai.
manche halten diese verse alle für unecht, manche verwerfen keinen
einzigen, andere sind für ausscheidung einiger verse, ohne jedoch in
der wähl der auszuscheidenden mit einander Obereinzustimmen, als
offenbare interpolation aber erweisen sich die verse 962— 967, deren
HStadtmüller: zu Euripidee Iphigenda in Aiilis [919*974]. 676
Unmöglichkeit auch yon andern behauptet ist Achilleus hat oben
erklärt, dasz er bei Cheiron ein gerades, offonea weaen gelernt habe
(v. 927), er wird darum nimmermehr zugeben, daaz »ein name
einer teuschung, einem falschen spiele diene: dies behauptet er aus-
drücklich Y. 936 ff. jetzt soll derselbe Achilleus erkUren, er würde
seinen namen dem betrüge geliehen haben, wenn nur Agamemnon
ein wort der bitte an ihn gerichtet hfttte, v. 962. oben beteuert Aohfl^
leus feierlichst, er werde das opfer Iphigeneias nicht zulassen, damit
nicht der tod der durch seinen namen nach Aulis gelockten Jungfrau
blutschuld über ihn kommen lasse: und jetzt? *er sei bereit gewesen
zur ermöglichung eben dieses opfere und den Griechen zu liebe den
misbrauch seines namens, die Torspiegelung der ehe zuzulassen, wo-
fern Agamemnon sich zu einem darauf bezüglichen gesuch yerstan-
den hätte.' der interpolator meint: ^Agamemnon hfttte Achilleus
bitten sollen, und dieser würde der bitte willfahrt haben' ; bei etwas
mehr Verständnis für die rede und den Charakter des Achilleus würde
er gesagt haben: ^Agamemnon hat aus gutem gründe unterlassen den
Achilleus um seinen namen zu bitten: denn er wüste, dasz Ach. zu
einem betrüge, wie er ihn beabsichtigte, seinen namen nie hergeben
würde.' dazu kommen sprachliche anstOsze : KXuraiiiifjcrpa direicOr]
anstatt ci) ^ireicGiic, wie wenn der interpolator yergessen hfttte dasz
Klytaimestra angeredet ist, Ofjpajyia in einer sonst nicht nachweislichen
bedeutung , der ganze satz ei KX. T* d^ol jiiäXtCT' £iT€ic6n OuTCtT^p'
dKboOvai TTÖC61, welcher eine mehrfache, aber keine befriedigende
interpretation zuläszt. darum ist es mir rätselhaft und wird es auch
andern sein , dasz noch in ausgaben jungem datums die verse 962
— 967 gehalten werden, die absieht des machwerks ist, meine ich,
leicht zu erkennen: der interpolator wollte dasjenige, worin nach
seiner meinung die Verunglimpfung des Achilleus und der fehler
Agamemnons bestand, deutlichst ausgedrückt sehen; ftuszerlich
knüpft er an stellen wie v. 910. 937 f. an und erhebt sich in seiner
auffassung nicht über die gewöhnliche scholiastenweisheit. mit be«
seitigung der interpolation , mit der oben vorgeschlagenen Umstel-
lung der verse 943 und 944, mit der Verbindung von v. 945 und 968
erhalten wir nunmehr folgendes :
DU tOüv Tci^wv ?KaTi — jiiupiai KÖpoi 959
Gnptöci X^Kipov Toöpöv — elprjTat TÖbe* 960
dXX' ößpiv de f||Liac ößpic* 'AraM^MVuiv fivol , 961
OauMacTä b' übe dvdSi' ^TiMdc|ii€9a' 948
ifOj KctKiCTOC fjv fip* 'ApTciuJv dvi^p, 944
^T^ TÖ jiTibiv Ttapd T€ toTc CTpaniXdTaic, 946+968
h euMapei t€ bpäv t€ Kai iii\ bpdv KaXoic. 969
Tax' cTceiai cibripoc, 8v irpiv ic 4>p\iTCtc 970
dX0€iv, qpövou KrjXtciv aX^cni xpoviö, 971
€1 TIC ixe Tf|v cf|v OuTaT^p' ££atpif)C€Tat. 972
so schwerwiegende gründe wie gegen die eben behandelten verse
lassen sich allerdings gegen die drei ersten der hier stehenden verse
676 HStadtmüller: zu Euripidee Iphigeneia in Aulis [919—974].
959—961 nicht geltend machen; unbegründet aber sind die be-
denken keineswegs, welche man gegen dieselben erhoben hat. die
Worte ^upiai KÖpai 9r)puici X^KTpov tcö^öv haben etwas anstösziges,
yerletzendes nicht blosz für das moderne empfinden, man bemft
sich zur rechtfertigung derselben auf Hom. I 395 TroXXal ^Axaiibcc
ddv öv' *€XX(iba t€ OGitiv t€ , KoOpai äpicrriuiv , et t€ TrroXieOpa
^öovTar xdujv fjv k' 46Äuü]lii cpiXtiv iroiiico^* äKOiTtv. jedermann
sieht, dasz ein nicht unwesentlicher unterschied ist zwischen obigen
werten und der Homerstelle : jene zeigen in der unzarten steigerong
dieser nicht die kunst des Euripides , sondern einen trivialen versi-
ficator, dem das wort elc t' <ivf|p Kpeiccujv T^vaiKurv )iup(u)v öpdiv
qpdoc Torschweben mochte, und dem das bild des in fast befan-
gener Schüchternheit der Eljtaimestra entgegentretenden Achilleat
entschwunden war. die Verwahrung aber, die in den versen ausge-
sprochen wird gegen eine fälsche auffassungsweise von Achilleoa
handeln und be weggründen, ist sehr überflüssig; gerichtet an Ely*
taimestra, welcher durch die begrüszung des Ach. als ihres eidame
eine für die königin wie für die mutter gleich empfindliche demflti-
gung widerfuhr, sind die worte um so auffallender, als Ach. das be-
schttmende jener entteuschung mit empfunden und Kljtaimestra
darüber zu trösten versucht hat. ich weisz , zu welchen Ungereimt-
heiten die nichtachtung des Unterschieds zwischen modemer und
antiker ästhetik geführt hat; hier aber wird man schwerlich irre
gehen, wenn man die beiden verse als eine versificierte scholien-
paraphrase betrachtet.
Wahrscheinlich hat man ihr auch den folgenden vers in ver-
danken: äXX'üßpiv £cfmäc ößpic"ATa]Li^pvuivfiva£. der erste versteil
enthält eine nicht seltene Euripideische formel (vgl. Hik. 512. Her.
741. Herakl. 18. Hei. 785. Phoin. 620), der zweite wiederholt in
lästiger weise die clausel eines in der nähe befindlichen verses (950),
und das ganze ist nichts als eine Variation des folgenden versea
GaujLiacTd b* übe dvdgi' i^TijiiäcpeOa. dieser aber bildet nach meinem
dafürhalten den geeigneten Übergang zu dem letzten teil der rede.
im vorhergehenden ist namentlich der gedanke ausgeführt, dasz das
Opfer , weil ermöglicht durch den misbrauch von Achilleus namen,
den Achilleus als mitschuldigen an Iphigeneias tod erscheinen Iftszt,
dasz darum Achilleus das opfer nicht zulassen darf, jetzt bedenkt
Ach., dasz Agamemnons verfahren, die willkürlich zugesprochene
tochter ihm ebenso willkürlich zu entreiszen, eine völlige gering-
Schätzung seiner person voraussetze, dasz Iphigeneia, die einmal die
seine genannt worden, ein anrecht auf seinen schütz habe, dasz eine
Verweigerung dieses Schutzes das misachtende urteil Agamemnons
rechtfertigen würde, es gipfelt diese erwägung für Achilleus in dem
gedanken: Verteidige ich nicht das leben Iphigeneias, so bedeutet dies
eine art von Selbsterniedrigung, durch welche ich mich zum guten teil
der mannesehre und manneswürde begebe.' dieser gedanke ergreift
Achilleus am mächtigsten und veranlaszt (v. 970—972) die onum-
HStadtmQller: zu Euripidea Ipbigeneia in Aulia [919— ST4J. 677
■Wündene erklSrung, er werde, falls man ihm Iphigeneia enlreisieii
wolle, das schwert ziehen und ohne bedenken blut der bundes-
genossen noch auf griechischer erde vergieszen. es ist die reinste
laune, wenn man die verae 970—972 ak eine entbehriicho wieder-
iolung von 950 f. entfernen wollte; sie enthalten im vergleich zu
dieser steile mit der positiven erklärung des bewaffneten eintretens
fUr Iphigeneia eine Steigerung des empfindens und des ouadrucka,
welche in der gedankenfolge die psychologische begründung vollauf
findet, nur ist der eine vers 971 ^Xfleiv (pövou ktiXiciv aV'^' XPOVili
unrichtig überliefert, a'inaii ist nattlrlicb unmöglich; auch hat man
wohl richtig gefühlt, dasz der dafür e in nu setzende begriff eine gegen-
sätzliche beziehuDg ausdrücken muaz zu irplv ic 'Ppvfac iXQtXv.
ansprechender als Her wer den s (pövou KT]\klv "GXXiiVOC xpavüi ist
Eaucbenateins cp. x. ivQ&b' w\ XP'^ViIi und Weils aÜTÖGev
Xpavut. befriedigend aber sind auch diese beiden conjecturea nicht:
in der einen klingt, abgesehen von der palgograpbi sehen unwahr-
scheinlich k ei t, das part. uJV überaus matt und als ob es sein dasein
nur dem verszwange verdanke ; mit aÜTÖÖev aber wird ein von Euri-
pidea nirgend gebrauchtes wort durch conjectur eingeführt, nach
meinem dafürhalten bat durch a^aTl, vielleicht ein gloasem zu
(pövou KTjXiciv, der bereits lückenhaft gewordene vers eine ergSn-
zung gefunden; lUcken aber entstehen, wie man weisz, in den aller-
meisten f&llen dadurch dasz von zweinach einander kommenden ähn-
lich geschriebenen Wörtern das eine übersehen wird, ich denke, dasz
vor xpovüj das mir in der bnchstabensteüung verschiedene x^pav
ausgefallen ist ; dies hatte den Wegfall der verherguhendeti präp. &v&
oder KCiTä zur folge. Eur. schrieb nach meiner meinung:
x&x' eicETOi cibrjpoc, 8v itpiv ^c <t>pOTac
dXeeiv, ipövou KtiXici kotö; x^pav xP^vCü.
ich verweise auf Aristoph. Ei. 1354 oütoc, ti KÜmeic; oüx'i Kord
Xiiipav pevEic; wo sich der ausdruck an gleicher versstelle findet
(m. vgl. ausserdem Aisch. £um. 787 ßpoToq>6öpauc KtiXibcic i\
XLÜpa ßaXei. auch an unserer ittelle wäre Kt]XTciV £v X*^p(ji ^^^
lässig, dies zeigt ua. Xen. Kyrup. VII 1, 23 fit]KeTi fivuj nopeüecGai,
6.\\' aÖTOÖ ^V X*^?? CTpaipiivai. wollte man aber övö Xiwpav
vorziehen, so könnte man sich berufen auf Eur. Hik, 604 tpövoi
^ctxai cTepvoTUTTeic t" övöi TÖnov näXiv «paviicovTOi ktüttoi). —
Es bleiben noch die letzten verse:
&\\' ficüxa££' öeöc ^fiu ir^qjtivd coi
H^T'CToc oiJK LUV, &\k' Ö/jwc TEViicofxai.
die rätselhaften worte haben vielfache behandlung erfahren : man hat
sie entweder gestrichen oder zu erklären oder zu verbessern gesucht,
das erste verfahren ist das bequemste; nur ISszt sieb liagegen sagen,
dasz ein direct an Elytaimestra gerichtetes, beruhigendes wort
nicht blosz einen passenden, sondern den einzig befriedigenden
Ecblusz der rede bildet, dasz ohne jenes die rede nicht abgeschlossen,
sondern abgebrochen erscheint, dasz endlich dXX' f|Ci3xa£e vortreS-
678 HStadtmüUer: zu Euripides Ipbigeneia in Aulis [919—974].
lieh passt zu dem vorhergehenden cf)V OuTttT^p' £Satp/jc€Tai. die
tilgung der beiden verse also scheint mir nicht berechtigt, noch
weniger begreiflich dies, dasz man den zweiten vers gestrichen, den
ersten gehalten hat. Achilleus soll danach seine rede enden mit dem
Worte 6€ÖC ifth TT^cptivd cot. will man dem dichter nicht jeden ge-
schmack absprechen, so kann man an die richtigkeit von Ocöc nicht
glauben; Klytaimestra könnte allenfalls sagen: 'du bist mir wie
ein gott erschienen' ; Achilleus selbst kann jenes attribut sich nicht
beilegen, ohne in einem grade anmaszend zu erscheinen, welcher mit
der sonstigen Charakteristik des beiden in ojfenbarem Widerspruch
steht, so sind auch die zur vergleichung beigezogenen stellen sämt-
lich derart, dasz sie zu jenem als mOglich bezeichneten gedanken
parallelen enthalten , dagegen für die richtigkeit der werte , um die
es sich handelt, nichts beweisen. GHermann hat folgende fassung
der verse vorgeschlagen: dXX" f)CUxaZe' cpuic iffh n^qpTivd coi,
cujTrjpioc bk CUV OcoTc T€Viico|Liai. das sind allerdings keine gerin-
gen änderungen im zweiten verse, und der durch dieselben ge-
wonnene gcdanke ist nicht einmal befriedigend : denn cujTrjpioc ist
nur eine matte wiederholuug von qpüjc oder erklärung zu demselben,
und CUV OeoTc T€vr|C0|iai klingt wie eine nachträgliche Verbesserung
des zu selbstbewusten cpuüc rr^cpiivd coi. aber darin musz man
Hermann entschieden beistimmen, dasz mit der einsigen Bndemng
von Ocöc nicht geholfen ist : Vitelli begnügt sich mit dem Hermann-
sehen cpuüc und der dann notwendigen Verwandlung von ^^xtcroc in
ILieTiCTOV, aber man wird zugeben ^ dasz eine Sprechweise wie diese:
cpüüc ^T^ TT^cptivd cot iLi^TiCTOV ouK UJV; dXX' öixwc T€viico|Ltai fast
noch weniger möglich scheint als die der Überlieferung, glücklicher
ist Heimsoeths änderung von Ocöc in qpiXoc, durch welche des
Achilleus worte eine passende beziehung erhalten auf Kljtaimestras
klage, dasz von den eignen verwandten ihr keiner zur seite stehe, v. 912
oub^ cpiXoc oubeic tt^Xqc jlioi. aber mit cpiXoc ist in der langen
kette der Irrtümer nur ein einziges glied geheilt, ich kam anf fol-
gende fassung der verse, in welcher man, hoffe ich, den der steUe
angemessenen gedanken und ausdruek finden wird:
dXX' f|cuxa2€' cpiXociTWiOu ir^qpnvd coi
T^vei TrpocrJKUJV, dXX' öjiujc c* dvrico|Li€v.
*nicht als ein durch abstammung angehöriger freund, verwandter
bin ich dir genaht, aber dennoch werde ich dir beistehen.' so er-
halten auch in Kljtaimestras erwiderung die worte derselben: dXX*
CUV fxci TOI cxniLia, kSv dirwOc v fj dv^p ö xphctöc, bucTuxoOvrac
djqpcXcTv eine bedeutsamere beziehung, wie man auch fiTTUlOev auf-
fassen mag. obige gestaltung der veräo (eine änderung von ir^q>liva
in TT^qpUKa ist dabei nicht nötig) setzt allerdings eine reihe von
fehlem im überlieferten texte voraus; aber einzeln ist keines der ver-
sehen derartig, dasz es nicht häufig in den hss. begegnete, war ein-
mal T€vr|co|Liai aus c' övrjcoiiiev geworden, ouk ujv aus rjicuiv, so
mag zur entstohung von jn^T^CTOC aus T^vci irpoc auch die ftlschnng
HStadtmüller: zu Euripides Iphigeneia in Anlis [919—974]. 679
eines correctors mitgewirkt haben, wegen der Jambischen messong
von ^TU) ou brauche ich nicht zu verweisen auf zahlreiche stellen,
wie Ant. 458 toOtudv ivh OÖK ^pcXXov. der nnmeruswechsel
n^cpuKa — öviico|i€V ist, wie bekannt^ etwas sehr gewOhnlicheSi
vgl. zb. Tro. 904 od biKduiC, i^v Odvu), OavotifieOa nnd die beispiel-
samlung, wie sie uns FWSchmidt (krit. Stadien 11 448) gibt. t^V€t
TrpocrJKUJV, welches den begriff q>iXoc prttcisiert, so dasz hier nnr
^der verwandte' verstanden nnd eine irrige anffieuBsong ansgeschlossen
wird, findet sich zb. Med. 1304 o\ npocf^KOVT€C T^VCi, Isokr. an
Demon. § 10 jiäXXov d6au^a£€ toöc nepl aöröv cnoubdZovrac {^
Touc T^V€i TTpoc/JKOVTac, auch vgl. m. £ur. fr. 831 Ddf. noOet irfic
TIC baKpuuJV TOUC irpocfJKOVTac q>(Xouc, wegen dXX* öjiiuic c^
övrjco|Li€V endlich erinnere ich an die werte dXX' 8pu)c &pf\ioiiiy coi
(v. 1358), welche gleichfalls von Achilleos an Eljtaimestra ge-
richtet werden.
Vielleicht ist mir der beweis gelungen, dasz die kritik, welche^
drei viertel der rede streicht, ungründlich ist^ dasz jene ^ welche in
derselben kaum 6ine Änderung von belang für nötig erachtet, eine-
zu niedrige Vorstellung hat von dem werte der Euripideischen dich-
tung. mehr als durch wortverderbnis hat die rede durch umstellung^
und interpolation gelitten : eine gruppe von nicht zusammengehörigen.
Versen (943 — 947) ist an falsche stelle geraten; in derselben befin*
den sich zwei unechte verse (945 nnd 947), welche in ihren aua
andern partien der rede entlehnten bestandteilen den ursprünglichen
sitz der echten verse verraten, dazu kommt noch eine dreifache^
interpolation. v. 952 — 954 stellt die Vaterstadt des Pelelden der
heimat der Atre!fden gegenüber und hat die gleiche tendenz wie der
eingeschobene v. 945. ebenso tragen die beiden paraphrasen (959 f.
und 962 — 967) den gleichen Charakter: die zweite beschäftigt sich
mit einem verfahren, welches Agamemnon nicht eingehalten habe,
die erste mit einem motiv, welches für Achilleus handlungsweise
nicht maszgebend sei.
Achilleus rede lautet also von v. 935 an nach der gestaltung,
die sich mir als die ursprüngliche ergeben, folgendennaszen :
KOÖTTOTC KÖpn cf| TTpöc iiaTpdc cqpaxi^ccTai 985
djifi cpaTicGek*' oö x^p d^TrX^KCiv TrXoKäc
ifijj TTapßw cÄ TTÖcci Toöfiöv bd|Liac, 98T
djc ouxi TTtiX^uJc, dXX' dXdcTopoc TCTific* 946
Toövojia TdP; €l Kai fif| c(bT]pov f^paTO, 988
TOÖjLiöv cpoveiicci iraiba ci\y. tö V afTiov
TTÖCIC CÖC , QTVÖV b* OÜK^T* dcrl Cdifl* djLlÖV , 940-
el bi' f |i' öXeiTai bid t€ touc d|Liouc Tdfiouc
f| beivd TXäca koök dveKTd TrapGdvoc; 942
jLld TÖV bl' ÖTPWV KUjidTUJV T€0pa|Li|Lidvov 948
Nripda ^ cpuTOupTÖv SdTiboc fi jii* dTclvaTO ,
oux äii;€Tai cflc GirfaTpdc ^Axctfidfivwv dvoH, 950
oub* de ÄKpav xetp*, ficrc TipocßaXetv irdTiXcic. 951
680 FBlass: zu Archilochos.
TTiKpoüc bk irpoxuTac x^pvißdc t* dvapHerai 966
KdXxac ö jidvTic. t(c bi jidvTic &t* dv/jp,
6c öXiT* dXnef^ , TToXXd bi ipeubfi \ife\
ivx^y^, öiav bk |Lif| Tuxq, bioixexai; 968
GaujLiacTd b* ibc dvdSi' i^TijiidcjieOa * 94S
iffl) KdKicTOC fjv dp* *ApT€iujv dvrjp, 944
ifOj TÖ jiTibfev Trapd t€ toic cxpaTTiXdTaic, 946-|'968
dv eujLiapei re bpdv Te Kai |Lif) bpdv KaXuic. 969
idx' ekeiai cibripoc, 6v irplv de 0puTOC 970
dXGeiVy cpövou KnXTci Kardxutypav XP<xvuj,
et t(c ji€ -rfiv cr\\ GuTax^p' Öaiprlcexai.
dXX' f|cuxa2€* cpiXocdxwJOU Tiiqir\v& coi
Tdvci irpocrJKujv, dXX* öjliuüc c' övifjcoMev. 974
Heidelberg. Hugo Stadtm6llbb.
87.
Zu ARCHILOCHOS.
Bereits im Jahrgang 1884 dieser Jahrbücher (b. 496) habe ich
dem Archilochos zwei bei Aristeides (II s. 51 Ddf.) erhaltene Ter86|
wie ich denke überzeugend, zugewiesen, indes passt hier leider
auf mich das Homerische dxdp oö TeXoc Tk€0 ^u6u)V. das gedieht
selber liesz und läszt sich ausmitteln, und das habe ich damals nicht
gesehen, die verse beziehen sich auf die seherkunst:
ZeOc dv GeoTci iiidvTtc dipeub^craroc,
Ka\ tAoc auTÖc ix^Xy
dh. Zeus, der die zukunft selber bestimmt, weisz sie auch; andere
götter und vollends menschen wissen weniger davon, nun richtete
sich eine epode des Archilochos gegen den seher Batusiades ; die an-
fangsverse sind von Hephaistion erhalten (fr. 104 Bergk):
€\j TOI Trpöc deGXa bf^jiioc t^GpotZICTO,
dv bk BaTOucidÖTic.
der anfang, wo auch eO Ti überliefert ist, wird angefochten, ich weisx
nicht ob mit recht; mir kommt es auf das metrum an, welches iden-
tisch ist. da nun Aristeides anderswo (II s. 380) von des Archilochos
angriffen auf töv beiva töv jiiävTiv spricht (wie auch Bergk an-
merkt): was soll man da zweifeln, dasz die von ihm citierten verse
diesem gedichte und keinem andern angehören?
Kiel. Friedbich Blass.
HSchütz : kritische bemerkungen zn Aristoteles rhetorik. 681
88.
KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU ARISTOTELES EHETOEIK. •
I 5 (1361^ 18) ^€T^eouc bk dperfi Td öircp^xciv KOrd juifKOC
Kai ßdOoc Kai irXdTOC tujv ttoXXi&v tocoiJti}! ^eiZovi d&CT€ jLifj
ßpabuT^pac iToteiv Tdc Kivncetc bid Tf|v öircpßoXt^v. der sinn ist
völlig klar, aber was soll ^eiZovi? die vergleicbong ist bereits in
UTiep^X^iv, der grad derselben in TOCOiiTip gegeben: 'die tüchtig-
keit der grösze (des menschlichen körpers) besteht darin , nach den
drei räumlichen dimensionen vor der menge so weit hervorzuragen,
dasz nicht wegen des übermaszes diebewegangen langsamer werden.'
wollte man selbst dem tocoi3t({j noch einen comparativ hinzuftlgen,
um dadurch noch einmal auf diTCp^X^iv zurückzuweisen, so müste
CS ttX^ov heiszen oder |Liei2[ov, bzw. juefZcva, falls man es auf fiffKOC,
ßdOoc, TTXäTOC beziehen will, zu fieCovi könnte nur jiiCT^dci ergänzt
werden; dh. abgesehen von dem pleonasmus würde die definition den
zu bestimmenden begriff selbst wieder enthalten, ich glaube, jiieiZovt
ist zu streichen oder mit einem allerdings erklärlichen pleonasmus
in |Li£T2!ov (jueiZova) zu verwandeln.
I 6 (1362 • 24) Kai 8ca ö voOc Sv ^KäcTi|i diroboCii, Kai 8ca ö
nepl ?KacTov voOc dirobibwciv ^KdcTifi^ toOtö dcTiv ^Käcnu draOöv.
die vorhergehende definition des guten beginnt mit £crui bi\ äyaMv
usw. und scblieszt mit Kai oö dcpfexai TrdvTa fj Trdvra xd alcOiictv
^XOVTa f\ voCv , fj €l Xdßoi voGv. nachher wird in derselben weise
fortgefahren Kai o u TTapövTOC eO bidKCtrai usw. in dem einschiebsei
ist zunächst auffällig der Übergang in den plur. Kai 6ca und sofort
wieder die rückkehr zum sing, in toOtÖ dcTiV ^KdcTip djaGöv; so-
dann die völlig müszige Wiederholung in diesen letzten Worten nach
dem zu anfang gesetzten fcTUJ bf) dTOtOöv; endlich aber, dasz die
bestimmung selbst teils in sich eine Wiederholung enthält, teils mit
ei Xdßoi voCv sich nicht wohl vereinigen läszt. oder welch ein unter-
schied sollte bestehen zwischen öca ö voOc Sv ^KdCTijj dTTOboiTi ^^^d
5ca ö 7T€pi ^'KacTOV voGc dTTobibujav ^KdcTW? man könnte sagen,
in jenem sei die allgemeine Vernunft gemeint, die jedem einzelnen
sein dYaOöv verleibe , in diesem die jedem einzelnen innewohnende
besondere; es ist aber kaum denkbar, dasz hier eine so spitzfindige
Unterscheidung gemacht sein sollte, nun ist aber unter voOc in €l
Xdßoi voöv ohne zweifei die subjective Vernunft als bewustsein ver-
standen: denn gut wird dasjenige genannt^ wonach alles trachtet
oder alles was empfindung oder vemunft hat, oder (wonach es
trachten würde,) wenn es Vernunft erhielte, danach wäre das um-
springen in die objective Vernunft, die das gute dem einzelwesen
gibt, an sich unwahrscheinlich oder gar widerspruchsvoll : das einzel-
wesen würde, wenn es voOc bekäme, das begehren, was ihm der
voOc doch selber gewährt; ist das letzte der fall, so wird das be-
Jalirbüclier Tür class. philol. 1888 hfl 10. 45
682 HSchütz: kritische bemerkungen zu Aristoteles rhetorik.
gehren damit ausgeschlossen, es ist daher schwerlich zuföllig, dabz
cap. 7 aa., wo die bestimmungen des guten recapituliert werden,
nach oij TTdvT* dcpieiai und ö voOv fiv Kai cppövTiciv Xaßövra SXoiTO
sofort Ka\ TÖ TTOir]TiKÖv usw. folgt, von diesem zusatze aber keine
spur zu finden ist. kurz, ich glaube dasz dieser ganze satz als ein-
schiebsei zu streichen ist ; es ist eine weitere ausführung des gedan-
kens, die an ei Xdßoi voOv anknüpft, aber durch andere auffassung
des voCc zu ihm in Widerspruch tritt, nach beseitigung der werte
steht alles im besten zusammenhange: Vonach alles trachtet und
durch dessen anwesenheit (oG irapövTOc) es sich wohl befindet'
will man aber so weit nicht gehen , so würde wenigstens eines der
beiden glieder, entweder Kai öca ö voOc &v dKCXCTip dirobodi oder Ka\
äca ö TTepi ^KacTOV voOc dTTObibujciv dKdcTiu , nebst der müszigen
Wiederholung toOtö dcTiv dKdcTi}j dtaOöv zu tilgen sein.
I 7 (1363 ^^ 8) fcTUj br\ vnepixov jiifev tocoötov Kai fii, öircp-
exöjiCVOV bi TÖ dvuTrdpxov. es handelt sich um die vergleichung
des guten und nützlichen nach der grösze , und dazu wird von dem
begriff des uirep^x^^v ausgegangen : es überragt das, was über eine
gegebene grösze hinausgeht; es wird überragt, was in ihr enthalten
ist. das letzte ist tö dvuirdpxov, gerade so wie weiter unten TÖ bk
dvundpxov vnepix^Tai. das erste ist bezeichnet durch tocoOtov
Kai iii 'so grosz und noch dazu' = irpoc^Tt. es scheint aber, dasz
vor tocoCtov ebenso ein tö einzuschalten ist, wie es vor dvuirdpxov
steht ; der artikel lä&zt sich hier schlechterdings nicht entbehren, nnd
dasz er vor tocoütov leicht ausfallen konnte, liegt auf der hand.
Im folgenden (z. 18) wird aus der bestimmung des guten ge-
schlossen, Td TrXeiu) toO dvöc Kai tüüv dXarrövujv . . ^eiZov dxcrOdv
elvai. hier sieht im text nach t& ein fehlerhaftes le, das zu streichen
sein wird , wenn nicht etwa vor dXaiiövujv ausgefallen ist id ^ciZui
und man demnach lesen musz Td Te TrXeiiü toO dvöc Kai id ficiZui Tiijv
dXaTTÖvuJV. denn mit k a i tuiv dXaTTÖvwv kann natürlich id T€ TrXeiui
nicht correspondieren; ebenso wenig aber mit dem spätem Kai iäv
TÖ ji^TiCTOV usw. , was eine weitere folgerung aus |Li€l2Iov dtCt6öV|
nicht aber dem nXeiU) parallel gesetzt ist. der ganze an bich selbst«
verständliche schlusz findet auf die relative wertbcätimmung der
djaGd seine an Wendung: wenn daä eine gröste das andere grOsie
überragt, so auch allgemein das eine daä andere; folglich wenn
beibpielttwuise das gröste geistige gut dai> gröste körperliche gut
überragt, so sind auch allgemein die geistigen guter gröszer als die
körperlichen.
ebd. 1364'* 10 kSv fj aiTiov, tö b* oük aiTiov. es unterliegt
wohl keinem zweifei, dasz auch das zweite glied mit TÖ b^, wie in
allen vorangehenden und nachfolgenden stellen (vgl. k&v 1} TÖ ixiy
T^OC, Tu bl juf] T€X0C — ÖTaV TObC jitv fiV€U TOÖbC |i^ j . . 6dT€-
pov b€ dveu TouTou — köv q dpxn, tö bi, jif| dpxn — Kai tdp el
dpxrj; TÖ bi. jif) dpxri), ebenfulU von £dv abhfingt und daher tö bk
jlf) aiTiov zu schreiben ist.
/
HScbatz: kritüche berDerkangen z
ebd. 1365*36x01x0 qOti^ Ka\ änXüic. es handelt eicL noch
immer daTum, welchtiä gut unter zweien vorzuziehen sei. die letzte
beatimmung dafür war tö ^fT'Jttpov ToO t^Xouc, also das dem zweck
nfiber stellende, was aber dem zweck näher kommt, besteht durch
sich selbst, weil es den zweck in sich selber hat, und es besteht ein-
fach (dTcXüic), weil es zu seiner erfütlung nicht eines andern bedarf.
demnach ist 011114) notwendig in aÜTÖi um^uwandeln. das lehrt
auch das folgende: das mächtige (buvaröv) ist dum unmSchtigoD
TOrznziehen, weil es aÖTip ist, also des fremden nicht bedarf.
I 12 (1373' 16) Koi olc xapioüvTai f^ cpiXoic fl 0c(unaCofi4voic
f\ ^puip^voic 1^ KUpioiC t\ öXiuc Tip6c oOc Ziiüciv auToi. es könnte
auff&llig erscheinen, dasz der ungerechte gerade an seinen freunden,
herren uew. sich vergreifen soll; aber es ist zu beachten, dasz auch
im vorigen wiederholt zwei entgegengesetzte classen von menschen
zusammengestellt werden, die am meisten beeintrilcbtigungen aus-
gesetzt seien, so sind zuerst genannt die besitzenden und von ihnen
sowohl oi TTÖppuj wie o\ ^"pfOc, weil die einen luicht zu erreichen
sind, die andern sich nur Inngeam rücben können, insbesondere
werden dann die feinde und freunde zusammengestellt, weil die
einen zu beeinträchtigen angenehm, die andern leicht sei. es folgen
dann, um einige andere classcn zu übergehen, die ^biKf^KÖTEC oder
nenoitiKÖTEC KaKÜjc f\ ßouXtiÖ^VTec ij ßouXd^ievoi Fi iTOiiicovT€C,
weil räche an ihnen bDsz sei and beinahe kein unrecht zu sein scheine.
ihnen gegenüber stehen nun freunde (die schon vorher genannt sind),
hochgeschätzte, geliebte und herren, überhaupt solche, mit denen
man in engurn beziehungen steht, der ungerechte denkt nemltcb bei
seinem vorgeben gegen sie , dasz er es leicht werde gutmachen
können durch spätere geMligkeiten und Uebesdienste (daher X^pt-
oOVTat), und dasz er bei ihnen am ersten eine nachsichtige beurtei-
lung (^itieiKEia), also Verzeihung finden werde.
I 15 (1377'' 9) üpäc ntv dSioOntv ifutivtw ok ÖMÖcavrec
blKdi^Eie, aÜTOi b' oÜk ^pnevoOfiev. ohne Zweifel musz hier zum
schlusz ein fragezeichen stehen; der gedanke hat die.form des be-
kannten fragenden enthymems.
n 2 ( 1378 '' 23) l'cTi TÖp iißpic TÖ ßXäiTTeiv Ko'i Xuneiv iip' olc
aicxövTi £ctI tiL näcxovii, (ifj i'va xi t^viitoi ain(^ äX\o f\ öti
^T^veto, ä\\' Attujc i\zQij[. die im ersten teile gegebene definition
ist klar; aber der zweck, den der mishandelnde hat, bedarf einer er-
läuterung. er handelt so aus bloszer freado, weil, wio es sofort
heiszt, er durch beschimpfung des andern an ansehen zu gewinnen
meint; auch hat er nicht ein ihm vorher angethanes unrecbt zu ver-
gelten, dh. nicht räche (n^mpia) T.a üben, demnach ist zuerst deut-
lich, dasz äTTUJC ficö^ auf den i^piZww selbst zu beziehen ist. aber
auch die vorangehenden werte? man könnte sagen, wenn dos der
fall wäre, so moste aÜTliJ statt aüti+i gesetzt sein, die änderung
wäre leicht, aber nicht einmal nCtig, da selbst die olassiscbesten
Schriftsteller, geschweige Aristoteles, die refleiion ohne bedenkao
684 HSchütz: kritische bemerkungen zu Aristoteles rhetorik.
vernachlässigen, beziehen wir es auf den äßpüluiv, so würde der
sinn entstehen: ^nicht damit ihm (selber) etwas anderes geschehe
(widerfahre) als dasz es geschehen ist, sondern damit er seine freude
daran habe.' was ist ihm nun geschehen, neben dem er nichts anderes
beabsichtigt? ofiPenbar nichts: denn sonst würde er ja ein dvTiTrotijJV,
demnach nicht ein ußpiZIiav, sondern TtjiUjpou^evoc sein, er hat bei
seiner mishandlung nur seine eigne freude vor äugen , und diese ist
grund seines handclns nicht als Ursache , sondern als zweck und ziel
desselben, wäre jene auffassung möglich, so würde man nicht öiruic
f)C8Q , sondern äri f^cOr] erwarten, es bleibt nichts übrig als auTifi
auf den leidenden (iräcxujv oder ußpiZöjievoc) zu beziehen; der
Wechsel in der person , ohne dasz er durch ein Personalpronomen,
zb. auTÖc bei f)c8Q , bezeichnet wäre , hat bei Aristoteles durchaus
kein bedenken, er mutet dem richtigen Verständnis des lesers noch
viel mehr zu. also er mißhandelt, 'nicht damit dem leidenden etwas
anderes geschehe, als dasz es geschehen ist', damit kommen wir
freilich noch nicht weit von der stelle; nur das erhellt, dasz fiXXo n
t€V^c6ai nichts anderes sein kann als (um dies wort zu bilden)
6vTiT€V^c9ai, entsprechend dem folgenden activen dvTiTTOieiv : 'nicht
damit ihm vergolten werde mit etwas anderem , als — d a s z es ge-
schehen ist.' die letzten werte sind auch bei der beziehung von
auTijj auf den üßpi2[ujv unverständlich : durch 'nicht etwas anderes
als dasz' wäre ja eine thatsacho als grund bezeichnet , die hier doch
schlechterdings weder von Seiten des ußpUlujv noch des irdqcuJV
vorliegt, es kann nur gemeint sein 'etwas anderes als was', dh. eine
von der angenommenen Vergeltung verschiedene handlung, auf die
sich aber die den ganzen sinn bedingende negation \xi\ ebenfalls
noch erdtreckt, setzen wir nun 6 Tt statt öti, so schwindet jede
dunkelhcit: dem ußpi2[ujv ist eben nichts widerfahren, wofür er
durch eine andere handlung sich zu rächen hätte; und fiXXo f\ S n
ifi\eTO ist nichts anderes als dvii ToO T^VOji^vou oder dv9* 06
€TToiric€V. damit stimmt völlig; was (1379 '^ 31) als oifieTa fißpeuiC
hingestellt ist: dvdTKTi b^ ToiaOia elvai S juriTC dvT( Tivoc ^^
u/(piXi|Lia ToTc TTOioOciv: der ußpi2[u)V hat weder ein ihm wider-
fahrenes unrecht zu rächen noch von seiner missethat einen nutzen,
sondern nur freude an der demUtigung des schwachem.
II 2 (1379** 8) KaiacppoveTv Tdp irdviec ol toioötoi 9a(vov-
TQi, Kai Ol }xiy ujc fiTTÖvujv o\ V ibc nap' firrövujv. der sinn dieser
Worte, für sich betrachtet, kann nur sein: die einen verachten
perbonen, die geringer sind als sie, die andern Sachen, die sie von
solchen erhalten haben , welche sie für geringer ansehen, das passt
auch sehr wohl auf den Zusammenhang der ganzen stelle; nur dürfen
wir es nicht auf den zuletzt vorangegangenen satz (Kai TOic TdvavTia
TTOioOciv auTok, ddv i^TTOuc (üctv) allein, sondern anch auf den
diesem vorangehenden (Kai ToTc jif) dvTmoioOciv €0 ixvibk Tf|V Icr|V
dvTaTTObiboOciv) beziehen, es handelt sich um den zorn gegen die,
von welchen man sich verachtet glaubt, die Verachtung äussert sich
HScbütz: kntisclie bemerkungen %n Aristoteles riietorik. 686
auszer vielen andern föllen , die vorher und nachher aöfgesählt wer-
den, auch im undank für empfangene wohlthaten^ die entweder gar
nicht oder nicht gebührend belohnt werden, sodann in der ttnderung
der handlungs weise gegen solche, welche geringer sind, bei den
letzten i^ mithin vom vorherigen empfang einer wohlthat nicht die
rede ; sie haben vielmehr selbst dieselben personen, als sie höher ge-
stellt waren, mit hochachtung behandelt, thun aber jetzt, da sie
heruntergekommen sind, das gegenteil; also sie scbfttzen sie ge-
ring UJC f)TTÖvujv. wer aber wohlthaten empfängt und sie nicht
oder nicht gebührend vergilt, beweist damit seine geringschfttzung
der wohlthaten selbst: er verachtet sie, weil sie irap' f|TTÖVU)V sind:
denn wären sie trapd KpeiTTÖvu)V , so würde er sie hoch aufiiehmen,
auch wenn sie an sich noch so geringfügig sein sollten, die bezie-
hung von f)TTÖvu)V und irap' fjTTÖvujV auf die beiden vorangestellten
classen von menschen ist demnach chiastisch. vielleicht ist TiBv vor
Trap" f)TTÖvuJV einzuschalten; aber für nötig halte ich es nicht, da
nicht bestimmte wohlthaten genannt werden.
II 3 (1380» 31) öXuJC b" dK Töv dvavTiiüV bcT CKOireiv tA
TTpaüvTiKd. der ganze abschnitt handelt von der irpaörric, die das
gegenteil vom zorn sei, so dasz sie auch aus den entgegengesetzten
quellen abgeleitet werden müsse, es werden daher die kategorien
von menschen aufgezählt, denen gegenüber man versöhnlich gestimmt
sei. zuletzt oi |Lif) OßptCTal }xr\bk xkevacjaX }ir\V 6\lf{x)poi usw.,
worauf nach der Unterbrechung durch die oben angeführten worte
die aufzählung jener classen durch oOc qpoßoCvTai f| aUxövovTai —
ToTc bi' öpT^jv 7T0ir|caciv — toTc alcxuvo|Lidvoic aÖToijc in derselben
structur fortgesetzt wird, es kann nicht zweifelhaft sein , dasz jene
Worte öXujc b' dK . . TrpaüVTiKd an dieser stelle ein einscbiebsel sind :
denn wenn man sich selbst das überflüssige der bemerkung mitten
in der aufzählung gefallen lassen wollte, so würde sie hier sogar einen
falschen sinn geben, weil ja auch vorher und nachher von der be-
schafiPenheit nicht der öpTiCTiKa, sondern der TTpaüVTiKd gesprochen
ist, dK TU)V dvavTiujv aber nicht den gegensatz zu npaüVTiKd be-
zeichnet, sondern die den vorigen entgegengesetzten quellen, vgl.
zb. dK Tuuv dvavTiuiv Gewpeiv (1382» 1), dK tujv dvavriwv eöiropt^-
cojLiev (1385"^ 14) und sonst oft. stände also vorher TOic ijßpiCTQic
(nicht ToTc ixx] ößpiciaTc) Kai x^euaciaTc Kai öXiTwpoic usw., und
wäre dies nicht von einem Tipdoi elciv (oder irpaOvovTai) , sondern
von öpTi^ovTai abhängig gedacht, so wäre der ausdruck dK Tuuv
dvavTiiüv, der nicht gleich Kaid td dvavxia (gemäsz, nach) ist, son-
dern die fundgruben (töttoi) bezeichnet, aus denen rd irpaüVTiKd
hergeholt werden, wenigstens correot; so aber nicht, man könnte
dies einschiebsei aus einer randglosse erklären, die dieser ganzen be-
trachtung beigefügt und dann durch versehen in den tezt hinein-
geraten wäre ; allein die worte sind an sich doch zu sachgemäsz und
zu gut Aristotelisch, als dasz man sie ganz verwerfen möchte, und
es kommt nur darauf an ihnen den gehörigen platz anzuweisen, da
686 HSchütz: kritischo bemerkungen zu Aristoteles rhetorik.
die bemßrkung allgemein dem begriff der Trpdüvcic gilt^ so sebeint
sie aucb dabin zu geboren^ wo allgemein die definition der irpdüvcic
im gegensatz zur bpfr\ gemaobt wird ; und das gescbiebt zu anfang
dieses capitels. dort ist im ersten satze bis bid tivujv TrpaCvovrai
gesagt, dasz npauvecOai das gegenieil von öpYi2[€c6at sei; im zweiten
folgt die dem entsprecbendo deßnition der npäüvcic als KaräCTactC
Kai i^p^jiTicic öpyfic; dann kommt die vergleicbung der öpTiCTtKd
und TrpaüVTiKd, indem die bescbaffenbeit der personen betrachtet
wird, gegen die man entweder zornig oder versöbnlicb gestimmt ist,
und dazu gebort der allgemeine satz, dasz man durchaus (ÖAujc) die
Untersuchung über die TrpaüVTiKd aus den entgegengesetzten fund-
gruben ableiten müsse, schieben wir also hier, dh. nach t^p^füir)ctc
öpTf)c, die fraglichen worte ein, so schlieszt sich das folgende mit
el ouv völlig sprach- und sachgemäsz als folgerung und ezemplifi-
cation an sie an.
II 4 (1381" 19) Ka\ Trpöc oOc oötwc fxouciv dicTC ixf\ aiqcü-
V€c9ai xd Trpöc böEav, inf) KaiacppovouvTec- Kai irpöc oOc aicxu-
vovTai Td Trpöc dXr|6€iav. ^man liebt diejenigen, zu welchen man
in einem solchen Verhältnis steht, dasz man sich nicht scheut vor
dem, was den ruf angeht, indem man sie nicht verachtet; und die-
jenigen, denen gegenüber man sich scheut vor dem, was die Wahr-
heit betrifft.' wenn von einer scheu oder schäm vor etwas die rede
ist, so musz selbstverständlich der gegenständ, der den affect er-
regen könnte, an sich ein alcxpöv sein ; folglich sind hier handlungen
gemeint, die entweder einen schlechten ruf bringen können oder die
in Wahrheit schimpflich sind, demnach ist das zweite glied klar,
und es bedarf nicht einer änderung von aicxuvovrai in ixi\ aicxO-
vovTai, wie ich anfänglich angenommen habe: als wenn der freund
dem freunde gegenüber sich nicht vor der Wahrheit scheue, weil
zwischen ihnen ein ganz offenes und vertrauliches Verhältnis statt-
findet, auch das erste glied ist so gefuszt tadellos: der freund ichent
sich dem freunde gegenüber nicht vor dingen, die ihm einen schlech-
ten ruf bringen könnten, natürlich weil er weisz, dasz er ihn leicht
von der Wahrheit überzeugen wird, aber was soll fif) KOTCuppo«
voOvTCC? weil er sie (die freunde) oder gar ihn (den ruf) nicht ver-
achtet? wer den ruf nicht verachtet (und nach Aristoteles gehört
allerdings auch der ruf je nach seiner bescbaffenbeit zu den dxaOä
oder KQKd), der wird sich auch vor ihm scheuen; und wer einen
menschen nicht verachtet, dem wird es auch nicht gleichgültig sein,
in welchem rufe er bei ihm steht, so ergibt sich dasz ^f| Karacppo*
voCvT€C in diesem sinne hier unmöglich ist einen um so bessern
gibt es im folgenden gliede, nach dXr|9€tav zugesetzt: man schämt
sich dem freunde gegenüber vor dingen , die in Wahrheit schimpf-
lich sind , weil man sie nicht verachtet, es bleibt aber noch eine
andere auffassung, ich denke die richtige, von ^f) KaTQqppovoöVTCC
übrig, nemlich concessiv ^ 'obgleich sie ihn (den ruf) nicht ver-
achten' oder 'ohne ihn zu verachten' ; und diese auffassung scheint
HSchütz : kritische bemerknngen to. Aristoteles rhetorik. 687
auch Bekker dadurch anzuerkennen, dasz er böEav von fif| KOta*
<ppovoGvTec durch ein komma getrennt hat.
II 8 (1385^ 29) auToO t€ Top laOra Kai ota iradeiv xd dpr)-
fjidva. zum mitleid geneigt (also ^XcilTtKOf) sind diejenigen, welche
glauben dasz sie selbst in leid geraten können ; also of"T€ TOirov-
OÖTCc f\br] Ka\ biairecpeuTÖTCC xai o\ irpccpOrepoi . . xal otc öirdp-
Xouci TOveTc f| T^Kva f\ TUvaiKCC. die letzten deshalb , weil sie die-
selben für einen teil von sich selbst ansehen und somit auch deren
leiden für ihre eignen, dasz dies der allein mögliche sinn ist, liegt
auf der band ; aber der ausdruck dafür ist befremdlich, zunächst ist
es zwischen allen diesen pluralen nicht denkbar, dasz plötzlich da-
für der Singular eingetreten sein sollte, allerdings heiszt es so (ti&v
auToC) auch s. 1386* 2; aber dort ist überhaupt in den singolar
übergegangen: 6 olö^evoc. aÖToO wird wohl in aÖTiDv oder gar
auTiüV (wegen der reflezion auf dieselbe person) zu verwandeln
bein. sodann gäbe re — Kai ein wunderliches hjperbaton, weil doch
nicht die person in aÖToC mit der sache in ola correspondieren kann ;
ich denke, Te ist zu streichen, und aÖToC T€ ist eben aus aÖTi&v
verdorben, endlich ist auch oTa Tradctv unrichtig, weil die genann-
ten (Ta eiprifidva wiederaufnähme von raOra, nemlich >» yoVcTc fi
T^Kva f\ TUvaiKCc) noch nichts erlitten haben , sondern nur erleiden
können; das Ut aber oI' &v iraOcTv, gerade so wie kurz vorher die
^X€r]TiKoi selbst bezeichnet sind als olot vo^(2[€iv Tiadefv fiv. ans
dieser stelle erklärt sich zugleich die gedrungenheit des ausdruoks
mit dem bloszen infinitiv nach oTa. vgl. auch ebd. 8 k&v aördc
7TpocboKr|cei€v Sv TraGeiv und toioOtov olov otecOai iraOeiv äv.
ebd. 1386*^ 2 ToiaOta cujißeßnKÖTa f\ aöxiji f\ twv aÖToO, t[
^XTTicai Tev^cGai f\ auiqj f| Tiöv aöroO. die werte bilden eine voll-
ständige erklärung zu der vorigen stelle, und es ergibt sich daraus
die leichtigkeit, mit der an jener auTUiV durch auToO verdrängt wer-
den konnte, der genitiv t6j\ aäroO musz von einem aus aÖT(!p zu
ergänzenden Tivi abhängig gedacht werden, ob eine solche ergän-
znng grammatisch möglich ist, lasse ich dahingestellt sein ; ich würde
es vorziehen, wenigstens im ersten gliede nach tujv dies Tivl ein-
zuschalten, der aorist jev^cOai statt des füturs nach iXirfcat ist
nicht ohne beispiel selbst bei classischen schriftsteilem wie Thuky-
dides ; allein mit rücksicht auf das obige vo^ületv naOciV äv möchte
ich auch hier fev^cOai fiv vorschlagen.
II 9 (1386*» 28) oTov touc TraTpaXoiac koI ^iaiq)6vouc, ötov
Tuxujci TijLiujpiac, oub€ic fiv XuTTTiöeiTi XP^CTÖC. wie das mitleid
eine betrübnis ist über unverdientes misgeschick des andern, so das
V€|Li€cäv über unverdientes Wohlergehen (XuncTcOai in\ xaTc dvaSiaic
euTipaYiaic). es ist also nicht misgunst oder neid, sondern ein ge-
rechter Unwille darüber, dasz es dem schlechten gut geht, und daher
ebenso wie das mitleid das irdOoc f\Qo\)C xpilCToO. in dieser ganzen
schönen und eigentümlichen entwicklung fällt auf, dasz in dem oben
bezeichneten beispiel XuTretcOai, das hier sonst stets mit ivA und
688 HSchütz: kritische bemerkungen zn AristoteleB rhetorik.
dem dativ verbunden ist, plötzlich den acc. regiert, man konnte das
durch das schema Oropicum erklären, insofern als öiav TUX^^i ^^^^^
durch das part. tuxÖvtqc ersetzen Ifiszt; und ich würde nichts da-
gegen haben , wenn nicht eine Änderung in den dativ toTc irarpa-
Xoiaic kqV jniaicpövoic so sehr nahe Ifige und durch das unmittelbar
darauf folgende x^tip^iv ini TOic toioutoic fast geboten schiene,
der nominativ wSre eine gewaltsamere Verbesserung und wflrde
sich auch dadurch nicht empfehlen , dasz dabei die echt griechische
attraction aufgehoben würde: ^ich betrübe mich nicht über den m6r-
der, wenn er strafe erleidet' statt ^ich betrübe mich nicht, wenn der
mörder' usw.
11 12 (1389* 29) Ka\ alcxuvTnXoi ' ou T^p ttuj KaXd ?T€pa öiro-
Xa|Lißävouciv, dXXä TreTraibeuvTai uttö toO vö^ou jliövov. der Jüng-
ling ist schamhaft, weil er sich vor allem scheut, was nicht edel
(KaXöv) ist : denn er ist bisher nur vom gesetz , nicht vom leben er-
zogen und hat durch dasselbe gelernt nichts anderes für KOiXöv za
halten (natürlich als Td KaXd selbst) , insbesondere nicht das blosi
nützliche , auf das erst die im leben gewonnene erfahrung hinweist,
dasz dies die richtige erklärung ist, beweist die vergleichung mit der
entsprechenden stelle in der entgegengesetzten Charakteristik der
greise s. 1389 ^ 36 ff. Ka\ Trpöc tö cujicp^pov 2[ujciv, dXX* oö irpöc tö
kqXöv, jiöXXov i^ bei, bid tö cplXauTOi elvar tö ixiy fäp cu^qxfpov
auTijj dyaSöv icTi (ein relatives gut, wo vielleicht besser aÖTip zu
lesen wäre, weil man sonst eher auTOic erwarten sollte), TÖ bk KaXöv
dirXuüC (ein absolutes gut, dh. ohne beziehung auf ein einzelnes sub-
ject). Kai dvaicxuvTOi jiäXXov f\ alcxuvTiiXoi • bid tdp tö \xf\
q)povTi2[eiv öjioiujc toC KaXoO Kai toO cujucp^povTOC (also gerade
das gegenteil vom jUngling) öXiTUjpoOci ToG bOKeiv.
11 13 (1389»» 34) Kai oö bk dvbeeic, toutou jidXicra dmeuiiciv.
der greis liebt das leben, weil die begierde sich auf das fehlende
richtet und man das am meisten begehrt, was man entbehrt, daa ist
ganz klar, aber in Kai ou bi. liegt ein unleidlicher pleonasmus; es
würde heiszen 'und auch was man entbehrt', als wenn das ganze
nicht eine blo8ze folgerung aus dem vorigen wäre, entweder xai
oder bi , am besten Kai , musz fallen.
II 18 (1391 »^ 28) TTdci Top dvoTKaiov Td nepl toO buvorroO
Kai dbuvdTOu rrpocxpficOai iy toTc Xötoic. die Verbindung von
Trpocxpfic6ai mit acc. möchte wohl ohne beispiel sein, dennoch
stehe ich an Td in toTc zu verwandeln, wodurch zugleich eine grosse
unbeholfenheit des ausdrucks entstehen würde, da ein ganz verschie-
dener dativ nicht nur in Trdci vorangeht, sondern auch in Xötoic
folgt, ich denke, Td nepl ToO buvaTOu ist das subject zu dvcrncaTov,
dies aber ist in dvaTKaia zu ändern, worauf dann TrpoqcP^^^i
epczegetisch angeknüpft ist: 'alle brauchen die kategorien des mög-
lichen und unmöglichen, um sie in den reden anzuwenden.'
II 19 (1392«» 12) Kai cl tö ömoiov buvaTÖv, Kai tö Smoiov.
es musz natürlich heiszen Kai TÖ dvö^oiov. die entgegengesetzten
HSchütz : kritdsche bemerkongen sü Aristoteles rhetorik. 689 <
begriffe haben, insoweit sie entgegengesetzt sind, dieselbe möglioh-
keit ; das soll durch beispiele belegt werden.
II 23 (1400* 5) äXXoc ^K täv boKOuvTUiv \xky TiTvecOai
ÖTTicTUJV b^, ÖTi oÖK Sv fboEav, €l ^f| fjv t\ dtTÖc fjv. Kai ön
ILiaXXov f\ T&p Tä 6vTa fj Tä ciKÖTa öiroXafißdvouciv * ci oSv
äTTiCTOv Kttl |Lif| elKÖc , öXtfikc fiv ilx] ' oö T&P öiÄ T€ xd cIköc Kai
TTiOavöv boKCt ouTiüC. zunächst ist in dieser schwierigen stelle wohl
fboSav in fboSev zu verbessern; es ist wenigstens gegen den ge-
brauch des Aristoteles , auf den pluralis des neutrums , zumal eines
so allgemeinen wie Td boKoOvTa jii^v äTTtcra b^, das verbum im
pluralis folgen zu lassen, und so haben wir auch sofort wieder fjv,
auf dasselbe bezogen, klar ist es, was dfTiic f^V bedeutet: wie oöb'
iffvc ^nicht einmal nahe daran', dh. *weit gefehlt', so iipfOc ^nahe
daran', nemlich dem in rede stehenden begriff, dh. hier tff^^ ToO
eTvai; also ^es würde, weil es eben unwahrscheinlich (äTTicra) ist,
nicht zu geschehen scheinen (man würde nicht glauben , dasz es ge-
schehen könne); wenn es nicht wftre oder beinahe wäre.' somit liesze
sich iffvc j^v auch durch f^cXXev cTvai ersetzen, schwieriger ist
KQi ÖTi jiäXXov, jedoch nur wegen der kurzen und abgerissenen aus-
drucks weise. Aristoteles sagt: eine andere fundgrube (töttoc) der
dvOujiiiiiaTa als des einen und wichtigsten der allen drei redegattun-
gen gemeinsamen mittel der beweisftthmng (napabeiTMaTO, yvilffiai,
dv6u|ir|jiaTa) liegt in dem Verhältnis, zum teil g^ensatz der erschei-
nung und der Wahrscheinlichkeit, vieles scheint nemlich zu ge-
schehen (dh. wir nehmen seine erscheinung wahr), was in Wahrheit
doch unwahrscheinlich ist, was wir also rationell nicht zu begreifen
vermögen; wir würden an seine ezistenz nicht glauben, wenn es
nicht wirklieb existierte oder beinahe existierte, dafür wird nachher
ein passendes beispiel aus der natur angeführt, dessen sich Androkles
von Pitthos in einer rede bediente , als er die Verbesserung der ge-
setze beantragte und man seine werte ^die gesetze bedürfen eines
verbesserers' durch lärmen unterbrach: *ich habe recht,' sagteer;
^denn auch die fische brauchen salz, obgleich es nicht wahrscheinlich
und glaubwürdig ist, dasz sie, die im meere ernährt werden, salz
brauchen; ebenso brauchen die ausgepressten oliven öl, obgleich es
unwahrscheinlich ist, dasz das, woraus öl entsteht, öl braucht' ich
habe bei der wiedergäbe dieser stelle in den werten des Androkles
beoviai ol vöjLioi toO biopOijQcovTOC stillschweigend vö^ou weg-
gelassen , weil es nicht nur überflüssig ist , sondern auch durch das
für die behauptung angezogene beispiel widerlegt wird, wenn die
gesetze ein gesetz brauchen, das sie verbessern soll, so würden dem
entsprechend auch die fische nicht salz, die ausgepressten oliven
nicht öl, sondern jene einen fisch, diese eine olive brauchen, es ist
unzweifelhaft, dasz unter dem biopOijQcujv Androkles sich selber ver-
steht und gerade diese anmaszong ihm den Unwillen der zuhörer zu-
zieht, wenn es also richtig ist, dasz die thatsächliche erscheinnng
oder Wirklichkeit mit dem rationell wahrscheinlichen (das shad die
690 HScbütz: kritische bemerkuDgen zu AristoteleB rhetorik.
ekÖTa und TriOavd im gegensatz zu den boKoCvra TiTV€c6ai) oft im
Widerspruch steht , so fragt sich , welchem von beiden der redner in
seiner beweisfUhrung einen grOszern wert beilegen wird : er wird sich
fQr das crstere entscheiden, selbstverstfindlich weil bei praktischen
Streitfragen , die ihm doch fast allein vorliegen , die thatsachen ent-
scheidender sind als noch so gute gründe, die den thatsachen wider-
sprochen, somit kann die ergänzung zu xai ÖTX jiäXXov nur sein:
dK T&v bOKOuvTUJV ji^v T^TvecGai dTTiCTUiv bk (f\ TOiivavTiov>. man
musz sich also hüten dies ÖTi mit dem vorhergehenden begründenden
in ÖTi OUK &v IboHev auf gleiche stufe zu stellen ; es gibt nicht einen
grund zu der vorigen behauptung, dasz eine andere fundgrube in
den boKoOvTa ju^v TiTvecOai ärncTa bi. zu suchen sei, sondern fügt
dieser behauptung die notwendige folgerung hinzu : 'dasz die fund-
grube mehr liege in den thatsächlichen dingen' als umgekehrt in den
eiKÖTQ ji^v jLif) boKoOvTa bk TiTV€c6ai. wenn dafür nur ein ^oXXov
beansprucht wird , so ist auch das in der Ordnung, es werden ja die
gemeinsamen mittel jeder beweisfUhrung untersucht, und da kOnnen
wohl einmal fälle eintreten, in denen der redner dem cIkÖc und
Tri6avöv mehr gewicht beilegen wird als der thatsache. so nament-
lich in der epideiktischen rede, in welcher das cIkÖc mit dem dm-
eiK^C zusammenfällt; oft auch in der UTTÖOectc bei einem fingierten
streitfalle, und wenn Demosthenes in seiner rede für den kränz er-
klärt, die Athener hätten den krieg gegen Philippos aufnehmen
müssen, auch wenn sie bestimmt ihre niederlage vorhergesehen
hätten, so scheint auch er den mit ÖTi jiiäXXov ausgesprochenen
grundsatz nur mit der in ihm liegenden einschränkung anzuerkennen.
— Nun bleibt noch der dem ÖTi jiäXXov beigegebene grund zu be-
sprechen, er ist recht sonderbar: 'entweder nimt man die Wirklich-
keit an oder das wahrscheinliche, ist nun eine sache unglaubwürdig
und nicht wahrscheinlich^ so würde sie wahr sein : denn nicht wegen
des wahrscheinlichen und glaubwürdigen scheint sie ja so (nemUch
wahr).' das i^t ein augenscheinliches sophisma: einmal sind die
boKOÖVTa iLifev TiTV€c9ai ÖTTiCTa bi. ohne weiteres zu övia gemacht,
wozu nach der begründung durch ouK &v IboSev, ei ^f) fiv fj ^TT^
fjv wenigstens noch ein teilweises, aber auch nur ein teilweises recht
vorliegt; dann aber wird für tö 6v sogar der stärkere begrifif TÖ
dXr^O^c untergeschoben, unter dem also nicht die rationelle Wahr-
heit, sondern nur die erfahrungsmäszige Wirklichkeit zu verstehen
ist. vollends aber ist die proposition für den schlusz durchaus trü-
gerisch; es ist ein dilemm<r aufgestellt, das nicht alle mOglichkeiten
erschöpft, da neben Toc 6vTa ja auch TQ |Lif| 6vTa, neben Tä ekÖTa
auch rd dTiiCTa oder jur) elKÖra in betraebt zu ziehen waren, ferner
ist die entgegen.iot/ung von rd 6vTa und rd eUÖTQ allgemein ge-
faszt überhaupt unstatthaft : denn einerseits kOnnen Td dvTQ sowohl
elKÖra als jiif) eUöra sein, anderseits rd cIköto sowohl övra als ^f|
6vTa. so gewinnt Aristoteles allerdings den überraschenden schlnsz:
ist die sache unwahrscheinlich, so ist sie wahr oder könnte doch wahr
HSchütz : kritische bemerkungen sn AristoieleB rhetorik. 691
sein ; umgekehrt ist sie wahr, so wSre sie unwahrscheinlich, dasz er
diesen groben trugschlusz im ernst gezogen haben sollte, wird nie-
mand annehmen, und selbst für den bedarf des redners kann man
ihn nicht zugeben, da in diesem ganzen abschnitt doch von den wirk-
lichen arten des ^v6lj|Liimot, sowohl dem beweisenden (beticTiKÖv) als
dem widerlegenden (^XcTKTtKÖv), gehandelt wird, erst im folgen-
den capitel werden die scheinbaren (q>aivöp€va) ^vOu^ififiora be-
trachtet und mit den paralogismen der logik zusammengestellt, will
man also nicht annehmen, dasz Aristoteles mit diesem töttoc Ik T(&v
boKOuvTUJV ji^v diTiCTUJV bi der folgenden betrachtung vorgegriffen
habe , so werden wir ihn von dieser stelle entfernen und ihm in der
nächsten Untersuchung seinen platz anweisen müssen, das kriterion
für den richtigen platz finden wir darin , dasz dort ebenfalls , nem-
lich cap. 24 (1402» 2) von In ificircp dv toTc dptcTtKOic an, über
das öv und |Lif) dv, ihr Verhältnis zum cIkÖC und |Lif) cIkÖC und die
daraus sich ergebenden trugschlüsse gehandelt wird, dort also wer-
den wir diesen abschnitt einzuschalten haben und zwar vorher, weil
nachher die fortfUhrung der ent Wicklung durch ein kurzes fiXXoc,
mit dem diese stelle beginnt^ nirgends mehr statthaft ist, so aber
dies SXXoc an die vorher genannten töttoi, die alle gleichfalls durch
äXXoc eingeführt sind, sich sprachlich wie sachlich völlig angemessen
anscblieszt.
n 25 (1402*» 26) direl T^p 6 ^kv KatriTOpuiV b\* cIkötuiv diro-
beiKvuciv, f CTi hk oö tqötö XOcai f| Sri oök cIköc f\ öti oök dvaTKatov,
dei b' ^\e\ fvcraciv tö Jjc £itI tö itoXO. in dem ganzen capitel han-
delt es sich um die aufhebung (Xucic) oder entkräftung der dv6u|Liy]-
jLiaTa des gegners, welche auf zweierlei art geschehen kOnne, entweder
durch gegenschlüsse (dvTicuXX0Y(2[€c9ai) oder durch erhebung eines
einwurfes (^vCTacic). ist das dv6u|iTi|ia selbst aus dem eiKÖc ge-
nommen, so ist die aufhebung desselben durch einwurf immer mög-
lich, weil das eiKÖc nicht das stets, sondern das gewöhnlich (d)C in\
TÖ-7ToXu) sich verhaltende bezeichnet, mithin ein anderssein immer
möglich sein läszt. dadurch ist der Verteidiger dem ankläger gegen-
über, der seine beweisgründe aus wahrscheinlichem zieht, im vorteil ;
allein er stöszt durch seinen einwurf nicht die Wahrscheinlichkeit
der behauptung des klägers um , sondern nur deren notwendigkeit,
und der richter macht in seinem urteil leicht den trugschlusz, dasz
er damit zugleich die Wahrscheinlichkeit für beseitigt ansieht« die
weitere deduction können wir uns ersparen; hier soll nur auf einen
fehler in der citierten stelle hingewiesen werden: das b^ bei dci im
nachsatz ist ohne zweifol zu streichen.
III 1 (1404» 4) direi tö t^ blKttiov }xr\hkv TiXeiuj lr\r€\v ncpl
TÖv XÖTOV f\ ujc juilT€ XuireTv juriTC €Öq)pa(v€iv. die gerecbtigkeit
hat es nur mit der Wahrheit zu thun ; herschte sie allein in der rede,
so bestände die aufgäbe der rhetorik hinsichtlich des ausdrucks nur
darin, dasz man keinen unangenehmen, aber auch keinen angenehmen,
also zur bestechung der richter geeigneten eindruck mache, wie soll
692 HSchütz: kritische bemerkuDgen zu Aristotelefi rhetorik.
man aber ixr\biy mit irXelui verbinden? etwa 'in nichts mehr'? das
wäre möglich, ist mir aber nicht wahrscheinlich, näher Iftge es
nXeiov zu schreiben ; aber es ist kaum glaublich , dasz dies neben
ixr\biv so natürliche wort verdorben sein sollte, und überdies ist der
plural richtiger , weil ja wirklich zwei aufgaben der gerechtigkeit,
die freilich aus derselben quelle, nemlich tö bnXuücai, flieszen, sa->
gestanden werden, ich würde daher am liebsten firibeva lesen.
ebd. z. 12 dK€ivn jLitv oöv öiav fXGij lauTÖ noiricei t^| dTroxpi-
tikQ. 'über den rhetorischen ausdruck (die X^Eic) sind bisher wenige
regeln aufgestellt; er wird aber dasselbe ausrichten wie die Schau-
spielkunst, ÖTav fXOr).' es kann doch wohl nur heiszen irpo^XOq»
wie vorher (s. 1403 ^ 36) inei Kai tö ircpl xfjv X^Eiv di|ifc irpofiXOev :
'sie hat erst spät (im Verhältnis zu andern kUnsten) fortschritte ge-
macht.' vgl. auch zu anfang dieses cap. Kai fäp €(c Tf|V TpaTiltf|V
xai ^ai|iiijbiav öip^ irapf^Xdev, wo es aber nicht nötig ist nun auch
irpofiXOev zu schreiben.
III 2 (1404*» 20) dic Top irpöc dTTißouXeuovTa biaßdXXoviai,
KaOäirep irpöc touc oivouc touc ^€)iiT)i^vouc , xal olov f| 6€0-
biupou (piüvfi TT^TTOvGe TTpöc TfjV TÜöv fiXXuiv ÖTTCKpiToiv. *man
merkt absieht und ist verstimmt', nemlich gegen die gesuchten
Schönredner, als wären ihre worte vergiftet gleich zaubertrftnken
oder verfälschten weinen, damit hört aber die vergleichung auf, and
mit olov wird nur ein beispiel eingeführt: 'des Theodoros stimme
steht in diesem Verhältnis zu der der andern Schauspieler; sie scheint
die (natürliche) des redenden zu sein, die andern aber (offenbar durch
exaltation oder künstelei) fremdartig.' es ergibt sich daraus | dasz
Kai vor olov gestrichen werden musz.
III 3 (1406 »> 3) f| )iCTa(popd bk TOic la^ßefoic* toutoic T^p
vCv xp^VTai, ÜJCTTcp eipriTai. die prosaische spräche wird frostig
(ipuxpä), wenn sie die schmuckmittel der poesie gebraucht, zumal
im übermasz, nemlich erstens bmXa övöjiaTa (ungewöhnliche wort-
compositionen), zweitens TXuJTTai (veraltete, fremdartige Wörter),
drittens unnötige epitheta ornantia. das erste mittel geziemt am
meisten dem ditbyrambos, das zweite dem epos ; das dritte ist keiner
besondern dichtungsart zugewiesen, das ist um so auffälliger, als
sofort nach den oben angeführten werten fortgefahren wird : Ka\ ix\
T^TapTOV TÖ ipuxpöv usw. es ist kaum denkbar, dasz dem nicht
eine angäbe über die epitheta, von denen bei weitem am längsten
gesprochen ist, vorangegangen wäre, etwa dasz deren gebrauch allen
arten der poesie ziemlich gleichmäszig zukomme, am meisten aber
für die lyrik geeignet sei. statt dieser verloren gegangenen worte
haben wir nun eine andere bcmerkung, die an sich nicht recht deut-
lich ausgedrückt ist und hier an völlig unpassender stelle steht: *die
metapher ist am geeignetäten für die iamben ; diese nemlich gebrau-
chen sie jetzt, wie gesagt ist.' das ist natürlich eine beziehong auf
III 1 (1404* 31), wo gesagt ist, dasz die tragiker aus den (troch.)
tetrametem zum iambischen metrum übergegangen seien, vgl. da*
HSchütz : kritische bemerkungen zu AristoteleB rhetorik. 693
mit poetik c. 4 ae. allein wie konnte hier Tpcrfuiboi zu XP^^^^vrai
ausgelassen werden ? und ist es denn richtig^ dasz die metapher dem
tragischen dialog mehr geziemt als den ttbrigen arten der poesie?
aber dies alles zugegeben , wie durfte hier die bemerkung ttber die
metapher vorweggenommen werden , während wir nunmehr erst er
fahren^ dasz die vierte art des frostigen in dem unpassenden gebrauch
der metaphern liege? jene bemerkung über die iamben kann nur
aus einem glossem entstanden sein , und wir können auch genau be-
zeichnen, wo dasselbe gestanden haben musz. nemlich Aristoteles
lehrt sofort, metaphern seien unpassend, teils wenn sie lächerlich
(wie in der komödie) , teils wenn sie gar zu feierlich und tragisch
seien, damit ist natürlich nicht im mindesten gesagt, dasz die meta-
phern sich am meisten für das drama eignen : denn nur das lächer»
liehe an sich wird der komödie, das feierliche der tragödie zuge-
schrieben, allein der glossator, der ohne zweifei die yerloren ge-
gangene bemerkung über die dritte art des frostigen noch hatte,
wollte die Übersicht über die dichtungsarten vervollständigen und
wurde durch die bemerkung biä TÖ TporfiKÖV zu dem Irrtum ver-
leitet, dasz Aristoteles die metapher dem drama zuweise, daher
seine notiz, bei der er nunmehr zu xptX^VTQi des Zusatzes o\ Tpcrfipboi
natürlich nicht bedurfte, diese randglosse ist zuerst zu der bemer-
kung über die epitheta hinzugeschrieben und hat sie schlieszlich ver-
drängt.
III 7 (1408^ 9) iäy oöv xd \idkaKä CKXiipuöc xal rd ocXiipd
jnaXaKUJC X^tyitoci^ dTTiOavov T^TVCTm. die rede ist von dem schick-
lichen und unschicklichen, das, allen redearten gemein, darin be-
stehe, jedem den ihm entsprechenden ausdruck zu geben, und dabei
soll man sich auch nicht in der an Wendung des entsprechenden (t&
ävd Xöfov) erschöpfen, indem man alles auf einmal ausschüttet, zb.
das herbe auch mit der stimme und dem gesichtsausdruck usw. be-
zeichnet; denn dadurch tritt die absieht zu grell ans licht, während,
wenn man das eine thut, das andere nicht, unvermerkt derselbe zweck
erreicht wird, hieran schlieszen sich nun die oben angeführten werte
an, die doch zu dieser regel durchaus keinen beleg geben, wohl aber
zu dem s. 1408* 36 ff. aufgestellten gesetze: TÖ bVcÖKafpiuc f{ |lf|
€iiKaipu)c xpflcGai koivöv dTidvTwv tujv elbujv dcxiv. setzen wir sie
dorthin, so ist an unserer stelle der weitere Zusammenhang voll-
kommen gewahrt: denn nun geht der Schriftsteller mit rd bk övö-
juaia TU binXd usw. zu andern iJTTCpßoXai über, zunächst den früher
als frostig bezeichneten ausdrucksweisen.
III 9 (1410^30) ihrjencav aÖTÖv iTaiMov xeTOK^vai, dXX*
aiiToO aiTiov TCTOV^vai. sollten in diesem beispiel eines homoio-
teleuton nicht auTÖv und auToC mit einander zu vertauschen sein?
warum , liegt auf der band.
III 12 (1413^ 16) aiTiov V öti ^v tiü dTÜJVi dpfiörrer biö Ka\
td lITTOKplTlKd d(pripT]|bl^VT]C TTIC ÖTTOKp(C€UJC OÖ TTOloOVTa TÖ ttÖTÖV
^PTOV cpaiveiai curjOr]. der stil in einer geschriebenen abhandlung
694 HSchütz: kritische bemerkungen zu Aristotelee rhetorik.
musz anders sein als der in einer gesprochenen rede ; oft nehmen
sich reden , die groszen erfolg gehabt haben , wenn man sie in den
bänden hat , recht läppisch aus. der grund ist , dasz e s im rechts-
streite passt. was denn? etwa die rede? aber einmal gieng der
plural voran (o\ Toiv ^TiTopiüv); sodann ist dasja schon gesagt, und
hier soll der grund dafür gegeben werden, nehmen wir aus dem
folgenden satze Td ÖTTOKpiTiKd vor oder nach dpfiörrei, so ist alles
in Ordnung: 'in der öffentlichen rede (dTU)v) ist das schauspieler-
hafte an der stelle; daher thut es auch, wenn die declamation oder
action (uiTÖKpicic) weggenommen ist , nicht seine Schuldigkeit und
wird albern.'
m 13 (1414*' 4) dXX' 6 dTrlXoTOC. iu oöbfe biKaviKoO iravTÖc.
die notwendigen teile jeder rede sind irpöOecic und irtcTic wie TTpö-
ßXr^a und dTTÖbeiEic. die erzählung (birJTn^i^) ^^ eigentlichen sinne
ist der epideiktischen und volksrede abzusprechen, ebenso die Wider-
legung des gegners und der epilog der beweisfdhrung. dagegen
finden prooimion und vergleichung (dvTiirapaßoXi^) und iirdvoboc
(recapitulation) dann in der volksrede statt, wenn eine gegenrede
vorliegt: denn oft hat sie es auch mit anklage und Verteidigung za
thun und nicht mit einem rate, 'aber der epilog. dazu gehOrt er
auch nicht für jede gerichtsrede.' dasz dies letzte sinnlos ist, bedarf
keines beweisen, es ist leicht zu helfen, wenn man iix streicht and
das übrige zu (;incm satze zusammenfaszt : 'aber der epilog gfil)firt
auch nicht für jede gerichtsrede.' dasz er nemlich den beiden andern
arten der rede fremd ist, haben wir bereits erfahren; es wird nnn
weiter gesagt, welche gerichtsreden keines epilogs bedürfen.
III 17 (1417 »» 26) ujcauTUJC xai el irepl toO TCV^cGai toOto f|
d^(picßrJTr]cic. jLif) XavOav^TUi b' öti usw. es handelt sich um die
vier arten von rechtsfälien, die sogenannten stattis causae : im ersten
wird die that bestritten, im zweiten der durch dieselbe verübte schade,
im dritten die grösze (ÖTi ou TOCÖvbe), im vierten die gerechtigkeit
derselben, offenbar ist der erste derselben der von den Lateinern
sogenannte Status conicäuralis , der vierte der iuridieialis^ wfthrend
die beiden mittlem sich mit den lateinischen Status definühms und
qualitatis nicht genau zu decken scheinen, es wäre möglich, daax
Aristoteles deu defhütiims mit dem ersten verschmolzen hfttte, wie-
wohl das seine bedenken hat. ist die that zugestanden, so fragt ea
sich um die qualität, die durch ÖTl OUK fßXai|i€V bezeichnet sein
künnte, und die quantität (t6 TOCÖvbe). indessen ich möchte für
TOCÖvbe lieber TOlövbc vermuten, so dasz hiermit die definition
der that bezeichnet sein könnte, wie ja auch bei den lateinischen
rhctoren der Status qualitatis dem dcfinitivus (das quäle dem quid)
nahe steht, wie man sich auch darüber entscheide : es kommt nicht
viel darauf an, da Aristoteles ja nicht an die fixierung von rhetoren
oder rechtsgelebrten gebunden ist, die nach ihm gelebt haben, auf-
föllig ist nur der schlus/. von uJcauTUiC an: als hfttte Aristoteles den
vier rccbtslngen noch eine fünfte hinzufügen wollen, die er für so
UScbüfz: kritieche bemerkuugeD zu AriatoteleB rhetorilt. 695 1
wichtig gehalten, dasz er dag dM<picßT]Tei vom anfange des satzes in
f| äfi(picßr|TriciC Überflüssiger weise wiederholte und doch ist mit
dem Tr€pl toG T*vec&ai TOÖTO durchaus Dichts anderes gemeint ah
der er=te fall Ön oi T^TOVev. sehen wir nun den folgenden satx
an nfl Xavöav^Tiu b' ÖTl usw. , so entsteht eine neue Verlegenheit :
'es soll nicht entgehen, dasz in diesem streite allein notwendig der
andere schlecht sein mnsz: denn nicht Unwissenheit ist die Ursache,
wie wenn man über das gerechte streitet.' wer ist der andere, der
jedenfalls ein wissender ist? offenbar nur, wer die von ihm ge-
schehene tbat ableugnet: denn Über den schaden oder die grSsze
oder die gerecbtigkeit kCnnte er Ja irren, ohne darum schlecht zu
sein, alio kann oütt] fi iiti<picpr|TtiCic jjövii unbedingt nur den ersten
Streitfall bezeichnen, in welchem der ableugnende lUgt und sich nicht
mit unkundo über die beschaffenheit oder die folgen seiner hand-
luug entschuldigen kann, ist das aber so, so mu&te natürlich, nach-
dem drei andere Streitfälle aufgeztthlt waren, der erste wiederholt
werden, wenn durch aÖTTi fj äfi<picßr|TTiciC auf ihn hingewiesen wer-
den sollte, mit andern Worten ! durch Ktti et Titpi toO TtV^cÖai ToOto
fl <ifiq)ießriTr]ClC wird nicht ein letzter fünfter fall hinzugefügt, son-
dern auf den ersten zurückgegangen, um von ihm etwas besonderes
auszusagen, der vorige satz ist demnach mit üjchi^tujc abgeschlossen,
das dem toOtou (sc. bei ti^V lÜTröbeiBv ^e'ptiv) des zweiten gliedea
vollkommen entspricht, wir setzen also ein punctum und fuhren
nun fort: koI €i nepl toö T^vecöai toüto fi dfjtpicßriTticic, ni^ \av-
6av£TUJ ÖTl usw., wobei das einzige b' vor ÖTl hat fallen müssen.
Potsdam. Hebmann Schütz.
89.
ZUR ÄNTHOLOGIA LATINA.
In dem codex Dresdcnsis De ISSsaec. IX — X fol. 31 '' sind zwei
gedichte überliefert, welche von Riese in der Anlh. latina hd. 11 als
679 und 678 und von Baehrens in den PLM. bd. V als LVÜI 4
nnd 3 herausgegeben wurden, beiden bgg. ist jene hs. unbekannt
geblieben, die wegen ihres altera und wegen einiger nicht unwichtigen
abweichungen bzw. Übereinstimmungen ans licht gezogen zu werden
verdient.
I (Biese 679).
Die Überschrift im Dresd. (D) hat ursprünglich gefehlt und ist
von einer etwas Jüngern band, welche auch das ganze gedieht corri-
gierthat(M), mit blasserer tinte hinzugefügt: JCpUhoTtie Phoenomcno»
Prisciani Gram , vgl. bei Riese cod. M. ich stelle die lesarten zn^am-
men (die in klammern beigesetzten buchstaben bedeuten die mit D
Übereinstimmenden hss. bei Riese bzw. Baehrens).
696 MManitiuB: znr Anthologia latina.
e
1 horeas atioi superscr. M 2 astofilax (arctoßax CM)
3 lira (ON, bei Baehrens V) casiaphea {casiophea C) 4 andre-
V
mede {androniedf 0) 5 aquüenensque ^ corr. M 7 Hmcy corr. M
(NO) 8 scorpiu^, corr. M arquUenens uma (CVM)
10 procion (VM) 11 Ydn^ cyrontur ribulum^ corr. M 12 Äeri-
danique (MN). dann folgen jene vier verse welche nach Biese allein
noch der cod. Paris. 12117 (N) fol. 172 überliefert, da nun nach
den oben angeführten lesarten D und N durchaus keine enge Ver-
wandtschaft zeigen, so kann N unmöglich aus D abgeschrieben seiOi
und beide hss. müssen auf verschiedene quellen zurückgehen, letz-
tere aber oder deren vorlagen müssen auf gemeinsamer quelle be-
ruhen, in jenen vier versen finden sich bei D folgende abweichungen
von N: (2 Luna etmer curii^) venus sol 3 sidera] desinit versus,
sequens verbum erasum est.
n (Riese 678).
Dieses gedieht ist, wie anderwärts, auch hier sehr fehlerhaft
überliefert, eine Überschrift fehlt, die lesarten von D sind folgende :
1 signifere spere (bei Baehrens B) 2 Ferque planete
3 Pölluri 6 foetontia {fetontia B) flama 7 atque quadranUm
{adde S) 8 Ter senas ter partes citharea retorquens (Bieses P»
Baehrens' B) 9 deest 10 Ternas ter partes puro (Bieses P) ifeiies
pere 11 Sennonis domini (P, dhi Baehrens* COB) camp^efur anni
circulus anni 12 novenos^ in marg. scriptum est Lün. 13 eurrii
14. 15 (Baehrens) desunt. hier gibt sich entschieden hinneigung
zu (Bieses) P und (Bachreuä') B (Beginensis 438 saec. X) zu erkennen,
jedoch ohne dasz man den Verwandtschaftsgrad der drei hss. näher
bestimmen könnte.
Dasz übrigens diese didaktischen schulgedichte frühzeitig bei
den Angelsachsen eingang gefunden haben, ist schon daraus bekannt,
da<z sie den werken Baodas angehängt wurden, neu dagegen dürfte
sein, dasz Aldhelm, der ja auch sonst vielfach kenntnis der späten
lateinischen dicbtkunst verrät, in seinen rätseln (aenigm. enneast»
2, 8. 9) zwei verse aus dem zuletzt behandelten gedichte wOrtlich
anführt, diese beiden verse (Baehrens LVIII 3, 14. 15) finden sich in
den von Biese benutzten h.ss. nicht, sondern stehen nur an jener stelle
im Oxou. coli. S. lohannis XVIII saue. XI fol. 14, auszerdem aber
am anfange des gedichtes LVIII 5 (Biese 680) im Laur. Strozz. 46
saec. XIV fol. 1. danach finden sich die beiden verse bei Aldhelm
bedeutend früher, als sie sonst hsl. überliefert sind, da nun schon
Aldhelm aen. enncost. 2, 8 lymphae und 9 possent {possei?) über-
liefert, so dürften die beiden conjecturen von Baehrens (OfjfiNpj und
possit) wohl abzuweisen sein.
NiEDERLÖSSNITZ BEI DRESDEN. MaZ MANITXCJS.
KMacke: zu Horatiiis epuMn [U 1]. 697
(76.)
ZU HOBATIÜB EHSTBLH.
II 1, 15 praesenti übt maiuras largimur hanoreSf
iurandasque ttmmper nu/mmponimm ara$f
nü ofiturum (üias^ nü arium iaie fateniea*
sed ttius hie popülue ^ sapiena ei iusius in uno t
te nostris dudbm^ ie Qrais anieferemb^
20 cetera neguiguam eimüi raüone modoque
aestimat,
Bibbeck liest y. 18 hoc für hic^ das er mit wno yerbindet nnd
wirft y. 19 aus; Krüger yerbindet in uno te anteferendo^ hinweisend
auf Cic. or. 7 , 23 recardor lange emnOms unum anUfiarre Demo-
sthenem\ Orelli erklärt: *8ed bic idem popnlas, tibi ex toto deditus,
in hac una re, quod te omnibos antefert. nolim inngere if» utio on^
ferenda te*] Yablen (zs. f. d. Ost gymn. 1871 s. 2) erklttrt in una te
. . anteferenda «= 'indem es dich einzig yor griechischen nnd römi-
schen beiden erhebt'.
Bibbecks meinung, in una te anteferenda sei nicht stattiiaft,
musz man beistimmen: denn die grobe schmeichele!, dasz die BOmer
den Augustus allein allen vorziehen sollen, dadurch noch zn steigern,
dasz man sie als weise und gerecht bezeichnet, kOnnen wir kaom
dem ärgsten bjzantinismus zutrauen; auch widerspricht dieselbe
andern stellen des Hör. , in denen der dichter in yoUerer tonart den
Augustus yerherlicht; auszerdem ist una { te anteferenda wegen
des versendes nach ima etwas hart, wenn aber Bibbeck v. 18 hac
für hie liest und dieses mit in una yerbinden will, so ist dieses zwi-
schen tutis und p(^[ndu$ eingeschobene hac so gestellt, dasz diese con-
jectur unmöglich richtig sein kann, zumal da tuus hie populus einen
recht guten sinn gibt: ^aber dies dein yolk, das jetzt lebende, im
gegensatz zu dem volke der yorzeit, das gegen Bomulus und andere
undankbar war, weise und gerecht in dem 6inen punkte' usw. recht
hat Bibbeck, wenn er den yers te nastris yerwirft, er passt nicht an
diese stelle wegen der allzu groben schmeichele!; auszerdem ist aber
auch das unum in zwei glieder zerlegt, te nastris äucibus anteferenda^
te Orais anteferenda \ am natürlichsten ist es, in ima und cetera
gegenüber zu stellen, aber ich mOchte den yers te nastris nicht
überhaupt verwerfen, sondern ihn yersetzen und zwar nach y. 15 1
praesenti tibi maturas largimur hanares
te nastris ducibus^ te Orais anteferenda j
iurandasque tuum pernumen panimus aras^
nü oriturum alias j nü ortum tdk fatenies.
sed tuus hicpapukiSf sapiens et iusbus in ufto,
cetera nequiquam simüi ratione madaque
aestimat.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 10. 46
698 KMacke: zu Horatins episteln [II 1].
durch diese Versetzung wird erreicht, dasz maturos largimitr honaret
richtig begründet wird: 'dir, dem lebenden, spenden wir reichlich
{largimur) herangereifte ehren, indem wir dich unsem führem, dich
den Griechen vorziehen', dh. die ehren sind herangereift, so dasi
Augustus ihre fruchte noch bei lebzeiten genieszen kann , dasz sie
nicht erst nach dem tode ihm nachträglich als totenspende gebracht
werden , indem wir dich vorziehen , dh. indem wir es mit dir besser
machen als mit den römischen und griechischen beiden , die diesen
Vorzug nicht genossen, mit dieser Umstellung fällt alle schmeichele!
in dem verse weg ; auszerdem stehen aber auch noch anteferendo und
fatentes ganz schön in parallele; femer ist dadurch die stelle mit ^ic
. . in uno vollständig erledigt.
navem agere ignarus navis timet^ ahrotonum aegro
115 non audet nisi gut didicü dare, quod medicorum est
promittunL medici , tradant fäbrüia fahri:
scribimus indodi dodique poämata passim.
'ein schiff zu lenken fürchtet ein des Schiffes unkundiger; stabwnrz
dem kranken zu geben wagt nur derjenige der es gelernt hat; was
Sache der ärzte ist, verheiszen die ärzte, es treiben ihr handwerk die
band werker: ungelehrt und gelehrt, alle durch einander schreiben
wir gedichte.' Bentlej und Bibbeck sehen beide mit recht in guod
medicorum est promittünt medici eine tautologie zum vorhergehenden*
ob dies allerdings ein hinreichender grund ist die halbverse aosxo-
scheiden, möchte man bezweifeln. Bentlej hat vorgeschlagen muitei^
das aber nicht angenommen worden ist; Bibbeck scheidet die halb-
verse aus, ergänzt aber die lücke vor tradant nicht.
Das wort promütunt scheint inhaltlos und matt, es bezeichnet
ebenso wenig eine specialthätigkeit der ärzte wie anderer stände und
berufszweige , bei denen allen ja das promOtere eine grosze rolle
spielt; weshalb wird den ärzten allein das promptere beigelegt, wäh-
rend kurz vorher Hör. zwei ganz specielle thätigkeiten anführt»
navem agere und ahrotonum dare ? man sage nicht, die beiden ersten
glieder wären negativ, die beiden letzten positiv: das i6t wahr, aber
beweist nichts, dann kommt aber auch noch das matte tradani
fdbrilia fabri hinterdrein, ein gcmeinplatz bei dem man sich schliesz-
lich alles denken kann, pfuscherei aus einem handwerk ins andere.
weshalb führt aber der dichter gerade den Schiffer und den arst
an? und setzt diesen beiden künsten, die eine geistige bildong
voraussetzen, die band werker entgegen? das ist schwer einza*
sehen, dasz aber scbiffer und arzt gewählt sind, ist leicht erklär-
lich: es sind zwei sehr verantwortungsvolle bemfszweige, bei
denen es sich um leben oder tod handelt, bei denen Unkenntnis die
schrecklichsten folgen nach sich zieht; und ebenso ist es mit der
poesie, bei welcher stümperei in den äugen des dichters — und auch in
unsem äugen — eine sehr gewagte sache ist. wie der Schiffer und der
arzt sich auf ihren bemf vorbereiten und nur mit kenntniasen wohl-
EMacke: zu Horatius epieteln [11 Ij. 699
ausgerüstet mit Steuer und gift amgeheu, äo 9oU der dichter oder
der es sein will auch nur mit gehöriger Vorbildung und trabrem
berufe an das dichten gehen, bei dieser eivägung scheint iraclanl
fabnlia fabri ungehörig zu sein.
Mein vorsobiag geht nun dahin, v. 116 überhauptauszuscheidea
UDd das übrige zu Übersetzen: 'ein schiff zu lenken fürchtet ein des
BOhiffes unkundiger; stabwurz dem kranken m reichen wagt nur der-
jenige der gelernt hat was sacbe der Srzte ist; ungelebrt und gelehrt
alle durcheinander schreiben wir gedichte'; man könnte auch über-
setzen: 'stabwurz , . zu reichen wagt nur derjenige der es gelernt
hat,, und dies ist sache der Srzte': beide auffassungen kommen ziem-
lich auf eins hinaus, wir baben so eine mindestens ebenso schGne
dreigliedrige perioiie wie im überlieferten text eine viergliedrige mit
tautologie und dem Iraäant; der gegensatz doäi und indodi findet
nicbt seine erläuterung im schiffer und arzt als gelehrten den hand-
werkein gegenüber, Bondem im tUchtigen acbiffer nnd arzt gegen-
über dem pfuscher. qtwd medicorum est mochte ein alter abschreiber
als lückenhaft auffassen und ergänzte dasselbe durch das matte j>ro-
mittitnt medici, wozu er dann noch das traäant f. f. hinzudichtete.
es findet sich eine parallele zu dieser auffassung bei Cic. de off. 1
§ 60: sed ut nee medici nee imperafores nee oratores, quamvis artis
praecepta perceperint, quicquam magna latide dtgnum sine usu et
exercitatione conseguipossunt, sie offieii conservandi praecepta tradun-
tw Üla gtiidem, ut faämus ipsi, sed rei magnitudo usum quoqtie exer-
citationemgue desiderat, hier entsprechen die medici den medici des
Hör. , die imjjeralores den sobiffem , die oratores den dichtem ; von
fabri ist auch hier keine rede.
agricolaeprisd, fortes parvoque beali,
140 condila post frumenta Icvantes tempore festo
corpus et ipsum animum spe finis dura fereniem
cum sociis operum , pueris et contuge ßda ,
Telturem porco , Sitvanum iaete piäbant ,
florihis et vino Qenium memorem breois aevi.
an dieser stelle hat meines wissens noch niemand anstosz genommen,
und doch meine icb dasz sie nicht ganz in Ordnung ist: sie leidet an
einer Ungereimtheit und einem anachronismus. die gewöhnliche
Übersetzung lautet: 'die landleute der voneit, rüstig und mit weni-
gem zufrieden, nach bergung des getreides den körper und seibat
den geist, der in der hoffnung auf das ende schweres trägt, erholend,
sühnten im verein mit den genossen des tagewerks, den kindem und
der treuen gattin, die Tellus mit einem scbweino, den SiWanns mit
milch, mit blumen und wein den öenius, der eingedenk ist der knrzen
lebonszeit.' meine einnendungen sind folgende:
1) wie kann man sagen, dasz nach bergung des getreides der
geist in der hoffnung auf das ende hartes trögt? ich weis«
wohl, dasz man ferentem auch Obersetzen könnte 'der hartes trug',
700 KMacke: zu Horatius episteln [II 1].
aber wenn der dichter dieses hätte sagen wollen, so wäre ein pari,
perf., etwa perpessum, das aber wegen der quantität nicht möglich
ist, natürlicher, man könnte auch sagen, ferentem sei das präsens
der dauer, 'der immer hartes zu tragen pflegt', aber die natüriichBte
Übersetzung lautet doch ^der hartes trägt'.
2) weshalb heiszt es ferentem, das doch wegen des ipsum^ da
dieses animutn hervorhebt, sich nur auf animum beziehen kann? ist
es nicht an erster stelle der kOrper, der beim landban hartes er-
trägt? welchen Strapazen ist der geist ausgesetzt? doch wohl nur
der befürchtung, hagel und unwetter möchten die saaten verderben,
und diese angst kann man doch nicht gut dura ferre nennen , auch
vnrd ein agricola fortis sich nicht stets wegen dieser gefahr in
nervöser erregung befinden.
3) wie kann man sagen, dasz der geist in der hof fnung auf
das ende hartes erträgt? das harte, das der geist erträgt, ist ja die
angst vor dem misraten der ernte, und diese angst wird durch die
hoffnung, welche den landmann hebt, gebrochen.
4) das fest selbst, das Uor. im äuge zu haben scheint, werden
die den Ambarvalia folgenden emteferien sein , die in die monate
juli und august fielen, hierauf deutet die stelle Teurem poroo
pidbanty und Preller (röm. myth. s. 406 f.) sagt hierüber folgendes:
*voran giengen auch hier gewisse sühnopfer, namentlich die sog.
pofca praecidanea, dh. das opfer eines weiblichen schweins, welches
vor dem schnitt der felder auf jedem bauerhofe mit besonderer
beziehung auf die toten und etwaige Versäumnisse bei ihrer bestat-
tung dargebracht wurde; denn auch hier geht der glaube an die
ackergötter und an die götter der unterweit band in band , indem
man nur von den wohlbefriedigten und versöhnten mächten der erd-
tiefe, bei denen die toten sind, eine gute ernte zu hoffen wagte . . wie
es aber mit jenem opfer der pcrca praecidanea xu halten sei, darüber
gibt Cato in seinen regeln der land Wirtschaft eine ausführliche Vor-
schrift, man soll es darbringen vor der einerntung folgender
feldfrUchte, des far, des weizens, der gerste, der bohnen und der
rübsaat. vor der ganzen handlung soll des Janus, des Jupiter und
der Juno mit einer spende von Weihrauch und wein gedacht werden,
vor dem opfer zuerst des Janus, dann des Jupiter mit neuen spenden
und gebeten für das wohl von haus und hof. dann folgte das opfer
des Schweins und während seiner Zubereitung neue spenden an
Janus und Jupiter.' in anm. 3 bemerkt Preller: 'in anderm sinne
nannte man praecidaneae hosiiae solche opfertiere, welche vor andern
opfern zur sUhnung eines eventuellen piaculum dargebracht worden,
daher es auch eine praecidanea agna gab . . dahingegen die prae-
cidanea porca sich immer speciell auf Ceres ["» Tellus] und den
schnitt der felder bezieht.' dasz aber auch dieses von Hör. ange-
deutete feöt nicht candita post frumenta stattfand , scheint auch mos
piahant zu folgen , da piare heiszt 'gnädig stimmen , etwas durch
KMacke;/8ii Horatiin epiviela [11 1]. 701'
snhnung zu erreichen oder abzuwenden socheii'; das pkKt$ wtr aha
nach eingebrachtem emtesegen ttberflttssig.
Dies sind meine einwendnngen g^^B diese stelle iB der ttbev^
lieferten lesart und erklttmng. wir haben uiso amdUa pogi firnmml»
im anachronismus zu spe fims dura fermkm^ wir haben das rfttael*
hafte animwm ipsum äufra fer^fUem und wollen »^en, wie sieh mit
ttnderung von zwei buchstaben die ganze stelle anders erklären Ifisit
die interpunction wird natürlich auch etwas anders ansfidlen als in
dem überlieferten texte, ich lese also:
agricciae prisci^ fcrtes parpogue heaU
condUapostfrtm^enUM^lewjuUesiempo^
corp^^ et ipsum animum^ spe finis iura fer$ni$s
cum sodis operumy pueris d eomuge fida^
TdUfrempcrco, Sihamim lactepkibaniy
floribus ei vino Qemum memorem brems oefH.
'die landleute der yorzeit, rüstig und nach bergung des ^treides mit
wenigem zufrieden, zur festzeit den leib und selbst den geist er«
holend , brachten in der hoffhung auf das ende rauohwerk dar und
sühnten mit den arbeitsgenossen, den kindem und der treuen gattzBi
die Tellus durch ein schwein, den BiWanus mit milch, mit blüm^i
und wein den Genius, der eingedenk ist der kurzen lebenszeit.' wir
haben bei dieser äuszerst geringfügigen ttnderung zweier buchstaben
und der interpunction, welche letztere ja mehr oder weniger Sache des
erklärers bleibt, alle berührten Schwierigkeiten gehoben : es fällt der
anachronismus weg, indem parva heati zu condUa posi frumenta ge-
zogen wird; in dem sinne, dasz sie auch im überflusz des segens
genügsam und mit wenigem zufrieden waren; es fllllt dura ferentem
weg, es läszt sich ipsum glatt erklSren durch das parva heati, indem
es den alten landleuten besonders auf geistige ausspannung ankam ;
es wird ferner durch das vorangestellte iura ferentes (ein ausdruck
der bei Ovidius wiederholt Torkommt) der Verehrung des Janus, des
Jupiter und der Juno erwfthnung gethan, eine weihrauchspende der
das scbweinsopfer folgte; das piabant bekommt licht, indem die ernte
noch nicht abgemäht ist: kurz, mag diese der tradition zuwider«.
laufende auffassung der stelle vielleicht auch erst etwas befremden,
sie läszt sich, ohne gewaltsame conjectur, grammatisch und erst recht
sachlich rechtfertigen.
170 aspice^ Flautus
qiio pacta partis tuMur amantis ephebi^
ut patris attenti , lenanis ut insidiasi;
quantus sit Dassennus edacibus inparasUis^
quam nan astrida percwrrat pulpita sacoa,
175 gestit enim ntmimum in lacuHas demHUere^ pasi hoc
securuSi cadat an reda stet fabt/da täla.
wer war Dossennus? wer es war, wissen wir nicht, aber wer es ist;
wissen wir : es ist der berühmte dichter , der nicht leben und nicht
702 KMacke: zu Horatius episteln [II 1].
sterben kann, der heute tot gesagt wird, um morgen wieder in glorie
zu erstehen. Acre schweigt über ihn , nach dem comm. Crnq. ist er
AieUanarum scriptor, nach Porphyrio Dossennus et ipse gravis
habetur ut Flautus. nach Erttger ist er 'anscheinend ein komOdien-
dichter , doch ist die existenz desselben zweifelhaft, richtiger hftlt
man daher Dossennus hier fttr den namen eines stehenden burlesken
Charakters in den Atellanen'. Orelli sagt: ^Fabius Dossennus, in-
certae aetatis poeta, togatas potius quam Atellanas videtur scripsisse.'
nach Schütz ist er ebenfalls ein dichter : *ganz geschraubt aber iat
die annähme , Dossennus sei zu einem appellativum geworden und
Plautus selbst werde so genannt : «ein wie grosser Dossennus, dh.
spaszmacher er in seinen parasiten sei.» kurz, Lehrs hat recht, dasz
hier nur das Verständnis möglich ist: «wie grosz Dossennus in der
Schilderung von parasiten ist».' Dillenburger : ^fuit autem F. Dossennus
incertae aetatis poeta togatarum, ut videtur, fabularum scriptor*;
auch WissoWa *aber Dossennus Hör. ep. 11' (Breslau 1865) hält ihn
für einen dichter, im vergangenen Jahrzehnt entstand über Dossennus
eine kleine fehde zwischen Vahlen und Lehrs, indem Vahlen das
appellativum y Lehrs die person verteidigte : vgl. erstem in der X8. f.
d. Ost. gjmn. 1871 s. 6 ff., letztern im 'nachtrag zu Horatius' (Leipzig
1871) s. 3 ff. beide auffassungen haben ihre bedenken, die Ver-
teidiger der person müssen den v. 173 an dieser stelle für ungehörig
erklären: schon ein gewagtes experiment, um eine annähme zu
retten; als passende stelle, wo Dossennus unterzubringen wäre, könnte
erscheinen, dasz man ihn nach v. 56 einschiebt, aber hier passt er
erst recht nicht, einen andern weg schlägt Schütz ein, der den vers
an seiner stelle läszt und Dossennus als person auffaszt. die auf-
fassung des Dossennus ist für die erklärung der schwierigen stelle
einschneidend, prüfen wir kurz die drei auffassungen der stelle, und
zwar vorerst die conservativste von Schütz.
Nach Schütz enthalten die verse 170 — 174 lob und tadel des
Plautus und der komödiendichter überhaupt, und zwar bezieht sich
V. 171 f. auf die kunst des Plautus, Charaktere wie amantes ephehos^
patres atientoSy lenones insidiosos zu schildern; ganz besonders heiszt
es dann von Dossennus, dasz dieser gar gewaltig gewesen sei in 'ge-
fräszigen parasiten' — ein lob des Dossennus — auch v. 174 ent-
hält nach Schütz ein lob : ^«er durchstürmt die bühne auf schlottrigem
schuh», dh. gleicht einem menschen von tüchtigem kern, der aber
nachlässig in seiner kleidung ist und zu eilig geht, offenbar genügt
es dem Hör. , den tadel an den letztgenannten anzuknüpfen , dessen
Vorzüge er von den ähnlichen des Plautus auch nicht hatte trennen
können: es wäre ermüdend und ungeschickt gewesen, hätte Her.
dem lob des Plautus sofort den tadel gegenüberstellen und dann
nach dem lobe des Dossennus zu demselben tadel zurückkehren
wollen, so überläszt er dem leser auf Plautus den ihm gebührenden
anteil zu übertragen.' so weit Schütz, diese auffassung scheint be-
denklich, ist von zwei subjecten verschiedenes ausgesagt, so ist nie«
KMacke: zn HoratioB epiiteln [II 1]. 703
mand berechtigt das Ton beiden getrennt aosgeeagte aaf beide ra
übertragen; es entsteht eine unbestimmte Vermischung der snbjeote
und prädicate, und wir wüsten Yon Dossennus so viel, dass sidi
kaum annehmen liesze, dasz auszer an dieser stelle sein name über-
haupt Verklungen' Wäre: denn die verse 174. 75. 76 müsten gram-
matisch notwendig auch noch auf Dossennus bezogen werden, zudem
widerspricht das gestü enim einer auffassung des vorhergehenden im
lobenden sinne: denn ein lob, es sei jemand ein menseh von Süch-
tigem kern', der aber usw. , mit einem schweren sittlichen tadel zu
begründen widerspricht doch allzusehr einer naturgemttszen auf-
fassung. von Hör. wttre es, falls Dossennus eine person ist, jedenfalls
— bei unbefangener auffassung der stelle — ungeschickt, mitten in
eine Charakteristik des Plautus den Dossennus hineinzubringen, und
dasz Plautus in der ganzen stelle gemeint ist, folgt doch fast zweifel-
los aus der ^Überschrift' a^nce^ PJauiuSj von dem es heiszt : quo paäo
ttUetur, qtiantus sU^ quam percwrrat: gesHt emm.
Lehrs empfand die Unmöglichkeit die person Dossennus hier
zu lassen, und weil es doch nicht gut angeht einen solch eigentüm-
lich charakteristische!) vers überhaupt ttor unecht zu erklftren, so
muste er wandern, mir ist es aber unerfindlich, wie dieser vers
nach V. 56 im grammatischen gefüge übersetzt werden soll, man
lese:
55 amUgUur quotiens^ tiier tUro sU prior ^ aufert
Pacuviiis doäi famam senis^ Äccius (äü,
quantus sit Dossennus edadbus inparasüis
didtury Afrani toga convenisse Menandro^
Plautus ad exemplar Siculi properare EpUAarmij
vincere Caecüius gravüate, Terentius arte.
60 hos ediscit et hos arto stipata theatro
speäat Borna potens,
es läszt sich der conjunctiv sü ja nur dadurch erklftren, dasz ein
amhigitur quotiens^ dem schon sein nachsatz folgte, wiederum ergftnzt
wird, und zwar folgte dann dem quantus sU ein nachsatz, von dem
man gar nicht begreift, wie dies nachsatz sein könne, abgesehen
davon dasz die dichter paare, namen von klang (^« eciisd^ et hos
arto stipata theatro speäat Borna potens) ^ durch den Dossennus ge-
waltsam unterbrochen werden: Saul inter prophetas! Yahlen ao.
bat diesen gedanken richtig ausgeführt, wenn also Dossennus weder
in dem überlieferten Zusammenhang als person sich halten Iftszt, noch
die Lehrsscbe hjpothese der Umstellung, um den mann vom tode zu
retten, haltbar ist, so haben wir die auf&ssung des Dossennus als
appellativum zu prüfen.
Dasz dossenni^ als appellativum gefaszt sein musz, scheint klar
zu sein, die frage ist aber dann, was ist dossennus als appellativum?
Krüger sagt, es sei der name eines stehenden burlesken Charakters
in den Atellanen, wie Maccus, Bucco, Pappus; Plautus erscheine
also in der darstellung gefräsziger Schmarotzer wie ein das^efifiw :
704 KMacke: zu HoratiuB epistein [II 1].
*docb ist nicht klar , welcher fehler durch jenes prädicat an Plautns
getadelt werden soll.' Mewes (zs. f. d. gw. 1875 s. 230) ftusxert sich
ähnlich : Ver freilich sagt, dasz gerade der Dossennus aus den figoroi
der posse zur bezeichnung der gattung ausgewählt sei and welche
besondere beziehung dieser zu parasiten gehabt habe, dem müssen
wir uns begnügen zu antworten, dasz hier den zeitgenössischen
lesem eine anspielung deutlich sein konnte, die es für uns nicht mehr
ist.' , dasselbe ist Vahlens ansieht, wie nun aber, wenn sich dassemms
als appellativum ganz ungezwungen und passend erkl&ren liesie?
versuchen wir es. ich bemerke, dasz der folgende versuch dem
Dossennus beizukommen auf nichts weiter anspruch macht als eine
hypothese zu sein; es f&llt mir nicht bei mit absoluter gewisheit
meine auffassung als unfehlbar hinstellen zu wollen : ich lege sie ein-
fach zur prüfung vor.
Wenn man dossenntis übersetzt mit 'spaszmacher , beutel-
schneider, dottore', so entbehrt diese deutung jeglicher grundlage:
es ist kein etymon dazu gegeben, man will es herleiten von darsum^
ein 'buckliger' oder wenn man will, ein kriecher, der den rücken
gut biegen kann ; dies Ifiszt sich ja schon ganz gut mit einem para-
siten vereinigen, aber spaszmacher, beutelschneider, dottore, ist nicht
einzusehen. Varro de l l. YII 95 s. 372 Sp. sagt: dictum mandkr a
mandendOy unde manducari^ a quo in ÄteUanis Dassenum vocofU
Manducum. Dossenum ist conjectur von KOMüller (s. 303 seiner
ausgäbe) statt des sinnlosen ad ohsenum der hss. Schütz bemerkt
dazu: 'ich verstehe nicht, was dort Dossenum und Manducum zu-
sammen sollen ; sind es zwei figuren oder nur 6ine? beides ist gleich
unerklärlich.' gewagt mochte es sein von KOMüller, ad obsehum in
Dossenum zu verwandeln , wenn keine gründe vorhanden waren, die
Yarronische gleichung Dossenum «» Manducum zu erklären und als
richtig zu erweisen, aber dennoch, meine ich, zeigte sich in dieser
conjectur Müllers genialer tiefblick, der das rechte instinctmftszig traf;
ich versuche also gründe hinzuzufügen, die mich keinen augenbliek
an der richtigkeit der Müllerschen conjectur zweifeln lassen.
Das wort dossennus oder dosscnus macht auf den leser den
eindruck, dasz es nicht lateinischen Ursprungs ist: es sieht aus wie
ein semitisches participium, zb. qotcl, es ist nun aber gar nicht auf-
fallend, wenn wir bei Hör. in dossennus ein semitisches wort er-
kennen wollen, wir lesen amhubaiarum coRegia vom syrischen
p^? abübä ^flöte'; wir haben omasum "-> hebr. xizn lumd von
V$72n ■» fett sein; wir haben arrabo «> p*;7; näblmm ^^ V;2$ ^^^
Ovidius; gaza {fola) -» ) |^; mappa^ nach Quintilianus ein puni-
sches wort; die Galeotae führen auf nb{ "-^ revelare; wir haben femer
bei Plautus im Poenulus einen langen punischen tezt. wäre es des-
halb unmöglich, dasz sich dossennus aus dem punischen herleiten
läszt? das punische ist allerdings nur in dürftigen resten erhalten.
EMacke: sn Homdui epittelii [II 1]. 705
hanptsSchlicb in Inschriften, und wenn aicb deskaU) in den restot
des punischen eine wnrzel flDr. dosimnma tächi findet, so ist dai
allerdings zn bedauern, aber dnrehaofl kein beweis gegen die ehe«
malige ezistenz dieser warzel. int hebrüsohen ist diese wonel tot*
banden, und jeder kenner des semitisehen weiss, wie nahe phOnikiseh
und bebrftisch mit einander verwandt sind, verwandter als das
aramäische mit dem hebräischen, dasz diese wonel aber hebrüsoh-
kanaanitisches sprachgnt war, folgt daraus, dass sie weder im syri»
sehen noch im chaldäisohen vorhandesi ist. im bebrüseben lantet die
wnrzel nun yi;^ (däsen). die Verbindungen, in denen sieh dieselbe
im AT, findet, sind folgende:
1^ Qal *fett werden' : 5 Mose 31 , 20 y8i^'\ S^a^')'} Vtsfijl. vceäkai
vcßsäha vcßdäsin, vulgata: cwmqite camederifU et MuraH crasaigue
fuerint,
2) Piel *fett, markig maeben, für fsit erklären' (von asehe
reinigen [?]).
3) Pnal 'reichlich gesättigt werden'«
4) Hithp. 'fettig werden'*
Als adjectiv findet sich *|ti*9 in der bedentong 'fett' (vom boden),
'saftvoll' (von bäumen) und 'reich, gross' von personen, wie Gesenius
sagt; der begriff 'reich, grosz' fällt hier aber zusammen mit dem be-
griff 'fett und wohlgenährt', da diese eigenschaft nach semitischer
ansebauung ein prärogativ des reichtums ist und der maohtfillle: so
hei8ztesPs.22,30: yjfij •»J.«5l-b:j '»iti?)«}n ^b^tj^nlg.manduetwenmi
{dxelu) et adaravenmt wnnespmgues {disnS st. cstr.) terrae, die pesita
hat an dieser stelle sogar )^V? Cl^tQ^n ^Q0|l2S^ «= otnnes e s irrten-
tes terrae^ indem für 'yä;^ ^äo Itapen '^ famelicus, e^urien« ge-
setzt ist.
Das Substantiv heiszt 1^*^ 'fettigkeit, fette speisen, reiches gast-
mabl, fruchtbarkeit, segen, fieisch und fettasohe'.
leb glaube nun dasz hiermit die wnrzel ysi*i hinreichend in
ihrer bedeutung 'fett' belegt sei, und wir haben hier eine sachliche
unterläge zu KO Müllers Vermutung Manducus •»• Ihssenus,
Zu der ableitung des dossenmte von yül stimmt auch vortreff-
lich die Schreibung des 88] der buobstabe ti phön. y findet sich
weder im lateinischen noch im griechischen aiphabet, und ist zb. in
dem Worte Ktin'^t)» aram. im lat«griech. mit cc oder S5 umschrieben:
Mecciac, itfe^ia^; ferner, spricht man das adjectiv iti*^ nach syri-
scher oder polnisch-deutscher weise aus, so lantet es Meiny eine
form die doch unserm chsaennue in beziehung auf klang und bedeu-
tung gut entspricht.
Wie sollen wir nun aber die stelle übersetzen und interpretieren?
ganz fein und zart ist die stelle nicht: 'gefräszige parasiten' sind
keine zartbesaiteten geschöpfe, sondern können schon einen puff ver-
tragen , auch ist der inhalt des gestü enm nidits weniger als von
poetischer Wirkung. Hör. sagt idso v. 171 , dass Plantui die rolle
706 EMacke: za Horatias episteln [II 1].
eines yerliebten jttnglings, eines knauserigen vaters, eines r&nke-
■vollen kupplers mit Vorliebe bebandelt habe (ttUäur partes)^ dasz er
bei der Schilderung gefrttsziger parasiten ein gehöriger {guaniua)
dossennus sei, dasz er in schlottrigem schuh über die btthne hin-
stürme: eine dreifache thätigkeit, nur deshalb im schlechten so
grosz, um den beutel mit klingender münze zu füllen, wenn also
der dichter Plautus sich so in seine keineswegs den poetischen
anforderungen eines Horatius entsprechenden Charaktere hinein*
verliebt hat, dasz er den jüngling, den papa und den kuppler treu
copierte , so wird er auch den Schmarotzer so treu copieren , dan er
als wirklich leibhaftiger dossennus vor uns steht , dasz er als reelles
mastschwein vor uns erscheint, wir fassen also dossennus in dem
sinne von bonvivant und den ausdruck als scherzhafte , dem pani-
schen entlehnte bezeichnung eines lebemannes. * dasz nun aber auf
punischen inschriften, auf opfertafeln und Sarkophagen udgl. das
wort dosen sich nicht findet, ist gar nicht zu verwundem: auch bei
den Puniem war es nicht sitte, den ehemaligen taillenumfang des
begrabenen auf grabsteinen zu buchen und zu verewigen, ausserdem
scheinen der culinarischen ausdrücke noch einige dem punischen
entlehnt zu sein , so das oben erwähnte omasum und die mappa^ die
des Parasiten 'eignen herd' bildete.
* ähnliches findet sich auch Suet Galba 3 qui primuM Sulpicio%
cognomen Galba tulit cur aui unde traxerüf ambigitur . . nonnuiU^ quod
praepinguis fuerit visus, quem ^galbam* Galli vocent,
Ahrweiler. Karl Macke.
90.
ZU CORNELIUS NEPOS.
(fortsetzung von Jahrgang 1887 s. 663 — 666.)
Them, 2, 4 bieten die hss. nam cum Xerxes ei fnari et terra
heUum universae inferrä Europae cum tantis copiis, quantas neque
ante nee postea liahuit quisquam. der nebensats cum . . mferret
bleibt ohne entsprechenden hauptsatz, aufgenommen wird er nach
der parenthese huius enim usw. durch cuius de adveniu cum fama
usw. zu der eigentümlichen satzbildung lag nicht die geringste
nötigung vor. deswegen schrieb Fleckeisen mit den geringem haa. :
cum tantis copiis eam invasü^ quantas. ich halte den nebensati cum
inferrä für erklärende ergänzung des vorhergehenden hdlo cognüum
est Persico und schlage vor zu schreiben : heUo cognitum est Persarum^
cum "Xerxes . . leUum . . inferret . . cum tantis copiis^ quantas neque
ante usw. das eam invasit stürt auch insofern, als selbstveraündlich
Xerxes nicht solus Qraedae heHum inttdU^ sed cum copiis.
ebd. 10, 3 ist überliefert sepulcrum prope oppidum m quo est
sepultus, bezieht sich in quo auf ^epuicnim, so ist es wohl recht über-
flüssig, und man würde nach dem Schlüsse des cap. and in erwlgmigi
£An8pach: zu Comeliaa Nepos. 707
dasz Nepos eundem pctissmum Thucydidem auäorem probat^ eher
erwarten: in quo non est H^utbis. doch wird man m quo hier nur
auf oppidum beziehen können, lehrreich ist die stelle Milt. S, 1
pontem fedt in Bistro flumine, qua. so bieten die hss. und so ist
auch zu schreiben {quo noch bei Andresen; man YgL Eom. 8, 4 duae
erant viae, qua ex Medis • • passet pervemri^ was man ja aneh un-
angetastet gelassen, und Ciceronisches wie ad omnes Mfvn^, qua
adiri poierai). absichtlich hat Nepos nicht quo geschrieben, weil
dies eben nur auf Bistro ftumine bezogen werden könnte, während
qua (= qua via) sich nur auf die brücke bezieht, schlieszt sich t»
quo est sepuUus aber an oppidum an, so hätte das s^pulcrum ein keno-
tapbion sein mttssen, wozu kein grund vorlag, abgesehen davon dasz
bestattung innerhalb des pomeriums (und dies könnte in oppido doch
nur beiszen) überhaupt sehr selten war. wenn ich alles berücksich-
tige, musz ich den fehler in s^^uUus suchen: es mag ursprünglich
gelautet haben in quo est mortuus.
Ale. Sf2si veUentt se coaäurum Lysandrum dtmicore auipacem
päere spopondit. hier hat man spopondii als glossein ausgeschieden.
was soll aber das übrige heiszen? Venn sie wollten , so werde er
den Lysander zwingen zu kämpfen oder um frieden zu bitten.' dann
wäre das letztere auch von ihrem willen abhängig gemacht, dies
gäbe einen recht schiefen sinn, das überlieferte spopondU weist zu-
rück auf praesente vdtgo agere coepUti es ist des Alcibiades gegen-
versprechen für die wiederaufoahme. die werte lauteten also: sivd^
lent <^se recipere^j se coaäurum . . spopondU^ oder noch besser: si
(redpere sey veUent usw. bei dem letztem könnte als grund des aus-
falls sowohl die paläographische ähnlichkeit von si und se, als auch
des vorausgehenden agere coepit und rectpere gelten.
ebd. 11, 5 dürfte es schwer sein einen grund für den Wechsel
von hie und tlle aufzufinden: hör um sie imitaium consuetudinem^ ut
Uli ipsi eum in his maxime admirarenturi iMi in hi zu verwandeln
dürfte auch wegen des folgenden in his nicht angehen, ebenso kaum
herum in iUorum wegen der nachfolgenden Verstärkung HU ipsi\ ich
vermute daher: quorum sie usw. man vgl. Them, 7, 5 nam iBÖrum
urhem ut propugnaculum oppositum esse harharis^ apud quam iam
his classes regias fecisse naufragium. Cic. in Verrem Y ß2 quem
iam ingredientem navem . . a se retractatum esse et asservaium. —
Ein ähnlicher fehler findet sich Epam. 5, 5 idem ille Meneclides
, . at nie ^desine* inquit. iUe ist im vorhergehenden Menedides, hie
ist Epaminondas, die bezeichnung des letztem mit iüe ist in der
antwort unerträglich: Nepos schrieb at hie ^desin^ inquU.
Eum. 5, 1 bieten die werte hie qui deseruerant Schwierigkeit.
was soll hie «= ^bier' ? es war vorher kein ort angegeben und es
wird hie kaum heiszen können : 'hier ■= bei dieser gelegenheit*' dazu
kommt dasz man auch deseruerant allein nicht versteht; man hat es
auf das Verhältnis der feldberm zur königlichen familie bezogen und
wegen des unten folgenden qui in officio manehant (6, 4) geschrie-
708 EÄDspach: zu ComeliuB Nepos.
ben: qui ^non} deseruerant doch wttrde man sich wandern, dasz
die acht ttber diese erst jetzt ausgesprochen worden wäre, ich glanbe
es lautete: hunc qui deseruerant^ dh. diejenigen welche den Anti*
pater im stiche gelassen hatten und nicht damit einyerstandeB waren,
dasz er reichsverweser wurde, that man nun in die acht.
Thrasyh. 1, 4 wurde die lesart der hss. ahit res a cansilio ad
vires vimque pugnantium vor Ortmann in vires virtutemque umge-
ändert. Ortmann und nach ihm Andresen lesen ad vices (rermm^
vimque pugnantium *quod fortunae hoc loco mentionem factam non
esse credi nequit' (Andresen). mich stört das rerum nach äbU re$.
im übrigen glaube ich dasz vices vimque pugnantium eng zusammen-
gehört: man vgl. zu vices pugnantium Verg. Aen. U 433 nee uüas
vitavisse vices, Danaum etj si fata fuissenty ut caderem meruisse
manu, wo Servius erklärt: vices] pugnas, quia per vidssihulinem
pugndbatur, ich glaube jedoch dasz nicht aus dem Wechsel des
draufschlagens das wort die bedeutung von kämpf erhalten konnte,
sondern von dem Wechsel, dem auf- und niederwogen des gefechts.
dann heiszt es hier : Mie schlacht hängt nicht mehr ab von der ein-
sieht der feldherm j sondern es kommt nun an auf die Wechsel und
den ansturm der kämpfenden.' die Wechsel des kampfes sind aber
nicht allein sache der vis der kämpfenden , sondern hängen ab von
einer menge von zufälligen glücklichen und unglücklichen umständen.
insofern genügt hier, meine ich, vices pugnantium, um die fortuma
prodii mit zu bezeichnen, es genügt aber im vorhergehenden nicht
a c(msüio , weil sich dies grammatisch an pugnantium anschlieszen
würde: ich glaube, es ist ducum (wegen der ähnlichkeit mit ad
uices) hinter consilio ausgefallen; Hlorum, woran man wegen can-
silio denken könnte, würde wegen des vorangegangenen «27a und
auch deswegen weniger passen , weil dem begriffe pugnantium ein
bezeichnenderer gegenübergestellt sein musz. aus diesem ducum mag
dann auch nachher das glossem quam ducis prudentiam, das voll*
ständig gelautet haben wird: q, d. pr, et müitum fartitudinem j ent-
standen sein.
Dion 9, 3 ff. hisque dat negotium . . hi prapter notUiam $umt
intromissi. at Uli ut limen usw. nach zweimal unmittelbar vorans-
gegangenem hi bezeichnet kein vernünftiger Schriftsteller dieselben
personen mit illL es ist zu ändern at illum, ut Urnen • • invadunt.
im folgenden (§ 6) namque iüi ipsi custodes si prompta fuissent usw.
verstehen wir die hervorhebung der custodes nicht, es war nicht not-
wendig hervorzuheben, dasz diese custodes verschieden seien von den
9, 1 von Callicrates bestellten, jedoch musten sie als die Wächter des
Dion bezeichnet werden, man ändere daher: natnque illius ipsius
custodes: denn seine eignen Wächter hätten ihn retten können: quod
Uli inermes usw. , weil jene — die eindringlinge — ihn vivum iene-
hant.* es ist nicht nötig dieses quod mit Andresen in quoad tu
* \namque ipsius custodes hat schon Halm vermutet. Madvi^ adr.
crit. Ill 8. 204 hat statt Uli ipsi höchst scharfsioDig vorgeschlafen
EAnspach: SU Gornelina Nepoi. 709
ändern: denn es versteht sich vosi selbst, dasz die Wächter ihn nur
so lange retten konnten, als er am leben war; qwHid . • fnvum tene-
hant wäre eine sehr müszige ergänznng.
Ages. 3, 3 bemerkt Andresen zu fecU idem in exereUaUanum
generibus: *po8t generibus deesse videtnr awmibua** cmnibus scheint
mir etwas zu stark, anch hinter genenbus etwas schleppend, ich
schlage vor, da generibus allein zu luhl ist : in ^«arttr^ exeroiiaUomtm
generibus.
ebd. 5, 2 laatet hie cum ut%a pugna decem nuUa kasUum Ag&^
sHao duce cet^dissent genau übersetzt recht wnnderlkdi : *sie warMi
alle gefallen, indem Agesilans derftlhrerwar/ grammatiseh ist Am
natürlich zu yerbinden mit hostium. besser hiess es noeh: Affeailao
duce cancisa esseni^ dann könnte man sidi sn Ag. duce aus conciem
essent dessen activisches subject als genitiT hinzudenk^i. Nepos
schrieb aber wahrscheinlich hasHum ^LaeedaemonUy Agemlao duee
cectdissent: ^ah die Laoedaemonier unter anfiührung des Agesilaus
zehntausend feinde niedeigehauen hatten/ dann hätte auch eogue
facto um so eher berechtigung.
Timoth. 2, 3 sie iucBta posita recene ßii ißeterem patrie renevtwK
memoriam. hier ist zu reeens ßü zu ergänzen memeriai TgL kurz
vorher : cuius laudis ut memoria tnanerä, doch von der w^emaria kann
man unmöglich sagen tndsto posOa^ dies gilt nur von der Storno.
ich ändere daher: ea iuxta posiki^ nemlich filü sMua uuBta paMs
stcUuam; die seule des vaters stdit und die des sohnes wird da-
neben gestellt, ea weist zurück auf ßio quoque daret sc. sUstuam.
über, den demonstrativen gebrauch von ea vgl. Dion 6, 3 inter eum
et Heradidem] AU. 10, 4 etsi tanto odio ferebalur in CHoeronem^ ui
non sölum ei, sed etiam ommbus eius amids esset inimicus,
ebd. 4, 3 hunc adversus tamen Timotheus postea popuU iuseu
bellum gessit: patriae sanäiora iura quam hospitü esse duxU. hier ist
das asjndeton sehr hart; wenn ich nicht irre, \ai n am vor patriae
ausgefallen.
Epam. 5, 3 ist überliefert: faUis verbo cives tuos^ quodeosa
beäo avocas. ich gestehe verbo in diesem zusammenhange nicht zu
verstehen, ich ändere: falUs verbo dves tuos^ quo eos . . avooas:
^du teuschest deine mitbürger mit dem werte (setze), mit dem du
sie vom kriege abrufst.'
Ipkicr. 1, 4 läszt sich zu idem genus hricarum et pro sertis atque
aeneis linteas dedit aus dem vorhergehenden doch kaum fnuiavü (§ 3)
vor et ergänzen. Andresen setzt novum insHtuU ein, doch ist ^
störend; wir erwarteten atque. ob Nepos schrieb: idem genus lori-
carum <(mutansy pro sertis atque aäneis linteas dedit?
JUyrici; aber ist es denn anderweitig besengt, dass ülyrier fiberhaupt
sich als leib Wächter fremder tyrannen verdnngen haben? A. F.]
Cleve. Aug. Eduard Anspaoh.
710 ThStangl: lexikographische notiz.
91.
LEXIKOGRAPHISCHE NOTIZ.
In der schrift des Bo^tbius de syUogismo ccUefforico I prooem.
liest man bei Migne bd. LXIV s. 793 : st qui ad hoc opus legendum
accesserint, ah his petUum sif^ ne in his^ quae numquam atiigeritUy
statim audeant ludvcare^ neve^ si quid in puerüibus disdpUms accepe-
rinty id sacrosanäiMn it^icent, quandoquidem res teneris auribus ac-
commodatas saepe phüosophiae severior traäatus eliminat. si quid vero
in his non videhitury ne statim ohstreptmtj sedy ratione consuUa quid
ipsi opinentur quidve nos ponimuSy veriore mentis aeumine et sulh
tüiore pertraäata rcUione diiudicent. et hi quidem sie. nos enim^ ut
arhitroTy suffecimus eos cotnmentarios^ de quihus haec proMimus^ de*
gustent hlando fortasse sapore suhtüitatis elicitiy quamvis infrenes et
indomüi creatores sinty tarnen väerum virorum inexpugnabtUbus aueUh
ritatihus acquiescent: * si quis vero Oraecae orationis expers est^ t»
hiSy vd si quae iUorum sunt simüiay desudabü. in ♦ ist angemerkt:
*nos — acquiescent, phrasis turbata vel etiam manca Tidetur.' der
von mir zu mehreren logisch-rhetorischen tractaten des Bo^thina
verglichene codex Erlangensis 579 saec. X gibt fol. 93^ folgenden
offenbar richtigem tezt: . . res teneris auribus commodatas saepe
phüosophiae senior traäatus eliminat. si quid vero (ohne tu) Mt
non videhitur . . ponimi^ . . suhtüiore pertractata ratione (so auch £ ;
die ursprüngliche, von den abschreiben! dem vorhergehenden ratione
consuUa assimilierte lesart lautete wohl pertractatione)diiudieetU.
et hi quidem y si nos (ohne enim), ut arbitror^ non sufficimus . .
degustent: blande forte . . certatores . . acquiescent. ttber den
moduswechsel opinentur — ponimus ist gehandelt in des vf . Boethiana
8. 77 ; iUorum ("« herum) durch äliorum zu ersetzen ist kein zwingen-
der grund vorhanden, bei Georges^ fehlen nicht blosz pMIoMpMae
senior traäatus y rem auribus commodarey infrenis certatOTy sonderm
auch das längst in den ausgaben stehende inexpugnabüis auäoritaa.
f(lr die bildliche bedeutung von senior ^reifer' (gegensatz tener) citiert
Georges Cic. Brut. 160 extat in eam legem senior, ut ita dicam^ quam
aetas iUa (Hortensii adidescentis) ferebat oratio, in Jahn-Eberhards
commentar wird zu eben dieser stelle verwiesen auf Brut. 327 cum
iam honores ä iUa senior auäoritas gravius quiddam requireret^
remanebat idem nee decebat idem. die Variante accommodare findet
sich sogar im cod. Mediceus zu Cic. epist. XÜI 2 s. 417 Wes. {peto
ut ei de habitcUione commodes).
München. Thomas Stakgl*
MCPSchmidt: ac und ai^pie vpr eonioziBnten. 711
(27.)
ÄC UND ATQUE VOR C0N80NANTEN.
Die folgenden bemerkongen sollen dazn dienen | die regeln,
welche PStamm in diesen blättern oben s. 171 ff. ans den texten des
Cicero , Caesar^ Sallusüas, Liyias gewonnen bat, auch für die erhal-
tenen bücher des Q. C ort ins Bafns zu bestätigen.
1) ac steht nicht vor vocalen. die hss. bieten VI 1, 11
co^it ut urgente] Modius schrieb oo; mit Znmpt schreibt man dorch«
weg et,
2) ac steht nicht vor gutturalen, eine gelegenheit dazu
w&re an reichlich 250 stellen gegeben, so-kommt allein etwa 20 mal
et ceteri oder ceteriquCj aber niemals ac ceteri vor. hie und da meint
man herauszufühlen , wie Curtius den yerpOnten zusammenstosz zu
vermeiden sucht, zb. IV 12, 12 natio nMioria Ärmeniae CaduaUgue
et Cappadoces et Syri ac Meäi, nur 6ine stelle widerspricht dieser
regel: V 6, 17 seque ac coniuges et UberM. nun hat HJMflller in.
seinem letzten Jahresbericht über Livius (zs. f. d. gw. 1888 jb. JtlV
s. 102 ff.) festgestellt, dasz Livius in der ersten decade 43 mal, in
den andern 25 büchem aber nur 5 mal ac vor gutturalen gebraucht|
dasz aber sowohl in diesen 5 als auch in 19 unter jenen'^id ftUen 06
vor con (oder co) stehe, dasz also Livius selbst da, wo er sich diese
unart abgewöhnt hat, doch in die Verbindung ac con wie in einen
patavinischen provincialismus zurückfalle, da nun Curtius sichtlich
ein nacbabmer des Livius ist, möchte man zunächst jene werte stehen
lassen, allein dagegen spricht Einmal die grosze zahl jener stellen,
wo Curtius ac vor andern Wörtern mit der präp. con, co, com meidet
(etwa 30 fälle); dann die art, wie Curtius insbesondere das wort
coniuges zu stellen pflegt: IX 4, 6 $eque (die hss. sc qtiogue) ac Uberos
coniugesque; V 1, 37 Uberos conk^esquc] X 2, 2Q ad Uberos con^
iugesquc] V 6, 7 und X 5, 17 cum comugibus ac Uberis] YII 1, 24
coniugum et liherorum patriaeque] VII 2, 18 coniuges ac Uberi; end-
lich sagt Curtius wiederholt que . , et f\Xr ^sowohl . . als auch', aber
que . . ac sonst nie. also musz 'sowohl sich als auch die ihrigen'
heiszen seque et coniuges ac Uberos: so ist V 6, 17 zu lesen, wieder-
holt gebraucht Curtius ac , um so wie hier zwei begriffe enger zu
vereinen: vgl. IX 4, 18 cäliginem ac tenebras etperpetuam noäemi
IX 4, 28 quin inmodicus ac molestus videri tibi possü.
3) atque steht vor vocalen und h. diese regel gilt auch
bei Curtius selbst am anfang eines neuen Satzes; so liebt er beson-
ders die eingangsworte atque iUe, vgl. III 7, 7. FV 1, 19. 1, 29. 2, 16.
13, 26. VII 2, 2. 5, 24. VIU 1, 40. X 8, 6. Einmal ist atque sogar
zur bildung einer zusammengesetzten zahl gebraucht : IX 6, 21 pico-
simum atque octavum annum.
4) atque ist vor consonanten erlaubt, wenn es inner-
halb eines satzes zwei gleichwertige begriffe verbindet;
712 ThStangl: zu den rhetores Latini minores.
aber unerlaubt, wenn es einen neuen satz oder einen
mehr ausgeführten und selbständigen Satzteil anftigt.
so steht atque für ac nicht vor adverbien oder conjunctionen , nicht
vor relativen oder interrogativen, so sagt Curtius stets et cum oder
cumque, et dunt oder ac dum^ et ne oder oc ne, et msi oder ac nisi;
80 liest man acprimo^ ac tum^ ac forte ^ ac nunc\ und das alles an
zahllosen stellen mit einstimmiger Überlieferung, die beiden einsigen
stellen, an denen atque vor consonanten Überliefert ist und nach der
ersten hälfte jener rogel mit recht steht, sind: YIII 4, 13 mXüum
atque Ixxarum catonumque; IX 5, 29 damor smui atqtte pk>raiuB\
der letztem stehen, um nur stellen mit simul zu citieren, gegenüber :
y 3, 2 pulvere simul ac sudorc] lU 8, 23 itineri simui paratus ac
proeUo] VI 5, 19 ira simul ac dolore \ abgesehen von etwa fünf stellen,
wo et oder que folgt, man sieht dasz Curtius auch da, wo atque vor
consonanten stehen darf, es meidet, deshalb dürfen wir die Über-
lieferung da nicht achten, wo sie cUque unerlaubterweise bieteL das
sind zwei stellen: III 12, 26 Darei fiUum cdüo $uo admovU: atque
fdhü üle usw. ; YIII 6, 29 rex introduci coniuratos praäer OaBisikenen
iussit: atque quae agitaverant sine cunäatione confessi sunt, in jener
stelle möchte ich umstellen (ille nihil)^ in dieser einschieben {atque
Uli) und so beidemal den oben erwähnten, von Curtioa geliebten
Satzanfang herstellen, an zwei andern stellen ist gegen die einstim-
mige Überlieferung atque in den text gesetzt: IV 9, 10 itaque si qua
{atque für iiaque seit Hedicke) und Y 6, 13 omnia vasta quae {atque
für quae seit Lauer), in dieser stelle ist nötig zu coigioieren , and
atque kann nach der ersten hälfte unserer regel allenfalls stehen,
in jener stelle möchte ich itaque halten, da es einen leidlichen sinn
gibt und Curtius nicht überall logisch scharf redet, danach bleiben,
falls ich nicht eine stelle übersehen habe, überhaupt nur drei fiüle,
in denen Curtius atque von consonanten setzt auch darin zeigt sich
wieder der einflusz des Livius (vgl Stamm oben s. 174).
Berlin. Max C. P. ScHanoT.
92.
ZU DEN RHETORES LATINI MINORES.
s. 64, 28 (Halm)
"AvGuTToqpopd. At si adversa mihi referam^ reUatio fiel:
st — moveas tcl lucifugus — sisin media audaxi
ludes indoctus^ cuipes malus obtigit — ambosi
die Pariser hs. hat Sed moueas te . . Jjiudes indiudu8\ für ersteres
wollte Emperius semoveas tCy für letzteres Ahrens ludo est, indootus
. . {umho). wie hier, so sind auch bei Cic. de /in. 1 61 lucifugus und
audax gegensätzlich gebraucht; über amibos (■-■ TOUC äfiq)OT^poiiCt
accusativ des innern objectes) vgl. Georges' u. ambo.
München. Thomai Stakol.
OSeeck : Stadien zar geschichte DiooletlanB und (Tonttantiiis. L 713
93.
STUDIEN ZUR GESCHICHTE DIOCLETIANS
UND C0NSTANTIN8.
I.
DIE REDEN DES EUMENIÜS.
• Die reden der panegjriker, wie sie ans durch die absohriften
des verlorenen Mainzer codex erhalten sind , werden bis jetzt allge-
mein für eine einheitliche samlang gehalten, und nach den aasgaben,
in welchen sie ans in chronologischer reihenfolge wohlgeordnet vor*
geführt werden, ist eine andere anffassang aaeh kaum möglich, in
der handschriftlichen überlieferang dagegen tritt nnverkennbar eine
Zweiteilung hervor/ an der spitze des Magnntinas standen vier
reden, die alle klar und deutlich mit den namen ihrer Verfasser
bezeichnet waren; die folgenden acht waren nur zum gr^zem teU
numeriert', und wo ihnen etwas vorgesetzt war, was einer Über-
schrift ähnlich sah, fehlte darin doch der automame/ die erste
gruppe umfaszte in der reihenfolge der hss. die panegyriken des
Plinius vom j. 100, des Paoatus von 389, des Mamertinus von 362,
des Nazarius von 321 ; ihre bestandteile lagen also zeitüch sehr weit
aus einander, im zweiten teU dagegen sind alle acht reden in den
kurzen räum von fünfundzwanzig jaluren (289 — 313) eingeschlossen«
die panegyriken der letztem serie sind ohne ausnähme in Gallien
vorgetragen worden, von denen der erstem kein einziger, jene sind
in den bss. mit den ordnxmgszMen pritm^ y secundus^tertius usw.
bezeichnet; sie werden also ohne rücksicht auf die vier vorher-
gehenden gezählt, endlich tragen sie die gemeinsame Überschrift :
Incipiunt panegyrici diuersorum VIV\ da auch die vorhergehenden
vier reden alle von verschiedenen Verfassern herrühren, kann dieser
titel nichts anderes bedeuten als dasz hier eine neue abteilang
beginnt.
* vgl. die vorrede von Baehrens* ausgäbe 8. XYII. * Finiius primui;
incipit secundus. — Finit secundus; indpit tertius, — Fifdtus iertius; in-
cipU quartus. — Finit quartui; incipit quintus, — FtnOus quLniuB; ineipii
sextus. ' Panegiricus Nazarü explicit; incipiunt panegiriei dittertorwn Vllw
— Item eiusdem moffistri memet genethUacus Maximiam AugusH — ?dc diotu$
est Constantino filio Constantii, wenn in der zweiten dieser Überschriften
der Schreiber von B in erinnerang an den Verfasser von paneg. XI
Mamertini für memet gesetzt hat, so ist dies jedenfalls nur schlechte
conjectnr. das von ihm selbst aufgestellte hs8.-8temma hatte Baehrens
davor schützen müssen, dieser interpolation glauben zu schenken, denn
da B und W zu derselben familie gehören, von welcher A unabhängig
ist, so kann eine Issung von B doch nur dann beachtung verdienen,
wenn sie entweder in W oder in A wiederkehrt, nicht wenn sie ffiaiz-
lich alleinsteht. ^ in Wirklichkeit sind es acht; ob der erste redactor
der samlung sich verzählt oder durch versehen des Schreibers im Magon-
tinus ein strich bei der zahl weggelassen ist, wage ich nicht zu tnU
scheiden.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 10. 47
714 OSeeck: Btudien zur geschichte Diocletians und Constantina. I.
Diese Scheidung deutet darauf hin , dasz der Maguntinas oder
seine quelle den inhalt zweier altem hss. in sich vereinigt hatte.
vielleicht waren es auch fünf: denn die vier ersten panegTriken
mögen jeder auf einer gesonderten bttcherrolle gestanden haben, ehe
sie in den sammelcodex aufgenommen wurden, jedenfalls bildete die
Serie aus den jähren 289 — 313 ein ganzes f(lr sich mit eigner Über-
schrift und eigner numerierung. trotz der doppelten zahl der reden
steht der umfang dieser samlung hinter dem der ersten ganz be*
trächtlich zurück, ja der einzige panegyricus des Plinios nimt nicht
viel weniger räum ein als die acht stücke der gallischen gmppe
zusammengenommen. ^
Dasz sich in dieser die Überschriften von denen der vier ersten
reden sehr* auffällig unterscheiden, ist schon hervorgehoben worden,
die gründe dieses Unterschiedes treten vielleicht dort am deutlichsten
hervor, wo die Ähnlichkeit relativ noch am grösten ist, bei den beiden
stücken welche den schlusz des ganzen Mainzer codex bildeten, du
letzte ist überschrieben: hie diätis est Constantino ßio QmstaniiL
offenbar beruht dies nicht auf alter Überlieferung, sondern es ist aus
dem inhalt der rede geschöpft und in den leeren räum der rubrik
hineingeschrieben, um dem mangel eines titeis, so gut es gehen wollte,
abzuhelfen, eine bessere autorität kommt der vorletzten Überschrift
zu: Item eiusdem magistri memet genethliacus Maxmiam ÄugusH.
schon das seltene griechische wort genethliacus zeigt, dasx diese
rubrik nicht aus dem köpfe eines mittelalterlichen schreiben her-
stammen kann; auch ist sie in keiner weise corrumpiert, sondern
nur lückenhaft, in der urhandschrift wird sie folgendermaszen aus-
gesehen haben :
Item eiusdem
magistri mem et
genethliacus Maximiani Augusti.
am Schlüsse der ersten zeile fehlt natürlich der name des verfassersj
in der zweiten läszt das et erkennen, dasz der amtstitel unvollständig
ist; man könnte zb. ergänzen: magistri mem{anae) et com{Ui8)
ord(inis) primi. doch mag dies auch unsicher sein , dasz die Über-
schrift echt ist unterliegt keinem zweifei , und ihr lückenhafter zu-
stand belehrt uns, warum sie die einzige ihrer art in der ganzen galli«
sehen samlung ist. die urhandschrift derselben musz durch feuchtig-
keit , welche auf die rubriken ja immer viel stärker einwirkt als auf
die schwarze tinte*, so arg zerstört gewesen sein, dasz von den Über-
schriften nur 6ine und auch diese nur halb für den abschreiber lesbar
war. wenn aber im Maguntinus ausschlieszlich diejenigen acht reden,
welche auch nach zeit und heimat ihrer Verfasser zusammengehören,
^ in Baehrcns' ausgäbe füllt der panegyrieas des Püdius 89 aeiten,
die vier redon der ersten f^ruppe zusammen 191, die acht der iweiten
nur 124. ^ auch der text ist übrigens durch sehr sahireiche lückea
entstellt, die von den bisherigen herausgebern nur zum kleinsten teile
bemerkt worden sind.
OSeeck : Studien zur geflchichte Diodetiani imd Grastantms. L 716
von dieser zerstOrung der titel heimgesnchi smd, bo kann das un-
möglich Zufall sein, es bietet uns also einen nenen beweis , dasz sie
ursprünglich in einer gesonderten hs. bei einander standen.
Der inhalt dieser gallischen samlnng soll uns im folgenden be*
schäftigen, zum ausgangspunkt der Untersuchung nehmen wir dabei
jene einzige erhaltene Überschrift, dieselbe steht zwischen den beiden
reden , welche in unsem ausgaben mit 11 und m bezeichnet sind*
über diese gewährt sie uns also die folgende beiebrung:
1) der Verfasser des genethliacus (III) war fnoffister memariae^
natürlich am hofe desjenigen herschers , welchem er seine rede vor-
trug, dazu passt es^ dasz er gleich im anfange derselben einer hohen
würde erwähnt, welche ihm die kaiser übertragen hatten.'
2) das Item eiusdem^ womit jene rubiik beginnt, beweist dasz
derselbe mann auch den vorhergel^nden panegyrious (II) geschrieben
hatte, und auch dies bestätigt der inhalt des genethliacus. zweimal
wird darin auf eine andere rede hingewiesen, welche der verfosser
schon früher auf Mazimianus gehalten hatte. ' das eine mal wird ge-
sagt, dasz dieselbe vorzugsweise von den kriegsthaten des kaisers
gehandelt habe, was genau auf IE passt endlich erklärt der geburts-
tagsgratulant, nicht wiederholen zu wollen, was schon in seiner frü-
hem anspräche gesagt sei, und dem entsprechend verhält sich III
zu II ganz wie ein Supplement; was hier ausführlich behandeli ist,
wird dort entweder übergangen oder nur kurz berührt, und ebenso
umgekehrt, dies ist um so beachtenswerter, als die i^en zeitlich
sehr wenig auseinanderliegen, mithin die thaten des kaisers , welche
dem lobredner seinen stoff gewähren musten, beide male beinahe
dieselben waren.
Die sprachlichen gründe, welche FBühl 'de XII panegyricis
latinis propaedeumata' (Oreiiswald 1868) gegen die Identität der
Verfasser gesammelt hat, beweisen das gegenteil von dem, was sie
beweisen sollen, oder ist es etwa zufall, dasz in beiden reden .nicht
nur die gleichen Schriftsteller, sondern zum teil sogar die gleichen
bücher derselben nachgeahmt sind, dasz beide die conjunctionen
postqiiam^ ubi temporale, ne finale nicht kennen? wenn ut temporale,
tU primum, siquidem^ qttasij nihüaminus wohl im genethliacus, nicht
aber im zweiten panegyricus vorkommen, so erklärt sich dies leicht
aus einer er wägung, die Bühl selbst s. 20 angestellt hat. die autoren
dieser zeit schrieben nicht, wie sie sprachen, sondern sie hatten ihr
latein, wie wir, aus büchern gelernt. * da ist es sehr natürlich , dasz
^ voveram auiem, $acratUsime imperator^ lange infra »pem honoris eüit
quem in me coniulistis. unde enim vel taniam fidudam mei gererem vel iam
improbe concupiscerem^ ut optare mihi, quantiun iudicio vestro »um conseeutuSf
anderem? ^ (1) voveram, inquam^ poUesimum^ ut me dignatione, guapHdem
audieras, rursus audires. (5) sed de rebus belHeis meloriisque vestriSf
sacratissime imperator, et multi summa eloquentia praediti saepe discerunt ei
ego pridem, cum mihi auditionis tuae divina dignatio eam copiam tribuit^
quantum poti9 praedicavi. ' paneg. IX 1 negue enim ignoro^ quanto
inferiora nostra sint ingenia Romanis» siguidem tatine et diserte logui ÜHs
47'
716 OSeeck: stadien zur geschichte DiocletiaiiB und Gonatantins. L
bei fortgesetzter lectttre sich ihr Sprachschatz bereichert and in den
spätem Schriften worte und Wendungen vorkommen, die in den frUhern
noch fehlen, dies ist der grund , warum Bühl wohl in III einzelne
conjunctionen nachweisen konnte, die in II yermiszt werden | nicht
aber umgekehrt.
Um die zeit der beiden reden zu bestimmen , ist es unvermeid-
lich , dasz wir die resultate der folgenden Untersuchungen vorweg
nehmen, wann die ereignisse statt gefunden haben, auf denen unsere
datierung beruht, kann nur im zusammenhange mit andern weit ab-
liegenden fragen erörtert werden; man gestatte uns daher, was wir
später beweisen werden, schon hier als bewiesen zu betrachten, der
genethliacus kennt bereits den Saracenensieg Diocletians (III 5. 7),
der im sommer 290 erfochten wurde und nicht vor dem herbst in
(Pallien verkündet sein kann, dagegen weisz er nur von Einern
Sarmatenfeldzuge, während im sommer 291 bereits ein zweiter statt-
fand, endlich erwähnt er der quinquennalien Maximians (1 april
290) als kürzlich gefeiert (III 1). danach musz er ende 290 oder
spätestens anfang 291 gehalten sein.
Der zweite panegyricus zählt die siege der herscber genz voll-
ständig auf, ja diese bilden seinen hauptsächlichsten gegenständ.
trotzdem erwähnt er weder des saracenischen noch des ersten sar*
matischen krieges. da beide von demselben kaiser persönlich geführt
worden sind, also bei der weiten entfemung ihrer Schauplätze nicht
in dasselbe jähr fallen können , so müssen mindestens zwei sommer
zvnschen den beiden reden liegen, anderseits können sie aber auch
nicht viel weiter getrennt werden, wie sich namentlich aus zwei
gründen ergibt:
1) im anfange von III spricht der redner von dem amte, das
ihm zu teil geworden ist, offenbar als von etwas neuem; monate
können vielleicht seit dem antritt desselben vergangen sein, Jahre
keinenfalls. er habe, sagt er, sich eine so hohe ehre niemals trt&umeii
lassen; schon dasz der kaiser ihn anzuhören geruhe, sei ihm als
der schönste lohn seines redens erschienen. *° hierin liegt docli|
inyeneratum est^ nohis elaboratum, et si quid forte eammode dMmmM^ em
iUo fönte et capite facundiae imitatio nottra derivai. aber auch der Stadi-
römer Sjmmachns schreibt (ep. I 7, 2): non deerit^ quo famem pollummi^
weil er in irgend einem glossar die floskel ieiunium poiluere gelesen hat
und den unterschied zwischen fames und ieiunium nicht mehr kennt, aus
einer ähnlichen quelle haben er (II, 2) und Macrobius (VII 18, 91)
das archaische wort satioM entlehnt, halten aber beide den nominativ fBr
einen accusativ plur. wie Ammianus Marccllinus sich seinen wortachats
aus altern autoren zusammenliest, hat Hertz (Hermes VIII •. 867) sebla-
gend nachgewiesen, und Hhnlich machten es alle, »emsuum nowitmi, ver*
borum vetustfu war eben in jener seit das höchste lob, weichet man dem
Btil eines Schriftstellers spenden konnte (8jmm. ep, I 59, 8), and alte
Wörter fand man nicht auf der Strasse.
*^ voveram autem, $acratissime imperator, longe inf^a »pem ktmorit em»
quem in me contulistis . . voveram^ inquam^ ptitiMtimum^ ui me dignmiiomt^
oua pridem audteriu, rursus audires: siquidem apul tanti praeJhUiam wiiwWi
hoc ipsum mihi maximum dieendi praemium videbmiwr^ ut dicertm.
OSeeck: Btndien zur gescbichte Diodetiani und Contta&tuiB. L 717
dasz sein amt gleichfialls der lohn Ar eine rede war", und swar
natürlich nicht für diejenige welche er erat in halten im begriff iit|
sondern fttr die schon frttber gehaltene, nnn iat es swar nicht not-
wendig, dasz unmittelbar auf den vertrag des panegyricns anoh die
belohnung dafür gefolgt sei, doch anch hier läazt sidi der swischen-
ranm nur nach monaten , nicht nach jähren berechnen.
2) der gegenständ, welchen der Verfasser des genethliacus in
den mittelpunkt seiner ganzen rede stellt, ist die zntammenkanft
der beiden kaiser in Mailand, schon hieraas liesze sich schlieszeni
dasz sie nicht sehr weit zurücklag , auch wenn es nicht ansdraoklich
gesagt wäre {nuper III 2 ; proDime TU 8). diese begegnnng aber
hatte bereits stattgefunden, als 11 gehalten wurde." wir sind also
gezwungen die reden möglichst nah an einander zu rflcken. wenn III
nicht früher vorgetragen sein kann als im herbst 290**, so doch auch
gewis nicht später; wenn 11, wie dies im anfang der rede ausdrück-
lich gesagt wird, zur feier des naiaUs tirdis, dh. des 21 afril be-
stimmt war, so kann dies nur der des Jahres 289 gewesen sein, nicht
der vorhergehende.
In den engsten beziehungen zu den zwei eben besprochenen
reden steht der panegTricus auf Constantius (Y). der Verfasser des-
selben hatte im hofdienst gestanden und zwar in einer Stellung,
welche ihn an die person des kaisers fesselte und ihn zwang diesen
auf seinen feldzügen zu begleiten (Y 2). noch näher wird sein amt
dadurch bestimmt, dasz er sagt, von der schulberedsamkeit habe ihn
abgezogen inter adyta palaiii vestH älia quaedam sermonis arcani
ratio, also die leistungen, zu welchen er berufen war, stellten an-
sprüche an seinen stil (sermo), dies kann nur bedeuten, dasz er
^' dasz litterarische leistnng^en durch ämter und würden belohnt
werden, ist im vierten jh. etwaa ganz gewöhnliches, von vielen bei-
spielen seien nur einige angeführt: Sex. Aurelias Victor wird anmittel-
bar nach der publication seiner Caesarea zum consitlarie Pannoniae #e-
cundae gemacht (Amm. XXI 10, 6); Pacatas trägt 889 dem Tbeodosins
einen panegyricus vor und ist 890 proconsal von Africa; Sjmmachas
wird nach seinem ersten panegjricus auf Valentinian zum come» ernannt.
vgl. meine ausgäbe des Sjrmmachas 8. XLYII n, CXCIII und die recen-
sion von Peipers Ausonius in den Gott. gel. ans. 1887 8. 602. '* II 9
adeo numini illius simpiiciter amanterque ^ guicqtäd pro Mtce terris fecera»^
retulistiy cum ex diversa orbis parte coeuntee imdcta» dexteras coniuli$ti$r
adeo ßdum illud fuii fratemumque coUoquium, dasz die kaiser nicht zwei*
mal nach kurzer unterbrechang zusammengetroffen waren, londem data
die begegnung in Mailand ihr erstes wiedersehen seit der thronbestel-
gung des Maximianus war, ergibt der ganze inhalt des genethliacof.
^3 in der passio S* MarceUi (Acta Sanctomm ootober XIII 8. 381}
wird zwar der naialis dies imperaioris auf den 21 jali gesetzt; doch da-
der Verfasser dieser trüben quelle nicht einmal weisz, dasz beide her-
scher denselben geburtstag hatten — denn wüste er dies, so würde er
imperaiorum schreiben — so ist natürlich auch seinem datam nicht zu
trauen, wenn der panegyriker III 16 so ausführlich bei den guten
ernten verweilt, welche £e regierungszeit Maximians aaszeichneten, so
möchte man daraus schliessen, dasz er anter dem frischen eindraek der
neuesten ernte rede; dies würde auf den herbst passen.
718 OSeeck: studien zur geBchichte DiocletianB und Consta ntinB. I.
kaiserliche erlasse und briefe zu formulieren hatte , mit andern Wor-
ten, dasz er zu den geheimschreibern Maximians gehörte, von denen
einer der magister memoriae war. er erklftrt zum ausgangsponkt
seiner rede die thronbesteigung des Constantius zu wählen, obgleich
er dadurch gezwungen sei neben andern groszthaten der Augusti
auch den feldzug in Oermanien zu übergehen , dem er selbst infolge
seiner amtlichen Stellung beigewohnt habe. '^ die bekleidung der-
selben fiel also in die zeit vor der ernennung der beiden Caesarea
(1 märz 293). doch kann der hier erwähnte Oermanenkrieg nicht
identisch sein mit dem des j. 288, von welchem II 7 £f. und III 5. 7
die rede ist. denn der zug, welchen unser redner mitgemacht hatte,
war durch die gefangennähme eines feindlichen königs ausgezeichnet,
was in der recht ausführlichen darstellung , welche II 7 ff. von dem
ersten Rheinübergange Maximians gegeben wird, nicht verschwiegen
sein könnte, wenn ein so glänzender erfolg schon diesem kriege an-
gehört^ätte. überdies ist uns bezeugt, dasz Maximianus mehr als Ein-
mal das Alamannengebiet verwüstet hat'*', und da er nach der ein-
setzung des Constantius seine band fast ganz von Gallien abzog,
kann nicht blosz der erste dieser einfalle in die zeit vor 293 gehören.
wenn aber der feldzug, von welchem der panegyricus auf Constantius
spricht, in II und III noch nicht erwähnt ist, so folgt daraus, dasx er
später sein musz als diese beiden reden, dh. dasz er in die jähre 291
oder 292 fiel, mithin gehört das hofamt des Verfassers von Y in
ganz dieselbe zeit, in welcher der von II und III sein magisterium
memoriae bekleidete.
Jener war lehrer der rhetorik gewesen'*, als ihm durch Ver-
mittlung des Constantius, der damals noch privatmann war, ver-
stattet wurde vor Maximianus zu reden, und dieser anspräche an den
kaiser hatte er es zu danken gehabt, dasz er aus seiner dunkelheit
herausgerissen wurde. '^ der gegenständ dieses glückbringenden
panegyricus waren die ersten thaten der beiden Augusti gewesen,
durch welche sie die Wiedergeburt des reiches einleiteten.*' diese
^^ y 2 quamquam multa mihi ex Ulis quoque hoc in tempore weeeMMorio
tratueunda $unt ac poUssimum ea, quibtu officio deiati niki a dimnitmie
ve$ira honoris interfui, captus scUicet rex ferocissimae naiioms inter ip$m
quas moliebatur insidias et a ponte Rheni usque ad Danwrii trtmsitum vim-
ttensem deusta atque exhausta penitus Alamannia: nam et maiora sunt ffuam
ut enarrari inter alia jfossint^ ety ne meis quoque stipendüs videar gloHmri,
sufflcit conscientiae meae iUa Misse, det igitur nähii Caesar imriete^ kodUmme
gratulationis exordium divinus ille vestrae maiestatis ortus, '* VI 8 kuims
cum fratre rursus ac saepius expeditionibus domita Oerwunäa, V 10 turne
vero toto orbe terrarum non modo^ qua Romanus fuerat, virtuie vestrm recepio^
sed etiam^ qua hostiliSy edomito^ cum totiens proeuleata esset Almmamäm. usw.
'* y 1 cum in cotidiana iüa instituendae iuventutis exereUaÜome wersmrtr*
^' V 1 praesertim cum favente numine tuo ipse ille imm pridem mM,
qui me im lucem primus eduxit^ divinarum patrts tut mnium aäkms
evenerU, >^ y 1 prima tunc in renaseentem rem pubHeam patris me
palrui tui merita^ licet dicendo aequare non possem, possem tmmen recem*
sere enumerando.
OSeeck: Btndien zur geschjchte DiocletiaiiB und Coustantins. I. 719
inhalteangabe passt durchaus auf die rede vom j. 389, und diiaz auch
diese ihren Verfasser von seiner frühem nledrigkeit zu einem ansehn-
lichen hofamt emporgehoben hatte, ist schon oben gezeigt worden,
nach diesem allem kann es wohl nicht mehr zweifelhaft sein, dasz die
drei besprochenen reden von demselben manne gehalten sind.
Delsz dieser Gallier war, gebt schon ans dem zweiten und dritten
panegyricua hervor; im fünften redet er zum Caegar im namen von
Augustodunum ", und damit ist auch seine Vaterstadt gegeben, denn
dasz die Äeduer einen fremden zu ihrem Sprecher erwählt hätten,
während doch einer der glUnzendsten redner jener ganzen zeit ihr
mitbUrger war, liegt auszer aller Wahrscheinlichkeit, wie man sieht,
hört jetzt auch unser panegyriker auf anonym zu sein, denn einen
Aedner, der in den engsten beziebungen ^u Constantius ataud, der
zuerst lebrer der rbetorik'", dann magister memoriae gewesen war",
kennen wir ja auch mit namen. er wird in dem briefe des Con-
stantius, den er selbst seiner rede pro resiaurandis scholis einverleibt
hat (IV 14), Eumenius angeredet, dasz dieselbe stadt, welche nicht
Bu den bedeutendsten ihrer provinz gehörte und gerade damals halb
zerstört und entvölkert war, gleichieitig zwei hoch angesehene redner
hervorgebracht und beide sich noch dazu in ganz denselben pri-
vaten und öffentlichen Stellungen erprobt haben sollten, ist zu un-
wahrecbeinlich , als dasz wir es ohne die triftigsten gründe glauben
könnten, prüfen wir also, was SBrandt'Eumenius von Augustodunum
und die ihm zugeschriebenen reden' {Freiburg i. B. 1882)", der zu-
erst gegen die Identität der Verfasser von lY und Y aufgetreten ist,
für seine ansiebt geltend macht;
1) während der Verfasser von V vorber schon -iwei panegyriken
gehalten hatte , soll Eumenius vor der rede pro reslaurandis scholis
'noch nie üffentÜeh aufgetreten' sein (s. 6). das steht in der von
Brandt angeführten stelle IV 1^3 nicht, der redner sagt hier nur,
dasz er noch niemals auf dem forum gesprochen habe, db. dasz
ihm die contentiöse beredsamkeit des advocaten fremd sei." sein
genns ist eben das epideiktische, das ebenso im panegyricua wie in
den declamationen der schulstube anwendung fand, dasz er auch in
der erstem dieser beiden gattungen leistungen aufzuweisen hatte,
die als vorbildlich galten, deutet er selber an: lY 10 ibi adtdescentes
" V Sl giiin etiam iUa, caius nonäne mihi peciiliariier grahilanduia,
devotislima vobiM ciiiilai Aeduorum naw. '" IV H ut profttsionem oraloriam
repelai. 15 meiu ex olio iaceni ad prisUnes orte» animus attolS. S ad
pritlina mea studio. " IV II irecena lila teitertia, quae tacrae vtenat-
Tiae magiiler aceeperam. vgl. IV 6. " die disaertation vdd HSachs 'de
quattuor pancgyricis qui ab Eumenio acriptt sBse diuaatur' (Halle 1S35]
zeugt von xa gpurioger keuDtnia der DioclatiaDiach-CaDBtnntinisvbeD xeU,
als dasz es lolinte «is im einzelnea lu widerlegen. " vgl. namentlioli
IV 3 guamguam in hoc orollone, vir perftctissime, loci lanlummodo ituoifnlia,
»OK dicendi iiovitafe perturber, liquidem id poilulo, guod non modo cunlra-
dieendo nemo audeal impedire, stä omne» poliia , , nanmo gaudio et
A
720 OSeeck: Studien zur geschicbte Diocletians und Constantins. L
optimi discant, nöbis qttasi soUemne Carmen praefantibus^ maxi$nofum
principum facta ceUbrare,
2) EumeniuB soll unter Constantius magister memoriae gewesen
sein und sein amt erst niedergelegt haben, als er die leiinng der
augustodunensiscben rhetorenscbule von neuem übernahm, beides
würde freilich auf den Verfasser unserer drei panegyriken nicht passen^
doch beruht es nur auf einer falschen interpretation des kaiserlichen
erlasses , der in der rede pro restauranfiis scholis mitgeteilt ist. der-
selbe lautet (lY 1 4) : merentur et GaUi nostri^ ut earum liberis, guorum
vüa in ÄugustodtmensiiMn oppido ingenuis artibus erudiiur^ et tpai
adfdescentes j qui hüaro cansensu meum Constantii Caesaris ex BMa
revertentis suscepere comitatum, ut earum indoli consulere cupiamtia.
proinde quod aliud praemium his quam iUud conferre dehemus^ guod
nee dare potest nee eripere fortuna? unde auditario huic^ quod vidäur
interüu praeceptoris orhatum^ tepotissimumpraeficere debuimus^ cuius
etoquentiam et gravUatem tAorum ex actus nostri hahemus admimstfu-
iione compertam. säko igUur privüegio dignüatis tuae horiamur, ut
professionem oratoriam repefas atque in supra dida dviiaie^ quam non
ignoras nos ad pri$tinam gloriam reformare, ad vitae mdioris Studium
adulescentium excolas mentes, nee putes hoc munere antepartis aUquid
tuis honoribus derogari^ cum honesta professio omä potius omnem
quam destruat dignitatem. denique etiam salarium te in sepccenis müi-
bus nummum ex reipublicae viribus consequi völumus^ ut inteMegas^
meritis tuis (^non vulgare laboris pr^etium** nostram constUuere
clementiam. vale^ Eumeni carissime nobis.
Man hält dies Schriftstück für einen brief des Constantios. tbat«
sächlich gewis mit recht; doch officiell galt es, wie jedes decret jener
zeit, als von allen vier kaisem erlassen, und die jetzt verlorene Über-
schrift zeigte ihrer aller namen in der aus den rechtsbflebem wohl-
bekannten form : Impp. Diodäianus et Maximianus Äugg.et Constan-
tius et Maximianus nob. Caess, Eumenio ex magistro memoriae. daher
kommt es auch dasz , während sonst die Schreiber immer im plural
von sich reden, Constantius, wo er von seinen besondem erlebnissen
spricht, plötzlich in den singular überspringt und seinen namsa hin-
zufügt, damit man wisse, welche von den vier in der Überschrift ge-
nannten personen gemeint sei.*^ wenn also das amt des Eumenins
als actus nostri (nicht mei) administratio bezeichnet ist, so läszt sich
daraus in keiner weise schlieszen, an welches kaisers hofe es ver-
'^ die lücke (i^laube ich dem sinne, wenn- auch Tielletcht nicht dem
wortlnate nach richtig ausgefüllt eu haben, die hat. bieten etiam uXmXX
pretium. '^ qui hilaro consenau meum Conittantii Cae9ari» ex itmHm
revertentis $u»cepere comitatum, den namen eu tilgen ist natürlich nicht
der geringfito gnind: denn stilistische Unebenheiten kommen in den
decreten jener Eeit so häufig vor, dass sie niemals eine ttndttmiig
rechtfertigen können, ganz ähnlich heiszt es auch in dem kaiaerlicben
briefe bei Augustinus contra Crenc. III 70, 81 ■■ episL 86, 4, der Bit
den nHmen des Constantinus und Licinius tiberücbrieben ist: unde «oAnnit
eundem ipgttm Ingentium sub idonea persecutione ad comiiatum mewm CSra-
etantini Augusti mUtas.
OSeeck: Studien zur geschichte Diodetians und Conatantiiw. L 721
waltet wurde.'' wohl aber geht dies aua einer andern stelle hervor,
die freilich in der ausgäbe von Baehrens durch eine nnglttekliohe oon-
jectur bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist. nach der hsLiesung sagt
der redner lY 6 von Constantius : qui hanarem Uüeroftim hoc gwh
que dignatione cumuZatn^, uJt me ßk> jpcHus meo ad prisHma mm
Stildia adüum moUentem ipaum iusaerü disdpUnas artis araiariae
retractare et hoc ipsi palatio parenti$ sui mtmus HwexerU, ui
mediocrem quidem pro ingenio meo nakiraque pocem^ cadestia (amen
verha et divina sensa principum proloofäam^ ab arcama Ba^orum
penärcdium ad privata Musarum aäyta iranstvHent» indem Oon^
stantius seinen Schützling zum leiter einer schule macht , hat er das
amt des rhetors in das hofgesinde seines vaters hineingetragen.
Eumenius war also bei Mazimianus magister memoriae^ wie auch
der Verfasser der drei andern reden. "^
Dasz er den hofdienst nicht frtüier verlassen habe^ als bis er
seine lebrtbätigkeit wieder aufnahm, ist nirgend beglaubigt« so viel
ich sehen kann, stützt es sich nur auf folgende stelle des kaiser-
lichen erlasses: salvo igOur privüegio dignUatis tuae hartamurj ui
professionem oratoriam repetas. doch diese werte sagen dorohans
nicht, was man in sie hineinlesen wilL wer ein amt erlangt hatte,
der behielt die würde desselben bei, auch nachdem er sich ins privat*
leben zurückgezogen hatte, dies privüegium dignUaHa konnte nur
erlöschen, wenn man später in eine niedrigere Stellung eintrat , wie
Eumenius zu thun im begriffe war.*" wenn also die kaiser decre-
tieren, dasz er auch als municipaler rhetor alle ehrenrechte des
magister memoriae ungeschmälert bewahren solle, so folgt daraus
nur, dasz er zur zeit des erlasses noch die würde des amtes, nicht
dasz er das amt selbst besasz.
IV 15 sagt der redner mit bezug auf jenes decret: Uanonvide-
tur tihij vir perfeäissime, hac tantomm principum exhortaüone non
solum metis ex otio iacens adpristinas artes animus odMU^ verum
etiam ipsi quodammodo veterum schölarum paHetes et teäa cemmr-
gere? nie und nimmer hat ein römischer schriftsteiler die zeit, in
welcher er ein staatsamt bekleidete, oHum genannt, als Eumenius
den fraglichen erlasz empfieng, musz er also nicht nur Privatmann
gewesen sein , sondern auch schon seit recht langer zeit sein amt
niedergelegt haben, da man von einer kurzen musze unmöglich
sagen kann, dasz sie die geisteskräfbe abstumpfe {meus ex otio iacens
'^ ganz entsprechend sagt der verfaMer des panegjricus auf Con«
stantias (V 1), er habe inier adyta pälatU vetlri sein amt bekleidet, ob-
gleich er weder bei dem angeredeten noch auch nur in der zeit, wo
dieser bereits kaiser geworden war, im hofdienst geftanden hatte.
'^ die bedeutang jener stelle hat schon Brandt, ohne sich durch die
sohlimmbesserung von Baehrens irre machen zu lassen f richtig gewür-
digt, aber nicht daraus die erforderlichen conseqaenzen gezogen.
^^ IV 6 non utique guia nuM . . vellet aliquid imposUa isla profeuione de'
trahere^ sed ut profes9ioni ipsi ex eo honore^ quem geui, adderet digtä'
taiem.
722 OSecck: studien zur geschichte Diocletians und Conataniiiu. L
animus). wenn also der panegjricus auf Constantius bericbiet, dasz
sein Verfasser, seitdem er den Staatsdienst verlassen hatte, ohne be-
schftftigung mit oratorischen Übungen auf dem lande gelebt habe**,
so kann auch dies sehr gut auf Eumenius pausen ; nur setzt es voraus,
dasz jene rede vor seine emennung zum leiter der schule, also auch
vor die oratio pro restaurandis scholis fUllt, und so viel ich sehe, steht
dieser annähme kein ernstliches hindemis im wege.
In IV ist von dem Perserkriege des j. 297 bereits die rede**, in
V noch nicht, nach Brandt weisz der redner dort erst von dem an-
fang des kampfes, hier bereits von der ersten niederlage; er ver-
meidet es daher absichtlich, nicht nur von dem kriege, Sondern auch
von dem schimpflich besiegten Galerius zu reden." wenn dies rich-
tig wftre, so hfttte er, wie mich dünkt, ein noch tieferes stillschwei-
gen über die Perser beobachten müssen, statt dessen spricht er von
dem vertrage, den sie 288 mit Diocletian geschlossen hatten (V 3),
und von ihrer gesandtschaft , die bei dieser gelegenheit dem kaiser
geschenke überbrachte (V 10), ganz ungescheut. nicht mit ^inem
Worte wird angedeutet, dasz jener gebrochen, der freundliche ver-
kehr in feindschaft übergegangen sei. von Galerius wird geredet,
wo von ihm geredet werden muste, bei seiner ernennung zum Caesar
(V 3. 4). dasz sonst über seine thaten geschwiegen werde, halte ich
nicht einmal für richtig : denn die V 5 erwähnten Sarmatensiege ge-
hörten sieber wenigstens zum teil ihm an.'' aber selbst wenn es der
fall wäre, so würde sich daraus nur ergeben, dasz von hervorragen-
den leistungen des Caesar in Gallien noch nichts bekannt war. wäre
der panegyricus ihm gehalten, so hätte der redner natürlich des
rühmenswerten die fülle an ihm entdecken müssen; bei dem ge-
gebenen anlasz dagegen , wo selbst die Augusti hinter Constantios
>' V 1 sed cum et ine ex illo vetere currictäo aui inier adyta pälmHi
vestri alia quaedam sermonis arcani ratio demoverit aui po9i indmltam a
pietate vestra quietem studiutn rurii abduxerit usw. ^ IV 81 omI te,
Maxindane Caesar^ Persicos arcus pharetrasque calcaniem, '* t. 88 'lo
fehlt in der aufzählunff der thaten der nerscher jede beziehnng auf
Galerius, ja sogar c. 21 bei der namentlichen anrafung der regenten
wird er ganz übergangen.' die angeführte stelle lautet: Uaqme tiaiti
pridem tuo, Diocletiane Auguate^ iussu implevit deserta Thraeiae trmmtimHi
incolis Asiuy sicut posiea tuo, Maximiane Auguste^ nutu Nerviomm ei 7Ve-
virorum arva iacentia Laeius poslliminio restilutus et receptuM in lege*
Francus excoluit: ita nunc per vietorias (uas, Constanti Caesar inviete^
quidquid infrequens Ämbiano et Bellovaco et Tricassino soto Lingonieofue
restahat, barbaro culiore revirescit. die regenten werden hier nur uament-
lich angenifen, innofern sie barbaren auf römischen boden verpflanzt
hatten; wenn also Galerius hierzu noch keine gelegenheit gehabt hatte,
was bei der kurzen dauer seiner regierung sehr wahrscheinlich ist, so
konnte er in diesem zusammenhange gar nicht genannt werden, iiir
annähme irgend eines hintergedankens bietet mithin diese stelle am
wenigsten grund. '* bei Lactsntius de mort. per$, 18 sagt Galerius
im j. 805: iam fiuxisie annos duodecim^ ex quo in IHyriemn vei ad rtpmm
Danuvii relegatus cum geniibug barbaris iuctaretur. andere beweise irerden
in den spätem Untersuchungen gegeben werden.
OSeeck : studien zur geschichte DiocleüuiB und Conttantiiit. L 728
zurücktreten musten, lag gar kein gnind vor die geheimMi yerdieiiflte
seines nebenbnhlers an das licht za ziehen, alle anzeichen weisen also
darauf hin, dasz der panegyriker nicht nnr von der niederlege niefat
unterrichtet ist, sondern dasz nadh seiner ansieht die BOmer mit ihren
östlichen grenznachbam noch im schönsten frieden leben« freilieh
kann diese ansieht eine falsche gewesen sein: denn da nachrichten
aus dem fernen Orient gewis monate brauchten, ehe sie nadb Oallien
gelangten, so kann in Mesopotamien Iftngst der kämpf getobt haben^
ehe Eumenius auch nur von der kriegserUftrung ein wort erfuhr.
Die erwäbnung des Perserkri^es ist übrigens nicht das einzige
kennzeichen dafür, dasz die rede pro restaturandis sakoUs die jüngere
ist. sie kennt bereits niederlegen der Mauren, wenngleichder kämpf
gegen sie noch nicht beendet ist**; dagegen sagt der panegjricus
auf Constantius über denselben gegenständ (V 6): reservekir mmtUs
iam iamque venientihus Mauris immisia vastatio. Maximianos
ist also zwar schon nach Africa abgegangen, aber die ersten nach-
richten von seinen erfolgen werden erst erwartet; mithin kann der
krieg kaum begonnen haben.
Seit Tillemont pflegt man anzunehmen, der fünfte panegyricus
feiere die quinquennalien der Caesarea. xUes ist nirgend angedeutet^
und doch hätte es der redner nach dem ganzen zusammenhange
seines Vortrags notwendig sagen müssen, wenn es der fisll w&re.
er preist den ersten mftrz als den tag der thronbesteigung mit hohen
Worten, aber dasz er an eben diesem tage seine rede halte, verschweigt
er. er erklärt dasz er mit der erhebung der Caesares beginnen wolle,
aber er hält es für erforderlich, dies mit der Überfülle des Stoffes zu
entschuldigen, welche ihm nicht gestatte auch die vorhergehenden
thaten der Augusti mit heranzuziehen, wäre dies nicht abgeschmackt,
wenn die Wiederkehr des tages ; den er zum ausgangspunkte seiner
rede nimt, eben gefeiert würde? noch weniger entspricht diesem
anlasz die Situation, in welcher er sich den Constantius als hörer
seines panegyricus denkt, er sagt nemlich V 4: habenda ratio est
iemporiSy Caesare st ante dum loquimur. meines erachtens ist es ganz
undenkbar , dasz der kaiser seiner quinquennalienfeier stehend prft*
sidiert habe.
In dem erlasz, den wir oben haben abdrucken lassen, sagt Con-
stantius selbst, dasz er kürzlich aus Italien zurückgekehrt sei. längst
hat man vermutet, dasz er dorthin gegangen sei; um mit Mazi-
mianus vor dessen überfahrt nach Africa noch einmal zusammen-
zutreffen und die Verwaltung Italiens, welche von jenseit des meeres
aus nicht wohl zu führen war, aus seinen bänden zu übernehmen.
danach müste seine rückkehr nach Ghillien auf die einschiffung des
Augustus sehr bald gefolgt sein, also genau in die zeit üftllen, in wel-
cher der fünfte panegyricus gehalten ist. nach demselben erlasz
war die Jugend von Augustodunum dem Caesar ehtgegengezogen
^3 IV 21 te, Maximiane invicie, percuUa Maurorum agmina futminmUenu
724 OSeeck: Studien zur geschiclite Diocletians und Constantini. I.
und hatte sein geleit übernommen, dasz die begrüszong des her-
schers nicht ohne festrede abgegangen ist, versteht sich Ton selbat,
nnd derjenige, welcher V vortrug, sprach, wie er selbst sagt(V 21),
im namen der Augustodunenser. die Schlüsse , welche sieh hierant
von selbst ergeben , werden noch durch den schon oben erwihnten
umstand unterstützt; dasz der kaiser seinen lobredner stehend an-
hörte, dies begreift sich wohl , wenn er eben unterwegs war oder
auch in eine stadt einzog, als ihm das festgeleite der dankbaren
Aeduer entgegenkam, nicht aber wenn der panegjricus bei einer
regelmäszig wiederl^ehrenden und nach festem programm verlaufen-
den feier ^ehalten wurde.
Der Maurenkrieg begann im j. 297; dasz Mazimianns sich und
sein beer nicht früher eingeschifft hat , als bis das meer sicher war,
versteht sich von selbst : danach musz die lobrede auf Gonstantias
anfang sommer 297 gehalten sein, die rede pro restaurandis sdioUs
folgte ihr wahrscheinlich einige monate später ; genaueres läazt sich
über ihre zeit nicht sagen. *^
Der beweis, dasz alle vier bisher erörterten reden denselben
Verfasser haben , bedarf, wie mich dünkt, keiner Vervollständigung,
oder sollen wir etwa dabei verweilen , dasz Eumenins , wie Brandt
will, ^dem Charakter nach' weit über den andern rednem stehe, dass
er von ihren 'geschmacklosen huldigungen nnd schranzenhaften
Schmeicheleien' frei sei? die rede pro restaurandia scholis ist zu-
fällig die einzige der ganzen samlung, welche kein panegyricas ist;
dasz sie minder panegyrisch klingt als die übrigen, liegt also in der
natur der sache. gewis gefällt uns der mann , welcher aof sein ge-
halt zu gunsten seiner Vaterstadt verzichtet'^, sehr viel besser als
derjenige, welcher an den kaisem alles lobt, was zu loben oder auch
nicht zu loben ist; doch dies hindert keineswegs, dasz sie beide die-
selbe person sind, servilismus war eben damals nicht das characte-
risticum einzelner besonders verdorbener menschen, sondern die
Signatur der ganzen zeit, deren Stempel auch die besten trugen.
Doch gehen wir weiter, auch der Verfasser des siebenten panegyricoa
ist ein Augustodunenser (VII 22) ; auch er hat im hofdienst gestanden"*;
'^ wo Brandt in V nacbahmnnf; von IV entdecken will, da können
wir weiter nichts sehen aU den fl^leicben (;edanken|rang nnd die glei-
chen floBkeln. da beide reden von demselben Verfasser herrühren, so
sind diese Übereinstimmungen durchaus nicht auffallend. '^ dieses
gehalt war Ubrigeus nicht so hoch, wie die siffer von 600000 sestenen
SU glauben verleitet, wir wissen jetxt aus dem nenentdeckten fragment
des preisedirts (bull, de corr. hellten. IX s. 231), dasi 60000 denare oder
200000 sesterzen einem pfund gold an wert gleichkamen, mithin betrug
das jahrgeld des Eumenius nur drei pfund gold oder 2740 mark denttcher
Währung. '* VII 28 hanc meam qualemcunque vocem dmeraü oiti ti
palatii offlciu exercitam, Baehrens hat fori für olii geschrieben nnd da-
durch den Eumenius auch in die advocatenthätigkeit eingeführt, die
dieser selbst IV 1 ff. höchst energisch von sich ablehnt, eine ftnderang
des überlieferten textes ist ganz überflüssig, das otium steht hier im
gegensatie znm hofdienst (palaiii) nnd bedeutet folglieh nicht nnthitig-
OSeeck : studien zur geschichte DiodetiaiiB und Constantma. L 781
auch er ist als lehrer der rhetorik thfttig.'' eft ist also s weifellos der
wohlbekannte leiter der schale tob Angnstodnnnm: denn daez diese
für dasselbe fach noch einen zweiten lehrer gehabt hftttai ist ebenso
unwahrscheinlich wie unbeglaabigt aaoh das alter des sohnes, von
dem der redner spricht, passt zn dieser annähme, zur zeit der oroM
pro restaurandis ackoUs war jener eben so weit herangereift, dasz er
daran denken konnte als rhetor aoÜEutreteo.'^ seitdem sind etwa
dreizehn jähre verflossen, nnd der gnt empfohlene jnnge mann
ist unterdessen zur höchsten sta&l der advocatenlaafbahn empor-
gestiegen. ~
Die achte rede ist im namen der Angnstodnnenser an Constan-
tinus gehalten , um ihm den dank der Stadt für die ihr erwiesenen
wohlthaten auszusprechen, ihr ver&sser bezeichnet sich gleich&Us
als lehrer der beredsamkeit.^ dasz die decarionen der Aedaer, wenn
sie eine gesandtschaft an den kaiser za sd^^ckea hatten, dei^jenigen
ihrer mitbttrger zum führer derselben erw&hlten, weicher dorch seinen
rhetorenruhm, die hohe wfirde des von ihm bekleideten Staatsamtes,
endlich durch seine persönliche stellang zum Täter Gonstantins Tor
allen andern als der geeignete erscheinen moste, ist doeh mehr als
wahrscheinlich.
Also bei sechs reden Ton den acht, welche die zweite hftlfte des
Mainzer sammelcodex bildeten, läszt es sich mit Sicherheit nachweiseni
dasz sie dem Eumenius angehören, wenn dies bei den zwei flbrig-
bleibenden (VI und IX) nicht möglich ist, so liegt das nur daran,
dasz ihr Verfasser über seine persönlichen Verhältnisse gar keine an*
deutung macht, nur im eingange von IX wird gesagt, dasz der
redner schon vorher mehrere panegyriken auf Constantinus gehalten
babe^^ was auf Eumenius passen würde, doch dies ist unwesent-
lich : denn wenn der zweite teil des Maguntinus eine einheitliche, von
dem übrigen inhalt der hs. gesonderte samlung bildete und Ton
dieser drei viertel sich demselben Tcrfasser zuweisen lassen, so ist
damit doch auch der beweis erbracht, dasz der zweck de^'enigen,
welcher die samlung veranstaltete, kein anderer gewesen sein kann
keit, sondern nnr, wie nnzäblige male bei Cicero ua., freiheit von staats-
männischer beschäftigung. otii offida sind also die pflichten des Privat-
lebens, nnter denen selbst die rhetorische lehrthfttigkeit, insofern diese
nur municipal, nicht staatlich war, mit inbegriffen sein kann.
^^ VII 28 ceterum quod de omnüfu» Uberis dbH^ lata est, imperatcft^
amhitio, praeter illos enim quinque, quos genuin etiam iüos quaH meoi
numeroy quos provexi ad iutelam fori 9 ad offida palaÜL multi qidppe ex
me rivi non ignobiles fluuntj multi 9eetaiore$ mei etiam provindat tua» ad-
ministrant, ^^ IV 6 me ßio potiu$ meo ad pristina mea studia aäUum
molientem. ^^ VII 23 commendo Hberos meos praedpueque Ühm iam
summa fisci patrodma tractantem. vgl. Herrlich 'de aerario et fiseo Bo-
manorum' (Berlin 1878). *^ VIU 1 ui estem iam non privaü studä
litterarum^ sed publicae gratulationis orator, ^' IX 1 näi nefat ene
ducerem et commissi cuiusdam sacrilegii retigionem vererer^ diti^ qui semper
res a numine tuo gestas praedicare solitui esiem, haee tanio
maiora pristinis silentio praeterirem.
728 F Walter: zu Tacitus annalen.
^otoe (idesse exüium canebant . . consanuisse ulülatilms theatrum visam-
que speciem in aestuario Tamesae sübversae cöloniae: tarn Oceanus
cruento aspeäu i sie lahente aestu humanorum oarpontm effigies
rdiäae ut Britannis ad spem^ ita veter anis ad tnetum irahebantur.
statt sie schreibe ich mit sehr einfacher ändemng a c und flbersetze :
'auch das blutige aussehen des Oceanus und den umstand dasz, wenn
die flut sank, menschliche leichen zurückzubleiben schienen, deuteten
die Britannier als hoffnungsreiches, die Veteranen als schlimmes Yor-
zeichen/ ganz ähnlich ist die construction II 1 inridebantur et
Graeci comites ac vüissima utensüium antdo dausa (und der brauch
dasz . .); vgl. hist, TL bl prosperas apud Bedriacum res ac morte
Othonis conddisse hellum accepU, statt sie lahente schrieb ua. Lipsina
dHabente, Fröhlich et relahente.
XIV 42 Pedanium Secundum servtM ipsius interfecU . . cum
vetere ex more famüiam omnem, quae sub eodem iedo mansUaverat^
ad supplicium agi oporterety concursu plebis^ quae tot innoxiospro*
tegebaty usque ad seditionem ventum est senatusque f in quo ipso erant
studio nimiam severitatem aspemantium, plurtbus nihümutandum
censentibus. an dieser stelle fiel zweifellos das verbum, welches das
prädicat zu senatus bildete, aus, und es ist von vom herein wahr-
scheinlich , dasz eine abbreviatur des Wortes senatus den anlasz zur
corruptel gab ; nehmen wir nun an , es sei dieses in sen. abgekürzt
worden, so ergibt sich aus dem bleibenden atusque mit groszer leich-
tigkeit adUusque^ und die erklftrung der corruptel ist einfach diese:
ursprünglich hiesz es im texte senatusque aditus\ als dann ein
Schreiber senatus zu sen. abkürzte, hängte er que nicht an diese kfir-
zung, sondern an das folgende adüus^ schrieb also sen. adiiU8que\
hieraus entstand das corrupte senatusque. senatus aditus heiszt 'der
Senat wurde um eine entscheidung angegangen' (nemlich a plebe^
freilich nicht in freundlicher weise, wie c. 45 muUüudine saxa ac
faces minante lehrt) ; vgl. c. 43 saepenumero in hoc ordi$ie nUerfm^
cum . . nova senatus decreta postutarentur und XY 19 magna cum
invidia senatum adeunt^ wo in gleicher weise wie oben die per-
sönlichkeit derer, welche vom senat eine entscheidung erlangen
wollten , unbestimmt gelassen ist (Nipperdey nahm in der letzten
stelle irrtümlich vor magna eine lücke an), zu adire vgl. auch I 17
principem precibus vet armis adirent. Jacob schrieb senatusque cfh
sessuSy Heraus s. vocatus.
München. Friedrich Waltbb.
BESTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HBRAUSaEGEBEN VON AliFBED FlECKBIBKN.
95.
THEOGNIS VATERSTADT.
Theognis nennt sich selbst einen Megarer : S)be bk irfic TIC Ipct*
OeuTViböc dcTiv lnr\ toO Merap^uiC (y. 22 f.). aber aus welchem
Megara war er, dem nisttischen oder dem sikelischen?^ das war
schon im altertum streitig. Piaton, unser ttltester gewfthrsmann, der
sich viel mit Theognis beschttftigt hat, nennt den dichter TroXfiriv
1 GFUnger hat kürzlich (Philol. XLY 8. 18) die ansieht anf^stellt,
unser dichter sei in dem xwpiov MaxcöcviKÖv Megara geboren, das nach
Plutarch (Pyrrhoa 2) an der epeirotisch-makedonischen grenze gelegen
war und also wahrscheinlich identisch ist mit dem M^T^^pa ^v MoXoc-
ciöi, das von Stephanos aus Byzanz erwähnt wird, obgleich diese hjpo-
these kaum eine Widerlegung verdient, will ich doch die hauptpunkte,
die dagegen sprechen, hier kurz anführen : 1) wenn Theognis aof jener
obscuren K{Jj\xr] Megara stammte (und Städte gab es zu seiner leit im
inncrn Makedonien und Epeiros noch nicht), so konnte er sich dem
groszen hellenischen publicum gegenüber überhaupt nicht als Megarer
bezeichnen, sondern nur als Tjmphäer, oder wie sonst der volksstamm
hiesz, zu dem diese K{i)}xr] gehörte. 2) haben Makedonien, Epeiros nnd
das innere Thessalien im sechsten nnd selbst im fünftem jh. an der
litterarischen bewegung in Hellas noch keinen productiven anteil ge*
nommen ; es ist also nicht abzusehen, wie sie einen dichter wie Theognis
hätten hervorbringen sollen. 3) hat sich in Epeiros nnd Makedotüen«
wie bekannt, das alte königtum der heroischen zelten bis ins dritte
bzw. zweite jh. erhalten, und selbst in Thessalien ist die tjrannis erst
am ende des .fünften jh. aufgetreten. Theognis aber lebte in einer
aristokratischen republik, für die er die gefahr der tyrannis fürchtete«
Unger hat diesem einwände dadurch zu begegnen gesucht, dasz er be-
hauptet, Theognis sei ein fahrender Sänger gewesen, der in der fremde
die bekanntschaft des Kyrnos gemacht habe, das soll hervorgehen an«
den versen 1103 f. Oßpic xal MdTvr)Tac diTubXec€ icai KoXo9<irva Kai
C|iupvTiv' irdvTUJC, KOpv€, Kai Öfi^' diroXd. aber i)|ui|ui€, nicht d^fi€, mnste
der dichter hier sagen, da er selbst ja an dieser dßipiC, die er tadelt,
keinen anteil hatte; die verse beziehen sich auf die fraction, derKymos
angehörte und von der ihn der dichter abziehen möchte, an andera
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 11. 48
730 JBeloch: Theognis Vaterstadt.
TUJV dv CiKcXiqi McYCtp^iüV (Gesetze 1 630'), und diese ansiebt wurde
von vielen andern gelehrten geteilt (Harpokration u. O^oifVic). da-
gegen trat Didjmos für das nisäiscbe Megara ein (schol. zu der ange-
führten stelle der Gesetze) , und Harpokration verteidigt diese mei-
nung mit berufung auf v. 783 ff. unserer Theognidea:
fjXGov jifev Tctp fYW)Y€ Kttl elc CiKeXriv ttotc TOiav,
fjXGov b' 6ußoiiic djLiTreXöev irebiov
CirapTTiv t' EupuüTa bovaKOTpöcpou dYXaöv äcTu •
Ktti ix' ^(piXeuv Trpocppövuic irdviec ^irepxöjievov •
dXX' oÖTic MOi T^pipic ^ttI cpp^vac fjXOev ^KeiviüV.
oÖTUJC oubfev dp' fjv (plXiepov dXXo irdipTic.
und die neuem haben sich dieser auffassung fast ausnahmslos an-
geschlossen.
Aber so einfach liegt die sache denn doch nicht, welche garantie
haben wir denn, dasz die angeführten verse wirklich von Theognis
sind? unsere Theognidea enthalten ja stellen aus andern elegikem
in menge, wie selbst wir in vielen fällen noch nachweisen können,
obgleich wir doch nur dürftige trümmer der griechischen elegie be-
sitzen, ist es da nicht im höchsten grade wahrscheinlich, dasz sich
noch sehr viel anderes fremdes gut darin verbirgt ? erster grand-
satz aller Theogniskritik musz es also sein, kein stück ohne weiteres
für Theognideisch zu halten, dem die ccppriYic fehlt, wie der dichter
sich ausdrückt, der name des Kyrnos. damit ist natürlich noch nicht
gesagt, dasz alle übrigen teile der Theognidea dem Theognis abza-
sprechen seien; aber es musz erst in jedem einzelnen falle bewiesen
werden, dasz solche verse unserm dichter gehören, ein solcher be-
weis ist aber für die eben angeführte stelle in keiner weise zu führen,
im gegentcil : mir scheint es dasz die verse mit ihrem sentimentalen
ton viel eher für einen fahrenden sftnger passen, wie etwa Xenc^
phanes, der in der fremde rühm und ehre gefunden, als für einen
politischen flüchtling. auch dasz Piaton Theognis fttr einen 8ike-
lioten gebalten hat, könnte man als beweis gegen die echtheit der
verse anführen : denn er kannte seinen Theognis, und was ein Didy-
mos und Harpokration gesehen haben, hätte er wohl auch gesehen.
jedenfalls wird man zugeben, dasz unsere stelle bei ihrer zweifel-
haften echtbeit kein hindernis bildet für die annähme, Theognis sei
ein Sikeliote gewesen, falls andere gründe diese annähme wahr-
scheinlich oder notwendig machen sollten.
Allerdings gibt es noch eine andere stelle unserer Theognidea,
die für die herkunft des dichters aus dem nisäischen Megara geltend
stellen bezeichnet er die Stadt des Kyrnos ausdrücklich als 'nnsere'
Stadt (zb. 30 f.). ich brauche hier wohl nicht die zahlreichen stellen
anzuführen, die beweisen dasz Theognis nn dem politischen leben dieser
Stadt lebhaften und bervorrafrendcn anteil nahm, was er weder alt
mutüke noch auch als eingebürgerter fremder hätte thun können, da-
nach wird CS nicht nötig sein auf den übrigen inhalt von Ung^rs aaf-
satz den lesern dieser Zeitschrift gegenüber einzugehen: fiVl t^oOkoc
'Ae/ivoTe.
JUeloch; Theognis Taterstadt,
731
gemacht werden kann: die bekannten versa 773 ff. <t>oiߣ ävoE, auröc
fikv ^ttüpTUicac TiöXiv ÖKpriv uaw- auch hier fehlt Kyrnos name,
und mu8Z fehlen, denn die verse sind offenbar aus einer spätem
lebensperiode als die KrTnos-eiegien ; dasz sie aber von Theognis
sind, halte Ich für unzweifelhaft, denn wir kennen keinen andern
megarischea elegiker; und in Megara und von einem Megarer sind
die verse geschrieben, aber das beweist doch nur, dasz Theognis im
Sommer 460 in dem nisäischen Megara lebte, und in dem sikelischea
Megara konnte er freilich um diese zeit nicht mehr leben: denn, wie
bekannt, ist dasselbe zwischen 485 und 482 von Gelon zerstört wor-
den, wir erfahren dasz es die megarisobe aristokratie gewesen war,
die an dem kriege die schuld trug (Herod. VIT 156). allerdings
Itesz der berscher von Syrakua sie nach dem siege diese feindselige
haltung nar in geringem masze entgelten; aber wenn er der masse
des megarischen adels verzieh, so musz er doch mit den fUbrem eine
ausnähme gema<;ht haben, und dasz Theognis, falls er aus dem sike-
lischen Megar^L war, zu diesen fuhrern gehört batj ist nach seiner
ganzen Stellung zur tyrannis sehr wahrscheinlich, und mochte ihm
Gelon verzeihen: dasz ein mann von so glUbendem tyronnenbasse
sich dazu hergegeben hätte, der unterthan des monarcbcn von Syra-
kus zu werden, ist schwer zu glauben, dann war aber überhaupt
seines bleibens in Sikelien nicht länger : denn dort gab es nichts als
tyrannen, UDd seit dem tage von Himera (461) war Gelons einflusz
allmächtig, also muste Theognis die heimatliche insel verlassen,
und da lag es ftlr ihn am nächsten, in der alten mutterstadt des
sikelischen Megara Zuflucht zu suchen, und bei den engen be-
ziehungeuj die in der griechischen weit dieser zeit zwischen colonie
und mutterstadt herschten, konnte Theognis diese sehr wohl als
finer^priv TToAiv bezeichnen; auch hindert nichts anzunehmen, dasz
die Megarer dem berühmten dichter, der im kämpf für die frelheit
die heimat verloren hatte, ihr bUrgerrecht verliehen haben, also
auch diese verse beweisen nichts gegen die sikeliache abkunft des
dichters.
Damit wfire nun eigentlich die sacbe erledigt, denn das Zeug-
nis Piatons wiegt so schwer, dasz nur entscheidende, aus dem werke
des dichter» seibat geschöpfte gegengrUude uns berechtigen würden
dasselbe zu verwerfen, nnd wie wir gesehen haben, ist nicht der
schatten eines solchen grnndea vorhanden, aber es läszt sieb , wie
ich meine, auch direct bis zur evidenz nachweisen, dasz Piaton im
rechte ist.
Theognis hat, wie sich aus den angeführten versen 773 fT. er-
gibt, noch den zug des Xerses gegen Hellas erloht.' er kann also
' auf 3ie nnterwerfilliK lonie:
die verse eicli uitltt bezielien: de
fuhr, auch der iag des Mardouioe,
kann schwerlich auf den
Datis freilich kern 490 Megara nahe gcaag, aber
darch Kjioa oder Dai
1 \fegara war damsls ii
ler ia im fernen Thrskie:
iefea eindnick gemacht haber
□ UDlernehmen galt
732 JBeloch: TheogniB Vaterstadt
kaum vor 550 geboren sein.' nun hat er die elegien an Eymos als
reifer mann gedichtet — wofür ich einen beweis wohl nic^t beiza-
bringen brauche — dh. frühestens ^nel mezzo del cammin di nostra
vita\ mit 35 jähren, vielleicht aber auch später, also sind diese
elegien jedenfalls nach 515 entstanden, ist es denn nun denkbar,
dasz damals im nisfiischen Megara zustände geherscht haben, wie sie
diese elegien voraussetzen ? Megara hatte ja seine grosze revolution,
sein 1789, schon am ende des siebenten jh. gehabt; die nivellienmg
der gesellschaft, die Zerstörung der adelsprivilegien, die ersetzung
der politischen rechte der geburt durch die des besitzes, das alles ist
bereits damals eingetreten, ein Jahrhundert ehe Theognis schrieb, der-
gleichen dinge macht keine reaction wieder rückgängig, nicht nur die
generation, der Theognis angehörte, sondern auch die vorhergehende
generation muste bereits in den neuen ideen erzogen sein, und
weiter: um 515 lag die tjrannis im griechischen mutterlande bereite
in den letzten zügen. in Eorinth, Sikyon, Epidauros, in Megara
selbst war sie seit lange gestürzt, in Athen wankte sie in allen
fugen, und da soll Theognis gefürchtet haben, dasz sie sich in
Megara noch einmal erheben könnte? es wäre leicht dies näher ans-
zuführen; ich denke es ist überflüssig.
Wie aber, wenn Theognis aus dem sikelischen Megara war?
Die politische entwicklung der sikelischen colonien ist lang-
samer gewesen , nicht als die des griechischen mutterlandes als
ganzen, aber doch als die entwicklung der Staaten am Isthmos. die
gründe dafür liegen auf der band, gerade in Theognis zeit, als die
tjrannis in den Isthmosstaaten bereits überwunden war, erreichte
sie in Sikelien den höhepunkt ihrer entwicklung. um 490 fällt der
beginn der socialen revolution in Syrakus, und es liegt in der natur
der Sache ; dasz sie auf das benachbarte Megara nicht ohne rück Wir-
kung bleiben konnte, revolutionen sind ansteckend wie epidemien.
hier haben wir genau den politischen hintergrund, den Theognis
elegien voraussetzen : den gegensatz zwischen dem besitzenden grund-
adel (den gamoren), dem der dichter selbst angehört, dem durch ge-
werbe und handel reichgewordenen bürgertum und dem landvolke
(den killikyriem, wie sie in Syrakus hieszen), das nach persönlicher
freiheit, nach bürgerlichen und politischen rechten strebt; und als
doch nur Eretria und Athen , nnd seine Streitkräfte waren nicht gross
genug, um im übrigen Griechenland ernste besorgnisse lienroriurafso.
Suidas angäbe über die lehenszeit des diehters X^TOVtbc £v Tl) vO'
öXu^1ndöl (544/40) ist wie fast alle ähnlichen angaben aus der altem
griechischen litteraturgcschichtc wortlos, da schon die Alexandriner
von Theognis leben nur wüsten, was in seineu gedichten atsnd. wi6
die zahlf die Suidas gibt, gewonnen ist, ob sie sich anf gebart oder
blute bezieht, kann uns hier gleichgültig sein.
' wenn die verse 767—768 von Theognis wären, so könnte die ge-
hurt des dichters kaum vor 520 gesetzt werden, und die Kymos-elegien
würden um 485 fallen; wahrscheinlich aber gehören jene Terse einess
andern elcgiker.
JBeloehi Theognis Tatestadt 783>
folge aller dieser wirren die tyrannis, die bald Sikelien eine neue
gestalt geben sollte.
Nocb ein anderer grund Iftszt sich gegen die herkonft nnseres
dichters aus dem nisäischen Megara anfuhren, es ist, wenn man will,
eine kleinigkeit, aber, wie es so zu gehen pflegt, sind es gerade die
folgenden verse (549 — 554) gewesen , die zuerst meinen glauben an
die harschende ansieht über Theognis heimat erschüttert haben:
ämreXoc ä90oTTOc TröXcjüiov iroXiibaKpuv Itctpci,
Kupv', diTÖ TiiXauT^oc (paiv6ji€voc CKOiiif)c.
dXX' tiTTToic SjißaXXe raxuiTT^pvotci xoXivoiJc*
bi^iüv T^p C9' ävbpulv ävTtdceiv boK^u).
QU TToXXöv TÖ M^CTitli* biaiTpif]Souci K^€u6ov,
ei |üif| iyi\v tviIi^tiv ^EaTrarAci 6eo(.
denn das griechische Megara hat so wenig wie der ganze Feloponhes
bis an das ende des jünften jh. eine reiterei unterhalten (vgl. zb.
Thuk. n 9, 3). hier also kOnnen diese verse nicht geschrieben sein,
da nun ein verbannter kaum die mittel haben konnte sich pferde za
halten, so müsten wir annehmen, dasz Theognis und Ejmos im solde
eines tjrannen gestanden hätten — denn sonst hielt in dieser zeit
niemand Söldner, und ich kann mir einen mann wie Theognis als
Söldner eines tyrannen nicht vorstellen, war der dichter dagegen
aus dem sikelischen Megara, so ist alles in Ordnung: denn in den
griechischen städten Sikeliens war die reiterei um 600 eine allgemein
verbreitete waffe.
Es ergibt sich demnach für Theognis etwa folgender lebenslauf.
da Megara um 483 zerstört wurde und Theognis zu dieser zeit oder
einige jähre vorher bereits ein einfluszreicher politiker und berühmter
dichter war, so wird seine gehurt etwa um 530 zu setzen sein, mög-
licher weise noch etwas früher, in Megara musz damals ein reiches
geistiges leben geherscht haben; hat doch die Stadt neben Theognis
der nation noch einen ihrer ersten dichter, Epicharmos, gegeben.
Theognis familie gehörte dem stand der gamoren an , und dadurch
bestimmte sich seine politische haltung in den kämpfen gegen den
aufstrebenden demos. der sieg der volkspartei war von einer neu-
verteilung der äcker begleitet, bei der Theognis einen teil seiner
väterlichen guter verlor (1197 ff. 345). das wird etwa um 490 ge-
schehen sein, zu der zeit als die killikTrier in Sjrakus die gamoren
vertrieben, dasz der dichter damals verbannt wurde, ergibt sich aus
den uns erhaltenen trümmem seiner elegien nicht; wohl aber, dasz
er eine zeit lang unter der neuen Ordnung in Megara lebte, nach der
Zerstörung der stadt durch Oelon wandte er sich, wie wir gesehen
haben, nach Griechenland, wo wir ihn 480 im nisäischen Megara
finden, seine weitem Schicksale kennen wir nicht; er hat eb^n im
alter zu dichten aufgehört.
BoM. Julius Bblooh.
734 ALudwicb: zum Homerisclien fiermeshymnos [v. 119 f.].
96.
ZUM HOMERISCHEN HERMESHYMNOS.
Von den fünfzig rindern, die Hermes dem Apollon gestohlen,
schlachtet er späterhin zwei, diesen letztem Vorgang soll der dichter
des Hermesh jmnos auf folgende weise ausgedrückt haben :
118 djicpoT^pac b* ^ttI vujia xaiiai ßdXe (pucioijücac*
dfKXivuüv b' dKiiXivbe bi' alujvac t€ xopricac*
?PTiw b' f pTOV Ö7Ta2l€ TajLiujv Kpea ttiovi brnütip.
trotz der offenbaren Verderbnisse in diesen werten ist der fortschritt
der handlung, die sie schildern ^ noch deutlich genug erkennbar:
Hermes wirft die rinder auf den rücken , versetzt ihnen den todes-
stosz, schneidet ihr fleisch in stücke und verrichtet eins nach dem
andern, im übrigen freilich ist unsere not grosz diesen wenigen
Worten gegenüber: denn weder vermögen wir uns mit ^tkXivuiv
ordentlich abzufinden, noch erfahren wir, warum der gott die bereits
getöteten rinder wälzt, noch können wir das sonderbare T€ hinter
hl* aiujvac, das allem anschein nach die participia dTicX(vu)V und
Toprjcac mit einander verbinden soll, in einklang bringen mit dem
sonstigen gebrauche dieser partikel. ^die hauptverderbnis' meint
GemoU ^musz in ^KuXivbe stecken : denn dTKXivuJV ist richtig.^ aber
dieses dYKXivuJV ist ja selber erst eine conjectur , gestützt auf Orph.
Argon. 314 Kai töt6 bf) KpavTfipa ßoujv TT€pi|ir|K€a raOpov cqpdZov,
dvaKXivac K€(paXf)V eic aiOepa biav: und wie wenig sie uns nützt,
geht schon daraus hervor, dasz GemoU nicht ein einziges der noch
übrigen sechs werte unangetastet gelassen hat, um sinn in den be-
züglichen vers hineinzubringen, nach ihm soll nemlich der dichter
für ^TKXivuiV V ^KuXivbe bi' aloivdc T€ xopricac etwa geschrieben
haben dTKXivuuv bk MivuvOa [so] tot' aiujv' ££eT6pT]cev. indessen
wollte man sich auch diese unstatthafte gewaltsamkeit gutwillig ge-
fallen lassen, so bliebe doch zum mindesten 6ins noch immer völlig
unaufgeklärt, nemlich gerade das von GemoU so energisch in schütz
genommene dvaKXiveiv (Tdc KecpaXdc eic Tf)V aiO^pa) bei den anf
dem rücken liegenden tieren. bei einem stiere, der noch anf
seinen vier beinen steht, ist es leicht erkl&rlich, wenn der scblächter
ihm den köpf nach hinten biegt (aucpueiv nennt es bekanntlich
Homer) , um ihm den todesstosz in die kehle zu versetzen , nicht so
bei einem stiere der auf dem rücken liegt: und schon darum, meine
ich, kann dyKXivuJV gewis nicht richtig sein, es mUste denn, was
GemoU doch nicht gewagt hat, überdies noch tm vuiTtt X^^^ ßdXe
jener conjectur zum opfer gebracht werden, auch d6n gedanken
finde ich wenig glücklich , hier das aiuüv' ^£6T6pT]C€V aus v. 42 ein-
zusetzen, dort (v. 42) bohrt Hermes mit dem meiszel das leben dh«
den sitz des lebens * aus der schildkrötenschale (die er leer machen
.— —•__^^^_^^_ •
* das lebendige fleisch im pegeiisatz su der toten schale, wie
man darauf vorfallen konnte aluiva v. 42 mit 'riickeomark' xa über-
ALudwieh: zum Homeriachea HermeshymnoB [v. 119 f.], 735
und dann zur ]yra umwandeln will) heraus, hier (v. 119) bohrt er
das Bchlachtmesser den rindern inii leben dh. in den sitz des tebens
hinein, nud herauszubohren gibt es bei diesem todesstreiche nichts.
Darin stimme ich allerdings mit Gemoll Uberein, dasz der an-
gtOszige vers , der anscheineod allen exegetisch -kritischen versuchen
höhn spricht, dennoch eicht gleich ohne weiteres bei seite geworfen
werden darf: denn mit ihm gienge uns ein hier ganz unentbehrlicher
teil der erzähl ung, nemlich derauf das schlachten der tiefe bezüg-
liche verloren, und so verzweifelt, wie man gewöhnlieh glaubt, ist
der 7ers vielleicht gar nicht einmal, ich wenigstens finde, dasz man
mit folgenden überaus einfachen heilmittela eine vollkommen be-
friedigende Wirkung erzielt:
üfiipOT^pac b' iTi\ vüJTa xciMal ßdXt (pucioüjcac,
^K ^ivibv b" ^KÜXivbe ht' aiüfvac Ttiopricac,
IpTif b' fpYov ÖTToZe TOiiuJV Kp^a rriova Öhm^V-
die conjectur ^k ^ivöiv lehnt sich an die im cod. M (Moscovienais)
überlieferte lesart dKKpivac noch um ein weniges enger an als an die
Tulgata ^TK^ivuJV', und ich hoiFe, dasz ihr dieser umstand wenig-
slens bei denjenigen, welche die Moskauer hs, etwas hoher zu schätzen
gelernt haben als gewöhnlich geschieht, nicht zum nachteil gereichen
wird, ist diese hs. doch die einzige , der wir nachher auch die ganz
notwendige besserung rriova atatt niovL zu verdanken haben, der
Bchlusz des verses lautet in M bmiüjvac TeTopr|cac, in L E bi' aiiüvac
TE TOpi^cac oder T£TOpficac : hier kann also bei meiner Schreibung
nicht einmal von einer conjectur die rede sein, weil in allen drei hss.
-vac, nicht -vac überliefert ist. hierauf besonderes gewicht zu legen
kommt mir natürlich nicht in den sinn: ich stelle nur den that-
bestand fest, und der ist, dasz es sich bei TtTOpricac nur um die Ver-
teidigung der bisher verkannten Überlieferung, nicht um eine
willkürliche änderung meinerseits handelt, nun meine ich aber, dasz
die redupli eierten formen tetoprieUJ in Aristophanes Frieden v, 381
und T^TOpev und xETÖpri bei fiesychios vollkommen ausreichen, um
auch TETOpiicac gegen die bisherige, ganz zwecklose und unhaltbare
Zerlegung in T6 TOpr|cac in schütz zu nehmen, der ausdruck iK
^ivCüv b' CKÜXivbe JSszt sich vergleichen mit Antb, Pal. IX lai
oüpeciv £v boXixok ß\iii9pf|V itituv uetiöc jie iipöppiEov tkii*^
^EekÜXicc Nötoc. nachdem Hermes den rindern den todesstosz ver-
setzt hat, häutet er sie verstand ige rweiue erst ab, ebe er das fleisch
zerlegt, man denke an das Homerische ItipaEav Kttl föeipav.
setzen, versiehe ich uicbt: bohrte denn HermeB etwa sussclilieBKtich das
riickenmnrk heraus und liesE das fleisch In derschHie? an keiner der
beiden stellen rtes hjmnos kann alUiv das riictenmark baddutea — an
der zweiten deswegen nicht, weil die rinder auf dem rücken lageD.
' das tachjgraphiBche zeichen für ujv ist ein nach nnCcn, das fSr
oc ein nach oben geöffneter halbkreis: es liegt auf der baod, wie leioht
beide mit einander verwechBclt werden hünnen.
736 ALudwich: zum HomerificheD Hermeshymnos [v. 284]«
ApoUon, der die ihm gestohlenen rinder sucht, kommt schliesx-
lioh zur Hermesgrotte :
KuXXrjvTic b' dcpiKOvev dpoc Karaeiiüievov uXq,
TT^Tpiic eic KeuÖfiuiva ßaOucKiov, ^v6a t€ vu^qnl
230 d|ißpociii dXöx€uc€ Aiöc iraiba Kpoviuivoc.
öb)Lif| h' l|i€pÖ€Cca bi' oCpeoc i^TCtO^oio
KitvaTo, iToXXä bk ^f\\a Tavotuiroba ßöoccTO iroiiiv.
?v9a TÖre cireubujv KaießricaTO Xdivov oäböv
ävTpov de i^epöev ^Ka-nißöXoc auTÖc "AttöXXujv.
die beiden letzten verse dieser stelle wurden zwar schon yon Matthift
in seinen im j. 1800 erschienenen 'animadTersiones in hyninos
Homericos' (s. 259) als ^frigidi et ieiuni' bezeichnet, 'quibus eiectis
nihil ad sententiam desideres'; aber von den spätem deutschen
herausgeben! ist ihm doch nur Wolf (1807) teilweise beigetreten,
der allein den letzten vers einklammerte, kürzlich hat nun die so
eingeschränkte athetese Matthias einen neuen fürsprecher gefunden,
nemlich an BPeppmüUer, der jahrb. 1887 s. 201 meine ebd. s. 12
ausgesprochene Vermutung, dasz in aÖTÖc 'AttöXXuiv vielleicht
aivöv direiXuJV stecke, bekämpft, was er an dem verse auszu-
setzen hat, ist nicht blosz der allgemein als verdorben betrachtete
schlusz desselben , welcher Hermann zu der äuszerung veranlaszte:
«auTÖc non videtur a poeta scriptum esse, quamquam qnis propter
vocabulum, quod corruptum esse potest, duos versus damnet, qui eo
inloco tantum abest ut vacui sint, ut vix abesse queant?t
nach Peppmüllers meinung eist jede conjectur in dem 'nachklappen*
den' verse — denn nicht nur 'AttöXXu)v ist müszig — überflttssig.
dasz ApoUon vor der höhle steht, erfahren wir schon v. 239: jetzt
schreitet er nun zur steinernen schwelle und — überschreitet sie
doch wohl auch: dvTpov tc i^epöev, das sich obendrein nicht einmal
der construction ordentlich fügt, konnte nur ein pedant vermissen,
und ein solcher interpolierte den fraglichen vers.» dieser pedant soll
dazu das zweite hemistichium aus dem Aphrodite-hymnos 151 oOb'
el K6V ^KTißöXoc auTÖc 'AiTÖXXuiv und das erste aus dem Hermes-
hymnos selber 359 dvrpifi €v i^epöevTi xard 2l6q)OV benutzt haben.
Die Ungereimtheit bleibt dieselbe, auch wenn wir sie auf die
schultern eines interpolierenden pedanten abwälzen : und je gelehrter
wir ihn uns vorstellen, desto mehr, dünkt mich, berauben wir ans
des rechtes ihm absolute unempfindlichkeit gegen eine absurditlt,
die uns allen von selbst einleuchtet, anzudichten, die vorhandene
absurdität würde also durch die Streichung des verses nicht gehoben,
sondern nur verschoben werden, ferner musz ich Peppmüllers be-
hauptung, dasz dvTpov ic i^epoev sich nicht ordentlich der construc-
tion füge, fUr ungerechtfertigt halten, wenn es zweifellos erlaubt
war ebensowohl &c cpttju^vii Kax^ßaiv* urrepwia ciTaXöcvra (c 206)
und EecTÖv ^cpöXKaiov Kaxaßdc Ve 350) zu sagen wie auTf| V ic
GdXaMov KaT€ßr|C€TO KTiiJüevia (Z 288) und auidp öx* clc fimov
Kaxeßaivo|ix€V (X 523), so kann nimmermehr zugegeben werden, dasz
ALudwich: zum HomeTiaatien fiermeehjmnos [v. S34].
die einfache verbindnng beider constructionen zu KOTeßiicoiTO XdlVOV
oObov äVTpov ic ■f\ip6ev irgend Jemals soHte coostructiona widrig ge-
wesen sein, es wird demnach wohl auch fernerhin dabei sein bewenden
haben, dasz anszer den l£ngst beanstandeten schinazworten aÜTÖC
'AiTÖXAuJV gar nichts in dem verso steht, was nicht echt und ur-
BprUnglich sein kßnnte.
Ich gehe indessen noch weiter, ich behaupte mit Hermann,
dessen warte ich eben deshalb vorhin citierte, dasz der verB nicht
nur nicht UberSüssig, sondern Im gegenteil kaum zu entbehren ist.
nachdem durch die Schilderung öb^f] h' i^EpÖ£CCa &l' oöpeoc f\fa-
Qioio Ki&vOTo, iroXXä 6fe ji^Xo ravauiroba ßdcKtio noi»iv die phan-
tasie des hörers von der person des handelnden gottes auf die
änszere Umgebung der hShle (den berg mit der duftenden,
Üppigen Viehtrift) abgelenkt worden ist, wäre es zum mindesten eine
bemerkenswerte Ungeschicklichkeit des erzftblers gewesen, wenn er
danach mit dem kahlen Iv6a ti5t€ cilEÜbiuv KQTEßricaTO XäiVOV
oüböv (ohne nennung des veränderten subjects und b^ch au plattes) ■
eich hätte begnügen wollen: nach Jener abschweifung er-
scheinen diese worte filr den hörer zu wenig und zu unbestimmt,
während ihm, sowie er noch da^u övipov ic ^epöev f KöTtjßöXoc ver-
nimt, der handelnde und die firtlichkeit sofort klar und deutlich vor
die seele treten, nicht pedanterie ist es, sondern alll)ekannter, tausend-
fHltig in gleicher art üicb kundgebender epischer stil, der den ver-
bleib jener incriminierten worte verlangt.
Das ist der 6ine sichere pnnkt, den ich von anbeginn und auch
bei oftmals erneuerter prUfnng der bezüglichen stelle stets unver-
rückbar feststehend fand, über einen andern habe ich mir erst all-
mählich gewisheit verschafft : dieselbe prSposition (^c) nemlich,
welche hier (v. 234) 'in . . hinein' bedeutet, kann unmöglich fünf
verse vorher 'an . . heran' bedeuten', zumal da es sich in beiden
fSJlen um die neruliehe localität handelt and der bedeutungsunter-
schied durch nichts markiert ist. beidemal ic mit 'in . . hinein' zu
übersetzen' geht auch nicht an: denn erstens würde so das hinein-
gehen in die höhle doppelt erzählt und zweitens die äuszere Um-
gebung der höhle erst nach dem eintritt des gottes in dieselbe
(nach dem verlassen jener äuszern Umgebung) geschildert wer-
den und dadurch ein unerträgliches npudüCTcpov entstehen, der
zweite gruud lehrt zugleich, dasz die verderbung, die hier augen-
scheinlich vorliegt, an der erstem der beiden stellen gesucht werden
muszj wo vermutlich npöc für tic wiederherzustellen ist. gewis aber
darf die hier vorliegende Schwierigkeit nicht etwa dazu gemisbraucht
werden, den verdacht gegen v. 23i noch mehr zu schüren, wozu sie
nur dann nicht gänzlich ungeeignet sein würde, nenn das fehlerhafte
Eic in diesem und nicht in dem frühem, sonst unverdächtigen verse
stände.
Doli zdst. ist d&vor nicht zoriicb geschreckt.
738 ALudwich: zum Homerischen Hermeshjmnos [v. 234].
Ein dritter punkt endlich hat mich teils von meiner eignen
frühem conjectur aivöv direiXtüV abwendig gemacht, teils allmtthlieh
auf einen andern ausweg geführt, so dasz er mir der mitteilong eben*
falls nicht unwert erscheint, als Apollon in aller frühe zur wohnung
des Hermes kommt, findet er selbstverständlich die thür wie in jedem
ordentlichen hause verschlossen, woher ich das annehme? nun, 6in-
mal weil es, dächte ich, das unter den gegebenen Verhältnissen alier-
natürlichste ist, und sodann weil Hermes selber von seiner nächt-
lichen streiferei heimkommend keinen andern weg in seine behaosong
offen sieht als den durchs Schlüsselloch, den denn auch wirklicli
das durchtriebene götterkind sich duckend ohne weitere beschwer
passiert, und der dichter, der uns dies mit so köstlichem humor ge-
schildert hat (v. 145 ff.), sollte vergessen oder für Überflüssig ge-
halten haben uns zu verraten , wie denn nun bald darauf der grosz-
m ächtige Apollon sich den eintritt in diese behausung erzwang? mit
keinem werte sollte er dieses umstandes erwähnung gethan haben?
das ist nicht denkbar, weil er eben durch jene drastische Schilderung
die aufmerksamkeit des lesers auf das hindemis lenkte, welches un-
berechtigten eindringlingen wehrte, und weil er damit sich zugleich
der freiheit beraubte, über die art, wie Apollon dieses hindemis
überwand, mit stillschweigen hinwegzugehen, vielmehr werden wir
annehmen müssen , dasz das vermiszte irgendwie in dem unerträg-
lichen auTÖc 'AttöXXujv steckt, etwa so:
KttTcßricaTO Xdivov ouböv
ävipov de i^epöev dKaxiißöXoc, auTÖc dveiXuiv,
dh. er stieg die schwelle hinab in die höhle hinein, selber sie auf-
sperrend, nemlich gewaltsam und ohne dazu durch das übliche
klopfen an die thür die dienste eines inwohners in anspruch za
nehmen, an auTÖc ist dann nichts mehr zu tadeln, wie leicht unter
der einwirkung des eben vorangegangenen dKanißöXoc das part.
dveiXuJV (dveiXXuiv) in das nomen 'AttöXXuiv corrumpiert werden
konnte, bedarf keiner nähern auseinandersetzung. wohl aber dürfte
es nicht unangebracht sein, über das von mir hergestellte verbnm
einige werte zu sagen, da dasselbe in form und bedeutung starkem
Wechsel unterliegt.
Was zunächst die form anlangt, so treffen wir neben cIXui
noch etXXu), dXXu) und tXXu) an, alle aufs beste bezeugt, und femer
die nahe verwandten eiX^u), eiXuu) und dXuuj.' die vier mit ^inem X
geschriebenen formen des verbums kommen bei Homer vor (vgl. be-
' von andern, zb. den bei den Icxikof^raphen genannten d€iXXciV|
dcXXci, aloXXci, 6X€l, irpooXcl usw., schweige ich ubsichtlich, da es mir
hier durchaus nicht darauf ankommt allen ausläufern dieses weitver-
zweigten wortstammes nachzugehen, seit Kuhnken und Hemsterbiiis
(zu Timaei soph. lex. voc. Piaton. s. 34 f. 69 ff. 94 f.] ist derselbe
wiederholt zum gegfcnstande einfrehcnder behandlunf? gemacht worden.
es (Tonügt auf Ituttmnnn lexil. II s. 73 ff. und 141 ff. Lobeck rhemat.
8. 111 ff. 117 f. 124. 209. 225. 245. 249 f. 264. za Phrjn. s. 29 f. Döderlein
llom. gloss. § 442 ff. hinzuweisen.
ALudwich: zum Homerischen Hermeshymnos [t. 284]. 739
sonders eiXöjiievoc, dann fXcai, ieXp^voc, i&kr\ usw.), die andern
nicht, da die Homerische überlief erang^ so conseqoent die Schrei-
bung mit doppeltem X ablehnt, so mosz angenommen werden, dass
dies auf einer eigentümlichkeit des ftltern episch-ionischen
dialekts beruht; und dies ist der grund, warum ich äv€(Xu)V vorge-
zogen, habe trotz des doppelten .X in dem überlieferten 'AiröXXuiv.
auf die Homerische Orthographie des yerboms ist um so gröszeres
gewicht zu legen, als einige nomina, die ohne zweifei mit jenem
verbum zusammenhängen^ auch bei Homer zwei X aufweisen: ich
nenne doXXfjc und die singulfiren deXXifjc (f 13), iXXdc *strick'
(N 572) und ^XXebavöc 'strohseil' (C 553). als ttolisch wird uns
ausdrücklich £XXuj bezeichnet: Choiroboskos orthogr. (Cramer an«
Ox. II) 175, 32 dTreiXuj xal dneiXTi' bid rfic ex biqÄÖTTOu- ol fäp
AioXeic bid toO e ^K9^pouciv aÖTd, oTov dir^XXui dTreXXifj (dirdXXa
corr. Ahrens). Etym. M. 120, öl diT€tXifi' f| ^exa öptflc imnXTi&c*
napd TÖ dTieiXXeiv, 6 icrtv direiptciv, AioXiKi£)C dir^XXeiv. und
dasz dieses äolische verbum nicht etwa blosz eine erfindung der
grammatiker ist, wie der Thesaurus gr. L unter £XXu) behauptet,
wird einerseits durch analoge erscheinungen im ftolischen (Ahrens
dial. 1 8. 57 ff. Meister dial. I s. 143 ff.), anderseits durch die glossen
des Hesychios bewiesen: dir^XXetv* direipTCiv. £XXeiv [dXXefv
cod.]' iXXeiv, KttT^xciv. (dXXdcai*' cuTKXeicai^ KuiXOcau) die
attische Schreibung war etXXuj ; das ergibt sich teils aus Simplikios
commentar^ zu dem Aristotelischen buche vom himmel 11 13 TÖ bi
«iXXojLi^vTiv» d bid ToO i Tpd96Tat , Tfjv npocbebejüi^viiv cii|Lia(v€u
Ktti oÖTiü Ktti 'AttoXXiüvioc 6 TroiTiTf|c [I 129] «becjLioTc IXXöjiievov»,
TouiecTiv ^vbebejLi^vov , jutcTdXujv vuDtujv iHijJcev [jiCTdXujv dTre-
GriKaio viüTUJV Apollonios],Kai *'OjLiTipoc «iXXdciv»; TOvrecTi becjiiotc,
ou ßia becjLioOvTec äTOuciv_[oÖK ^G^Xovxa ßiij brjcavxec dTOuciv
Homer], ei bk bid Tfjc €1 bi996TT0u Tpd9€Tai, Ktti oÖTUi
Tf]v KcuXuojLievTiv CTijLiaivei, ibc AlcxuXoc iy Baccdpatc, welches
letztere durch Hesychios €tXXö|ui€VOV' elpTÖjLievoV AlcxüXocBac-
cdpaic beglaubigt wird, teils aus Erotianos s. 132, 1 (Klein) 9U)val
KaTeiXXoucar dvii toO KaxexöjLievai ' eYXXeiv fäp xö cuv^x^w
Kai cuykX€1€IV oi 'Attikoi X^touciv usw., teils aus Suidas: eYXXetv*
eipT€iv, KUjXueiv. TiaXaid f] Xßic. *Apicxo9dvTic N€9^Xaic [761]
«fAri vOv Tiepi cauxöv elXXe xf|v fydjixr\v dei» dvxi xoö dTTÖKX6i€|
€(peXKe. fv0€v Kai xö «IXXdciv» [Hom. N 672] xal ^v cuv8&€i
€V€iXXeiv TTapd 6ouKubibr) [II 76], teils aus einzelnen bemerkungen
* des^rleichen die des Herodotos, dem dirciXdu) geläufig ist.
^ «pro IXcai», meint der Thesaurus gr. 1. unter ^XXdu). ein part. aor.
i'Xac iXaca wird angenommen bei Hesjcbios cuveiXoc* cuveiXncac und
Eurip. fr. 544 Nauck, wo die hsB. zwischen öirf|XXaca, öirlXXaca,
Ott€(XX€i usw. schwanken, diese annähme stimmt aber nicht zu der
medialen form TTCpieiXdjüievoc * ir€pi€iXr)cdiyi€voc bei Photios und Suidas.
Lobeck hat weder cuveiXac noch ircpiciXdfievoc anzutasten gewagt (zu
Phryn. s. 30 und zu Buttmanns ausf. gr. sprach!. II s. 163), anders Gebet
var. Icct. s. 361. ^ ich entnehme die stelle aas Buttmanns lexil. II 152.
740 ALndwich : znm Homerischen Henneshymnos [v. 234].
der Attikisten', welcbe mit entschiedenheit äveiXXetv und dS€{XXeiv
fordern für ävciXeiv und dHeiXciv : Lobecks Phrynichos s. 29 cdvci-
Xeiv ßißXiov» bi' dvoc X xäKicTov, äXXd bta rdiv buo dveiXXetv.
Bekkers Phrynichos anecd. I 19, 14 «dviXXeiv [lies dveiXXeiv]
ßißXiov». ol jLifev dXXoi TrepiCTToici Tf|v XÖiv xal bi^dvöc X tp4-
(pouciv, o\ bk 'Attikoi TrapoHüvouci xai bid buotv XX tpdq)ouav.
ouTiu Kai Tö äiXXeiv [1. ^EeiXXeiv]. Moiris a. 196,4 Bk. ^iXXeiv
[lies dgeiXXeiv] 'Attikoi, Öeipxeiv "GXXiivec, iKßdXXetv KOtvöv.
damit stimmt auch noch manches andere zeugnis vollkommen überein,
zb. die glosse des Suidas dveiXXecOat* cucTpeqpecOat xai dXXifjXouc
TOic böpact TÜ1TT61V. Kai dveiXXerat* dvetXeirai (dieäelbe bei
Bekker an. 1 395, 29 «^ Bachmann an. 1 88, 21, nur mit dem fehler
dveiXecOai st. dveiXXecOai). die form TXXuj endlich läszt sich , so
viel ich sehe, keinem bestimmten dialekte zuweisen. Simplikioa be-
reits bringt sie mit dem Homerischen iXXdciv zusammen, belegt aie
aber nur mit einer stelle des alexandrinischen dichters ApollonioB,
während er für elXXui Aischylos als gewährsmann heranzieht*; ander-
weitig wird bezeugt, dasz Thukydides und Aristophanes ebenfolle
efXXuj schrieben, hiemach kann ich nicht glauben, dasx Cobet, der
zu wiederholten malen' fUr TXXu; eine lanze brach, in den 'rariae
lectiones' s. 87 den Sachverhalt richtig dargestellt hat: ^pro IXXeiv
Attioi minus veteres eiXciv coeperunt dicere: hinc IXXui, eTXXui
et eiXu) perpetuo de loco pugnant in simplici et compositis. ea lis
non difficulter ita componi potest, ut TXXu) cum compositis addicator
antiquioribus, sequiores eiXoi et composita sibi habeant, deni-
que vitiosae merces etXXui, eiXuj, TXui, IXui, fXXui abiieiantur.' eher
haben wir ein recht mit Lobeck (Phryn. s. 30) zu behaupten , dasa
bei den Attikem die Orthographie eiXXu; älter war als IXXui. freilich
liest man jetzt bei Lysias gegen Theomnestos § 17 cficTic bi
dTTiXXei T^ Güpqi fvbov toö kX^tttou ßvToa. xö «diriXXeiv»
toOto dTTOKXeieiv vOMtZcTai, Kai oiib^v btd toöto btaq)äp€i, und bei
Harpokration s. 25, 21 Bk. dTTiXXeiV Auctac Iv t^ xard 6€0-
jüivricTOu, ei Tvricioc, «dTTOKXeietv vo^i2l€Tai», aber die beste Lysias-
hs. , so wird versichert, hat dTreiXXeiv, und ein anderes attisches
gesetz bei Demosthenes gegen Pantainetos § 35 £dv TlcdSeiXXg
Tivd Tfic dpTaciac, unöbiKOv Troiei* ifüj b* oüx öttujc gutöc
^SeiXXu), dXX' Jiv dXXoc dnecTepet usw. der mehr und mehr um
sich greifende itacismus hat die Schreibung TXXui sehr begOnstigt;
für die Vertreter aus der blütezeit der attischen litteratur bat sie
schwerlich irgend welche berechtigung, auch nicht für Sophokles, bei
7 ohne zweifol spricht das verdorbene frapnient des Attikisten Paa-
sanins, welches Ktistathios zu N 672 citiert, clXdciv* CTpcßXoOv. mtilciv,
gleichfalls für clXXctv, wie LDindorf im Thesaurus u. eU^ui erkannte.
" aaf den von ihm statuierten bedentunfssunterschied ist allerdin^
wohl nichts zu geben: s. Lobock rhem. s. 117 anm. 15. * er eitiert
die stellen in den ^miscellanea critica* s. 272.
ALudwich : zum HomeriBchen HenneshymnOB [v. 239]. 741
dem Ant. 340 €iX\o|ui^vujv dpÖTpuüV und 509 col b' uireiXXouciv
CTOjLia herzustellen sein wird.
Die nahe liegende Vermutung, dasz die Verschiedenheit der
Orthographie in innerlichem Zusammenhang stehe mit der Ver-
schiedenheit der bedeutung; bestätigt sich in diesem falle nicht,
was bereits Hemsterhuis (in Buhnkens Tim. s. 71) mit recht ver-
sicherte, ja ich musz gestehen^ dasz mir sogar die von GCurtius (gr.
etym.^ s. 358 und 550) vorgenommene Zweiteilung der wz. FeX jeder
festen grundlage zu entbehren scheint, er meint ^ die eine bedeute
^drängen', während in der andern ^eine krummlinige bewegung
mit den drei modificationen winden, wälzen, mahlen' hervor-
trete, aber auch diese krummlinige bewegung kommt doch schliesz-
lieh durch drängen zu stände, wenn ich eine kugel dränge, so kann
ich bewirken dasz sie gleichzeitig zwei bewegungen ausführt, eine
geradlinige in der ebene und eine krummlinige um ihre eigne achse;
und ähnlich ist in andern föllen die Wirkung auf den gedrängten
gegenständ eine doppelte, ob es von Orion heiszt Of^pac öjuioO
eiXeOvia kqt* dc9ob€Xöv XeijutOüva X 573 oder von dem fuhrwerk
des unglücklichen £umelos !ttit€10V bi o\ fj£€ Oed 2^uTÖv * ai bi o\
iTTTTOi d|Li9ic öboö bpajui€TTiv, ^ujLiöc b' itA Tctiav ^XucGt] V 393,
macht für den grundbegriff, der in eiXeGvja und ^XucGq steckt,
keinen unterschied, obwohl die herabhängende deichsei in zwiefacher
weise vorwärts gedrängt wird, gegen den boden und über den boden
hin. '^ zugleich beweist das letztere beispiel; dasz bei dem in rede
stehenden verbalbegriff die krummlinigkeit überhaupt etwas indif-
ferentes ist : auch zwei geradlinige bewegungen können durch drängen
gleichzeitig hervorgerufen werden, ab-, auf- und zudrängen, ein-
und ausdrängen, zusammen- und auseinanderdrängen und andere
composita geben für die erklärung sämtlicher bedeutungsnüancen,
welche in eiXuj und seiner sippe stecken, eine ebenso bequeme wie
vollkommen natürliche brücke ab. ^aufdrängen' dh. 'durch drängen
öffnen' heiszt dveiXeiV, gerade so wie 'aufrollen' dveXicceiv, 'auf-
wickeln' dva7TT\jcc€iv , 'aufreiszen' dvappriYVÜvai usw.; wir trafen
das compositum vorhin bei den Attikisten in der Verbindung dveiX-
Xeiv ßißXiov an (in demselben sinne sagt Herodotos I 125, 1 dva-
TTTuHac t6 ßißXiov und Xenophon apomn. I 6, 14 dveXiTTUJv).
Den letzten punkt noch besonders zu erwähnen würde kaum
nötig gewesen sein, hätte nicht ErnstLohsee in seiner verdienstlichen
dissertation 'de hymno in Mercurium Homerico' (Berlin 1872) s. 27
die schwierige und wohl sicher verdorbene stelle des hymnos
23*) u)c '€pjLif]c ^KdepTOV ibujv d X ^ e i v e v dauiöv
durch die später mehrfach gebilligte conjectur dv^eiXev zu heilen ge-
glaubt, ich kann nicht zugeben, dasz die conjectur, wie GemoU be-
hauptet, 'jedenfalls dem geforderten sinne vollständig entspreche':
denn die vorangehenden verse CTrdpTCiv* fcu; KttT^buve GurjevT*,
'^ gewis unrichtig Döderlein Hom. gloss. § 458: ^die deichsei
krümmte oder bog sich bei ihrem aiifstoszen auf die erde.'
742 FBlass: Solon und Mimnermos.
i^UT€ TroXXf|V TTp^MVUüV dv0paKiT]V oöXt] CTToböc d|Li9tKaXuirT€t, be-
sonders das in ihnen enthaltene gleichnis, erfordern meines erachtens
unbedingt ein verbum, welches wenigstens einigermaszen jenem
dM9iKaXuTTT€t gleichkommt, das kann aber von dv^eiXe nicht be-
hauptet werden , welches entweder die oben angegebene bedeutong
('er öfiPnete') hat oder diese: ^er drängte zurück', 'er drängte zu-
sammen', dasz die erstere hier unstatthaft ist, versteht sich von
selbst ; die zweite aber ist es nicht minder, weil von dem zusammen-
drängen gleich darauf ausdrücklich gesprochen wird (dv b* ÖXitip
cuv^Xacce xdpT] x^ipdc t6 iröbac re), durch Lohsees conjectur
also eine unerträgliche tautologie hineinkäme, dieselbe l&szt sich
jedoch leicht dadurch vermeiden, dasz man ^v^eiXev schreibt.
Königsberg. Abthur Lüdwich.
97.
SOLON UND MIMNERMOS.
Bekannt sind die verse Solons an Mimnermos, in denen sich
der dichter achtzig, nicht sechzig lebensjahre wünscht, hinter diesem
fragment (20) folgt bei Bergk als 21 das ebenfalls sehr bekannte:
jLirib^ jLioi äKX«ucToc OdvaTOC jiiöXoi, dXXd (pCXoictv
TTOiricaijLii Gavujv äXfea Kai cTOvaxdc.
mit gutem gründe folgt es : denn Plutarch, der es citiert (comp. Sol.
et Popl. c. 1), leitet es ein: ^Tt Toivuv & ToTc irepl M(jüiV€p^ov
dvTeiTTU)v Tiepl xpövou liJjr\c dTTi7T€9U)viiK6V' iLirib^ fioiusw. warum
vereinigt man aber die verse nicht, wozu doch Plutarchs worte
geradezu auffordern? vielleicht weil man nicht erkannte, dasz auch
mit diesen versen dem Mimnermos widersprochen wird? citiert
wird zwar aus letzterm nichts derartiges; aber wir finden unter den
Theognidea v. 1069 f. folgendes distichon:
d9P0V€c dvGpwTTOi Kai viiTnoi, o\t€ Gavöviac
KXaiouc', oub' f^ßric fiv0oc dTToXXujüievov.
Bergk bemerkt: ^Mimnermi videntur', und Schneide w in citiert die
verse, mit beziehung auf Bergks Vermutung, als gegenstück zu Solons
distichon jiiiib^ jnoi usw. dann aber ist es doch wunderbar, dasz nie-
mand weiter gegangen ist. so glatt wie möglich schlieszt sich
d9p0V€C . . dTToXXu]Li€VOV die fortsetzung Mimn. fr. 6 :
ai tdp diep voucujv t€ Kai dpyaX^ujv fieXebujvdrv
dHiiKOVTa€Tr] jLioTpa Kixot OavdTOU.
und hierauf antwortete Solon :
dXX* €1 jLioi Kai vOv fii Tieiccai, ßeXe toOto,
\ir\bk jLi^TOiip' ö'fi ceO Xiiiov d7T€9pacd|Liiiv,
Kai |Li€TaTrolTicov , AiTuacidbi], dbbe b* deibc
ÖTbu^KcvTa^TT] ^oTpa kixoi OavdTOu.
jLiilb^ ixox dKXaucTOc OdvaTOC jiiöXot , dXXa q>{Xoiciv
TTOirjcaijLit Gavujv dXfea Kai CTovaxdc.
Kiel. Fbubdeich Blass.
FWeck: zu Sophokles Oidipua Tj-ramiOB [v. 1513j. 743
(58.)
ZU SOPHOKLES OIDIPUS TYRANNOS.
ccpi^v b', üj TEKv", €1 }ikv eixeTT]v f[bT\ (pp^vac,
1612 iröXX' äv Trapr|vouv' vOv be toOt' eöxecee jjoi
oü KQipöc Äei, ToCi ßiou bfe Xujovoc
ufiäc KUpficai Toü (puxeiJcavTOC narpöc.
ein gewaltiger stein des anstoszes ist in v. 1512 die lesart eöxecB^
^01. um Ton der Schwierigkeit der stelle einen begriff zu geben, wird
es genttgen einige erkldrungEverBUchezusarnntenzustellen. GHerniann
bemerkt dazu in seiner letzten (dritten) ausgäbe von 1833, tleren
text ich oben vorangestellt habe, folgendes: «aliquot codd. . . oü
KaipÖC dcl lf[v TOÜ ßiou b^ Xüjovoc. unde Elmsleius . . edidit:
vflv hi toöt' eßxECÖ^ jioi, oÖ KOipöc 6ei, toö ßiou bfe Xiitovoc üjiäc
Kupricai TOÜ q>UTeücavTOC natpöc, quod ita interpretatur: opiale vt
vüam uUcunquc contigerit (ransigatis, feliciores autem suis quam
pater. at ne commemorem, quam impedita sit baec oratio, cur tan-
dem Oedipus, quss puellas modo dixerat nondum ea aetate esse, ut
odmonitioaea suas intelligere possent, eas optare id ipaum iubeat,
quod captum earum eacedcre videat, et non potius ipse, quod illae
uequeant, i'n optet? verissime, nt mihi videtur, scboliastes, cuiua
etiam in codd. Lips. baec adnotatia exstat: t6 cOxecOe nadtlTlKtiiC
KCiTat, fJToi eüxfjc TU-fX^veie \m' ifXoO.' — WDindorf im lesicon
Sopboclemu nimt unter eöxof^cil, vota facio folgende Stellung zur
Bache: 'ib. (GR.) 1512 in verbis Oedipi ad filias vüv hi toüt" €vx€CÖi
fioi, oO KQipöc ät'i 2!f)v scholiasta eCx^^^e inepte nafill'^iKLÜC dictum
aocepit, fjxoi eüxfic TirfxäveTe ün' ^^oO. manifesta loci huiua intor-
polatio, quam removi restituto vOv bfe ToOt" iiöxötu MÖvov, de quo
V. annot. Öson.' — Schneid ewin-Nauck erklJtren unter aufnabma der
Dindorfschen emendation oG Kaipöc l ^ lf\V, xoü ßiou b4 usn. : 'Cid.
sagt (mit bezug auf 1451 ff.): «so aber wünscht mir, dasz ieh lebe,
wo die läge der dinge es gestattet, ihr aber euer leben besser trefft
als ich.» die lesart eüxECÖ^ poi ist unrichtig; man erwartet den sinn
*ich wünsche euch».' dazu im anhang: 'sinngernttsz wäre vOv bk
Toör' ^7Itüxo^al oder vüv hi. toOö' Ev eöxo(J°'i beides vorgeschlagen
von Blayde».' — FKern endlich liest wie Seh neide win-Nauck und
erklärt dazu: «^oi] dativ der teilnähme: denn das gebet soll für die
tdchter sein, so dasz für tfiv der nom. ü^EiC gedacht wird , dann
aber die construction in den acc. c, inf. Übergebt.»
Aus diöser Zusammenstellung, welche im wesentlichen alles ent-
halten wird, was bisher an dentungen und Vermutungen zu der stelle
ausgedacht worden, geht wenigstens so viel mit Sicherheit hervor,
dasz irgend etwas hier nicht in Ordnung ist: der überlieferte Wort-
laut oder seine deutang oder beides zusammen, prüfen wir zanäcbat
den zusamm eil hang, das aus Homer sattsam bekannte viJV bi spricht
wie immer Verzichtleistung, entsagung auf grund thatsäcbHcber ver-
744 FWeck: zu Sophokles Oidipus Tyrannos [v. 1612].
bältnisse aus. unmittelbar vorher aber bat Oidipus geäuszert: 'euch
beiden, meine kinder, würde ich manche ermahnung geben, wenn ihr
schon den verstand dazu hättet.' desgleichen hat er den Kreon auf
ihr zartes alter aufmerksam gemacht, um sie als ganz hilflos seinem
alleinigen schütze zu empfehlen, aus dem allem geht hervor, dasz
erstens mit vCv bi ein gegensatz gebracht wird zu dem leider nicht
auszuführenden TToXXd Tiapatveiv, und zweitens dasz keine (pp^vac
verlangende thätigkeit von den beiden töchtem ausgesagt werden
darf, das letztere geschieht aber, so lange man €(;x€C6€ schreibt:
denn die behauptung des scholiasten, es sei hier passivisch zu nehmen,
ist trotz OHermann unglaublich und nichts weiter als ein verlegenes
anerkenntnis dessen , was der worüaut der Überlieferung vermissen
läszt. verwerflich ist und bleibt femer das bei jeder möglichen er-
klSrung des €Öx^^^ anzunehmende umspringen aus dem einfachen
inf. lf\y in den acc. c. inf. ujiiac KUpf)cat. der versuch von Schneide-
win-Nauck, für lf\y das subject bei jiiot zu suchen, hat die nrheber
nicht befriedigen können, geschweige denn jemand anders, es linft
dem ganzen Zusammenhang zuwider , dasz Oidipus hier noch einmal
sich selbst in betracht ziehen soll.
Indem ich nun, um über diese stelle ins klare za kommen, un*
verdrossen sann und grübelte , kam mir der gedanke es einmal mit
dem nemlichen mittel zu versuchen, das mir bei der auslegung
Homers schon so manchmal aus der not helfen mnste, mit ver-
änderter lautzuteilung. und in der that, es zeigte auch hier seine
heilkraft. ich lese einfach 6ÖX€c6'£jüio( statt eöx^^^ M^^ cfix^cO*
"= eöxccOat und zu ergänzen ^CTi.
Nach Krüger gr. spr. 11^ 12,4 anm. 1 findet sich mehr bei epi-
kern und komikem als bei tragikern das -ai elidiert in den endnngen
*jLiai -Tat -cOai. jedenfalls aber ist diese elision den tragikern nicht
abzusprechen, ich habe daraufhin die tragödien des Sophokles in
der ausgäbe von Bergk einer schleunigen durchsieht unterzogen
und auszer dem schon von Krüger gestreiften fall Aias 196 noch
einen Trach. 216 entdeckt, an jener stelle lesen wir 6pMaT* st.
öpjLiäTai, an dieser deipo^' st. detpcjüiai. ein innerer grund steht
solcher elisiou nicht entgegen, ich darf mithin unbedenklich ans
unserer stelle eöx^^^' *=" eöx^^^^i &^ dritten fall anreihen, die an-
genommene ellipse ferner ist eine der allergewöhnlichsten. es kann
also nur noch die construction elvat mit dem dativ und einem In-
finitiv als subject in frage kommen. fUr sie sei nur 6in beleg her*
gesetzt, Oid. Kol. 7b9 f. fcTiv bk Tiaicl TOic iiioxci rf^c i^nc xOovöc
XaxeTv tocoütov, ^vOaveiv ^övov. ich würde also wiedergeben:
'so aber bleibt mir nur um dies zu beten, dasz ihr — * und weiter
lesen wie oben Elmslej, aber ou als genitiv fassen, sc. ßtou icupi)cai:
'dasz ihr das leben, wie es immer die läge der dinge gestattet, er-
langet, aber ein besseres als — '.
Metz. FEaDiXAKD Weck.
J ASimon: Xenophontische stadien. 745
98.
XENOPHONTISCHE STUDIEN.
1. AXPl UND M6XPI BEI XENOPHON.
Die Worte Hell. VI 4, 37 dxP^ oiS &l>e 6 XÖTOC £tP<S^<l>CTO haben
nicht nur das 6ine merkwürdige , dasz sie seit den tagen Niebuhra
schon oft citiert worden sind ; sie enthalten auch das einzige fixP^
in den Hellenika. sonst kommt in dieser sohrift nur die form M^XP^
vor, und zwar ji^XP^ oG in derselben bedeutung (^bis zu der zeit wo')
wie an unserer stelle, zb. I 5, 1 dxet lji€iV€ . . fi^XP^ o5 Kupoc . •
ä9iK€T0. I 5, 14 dvaujüidxT]cav . . M^XP^ ^^ IcpuTOV (Tgl. 11,3.
6. 27; 2, 16; 3, 11 ; 3, 6; II 3, 38; 4, 19; IV ö, 12; V 4, 41; zu
11,6 s. AOtto Jahrb. 1887 s. 28). äxP^ finden wir auch sonst bei
Xenophon nur ganz vereinzelt, und ,es ist höchst fraglich, ob
es überhaupt wirklich Xenophontisch ist. anab. Y 5, 4
steht es an einer allgemein als unecht betrachteten stelle (vgl. 11 2, 6.
VII 8, 26). weiterhin ist uns die form fixP^ überliefert sjmp. 4, 37
öjiuüc bk nepiecTi jiioi xal dc6(ovTt dxpi toO fifi iT€ivf)v ä(piK^c9ai
Kai TTivovTi jLi^XPi ToO jLif) biipffv USW. hier ist der Wechsel der beiden
wortformen in der parallele schon für unser gefühl störend, und wir
Würden ihn nur in einem krankhaften, nach V^ation haschenden stil
suchen. Xenophon aber treibt gerade den parallelismus der formen
so weit, dasz er an manchen stellen nachgerade einförmig wird.
das beste beispiel ist Kyrup. Vm 6, 14 vgl. V 3, 38 f. II 4, 24.
VIII 3, 12, apomn. I 2, 34. eine Wiederholung von fiexpt in der
parallele findet sich Hieron 6, 2 bifJTOV b* ^V cujLiTrocioic TroXXdiac
f^ev M^XPi ToO d7ri\a9^c0ai Trdvxujv . . TroXXdKic bk iiixpx toO
lübaTc T€ Kai GaXiaic Kai xopoTc Tf|V ipux^v cuTKarajuiiYViivai, ttoX-
XäKlC bk jLl^XP* KOlVflC dTTlÖujLliaC djLlflC T€ Kttl TÜÖV TTapÖVTWV. IT. ItTIT,
8, 12 biuüKUüCi jLiev ji^xpi ^flc . . 9€utujci bfe juexpi Tf)c usw. anab.
I 7, 6 TTpÖC jLliv JLl€CTl|LXßpiaV liiXQl OÖ . . TTpÖC bk äpKTOV M^XP* OÖ
usw. Hell. IV 7, 5 (VI 4, 17. VII 2, 12). nach analogie dieser
stellen ist wohl an der stelle des Symposion M^XP^ statt dxpi zu
schreiben. Kyrup. V 4, 16 gibt D (Altorpiensis, von dem GSauppe
Xen. opera bd. I s. XXII ^ sagen kann: 'non raro solns hie alterius
classis princeps probabilem scripturam habet emendatioresque formas
conservat') juexpi, während sämtliche übrigen hss. bieten biibiac
äxpi ou dc9aXk i}j€to eTvai dTT6TpdTr6TO. sollte vielleicht gerade
hier D die ^emendatior forma' geben? bestätigen könnte dies ein
beispiel der anabasis, das zufällig auch dort V 4, 16 steht: dbtUlKOV
M^XPi ov eibov Touc "EXXrivac ßoTiOoOvTac (vgl. VI ö , 29). so
stände denn nur noch ein einziges beispiel von dxP^ ^^^ Xenophon»
an dem nicht zu mäkeln ist: anab. II 3, 2 elTre . . K€X€U€IV ToOc
KripuKac TT€pijLi^V€iv, dxpi&v cxoXdcr). dagegen lesen wir anab»
14,13 M^XPi öv KaiacTTicij. 113,7 iiixpx Sv . . biorrcXeg. 3,24
jue'xpi b'av €tuj tikuj, al CTrovbal fievövTuiv. vgl.n6,ö. in 4, 8.
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft 11. 49
746 JASimon: Xenophontische stadien.
IV 2, 4. 4, 3. VI 5, 29 (dbiiüKOV, ji^xpi usw.). Hell. 1 1, 27 iUcBai
hk dKAeuov dfpxovTac, jii^xpi &v ä9iKiüVTai ol fiprijLi^vot. I 3, 11
TT6pi^|ui€V€V, M^XPi £X6ot. dasz eine Verwechslung der beiden
wörtchen leicht war, lehrt die paläographie (e konnte durch abbre-
yiatur schwinden oder durch ein häkchen [= spir. asper] am folgenden
buchstaben angedeutet werden, jii und a sind sind sich sehr ähnlich in
majuskel und minuskel) und bestätigt die oben angeführte Variante des
Altorpiensis. dasz wir aber auch der zeit der nachclassischen gräcitftt
ein mehr oder minder willkürliches einstreuen der form äxpx für
jLiexpi zumuten dürfen, darüber kann ein blick auf das erscheinen
des wörtchens äxpi in der litteratur an der band der lexika nicht
im zweifei lassen, so läszt sich die form bei Plutarchos und Lukianos
an einer beträchtlichen anzahl von stellen nachweisen : Plat. Arist. 10.
Fab. Max. 6. 14. 16. Demosth. 13. Cic. 6. 21. Rom. 15. Ti.Graccfa. 10.
Demetr. 36. Coriol. 39. Anton. 34. 41. Aem. Paul. 17. de def.
orac. 13, 322. de amor. prol. 3, 77. de exilio s. 601 •. Mor. s. 791*.
— Luk. adv. ind. 12. amor. 12. conv. 1. de conscr. bist. 9. 11.
35. 39. dial. mort. 27, 4. Charon 10. Nigr. 36. Timon 23. 39.
Tox. 34. 43. Hermot. 24. ver. bist. 2, 43. Zeuxis 1. bei Thukj-
dides habe ich in buch IV, VII, VIII dxpi nicht gefunden, dagegen
IxiXQi'- IV 4, 1. 39, 1. 90, 3. 92, 6. 96, 1. 3. 108, 1. 135, 1.
VII 83, 2. VIII 24, 3: 28, 5. 43, 3. 58, 5 (äv); M^xpi oö: IV
16, 2. 41, 1. 46, 3. VII 83, 2. VIII 42, 3. Betant bringt kein
beispiel von dxpi* die attischen dichter verschmähen dxP^ (^^^
ihnen hinderte das metrum weit mehr an willkürlicher änderung,
unwillkürliche wurden aus demselben gründe eher bemerkt und
beseitigt), erst die neuere komödie kennt es. in der ionischen poesie
und prosa scheint die form mehr zu hause zu sein: Homer, Hero-
dot und ApoUonios von Rhodos gebrauchen die form , Hippokrates
ziemlich häufig (vgl. s. 247, 2. 617, 40. 624, 15. 594, 46. 563, 15-
596, 46. 460, 36. 652, 34). im epos sind es auch hier nach-
christliche dichter, welche verliebe für die form fixP^ zeigen: vgl.
Quintus II 617. 653. III 577. IV 93, 361. VI 177. 409. Vffl 382.
464. IX 376. X 214. XI 435. XII 536. XIII 96. XIV 197 —
Nonnos Dionys. IV 447. V 153. 239. 263. IX 251. XV 250.
XXXVII 211. XL 59. XLII 94. auch in den ps.Xenophontiscfaen
briefen erscheint Sxpi (vgl. epist. Allat. 15, 2 [1,2 Sauppe opp.
Xen. bd. V s. 287]). der Xenophonkenner wird hier einwenden —
mit berufung auf das Zeugnis des Helladios bei Photios (bibl. cod.
279 s. 533, worüber Sauppe Xen. opp. bd. I s. XV ff.) und die
Studien Cobcts, ORiemanns und FRiemanns ua. — dasz Xenopbon
mit der form &Xpiy wie so oft, einen ionismus anwende, aber es
wäre doch gar zu rätselhaft, wenn der Schriftsteller bei wohl hundert-
facher gelegenheit nur in vier schriftcn an je einer stelle seine indi-
vidualität hätte spielen lassen, nur bei dem echten beispiel der
anabasis wäre es immerhin denkbar, dasz Xen. Klearchos in seinem
dialekt reden licsze, wie er auch sonst wohl die redeweiae stark aus-
JA Simon: Xenophontische Studien« 747
geprägter persönlichkeiten nicht ohne geschick za skizsieren Ter-
sucht (vgl. Hell. 1 6, 15. 32 ; n 4, 20—22 [polyeyndeton] ; III 3, 2;
VI 3, 4 — 17). ein unterschied der bedeatnng, wie ihn Elotx sa
Devarius s. 224.ff. s. 665 feststellt, ist bei Xen., schon nach aasweis
der citierten beispiele von jui^XP^ ) zwischen den beiden wortformen
nicht vorhanden, es wird also wohl in der Eympftdie und den apo-
mnemoneumata das wörtchen fixP^ '^i^ M^XP^ zu vertauschen sein,
die stelle der Hellenika aber, die uns als ausgangspunkt diente,
möchte ich mit der stelle anab. Y 5 , 4 auf gleiche stufe stellen —
unter Zuhilfenahme eines andern argumentes, das zu entwickeln dem
nächsten abschnitt dieses aufsatzes vorbehalten sein soll.
2. überqInge bei xenophon und qrammatikercitate.
Das rätselhafte Themistogenes-citat Hell. III 1, 2 gegenüber der
athetese Lions und speciell EABichters (jahrb. suppl. VI s. 691 ff.)
für Xenophon zu retten scheint den bemühungen Breitenbachs und
Nitsches noch nicht endgültig gelungen zu sein, wenigstens erhebt
FBeuss (krit. und exeg. bem. zu Xen. anab., Wetzlar 1887, s. 8)
Widerspruch gegen die anerkennung der echtheit der stelle, freilich
nicht ohne seinerseits wieder von WVollbrecht (Berl. phiiol. Wochen-
schrift 1887 n. 51 s. 1591 f.) Widerspruch zu erÜEdiren. in der that
sind die erinnerungen an unsere tertianerjahre, welche die Stilisierung
jenes § in uns wachruft, nachdem nun einmal die recapitulationen
der anabasis in ihrem wahren werte erkannt sind , nicht eben dazu
angethan dem proteste Yollbrechts nachdruck zu verleihen, viel-
leicht sind aber auch die folgenden betrachtungen ftlr die beurteilung
der frage nicht wertlos.
^Es fehlte nur noch , dasz der interpolator an der stelle (Hell.
III 1, 2) b6br)Xu)Tai statt -xi-xpanTai gesagt hätte' bemerkt ao.
s. 702 Richter in seiner beweisführung zu gunsten der athetese. ein
bebrjXuüTai steht nun wirklich in den Hellenika in einem Übergang,
der nicht minder die recapitulationen am anfang von buch II. III.
IV. V. VII der anabasis ins gedächtnis zurückruft: VI 5, 1 Kttl xd
jLi^v GcTTaXiKct, 8ca Tiepi 'Idcova inp&x^^ Kai ficrd xöv ^Kcivou
eävaiov M^XPi TTJc Ticicpövou dpx^c bebi^XuiTai (8ca in sämt-
lichen r6sum6s der anabasis, öca . . dirpdxOn im ersten, öca . •
€TTpaHav im 2n, 4n, 5n, ji^XP^ '^^C • • ^^xä m. acc. im 3n, ^ixpi
[Tf\c] im 2d, 3n, 4n, 5n). wenn es nun weiter heiszt: vCv V iirdvet^l
IvGev €Tri lauTa iH^r]v, so ist genau genommen die Verweisung
nicht richtig: denn id ©ETToXiKd, öca Trepi 'Idcova ^TrpdxOi], be-
ginnen VI 1, 2 und nicht erst VI 4, 27, woran die folgende dar-
stell ung anknüpft, in einem andern Zusammenhang (Xenophon-
studien II, Dürener progr. 1888, s. 18) habe ich unter hinweis auf
ein analogen bei Thukydides es wahrscheinlich zu machen gesucht,
dasz diese 0€TTaXiKd einmal das achte buch einer zehnteiligen Hel-
lenika-ausgabe gebildet, um so dringender wird der verdacht, dasz
die Worte Kai Td jii^v ©erraXiKd bebrjXuJTai lediglich als TTpoTpotcpt^
49*
748 JASimon: Xenophontische studien.
zu dem neunten buche jener ausgäbe concipiert worden, tthnlich wie
jene retrospectiven Inhaltsangaben der anabasis — vielleicbt von
demselben buchabteiler (vgl. das ebd. s. 17 f. über eine ausgäbe
von anab. + Hell, in 6 + 10 büchem gesagte) — und zwar unter be-
nutzung von VI 1, 19 Kai raÖTa jLifev OÖTWC ^ncpaivCTO* ifw bt
TidXiv dTTdveijLii ö0€V eic Tctc irepi 'Idcovoc TipdHeic ili^r\v —
eines Überganges von echt Xenophontischer einÜEU^hbeit, welchem
unsere stelle erst dann würdig zar seite tritt, wenn sie folgende ge-
stalt annimt: id jLifev oöv aiTia Tfjc ^TrißouXfic i>nö ific T^vaiKÖc
oÖTuj X^TCTai- vOv V dirdveiiiii fvGev ^tti laOta ^eßnv (vgl.
VII 4, 1 Kai Td M^v irepl 6Ö9povoc eipTirai' ifOj bfc ^vGcv de
raOra ^H^ßriv ^TTdveijiii). in der so in wegfall kommenden histori-
schen notiz über die herschaft des Tisiphonos fanden wir dasselbe
unxenophontische dxpi (oben s. 745 ff.), welches auch dem stile des
Verfassers der geographischen notiz anab. V 5, 4 eignet, jene histo-
rische notiz (toiv bk laöia KpaHdvTUJV . . Tf|V dpx^v cTx^ [ohne v
^9€Xk.]) einem Überarbeiter zuzutrauen brauchten wir uns um so
weniger zu scheuen, als ja auch die Zählung der Olympiaden und
archontate, die wohl ziemlich allgemein für eingeschaltet gilt, reiches
histoiisches material voraussetzt, es flössen eben im altertnm nicht
nur einem Diodoros (XVI 14 [AuKÖ9puJV Kai Tic(90V0C] . . ßlqi
KaieTxov Tf|V dpx^iv — vgl. Wesseling zdst., Konon narr. 50)
und Plutarchos (Pelop.) die historischen quellen, und dasz gerade die
alexandriuischen gelehrten das umschreiben der historischen werke
in andere rollen besorgten oder leiteten , wird dem einflieszen ge-
lehrter notizen nicht gerade hinderlich gewesen sein (vgl. auch
was EARichler ao. s. 765 gegen die cchtheit von Hell. V 2, 2 iki^
TOVTO . . T^vöjLievai vorbringt), an und für sich kOnnte die form
dXPi (zumal neben dem öb€ ö Xö^oc, welches dem interpolator der
anabasis so geläufig ist) nur den selbstverständlichen, aber chrono-
logische erwägungen anläszlich der stelle auch beim interpolator
verratenden zusatz dxpi ou . . ifpacpeTO verdächtigen, aber nach
Tfiv dpx^v €lx€ fortzufahren mit vöv b* ^ndveijUl würde bei Xen.
ohne analogen dastehen, sonst tritt eine digression bei ihm so scharf
umrahmt und namentlich von dem folgenden so sorgflElltig gesondert
auf, dasz sie wie ein nachträgliches einschiebsei erscheint: vgl.Kyrap«
I 2, 15 f. Hell. VII 3, 4—4, 1; VI 2, 1 würde o\ bk enPaioi dva-
XUJprjcavT€C die fortsetzung von VI 1 , 1 bilden ; auch Kyrup. Vm
1, 17 toOto ouv — 1, 21 7Tpoc€9^peTo; apomn. II 1, 34 schlieszt
sich coi b* oCv d^ioc (mit übergehung der parabel des Prodikos;'
s. m. Xenophonstudien I, progr. Düren 1887, s. 6 anm.) ganz gut an
den vers des Fpicharmos (§ 20) an. erscheint uns nun Hell. VI 6, 1
* unter we^ffall dieses passus umfaszt apomn. I 1, 1— 8| 1:14*4
Seiten, I 3, 1— II 1, 34 ca. 16 selten (Sauppe); II 2, 1-— 6, 89 ca. U' ,
Seiten (vgl. Xcn.-st. II s. 15—17): II 7— III 3 — ca. 11 seilen; III 4
—III 7 — ca. 11 selten; III 8— III 12 — 11^4 seilen (die gliederuog
dieses abschnitts s. ebd. s. 17 anm.).
JASiraon: XenophootiEche studieo. 749
(bis beöl'jXujTai) verdächtig, so musz sieb also der verdacht auch auf
die vorhergebenUen worte (tüjv bi xaöta uaw.) übertragen, zumal
wenn sie einmal den äublusz einer rolle bildeten, nie es bei der an-
gegebenen Voraussetzung sieb von selbst ergibt (Über die benutzung
des buchscblu^seii zu Interpolationen s. m. Xen.-st. II s. 18 ae.].
überdies ist die au 3 drucks weise an der stelle etwas verschroben:
nach dem gen. abs. tüjv bfe . . npa£ävTiuv erwarten wir f\ple, zu der
Wendung Tr|v öpX^V £^X£ "l^^"^ würde die terminbestimmung mit iE
oü bi ToOt' €TTpiix6l "Xpi o'J ■ ■ ^fpaipero viel besser passen.
Das wort btbriXiuTai ist, nach dem gesagten wohl dazu ange-
tban den atelleu gegenüber, an welchen es erscheint, ükeptiscb zu
stimmen, in einer Ubergang?formel kommt es bei Xen. nur noch
Kyrup. VIII 2, 28 vor, und in einer achluszformel n. Inn. 12, 14
(als letztes wort: ^v ^T^piii Xöfiu (I) iebiiXiüTai — vgl.dieschlusz-
worte der Hcllenika). nehmen wir zu der erstem stelle noch Kjrup,
VDI 1, 7, wo bebiiXuJTai (wie IV 5 , 26 fi Kai Trpöc9ev iv Tilj Xötiij
[rede] bebinXujTai) in einem relativsatze steht, so stoszen wir damit
auf zwei stellen , welche immerhin zu denkun geben, an der ersten
achlosz offenbar ursprünglich das siebente buch der Kjrupädie mit
VIII 1, 6 eine Öipciri KGpoc, und das achte buch begann mit dem
recapitulierend anknüpfenden satz § 8 dqpoiTUJV |Ufev ouv im lac
6üpac Küpou usw. von den drei dazwischen steh enden setzen mag
der erste noch echt sein; der zweite aber, wiederum mit ÜJC bk be-
ginnend, welches hier ein laOia in recht verschrobener weise vor-
bereitet, scheint aus VII 5, 70. 76 compüiert (vgl. VIH 6, VJ), er
stellt etwaä al^ vÖmi^dv (ein lieblingswort der Verfassers des epilogs ;
vgl. VIII K, H^IO) auf Seiten des groszkönigs dem ßEpanEÜElV
gegenüber, welches nicht ohne absieht so allgemein bezeichnet ist,
da man sich nichts bestimmtes darunter denken kann (biaqjuXÖTTElV
auch 1 , 2 liurz vorher, vgl. 1, 45). noch mehr aber fragt man sich
bei dem foipenden satz oÖTUJ b' (x^l usw.: was soll das hier? (vgl.
VII 5, 83 [VIII 8, 4. 5. 27] epilog.) — E, wurde Xen.-st. II s. 16
anm. 2 darauf hingewiesen, dasz auch der anfang des zweiten buchs
der Kyruplidie sieb mutmasziicb verschoben habe; nur wurde hier
nicht das ende der rolle zu Interpolationen benutzt, wie es an unserer
stelle wahrscheinlich ist. war nun ebenda auf die spuren von
originalabichnitten derKyrupSdievon ca. 12'/, —12^^ Seiten (Sauppe)
aufmerksam gemacht, so trifft es sieb wohl nicht ohne grund, dasz
die eben besprochene stelle 3X12*/^ selten vom anfang des epilogS
entfernt ist. fast 12 Seiten nach dieser stelle findet sich VIII 2, 28
bebriXujtai, wie schon erwähnt, in einer Übergangsformel, auch hier
wird der aufmerksame leser einen verdacht gegen die worte iliv bi
nporiTÖp€u£ (§ 26) bis aüxov jifiXXov nd:vTac cpiXetv (i dXXi^Xouc
(§ 28) kaum unterdrücken können: 1, 48 sieht Eyros ein, dasz es
nur gin mittel gibt, welches einerseits sein leben sicher stellt, ander-
seits kciXXktov ist: ti buvaiio noitjcaiToüc xpaiicTouc ^auiip (läX-
Xov (piXouc f\ ä\Xr|Xoic. dieser einsieht gemUsz handelt Eyros: i]uc
750 J ASimon: Xenophon tische studien.
oöv in\ TÖ qpiXeicGai boKcT f)|Liiv ^X0€iV; toOto ireipacöfieOa biiiT^-
cacOai — das jiiäXXov 9iX€ic6ai ist hier einfach und verstftndlich
qpiXeicOai genannt, die liebe der fürsten sucht Ejros durch vier
mittel (2, 1—6; 7—12; 13—23; 24—25); dabei wird nun immer
mit nachdruck betont, wie es natürlich keiner dem mit allen mitteln
und Vorzügen ausgestatteten Kyros zuvorthnn konnte (§ 4 iroXii
bia9€p€t. § 7 TToXu uTTepeßdXXcTO TiävTac [vgl. § 28 fiäXXov
TidvTac 9iX€Tv] — ttoXu ^Kpaxei. § 13 öirepßdXXeiv. § 24 IBy\»
caOpi2[e Tiap' auriu). und so schlieszt denn die angekündigte ans-
ein andersetzung § 26 TaOra jii^v br\ xal TOtauTa iroXXd £^1l-
XavfiTo Tipöc TÖ Trpu;T€Ü6iv Trap' olc ^ßouXeTO dauTÖv q>tX€i-
cOai. drei §§ weiter aber schlieszt nochmals der abschnitt mit den
ziemlich gleichbedeutenden werten: xai rauTa )li^v bi\ bebfjXuiTai
diC djiT]X«väTo Touc KpaTicTOuc auTÖv jLiäXXov irdviac qptXeiv i^
dXXrjXouc, mit denen man § 26 und 1 , 48 vergleiche, da hat wohl
jemand § 26 das jidXXov . . i^ dXXrjXoic von 1, 48 vermiszt und, aas
der ganzen nachbarschaft echt Xenophontische ausdrücke zusammen*
suchend, so gut nachgeholfen (dXXrjXouc [-oic] 4mal), dass er uns
etwas zu stark aufgetragen zu haben scheint, in wie weit § 27
(worauf das djiirixaväTO einzig passt) der neid und hasz schürende
(ö ]Lif) viKUJV . . d96öv€i . . d]Liic€i) Eyros noch vor dem fomm der
altgriecbischen ethik als muster bestehen kann, kann ich nicht ent-
scheiden; jedenfalls aber ist hier, auch bei berücksichtigung der
agonistischen neigungeu der Griechen, ein fall geschaffen, der so
hart das gebiet des unzulässigen streift, dasz er eben deshalb beson-
ders erwähnenswert erscheint (vgl. hierüber Leopold Schmidts ethik
der alten Griechen I s. 191 f. 386—391. II s. 298). formell fftllt
auch hier die Verschrobenheit des ausdrucks auf in der Wendung dbv
. . TTpouTiOei . . TauTa . . ^Tiaivov napeixcv, ön und die gar fehler»
hafte anwendung der anknüpfung mit kqi . . bi (vgl. §25) koX o\ irpui*
T€U€iv be ßouXö]Li€VOi (pi\\qL Trapd Kupiu , was nur dem anfang von
§ 26 oder dem cuvTp^xeiv TOic KpiraTc § 27 entgegengesetzt sein
kann und dann richtiger hiesze : Ka\ o\ Trapd KupiXJ bi q>\kiif, usw.
(7TpujT€U€iv ist das beiden gedanken gemeinsame, das nie zwischen
Kai und b{ tritt), wer hiemach die besprochene einschaltung nicht
dem Xenophon zutrauen will, der mag wenigstens in dem interpolator
den compilator bewundem ; man vergleiche auszor den schon angeden*
teten entlebnungen : zu ^TrejLi^XeTO 6ttu)C dcKOiTO f| dpCTTJ VII 5, 70.
VIII 1, 12. 34; zu 9iXov€iKiac iveßaXXov (i)Liiroi6iv [2, 4] ßouXö-
|i€VOc) VIII 1, 39; 2, 14; VII 5, 64; VIII 4, 4; zu imcpeövuic
irpoc dXXrjXouc eixov VIII 2, 14; 4, 4; zu dOXa VIII 4,4; zu uicircp
dXXoi ev TTÖXeci VIII 2,5, 1,8 (ujcnep xal TdXXa). wie schon oben
angedeutet, scheint der interpolator beider stellen (VIII 1, 8. 2, 26
— 28j der Verfasser des epilogs zu sein, derselbe der VIII 8, 18 die
form p€]Lirixavri]Lieva, welche ihn 3, 1 beschäftigt hatte, nicht unge-
nutzt liesz, der auch 8, 8 die digression I 2, 15 f. geschickt ver-
wertete, wie der pessimistische ton des epilogs nnd dessen stil
JASimoD; XeDOphootiBi^hia etudien. 751
{vÖMijiov a. oben; ö ^TricTänic VIII I, 8 — o\ npocTÄTai 8, 5) der
ersten «inHchaltung eignen, eo kommt auch das ^q)Ööv€i und £)jic£i,
welches die zweite einschallung so pesäimistisch f^rbt, im epilog
neben einander vor: 8, 12 ip8ovoüVTec aÜToic bii^oi f|cav
(vgl. 4, i) KOl ibc ßeXTiovac auruiv ^^tcouv. betreffs des stils
aber Tgl. VIH 2, 28 cuv^irpoEav ., dXXiiXoic äfaBöv mit 8, 4 Äfa-
6ÖV airräi bxanpäHitv. natürlich ist der stil nur von belang in seiner
engen Verbindung mit jener tendenz und zu anfang des achten buchea
nur in bezug auf § 6.
So viel über die beiden stellen der Ryrupädie, an denen sieb
bebi^XujTCii ßndet. an und für sich verdächtigt diese form keines-
wegs eine stelle (s. IV 5, 2G); aber in Übergängen erscheint sonst
€tpriTai; Staat d. Lak. 2, 14. 5, 1. Hell. VII 4, 1. 3, 1. nöpoi 4,33.
Ages. 3, 1. kjneg. 12, I. hipp. 3', 9, apomn. I 2, 38. oikon. 8, 18.
ziebt man beiüglieh der letztgenannten stelle in erwägung, dasz der
oikonomikos zu grosz war um als ^in buch neben den andern Xeno-
phonbüchern umzugehen, dasz er vielmehr den umfang zweier bücher
in der grösze von symp., kyneg., apomn. I II IV, Kynip. III IV VI,
anab. IV V, Hell. I II III hat (s. Xen.-studien II s. 6), dasz ferner
Ciceros Übersetzung der schrift drei bUcher umfaszte: so ist es
sehr wahrscheinlich, dasz — nach 25'/j selten — ein abschreiber
mit 8, 19 eine neue rolle begann (9, 1 konnte er mit der ersten
nicht mehr erreichen) und mit § 18 als iipOTpa(pr| den rede-
strom des Isomachos recht empfindlich unterbrach, dabei hieng
er dem schluaz der ersten rolle, um ihm glaub Würdigkeit zu ver-
schaffen, BiLch analogie des schlasses der ursprünglichen apologie des
Sokrates (apomn. 1 2, 64; s. Xen.-studien II s. 15) die worte an:
Tiiüc owK ö;v TToXXfi fiMÜiv dcuvecia ett}; (vgl. apomn. IV 8, 3, 9,
nach Sauppe tinecht) worte welche als »nakoltith nnsern text ver-
unstalten (uraprfinglicbe construction ; g 17 ^Xetov Tt) TUVaiKf,
6ti . . €\i] ßXaKiKÖv, et oi ^fev eupiCKouciv, fmeTc bfe . . eI nfj
. . cüprjcoiitv usw. § 19 die bJ KCtXov (paiveiai usw.). der Über-
gang Hell. VII 3, 1 mit dem eben besprochenen zusammengehalten
(in beidüu : djc . . KOi ÜJC . , eTplliai), gewinnt dadurch nicht, zumal
wenn man die fassung mit 2, 1 und 2,16 vergleicht; vielleicht ist
der Übergang nach 4, 1 und kyneg. 12, 1 zu vereinfachen, cxeböv
bk TiEpi toOtov töv XPÖVOV beginnt sogar für sich einen abschnitt
VI 1 , 2. VII 4,12; doch macht an unserer stelle die Wahrschein-
lichkeit eines hier beginnenden original ab Schnittes (Xen.-studien II
s. 14) eine einfache Verknüpfung (irtpi fii.V bi] (tJXiactuJV eipTiTOl)
wünsciienswert. irre ich nicht, so sind die worte lijc Kai mcxo'i . .
biETEXecav Kai schon von anderer seite mit andern gründen ver-
dächtigt. — Sicherer scheint mir die unechtheit bei dem Übergang
im Staat d. Lak. 2, 12: hier ist der ansohlusz (3, 1) mit jk n<fyv
nicht richtig (wir erwarten: öiav ^llv TOiVuv — so 2, 1 — oder
ÖTQV ptv fäp [ufev oi3v]}, dagegen schlieszt 3, 1 an 2, 11 vortreff-
lich an.' das subject ist gar nicht mehr zweifelhaft, und der gegen-
752 J ASimon: Xenophontifiche Studien.
satz, welchen Y^ jiiiiv anzeigt, liegt so klar vor äugen, dasz hier jeder
umständliche Übergangsich daneben steif ausnimt. die Wendung X€k-
T^ov 5^ jLioi 5oK€i steht bei Xen. allein da (boK€i f)]Liiv fpaixjioy
elvai in it. Itttt. 2, 1), das folgende etymologisierende sStzchen {icTX
fäp Ti . . TTpöc Tiaibeiav verrät auch durch seinen stil den gram-
matiker'; § 13 wäre Xenophontischer : dirqvei . • vojiliZiuv (st.
dTTqvet Kai . . iv6iiile)\ der anfang von § 14 greift jedem zweifei an
der sachlichen richtigkeit in für Xenophons zeit etwas auffälliger
weise vor (zum passiv d7TiCT€U€c8ai vgl. den Übergang Ages. 3 , 1
[TTiCT€U€Tai] ; zur sache symp. 8, 33 ff. apomn. I 2, 29).
An zwei stellen hat Thukydides Wendungen, welche etwa den be-
sprochenen Übergängen ähneln : 1 40, 1 (rede) djcjii^vouv auTOt T€
..dpXÖjLieOa Kai oYbe ßiaioi Kai TrXeov^KTai eici bebrjXujTai. 110,4
auT€p^Tat bi ÖTi i'icav Kai MäxiMoi Träviec, dv xatc <t>iXoKTTiTOü
vauci bebrjXwKev COjiiripoc). vgl. I 13, 5 ihc Kai xoic iraXaioic
iTOiriTaic bebrjXüüTai. so auch Herodotos Y 36, 3 die bebrjXuiTai
jLioi ^v TOI TTpiüTijj TUJV XÖTUJV (so an acht stellen, an zehn stellen etpr)-
rai, s. Walther «ibc bei Herodotos», Hameln 1887, s.6). beide scbrift«
steller gebrauchen wie Xen. (briXiiüCiu in tt. Itttt. 6, 1; TT€ipdcojLiai bT]XoOv
[-Xujcai] ebd. 1, 1. hipp. 2, 2. Ages. 3, 2) briXoüv im futurum bei an-
kündigung einer beweisführung (Herod. VII 93 ouTOt bk oItivcc iTpö-
Tcpov iKaXdovTo, iy di^poici Xötoici briXij&cu; • 1 106 vgl. 1 184 ^vt|-
jLiriv 7T0ir)C0|Liai. Thuk. II 62, 1 [rede] biiXiucu; Kai TÖbe); namentlidi
Thukydides in den verschiedensten Wendungen der art (I 144, 2.
71, 2; I 9, 4. lU 104, 4. V 9, 1). eine starre Schablone, wie sie
in den inhaltsangaben der anabasis und mehr oder weniger in einigen
andern Übergängen bei Xenophon sich ausgeprägt findet , tritt sonst
bei den griechischen classikern nicht zu tage, dagegen bat sich bei
den alexandrinischen grammatikern eine starre, schulmäszige citier-
methode ausgebildet , und erst wenn wir diesen dtierstil mit dem
jener inhaltsangaben und Übergänge zusammenhalten, fällt auf diese
das rechte licht, greifen wir nur einmal Harpokration heraus, der
den Didymos 37 mal in seinem lexikon citiert, daneben auch Aristar-
chos und Aristophanes von Byzanz einigemal, und der solche äuszer-
lichkeiten ganz gewis berühmten mustern 'glücklich abgeguckt' bat.
bei ihm lesen wir denn:
s. 80, 3 reß0ANiON: xuipiov dv Jj ^c jieiaXXov. irepl bi
Toö ^v Cdjuqj T€Ujq)aviou öv Tpörrov iEeup^Gr] *'6(popoc bebn-
XujKev dv Tri 0'. femer:
S. 89, 17 AHMOnOIHTOC . . ÖV bfe TpÖTTOV TivovTai xivcc
bii)LiOTroiT]TOi bebrjXwKC AihliocG^vtic ^v tu) Karä Neaipac, €Itvt|-
cioc — wo unsere philologen unter dem bann der schulformel citieren
würden: 'über die form der einsetzung in das bürgerrecht vgl.
' wio ganz anders als in diesem dürren tractat wirkt die heran-
zieliung' einer zur zeit jedenfalls Allbekannten etjrmologie (nöXiC ■»
iToX^jüiou ^pifacTf)piov^ an der fris^cb und in naiver begeisterang gesebrie»
benen stelle Hell. III 4, 17 » Ages. 1, 26!
JASimon: Xenophontiscbe ttadien. 758
(pseudo-)Demo8thenes g. Neaira.' man vergleiche mit den beiden
Harpokrationstellen Xen. anab. VI 3, 1 (ÖV fikv oOv Tpöirov i^
T6 Xeipicöcpou dpx^ toO iravxdc KoreXäOii xal täv *€XXi/)Vuiv td
cTpdTcujLia kxic0ii, iy Tok iirävu) efptjTai)' und Hell VHS, 1
(mit der ersten), fernerhin ist zu vergleichen:
Harp. s. 81, 3 rPAMMAT€TC . . 6 TpaMfiareOc irdic T€ ica9(-
craTO Ktti Ti {irpaTTev, d)c täv TPOjüijüidTuiv t* icü ictipioc xal tA
i|iri9(c]LiaTa Td T^vöjiieva (puXdTTCt xal t& dXXa irdvTa dvTitpd-
9€Tai Kai TrapaKdOviTai rq ßouXi}, bebiflXuiKCV 'AptCTOT^Xf)c iv
'AOrivaiiüV TToXiTCiqi (vgl. IMonysios arch. I 74 ön • . Kod irdic, iy
iiipijj bebrjXiüTai jlioi Xörcp • . f| iib/ oOv dxpißeia iv ^Keivqi biiXoO-
Tai Ti|i XÖT4J usw.).
Eine andere wendung finden wir in einem besonders grossen
artikel:
s. 95, 9 AIAMAPTYPIA . . OÖTOC bt 6 ^fJTUip iv Tip KQTd
*HbuXr)c Kai töv Tpöirov bia^pdcpei Tfjc bio^aTupiac. — Der
stelle Hell. VI 5, 1 ist wieder ähnlicher:
Harp. 8. 260, 8 TTPOTTTAAIA . . ircpl hk TUlV TrpOTTuXallüV
Tfic dKpoTTÖXeujc, uj c ^tt\ €ö6u^^vouc dpxovTOC oiKobojüieivfipgavTO
MviicikX^ouc dpxiT€KTOvoGvToc, dXXoi T€ icTop/JKaci Ka\ <t>iX6xopoc
iv Tfj b\ unter den verben in den citierformeln spielt neben (pdvai
die bauptroUo briXoOv. bis zum bachstaben A fand ich es an 45 stellen,
von da an das perf. von biiXoCv noch an 13 stellen, die form bebrj*
XiüTai steht s. 4, 1. 188, 2; bebrjXuiKe s. 46, 6 ('ApiCTOT^Xiic . •
b€br|XiüK€v ibc . . Kai d)C . .). 60, ö (tIvo . . b.). 84, 14 (ncpO.
89, 18 (ÖV TpÖTTOv). 96, 7 (6ti . . b.). 93, 2. 129, 16. 164, 10
(ÖTi . . b,). 188, ö. 214, 8. 16. 220, 11. 235, 2. 239, 17. 244, 10.
279, 7. 283, 11. 288, 4. 290, 14. 292, 3*; bnXoOv mit ab-
hängigem ÖTi- oder djc-satz: s. 57, 7. 89, 13. 99, 3. 110, 12.
149 , 5. 167, 11 (ÖTi . . bnXoöTai fv t€ Tip irpoeipim^vip Xötv
TTiepeibou koI iv . . vgl. 160, 16). 171, 13. 174, 8. 176, 10; ibc
bnXoT : s. 5,3. 11,3.82,12. 90,4. 122,15. 128,5.137,9.161,6.
155, 19. 170, 6. vgl. noch s. 126, 5. 231, 12 (die bnXoOTai).
118, 13 (bnXov TTOiei). 124, 5 (Tauia bnXoOciv). 26, 2 (nööev}.
36, 8 (ti). 45, 9 (Td Tivö|ui£va). 53, 9 (TaÖTa). 58, 12 (abs.). —
Von andern termini merke man: bf)Xov iTOtoOcis. 216, 10. b. iroi€l
118, 13. 20, 3. 298, 1. 302, 12. cacpk noiei 159, 10. qpavepöv
^ diese stelle fehlt in den bessern hss. (vgl. jedoch Krüger de aath.
anab. s. 16). — So setzen cod. Monac. G (Stahl) und Paris. Coisl. 817
(den ich einsah) vor Thuk. I 40 nach dTro[ßa{vovTa ^€iv ein frfKX]»l-
(€ in ras. Par.) |LidTU)V bi )Liövtuv djüieTÖxouc (-6xtuc Par.) oÖTtuc TÄV
|LA€Td Td[c iTpdH€ic toOtuiv }xi\ KOi]vu)V€Tv. (fol. 4 ist im Parisinns ein
teil des blattes [von der ecke unten links (fol.') bis zur halben höhe
des randes rechts] diagonal abgerissen und das in eckige klammern
gesetzte [hier jedesmal das ende der seile] weggenommen.) das könnte
selbst an diesen Übergang (s. oben) den sweifel herantreten lassen;
3, das ol)en über Hell. VI 4, 37. 5, 1 gesagte. ^ vgl. Didjmi frag^
menta ed. MSchmidt s. 235 fr. 52. ^ br\KoX «» ngmficai (von einem
werte ausgesagt) ist hier natürlich ausgeschlossen: Tgl. s. 61, 4.
754 JASimon : Xenophontische Studien.
TTOiei 91, 3. 124, 17. 148, 13. 129, 18. biacacpei 88, 17. uttooi-
jiaivei 173, 2. 170, 11. 203, 3. 204, 2. uTTOcpaivei 145, 14. Tiapcfi-
9aiv€i 170, 11. ÖTi . . eipnKev 158, 13. 153, 4. 257, 6. 173, 12.
174,12. 163, 4. 159, 20. eipTirai 229, 14. 135, 10. TpAcpci 155, 5.
bibdcK€i 143, 8. caqpOüC b. 226, 18. ÖTi . . beiKVurai 124, 6. 154, 11.
. . bieiXcKTai 207, 15. 229, 15. ibc . . tcTOpei 184, 3. Tiepl . . bi€£f)X-
eev 182, 9. icTi bfjXov ^K 173, 19. 297, 14. 154, 9. cuvibeTv dcnv
^K 159, 4. ÖTI . . fcTi liaGeTv ^k 256, 15. ibc juaGeiv dcxiv U 274, 2.
280, 6. bfiXov Tiveiai 46, 2. Xifeiai iy 170, 14. — oö fi^fivTi(v)-
xai 187,3. 178,2 (189, 2).« oö jivniioveüei^ 219,5. 168,17. 161,8.
159, 19. 177, 5. . . lijjLioXÖTnTai (Tiapd Träci) 165, 12. — Man be-
achte auch die anknüpfung mit ji^v ouv: 237, 15 Tiepl fi^v OÖV
TUJV briiiodujv TToXXaxoO etprirai toi Auciqi (vgl. Hell, in 1, 2).
255, 1 TÖv TToXÜTpoTTOV jifev oövdvTfiT]' Tiüv *€XXT]viKiiiv Eevo-
9diVT0C eöpov (vgl. s. 50, 6. Didjmus ed. Schmidt s. 310 fr. 19.
Aristoph. Byz. ed. ANauck 8. 81, 1). 299, 13. — Daneben her geht
eine kürzere citiermethode mit ellipse des verbums, mit oder ohne
adv. djc vor dem automamen. beide methoden finden sich bereits in
dem fragmentum Parisinum des Aristoph. Byz. (Naack s. 79 — 81.
vgl. § 1. 17. 18. 20. 21).
Leider schöpfen wir bei den groszen meistern nicht direct ans
der quelle.^ es verschlägt aber nichts: denn bei ihnen kann man
voraussetzen, dasz sie in ihren publicationen sich der kurzem citier-
methode vorzugsweise bedienten , und die commentare des Didymos
(s. 112 — 211 Schmidt) können das etwa bestätigen, dagegen können
wir annehmen dasz, je dürftiger der selbständige Inhalt wurde, desto
mehr gewicht auf eine schulgerechte form gelegt worden ist (Über
biiXoGv im citat vgl. noch Bekk. anecd. gr. II s. 663, 15. 664, 7).
in späterer zeit finden wir dem betrachteten entwicklungsgang des
gebrauchs ganz entsprechend ö b€briXu)|i^voc, biiXuiOeic «■ memoro-
tns^ (supra) laudatus ganz gewöhnlich, vgl. Eusebios bist. eccl. JI 13
Ci|iujva t6v TrpöcOev bebriXuJiii^vov. ebd. dv tQ bebriXujfi^vq ßißXqi.
Dieser hinwcis auf den citierstil der grammatiker wird beson-
ders für die beurteilung derjenigen Übergangsformeln bei Schrift-
stellern von interesse sein, welche mit der buchteil ungspraxis, welche
gerade die Alexandriner ausübten , in Zusammenhang gebracht wer-
den können, wie wir dies von etlichen oben zn zeigen versuchten.
aber auch andere indicien können gravierend zu dem von der stili-
bicrung hergenommenen verdachtsgrunde hinzutreten, und das ist
Hell. III 1, 2, wie Reuss ao. s. 8 noch einmal nachdrücklich hervor-
hebt, die empfindliche Störung des Zusammenhangs, diese besteht
ihrem eigentlichen wesen nach in der Verzögerung der anfügnng des
zweiten gliedes eines so schön eingeleiteten (doppelten) gegensaties :
Xen. wollte — das sieht man — diesem vierten abschnitt seiner
« vpl. Di.lymos s. 260 fr. 66 (Schmidt). » rgl. ebd. " Lehrs
de Arist. stuf). Hom. s. 1. Nauck ao. s. 81 mitte. USchmidt Didjmi
fr. 8. 211—213.
: Xenophontische etndien.
755
griechiaclieQ geactiicbte, welcbe hier vorzugsweise spartanische ge-
schichte zu werden beginnt (s. Xen.- Studien II s. 14 f.), einen an-
fang gt-ben, welcher dem des dritten abschnitte (ebd. s. 11)° an
Bcbönheit nicht nachstehen sollte, man vergleiche III 1, 1 und 1, 3
(mit einer kleinen Umstellung):
< bi ToiJTOu Köpoc
TT^fiiliac äfT^^ouc eic AaKcbctU
^ova
otöciTEp aÜTÖc AaK£baifiovioic ilv
iv Ti^ TTp6c 'Aenvaiouc ttoX^mijj,
i^Eiou [umgestoltt]
TOioütouc Kai AaKebai^oviouc
aÜTiJ] TiYveceai, —
§ 1 n^mjjac KOpoc ätt^Xouc tic
AöKebaipova tifiou,
otöCREp . , i^V TOlOUTOUC • . TITVE"
cBm usw.
§ 1 ol b' ^(popoi . . Ca^tiif ^\h
§ 3 im'i n^vToi Ticca(p^pvr]c . .
caTpäirrjc KaTeiT£fj<p9ii djv usw.
TioXXoO fiEioc ßaciXti böEac fe.fe-
vflc0ai
^v TiüTTpöc TÖv dbeXcpöv noX^nijj,
TÄc'luJViKaciTÖXeiciiTtäcacdauTiIi
OJtr)KÖouc elvai, —
§ 3 a'i hi (iiöXeic) . . eic AaKCb.
^TTEMTTOV np^CßeiC Kttl
ilfiouv,
^Tiel . , eiciv, ^TrifitXrietivai uaw.
J 4 oi oGv AaKcb. n^nirouciv
aÜToic Oißpojva öppo-
CTiiv USW,
(es folgt die angäbe der streit- (es folgt die angäbe der Streit-
kräfte und ihre action). krSfte und ihre action).
Entspricht dieser anfang den lobsprüchen der iiUen über die
Xenophonti scheu einleitungen, so verdirbt § 2, der zwischen die bei-
den glleder des doppelgegensatzes eine ganze anabasia in nuce ein-
schiebt, alles, wem aber nach tilguns dieses § mit Öt' Kt] (§ 3 —
vgl. ?u)c M£V fZn III 1, 10, Kyrup. VUl 3, 38) und äTiOciu0^VT£C
(prfidicativ gestellt — s. Richter ao.) ol dvaßdvTec H€^ä Küpou § 6,
der zweimaligen erw&hnung des feldzugs (§ 1. 3) und der noch-
maligen bezugnahme III 2, 18 noch nicht genug gesagt ist (vgl. VI
I, 12), der lese Hell. VI 4, 13 ff. nach, wie der in der geschichte
Spai-tas so merkwürdig dastebendo tod des Kleombrotoa erzSblt wird,
und er wird zu dem ÖT* (Zi] ein vielleicht auffaHenderea seitenstUck
finden (ou Tclp fiv ^büvavTO aÜTÖv dveXecöai koI lw\ia äireveTKEiv,
El ^li\ usw.). auf unsere stelle aber kann nach beseitigung des einer
modernen fusznote vergleicIibareuThemistogenes-citatesnichteinmal
das urteil des Dionjsioa über Xen. aawenduag finden: ^V tioXXoIc
öXiyujpöc dcTiv, &v TIC 6p6üjc CKOirfl.
" dieser anfung Bclie.int iler inhaltaangnlie cies DiotiyaioB (ep. ad Co,
Pomp. •[ s. 777) zQ grande la liegen (KOTaXiiovrai Te ot tpkSkdvto
Kol iä TEixi Tiliv "Afliivaliuv, & AaMÖainövioi Ka6£iXov, aöeic dvf-
ctOTat), auf die hergestellte o 16 oriKinalabschnitte (tifpi Xötou) der
Hellenika versuebe nrnn dn» ebd. von Dioiiysios auBgesjirofbeno urteil
über Xenophona olKOVOfjJa anzaireijden; fiCM^piKf TE KoAiIic koI t^t^x^
. . T*iv TPcpiiv-
Düren. Joh. Alphons Simon.
756 EJLiebhold : zur textkritik Platons.
99.
ZUR TEXTKRITIK PLATONS.
Apologie 21^ weist Kr4l in seiner ausgäbe (praef. 8. XI) das
bedenken von Goebel, der die Verbindung von biaCKOTTUiv mit toOtov
beanstandet und dieses pronomen zu der folgenden parenthese ge-
zogen wissen will, mit einem binweis auf Prot. 311^ Kai ifü) diro-
TTeipiWjLievoc iTTTTCKpaTouc iflc ^üüjiTic biccKÖTTOUv QUTÖv zurOck.
dagegen balte ich toOtov überhaupt für überflüssig und schlage, in-
dem ich von der Voraussetzung ausgehe, dasz die Streichung der an-
mittelbar nach der parenthese kommenden worte biaXeröficvoc auTi|i
durch Schanz und Wex gerechtfertigt sei, folgende abrundong der
betreffenden stelle vor: biacKOTToOvTi ouv iboli jioi oOtoc ö dvf|p
boK6iv ji^v eTvai coqpöc äXXoic t€ TroXXoTc dvOpiIiiTOic Kai fidXicra
dauTtu, elvai b' oö.
ebd. 23^ hat sich Schanz mit recht für die emendation von
FAWolf (vermischte Schriften s. 94) toGt* du erklftrt, da e^ sich
deutlich herausstellt dasz, wenn toOto richtig wäre, es nur auf die
später folgenden worte ÖTi outoc U)i0üv, Ü5 dvOpuiTroi, cocptdroTÖc
^CTiv usw. bezogen und nur unter der Voraussetzung, dasz nicht
iTpocK€Xpflc6ai b^, sondern TrpoCK€XP^c6ai T€ in dem text gestanden
habe, gehalten werden könnte, aber Piaton wollte doch sicherlich
den Sokrates nach der behauptung tö hl KivbuV€U€i, (b dvbpcc, Tip
dvTi ö Oeöc coqpöc elvai, dh. nach der behauptung von der absoluten
Weisheit des gottes , sagen lassen , dasz der gott ihm selbst nur eine
relative Weisheit beigemessen und ihn nur wegen der erkenntnis
seines eignen nichtwissens als den relativ weisesten unter den TOm
Wissensdünkel aufgeblähten Athenern erklärt habe.
ebd. 23^ schwankt die Schreibung zwischen HuvT€TaTM^vuic and
HuVT€TajLi^vuJC , welches besser in den sinn passt und in der bedea-
tung dem folgenden ccpobpuic entspricht, indessen würde das wachaen
der gegen Sokrates geschaffenen misstimmung viel anschaulicher dar-
gestellt werden, wenn die beiden momente des willigen anhOrent
und des mit dem scheine der glaubwürdigkeit wirkenden weiterver-
breitens auseinander gehalten würden, das kOnnte aber geschehen»
wenn Piaton HuvUvtcc dc|i^vu)C Kai iriOavuic X^tovt€C geschrieben
hätte.
ebd. 26'' bemüht sich Kral (praef. s. XII) das von Schanz far
unecht erklärte 'AvaHairöpou zu halten, indem er überdies Kai neben
f{ (welches letztere Sauppe für Kai gesetzt wissen will) bestehen
läszt. der verschlag von Baiter, CuJKpdTOuc für 'AvaSatopou, hatte
deshalb bis jetzt die meiste Wahrscheinlichkeit, weil der erforderliche
gegensatz fehlte und somit das an die spitze des satzes tretende oTct
KaTTiTopeTv in der luft schwebte, jedenfalls soll doch dem Meletoa
begreiflich gemacht worden, dasz seine anklage an die falsche adresse
gerichtet sei, dasz seine beschuldigungen viel richtiger gegen Anaza-
EJLiebhold: zur textkritik Piatont. 757
goras erhoben werden würden, der hier gewiBsermaszen als der Ver-
treter der 23 ^ erwähnten q)iXoco(poOvT€C namhaft gemacht wird,
dh. an einer stelle, die neben der fthnliohkeit des sinnes nns einen
deutlichen fingerzeig gibt für die heilnng der vorliegenden corrapteL
dieselbe lautet bekanntlich: kqI iiT€ibdv Ttc adToOc dpuiT^, 6 Tt
TTOKjüv Ka\ ö Ti bibdcKUüv, ^x^^ct }itv oöb^v €iiT€iv, dXX* d^cpi-
fvooOciv, ha bk |if) boKUüciv dTiopeiv, rd Kord irdvTUiv TtSrv qpiXo-
cocpouvTUJV Trpöx€ipa raura X^youciv, 6ti usw. mit bezugnahme
darauf glaube ich schreiben za müssen : dXX' iE diTÖpou icaTTlTOpctc,
iL qpiXe MAiit€; kqI oötuü KaTaq>pov€Tc T(!lvb€ kqi oTei aörodc
dTTeipouc Ypa|i|üidTüüv elvai, Acre oök eib^vai, an rd 'AvoEaTÖpou
ßißXia ToG KXa2:o|i€v(ou T^jiiei toi3tujv tiSjv Xötujv ; natürlich ist
nebenbei anzunehmen , dasz das hinter 'AvoEaTÖpou stehende olei
als duplicat des nachfolgenden in den tezt geraten sei. eine beleg-
steile, wenn auch nicht für Ü diTÖpou, so doch für Ü diröpuiv findet
sich in den Gesetzen 11 699^ d)C ii diröpuiv Kai töt€ i(pa(v€TO
Y€V€c6ai TÖ viKficai |iaxo|i^vouc, wo die Übertragung Stallbaums
lautet : ^quod post desperatam plane rerum snamm condicionem et
fortunam videbatur victoria sibi pugnantibus obtigisse.* übrigens ge-
hört wegen der analogie des gedankens auch 27* hierher, wo ich
mit Schanz das überflüssige TttCra und mit Er&l oöx( fallen lasse,
dagegen mit letzterm nach der autorität der codd. BD oö für cu
schreibe, so dasz die werte lauten : dXX', (2 M^XliT€, odK JCTIV diruic
ouK d7T07T€ipiJüji€Voc f)jLnIiv dtpdipui xfjv Tpowp'iv TaÜTiiv t{ dnopi&v
ÖTi dTKaXoic djLiol dXriÖfec dbtKTijia.
ebd. 41 ^<^ hat bekanntlich Madvig adv. crit. I s. 368 einen für
die Wortfolge und construction bemerkenswerten Vorschlag gemacht,
indem er dvTmapaßdXXovTi rd d|üiauToO TidOri Trpöc id dKCivuJV mit
fjUGife Ktti auTUj GaujLiacTfi Sv eXr\ f) biarpißf) construiert, von dem
voraufgehenden T€8viiK€V nur durch ein komma getrennt und d)C
dfiüiLiai OUK äv dribec e\r\ ganz selbständig ge&szt wissen will, dann
läszt er streng nach der Überlieferung die ^orte Kai bf| TÖ ji^inCTOV
folgen und scblieszt endlich dnl ttöciu dv Tic (nach tilgung des vor
dv überlieferten b') an £cTi b* ou so an, dasz diese werte ebenfalls
nur durch ein komma geschieden werden, aber es ist ihm entgangen,
dasz dadurch eine einheitlichkeit der periode nicht erreicht wird.
jedenfalls würde eine bedeutsame Steigerung der rede und eine für
die einheitliche construction zweckmäszigere Verteilung erreicht wer-
den, wenn die annähme einer Verschiebung der werte Kai bf| TÖ
|Li€TiCTOV beglaubigt werden könnte und Piaton folgendermaszen ge-
schrieben hätte : inex iixoxfe kqI auTtu 0au|LiacTf| dv ein ^ biaTpißfj
auTÖGi , Ö7t6t€ dvTuxoijii TTaXajLiribei Kai ATavTi Tiji TeXa^iuivoc Kai
ei TIC dXXoc TÜüv TraXaiÄv bid Kpiciv dbiKOv t^0viik€V, dvTmapa-
ßdXXovTi Td d^auToO n&Qx] irpöc Td dKeivwv. die ifih oTfiai, oök
av dribec eiri, touc dKei ÖeTdCovTa Kai ^pcuvOövTa löcTiep toöc dv-
TaöGa bidteiv, Tic bf| auTifiv coqpöc dcTiv Kai t(c oIcTai jiidv, &tiv
V DU. Ka\ bf| TÖ jLiefiCTOv, im Tröcip dv Tic, t5 dvbp€c biKacrat,
758 EJLiebhold: zur textkritik Piatons.
bÖaiTO dHeidcai töv ^ttI Tpoiav dtat^ivTa -rfiv 7roXXf|v CTpandv
f| 'Obucc^a f| Qcucpov , f\ äXXouc jiupiouc äv Tic diroi (wofttr es
wohl richtiger heiszen musz jiiupiouc oOc äv Tic cTttoi) Kai ävbpoc
Ka\ T^vaiKac; olc dK€i biaX^t^cOai kqi Huveivai Kai d£€TäZciv
öjuirjxavov äv ein eubaijioviac. denn bei dieser anordnung hätten
wir zunächst die wunderbare beschäftigung, sodanp die hohe freude
und endlich den höchsten genusz und eine unbeschreibliche glück-
Seligkeit, die aus dem verkehr mit den seligen geistern der beiden*-
weit gewonnen wird.
Kriton 45® dürfte die lesart Kai f) elcoboc Tf)c biKaiocuvric
Tfic biKiic eic TÖ biKacTrjpiov die eicf^XOev unhaltbar sein, dasz die
eicfiXOec das richtige ist, ergibt sich nicht allein aus der nachfolgen-
den Wendung dHöv jif) eiceXOeiV; sondern auch aus Apol. 29^ ou
beiv ^jLi^ beOpo eiceXOeiv fi, dneibfi eicf^XOov und aus Oorg. 522^
eiceXOujv eic biKacTripiov.
ebd. 52 ° ist die von Kral aufgestellte Vermutung, dasz Kai Tdc
öjioXoTiac ein überflüssiger zusatz aus 52 ^ sei , nicht zu verwerfen,
wohl aber sein verschlag auTÖc an stelle des wahrscheinlich cor*
rumpierten auTOÜc zu schreiben, denn nicht auTÖC würde einen
ausreichenden gegensatz zu dem folgenden bilden , sondern das be-
kannte und durch den Platonischen Sprachgebrauch garantierte ady«
auOabiüC (vgl. Ges. IV 720^), so dasz die werte lauten würden:
f\ HuvOrJKac Täc Tipöc f))üiäc auGabuic Trapaßaiveic, oöx öit6 dväipcTic
öjLioXofilcac ovbk (iTraTT]9€ic usw.
ebd. 53° hat Schanz nach Vorgang von Schleiermacher und Ast
bouXeuuJV gestrichen; obwohl es nicht unwahrscheinlich ist, dasz
nach den worten UTrepxöjievoc bi\ ßiujcei irävTac dvOpuiiTOUc nicht
Kai bouXeiJuiv, sondern Kai 9uj7r€iJU)V im texte stand, welches dem
sinn und der construction nach entschieden zu äirepxöfievoc passt.
Protagoras 316^ lautet die Überlieferung: Hevov ydp ävbpa
Kai iövTa eic TröXeic lietaXac Kai ^v TauTaic TreiOovTa twv v^uiv
Touc ßeXiicTOuc usw. dasz Kai iövTa unhaltbar ist, weil kein an*
dercs appositives part. vorhergeht, unterliegt keinem zweifei. des-
halb trug Hirschig kein bedenken das Kai zu streichen, während Ast
KaTiovTa in verschlag brachte, indessen ist es, da der sophist selbst
in den bedeutendsten städten nur vorübergehenden aufenthalt nahm,
viel wahrscheinlicher, dasz Piaton KaTaXuovTa geschrieben habe.
ebd. 323^^ handelt es sich um Td KaXd, das, während Ficinus
Td KaKd schreibt, von Schanz gestrichen wird. Kral tritt praef. s. V
mit entschiedenheit für die Überlieferung ein, und zwar wegen der
folgenden werte oca bk ii iirijuieXeiac Kai dcKrjceuic Kai bibaxJ)c
oiovTOi TiTvecGai dtaGd dv9piJü7TOic, ddv Tic TaÖTa \ii\ ?x^li dXXd
TdvavTia toutujv KaKd, im toütoic ttou oi t€ Oufiol yiTVOVTai Kai
al KoXdceic Kai al vou6eTr)ceic. indessen verkennt er, dasx das an
der spitze des satzes stehende. TaÖTa sich auf die vorhergehenden
schlechten, in den worten olov Touc aicxpouc f\ CjiiiKpouc 1^ dcOcvciC
aufgezählten eigenschaften bezieht, dasz mit den Tdvavria TOUTOiC
EJLiebhold: zur textkriidk Platons. 759
nur Tä KaXd gemeint sein können und da8z durch die rioh an-
schlieszende; umgekehrte reihenfolge (dca bk . • oloVTOi f^Tvecdat
dTaOd dvOpüJTTOic, dXXd rdvavria Toünuv Kaxd) ein etwas ver-
steckter chiasmus erzielt wird, der dasselbe besagt, wie wenn ToOra
Td KUKd — Kai rdvavTia (sc. rd KaXd) und dyadd, £dv Tic ToCra
)if) 1x^1 äWoL TdvavTia auf einander folgten, dasz mit dieser an-
nähme die von Herwerden (lect. Bhenotr^j. s. 42) vorgeschlagene
Streichung von xaKd gerechtfertigt ist, liegt um so mehr auf der
hand , als bei dem hier zur darstellung kommenden gegensatz der
€ jLiqpuTa und KTiiTd (sowohl KOKd als dioiOd) mit dem ersten Tdvavria
die Ijuqpura KaXd und mit dem zweiten die KTr|Td Kcucd angedeutet
worden sind.
ebd. 325^ hat Eral sich bei der fttUe der vorschlage, welche
die Worte CK^ipai d)C OaujLiacfuic TiTVOvrai oi dyaOGi hervorgerufen
haben; für die an Schleiermachers verschlag (Oaufidcioi COi) sich an-
lehnende ansieht von Eroschel (d)C Oaufüidcioi TiTVOvrai ol dtaOoi)
entschieden, die von demselben nicht nur in seiner ausgäbe, sondern
auch früher (jahrb. 1863 s. 849 f.) verfochten worden ist. obwohl
nun die möglichkeit eines sinnes weder bei CK^tpai, d)c Oau^aduic
TiTVOviai o\ dfaOoi noch bei CK^Y|iai, die Oaufiaciuic TWvovrai
dYaOoi ausgeschlossen ist, weil in dem ersten faUe dTa6o( als prft-
dicat und in dem zweiten falle oi dyctdol dvbpec als subject (aus
dem vorhergehenden) ergänzt werden kann, so können doch der-
artige ergänzungen den Charakter des gewaltsamen nicht ganz ver-
leugnen, am meisten scheint Thompson mit dem verschlag die Oau-
jLiaciujc dTOTTOi TiTVOVTai ot dtaOoi auf der richtigen spur zu sein,
weicht aber in der form zu stark von der Überlieferung ab. dem
sinne nach meint er dasselbe , was mit einer unbedeutenden Verein-
fachung des Kroschelschen Vorschlags erreicht wird, indem man
schreibt CKeipai, ujc OaujLidcioi T^TVOvrai dtaGoi, so dasz dyaöci
substantivisch und Gaujidcioi als das dazu gehörige attribut zu ver-
stehen wäre, selbstverständlich bleibt dabei die andere bemerkung
von Kroschel, dasz yiTvecGai hier wie 355*. Euthyd. 298® und
Gorg. 512^ von dem zu verstehen ist, was aus den prftmissen ge-
folgert wird, unangefochten, so dasz die werte zu übersetzen wären :
'dann sieh zu, was für sonderbare tugendhelden herauskommen.'
ebd. 327^ heiszt es an einer der meistversuchten stellen:
oÖTiüc oiou Kai vöv, öcTic coi dbiKoiTaTOc cpaCveiai ävGpuiTroc
tOuv ^v vöjuoic KOI dvGpuiTTOic TeGpojüiji^vuiv, biKaiov aÖTÖv elvai
Kai bTiiLiioupTÖv ToÜTou ToO TrpdTMttToc, el b^oi aöröv KpivecGat
TTpöc dvGpiüTTOuc, olc |ir|T€ Tiaibeia dctlv jLirJTC biKacnfipia ^i^re
vö)uoi iAr]bk dvdTKTi ^T]b€jiia bid TiavTÖc dvaxKdZiouca dp€Ti)c im-
jueXeTcGai usw. mit bezugnahme auf 323*^ f\ jLif| elvai dv dvGpifi-
TTOic und auf die nachfolgende wendung ei b^oi atiiTÖv Kp(v€CGai
TTpoc dvGpiüTTOuc glaubt Kr41 an der stelle nichts ändern zu dürfen.
freilich scheint weder LSchmidt (Philol. XXXVIII s. 345) mit der
emendation dv dvvö^oic dvGpiÜTTOic (im anschlusz an Ficinus) noch
760 EJLiebhold: zur textkritik Platons.
Gobet mit der emendation ^v vöfüioic xai vo|i(|iOic dvdpidiroic, ob*
wohl er damit den Wegfall von kqi verhütet, sondern am meisten
Döderlein mit der Vermutung ^v vöfüioic kqI ^v rpöiroic der ur-
sprünglichen lesart nahezukommen, noch näher würde er vielleicht
gekommen sein, wenn er tuiv iv vö^oic Kai dvOpuüTiivoic rpö-
7T o i c T€9pa)üi)üi^vu)V geschrieben hätte, in ähnlicher weise verbinden
sich die maszgebenden begriffe Staat VII 541^ 6coi &v TOUC iraibac
. . 0p€ipu)VTai iv Toic ccpei^poic xpÖTroic kqI vöjlioic.
ebd. 347^ hat das von Schanz verworfene und von Eroschel
verteidigte TreTraibeujLi^voi auch Er4l im texte belassen, obwohl es
ohne ein vorhergehendes €U kaum in den Zusammenhang passt. sollte
es nicht als fremdartiger zusatz betrachtet werden müssen, so ist
es wahrscheinlicher, dasz Piaton Kai ^Traibouficvoi geschrieben
habe , zumal da es mit dem nachfolgenden KOC|iiu)C begrifflieb har-
moniert und für die Situation geeignet ist. das betreffende verbum
findet sich zb. Ges. XI 921 ' f^rib^v t6v ßioböniv Oeöv dTiaibecOcfc
ebd. 348 ^ glaubt Schanz TÖV "OjLiiipov entfernen xu müssen,
während es Kroschel zu halten sucht und bemerkt, dasc wir nach
analogie von Wendungen wie t( toCto X^t^ic zu übersetzen hätten:
^ich glaube dasz etwas ist an dem ausspruche (dem gedanken)
Homers' oder 'ich glaube dasz Homer etwas bedeutsames sagt mit
der ansieht' usw. sollte dagegen ein fehler der Überlieferung vor*
liegen, dann dürfte nichts zu entfernen, sondern vielmehr zu schrei-
ben sein fjToO^ai fäp Trdvu X€T€iv ti töv "O/üiiipov X^tovtq, gleich-
wie ein früheres citat (344"*), nemlich aiiTOip dvf)p dtaOöc TOT^ pitv
KttKÖc, äXXoT€ V £c9Xöc mit der Wendung djcirep Kai irop' dXXou
7roiT]TOÖ fiapTupeiTai toO elirövioc eingeleitet wird.
ebd. 349 ^ hat Schanz mit recht an biaqpepöVTUic anstosz ge-
nommen, da dieses adverbium sich nie mit Superlativen zu verbinden
pflegt, indessen würde ein abschlusz des satzes mit dvbpeiOTäTGUC
bi zu matt sein und auszerdem den rhythmus der periode beeintrftch*
tigen. Cobet dagegen schreibt dvbpeiouc hk biaqpcpövTUic, indem
er sich nicht scheut zwei silben der rücksicht auf den Sprachgebrauch
zu opfern, eine Vermittlung beider vorschlage dürfte mit der Ver-
mutung dvbpeiqi hl TidvTUJv biaqp^povrac bewerkstelligt
werden können. Schanz hat sich wahrscheinlich durch die that-
sache bestimmen lassen, dasz dvbpeiGTdTOUC bk ohne biaq)€pövTuiC
359^ wiederkehrt; aber an dieser stelle schlieszt die periode noch
nicht ab, und auszerdem folgt die eher für als gegen unsem vor-
schlug sprechende Wendung \!i) fViücei ÖTi ttoXu biaq)^p€l fl dvbpcia
TUJV fiXXuJV ^OplUJV TTIC dpCTTlC.
KUDOLSTADT. KaRL JuLIUS LiEBHOLD.
HMenge : anz. v. KManitius über des Hypsiklee aohzift Anaphoxikos. 761
100.
DES HTPSIKLES SCHRIFT ANAPH0RIK08 NAOH ÜBEBLIBFEBÜNa UHD
INHALT KRITISCH BEHANDELT VON DB. EaBL MaNITIUS. piO*
gramm des gymnasiums zum h. kreaz in Dresden. Lehmannsche
bucbdruckerei. 1888. XXXI s. gr. 4.
Die urteile, die bisber ttber den dtvaq>optK6c des Hypsikles ge*
fällt worden sind; batten wobl alle den text der ed. pr. (Paria 1657)
zur grundlage. da der berausgeber Mentel den inbalt .der von ibm
edierten scbrift offenbar selbst nicbt verstanden, ist es nicbt zu ver-
wundem , dasz die ausgäbe eine fülle der grObsten febler aller art
aufweist, man musz daher dem vf. der vorstehenden abh. dank
wissen, dasz er sich der aufgäbe unterzogen bat, einen den anfor-
derungen modemer kritik entsprechenden , lesbaren tezt zn consti-
tuieren, und dasz er diese aufgäbe, wie hier sofort hervorgehoben
werden soll , mit geschick und umsieht gelöst hat.
In der einleitung behandelt der vf. die Hjpsiklesfrage, die übri-
gens nach den gründlichen forschongen Friedleins, Ma^rtins und
Cantors von Heiberg (studien über Euklid s. 154 iL) ;Eum abschlnsz
gebracht sein dürfte, wenn s. III gesagt wird, dasz Hjpsikles *nach
der überliefemng der handschriften' als Verfasser des 14n und 15n
bucbes der demente des Eukleides gelte, so trifft dies bezüglich des
1 5n buches für die mir bekannten hss. der elemente nicht zu (vgl.
auch Heiberg ao. und bd. V s. 40 seiner ausgäbe), nach einigen
Vorbemerkungen über den inbalt des dvaqpopiKÖC werden die urteile
der neuem mathematischen bistoriker über den wert der scbrift zu-
sammengestellt und dann ihre Überlieferung besprochen.
Dasz die scbrift zu dem sog. kleinen astronomen, dessen älteste
bs. der in diesen jahrb. 1886 s. 183 f. beschriebene cod. Vat. gr. 204
ist, gehörte, unterliegt keinem zweifei. den von dem vf. aufgeführten
hss. wäre zunächst noch der Parisinus n. 2342 chart. fol. saec. XIV
hinzuzufügen, die s. VIII citierte angäbe Montfaucons, dasz in der
Vaticana sich vier hss. des dvaqpopiKÖc finden^ ist richtig; es sind
dies auszer dem bekannten sammelcodex 191 die Vaticani gr. 202
(bombyc. 4^ saec. XIV), 203 (bombyc. fol. saec. XIII) und 204
(membr. fol. saec. X). das ergebnis der besprechung der bis in das
dreizehnte jh. hinaufreichenden arabischen hss. ist, dasz der dva-
qpopiKÖc gegen ende des neunten jh. von Ishak ben Honain sowohl
wie von Eosta ben Luka ins arabische übersetzt, dasz die Übersetzung
des erstem von Thabet ben Korrah, die des letztem von Jakob
Alkindi emendiert wurde und ^dasz Nasireddin el Tusi für die recen-
sion, die er von den mittleren büchem um das j. 1250 veranstaltete,
der Übersetzung des Kosta ben Luka den Vorzug gab', für die ara-
bische Überlieferung ist die dem griechischen texte gegenübergestellte
Übersetzung des Gerhard von Cremona aus dem arabischen nieht ohne
interesse. indessen würde den berechtigten wünschen derjenigen,
um derentwillen überhaupt den textausgaben griechischer mathema
Jahrbücher für class. philol. 1888 hft. 11. 50
762 HMenge: anz. y, EManitius über des Hypsiklcs schrift Anaphorikos.
tiker lateinische Übersetzungen beigegeben werden, eine von dem
yf. neu angefertigte Übersetzung des emendierten griechischen ieztes
wohl mehr entsprochen haben.
Hecht verdienstlich ist die beigefügte ^ freie wiedergäbe des in-
halts' der schrift. im anschlusz hieran sucht der vf. nachzuweisen,
dasz Hypsikles sich in der beweisführung einen groben fehler habe
zu schulden kommen lassen, er meint nemlich , von einer fallenden
arithmetischen progression könne nur bei den südlichen zeichen die
rede sein; daher hätte Hypsikles diese und nicht die nördlichen in
betracht ziehen müssen, femer seien bei der Untersuchung über die
einzelnen grade eines Zeichens als zwei aufeinander folgende zeichen,
von denen das erstere mehr zeit zum aufgang gebrauchen soll als
das letztere , 'offenbar widder und stier' angenommen und bei der
berechnung der aufgangszeiten des ersten und letzten grades des
Widders werde unterstellt , dasz es gleichgültig sei , welches zeichen
man zu gründe lege ; es ergebe sich ein ganz verkehrtes resultat»
für den ersten grad des widders der gröszere, für den letzten der
kleinere wert, diese Voraussetzungen des vf. dürften nicht ganz zu-
treffend sein. Hypsikles will die beweisführung in dem astronomi-
schen teil der schrift auf die vorausgeschickten Sätze über fallende
Progressionen stützen; er musz also, wie er es sp. 9, 11 £f. (vgl.
sp. 9; 26) wirklich thut, mit demjenigen zeichen beginnen, das die
längste aufgangszeit bat. selbstverständlich denkt er sich dabei die
zeichen nicht aufsteigend, sondern bereits aufgestiegen, weshalb dies
nicht gestattet sein soll, vermag ich nicht einzusehen, in satz ß ver-
fährt Hypsikles ähnlich, freilich passt hier die figur sp. 7 nicht mehr.
sp. 11, 3/4 ist gesagt, dasz die aufgangszeit des stieres gröszer ist als
die des widders; nach der Voraussetzung von satz ß (sp. 11, 24/25)
soll AB in längerer zeit aufgehen als Bf; also sind hier mit AB nnd
Bf nicht Widder und stier, sondern umgekehrt stier und widder ge-
meint: in der neuen figur würde die reihenfolge der buchstaben aßx
der reihenfolge f ßot entsprechen, weiterhin bezeichnet Hypsikles
allerdings das erste dreiszigstel des widders mit ay; &us den werten
sp. 13, 26 geht aber deutlich hervor, dasz er darunter das dreiszigstel
mit der grösten aufgangszeit versteht und in welcher richtung er
demnach das zeichen des widders betrachten will, hier entspricht
der buchstab a dem buchstaben ß in der figur sp. 7 und umgekehrt ß
dem dortigen a. dasz man auch bei jedem andern zeichen in der-
selben weise verfahren kann , liegt auf der band, bei diei«er aufTas-
sung dürfte es mit dem ergebnis der schrift nicht so schlimm be-
stellt sein, und es ist kein zwingender grund vorhandeni sie für eine
des Hypsikles unwürdige leistung zu erklären.
Dem text hat der hg. den Ambrosianus A 101 (A) saec. XIV
zu gründe gelegt, eine hs. die auch in Eukleidischen Schriften und
besonders in den zugehörigen scholien zahlreiche eigentümliche les-
arten bietet, auszerdem wurden zwei weitere Ambrosiani (BC), ein
Alarcianus (V) und ein Vindobonensis verglichen, ihren lesarien aber
HMenge : anz. y. EManitius über des Hypsikles sckrift Anaphoiikoi. 763
nur ausnahmsweise der vorzag gegeben, von den oben erwfthnten
Vat. gr. 202 (V»), 203 (V^) und 204 (V«) steht V»> offenbar in der
engsten Verwandtschaft mit C. folgende lesarten haben beide allein
gemeinsam: sp. 1, 8 toC om. ebd. cuTK€i)bi^vuiv sp. 3, 6 Aav
om. sp. 5, 8 K€ijLi€VOi om. z. 20 dcov icd sp. 7, 6 8v t6 T
TTpöc TÖ €' fV»> m. 2 8 r TTpdc eO z. 23 baX sp. 9, 20 ji^v
om. z. 24 0 om. z. 28 diT€ib/| sp. 13, 29 tiIiv Ikkcim^vuiv dpuiv
(V^ m. 2 in marg.) sp. 16, 6/7 AcT€ Kol f| mpicp^peia ttJc ot
(Tiepicp^peia V^ m^ 2 supra). bezeichnend ist femer, dasz in C sp. 9,
17—20 dpxofA^vtüV — TrXfiGouc fehlt, während in V» die worte
sp. 9, 20 — 22 Kai — nXi^Oouc ohne }iiy von zweiter hand anf dem
rande stehen, übrigens finden sich die significanten fehler des G
auch in der von dem hg. nicht erwähnten lateinischen Übersetzung,
die GYalla in dem 16n buche seines kolossalwerks Me expetendis et
fugiendis rebus' (Venetiis 1501) gegeben hat. V * und Y stimmen an
folgenden stellen allein überein: s. 5, 20 dcov icri om. sp. 7, 23
aXb sp. 9, 12 dvacpopaic z. 15 ävaqpepo^^voic statt irpatMa-
Teuo|i^voic sp. 11, 32 toO om. niit den ausscheidungen und Zu-
sätzen des hg. kann man sich durchgehende nur einverstanden er-
klären, bezüglich des Zusatzes sp. 11, 33/34 bemerke ich, dasz Y ^
dpxö|i€vai dno jueticTTic hat, freilich sofort m. pr. del. folgende
lesarten würden wohl vorzuziehen sein: sp. 1, 17 iroXXaTrXaciuiV (Yat.
omnes) sp. 3, 22 ^CTi (Yat. omnes) sp. 7, 5 XÖTOV ixei (Vat. 191
y ^') sp. 11, 20/21 dXXf^Xoic (Yat. omnes). die gröstenteils C ent-
nommenen , unter den text gesetzten scholien finden sich mit aus-
nähme von (rj) auch in Y^, dey«auszerdem noch einige Verweisungen
auf Eukleides (paiv6|ui€va und ebenso wie Y* und Paris. 2342 zu
sp. 9, 11 ff. noch die bemerkung rauTa ipeubr] Xa|ißdv€i hat. der
von dem vf. in schol. (g) für nötig erachtete zusatz ist in Y* und
Y^ enthalten; nur bieten diese hss. dXX' statt Kai. auch die' con-
jectur sp. 13, 39 findet in der lesart von Y ^ und Y*^ u' (statt t') ihre
bsl. bestätigung. als Variante von Y^ hebe ich noch hervor: schol.
{tot) bei buo bia|Li^Tpouc usw.
Scblieszlich betone ich nochmals , dasz die arbeit des hm. Ma-
nitius anerkennung verdient und den wünsch erweckt, dasz er seine
thätigkeit auch fernerhin demselben gebiete zuwenden möge.
Mainz. Heinrich Mbnoe.
101.
ZU PLAUTUS AULULAMA.
733 S. LY, Qu4a istuc facinus quöd tuom
söUicitat animum id ego feci et fdteor. EF, Quid ego ex te audio?
LY. Id quod uerumst. EV. Quid ego (lücke) Emerui^ adiuUsdna^ mäUy
quam ob rem ita faceres mique meosgue p4rditum ires Uberos?
wenn wir die reihe der versuche den vers 735 herzustellen durch-
mustern , so müssen wir den verschlag Gujets ego merui de ted zu-
764 ERedslob: zu Plautus Aulularia [v. 785].
rttckweisen/weil die Überlieferung nach ego eine ergänzung fordert,
den Vorschlag von Camerarius ego de ie nterui wegen des hiatus nach
merui und den von Beiz de ted emerui , weil emerere bei Plautus nnr
in der bedeutung ^ausdienen' (6a. 43 uhi emerüum sibi sU und
Most. 131 tmum uhi emeritunist Stipendium)^ in der Verbindung de
cHiquo überhaupt nicht vorkommt. Brix versuchte die herstellong
des verses mit dem compositum commerere^ das vorzüglich passt, da
es bis in die spätem zeiten der spräche nur im schlechten sinne an-
gewandt wird, also im gegensatz zxxpromerere steht: vgl. über diesen
gebrauch Donatus zu Ter. Ad. II 1, 47 und Hec. III 5, 36 f. (oom-
merere culpam: Aul. 738 — me comfneritum — . Gapt 403. Merc.816.
Hec. 631. Phorm. 206; c, noxiam: Trin. 26. Most. 1178; c. maHum:
Mgl. 531; 0. aliquid mali: Ep. 62; nihil: Most. 516; numquatn quie-
quam: Hec. 486; quid commerui aut peccaui? Andr. 139; mit ut
Hec. 580). zugleich lehrt aber auch der gebrauch von cornmerere^
dasz die ergänzung von Brix de ie mit den andern stellen bei Plautus
und Terentius nicht im einklang steht, dasz diese vielmehr auf in ie
oder erga ie hinweisen: Ep. 62 uideor uidere commeruisse hie me
dbsente in ie aliquid mali, Merc. 816 qui in se culpam eommerent
und Hec. 486 quae numquam quicquam erga me commerüasty paier,
wenn ich nun behaupte, dasz Plautus Aul. 735 quid ego ergd ie
commerui geschrieben habe, so bestimmen mich dazu noch folgende
gründe: 1) der gebrauch von erga in feindlichem sinne bei Plautus und
Terentius (Aul. 792 si quid ego erga ie inprudens peccaui aut gnaiam
tuam. Asin. 20 si quid tu med erga hodie falsum dixeris. £p. 391
quasi quid ßius mens deliquisset med erga. Gas. 513 quid ego . . erga
Venerem inique fecerim. P;<eud. 1020. Hec. 486); 2) dieanwendung
von erga und in aliquem ohne wesentlichen unterschied und xwar von
beiden präpositionen im guten wie im schlechten sinne (so steht bei
facere in der bedeutung ^jem. etwas anthun , gegen jem. irgendwie
handeln' im guten sinne in Amph. 184, erga Trin. 1128 und Capt. 416,
imschlcchtenjenesßacch. 106. 551. Cas.523. AsiD.613. MostlllG.
Stich. 44 und Cist. 1 1, 74, dieses Gas. 513, bei weitem häufiger aller-
dings der dativ der person Trin. ;i28. 347. 633. 1047. Mgl. 168. 670.
892. 1419 usw.; dasselbe gilt auch von den verben dicere und loqui
in der entsprechenden bedeutung, in Trin. 103. Bacch.463. Most. 239.
Amph. 742. Asin. 155. Truc. 157 und Cure. 479, erga Abin. 20, der
dativ Persa 210. 279. Bacch. 118. 119. Most. 240. 893. Men. 309.
314. 495. Poen. 507. 564. 617. 1026 usw.; man vgl. hierüber auch
Nepos Ilann, 1, 3 odium erga Romanos und 2, 3 odium in Bomanos) ;
3) diu völlig gluicho wortfc>tellung und betonung von Aul. 735 quid
ego (jorgä tey und 792 quid ego erga /c; 4) die durch den seltnem
gebrauch von erga und die ähnlichkcit von ego und erga gegebene
orklärung zur ontstehung der lücke. der verschlag von üssing quid
ego (jiäm de tc} merui, gegen den sich von sprachlicher beite nichts
einwenden läszt, erledigt sich durch meine ergänzung von selbst.
Weimar. Ernst Beoslob.
ACohn: za Plaatus Mile8 gloriotOB [y. 228]. 765
102.
ZU PLAUTU8 MILES GLOMOSUS.
V. 222 ff. lauten bei Bitschi:
coge in ohsidium perdueUis , nosMs praesU^um para.
ifUerdude commeatum intfmc»« tibi mum uiafn,
qua dhatus camtneatusgue adte et legumea tuas
tuto possü peruenire.
doch ist y. 223 überliefert interdudite inimicis cammeaium. da die
Unrichtigkeit des numerus des imperativs auf der band lag« nahmen
schon F und ed. pr. die ftnderung in interdude vor. dies nahm Bitaohl
auf und gewann durch Umstellung der worte immicis commeatum
einen metrisch unanstöszigen vers. doch war er selbst davon nicht
befriedigt, er fügt hinzu: 'nisi gravins Vitium subeet; ac suspectom
mihi esse commeatum fateor.' in der that erweckt dies wort von
zwei Seiten bedenken: es kehrt im nächsten verse wieder — und
dasz es da an seinem platze ist, zeigt schon die durch sinn und reim
gesicherte Verbindung in der es steht, qua dhatus commeaiusque —
und es ist nicht recht geeignet zur gegenüberstellung mit dem fol-
genden uiam, Brix teilt die bedenken Bitschis, nimt aber in er-
mangelung einer befriedigenden besserung dessen fassung in den
text auf. andere gehen weiter. Lorenz (Philol. XXXII s. 290) ent-
fernt commeatum als unberechtigten eindringling und erkennt un-
zweifelhaft mit recht in der hsL lesart interdudite die spuren eines
ursprünglichen interdude iter^ das dem folgenden muni viam voll-
kommen entspricht, denselben gedanken äuszerten auch Madvig
(adv. erit. II s. 8) und andere, doch da nun der vers unvollständig
war, so machte die ergänzung Schwierigkeiten. Madvig schreibt
interdude iter inimids, at tu tibi muni uiam; er meint, at tu hätte
anlasz zur Schreibung commecUum gegeben, doch es ist gar nicht
notwendig, dasz für die einfllgung dieses wertes ein solcher änszerer
anhält da war; als der anfang des verses die gestalt interdudüe
inimicis angenommen hatte, muste der mangel eines objects zu einer
einschaltung auffordern, und dasz dabei der blick des Schreibers auf
das in der nähe stehende commeatum fiel, das auch dem sinne nach
zu passen schien , ist nicht merkwürdig, aber at tu ist auch an sich
nicht angemessen; nicht das subject bedarf der hervorhebung, Ubi
vielmehr steht im gegensatz zu inimids] auszerdem scheint es über-
haupt mislicb, diese beiden worte zu trennen: sie haben ursprüng-
lich wohl neben einander gestanden wie in v. 222 perdudUs und
nostris.
Lorenz schlägt vor den fehlenden fusz durch scUe cate dacte
oder ähnliches zu ergänzen, Bugge will contra, Bibbeck caute. dasz
das nur notbehelfe sind , die vom gedanken nicht gefordert werden
und ihn nicht fördern , ist klar. Bibbeck geht in seiner herstellung
von demselben gedanken aus wie Lorenz, weicht aber von der über-
766 ACohn: zu Plautua Miles gloriosus [v. 223].
lieferten Wortfolge ab und schreibt: interdude inimicis itiner^ caute
tibi muni tiiam^ ein Vorschlag der wohl wenig beifall finden wird.
OSejfifert (philol. anz. I [1869] s. 119) geht einen ganz eignen weg:
er will schreiben interdudUo inimicis meatum, tibi moeni uiatn. hier-
bei ist interduditOj das auch Camerarius schrieb; inmitten von lauter
formen des praesentischen imperativs wohl möglich, doch höchst un-
wahrscheinlich, auszerdom leidet aber der vers an metrischen ge-
brechen, so dasz Seyffert wohl selbst nicht mehr an diesem gedanken
festhalten wird, auch HAKoch (jahrb. 1870 s. 61) schlägt einen
besondern weg ein. er schreibt interdude inimicis omnis ctditus^ ein
Vorschlag der zwar in der Überlieferung gar keine stütze hat und
darum wenig Wahrscheinlichkeit besitzt, der aber der einzige ist, der
den forderungen des gedankens genüge thut. denn Periplecomenus
will sagen: 'schliesz die feinde eng ein^ den unsem bringe rettung,
den feinden schneide alle wege ab, dir bahne einen weg', und nur
so kann er sprechen ; aber nicht kann er sagen : ^schliesz die feinde
ein , schneide ihnen den weg ab' : denn mit dem abschneiden eines
weges oder des weges ist der zweck nicht erreicht, ^alle wege' hat
Plautus sicherlich gedacht und geschrieben, der plural ist also er-
forderlich und ein dem sinne angemessenes adjectiv. ' ein wort für
*weg' braucht man aber nicht mit Koch weit herzuholen, die Über-
lieferung interdudite weist deutlich genug darauf hin. es wird also
geschrieben werden müssen interdude itincra. dem doppelten be-
dürfnis der ergänzung des vorses und der zusetzung eines dem sinne
gemäszen adjectivs wird man wohl am besten durch einfttgung von
cunda gerecht werden können, der vers würde somit lauten :
interdude itinera cuncia inimicis^ tibi muni uiam.
prosodische oder metrische bedenken stehen nicht im wege; nur
cunda ist nicht gesichert (auch toia wäre vielleicht möglich) , alles
andere findet noch weitere stützen, denn jetzt ist die völlige ent-
sprechung der beiden Satzglieder auch hinsichtlich der Wortstellung
wiedergewonnen ; namentlich scheint, wie schon oben bemerkt wurde,
die nebcneinanderstellung der beiden einander gegenüberstehenden
werte inimicis und tibi geboten, wie auch der analog gebaute vor-
hergehende vers cogc in obsidium jicrdudlis ^ nostris praesidium para
eine nur noch strenger durchgeführte chiastische Wortstellung auf-
weist, auszerdem scheint sich aber bei dieser gestaltung des verses
auch die entstehung des verderbnisses leicht erklären zu lassen, ein
gedankenloser schrciber konnte leicht von der silbe in von itinera
auf die gleichlautende silbe von inimicis überspringen; so entstand
interdude it inimicis^ daraus wurde interdudite inimids hergestellt
und endlich dem mangel eines objects durch heraufnahme des wertes
commcatum aus dem folgenden verse abgeholfen.
Berlin. Albert Cohn.
PStamm: zur lateinischen grammaiak und ttUistik. 767
103.
ZUR LATEINISCHEN GRAMMATIK UND STILISTIK.
1. Zur syntaxis convenientiae.
Durchmustert man die Beispiele , die in den granunaiischen
büchern für die regeln über die Übereinstimmung des prädicats-
nomens bzw. des pron. relativum oder demonstrativum bei saoh*
liehen subjecten mit verschiedenem genas stehen , so vermiszt man
eine Unterscheidung zwischen dem sprachgebrauche des Cicero und
Caesar einerseits und dem des Sallustius, des Livius und der spfttern
Schriftsteller anderseits, nun aber ist bekanntlich für den Stilisten
der Sprachgebrauch des Cicero und Caesar, wenn er sich in irgend
einem punkte von dem des Livius und Sallustius unterscheidet, masz-
gebende norm, und man sieht nicht ein, warum es in dem vorliegenden
falle anders sein sollte, von den grammatikem werden nemlich sfttze
wie divUiae et honores incerta et caduca sunt und solche wie mwrus
et porta de cado tada erant ohne bedenken als gleichartig neben ein-
ander und mit einander citiert, obwohl dieselben wesentlich verschie-
den sind und Cicero in dem satze aus Livius facta erant nicht würde
geschrieben haben, dies würde er nur dann gethan haben, wenn
der satz derartig wäre, dasz zur sinngemäszen Übersetzung im
deutschen ein substantivum allgemein abstracten inhaltes angewandt
werden könnte, als da sind 'wesen, begriffe, verhftltnisse , eigen-
sebaften, besitztümer, guter, übel, Vorzüge, fehler, f&higkeiten, er-
scbeinuDgen' udgl., was offenbar bei dem zuletzt angeführten satze
nicht zutrifft, wohl aber bei dem ersten, weiterhin ist es nun aber,
vorausgesetzt dasz eines der genannten substantiva bei der Über-
setzung an Wendung finden kann, ganz gleichgültig; ob nur 6in sub-
ject oder mehrere vorhanden sind, ob sie dasselbe oder verschiedenes
genus haben , und sogar ob dieselben lebende wesen oder sächliche
nomina sind : in allen diesen fällen setzt der Ciceronische Sprach-
gebrauch, dem hier auch Livius und die spätem folgen, das prädicats-
adjectiv oder das bezügliche pron. rel. und demonstr. in das neutrum
des pluralis , wie man dies ja auch nicht anders denn als natürlich
uud sinngemäsz bezeichnen kann. Cic. de fin. JJl 39 etidtUiam et
tlmiditatem et intemperantiam dicimtis esse fugienda *» *zu meidende
eigenschaften oder fehler'*; Livius XLIV 24, 2 inimica esse liberam
civitatem et regem = ^unvereinbare begriffe', auch musz es offenbar
heiszen : servus et dominus contraria sunt in dem sinne von 'entgegen-
gesetzte begriffe', nimt man dagegen dem satze aus Livius seine all-
gemeinbeit und gibt ihm etwa folgende form: 'in Syrakus lebten die
* dasz in diesem satze auszerdem fugiendas sowie auch fugiendam
möglich wäre, ist eine sacbe für sieb, ein wesentlich anderer fall liegt
vor in dem satze des Sallustius: nox atque praeda remorata sunt sowie
in den meisten übrigen bei Draeger bist, sjntax § 109 aus historikem
citierten sätzen.
768 PStamm: zur lateiniBchen grammatik und stiliBtik.
bürgerscbaft und der tyrann in feindscbaft', so musz statt des nen-
trums offenbar das masculinum eintreten {civUas «» cives)^ and
ebenso mttste es zb. beiszen : optandum est, ut dominus ac servus cari
inter se sint.
Stimmt also in diesem punkte der sprachgebraucb des Livius
und Sallustius mit dem Ciceros überein, so zeigt sich eben darin die
abweicbung, dasz Livius und Sallustius und die spätem das neutrum
des plur. anwenden auch ohne dasz die oben für Cicero als not-
wendig bezeichnete bedingung vorbanden ist. daher findet man bei
diesen Schriftstellern sätze wie: Or cum ä Corinthus tuend a sunt;
de caelo tacta erant via publica, aedes lavis, murus et turris; aurum
äpurpuram data non accipiehant usw., obwohl hier eine anwendung
der oben genannten abstracten substantiva nicht möglich ist. wie ver-
fährt aber Cicero in diesem falle ? bei ihm stimmt ganz einfach das
prädicatsnomen mit einem , in der regel mit dem zunächststehenden
substantivum überein; er würde also geschrieben haben: murus et
porta de caelo tacta est (was übrigens nebenbei auch Liyins und
Sallustius thuu).
Folgende stellen mögen das gesagte noch näher beleuchten :
Cic. Tusc. II 35 lahor et dolor finitima sunt (begriffe) ; 1 67 sagacitM^
memoria y motus^ celeritas divina sunt (eigenscbaf ten) ; 11 14 quae ut
effugias (übel) ; I V 1 6 siib metum subiecta suftt pigr'üia^ pudar^ terrar^
timor (leidenschaften als individual begriffe, die unter 6inen gat-
tungsbegrifif fallen); 24 existit morbus et aegrotatio^ quae evdli in-
veterata non possunt (übel) ; acad, I 20 celeritatem et memariam^ quo-
rum utrumque usw. (guter , fäbigkeiten) ; de fin. I 25 quid litterae^
qiiid historiae cognitioque rerum , quid poetarum evolutio . . affert? . •
haec ipsa mihi sunt volupiati (beschäftigungen) ; lU 49 divitiae non
modo duces sunt ad voluptatem et ad bonam valäudinem^ sed etiam
ca coniinent (vorteile, guter) ; III 35 perturbaiiones nuUa naturae vi
commoventur^ omniaque ea sunt opiniones (dergleichen zustftnde);
IV 35 summa erant illa^ valetudo^ vacuitas döloris^ pulchrüudo
(guter); de div. II 62 qui magis anguibus quam Jacertis^ quam muri-
bus? quia sunt haec coiiidiana (eräcbcinungen) ; de fato 42 c^Undrum
et turbincm, quae moteri incipere nisi ptilsa non possunt (gegen-
stände); de off. II 14 ductus aquarum^ derivationes fluminum^ moUs^
portuSy quae unde sine hominum opcra habere possemus? (nützliche
einrichtungen).
Dagegen beiszt es or. 178 poetica et versus inventus est termina-
Hone aurium; de nat, d. I 66 ex his effectum esse caehtm atque terram^
acad. II 65 mores et naiuram condemnandam puto; de fin. V 71
motus fotiunae mutationcsquc rerum imbecillos fore intcllegunt\ de leg.
I 1 luctis nie et haec quercus agnoscitur saepe a me lectus in Mario \
de rep. I 64 nYcim, honorem^ decussibi datum esse iustitia regis existi-
mant] IV 4 quam contreciationcs et amores soluti et liberif in CatiL
III 18 visas faces ardorcmque cacli. an diesen stellen hat aus dem
oben dargelegten gründe die Übereinstimmung mit einem der subjecte
PStamm : zur lateinischen gxammatik und Stilistik. 769
verschiedenen geschlechtes stattgefunden, und sfttse wie pcrta d
murK^ de cado taäa stmt wird man vergebens bei Caesar und Cicero
suchen , wenn man von 6iner widersprechenden Gicerostelle absieht,
die aber eben deswegen im höchsten grade kritisch verdfichtig ist.
es ist dies die stelle de div. 1 128 gm cursitm rerum eveniorumg^e
consequentiam diuturnUate pertrackUa notavenmt Qigb perUradaiam).
2. Über ipse.
1. Der Antibarbarus von Erebs-Schmalz sagt I s. 724, dasz ipse
in negativen Sätzen , wo 'selbst nicht' oft so viel sei als *nicht ein-
mal' , nicht gebraucht werden dürfe, dies ist eine irrtttmliche be-
hauptung, da ipse non in der bedeutung *aach nicht' oder ^nicht ein-
mal', also f\Xrne — quidem^ ganz gewöhnlich ist dasz ^pse unter am-
ständen mit 'auch' oder dem steigernden ^selbst' zu Übersetzen ist,
kann nicht bestritten werden angesichts solcher stellen wie Cic. de
fin. Y 49 verti^ ut quaedam Homeri^ sie istum ipsum locum (*so auch
jene stelle', also für das beliebte ut — 510 eUam) ; de fato 24 de ipsa
atomo dici potest, cum per inane moveatur grtwUaie etpondere^ sine
causa moveri (Vas von der bewegfing der seele, das gilt auch von
der eines atoms'); ebenso ist Lael. 22 quae tarnen ipsa «» 'welche
immerhin auch', ebd. 68 ae. locis ipsis »» locis quoque^ vgl. in Verrem
1 51] de div. II 14 Qiaec ipsa) und 2Wc. Y 62 iam ipsae defluehant
coronae = 'schon glitten auch' usw., nicht •« 'von selbst'^ wie er-
klärt wird, an andern stellen hat ipse offenbar steigernde kraft, wie
Lad. 86 a muUis virtus ipsa coniemnitur •» 'sogar' (s. Kühner ausf.
lat. gr. § 118, 4; Draeger ao. § 34); in Verrem I 38 ipse SuUa; p.
Mur, 63 ipsum sapientem irasci non numquam; p, Mü. 59 morte
ipsa, wenn also ipse zuweilen *s 'auch' oder 'sogar' ist, so läszt sich
von vorn herein nicht absehen, warum nicht 'auch nicht' oder 'selbst
nicht = nicht einmal' sollte mit ipse non gegeben werden können,
natürlich nur vor Substantiven und substantivischen ausdrücken:
de fin, 126 oliena dixit in physicis nee ea ipsa quae tibi prohareniur
(s. Zumpt lat. gr. § 698); Tusc. II 17 at id quidem iUi tp^i, qui . .
negant, non solent dicere\ deoff,JIS hoc ipsum prohäbUe ducere non
possä\ de div. I 34 ipsa sors contemnenda non est] in Catü. lY 8 non
mortem ipsam esse pertimescendam, — Stilistisch von der grösten
bedeutung ist ipse non in Verbindung mit dem relativum, da dieses
nicht zwischen ne — quidem gestellt werden kann: Tusc, Y 20
Xerxcs praemium proposuü, qui invenisset novam voluptatem^ qua
ipsa non fuisset contentus ('mit dem er dann auch nicht zufrieden
gewesen wäre') ; de not. d. II 47 quod mihi tarnen ipsum non pidetur
(^was ich indessen auch nicht glaube'); Livius lY 32, 2. wollte man
beim relativum ne — quidem gebrauchen , so müste ein demonstra-
tivum zu bilfe genommen werden: de div, I 128 qui . . notaveruni^
aut semper aut^ si id difficHe est^ plerumque^ quod sineid quidem
concedüur^ non numquam certe . . intdkgunt («> quod ipsum si non
conceditur).
770 FStamm : zur lateinischen grammatik und Stilistik.
2. In andern Verbindungen ist das pronomen ipse mit *wie*
derum' oder 'weiterhin' udgl. zu übersetzen, mittels desselben geht
in diesen fällen die darst^llung zu einer nähern ausführung über,
indem sie etwas zunächst nur in allgemeiner fassung gesagtes nSher
specialisiert oder von einem begriffe höherer Ordnung zu einem unter-
gliede desselben herabsteigt: Cic. de not, t2. I 9 hortata etiam est^ ui
me ad haec conferrcm, animi aegritudo, cuius si maiorem äliquam
levationem rcperire potnissem^ non ad hanc potissimum confugissem.
ea vero ipsa nuUa ratione melius frui potui, qtiam si me non modo ad
legendos libroSy sed etiam ad totam philosophiam perfractandam de-
dissem: Ciceros trost sollte die philosophie sein und zwar nS her
bestimmt so, dasz er philosophische werke nicht blosz zu lesen,
sondern auch zu schreiben sich vornahm, de off. I 73 ad rem gertn*
dam qni accedif , caveat ne id modo consideret , quam illa res honesta
Sit , sed etiam ut haheat efficiendi facuUatefn ; in quo ipso consideran-
di(m est^ ne aut . . aut . . ('und hiebei wiederum') ; s. ebd. 67 ; Tusc.
Y 38 natura hestias esse voluit serpentes quasdam^ quasdam gradientcs;
earum ipsanim 2)artim , .partim usw. ('von den letztern wiederum') ;
acad. 136 alia secundum naturam dicehat^ dlia naturae esse contraria.
his ipsis alia intericcta et media numerahat (ebenso). — Bemerkens-
wert ist, dasz in dieser bedeutung gern &\ich porro gebraucht wird:
2\isc. I 18 mors quid sit primum est videndum; sunt qui di^essum
animi a corpore . . quid sitporro ipse animus^ magna dissensio est; Cato
7n. 43 sacpe audivi ex maioribus natu^ qxii se porro pueros a senibus
audisse dicchant ; p. SBoscio 70 prudcntissima civitas Atheniensium
fuisse traditur; eius porro civitatis sapientissimum Sdonem dicunt
fuisse'^ Caesar h. gdll. V 27, 4 ncquc voluntate sua fccisse^ sed coadu
civitatis . . civitati porro hanc fuisse belli causam usw. überall wird
hier mit der partikel porro der sache näher auf den grund gegangen,
und überall könnte für porro auch ipse gesetzt werden (oder beides,
wie Thsc. I 18).
3. Der gebrauch des abgeschwächten ipse für is oder Hie ohne
jede hervorhebung wird allgemein den spätem Schriftstellern zuge-
wiesen (Driiger § 36, 3; Antibarb. I s. 724; Schmalz zu Reisig-
Haase § 210). indessen wird man den gebrauch dieses tpse auch dem
Cicero nicht ganz absprechen können , der es aus rücksicht auf den
Wohlklang gebraucht zu haben scheint, wenn das pronomen is in
demselben oder in einem andern casus kurz vorher stand: de leg,
II 50 quod patcr familias in eins donatione^ qui in ipsius jx>testate cst^
npprohavit^ ratum est ; de off. 1 06 virtus nos ad se allicU facitque^ ut eos
ddigamus, in quihus ipsa incsse vidcatur-, Brut. 101 eius omnis in
diccfido facultas ex historia i2}sii(s i)erspici polest-^ defin. III 39 iniusti'
tiam et intcmpcrantiam dicimus esse fugienda propter eas res, quae ex
ipsis cvcniunt. freilich ischeute Cicero anderseits auch nicht mehr*
iiialigc sogar gleiche formen des pronomen is neben einander: Brut»
177 sunt eius aliquot orntiones, ex quihus sicut ex eiusdem tragoediis
Ici'itas eins 2ierspici jätest] p. Tullio 20 jwsse cum cum eo discepiare^
PStamm: zur lateinischen grawimatik und stüistik. 771
3. Das betonte etiam.
In den grammatischen büchem findet man angegeben, dass
etiam vor oder nach dem worte, zu dem es gehöre, also dem betonten
stehe, hierbei ist nicht beachtet, dasz etiaim auch selbst betont sein
kann , ganz in derselben weise wie unser 'auch', namentlich findet
dies statt, wenn etiam nach dem relativum steht (irrtttmlich vom
Antibarbarus u. gut und etiam in abrede gestellt): Cic. de off. TEL 10
accedit eodem testis hcuples PosidofdUs^ gui äiam scnbit usw. (* wel-
cher auch', d. h. 'ebenfalls'); de fin. Y 2 venit miiM PUUonis in mm-
tem . . cuius etiam iXli hortuti memoriam afferunt ('wie an andere
berühmte männer, ebenso an P.', also: 'an den auch' oder 'eben-
falls') ; Tusc. V 31 Epicfwrus exorüur^ cui etiam videtur semper sapiens
heattis ('ebenfalls'); ebd. I 110 secundis vero rebus volet etiam mori
(^ebenfalls, auch'); ebd. 56 haec emm etiam dicimtM vivere ('von
diesen wesen sagen wir auch, dasz sie leben').
4. Über cor.
'In das menschenherz ist die Überzeugung von dem dasein der
gottheit eingepflanzt' heiszt bekanntlich : in cminUs oder mentibus
hominwm usw.^ und die stilistischen lehrbücher warnen davor hier
cor zu gebrauchen, diese wamung hat in diesem falle und andern
gleichartigen auch ihre volle berechtigung , wenigstens was den
Sprachgebrauch der classischen prosa anbetrifft, anders freilich liegt
die Sache, wenn mit 'herz' noch andere körperteile zusammen ge-
nannt sind; in diesen fällen gestattet auch der Ciceronische Sprach-
gebrauch die Übersetzung mit cor^ ohne dasz dieses die bildliche be-
deutung ablegt: de fin. II 24 nee enim sequitur^ tU cui cor sapiat, ei
non sapiat palatus, s. ebd. dl\de erat, in 61 discidium Unguae atgue
cordis, ebenso verhält es sich mit pectusi de orat, III 121 non solum
acuenda nohis lingua est, sed onerandum pectus maximarum rerum
copia. es ist deshalb nicht unbedingt notwendig acad, II 89 die
Worte cor sibi cum oculis consentire als dichtercitat mit anführungs-
zeichen zu versehen.
5. umis — aUer und aUer — äUer.
Es fragt sich, wann 'der eine — der andere' mit unus — aUer
und wann mit älter — aUer zu geben sei. vergleicht man eine reihe
von stellen mit einander, so findet man leicht, dasz der unterschied
im gebrauche von unus — alter und aUer — aUer folgender ist:
alier — alter ist in jedem falle zulässig, imus — a2<er jedoch nur
dann, wenn duo vorhergeht; doch steht auch in diesem falle a2^er —
alter mit verliebe beim gen. partitivus: Caesar h. civ. II 31, 1 Ourio
utrumque inprohans consüium guantum alteri smtentiae deesset ommi,
tantum alteri superesse dicehat\ ebd. III 15, 6 logutmtur ambo cum
M/ Acilio et Statio Marco legatis^ guorum aUer oppidi m/uris^ aUer
praesidiis tcrrestribus praeerat] 51,4 aUae sunt legati partes aigue
772 PStamm : zur lateinischen giammatik und stilitttik.
imperatoris; alter omnia agere ad praescriptum, älter lihere consulere
dehet] Cic. Cato m. 65 inteUegi potest ex iis fratrihus, qui inAdelphis
stmt; quanta in aUero diritas, in altero comitas! man vergleiche femer
Caesar h. dv, III 109, 5 ; Cic. Tusc. II 47 ; IV 5 ; V 86 ; cte fin. IV 65 ;
de nat. d. III 69; Livius III 10, 9; IV 3, 4. — ad 11: Caesar h. civ.
n 1 , 2 duahus ex partibus turres ad qppidum agere coepü : una erat
proxima portui, altera usw. lU 88, 1 legiones duae traditae a Caesare^
quurum %ma prima y altera tertia appeüahatur; h, gaU, I 53, 4 duae
fuerunt uxores, una Sueha natione^ altera . . fuerunt dxiueßiae: harum
altera occisa, altera usw.; Cic. de fin. IV 59 si duo honesta proposita
sint, aUerum cum valetudine^ alterum cum morbo usw.; de div. I 11
duo sunt divinandi genera^ quorum alterum artis est^ dUerum naiurae»
vgl. Caesar &. civ, III 21, 1 (wo äliam <=» alteram)\ Cic. Tusc, II 47;
IV 10; de nat. d. II 32; 49 (zweimal); de div. I 4; 34; 91; de faio
18; 39; de leg. II 5; 61; de fin. II 20. — Mit einem substantiyom
endlich in demselben satze verbindet sich meistens aUer — alter: Cic.
in Verr, ad. I 27 fratrem suum aUerum SicUiam ohtinere^ alterum
esse quaesiturum de usw. Lad. 63 cum ex altera parte proposita haec
sint , ex altera ius amicUiae ; Livius IV 9 , 4 virginem pHebei generis
petierc iuvenes alter virgini genere par, nohilis alter, dagegen Caesar
h. civ. III 108, 4 tahulac testamenti unae Eomam erant aüataCy
aUerae Alexandriae profcrchantur.
6. Ober veritas.
Der Antibarbarus II s. 661 sagt: %'eritas ist die Wahrheit, aber
immer nur in abstracto als gedachte Wirklichkeit, wer dagegen in einem
thalKächlichen , wirklichen falle die Wahrheit spricht, sagt, gesteht^
zu hören und zu erfahren wünscht, in irgend einer sache die Wahrheit
sucht, von dem sagt man verum oder vere, vera dicit^ loquitur^ fatetur^
audire vel scire vult , verum in äliqua re quaerit — und andere , in
welchen veritas unpassend wäre.' diese Unterscheidung dürfte nicht
stichhaltig sein gegenüber der stelle de imp. Pomp. 51 in hac causa
omissis auctoritatibus ipsa re ac ratione exquirere possumus veritatem.
veritas heiszt eben die Wirklichkeit, gleichviel ob in abstracto oder
in einem gegebenen falle; doch die Wirklichkeit kann man nicht
sagen, auch nicht hören oder eingestehen, wohl aber erkennen, er*
forschen, suchen, finden, üobhalb ist es in keinem falle erlaubt zu
sagen veritatem dicere, audire ^ fateri, wohl aber veritatem cogno»
scerCf investigare, exquirere, invenire, prope ad veritatem accedere
udgl. (neben verum cognoscere, investigare usw.): C'ic.p. Clucntio 142
causa pcrspcda atque omni veritate cognita, s. p. Flacco 24 ; de nat. d.
II 57 haud ergo erravcro, si a principe investigandae veritatis prin-
cipium duxcro ; de fin. I 32 ca ijjsa, quae ah ülo inventore veritatis ei
quasi archiiecto heatae vitae dida sunt, explicaho; p. SuUa 45 per me
cgo veritatem patefadam contaminarem aliquo mendacio? p. SRosdo
44 vidcs, quantum distet argumentatio tua ah re ipsa atque a veritate.
an allen diesen stellen handelt es sich doch um die Wahrheit in einer
PStamm: zur lateinischen granunatik und Stilistik. 773
bestimmten Sache oder einem bestimmten ^roblem, und dasselbe ist
doch auch der fall deleg.l^ veritas a te pasMatur.
7. tum primum «> tum äemmm oder demgue.
Zum ausdruck des deutschen 'da^ jetzt erst oder endlich' findet
man in den stilistischen handbtlchem tum äenmm and tum dmigue
angegeben ; dagegen wird vor tum primum gewarnt (Antibarb. II
8. 345). nun steht aber doch tum primum an mehreren stellen un-
leugbar für tum demum bzw. tum denigue: Caesar h. gdd. YII 11, 4
qui tum primum praesidium Cenabi tuendi causa camparäbant] Cic.
in Verrem I 59 spem omnium tum primum qfiiecenmi rerum ac for-
tunarum ; IV 33 tum primum intdkxi usw. vgl. Livius YII 20, 1.
8. primus und primum.
Hierüber lehren die grammatiker, dasz das a^jectivurn stehen
müsse, wenn das deutsche 'zuerst' auf das subjeot oder object
sich beziehe und man sagen könne *er war der erste welcher' ; hin-
gegen sei das ad verbium zu setzen , wenn 'zuerst' zum prftdicate ge-
höre und einem folgenden oder wenigstens hinzuzudenkenden 'dann'
entgegengestellt werde, hierbei ist übersehen , dasz das adverbium
auch im erstem falle gesetzt werden kann : Cic. derep.1 22 dicdHxt
eam sphaeram a Thälete Müesio primum esse tomatam'^ Tusc. I 38
credo equidem etiam alios tot saeeidis^ sed Pherecydes Syrius primum
dixit animos esse hominum sempiternos; de leg. TL 11 qui primum
eins modi scUa sanxertmt] III 13 a Theophrasto primum^ deinde a
Dione stoico quaesita,
9. per und a in Verbindung mit persönlichen Substantiven.
Nach der lehre der grammatiker wird die Urheberschaft einer
person durch a ausgedrückt, während per eine person als mittel
oder Werkzeug bezeichnet ; erst bei spätlateinem soll auch im erstem
falle per gebraucht werden (Antibarb. u. per), es ist indessen un-
zweifelhaft, dasz auch von den besten prosaikern|>er zur bezeichnung
der Urheberschaft gebraucht wurde, der Antibarbarus verweist zwar
auf Cic. fam. Y 2, 6 quod scribis non oportuisse MeteUum fraitrem
ümm a me oppugnari und meint, Cicero habe hier den Q. Metellus
Celer verbessert, der an ihn geschrieben hatte: fratrem meumper te
oppugnatum iri (V 1 , 1) ; doch Cicero schreibt selbst de fin. Y 9
maximam materiam ex rebus per se investigatis ad rerum occuUarum
cognitionem aitulerunt^ nachdem er kurz vorher geschrieben hat : naiu/ra
ah iis investigata, de erat I 3 tempus omne post consuUüum obied-
mus iis fluctibus, qui per nos a communi peste depulsi in nosmet ipsos
redundarent, hier ist per offenbar gesetzt wegen der kurz darauf
folgenden prSp. a, was doch aber nicht möglich gewesen wftre,
wenn der Sprachgebrauch die Setzung von per für a nicht gestattet
hätte. Livius XXIY 5, 9 coniuratio in tyranni caput facta indioatur
per Callonem quendam, ^, derep,TlZ\,
774 PStamm: zur lateinischen grammatik und Stilistik.
10. über uhi = in quo.
Nach Kühner § 193, 6 sollen die adverbialen relativa uhi unde
quo regelmäszig nach städte- und inselnamen statt des adjectivi.
sehen relativs gebraucht werden, das ist (eine irrtümliche ansieht :
Cic. de oraU I 13 Athenas^ in quihus summa dicendi vis inventa est;
de nat. d. I 72 Pamphilum quendam ait a se Sami audüum . . quod
in eam agripeta venerat.
11. Jioc libro und in hoc Uhro.
hoc libro disputatur de soll nach der lehre der graxnmatiker ge-
sagt werden, wenn von einer sache die rede ist^ welche sich über
das ganze buch erstreckt ; dagegen in hoc Uhro usw. , wenn nur von
einem teile des buches die rede ist (Antibarb. I s. 643). das richtige
ist indessen, dasz die präp. auch in dem erstem falle gesetzt werden
kann, also in jedem falle richtig ist: Cic. Tusc. I 11 is enim tres
lihros scripsit^ in quihus voU efficere animos esse mortaks; de fin. II 20
in alio Uhro, in quo hrevitcr comprehensis gravissimis senteniiis quasi
oracula edidisse sapientiae diciiur, scrihit his verhiSj an welcher stelle
mit dem ersten in nur ein teil; mit dem zweiten dagegen der ganze
inhalt bezeichnet wird ; de div. 1 9 satis defensa religio est in secundo
Uhro a LuciUo^ dh. Lucilius hat das dasein dergötter, ihre weit-
regierung usw. bewiesen, und zwar ist dies der inhalt des ganzen
zweiten buches de natura deorum-, de orat, II 160 Aristotdis iUum
legi Uhrtim^ in quo exposuit dicendi artcs omnium sttperiorum^ et ülos^
in quihus ipsc sua quaedam de cadem arte dixit; s. de nat. d. 141,
wo der inhalt des ersten buches von dem werke des Chrjsippos
Tiepi Oediv zuerst mit den worten in primo Uhro, dann mit primo
Uhro angegeben wird ; Nepos Lys, 4, 2.
12. Zur Stellung der negation.
Es ist unter den grammatikem eine ausgemachte sache, daei
in gegensUtzen die negation nicht zu dem pr&dicate, sondern vor
dasjenige wort zu setzen sei, zu welchem ein anderes in gegensatz
tritt (Kühner § 149, 3). dem gegenüber darf nicht unbeachtet
bleiben, dasz gar nicht selten auch in ausgesprochenen gegensStzen
dennoch die negation zu dem prädicate tritt: Cic. de nat, d. I 75
corpus iHud non cst^ sed similc corporis (bt. illud est non corpus^ sed
usw.); de fin, IV 20 illam vitam . . magis cxpetendam non esse^ sed
magis sumcftdam; acad. I 25 quod ipsum apud Graecos non est volgi
rcrhumy sed philosophorum, charakteristisch für diese form dea
gcgeuäutzes iät die Wiederholung des prädicats im zweiten teile: de
flu. IV 72 ista^ quae dixisti^ bona non dico^ sed dicam itgofiyniva^
indem dadurch die beiden seilen des gegensatzes zu selbstftndigen
Sätzen erhoben sind. — Weiterhin sagt Kühner uo., dasz in der Ver-
bindung mdla res est quaCy nihil est quod die negation ihre stelle
gleich nach dem relativum einnehme oder doch nur durch ein pro-
PStamm: zur lateinisclien grammatik und stiliBtik. 776
nomen davon getrennt werde, diese angäbe iat einerseits zn eng, da
die negation sich so nicht nur an relativa, sondern auch an flrage-
wörter unmittelbar anschlieszt {quis non:deßn. IV 81 ; cur nan: 2\lsc.
1 49 ; de not, d.^III 47 ; quam non = 'wie wenig* : Livios VII 20, 1) ;
femer an conjunctionen (si non: Nepos jETonn. 2,6; Cic p. Boscio
com, 37 ; ita ut non: Livius VIII 31, 5; so auch nemo non: Caesar h.
gaU. YU 56, 2). anderseits aber iSszt sich dies keineswegs als regel
aufstellen : Cic. de div. H 139 nihü est de quo cogüare nequeamu8\ de
fin, III 29 effeäum est, nihü esse mdhum^ quod turpe non ^; Y 62
cui Tubuli nomen odio non est? vgl. in Yerrem 1 66; cie fato 14; de
rep, II 31; Lad, 28. — Dasz non vor ut stehen müsse, wenn sed
darauf folgt, ist eine unrichtige angäbe des Antibarbams u. nan : de
re p. II 39 eos ita disparavit^ ut suffragia non in muUitudinis^ sed
in Jocupletium potestate essent*^ Tusc. I 71 locutus iia est^ ut non ad
mortem trudi, verum in caetum videretur escmdere\ in Oaec. div. 50
taniane vohis inopia videor esse amicorum^ ut mihi non ex hiSy guos
mecum adduxerim^ sed depoputo subscriptor addatur?
13. Stellung des pronomen possessivum.
Nach der lehre der grammatiker sollen die Possessivpronomina,
falls sie betont sind , vor dem substantivum , im andern falle nach
demselben stehen, es ist zeit, dasz diese regel aufgegeben wird, da
dieselbe durch den Sprachgebrauch der besten prosa nicht im ge-
ringsten gestützt wird, unzählige male steht nemlich das pronomen
vor, ohne betont zu sein, auch ohne die bedeutung *eigen, eigentüm-
lich zukommend' zu haben, und ebenso häufig findet es sich nach-
gestellt, wo es wirklich betont ist. da über die Stellung des adjectivs
bei Caesar bereits gebandelt worden ist, so sollen im folgenden nur
aus Cicero stellen herbeigezogen werden: de off. 11 82 od Ptöle"
maeum, suum hospitem^ venit'^ Tu^c. Y 79 hestiaepro suo partu ita
propugnant^ ut vulnera excipiant; I 114 hoc ei mimeris pro sua
missione dedisse scribitur ; de fin. Y 95 non modo meum Ciceronem^
sed me ipsum abducas licebü] de div. I 6 cum stoici omnia iUa defen-
derent , quod Zeno in suis commeniariis quasi semina quaedam spar-
Bisset] II 1 nulla maior res occurrebat^ quam si qptimarum artium
vias traderem meis civibus (ebd. § 7 civibm nostris); de rep. 123 cum
sol ita locatus fuisset, ut Itmam suo lumine nonposset attingere\ s.
IV 11 suae civitati ; de div. 1 59 nostcr SaUustius ; 120m corporis; 11 3
nostrum Aüicum\ 6 mei cives; 34 meus quaesticulus ; Cato m. 13 in
suo studio] 77 vestros patres \ Lael. 1 nostrae civitatis {^.p.Quindioiy^
in Cacc. div. 2 suis fortunis; 6 meum factum; 20 nostras fortunas . .
fortunarum suarum. — Brut. 231 te arbitror maUe ipsum tacere quam
tacitiirnitatem nostram experiri; 264 volgi iudicium a iucUcio meo
dissensit (cbiasmus) ; 328 Hortensii vox exstinda fato suo est^ nostra
publica] de nat. d. I 122 amicitiam si ad fructum nostrum referemus^
non ad illius commoda^ quem usw. ; U 45 cuius opinionis levUas con'
futata a Cotta non desiderat orationem meam; Tusc. I 55 animus
776 PStamm: zur lateinischen grammatik und Stilistik.
sentit 86 vi sua^ non (üiena moveri\ IV 70 ut opinio mea fert; de off.
III 34 Marie nostro] de orat. I 214 sententia sua; de div. 1 4 memoria
nostra (s. de leg. IL 56); de rep.l S ad utüit^em suam] 61 testihus
rneis] 70 ut opinio mea fert.
14. Zum gebrauch der tempora im abhängigen irrealis.
Für den fall, dasz folgerungssätze zu irrealen bedingnngssStzen
in den acc. c. inf . treten , geben die grammatiker die regel , dasz fUr
den conj. imperf. der infinitiv -urum esse^ fttr den conj. plusquamp.
der infinitiv -urum fuisse einzutreten habe, von der Unzulänglichkeit
dieser regel kann man sich leicht tiberzeugen, was heiszt zb. latei-
nisch : wenn du früher meinem rate gefolgt wärest^ würdest du, wie
ich glaube, jetzt glücklich sein?' jedenfalls doch nicht te nunc
heatum futurum esseputo, was einen Widerspruch der zeiten enthalten
würde, sondern entweder nunc, ut opinor, beatus esses^ oder — dieser
fall scheint von Madvig spr. § 409 anm. angedeutet — te nunc heaium
futurum fuisse puto. es musz nemlich in der construction des acc.
c. inf. auch für den conj. imperf. des nachsatzes zu einem irrealen
bedingungssatze die form -urum fuisse eintreten , um auszudrücken,
dasz das gcgenteil von dem inhalte desselben factisch stattfindet, wie
zb. in dem obigen satze die angeredete person als factisch unglQck-
lich bezeichnet ist. Cic. de fin. V 31 inteüegendtim esf, haec tpsa
nimia in quihusdam futura non fuisse , nisi quaedam essent modica
natura (ohne abhängigkeit : haec ipsa nimia non essent); de nai. d.
I 122 nc Jwmines quidem ccnsetis, nisi imbcciüi cssenty futuros bene-
ficos fuisse? ('wohlthätig sein würden'); Livius II 28, 3 si esseni in
re publica magistratuSy nuUum futurum fuisse Bomae nisi publicum
consüium (Vürde es nur . . geben').'' anders verhält es sich, wie
leicht ersichtlich, zb. in dem satze: Venu Marcus dies sähe, wie
glaubst du dasz er dabei gestimmt sein würde' «s haec si Marcus
videret, quo cum animo futurum esse censes?
15. Üher praeter enim quam quod und ähnliches.
Die richtigkeit der lesart praeter cnim quam quod bei Cic de
leg. III 45 ist wegen der 'tmesis' angezweifelt worden (Antibarb. II
s. 337; Madvig opusc.^ s. 532). es iät indessen, wie es scheint, hierzu
so wenig gruud vorhanden , dasz man vielmehr die lesart praeter'
quam enim quod^ wenn sie überliefert wäre, beanstanden mQste.
wenn quam nach praeter gesagt wurde , so fühlte man praeter als
coiiiparativ, und es durfte quam von dem folgenden durch eine da-
zwischentretende Partikel ebenso wenig getrennt werden wie zb. nach
2 hei Cncsnr b. gtili. V 29, 2 winl nHch dctn vor^^ange Mndvig^s so.
vfntnros cJtse so <>rk1ärt, das/, man 8ngt, in der directen rede würde dafür
venirrnt Htclirn. <ia aber die Elmroiieii schon gekommen waren |26, S),
fio hilft« Titurius doch venLssrnt sagen inüs^cn. es musz aUo remtwot
geh'Heii werden, wozu das mit capturoM vorhergehende fuiase ebenfalls
l^chört; L'Hxv iKt aber nichts weiter als das aus teae rcrsckriebeue »ub-
jcct. ded folgenden Satzes.
ATenber: zu Oaiolliit [e. 86]. 777
maior. so sagte man auch nicht antequam vero {enim, igikur)^ poe^
qtiam vero^ priusquam igUur^ sondern atiie vero quam ^pasteavmro
qtiainy prius igitur quam oder, was häufiger ist: sed antequam^ Uth
que priusquam^ nam postqiMm: Sali. Ckxt. 2, 2 paska vero quam (seä
postquam 6, 3; 11^ 4; 20, 7; 38, 1; 53, 5; 56, 4; 57, 1 usw.);
Caesar h. gaU. I 43, 7 prius eUam g^tam -» 'bevor noch*; IV 87, 4
postea vero quam; Cic. in Verrem lY 42 postea vero quam\ Phü.
XIV 1 ante vero quam; 11 23 n. V 23 posiea vero quam\ Livins
I 25, 10 prius Uague quam, priusquam emm, igihir^ amtequam oder
postquam autem und ähnliche Verbindungen scheinen Cicero, Caesar
und Sallustius nicht gebraucht zu haben, sondern erst Livius
(lU 35, 1 ; vgl. Nepos Them, 6, 4 und AkSb. 4, 5).
EÖSSEL IN OSTPBEUSZEN. PbTBB StAIOC.
(65.)
ZU CATULLU8.
Zu denjenigen gedichten Catulls , deren richtige auffiassang im
einzelnen Schwierigkeiten bereitet, gehört insbesondere das sechs-
unddreiszigste, in welchem der diohterling Volusius verspottet
wird, da dies gedieht aufnähme in die auswahl von EPSchulze (rOmische
elegiker, fttr den schulgebrauch bearbeitet) gefunden hat und somit
einem zahlreichen leserkreise entgegentritt, möchte es um so mehr
am platze sein demselben gröszere aufmerksamkeit zuzuwenden und
eine klarstellung der in demselben enthaltenen dunkelheiten in an-
regung zu bringen, der Vorgang, um welchen es sich in dem ge-
dieh te handelt, ist an und für sich einfach : die annalen des Volusius
werden den flammen übergeben, warum dies geschieht, erzfthlt der
erste teil des gedicbts (v. 1 — 10), der hier platz finden mag, um das
Verständnis der folgenden ausführungen zu erleichtem:
Annales Yolusi^ cacata Charta^
Votum solvite pro mea pueUa:
nam sanctae Veneri Cupidinique
vovit , si sibi restUutus essem
5 desissemque truces vihrare iamhos ,
eleäissima pessimi poetae
scripta tardipedi deo daturam <
infelicibus ustülanda lignis.
et hoc pessima se pudla vidit
iocose lepide vovere divis.
die gewöhnliche auffassung nimt an , Lesbia habe gelobt die lang-
weiligen annalen des Volusius dem feuertode zu weihen, falls CatuDus
sich wieder mit ihr versöhnt hätte, motiviert wird dies gelttbde von
Westpbal (Catulls gedichte s. 60) damit , der zwist zwischen Lesbia
und Catullus wäre aus einer meinungsverschiedenheitauf litterarisch»
ästhetischem gebiete entstanden. 'Lesbia las die gedichte des Volusius
Jalirbucher für class. philol. 1888 hft 11. 51
778 ATeuber: zu CatuUus \c, 36],
gern , die der neuen richtung und dem geläuterten geschmacke des
Cat. nicht zusagten, darüber der zank, bei dessen ausgleichung
Yolusius als opfer föUt.' wo steht in dem gedichte hiervon etwas?
fragen wir unwillkürlich, ist es nicht die phantasie des erklfirers,
die den streit nach dieser seite hin ausmalt? musz der zwist der
liebenden, um dessentwillen Cat. seine iamben gegen Lesbia schlea*
dert , deswegen auf dem gebiete der litteratur sich bewegt haben,
weil hinterher die gedichte eines schlechten dichters yemichtet wer-
den ? müssen diese gedichte selbst den grund des Streites abgegeben
haben? ob der grundsatz 'post hoc — propter hoc' hier zur an Wen-
dung kommen kann, ist bei der ganzen art des gedichtes, in welchem
Cat. dem Yolusius seine Verachtung bezeigen will, doch sehr fraglich.
und sagt denn das gedieht etwas darüber, dasz Lesbia gerade die
gedichte des Yolusius hat vernichten wollen ? auch Schulze (ao. ein*
leitung) weisz dies eigentümliche gelübde der Lesbia nur durch die
phantasievolle, aber für die ganze auffassung des gedankens wenig
genügende bemerkung zu erklären, Lesbia habe dem Cat. 'der im
gefühle seiner eignen dichterkraft voll Verachtung auf das niedere
volk der reimschmiede herabblickte', bei ihrer gegenseitigen aus-
söhnung mit diesem opfer eine besondere freude bereiten wollen und
statt des bei dergleichen gelegenheiten üblichen Weihrauchs die
dicken annalen des Yolusius gewählt, einer nüchternen und den
Worten des Cat. mehr angepassten analyse des gedichte begegnen
wir bei Kiese (die gedichte des CatuUus s. 69 f.), die jedoch für ein
vollständiges Verständnis desselben nicht ausreicht. Lesbia babei
heiszt es dort in dem argumentum, welches der erklärung des teztes
vorausgeschickt ist, scherzhaft gelobt, 'wenn Cat., den sie momentan
geärgert hatte, ihr wieder gut werde, wolle sie «des schlechtesten
dichters schlechteste gedichte» den flammen opfern/ in der weitem
ausführung bemerkt Riese, dasz der Vorschlag von Cat. 'der für sol-
chen humor regen sinn besasz' deswegen gebilligt worden sei , weil
er dabei seinem hasz gegen irgend einen dichter ausdruck geben
konnte, und dasz deswegen von ihm für das autodafe die annalen
des Yolusius gewählt seien, richtig ist hier im gegensatz zu der
Westphalschcn auffassung hervorgehoben , dasz das gelübde der ge-
liebten des Cat. an und für sich ein ganz unbestimmtes ist und sich
nur auf einen jpcsshnus poeta bezieht ; erst Cat. gerät auf den einfall
aus dem kreise dieser dichter den Yolusius herauszugreifen, aber wie
kommt, frage ich, Lesbia — denn sie ist gewis gemeint — zu diesem
eigentümlichen vorsat/. im fall einer veraöhnung zwischen ihr und
CatuUus ? darüber sagt Riese so gut wie gar nichts — denn der
grund, dasz der einfall an und für sich witzig sei und Cat. genug
humor dafür besitze, reicht zu einem nach allen Seiten hin klaren
Verständnis des gedichtes nicht aus — und doch musz gerade in
diesem einfall der Lesina der schlüssel für eine besondere in dem
gedieht enthaltene pointe gesucht werden, wenn Lesbia verspricht
die gedichte ^iiue^ pessimus poeta zu verbrennen, falls Cat sich wieder
ATeaber: za CataUiu [e. 86]. 779
mit ihr ausgesöhnt hätte, so steht dieser Vorsatz an und ftlr sich in
gar keinem innern zusammenhange zu der ganzen sitoationi in
welcher Lesbia sich zu Cat. befindet und wie dieselbe in dem gediidite
selbst uns vorgeführt wird, beide hatten sich gegenseitig leides gethan
und im zom sind sie aus einander gegangen ; Cat. vor allen hat es
nicht unterlassen der iamben pfeile auf sie zu entsenden, und diese
Spottgedichte haben Lesbia gewis immer wieder von neuem geärgert.
wenn also die Versöhnung zwischen beiden eine ungestörte und nicht
durch gelegentliche erinnerungen getrübte sein soll, dann müssen vor
allem die truces iamhi dea dicht er sausder weit geschafftwerden.
deswegen passt für Lesbia nur das gelübde diese zu vernichten; sie
will jenen aus ernst und scherz gemischten feierlichen versöhnungs-
act in seene setzen , um das vergangene als vergeben und vergessen
zu bezeichnen, im liebesgezftnk sind diese gediohte entstanden, somit
sollen sie auch nach eingetretener Versöhnung den liebesgöttem ge-
opfert werden, und als dinge, die Unglück bringen können, ver-
dienen sie es auf scheiten von unglücksbftumen verbrannt zu werden.
bei dieser auffassung, wonach mit jpe^^tm« jpo^e ^mp^a auf keinen
andern als auf Catullus selbst gedeutet wird, ist nicht allein das
gelübde im allgemeinen in beziehung auf die zwischen Lesbia und Cat
bestehende Situation verständlich , sondern auch die einzelnen züge
desselben gewinnen leben und zweck, die pointe des ganzen beruht
nun eben auf der Unbestimmtheit der ausdrücke, wie sie das gelübde
in betreff des geplanten Versöhnungsopfers enthält, denn pessimus
poeia 'der garstigste dichter* ist sowohl der *böse dichter*, der
einen schlimmen Charakter hat und mit seinen liedem zu verwunden
im stände ist, als auch der 'schlechte dichter', der unfähig auf dem
gebiete seiner kunst ist und maculatur schreibt, dazu stimmt die
bezeicbnung dieser scripta als eUäissima^ das ebenso doppeldeutig
als 'erlesen' in gutem wie in schlechtem sinne gefaszt werden kann
und somit ohne weiteres eine beziehung auf Cat. gestattet, gemeint
bat Lesbia also selbstverständlich bei ihrem gelübde nur den Catul-
lus , aber zufällig seinen namen nicht ausgesprochen, es ist für sie
ohne weiteres pessimus poeta 'der böse dichter', gerade so wie sie
selbät für ihn gleich hinterher v. 9 pessima ptieUa 'das böse mädchen'
ist , womit Cat. sich für den ihm von Lesbia beigelegten namen in
lustiger weise rächt, ganz von selbst drängt sich die gegenüber-
stellung dieser bezeichnungen als Vermittlung des Innern gedanken-
zusammenhauges zum Verständnis des fol|fenden dem aufmerksamen
leser auf. denn als nach eingetretener Versöhnung Lesbia dem dichter
ihr gelübde mitteilt, da hat sie den einfall, dasz sie infolge der Un-
bestimmtheit des gebrauchten ausdrucks ein gelübde gethan, das
eine scherzhafte erfüllung zuläszt, insofern nicht Catulls gedichte
verbrannt zu werden brauchen, sondern die jedes andern iToe^ajpesm-
mus dafür eintreten können: denn deäissima sind diese gedichte
Catulls, und trotz ihrer verwundenden pfeile behalten sie für Lesbia
ihren wert; sie zürnt ihnen zwar, aber missen möchte sie dieselben
61 •
780 ATeuber: zu Catullus [c. 36].
nicht, ßo erhalten die worte et hoc pessima se puella vidit iocose Upide
vovere divis 'und das sah das böse mädchen, dasz dies ein scherzhaft-
launiges gelUbde sei' (dh. welchem man eine scherzhafte wendung
geben könne) ihren guten sinn, der sich dem ganzen gange des ge-
dichtes einordnet^ während die gewöhnliche einseitige auffassnng,
wonach eledissima pessimi poetae scripta von vorn herein bedeuten
soll 'des schlechtesten dichters schlechteste gedichte', mit ihnen
nichts anzufangen weisz. Riese (ao. s. 71) gesteht dies ohne wei-
teres zu, indem er unter dem texte folgende bemerkung Bonnets an-
führt: 'weshalb ausdrücklich betont ist, dasz sie das scherzhafte
gelübde für scherz nahm, ist unklar.' an stelle des in gewissem
sinne ernsthaften gelübdes die gedichte Catulls zu verbrennen tritt
eben ein lustiger einfall. deswegen bittet der dichter in dem weitem
gange des gedieh tes jetzt, wo nach eingetretener Versöhnung Lesbia
ihr versprechen halten musz, die Venus das gelübde in beziehung
auf seine person als erfüllt anzusehen und ihren artigen einfall
einen andern poeta pessimus zu opfern sich gefallen zu lassen:
nunc, 0 cacndeo creata ponto . . acceptum face rcdditumque votum^ si
non iUepidum ncque invcnustum e^f (v. 11 — 17). somit werden denn
die annalen des Volusius als eledissima pessimi poetae scripta den
flammen übergeben : at vos interea venite in ignem, pieni ruris et infi-
cetiarum, annales Yölusi, cacata diarta (v. 18 — 20). jetzt ergibt sich
auch ganz von selbst eine ungezwungene und natürliche erkl&rung
von interea. Riese (s. 72) bemerkt dazu: 'inzwischen; dh. zunächst
aber, ehe Venus das gelübde als erfüllt ansieht, musz es auch aas-
geführt werden, und er (Catullus) führt es in Lesbias sinne (v. 7)
aus.' wie ungeschickt, ja widersinnig würde so die folge der ge-
danken sein : erst bittet der dichter das gelübde als erflillt anzusehen
und dann hinterher führt er es aus! interea bezeichnet eben einfach
den ersatz (ähnlich 101, 7 und öfter); der dichter kommt damit aof
den eingang zurück, wo derselbe ersatz in den Worten annales Vdusi^
Votum sdvitc pro mca 2>uclla schon angedeutet war. denn j>ro tnea
pudla steht, wie jetzt ohne weiteres behauptet werden kann, ver-
kürzt für pro voto meae pucllae.
Wie es mir scheint, gibt die hier entwickelte auffassung einen
nach allen seiten hin klaren und befriedigenden gedanken : eledissima
2)essimi poetae scripta — Catulls vorher genannte truces iamhi nem-
licb — wollte Lesbia, so hatte sie es der Venus und dem Cupido
gelobt, den flammen opfern, falls der dichter mit ihr wieder aus-
gesöhnt wäre, hinterher thut es ihr leid; da hilft ein lustiger einfall
aus aller Verlegenheit: Catulls nume war ja in dem gelflbde aus-
drücklich nicht genannt, her denn, damit der Venus ihr recht wird,
mit den gedichten eines andern i^oeta j^essimuSy die in ihrer art eben-
falls scripta eledissima sind! kein anderer, meint Cat., eignet sich
mehr dazu sich dieses vorzug» zu erfreuen als Volusius wegen seiner
annalen. deswegen werden gerade diese ins feuer geworfen.
Kbeuswalue. August Teubeb.
HDüntzer: sn Horatins [«fwA 9J. 781
(68.)
ZU HORATroS.
Bei aller selbständigen freiheit, die wir der spräche besonders
des dicbters zugestehen müssen, der ja selbst als fortbildner dersel-
ben zu wirken berufen ist, darf der erklärer sich nie eine deutong
gestatten, welche dem feststehenden gebranche zuwiderlftuft, nie ein
wort in einem sinne fassen, der als willkürliche ab weichung ?on
dem allgemein angenommenen sich erweist, von dieser art ist es»
wenn GFaltin jahrb. 1885 s. 622 f. in des Horatius neunter epode
die anrede an den triumphgott io Triumphe (21. 23) mit *weh
Triumphus' wiedergibt, freilich ist es wahr, dasz io auch 'im schmerz-
lichen affecte' gebraucht wird, woftlr Faltin die allbekannten stellen
beibringt, die aber in unserm falle keine beweiskraft haben, io ist der
laute ruf desjenigen , der weit gehört zu werden wünscht, wie er
sich seltsamer weise noch in unserer spräche in *mordio , feurio' er-
halten hat. so finden wir es stehend in io dves (o. poet. 460) und in
io Hymen, Hymenaee (Plaut. Cas. IV 3), io Hymen, Hymenaee io
(Catullns 61 von 244 an) neben dem einfachen o, auch beim anruf
anderer götter, wie im griechischen, so in io ßacche {fiat. I 3, 7).
im triumpbgescbrei der Soldaten und des Volkes io Triumphe ist die
Verbindung so fest, dasz Hör. nicht blosz in dieser epode, sondern
auch noch viel später {carm. IV 2, 49. 50) den triumphgott selbst
damit anredet, ein auch noch so frei über die spräche schaltender
dichter konnte diesen jubelruf, wollte er nicht eine ganz fremde rede-
weise sich gestatten, in das gerade gegenteil verkehren, ihn zu einem
weherufe misbrauchen. damit ist denn jede möglichkeit der von
Faltin ausgesonnenen deutung unserer jubelode ausgeschlossen,
welche hauptsächlich auf misverständnis der frage an den triumph
beruht: tu moraris aureos cumis et intactas hoves? diese enthält
nichts weniger als ^einen gegen den triumphgott geschleuderten Vor-
wurf, erscheint vielmehr als ausdruck leidenschaftlich freudiger Un-
geduld, dasz der triumph nicht augenblicklich stattfindet, was that-
sächlich unmöglich ist, da der senat ihn erst beschlossen haben musz,
er auch nicht vor der rückkehr des Siegers und der anwesenheit der
im zuge aufzuführenden gefangenen gefeiert werden kann, eben
diese uugeduld über die notwendigkeit, dasz der triumph so lange
anstehen musz, wirft das lebhafteste licht auf das frische jubellied|
dessen misverständnis nur dadurch möglich wurde, dasz man ihn in
sein gegenteil verkehrte, darin den ausdruck der sorge sah, der
triumph werde wohl gar nicht zu stände kommen, dasz man dem
dichter in sonderbarer verkennung den ergänzten gedanken unter-
schob, man könne noch gar nicht wissen, wie der krieg enden werde.
wir gehen auf das misverständnis im einzelnen ^ auf die wunderbare
Vermutung Africanam und die unmögliche deutung von 23 — 26
Veder den führer noch die Africanerin hast du uns heimgebracht'
nicht ein. Plüss hat hier Faltin irre geleitet, wenn der neue erklärer
782 HDüntzer: zu HoratiuB [ca, IV 7].
auch zum teil andere bahnen einschlug als sein vorgSnger, da er die
charybdis ^mancher recht gefährlichen stelle' desselben vermeiden
wollte.
Musz man bei der erklärung der dichter auch dem bestehenden
sprachgebrauche sein volles recht geben , so darf man dagegen die
freiheit derselben in neuen Verbindungen , Wendungen, ja auch neo-
bildungen nicht ängstlich beschränken ohne rücksicht auf die eigen-
heiten der fremden spräche und die schöpferische bildungskraft des
einzelnen dichters. da kann denn der fall eintreten, dasz man durch
eigensinniges festhalten am worte zur völligen verkennung der dich*
terischen Vorstellung und des lebendig ausgeprägten Sinnes verleitet
wird, dieses, ja, was noch schlimmer ist, die leugnung des nach-
weisbaren Sprachgebrauchs, ist nach meiner Überzeugung dem sinni-
gen kenner alter und neuer dichtung HProbst ( jahrb. 1885 s. 140 ff.)
bei dem von ihm mit recht als ein juwel des Venusiners gerühmten
frühlingsgedichte des vierten buches der öden begegnet, ich m5chte
behaupten, der dichter habe hier in freier weise das, was Catulloe
vom tage sagt (5, 4 ff.): soles occidere et redirepossunt: nabis cum
semd occidit hrevis lux^ nox est perpctua una dormienda^ auf den
Wechsel der mit dem winter endenden Jahreszeiten übertragen.
Probst läszt den frühling durch den sommer yernichtet wer-
den, aber dies steht in entschiedenem Widerspruche mit der vor-
Stellung, welche die alten, besonders die Römer, vom Wechsel der
Jahreszeiten haben. Pindaros nennt (Nem. 4, 34) die Hören eilend
(dTT€iTÖ|i€vai) , und bei Ovidius heiszen sie {mä» II 118) rasch
(veloces% ja Hör. selbst deutet diese auffassung, ehe er ihren Wechsel
schildert, durch die worte an : annus et cUmum guae rapU hora diem^
auch durch das vom winter gebrauchte recurrere. die hanptstelle
über den Wechsel der Jahreszeiten, die dem Hör. vorlag, war die des
viel, auch weiter in unserer ode benutzten Lucretius (V 737 — 747 :
4t ver et Venus ^ et veris praenuntius ante pennaius graditur
zephyrus . . inde loci scquitur calor aridus ä comes una pul-
vendenta Ceres et etesia flabra aquü<ynum, inde autumnus adit ^
graditur simul Euius Euan, inde äliae tempestates ventiqtie
secuntur, ältitonans Volturnus et auster fulmine pcUens. (andern
hruma nives adfert pigrumque rigorem^ prodit hiems^ sequitur
. . algor, Lucretius führt die Jahreszeiten zum beweise an, ordine
tarn certo muUa creari. nirgendwo findet sich von der Vernich-
tung einer Jahreszeit durch die andere, oder wenigstens des früh-
lings durch den sommer die geringste spur, wie oft auch der sengen-
den hitze des sommers gedacht wird , des erschlaffens der männer
und des leidens der knaben, die in dieser Jahreszeit von der schule
befreit sein müssen, da sie aestate si volenti satis discunt (Mart
X 02, 12). wie der frühling die zeit der blumen ist, so bringt der
sommer, in welchem die sonne ihre höchste kraft bewährt, die saat
zur reife, der herbst spendet obst und trauben. weder Hesiodos
noch der von ihm abhängige Vergilius kennt den sommer als ver-
nDüotzer: :
Dichter des frühlings, was er ja auch in der tLat nicht ist, da er
auszer der aa^t noch manche btumen bringt, nicht einmal die blute
aller roaen zerstört, ja die Obstblüte in der entwicklnng zur frueht
zeitigt. Lucretius läszt, wie wir sahen, einfach den sommer auf
den friihling folgen. Priapua erzählt (Catullus 20, G ff,): mihi
CoroUa picta (ein hlumenkranz) vere ponititr, mäii aristo rubens sole
fervido, mihi vircnli äiüeis uva pampino mthique glauca dura olitia
frigore. auch die Schriftsteller des landbaus und der filtere Plinius
sind weit entfernt den aotnmer zum Zerstörer zu machen, sie he-
grüazen in dem reifen der ernte den fortschritt des wachsenden Jahres,
das gerade in ihm seine mBcbtigste kraft bewährt.
Wie aber ist ein so feinfühliger aualeger auf eine Vorstellung
gekommen, die der beobachtttng der alten völlig widerspricht? ich
verweise auf Bion 4. auch kein neuerer dichter hat dem sommer
die schmach angethan ihn zum Zerstörer zu machen , wenn sie
auch über sengende hitze und durst klagen oder diese vielmehr
als aufforderung zum trinken benutzen mögen. Probst ist durch
fingstlichea fetthaUen an dem von Hör. hier gebrauchten proterit
zu seiner ansieht verleitet worden, prolerere, behauptet er, könne
nie und nimmer die bedeutung 'verdrängen' haben, ea heisze tiberall
'niedertreten, zertreten, (ermalmen, vernichten', könne nicht 'fort-
treiben' heiazL'n. die eigentliche bedeutung des wertes ist 'ver-
reiben', dieae gestattet aber, wie es hei vielen Wörtern der fall ist,
die manigfachüte anwendung. das davon, wie es scheint, abgeleitete
protenms erklärt Döderlein 'niederwerfend', aber es wird im sinne
von 'ungestüm' gebraucht, und so könnte die ursprüngliche bedeu-
tung 'forttretend' gewesen, es eigentlich von dem gesagt worden
sein, der pülsal omne qwod obstat, wie der zu Maecenas eilende Hora-
tius {sat. II G, 30), wie denn schon Donatus zu Ter. Heo. III 5, 53
sagt: dictum est ideo, quod alium proierat, qui proiervus est. dasz
prolerere mehrmals, wie bei Hör. selbst (carm. III 5, 34), aber auch
schon bei Plautaa, im sinne von 'vernichten' gebraucht wird, wie
proslernere, prorue7-e, profUgare, ähnlich auch amcidcare, obterere,
conterere, beweist keineswegs, dasz das gewaltsame niedertreten seine
eigentliche und einzige bedeutung sei. in der bedeutung 'treten*
findet es sieh schon in dem Plautinischen ego te quasi sus catidos
pcdibus proteram. auch hat Plautus es in der Verbindung lima pro-
ferere, also vom zerfeilen, von welchem später exlerere steht. Teren-
tiua verbindet manche ähnliche ausdrücke in dem verse Ad. 319 ceteros
merem, agerem, raperem, fundereta et prosternerem. aus altern dra-
matischen, geschichtlichen und rednerischen Schriftstellern wird das
wort nicht angeführt, wenn es an verhSItnismSszig wenigen stellen
sowohl in prosa wie bei dichtem in der bedeutung 'niederwerfen,
vernichten' vorkommt, so zeigt schon Plautus , daaz dies nicht die
einzige anwendung des wertes zu seiner zeit war. später, hei Clan-
dianus finden wir vom jungen kalbe pedibus qttae nondum prolerU
arva, was doch nur vom betreten, nicht Tom niedertreten, vemichteiL
784 HDüntzer: zu Horatius [ca. IV 7].
der wiesen verstanden werdeü kann. vgl. bei demselben dichter:
fiosirum quid proteris advena mundum? somit ist proterere in der be-
deutung Hreten' so wenig unmöglich, dasz diese wirklich vorliegt.
auch wäre es in der that auffallend, wenn sie nicht sich flUide« das
einfache tererCy das ursprünglich, wie Tpißeiv, ^reiben' heiszt, wird
von jeder bertthrung gebraucht, daher vom betreten, nicht blou von
wegen und orten (man sagt iter^ viam, Zimtita, porticum terere\ son-
dern auch von laufenden calcem calce terere^ wie das griechische ircrrciv
vom anstoszen mit dem fusze. steht so die beziehnng von terere auf
das treten fest, welche auch bei der Zusammensetzung deterere in der
Plautinischen Verbindung mit cälces (die ferse abtreten) und, wie wir
sahen, in proterere selbst sich zeigt, so verliert das Horazische ver
proterü aestas im sinne 'den frühling verdrängt der sommer* alles
bedenkliche, wenn wir uns nur des gangbaren Sprachgebrauchs
erinnern, dasz die Bömer die rasche unmittelbare aufeinanderfolge
durch Wörter des stoszens und drängens bezeichnen, wir wollen uns
nicht auf das Ovidische gleichnis von der flucht der zeit berufen:
unda inpeUitur unda , urgeturque prior veniente urgetque prioretm
{met. XV 181 f.); derselbe sagt repeUit ver hiemem (X 164 f.). bei
Hör. finden sich die unserm proterit entsprechenden stellen: tru^
ditur dies die (carm. II 18, 15) und urget diem nax ei dies nodem
{epod. 17, 25). der den frühling tretende sommer ist nicht stär-
ker als der vom tage gestoszene tag, der von der nacht ge-
drängte tag; in allen drei ausdrücken wird die rasche aufein-
anderfolge sinnlich dargestellt, was zu dem häufigen bildlichen ge-
brauche des premerey urgere, instare uä. von der nächsten nähe
stimmt, fragen könnte man nur, ob Hör. bei proterü in die prip*
die bedeutung des 'fort' gelegt oder das wort blosz im sinne von
'treten' gebraucht habe; ersteres scheint uns bei der groszen frei-
heit, deren unser dichter sich bei den mit präpositionen zusammen-
gesetzten Zeitwörtern, ja auch bei neuen Zusammensetzungen be-
dient (wir erinnern nur skuproferre in carm, I 15, 33, elaborare in
cann. III 1, 19, an emirari^ adlaborare), bei weitem wahrscheinlicher.
da Hör. an der versstelle eines dactylus bedurfte, den ihm weder
trudit noch urget noch premit bot, so bediente er sich des weniger
gangbaren, aber recht bezeichnenden , kaum miszuverstehenden poh
ierity 'tritt' oder 'forttritt', um die rasche aufeinanderfolge, das
instare vcstigiiSy zu bezeichnen, so wenig besteht die behauptung
zu recht, proterere könne nur 'vernichten' bezeichnen, und wir sind
keineswegs genötigt deshalb, wie wir sonst müsten , aufändemng
des text-es zu denken.
Leider ist Probst durch seine irrige fassung des proterit zn
weitern misverständnissen verleitet worden, indem er auf die Ver-
nichtung des frühlings und dann der übrigen Jahreszeiten , obgleich
er von dieser bei den letztern nicht die geringste andeutung aufzeigen
kann, die folgenden damna caclestia bezieht, er spricht von den
'schaden, welche die erde erleidet durch den Untergang des früh-
HDOntzer:
lingB, des sommers, wenn der herbst seine fruchte gespendet hat,
durch di« Unfruchtbarkeit des wintere', obgleich von einem schaden
der drei frachtbaren Jahreszeiten gar keine rede sein kann.
er in itUerUura den sinn findet 'seibat dem Untergänge geweiht',
l^t er diesen eben willkürlich hinein, wie Hör. den frühling vo
BOmmer verdrängen läszt, eo sagt er vom letztern, um den Wechsel
mit dem herbst zn bezeichnen, er werde schwinden, sobald dieser
wiederkehre, interire ist auch in proea der gangbare gegensatz zu
gigni; wie dieses das eintreten ins leben, so bezeichnet jenes den
aastritt, aber beide werden auf jedes hervortreten und verschwinden
übertragen, wie Hör. selbst sagt: nouaeqtte pergunt interire lunac
(corm. II IS, 16), nachdem er dos raschen Wechsels der tage (fru-
dÜur dies dk) gedacht hat; a. poei. 61 verborum vetus interit aetas,
der auch der besten proaa nicht fremde gebrauch ist sogar in die
sprach« des rechts Übergegangen, der römischen Vorstellung wider-
spricht die von Probst behauptete Zerstörung einer Jahreszeit durch
die andere; alle mit einziger ausnähme des unfruchtbaren, tot«n
(mers) winters bringen ihre gaben, und die Unfruchtbarkeit (sfert-
lÜas, wie die Römer sagen) des letztem, der an die stelle des herbstes
tritt, ist keine Zerstörung, sondern die folge der schwachem einwir-
kung der wintersonne, die inieriore äiem gyro trahit (sat. II 6, 26),
ein damnmu cackste. Probst hat sich mit vollem rechte gegen die
neuem 'wunderlichen mis Verständnisse der damna caeleslia erklärt,
aber seine deutung, so weit sie richtig ist, dasz damna activ zu
nehmen sei , habe icb längst gegeben, sie ist nichts weniger als neu,
verliert aber durch seine beziehung auf alle Jahreszeiten ihre Wahr-
heit, die damna caeleslia sind nicht 'die schttden, welche die erde
durch temperatur und klima im Wechsel der Jahreszeiten erleidet', und
caeleslia heiszcn sie nicht, 'weil sie einmalin der ewigen Ordnung
des hitnmels ihren grund haben', womit Probsts eigne, gleich-
falls nicht ganz zutreffende fassung in Widerspruch tritt, caclestis sei
hier zu fassen wie in der Verbindung mit aqua (bei Hör. und Livius),
in welcher es das vom himmel strömende wasser bezeichnet {aqiia
pluvia bei Cicero, gewöhnlich pluvialis, später aaah pluvialica) im
gegensatz zum quell- undbrunnen- und fluszwasser {fontana.puteana,
putealis, fluminaiis).
Beim landbau kommt eine dreifache beobachtung des bimmels
in betrncht. Cato berücksichtigt nur eine zwiefache, das annale
lempvs, quod sol drcuitu suo finü, und das menstruitm , quod luna
eircumiens comprehenäit. Vergilius, der von den clarissima tmtftdi
lumina sagt: läbentem caclo quae ducilis annvm [georg. I 6), fügt
zu der entwicklnog des Jahres in seinen vier Zeiten und durch den
mondlauf noch die gestime hinzu, welche sttlrnie bringen, am aus-
fahriichsten bandelt Über die caelestis citra Flinius (fl. h. XYUI
56 — 75), der die stürme und die kalt«n nSchte als cadestes iniutiae
bezeichnet, bei Hör. kommt nur der einflusz der sonne in betracht,
der cardo lemporum, wie Plinins sagt, die quadripartita anni dislificiio
786 HDüntzer: zu Horatius [ca. IV 7].
per incrementa lu<ns. und so kann sich, was dem aufmerkenden
leser der Zusammenhang von selbst ergibt, der aasdruck danma
caelesUay der sich unmittelbar an die erwähnung der hruma iners
anschlieszt , nur auf die abnähme der n&hrenden wärm^ (calor) der
sonne im winter beziehen , welche das frische , frohe leben der erde
tötet; aber nach wenigen monaten beginnt die sonne wieder in ihrer
steigenden kraft sich zu erheben, der der erde zugefügte schade, die
Unfruchtbarkeit, hört auf. dasz der plural damna blosz auf den ^inen
schaden geht, den winterlichen mangel an der zum lebendigen treiben
der erde notwendigen wärme , kann niemand irren , der den freien
dichterischen gebrauch des plurals kennt, über den vor so vielen
Jahren mein unvergeszlicher lehrer KGJacob in dem eingehenden
Programm ^de usu numeri pluralis apud poetas Latinos' (1841) ge-
handelt hat. besonders gestatteten sich die dichter den freiem ge-
brauch des plurals bei den neutra auf -um und -tnen, wo der singular
den vers hinderte und die mehrheit als eine Verstärkung des begriffd,
wie besonders bei abstracta, gelten konnte, dasz auch spätere dichter
sich diesen gebrauch des plurals aneigneten, wie Lucanus VIII 750
sagt h<i€C damna septdcri, kommt hier weniger in betracht als der
weitgehende gebrauch des Horatius und gleichzeitiger dichter über-
haupt, wenn Hör. unbedenklich nomina setzt, wo von einem ein-
zelnen bestimmten namen die rede ist {carm. III 27, 75. 76. IV 2, 4),
so wird man nicht zweifeln dürfen, dasz er auch damna von dem
schaden gebrauchen konnte, den die erde von der abnähme der wärme
des groszen himmelslichtes im winter leidet, ja der plural bedarf
kaum der beschönigung, dasz dieser mangel verhältnismäszig lange
anhält, und , was entscheidet , diese fassung von damna wird uns
durch den Zusammenhang aufgedrängt, eine sehr hübsche dichte-
rische Wendung ist es, wenn der mond gleichsam als vermittler der
neu erwachten lebenspendenden Wirksamkeit des Sonnenlichtes ein-
geführt wird , obgleich die monde hier eigentlich nur die Zeitbestim-
mung geben, dasz nach wenigen rasch vollbrachten umlaufen des
mondes der frühling wieder die natur belebt, die durch den winter
verursachte Unfruchtbarkeit weicht, übrigens ist die betrachtong,
dasz sich unser leben, wenn es einmal geschwunden, nicht wieder
herstellt, wie es die erde nach dem winter thut, schon am anfange
(v. 7) eingeleitet; der eingetretene Wechsel hat den dichter gleich
wehmütig gestimmt, so dasz man nicht mit Probst sagen darf, in die
erste freude über den jungen frühling mische sich gleich trauer ein;
jeder ausdruck der freude fehlt, nur der Wechsel selbst wird be-
schrieben, nicht einmal, wie in dem viel altern frtthlingsgedichte I 4
ausdrücklich bemerkt, dasz der Wechsel erfreulich (grata) sei.
Das eben genannte gedieht unterscheidet sich von unserm, das
der mehr als ein Jahrzehnt älter gewordene dichter an Torqnatas
richtete , ganz besonders durch den heitern ton und die den ernst
der betraclitung umspielende laune, in welche der dichter auch den
freund zu versetzen sucht, freilich gedenkt er auch hier des uns
HDüntzer: sn Horalins [ea. I 4]. 787
allen drohenden todes, aber weist er auob aaf diesen malmend hiOi
so ist er doch weit entfernt ihn als vielleicht schon morgen eintre-
tend zu bezeichnen, wie er es dem Torqnatas gegenüber ¥• 17 f.
thut , mit leiser hindeutung auf die stelle des Lucretias III 1024
— 1057, worin dieser, nachdem er alle vorstellnngen vom schatten«
reiche als wahngebilde verlacht hat, sich vorhält, d[asz selbst der gute
könig Ancus und so viele könige und £eldherren, auch die groszen
dichtei' und philosophen , ein opfer des todes geworden« dabei be-
dient er sich eines eigentümlichen ausdrucke ; freilich gebraucht auch
Plautus unter den wechselnden bezeichnungen des Sterbens einmal
deddere^ und so findet es sich auch ^nsi, II 1, 36, aber hier fügt
Hör. die bestimmung des ortes hinzu, wohin wir alle nach dem
tode wandern müssen, gebraucht es also mit besonderer prttgnanz für
decidentes venire^ wofür devenire 'hingelangen' epist. 1 6, 27 nach ire
mit schmerzlichem gegensatz zum vorhergegangenen te conspexerU
steht, hier liegt sein entschiedener Unglaube zu gründe, obgleich er
sich der gangbaren Vorstellung eines schattenlebens bedient; so ge-
wis ihm das verbrennen zu asche ist {pfAkns)^ so wenig glaubt er an
das Schattendasein {umhra) unter der erde, das ältere gedieht, worin
er den Sestius ansprach, begann mit einer weitem und heiterem schil*
deruDg; auf diese folgte die mahnung an sich selbst, das fest des
wiedererstandenen Jahres freudig zu begehen, wobei der gedanke,
dasz wir alle dem tode verfallen sind, mit als bestimmungsgmnd
galt, dieser tritt freilich ganz unverbunden ein, bildet aber zugleich
den Übergang zur aufforderung an den reichen Sestius, sich noch
des genusses zu erfreuen , den ihm das leben bietet , wobei er mit
heiterer laune des uns alle bedrohenden schattenreiches gedenkt, das
jeder freu de ein- für allemal ein ende mache.
Probst hat in seiner behandlung dieses gedichtes das unmittel-
bar auf die mahnung den neu erstandenen frühling zu feiern folgende:
palUda Mors aequo pidsat pede pa/uperum täbernas regumgue iurres
durch eine neue deutung ins licht setzen zu müssen geglaubt, wenn
man bisher allgemein den todesgott mit dem fusze anklopfen liesz,
80 findet er dies sprachlich unzulässig, freilich , wenn man bei For-
cellini die stellen unter pulsare vergleicht, so findet man dort nur
solche, in welchen es im sinne von 'anklopfen' mit fores und ostium
verbunden erscheint, anders ist es, wenn man den Plautus vergleicht,
der sich der altera form puUare (wie mertare statt mersare steht) be-
dient, welche nur ein paar mal durch pvUsare verdrängt wurde,
scboD Forcellinis stellen u. puUare^ die Probst entgangen sind, hätten
ihm zeigen können, dasz seine behauptung, beim klopfen werde
immer die thür genannt , nicht der Wahrheit entspricht, jeder leser
des alten komikers weisz, dasz nicht allein /bra^, ostiumy ianuam
pultare (auch ferire, frangerCy ecfringere, verherare) gesagt wird, son-
dern auch aedes pvMare, wie es in der betreffenden ergötzlichen scene
der Mostellaria und im Poenulus zu lesen ist, und im Budens 331 f.
hanc qime proxuma est (fu} viUam Veneris fano pulsare iussisH in
790 FRühl: die ConstantiniBchen indictionen.
indictionen seien erst im j. 312 nach Ch. eingerichtet worden, mit
einem derartigen glauben aber würde die herleitung der indictionen
von Antiocheia und die ganze bekannte ausftthrung, wie sie sich
I s. 355 Bonn, findet, in directem Widerspruche stehen.
Es musz einen besondem grund haben, warum mit dem 1 Sep-
tember 312 nach Ch. eine li^ue, eigens benannte reihe von indictions-
jahren beginnt, während sich die indictionen vorher und nachher an
sich nicht im mindesten unterscheiden, fassen wir das problem rein
chronologisch, so ist die nächstliegende annähme die^ dasz mit dem
am 1 September 311 nach Gh. beginnenden indictionsjahre irgend
eine grosze periode ablief^ eine art von annus magnus. an das jähr
49 vor Ch. dabei zu denken haben wir keine veranlassung, da der
ansatz des anfangs der indictionen zu diesem jähr anerkanntermaszen
falsch ist und der Ursprung der bezeichnung Tonstantinische in-
dictionen' natürlich viel älter ist als die redaction des chronicon
paschale. nun waren es hauptsächlich drei zeitkreise, aufweiche die
christlichen Chronologen seit dem vierten jh. gewicht legten und
gewicht zu legen Ursache hatten, nemlich auszer den indictionen noch
der sonnen- und der mondzirkel; wir werden demnach erwarten
dürfen, bei einem 'groszen jahr'^ das in dieser epoche aufgestellt
wurde, alle drei berücksichtigt zu finden, wir werden femer von
vorn herein vermuten dürfen, dasz der ausgangspunkt der za sup-
ponierenden rechnung, das anfangsjahr der cyclen, durch ein nach
irgend einer rücksicht hin bedeutendes ereignis bezeichnet werde,
früher hätte vielleicht der einwand nahegelegen, dasz ja die spätem
mittelalterlichen computisten und nach ihrem vorbild die modernen
Chronologen für ihre zeitkreise ganz willkürliche und mit einander
gar nicht im Zusammenhang stehende anfangspunkte angenommen
haben, das wird man indessen heute schwerlich noch vorbringen
wollen, seit Gutschmid — sonderbarerweise als der erste — in
Gardthausens griech. paläographie s. 399 f. gezeigt hat, dasz es im
frühern mittelalter sehr verschiedene anfangspunkte für sonnen- und
mondzirkcl gegeben hat. wir werden uns vielmehr für unsere Ver-
mutung — denn weiter ist sie bis jetzt noch nichts — auf die von
Gutschmid ao. klar gelegte natur der byzantinischen weltttra als auf
eine gewisse analogie berufen dürfen, indem ihr erstes jähr zugleich
das erste jähr eines sonnenzirkels und eines mondzirkels ist und in-
dictio I hat.
Sueben wir nun nach einem ereignis , welches für einen römi-
schen Chronologen wichtig genug war, um dan^it sein groszes jähr
zu beginnen, so ist dasjenige, auf welches man zuerst verfallen wird,
die grUndung der :«tadt Kom. diese fällt bekanntlich nach Varro-
niscber rechnung auf den 21 april 753 vor Ch., und dieses datum
gehört einem prolepti<>chen ersten indictionsjahre an, welches am
1 September 754 vor Ch. begonnen hatte, während das jähr vom
1 September 311 bis 31 auguät :n2 nach Ch. ein fünfzehntes in-
dictionsjnhr ist. setzen wir nun das jähr vom 1 September 754 bis
FRühl: die Cotit.ta,iitiiii scheu indicliouen. 791
31 augUBt 753 vor Ch. auch als erstes jähr eines mondzirkels, so ist
das jähr vom 1 September 311 bis 31 auguat 312 nach Ch. gleich-
falls ein erstes jalir eines mondzirkels; setzen wir das indictionsjafar
754/753 vor Ch. als erstes jähr eines sonnenzirkels, 60 ist das in-
dictioDSJahr 31 1/312 nach Ch. gleichfalls das erste jähr eines soanen-
zirkels. das heisit reit andern werten: mit dem jähre, das am
31 august 312 nach Ch. schlieszt, endigt ein indictionszirkel, und
es fallen in diesem jähre alle Wochentage und alle mondphasen auf
dieselben monatstage wie im jähre der grUadung der stadt Rom.
diese drei bedingungen zusammen aber hatte in der ganzen Zwischen-
zeit kein einziges jähr erfüllt, und so konnte diese periode von 1065
jähren wirklich als ein annus magnus bezeichnet werden, da nnn
der 1 September 312 nach Ch. in die regierung des Constantinus
Btü, BO würde es an sieb schon nichts auffallendes haben, wenn mau
die indictionen des mit diesem tage beginnenden neuen groüzen
Jahres als Constantiniscbe bezeichnet hUtte. es kam aber noch hinm,
dasa mit dem j. 312 ind. XV nicht nur chronologisch, sondern auch
historisch ein weltalter abschlosz: denn bereits in den october von
312 ind. 1 lUllt der sieg des Constantinus Über Maxentius und damit
der anbrach einer neuen epoche für das römische reich und speciell
für die bekenner des christlichen glaubens. wenn jemand noch
weiter im sinne christlicher mystik oder Scholastik träumen wolU«,
so bot ihm die zahl der von 754 vor Ch. bis 312 nach Ch. abge-
laufenen indiction senden, nemlich 71, noch anszerdem hSkcben
genug , an welche er berge von lehre hangen konnte, ich bin in-
dessen mit der christlichen litteratur jener epoche nicht genau genug
bekannt, um mir ein urteil darüber erlauben zu kSnnen, ob derartige
betrachtuagen bereits diesen frühen Jahrhunderten zugeschrieben
werden dürfen.
Es läge nahe zu untersuchen, ob man etwa auf die idee gekom-
men sein sollte, durch eine rückz&hlung groEzer jähre ein datum ftlr
die erschaffuiig der weit zu gewinnen, vorläufig ist indessen das
ergebnis meiner nachforschungen in dieser hinsieht ein rein nega-
tives gewesen ; von allen weltUren, von denen ich mir kenntnis ver-
schaffen konnte, würde keine einzige zu einer periode passen, wie
wir sie angenommen haben, indessen musz ich bekennen, dasz es
allem anscheiu nach mehr weiteren gibt, als mir zu ermitteln mög-
lich war, und daher ist vielleicht jemand, dem reichere hilfsmittel
zu geböte stehen, glücklicher als ich. zur zeit vermag ich auch nicht
anzugeben , ob die für 532 jähre eingerichtete tafel der anfiinge der
fasten, welche Ällplrünl s. 303 der Übersetzung ('the chronology
of ancient nationa; an EngUsh version of the Arabic text of the
Athär al-bi'ikiya of Älblrünl translated by ESachau', London 1879)
mitteilt, irgendwie mit den indictionen zusammenhängt ; ich bezweifle
es indessen sehr. Älblrönl sagt, nach der angäbe der Christen sei
jene tafel, die er XpoviKÖV nennt, von Eusebios, dem bischof von
ind den 310 bischöfen der synode von Nikaia berechnet
792 FRühl: die ConBtantinischen indictionen.
worden, wenn seine gewährsmänner richtig berichtet haben sollten,
so hätten wir hier das erste beispiel der 532jährigen periode^ von
dem wir wissen.
Warum übrigens das chronicon paschale die dpx^l IvbiKTiuivuiv
auf den 1 Gorpiaios (september) 49 vor Ch. setzt, ist nicht schwer
zu sagen, das ist das erste jähr der Caesarianischen ftra^ wie sie in
Antiocheia galt, and zugleich ein erstes indictionsjahr. wenn es non
eine Zeittafel gab , welche nach antiochenischen jähren rechnete und
die Zeitcharaktere angab , so muste bei dem ersten jähre notwendig
(wenn man will proleptisch) IvbiKTiuiv ä beigeschrieben sein, was
dann leicht ein späterer f(ir den anfang der indictionen ttberhaapt
nehmen konnte, dasz die quelle für jene angäbe eine syrische war,
versteht sich von selbst, da hier nach syrischen monaten gerechnet
wird (kqI al !vbiKTOi bk xpim<^'^'^^^v fjpEavTO diiö irptXiTiic kqI
auTf]C ToC ropTTiaiou finivöc). ebenso selbstverständlich ist es, daas
die Constantinischen indictionen mit Antiocheia nichts zu thun haben:
denn dasz am 31 august 312 nach Ch. seit dem 1 September 49 vor
Ch. gerade 24, nicht 23 oder 26 cyclen oder welche zahl man sonst
will abgelaufen waren, ist so gleichgültig wie möglich. Idelers ans-
einandersetzung (handbuch der Chronologie II s. 351) bewegt sich
einigermaszen im kreise, und er übersieht auszerdem, dasz nach dem
chronicon paschale der anfang der antiochenischen ära nicht mit dem
der indictionen identisch ist, indem der erstere auf den 12 Arie*
misios gesetzt wird (dirö TTpiI)TOU £touc faiou 'louXiou Kaicapoc
KQI TOIV TTpOK€l|Ll^VUJV UTldTUiV ACTTlbOU KQI TTXdTKOU, f^fOW iß' KOl
auTTic ToO 'ApT€|Liiciou {Liiivöc, 'AvTioxeTc Touc touTdiv xpövouc
dpiOfiioCci). warum gerade der 12 Artemisios gewählt wurde, ergibt
sich aus Malalas s. 216 Bonn.: es ist der tag der Verkündigung der
irapoucia louXiou Kaicapoc. der Verfasser der antiochenischen
Stadtchronik, welche Malalas benutzte, scheint auch ganz gut ge-
wust zu haben, dasz damals die indictionen noch nicht eingeführt
gewesen sind, sondern dasz dieses chronologische hilfsmittel erst
später erfanden und dann auch für die längst vergangenen jähre ge*
braucht worden ist, während er von der beschaffenheit der alten
syromakedonii<chen monate keine rechte Vorstellung mehr hat and
sie julianisch reduciert (KaT^q)9ac€ TÖ iTpö9€)Lia iv *Avn0X€i<ji tQ
7TÖX€i Tri iß' ToO 'ApteiLiiciou toO Ka\ Maiou imivdc Tflc jicrd raOra
iTpuiTT]C [TipiüTTic fehlt bei Dindorf, ist aber unentbehrlich] diriveMrj-
ceuJC heiszt es bei Malalas s. 216,10). dasz übrigens das chronicon
paschale für diese dinge aus Malalas geschöpft habe , wie WJudeich
'Caesar im Orient' (Leipzig 1885) s. 106 behauptet, bezweifle ich
im höchsten grade; auf dieselbe quelle aber gehen beide in letzter
instanz ohne zweifei zurück.
KÜNIOSBBKQ. FbAXZ R0IIL.
EESTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOOIE
nKKAUSaEOEBEN vox Alpked Fleckkiskm.
COLTURHISTOIilSCHE FORSCHUNGEN ZUM HOMERISCHEN
ZEITÄLTEB.
Die glückliche durehführung einer culturgesehichta der Griocben
im Homerischen ieitalter böngt von der richtigen beniitzung dreier
teils in einander flieazender, teih sich ergänzender quellen ab.
sind: l) die natiir des landes, 2) die archäologischen funde und
monumentalen Überreste auf griechitchem boden, 3) Homeros. vieles,
was uns in den Homerischen gedichten entgegentritt, wird in physi-
kalischen bedingungea des landes seine Ursache und erkIHrung finden,
dazu gehören diu Überdachten sculenhallcn auf dem hofe, offenbar
als schütz gegen diu brennende hitze' und die hSuQg wolkenbroch-
artigen regengUsse' erbaut, die viehgehSfte liegen fern von der
Stadt auf bergen, weil die berden in dem gebirge zu weiden pflegten,
während das die dörfer utngebendo ebene land dem ackerbau diente
(ECurlius Peloponnesos II s. 1G3). häufig drängt sich d
lung auf, als wenn der weg aus der stadt hinaas eine hinunter-
führende ricbtung habe', und mit recht: denn die griechischen städte,
durcb nnbaii aus den bürgen hervorgegangen, lagen auf den ab-
iJachuugen der burgbügel.
■ uftch Neumann- Fartsclj (pbjsikalische
land, lireElHU 1886) s, 18 ist in cl< " '
der ilünensanil im Phaleron ernit
Boiotien ond TbeasaHcn (a. &6).
latnge «uf »euige wiide iluraregen von verheerender kraft.' " ali
Teleinscboa von PjIob (t 484 f.), Pberai [t «4 f.), Sparta (o 133 ff.}
nufbricbt, wirl jeiieBmal zaerst erwShnt, dasi er in die ebene kommt,
zb. T 48* f- fuScTiEev h' tXäav , Ttb b' oOk änovre itCTfcönv k neblov,
XiTidTTiv bi ITliXou atnü nroXicOpov. die bruonen lagen i
Jil.ibQitiet firi^Iis«, pi,ilbl. ISSahftlt
794 MHecht: cnlturhistorische forschuDgen zum Homerischen Zeitalter.
Anderes , dessen Vorstellung nach der Schilderung des dichtera
nicbt hinreichend klar und begrenzt ist, wird durch zutreffende be-
Ziehung auf gegenstände der ausgrabung eine bestimmte form an-
nehmen/ wo die gedichte schweigen, da werden die alten denkmftler
archäologischer wie monumentaler art, da wird das land mit seinen
unabwcibbaren forderungen als zuverlässiger zeuge von jener Ver-
gangenheit ergänzend eintreten, so erscheint das wettfahren mit
dem Zweigespann als etwas ganz gewöhnliches^, niemals aber wird
ein hippodrom erwähnt. ECurtius entdeckte nun die reste eines
solchen, wie es scheint, uralten auf dem Lykaion in Arkadien (Pelop.
I s. 301); dadurch wird die bei dem hohen interesse für die sache
an bich wahrscheinliche Vermutung, dasz man schon im Homerischen
Zeitalter an geeigneten orten hippodrome anlegte, bestätigt. —
Fleisch ist durchgehend das hauptlebensmittel der Homerischen hei-
den, der fischnahrung bedienen sie sich nur im notfalle (b 368.
|i 331); dennoch musz der fischfang besonders ftlr die ärmere classe
der bevölkerung eine wesentliche nahrungs- und erwerbsquelle ge-
wesen sein; das läszt sich mit Sicherheit aus der einzig reichen
küstenent Wicklung des landes mit seinen zu diesem gewerbe auf-
fordernden zahlreichen buchten und meerbusen schlieszen (vgl. k 124.
M 251. T 113. X 384 ff.).
Wir wenden uns nunmehr der ergibigsten quelle, den beiden
epen selbst zu j in welchen ein reicher schätz von culturhiatorischen
elementen verborgen liegt, wie können wir diesen heben? mit wel-
chem rechte den gehobenen als einen solchen betrachten, dessen in-
halt aus mittelu des Homerischen, nicht des heroischen Zeitalters^*
steht, in welches die handlung verlegt ist?
Schon Goethe schreibt (XXII s. 110 der ausgäbe in 40 bänden) :
^wir sahen nun in jenen gestalten nicht mehr ein angespanntes und
aufgedunsenes heldenwesen, sondern die abgespiegelte Wahrheit
einer uralten gegenwart.' und heute ist es allgemeine ttberzeagang
geworden, dasz die Homerischen gedichte in treuen zügen das ge-
präge der cultur ihrer entstehungszeit tragen.^ freilich musz die
vor der stndt; dasz der wef^ dahin hinabführte, sehen wir aas K 107,
wo die tochtcr des Laistryg^oncu AntiphateH zur quelle geht: i^ |i^v dp'
^c Kpnvr]v KaT€ß/)C€TO KaXXip^eBpov *ApTaK(r)v. dieselbe beweiakraft hat
KaTaßa(v€iv V 252. Q 32U. uj 205. auch die häntif:: mit 8täd(%n ver-
bumleni'U ndjectiva ainöc, aiiruc und a(iT€iv6c (B 5:i8 Ki^pivOoc, f 486.
o 1U3 TTuXoc, K 81 die Rtudt der Laistrvgoncn, B 573 rovuccca, Z 36
TTriöacoc, N 217. Z IIG KaXuöibv, oft ''IXioc) sind mit rücksicht auf die
erhabene läge der städto, niciit auf die sie umgebenden mauern su ver-
stehen (vgl. JSenfeys etymoIoi;ie des Wortes im griech. wuraellezikon I
s. 278: nväk' =* zurück, ahwürts: nuch Curtius Pelop. II 8. 132 f. 168.
161 f. 184. 240. 270. 292. 350 f. 3ÜÜ).
* so hat WHelbig in seinem buche 'das Homerisuhe epos aus den
dcnkmälcrn erläutert' (2e aufläge, Leipzig 1887) einen überaus dankens-
werten beitrug zur kennt uis der Homerischen realicn geliefert.
*' zb. V 202 ff. bei den leiclienspielcn zu ehren «les Patroklus. ' T|;L
Groto gcsch. («rifch. übers, von Meissner I s. 434 tf. MDunckar getfch.
MHecht: culturhietorieche forachiiDgeu zum Homeriscbea zeitälter, 79ö
zuweilen hervortretende idealisierende tendenz in abrocbnung ge-
bracht Werden, biervon abgesehen spiegeln sich in der Ilias und
Odjssee die religiösen, ethischen, politischen, socialen zustande des
zehnten und neunten jh. wieder: denn in dieae zeit föUt die ent-
stehung der gedichte. mit recht bemerkt Duncker no. s. 331 , dasz
die dichter auch den geographischen gesicbtakreis ihrer zeit — und
dasselbe gilt natürlich auch vom kosmograp bischen — nicht einengen
durften.
Mau erfuhr wohl durch legenden von groezen, in Trüherem Zeit-
alter geschehenen thaten, aber die naiven dichter, welche des histo-
rischen Sinnes ermangelnd die gegenwart von der Vergangenheit
nach ihnem inbalte nicht schieden, musten, wenn sie begebenheiteu
einer frllLern epocLu besangen, notwendig und unbewust der gegen-
wart die geataltungsmittel entnehmen, was war denn vorbanden,
woraus tuan Qber die vorfahren und dert^n Sitten hUtte beluhrung
schöpfen könntny die dichter waren vielmehr ganz kinder ihrer zeit
und durcbauü an den erfabrungskreis derselben gebunden, sie
konnten sich die beroen grösser, stärker und zu gewaltigem leistun-
gen befähigt vorstellen — ihre Charakteristik ist Homerischer typus.
sie konnten sich den verkehr der götter mit den menschen uneinge-
schränkter und intimer ausmalen — die religiüaen Sitten und der
gotterfüllte sinn eignen dem Homerischen Zeitalter, sie konnten
namen für einzelne personen und stamme erfinden und deren Wohn-
sitze willkürlich verlegen — ihre beschäftigungsart im frieden und
krieg gehört der zeit der dicbtung an, sie konnten orte aus freier
Phantasie erfinden und dieselben in heliebigo gegenden versetzen —
immer jedoch lagen sie im bereicbe des Homerischen horizontes,
immer waren solche mythische locale mit ihrem Inhalt nach mustern
(1er lebendigen gegenwart gezeichnet.
Homer bat also in der that in seine kunstwerke die cultur-
eleniente stines Zeitalters hineingewoben, allein er hat nicht allen
stofi' verarbeitet, sondern nur so viel als zur herstellung seiner dich-
tungen erforderlich war. es ist in Ilias und Odyssee keineswegs —
das müssen wir uns vergegenwärtigen — der volle Inhalt des Home-
rischen Icjbens nach allen selten hin ausgeprägt, das könnten wir
nur erwarten, wenn Homer nicht als dichter auserwElblle gegen-
stände mit freiheit behandelte, sondern etwa als gelehrter es sich zur
aufgäbe gemacht hUtte, die cultnr seiner zeit und alle realien bis ins
detail hinein erfchöpfend darzulegen, nun bewegt sich aber die
Handlung der ;^ediebto auf einigen begrenzten gebieten der erfab-
i'ung: in der Ilias auf dem ebenen kriegsschau platze zwischen den
mauern von Ilios und der meereabucht mit ihrem halbkreisförmigen,
durch uiaucr, graben und palissaden wohl verschanzten scbilTslager;
in der Odyssee einerseits au und auf dem meere oder auf Inseln,
anderseits in bäusern der fürsten. sind wir somit über kriegs-, sec-
rie^ält^tums V s. 330 ff. Rieilenauer hanilwert und lianiiwerker iu
den Hom. weiten s. I u, 164 anm. 1. BuRoIt grieidi. geech, I ». 10.
796 M Hecht: culturhistorisclie forschungen zum Homerischen Zeitalter.
und hauswesen genügend orientiert^ so werden andere lebensvei^
hältnisse und beschäftigungen selten eingehend behandelt \ meistens
nur berührt oder gestreift, wie oft verdanken wir dem zufall ein-
maliger erwähnung die kenntnis von gegenständen und gebrftuchen,
die in gleichnissen zur veranscbaulichung aus dem auszerhalb der
Sphäre unserer epen liegenden erfahrungsgebiete herangezogen wer-
den I wären der Schauplatz der gedichte nicht ausschlieszlich die
aristokratischen kreise, spielte die handlung auch unter den bauem
und band werkern, so hätte uns der dichter aus ungeahntem hinter«
gründe noch ganz andere dinge und Verhältnisse vorgeführt.
Die zahlreichen gleichnisse^, in welchen der dichter auf das um-
gebende leben hinweist, sind für den culturforscher eine ansier-
ordentlich wichtige quelle und als solche bereits gewürdigt.* auch
einmaliges vorkommen des vergleichungsobjects beweist entschieden
dessen realität, wie wir nach unserer Voraussetzung überhaupt be-
rechtigt sind den inhalt einer vereinzelten erwfthnung als eigentOm-
lichkeit des Zeitalters zu deuten, so findet sich das wort ßofiXotcir)
nur an 6iner stelle (A 672), und doch steht hinter demselben die für
jene zeit so charakteristische sitte des rinderraubes. V 708 ff. werden
Aias und Odysseus, wie sie im ringkampf brüst und köpf gegen ein-
ander, die büine nach auszen gestemmt dastehen, mit dachsparren
verglichen, diese einzige stelle legt ein sicheres zeugnis von den
spitzen giebeln der Homerischen häuser ab. — Wer wollte behaupten
dasz, weil Homer seine beiden bis auf 6inen fall '° fahrend darstellt,
das reiten in jener zeit nicht üblich gewesen sei ? — Auch werden
wir eine deutliche beziehung auf den wegen der allgemein Üblichen
gebrauchsverwendung der metalle schon im Homerischen Zeitalter
vorauszusetzenden bergbau in der eigentlichen bedeutung des nur
bildlich gebrauchten (b 676. 9 273. p 66. 465. 491. u 184 in dem
sinne von *im tiefsten innem heimlich ersinnen') verbums ßuccobo-
|Li€i)€iv erkennen, welches so viel als 'in der tiefe bauen, arbeiten*
besagt, und das gilt doch von der thätigkeit des bergmanns«
Allein alles zusammen, die ausführlichen Schilderungen, welche
doch nur gelegentlich sind, die gleichnisse, welche immer nur dem
bedUrfnis der poetischen Situation entspringen, die vereinzelten Vor-
kommnisse füllen den erfahrungskreis des Homerischen lebens noch
nicht aus. vergleichen wir diesen in seinem vollen bestände mit
einem fe^llande; so haben wir von ihm in den beiden epen nur seine
^ LFricdlänJcr zwei Homerischo würtcrverzeichniBse 8. 760. ^ von
Friedländer ebd. f>. 786 tT. zusnmmentrestcllt. ' vgl. Schmitt althelle-
lÜKchc culturbildcr nach den llomerirchen gIcichnisBfn entworfen (prof^r.
Mannheim 1864). '° das ist K 513, wo Diomedes und Odjssenii, welche
nachts in d.'i.s troisclie In{;er einp:edrungen sind, sich auf die erbeuteten
rosso 8cliwinp:en und in flchneileni ritte den schiffen luei'en. dagegen
wird in gleic)iiii89en /weiinal auf das reiten hinge wiegen: 0 679 ff.,
wo schon von tii em kunstrciter die rede ist, und € 371, wo Odjrsteu^
einen halkon nein«*» zcrtrüinmerton fahrreng^s wie ein reiter tein pfenl
beschreitet.
UBecht: culturbistorische forschungeD
auflCsnng in einen archipel allerdings zahlreicher, bald grösserer
bald kleinerfer inseln, aus welchem das ursprüngliche festlaiid zu
reconstniieren ist.
Solche erwägungen dürfen jedoch an der thatsacbe nicht irre
machen, daaz Homer, wenn auch nicht ein voUsl&ndiges, so doch
ein Qbei'aus reiches matorial für cu 1t urhistorische zwecke gewährt,
welches in dtn stand setzt sein Zeitalter nicht allein in allgeo
sondern auch in bcsondern zOgen zu charakterisieren, die natur des
landes mit ihren specifischen bedingungen, die alten fände und denk-
mäler sind, wie schon oben erwähnt, ein unentbehrliches htlf^mittel.
das divinatorischo verfahren, welches hier mitunter am platze sein
wird, findet in der analogie des landlebens mit seiner einfacbheit
und natürlich k ei t , in der analogie der Jugend anderer Völker eine
stutze, schon Aristoteles hat darauf aufoierksam gemacht (politik
VII 9, 4), dasz gleiche bedürfnisse gleiche crÖndungen hervorzurufen
pflegen.
Was dit von Homer mit geringem Interesse behandelte untere
classe des Volkes anlangt, so werden sich mit genügender vorgicht
und besonnenhcit aus den werken und tagen des Hesiodos, dem
Zweitältesten deukmal der griechischen litteratiir (etwa um 760 vor
Ch.), rUckscfalUsse auf das Homerische Zeitalter machen lassen-
Fttr die bearheitung dieses themas g^bt es nur eine einzige,
aber überaus zuverlässige und reichhaltige quelle: die Homerischen
gedichte. von ionischem geiste geschnffen zeugen sie zunächst frei-
lich nur vom leben und von den Sitten dar lonier. wenn aber
WHelbig mit recht hervorhebt (ao. s. 6): 'das epos enthält keine
andeutung, dasz sich die Griechen den andern in den östlichen län-
dern des Mittel meergebiet es ansKssigen vQlkern gegenüber einer
besondem oder gar überlegenen Stellung bowust waren, vielmehr
werden die lebensfonnen, die tracht, die bewaß'nung der Acbaier
wie der Troer und ihrer hilfsvölker im wesentlichen als übereinstim-
mend geschildert, und die dlchtung weist nur in ganz vereinzelten
fallen auf nationale eigentUmlichkeiten hin'; wenn also der unter-
schied zwischen den lebensformen der lonier und fremder vOlker
ein verschwindender war, so werden sich die verwandten stamme
der Aioler, Dorer und Achaier in ihrer cuUur von den loniem noch
weniger unterschieden haben, darum sind wir berechtigt die den
gcdicbten entnommene sittliche. cultur den Griechen Überhaupt, und
Kwar als eine solche, welche ihnen wfihrend der entstehungszeit der
beiden epen eigentümlich gewesen ist, zuzuschreiben, darunter ist
aber eine periode von einigen Jahrhunderten", mit Sicherheit des
zehnten und neunten zu verstehen.
798 M Hecht: culturhistorische forschungen zum HomeriBchen xeitalter.
Die sittliche cultur der Oriechen im Homerischen Zeitalter ist
schon früher einmal ausführlicher von KGHelbig behandelt worden
in seinem büchlein *die sittlichen zustände des griechischen helden-
alters, ein beitrag zur erläuterung des Homer und zur griechischen
culturgeschichte' (Leipzig 1839). diese schrift, welche mir erst nach
abschlusz dieses teils meiner Homerischen forschungen bekannt
wurde , entbehrt keineswegs der guten gedanken und enthält eine
menge belegender stellen, anstatt jedoch in gehöriger selbstbe-
schränkung aus dem leben des griechischen heldenalters das, was
das thema verkündet, herauszuheben und im Zusammenhang darzu-
stellen, zieht Heibig solche gebrauche, sitten, anschauungen und
Verhältnisse in den bereich seiner darstellung , welche mit der auf-
gäbe in loser oder gar keiner beziehung stehen, an einer systema-
tischen entwicklung des jenem Zeitalter eigentümlichen sittlichen
gehaltes verzweifelnd will er denselben vielmehr an der eingehenden
darlegung 'sowohl der Verhältnisse der beiden zu den göttem als
der zustände in der heimat und auszer derselben, welche sich in der
sie umgebenden sinnlichen weit gebildet haben' hervortreten lassen
(s. 1). allein dieser weg wurde für Heibig verhängnisvoll, er ist
von seinem ziele zu weit abgekommen, wenn er nicht nur mehrere
Seiten, sondern sogar ganze capitel hindurch zwar Homerisches leben
behandelt, aber solches, welches jenseit der grenze des themas liegt.
dazu gehören zb. c. 2 wesen und Charakter der Homerischen gOtter
s. 2 — 6, c. 4 Verhältnis des Schicksals zu den göttem s. 11 — 16,
c. 10 zeichen und träume als äuszerungen der göttlichen regiorung,
c. 14 rein politischen inhalts : die Staaten im heroischen Zeitalter s. 55
— 57, c. 15 der könig und seine unterthanen s. 57 — 73, c. 20 die er-
Ziehung s. 02 — 99, c. 26 die beiden im kriege usw." wie sehr dem
Verfasser der leitende plan abhanden gekommen, beweist das unbe-
wuste eingeständnis am Schlüsse: 'so habe ich die wichtigsten er-
bcheinungen des lebens der griechischen beiden zusammenzustellen
und zu ordnen versucht, welche in den göttlichen gesftngen des
groszen dicbters einzeln hervortreten.' im gegensatz zu diesem sahi-
reiche, breite episoden nach sich ziehenden verfahren schien es mir
bei der behandlung dieser aufp^abe richtiger, den rein sittlichen ge-
halt aus den Homerischen gedichten herauszuziehen und denselben
zu einem möglichst vollätändigen bilde der sittlichen zast&nde im
Homerischen Zeitalter zu gestalten.
In einer zeit, als die Israeliten schon ein halbes Jahrtausend
lang und mehr im besitze der zehn geböte waren, welche noch heute
die grundlage der moral bildeD, hatten sich die Griechen noch nicht
zu der idee eines sittengosctzes erhoben, ein volk, welches geböte
" (Ugc^rcn ontHprcchcn der fordcruug den themas cnp. 17. 18 die
che, 19 verliältnis der eitern und kinrier, 22 skUven, 28 freunde ii. gait-
frcunde, 24 hcimAt u. vAtcrland, 25 totschlag. unarpationen. raubsttge.
MHecbt; cnltnThiatoi-üobe foreohungen
oder richtiger verböte wie 'du sollst nicht taten, stehlen, ehebrechen,
begehren deines nächsten weib oder besitz' zur norm a '
macht, ist bereits zur erkenntnia von der sittlichen Unzulänglichkeit
des natürlichen menschen und von der notwendigkeit eines gesetzes
gekotiimen, welche« um seiner selbst als des guten willen unabhängig
von der wandelbarkeit der neigungen zu befolgen ist. auf ei
hoheii stufe der innern cultur bat der menscfa bereits die nrsprüDg-
liche härmonie zivischen der geistigen und sinnlichen natar verloren.
im Homerischen üriechen dagegen sind Vernunft und Sinnlichkeit,
geist und natur noch eins; selbst der kSrper erscheint im leben mit
der seele zur einheit verschmolzen, wenn man sich diese auch als ein
im tode vom leibe trennbares, aber ohne ihn nur schattenhaft fort-
bestehendes wesen" vorstellt, und er wird im vergleich zur be-
lebenden Substanz nichts weniger als gering geschlitzt; im gegenteil :
gestaU, Schönheit, kraft und kSrpergewandtheit stehen mitden geisti-
gen Vorzügen auf 6ineT stufe und fallen unter dieselbe ber.eichnung
. mit ibnen. " noch hemmt kein moralischer wille im dienste der Ver-
nunft die freiheit der natürlichen triebe, ganz harmonie mit sich
selbst folgt der Grieche seinen einsichten, neigungen und gefUhlen,
mit welchen ihn die natur reich und tief begabt hatte, leidenschaft-
liche gemütsbewegungen rciszen ihn willenlos mit sich fort, ohne
dasz er sich durch verstandeskraft und selbatbeherscfaung ihrer ge-
wait erwehren kann, fassungslos im schmerze schlägt er seine hüften,
rauft die haare, wSIzt sich am boden, den köpf mit staab bedeckend
(C 23. X 406. 414. M 162. 0 397. v 198). zornentßammt hätte
Achilleus den Atrofden niedergestoszen , wenn Athene es nicht ver-
hindert (A 194). Phoinix würde, wie er (1 458) es selbst gesteht (vgl.
1646 — 1 587. rr52 — £44. 81 — Z 234)", seinen vater erschlagen
haben, wenn der ihn übermannende zorn nicht nachgelassen hatte,
hieraas geht hervor, das?, die empfindungen und leidenschaften, wenn
sie aneb nicht mehr wie bei den naturvölkern die unbedingte her-
schaft führen, so doch über die entscblieszungen und handluugen der
Homerischen menschen eine fast uneingeschränkte macht ausüben.
für die stJirke und lebendigkeit des empfindens gibt es auch einen
sprachlichen beweis: die kraftvollen ausdrücke und metaphern. '"
" Wäclirader die [jiifchQlogie des ültern griecbUchen epos (jahrlt.
1685) 8. 148 D. I6g. " Jansen über die beiden HomeriBchen cardinal-
tijgendcn (progr. Meldorf 1854) 3. 11 f. " man denke nncli an den
bittern Imgz nnd an die aus ihm entsprungenen feiudUcliea hnndlun^ieD
der Allicne und Here Regen die Troer; an den zorn, welcher Poseidon
zur Verfolgung daH Oilyaseus beharrlich antreibt, die gewöhnliche Wen-
dung euyöc dvUiTEi, K^XsTOi beweiat, dasi die reunngen des herzeas
für dns thitn und la^isen beKtiramend waren: H T4. I 101. C 90. 436. 176.
Y 179. Z ISie. Q 198. l 246. n 466. <p 194. f 89 — K 534. T 187,
6 140 QB. " TÖTE MOi xdvoi eöpeia x^^'v rnfen Agaroenmon A 183,
Diomedee 0 160, oÜToO fota nWaiva iräci x<ivoi die Acbaier P 417 iu
ihrer leiitensehartiicheo besorgnis echande eiezuernten. ähnlich Hektor
in entriistung über Pari», den Urheber des über das Vaterland gekom-
menen unheijs, Z 382 lue Ki ol (t08i fo^a xdvoi. bekannt ist das äxeoc
800 MHecht : culturhistorische forechungen zum Homerischen leitalter.
Hängt die sittliche cultur eines volkes von der beschaffenheit
seiner empfindungen ab, so haben kraft und fülle der gefühle erst einen
ästhetischen, aber noch keinen moralischen wert, denn die Sittlich-
keit hat nicht sowohl an der intensität und stärke der empfindungen
interesse als vielmehr an dem grade der Veredlung, welche sie durch
moralische gewöhnung auf kosten ihrer urwüchsigen kraft erfahren
haben, nun müste man freilich erwarten, dasz die Oriechen im
Homerischen Zeitalter noch auf einer sehr niedrigen stufe der ethi-
schen bildung gestanden hätten, wenn von selten des kaum erwachten
moralischen bewustseins eine einwirkung auf die Vervollkommnung
des herzens ausgeschlossen war, wenn man bei der geringen ver-
innerlichung des Seelenlebens noch nicht auf die stimme des ge-
wissens achtete, sondern an deren stelle auf den ruf und das urteil
des Volkes, wenn man über vergehen nicht reue empfand , nicht den
Vorsatz zur besserung faszte. '^ ist nun trotzdem ihre cultur eine
höhere , als man auf grund solcher erwägungen von vom herein an-
nehmen möchte, so liegt die crklärung dafür in dem zuge zum masz,
welcher in dem fühlen des Griechen von natur tief begründet war
(KGHelbig ao. s. 130 ff.)-
Da sich das Griechenvolk aus mangel an moralischem bewast-
sein noch nicht zur abstraction bestimmter sittlicher principien,
deren Vorhandensein die vorliegende arbeit wesentlich vereinfachen
würde, erhoben hatte, so wird unsere aufgäbe darin bestehen, nach
den herschenden sitten, gcwohnheiten und anschauungen, insofern
sie von ethischem werte sind, ein bild von der sittlichen cultur jener
epoche zu entwerfen.
Dem Homerischen Zeitalter sind besonders zwei ideale eigen»
tümlich: der rühm und der besitz, einleben, welches mit beidem
gesegnet ist, erscheint dem Griechen als das schOnste loos. rühm
und besitz erst verleihen dem stände der edelgeborenen seine bedeu-
tung. wenn Diomedes sich rühmt (E 121 ff.) von vornehmer herkunft
zu sein, so begründet er den adel seines vaters durch den reichtom
an ackerland, baumgärten, herden, durch den rühm des besten
lauzenschwingers und durch die ehe mit der tochter des Adrastos.**
Schiller hat es den Homerischen menschen aus der seele gesungen:
'von des lebens gütern allen ist der rühm das höchste doch; wenn
der leib in staub zerfallen, lebt der grosze name noch.' nach rühm
verlangt das herz des edeln. die aussieht rühm zu erwerben treibt
ihm das bliit in vordoppeltem pulsschlag durch die adem, die seele.
upoupr)C C 104 im<l u 379; öaxelv vom affect € 493. \^\. X 267. T 67
und KGlIcll)ig au. 6. 123 f.
*' Lilio de hominum vita et iiioribus quales bitit apud Homeinm (proffr.
gyiiin. eti St. Maria Mafi:daIeQa, Hreslau 1841) s. 18 u. 28. Homerische
aiischauuiigswciso (zs. f. d. cyinn.wesen 1849 », 489). '^ indem Aga-
iiiciiinoa 0 281 dem Tcukro:» rühm und beHÜz in aussieht stellt, schläft
vr in ihm die btiirkston triebfedorn zu ausharrendem kämpfe an. das-
selbe ^'esthielit A 95. K 21.2 vgl. ai>3. 319 iT.
UHecht: culturhiBtorisclie foraobiuigeu ium IIoiDeriachen Zeitalter. 801
von eioetu bocbgefübl erfOllt, Ut ganz ürang und streben, die kraft
erhSbt ubd zu grüszeru kiBtungen befähigt, in gleicher hochachtung
steht dei- besitz, denn er ist im Staate die quelle der njacbt und des
ansebens, '^ wachsender reichtum erhöht die acbtung", der gemein-
freie kann sich zum edeln und zu dessen politischen rechten empor'
schwingen, fortan sorgettlos seinen neigungen leben, durch reiche
brautgaben sich ein schönes weib aus angesehener familie erwerben"
und seine rivalen Überbieten." bei einer solchen bedeutung des be-
sities wird die nuch von den besten gep&egte gewohnheit des raub-
zugB und Uiebütahltj erklSrticb : erlangte rnan doch dadurch eine vei^
grOszerung des besitzes und zugleich rubm. schon der reichtum an
sich schafft ruf und neid. hatte nun jemand bei einem kühnen zuge
reiche gUter, besonders Viehherden oder Sklaven erbautet, so priei
man entweder üeine kraft und tapferkeit, wenn er sie in offenem
kämpfe erbeutet hatte, oder seine iist und gewandtheit, welche ebenso
wie jene eigenschafton geschätzt wurden", wenn es ihm gelungen
war die buute zu stehlen, man hatte bereits zur bezeichnung dieser
art des diebstahls ein besonderes wort, ßoTtXacin (A U72 vgl. I 154).
wir verstehen nun auch die freude der hirten über eine mondhelle
nacht (6 559), wenn man dunkelheit und nebel dazu benutzte, in
fremde gebiete einzufallen und die herdeu wegzutreiben, die hirteu
zu toten, gefangene als sklaven wegzufahren (A 672. C 28. 52S.
a 398. T 73. 106. ij 9. i 251. x 18. V 357 ua.). ein solcher plUn-
derungszug beunruhigte das gewissen keineswegs: standen doch
solche raubzUge unter dem schütze einer gottheit, der Pallas Athene,
welche Xtjitic, dh. die beute verleihende genannt wird (K 460)i
er galt sogar noch zur zeit des Thukj'dides (I 5) bei einigen Völkern
als eine rühmliche that, welche höchstens furcbt vor der wieder-
vergeltung vonseiten des Überfallenen fein des erregte (E 86. A671 ff.),
und was die heimliche entwendung fremden eigentums anbelangt,
so war Autolykos durch diese kunat vor allen menschen ausgezeich-
net, und ein gott hatte sie ihm verliehen , Hermes (t 3<JG). es liegt
auf der band, da.^z die Griechen im Homerischen Zeitalter bei solchen
anschauungen tUr das verstSndnis des neunton und zehnten gebotes
noch nicht reif gewesen wären.
Der iQord wurde nur, wenn er an einem Volksgenossen, gast-
freund, Bchulzflehenden oder berold verübt war, als ein unrecht em-
pfunden, aber lediglich als Privatsache angesehen, denn nicht der
itaat forderte sühne für da£ verbrechen im sinne frevelhaft verletzter
" AHnake der besiti uud «ein wert ioj Homeriscben leitalter
(]>roer. Pulbu9 187S). Lilie Hamerieche noschiiuuogBvieiBe ao. b. 493
— 496. *° BO saßt Odysacus in seiner erdicbteten lebense^Bcbichte
i '.f33 f.: ai^ia bi uIkoc 6<p^XXeto, kqI fia ^iteito bciväc t' atboldc te ^£Td
KpT|T((Cl T£tuY)ir{^- " ^^^ brautjiabe beataiid meistens in riadem,
il.iber die jungfrAu dXq)€cIßoia 'Hader erwcTbend' gciiauot (QCurtiits gr.
.•tymologieä> g. m2). " dafpticia ibva n 178, Hupto X 472. A. 244.
l 159. ■' ilDuncker gestb. des alterlums V' a. ina. Lilie de homi-
imni morjbii? et vita uaw. s. 18.
802 M Hecht: culturhiatorische forscbungen zum Homerischen Zeitalter.
sittlicher Ordnung, sondern dem nächsten angehörigen lag die pflicht
ob, den erschlagenen durch tötung des mörders zu rächen. g5tter
wie menschen billigen eine solche Vergeltung (a 47. y 196), ja man
empfand die Unterlassung derselben als schmach (ui 433), was je-
doch nicht hinderte ; dasz der beleidigte, wie es oft geschab , eine
sühne in gütcrn von dem übelthäter annahm und der räche ent-
sagte (I 632).
In der behandlung der besiegten feinde zeigt sich noch keine
spur von mitleid, welches die anerkennung oder wenigstens die
ahnung des allgemeinen menschen rechtes voraussetzt, die franen
und kinder werden in die knech tschaft geführt, die männer gewöhn-
lich niedergemacht oder verkauft (Q 752), wenn nicht gegen ein be-
deutendes lösegcld entlassen.'* Achilleus tötet zwölf gefangene Troer
und wirft sie Patroklos zu ehren auf dessen Scheiterhaufen (V 175):
so gar nichts gilt ihm ein menschcnleben.
Lug und trug werden nicht nur von den menschen, sondern
auch von den göttern verübt. Athene tcuscht beim Zweikampf zwi-
schen Achilleus und Hektor letztern in der gestalt- seines bmders
DeYphobos (X 229). Poseidon nimt die gestalt des von der Tjro
geliebten fluszgottes Enipeus an, um sich mit ihr zu vereinigen
(X 241).
Erkennen wir nicht aus dem häufigen gebrauche des oid-
schwurs'^ durch welchen man bei wich tigern dingen die Wahrheiten
sagen oder ein gegebenes versprechen zu halten sich verpflichtete^*,
allgemeinen mangel an Offenheit und Wahrheitsliebe? zeugt nicht
auch gegen den Wahrhaftigkeitssinn die hochhaltung der list und
Verschlagenheit in der groszen Verehrung ihres grösten erfinden
OdjsseuSy wie auch darin dasz man dieselbe als rühmliches prAdicat
einem gotte beilegte? viele zogen, wohl auch von not und hunger
getrieben, von hof zu hof und erlogen um der geschenke willen,
was gern geglaubt wurde , aus der gastfreundscbaft ein gewerbe
machend ^^; kurz, man hatte grund genug zum mistrauen und zweifei
an der ohrlichkeit und Wahrhaftigkeit, es ist eine auszeichnung fQr
Odysseus, wenn Alkinoos nach dem eindruck, den er von ihm em-
pfangen^ ihn nicht zur classe der betrügerund gaukler zählt, welche,
^^ (rSchmidt qunc fucrit npud Graecos servornm condicio tcmporibn«
Honu'ri (progr. Mcmel 1867) 8. 8. '^ dicnes mittel, durch welche«
mau Rieh zu sichern suchte , war wirksmii: denn der meineidifre hatte
die fltrnfc des Zeus zu fürchten, dem Agamemnon frilt es all grewis,
dasz der Kronidc die Troer für den bruch des <*idlich befestigten ver-
Irngos diircli die niederlape strafen werde (A 235). *^ T 176. V 441.
£ 271. ß 373. K 343. |li 'im na. für das lüpfcn und trügen der götter
zalilreichc bcinpielc l)oi Lilie HomeriHche Hnscliauungswcise ao. s. 501.
'' beKoichnend hierfür int die Huszernng des Knmaios £ 128 ff.
Ui T^pov, ou TIC K€lvov dv^p dXaXi'iiLicvoc ^XBUjv drr^^^ujv icciccic T^voiicd
T€ Kai q>{Xov iilov, dW «SXXwc KOMiöf)c Kcxpim^voi dv6pcc dXf)Tat
^l€u^ovT^ oC»ö* 40^Xouciv dXnO^a MuOncacOai. öc bi k* dXnTCUiuv led-
Kr]C ^c bf))iov \'Kr]Tai, £X6uiv ^c b^ciroivav £|iii]v diraTf|Xia ßd2[€i. rgl.
auch £ 379.
MHecht: eulturliistoriBche foreohongen ^um HomeriBcheii ?eitslU'r. 803
ia grosser zabl über die erde verbreitet, so geschickt dag trUgeriscbe
erfänden, daB:^ man e^ vom wahren gar nicbt zu unterscheiden vef'
möchte (X 363). gewis hatte auch die dem Tolke reich zugemessene
lebhafte und erfinderische phantaaie die entwicklung dieser laster-
haften anläge gofördert.
Diesem mangel an Offenheit und geradheit hat aaeb das belden-
tum, trotz aller Vorzüge festen mutes und unerschütterlicher tapfer-
keit, in der silte den feind aus dem hinterhalt zu UberfsUen seinen
tribut entrichtet, ein heid wie Acbilleus wirft dem oberfeldhorrn
angst vor, sich mit den tapfersten Acbaiern in den hinterhalt zu
legen (A 227), wo sich die Dichtigkeit der mSnner bewährt, wo man
den feigen von dem mutigen unterscheiden kann (N 277. £ 4G9).
Diomedes, neben dem Pelelden der kühnste und unerschrockenste,
ermordet ein dutzend schlafender feinde (K 46S). wie vorteilhalt
sticht hiergegen die offene und gerade sinnesart, dag echte helden-
gefühl des deutscheu heroen ab! er liebt den ehrlichen kämpf, er
fuhrt nicht eher einen streich gegen seinen gegner, den er schlafend
antrifft, als bis er ihn geweckt bat und dieser zar ahwehr gewappnet
vor ihm steht, welch tine bedeutsame Verschiedenheit im Charakter
heider vSlkerl an ibr wird es offenbar, wie viel die germanische
nstion an sittlicher liefe der griechischen überlegen ist.
Die bisher behandelten Schattenseiten der Homerischen Sittlich-
keit, bestehend in der geringscb&tzung des men sehen leben s, in dar
nichtachtung der persfinlichea freibeit und des m en sehen re c h tes , in
der neigung num diabstahl, rauh und betrug sind allerdings noch
barbarische zÖRe, müssen aber als wesentlicho momente für die be-
urteilung des tthischen Zeitgeistes der Griechen im zehnten und
neunten Jh. gi'ILen. besonders stark ausgepr> erscheint der hang
zur lüge und zum betrug; wie tief er in der natur des Griechen
wurzelte, zeigt seine Vererbung nicht nur auf spätere genemtionen,
selbst dem Neugrlecben geht das wahrhaft igk^tsbedUrfnis in be-
dauerlichem majiZB ab.'" nicht ohne grund fehlt unter den vier von
Sokrates und I^laloa aufgestellten cardinaltugenden die dXr|6Eia.
Echt sittliche, dem familienlehen entsprossene triebe offen-
barten sich erst innerhalb der staatlichen genassenschaft ; auazerhalb
derselben traten sie nur in der pflege der gastfreundschaft und in
der forderung der unverletzlichkeit der schulzflehenden und herolde
hervor {vgl. Lilie Hom. anschauungs weise ao. s. 493).
Anmutende züge cchler menschlirhkeit bietet das leben in der
liäuslichkeit dar. die frau nimt ihrem manne gegenüber, mit wel-
chem sie freude und leid teilt, eine geachtete Stellung ein'", sie be-
teiligt sich an den Unterhaltungen [r] 53) nnd schlichtet wohl auch
'* vgl. CWacliPnnitli- das Hlte Griechenlnad im neuen {Bonn
J861). »" L'HMüller fibsr das fami Heul eben der Homeriaolieii
(progr. Zeitz 1666) a. 11. Orote gcich. Giiech. 1 a. 454. Dnockei
J
804 MHecht: culturbistoriscbe forbchungeu zum Homerischen Zeitalter.
den streit der männer durch die macht weiblicher klugheit.'** so
entspricht das Verhältnis der ehegatten im Homerischen Zeitalter
weit mehr den modernen anschauungen als das in der blfltezeit grie-
chischer cultur, wo die bildung, an welcher das männliche geschlecht
allein teil hatte, in geistiger beziehung eine tiefe kluft zwischen
mann und weib schuf und zur geringschätzung des weiblichen ge-
schlechtes führte, nur die dorischen Staaten machen hiervon eine
rühmliche ausnähme.
Die ehe, die wahre grundlage der Sittlichkeit, wird hoch gehalten
und als ein erstrebenswertes glück von beiden geschlechtem gleich
begehrt. '' der frau ist eheliche treue, wie der Jungfrau keuschheit«
strenges gebot ^'; dem hierin freier gestellten manne ist concubinat
mit sklavinen gestattet.^ nebonkinder halten viele wie echte, was
freilich nicht regol gewesen zu sein scheint (6 284); werden sie doch
auch bei der erbteilung, welche durch das loos geschieht, abgefunden
(£ 203. 210). heiraten unter näheren verwandten mochten wdhl
vorkommen (A 221 ff. r\ 63 ff.) — sind sie doch auch in gebildeten
Zeiten keine Seltenheit — nie jedoch unter geschwistem. die beiden
auf die götter beschränkten fälle dieser art, die ehe zwischen Zeus
und Here und zwischen den kindern des Aiolos kOnnen nar als
aufbewahrte erinnerung an eine längst entschwundene barbarische
sitte gelten.
Die kindcr lieben und ehren ihre eitern, wie Oberhaupt zwischen
eitern und kindern das Verhältnis innigster liebe herscht. schon das
alter an sich ist wegen der Überlegenheit in den lebenserfahmngeni
damals der summe aller klugheit, der Jugend verehr angswflrd ig. den
pietätvollen Jüngling kostet es Überwindung, einen ftltem mann anzu-
reden und ihn zu fragen (y 24), wobei ihm das bewusteein edler abstam-
mung mut verleibt.'* wie viel mächtiger war also die pietAtderkinder
gegen die eitern, wie einschneidend und strafbar die Verletzung der-
selben! der fluch der eitern wird wie ein bis in das dritte und vierte
gliod heimsuchender dämon gefürchtet (Grote ao. s. 454). die auto-
rität der eitern gegenüber den kindern stand so unzweifelhaft da,
dasz der fluch jener, selbst wenn er ungerecht war, sich als wirksam
erwies und von den Erinjen vollzogen wurde (KGHelbigao. 8.91 f.).
wenn die söhne selbständig geworden, sind sie aus dankbarkeit be*
^ Y] 73 f. sagt dur dicliter wenigfstcns vou Arete: oO fi^v y6p Ti vöou
T€ kqI qOti^ beucTQi ^cBXoü* old t* ^u q>pov^i3ci, xal dvöpdci vcticca XOci.
^> dalier TroXui^paTOC if<^^oc o 126. vgl. KG Heibig so. t. 80.
'*' Lilie de hominum vita et moribus usw. s. 26. *' Duncker «o. •. 834.
Lilie Ilom. anschauungsweise ao. s. 484. von den franen wird et freilich
nicht (i^ern gesehen, Amyntor bringt dadurch Unfrieden in tetu haas
(I 450), und von Laürtes erfahren wir, dass er sich aus furcht seine
guttin zu erzürnen des Umgangs mit andern weibern enthalten habe
(a 433). ^* Nestor, der drei menschenalter sab, erscheint dem Tele*
ninchofl wie ein unsterblicher (y 246). wenn Diomedes als jUnf^ster
einen rat orteilt, so rechtfertigt er diese freihcit durch seine edle ab-
kuiift (= 114}.
MHecht: culturhis torische forecbnagea mm Homeriachen leitalfer. 805
strebt den eitern das, was sie an ihnen wäbrend der kindbeit getban,
zu vergelten, ein besonderes wort bezeichnet den gegenständ des
durch die tbat abzustattenden dankes: äp^iTTpa.
Gro$z ist die antorität des vaters, er wählt, dem söhne die ge-
ftlbrtin (I 394. ft 10), der tochter den galten, aber die Jungfrau trifft
auch selbst die wähl nach ihrer neigung"; diese Selbstbestimmung
ist ein ansprechendes zeichen schon erwachter heriensrechte. roh
hingegen und unwUrdig der relativ hohen ctiltur des familienlebena
erscheint die von altera her überkommene sitte, nach welcher die
tochtar den eitern wie eine waare vom bräutigam ahgeftauft wird, es
gilt als be:oiidere auszeichnung, wenn tüchtigen männem die braut-
gaben erlassen werden (Z 192. I 146. N 365. E'2U).
Es gpricbt für das innige verhäUnia der farailienglieder unter
einander und für die bedeutang der häuelichkeit als quelle innern
glttckes, wenn man, um jemanden zur gewährung seiner bitte am
wirksamsten zu bestimmen, bei dessen angehSrigea , vater, gattin
oder kindern Seht. Priamos beginnt seine bitte an Achillens um
anslieferung der leicbe Hektors mit den worlen (Q 486): 'deinea
Vaters gedenke, göttergleicher Aohilleus.' und Elpenor spricht,
den sobn des Lafrtes um bestatlung bittend {\ dlj): 'jetzt aber flehe
ich zu dir bei den fern abwesenden, bei deiner gatlin und deinem
vater, der dich aufzog, als du noch klein warst, und bei Telemachos.'
Die bände des blut«s umschlieszen den ganzen verwand tenkreis
und verbinden die glieder desselben zu einem der Zusammengehörig-
keit sich bewusten geschlechte, als solches erscheint zb. die Familie
des Priamos, mit welcher Hektor einst sich rühmte (€473 f.) allein die
sladt der Troer schirmen zu wollen, als Phoinis in seiner Schwermut
aus dem vaterbaui-e fliehen will, da bieten die verwandten alles auf
ihn zurückzuhalten, wie die stammgenoüsen überhaupt im falle der
geföhrdung oder Verletzung ftlr einander einzutreten sich verpflichtet
fühlen (Grote ao. s. 455).
Schöner als das natürliche vereint das freie band der freund-
schaft verwandte seelen in unbegrenztem vertrauen, der freund
liebt den freund mit treuer bingebung und stellt ihn dem bruder
gleich (6 585). freundfchaft verbindet auch angebörige verschie-
dener länder, wenn sie nicht, von den vätern auf die sSbne ver-
erbt, mehr den wert eines verwandti^chaftlichen Verhältnisses hat.
auch den gastfreund stellt man dem bruder gleich (6 546). in
der gastfreundschaft , der vielleicht schönsten sitte des alter-
tums, offenbart sich eine überaus zarte gelte des griechischen ge-
mutet, 'wie bei Jedem volke, welchem die durch erhöhte civilisation
sich gestaltenden erleichterung^mittel des Verkehrs noch fremd sind,
muste auch unter den Griechen der heroischen zeit das gastfreund-
'^ t ^93 f. erfahren wir, ituez NausihiLa zahlreiche bewerbnn^en
yhniakiaclifr jün^linüs latückgenieaen hat: ff f^p TOikbe y' Ari^aEn
KOTd &i|^Dv <t>alr|i(ac, to( fiiv ^vlilvTal noX^sc re Kai fc9Xo(.
806 MHecht: culturhlstorisclie forschungen zum HomeriBChen Zeitalter.
liehe Verhältnis als eine sitte und wie jede, als eine durch den willen
der gottheit geheiligte sitte sich entwickeln, welche eine reiche
quelle thätiger liebe der menschen unter einander und ihres freund-
lichen Verkehrs werden muste. nicht nur der wohlhabende mann,
der reichlich spenden konnte , sondern nuch der, welcher von dem
für einfaches leben genügenden verrat leben muste , wie der san-
hirt Eumaios, nahm gern den fremden auf, mochte er nun bloss
gastliche aufnähme auf einige zeit suchen, wovon vorzüglich in
der Odyssee unzählige beispiele vorkommen, oder als unglück-
licher flüchtling, wie Phoinix bei Polens und Theoklymenos bei Tele-
machos eine Zufluchtsstätte wünschen' (KGUelbig s. 107). erst wenn
*der fremdling sich durch bad und speise gestärkt hatte, fragte man
ihn nach namen und heimat, lud ihn, wenn er gefiel, zu Iftngerm
aufenthalt ein und suchte ihn durch mahl, gesang, wettkämpfe ua.
zu unterhalten, die dauer des besuches richtete sich in der regel
nach dem belieben des gastes, wenigstens hatten' edle gaatgeber,
wie Menelaos, den humanen grundsatz, den gast wider dessen willen
weder zurückzuhalten noch auf seine abreise zu dringen (o 68 ff.)«
schlieszlich wurde er unter sicherm geleite und nach alt herge-
brachter Ordnung mit reichen geschenken entlassen (i 268). die
Verletzung des gastrechtes, sowohl von Seiten des gastgebers (qi 28)
als des gastes (f 351), wurde für ruchlos gehalten, und es folgte
ihr die strafe der götter. ja man betrachtete gottesfurcht und gast-
freundschaft als die bedinguDgen einer höhern cultur und stellte die
menschen, welche im besitz dieser beiden tugenden waren, in gegen-
satz zu den in rohheit und gottlosigkeit lebenden barbarischen
Völkern (G 575 f.).
Des schutzflehenden, mochte er eines Verbrechens wegen aus
seiner heimat fluchtig geworden oder aus einem andern gründe in
ein fremdes land gekommen sein, nahm sich der an, an welchen die
bitte um hilfe gerichtet war (o 277). die bettler erfuhren, weil sie
unter dem schütze des Zeus standen (JE 57), eine schonende behand-
lungsweise. mishandlung derselben galt als frevel (p 475. 483).
Machte man sich kein gewissen daraus , dem fremden, wenn er
nicht gerade schutzflehender oder gastfreund war, ob von höherer
oder niederer herkunft, das loos der knech tschaft zu bereiten, so
zeigt sich anderseits in der milden behandlung dersklaven, ja in
dem intimen Verhältnis , in welchem sie zu ihrem herrn standen (zb.
Eumaios zu Odysseus), wie das häusliche zusammenleben die bildung
und Veredlung des gemütes befördert hatte, sie hatten die arbeiten
in dem hause und in der äuszern Wirtschaft zu verrichten: die
männlichen sklaven wurden als hirten und feldarbeiter beschäftigt,
die weiblichen, deren Stellung wohl eine schwerere war, besorgten
die hünslichen an^elegenheiton : das reinigen des hauses, der tische,
eszgerüte, das spinnen, weben, waschen, oder sie dienten der herrin
und ihren tüchtern zur begleitung. natürlich waren sie nicht durch-
weg gleich gUnatig gestellt, oft genug war ihre läge traurig und
HHeclit: cultarhistoiiache forachungi
druckend, zumal nenn sie jungen und leidenscbaftlicben gebietera
geboFchten und unter deren willkUr zu leiden hatten (£59. KOHelbig
ao. e. 10-2). ea kam aber auch vor, dasz tüchtige sklaven als aner-
kennung fUr ihre treuen dienate die fmbeit und dazu mit besitz
wieder erhielten und in nühere beziebung KUr familie ihres frUbern
berrn traten {<p 21'1),
An die schöne helmat, den Tollen inbalt seineB gttlckeä, die in
ihm so humane emp&ndungen geweekt, knüpft den Homerischen
Griechen die innigste liebe; getrennt von ihr krankt er an heiszem
sebnauchtäscbmerze, nichts vermag sein verlangen nach dem vater-
lande zn stillen, nichts den drang nach rUckkehr zu mildern. Odys-
seus wie Agamemnon kUasen den heimatlichen Loden, als eie den-
selben nach langer abnesenbeit wieder betreten (b 522. v 354).
auch ein gesegneter glücksstand im fremden lande vermag die ^Usze
heimat nicht aufzuwiegen: i 34 ff. tbc outiiv t^'Jkiov fjc iraTpitiOC
oü&e TOKiiujv TWveiai, ei irep koi Tic «TTÖTipoÖi Tiiova oIkov fait)
iv dWoiian^ vaiei änäveuee tOKiiuiv.
Wir haben in der hochballung der ehe, in der pietät der kinder
gegen die eitern, der jungen gegen die alten, in der liebe laio vater-
lande, in der hohen moinung von Verwandtschaft und frenndsuhaft,
in der unverletzlichkeit der gas tf renn dach aft und des rechtos der
schutzflehenden, endlich in der humanen behandlung der bettter und
Sklaven eine reibe von ethischen lichtseiten kennen gelernt, welche
für das Homerische Zeitalter nicht weniger charakteristisch sind als
die oben erwlthnten Schattenseiten, darum mag Bimcker (ao. s, 333)
wohl recht haben mit seinem urteil: 'nicht luicbt werden überraschen-
der bei ejnem andern volke aus einer stürmiiiGben zeit das faild , die
forderungen einer zwar naiven und einfältigen, aber tiefempfun-
denen humanen ethik, die auf den voll gefühlten sittlichen trieben
der menscbcnbrust ruht, so nachdrücklich hervorgetreten sein als im
epos der Griechen.' im epos aber haben wir das leben.
Nun ist es ein durch den gang der historischen entwicklung
beatHtigter satz, das2 aua alten, zumal auf die spitze getriebenen'
richtungen durch Opposition neue hervorgehen, sonach mnste deim
auch das trügerische treiben der zeit in edlern gemUtern den zug
nach Wahrhaftigkeit hervorrufen (B 81. I 312. £ 156), ebenso wie
Schädigung im eigentum, Verletzung der guten sitte und des rechtes
mit der entrüstung das moralische bewu«tsein geweckt und den
gerech tigkeitssinn gebildet und vertieft haben.
Bei der annähme, dasz llias und Odyssee in ihrer jetzigen ge-
.-talt hervorbringQugen einer Jahrhunderte Langen entwicklung seien,
kann es nicht mehr auffallen, wenn anschauungen von ganz ent-
gegengesetztem sittlichen werte neben einander laufen. raubzOge
machen ist, wie wir oben gesehen haben, einerseits eine unboanston-
dete sitte, anderseits wird ein solches unternehmen zu den frevel-
haften werken gezählt (E BS S.). in der ILas macht man sieb kein
ijewiäsen daraus leichen zu mishandeln (X 375. V 21); dagegen
I
808 MHecbt: culturbistoriEche for&chungen zum Homerischen Zeitalter«
wird in der Odyssee schon das blosze jauchzen über getötete mftnner
als unfromm bezeichnet (x 411). gleiches mit gleichem vergelten
entspricht dem allgemeinen rechtsgefühl (Lilie ao. 8. 22), daneben
aber taucht auch schon die forderung auf, dem abbitte leistenden la
vergeben (I 502 ff.), dieser scheinbare widersprach hat nan folgende
lösung: alle veredelten züge des sittlichen lebens, wie diefordemng
der Vergebung und der Wahrhaftigkeit'*, die misbilligung des raubee
und diebstahls, die scheu vor mishandlung der toten, sind innerhalb
der Homerischen periode als höhepunkte der entwicklung ans roheren
anschauungen aufzufassen und an das ende dieser epoche zu setzen.
Bedenken wir, dasz die moral erst durch das Christentum,
welches sie unter das gebot der liebe zu gott und dem nBchsten
stellt, ihre gröste Vertiefung und Vervollkommnung erhalten hat,
dasz die Griechen dagegen in ihrem Verhältnis zu den mitmenschen
über den Standpunkt der gerechtigkeit nicht hinausgekommen sind,
ja dasz die sitie der Sklaverei, die geringschätzung des weiblichen
geschlechts, die Verachtung der barbaren dh. Nichthellenen ein
schwaches sittliches seitenstück zu ihrer sonstigen geistigen und
künstlerischen grösze bilden, so kann die sittliche cultnr des Home-
rischen Zeitalters relativ hoch genannt werden, man handelte frei-
lich noch nicht aus bewusten moralischen motiven, sondern aus
sittlichen trieben; nicht nach ethischen principien, einer spfttem
errungenschaft, sondern mit rücksicht auf die herkömmlichen sitten
und heiligen Ordnungen der götter; dazu war die bethAtigung des
sittlichen lebens fast ausschlieszlich auf den einzelnen Staat be-
schiänkt, denn es fehlte bei der gleichgültigkeit gegen die anszen-
welt, wenn man von der gastfreund scbaft absieht, jede innere be-
zichung zu den andern menschen.
Vertiefter erscheint das moralische bewustsein schon in dem
etwa um ein Jahrhundert Jüngern Uesiodischen Zeitalter, welches
ganz im gegensatz zu dem Homerischen einen reflectierenden und
sittlich-lehrhaften Charakter hat Hesiodos verlangt die beobacbtung
des rechtes auch fremdstaatlichen gegenüber (£Kf|. 226); segen ruht
allein auf dem ehrlich erworbenen gut, nicht auf dem geraubten
(ebd. 320); auch nur ein geringes gewaltsam sich anzueignen ist
ihm an&töszig (ebd. .*)60).
Drakon setzt um 620 vor Ch. auf diebstahl den tod. Xeno-
pbanes, der begründer der F^eatenschule , verurteilt Hom eres und
Hesiodos, weil sio die götter mit den lästern des bctrags, diebstahls
und ehebruchs behaftet, aufd schärfste und bezeugt so den strengem
sittlichen Zeitgeist des sechsten jh. den begriff der moralischen
handlang hat erst die philosophie geschaffen, nachdem die Sophisten
das sittliche thun als ein be wüstes hingestellt, hat Sokrates, mit
^^ (lainit stimmt übereiii, dass «Hc stellen, welche die fonlerungen
der Vergebung und der Wahrhaftigkeit enthalten, so weit sie die llias
an{^(hen i,B 81. I 813. 60*2), in büchern vorkommen, welrhe nach dem
heutigen stände der Homerischen fragte der nachdichtnng angehSren.
MHecht: culturhiBtomche forsohungfen znm Hbmeritolien seitaiier. 809
ihren subjectivitätstheorien brechend, die tilgend als wiBsen ge£utt
und, indem er so das richtige handeln auf objeotiye'yemanfierkenntnis
zurückführte , die Sittlichkeit tiefer begründet nnd ihr eine sichere,
allgemeine grundlage gegeben.
Werfen wir nun zum schlnsz einen vergleichenden blick auf die
ethische cultur der Homerischen nnd die der spfttem zeit, so treten
die beiden tugenden der Ordnung nnd des maszes, gerechtigkeit und
besonnenheit , welche die ethik des griechischen altertnms beher*
sehen , auch aus dem sittlichen zeitgeiste der Homerischen periode
in bereits stark ausgeprägten zttgen hervor, die gerechtigkeit er-
kennen wir in der Forderung wieder, sich im thun nach der be-
stehenden Ordnung und herschenden sitte zu richten, dazu gehört
zb. den göttern opfern und zu ihnen beten, die toten bestatten,
das gastrecbt beilig halten, sich der bettler und schutzflehenden an-
nehmen , eintracht mit den Volksgenossen halten (I 63) , liebevoller
empfang des zurückkehrenden vaters durch die angehörigen (X 451X
trauer der frau um den toten gatten (£ ISO) usw. die hohe Wert-
schätzung dieser und ähnlicher tugenden zeigt die teilnng der men*
sehen in zwei classen, je nachdem sie recht nnd sitte achten oder nicht
(21120 = 1 175 = V 201. p363). daher einerseits der wünsch, dasz nie-
mand gegen die hergebrachte sitte verstoszen möchte (c 141), ander«
seits tadel, wenn es geschehen (r354f. p481. c275ua. 163. u299ff.),
und göttliche strafe (N624. £284. 389. <p28; v213f.; r279. T260).
Das hinneigen zur sophrosyne verrät die misbilligung der über*
bebung in werten und werken, zu welcher sich der mensch im
glücke und im gefühle sichern gelingens allzu leicht hinreiszen läszt.
er wird der strafe, welche die götter direct oder indirect vollziehen,
nicht entgehen, so erleiden die freier für ihren frevelmut auf ver-
anlassung der Athene (v 376) durch die band des Odysseus den
tod; so trifft den Jüngern Aias, Eurytos und Thamyris durch Über-
mut selbstverschuldetes Unglück, von welchen sich der erste ver-
masz mit keckem wort den Poseidon zu höhnen (b 502 ff.), während
die beiden letzten die götter zum Wettstreit herauszufordern wagten,
Eurytos den Apollon in der bogenkunst (6 225), Thamyris die Musen
im gesang (B 595).
Starke und innige Vaterlandsliebe hat die Griechen bis zur zeit
des Verfalls ausgezeichnet; die alte gleichgültigkeit gegen die auszer-
heiuiatlicbe weit bestand unter dem vom gefühl der Überlegenheit
über andere Völker geschaffenen begriffe des barbarentums fort,
welcher alle Nichtbellenen mit geringschätzung umfaszte. auch die
begeisterung für rühm und der drang nach auszeichnung sind den
Griechen in hohem masze geblieben: der name Olympia allein ist
beweis dafür, der mangelhaften anläge zur Wahrhaftigkeit, des banges
zur hinterlist und zum betrug ist oben bereits gedacht worden.
In doppelter hinsieht ist die spätere Sittlichkeit gegen die
Homerische zurückgegangen : in der Vernachlässigung und Zurück-
setzung des weiblichen geschlechts wie in cTer Verachtung des sklaven-
Jahrbüchcr für class. philol. 1888 hfL 12. 68
810 JSturm: zu den ^iriYpa9a{ der Odyssee.
Standes, selbst geistern wie Piaton und Aristoteles ist der sklaye
lediglich sache und darum der menschenwürde und der menschen*
rechte unteilbaft. dagegen war im patriarchalischen Zeitalter, wie wir
gesehen, die Stellung der frau geachtet, die behandlnng der sklaven
menschlich, ja milde, dieser unterschied in den anschauungen beider
Zeiten hat einen einfachen grund. in der epischen periode übte die
gleichheit der bildung auf die stSnde und geschlechter einen an-
nähernden und vereinenden, in der historischen zeit die Verschieden-
heit derselben einen scheidenden und entfremdenden einflnsz aus.
GuMBiMNEN. Max Hbcht.
(78.)
ZU DEN emrPAOAi der odyssee.
HSchrader hat oben s. 577 ff. das von ALudwich in dessen
Königsberger festschrift (1887) gesammelte kritische material der
hexametrischen Überschriften zur Odyssee durch drei hss. vermehrt
ich bin in der läge eine weitere Überlieferung hinzufügen zu können,
die mir gelegentlich einer coUation der Philostratischen €lKÖV€C bei
der durchsieht des Vatic. gr. 1898 aufgestoszen ist. die auf foL 219
(etwa saec. XIV) der erwähnten miscellan-hs. erhaltene, zweifellos
zu Unterrichtszwecken bestimmte Zusammenstellung der
24 hexameter ist entweder einem mit den dTTiTpotqMXi versehenen
Odysseecodex unmittelbar entnommen oder geht auf eine zu den ge-
nannten zwecken veranstaltete vorläge zurück, ein vergleich der-
selben mit dem von Ludwich und Schrader gebotenen hsl. material
zeigt grosze Übereinstimmung mit dem texte des Laur. XCI (n) und
des in der Lauren tiana befindlichen cod. abbat. Flor. 52 (von Ludwich
mit a bezeichnet); die annähme ihrer directen abh&ngigkeit von a ist
jedoch schon nach dessen mangelhafter Überlieferung der ilTiTpcupil
zu qp ausgeschlossen, ich gebe nachfolgend die von mir genommene
abschrift :
SXqpa OeOüv äyopf) ' öbuctiibi TraXXäbi (das letzte wort ist
verwischt)
ßfiTtt /////'/TOpnv (b und a sind ausradiert) i%€\ ffia TPH^C nXoOv
H6t' dedvac •/
TdjLl)Ll' UTTÖ V€CTU)p b^KTO * CUVUJpTO b' ÖC u'ÜC ' öcä b* £lTTf] '.'
beXxa jLiäG' djnqpi Traxpöc nap* dipeiba Xoxuü^€voc uiöc '.'
€1 nXci ^TTi cxebiTic öbucccuc K€a0€icTic TTÖVTU) •.•
lr\Ta bi vaucHcda köjhic* tv cxepin öbuccfia •••
r\ b' eiiqppov^ouc' öbucceT cxepinc ßaciXfi€C *.*
enxa b* dOXoic qpaiTiK€c obuccfioc Treipnöev *.•
lujTa Xu)ToqpäTUiv kikövujv cuv kukXuji|i ^ctiv '.'
KdiTTra b* ^x' ctiöXou XaiCTpuTÖvuiV kqi KipKtic {pTCt '.'
Xdßba b' iv dibeuj ipuxaTc ^v^tuxcv dbucccüc •.•
\x c€ipnvac Ixei TrXdTKTac x' ibe ßoöc deXioio •."
V l6dKT]C ^TTtßTl 9air|KUiV irojLiTTfi öbucc€üc '.'
SÄJunghtOm: zn Aineias Tiutikos. 811
E" h' öftuccfja SeivicEV eüfiaioc äypüi üepopßöc ".'
ö dn^ßri b' ieÖKiic öbucceibtic ^k XoKebaipovoc •.■
ni b' ßpa Tn^SMaxoc dvaTViupiCti TTOTtp' ^öv '.•
p ßdXtc ainöXe le nviiCTiip te kijujv 6v äv^TVui ■■*
ciTna b' ?piv ipou' eöxoc dbuctfjof büipa t' dväKTiuv V
tqO b' ÄvaTVLUpiCei ^E oüXfjc tPiOc 6&uccfja ■.■
ü ßpovToTc Ceüc öäpcuv' öbucdia xai cx^ö' öx'^'O'J'^ ■-'
(pT bt ßiöv npoTieric' SöXov £Üvf|c TTTivtXiiireia '.'
XI 6bucc€iJc (iVTicTtipac ^KaivuTO vtiXe'i xa^Kifi ■.■
i|;i b' ÄvaTVUJpiCci nöciv 6v itote inivtXÖTieta ■.•
ül b* öbucceiJc cüv naipi kqi uUi Mäxer" dxaioic '.'
WijBKBUBG. Joseph Sturm.
106.
ZU AINEIAS TAKTIKOS.
ObtiD s, 330 schreibt ABaner: 'weil auch Äineias davon gar
nichts sagt' dieses 'davon' bedeutet, wie ja Bauer durch hiiwu-
fUgung TOD 'oder nicht' bestätigt, die andere seite der prüfang in
utramqae partem, welche ich, wie schon ICasanbonus ua., bei Aioeias
c. 2 finde, sagt wirklich Äineias davon nichts, so darf mich, wer
lust bat, einer Unwahrheit für Überwiesen haiton : denn gerade die^^c
aussage des Aineias gehört« zum fiindament« meines beweises (jahrb.
1887 s. 74« ff.), es mnaz mir das reciit zustehen hier den Wortlaut
der stelle des Aineias mitzuteilen, damit man sehe dnsz Bauers be-
schuldigung iaisch ist, und dasz eben nach dieser stelle die eupu-
XUjpiai nur 'freie platze', nicht auch 'straszen' bedeuten kSnnen,
ich also darum, nicht aus 'rechthaberei' liie nur von straszen han-
delnde stelle des Thukydides als eine hier sehr schlecht passende
hezeichneto. die stelle bei Äineias 2, 7. 8 (Hercher) lautet: ^Eoici^ov
bk Koi TK uTtevavria toütoic, liic j^iäc fikv oöciic eöpuxtupiac
Kivbuvoc av ciii ToTc iv T^ ttöXei , äv TTpoxaTaXatjßäviuav oi ^m-
ßouXtüovTec (koivoö yäp Kai ^vöc övtoc töhou toioOtou, tü»v
qjOacdvTujv äv eEti tö fpTov), büo hi. f\ Tpiiüv övtujv Touüvbe
TÖTTiuv, TÜbe äv eit) tk ÄTaSd' ei iii-V Iva f\ büo KaTaXayßdvoiev
TÖTiouc, Tov Xomöv äv Toic ^vavTioic linöpxEiv el be ndviac
USW. Köthly-Rüstow : 'man musz aber auch die einwönde da-
gegen erörtern; bleibt nemlich nur ein freier platz' usw.
Auszerdom schiebt mir Bauer weises verschweigen, nichtsehen-
wollen udgi. Unredlichkeit ins gewissen, das ist wohlfeil; darauf
erwidere ich hier nichts, aber wie soll ich denn sein oben von mir
beleuchtt'fps verfahren nennen? ich enthalte mich hier des richtigen
ausdrucki- üaför, weil er wohl nicht gedruckt werden dOrfte. meine
ausführungm in den jahrb. 1887 a. 748 ff. halte ich vollständig auf-
Beblin. Emil AuofsT Junohahh.
812 JASimon: zu Xenophons Hellenika.
107.
ZU XENOPHONS HELLENIKA.
Der sonst so trockene ton des ersten buches der Hellenika wird
einigermaszen lebhafter im sechsten capitel, wo der Schriftsteller sich
für die urwüchsige Spartanergestalt des Kallikratidas ersichtlich su
erwärmen beginnt, an nicht weniger als sieben stellen bringt er
(wie 7, 15 von Sokrates) charakteristische, mehr oder weniger ker-
nige aussprüche des mannes vom alten Spartanerschlage: 6, 2. 5. 7.
10. 14. 15. 32. die letzten werte des beiden stellen, wie mir scheint,
einen packenden laconismus dar, der aber in seiner prSgnanz leider
nicht verstanden und daher verderbt wurde: KaXXiKpaTibac hk
einev, 6ti f) CnapTT] ouöfev ^f| koikiov olKTieiTai auToö dno-
OavövTOC (oiKieiTai A, Aldina, Cobet; oiKEiTai die übrigen hss. ;
oiKf) ORiemann ; oiKfiTai Liebhold ; oiKiicci Breitenbach. olKriZecOai
Thuk. U 51, absolut bei Deinarchos gDemosth. § 110). seinem
Steuermann, der bei dem anblick der Übermacht der feinde bemerkt,
man vergebe seiner würde nichts (eiTi koXujc ^X^v), wenn man ab-
segele, erwidert Kallikratidas ^es sei nicht zu besorgen, dasz Sparta
unwürdiger (mit weniger würde) zu trauern wissen werde, wenn e r
gefallen sei (nemlich als es sonst bei niederlagen zu trauern pflege,
so IV 5, 10. VI 4, 16), zu fliehen aber sei schimpflich*, ^falle ich,'
will er sagen ^so falle ich mit ehren und in dem tröstlichen bewust-
sein , dosz es sich gleich bei meinem tode zeigen wird, dasz der alte
unbesiegbare Spartanersinn noch lebt.' heben so rede und gegen-
rede nur das KaXöv , die böEa, die gerettet worden sei, hervor, dann
erst stehen die letzten werte des holden in einklang mit den nur auf
ideale ziele gerichteten aussprüchen an den sechs andern stellen
und mit der fassung, welche Diodoros XIII 97, 5 jenem letzten dictum
gibt: ÖTi T€X€UTr)cac KaxäTTiv jiäxnv oöbev dboEoT^pav iroirjcei
TTiv CirapTTiv. ähnlich Epamoinondas VII 5, 18 ae.
I 6, 1.3 lesen wir d)c €KaCTOC fJvoiEcv und I 6, 21 d)C ckoctoi
fjvoiTOv, I 1, 2 (ohne ^KacTOC) d)C fivoiTe. wie Büchsenschfltz rich-
tig hervorhebt, bieten diese stellen der interpretation Schwierig-
keiten. OKiomann schlug daher vor tivuC€V — iiVUTOV — {)VUT€
zu lesen, die gleichartigkeit der Situation fordert, dasz die beiden
erstgenannten stellen zusammen behandelt werden, in beiden i'ällen
ist von einem durcheinander die rede: 5, 14 dvau^dxncotv . . blCCTTOp-
fievaic Taic vauci, und Ct, 21 eßorj6ouv TCTapaTM^voi. die Ursache
ist kopflosigkcit^ handeln ohne einheitliches commando: UJC ^kqctoi
f^vujEav (rjvuiTOv) — so wird wohl Xenophon bich ausgedrückt
haben, besonders <), 21 wird durch diese lesart die stelle verst&nd-
1 icher: *sie eilten zu den schüfen, inilem 8ie, wie gerade einer
zu thun befahl, hier die ankertaue (die wohl auf dem lande
befestigt waren) kappten, dort geweckt wurden.* I 1, 2 ist die Ver-
derbnis, wie mir bcheinl, eine einschneidendere: entweder ist zu
lesen ujc Tiv |Oir€| 7T€pi tö 'PGITeiov ^s. V 1, 9) oder rpiripeic
JASinioo: lu Xenophoas UeUenika. §13
[d)c] i^iövabe (ip. fk n'öva), wozu npöc -rfiv yffv glossem wära
(s. § 6), oder es hatte zu dveßißaJIe töc aÜTOÖ jemand die randglosse
gemacht: Tpir|p£ic, ibc ^noift (sc. bOKti), und diese ist in den text
gekommen, jenes Oire mug ein veraobreiben sein; hier liegt es aber
auch nicht fem es als dem P01T6 11 berge scbriebene Variante CITE
aufzufassen (Gteiov) oder an ciTli (dv^Miuv Eur. lA. 11) zu denken.
II 4, 39 iTt€\ ht KQT^ßticav o\ CTpaTTiToi, l'vöa bf\ ö Gpacü-
ßou\oc fXeEev. nach KaTtßncav ergänzt Kurz <^KKXilciav enoiricav^
'unsichere Ergänzung der hier olTenbar vorhandenen llicke, in der,
wie das folgende IvQa tT\ wohrBcbetnlich macht, vielleicht der ort
ausgefallsQ ist, nobin man von der bürg auti zog, nemlich auf die
Pnji.' liest man ^irei bk KOT^ßticav, <'oi> Ol cTpOTiTfoi (Öiroi oi
cxp.), 80 ifct iilJes in Ordnung: die feldherro, welclie den zug auf die
akropolis angeführt hatten , giengen demselben auch jetzt voran auf
die Pnyx.
III 2, 4 Koi oÜToi , . äiroxujpticavTec (dTi£XiJJP1cciv die aus-
gaben) iv Tri M'^Xt) öian£cövT£c, dfieXiicÄvTiüv tü&v Biöuviüv. statt
des äTTOXUip^cavTec der hsa, vermute ich an' öxvpiüfiaTOc (i-nö
<ToO> dxO ■ 'gl- § ■* biacTTÖcavTcc tö npö aOiuiv öx'^P'^M''-
m 3, 2 versuche man dip' Ou als relative anknüpfung, £f ^vou
als glossetu zu tÜ ?(puc (vgl. Kyrup. V 4, 30) , daa hinter f qjuc
überliefertö e als ^ = tachygr. «ai (wozu Kai die auflösung) auf-
zufassen, so wird der satz an klarheit viel gewinnen, vielleicht auch
wird sich bei genauerer Untersuchung die form ^cpu-ce der bessern
hss, als etwas anders geartete iwillingSBcb wester von der zweiten
person dc-d erweisen.
IV 2, 13 EE(|£cav Tf|v djitpio^ov. entweder ist das erste oder
das letzte wort verderbt, im ersten falle wßre wobl ^b^jujcav (aor.
ingress.) zu lesen, wie es ja auch im folgenden heisztg lö nporiecav
. . T^nvovtec K«i KÖoVTec xfiv Xi"P«v. im zweiten falle könnte
§ 16 auf die Schreibung dip' 'AXi^ujV führen; doch ist ein einmorsch
an Argos vorbei sehr unwahrscheinlich, sonst steht zur bezeichnung
der richtung des wcges ^iri oder bid, nicht dficpi, wie es die ein-
fachste lesort dp(pi 'A^^av verlangte, vielleicht ist zu lesen Tf|v
äMtpiotiOV oder t^v dptpaböv, wie sonst an ähnlichen stellen Ik toC
q)avepOÜ (Ages. 2, 6). die bessere methode hat es fUr sich, unserm
ersten verschlag gumäsz -rf|V dpcpioXov stehen zu lassen, zumal
Tiöpoi I, 7 djJcpifldXaTTOc vorkommt, von diesem analogen lernen
wir denn auch, dasz djitplaXoc zu übersetzen ist 'am meere gelegen',
wie dficpi bei Xen. gewöhnlich die hedeutung 'in der Umgebung, in
der nfihe' bat.
IV 5, 16 lese man: aÜToi Mtv <;^nei) dei ^Xärrouc . , i^i-
fvovTo, ol be TToX^Mioi OpacÜTEpoiTE kqI dei nXeiouc, dnopoijvTec
bf] cuvicTQVTai usw. vgl. n 4, 37. IV 3, 22. 4, 8. V 1, 12. 3, 25.
4, 9. 66. VI 5, 27. anab. V 2, 5 und besonders UI 1, 2.
IV 6, 2 ^dcavTEc . . ftiagdviec ndvrcc iroXeniito^ev.
das wort nävTec soll hier entweder ein rhetorischem kuuatslück in
814 JASimon: zu Xeaophons üellenika.
Isokrates manier vorstellen (homoioteleuton und alliiteration, vgl.
m. Xenophonstudien I s. 16. 17. 22 anm. Isocratis oratt. ed. Bremi
[Gotha 1831] p. I excurs VI), oder [dvTCC n] ist dittographie.
IV 6, 4 ist zu lesen ei fif) TTaucä]Li€VOi ttic Trpöc BoiuiTOUC ical
'A9Tiva(ouc cu]Li)Liaxiac ^aurouc Kai toüc <*Axaioüc> cujujyidxouc
aiprjcovTai usw. so erklärlich der ausfall von 'Axaiouc an dieser
stelle ist, so sicher kann hier der hinweis auf UI 1, 3 in den aus-
gaben wegfallen.
IV 8, 15 ToTc bk (so, nicht b\ geben die maszgebenden hss.)
dvavTioic Xdroic Taux" flv. so die Überlieferung; XÖTOi Steph., Wolf;
XöTOC Sauppe ; ou ßouXofievoic Koppen ; ^den gegnem war dies ein
schrecken' Campe, zu lesen wird sein : TOic bc (aliis oder iüis vero)
dvavTioi Xö^oi TttÖT* flv oder aber nach IV 1, 11. V 3, 13: TOlC
bfe evavTioic (prädicativ = ou ßouXo)Li€VOic) rauT* ?iv (XÖTOic
urspr. XÖTOi = glossem zu TQUTa). die werte toic hi. bilden die
fortsetzung zu ö \iky 'AvTaXKibac und Tip jiifev bf) TipißäZqi.
V 1, 2 TeXeuTiac Tuxdjv im tOjv vncuiv ttoi d9iTMevoc kotq
XpilMoiTUJV TTÖpov. mit recht nahm man anstosz an dieser stelle;
Cobet und Uertlein tilgten ini, und Grosser schrieb neuerdings
TÖTe fUr TTOi. die emendation ist viel einfacher : TTOI =s TICl , und
ohne jeden zweifei ist zu lesen: eiri tOüv vrjcuiv Ticlv dqpiTM^Voc.
über das v dqpeXK. s. Sauppe lexil. Xenoph. s. 86 ; zudem konnte N vor
A leicht ausfallen, in gleicher weise sind natürlich die beiden stellen
zu emendieren, in denen Hertlein ebenfalls ^tti tilgen will, Dem.
23, 216. Diod. I 32.
V 1, 13 dK be TOUTou Ol AaKebaijiovioi TeXeuTiav ou ini
Tauir) iKTiejuTiouciv in\ lauiac idc vaOc — eine crux criticorum.
Löwcnklau tilgte im TauTr). ihm folgten fast alle neuem hgg.
ORiemann wollte im TauTac Tdc vaOc tilgen, indem er hinter iiii
TQUTr) eine lücke annahm, welche später verschwunden sei, während
jene vier werte als interpretament zu im TauTQ in den tezt geraten
seien, an anderer stelle (Xen. -Studien II s. 21 anm.) hatte ich ge-
legenheit darauf hinzuweisen, wie Uiemann die strengere methode
für sich habe, dosz dagegen der sinn der stelle entschieden ^tti
TauTac Tdc vaOc beizubehalten fordere, des rätseis lOsung wird die
sein: die Lakedaimonier schickten Teleutias — denn eile that dies-
mal not — zu diesem geschwader auf einem schnellsegler:
im T<(axuv^auTr), und der abschreiber der stelle irrte von dem
ersten a des in der litteratur — die steine liefern vielleicht noch
das zu TaxuvauTeTv notwendig vorauszusetzende substanÜT —
einzig dastehenden wertes auf das zweite ab. vgl. ßoiumoupTrjCi
bn)iiaTü)T€iv -TÖc, dmcTOTCiv -dTTic, Xaq)upOTTU)X€iv -nuiXnc,
ToEiapxeiv -dpxnc, ubpOTroTCiv -nÖTnCi irapaßaivciv -ßatric,
Taxu€pTia ua. zudem hat Xen. nicht weniger als 327 finoE
eipT|jLi€va.
Dükk:n. Johann Alphoms Simon«
HEothe : zu den fragmenten 4e8 hisioriken TimaiOB. 816
108.
Zu DEN FRAGMENTEN DES HIST0BIKEB8 TIMAI08.
Die annähme^ dasz das geschichtswerk des Timaios ein einheit-
liebes gewesen sei , wäre in der that einfacher als die Zerlegung in
einzelwerke ; es müste nur auch das dadaroh erzielte bild des innem
Zusammenhanges ein befriedigendes sein, nun aber wird nnr durch
eine übermäszige annähme von episoden und beiläufigen bemerkungen
und scblieszlich durch änderung von bOcherzahlen mühsam eine ge-
wisse äuszere einheit hergestellt, bei welcher jedoch die innere ein-
heit so sehr vermiszt wird , dasz das werk eher einem collectaneen-
hefte ähnlich sieht als einer geordneten geschichtsdarsteUung. im
ersten buche (fr. 18) erscheinen die Tyrrhener als seszhafi; — man
beachte das präsens biaKOVOUvrai — folglich musz dies eine weitere
ausführung der erzählung von der einwanderung der Tjrrhener, dh.
eine episode gewesen sein, im zweiten buche (fr. 45) ist von Epi-
menides die rede: da Timaios die griechische geschichte ex professo
nicht behandelt hat, so ist dies eine beilftufige bemerkung. sodann
war im zweiten buche (fr. 26) Corsica in rein geographischer weise
behandelt, was natürlich als eine abschweifung aufztdassen ist. im
dritten buche wird gesagt, dasz Eorinth 460000 sklayen gehabt habe
(fr. 48): da dies nur auf eine späte zeit passt, ist es eine episode im
anschlusz an den bericht über die gründung der stadt Sjrakus. im
vierten buche (fr. 98) wird erzählt, dasz Empedokles im Peloponnes
gestorben sei , eine im Zusammenhang der geschichtsdarsteUung in
keiner weise unterzubringende notiz. der dritte Perserkrieg kann als
Sikelien nicht interessierend nur beiläufig im siebenten buche er-
wähnt worden sein (fr. 57). im vierzehnton buche erst wird berichtet,
dasz Gelon den Karthagern schwere friedensbedingungen auferlegt
habe (fr. 89); da Gelons tod schon im zehnten buche vorkam (fr. 84
mit der emendation dv tQ b€KdTi] für iv T^ beuT^pqi) und wir im
dreizehnten buche schon mitten im peloponnesischen kriege stehen
(fr. 105 und 107), haben wir einen rückblick anzunehmen, von dem
groszvater des Empedokles war im fünfzehnten buche (fr. 93) ge-*
sprechen worden , offenbar aber nur im anschlusz an die Zerstörung
von Akragas, die auch im fünfzehnten buche (fr. 111) erzählt war.
zwar tritt Empedokles erst im achtzehnten buche (fr. 94) als wunder-
thäter auf, aber diese zahl ist wohl verdorben, im ersten und (!)
zweiten buche (fr. 88) soll Timaios ein und dasselbe erzählt haben;
es wird aber vielmehr das elfte und zwölfte buch gewesen sein, wenn
es auch merkwürdig bleibt, dasz in zwei auf einander folgenden
büchern ganz dasselbe sich fand , was auch dem Laertios Diogenes
aufgefallen zu sein scheint, da er hinzusetzt: noXXdKlc T^p aÖToO
^vrmov6Ü€i. weil die eroberung der stadt Hjkkara, welche im yer»
lauf der sikelischen expedition von den Athenern genommen wurde,
im dreizehnten buche (fr. 105 und 107) ihre stelle hatte , die im
816 HKothe: zii den fragmenten des hlBtorikere TimaioB.
j. 424 auf dem congress der sikelischen Staaten zu Gela gehaltene rede
des Hermokrates aber erst im 21n buche (fr. 97), so wird die letz-
tere zahl wohl verdorben sein, allerdings könnte man fragen , wes-
halb denn überhaupt zahlen geändert werden, da ja die auffassung
heterogener angaben als episoden ('geschichten im Zickzack') überall
möglich ist. es könnte ja immerhin möglich sein, dasz je nach be-
darf ein rückblick auf früher erzähltes, eine vorausnähme späterer
ereignisse, eine Zusammenfassung geschichtlicher perioden usw. in
jenen büchern anzunehmen wäre, und warum gerade diese zahlen den
andern zu liebe weichen sollen , ist gar nicht einzusehen, vielleicht
sind diese angaben richtig und jene , auf grund deren die änderong
erfolgt ist, falsch, so liesze sich also nicht blosz eine derartige an-
Ordnung der fragmente herstellen, sondern in kaleidoskopischer auf-
einanderfolge eine gröszere anzahl , indem man bald diese zahl bald
jene zum ausgangspunkte wählt.
Von vorn herein aber erscheint es als sehr unwahrscheinlich,
dasz ein bcbriftsteller, welcher die gesamte geschichte von anfang
an , wenn auch zunächst nur die von Italien und Sikelien schrieb,
der also räum genug für alle seine bemerkungen an aer richtigen
stelle hatte, sich in so viel beiläufigen bemerkungen sollte ergangen
haben, bei einem beschränkten thema, das gleichwohl weitreichende
beziehungen zuliesz, so in den werken des Herodotos, Thukydides,
Theopompos, sind episoden allerdings unvermeidlich, überall aber,
wo wir nicht nachweisen können ; in welchem zusammenhange mit
dem hauptthema diese (Episoden standen , ist ihre annähme in dem
werke des Timaios so willkürlich, dasz es besser wäre, in diesem
falle mit dem erbten herausgeber der fragmente, Franz GOller, von
einer anordnung überhaupt abstand zu nehmen.
Ein teil dieser sog. episoden jedoch , der nemlich welcher da^
griechische niutterland betrifft, wird sofort legitimiert, wenn wir
annehmen dasz Timuios auch die eigentlich griechische geschichte,
wenn auch kürzer, zu behandeln die absieht hatte, dies folgt natür-
lich nicht aus Polybios XII 2;J, 7 (= Tim. fr. 143) öirtp 'IroXiac
jiövGV Kai CiKeXiac 7TpaT|iaT€u6|i€VOc, sondern trotz dieser stelle
behaupten wir im hinblick auf zahlreiche fragmente die systematische
berücksichtigung der griechischen Verhältnisse, die stelle gefaOrt
nemlich einem jener scharfen angritle auf Timaios an, an denen das
zwölfte buch des Polybios so reich ist. l'olybios will dort nicht nur
das werk des Timaios, sondern auch den von diesem hochgefeierten
Tiuioleou herabsetzen, indem er behauptet, dasz dessen thaten gegen
die Alexanders d. gr. gehalten ihm vorkümen wie 'im essignfipfchen'
(tv ÖEußdq)iu) — wir wUrden sagen 'im wasserglase' — vollführt
(dXXd ^01 boKci 7T€ic9fivai Tiiiiaioc uic, av Ti|ioX^wv ircq)iXoboEii-
Kujc iv auTf) CiKeXia, KaGdiTTcp ev öEußdcpuj, cuTKpiTOC q>avQ toic
tTTicpavecTdToic tAv f]pujuiv, köv auTÖc virfep 'IraXiac fiuivov Kai
CiKcXiac 7TpaT)naT€u6)Li€VOC cikötujc TrapaßoXiic dEiuiOnvai Toic
U7T€p Tfic üiKOUM€vr|c Koi TiüV KaGöXou TTpd£€ujv TTcnoinucvoic
BEothe: zu deu fragmeuten deu hiElAuikere Timaioa. 817
Täc cuVTÜEeic). ist dies ohne frage eine arge Übertreibung, ist femer
difl beui'teilung eines mannes nach der länge des von ihm zurück-
gelegten Weges und der grösze des von ihm eroberten gebietea eine
gan^ und gar unzutrefiende , um nicht zu sagen böswillige, so liegt
gar kein grund vor jene offenbar gehässige bemerkung über das
vferk ded l'imaios wörtlich zn nehmen. Polybios hat eben im eifer
der polemik da ein 'nur' gesetzt, wo er 'vorzugsweise' hätte sagen
sollen.
Indes lassen sieb anlasse nachweisen, wo Timaios in der tbat
auf andere gebiete abschweifte, dies war zunUchst der Fall in den
reden, welche er den geschichtlichen persönlichkeiten in den mund
legte, und in denen er mit seiner scfaulberedsamkeit zu glänzen
suchtu. so kommt er in der läppischen au sein anders eCzung Ober den
Segen des friedens, die bei ihm Uermokrates den gesandten der sike-
lischen stSdte vorträgt, auf Herakles zu sprechen, der nie ohne ge-
wichtigen anlas/, gewalt angewendet und sogar, um die ungestörte
feier der olympischen spiele zu ermöglichen, für die dauer des festes
die ^Ktxtipici eingesetzt habe (fr. 97). da es aber in der natu r der
Sache liegt, dasz nur allgemein bekannte thatsachen ah beweiskräf-
tige beii^piele für solche reden verwandt werden können, kommt
diese art von episoden für die anordnung der Fragmente weniger in
betracht, weil ein anderer Schriftsteller so bekannte dinge kaum zum
gegenständ eines citata gemacht haben wird.
Die haaptursache aber des heranziehens nicht eigentlich zur
sacbe gehöriger gegenstände war die allen rhetoren eigentQmlJche
sucht durch gegen überbtellung des entgegengesetzten oder verglei-
chuDg des ühniichen das interesse des lesera wachzuhalten und der
darstellung reiz zu verleihen, das ist es, was Longinos (n. üipouc 4, 1)
an Timaios rügt: üttö Ipujxoc toö Uvac voiiceic dei KiveTv iroXXd-
Kic ^KTiinTUJV €ic TÖ TTai&apiuj&ecTaTOV, um einer antithese willen
schonte Timaios nicht den hochverehrten meister seiner scbule,
Isokrates, indem er meinte, Isokrates habe längere zeit an seinem
rTovriTupiitöc XoTOc gearbeitet, als Alexander zur eroberung Asiens
bedurfte (fr. 138). wir fassen dieee bemerkung als ainen spott gegen
Isokrates auf: denn so wie Longinos sie auffaszt, als ein ernst-
gemeintes lob auf Alexander, wäre sie bis zur unbegreiflichkeit
albern, wenn diese bemerkung also als nicht unwitzig bezeichnet
werden darf (Cio. in Verrem IV § 95 numquam lata male est Siadia,
quin aliquid facete et- commode dicanl), so ist das Wortspiel mit KÖpt]
in der doppelten bedeutung von 'Jungfrau' und 'pupille des auges'
in der that frostig (fr. 149 Ö Tic fiv diroiricev ^V ötpflaXpoTc KÖpac,
HT] Tiöpvac ^xwv;). das streben nach effect zeigt sich ferner darin,
dasz Timaios unmittelbar vor der ptUnderung von Akragss durch
die Karthager im j. 406 die stadt in ihrer ganzen pracbt und Üppig-
keit dem leser vor äugen stellt (fr. 1 11—115); eben noch prangend
in glänz und Schönheit ist sie bald nur ein wüster trümmerbaufen.
.jener OKlIias insbesondere, dessen freigebigkeit fr. 111 gepriesen
818 HEothe: zu den fragmenten des historikerB TimaioB.
wird , verbrennt sich bei der einnähme der stadt in dem tempel der
Athene, um nicht in die bände der feinde zu fallen, auch die stadt
Sybaris scheint Timaios in ähnlicher weise kurz vor ihrem unter-
gang auf dem gipfel ihrer macht gezeigt zu haben, wobei er als
charakteristischen typus eines Sybariten den berüchtigten schwelger
Smindyrides vorführte, denn wenn er (fr. 58) über diesen im
siebenten buche, demselben aus welchem ein citat über den dritten
Perserkrieg überliefert ist (fr. 57), gesprochen hat, so kann jener aa
sich unbedeutende mensch, der nur typische bedeutung hat, nicht im
chronologischen zusammenhange erwähnt worden sein. Smindyrides
lebte um 580 vor Ch., also 100 jähre vor dem dritten Perserkriege,
und war einer der freier der Agariste, der tochter des tyrannen
Eleisthenes von Sikyon , deren band der Alkmaionide Megakles er-
hielt, da aber einerseits diese heirat für Timaios nicht dasselbe
interesse hatte wie für Herodotos, dem athenische Verhältnisse dabei
vorschwebten — der söhn des Megakles und der Aganste war Klei-
sthenes, der reformator der athenischen Verfassung — und da Smin-
dyrides als freier überhaupt gar nicht in betracht kam, so ist die er-
wähnung dieses mannes nicht mit jener Werbung in Sikyon in Ver-
bindung zu setzen, vielmehr fällt bei Timaios die Zerstörung von
Sybaris in die regierung des tyrannen Hieron (fr. 90 vgl. Diod.
XI 48 bxö Kai CußapiTÜJv TToXiopKOUjLidvujv uirö KpoTUiviaTÜjv kqI
b€0|LiivuiV ßor|9ficai cipaTiiüTac ttoXXouc Kai^Tpa^cv clc Tf|v crpa-
Tidv, t^v Trapebibou TToXu2[rjXip TdbeXcptu vo|ii^ujv auTÖv öird rdiv
KpoTUJViaTÜJV dvaipeOrjcecOai), so dasz sehr wohl der dritte Perser-
krieg und die crwähnung des Smindyrides in demselben buche sich
finden konnte, indem der Zerstörung von Sybaris ebenso wie der von
Akragas die Schilderung des glanzes der stadt vorausgieng. so wird
denn auch , nachdem sich fr. 60 der schriftsteiler in der Schilderung
des asiatischen luxus, welchem die Sybariten fröhnten, ergangen und
sich dabei zum teil in arge trivialitäten verirrt hat (irpuiTOi b^ kqI
djLiibac dEeOpov, de eicecpepov eic rd cu^iröcia), der grund für den
schlieszlichen Untergang der stadt angeführt, wobei es natürlich an
einem dcus ex machina nicht fehlt, die Sybariten hatten in Delphoi
angefragt, wie lange ihr glück dauern würde, und die Pythia hatte
geweissagt, wenn einem sterblichen mehr ehre erwiesen werden
würde als den göttern, werde der tag des Verderbens nahen, der
Untergang erfolgte, als ein Sybarit von der Züchtigung eines sklaven
nicht abliesz, als derselbe in die tempel floh, wohl aber, als der sklave
sich an das grabmal des vaters seines herrn flüchtete.
Wie durch antithesen, so suchte Timaios auch durch Zusammen-
stellung des verwandten zu wirken und setzte sich dabei kühn über
chronologische Schwierigkeiten hinweg. Trojas Zerstörung setzt er
ins j. 1334, genau 1000 jähre vor die expedition Alexander:*, so dasz
die beiden groszen rachekriego der Griechen gegen Asien in passen-
der paruUelo erscheinen. P]mpedokles ferner ist bei Timaios ein
Schüler des PythagoraS; was nur dadurch ermöglicht wurde, dasz
HKothe: zu den fragmenten des higtoriken TLduuob. 819
der historiker das Zeitalter des PTÜhagoras am ein betrftchüiehaB
berabrttckte (fr. 81); dasselbe widerfahr dem Xenophanee, der, om
550 lebend, gleichwobl mit in den dichterkreie am hofe des Hieron
gezogen wird (fr. 92). Dionysios der ältere gewinnt an demselben
tage die berscbaft, an welchem Eoripides stirbt (fr. 119 &ßa Tf)C
TMxnc, übe Ti^aioc Icpr), töv |üii|AiiTf|v &ar(oicx\c tuiv Tpcrrucuiv
TraGujv kqi töv dTU)ViCTf)v direicaroücric). Karthago and Born, die
rivalinnen um die berscbaft im westlichen Mittelmeerbecken, sind in
demselben jähre gegründet worden (fr. 21). nicht ohne berechtigong
behandelte Timalos den pbilosophen Diodoros ans Aspendos, seinen
eignen Zeitgenossen, der Ejnismos mit Pjthagoreismos za verbinden
suchte, im zusammenhange mit Pythagoras im nennten buche (fr. 80).
in dem gleichen sachlichen zusammenhange war im neunten buche,
wo von Pythagoras gesprochen wird, auch von dem jungen Sokrates
die rede (fr. 100). wenn also Timaios nachweislich drei pbilosophen,
Empedokles, Sokrates und Diodoros, unmittelbar mit Pythagoras in
Verbindung gesetzt hat, so liegt es nidie auch denEpimenides (fr. 45),
welchen Laertios Diogenes unter die philosophen zfiblt^ welchen der
von Timaios vielfach abhängige lamblichos sogar zum schUler des
Pythagoras macht, als hier erwähnt zu denken.
Was nun die von uns aufgestellte anordnung der fragmente an-
betrifft , so halten wir zunächst daran fest, dasz die Widersprüche in
den bücherzahlen sich fast sämtlich durch hinzufügang der von
Suidas überlieferten zahl 8 heben lassen, es liegen bei einer gesamt-
zahl von höchstens 180 fragmenten gegen 30 citate mit angäbe der
zahl des buches vor, ein material von dem man erwarten sollte, dasz
es einen halbwegs klaren überblick über den inbalt des Werkes er-
möglichen würde, statt dessen erhebt sich widersprach auf wider-
sprach, unter diesen umständen erhalten die wirren angaben des
Suidas, auf welche wir, wenn die fragmente anders beschaffen wären,
gar keinen wert legen würden, doch einiges gewicht, dasz kein an-
derer Schriftsteller einen geographischen teil dem historischen voraus-
geschickt hat, beweist gar nichts : denn es ist nicht einzusehen, warum
sich nicht ein einzelner von der hergebrachten Schablone befreien
konnte, im interesse einer schärfern disponierung lag die ausschei-
duDg des geographischen Stoffes jedenfalls, auch die zurückfüh-
rung der verschiedenen Zeitrechnungen auf die olympiadenrech-
nung , welche doch ebenfalls kein anderer schriftsteiler vor Timaios
systematisch durchgeführt hat, scheint mehr eine gröszere klarheit
und durchsichtigkeit der darstellung als chronologische Sicherheit
bezweckt zu haben , da Timaios es mit der Zeitrechnung öfters gar
nicht genau nimt. die grosze formale gewandtbeit des Timaios, eine
errungenschaft der rhetorenschule, wird durch das lob des berafen-
sten formkritikers, Ciceros, auszer zweifei gestellt, hat doch auch
Ephoros das bedürfnis einer geographischen fundamentierang seines
geschichtswerkes gefühlt, und zwar hat er nicht tamultaarisch in
verschiedene bücher geographische brocken verstreut, sondern im
820 HKothe: zu den fragmenten des Historikers Timaios.
vierten buche Europa, im fünften Asien und Libyen im zusammen-
hange behandelt, von da bis zur constituierung eines selbständigen
teiles ist nur ein schritt, und wenn man fragt, auf wessen seite dann
die logische consequenz ist, wird die antwort nicht zu Ungunsten des
Timaios ausfallen, aber es war gar kein geographischer teil im ge-
wöhnlichen sinne, den unser historiker nach unserer ansieht voraus-
geschickt hat. der mensch mit seinen Städtegründungen und Wan-
derungen, nicht die natur, nimt auch hier sein interesse in ansprach,
und die erde mit ihren ländern bildete nur die unterläge für die
thätigkeit des menschen und die gleichsam von der natur selbst ge-
gebene disposition für die darstellung dieser schwer zu sichtenden
ereignisse. geschichte schreibt Timaios auch hier, und nur bisweilen
tritt der perieget mehr hervor, es behält eben in diesem falle , weil
mit den fragmenten im einklang stehend, das urteil des Polybios
seine gültigkeit , welcher als den inhalt der ersten bücher die dno-
q)dc6ic 7T6pi rdc äTTOiKiac Kai KTiceic Kai cuTT6V€iac angibt und
dann das übrige werk als tö TTpaT/iaTiKÖv auToC fi^poc TTic IcTO-
piac bezeichnet, dieser zweite teil begann sehr passend mit der ersten
welthistorischen persönlichkeit, welche auf italisch-sikelischem boden
erstand , mit Pythagoras , dessen leben und wirken im neunten und
zehnten buche abgehandelt war.
Unter den als bUcherzahlen auftretenden citaten finden sich zwei,
von denen wir annehmen dasz sie ursprünglich auf die beiden teile
sich bezogen und erbt bei der hinübernahme in die werke späterer
schriftsteiler — die betreffenden fragmente gehören dem Laertios
Diogenes und dem scholiasten zu Pindaros an — als bücfaenahlen
aufgefaszt wurden, es sind dies fr. 88 (dv T^ Trpumj Küi Ö€UT^p<)l)
über Empedokles, über den zwar nicht in zwei unmittelbar auf ein-
ander folgenden büchern, wohl aber im vierten und achtzehnten
buche (fr. 98 und 04) ein und dasselbe gesagt werden konnte, und
fr. 84, wo Gelon iv rr) beurepa seinen letzten willen kundgibt, wäh-
rend er im vierzehnten buche noch lebt und den Karthagern den
frieden dictiert (fr. 89), im zehnten buche den sieg am flusse Heloros
davonträgt (fr. 85). im einzelnen haben wir unsere anficht etwas
modiüciert, indem wir in dieser beziehung von einem rechte gebrauch
machten , welches ja auch andere für 8ich in anspruch nehmen, die
gepicnwiirtig unserer uuflaät>ung entsprechende anordnung der bUcher-
zahlen ist. folgende :
fr. 18 ev Tri TTpübir] (üb(T die Üppigkeit der Tyrrhener) «= buch 1.
fr. 2ü €V TT) beuiepcji (^über Cüraica) «= buch 2.
fr. 48 ^v TiQ Tpirr) (über die groäze zahl der sklaven in Korinth)
= buch 3.
fr. 98 tv Tf) T€TäpTr) (P]mpedokles starb im Peloponnes. die
stelle seines grabes ist unbekannt) ==» buch 4.
fr. 55 Kara t6 TTpooijLiiov Tf\c ^kttic ßißXou (selbstlob des Ti-
maios, seine uniäicht im aufsuchen des geographi.schen stoffes be-
trelfendj = buch r>.
EEotbe: 2U den frogmenten des hiätorikera TiiuaiOH. 821
fr, 56 i\ q (über die Sklaven dor Syrakusier) ^ buch ß.
fr. 67 dv Tri ^vvä-n;! (polemik gegen Aristoteles binBicbtlich der
berknnft der epizephjriacben Lokier) = bucb 9.
fr. 77 ^v Tijj 9' (über Pythagoras) = buch 9.
fr. 80 ^v Ti] ^vvaTi;t (über den pMlosophen Diodoros aus Aspen-
dos) =" buch 9.
fr, 81 biö Ttjc ^wäiric (Empedokleg schüler des Pythagoras)
= buch 9.
fr. 100 £V Trj twÜTin (über die Jugend des Sokrates) =^ bucb 9.
fr. 83 ^V b€KdTV| (über Pythagoras) == buch 10.
fr. 45 i\ T^ btUTepiji (Über Epimenidea) = buch 10.
fr. 85 ^v T^ beK«-n} (über Gelons sieg am flusee Heloroa 492
vor Ch.) -= buch 10.
fr, 89 bla tt^C TeccapaKatbeKÄTTic (Über Gfelons sieg bei Himera
480 Yor Ch.) = buch 14.
fr, 93 iv Tri iteVT€KaiÖ€KäTi] (ober den groszvater des Enipe-
dokles) >— buch 16.
fr. 57 i\ T^i ^ßfedfii^ (über den zug des Seiies gegen die Grie-
chen) ^ bucb 15.
fr. 58 iv Ti] ^ßbÖMi;] (Über den Itiins der Sybariten, deren stadt
bei TimaioB er^t unter der regierung des tyrannen Hieron zerstört
wird) = buel] 15.
fr. 94 ^v xfl iri' (Empedoklea hemmt schädliche winde) ^
buch 18.
fr. 97 ^v Trj \x\6. Kai ewoCTfi (rede des Jlerniokrates gegen die
Athener 424 vor Ct.) = buch 21.
fr. 105 und 107 ^v TTJ TpiCKOl&eKÖTi;) (einnähme von Hykkara
durch die Albetier bei gelegenheit der sikeliscben espedition) =
buch 21.
fr, 111 tv Tri Ti€VT£KaibEKäTTi (Berstörnng von Akragaa durch
die Karthager 406 vor Ch.) = buch 23.
fr. 119° ^v T^ is' (träum der HimerSeTin über den tyrannen
Dionysios den lill.eru) ^ buch 24.
fr. 135 ev tv| öxböi;! Ktti eUocTfl (gesandlechaft der Tanromenier
an einen gewisst-n Nikodemos) = buch 28 (?).'
fr. 127 ev rr) beuTepa icai eIkoct^ (Über den Schmeichler D&-
mokles) = buch 30.
fr. 139 ^v TTJ TpiaKOCtfl Kai TeidpT^] (Timains sagt von siob
selbst, er habe fünfzig jähre in der Verbannung zu Athen gelebt)
= buch 34.
fr, 140 ev \r\ fschmShungen gegen Deniochares, den schwester-
sohn des Demosthenes) =• buch 38.
Wenn nüch fr. 134 von Timoleon ^V Tfj, M'Ö Kfl elKOCT^ gespro-
chen worden ^'ein »oll, so glauben vir jetzt, das: diese !;ah] durch
822 HKothe: zu den fragmenten des bistorikers Timaios.
angleicbung an fr. 91 yerdorben ist: denn in dem Vaticanisehen
palimpsest, welcber die brucbstücke des zwölften bucbes des Poly-
bios entbält, folgten ursprünglicb beide fragmente unmittelbar auf
einander, diese zasaromenstellung ist aber wiederum keine zufftUige,
sondern die folge des umstandes, dasz in beiden fragmenten die ge-
gewobnbeit des Timaios, seinen beiden scbulmäszig ausgearbeitete
reden in den mund zu legen , cbarakterisiert werden soU.
So glauben wir denn durcb anwendung eines und desselben prin-
cips, durcb binzufügung einer und derselben zabl, die wir nicht will-
kürlicb ansetzten, sondern die wir uns von Suidas vorschreiben
lieszen , eine in sieb wohl geordnete übersiebt über den inbalt des
Werkes erzielt zu haben, auch die von Suidas überlieferten titel
halten wir für durchaus berechtigt, gesetzt auch sie rührten nicht
von Timaios selbst her, welcher sein gesamtwerk als kropiai be-
zeichnet zu haben scheint, der erste teil führte demnach den sondertitel
IraXiKä Kai CiKcXiKd, die Überschrift des zweiten war 'QXi]ViKä Kai
CiKcXiKd. dasz diese inhaltsangaben nicht ganz genau sind, ist neben-
sächlich, da die büchertitel häufig a potiori zu verstehen sind, das
bekannteste beispiel hierfür ist Xenophons Küpou ävdßacic, in deren
gröstem teile doch von der KaTdßacic der griechischen söldner die rede
ist. noch weniger zutreffend ist die bezeichnung des KQTdXoTOC Twv
veüüV als BoiujTia, hergenommen von dem anfiEmge der aufzählong.
Wenden wir uns nun zu einer kritisch -exegetischen besprechung
einzelner fragmente. merkwürdig ist vor allem die bypothese, durch
welche Timaios das phänomen der gezeiten zu erklären versucht
(fr. 36). es sei die folge des einströmens groszer strOme in den
Okeanos, und diese ströme kämen von den keltischen gebirgen.
dies keltische bergland begreift aber nicht blosz die gebirge des
eigentlichen Galliens, sondern auch die Alpen und das deutsche
mittelgebirge von den quellen der Donau bis zu den Karpathen, also
das was die alten unter der Hcrcynia silva verstanden (Caesar &. g,
VI 2«5). denn dasz einst Süddeutschland von Kelten bewohnt war,
beweisen nicht nur namen , welche aus dem keltischen erklärt wer-
den müssen, zb. Böhmen (ßocheim = heimat der Bojer ; die deutsche
endung gehört natürlich den nachrückenden Germanen an), Hercynia
Silva (von kelt. cyn 'höhe'), Iser, Isar, I^:ere usw., sondern es bezeugt
(lies auch ausdrücklich Tacitus Germ, 28 inier Hercyniam silvam
lUicnumquc et Moenum amncs liehet ii^ uUcriora Boü, Gaüica uiraque
gcnSy (cnucrc. manct adhuc Boihacmi nomen significaique loci vetcrem
mcmoriam^ guamvis mutaiis ciilioribus. unter den strömen , welche
in den Okeanos münden , sind also auch die deutschen flüsse bis zur
Weichsel einschlieszlich zu vcrst-<'hen. die Ostsee erschien den alten
niemals als ein binnenraecr, sondern stetn als ein teil des Okeanos,
indem Scandinavien Air eine inscl galt, für Timaios folgt dies aus
fr. 0^ wo er die Argonauten den Tanais bis zur quelle aufwärts fahren,
dann das schiff eine strecke über land tragen und endlich auf einem
fluRse^ der in den Okeanos mündet (kqG* ^T^pou ndXiv irOTOfiou Tf|V
HKothe: zu den fragmenten des hieiorikera TiinauM. 823
ßuciv IxovTOC €lc t6v 'Qkcqvöv) — wenn es der mtthe lohnte den
flusz zu fixieren , könnte man etwa an die Dttna denken — in den
Okeanos gelangen läszt. fragen wir nnn weiter, nnter welchen Voraus-
setzungen ebbe und flut als eine folge des einströmens von flttssen
in das meer gedacht werden konnte, so ist es klar dasz Timaios von
der monatlichen und jährlichen periodicitftt nichts gewust haben
kann : denn diese ist es, welche deutlich auf den einflusz des mondes
hinweist, so dasz schon Pytheas und Aristoteles, Zeitgenossen des
Timaios, die gezeiten auf den einflucft des mondes zurückführten.
das hauptproblem aber war stets die tftgliche periodidtät, welche auch
erst in der neuem zeit mit hilfe der Eepler-Newtonschen gesetze
ihre erklärung gefunden hat. es scheint nun, Timaios habe sich die
Sache so gedacht, dasz die flüsse durch die ihnen entgegenflutende
wassermasse des Okeanos am einmünden gehindert und so lange zu-
rückgestaut würden, bis ihre wassermenge grosz genug sei, um ihrer-
seits das meer zurückzudrängen, da Timaios seine geographischen
nachrichten häufig aus dem munde von augenzeugen, wahrschein-
lich massaliotischen kaufleuten, schöpfte, so wird man fragen, was
diese veranlaszt haben kann eine so aufffdlende theorie aufzustellen,
und hierfür gibt es eine durchaus befriedigende antwort. die flut-
weile dringt nemiich in die flüsse ein, «b. in die Weser nenn meilen,
in die Themse zwölf meilen (bis oberhalb London), in die Elbe
zwanzig meilen weit (bis oberhalb Hamburg; bei Hamburg beträgt
die fiuthöhe sieben fusz). dieser Vorgang konnte von oberflächlichen
beobacbtern so aufgefaszt werden, als würden die flüsse am einmün-
den verhindert und zurückgestaut, von der ausdehnung des Welt-
meeres bat Timaios wahrscheinlich keine Vorstellung gehabt, sonst
würde er den Aussen mit ihrer doch immerhin verhältnismäszig sehr
unbedeutenden wassermenge keine solche kraft zugeschrieben haben.
die erde ist bei ihm noch keine kugel, sondern eine Scheibe, über
welcher sich der himmel als halbkugel wölbt, dies geht hervor aus
dem ausdruck xfic ff]C und Tifi KÖCjüiU) K6ifi^viic (fr. 134), weil, wenn
die erde als kugel in dem ebenfalls kugelförmig gedachten welten-
raume schwebt, von oben und unten keine rede sein kann, so sagt
denn auch Aristoteles (meteor. I 2): 6 TT 6p i T^V Tflv öXoc KÖCjüloc.
und wenn auch jener ausdruck (xfic T^^ ^^^ "^V KÖCfilfJ KCljül^Vllc)
wörtlich aus Isokrates (Paneg. 179) entlehnt ist, so hätte Timaios,
wenn er anderer meinung war, von Isokrates in diesem punkte
ebenso gut abweichen können, wie er in bezug auf die zahl der erd-
leile von ihm abgewichen ist:
Isokr. Paneg. 179 inc TÖtp Tflc Tim. fr. 134 Tf)c T*ic Tf)c öird
dirdcnc xfic uttö tuj köc)liiu xei-
|ievr|C biXOL TCTjUlTm^VTlC Kttl Tflc
}iev *Aciac, ttJc b' €vQ{i)Tir\c
KaXou|aevr|c usw.
es schwebt also unserm Schriftsteller noch halb und halb der mythische
weltstrom Okeanos vor, und der ocean hat bei ihm nicht entfernt die
Tqj KÖCfll}! KClfl^flllC €ic TpCtt IxlpX]
biijpim^vTic Kai xfic likv *Adaq
Tfjc bk Aißur|C , Tflc V €öpi{f7rT)c
irpocaTopeuoM^Tic.
824 HKothc: zu den fragmenten des historikers TimaioB.
ausdebnuDg, welche demselben wirklich zukommt, übrigens ist ihm
weder aus der unbekanntscbaft mit den monatlichen und jährlichen
flutperioden noch daraus dasz er von der kugelgestalt der erde nichts
weisz, ein Vorwurf zu machen, die Wissenschaft war im altertom
nicht so concentriert wie heutzutage, wo Universität, «Gymnasium und
Volksschule die kenntnisse systematisch verbreiten, die wichtig-
sten entd eckungen blieben im altertum unbekannt^ wenn sie nicht
unmittelbar praktischen wert hatten, noch Caesars flotte leidet
durch eine voUmondflut groszen schaden , und obwohl nach Stjrabon
(III s. 173 — 75) bereits Poseidonios die ebbe und flut nach ihrer
täglichen, monatlichen und jährlichen periodicität erschöpfend be-
handelt hatte, sagt Caesar {b. g. IV 29) aus^lrücklic^: taidem node
accidüf ut esset Iwui plena^ gut dies mariümos aestus maximos
in Oceano cfficere consuevit^ nostrisqve id erat incognitum.
ebenso hat zwar der philosoph Cicero die klarste vort^tellung von der
kugelgestalt der erde {Tusc. I § G8 f.); Tacitus dagegen verrät seine
unbekanntschaft mit dieser wissenschaftlichen thatsache durch eine
fast lächerlich zu nennende hypothese über die Ursache des wechseis
von tag und nacht i^Agr, 12, 4 mit der anm. von Kritz). —
In fr. 94 wird erzählt, dasz Empedoklcs seinen beinamen KujXu-
cav€|iac deshalb erhalten habe, weil er schädliche winde in schlftu*
chen aus eselshaut aufgefangen habe, da man nun nicht einsieht,
weshalb es ^^erade esclshäute gewesen sein müssen, hat Isaak Vossius
die sehr scharfsinnige Vermutung aufgestellt, Timaios habe den
Empeüokles die bergschluchten (KaTacq)aTOic öpouc), durch welche
die winde wehten, sperren las.sen; Diogenes habe jedoch gelesen
KaTacq)dEac 6vouc. wie dem auch sei, die stelle bleibt in jedem fall
ein für den wundergläubigen Timaios sehr merkwürdiger versuch
ein wunder rationalistisch zu erklären, denn Empedokles bedurfte
keineswegs so seltsamer anstalten, sondern hemmte die winde durch
itia^ne. er selbst verspricht einem seiner schÜler auszer sonstigen
niairischen künsten, unter denen wir die toten bescfawörung hervor-
he)>i'n (ä£eic b' il 'Aibao KaracpOi^evou jiievoc ävbpöc), auch die
knilt winde nach beliehen zu hemmen oder zu erregen:
Tiauceic V (XKa^dTUJV dv^jiiujv juevoc, oi t* iv\ taiav
öpvü^evoi TTVoiaici KaTaqpGivuGouciv dpoupav,
Kai TidXiv, f|v eOeXricöa, TraXiVTixa TTveü^ai* ^irdEeic. —
Fr. 8K könnte erweitert werden <1urch hinzunahme des bei Laer-
tios Dio»;enes (VIII 2, (iG) folgenden mit einsehlusz des satzed:
ücT€pov |U€VTOi ToO 'AKpdTavTOc oiKi^IoMevou dvT€CTr|cav auTou
TT) KaOobiü Ol Tüüv exOpuJV dTTÖTOVor biöirep €ic rT€XoTröwT|COV
dTTOXUipricac ^leXeOrricev (sc. '€|U7T€boKXfic). denn an diese werte
schlieszt .sich ungezwungen der anfan«; des fr. 98 (ebd. 71) TOUTOIC
b' fcvavTioöiai Ti^aioc piiTÜJC Xc'tujv ü)C ^E€Xwpr|C€V €ic TTeXoiröv-
VTicov KQi t6 cuvoXov ouk eTiavfjXBev. man nimt nun an dem aus-
druck ToO 'AKpdTOiVTOC oiKi^oiLievou anstosz und vermutet aiKi-
^OjLievou oder oiKTi2[o|itvou. die überlieferte Icbart läset sich jedoch
HKothe: zu den fragmenten des historiken Tinudos. 825
bis zu einem gewissen grade verteidigen, wir schicken voraos, daas
es nicht in unserer absieht liegt einen beitrag zur gesdiiohte Ton
Akragas zu liefern , sondern dasz wir die stelle ans dem zosammen*
hange heraus interpretieren, es ist nemlioh hier wahrscheinlich an
eine jener in griechischen Staaten nach heftigen parteik&npfen nicht
seltenen neubegründungen der socialen Verhältnisse durch anfnahme
von ueubürgem und zurückberufang der verbannten zu denken, wo-
bei es den feinden des Empedokles gelang dessen zurQckbemfung
zu verhindern, darauf scheint die betonte Stellung von aÖToO vor
Tfj KaOöbtü hinzuweisen , welche den gedanken an die heimkehr an-
derer hervorruft, die entfemung des Empedokles von Akragas wird
von vorn herein keine freiwillige gewesen sein : denn KdOoboc ist
der ausdruck für die rückkehr aus dem exil. das wort oUtZciV ent-
hält allerdings in der classischen'zeit den begriff der gründung eines
ganz neuen Staatswesens, wenn auch an stelle eines vorher schon be-
stehenden (Thuk. I 98, 2 iTieiTa CKÖpov -rtiv ^v Tiji Alieiip vflcov,
iiv (pKouv AöXo7T€Cy i^vbpairöbicav xal ^iKicav aöroi), aber der
compilator Diogenes dürfte den genauen Sachverhalt schwerlich ge-
kannt haben. —
Dasz Syrakus die schönste stadt der alten weit gewesen sei,
wie Timaios behauptet hatte (Cic. de rep. lH 31 urhs iUapraedara^
quam ait Timaeus Graecarum maximam^ omnium autem essepüUsher-
rimam usw.), bestätigt nicht nur Cicero aus eigner anschauung (m
Verrem IV 117 urhem Syracusas maximam esse Ghraecarum^ pMher'
rimam omnium saepe audistis, esty iudices^ Ua ut dicUttr) , sondern
auch Livius XXV 24, wo Marcellns vor freude weint bei dem ge-
danken, dasz er urhem omnium ferme iUa iempestate puHcherrimam
genommen habe, und mit einer kleinen einschränkung ebd. c. 29,
wo der Sprecher der syrakusischen gesandten sagt: gloriam captae
nohilissimae pulcJierrimaeque urhis Qraecarum di tibi dederunt,
Marcelle, —
Die allgemein indogermanische Verehrung eines götterpaares,
das den Dioskuren glich, gottheiten welche Timaios (fr. 6) bei den
Kelten wiederzufinden glaubte, beweist Tac. Germ, 43 apud Näha^
narvalos antiquae religionis lucus ostenditur. praesidet sacerdos mii-
liehri ornatu; sed deos interpretatione Bomana Casiorem PoUucemgue
memorant: ea vis numiniy nomen Älcis. nüUa simülacra^ nuiUum
peregrinae superstitionis vestigium; ut fratres tarnen, ui iuvenes vene-
raniur, —
Ob Polybios von Kallisthenes fr. 143 gesagt hat, dasz er den
Alexander dTToGeouv dßouXriGTi oder ouk ^ßouXriOr), war lange
streitig, gegenwärtig wird man wohl darin übereinstimmen, dasz
OUK zu streichen ist. der gedanke ist offenbar der: Kallisthenes hat
allerdings den Alexander zum gotte gemacht, aber Timaios hat den
Timoleon noch über die götter gestellt (^KCTvoc fitv oGv diroGeouv
'AXe'Eavbpov dßouXriGTi, Ti)Liaioc bk jiieiCu) iroiei TiMoX^ovTa täv
eTTicpavecTdTUüv Gediv). das schwanken der lesart hat seinen grand
Jihrbüchcr für class. philol. 1S88 hfl. 1«. 64
820 ilKothe: zu deu fragmetiten dee hietoriken Timaiot.
darin, dasz Kallibtheneü bekanntlich auf bfffefal Alexanden getötet
worden Hein soll, weil er diesem die proskjnesis verweigerte, aber
von einer apotbeose auf dem papier bis zur sklavischen adoration in
der Wirklichkeit ist ein weiter weg, und es läszt sich sehr wohl den-
ken, duHZ ein Schriftsteller, der, hingerissen von der g^rOsze einer
perhönlicbkeit, sich in rhetorischen überschw&nglichkeiten ergeht,
gL';;en die wörtliche auffassung seiner hyperbeln protest einlegen
würde.
Aus Strabon entnommen ist fr. 65, den kitbaröden Eunomoe
betreffend, welcher in einem pythischen agon, als ihm eine saite risz,
nur da<lurcL siegte , dasz eine cicade herbeifiog und durch Ihr zirpen
die fehlende »aite ersetzte, dort erscheint als verdorben qniCl bt
Ti^aioc TTuGioic ttot€ dTwviCoiii^vouc toötöv T€ kqI 'Apfcnuva
'Phtwov ^picai TTCpi ToO KXrjpou. das loos spielte bei den agonen
nur insofern eine rolle, als dadurch die reihenfolge der kämpfer fest-
gestellt wurde, mag man nun auch KXf)poc im übertragenen sinne
aufftiHsen, die grundbedeutung wird nicht zu beseitigen sein, ond es
steht fest , dabz bei der orwerbung eines xXf^poc die thätigkeit des
einzelnen aufgeschlossen und der Verteilungsmodus ein ein fQr alle-
tnul und flUr alle ^leichmäszig feststehender ist. ttbrigens war der
pythische agon schon von der zweiten festfeier an ein CTCCpOtViTIlc,
nicht ein äpTupinic oder xpilM^^'^^Mc- ^^ scheint daher, dasz für
KXrjpou zu schreiben ist KXdbou. dies wfire der palmzweig, welcher
unmittelbar nach dem wettkampfe dem sieger als Siegeszeichen ge-
geben wurde, wUhrend die feierliche bekrftnznng mit dem lorber-
kränze erst am schlusz der fest^pielc vorgenommen wurde (Livins
X 47 palmaeque tum primum translato c Oraeda mott vidarilms
datae. Paus. VIII 48, 2 k bl Tf)v beEidv icri kqI navTaxoG Tip
vikOüvti ^TiO^jLievoc q>oiviE). KXdboc ist ein poetisches oder eigent-
lich hicratiHchcä wort, welches aber auch bei spBtem prosaikem
vorkommt, vgl. Tim. fr. 17 (Antig. Karyst. 168) iroXXdiv xXäbuiV
Kai cpuXXuiV.
Dil', .sache selbst erklärt AWAmbros (gtschichte der musik
I s. 440) folgendermaHzen. es gab einen musikalischen kunstaus-
druck TtpeTicjiöc ('grillengozirpe'). *ein auf der lyra nach art eines
treinolo hchnell wieilerholter ton mochte wohl mit dem «schellen-
geliUitü" der cicaden , wie es Goethe in der ital. reise treffend be*
zeichnet, ühnlichkeit hüben, und so erklttrt sich jener technische ans-
ilruck der niubikor von selbst . . . vielleicht siegte Eunomos in den
Pythien durch erfindung und anwendung des teretismos, und die
ie ich tbe wegliche phantasie der Oricchen machte aus dem anspielen-
den bildwerke die wundersugo, su gut wie aus dem delphin der
Arionstatuo am Vorgebirge Tainaron.' es heiszt nemlich bei Strabon
s. 2G0: ^beiKVUTO b' &vbpidc iv AoKpoTc €uvöfiou toü KiOopipboC
T^TTixa tTTi Tf|v KiOdpav Ka9ri|i€vov fxwv. —
Das/ Timaios in seine epideiktibchcn reden dicbterstellen ein-
flocht, geht aus fr. 97 hervor, aber auch die gedanken selbst entlehnt
HKothe: zu den fragtüeoten den bUMrikere TimaioB.
er bisweilen, wenn auch vielleicht nur ah unbewuste reminiscetiz,
auB dichtern. so tritt uns in der rede, welche Timaio:? Jeu Timoleou
fr. 134 vor dem entscheidenden kämpfe halten iBszt, in ziemlich buT-
fallebcler weise zunUcbet der gedanke entgegen, daaz die erde auti
drei teilen heEtobe; darnn scblieezt sich im wider.^pracb mit fr. 24,
wo Libyen als eine sandwUete erscheint, die bemerkung, dasz Libyen
sehr fruchtbar sei. beides ündet sich vereint bei Pindaroü, welcher
Pyth. 9, 6—8 TOn Kyrene sagt:
TÖ6i viv TToXuniiXou
Koi TToXuKapTTOTdTac ÖtiKe becTToivav xöo^ic
{lilav üiteipou ipiTOV eOiipöTov 9d\Xoiciv oiKeiv.
Die Schrecknisse dea kriegea werden in der rede, welche bei
Timaios der syrakosische feldherr und Staatsmann Hermokrates auf
dem friedenacon greise zu Gela hält, geschildert, und es wird unter
anderm der umsiund hervorgehoben, dasz im kriege trompetenstSsze
den friedlichen bürger aus dem schlafe schrecken, derselbe ge danke
ist ausgesprochen in dem schönen hymnos des Bakcbjlides auf dea
frieden (fr. 13 Bgk.):
Xa^Kcäv b' oOk IcTi ca^TrifTLuv ktuitoc'
oObe cuXäiai tieXitppmv üttvoc dnö ßXecpäpiuv,
(inöv Sc edXicEi Keap.
Bakcbylides gehörte nebst seinem obeim Simonides zu dem Musen-
hofe des HieroD. —
In fr. 13S wird ein gewisser Nikodemos genannt, an den die
Tauromenier gesandte schicken, dieses fragment, eins der wenigen,
in denen uns die eignen werte des Tiinaioa aufbewahrt sind, ist
leider so kurz und nichtssagend, dasz die einordnung desselben in
den geschieh '.lieben Zusammenhang mit groszen Schwierigkeiten zu
kämpfen hat. seit Schweighäuser bSlt man den hier erwähnten
Nikodemos fUr den tyrannen der Eentoripiner , welchen Timoleon
stttrzte (Diod. XVI 82). dann luüste die begebenheit in die jähre
358 — 339 vor Ch. fallen: denn 358 wurde Tauromenion, welches
eine zeit lang von Sikelern besetzt gewesen war, von vertriebenen
Naziern unter der anfQhrung des Ändrorauchos, des vateis des
Timaios, zum zweiten male angelegt; 339 vertrieb Timoleon den
Nikodemos, dagegen sprechen aber mancherlei gründe teils histo-
rischer teils cul tu rhis torischer natur. entweder nemlieb mUsten die
Tauromenier vorübergehend in ein frenndschaftliobes Verhältnis zn
dem tyrannen Nikodemos getreten oder es mUsten in der jungen ge-
meinde zerwUrfnisPO eingetreten sein, welche einen teil der bürger
zur auswanderung ' und zum anscfaiusz au einen auswärtigen fQreten
zwangen, beides widerspricht der Charakteristik, welche Plutarehos
von AndromachoB gibt, den wir noch bei der landung des Timoleon
V «KCl CtKcXüiv ilfSaKf,
a ereigaia
828 HEothe: zu den fragmenten des historikers Timaios.
im Vollbesitz einer beinahe königlichen gewalt antreffen, von ihi
heiszt es Plut. Timol. 10: oijTOC fjv naifip Tijiaiou ToO icTOpiKO
Kai TToXu KpdiicTOc tOüv TÖxe buvacieuövTuiv iv CiKeXiqi T^vöpcvo
TUiV T€ daUTOU TTOXlTUJV f)T€TTO VO|ii|iUIC KQl blKOlUIC KOI TipÖC TOi
Tupdvvouc qpavepoc fjv dei biaK€i|i6voc direxOtLic xal dXXoTpiui<
wollte man nun auch annehmen, dasz diese Charakteristik nur ai
die letzte zeit unmittelbar vor der ankauft des Timoleon passe, s
bleibt es doch in sich unwahrscheinlich, dasz eine gemeinde, für di
erst durch den stürz des Jüngern Dionysios räum geschaffen werde
war, mit andern tyrannen freundschaft geschlossen habe oder, nacl
dem sie eben erst durch fast fünfzig jähre, seit der Zerstörung vo
Naxos durch Dionysios den filtern (403 vor Ch.), die bitterkalt de
Verbannung gekostet ^ noch um ihre existenz ringend schon wiedc
in innern zwistigkeitcn auseinandergefallen sei.
Jener Nikodemos nun beschenkt die gesandten , und unier de:
geschenken wird ein Therikleischer becher besonders hervorgehoben
ein beweis dasz dies damals etwas nicht alltägliches war. Tberikle
war ein künstler in thon und holz, welcher diese art becher entwede
erfand oder in modo brachte, ein Zeitgenosse des dicfaters Aristo
phanes (Athen. XI s. 470 KaTacK6udcai bi X^T^iai Tf|V KuXiKa tqO
TTiv 6iipiKXf)c ö KopivGioc K€pa|ieuc, dq>* oö Kai Tofivofia ^x^
TCTOVuic ToTc xP<5voic Kaid töv KW/iiKÖv 'ApiCToq)dvn)« mit de
zeit vergasz man den mann und glaubte dasz die becher wegen de
darauf abgebildeten tiergestalten so hieszeu. aber BnpixXctOC g%
hört augenscheinlich als adjectiv zu 6r]piKXf^c wie Coq)ÖKX€iOC, TTcpi
KXeioc, 'HpdKXeioc zu den betreffenden eigennamen^ und bei dei
Zeitgenossen des Aristophanes erscheint Therikles noch als concret
persönlichkeit, so bei dem komikcr Theopompos:
Xtupei cu t^eöpo, 6iipikX€0uc ttictöv t^kvov,
TevvaTov elboc, övojid coi ti 9iü)Li€9a;
ebenso büi Eulnilo«;:
bi^viipa b' oubtv CKeöoc oub€Tru)7roT€'
KaOapiüTepov rdp töv K^painov eipToZö^nv
f\ ÖripiKXfjc T&c KiiXiKttc , fiviK* fjv vfoc.
natürlich wurden dioäe becher sehr bald von andern nacbgeahm
und sie wurden so gewöhnlich, dasz Theophrastos , ein xeitgenosa
des Timaios, sagen konnte (biiiTOU|ievoc Trepi Tf)c TCpjüiIvOou) : TOf]
V€u€c6ai bk iE auTnc kqi kuXikoc OnpiKXeiouc, uictc firib^va bto
TvOüvai Tipöc Tdc K€pa|i€ac.
Wenn man al^^n auf einen Therikleischen becher solchen wei
legt, so hat dies für die mitte des vierten Jh., fünfzig Jahre nach ei
findung dieser becherform, kaum noch sinn, um so mehr aber mO^I
es, die richtigkeit der lesart vorausgesetzt, auffallen, wenn Nik<
demos nur einen solchen becher geschenkt haben sollte, man pflegt
nemlich becher paarweise zu besitzen , und zwar, wie man glaubi
entweder di>r Symmetrie halber oder zu wasser und wein, wenn c
sich bei einer geringen zahl von gasten nicht lohnte einen miflchkru,
ETümpel: Aciiiüuua uad die lesbiache Hierupolig. 829
aufzastellen. die letztere deutung ht die Ublicbe für Horatiuä sai.
I 6, 117, wo Hör. fQr sich allein zwei becher brlDgen tSszt. so er-
Bcheiuen becherpaare bei Cic. in Verrem II 47 scyphorum pari»» com-
pluria und ebd. IV 32 bmos (sci/phos) hahebam ; iubeo promi tdrosque.
eia becberpaar läszt Vergiliua den Damoetas seinerseits als ksnipf-
preis aussetzen {ed. 3, 44). beide becher waren selbstverständlich
ganz gleich gearbeitet, was durch die stelle des Vergilius bestätigt
wird, indem er die becher einheitlich boschreibt;
et nobis idem Alcimedon duo pocula fecil,
el moUi circum est ansas amplexus acantho,
Orpheaque in mcdio posuü sävasque sequentes.
diese stellen beziehen sich zwar auf eine spätere zeit, aber die drei
zuletzt angeführten doch auf sicilisch griechische Verhältnisse, da
nun jener Nikodemos offenbar ein hochgestellter mann ist, wtlrde
nicht gut eine besondere koatbarkeit des bechera (ein umstand der
nicht ins gewicht fiel, wenn ea sich um ein gastgeschenk fUr gesandte
handelte), sondern besser die Seltenheit desselben als grund daftlr an-
zunehmen sein, dasz er nur £inen becher schenkt, dies fuhrt aber
auf eine frühere zeit, als sie auf den tyrannen von Kentoripa passt.
Breslau, Hermann Kothe.
109.
ACHILLEÖS UND DIE LESBISCHE HIERAPOLIS.
In der -ortskunde von Lesboa liegt trotz der neuern bereiaungen
durch Boutan und Conze noch manches im argen, und wie aehr da-
durch die künde von dem Homerischen Sagenkreis in mittel den 8 chaft
gezogen wird, ntag an einem beispiel klar gemacht werden: der stadt
Hiera.
Conze schreibt (reise auf der insel Lesbos, 18G.5, s. 53) : 'allea
was uns von der alten Hiera geblieben ist sind die werte des Pliniua
V § 139 et Agamede obiit et Hiera, und der ruinenplatz im gau Jera
am golf von Jera ' er ist wie seine vorgSnger von Plohns Leabia-
corum liber (L^26) abhängig (Conze ». VI), dessen matcrial nicht
überall vollständig ist. so ist zunächst als ergänzendes zeugnia
nachzutragen das des Stephanos von Byzanz udw. 'Ipd - . fcTi «ai
noXiC Aicßou. diese form bietet vielleicht den Übergang zum mo-
dernen Jera , ist aber weder von Meineke zdst. noch von einem an-
dern mit der 'Upä des Flinius in beziehung gesetzt, noch weniger
Verständnis hat eine andere stelle gefunden, die in ihrer art einzig
ist, da sie Ober die sonst unbekannten Schicksale der atadt eine sagen-
Uberlieferung bietet.
In dem SeptimianischeD excerpt aus dem griechischen Diktys
liest man in den neusten kritischen ausgaben (von Dederich 1833
83Ü KTümpel: Achilleub uud die lesbiscbe Hierapolis.
und Meister 1872) II 16: Achilles . . sumptis cdiqtioi navibus
Leshum aggredUur ac sine uüa difficuUate eam capit et Pharhania
loci (so) eins regem . . interficit atque inde Diomedeam fiHam regia • •
dbducU. dein Scyrum et Hierapolin urhes refertas divitiis cunctii
. . excindU. Dedericbs apparat beruft sich auf Mercier und ADacier
sowie Fuchs (quaest. s. 106). die Dacier gab zum text der Amster-
damer ausgäbe (1702) des Perizonius (s 65): 'Phyrum ei Hiera-
|>o^im] rescribendum/S'c^rttin. Scyruä insula e regione Euboeae. quam
tamen hie non intellegit Dictys, sed Phr jgiae oppidum, in oXicSpov
voeat Homerusll. I 668 CKupov £Xujv alireiav, "Evufioc TrroXicGpov.
. . Hierapolim »> urbem Phrygiae, de qua Vitruvius VII 3, Strabo XIII
in fine (p. 629^ sq.).' Mercier (1618) zu Phyrum (ed. Amstelaed.
anhang s. 10) urteilte ganz ebenso, und erst Obrecht (1691, ebd.
s. 50) zu Phyrum schlägt auf grund einer collation des Argentineiiais
{Phryram) und Mediol. {Pyrram) die lesung Pyrrham vor mit der
begründung: 'quo nomine inter Losbi urbes una [pB.-] Scylaci
memoratur et inter insulas (!) Troadi praetentas Plinio V 31.' letz-
teres ist ein misverst&ndnis der Plinianischen stelle, welche auf der
Leshus novem urbihus induta aufzählt: Alt- und Neapyrrha,
Antissa, Methymna, Eresos, Mytilene, Arisbe, Agamede ond Hiera,
also als Stadt, auch Vin ding (ebd. s. 76)8agtgutzuPAyram]: Megen-
dum Pyrrham* mit berufung auf Strabon ac. Dederich und Meister
bieten dagegen einen rUckschritt. ersterer verzeichnet zwar sorgflUtig,
dasz der als richtschnur zu bezeichnende Sangallensis saec. XI (s. ib.
Meisters praef. s. XII) und die ed. pr. phyrram^ der nftcbstbeste cod.
Bernensis und Sangall. oppidanus phyram^ Argent. Phryram^ die
ed. Mediol. Pyrram und diejenige Cratanders Pyrrham bieten, steht
aber im bann der eriunerung an die Homerische Skyroe und die
Strabonische Hierapolis; beide in Phrygien gelegen, und macht gegen
die lesung PyrrJiam gar den einwand : 'at Pyrrha Leabi urbs est',
als ob nicht bei Diktys gerade von L es hos' eroberang durch Achil-
leus die rede wäre, sein TTpuiTOV ipcCboc ist das misverstSndniii des
dein] *i. e. postquam (Achilles) fjXOe KOjLiicac Ta Ik A^cßou irdvra
eic TÖv CTpaTÖv tiIiv '€XXrjvuiv» (nemlich vor Troja): werte des
Malalas (IV s. 125^<^), die er in falsche beziehung setzt Malalas,
der mit GKedrenos (s. 126^) zum Verständnis des verlorenen Diktys
bonät gute dienste leistet, bat nemlich hier leider die erwSbnnng von
Pyrrha und Hierapolis sich gespart, Kedrenos, hier sehr kurz, eben-
falls, aber gleichwohl war der zu>aiiimeuhangbei Malalas nicht mis-
zuverdtchen: o be 'AxiXXeuc . . ^TT€pX€Tai t^ Aecßqi iröXci (so)
Kai Tq x^P? a^Tfjc Tf) ßaciXeuoM^vr] öttö OöpßavTOc . . irapaXaßufV
bi if|v x^pctv Kai Tf)v nöXiv ö 'AxiXXcuc töv <l>öpßavTa qK>vcuci
Kai Xofißävei rrdvTa Td Tfjc ßaciXciac auroO xal Tf|v duror^pa
auToO Aio^rjbav 5t€i. aUo Lesboa ist als stadt gedacht wie bei
Septimius ao. , welcher fortführt: ceterum qua pergehai (von der
Stadt Lrsbus aus, ul^o am natürlichsten in deren lesbischen
ge>)ung) agri reffrti iugi pace depraedati omnibusque vexaU
KTümpel : Achillens und die leBbisohe Hierapolis,
831
quicquam , gtiod amicum Traianis viderekur^ non evirmtm mU «Mta-
tum relinqui (also etwa lesbische Staaten, wie Metbymna*, Arieba*«
Bresa' ua. yon einer rttckkehr an das troisofa-phlnfgiaeh^ frätland ist
noch keine rede), dann heisztes: gui$ (X)gmüi8 finiti$tti popM %iUro
ad eum cum pace accmrere ac ne vastaretüur agri^ dimidio fiwimsm
pacti dant fidem pacis atque ab eo acc^pkmij und erst dann: Ms adtis
Achilles ad exercitum regreditur magnam vim gihriae aifue
praedae adportans. statt alles dessen hat Malalas bloez eine genaue
Charakteristik der Diomede und die werte f^XOc KOfliCttC td ix
A^cßou TrdvTa €ic töv crparöv tiSv 'EXXifjvuiv, welche den letzt*»
genannten ad exercitum regredOur genau entsprechen, keineewegs
aber, wie Dederich will, den frühem dein Pfftrham ef iSierap(Mm . .
excindit usw. im folgenden schwindet zum teil die flbereinsymmung:
Malalas:
Kai XoiTTÖv öpii^jcac irdXiv
££f)X6€v ird töv EöScivov
trövTOv Kai dcpaviZei Tf|v x^-
pav irpaibeOujv Ka\ irapaXaju-
ßdV€l Tf|V AupvT]cöv.
Septimius :
eodem tempore rex Scytha-
rum cognito adventu nostrorum
cum muUis danis adventahat.
ceterum Ächiües haud contentus
eorum quae gesserat Cüicas aggre-
ditur ihique Lyrnesum paucia
diehus pugnando cepit.
wollte man diesen besuch des Skythenkönigs und Achilleus* zug an
den Pontes Euxeinos yereinigen, so mflste man annehmen, dasz ad-
ventus die ankunft nicht sowohl in Troat) als vielmehr in der nShe
des Skythenkönigs, am eingang des Pontes etwa, bezeichne: ein be-
denkliches mittel, weit wahrscheinlicher ist, dasz Malalas, gleich den
neueren wirklich an phrygische stftdte Hierapolis und Pyrrha(!)
denkend, den beutezug dahin erst nach der rückkehr des Achilleus
auf das troisohe festland einreihte, so wie so aber darf seinem
excerpt bei der groszen dürftigkeit desselben kein entscheidender
einflusz auf die erklärung des lateinischen textes eingurttumt werden.
diesem selbst aber schulden wir dank, dasz er unsere kenntnie der
lesbischen Achilleussage bereichert um die eroberung Pyrrhas und
Hieras.
Wie steht es aber um die fides des mythos? ein umstand musz
hier gegen die altertümlichkeit yon Diktys' erzfthlung mistranisch
machen: nemlich dasz er Lesbos als eine s t ad t behandelt, ernst-
liche zwei fei sind freilich gegen eine stadt Lesbos bis jetzt nicht er-
hoben, auch Plehn sagt yon Issa und Lesbos: 'urbes iÜae antiquissi-
mis temporibus ab Aeolum colonis in Lesbo constitutae moxque
obiisse videntur' (ao. s. 43). der eifrigste yerbreiter dieser lehre
von der ^stadt Lesbos' war Eustathios (zu I 129 s. 741, 14; zu f 170
s. 1462, 26 ; zu Dionys. Per. 636 — Müller OGM. II 363, 10 ff.), vgL
1 Parthenios erot. 21 (MeirMlrA anal- Alex. ■.
IV 469, 9. * Yerg. Aen. IX i
Apicßn- ' vWiTamowita *<
). CMaUer FHG.
. ygl. Stoph. Bys.
u
■•
832 KTümpel: AchilleiiB und die leubische Hicrapolie.
Hesycbios A^cßoc * vncoc xai nöXic. der gewährsmann , anf den
sich Eustathios beruft, ist ö Y€U)TP<i<poc dh. Strabon (XIII 8. 686), das
beweismittel die Strabonische lesart zu Q 544 ÖCCOV Aecßoc fivui,
MotKapoc TTÖXic, £vTÖc iißfex^ WO unsere sonstige (Aristarchische)
Überlieferung Sboc bietet, diese vulgata gibt an einer vierten stelle
(zu Q 544 s. 1362, 5) Eustathios selbst ganz unbefangen und commen-
tiert sie sogar, als hätte er nie eine andere gekannt und genannt.
am ärgerlichsten aber ist es, dasz er seinen berater Strabon ganz
leichtsinnig benutzt hat. er merkt nemlich gar nicht , dasz der geo-
graph in seinem dreizehnten buch nur kurz auf einen gegenständ
zurückkommt, den er an einer frühern stelle — von Eastathios frei-
lich nicht bemerkt — giilndlicher behandelt hatte: VIII s. 366 nvic
bk , . cpaciv . . Cincixopov . . KaXeiv ttöXiv t]?|v x^pav TTicav
XeTOjLi^vnv , d)C 6 TTOiriific ifiv A^cßov «MdKapoc tröXtv».
die grammatische quelle \ aus welcher Strabon diese lesart iröXlc
entnahm , Überliefertc sie also zugleich mit der erklSrung iröXlc >«
XUJpa und mit den analogien aus Euripides (Eößüia iröXic) und
Sophokles (MucOüV TTÖXic = Mucia). wenn also Eustathios die
TTÖXic Aecßoc als eine Stadt versteht, so thut er es ganz auf eigne
rechnung und gefahr.
Aber die lesart selbst ist nicht unverdächtig, zunächst macht
der umstand bedenklich, dasz wenig später (bei der zweiten band des
papyrus aus der Ptolemäerzeit , bei Plutarchos de exilio c. 10; vgl.
Dion Chrysost. or. XXIII, Suidas I s. 45G, 12 und den Lipsiensis) die
Variante MaKcStpujv ^boc auftritt, welche offenbar der fehlenden
positionslänge in MotKapoc ^'boc aus dem wege gehen will; gleiche
tendenz und somit gelehrter Ursprung ist für die lesart MdKOpoc
TTÖXic nicht ohne weiteres abzuweisen, für MdKOpoc Iboc föllt
sogar positiv die erste band des papyrus und der delische ApoUon-
hymnos ins gewicht, der v. 37 dieselbe formel bietet Niese und
Peppmüller (comm. zdst. s. 360 f. vgl. 200 f.) trafen von verschie-
dener Seite in der Vermutung zusammen , dasz der hjmnos älter als
Q ist, ja dasz die formel einem alten metrischen katalog der ägäischen
inseln und städte entstammt (Niese), gegen dessen alterturo die Zeug-
nisse fUr eine MdKapoc ttöXic nicht aufkommen kOnnen. ziehen wir
hieraus eine folgerun<r i'Ur den mythos von Hieras und Pyrrhas
iroberung durch Achilleus , so müs.sen wir für diesen eine gleich
späte entsteh ung für möglich, ja für wahrscheinlich halten, so lange
nicht gegenteilige Zeugnisse eines bessern belehren.
-* nacli Ni(>8i- rlielii. iiiuo. XXXII 8. '2S'2 u. *J97 Apollodoros, nach
Gacdti 'Dumctiii Sccpsii tjiiuu HUperduiit^ ^(iroifswald 1880) vielrtehr der
Skepsior.
Neustgttin. Karl TOmpel.
WSoitau; zu den römiecben tageu.
110.
zu DEN EÖMISCHEN TAGEN.
Bereits fiüber beschäftigte sich einer meiner aufsätze ii
Zeitschrift mit den römiacbon tagen. Jahrg. 1886 s. 279 f. ist der
nachweis erbracht worden, dasi die Idiin, weiche in den Äugnstischen
kalendarien meist die note JV, vereinzelt iV tragen, vor Caoäar zu
den die^ fasli gehört haben (vgl. m. proleg, zu e. röm, chron. XI).
Hier sollen noch einige weitere controverso punkte über die
qualitlit der läge des römischen kalenders vor C.iesar
ins reine gebracht werden, damit vor allem Über die wichtige frage
nach zahl und Verteilung der dies fasli in den verschiedenen epochen
der römischen geschichte jede Unsicherheit beseitigt werde,
1. Die verschiedenen bezeichnungea der dies nefasti
Ea ist nicht selten bemerkt worden', dasz die alten antiquare,
ein Varro wie Ovidiua, ein Festns wie Macrobius den fllr die welt-
lichen angelogenh eilen reservierten dies profesti (das sind die dies
fasli und comitiales) nur eine gattnng von tagen gegenüberstellen',
welcbe ^ie in der regel als dies nefasti, manchmal als dies fesli be-
zeichnen, dem entsprechend kennen auch manche kalendarien für
diese letztere classe nur äin zeichen, sei es dasz sie wie das kal. Pin-
cianum, das Romanum pictum und das Vennsinum durchweg das
zeichen N gebrauchten, sei ea dasz sie bei den durch den fest-
lagsnamen ohnehin kenntlichen tagen das zeichen ganz weglieszen,
so das Sahinum und Tusculanum (näheres bei Mommsen CIL. I
s. 300. :^02).
Wenn aus diesem thatbestande der sehlnsz gezogen worden ist,
dasz das besondere zeichen für die mit eignen namen bezeichneten
festläge A'' cder N^ {letzteres im kal. Pighianum) erst spät auf-
gekommen sei, so iat dieses in der that wahrscheinlich, notwen-
dig aber ist selbst dieser schlusz nicht, denn was hinderte einen
Varro und andere antiquare den gemeinaaniengattangsnamen nefaslus
zu gebrauchen, und wozn brauchten sie daneben die Unterabteilungen
des einen begriffes nefaslus hervorzuheben? jedenfalls darf aber die
vielleicht richtige Vermutung, dasz die graphische Unterschei-
dung erst aus Äugiistischer zeit stamme, nicht zur verkennung der
tbatsacbe verleiten, dasz der sachliche gegensatz zwischen den
I mitn vgl. Tnrro de l. tat. VI 29. 30. 63; Ovidiua fa>l. I 47 lUe
nefaslus erit, per gueia tria »erba tilentur; fast! Praen. znm -2 januarj
Sueloniua bei Prise. VUI 4, 20; Festuii b. 160; Macrobtua SaC. t 16, 3
/i>!i diu dinoti sunt, proffili Aontinibuii ob adminiitrandom rem prlnalam pnAU-
ramqne concessi. vgl, Hnsobke 'das alte röm. Jahr' s. 209. * Huazerrlpni
bilden die Imlbtaee, die dies inlerchi, eine ^riippu für aiclij ihre cxisteoB
ist aber wieiler nnr ein hele^ für die haliiitregelj vgl. Macrobiua iiu.
834 WSoltaa: zu den römischen tagen.
mit N und mit IP bezeichneten tagen schon bedeutend ttlier, ja
uralt sei.
Vor allem ist zu beachten , dasz der begriff von feriae puhlicae
und dies festi^ nicht zusammenfällt, sondern erstere nur eine Unter-
art der letztern bilden, dieses folgt Einmal aus der allgemeinen be-
deutung von dies festi gegenüber den feriae bei Macrobius Sat, I 16, 3
(festi dis dicati . . festis in sunt sacrificia epulae ludi feriae), sodann
daraus , dasz die zahlreichen busztago ohne bestimmte bezeichnungy
die ja zweifellos auch zum lege agere unpassend und den göttem vor-
behalten waren, keine feriae puhlicae waren. *
Gorade die mit bestimmten namen hervorgehobenen tage unter
den dies nefasti sind feriae puhlicae: vgl. Macrobins Sat I 16, 6
{feriarum puhlicarum) sunt stativae universi populi communes certis
et constitutis diehus ac mensihus et in fastis statis ohservatio-
nihus adnotatae^ in quibus praecipue servantur Agonälia Car-
mentalia Lupercalia. ' die hervorhebung dieses gegensatzes der feriae
puhlicae zu den übrigen dies festi bezwecken die beiden verschiedenen
noten. denn mit IP sind in den kalendarien bezeichnet: 1) die Idus\
welche vor Caesar dies fasti , hernach als feriae lavis feriae puhlicae
waren (jahrb. 1886 s. 279); 2) die von Caesar und Angustud hinzu-
gefügten gedenktage des Caesar und Augustus (CIL. I 8. 376) ;
3) (mit wenigen sogleich zu besprechenden ausnahmen) alle tage,
denen mit groszon buchstabou der nanie von feriae puhlicae bei-
geschrieben ist.^ vor Caesar gehörte demnach nur die dritte classe
von tagen zu den mit N^ bezeichneten tagen, und es folgt hieraus,
dasz der gegensatz zwischen den mit ^und den mit IP bezeichneten
tagen alt ist, indem er auf der trennung der feriae puhlicae und der
übrigen dies nefasti beruht.
Worin aber besteht der gegensatz zwischen den feriae puhlicae
und den übrigen dies nefasti*^ diese frage ist identisch mit der an-
dern: wie ist der begriff der feriae puhlicae zu definieren? der begriff
der feriae puhlicae wird zwar richtig so gedeutet, dasz er eine völlige
entbaltung von aller arbeit in sich fasse/ aber dieser begriff des
^ aus der etjmologie von feriae (= *fesiae) und festuMy welche beiiia
auf den p^lcichen stamm ziiriickgefUhrt werden müdsen, ist nichts be-
sonderes zu s('li1i('H/en. unzweifoDiaft gehen beide Riif einen nltlatci-
ni(>cben stnmm * fkh in der bcdcutuiifi^ von »timtug 'ireheiligt, (geweiht'
zurück« der gesichert ist durch unk. fiianü 'trni]>elbi-iirk' (Zwet^eff
'8}lIog(: in8cr. Oscaium* gloss. s. 149), unibr. fc»nn und ]ia!ignistch feen
\\\:\. Itiichclor UnibiicM n. lli f. und lex. IIa), s. IX^, ausserdem Panli
altitaliscbo Studien II s. ll.H). irri^ Ifus-crbkc» au. s. 233. ' dieser wohl
von keiner »eite bestrittene satz geht ua. aneli aus der aurzählnng der
arten von f'trine puhlicae bei Maorubiiis Sat. 1 Iß. 6 hervor. ^ diese
feste ^<ind als die ersten des jalires aud ilcr Gesamtheit herauaf^cgriffen.
'- mit ausnnhn e der in ilie buszzeit de» juni fallenden Idns luniao,
worüber unten anm. 120 noch weiter gehandelt werden wird. "^ die gani
anomalen Kai. Martiat», welche .\* waren, werden, wie die heilen erkien
katcgorien, erst von Caesar feriiert sein. ' Mnerobius I 16, 9 ad-
ßrvmhant nutem sacerdntcs pollui fvrius^ si iwlictiit conceptiMque opuM aU'
WSoltaii; m den römischen tagen. 835
völligen «nthaltens von aller öffentlichen und privaten thfttigkeit ist
weder logisch noch sprachlich als das nrsprUngiicbe und wesent-
lichste des begriffe feriae festzuhalten, Macrobius I 16, 30 erwHhnt,
dasz Gnmius Licinianua die nvndinae in älterer zeit für feriae er-
klärt und zur begründung hinzugefügt habe: nundinas loois ferias
esse, sig^uidem ftaminka omnibtis nunäinis in regia lovi aridem
sdeat im molare, femer hoiszt f&tiatus nicht der, welcher von der
arbeit feiert, sondern wer der gottheit ein Opfer schuldet: /tonitnica
qvMiens lonitrua audisset, feriata erat, doticc placasset deos (Macro-
bius I 16, 8). auch kann bei zahlreichen feriae privoiae {vti naia-
lium fulgurumque Sitsceptioncs, iiem funentm alque expialtonitm) das
wesentliche derselben unmöglich im feiern von der arbeit, sondern
vielmehr nur in dem darbringen eines dank- oder sllhnopfera be-
standen haben, diese und ahnliche stellen fuhren dahin, das wesent-
liche der feriae in einem opfer, der feriae pwbUeae in einem staat-
lichen Opfer zu sehen, welches von sacerdoles publici ^. B. unter
assistenz des populus dargebracht die kraft hatte, den ganzen tag zu
heiligen und dem profanen treiben 7.u entziehen, diese definition der
feriae publicae erweist sich vor allem aber auch dadurch als richtig,
dagz durch bie der gegensatz diener tage v.\i dpn sonstigen dies nefasti
aufgeklärt wird.
Bei keinem der mit .N^ bezeichneten tage ohne bei fU gang ist
von einem staatlichen Opfer die rede', meist schlieszen sie als
busz- und sübnetage eine staatliche opferfeier aus. ja sogar die
wenigen Staats fe.^te, welche in den kalendanen scheinbar anomal die
note N (nicht IP) tragen , scheinen gerade weil an ihnen ein ÖfTent-
liches Opfer nicht dargebracht worden ist, den ^'tagen zugewiesen
zu sein, es sind nemlich N (nicht 2P)
Regifugium 24 febriiar
Lemuria 9. II. 13 mai
Vestalio 9 juni
Matralia 11 juni. '"
Cbei* die Lemuria sind wir durch Ovidius fast. V 419 ff. (vgl.
auch Varro bei Nonius s. 135) untenichtet. in älterer zeit waren
an diesen festlagen die tempel geschiossen, und der hausvater brachte
nächtlicher weile in seinem hause den Manen ein bohnenopfer dar
(manes exite pafcrni), um die geister zu verscheuchen, ebensowenig
ist ein ataatliche^ opfer denkbar bei den tagen vom 9 — 13 Juni
qiiod fierel. noch schärfer geht die Irugweitc ilas Verbots auH den ads-
iinlimen hervor § lU l/mbro negal eam pollia, ^ui opia sei ad dea» perlineng
taerommve tauaa feciiaei vel atiguid ad urgentem vilae ulilitalem respiäfn»
iiclitaKtel. Senevola denique . . retpondit, quod proetermUaum nocerel.
> der Kueatz zom 8 juni Im Maff. Menli in Cepit wird ebeoioweuii;
als aTisnaiinie gelten können wie dsn Opfer Jtyoi lonanii in Capilolio an den
fasten Kai. Sept. (CIL. [ b. SU). >•• die Cerenlia 19 apr[], welche in
der regcl nuoh xu diesen ausnahmen gestellt werden, sind uhne Kweifel If.
ilire qiialitüt als fetiae publicae bezeugt Varro ao. das N bernht slleia
auf dem Maffeianum. das Caeretaiiuni (Eph. apigr. III b. 7J hat !P.
3r.'
830 WSoltau : zu den römischen tageu.
(Qartmann ^ordo iudiciorum' s. 41), vgl. Festus 8. 250 penus voca-
tur locuß Intimus . . qui certis diebus circa VestcUia aperitur. i dies
religiosi hahentur. von dies religiosi sive atri berichtet aber Oellioa
V 17 nullum his diehus sacrificium rede futurum, eine strenge Ob-
servanz schlosz daher mit gutem gründe auch diese gemeindefest-
tage, da ihnen eine wesentliche eigenschaft der /*eriaepu&Itcae fehlte,
von denselben aus. endlich bleibt allein noch das ^des Regifaginm
zu erklären, wer hier an ein fröhliches fest zu ehren der Vertreibung
der könige denken würde, der müste allerdings die antwort über
den Ursprung der note N schuldig bleiben , er würde aber auch die
tradition über das wesen dieses tages zu wenig berücksichtigt haben,
dies hat Mommsen CIL. I s. 387 genügend betont, allein die deu-
tung dieses tages ist wissenschaftlich haltbar , welche auf die flacht
des upfcrkönigs vom comitium rücksicht nimt. " in diesem falle ist
aber das wesentliche des tages gerade in der entfernung des opfer-
königs, in der fernhaltung desselben von staatlichen opfern zu
suchen und auch hiermit wieder die note N mindestens einiger-
maszen motiviert. '*
Bei dieser orkliirung der beiden Unterarten der dies nefasti lat
auch eine erklärung der beiden noten N und IP mOglich. den dies
ncfasti ohne namensbezcichnung fehlte das öffentliche sflhnopfer und
die feiertagsruhe von der arbeit, wie sie nur d^n nefasti, die zu-
gleich feriae publicae waren, zukam, diese letztern werden nun in
der regel i\P, im Pighianum durch IF bezeichnet, vereinzelt er-
scheint sogar FP (so bei den Vinalia rustica 19 august im kal. Maff.
Amit. und bei den Feraliu im Caeret. Eph. epigr. III s. 6). unter
berücksichtigung der thatsache, dasz die noten ursprünglich sub-
stantivische bedeutung hatten, wird die bezeichnung der note IP
wahrscheinlich als N(€fas) F(€riae) P{uhlicae) zu deuten sein. vgl.
Eph. epigr. I s. «'34 AP im Arvalkalender.
Bei dieser Interpretation findet endlich die stelle des Festus
s. 165 ihre erklärung, wo nach einer definition der dies nefasti die
note NEP geboten wird, mit der leider unvollständigen begrttndnng
{nota distincii eorum hild)riores sunt^ q{uoniam a malo omine) liberaii
sunt. Fcstuj bot neben dem ncfastus die erklSrung einer zweiten
note, welche aus drei buchstaben bebtand. diese drei buchstaben
können schwerlich andere als die eben genannten NFP sein, welche
zu N^ oder N^ zusammengezogen wurden.
>' IMut. quiiost. Koni. 63. v^l. mich Ov. /'<»/. V 727. Festus 8.259. Varro
(h l. Uit, VI 31. '* wer bei Vnrro ao. liest quod eo die rex »acrificioltiM
liiut (stutt dicat) ad vomitium^ nd tjuod temput est neftu^ ab eo foM, wird
wenigstens die (p^röszero) zweite hillfto dos Kepifiifrium dem verkehr
mit den göttorn entzogen haben, fius ctiarakteristiache dieses taf^ei
war doch die tliicIitHrtige ontforiiiing des opfcrktinips von der opfer-
handlung.
'jirolego-
DOch einige e
WSoltau: la t1cn cömiachen tÄgen.
2. Die dies fasti seit dem äecen
Zu dem von Moinmsen CIL. I s. 372 nnd in
mena zu einer römischen Chronologie' a. 161 gegebi
welches die dies fasli vor Caesar waren, sollen hiei
gftnzende bemerkungen gegeben werden.
Es hatte aicb dort ergeben {vgl. jiroleg. s. 159), da.si abge-
Buhen von den neu durch Caesar dem jähre hinzugefllgten lagen {die
er sämtlich" zu gericbtstagen machte) alle in den Aagustiscben
halendarien enthaltenen dies fasli bereits in republieanischer zeit
diese qualitilt boBaszen, einschlieszlicb des I mSrz (s. oben nnro. 7) und
des 1 2 (5 6) august und 2 September, welche Caesar iach-Äugualisehe
gedenktuge nach allgemeiner annähme vor Anguatus dies fasti ge-
wesen sind, dazu müssen noch gezählt werden die /d«», welche, wie
Jahrb. 1886 s. 279 erwiesen ist, vor Caesar dies fasti waren, auszer-
dem für die zeit seit der lex Hortensia die nxindinac.'^ auszer diesen
letzturn waren also regelniSszIge dies fasli:
Januarius Kai.
Fchraariu» -
Martiul
KnI
Aprili,
Kai.
Jumus
Quinclilit
Sexlili»
Seplember Kai.
0< lober
Novembei
Kn!
Deeembei
—
posir. Kai. ('S)
poilr. Kai. (2)
potlr. Kai. (S)
poitr. Kai. {3
poitr. Sal. (!)
poalr. Kai. (S)
poilr. Kai. Ci)
paelr. Kai. (2)
pualr. Sal. (2)
Non. (5)
yoH. (7)
Non. (7)
JVen. (5)
Nott. (6)
iVon. (7)
,JVön. (ö)
posIr. Hon. (6)
pomr. Non. (9)
poair. Non. [8)
pottr. iVo», [e)
poitr. Non. (fi)
poitr. Non. (8)
poilr. !fon. (6}
poilr. Non. (6)
Idui (13)
Wm (16)
Idui (16)
Idut 115)
Mw (13)
Jiiiii im
Idu» (16)
Idat (13)
/f/ui (13)
(in
poilr. Id'. (16)
poilr. Id. (Ifl)
poilr. Jd.(li)
poitr. Id. (1*)
poilr. Id. (14)
poilr. Id. (16)
postr. Id.hi)
pottr. Id. (U)
«)
Ks ergab sich daraus die allgemeine regel, d
den nutidinae die Kalendae Noiiae Wi*s sowie ihre naebtage [dies
posli-iduani) dies fasli waren, 'soweit sie nicht in die längern busz-
zeiten" des februar (1 — 15) und des april (4—20), in die kürzern
des juni {5 — 14) und juli (l — 9) fielen.'" eine ausnähme von dieser
" ergäazt durch abBchnitt V
acliPn fUronologie (Freiburg 1889]
in den liaUuilarien N' ist, musz, L
verlegte, fair geweBen »eiu. " ]
t.niln effecfm. ul faitae tuc«t. «li
vciiebat
ler im druck beSndlicben riimi-
" auch der 30 jantiar, welcher
Ängaslus ferioe putilicae BUf ihn
ibiUB Sal. I 16, 80 ted lege Hör-
ei, qu{ nunäinandi causa in urbem
■ ' ■ irrl beBlUligt durch Cift—
ad Att. iV 3, 4, SQwre dadareh daaz alle comilialdaten der durch ihre
iiiindinalliucbBtaben iiekatintc» jnbre 685 — TÜS nicht auf nundinae ge-
rullen Bind, näheres im abachnitl III meiaer röm. chron. B. 64 ff.
"' proleg. e. IGl war unrichtig hinzugefugt 'Kai. Decembrei'. dieser
tag isi zwiir hIb diei nefailut bckanut, doch die eutitehung des »efat
war bisher keineEwegs klargelegt. " die weitere durch die Über-
lieferung gebotene thateacbe, dasz die diei posirlduani wahr seh ein lieh
838 WSoltau : zu den römiBchen tagen.
regel bilden Käl. lun,^ Kai. Oäoh,^ Kai, Bec, nndpostridie Käl. 2>ee.,
welche mit dem 3 december eine kurze anT>male fristvon drei nefasten
tagen im december bilden, wie ist die entstebung derselben '* zu er-
klären ?
Da von der einfdbrung neuer busz- und carenztage im Caesariscb-
Augustiscben kalender nichts bekannt, eine solche abSnderung viel-
mehr im höchsten grade unwahrscheinlich ist, so ist anzanehmen,
dasz auch diese tage schon vor Caesar nefast waren, anderseits aber
könnten nur zwingende gründe uns bestimmen dieselben schon dem
dücemviralkalender zuzuschreiben, der damit dann das von ihm selbst
aufgestellte princip vernachlässigt haben müste. glücklicherweise
ist wenigstens bei einer dieser anomalien die herkunft darzuthan.
es ist nomlich mehr als wahrscheinlich, dasz die nefasten tage im
december den kalendarischen reformen der lex Acilia 191 vor Cb.
und der durch sie beeinflusztcn kalendcrpublication des M. Fulvias
Nobilior'' angehören.
Es ward proleg. s. 141 und jahrb. 1887 s. 423 ff. nachgewiesen,
dasz die Veränderung des kalenderneujahrs , die rückschiebung des-
selben von KaL Mari, auf Kai. lanuar. durch die lex Acilia von 191
vor Ch. herbeigeführt worden ist. bisher nun war es üblich gewesen
gegen schlusz des kalenderjahrs, dh. im februar, boszübongen und
lustrationen vorzunehmen, um die unterirdischen götterzu begütigen,
mit cinführung des Januarneujahrs muste das bedürfhis rege werden,
auch dem december einige busztage einzulegen, ja, es ist geradezu
überliefert, dasz der consul Decimus Brutus nicht mehr im februar,
sondern im december den unterirdischen geopfert habe (Matzat rOm.
chron. I s. 20 f.). — Damit dürfte nun allerdings wohl motiviert er-
scheinen, weshalb zur zeit der lex Acilia einige busztage im december
eingelegt worden sein sollten, nicht aber wie es kam, dasz gerade
zu an fang des monats zwei dies fasti^ nach einander zu nefasten
gemacht worden waren, und für die nefaste qualitftt der JToZ. luniae
und Kai. Odohrcs bzw. über eine spätere cinführung dieser busztage
ist kein licht verbreitet, eine wirkliche erklämng bietet sich hier
allein für den, welcher die hypothetische lösung, welche ich proleg.
s. 171 über das problem des römischen kalenders geboten habe,
billigt, darf angenommen werden, dasz die pontifices bis zor lex
Hortensia varr. 4G7 einen Schalttag benutzten, um die coUision von
fiundinae und dies fasii zu beseitigen , so wird nicht gezweifelt wer
erst eine zeit lang nach dein decemvirat r/i>« /inj/i frewonicn sind. Über-
f;cbe ich hier, näheres s. prolej;:. s. 161 und bei Hartmann 'ordo indi-
cioruni' 8. <>9.
*** die Überlieferung, welche nach Hartmann ao. in schwanken
schien, ist durch Mommsen CIL. I s. 370 sichergestellt. ** was
IlDRchkc no. 8. 228 üher die herkunft dorxelben fabplt, ist keiner er-
wäfrnnf; wert. *^ in der regel ist der li.'es posiriduanus y auch «renn
die KtUenilae yonae Idus nofast wurden, dem (Berichte reserviert |re-
blicben (mau vgl. 2 juni, 2 octuber, 2 märz neben den nefasten Kalenden
dieser monate usw.).
WSoltau : zu den römischen lageu. 839
den kSnnen, dasz sie dann periodisch mit den uundinalbucbBtaben
D B F gewp.chäe\t haben werden, war nun F nundinalbuclistab , so
fand eine collision Kai. Becemh. statt; war Z> bzw. B niindinalbuoh>
stabi dann Eal. lun. bzw. Kai. Od.
Allerdings konnte die collision dieser Ealendae mit nitnditiae
zugleich mit derjenigen der Nonae durch uinacbiebung eines Schalt-
tags beseitigt werden." doch wurde die Schaltung, falls sie anch
dieses zusammentreffen zu beseitigen suchte, complicierter" und war
ja leicht genug dadurch zu umgehen, dasz die pontißces zur zeit
einer freiem kalenderbandhabung jedes vierte jähr abwechselnd eine
dieser Kalenden für nefast erklllrten. wenn dieses aber richtig ist,
so mUste weiter angenommen werden, dasz diesen tagen bei der
vertSfFentlichung des festen Flavischen kalenders oder der fasten des
M. Fnlvius Nobilior ein Air allemal die bisher nur vorübergehende
qualität beigelegt worden wUre.
Jedenfalls leuchtet so viel ein dasz, wenn einmal die proleg.
s. 171 f. entwickelte kalenderhjpotbese das richtige getroffen hat,
die herkunft der drei als dies ncfasli anomalen Kalenden nur so
erklärt werden darf, dasz früher alle dies fasti von minditiac fern-
gehalten werden sollten.*"
3. Fictive dies fasti.
Es muBz jetzt die frage aufgeworfen werden, ob die hier ange-
führten drei doppeireihen der dies fasti:
Kalendae Nonae Idus
postr. Kai. poslr. Ifon. postr. Id.
die einzigen dies ^osfi waren, anszerihpen zilhlt nemlich Mommsen
(röm. chron. s, 2;-t9) noch 'eiehen anomale dies fasti' (die drei dies
fissi 24 Qiarz, 24 mai, 15juni, und daneben 21 februar, 23 april,
19 angust, 23 tiept.), welche seiner melnung nach schon dadurch
'mit dem in der römischen monatseinteiliing auffallender weise man-
gelnden vierten woc benäh schnitt' beziehung zeigen, 'dasz diese tage
sämtlich nach den Iden, meistens eine woche vor dem monatsscblusz
eintreten'.
Prüfen wir diese behauptung. offenbar sind von den sieben tagen
zunächst die drei sog. dies fissi gesondert zu betrachten, ja geradezu
auszusondern, dasz dieselben nicht ursprüngliche uralte dies fasti
waren, zeigt ihre Verwendung zu ganz andern und zwar zvi sacralen
zwecken, sie waren ja nicht an sich dem gerichtsverkehr eröffnet,
" nie riieBes mögllcb wiir, ist gezeigt wordcu proleg. b. 171 f.
" vielleit'ht uahm man aucti austosz daran, die coIliBioD der Kalendat
duruli iiilercalntiori zu Termeldeu, da die ponlificale BchaltregeJ, naht-
BuheinÜth auf die Ifx de i'nlercalando der zweiten lieeenivirn zurück-
gehend, die panlificeg nur ermäuhllgte die windinae von allen jVOBoe
und den primae Kaltndae fenmuhalten. " die früher von HuscUke
und ruir proleg-. a. ISt gemachten etkläracgsverBUalie werdeu damit aU
beseiligt galten dürfen.
A
840 W&oltau: zu deu römischen tagen.
sondern nur in so weit die gottesdienstlicbon acte*' beendigt waren,
obenein aber ist der Ursprung dieser ergänzungsgerichtslage klar.
offenbar sind dieselben eingelegt, um die wegen der buszzeiten im
april und juni ausfallenden dies fasti in etwas zu ersetzen, daraaa
ergibt sieb auch, weshalb diese tage in der zweiten hälfto des monats
eingelegt sind, für die nefasten Idus luniae trat als dies fcisius der
15e ein, der 24 märz und 24 mai musten aber, da die erste hftlfte
des april und des juni gröstenteils nefast war, schon deshalb in die
zweite hälfte der vorhergehenden monate verlegt werden.
Was ist aber weiter von Mommsens vier andern dies fasti in
der zweiten monatshälfte zu halten? können auch diese, die Vinalia
urbana 23 april, die Vinalia rustica 19 august, die Feralia 21 febmar
und der 23 September (Augustus geburtsiag) dem fas entzogen wer*
den? die drei ersten tage sind durch die beigeschriebenen ftriat
puhlicae in einen scharfen gegensatz zu den dies fasti gesetzt, will
man trotzdem festhalten , dasz in Wahrheit auch sie die beifttgnng
F verdienen, so kann dieses nur geschehen, indem man mit Hu&chko
den versuch macht auch diese tage zu den diesfissi zu zfihlen. dieser
versuch ist jedoch als gescheitert zu betrachten, gewichtige grOndo
sprechen dagegen, vor allem : feriae publicae werden selbst durch
eine Unterbrechung des nefas nicht zu dies fasti , verdienen wenig-
stens nicht die bezeichnung fas. auch ist doch noch der Standpunkt
unserer Überlieferung über diese vier tage zu beachten, bei keinem
dieser vier tage herscht in den kolendarien Übereinstimmung, es be-
stehen folgende Varianten:
21 februur ohne zusaiz Farn., F Maff. , FP Caeret. (vgl. Eph.
epigr. III s. 6)
23 april IP Maff., F Praen., FP Caeret.
19 august FP Maff. Amit., A'^ Vall., F Ant.
23 September IP Pigh. MaflF. Vall. , F Sabin. Pinc.
diese Widersprüche könnten allenfalls beim 23 September dabin ge-
deutet werden, dasz jener tag früher F, spfttor IP gewesen
wäre, denn das Pincianum und Sabinum gehören der ftUem zeit
vor Augustus kalendercorrectur (8 vor Ch.) an. beim IBangastda*
gegen würde, wenn dieser tag allein dasiände, kein mensch zweifeln
einen fehler des abschreibers oder Steinmetzen anzunehmen.*^ der
'* von einem abhalten von comitien am morf^cn eines tafcci, welcher
eben während dieser zeit sicher nvfast wnr (Varro de /. tat. VI 31 ad
ytiOfl temjms est nefas, ab eo fas)^ kann nicht die redo sein, damit fallen
aber dio hypothcsen Moninijtons über an jenen tagen abeehalteno comitia
curiatn. '^ Mommscn CIL. I s. 3G6 'nt reliqun Httcris maioribuH
scripta ita notns lias Kiipra vidimuK n«)n t'ai'ile h quadratariis praater-
niitti, niäi qnod post diei nomon notam diei omittunt TuicuUni Sa-
iKniquc contjtanter, Vallenfies saope . . MafTeiani nuvies, hiugulis loci»
d(>nt<iiio Farncsiani et Koinani picli. qnae oinissiones non sequnntur
c«*rtani Icf^i^m, admissac a quadratariis propter solas spatii angaatiaa
pliiriuni({uc littcranim maioruni eodem vcrdu incideinlarnm moleitiain;
nani itu süIiiiii ex])]icaliitiir. ctir dioi nota non omittatnr iiisi nominati,
notao v«*ro nmittantiir proniiscue omneri <ii< bns noniinati? convonirntea.*
WSolti
kalender von Äniium ist einer der spätesten und flUrbtigsieii , so
dasz er allmn gegen das Zeugnis dreier anderer nicbt das mindeste
faeweist. jn diu note FP ^= feriae puhlicae zeigt wobi am besten,
wie der zuf^al?. F im Anliat. entstunden sein könnte, desgleichen
wtlrde dnj F des Maff. zum 21 fobruar, wo das Farn, nuben dem
namen da festtages keine noto aufweist, wenig bedeuten, hei feriae
puUicae «'ird zuweilen die note JV* weggelassen, das fehlen der nota
zeigt, dasz das Fnm. die qualitSt .des gemeindefestirs anerkannte,
du J" des Maff. zum 21 februar braucht aber wahrlich nicht besser
zu sein als das N zum 30 Januar, zumal dieses kalendanum viele
flücbtigkeitBfebler aufweist." nur dasa teils bei den Vinalia iirbana
in den vortreffliehea pifinestini sehen Pasten F heigesch rieben iet,
teils der iimstond, dasz beide male die Vinalia zu derartigen Varianten
anlasz gaben, mahnt zur vorsieht.
Bemei-kenswert ist die form der Überlieferung VIN. F '""K
hier wie auch sonst mehrfach sind teile der note kleiner geschrie-
ben — offenbar wegen i'anmmangels. nun ist, wie Mommscn CIL.
I s. 366 gei^eigt hat, aus diesem gründe in mehreren kalendarien das
den festtag charakterisierende zeichen IP und zwar nur dieses sus-
gelaeaen. nehmen wir an, es sei auch an dieser stelle im original
des Steinmetzen ausgefallen, so wäre es erklärlich, dasz dieser dann
den ersten buchstabon der folgenden abkörzungen auf die tagesnote
bezog, nun finden wir im Praen, bei den /«riae j>«6Iicnc mehrfach
die zeichen angemerkt F. Q, E. D. oder F. P. Q. E. D. = feriae
imblitxie quod eo die . . .
Ähnlitbe:? seheint auch den bruchstUcken zufolge beim 23 april
gestanden zu haben, wdbrend sonst alle notizen hei feriae pubUcae
mit dem «orte ftriac beginnen, steht bior nach dem F lo . . .; im
original wird also F(eriae) Io[vi) gestanden haben und so zu dem
F{as) anlasz gegeben haben, auszer der annähme, dasz hei den
^'inalia urbana der Schreiber des Praen., \>ei den Vinalia rustica der
" mit recht hat Momoisen in Hpiner treffliclien abhuTi'IIang 'da
liiebus faBtia nefiiBtis inlercisia comilialibiie' CIL. I a. ÜGB ff. hervor-
gehoben, dasz die Varianten bii fünf Ingen niuht unlaas bieten dfirftea
vorBChnell aniunelimen, clasx in Augustiaoiier neit mtiwandlungen von
feriae pubUcae [TP) oder anderer tage in tage mit C F li Btaltgofnnden
haben, nug iliesein gründe verwirft Mammscn die angäbe des Maff.
]i zum T mal, welcher tag nach dem Venus, F hatte und naob dem
durchneg beoliachteleu princip, dasz die fi^tnae diet fault waren, mit F
Wzcidinct sein mn»1e, sowie das allein im Antiat. riberlief«rte fi de«
C, october (Muff. Ost. Amit. bieten C). nnd da erst der 15 jnni das
fas qaando stercui delalum verkündigte, ao kann auch das F iea TqbcuI.
zum U jiLiii (Venus, und Uaff. X) nur einem flbchligkeitafehler seinen
'ireprnug verdanlio». allenfnlla, waa eacblich auf daaeelbe hinauskommt,
von dem scbreilier deshalb eingesellst sein, weil die meisten i/fri p^fH-
iliianl sonst iUes fauli waren; dagegen wird eine besonnene kritik nicht
verkennen kännee, daaz der l'l nnd 15 aeptomher früher N waren, wenn
beide male das Aiit. C bietet, und Leim ISn auch das Vallense, so wird da-
mit wnhrachcinlich gemacht, dasz hier eine ip^tere Veränderung vorliegt,
iili dieselbe sachlich zu rechtfertigen sein dürfte, ist eini.' nnlere frage.
I
842 WSoltaa : zu den römischen tagen.
dos Ant. sich versehen habe, indem sie das F(eriae) auf die note des
tages bezogen , wird es aber wohl noch einer weitem erkl&rung be-
dürfen, weshalb gerade bei den Vinalia rustica so häufig eine Variante
neben dem doch selbstverständlichen zeichen IP anzutreffen ist.
Die Vinalia rustica waren der todestag des Angustns (Suet.
Aug. 100). im Amit. fanden sich hinter dem singulären zeichen
F P noch die buchstaben dies tristissi{inus) ^ und eine weitere be*
grQndung wird also nicht gefehlt haben, hat dieselbe die tristUta
mit dem tode des Augustus motiviert, so ist damit auch die beson-
dere notiz FP erklärt, die Vinalia verdienten schon für sich die
note IP\ als todestag des Augustus sollte der tag aber ebenfalls dis
fnanibus Augusti feriiert sein, das war in der that in besonderer
weise hervorzuheben , da es im römischen kalender sonst anerhört
war, dasz zwei feriae publicac an dem nemlicben tage gefeiert
wurden."
Es bleibt noch zu erklären, weshalb dem späteren feriaepuWeae
erhobenen geburtstage des Augustus im Pinc. und Sab. F beigefQgt
ist. etwas ganz sicheres läszt sich hier nicht aufstellen, die mQg-
lichkeit ist vorhanden, dasz dieser tag a. d, IX Kai, Oddbres früher
wirklich dies fastus war, wie die achten tage vor den Kai, Äpr, und
KaL lun, wegen der nefast gewordenen Kaienden, doch ist daneben
mit der möglichkeit zu rechnen, dasz sich hier fehler oder misver-
ständnisse in die kalendarien eingeschlichen haben könnten.
Abgesehen von diesem 6inen tage sollte aber jede controverse
über zahl und Verteilung der vorcaesarischen dies fasti ausgeschlossen
sein, bis auf Caesar waren abgesehen von den nundinae nur Ka-
lendae Nonae Idus sowie ihre nachtage dies fasd und zwar bis etwa
auf Flavius und die lex Acilia alle ohne ausnähme, soweit sie
nicht in die buszzeiten des februar april juni juli fielen; auch nach-
her woren nur vier jener tagesarten dem fas entzogen.
Damit ist denn die aufgäbe die dies fasii der decemviralseit zu
restituieren gelöst: denn kein einsichtiger wird leugnen, dasz die
dies postriduani eben so wie die nundifiac erst später als dies fasii
dem kalender eingelegt sind — letztere durch die lex Hortensia 287
vor Gh., erstere früher, zeitlich allerdings kann die zuletzt genannte
abänderung nur hypothetisch fixiert werden, diese veränderong wird
in die zeit der einfuhrung der prätur gehören (vgl. auch proleg.
8. 162 f.).
" diese erkläniiK^ hat zur vorauitsetzuDg, dasz das Maff., welches
den 19 nu^iist /' P, den 17 Heptcmber aber C nennt, erst anter Tiberiiu
abf^efiiszt ist; dem steht nichts im wege: vgl. meine rOm. chron. ab-
schnitt V cap. 1. mö;^lich ist auch, dasz die Vinalia rustica dem Jappiter
(auszcr der Venu») furiiert waren and das F P dann feriae pubUcae /ori
zu deuten int.
Zabern im Elsasz. Wilhelm Soltau.
MCGertz: adootatiunculiie ciiticne in Apocolocyntoain. 843
111.
ÄDNOTATroNCÜLAE CRITICAE IN LIBELLDM SATIBICUM
QUl KUNC VOLGO ra8CRIBITD"8 AP0C0L0CYNT08I8.
Usus aum praeter Fraacisci Bueeh«leri editionem maiorem, qaae
Lipsiae n. 1864 in symbola phüologorum Bonnensium in honorem
TEitschelii collecta prodiit, maxime eiu^iiem editione minore altera
(B'), quam Berolim apud Weidmannos a. 1871 cum editione Petronii
satiramm coniunctam emisit; tertiam non vidi.
Cap. 1 (B'p. 219, 3) videndum est, ne poat verba haec Ha vera
in cod. S recte non interpungotur, — ibd. v. 16 — 17 quod viderit
ferri non poase certum est ; sed naque tollonda sunt baec verba, quae
nemini ut interpretamenti loco adderet facile in menlcm venire
potuisse puto, cum nullo modo orationia intellectum adiuvarent aut
adiuvare videri possent, neque a Pascbasio Radberto, qui iu buo
codice scripturam codicis V quid viderit invenisse eamque de &ua
coniectura niutasse videtar, acriptura quicguid viderit aumenda, cum
e lege grammatica vidisset scribi debuerit. veram esse credo quod
viderut, quae seutentia relativa (iasta dativom iUi) obiecti loco
cum verbo quod est credidit iungend^ est. iocane scilicet seriptor,
ut antea v. 9 sq., boc illum bominem re vera vidisse ponit.
Cap. 2 (B* p. 219, 24) carpebat, quod pur se aptissimum est,
iteratione ofienai B. in rapiebat , Hanptiua in iurpdbat mutari volu-
eiunt, cum nuper Palmerus alteri carpebat, quod in v. 26 per se
non minus bene scribitur, capluliat aub^ttituere mahierit, boc qnidem,
nt opinor, parum recte. sed nibi) mutandum ei»t; an magis verbum
carpebat boc loco iteratum quemquam ofiendere debct quam iterata
p. 220, 27 et 221, 5 tempora vUae, p. 220, 34 et 38 descenämU,
p. 221 ,9 et 10 astra — astris9 omnino scurra ille, quisqnis foit,
homo notae Petronianae, ad^ecls Agrtppinae, qui hunc libellum mea
quidem sententiu a Senecae ingenio longe abborrentem conscripsit,
•in carminibus pangendia plnrima male egit, sive id inscitiae eius
imputimdum est, sive, quod potius crediderim, neglegentiae (nam
ingenio saae, certe quod ad mal« dicendum pertinet, non caret); haee
ei relinquenda sunt, quare hoc quoquc improbo, quod B. p. 220, 28
moleEta^ orationia umbages vitandi causa a viilgata scriptura redt'
mila comas, quam V quoque habet, rum in 8 loviter eorrupta sit,
recedere voluit coniecturae proponens , quae omni probabilitate
carent. ^ ibd. p. 219, 27 coniectnra CFWMuelleri inteUeges reci-
pienda erat: nam inßnitivns praesentis temporia pravus est. prae-
terea v, ;iO Beraicolou post irtquies (si modo baec scriptura vera est)
ponendum est, et ex litteria cunt non aimpliciter eum, sed cü «c
(i. e. e^m nunc) fociendum, quo adver'bio, ut tota sententia aliquam
-veritatia apeciem haberet, opus esse iamHaasiua intellexit; ceterum
dubito an ex litteris adquies potius ait guis eliciendum sit.
844 MCGertz: adiiotatiuuculae criticac in Apocolocyntosin.
Cap. 4 (B* p. 221 , 1) paullo melior, ut opinor, erit oratio, si
revocata f littera, quae ante similem litteram f facile excidere potuit,
cantus scripscrimus, ut hoc novum buius sententiae Bubiectum fiat.
— ibd. V. 18 cum B. consentio pronomen illud obscuriorem habere
relationem et ab eo dicendi genere, quod est pJena manu facere, ab-
esse debcre; sed tollere plane non audeo, verum ILLICO in eo lalere
putaverim. paullo post in v. 19 dubitari polest, verbum quod est
omnes utrum nominativo an accusativo casu accipiendum sit; praestai
tarnen hoc, ni fallor, ut sequentia participia quo referantur habeant»
verum cum sie et plurali numero verbi iuhent offendar et Junnines
potius quam omnes scriptor mihi dicturus fuisse videatur, Renten tia
eo magis inclinat, ut nos post omnes excidisse credam, quo inserto
etiam oratio ad locum Oraecum , quem scriptor ob oculos habnit,
paullo propius accedet.
Cap. 5 (B* p. 221 , 31) scribitur: nunUatur lovi venisse quen-
dam'^ sed quod paullo post Icgimus quaesisse se vt non intdlegere se,
ostendere mihi videlur, scriptorem de certa aliqua persona, quae
nuntium attulerit, cogitasso. quod si ita est, illo loco rix nuntiatur^
non definita persona, dicere potuit; certo potius nunikU aliquis
dixisset. at scriptor, quem Homeri carmina bene nosse apparet, ex
Iliade scirc potuit Horas Olympi ianitrices esse, quae Claudii ad-
ventum nuntiare debereut; itaque certo credo oum dixisse: nuntiat
Hora lovi venisse guendam, ])aullo post e cod. S, cuius scriptnram
B. non satis novit, scribendum esse vidctur : nescio quid tüum minari
assiduej assidue enim captU movere, — v. 34 cum in S sit BespoH"
disse se, fieri illud quidem polest, ut se ex syllaba praecedenti male
iterata ortum sit; sed polest etiam 5 i. o. sihi in eo lalere. — t. 38
tum hoc loco minime aptum est, cum aliquantum tcmporis inter-
cessisse necosse sit; praeterca significandum erat Hcrculem abiisse
et colloquium, quod dcinceps uarratur, ad portas caeli habitum esse.
itnque fieri vix potest, quin hie aliqua verba omissa sint, velut sie
scriptum fuisse polest: tum Hercules <^proccdit ad caeli portas^
u 1) i CI au d tu s st aha t ety primo aspectu cqs. quod ad proxime
sequcnliu verba pertinet, hoc liquerc debet, in tribus illis verbis
ut qui . . timucrit errorcm vix inesse possc, quippe quae post ea qaae
praecedunt (illa dico: pcrtnrhatus est) aplissime inferantur. dioere
enim vult scriptor, mirum non esse, si Hercules aspectu talis mon-
slri, qualo esset Claudius, perturbatus sit, ut qui etiam alia monstra
timuerit. neque mirari debenius, huc Uerculi adfingi posso a bcrip-
tore satirico iilius tcmporis; rede enim B. ait: 'in den Vorstellungen
jener zeit lebte fast mehr drr weibische und schlemmende Herakles
fort als der kämpfende.* sine dubio mendum in adiectivo quod est
omnia residet ; requiritur hoc loco adicclivum, quod significct, reli-
qua monstra, quibuscum Herculi res fuisset, aliquam habuisse qua-
litalom, qnno ab ea, qua insignitus esset Claudius, plane divcrsa
«'sset, et ita quidem, ut illa minus tcrribilia vidcri possent. iam cum
MCQertz: adootatiuncuke triticae iu Apo (lalocyutoain. ^45
in dsEcriptioue Claudii, quau Inaequitar, hoc raaxime urgeatur, euiii
insolitam et prorsns nari generis monstrum fuUse, puune necesaario
eo deducimur , ut antea sie scriptum fuisse putsmus: ut qxii eliavt
non enormift fnonsira limuerit. — p. 222, 4 si litterarum duotos
in S servatoij presstrimug, in Graeco vcrau TToiri ttöXic Bcribendtim
erit, non tiö9i toi ttÖXic; et illud aeque bene ferri potest (t. Od.
a 406), nee qiiod Uomerum non aatia accurate ezpressit ecriptor
ofieodere deUet. paullo poat B. verlia quaa sunt aeque Homericus
immerito in suspicionem vocavit; scriptor signiScat Claiidiam, ai
Hoiuerico versu uti vellet, aeque bene hoc uti potuisse, qai aeqae
Homericua e^set, et uti prae illo altvro debnigse, cum verior esset.
Cap. 6 (B' p. 222, 11) si vafro pro eo quod iu codd. est
fabro luniua ri'cte scripsit, B. etiam alteracn coniecturae lunianae
partera recipero liebuit, ut homini ante minime insereret, qnod ab-
esse nuUo modo poteist ; seil de tota coniecturn valde dubito, et eerip ■
torem hie Plautino ioquendi genere usum dixisse auipicor: et im-
posuerat Sa-cuU nimio fahre, ad sequentia verba reote inteüe-
genda pertinet meminitte, Claudium medio menbe Octobri mortuum
esse, cum insiilubre anni tempus et febres desioere solerent; itaque
dicilur ^ebrim deam secum Roma abiiuxisse, ceteroa otnnes deoä,
qui urbi praeaidereut et novum Noronis Baeculum Telis redderant,
Romae reliquiase. ergo baec quoque verba B. immorito suspecta
esse iudicavit, quasi putida easeot et omni acumine careront. —
V, 14 Planet, quod Gronovius coniccit, mibi valde improbabile vide-
tnr; cogitavi de Momori nomine, auguna Celtici, qui Luguduno
nomen dedissc fevtur, vide Plutarchi lib. de fluviia cap. 6. — v. 19
suspicor sie acribendum ease : quam uUus mttlio perpetuarms Lugw
dunensis. Lugudunum totiuä Galliae caput erat, in media terra
bitum, biön^p Koi 'ATp'TiJrac ^VTeüOev nie öftoitc fiepe, ut ait
Strabo p. 206 ; vit! ^imile ergo mihi videtur, mnlionea Lugudunensea
praeter alios multa et longa itiaera percurrisae. — v. 22 sqq. oratio
aensu ipso poetulnnte sie interpungenda OBt: ^lid äiceret {ac. muc-
murans), nemo inteUegebat; iÜe autem Fctrim duci iubebat (hoc
significnbut murmur eins). iUo gestu . ., quo decoHare homines solcbat,
iusserat Uli cdlitm praectdi: putares omnes iJlius esse hbertos, adeo
illum nemo curabat. sie (iistincta verba, nt opinor, nuUam offendendi
causam praebent.
Cap. 8 (B' p, 223, 20) membrorum aequabilitas inscite turbata
est, quam facili coniectura sie restituemua scribendo Sloicas quo-
modo potest (sc. ease)? rotundus est, ut ait Varro, sine capile, sine
praeptitio. sie etiam apparet, Froraondi coniocturam, qui v. 19 öc
oöie scribere voluit, abiciendam esse, — v. 25 sq. sie acribi debere
credo; Silanum enim generum suum occidil — oro ^tey, per quid?
sororem eqs. oro te, quod orator ad Herculem convei'bus, ut cetera,
dicit, 0 dicendi genere aatis noto positam est; per quid(hlä X\\)
hunc scriptorem eodem iure dicere potuisse credo, qoo Plinias in
opist. VIII 10, 1 per hoc (ÖlÄ ToOto) diiit. — v. 28 recta ratio et
J
846 MCGertz: adnotatiuuculae crlticae in ApocolocjntosiD.
usus loquendi mihi postulare videtur ut scribatur: quare enim^ tu-
quü^ quaeso^ sororem suam? deinde Buechelero concedere non
possum , inde a verbis quia Itomae ad rem prorsus novam oratorem
transitum facere : nam verba quue sunt hie nohis curva carriget non
alio spectare posse mihi videntur quam ad id ipsum, quod panllo
ante dictum est, Claudium Tovem paene incesti damnasse et pravos
eius mores iudicio suo castigasse. ued si haec cum praecedentibos
cohaerent, in iransitu aliquid corruptum esse ceiium est; qaod sie
puto emenduri poäse, ut scribatur: atqui Romae^ inguiSy m%ure$
mölas Ungunty modo haec verba, quorum sensus sane ambiguus est,
sie enarremus: alqui Romae alitcr atque Alhenis et Alexandriae
iudicatur: Romae enim omnes, quod ad banc rem attinet-, id tantam
faciunt, quod naturale est et l'acile ferri potcst coi eDarrationi
nihil obstare credo. — v. 33 constructio vcrborum vix ferri potest,
sed cum Scheokelio cölunt ut d^um et orant sctibendum esse videtur.
Cap. 9 (B' p. 223, 37) verba quae sunt vos mcra tnapäUa fecistis
significant: *vos omnia, quae ad bonum ordinem disciplinamque per-
tinent^ sursum deorsum fecistis.' — p. 224, 13 recipi debuit con-
iectura Schenkolii Dispiier.
Cap. 10 (B- p. 224, 28) e cod. Guelf. suo Joco reoipiendum
erat; nam suae ad sententiac relatum prorsus supervacaneum est,
Joco sine suo ferri non potest; et mendum pervulgati generis est. —
p. 225, 1 B. ipse recte fatetur coniectaram suam, qua soror mea pro
sormea scripsit, nulla alia ro quam fucilitate mutationis commendari
posse. nihil fuisse viilctur, cur Augustus hoc loco uUo verbo soro-
rem suam commemoraret; et coniectura co improbabilior fit, quod
ea reeepta paene necessario verbum quod est Graece toUendum est,
quod hoc uno loco propter verba Graeca, quae sequuntur, a scriba
aliquo addiluni esse, cum tot aliis locis eodem iure addi potuisseti
parum veri bimile Cbt. mihi in mentem venit fortobse simia scri-
bendum esse coque verbo Auguatum tecte Claudium significa&:3y
quem illum semper imitari studuibbe constat et quem paullo post tot
annos sub suo nomine latuisse dicit.
Cap. 11 (B' p. 225, 18) recte, ut opinor, Rosbbacbius nuper
Caput apstuUt scripsit; deinde quid in nominibus plane corruptis,
quae initio versus sequentis ponuntur, lateret, Palmeius egregie
perspexit, nisi quod in litteris extremis sine dubio luirfcicula con-
cessiva lutet, quam acgre üe^^ideramus et quae propter similes lit-
teras viciiius dfcurtata est; scribo igitur: Crassum, Magnumt Sari'
honiam^ TpcTc Tpiuiv dccapiujv omnino^ fio&tVes /amcH eqs. —
V. 24 de verbis quae sunt clarius rcspondi conCerri veliin locum
Senccao de ira III 24 , 2 , {\\\i et clarius veium esse et quo modo in-
te liegen dum bit Ost endet.
Cnp. 1*2 (B- p. 225, 37 sq.) B., ut opinor, obiecti defectu ofien-
sus Mvrcurium scribendum esse coniecit; sed nihil hac correctione
proficitur. neque enim facilius subiecto verbi inicrrogat^ quod sci-
licct Claudii nomen ebbe debet, curere possumus, neque Claudius
FGiesing: verstärliiiDg und ablüäuiig in der cohortealegiou. 849
112.
VERSTÄEKUNÖ UND ABLÖSUNG IN DER COHOBTBN
LEGION.
Frnnz FrSbÜcb hat vor kurzem den bewei« erbracht, dasz die
bisher unbestrittene annähme, in der acies Caesars hStten die takti-
ttefaen eiobeitea, die coborten, gelrennt von einander gekämpft und
znai in abstanden von coborten fronten, t^benao aachlich widersinnig
sei, wie eie jegliches qu eilen mäezigen anbalts und belege entbehre.'
er Bchlieszt sich dabei znnUchst an HDelbrUck an, der in srlnem anf-
sstze 'die römiäche manipulartiiktJk' (hinter. Zeitschrift neue folge
XV H. '235 ff.) die ganite bisherige daratellung der manipulartaktik
einer durehgreifeniJen kritik unterwirft und dabei auch Intervalle
von munipeifrontl&nge als eine unmSglichkeit für den kämpf zurUck-
woisl.' 'eine solche gefechtstaktik hätte die sofortige zersprengung
der römischen Schlachtordnung zur folge gehabt.' Frühlicb wendet
sich sodann gegen die drei beweise fUr eine regelmSszige aufateUung
der cohorteu mit Intervallen, welche BOstow (kriegfübrung Caesars
s. 44 ff.) !iuä Cai'^arij eigner darstellung gefitaden zu haben meint.
ulle drei sind ohne zweifel hinfällig: sie fiiszen auf falscher erktärung
einiger steUen. nirgend» erwShnt Caesar etwas von cohorteninter-
vallen in der feldschlacht. bei spätem findet sich durchaus nichts,
was sich mit irgend welcher Wahrscheinlichkeit auf eine solche ge-
fechtatuktik deuten liesze, wie eine gründliche prlifung aller sonst
hierfür angefühlten Zeugnisse beweist, waren ferner Intervalle in
der niauipiilflrlegiou vor beginn der eigentlichen schkcht notwendig
zwis4:hen den einzelnen manipeln fUr das leichte vor- und zurückgehen
der velites, so fiel diese hedingnng fUr die Caesarische legion hinweg,
da deren taktischen einheilen leichtbewaffiiete reglementarisch nicht
beigegeben sind, die durch die Intervalle ansz üb ch wärmen und
zurückzugehen bestimmt wären, damit war aber auch die möglich-
keit für die cohortenlegion auügescblossen , intervallc zwischen den
cohorten durch leichtbewaffnete auszufüllen, wenn der kämpf an die
eigentliche acies kam , ein manSver welches für die manipularlegion
hinreichend belegt ist (Livius XXIII 29 ; Prontinus strat. II 3, 16).
nachweisen lassen sich fUr Caesars acies nur intervalle zwischen
centt-um und flUgeln^ wahrscheinlich sind sie in bescheidener grösze
auch fUr die einzelnen tegionen. dos zweite treffen erscheint einzig
und allein für die Unterstützung und abl{)sung des ersten treffen» be-
stimmt; das dritte bzw. das vierte hat in der hauptaacho flanken-
und rücken an griffen zu begegnen.
' fcstschrii't Hei pMbl. kränzclieos in Züripli zu der In Z. im hsrbsl
1887 tagendPD ;H9n veraamlung dfutsther phitologen n. Bohulmünner.
* aeine ansieht über die iDauipaliirtitktik führt Delbrück noch weite'
aus im Hernips XXI s. G6 ff, 'itie itittnipiilBrlegion und die Bvhlaolil
I
J
848 HJMaller: za Lirius [IS 7, 13J.
mihi Tidetur ante haec verba Ucunam este statuendam, qDam ad
hibitis iis, quac Caasius Dio dti Une^tere LX 22 et 3S namt, sie
ferti eaplei'i poase crediderira: quem Claudius decoris causa mmorem
fecerat <^cum celeris aduUeris, quamqitam coacius ab ipso veneraty ad
Messalhiam.
Cap. 14 (B' p. 227, 35) B. rette aubiectum seDtentioe qaas
est advocalum non invenit abeä8e doh posse vidit; sed non Claudnu
ioBerenduDi i'st, verum pronomea Hie, quod post litteras prae-
cedentea ICTB facile intercidere potuit, et quo Claudius t. 32 et 39
signifieatur. — p. 228, 6 B. verbo conupta egregie efnendavit et
enarravit, niai quod Don safi^eud nitn tum addenduin esse reri Bimilfl
mihi vidttnr, — ibd. v. 11 spem propter verbn sequenlia «ine effeetu
lange aptius L-sse quam speciem, quod ß. du Scheffuri coniectura scrip-
sit, cum Scbi/nkelio credo; sed capidilalis spem, si modo Scripten
Vera est, mire a scriptoru dictum esse apparet, cum significetor spes
alicuius valde coacupitae rei adipiaceudaL-. nihil tarnen mutaro aadeo.
Cap. 15 iB' p. 228, 16) admodum probabile mihi videtur
Palmeri inventum, orderet pro ourlfret reponere iubentia : qua enim
audacia bic opus erat? veröuin aequentem üanum esie ß. mihi non
perauaait: nam Claudiua lusuro similisülo quidem vocari polerat,
sed non itvm scmper pelenti similis, cum re vera, non Bpecie tantum,
tnloa üemper ptteret. quare hoa versua sie ^cribendoB nse certo
uredo : cumque recoüedos arder et miltere talos \ lusuro similü tem-
per, sentper repetentis \ decepere fldem, — Denique v. 23 iStim
non cum B. delendum esse credo, scd potius in oHm mutandom.
Hauniae. Mahtinus Clarektiub Gbrtb.
(42.)
ZU LIVIÜS.
1X7, 13 huiszt es: farluna per otunia fiiimana , maximeimrtt
bciliras potens. du die Verbindung potens in aliquid bei Liviua ohna
bei«piel ist und die beiden t^ati^gticdcr per ontnia humana und m re>
Mikas sich schlecht enlsprutben (divs kommt deutlicher cur anachu-
uug, wenn wir für obige werte einsetzen: fortuna cum in «miJbM
rebus huinanis, htm ttiaxime in res bdlicas potens), so vermnta ick
dosic in re bellica potem zu bchruiben ist. deruuadruck inreMUea
ist bei Liviua = in re militari (zb. IV 4, 41); daher Bcheint main
vorschlug durch folgende Caeaanitelle besUtigt zu werden : bO. VI
30, 2 mitUum cum in omnibiis rebus, tum in re militari polest fortmmai
man vgl. auch Caesar bc, III 68, 1 fortuna plarimim poteat n/mim
reliquis rebus, ttivi (iraccipue in bcllo. dasi tloi worl p
c, abi. verbunden wird, braucht eigentlich r
wurdL-n, da es in obigem zusammenhange atil, quar B
bedeutet; aber i's findet sich auch pofcns in c. abi. zwvim
XXVIIl .12, ü undXLII 30, 8.
Bkums. HcBMAmi <foi
FGiesing: veriUrktmg und «bLStnn^ in d«r oobortonlegion. 849
118.
TEBSTMEUNG und ABLÖSUNG IN DEB COEOSSÜS-
LEOION.
Franz Prßhlich hat vor kurzem den beweis erbraoht, dui die
bisber unbeBtritteDe annabme, in der acta Ctteaars bfttten die tskü-
licfaen einbeiten, die coborten, getrennt Ton einander gekämpft and
zwar in abständen von coborten fronten, ebenso sttoblioh widanimiig
sei, wie sie jegliches qnellenm&szigen onfadta nnd belegs entbehre.'
er Ecblieszt sieb dabei zonBcbst an HDelbrflok an, der in seinem anf-
satze 'die römiacbe manipulartuktik' (hiator. zeitsobrift neae folge
XV s. 239 ff.) die ganze bisherige darstellung der manipalartsktik
einer durchgreifenden kriUk nnterwirfb und dtbei anoh intervalle
von manipeirrouLtSuge als eine nnmOglichkeitfOr den kämpf larOok-
wei^t. * 'eine solche gefechtstaktik hStte die sofortige zersprengni^
der rämischen Schlachtordnung znr folge gehabt.' Fzflhlich wendet
eich sodann gegen die drei beweise fOr eine regetmBsuge an&telluag
der cohorten mit intewalleo , welche B&stow (kiiegfDfaning Caesars
a. 44 ff.) iiüa Cae^aiä eigner darstellung gefunden zn haben münt.
alle drei sind ohne zweifei binmilig: sie f^ien anf falscher erUlrnng
einiger ütelleD. nirgends erwBbnt Caes&r etwas von oohorteiunter-
vallen in der feldschlacbt. bei spätem findet eich durchaiu nichts,
was sich mit irgend welcher Wahrscheinlichkeit anf eine solche ge-
fechtistuktik deuten liesze, wie eine gründliche prUfung aller sonst
hierfür angefUbtten Keagnisse beweist, waren femer Intervalle in
der mauipulBrlegion vor beginn der eigentlichen Schlacht notwendig
zwischen lien einzelnen manipeln fflr das leichte vor- und zurBokgehen
der vdiles, sn fiel diese bedingung fUr die Caesarische legion hinweg,
da deren taktischen einheiten leichtbewadete reglementarisch nicht
beigegeben sind, die durch die intervalle auszasch wärmen und
yiirUckzugehen bestimmt wären, damit war aber auch die mOglich-
keit für die cohortenlegion audgescblossen , Intervalle zwischen den
cohorten durch leichtbewaffnete auszufallen, wenn der kämpf an die
eigentliche acies kam, ein manOver welches fBr die manipnlarlegion
hinreichend belegt ist (Livius XXIIl 29; Frontinus strat. II 3, 16).
nachweisen lassen sich fQr Caesars acies nur intervalle zwischen
centrum und Sügeln; wahrscheinlich sind sie in bescheidener grOsze
auch für die einzelnen legionen. das zweite treffen erscheint einzig
und allein fUr die unterstBtzung und ablSsnng des ersten trefFens be-
stimmt; das dritte bzw. das vierte hat in der hauptsache flanken-
und rUckenongriffen zn begegnen.
etil In Zflrich an der tu Z. Im herbst
■■Ml«! Q n, ichnlmloner.
JalbrUek aoob weiter
iion nnd die eeUaelit
850 FGieeing: Verstärkung und ablösung in der coliortcnlegion.
Dies sind die sichern ergebnisse der nntersochnng Fröhlichs.
durch sie wird also das bild der cohortenaufstellung, wie man es
bisher zu entwerfen pflegte, in den hauptzügen zerstört, dasz nemlich
die cohorten der drei trefi'en unter sich durch einen ihrer front glei-
chen Zwischenraum getrennt kämpften, die cohorten aber des zweiten
treffcns auf die intervalle des ersten eingedeckt waren zum zwecke
der bequemen und schnellen ablösung. hier sind wir aber an dem
punkte angelangt, wo nun die positive aufgäbe Fröhlichs begann,
an stelle des zerstörten ein anderes naturgemäszeres bild zu zeichnen;
mit andern werten, es war vor allem die frage za lösen : wie erfolgte,
wenn das erste treffen jeder legion als phalanz kämpfte, die ablOsnng
desselben durch das zweite? denn ablösung einzelner cohorten durch
frische, ebenso wie eines ganzen treffens durch das andere ist nne
nach Fröhlich von Caesar selbst bezeugt, ich meine nun, bei lOsung
dieser frage ist Fröhlich gestrauchelt, da er nemlich einsieht, dasi
mit dem hineinführen des zweiten treffens in das erste, wenn anders
intervalle von vorn herein nicht da sind , gewisse Schwierigkeiten
verbunden sind, nimt er an dasz dies auch nicht die gewöhnliche art
der ablösung gewesen sei, sondern dasz diese wenn irgend möglich
von den flanken her stattgefunden habe, ich sehe vorläufig davon
ab , die Wahrscheinlichkeit oder unwahrscheinlichkeit dieser ansieht
zu erörtern ; vorerst ist die stelle zu prüfen, auf welche Fröhlich die-
selbe gründet. •
Bei Caesar b, c. 145 ist die rede von einem gefechte Tor Derda,
in welchem die Soldaten der neunten legion aus übergroszem kampf-
eifer in eine schlimme läge geraten : sie haben sich nemlich bei der
Verfolgung des fliehenden feindes bis an den berg, auf welchem
Ilerda lag, vorgewagt, als sie sich dann zurückziehen wollen, greift
sie der feind von seiner begünstigten , höher gelegenen Stellung an
und drängt sie auf eine schmale terrasse mit steilen Seiten wänden :
praeruptus locus erat, utraque ex parte directus ac t4intum in laiäudi-
nem patebat, ut tres instrudae cohortes cum locum expiereni, ut neque
subsidia ab lateribus submUti ncqn^ equiies laboraniihus usui esse
possent. die letzten worte sollen nun nach Fröhlich beweisen, dass
Caesar immer zuerst eine ablösung von den flanken her versucht habe.
indes jedermann wird einsehen , dasz hier gar nicht von einer Ab-
lösung die rede sein kann, sondern nur von einer Unterstützung
von den flanken her. wie wäre denn die sache der Caesarianer in
jenem kämpfe gefördert gewesen, w*enn an stelle jener drei cohorten
drei ablösende andere in jenes defilee eingekeilt worden wären?
Caesar spricht einzig und allein von einer Verlängerung seiner front
und von einem angriff in die flanken der feinde, um den in jener
enge festgehaltenen lufb zu schaffen, es ist also völlig unberechtigt
aus dieser stelle irgend welchen schlusz auf die art der ablÖsnng
auch in andern füllen zu ziehen, spricht aber vielleicht die Wahr-
scheinlichkeit für eine ablösung von den flanken her? es müste sich
dann der eine oder andere flügel der ablösenden abteilung, je nach-
FQieaing: Verstärkung und ablösnng in der cohortenlegion. 851
dem dieee von der rechten oder linken flanke vorgeführt wird, unter
fortwährendem kämpfen an der feindliehen front entlang schieben,
bis er vor dem ihm entsprechenden öügel der abzulesenden cohorte
ankäme, dieses manöver erscheint FröhHch für jenen Sonderfall,
wo die front nur aus drei cohorten bestand, sehr einfach; es hätten
eich also die ablösungen von beiden flUgeln her l'/j coii orten front-
iBnge kämpfend seitwärts zu schieben gehabt, für mich, wie für
jeden, wie ich meine, der sich eine klare vorstelJuDg von dem 'nah-
kämpfe' gebildet hat, musz schon dies als unmöglich erscheinen;
dieses hinziehen an der front ist nur für sehr kurze strecken denkbar
nnd erscheint für die reserve, die möglichst intact auf ihrem platze
ankommen soll, kaum annehmbar, aber nie nteht es nun mit dieser
art der ablösung für ein ganzes beer? diese frage wirftFr&hlich seihst
auf. kommen dann die äuszersten flanken der ganzen heeresaufstel-
lung, oder die zwischen centrum und flUgeln, oder endlich die der
einzelnen Jegionen in Letracht? Fröhlich entscheidet sich fBr die
f anken zwischen centrum und fiOgeln — weil diese am besten be-
glaabigt seien, es ist aber Fröhlich bei dieser lösang selbst nicht
geheuer gewesen ; deshalb meint er, mit Sicherheit lasse sich diese
frage nicht beantworten, ich glaube indes, die antwort ist sehr klar
und leicht eine solche ablSsung war ein unding so wie so, nur er-
scheint ihre Unmöglichkeit noch deutlicher, je gröszer maji die
treffende heeresabteilung annimt, von deren Sanken her di
zugeführt werden soll, man denke sich ein centrum oder einen flUgel
von zwei legionen. es raUsten also die flUgel der ablösungen von
beiden flanken her volle vier cohortenfronten sich kämpfend seit-
wärts schieben, bis die ablösnng vollendet wäre.
In dem erwähnten kämpfe vor Ilerda tnusz Caesar, als die feinde
wiederholt frische truppen aus der stadt vorschicken, auch seinerseits
reserven entsenden, um die lie/bssi abzulösen, da nun die sblösung von
den flanken her nicht möglich war des boden& halber, scblieszt Fröhlich,
so muste sich der feldherr anders hehelfan, dh. die reserven direct
nach vorn in die gefechtslinie führen, hierbei aber müssen die tak-
tischen einheiten, also die cohorten, auf jeden fall gewahrt bleiben;
das ist nach Frölilich ein unumstöszliches taktisches gebot, folglich
könne von einem durchziehen der einzelnen rotton des zweiten dorch
die des ersten treffens keine rede sein, vielmehr könne eine cohorte
des zweiten trefTens immer nur zwischen zwei cohorten des ersten
hineingeführt werden, eine andeutung dieses Verfahrens liegt für
ihn in der gewöhnlichen aufstellung der legion ja der iriptex acies,
dasz nemlich auf vier cohorten des ersten drei des zweiten und ebenso
drei des dritten treffens folgten {b. c. I 83, 2). was also tbnn? er
musz die eben begrabenen Intervalle zu neuem leben erwecken , um
die cohorten der reserve geschlossen in die gefechtslinie zu bringen.
solche zwirichenrgume zu schaffen erscheint ihm auch sehr leicht: 'es
genügte das schlieszen der lüoke zwischen zwei nebenmfinnern *—
diese stehen, wie Fröhlich annimt, mit msunsbreite von eiuandi
6G
J
852 FGieiing : yerst&rkung und ablÖBong in der cohortenlegion.
dh. ein scbritt rechts oder links , am ehesten wohl eine gleichseitig«
bewegung Ton beiden flflgeln jeder cohorte nach ihrem centmm hin,
um zwischen zwei cohorten des ersten treffens ranm für eine neae in
schaffen, welche natürlich in geschlossener Stellung einrfickte.' ans
der nun entstehenden presslage — es steht jetzt maDn fUr mann
Schulter an Schulter — werden die kämpfenden alsbald erlGat; es
zieht sich nemlich das erste treffen kämpfend zurück, und sofort
dehnen sich nun die reihen der ablösung nach beiden selten hin ans,
um die entstehenden lücken auszufüllen, ich glaube nicht, dan
Fröhlich irgend jemanden, der yon den evolutionen der trappen eine
ahnung hat und nicht nur danach urteilt, ob die gedachte bewegung
auf dem Schachbrett sich bequem erweist, für diese seine intervalla
rediviva gewinnen wird, ich nehme jene Verdichtung der reihen nach
der mitte der kämpfenden cohorten hin als möglich an, die natflrliek
erst dann geschehen konnte, wenn das zweite treffen dicht auf das
erste aufgeschlossen hatte, indes sieht man nicht ein, warum FrOblich
nun nicht natürlicher sich die sache so denkt, dasz, sobald sich die
cohorten des ersten treffens durch das anschlieszen nach ihrem oen-
trum hin aus einander zu schieben beginnen, sofort die leute der ab-
lösung rotten weise, oder mehrere rotten zusammen in die entstehen-
den, zunächst kleinen lücken springen und so fort die übrigen rotten
in die sich yergröszemden intervalle. das hätte freilich gegen die
correcten bewegungen des exercierplatzes verstos/en, wäre aber jeden-
falls praktischer gewesen als dasz jede cohorte der ablösung gedul-
dig warten mubte , bis das ganze intervall für ihr geschlossenes ein-
rücken da war. wie nun aber weiter? wenn die ablösung vollständig
eingerückt ist, so sind die leute beider treffen zusammengedrängt,
aber doch nur einen augenblick nach Fröhlichs bilde: denn alsbald
beginnt die retirade des ersten treffens; nun geschieht eben, was
Caesar laxare manipidos nennt: die ablösenden nehmen den not-
wendigen abstand zum kämpfe und decken dadurch sofort den räum,
den die weichenden cohorten freigegeben haben, das klingt sehr
einfach , und WSoltau , der in seinem aufsatze 'die manipulartaktik'
(Hermes XX s. 262 ff.) eine ähnliche ablösung für die manipular-
legion Delbrück gegenüber verteidigt; behauptet mit recht, das
abstandnehmen wie das anschlieszen sei ein auszerordentlich leichtes
manöver sowohl von der stelle aus als auch in schneller bewegung. er
beruft sieb auf eigne erfahrung : durch die gefölligkeit mehrerer offi-
eiere, die ihre abteilungen diese Seitwärtsbewegung vor ihm haben
ausführen lassen, hat er sich von der leichtigkeit dieses manövers mit
eignen äugen überzeugen können, ich will es ihm gern bestätigen : diese
bewegung gehört zu den einfachsten , die auch der unglücklichste
rekrut begreift und befriedigend ausführt, indes eine condicio sine
qua non gibt es auch für diese kinderleichte sache. nach der seite
zu, nach welcher abstand genommen werden soll, musz freier platz,
gangbarer boden liegen ; drücken wir es recht militärisch aus, es darf
an die betreffende flanke kein defilee anstoszen. nun zurück zn Früh-
ablÖsang-
FGiesing: verbtärkung und ablösung in der cohortenlegion. 853
lichs bilde der ablösung. angenommen die retirierenden cohorten
sieben so , dasz ibr erstes glied an das zweite der ablösenden sich
anscblieszt; so weit sei die abzulösende trappe
fecbtend zurückgegangen, nun wäre es ja sehr
leicbt , dasz das erste glied der ablösung sofort
sich lockerte und den frei werdenden räum abiaiösende
deckte, wenn nur 6in factor nicht wäre, den cohorte
Fröblicb ganz vergiszt — der böse feind. dieser wird wohl kaum
so gutmütig sein stehen zu bleiben, wenn die retirade beginnt, sondern
er folgt natürlich der weichenden truppe, so dasz er seinerseits auf
der frühem stelle des ersten gliedes des abgelösten ersten tre£fens
steht und so für die ablösenden cohorten das gewichtige hindemis
bilden wird, ihre reihen zu lockern und den räum der zurückgehenden
zu decken; ebenso wird der ungefällige feind bald auf der stelle des
zweiten, dritten usw. gliedes stehen, wenn die rückwärtsbewegnng
nicht aufhört, die ablösenden cohorten würden also hilflos in ihrer
presslage umklammert und die ganze römische acies zertrümmert
worden sein, denn werden vielleicht die neu eingerückten cohorten
den feind hindern können den weichenden nachzudrängen? jene be-
finden sich selbst einem gewachsenen gegner gegenüber in einer
Stellung, durch die sie zur defensive verurteilt sind, da sie von ihrem
Schwerte, zusammengedrängt wie sie sind, kaum gebrauch machen
können; sie werden also not haben sich ihrer eignen haut zu
wehren, dabei vergesse man auch nicht den hier sehr wichtigen um-
stand, dasz in einem solchen falle dem feinde alle vorteile der offen-
sive zufallen müssen, zugegeben also auch, mit hilfe der von Fröhlich
wiederbelebten intervalle gehe das einrücken der ablösung ohne
Störung vor >ich , das herausziehen der abzulösenden muste die hilf-
los eingekeilte reserve dem angriff in der front und den flanken zu-
gleich preisgeben und die völlige zersprengung der römischen acies
zur folge haben.
So hat schlieszlich Fröhlich in dem positiven teile seiner auf-
gäbe unbewust dasselbe widernatürliche bild dieses teiles der römi-
schen taktik aufgefrischt, das er selbst mit fug und recht erst auszu-
löschen bemüht war. sein hauptfehler liegt in der Überschätzung des
taktischen gesetzes von der Währung taktischer einheiten. es ist
eben in der taktik wie anderswo auch: keine regel ohne ausnähme.
grundregeln passen auch hier auf 99 föUe, nicht aber auf den hun-
dertsten, und es ist geradezu allezeit das zeichen eines tüchtigen
lührers gewesen, dasz ihm im gegebenen augenblicke die erkenntnis
kam, er müsse brechen mit einem bisher als unantastbar anerkannten
geböte der taktik.
Man denke nur an Xenophon, um in bescheidener sache nicht
gros/^es in ansprucb zu nehmen, als er erkannte, dasz im kämpfe
gegen die Kolcher, welche die höhen des passes besetzt hielten, die
phalanx ohnmächtig sei, da brach er kurz entschlossen mit der taktik
der altehrwürdigen phalanx; er riet die truppen in einzelne colonnen
854 FGieeiDg: verstärkuDg und ablÖsuDg iu der cohortenlegion.
aufzulösen, die getrennt von einander eben da, wo es möglich war, den
kämm der höhe gewinnen sollten (anab. IV 8^ 9—19) ; und sieh da^ was
mit der alten taktik unmöglich schien, gelang der neuen auf das beste*
die Vollkommenheit der neuem feuerwaffen zwingt die beere unseres
Jahrhunderts immer mehr zur aufgelösten gefechtsart, durch welche
die ganze taktik vorhergehender zeiten umgeworfen worden ist. allein
gerade im entscheidenden augenblicke, wenn die massen auf einander
prallen, da fallen wieder die hauptgrundsätze modemer gefechta*
Stellung, die intervalle werden ausgefüllt, geschlossene storm-
colonnen formiert , und vorwärts geht es in dichtgedrängten reihen
trotz massenlader und mörderischem artilleriefeuer. auch in anseim
ezercierreglement nimt der satz von der Währung der taktischen ein-
heit nicht den letzten platz ein , wie er überhaupt aUezeit eins der
obersten gesetze der taktik bleiben wird, allein gesetzt es kommen
reserven einer von dem bereits zum stürm übergegangenen feinde
schwer bedrängten abteilung im letzten augenblicke zu hilfe; wie
lächerlich verkehrt würde es da sein^ wenn die einzelnen compagnien
des vordem treffens sich erst zusaiiimenscbieben wollten, am den an-
kommenden platz zu schaffen , damit ja die taktischen einheiten ge-
wahrt bleiben, ja sich die compagnien nicht vermischen, hier gibt
es nur 6in gesetz: zu helfen, wie es auch immer sei; die leate der
reserve springen in die gefechtslinie, wo sie zuerst ein loch finden,
wenn ich mich dieses militärischen kunstausdrucks bedienen darf.
— Mit dieser erfahrung, meine ich, werden wir nun auch die art der
ablösung in der Caesarischen acies leichter verstehen, auch in ihr
hat die taktische einheit nicht immer gewahrt werden können, ich
erinnere nur an die Nervierschlacht. da stellt der feldherr seinen
Soldaten das rühmliche zeugnis aus, sie hätten aus den vorhergehen-
den kämpfen schon so viel erfahrung und geistesgegenwart ge-
wonnen, dafrZ sie in jenem gefUhrlicheu augenblick, als die Nerrier
heranstürmten, ehe noch die römischen linien standen , auch ohne
befehl ihrer vorgesetzten das notwendige zu thun wasten. and dabei
erwähnt er ganz besonders, dasz die von der schanzarbeit abgeralenen
bei dem ersten besten feldzeichen eintreten, um sich dem feinde ent-
gegenzuwcrfen , und nicht erst die kostbare zeit angenutzt yeratrei-
chen lassen, indem sie ihre eignen adler suchen, von Währung der
taktischen einheit ist also hier keine rede; nein, der feldherr rechnet
es den seinen geradezu als verdienst an, dasz sie sich nicht klein-
lich an den Schematismus des reglements binden, man wird mir hier
einwenden , dasz dies ju nur unter dem druck einer besondern Bei-
lage geschehen sei; gewis, allein auch jede massenablösung, db. die
ersetzung eines ganzen treffens durch ein zweites könnte immer nnr
durch die äuszerste not geboten erscheinen.
Wie nun Fröhlich nur ein geschlossenes vorführen taktischer
einheilen in die gefechtslinie zum zwecke der ablOsung sich eon-
struiert, ebenso müssen nach ihm auch bei der Verstärkung, der
zweiten und viel häufigem art der Unterstützung des ersten trefiens»
FGiesing : Verstärkung und ablösung in der cohortenlegion. 855
die taktischen einbeiten gewahrt bleiben, um dies möglich erscheinen
zu lassen ; musz er auch hier die mitten im kämpfe zu bildenden
intervalle in ansprach nehmen, die Verstärkung der gefechts-
linie kann nun stattfinden durch Verlängerung der front und flan-
kieren der feindlichen Stellung; dann sind die taktischen einheiten
mit leichtigkeit zu wahren, aber es gibt noch eine andere art der
Verstärkung, das densere oder densare ordineSy wie es Sallustius und
Livius nennen. Fröhlich sagt Über diese Verstärkung s. 14 : Mel
häufiger (als die ablösung) fand ohne zweifei die Verstärkung des
ersten treffens durch einführen der cohorten des zweiten statt, in
welchem fall natürlich von den beiden vereinigten abteilungen zu-
nächst in geschlossener Stellung weiter gekämpft wurde, dasz eine
solche kampfesstellung nicht das ideal der römischen feldherrn war,
namentlich nicht Caesars , ist begreiflich ; sie ist immer das resultat
einer notlage, und um eine solche handelte es sich gewis auch in dem
kämpf, dessen Schilderung das fragment Sallusts entnonjmen ist . .
die geschlossene Stellung konnte natürlich jederzeit von jeder trappe
und jedem treffen auch ohne das vorführen von reserven gebildet
werden.' in diesem letztern sinne ist das densare oder comprimere
ordines überall bei Livius zu verstehen, jenes fragment Sallusts, das
Fröhlich hier erwähnt^ hat folgenden Wortlaut: iUe festinat suhsidiis
principes augere et densere frontem {hist. II fr. 100 G.), jedermann
wird zugeben , dasz es mindestens gewagt ist von Fröhlich , seine
auffassung der Verstärkung mit dieser stelle stützen zu wollen, aus
Livius vermag er sie nicht zu belegen , Caesar selbst aber bezeichnet
die eng geschlossene, gedrängte Stellung stets nur als eine durch
misgeschick erzwungene, nie als eine, sei es auch in der not, ange-
ordnete, eine Verstärkung also, die seine gefechtslinie zu einer zu-
sammengekeilten, kaum beweglichen masse umwandelte — und auch
das konnte ja nur erst durch ein verzweifeltes manöver geschehen,
durch bildung von breiten intervallen einem stürmischen, hart drän-
genden feinde gegenüber — eine solche Verstärkung hätte die not
nur vergröszern müssen, was aber heiszen einfach jene worte
Sallusts V 'die zahl der im ersten treffen stehenden {principes = frons
= prima acies) vermehren und so die front verdichten.* durchaus
fern liegt diesen Worten der gedanke: durch hineinführen der cohor-
ten des zweiten treffens eine enggeschlossene phalanx bilden, vielmehr
linden die worte durch folgendes ihre natürliche deutung. allmäh-
lich musten sich im hartnäckigen kämpfe die reihen des ersten treffens
lichten ; es entstanden lUcken zunächst im ersten gliede. so lange diese
aus den hintern gliedern zugestopft werden konnten, ohne dasz das
treffen zu durchsichtig wurde, ergänzte sich das erste immer aus
dem zweiten, das zweite aus dem dritten gliede usw. wenn aber auf
diese weise die letzten reihen aufgebraucht waren, so dasz die nötige
tiefe der Stellung verloren gieng, so musten die reserven zur Ver-
stärkung geschickt werden, wie einfach ist diese art der Verwendung
der hintern treffen! die zur Verstärkung bestimmte abteilang eilte
856 FGiesing: verBtärkuug und ablösung in der coliorteDlegioii«
an die bedrohte stelle und verhielt sich nun wie vorher die bereits
aufgebrauchten letzten glieder der gefechtslinie, dh. aus den reihen
der reserve füllten sich nun die in den ersten gliedern entstehenden
löcher. auf diese weise verdichtet die Verstärkung zugleich in dop-
pelter beziehung die front: einmal hilft sie die sich lichtenden reihen
wieder füllen, zum andern vergröszert bie die tiefe cler gefechts-
stellung. hierdurch übt sie zugleich auch einen physischen und
moralischen druck auf die vordem reihen , sich yorzuachieben und
den feind zurückzudrängen, sollte nun zugleich auch ein engeres
anschlieszen der rotten an einander ja einmal nötig bein, so kann
dieses manöver, das ich schon oben ein einfaches genannt habe, jetzt
mit leichtigkeit ausgeführt werden : es wurde dann nach der miUe
der front zu der abstand von mann zu mann verkleinert, jedenfalla
aber; wenn nicht das andringen des feindes von deu flanken her
dazu zwang, nie so sehr, dasz die kampffähigkeit der truppen yer-
loren gieng. die art der Verstärkung der gefechtslinie ist also fttr
alle fälle eine so einfache, dasz bie kaum zu weitern bedenken an-
lasz geben wird, entweder werden hierbei die subsidia als Verlän-
gerung der front an den flügeln angesetzt, so weit dies geraten
scheint, oder sie werden dem feind in die flanke dirigiert, um von
dort aus die feindliche Stellung aufzurollen, wenn keins von diesen
beiden auskunftsmitteln möglich ist, dann tritt da wo es nötig scheint,
also nicht immer auf der ganzen linie, das densere frontem ein, in
dem sinne zunächst verstanden : die gelichteten reihen durch die als
letzte glieder aufschlieszende reserve ausfüllen und die tiefe der auf-
stell ung vergröszern.
Wie aber sollen wir uns zur frage der ablösung stellen?
intervalle uls regiemen tarische bestand teile der cicies habe ich mit
Fröhlich verworfen als völlig widernatürlich ; nicht weniger unmög-
lich erwiesen bich Fröhlichs nur für den zweck der ablösung recon-
btruierte intervalle. hier wage ich es nun als völlig sicher hinsu-
stellen, ohne vorerst auf dab ^wie' der ablösung einzugehen: dssz
die reserven gar nicht für die ablösung eincb ganzen tref-
fen s berechnet gewesen sind.
Sehen wir zunächst, wie sich Cae.*>ars eigner bericht zu dieser
annähme stellt, es kommt hier in der hauptbache nur eine stelle in
betracbt, die von Fröhlich dazu benutzt wird zu beweisen, dasz unter
den defcssi, welche Caesar nblöben lUszt, nicht, einzelne kämpfer, aon-
dein immer die ganze truppe, dh. die gefechtslinie gemeint sei. in
der bchilderung der bcblucht von rhur>alus rühmt Caebsr in»be«on<
derr (lus verdienet seines vierti'U tretl'ens. dieses wirft die gefUrcbtete
reiterei des l'ompeju.'i, die eben im begriff ist die ofiene rechte
iiuuke der Cac^uriauer zu umfassen, und kommt nun seinerbeits den
Pompe jauorn in deu rücken, du heiszt Cb weiter (&. c. III 94) : eodem
tempore tcrtiam aciem Caesar , qnae quieta fuerat et ad id tempus loco
tenucrat, jn-ocurrere iusait. ita mm rcrefites aique inicgri defessis
üHCCcssIs^'irnt, njit auicm a ttrgo adorinniur^ snAinerc Pompciani non
FGiesing: Verstärkung und ablösung in der cohortenlegion. 8&7
potuerunt. dieses dritte treffen aber besteht nur aas zwei cohorifm
für jede legion. die dritte cohorte ist demselben zur bildung jenes
vierten treffens entzogen worden, das zweite treffen wird von Caesar
7ar nicht erwähnt; der grund ist klar zu erkennen. Pompejus bat
15000 legionssoldaten , Caesar nur 22000. das zweite treffen muste
ilso gleich bei aufstellung der (icies in der gefechtslinie verwendung^
änden , es steht mit dem ersten treffen jeder legion in 6iner front,
iamit die&e in ihrer ausdehnung der der Pompejaner entsprechen
soll, ea standen also von anfang an sieben cohorten jeder legion im
vordertreffen, zur ablösung nun der defessi dieser sieben cohorten
werden in jenem entscheidenden augenblicke die zwei cohorten dea
dritten treffens vorgeschickt, dasz hier nicht an ablösung ganzer
cohorten oder gar des ganzen treffens gedacht werden kann, geht
nuä dem zahlen Verhältnis klar hervor, die reserve verteilt sich hinter
die front auf die stellen, wo die reihen am meisten gelichtet sind,
und tritt in derselben weise, wie wir es bei der Verstärkung geschil-
dert haben, an stelle der defessi^ welche sich hinter die front zurück-
gehen, also gerade an dieser stelle ist es ganz offenbar, dasz unter
den defessi nur einzelne leute, nicht ganze cohorten oder gar die ganze
Lruppe im vordertreffen gemeint ist. ebenso verhält es sich mit der
ablöäung der defessi im kämpfe vor Ilerda: augebatar iUis (hostibf4$y
copia atque ex castris coJiartes per oppidum crebro suhmUtebantur , tU
integri defessis succederent. hoc idem Caesar facere cagebatu/r^ ut
summissis in eundem locum cohortibtis defessos reciperet. dasz hier
am allerwenigsten von einer ablösung durch geschlossene abteilun-
gen, die in rasch gebildete intervalle eingerückt wären, geredet wer-
den kann, habe ich schon erwähnt; dies war unmöglich wegen der
enge des kampfplatzes. erfahren wir doch von Caesar, dasz ohnehin
schon die seinen den feindlichen geschossen infolge ihrer engen stel-
lung fast hilflos preisgegeben sind: hoc pugnabatur loco et propter
angustias iniquo et quod sub ipsis radicibus montis constiterant ^ ut
nuUiim frustra telum in eos mitteretur. da hätte doch sicher ein
engeres zusammenschlieszen der schwerbedrängten zu ihrem ver-
derben ausschlagen müssen, auch hier also ist zunächst unter den
defessi nicht die ganze abteilung zu verstehen, sondern eben nur das
was auch die form allein besagt, die kampfunfähigen; Caesar sagt
eben selbst: ut summissis in eundem locum cohoriibus defessos
recipcrct^ nicht aber defessas. Fröhlich meint freilich, das ab-
lüben einzelner hätte ein beständiges vor- und zurückgehen, also
l^'eiadezu eine auflösung jeder gefechtsordnung zur folge gehabt.
diese meinung ist völlig irrig. Einmal ist diese frage ganz unab-
hängig von der nach der ablösung überhaupt: denn ersetzung des
einzelnen, des in den ersten gliedern ermatteten oder gefallenen aus
den darauf folgenden reihen muste immer in der gefechtslinie statt-
finden , ohne dasz an ablösung des ersten treffens noch gedacht
wurde ; dieser Wechsel ist also ein unvermeidlicher, zweitens aber
kann diese einzelablösung der gefechtsordnung durchaus nicht ge-
858 FGieeing: Terstärkung und ablOeung in der cohortenlegion.
fährlich werden, so lange die tiefe der Stellung noch nicht za durch-
sichtig ist. die leute des zweiten gliedes standen im kämpfe natar-
gemäszer weise auf den interyallen des ersten, die zur bequemen
handhabung der wa£fen nötig waren, das zweite glied secundiert
so zu sagen dem ersten, wie einfach war es also, dasz ein mann ans
jenem in dieses einsprang und die sache seines ermatteten oder ge-
fallenen Vordermanns übernahm! nun wird niemand behaupten
können, dasz durch das aufschlieszen und die Verwendung der
reserve, wie ich sie dargestellt habe, dieser Wechsel gefthrlioher
werde, ich musz mich hier in einzelnem wiederholen; indes der-
artige fragen lassen sich auf dem papier eben nur mit gröster aoa-
führlichkeit erörtern ; praktisch wäre die sache sehr schnell ad ocolos
zu demonstrieren, die reserve ersetzt also zunächst die verbrauchten
letzten glieder der cohorten des ersten treffens und kommt dann
allmählich vor den feind. gesetzt aber den fall, die reserven kommen
erst in einem augenblick an, wo eine ganze abteilung auf das tiefste
erschöpft ist, so ist hier auch ein rasches eingreifen der ablOsung
das denkbar einfachste, auf dem ezercierplatze wtlrde man wahr-
scheinlich am correctesten so verfahren sein, die noch übrigen glie-
der des ersten tre£fens mit ausnähme des zweiten gliedes nehmen,
sobald die ablösung heran ist, Vordermann auf das erste glied;
mittels der hierdurch geöffneten wege gehen die ablösenden ab-
teilungen, ebenfalls mann auf mann eingedeckt, bis unmittelbar
hinter das zweite glied vor; ist dies geschehen, so springen die lente
des letztern ebenfalls hinter ihren Vordermann des ersten gliedes
und ziehen sich nun mit dem dritten, vierten usw. gliede rasch hin-
ter die front zurück, die vorderste reihe dann aus dem kämpfe in
ziehen ist sehr einfach ; es geschieht dies entweder durch allmähliche
ersetzung, wenn noch frische kräfte in derselben vorhanden sind,
die erst ihre Verwendung finden müssen, oder aber auf das einfachste
und schnellste, indem das zweite glied durch die intervalle des ersten
sich auf den feind wirft, so reglementmäszig, wie ich es eben ge-
schildert habe, ist natürlich die ablöäung einer ganzen abteilung im
kämpfe selbst nicht vor sich gegangen ; die uccuratesse des exercier-
piatzmanövers wird beeinträchtigt worden sein; sicher aber blieb
die Schnelligkeit der ausführung dieselbe oder wurde noch erhöht
in der beschreibung auf dem papier freilich erscheint fast jede
änderung einer aufstellung umständlich und zeitraubend, die bei
einer gut geschulten truppe kaum mehr als secunden in ansprach
nimt. anderseits lassen sich theoretisch evolutionen als ungemein
einfach darstellen (wie zb. jenes intervallbilden mitten im kampfe)|
die in Wirklichkeit unausführbar sind, unser verfahren der ablOsang
wird von dem augenblick an, wo die reserve auf die gefechtslinie
aufgeschlossen hat, in läng.stens einer minute beendet gewesen sein*
dabei bietet sich dem feinde keine günstige lücko, keine linke oder
rechte uebenabteilung wird auch nur einen augenblick eingeengt
und in dem freien gebrauche der Waffen verhindert, keine flanke
FQieeing: veratärkuüg und ablÜBUng in der cohortenlegion. 859
wird dem angriff der feinde preid gegeben, femer wird jedes gefähr-
liche hin- und herziehen, jeder bedrohliche Wechsel in den eigent-
lichen kumpFgliedem, den beiden ersten, sö weit dies überhaupt
möglich ist, vermieden, da man natürlich auch nicht alle reserre-
abteilitngen auf 6inmal in die gefecbtslinie warf, sondern nur dort-
hin in einzelnen momeuten des kampfea sie dirigierte, wo sie er-
forderlich wurden, so wurde die stabilitSt des ersten treOena noch
Yergrtiszert und vor allem dem feinde nicht das Schauspiel einer
massanretirade geboten , die immer anfeuernd anf den feind wirken
muste. der letztere grund fSUt fUr eine aeit entwickelter taktik, wie
es die Caeaarische gewesen ist, schwer in das gewicht, während er
zb. fUr die erste zeit der manipularlegion gewis audzer acht zu lassen
ist. deshalb stimme ich auch nicht mit Delbrück Uberein, wenn er
die von Liviu^ Till 8 verborgten ab iQsungs Intervalle ftlr die erste
Jugend der manipulartaktik verwirft, freilich darin hat er und Soltau
recht: kampfintervalle in der gefechtsünie hat es auch fUr die
manipularlegion nicht gegeben, allein kein bestimmter grund ist
vorhanden, inlcrvalle fUr das zweite treffen dem cSassiscben zeuguid
gegenüber zu leugnen, durch diese zog sich das erste treffen im ge-
gebenen ougenblicke zurück, freilich hatte diese Bache ihre groszen
Schwierigkeiten und bot nur zweifelhaften erfolg; indes die neue
taktik, die reserveformationen, vor allem deren leichte Verwendung,
war noch in ihren anfangen und litt deshalb an manchem mangal,
der erst durch ftllmahlicheerfalirungen oder durch das taktische genie
eines tüchtigen feldherm beseitigt werden konnte, dies geschah,
als nach den furchtbaren niederlagen im Hunnibaliscben kriege Scipio
das römische heer reformierte, weiter mich über diese frage hier zu
verbreiten verbietet mir der zugemessene raum^indes hofie ich sie
in kurzem bei der besprechung der schlachten von Cannae und Zama
klar stellen zu können. — Was ergibt sich nun aus unserer betrach-
tung für die art der ablGsung in der cohortenlegion?
I) Die beiden einzigen stellen in Caesars bericht, die man als
beweis einer 'treffenablösung' beigebracht bat, schlieszen dieselbe
für die betreffenden kllmpfe geradezu aus.
'2) Gegenüber dem unmÖglicheB einrücken geschlossener tak-
tischer einbeiten in erst zu bildende intcrvalle der gefechtalinie er-
weist sich das aufsehlieszen der reserve auf die letzten glieder des
Tordertreffens und von da aus ihr allmähliches oder schnelles vor-
rücken durch die intcrvalle zwischen den einzelnen rotten als das
einfachste, an keiner nennenswerten Schwierigkeit sich atoszende
manöver.
Bei dieser art wird einmal an keinem punkte der kämpf unter-
brochen oder die truppen in der fUhrung der waffen gehemmt, ferner
an keiner stelle die acks dem feinde zum eindringen geöffnet und
endlich die zur Unterstützung des ersten treffen» bestimmte reserve
nicht auf Einmal aufgebraucht, sondern nach und nach da, wo es
nötig ist, verwendet.
860 FGiesing : verbtärkuug und ablÖBung in der cobortenlegion.
Zum schluuz noch einige bemerkungen für diejenigen, die auch
nach den arbeiten von Delbrück und Fröhlich yon dem glaaben an
kampfintervalle von frontenlttnge zum zweck der ablösong nochnicht
ganz bekehrt sind, selbst wenn man diese regelmässigen Unter-
brechungen der gefechtsliniü für die manipuUrlegion zugeben wollte,
da bei der geringen ausdehnung der manipelfront auch jene Inter-
valle nicht beträchtlich sein konnten — Livius selbst nennt den ab-
stand ein modicum spatium — selbst dann musz man eine solche
taktik für die cobortenlegion entschieden abweisen, für den nah-
kampf einer in fortlaufender front aufgestellten ctdes musz sich not-
wendig das taktische gesetz ergeben: je gröszer die taktischen
grundeinheiten werden, desto widersinniger erscheinen
regelmäszig wiederkehrende kampfintervalle von fronten-
länge dieser einheiten.
Auszerdem wissen wir für die zeit von Trajan ab bestimmt,
dasz die cohorten des vordertreffens in geschlossener front dh. ohne
cohortenintervalle gefochten haben, wäre aber in der kaiserzeit eine
so einschneidende änderung in der taktik vorgenommen worden,
dasz man von der aufgelöbten oder zerstreuten gefechtsart znrfick-
gekehrt wäre zu der geschlossenen , pbalanzartigen , so würde diese
neuerung als die bei weitem wichtigste von allen sicher sich irgend-
wo erwähnt finden, da man abar nie von der aufstellnng in fort-
laufender front zu einer andern übergegangen war, so konnte man
auch nicht zu jener zurückkehren.
Wer sich ferner in» gedächt nis zurückruft, mit welch peinlicher
Sorgfalt in jedem kämpfe Caesar auf die Sicherung der flanken seiner
aufdtellung bedacht war, wie sollte der glauben können, dasz derselbe
feldherr die flankea jeder taktischen einheit dem feinde preisgegeben
und bo eine gefahr, die er an zwei punkten vermeiden wollte, an
vielleicht zwanzig andern stellen verachtet hätte? man könnte viel-
leicht einwenden, für die deckung der flügel der einzelnen cohorten
bei gesorgt gewesen durch dichtes aufschlieszen des zweiten treffene
auf die intervalle des ersten, so dasz das erbte glied des zweiten treffens
fast in gleicher höhe mit dem letzten der gefechtslinie gestanden
hätte, allein zu jeder zeit, im beere Caesars ebenso wie hentCi
haben zwei hauptforderun^en für die aufstellung der reserven ge-
golten : ^'inmal müssen sie allerdings in solcher nähe des vordertreffims
ihren platz erhalten, dasz sie im rechten augenblicke zur unterstütsang
oder ablösung eiutreflfeu können; anderbcits aber sollen sie durch ihre
aufstellung vor ihrem eingriflf in das gefecht möglichst gegen die ge-
schobse des feindes gedeckt, vor Verlusten gesichert sein, diese zweite
forderung bedingt also eine gewisse entfemung der reserve von der
gefechtslinie. in dem beere der alten konnte dieser abstand natür-
lich geringer sein als in un&erm heere und auch im offenen geUtaida
auf ein sehr geringes mabz beschränkt werden ] immerhin aber mnsie
ein gewisbcr abstund da sein, ein unmittelbares aufschlieaaen der
cohorten dc& zweiten treffens auf die intervalle des erbten hätte die
FGiesing; Verstärkung und ablöBung in der coh orten! egion. 861
reserve hilflos den feindlichen fernwaffen preisgefiebei). als Caesar
in der Nervierscblacbt von dem eiegTMchen linken Hügel zum rechten
kommt, ist die zwölft« und siebente logion, die hier der Übermacht
der Nervi er gegen II b erstefa en , der Vernichtung nahe, beide — sie
stehen in einiger entfernung (non magno iniervallo) von einander
— sind von den Nerviem in der front und in den flanken Kugieioh
angegriffen, und schon droht die gefahr auch im rocken der römi-
schen stellnng, da ein teil der Nervier sich des rSmischen lagera be-
mächtigt hat. da entcbeint im letzten augenblicke der feldherr;
seinem perEÖnlicheD mnte und beispiele glückt ee das treffen heniu-
stellen; darauf gibt er den beiden legionen befühl eich allmShliob
einander zu nShem, natürlich zunächst deshalb, um den fsind wenig-
stens aus je (-iner flanke der beiden legionen zu drängen. CuesHr selbst
bezeichnet us ala gegen alle taktische regel verRtosiend , dasE die
legionen getrennt von einander bätteu kämpfen müssen infolge
des stOrmiscben and Oberraecbenden angriffs der feinde, auch der
unbedeutende abstand zwischen der zwölften und siebenten legion
erscheint, also irregulSr, der rümischen laktik nicht entsprechend,
nur durch die not des angenhiicks geschaffen, war aber ein mäsziges
inlervall zwischen den einzelnen legionen eines Hügels oder dea cen-
trumsgeföhrlieb, um wieviel mehr hatten es dann reget mfiszig wieder-
kehrende Intervalle von ungelähr 60iiieteni zwischen den einzelnen
cohorten sein mUssen !
Wie aber, iVagt man, ist jene wunderliche ansieht von einer
zerrissenen front der cohortenlegion entatandenV verschiedenes hat
offenbar hier zusammengewirkt, da in der normal auf Stellung der
legion im ersten treffen vier, im /weiten und dritten je drei cohortan
standen, so conslruieil* man sich fUr das bequeme einrücken der
hintern trnppenjene drei festbleibenden Intervalle, ohne an das wider-
sinnige der Sache zu denken, die linien zu dieser scheinbar so nator-
gemUsien xeichnuug bot vor allem die falsch verstandene stelle des
Livius Vin 8. ferner verleitete zu jenem Irrtum auch eine unklare
Vorstellung von dem unterschiede zwischen pbnlanit und acies. dar
festgeschlossenen colonne oderphnlnni stände, so meinte man, in der
acies die aufgelöste oder zerstreute gefecht-ordnung gegenüber, nicht
darin aber besteht dieser unterschied, dasz jene eine ununt«rbt-ochene,
diese eine durch viele regelrnttsiige Zwischenräume zerrissene li&ie
darstellte — das wäre wahrlich für den kämpf mann gegen mann
eine klägliche neuerung in der taktik : vielmehr int der foi-tsehritt,
den die manipulartaktik macht, Einmal der, dasz der verband der
acies lockerer trt , dh. dasz die völlig entwickelte römische acies zu-
sammengesetzt ist ans kleinem, leicht wieder von einander lösbarra
taktischen einheiten und dasz sie dadurch beweglicher, wandlunga-
fähig und so für jedes gelSnde verwendbar wird, ein vorteil den
Polybios XVIII 31 u. 32 besonders hoch anschlägt; zum andern
nber stützte sie sich auf starke, an bestimmten punkten aufgestellte
re?.ervtn, die sehne!!, ohne dasz der kämpf eine Unterbrechung er-
j
862 HStendiDg: zu Giceros Cato maior [§ 58]. — WSchmits: lAkdonAm^
litt, dem feinde entgegen geworfen werden konnten, wenn [das
Yordertreffen in bedrängnis geriet oder doch die Sache nicht snr
entscbeidung bringen konnte, endlich ist sicher auch nicht ohne ein-
flasz gewesen ein falscher vergleich mit der zerstreuten gefechts-
ordnnng unseres Jahrhunderts.
Dresden. Friedrich OiESiifo.
113.
ZU CICEEOS CATO MAIOR.
§ 58 ^\>% haheant igüur arma^ sihi eguaSj sibi hastas^ aibi davam
et püam, sihi natationes atque atrsus, nohis senibus ex Jusumibus
mfdtis ialos rdinquant et tesaeras; id ipsum utrum (Variante umtm)
lubehitj qtwniam sine iis beata esse seneclus potest. Sommerbrodt und
Meissner streichen die ganze stelle , Lütjohann erkl&rt sie zwar fBr
echt, glaubt aber dasz sie fälschlich an diesem ort eingereiht sei. da*
neben schlägt Sommerbrodt als mögliche correctur vor: sibi habeani
. . cursuSy quoniam sine eis beata esse senectus poiest; nobis semibus
ex lusionibiis muUis id ipsum tmum ialos rdinquant et iesseras,
Eraffert setzt hinter igitur noch iuvenes ein , was bei der einfacbheit
des Zusammenhangs schwerlich nötig ist. schwierig sind nur die
Worte id ipsum utrum (variante unum) lubebit, Naack hat für
utrum deshalb uicumque vermutet, offenbar will aber Cicero sagen,
dasz nicht alle greise das Würfelspiel zur Unterhaltung nötig haben,
da ja viele edlere beschäftigung finden; deshalb scheint mir ein-
facher und angemessener, wenn ich ut cuique lubebit schreibe, für
den ausdruck vgl. Phü, 1, 33 quod cuique Übet; de domo sua 37 iä
cuique äliquid accid4irit\ pro r. Deiot. 26 ut volet quisque.
Würzen. Hermann Steüdiho.
(80.)
LACTORATES.
Als Völkerschaft werden die Lactorates nicht blosz an den (obaa
s. 615) von GZippel angegebenen stellen, sondern auch in den Tiro-
nischen noten erwähnt, und zwar in einem bei G ruter s. 136, 2
mit Puicoli beginnenden und s. 145, 1 mit Transpadanus schlieszen-
den Verzeichnis geographischer noten. daselbst findet sich s. 142, 3
bei oinem inchy graphischen schriftbilde, welches die bestandteile
L(a)CTis enthüll, das interpretament Laduratis^ wozu die hsa. der
notoncommontare die Varianten Ladoraiis und leduratis darbieten.
schon ITFKopp erklärte in der palaeogr. crit. II s. 540, dasi dai bei
Plinius n. h. IV 108 stehende Laiusates in Ixidorates oder Ladwraies
zu verbessern sei.
KÖLN. Wilhelm Scbmits.
LOurlitt: geaen ueitatn epiettil&rur
GENEBA USITATA EPiaTÜLARDM.
Seit ich meine Buffassang über die eotstehung der Ciceronischen
briefHamlung nusrubrlich in meiner dis^ertation (Göttingen 1S79)
Torgfefaagen habe, ist für diese manche, gegen sie nicht 6ine stimme
Unt geworden und der versuch unterblieben, die frUhern hypothesen
Ton PHofmann und BNake wieder ins leben zu rufen, ich darf daher
mein ergebnis in der bauplasche als gesichert betrucbten. seitdem
habe ich es mir angelegen sein lai^sen, bedenken, welche im einzelnen
noch von den recensenten geltend gemacht worden waren, zu be-
seitigen' und berichtigungen zu geben, durch die jedoch die grand-
snscbauung nicht erschüttert, sondern erst recht gestutzt wurde,
auch das folgende '^oU der weitem Aufklärung des schwierigen pro-
blems dienen, wo jede directe Überlieferung fehlt, da müssen wir auch
scheinbar geringfügigen beobachtungen wert beilegen , die sich aus
einem ntudium der samlung seibat ergeben.
Die frUhern versuche die Ordnung der blicher innerhalb der
eptsftdac ad fam. als ursprünglich und TOm berauageber beabsichtigt
za erweisen haben sich als fruchtlos ergeben, wir haben vielmehr
anzunehmen, dasz die libclti einzeln in die Öffentlichkeit gegeben
wurden, dies liesz sich besonders an buch XIII nachweisen, welches
mit seinen 79 empfehlnngsbriefen ein ganzes für sich von anbeginn
an gebildet haben musz. ich halte noch an meiner Vermutung fest,
dasz es schon im sommer 710/44 von Tiro unter Cieeros äugen
herausgegeben worden nnd dasz darauf die bekannte stelle ad Atl.
XVI 5. ö za beziehen sei: mearum episttilarum nuUa esl ilvvayioytj*^
sed habel Tiro inslar septuaginta, et quiäem sunt a fe quaedam sumen-
dac. cas ego oportet perspiäam, anrigam; tum denique edcntwr.
die eigenart dieser briefsamlung, die fast gleiche zahl {instar septua-
ginta und 79) und besonders der umstand, dasz b. XIII nur solche
empfehlungabriefe enthält, welche vor abfassung obiger worte, vor
a. d. VII Idu6 Quinctiles 710/44 geschrieben sind, rechtfertigt diese
beziehung (diss. s. H ff.), es schien aber bisher, als ob sich Cicero
darauf bescbränkt habe, nur diese gattung der unverfönglichen
empfeblungsbriefe bei lebzeiten als eine art 'briefsteller für die feine
Reit' bcraoszugeben. diese annähme wird erschüttert, wenn sich
noch anderwärts bUcher nachweisen lassen, die nicht nur nach den
I Herliner philol. woohensclirift VII n. 28 s. 891 ff.; Programm des
HtegHtzcr pronjmnBBiumB 1888; auch jshrb. 1880 a. 63Ü ff.; Pliilol.
Klipp!. IV a. B0& ff. ' WBH Cioaro noler ciuer cuvaxuJT^ veratand,
t'clic Hiia ad All. IX 13, 3 bervor, wo er >ich auf t^ioe vollBtUndige
zuisminetiBtGniin^ der von Atlicas in IX 10 erteilten riitsclilSga
nit den »urteil beruft: awayrnyi) eontiliorum tuarum non etl a me eolleela
, seä magii ad c
: vollständige Bamlnng: die
1
864 LGurlitt: genera usitat« epistularum.
empfllngern, sondern auch nach dem genus episttdarum geordnet sind
und sich dadurch als mustersamlungeu erweisen, ich hatte schoii
früher darauf hingewiesen (diss. s. 29), dasz buch VI eine solcbe
Sonderstellung einnimt, da in ihm mit unverkennbarer absieht trost-
briefe (1—8. 10. 14. 20. 21. 22) und glflckwunschbriefe (11. 18.
15. 17. 18) vereinigt sind, dasz eine solche gnippiemng ganz nach
dem Systeme Ciceros wSre, ist mir erst später aufgefallen. Cicero
spricht sich nemlich mit groszer klarheit in einem briefe an P. Nigi-
dius Figulus (ad fam. IV 13 a. 708/46) über die verpchiedenen
genera episttHarum aus: quaerenti mihi iamdiu^ quid ad ie poiiasi'
mum scriberemy non modo certa res nu/7^i, sed ne genus quidem
Jüterarum usitatum veniehat in mentem. unam enim pariem et «ofiMe-
tudinem earum episfularum^ quibus secundis rebus uti soleba-
muSy tempus eripuerat perfeceratqu^ fortuna, ne quid tibi täk jcn-
bere possem auf omnino cogitare, rdinqxiebaiur friste quoddaim et
miserum ethis temporibus consenfaneum genus litierarum; id quoque
deficiehat mcy in quo debebat esse auf promissio auxilii ailicuius
aut consolatio dolor is fui. quod poUicerer, non erat . . (§ 4) etyo
hoc ereptum est litierarum genus. reUquum est uf consoler et ad-
feram rationes, quibus te a molestiis coner abducere • • (§ 6) redeo
igiiur ad id, iä iam tibi etiam poUicear ali^id usw. dazu kommt ein
zweiter brief an C. Scribonius Curio {ad fam. II 4) ans dem
j. 701/53, in dem es ähnlich heiszt: epistularum genera müUa esse
non ignoras, sed unum illud certissimumy cuius causa inventa res ipsa
esty ut certiores faceremus absentcs, si quid essd^ quod eos
sdrc aut nostra aut ipsorum interesset^ . . reliqua sunt epistularum
genera duo^ quae me magnopere delectant : unum familiäre ei ioeo-
sum, alterum severum et grave . . (§ 2) utar ea dausula qua
söleo, tcffue ad Studium summae laudis cohortabor.
Danach stellt sich folgende gruppierung der briefe dar:
I epistuloe quibus certiores fncimus absentes.
IT genus familiäre et iocosum, quo secundis rebus uti solemus.
III genus sevrrum et grave, triste et miserum.
a) promissio auxilii, cohortatio.
b) consolatio doioris*, rationes adferuntnr, quibu8 a mole-
st iis abducatur.
(IV epistuhie commendaticiae )
glilckwunschbriefe sind jedenfalls zu dem genus grave zu reebnen,
und e> fcichoint daher in der Ordnung, dasz wir sie in b. VI mit der
grnppo III '•, mit tro>t- und o ^mahnung^ brief on, ver^-inigt finden, wir
haben hier also thatsächlich im gegensatz zu den meisten Übrigen
nur nach den adressaten oder nach chronologischen gesichtspnnkten
geordneten büchern eine gruppe inhaltlich verwandter briefe, wie
' (IffrHolbe ffcdanke ad (J. fr. I 1, 87. * mit diesem fallen an-
ffaiiiineu die kInf?e)>riot*o und vorwurfsvolle briefe, in denen gleieh-
flam trost und geuugthuung erbeten wird.
LGurlitt; geaera OEitata epUtularani. 865
in b. SIII. dasselbe gilt aber wohl auch — was bisher meines
Wissens noch nicht ausgesprochen worden ist — für das b- Y. die
21 briefe dieses baches sind an zwülf verschiedene empfUnger ge-
richtet und erstrecken sich auf eine zeit von 17 jähren (692/62 —
709/45). sie gehören silmtlich dem gemis scvervtn an, ebenfalls ohne
strenge Scheidung in dessen Unterabteilungen.
Inhalt der briefe des buch V:
1. Q. Metellus beklagt sich, dasz Cicero seinen bruder befeinde.
2. C. rationes adfert, qnibuB Metellnm ab bis molestiis abducat.
3. Metellus dankt daffir.
4. C. macht Metellus vorwtlrfe propier tHmuiatwm imimi'/m und
bittet um beistand.
b. C. macht dem 0. Antonius vorwürfe, dasz er gegen ihn un-
dankbar sei. ''
6. C. klagt dem Sestius 'tarn välde esse mviaiam voktntaiem'' eins.
7. C. macht dem Pompejas vorwürfe, dasz er ihm nicht zu
seinem consulate glück gewünscht habe.
8. rationes adferuntur, um die zwischen Cicero und M. Lioinius
CrasBoa eingetretene Spannung zu beseitigen.
9. VatiniuB beklagt sieb über seine nidersaoher und bittet Cicero
um seine anwaltschaft.
10 u. 11. anhangsbriefe dazu.
12. C. bittet Luecejus seiner in seinem gesch ich ts werk rühm-
lich zu gedenken.
13. klagebrief an denselben (§ 5 qvanlum potero me ab omni-
hus molestiis et angoribiis abducam).
14. trostbrief des Luecejus (§ 2 doleo, quia doles et angere).
15. 0. klagt (§ 1 Ülius tanti vulneris quae remedia esse dehebant,
ca nvlla sunt).
16.17. 18. trostbriefe bei iodesföUen an Titius, Sestius, Fadius.
19. ermahnungsbrief an Eufus.
[20. C. an denselben. Inhalt mehr eriählend.J
21. trost- und ermahnungsbrief an Mescinius.
Unleugbar liegt hier eine absichtliche gruppierung der briefe
vor, einesamlung von tadelnden, ermahnenden, tröstenden
briefen, also jene guttung, bei der es besonderer vorsieht und kunst
bedarf, um dos empfSngera empfindungen nichtzu verletzen, bei der
jedes wort sorgsam erwogen und auf die Stellung und Stimmung des
empf^ngers bemessen werden musz. es ist sehr wahrscheinlich, das»
sich Cici^ro gerade von diesen briefen den Wortlaut aufbewahrt hatte,
sei es dasz er sie erst im concept ausarbeitete, sei es um sieh
nötigenfalls auf den Wortlaut berufen zu können, oder weil er an den
briefen selbst groszes gefallen fand.
^ aiiBilriicklich sagt er daaz dieser brief uicht ala 'enipfehlaagB-
brief (für Ätticn») aafsufsBBen Bei: etH ilatHeram nulla* ad te litteran
miitere niti comintndaliciai . , lamen . . aliguid mi/d icribendum phlatii.
J
866 LGorlitt : genera mitata epi£taiAniia.
Gleich buch Xlii enthalten die büdier Y und VI keine briefe,
die fiber mitte 710 44 hinaasreichen, ich yermnte daher dasz auch
sie damak von Tiro zosammengestellt imd bald nach b. XIH, welches
den anÜEUBg machte, als *briefmoster' noch znCiceros lebzeiten heraus-
gegeben worden sind, früher hielt ich bnch V gleichsam fOr einen
supplementband, in dem nachträglich gefundene briefe zusammen-
getragen wären, es ist gewis ansprechender, wenn wir jetzt diese
samlang ernster und znm teil sehr diplomatischer briefe, die an
mftnner wie Cn. Pompejus, C. Antonius, M. Crassus, Q. Metellas
gerichtet sind , als eine erste blüteniese ansehen , worin sich der ge-
wandte diplomat selbst als meister der ernsten briefgattang, des
genas severun^ grate, triste, misemm darstellte, wenn darunter auch
einige briefe vorkommen, die nicht ganz streng in diese gattung passen,
so ist das auf die absieht zurückzuführen , ohne not briefe an den-
selben empfänger nicht zu trennen, es finden sich nirgend wieder
briefe an dieselben männer, an welche die briefe der bücher V und VI
gerichtet sind. * die hier vorliegenden scheinen also den ganzen Vor-
rat, den Cicero noch von den betreffenden briefschaften besasz, aus«
gemacht zu haben.
Consequenter weise müsten wir nun annehmen, dasz Cicero auch
für das genus familiäre et iocosum eine kleine mustersamlung heraus-
gegeben hätte : dann wäre der nach seinem System ausgearbeitete
'briefsteiler' fertig gewesen.
'' die aDgeblichen vier bücher ad Pompeium, von denen Noniiu spricht,
hat es nie gegeben: vgl. Berliner philol. Wochenschrift VII n. 28 s. 6S3ff.
Steglitz. Ludwig Gcrlitt.
(103.)
ZUM IRREALIS PRAETERITL
Wenn PStamm oben s. 776 behauptet, dasz in der constmction
der acc. c. inf. auch für den conj. imperf. des nachsatzes zu einem
irrealen bdingungssatze die form -urum fuisse eintreten müsse, so
kann ich die bierfür beigebrachten beispiele keineswegs als evident
anerkennen, dasz auch die form -^rum esse irreal gebraucht wird,
beweist Cic. de domo s%m 73 ostendit, nee stare potuisse rempublieam^
si ego non fuissem, nee futuram esse uüam, si non redissem^
und ebd. 1)6 dico . . me vidisse, si vicissemy tenuis rei pMieste
reliquias, si victus essem, null€is futuras, sc. esse, denn dasi
beim inf. fut. act. esse wegbleibt, ist die regel — bei Cicero geschieht
dies etwa bei zehn inf. fut. act. neunmal — aber niemand wird in
dem letzten beispiel fuisse ergänzen wollen, hier sind also zwei
fälle, wo als irrealis praet. nicht die form -urum fuisse , sondern
urum esse steht, was Stamm für unmöglich erklärt.
AProcksch : zum irrealiB praeteriiL 867
Was aber die von demselben zum belege fttr seine behanptimg
beigebrachten drei beispiele ^langt, so Übersetzt Etthner de fin*
Y 31 inteUegendum est, haec fpsa nfmia in quSbusdam futura non
fuisse^ nisi qaaedam essent modica nakira: 'man musz begreifen,
dasz selbst dieses übermasz des gef&hls bei einigen nicht wttrde
hervorgetreten sein, wenn nicht ein gewisses masz davon natttr-
lieh wäre', und diese Übersetzung bringt den gedanken klarer und
richtiger zum ausdruck, als wenn msoL fitura fiHsse einfach «» essetii
setzt ; es ist also hier kein irr. praei. anzunehmen, ebenso übersetzt
Kühner die zweite von Stamm angefahrte stelle de not. d, 1 122 ne
Tiomines quidem censetis, nisi imbeoüU esseni^ futuros teneficos e^
henignos fuisse folgendermaszen : *meint ihr, auch menschen wür-
den ohne schwäche nicht wohlthfttig und gütig gewesen sein . .?'
und jedenfalls ist es auch hier nidit zwingend, fuhuras (wisse für
directes essent zu erklären, die dritte stelle endlich , die Stamm für
;äeine neue regel anführt, seheint dieselbe noeh weniger zu beweisen,
Livius II 28, 3 si essent in re pubUca magishraiuSf nMum futurum
fuisse Bomae nisipuhUcum concüiumi denn meines erachtens heiszt
das: Venn es wirkliche, energische consuln gübci dann würde es
zu keiner andern versamlung gekommensein/ ich sehe also auch
hier futurum fuisse als irr. praeteriti an. somit beweisen alle drei
von Stamm angeführten beispiele, auf die er eine neue regel gründet,
nicbtS; weil in allen dreien fidtunim fuisse als irr. praet. erUftrt wer-
den kann und, wie ich glaube, musz.
Von den 98 föllen, in welchen nach meiner beobachtung Cicero
die form -urum fuisse überhaupt anwendet, habe ich nur 6inen gefun-
den, der für Stamms neue regel , ich sage nicht spricht, sondern zu
sprechen scheint, denn epist, lY 9, 2 an | qui in &e0o , cum ommwm
nostrum coniundum esset pericuktmy suo . . consiUo uteretur (Pom-
pejus), eum magis communem censemus in victoria futurum fuisse
. . et qui nee te consute tu/um sapientissimum eonsiUum seoutus esset^
nee . . vohis auäorihus uti voluerü^ nunc omnia tenentem nosbras
sententias desideraturum censes fuisse? scheint allerdings das
nu7ic ein desideraret in der directen rede zu fordern; sieht man aber
genau hiu; so wird man eine Vermischung zweier zelten anzunehmen
haben, und der gedanke ist: si vidor vvverety non desideraret^ sed victus
et mortuus est] dafür tritt ein: etiam si viäus et martuus non esset^
non desideramsset . . er würde unsem rat nicht begehrt haben.
Wäre es nicht besser, ehe man neue regeln aufstellt, die dann
leider allzu leicht eingang in die lehr- und Übungsbücher finden, man
sammelte erst den stoff vollständig und prüfte die einzelnen stellen
genauer?
Eisenberg. August Pbook80H.
67
REGISTER
DER IM JAHRGANG 1888 BEURTEILTEN SCHRIFTEN.
Kita
C, Cichorius: de fastis consularibus antiqaissimis (Leipzig 1886). . 44
K. Manitius: des Hjpsikles Schrift Anaphorikos kritisch behandelt
(Dresden 1888) 761
JS. J. Müller: L. Annaei Senecae oratorum et rhetomm sententiae
divisiones colores (Wien und Leipzig 1888) 878
A. Waliz: Oeuvres d^Horace. Edition classique (Paris 1887) ... 69
Zeitschrift der Vereins zur erforschung der rheinischen geschichte
und altertümer zu Mainz. III 4 (Mainz 1887) 189
SACHREGISTER.
ac und atque vor consonanten 171 ff. Augustodunum (rhetoreoBohole )
711 f. 719 ff.
Achilleus 829 ff. Ausonius 79 f. 338 f.
öxpi and fi^XP^ ^®^ Xenophon 745 ff. Avienus {ora maril.) 347 ff.
j4e8iit 7 f. biblische parallelen zu Homeros 15 ff.
•ai in vcrbalformen elidiert 744 Boethius [de syltog, categ.) 710
Aineias Taktikos 811 byzantinische hexameter 578 ff.
alter 771 f. Caesar 67 f. (6. Galt.) 77 ff. 776. 864.
dvoTiedvai 555 f. 861. (h, rto.) 850 ff. 856 f.
antbologie, griecb. 353 ff. lat. 695 f. Cato, gründnngsjahr Roms S73 ff.
Apollinaris »idonius 79 f. Catullus 483 ff. 777 ff.
Archilochos 680 Charisius 401 ff.
Aristophanes 245 ff. (Ach.) 648. Chorikios von Qaza 654
(schol.) 472 chronicon paschale 789 ff.
Aristoteles (rhetorik) 681 ff. (poetik) chronologisches 340 ff. (griech.)
102 ff. 529 ff. (röm.) 299 ff. 789 ff. 8SS ff.
Arrianos 114 f. Cicero 132 ff. 170 ff. (p. r. iMoi.)
arznoikunde im alt 153 ff. 364 ff. 137 ff. 398 ff. {de nai. d,) 481 f.
Aäinins PoUio 368 ff. (de dh.) 769. [Cato m.) 862. (epirl.)
*A9f)vai 3 ff. 863 ff. {epUt. ad Br.) 179 ff.
Athonaios 113 cognomina, lat. 45 f.
atque und ac vor consonanten 171 ff. cohortenlegion 849 ff.
711 f. ConcoiiDütiacus 613 ff.
atqui 176 ff. cor 771
*ATTiKr) 3 ff. Cornelius Nepos 706 ff.
attisches recht 473 ff. culturgcschichte des Hom. seit-
iinguralwescn der Römer 380 ff. alters 793 ff.
544 ff. Cumae (gründungsieit) 840 ff.
Curtias Bofn» 711 f.
DeiDon 1!3
DenioBtheDe« (Olynth.) 512. [gegen
Theokrineaj 473 ff.
DictyB 830
dies fatti und Tiffaiü 833 ff,
Diodorot von Sikelien 114. 613 ff.
DioQjEioB TDD Euboia 119 ff.
Diopyaios v. Halik. (arcb.j 46. 644ff.
(rhel.) 649 ß.
Dioa;aio8 Periegetex 525 ff.
Diphilos (ftrzt) 364 ff.
Dlylloa 1!» ff.
Donatiannt 404 i'. 437 ff.
doppelgTÜnduug vod eolanten 345 ff.
doinnrua 701 ff.
ebbe nad Sat 822 ff.
eCXui ttUiu tkKui iXXiu 738 ff.
Empedofeles 4'24 f.
endeiiis 478 ff.
Ephoros 341 ff.
^TnTpaqKil der llom.rhapsodien 577 ff.
810 f.
-ette, ortsnamea aat 8 ff.
etiom 771
Eamenina 718 ff.
Eupborlon UG ff.
Enripides 660 ff. (Andr.) 167 ff. (tpb.
Aul.) 666 ff. [RbesoB] 667 ff.
Eatropiaa 386 f.
fatti cfmuiares 44 ff,
Festas 380 ff.
floritegien, gritcL, 456
gallische verbültnisae 613 ff.
grammatiker, 1«t. 401 ff.
grammatiache« (lat.) 67 f. 171 ff.
271 f. 767 ff. 866 f.
griecbiache geachichte 532 ff. 639 ff.
Hekatombeua (moaat in Lakonien]
529 ff.
Herakleidea von Ryme 121 ff.
Herodotoa 324 ff.
Ueaiodoa 241 ff. (tbeog.) 131
Hikeaios (aret) 364 ff.
Hipponnx 622 f.
JnstinQG 335 f.
Kabeirencnltua 626 ff.
Kadmoa von MUet 116 ff.
kaisergeachichte, röni. 713 ff,
kaleader, röm. 833 ff.
KBlHmaclioa 361 ff.
katbaraia 10! ff.
KaeiepoOv 636
Ki^ulXo( 6 f.
Kleitarcboe 129 ff.
krieganeaen, röm. 849 ff.
Krinagoraa 359
KUKEltlV 522 ff.
KflleDe 68 ff.
Kyma 340 ff.
Lactora in Gallien 616 f. 862
logion, rom. 849 ff.
Leabos 829 ff.
Ligarer 9 ff.
Liviua 304. 333 f. 465 ff. 848
LiviQB AadronicTia 485 ff.
AoTTÜJvec 332. 664
LnbiaDoa (reatvorleanngen) 562 B
Lykophron 146 ff.
Ljaiaa 306 ff. 471
Macrohiua (in tomn. Seip.) 376
Mainz (inachriften u. Rheinbrffcko)
189 ff.
Halalaa 792
Maatia Tsraefon 348
matbematiker, griecb. 761 ff,
^^XP' "id Sxs» bei lleiiapboD 746 ff.
Megara 7-29 ff.
melrik, byzantinische 678 ff.
militSriachea , röm. 849 ff.
509 ff 793 ff (11.)
5 ff. 226 ff. 613 ff.
■moBbyninoH)784ff.
Homeroa
12 ff, 81 ff. 1
(Od.) 233 ff. {Ui
bibl. parallelen eu u. lo a.
Horatina 69 ff. {carm.) 383 ff. 781fr.
{epiit.) 667 ff. 697 fl,
Hyakinthienmonat iu Sparta 639 ff.
Hypaiklea 761 ff.
'iKOpDC 1 f.
indictionen, Conatanliniacbe 789 ff.
inachriftlicbea (iat) 339 f.
ipte 67 f. 769 f.
irrealia praeteriti TT6. S66 f.
laata 7 f.
MinmermoB 742
Min uc ins Felix 397 ff.
manalanamen , griecb. 529 ff.
nrnltas 483 ff.
MuitUani 335
mythologiacbea 68 ff. 626 ff. 829 ff.
Qsmeii, antike, gedeutet 1 ff.
naatiscbes 832. 664
NepoB, Cornolina 706 ff.
Naukarthago, gründung 347 ff.
■QtuMi S42 ff.
onomatologie, antike 1 ff.
UrientiuB 389 ff.
Ovidiua ipiel.) 286 ff.
Palaemon , Bemmina 406 ff:
paläographiacbea 338 f.
puuegyrici latini 713 ff.
paromiograpiien 472
Pauliuua Pellsena 396 t.
Pauaaniaa (perieget) 49 ff.
Peraerkriege 533 ff.
PeraiuB 298
PbiUstoa 128 f.
Pindaroa (Pyth.) 455 f.
870 Sachregister. — Berichtigungen.
Plataiai (schlacht) 324 ff. (Überfall Sillas Italicus 193 ff.
im pelop. kriege) 329 ff. situs (snbst.) 383 f.
Piaton (apol.) 160. 756 ff. (Kriton) Selon 742
758. (Prot) 758 ff. (Staat) 105 ff. Sophokles (Ant.) 159. 451 ff. (El.)
(Gesetze) 102 ff. 649. (OT.) 441 ff. 650. 743 f.
Plaatus (aul.) 763 f. (mgL) 765 f. Stephanos (grammatiker) 578 ff.
Plinius d. ä. (grammatiker] 413 ff. Stobaios 456
Plutarchos (Coriol.) 113 f. (symp.) Strabon 826
557 ff. Tacitus [dial.) 572 ff. (ann.) 736 ff.
Pollio, Asinins 368 ff. (hist,) 440
Polybios 348 f. 350. 617 ff. tage, römische 833 ff.
Pratinas 663 f. Tarseion 350 f.
proterere 783 f. T€p€TiCfiöc 826
pulsare (puUare) 787 f. Themistokles (briefe; 115 f.
Quintilianns 489 ff. Theodoros Prodromos 592 ff. 601 ff.
responsion bei den griecb. tragikern Theognis 729 ff.
657 ff. Theokrines, rede gegen 473 ff.
rhetores lat. minores 712 Therikleische becher 828 f.
Rom, gründnngsjahr 373 ff. Thukydides 329 ff. 655 f.
römisch - karthagische handclsver- Timaios (historiker) 815 ff.
träge 348 ff. Timoleon 161 ff.
Komanus, C. Julius 412 ff. Tyrsener 53 ff.
Sagra 2 f. Tyrtaios 655 f.
Sallustius 61 ff. Tzetzes, Johannes 592 ff. 601 ff.
se und inter se 271 ff. Vegetius 337 f.
Seneca (rhetor) 273 ff. 293 ff. Vellejus PaterculuB 348
Seneca (philosoph) 397 f. [apocolo-* Vergilius {Aen.) 141 ff. 186 ff. 633 ff.
cyntosis] 843 ff. veritas 772 f.
Servius (zur Aen.) 377 Xenophon 745ff.lanab.) 863f. (Hell.)
Sicoris 2 539 ff. 812 ff.
Sikclien, geschichte 161 ff. ^
BERICHTIGUNGEN IM JAHRGANG 1888.
s. 104 letzto zcile lies
Stettin. Geubu K.haack.
statt St. G. K.
s. 715 z. 21 V. u. lies HRühl sUtt FRühl.
Berichtigung.
In einer Rezension, welclie H. Diels Über den die Orgibiker
behandelnden Abgchnitt des eraten Bandes meiner 'griechiBchsn
Culte und Mytlien', im Archiv fUr Gesch. d. Pbil. 11. 91 ff. var-
öffentlicht, befinden sich erbeblicbe Irrtümer, welche icb, da die
genannte Zeitschrift grundsatzlich keine Bericht) gangen bi-ingt, an
dieser Stelle klar zu legen verBachen raufs.
Irrtümlich ist die Behauptung, dafs die Abhängigkeit dea
Herakleitos von 'Orpheus' von mir aus dem orphiscben Fragm.
Clem. Strom. 624 gefolgert werde. Weder auf der \on D, citierten
Seite 650 meiues Buches noch irgendwo sonst findet sich eine
Stelle, welche diese Auslegung berechtigte oder auch nur erklärte.
Das unheilbEW verstümmelte aber in seinem Sinne klare Fragment
ist überhaupt nur gelegentlich als Parallele zu Clem, coli. 22 B;
Flut. Is. 28 mitgeteilt. Eine Bcblafsfolgerung wird aus demselben
weder gezogen noch angedeutet, geschweige denn die von Diels
behauptete. S. 653 wird im Gegenteil das genannte Orpheusfragmeni
gerade für ungeeignet erklärt, die Abhängigkeit dea Herakleitos
von OipheuB zu erweisen. D. selbst hat diese letztere Stelle
wohl beachtet, aber anstatt danach sein erstes Mifsyerstöndnia
zu berichtigen, schreibt er mir auch noch Selb st Widerspruch zu.
unzutreffend sagt D., dafs ich die Berührung des Hera-
kleitos mit den Oi'phikem aus der angeblichen Übereinstimmung
in dem Ausdruck '/usammenfliefsen' gefolgert habe. Im Gegen-
teil wird S. 646 dargethan, dafs die Orphiker sich das Zusammen-
fliefsen des Alis im Einen als 'Zeuswerdung', als ' Verse hUngung'
oder als 'Weltverbreimung' vorstellten, und dafs sich diese Aus-
drucke oder Spuren derselben auch hei Herakleitos finden.
Irrig ist überhaupt meine ganze Ansicht über das Verhältnis
der vorsokratischen Philosophie zu den Orphikern wiedergegeben.
Eine Abhängigkeit etwa im Sinne Pfleiderers, welche dazu be-
rechtigte, alles, was z. B. dem Ephesier mit den Orphikern ge-
meinsam ist, sofort auf diese zurückzuführen, habe ich weder be-
hauptet, noch angedeutet, noch stillscbweigend vorausgesetzt.
Eine solche Annahme ist mit meiner Grundansicht, dafs die Beein-
flussung Griechenlands durch den Orient eine allmähliche war,
schlechthin unvereinbar. Was Diels gegen meine Ansicht ein-
wendet, dafs der Grundgedanke des wechselnden Entstehens und
Vergehens in dem einheitlichen Prinzip die gemeinschaftliche Grund-
lage der ganzen hylozo istischen Anschauung jener Zeit war, halte
ich ebenfalls für richtig — freilich zugleich für eigentlich eelbst-
verständlich.
Unzutreffend ist femer die Behauptung, dafs die Echtheit
des dem 'Sanchuniathon' zu Grunde liegenden Berichtes erst aus
den Übereinstiramungen mit den Orphikern gefolgert sei. Diels
J
_ 2 -
hat dies offenbar mifsverständlich aus S. 624 geschlossen, aber
S. 397 — 409 wird die Benutzung eines altphoinikischen Gedichtes
durch Philo sehr ausführlich lediglich aus den Fragmenten desselben
bei Eusebios dargethan. Ebenso sind die übrigen Berichte der
Griechen, weil sie ja in der That im Verdacht stehen, durch den
späteren griechischen Mjsticismus beeinflufst zu sein, nar in so
weit benutzt, als sich ihre Zuverlässigkeit durch Gründe ergeben
hat, welche von der Übereinstimmung mit den Orphikem unab-
hängig sind. Freilich sind diese Gründe gröfstenteils nicht in den
von Diels rezensierten Abschnitten* über die Orphiker entwickelt.
Bei der Darstellung meiner Ansicht über das Verhältnis der
Orphiker zum Orient vermischt Diels fortwährend mit meinen Re-
sultaten die vou Creuzer, Roth und Gladisch, mit denen er
mich auch in seiner Beurteilung auf eine Stufe stellt. Diese Be-
urteilung anzufechten, steht mir natürlich nicht zu; das aber darf
ich sagen, dafs er meine Ansichten nicht etwa blofs in Einzel-
heiten sondern in der Hauptsache mifsverstanden hat. Es ist un-
zutreffend; dafs meine Dogmen vergleichung die Originalität der
griechischen Denker nicht nur beeinträchtigen, sondern sogar ver-
nichten würde. Allerdings ist das Urteil über die Originalit&t
eines Denkers selbst nach Anerkennung des Thatbestandes der
Entlehnungen bis zu einem gewissen Grade subjektiv, und es
könnte daher wohl sein, dafs während mir selbst die griechische
Philosophie nur um so grofsartiger erscheint, seit ich erkannt zu
haben glaube, was sie von aufsen entlehnte, ein anderer in dieser
Entlehnung eine Beeinträchtigung ihrer Originalität sähe; von
einer Vernichtung derselben aber kann wohl allenfalls bei den
Büchern von Roth und Gladisch, nimmermehr jedoch, selbst bei
der weitestgehenden Berücksichtigung der Subjektivität des Urteils»
bei einem Buche die Rede sein, welches es auf das bestimmteste
ausspricht, dafs Griechenland dem Orient zwar zahlreiche religiöse
Dogmen entlehnte, dafs sich aber erst in Griechenland aus diesen
Dogmen eine wissenschaftliche Philosophie entwickelt hat Mangel
an Deutlichkeit meines Ausdrucks ist es nicht, welche dieses grofse
Mifsverständnis veranlafst hat.
Ebenso ist es unzutreffend, wenn Diels in Beziehnng auf die
von mir angenommenen orientalischen Originale der Orphischen
Litteratur von ^paradiesischer Urweisheit' spricht. Dieser Ausdruck
ißt in keinem Sinn auf meine Vorstellungen anwendbar; da ich
erstens nicht an das Paradies, oder einen paradiesähnlichen Ur-
zustand glaube, zweitens die Entstehung jener orientalischen Gedichte
nicht in die Urzeit, sondern in die jüngste nach den Quellen zu-
lässige Periode, in das achte bis sechste Jahrh. v. Chr. verlege and
drittens ihre Spekulation überhaupt nicht fUr Weisheit halte, so be-
zeichnet der Ausdruck vou Diels präzise das Gegenteil meiner Ansicht.
Berlin. 0, Gruppe.
Beririittgimg.
3n meiner Ueber(e|uTig iei 1. unb 3. »udieä bet SJerg. Sciwiä m
Cftanen: „Eeä Sieneaä Scrfalict ic." «etliii, Salaat? & 60. 1888, Su(% ),
©tropfe 49, 3«(e 7-8. Seile 31 bitte i^ ju lejen:
„EaS ßnie ift 61d6, B^it^ütgl Öe* ffleibeä SpaiTc;
9li*t ^etnml ben Icii^ieti gu& bet Saiten güüe."
grnntenflein i. et^Iei- ^lavt %vooft.
Dr. 0u|lat) ^m&t,
Ot^. ^ofiii uiTb SlTcriDt bei Sqmnanuint in natltiuti.
Sßxtii gebunben JC 2.60.
Sie flnetbifdie öcommalit Don SBenbt ift auSerorbentlirfi tlar unb über=
fii^Uit^ unb but^ous auf bie ÜÖebÜifnifle bei ©t^iule bfrei^net. Sie ent:
^ü(t, DDn ben Ülnfätigen unb Jlegiftein abgejef)eti, nur 14 ncitgefe^te IBogen.
ler SloR i(t burd)roeg auf ba* cigcntlii^ 9!oinienbigc befi^ränlt. t^Mielitdje
lebuttiontn Rnb nennttbeir. anmethingm nur fetir mcnige ent^Qtten. Sn
'Baiabigmen, SabeQen unb löeifpielen ift bngegen nhgenB* gefpart, bei ben
[enteren aud) auf einen tDectDoQen unb ancegenbcu 3n^U gcje^en tpaiben.
3!ie Ergebnifle neuerer epraif)Hii(fen(d)ofI liegen überall tu (Brunbe, ab«
milgclfilt ift babon im Sui^e TOenig, maniiei nur für bcn Sekret angebeulet
^lanmagig [tob alle ^ülfSmittel benuUl^ indt^e baä 6)ebäc^ini« unierftüßett.
^ie Siegeln finb jo tna))^ unb beutlic^ gefugt alä müglirfi. t<r>3rmenlebi:t' unb
Snntaj in Beilegung ju emanbet gebradii. überall bie 9tu;iDal)( bcr SBörtei
uno Söeifpiele bataiif betei^nei, bafe ber ®(i)&lei jugleiitl bis noiracnbige
9}D!obel(enntni8 erfiält. Eie l)oractifi))e unO ^erobolcift^e Formenlehre ift
gtfonbert be^anbelt, aber ebenfalls auf boä SSefentlic^fte befdirfintt. ttl«
ffln^ang folflt "" Don Sireltor Dr. Uljüg öerfafeler ©runbrig bcr fflteltil,
bei anä| iai für Sop^olleS SrforbeTlif^c bietet, fo loie eine Überfielt giie[l)i>
f(f)ei 3^itre(^nung unb ber mii^ligflen ^agbeft immun gen. — S)ie SuS^attung
in 91üiffi[^l auf @(t)rift unb Xiud entfpiii^t bcn tjeutigen Snforberungen
ber Schule.
3fbem «eörcr, ber fit^ für bicfe neue atiammattf intetei=
ficrt, (le^t ein gebunbeneS 3reitfemplat ju Sienften,
Berlin S.W., ißernburger Slrale 35,
iiad) ben preu^iidjen Soangelienperitopeii für fiö^ere ®c^uten
Dr. ^rtW. ^topvt,
Cinltlitix am tRcal-enninanuni tu SJDttbOufrii.
$omi(ctiIt!6 ric^tifl, iJÖbagogifc^ treffcnb, pocli(ct| er^Q&en.
Üierlng üon C. (Sigtntiorf {% lÜoppt) 9torti|nnfcN.
— 4 —
Triennium philologicum
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Grundzüge der philolog. Wissensohaften,
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Zweite vermehrte und verbesserte Auflage.
Heft 1, Preis 1 JC^ ist zar Ansicht durch alle Buchhandlungen
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Kritische Sichtung des Stoffes, systematische Einuieilung nnd
Gruppirung desselben, durchgängige Angabe der betr. Literatur, endlich
stete Hinweisung auf die in den einzelnen Gebieten noch nicht genügend
aufgehellten Partien sind die leitenden Grundsätze bei der Ausarbeitung
dieses ausschliesslich für Jünger der Philologie zum Bepertorium nnd
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griechischen Ldtteratur
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Das Lexikon erscheint in 5 bifl 6 Lieferungen ä S Mark (in Liefe-
rungen von 4 — 5 Bogen) und wird bis Mitte nilciiiten Jahres Toliat&ndig
in <}en Händen der Subscribenten sein.
l>rurli TOB B. O. Teudoer la I«cli>slf.
Zur griechisclien Bedentongslehre.
Eine Rechtfertigung.
Zaclier, aurserovd entlieh er Professor der Philologie in Breslau,
hat im Literarischen Central blatt (1888, Nr. 51 Sp. lliGB.) meine
griechische Be(]eatnngälehre einer ah Bpre eilenden Kritik unterzogen,
die wegen ihrer Willkür nnd Oberfl&clilichkeit, zumal hei dem An-
sehen jener Zeitschrift, zur Berichtigung imd Abwehr herausfordert.
Der Herr Recensent fafat die Summe dea Buches also zu-
sammen; „Die Etymologie soll vfillig aus dem Spiel bleiben, nur
die historisch bezeugte Sprache darl' herangezogen werden. Und
zwar soll die Untersuchung sich nur erstrecken auf die einzelnen
Wörter als solche, ohne Berücksieb tigung der Ableitungen, der
wortbildenden Elemente; die t er scbie denen Bedeutungen soUon x
chronologisch nach ihrem ältesten Vorkommen Terzeichuet und ge-
ordnet werden, ohne Rücksichtnahme auf Dialekt, auf Stilgattung,
auf Poesie oder Prosa. Für den so konstatierten Bedeutuugs-
wanilel{!) [das S. 88 ansdrücküch angegebene Regulativ der zeit-
lich geordneten Bedeutungen behufs Erkenntnis dea wahren Ent-
wicklungeganges wird nicht beachtet] soll dann die Entatehungs weise
nachgewiesen werden nach folgenden Rabriken(!): 1. Die Hufsere Ur-
sache, a) veränderte Naturverhältnisse, b) veränderte Kulturverhält-
nisse. 2. Das psychische Gesehehen der Bedeutungsent wickln ng,
a) durch den psychischen Akt der Voratellungs Verbindung (^wenn ein
altes Wort aaf eine neue Sache übertragen wird, z, B. nwirf auf den
Helm), b) durch allmähliche Umbildung der Vorstellung selbst (z. B.
T^uyaSla). Aus der Summe des nach solchen Geaichtap unkten zu-
sammengestellten Materials(!) soll dann der Sprach philosoph seinu
Schlüsse ziehen.(!) [Er kommt leider zu spät.] Aber um das Material
zusammenzubringen, bedarf es der ThStigkeit vieler Einzelner: zu
solcher ThUtigkeit ruft Hr. Hecht die Gymnasiallehrer des Griechischen
auf und rILt ihnen, je bei zwei oder drei Schriftstellern auf die ab-
weichenden Bedeutungen irgend einer Kategorie von Worten zu achten,
sie zusammenzustellen und nach jenen Geaicbtsp unkten zu unter-
auchen(!), und das Resultat im Programm oder einer Zeitschrift,
zu verüffentlichen."
„Daa ist ungeffibr die Quintessenz dea Buchea,'' Alhrt Hr. Zaoher
fort. Nur ungeföhr? — Man erwartet, die Quintessenz, die Grundlage
für das entscheidende Urteil, niUfste, damit dieses gerecht ausfalle,
mit peinlicher Genauigkeit gezogen werden.
Dieses System, urteilt Hr. Zacher, sei ein trockener, verstandes-
gem!lfser Schematismus, nicht einmal als eoleher lebensHihig. Denn
— 2 —
Forschung auf dem Gebiete der Bedeutungslehre ohne Berücksichtigung
der Etymologie, der Wortbildung, der Stilgattungen sei eben ein
Unding, ein nur in der Phantasie des Systematikers existierender
Schemen. —
Indessen gegen diesen „trockenen, verstandesmilTsigen Schema-
tismuä^^ glaube ich, die wahre Meinung meines Buches vertretend,
Verwahrung einlegen zu mtLssen, und ich hoffe es zu beweisen,
dafs er nichts weiter als eine auf unrichtiger Auffassung beruhende
Unterschiebung sei.
„Die Etymologie soll völlig aus dem Spiele bleiben/^ referiert
Hr. Z. — Kurz und bestimmt, aber in dieser apodiktischen Fassung
nicht einmal für den Fall zutreffend, wo im Prinzip gegen die
Etymologie entschieden wird, nämlich bei der (Kap. IV, S. ^ — 37)
behandelten Frage, ob die Entwicklung der Bedeutungen von den
sprach vergleichend rekonstruierten Urbedeutungen oder von den
ältesten, litterarisch nachweisbaren (den Homerischen) anheben
mtLsse. Dais ich aber auch hier gewissere Ergebnisse der ver-
gleichenden Etymologie nicht ausschlief se, kann man aus S. 72
ersehen: „Die griechische Bedeutungslehre hat die geschichtliche
Entwicklung der Bedeutungen von Homer ab unter der ein-
geschränkten Berücksichtigung allein unbestrittener
Ergebnisse der vergleichenden Etymologie ... zu verfolgen.'*
Ist das gleichbedeutend mit völliger Nichtberücksichtigung? —
S. ')6 wird sogar der entscheidende Einflufs der Etymologie auf
die Feststellung der ältesten Bedeutung an einem Beispiel dar-
gelegt. —
Gar fern liegt es mir, den Wert der Etymologie zu unter*
schätzen, wo es sich um die Erkenntnis der Bedeutungen selbst
handelt. S. 125 wird ausdrücklich anerkannt: „Was die Etymo-
logie anbelangt, so ist sie freilich durch das Verdienst der yer^
gleichenden Sprachforschung ein weit zuverlässigeres Mittel für die
Erkenntnis des Wortbogriffs geworden, als sie es im Alexandrini-
sehen Zeitalter sein konnte," worauf dann im Einverständnis mit
G. Cui'tius (Grundzügü S. 117) davor gewarnt wird, ihr bei der
Feststellung der Bedeutung allzu viel zu trauen. — Dafs die Wort-
begriÖ'o klarer hervortreten, wenn die stammverwandten Wörter
zusammengestellt werden, wie dai^ und diaaa&cti^ X^(^*? ^uid x^CifeiVj
OQyviA und oosysiv^ evxtn und ivrvviiv liegt auf der Hand und ist
überdies auch S. i^O, Anni. angedeutet in Hinweis auf H. Schmidt,
Synonymik 1, ;5: „Erst dann werden die Wörter ihren vollen Wert
verraten, wenn die nächsten, vielleicht auch entfernteren etymologi-
schen Verwandten in die Betrachtung gezogen worden.*'
Mit welchem Recht darf man angesichts solcher Belege be-
haujiten, dafs ich die Etymulogio völlig aus dem Spiel lasse?
In dor Beschränkung der Bedeutungslehre auf die Wörter
— 3 —
als solche, in der Ausschliefsung der Flexionsformen und der wort-
bildenden Elemente folge ich wohl mit H^cht dem Ansehen eines
Mannes, der sich auf die Unterscheidung der Grenzen der viel-
verzweigten Sprachwissenschaft wohl verstand, G. Curtius. Er
sagt Grundzüge S. 94: „Die Bedeutungslehre einer einzelnen
Sprache würde abgesehen von der Bedeutung der Flexionsformen,
welche in der Syntax behandelt zu werden pflegt, imd von
der der wortbildenden Elemente, die in die Lehre von der
Nominalbildung gehört, die Aufgabe haben zu zeigen, in welcher
besonderen Weise sich die Bedeutungen der Wörter in dieser ent-
wickelt haben/'
Flexionsformen und wortbildende Elemente nicht als Gegen-
stände der Bedeutungslehre betrachten heifst aber noch nicht, sie
überhaupt unberücksichtigt lassen. Wenn schon nicht Ziel und
Zweck, so sind sie doch Mittel dazu und in der Vorarbeit an
ihrem Platz, denn es ist eine selbstverständliche Voraussetzung,
dafs, wer den Worten auf den Grund kommen will, die Lehre
über die Wortbildung kennen, sich auf den Sinn der Präfixe (Ä,
övg^ fcy, ccQi u. s. w.), Suffixe (f/cö, idm — siov^ xqov, ddrigj Btvog,
iTiog u. s. w.) und auf die Gesetze der Komposition verstehen
miiTs. Dafs Wortbildung und Etymologie, wo es gilt, den Begriff
eines Wortes festzustellen, neben dem Sprachgebrauch als er-
gänzende Hülfsmittel gelten können, ist mir nicht unbekannt. Dafs
viele Bedeutungsnüancen sich nur in Ableitimgen finden, gebe ich
Hrn. Z. zu, er hätte auch auf die Zusammensetzungen hinweisen
können.
Wie Hr. Z. das, was ich einschränke, mich völlig ausschliefsen
läi'st, wie er mir den befruchtenden Quell der Etymologie will-
kürlich entzieht, um die Dürrheit meines Forschungsgebietes zu
erweisen, so gewaltsam verfährt er mit den orientierenden Gesichts-
l)unkten der Kultur- und Naturbedingtheit des Bedeutungswandels
und des in ihm wirksamen psychischen Geschehens, wenn er sie
auf den Wert eines das Bedeutungsmaterial ordnenden Schemas
mit auszufüllenden Rubriken herabsetzt. Diese mechanische
Auffassung wie der Umstand, dafs er den Sprachphilosophen als
eine rechte Strohpuppe nach bereits gethaner Arbeit, nach er-
folgtem Nachweis des psychischen Geschehens in der Bedeutungs-
entwicklung einführt, läfst sich nur durch erstaunliche Flüchtig-
keit oder durch Mangel an sprachphilosophischer Kenntnis erklären,
AVie fern es mir übrigens liegt, der Sprache mit logischen Abstrak-
tionen zu Leibe zu gehen, zeigt wohl hinreichend meine Kritik
des Toblerschen Systems der Etymologie (Kap. EEI, S. 6 ff.), aus
welcher ich zum Belege folgende Stelle anführe: „Ein vorgefafstes
logisches Schema könnte des Forschers Blick beirren, der un-
>>efangen in den freien Gang der Sprache schauen und durch vor-
— 4 —
urteilsloses Vertiefen in denselben das stille Schaffen des Volka-
geistes belauschen und ihm nachschaffen soll/' — Aber auf die
ersten 40 Seiten des Buches bezieht sich Ur. Z. in seiner Kritik mit
keinem Wort, obwohl sie für meine Auffassung zeugen und z. T.
Dinge von prinzipieller Wichtigkeit enthalten, während er, wie
wir weiter unten sehen werden, bei ganz Nebensächlichem nnnOtig
ausführlich ist.
So wenig Hr. Z. die Meinung des Buches trifft, wenn er jene
Ideen allzu schematisch zu logischen Rubriken macht, so irrtflnüieh
ist seine Auffassung (und sie ist eine natürliche Folge des ersten
Irrtums), wenn er mich in seiner Quintessenz den Bat erteilen
läTst, die bei je 2 oder 3 Schriftstellern gefundenen abweichenden
Bedeutungen nach jenen beiden Gesichtspunkten zu untersuchen;
eine auf Vorurteil und Flüchtigkeit beruhende, jedes Anhalts
entbehrende Unterschiebung, welche zu den nicht mifazuver-
stehenden Ausführungen über die Vorarbeit der Bedeutungslehre
und ihre Methode (Kap. XIII, S. 86 ff.) in schroffem Wider-
spruche steht.
Mit den beiden Formen des psychischen Geschehens, dem
momentanen Schöpfungsakt und der allmählichen Begriffsumbildung,
bezeichne ich im allgemeinen das weit umgrenzte Ziel der Be-
deutungslehre, während natürlich die besonderen Arten der Vor-
stellungsverbindung und des sich allmählich vollziehen-
den Wandels erst aus der Vorarbeit erschlossen, nicht
nach Zachers Auffassung ihr von vornherein aufgedrängt
worden sollen; imd nun soll ich gar dazu raten, die nach
zwei Schriftstellern, etwa Homer und Sophokles, gefundenen ver-
schiedenen Bedeutungen nach jenen beiden Gesichtspunkten zu unter-
suchen, obwohl doch bei dem grofsen Zeitabstande in den wenigsten
Fällen von einem Entwicklungsanschlufs der abweichenden
Bedeutungen die Rede sein könnte, und der ist ja gerade die Be-
dingung für die psychologische Untersuchung.
Die Rücksichtnahme auf den Gang der Kulturentwickliing
halte ich bei bedeutungsgeschichtlichen Studien für notwendig, die
psychologische Betrachtung scheint mir allerdings die Aufgabe za
vertiefen. Kulturgeschichte und Psychologie leisten nach meinem
Urteil der Bedeutungslehre wesentliche Dienste, während das von
Hrn. Z. umgekehrte Verhältnis: „Die Ergebnisse, die dabei ftlr Kultur-^
geschieh tti und Psychologie herauskommen würden, dürften wohl
aucli etwas selbstverständlich sein,^* in der Recension den Eindmek
macht, als wenn ich, wenigstens hinsichtlich der Kulturgeschichte,
diese Trivialität behauptet hätte, denn den Nutzen für die Psjcho-
logie sollte man nicht von vornherein in Abrede stellen.
Was aber die Aufgabe selbst anbetrifft — ist sie denn wirk-
lieh so eng, kleinlich und pedantisch aufgefaist? — Freilich wer
naoh der Recenaion des Hrn. Zacher sich ein urteil darüber bilden
wollte, mllfste wohl den Eindruck gewinnen, als wenn Zweck und
Ziel der Bedeutungsieh re in rlickBicbtsloa einengender Systematik
auf jene beide» Gesichtspunkte beschrankt würden, aber der Hr. Ra-
cenBent ist auch hier ungenau. Uenn im 11. Kapitel, welches die
Umgrenzung der Aufgabe umfafst, wird gesagt S. 73;
„Die soweit gediehene Lösung des ProbleoiB gäbe wohl der
Bedeutungslehre die wesentliche Oeetalt; es unterliegt jedoch
keinem Zweifel, dafs der stets über das Gegenwärtige hinaas-
strebende Forschergeist damit den Kreis der hedeutungs-
gesetzlichen Untersuchungen noch nicht für geschlossen
halten wird." Vielmehr würde die geschichtliche Betrachtung
des Bedeutungswandels zu anderen wichtigen Ergebnissen führen;
es Würde sich herausstellen:
1. ob eine Verse biedenbeit der Bedeutungen nach Dialekten
besteht.
2. ob Stamm-verwandte Wörter, Siibstautiva, Verba u. a. w., in
der Entwicklung der Bedeutungen gleichen Schritt gehalten.
3. ob in dem Entwicklungsgang das Streben von dem ur-
sprünglich schlechten Sinn zum guten oder vom guten
zum schlechten vorwiegt.
4. was in der Sprache aus dem aufwarte strebenden Trieb
der Volksseele (d. h. aus dem Aufsteigen von der An-
schauung durch die Sprache zur Wissenschaft, Technik u. 8. w.)
und was aus der zurückwirkenden Thtttigkeit der Wissen-
schaft, Technik u. s, w, stammt (d. h. aus dem Bereich
der begrifllicheu Denkarbeit der Wissenschaft als Begriffs-
ToTstetlung in die Sprache kam).
5. in welchem Zeitalter die lebendige Volkskraft zu erlahmen
beginnt und in welcher Weise sich die geistige Erschlaffung
uuf dem Gebiete der inneren Sprachschöpfung bekundet.
Diese die Aufgabe erweiternden Hinweise werden von Hm. Z.
einfach mit Stillschweigen Übergangen.
Wir kommen nun zu dem schneidigen Satze; „Denn es ist
eben eine falsche, auf gänzlicher Unkenntnis des wirklichen sprach-
lichen l'rozesses beruhende Voraussetzung, dafs die Bedentangs-
entwicklung rein chronologisch und in gerader Linie vor
sich gehe."
Diese zuversichtliche Behauptung erweist sich jedoch bei
näherer Betrachtung als eine platzende Seifenblase. Denn erstlich
mafe ich gestehen, dafs mir das Bad des Verstandes beim Ein-
dringen in den Gedanken des Satzes: „Die Bedeutnngsentwick-
lung geht rein chronologisch vor sich" zu stocken beginne, da
mir Entwicklungen rein chronologischen Wesens nicht recht ein-
leuchten wollen; ich will es daher kurz sagen, dafs auch ich auf dem
— 6 —
vernünftigen Standpunkte des Hm. Recensenten stehe und die Be-
deutungsentwicklung für einen nicht rein zeitlichen Prozefs
halte. Wenn dieser also nicht rein zeitlich ist, was kommt noch
hinzu? Was anderes als die Ursache und die schaffende Kraft, und
heides giebt ja Hr. Z. selbst als die Grundbestandteile des System»
an. Dafs zweitens die Bedeutungsentwicklung in gerader Linie vor
sich gehe, wo behaupte ich das? Woraus hat Hr. Z. dies entnommen?
Jedenfalls aus der der Vorarbeit zugewiesenen Aufgabe, die Be-
deutungen der einzelnen Wörter in derjenigen Zeitfolge aufzustellen,
welche sich aus der chronologischen Anordnung der Sprachdenk-
mäler ergiebt; als wenn ich damit die Meinung kund thae, dads,
wie die Glieder in der Reihe stehen, so sich das zweite aus dem
ersten, das dritte aus dem zweiten u. s. w. entwickelt habe. Wie
fern mir die Vorstellung ist, dafs die Bedeutungsentwicklnng
schlechthin in gerader Linie fortschreite (was sich vielleicht in
einzelnen Fällen herausstellen dürfte), hätte Hr. Z. aus S. 37 ff. er-
sehen können, wo an einzelnen Beispielen die Art des Entwicklungs-
ganges angedeutet wird.
cclxfiri Spitze ßovXri Kat
Lanzenspitze _
I Ratsversammlung
Lanze I Behörde
Rathaus
Kriegsvolk Krieg
^vyov Joch
. - V
Ruderbank, Brücke, Steg der Zither,
Knechtschaft.
Wollte man sämtliche Bedeutungen eines Wortes^ genetisch
geordnet, im Bilde bezeichnen, dann dürfte wohl die Verzweigung
des Stamml)aums, richtig verstanden, das passende Gleich-
nis sein.
Übrigens mufs ich, um das Verhältnis der Vorarbeit zur
eigentlichen Aufgabe richtig zu stellen (deren Grenzen Hr. Z. ver-
wii^cht), bemerken, dafs die durch die zeitlich geordneten Sprach«
denkmäler bestimmte Folge der Bedeutungen, mit deren Aufstellnng
die vorarbeitende Forschung abschliefst, nach meiner Meinung mit
der Folge dei' wirklichen Entwicklung keineswegä unbedingt iden-
tisch Bei, dafe sie aur den ersten, aber unentbehrlichen Halt
giebt. Das geht ans 8. 88 hervor: „Im aUgemeinen wird von
2 Bedeutungen die bei dem älteren Scliriftsteller naebweisbB.re
auch die filtere sein, und die Ordnung der Bedeutungen, bestimmt
nach dem Alter der L i tt er atnr werke, au3 welchen diese gefolgert
sind, dürfte in der Regel mit der Folge Übereinstimmen, in welcher
sie aicb entwickelt, haben. Jedoch notwendig ist das nicht, denn
der Zufall kann es sehr wohl fügen, dafs mitunter ein illterer Ga-
brauch in einem jüngeren Denkmal überliefert wird. Wenii in
solchen xweifeifaaften Fällen der berücksichtigte Gang der Kultur
nicht entscheiden kann, ao muts der Sinn der Bedeutnngsentwicklung
das letute Wort sprechen." Ich biltte hier als ein drittes und
viertes Korrektiv die Etymologie und Wortbildung aafllhren müssen,
denn beide sind, worauf Hr. Z. mit Recht aufmerksam macht, Hülfs-
mittel ebenso für die Erkenntnis der wahren Entwicklungafolge
als für die Ergitnzung der Lücken jener zeitlich geordneten Be-
deutungsreihen.
Hiermit ist die Zuverlässigkeit der Zacherschen QuintesaeuK,
der Unterlage lUr seinen Terdammungsspvuch , wohl genügend be-
zeicbnet. Die für sich bestehenden nnd zu betrachtenden Gedanken
und liesichtspimkte erscheinen in einem falschen Lichte infolge des
willkürlichen Zusammenhanges, in welchen sie durch die Einrenkung
in ein Geist austreibendes System gesetzt sind, das durch hineinge-
tragene Verkehrtheiten und üngenauigkeiten entstellt, eich vor-
trefflich und Überzeugend bekämpfen lUfat. Dieses System ist aller-
dings nicht lebensftlhig, es ist aber nicht dos meines Buches.
Hr. Z. tadelt femer „die Nichtberücksicbtignng des Einflusses
der Stilgattungen nnd Dialekte auf die Bedeutungsveracbiedenbeiten".
Wenn aber wirklieb StUgattungen und Dialekte Eioflufs ausüben
auf die Bedeutungs Verschiedenheit, welche nach meinem Urteil mit
dem Wesen jener nichts zu thun hat, welche Schlüsse ergeben
sich alsdann für die Bedeutungslehre V Wenn den einzelnen Dia-
lekten eine besondere, den Wandel besonders gestaltende Kraft
innewohnt, dann könnte man füglich nur innerhalb der Dialekte
die Entwicklung der Bedeutungen verfolgen, nnd selbst hier wUrde
sich dßr Kontinuitilt der Betrachtung die Rücksicht auf den be-
sonderen Einilufs der Stilgattungen entgegenstellen, nnd diese
beiden einander kreuzenden Prinzipien dürften die Idee einer durch-
gehenden geschicbtlichon Betrachtung der Bedeutungsentwickluug
Bo ziemlich aufbeben. Die Schranken, welche diese un den Dia-
lekten und Stilgattungen haftende Auffassung zieht, können jedoch
den higheren Gesichtspunkt der geschichtlichen Betrachtung
der Bedeutnngsentwicklung gar nicht in Frage stellen, welcher
innerhalb der ganzen Sprache des Volkes einen durch einerlei Ursachen
J
— 8 —
bewirkten und durch einerlei Kräfte geschaffenen Wandel voraiu-
setzt, wenn auch in den einzelnen Dialekten eigenartige BedeutnngiBn
vorliegen, welche aus anderen Gründen zu erklftren sind (S. 41).
Die Kritik des rein philologischen Teils des Buches l&fst sich
schneller erledigen. Auch hier dieselbe Willkür, dieselbe Flüchtigkeit
In dem achten Kapitel, in dem der Einflufs der einxelnen
Kulturzweige auf die BedeutungsSudeining an zahlreichen Beispielen
nachgewiesen wird, findet Hr. Z. auffallend viele Fehler. Aber wie
findet er sie? Er nimmt an, dafs ich neben die technische Be-
deutung des Wortes allemal die ursprüngliche in Klammem
hinzufüge, z. B. 6x^//3a^, Staffelei (Gerüst); aber er nimmt zugleich
auch an — und dieses ist ein Widerspruch — , dafs die paren-
thetisch hinzugefUgte eine solche sei, aus welcher sich die knltur-
bedingte entwickelt habe, denn er fragt bei avvta^tg^ Syntax
(Schlachtordnung): „Glaubt Herr H. aber wirklich, dafs die Bedeutung
Syntax aus der Bedeutung ^Schlachtordnung' sich entwickelt habe?**
In Wahrheit kam es mir gar nicht darauf an (und dam liegt
auch nicht der mindeste Anlafs vor), grundsätzlich die ursprüng-
liche Bedeutung, als vielmehr eine aus dem Alteren Sprachgebrauch
bekannte zur leichteren Orientierung beizufügen, nur wenn das
betreffende Wort schon bei Homer vorkam, setzte ich ^e Home-
rische Bedeutung hinzu. Diese Inkonsequenz an einer übrigena
ganz nebensächlichen Stelle mag man tadeln, aber die Fehler,
welche sich hier in gröfserer Zahl finden sollen, sind lediglich
das Ergebnis eines nicht zutreffenden Beurteilungsstandpunktes.
Auch die besonders hervorgehobenen Irrtümer dieses (lebietes
treffen meistens nicht zu. Hr. Z. vermerkt Übel, dafs für xt^fa,
„Raa*^ als ursprüngliche Bedeutung „Hom^, die sich erst bei
Nikander finde, für xoviav^ ,,Tünche auftragen'^ als solche „h^-
stäuben^^ angesetzt wird. Aber Hr. Z. hebt ja kun vorher „Etjrmologie
und Wortbildung als reiche und verlässige Hülfsmittel inr Ans-
fullung der vielen Lücken und Sprünge in der Bedentungsent-
wicklung^' hervor, und hier tadelt er ihren Gebrauch? Wenn die
Etymologie schon in einem so einfachen Falle versagt, wenn sie
nicht einmal entscheiden kann, dafs bei xtQaia von den beiden
Bedeutungen „Raa und Hom'^ die letztere die ursprüngliche ist,
wenn die Wortbildung sich nicht soviel zutrauen darf, für das
Denominativum Tiovium die Bedeutung ., bestäuben" ansusetiMn
(vergl. ayiiccoa von amcc^ beschatten), dann darf man billig fragen,
was sind Etymologie und Wortbildung als Hülfsmittel znr Er-
gänzung der Lücken überhaupt nütze? — Nicht minder inkonae-
qnent ist die Behauptung, dafs bei inon^in^gj wo ich in Klammem
„Deuter*' hinzusetze, „die Bedeutung Schauspieler offenbar Mlb-
ständig aus {monglvofiai abgeleitet'^ während „Deuter^ erst eplter
belegt ist: und doch hat vTtoxglvofAm schon bei Homer die Be-
deutung „denten, anslogen". ÜbTigens ist üas Wort ijroxpirtjs
nach seiner begrifFlichen Entwicklimg schon früher als Streitvor-
wurf Ton J. Sommerbrodt und G. Curtius anpfUhrlich erörtert^),
von keinem aber, wie Hr. Z. es tbut, die Bedeutiing Schauspieler
s«lbstUndig von 'inonQivoftai in diesem Sinne abgeleitet norden. —
Zu „Stdäaxttv, auiTUltren, äiSaaiuxlüt, näheres Verzeichnis der auf-
geführten Stücke", wird bemerkt: „wann hat didaexaXla das je
bedeutet?" Das Nähere im Thesanrus ling. gr., wonach freilich
die auf Passow iurlleVgehende Fassung „Verzeichnis" besser durch
„Kommentar zu den ÄuiTUh rangen", mit Berücksichtigung der
Zeit und des Erfolges, su ersetzen wgre. Diese Bedeutung kaimte
jedenfalls schon die klassische Zeit, da nach Diog. Laert. V, 36
Aristoteles ein Buch negl ttiaanali&v schrieb. ") — Sollte das
dem Worte jSiiöpov zugefügte „(sie)" Hrn. Z.'s Meinung bekunden,
dafs ßätpov zu schreiben seiV
Der dem Buche angehängte Beitrag zur Vorarbeit der grie-
chischen Bedeutungslehre (beiläufig gesagt nicht als Muster fflr
die UymnaBiallehrer bestimmt, wie Hr. Z. bezeichnend Tennutet),
welcher Homerisch - Hesiodische BedeutungsnnterschJede enthält,
darf kebaeswegs, wie Hr. Z. will, als Beweis dafür gelten, „wie dürftig
gar die Ergebnisse einer auf 2 Schriftsteller beschränkten Ver-
gleichung sind," denn einerseits ist meine Untersuchung noch nicht
bis zur Erledigung abgeaoblossen, und zweitens kann man bei dem
geringen Zeitabstande und dem geringen umfang der Hesiodischen
Gedichte nicht allzu hohe Ansprüche an die Abilnderung der Be-
deutungen stellen. Auf den kurz bemerkten Vorwurf ungenauer
Interpretation einzelner Stellen infolge des Bestrebens, „Bedeutunge-
«ntwicklung bei dem jüngeren Dichter zu finden," habe ich zu er-
widern, dafs ich die bei dergleichen Forschungen erforderliche
objektive Stimmung festzuhalten mich gewissenhaft bemüht habe.
Das einzige Beispiel, welches Hr. Z., um meine Interpretations weise
zu bezeichnen, vorbringt, i^Ilt mit seiner belastenden Schwere auf
ihn selbst zurück. Er sagt:
„Ein ungeheuerlicher Lapsas ist die Erklärung von Op. 786.
tQi^ovs täiivciv xal Ttiäsa fi'^ltov, ,, „schlachte vom Kleinvieh die
Ziegen und Schafe;" " hat Hesiod etwa auch Maultierfleisch ge-
gessen V Denn das würde dann aus V. 791 heryorgehon." Da
steht: ov^^ag di ävtoätxär'ji zakaeQyovg (nämlich la^vifitv). Indes
') G, GurtioB, Verhandl. der Königl. Sachs. OCBeUschaft derWiaeen-
r-i-haften KU Leipzig (Phil. biet. Classe, isee. IE, 8 H8ff. Sommer-
brodt, Rhein, Muaeutn IBöT. 32. Jahrg. S. BIO ff. G. CurtiuB, ebenda
1Ö6H (2a. Jahrg.) S. 256 ff, Sommerbrodt, 1875 (30. Jahrg.) S. 4B6 ff,
-] Den qtiellengemälseD Nachweis verdanke ich der gütigen Mit-
teilung des Herrn Prof A. Ludwicb, den ich in Ermangelung der nötjgen
Hülfsmittel um Auskunft anging.
— 10 —
diese effektvolle Kraftstelle gleicht einem Häuflein Asche, welches
schon bei einem leisen Luftzug in nichts auseinander stiebt. —
Während meine Auffassung vom Begriff des Wortes fi^Xa bei
Hesiod klar ausgesprochen wird S. 143: „Am 6. Tage des Monat-s
schlachte vom Kleinvieh die Ziegen und Schafe — zu ergänzen:
Schweine zu schlachten ist der Tag nicht geeignet (und ich am
Schlüsse zusammenfassend definiere: fiijXa bei Hesiod Kleinvieh,
die Schweine mit inbegriffen), beliebt es dem Herrn Recensenten, den
letzten Teil der Erklärung, auf den es gerade ankommt, fortzulassen,
um eine vermeintlich witzige Bemerkung anzubnngen. und mit
welchem Erfolg? — Sein willkürliches und gewaltsames Ver-
fahren zu beleuchten und aufserdem eine BlÖfse in den natur-
wissenschaftlichen Kenntnissen zu zeigen, indem er das Maultier
(rifiiovog^ ovQsvg)^ welches die Hälfte seiner Existenz dem Pferde
verdankt und diesem an Gröfse nicht allzu sehr nachsteht, zum
Kleinvieh rechnet.
Auf eine solche Grundlage, welche sich fast durchweg aus
willkürlicher Unterschiebung und Entstellung, MiTsverständnis,
Flüchtigkeit, starken Zumutungen zusammensetzt, gründet Hr. Z.
sein absprechend Erkenntnis auf Unwissenheit, Mangel an Sorgfalt
und methodischem Donken. — Ein „weiter Blick und gründliche
Kenntnis aller Gebiete des Altertums^^ sind freilich das Höchste,
was man von einem Forscher auf dem Gebiete der Bedeutungs-
lehre verlangen kann, aber die letzte Forderung scheint ein wenig
übertrieben. Denn man mufs doch verstehen: auch gründliche
Kenntnis aller fachwissenschaftlichen Gebiete. Und welcher Philo-
loge möchte der Fordenmg genügen? — In diesem niederdrücken-
den Bewufstsein des Mangels an universalem Wissen auf dem
Gebiete des Altertums ist es mir einigermafsen tröstlich, dafs
auch Hr. Z. ein Manko zeigt, nämlich mit der a(oq>Qocvvri^ der obersten
Idee der griechischen Ethik, sich nicht genügend vertraut gemacht
hat, denn sonst würde er nicht in Selbstüberhebung die Gymnasial-
lehrer des wissenschaftlichen Handlangertums geziehen haben, ein
in Hm. Z.'s Mundo verwunderlicher und sich selbst richtender Ausfall,
da man doch fragen mufs:
not ßXinoDv nox avxtt xnri O^ocf;;
Überhaupt entbehrt der anmafäende und bespöttelnde Ton, welchen
der Herr Heconsent anzuschlagen beliebt hat, jener vornehmen
Würde imd sachlichen Ruhe, deren Wahnmg ein Vertreter der
Wiäsenschafb im Dionsto der Wahrheit als sein Vorrocht be-
trachten bollte.
— II —
Meiner auf die Hervorhebung einzelner Iiitttmer beBohränkten
Entgegnung (Literar. Centralblatt 1889, Nr.ti S[v 195 f.) auf Hrn,
ZacherB Eecension bat dieser eine Krwiderung folgen lassen, gegen
welcbe die vorstebeude Bechtfertigung in allen Punkten beistehen
bleibt. Sie veranlafst micb jedoch zu einigen weiteren Äoalassungen.
Gegen die Bemerkung, dafä Er. Z. meinem Standpunkte nicht
gerecht ■werde, wenn er referiere: „Die Etymologie aoli vKllig aus
dem Spiele bleiben", macht er geltend: „Wenn eine Anzeige sich
auf so knappen Raum beschrilnken murs, wie es im Lit. Central-
blatt der Fall ist, so kann sie dem Leser natürlich nur die
Hauptsachen vorführen." Das wohl; nimmermehr aber dürfen
EUckgicbt auf Raum und Streben nach Kürze zu einer den wahren
Sachverhalt verfehlenden, ungenauen Wiedergabe, wie eine solche
hier thatsilcblieh vorliegt, verleiten. Wo dieses geschieht, mufa
es dem Kritiker entweder an dem nötigen Geschick im Kom-
binieren maugeln, oder er bat es an Gründlichkeit in der Durch-
arbeitung und in der allseitigen Prüfung des Gegenstandes fehlen
lassen. —
Hr Tl. giebt zwar aa, dafa der Bat, welchen er mich erteilen
lüfst: schon die bei je 2 oder 3 SchriftsteUera gefundenen ab-
weichendea Bedeutangen nach den Gesichtspunkten der Ünfseren
Ursache und dos psychischen Geschehens zu nntersucben, meiner
Auffassung schnurstracks Kuwiderlaufe. Er deckt aber schlecht
seinen RütkKUf;. wenn er sagt: „Dadurch wird die den Gyranasial-
lehrem empfohlene Arbeit noch mechanischer und handwerka-
mäfsiger." Im Gegenteil, die Arbeit wird von einer grofsen
Verkehrtheit befreit, und ob in der Erforschung der Bedeutungs-
untersohiede im Sprachgebrauch zweier Schriftsteller etwas „Me-
chanisches" und „Handwerksmllfsiges" liegt, überlasse ich jedem
billig Urteilenden zu entscheiden. Ein Mann wie Lehrs daebte
anders llbar dergleichen Untersuchungen. Er sagt De Aristarchi
studiis Homericis'^ S. 67:
„Hiiec pot^ticae dictionis discrimina cognoscere utilissimura:
et Tel im qnidqaid ab Homero posteriorum poftarum oratio in
vocabulorum usu differt aliquando ita in unum coUigi, nt in Ättici
vulgariaque sermouis diacrepantia a veteribua factum est." Und
Lehr^ lag der hedeutungsgeschichtlicbo Geaichtspunkt noch ganz
fern, welcher den Forschungen dieser Art erst den wahren Wert
verleiht. ^
Im 8. Kapitel kam es darauf an, die Kultur mit ihren viel-
fachen Zweigen als ein Moment d. h. als Uufseren Anlafs des Be-
deutungswandels an einer Fülle von Beispielen zn erweisen. Die
ganze Ziisammenatelhing beruht nicht auf selbstündiger Forschung,
sondern stützt sich auf die angegebenen Qnellen, bezw. auf die ge-
braachlichen Leiica. Unrichtigkeiten werden sieh gewift nachweisen
J
~- 12 —
lassen, znmal bei dem umfange des Materials, die Schuld dafU
wird mich aber erst in zweiter Linie treffen, jedenfalls nicht in de
von Hm. Z. dargestellten Weise; schon darum nicht, weil Hr. Z. eil
gekünsteltes und widerspruchsvolles Verfahren einschlSgt, um Fehle
zu entdecken und weil er Recht behalten will, sog^ um den Frei
eines begrifflichen Verstofses. Er sa^: ,,Dafs Herr H. das Wer
„ursprünglich^^ nicht braucht, ist richtig (nämlich bei den paren
thetisch hinzugefügten Bedeutungen). Wohl aber setzt er zu dei
in Klammem beigefügten Worten öfter die Bezeichnung „eigentlich*
oder „alte Bedeutung^. Das ist doch wohl dasselbe."(!
Wenn nun aber noch weit öfter, um die Bedeutung als eine älter<
zu bezeichnen, in Klammem „bei Aeschjlos^', oder „bei Sophokles*
„Herodot^^ „Euripides^^ u. a. hinzugesetzt ist, ist dann auch danmtei
die ursprüngliche zu verstehen? Aber Hr. Zacher, schnell ferti(
mit dem Wort, referiert kurzweg in der Kritik: Jedesmal ii
Klammern die ursprüngliche Bedeutung des Worts hinzufügend/
Diese vermeintlich ursprüngliche soll aber zugleich auch trot
der offenbaren Ungereimtheit eine solche sein, aus welche)
die jüngere sich entwickelt hat. Sie ist jedoch in Wahrheii
ohne jede Bücksicht auf Entwicklung daneben geschrieben; dafs trotz
dem ein Zusammenhang zwischen der jüngeren und älteren Be
deutung vielfach hervortritt, mufste sich freilich von selbst nnc
mit Notwendigkeit ereignen. Was thut es also zur Bache, weni
Hr. Z. sagt: „Dafs er in vielen Fällen in der That annimmt, daCs dii
jüngere Bedeutung aus der in Klammer beigefügten älteren (alm
doch nicht ursprünglichen?) hervorgegangen sei, ist zweifellos.**'
Scheinen Hm. Z. etwa nicht die Bedeutungen von yffwplg „Ghriffel onc
Malerpinser^ oder von xo^v<pT/ „Scheitel und Berggipfel** der Eni
Wicklung nach zusammenzugehören? Die Erklärung, dafs er mii
natürlich nicht zutraue, z. B. bei xovog Accent, Betonung (Strick
Tau), die erste Bedeutung als aus der zweiten entwickelt annueben
ist nichts anderes als eine Selbstanklage gegen die Leichtfertig
keit, mit welcher er in der Recension in einem gleichwertigen Falh
bei avvxoilig Syntax (Schlachtordnung) mir eine kaum geringere Thor
heit untergeschoben hat: ,,Glaubt Herr H. aber wirklich, dafs di<
Bedeutung Syntax aus der Bedeutung Schlachtordnung sich ent
wickelt habe?"
Mag Hr. Z. immerhin hinsichtlich der Beispiele des 8. Kapitel
mit dem angedrohten ,, Sündenregister" vorrücken, mögen wirklicl
Beispiele fallen: das, worauf hier alles ankommt: die Idee dei
Kultur als eines Momentes des Bedeutungswandels bleib
dadurch völlig unangetastet.
Dem Herrn Recensenten aber gebe ich zu bedenken, ob ei
wohl mit seinem Rechtfertigungsgrunde, nach welchem durch di<
Knappheit des Raumes die Beschränkung auf die Vorfühmng dei