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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedogogik"

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^*^*=r' 


I 


NEUE  JAHRBUCHER 


PUR 


PHILOLOGIE  UND  PAEDAGOGIK. 


GEGENWÄRTIG  HERAUSGEGEBEN 


VON 


ALFRED  FLEGEEISEN  v^  HERMANN  HASIUS 

pBonssoB  nr  drisosk  pbofbssor  oi  i.bxpzio. 


ACHTirNDFÜNFZiaSTEB  JAHRGANG. 
EINHUNDERTUNDSIEBENUNDDREI8ZIG8TER   BAND. 


LEIPZIG 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  B.  G.  TEUBNER. 

1888. 


JAHRBÜCHER 


PUB 


•liiiS 


CLA8SISCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSOEaEBEN 


VON 


ALFRED  FLECKEISEIf. 


YIERÜNDDREISZIGSTER  JAHB&ANe  1888 


ODER 


DER    JAHNSCHEN   JAHRBUCHER   FÜR   PHILOLOGIE    UND  PABDAGOGIK 
BINHUNDERTUNDSIEBBNUNDDREISZIGSTER   BAND. 


LEIPZIG 

DRUCK  UNO  VERLAQ  VON  B.  Q.   TEUBNER. 


VERZEICHNIS  DER  MITARBEITER 

AN  DEN  JAHRGÄNGEN  1885  BIS  1888. 

(die  in  parenthese  beig'esetzten  zahlen  beziehen  sich  auf  das  nachstehende  Inhalts  Verzeichnis- 
di«  namen  der  mitarbeiter  za  den  ersten  dreiszig*  jahrgrin^en  sind  za  anfang-  der  jahrging« 

1860,  1864,  1874  und  1884  abgedruckt) 


1.  Hbimbigh  Adams  in  Zücich  33. 

2.  CoHSTAMTiN       AMGBBMAirN       in   34. 
Meiszen  (1)  35. 

3.  August    Eduard    Anspach    in 
Cleve  (53.  90)  36. 

4.  Otto  Apelt  in  Weimar  (25)         37. 

5.  Richard  Arnoldt  in  Prenzlau   38. 

6.  Fbisdrioh  Back  in  Birken feld 

7.  Emil    Baehrbns    in   Qroning^en   39. 
(t  1888)  (54.  55)  40. 

8.  Clbmbhs  Bäümkbb  in  Breslau 

9.  Adolf  Baübr  in  Graz  (45)  41. 

10.  Ludwig  Baubb  in  Augsburg  (31)   42. 

11.  August  Bbck  in  Basel 

12.  Jan  Wibbbt  Beck  in  Groningen   43. 

13.  Julius  Beloch  in  Rom  (44.  95)   44. 

14.  Thbodob    Bebndt    in    Herford    45. 
(42)  46. 

15.  Hbbmann  Besser  in  Dresden        47. 

16.  Friedbich   Blass    in   Kiel   (83. 

85.  87.  97)  48. 

17.  Hugo  Blümneb  in  Zürich  (40) 

18.  Rudolf    Bobbik  in  Beigard  (9)    49. 

19.  Wilhelm  Böhme  in  Stolp  (7)        50. 

20.  Felix  Böltb   in  Frankfurt  am 
Main  (56)  51. 

21.  Kabl    Bbandt    in    Königsberg   52. 
(Neumark)  (13) 

22.  Samuel   Bbandt   in  Heidelberg   53. 

23.  Thbodob  Bbaune  in  Berlin  54. 

24.  Thbodob  Breitee  in  Hannover 
(24)  55. 

25.  Abthub  Bbeusing  in  Bremen       56. 

26.  Julius  Bbix  in  Sorau  (f  1887)    57. 

27.  Kabl  Bbuomann  in  Leipzig  58. 

28.  RiCHABD  Bünger  in  Görlitz 

29.  Kabl  Bubesch  in  Kiel  59. 

30.  Karl  Busche  in  Ilfeld  (61) 

31.  Georg  Busolt  in  Kiel  60. 

32.  Christian  Glasen   in  Hadamar    61. 
(26)  62. 


Albert  Cohv  in  Berlin  (102) 
Leopold  Cohh  in  Breslau 
Kabl  Covradt  in  Greiffenberg 
(Pommern) 

Robbrt  Crampb  in  Halle 
Christiah  Cron  in  Augsburg 
Otto     Crusius     in    Tübingen 
(62.  70) 

Hermann  Dritbr  in  Aurich 
Andreas   Deuerling   in  Burg- 
hausen (Oberbaiern) 
Eugen  Dittrioh  in  Leipzig  (48) 
Anton     August     Draeger     in 
Aurich 

Hans  Draheim  in  Berlin  (79) 
Heinrich  Düntzbr  in  Köln  (53) 
Peter  Egenolff   in  Mannheim 
Adam  Eussneb  in  Würzburg 
Gustav   Faltin   in  Neu-Rappin 
(76) 

Johann   Karl   Fleischmann  in 
Hof 

RicHABD  Föbstbb  iu  Kiel 
Peteb  Wilhelm  Fobchhammeb 
in  Kiel 

Kabl  Fbick  in  Höxter 
Wilhelm    Fbibdbich    in  Mühl- 
hausen (Thüringen) 
Anton  Funck  in  Kiel 
Waltheb  Gebhabdi  in  Gnesen 
(t  1887) 

Heinbich  Gelzbr  in  Jena 
Albebt  Gemoll  in  Striegau 
Karl  Ebnst  Geobges  in  Gotha 
Martin    Clabentius    Gertz  in 
Kopenhagen  (39.  111) 
Friedrich  Giesing  in  Dresden 
(112) 

Gustav  Gilbert  in  Gotha 
Hans  Gilbert  in  Meiszen 
Waltber  Gilbebt  in  Dresden 


VI 


Verzeichnis  der  mitarbeiter. 


63.  Karl  Gobbel  in  Soest  (14.  37) 

64.  AlfmIbd  Gobtbe  in  Glofirau  (64) 

65.  Theodor  Gompbrz  in  Wien 

66.  Ernst      Graf      in      Marburgs 
(Hessen)  (74) 

67.  Ludwig    Gurlitt   in    Steg^Iitz 
bei  Berlin  (114) 

68.  Karl  Hachtmann  in  Dessau 

69.  Hermann  Hagen  in  Bern 

70.  Franz  Härder  in  Berlin  (50) 

71.  Otto  Harnecker  in  Friedeberg^ 
(Nenmark) 

72.  Felix    Hartmann    in    Gro8z> 
Lichterfelde 

73.  Theodor  Hasper  in  Dresden 

74.  Hbrman  Haupt  in  Gieszen 

75.  Max  Hecht  in  Gumbinnen  (105) 

76.  Ferdinand  Heerdbgen  in  Er- 
langten 

77.  Gustav  Heidtmann  in  Pfaffen- 
dorf bei  Coblenz 

78.  Karl  Heraeus  in  Hamm 

79.  Wilhelm  Heraeus  in  Hanau 

80.  Heinrich  Hersel  in  ZüllichAu 

81.  Eduard  Hiller  in  Halle  (59. 
60) 

82.  Hermann  Hitzig  in  Zürich  (5) 

83.  Otto  Höfer  in  Dresden  (82) 

84.  Max  Hölzl  in  Dresden  (19) 

85.  Emanuel  Hoffmann  in  Wien 

86.  Friedrich  Hultsch  in  Dresden 

87.  Karl  Jacobt  in  Hamburg 

88.  Constantin  John  in  Urach  (77) 

89.  Emil     August    Junghahn    in 
BerUn  (106) 

90.  Adolf  Kannengibssbr  in  Lüne- 
burg 

91.  BRtfNo  Keil  in  Berlin 

92.  Otto  Keller  in  Prag 

93.  Karl  Kbmpf  in  Berlin 

94.  Franz  Kern  in  Berlin  (24) 

95.  MoRiz  Kidbelin   in  München 
(67) 

96.  Georg  Knaack  in  Stettin  (15. 
22) 

97.  Friedrich  Knoke  in  Bemburg 

98.  Wilhelm  Heinrich  Kolstsr  in 
Eutin  (t  1887) 

99.  Gborgios    Konstantinidbs    in 
Philippopel 

100.  Abthub    Kopp   in   Königsberg 
(Prenszen) 

101.  Hebmann    Kothk    in    Breslau 
(108) 

102.  Max  Kbbnkbl  in  Dresden  (8) 

103.  Alfbbd  Kunze  in  Plauen  (Vogt- 
land) (7) 

104.  Edmund   Lammbbt  in   Leipzig 
(81) 


105.  Kabl  Lang  in  Lörrach 

106.  Edmund  Lange  in  Hamm 

107.  Fbiedbich  Leonhabd  Lentz  in 
Königsberg  (Prenszen) 

108.  Kabl     Julius     Liebhold    in 
Rudolstadt  (16.  99) 

109.  Hugo    Liebs    in    Waidenburg 
(Schlesien) 

110.  JusTUS    Hebmann    Lipsius     in 
Leipzig 

111.  Abthub   Ludwich   in   Königs- 
berg (Prenszen)  (18.  34.  96) 

112.  Bebnhabd  Lupus  in  Straszburg 
(Elsasz) 

113.  Fbanz  Lutebbachbr  in  Burg- 
dorf (Schweiz) 

114.  Kabl  Macke  in  Ahrweiler  (76; 

115.  Hugo  Magnus  in  Berlin  (65) 

116.  Kabl  Manitius  in  Dresden 

117.  Max  Manitius  in   Niederlösz- 
nitz  bei  Dresden  (11.  12.  89) 

118.  Tbbodob  Matthias  in  Zittau 

119.  Theodob  Maubeb  in  Mainz  (21) 

120.  Kabl  Meiseb  in  Regensburg 

121.  Kabl  Meissmrb  in  Bemburg 

122.  Ludwig       Mendelssohn       in 
Dorpat 

123.  Heinbich  Menge  in  Mainz  (100) 

124.  Rudolf  Menge  in  Halle  (8) 

125.  Heinbich  Mbusbl  in  Berlin 

126.  Albbbt  Mülleb  in  Flensburg 
(35) 

127.  C.  F.  W.  Mülleb  in  Breslau 
(20) 

128.  Gebhabd  Heinbich  Mülleb  in 
Wongrowitz 

129.  Hbbmann  Johannes  Mülleb  in 
Berlin  (66.  42) 

130.  Mobitz  Mülleb  in  Stendal 

131.  Paul     Richabd     Mülleb     in 
Merseburg  (43) 

132.  Hebmann  Müllbb-Stbübihg  in 
London 

133.  Cabl     Nauck    in    Königsberg 
(Neumark) 

134.  Hbbmann    Nrtzkbb    in    Forst 
(Lausitz) 

135.  Kabl   Nibbebdino  in  Gleiwitz 

136.  Konbad  Niembteb  in  Kiel 

137.  Hbbmann  Nohl  in  Berlin  (20) 

138.  Johannes  Obbrdick  in  Breslau 

139.  Raimund    Oehlbb    in     Grosz- 
Lichterfelde  (46) 

140.  Jacob  Oebi  in  Basel  (84) 

141.  Fbanz     Olck    in     Königsberg 
(Prenszen) 

142.  Richabd  Opitz  in  Leipzig  (38) 

143.  Thbodoe  Opitz  in  Dresden  (7) 

144.  August  Otto  in  Oppeln 


Verzeichnis  der  mitarbeiter. 


VII 


145.  Fbibdbioh  Otto  in  Wiesbaden  182. 
(30)  183. 

146.  BoBEBT  Pabhleb  in  Wiesbaden   184. 

147.  Rudolf    Pbppmülleb   in   See- 
hansen (AJtmark)  185. 

148.  Hbbmann  Pbtbb  in  Meiszen 

149.  Robbbt  Pbilippson  in  Magde-  186. 
bnrg  187. 

150.  THB0D0BPLÖ8sinBa8el(29.58)  188. 

151.  Wilhelm   Pökel    in   Prenzlau  189. 
(35) 

152.  FbieobichPötzschkb  in  Plauen  190. 
(Vogtland)  191. 

153.  Fbiedbich  Polle   in  Dresden  192. 
(36) 

154.  Hans  Pomtow  in  Berlin  193. 

155.  Hkrmanh   Pbobst  in  Münster 
(Westfalen)  194. 

156.  Auoust  Pbocksgh  in  Eisenberg 
(103)  196. 

157.  Gustav  Radtkb  in  Wohlau  196. 

158.  Ebbst  Rbdslob  in  Weimar(lOl)  197. 

159.  Paul    Rbgell    in    Hirschberg  198. 
(Schlesien)  (52.  72) 

160.  Leopold   Reinhabdt    in   Oels  199. 
(Schlesien) 

161.  Jo HAHNES   Richteb   in   Nakel  200. 
(68) 

162.  Adolf  Römeb  in  Kempten  201. 

163.  Hbbmann    Rönsch    in    Loben- 
stein (t  1888)  202. 

164.  Wilhelm    Heineich    Röscher  203. 
in  Würzen  (69) 

165.  Emil  Rosenbebg  in  Hirschberg  204. 
(Schlesien)  205. 

166.  Otto  Rossbach  in  Breslau  206. 

167.  Konbad  Rossberq    in  Hildes-  207. 
heim  208. 

168.  Fbanz    Rühl     in    Königsberg 
(Preuszen)  (4.  17.  46.  104)  209. 

169.  Heinbich  Rumpf  in  Frankfurt  210. 
am  Main  (f  1889) 

170.  Paul  Rusch  in  Stettin  211. 

171.  Leonabd    Sad]£e    in    Freiburg  212. 
(Breisgau)  (72) 

172.  Rudolf    von    Scala    in  Inns-  213. 
brück 

173.  Kabl  Schäfeb  in  Pforta  214. 

174.  Kabl  Schliack  in  Cottbus 

175.  Adolf  Schmidt  in  Jena  (f  1887)  215. 

176.  Max  C.  P.  Schmidt   in  Berlin 

(27)  216. 

177.  Mobiz  Schmidt  in  Jena  (f  1888)  217. 

178.  Otto      Eduabd      Schmidt     in 
Dresden  (28)  218. 

179.  Wilhelm  Schmitz  in  Köln  (80)  219. 

180.  Max  Schneidewin  in  Hameln  220. 

181.  Hebmann    Schbadeb    in  Ham- 
burg (78)  221. 


Kabl  Schbadeb  in^Dtiren 
Wilhelm  Schbadeb  in  Halle 
Hebmann   Sohütz  in  Potsdam 
(88) 

Ebnst  Schulze  in  Homburg 
vor  der  Höhe 

Kabl  Paul  Schulzb  in  Berlin 
Paul  Schul;sb  in  Lübeck 
Ludwig  Schwabe  in  Tübingen 
Alfbed  Scotland  in  Strasburg 
(Westpreuszen)  (2.  33) 
Otto  Seeck  in  Greifswald  (93) 
Hebmann   Siebeck  in  Gieszen 
^Johann     Alphon  s     Simon     in 
Düren  (98.  107) 
Jakob     Sitzleb     in    Tauber- 
bischofsheim 

Wilhelm  Soltau  in  Zabern 
(Elsasz)  (41.  110)1 
Julius  Sommbbbbodt  in  Breslau 
Adolf  Sonnt  in  St.'Petersburg 
Mabtin  Sobof  in  Berlin 
Huao  Stadtmüllbb  in  Heidel- 
berg (47.  86) 

Peteb  Stamm  in  Rössel  (Ost- 
preuszen)  (27.  103) 
Thomas    Stanol    in  München 
(91.  92) 

Kabl  STBaMANN  in  Geeste- 
münde 

Paul  Stengel  in  Berlin 
Hebmann  Steuding  in  Würzen 
(113) 

Wilhelm  Studemund  in  Breslau 
Joseph  Stübm  in  Würzburg  (78) 
Fbanz  Susemihl  in  Greifswald 
Ludwig  von  Sfbsl  in  Marburg 
August  Tbubeu  in  Eberswalde 
(65) 

Adolf  Thimme  in  Verden  (75) 
Albebt  Thumb  in  Freiburg 
(Breisgau) 

Paul  Tbenkel  in  Zerbst  (63) 
Ludwig  Tbiemel  in  Kreuznach 
(51) 

Kabl  Tboost  in  Frankenstein 
(Schlesien) 

Kabl  Tümpel  in  Neustettin 
(6.  109) 

Geobg  Fbiedbich  Ungeb  in 
Würzburg  (71) 

Gustav  Ungebmann  in  Düren 
Johannes  van  deb  Vliet  in 
Haarlem 

Fbiedbich  Vogel  in  Nürnberg 
Theodob  Vogel  in  Dresden 
Fbiedbich  Walteb  in  München 
(57.  94) 
Geobg  Wabtenbkbg  in  Berlin 


VIII  }»k»iUtf^!t7Mkfmk, 

222,  F^mmMAMv  Wu:u  im  MHz  ^92.  22^.  Jl^tttm  Vftmnm  \n  Vrttkfuri 
6H)  «MW  Miüu 

223,  AMDkmAMWmDtutMimtß^/rimmmd  tt^.  H/fmuut  Wihtt^ftk  tnih^f&wmU 

224«  AiMXAMvttM  ytmnKU.  in  H«IU  231,  Cnuttnom  7AU4n,tm  \n  Htott' 
(73)  if^rt  fi  Mm) 

226,  FsiTz  Wem«  in  JfUd^y^wzmiU  Wt,  kt^uumt  ZttmKMAMM  in  WiP 
bei  I>re«d«D  h^lmttUt^r^u 

226,  Paul  Wsiznicscs  In  Celir  233,  (hiWiAV  '/appm*  in  Kifni$nhmr% 

227.  Max     WnhLMAWM     in     tH^Uin  ^Fr^rtUKMr»;  ^^1; 

(23,  49)  2^,  MAWvn  jCixKitM  in  VMtin^tm, 


INHALTSVEKZEICHNIH. 

(dU  in  partaÜMf«  b«lfM«ixtM   MlbUn  h^tUä^m  ititk  mf  Am  «'«fMi*l«Ai#*4«  iff%4Uhmi» 

1,  beitrage  zur  deatong  »niiker  n«aieu  (9/ 1 

2,  zn  Homer«  Iüm  (189) 12 

8.   biblifche  parftllelen  za  Homero«  (102) If> 

4.   anz,  ▼.  CCichoriiM  de  faetie  e<rniioUribttf  *riti<|Mi««inii«  (IM)    ,  44 

6.   coniectAne»  P»afftni*c*  ^82) ,,.,.,,  49 

6.  Tjreenifchee  ron  Kjlleo«  (214) tM 

7.  zn  Salliutio«  (143.  19,  103) 01 

8.  dae  reclproke  Terbültnlf  bei  Caieiar  durch  #^,  ipH  h§  «iiege- 
drückt  (124) 67 

9.  anz.  T.  Oeuvre«  d*Horftce  p,  AW*liz  (18) .,,.,,  69 

10.  berichtiguog  [betr,  AHoetUeber«  Akrotioti«  von  Athen]   ....     76 

11.  über  eine  Trierer  Cfte«*rb*nd«chrift  (117) 77 

12.  zu  Attconio«  und  Apoliineri«  Bidoniu«  (117) 79 

13.  zor  geechicbte  and  conipo«ition  der  Ili»«.  V.  VI  (21)  .    ,    ,    81.  ftl8 

14.  zor  ketbarsi«  de«  Aristotele«  (63) {irt 

15.  die  neueste  Übersetzung  der  Auebasi«  (96; ,   104 

16.  zu  Piatons  Politeia  (108) 105 

17.  Termiscbte  bemerkungen.    37—68  (168) 113.  333 

18.  zn  Hesiodos  Tbeogonie  (111) 131 

19.  anz.  T.  HMerguets  lex.  zu  den  philo«,  sehr.  Cieeros  (84)    .    .    .   132 

20.  über  die  handscbriften  von  Cicero«  Deiotariana  (127.  137)  .  137.  398 

21.  zu  Vergilin«  Aeneis  (119) 141.  633 

22.  Euphorionea  (96) 145 

23.  analecto  medica  (227) 152 

24.  zu  Sophokles  Antigone  (24.  94) 159.  451 

25.  zu  Piatons  Apologie  (4) 160 

26.  kritische  bemerkungen  zur  geschichte  Timolcoos  (82) 161 

27.  ac  nnd  atque  vor  consonanten  (199.  176) 171.  711 

28.  zu  Cieeros  briefen  an  M.  Brutus  (178) 179 

29.  zu  Aeneis  [IX  176—445]  und  Ilias  [K]  (150) 185 

30.  anz.  der  zs.  des  Mainzer  verein«  f.  rhein.  gesch.  III  4  (145)    .  189 

31.  zu  ßilius  lUlicu«  (10) 193 

32.  Homerische  probleme.    9—14  (222) 225 

88.  Athene  Mentes  in  Ithake  (189) 233 

34.  zn  Hesiodos  (111) 241 

35.  bemerkungen  zu  Aristophanes  (151.  126) 245.  648 

36.  zn  OvidiuB  Metamorphosen  (153) 266 


I 

* 


iilue-Tiü:  VA»  DfttAiiu  >'  V»'« 

■am  OMAAiMthMi  |;94t»4Nii^>i^KT^  Kaimi  .^«r^  n  n 

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13»  mk  T1i«^\-4i4Mt  v*^^ A^vn 

14«  m  n«t«rc^  $T«i|H^4K4  ^^^  >       x       .       ^       x  %  ^l^( 

SOk  ««  Di<^<^nM  (XXXIV  3^1  .'JJx^^  IWV   .    x  x  f^U,  ?Mi>^ 

ai,  ««  F^yUo»  ^H^V    ,   ,       x   .    X   X   X   X              x    .    ,    .  X           X  «^U 

a^  ««  dtm  $r\^\k\*chi^m  um^\\,^m  (^^ .       x   ,   x   x    .    ,  .   x    ,          H4V 

83x  1«  TyrUii»  vl*^ .    .   x  <^W 

8&.   B«  Pt«U«m  O^*^ ^  <NV^ 

M.   ««  KaripiadB  1)ü\iff«]|«44  Ui  AhU«  v^)M^^  x    x   x           x    .  x   x       x   x  t^^ 

8T.  bh  ArchUo«)ki^  ^^1«^  x   ,   ,   x   x    ,    x   ,   *   *   x                  x  x    x   x       »  iW^^ 

88,  kritUclie  bew^^kua^u  «u  ArUlo«»ltMi  il^^lwHK  y^^^^  %   v       ^      ^^^^t 

88,  Bttr  AnUialojr)«  UUua  [\\V  x   x   .   x x    .          x  ^^\Kv 

90,  B«  €V>nieliu$  Kepo«  ^JI^  ,   x   x   .   x   .           .    x   x       x  ,   x   .    x   ^m 

1>l,   IftxikofraphUck«  hoUb  v^WO^ x (10 

M,  Bu  den  rbetorea  UUni  minor»«  (^H>K   x   .   x       x  «   x  .    .   ,   x  tU 
M.  8ladi«ik  Bur  ^Mhioht«  l>iooWlUn»  und  i'ounUnUu»,  \  \,\W\s      tiH 


X  InhaltayerzeichiuB. 

seile 

94.  zu  Tacitüs  annalen  (220) 726 

95.  Theognie  vaterstAdt  (18) 729 

96.  zum  Homerischen  Hermeshjmnos  (111) 734 

97.  Solon  und  Mimnermos  (16) 742 

98.  Xenophontische  Studien.  I.  11  (192) 745 

99.  zur  textkritik  Piatons  (108) 756 

100.  anz.  y.  Hypsikles  schrift  Anaphorikos  v.  KManitius  (123)   .    .  761 

101.  zu  Plautus  Aulularia  (158) 763 

102.  zu  Plautus  Miles  gloriosus  (33) 765 

108.  zur  lateinischen  grammatik  und  Stilistik  (199.  156)    .    .    .  767.  866 

104.  die  Constantinischen  indictionen  (168) 789 

105.  culturhistorische  forschungen  zum  Homerischen  Zeitalter  (75).  793 

106.  zu  Aineias  Taktikos  (89) 811 

107.  zu  Xenophons  Hellenika  (192) 812 

108.  zu  den  fragmenten  des  historikers  Timaios  (101) 815 

109.  Achilleus  und  die  lesbische  Hierapolis  (214) 829 

110.  zu  den  römischen  tagen  (194) 833 

111.  adnotatiunculae  criticae  in  libellum  satiricum  qui  nunc  vulgo 
inscribitur  Apocolocyntosis  (58) 843 

112.  Verstärkung  und  ablösung  in  der  cohortenlegion  (59)  ....  849 

113.  zu  Citeros  Cato  maior  (203) 862 

114.  genera  usitata  epistularum  (67) 863 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEI8EN. 


1. 

BEITRÄGE  ZUR  DEUTUNG  ANTIKER  NAMEN. 


1.  "kapoc,  iKdpioc,  ''Ikoc. 

Zu  WZ.  sik  'benetzen,  befeuchten',  von  welcher  gr.  iKjudc,  iKjua- 
Aeoc  usw.  abstammen ,  scheinen  mir  mehrere  bisher  nicht  erklärte 
mythologische  und  geographische  namen  zu  gehören,  so  vor  allem 
der  name  des  attischen  heros  'iKapioc  und  der  des  gleichnamigen 
demos  sowie  der  inselname  ''iKapoc.  denn  überall  finden  sich  hier 
enge  beziehungen  zum  cultus  des  Dionysos,  der  so  recht  eigentlich 
der  gott  der  befruchtenden  feuchtigkeit  ist.  es  genügt  hierfür  auf 
Preller  gr.  myih.  I^  s.  619  f.  zu  verweisen,  auch  für  Ikarios,  den 
vater  der  Penelope,  finden  sich  beziehungen  zum  nassen  element.  so 
ist  er  nach  Apollod.  III  10,  6  gemahl  der  naiade  Periboia.  mehr- 
fach heiszt  Ikarios  auch  söhn  des  Oibalos,  der  nach  den  'HoTai  des 
Hesiodos  auch  als  vater  der  quellnymphe  Peirene  gilt. 

Nicht  jedoch,  wie  mir  scheint,  läszt  sich  in  diesen  Zusammen- 
hang der  name  des  Daidalossohnes  Ikaros  bringen,  für  den  Curtius 
grdz.^  s.  461  die  ableitung  von  wz.  Itt,  ik  'schlagen'  aufstellt,  ist 
übrigens,  beiläufig  bemerkt,  dieser  ganze  mythos  nicht  rein  ätio- 
logischer natur,  lediglich  zur  erklärung  des  namens  MKapiov  iT^Xa- 
TOC  erfunden?  denn  der  stürz  des  Ikaros  in  das  meer  und  die  be- 
nennung  desselben  nach  jenem  erinnert  doch  gar  zu  sehr  an  den 
stürz  der  Helle  und  die  benennung  Hellespontos.  vielmehr  hat  das 
meer  den  namen  nach  der  insel  "kapoc,  ebenso  wie  das  in  der 
nähe  befindliche  karpathische  nach  der  insel  KäpTraOoc.  übrigens 
wird  aus  Ross  inselreisen  II  s.  166  klar,  warum  gerade  nach  der 
insel  Ikaros  das  dortige  meer  benannt  worden  ist.  es  heiszt  da- 
selbst: 'durch  die  gewalt,  mit  welcher  der  wind  sich  von  den  berg- 
gipfeln  auf  das  meer  zunächst  an  der  küste  stürzt,  bricht  er  seine 
kraft  und  hört  weiterhin  ganz  auf:  während  die  aufregung,  in  welche 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hfl.  1.  1 


2  CAngermann :  beitrage  zur  deutung  antiker  namen. 

die  rechts  und  links  an  der  insel  sich  fortsetzende  windströmung  das 
meer  setzt,  sich  auch  dieser  von  keinem  winde  beherschten  fl&che 
mitteilt,  so  dasz  ein  sehr  starker  wellentanz  entsteht  .  .  auf  diesen 
empörten  wellen  wird  dann  das  schiff  mit  schlaffen  segeln  willenlos 
hin  und  her  geschaukelt.' 

Auch  der  name  der  insel  ''Ikoc  wird  von  der  gleichen  wz.  sik 
herstammen,  es  ist  dies  um  so  wahrscheinlicher,  als  die  jetzt  Cheli- 
dromia  genannte  insel  trotz  jahrhundertelanger  Verwüstung  und 
trotz  ihres  felsigen  Charakters  noch  immer  ziemlich  vegetations-  und 
wasserreich  ist ,  wie  aus  der  höchst  beachtenswerten  und  eingehen- 
den beschreibung  bei  Fiedler  ^reisen  durch  Griechenland'  II  s.  32  ff. 
hervorgeht. 

Femer  sei  dai*auf  aufmerksam  gemacht,  dasz  die  vielen  be- 
Ziehungen ,  die  das  wort  ittttoc  und  ableitungen  desselben ,  wie  die 
quellnamen  ''Ittttii  und  ''Ikkii,  'Ittttou  Kpiivri,  der  name  des  sikelischen 
flusses  ''iTTTrapic,  wofür  auch  ''iKKOpic,  zum  nassen  element  zeigen, 
möglicherweise  auf  das  lautliche  zusammenfallen  der  beiden  ursprüng- 
lich völlig  verschiedenen  stamme  akva  und  sikva  zurückgehen,  für 
die  ezistenz  des  letztem  Stammes  läszt  sich  einerseits  das  der  be- 
deutung  nach  etwas  abliegende  lat.  siccus  für  sic-vus^  zend.  hiku 
(etwa  'versiegend'?),  anderseits  gr.  ix^P  anführen,  das  wohl,  wie 
Clemm  (Curtius  Studien  II  s.  53)  richtig  erkannt  hat,  auf  ttlteres 
*Ik-Fop  zurückgeht. 

Vielleicht  ist  es  auch  gestattet  den  namen  des  spanischen  flusses 
Sicoris^  jetzt  Segre  an  die  gleiche  wz.  sik  anzuschlieszen.  natürlich 
ist  diese  etymologie  nur  unter  der  annähme  zulässig,  dasz  dieser 
name  nicht  iberischen  Ursprungs  ist,  sondern  von  den  Ligurem  (vgl. 
s.  9  f.)  oder  wie  so  viele  andere  auf  spanischem  boden  von  den  zahl- 
reich eingedrungenen  Kelten  herrührt,  es  ist  dies  übrigens  um  so 
wahrscheinlicher,  da  ein  parallelflusz  des  Sicoris  geradezu  den  namen 
Gallicus  führt,  demnach  würde  Sicoris  nicht  blosz  wurzel-  sondern 
auch  suffizgleich  dem  griechischen  —  oder  vielleicht  richtiger  kari- 
schen —  iKdpioc  sein,  etwas  weiter  abgelegen,  aber  doch  auch  mit 
einem  r-sufüx  gebildet  ist  zend.  hikh-ra-m  'flüssigkeit'. 

2.  Sagray  Cdtpoc. 

Nicht  mit  unrecht  scheint  mir  Fick  IV  s.  56  die  eben  bespro- 
chene WZ.  sik  auf  die  ältere  wurzelform  svak  zurückzuführen ,  von 
der  er  P  s.  801  die  ableitungen  aus  den  idg.  sprachen  zusammen- 
stellt ,  darunter  lit.  sunkiu  'seihen'  und  ksl.  sekna  'flieszen',  und  mit 
erweichung  des  wurzelauslautes  lat.  sugere  und  sanguis.  *  ableitungen 

*  tlie  primäre  wurzel  ist  wohl  sva  oder  su  'auspressen,  erzeugen', 
wovon  auch  gr.  üciv,  ulöc  ('erzeufj;ter*)  und  got.  itunus.  Weiterbildung 
dieser  wurzel  mit  determinativ  k  i8t  svak^  woraus  durch  abschwächung 
svik,  $ik,  die  daneben  erscheinende  wurzelform  svag^  sug  zeigt  entweder 
Schwächung  von  k  zu  g^  wie  häufig,  oder  ist  selbständige  Weiterbildung 
von  svGy  Mu  durch  determinativ  g. 


CADgermann:  beitrage  sur  deutung  antiker  namen.  3 

dieser  letztem  wurzelform  scheinen  mir  die  namen  zweier  unterita- 
lischer  flüsse  zu  sein,  nemlich  Sagra^  ein  fiusz  des  ßruttierlandes 
(Cicero  de  not.  d.  II  6  usw;  Strabon  VI  261),  der  jetzt  mit  deut- 
scher anlehnung  an  sacer  den  namen  Sacricmo  führt,  die  Sagra  ent- 
sprechende m&nnliche  namensform  zeigt  der  jetzt  Sangro  genannte, 
die  grenzen  der  Abruzzen  bildende  Cdtpoc  (Strabon  V  242 ;  Nissen 
ital.  landeskunde  I  s.  240).  auch  der  name  des  pbryg.  CatTopioc 
schlieszt  sich  hier  zwanglos  an.  ja  selbst  den  namen  der  keltischen 
Segwina  ist  man  versucht  hierher  zu  stellen, 

3.  'AGfivai,  *At6ic,  'AiTiKrj. 

In  Curtius  Studien  IX  s.  252  ff.  habe  ich  gegen  Curtius  ansieht, 
dasz  'ArriKii  gleich  dcTiKrj  sei,  einspruch  erhoben  und  die  alte 
etymologie  'Attikii  gleich  dKTiKrj ,  also  ^küstenland',  wieder  in  ihr 
recht  einzusetzen  versucht,  hiergegen  hat  Baunack  in  seinen  höchst 
schätzenswerten  ^beitragen  zur  altgriechiscben  onomatologie'  s.  26 
sich  erklärt,  mit  hinweis  darauf  dasz  er  schon  früher  in  EZ.  XXV 
s.  250  gegen  mich  nachgewiesen ,  dasz  die  von  mir  angenommene 
assimilation  von  kt  zu  tt  als  gemeingriechisch  nicht  gelten  könne. 
er  selbst  stellt  die  ansieht  auf,  dasz  'ArTiKrj  für  'AcciKri  stehe,  also 
auf  einen  stamm  ficca  zurückgehe,  der  wurzelverwandt  mit  lat.  aqua 
in  verschiedenen  griechischen  y  bisher  anders  erklärten  appellativen 
und  eigennamen  vorliege.  'ArTiKrj  sei  demnach  wie  auch  'Acia  so 
viel  als  ^Seeland',  eine  nebenform  zu  'Acia  sei  'Acic,  eig.  'Accic, 
mit  diesem  'natürlich'  identisch  'Attic.  dies  sei  umgestaltet  mit 
aspirierung  der  doppelcousonanz  zu  'Atöic,  und  in  ''Aönvai  liege  nun 
die  aus  *t8  vereinfachte  aspirata  vor.  der  name  der  hauptstadt  sei 
demnach  wie  so  häufig  stammverwandt  mit  dem  landesnamen. 

Ich  gestehe  dasz  mir  der  weg  von  einem  ursprünglichen  Kj  durch 
die  mittelstufen  cc  oder  tt  und  t9  zu  9,  wie  er  sich  in  der  entwick- 
lung  äk^a^  öcca,  ÖTTa,  'Attikh,  'Attic,  'Atöic,  'Aöfivai  zeigen  soll, 
zu  weit  ist.  anderseits  aber  halte  ich  auch  nicht  mehr  an  der  früher 
von  mir  vertretenen  ansieht  fest,  da  eine  assimilation  von  kt  zu  tt 
zwar  in  andern  dialekten,  aber  nicht  im  attischen  nachweisbar  ist. 

um  in  die  ganze  frage  licht  zu  bringen,  bedarf  es  zunächst  einer 
Untersuchung  über  das  vorkommen  der  betreffenden  formen  'ArriKri, 
'Attic,  'AtGic  und  'Aöfjvai.  hierbei  ergibt  sich,  dasz  die  nach 
Baunacks  ansieht  lautlich  jüngste  form  'A9f)vai  sich  am  frühsten 
in  der  litteratur  nachweisen  läszt.  denn  'AGf^vai  kommt  mehrfach 
bei  Homer,  auch  bei  Hesiodos  (fr.  106  G.)  vor,  oft  der  damit  zu- 
sammenhängende name  'AGiivair). 

Was  nun  ferner  die  form  'Attikh  betrifft,  so  erscheint  sie  wohl 
zuerst  bei  Alkaios  und  in  den  iamben  des  Selon  —  aus  der  hexa- 
metrischen poesie  ist  sie  ja  ihres  baus  wegen  ausgeschlossen  —  ferner 
bei  Aischylos  (Eum.  681),  oft  bei  Herodotos  und  Thukydides.  ich 
führe  dies  ausdrücklich  an,  weil  diese  Schriftsteller  immer  'Attikii 
sagen,  nie  etwa  'AcciKrj,  während  sie  sonst  ihrem  allgemeinen  sprach- 
ig 


4  CAngermann:  beitrage  zur  deutung  antiker  namen. 

gebrauch  entsprechend  die  formen  mit  cc  in  eigennamen  auch  da 
anwenden,  wo  der  heimische  dialekt  derselben  tt  verlangt,  so  heiszt 
es  durchaus  GeccaXoi  trotz  der  heimischen  form  0€T9aXöc  (vgl.  Prell- 
witz de  dialecto  Thessalica  s.  26),  femer  bei  Herodotos  ^^r\cc6c 
(VI  13)  für  attisches  'Y^tittöc,  ganz  seiner  sonstigen  gewohnheit 
gemäsz,  der  zufolge  er  auch  aus  dorischem  A€U)viöac  und  Aojüidpa- 
TOC  Aciüviöric  und  AimdpTiTOC  macht.  ^  ebenso  sagt  Thukjdides  II 
23,  1  BpiXriccöc,  während  die  einheimische  form  sicherlich  nur 
BpiXriTTÖc  gewesen  ist,  ich  ziehe  nun  hieraus  den  schlusz,  dasz  das 
TT  in  'ATTiKrj  ganz  anderer  natur  ist  als  das  attisch- boiotische  TT  der 
eben  erwähnten  namen,  dem  in  den  übrigen  dialekten  cc  entspricht, 
ich  möchte  demselben  dasjenige  TT  an  die  seite  stellen,  das  sich  in 
T^TTQ,  ÖTTtt  —  davon  wohl  "AttoXoc'  —  BäTTOc,  TTiTTaKOC  findet: 
denn  auch  dies  wird  ebenso  wenig  wie  in  'ArriKrj  je  durch  cc  ersetzt, 
anderseits  gibt  es  auch  zwei  lautgruppen  cc,  dh.  neben  der  gewöhn- 
lichen attisch  durch  tt  wiedergegebenen  eine  solche,  die  auch  im 
attischen  dialekt  nur  als  cc  oder  einfaches  c  erscheint,  vgl.  hierüber 
PCauer  in  Curtius  Studien  VIII  s.  283. 

Was  nun  die  form  'Attic  betrifft,  so  kommt  dieselbe,  soweit  ich 
es  übersehe,  lediglich  bei  Hesychios  vor  und  ist  wohl  nur  künstlich 
construierte  zwischenform  zwischen  'ArriKrj  und  'AtOic. 

Diese  letztere  form  erscheint  litterarisch  wohl  zuerst  in  den 
fragment«n  der  Sappho,  und  zwar  als  personenname,  so  fr.  33  u.  41. 
Suidas  nennt  die  trägerin  dieses  namens  unter  den  ^laipai  der 
Sappho.  da  er  neben  ihr  noch  eine  Meycipa  namhaft  macht  und 
Mazimos  Tyrios  neben  der  'AtGic  noch  eine  'AvaKTopia  nennt,  die 
allerdings  vielleicht  identisch  ist  mit  der  von  Suidas  unter  den 
^aOrJTpiai  genannten  'Avatöpa  MiXricia,  so  ist  es  nicht  unwahr- 
scheinlich, dasz  die  von  Sappho  angeredete  'AtOic  nach  ihrem 
heimatsort,  nicht  mit  ihrem  eigentlichen  namen  benannt  ist.  in 
diesem  falle  zweifle  ich  nicht,  dasz  'AtOic  nichts  weiter  ist  als  die 
koseform  für  'A9r)vatc,  eine  ansieht  auf  die,  wie  ich  nachträglich  ge- 
sehen, auch  schon  Fick  (griech.  personennamen  s.  6)  gekommen  ist, 
der  sehr  passend  an  Ndc  in  seinem  Verhältnis  zum  Stammwort  'lu)V 
erinnert,  auch  auf  '€XXdc  in  seinem  Verhältnis  zu  ''EXXriv  liesze  sich 
hinweisen.  'AOrivatc  ist  aber  seinerseits  nichts  weiter  als  ein  ganz 
regelrecht  gebildetes  femininum  zu  *A8iivaToc,  man  denke  an  das 
Homerische  'Axaub€C,  ouk^t'  *Axaio(.  femer  sei  daran  erinnert,  dasz 
gerade  die  feminina  auf  -ic  sehr  häufig  das  Stadtgebiet  bezeichnen, 


'  so  viel  ich  sehe,  6ndet  sich  bei  Herodotos  eine  einzige  ausDahme. 
or  nennt  nemlicb  VI  65  denselben  Spartanerkönig  mit  der  koseform 
"Arie,  den  er  VII  204  und  VIII  181  mit  dem  vollnamen  'HmciXciiic  be- 
legt. '  unverständlich  ist  es  mir,  wenn  Bannack  ao.  s.  29  zar  stütze 
seiner  ableitnng  für  *ATTiKr|  auch  den  attischen  phylennamen  'AttoXIc 
und  den  pamphyliscben  stadtnamen  'ATTdXcia  heranzieht,  die  doch  beide 
erst  ableitungen  des  pergamenischen  königsnamens  "ATTaXoc  sind,  über 
•ArraXic  vgl.  Polybios  XVI  26  und  für  'ArrdXcia  Strabon  IX  667. 


CAngennann:  beiti^e  znr  deutung  antiker  namen.  5 

Tgl.  Thuk.  in  68,  4  x^pav  Tf|v  TTXaTaüöa  Giißatöa  TroirjceTe. 
namentlich  scheint  beim  plarale  tantum  diese  bildung  bevorzugt 
worden  zu  sein,  bei  'AQfivai  liegt  als  besonderer  grund  zur  wähl 
für  diese  bildung  noch  der  umstand  vor,  dasz  die  form  'AOrivaia 
schon  als  name  der  göttin  fixiert  war.  dasz  es  überhaupt  geogra- 
phische kurznamen  gibt,  ist  nicht  zu  bezweifeln:  auf  das  Verhältnis 
von  AdKiüv  zu  AaKebaiMÖvioc  macht  Fick  ao.  s.  LXIII  aufmerksam, 
andere  habe  ich  in  meinem  Meiszner  programm  von  1883  s.  23  bei- 
gebracht. • 

Weiter  sei  über  das  lautliche  Verhältnis  von  'AtOic  zu  'AOrivatc 
bemerkt,  dasz  Baunack  ao.  s.  19  mit  recht  hervorhebt,  dasz  kurz- 
namen lautliche  Verdoppelung  lieben,  so  KXdovvic,  Neorric  usw.  es 
ist  auch  ganz  naturgemäsz  dasz  das,  was  der  name  extensiv  einbüszt, 
durch  eine  gewisse  intension  wieder  ausgeglichen  wird,  so  ist  nun 
t9  in  'At6ic  die  ganz  naturgemäsze  Verdoppelung  zu  8  in  'AOrivatc. 

Übrigens  auch  in  d6m  falle,  dasz  der  von  Sappho  gebrauchte 
Personenname  'AtOic  nicht  landsmännisch  zu  fassen  sein  sollte,  würde 
dodi  an  der  sache  nichts  geändert,  denn  es  würde  dann  in  diesem 
speciellen  falle  'AtGic  zwar  nicht  für  'AGiivaic ,  wohl  aber  für  einen 
YoUem  namen  wie  etwa  'ABrivaTÖpa  oder  'A6iivöbu)pa  stehen. 

An  das  so  erklärte  'At6(c  ^chliesze  ich  nun  femer  ^ATTiKrj  an, 
in  der  weise  dasz  ich  es  als  eine  Weiterbildung  durch  das  A^suffix 
auffasse,  demnach  verhält  sich  'Attikti  zu  'AtOic  genau  so  wie  Me- 
TapiKrj  (zb.  bei  Xen.  Hell.  V  4, 18)  zu  McTapic  und  GiißaiKri  (Stra- 
bon  Xni  586)  zu  Oiißatc.  auch  an  AaKU)ViKr|  in  seinem  Verhältnis 
zu  dem  poetischen  AoKUJvic  sei  erinnert,  dasz  schon  im  altertum 
diese  ansieht  vertreten  war,  kann  man  aus  Strabons  werten  scblieszen, 
der  IX  397  sagt:  'AKTf|V  ^kv  fap  dirö  'AKTaiujvoc  cpaciv,  'AxGiba 
ötKal'AxTiKfiv  ÄTTÖ  *AT0iboc  TTic  Kpavdou  sc.  TrpocaTopeuGnvai. 

Noch  ist  ein  wort  über  das  Verhältnis  der  lautgruppe  tG  in 
*AtOic  zu  TT  in  'AmKrj  zu  sagen,  was  die  physiologische  seite  be- 
trifft, so  ist  dieser  lautwandel  genau  so  zu  beurteilen,  wie  wenn  aus 
ursprünglichem  *K0puGjuJ  mit  aufgäbe  jeder  aspiration  KOpuTTU)  wird. 
in  der  doppelconsonanz  läszt  sich  eben  die  aspiration  —  denn  bei 
dem  alter  von  'AtGic  liegt  gewis  noch  die  echte  aspirata  vor  — 
weniger  leicht  festhalten  als  in  einfacher,  nach  einer  mir  mündlich 
mitgeteilten  beobachtung  Baunacks  scheint  sogar  nur  vor  accent  tG 
sich  erhalten  zu  haben,  eine  parallele  zu  *AtGic  und  'AxTiKrj  bieten 
vielleicht  die  personennamen  TTixGeüc  und  TTiTTaKOC,  wenn  anders 
beide  als  kurznamen  zu  betrachten  sind,  deren  erster  bestandteil  auf 
WZ.  TTiG  zurückgeht,  mit  dem  Charakter  der  träger  dieser  namen 
würde  diese  deutung  sehr  wohl  übereinstimmen. 

Nachdem  wir  nun  so  die  entwicklungsreihe  'AGfivai  'AtGic 
'ArriKri  erkannt  haben,  wird  auch  die  deutung  Baunacks  hinfällig. 
denn  nie  und  nimmermehr  ist  es  zulässig  in  'AGf)vai  etwa  die  be- 
deutung  Vasserstadt'  sehen  zu  wollen,  vielmehr  halte  ich  meine 
früher  gegebene  deutung  von  'AGfivai  =  *die  höhen'  trotz  Baunacks 


6  CAngermann:  beiträge  zur  deatuug  antiker  namen. 

einwand,  dasz  dieser  stamm  adh  sich  sonst  im  griechischen  nicht 
nachweisen  lasse,  auch  jetzt  noch  fest,  denn  was  hindert,  äv6oc, 
dvOepeCüV,  dOrjp  und  ähnliches  (vgl.  Curtius  grdz.^  s.  250)  dieser 
Wurzel  zuzuweisen?  auszer  den  im  programm  s.  25  zusammen- 
gestellten Ortsnamen  mache  ich  jetzt  noch  aufmerksam  auf  den 
namen  des  messenischen  berges  KaXdOiov  (Paus.  III  26, 11)  und 
auf  die  thessalische  stadt  Calathassa  bei  Livius  XXXII  13  sowie  die 
arkadische  Ortschaft  'ApTۊ6ai  bei  Paus.  VUI  23,  7,  deren  zweiter 
bestandteil  sicher  auch  von  gleicher  wuj^el  abzuleiten  ist.  eine  ganz 
besondere  stütze  für  meine  erklärung  scheint  mir  noch  der  name  der 
göttin  'A611VII  oder  'A6iivaia  zu  bieten,  die  ich  nicht  etwa  als  speciell 
'athenische'  göttin  auffasse,  sondern  als  göttin  der  höhe  im  allge- 
meinen, ihr  besonders  ausgebildeter  cult  in  Athen  mag  sich  aller- 
dings aus  der  namensverwand  tschaft  erklären. 

4.  Ki^u)Xoc. 

Eine  schon  mehrfach  hervorgehobene  thatsache  der  hellenischen 
ortsnamenskunde  ist  es,  dasz  die  namen  der  inseln  des  ägäischen 
meeres  etymologisch  viel  schwieriger  zu  erklären  sind  als  durch- 
schnittlich die  Ortsnamen  des  festlandes.  es  ist  dies  offenbar  eine 
folge  davon,  dasz  die  inselnamen  zum  grösten  teil  von  einer  vor- 
hellenischen bevölkerung  stammen,  Thrakern  und  ganz  besonders 
Earern  (vgl.  Thuk.  1 4).  auch  mögen  einige  namen  von  semitischen, 
dh.  phönikischen  colonisten  herrühren,  wie  zb.  C^piq)Oc,  Cupoc, 
*Avä(pTi  (vgl,  Kiepert  lehrbuch  d.  alten  geogr.  s.  250.  252).  ein 
groszes  verdienst  um  die  künde  der  griechischen  inselnamen  scheint 
sich  mir  Georg  Meyer  durch  seinen  aufsatz  'die  Karier'  in  Bezzen- 
bergers  beitragen  X  s.  147  ff.  erworben  zu  haben,  insofern  er,  wie 
mir  scheint,  unwiderleglich  nachgewiesen  hat,  dasz  die  Karer  Indo- 
germanen  und  nicht,  wie  früher  vielfach  angenommen  ward,  Semiten 
gewesen  sind,  auf  diese  weise  ist  für  die  etymologie  der  inselnamen 
ein  sicherer  ausgangspunkt  gewonnen,  an  dem  namen  der  insel 
Ki^u)Xoc  sei  dies  im  folgenden  dargethan. 

«  Bei  der  analyse  dieses  namens  wird  es  sich  empfehlen  zunächst 
vom  Suffix  auszugehen,  unschwer  sondert  sich  als  solches  -luXoc  ab : 
man  denke  sowohl  an  griechische  bildungen  wie  q)€iöU)Xöc,  d^ap- 
TwXöc,  und  ganz  besonders  karische  personennamen  wie  MaucciuXöc 
und  lydische  Ortsnamen  wie  *Ava)Xöc,  TTaKTU)X6c  usw.  (vgl.  GMeyer 
ao.  s.  185).  auch  noch  durch  einen  andern  umstand  wird  der  karische 
Ursprung  des  namens  bestätigt,  nach  Diodoros  XI  79  gibt  es  nem- 
lich  in  der  landschaft  Megaris  einen  ort  namens  Ki^u)Xia.  da  nun 
ohne  zweifei  in  alten  zelten  Karer  diese  landschaft  bewohnt  haben, 
so  ist  es  mehr  als  wahrscheinlich ,  dasz  auch  dieser  name  von  den 
Karem  herstammt. 

Nach  absonderung  des  suffixes  erhält  man  nun  einen  stamm 
Kl^o,  in  dem -man  wohl  den  namen  einer  färbe  vermuten  darf,  es  ist 
nemlich  das  charakteristische  merkmal  der  insel  Kimolos  ein  weisz- 


CADgermann:  beitrage  zur  deutang  antiker  natnen.  7 

liches,  in  groszen  bänken  lagerndes  gestern,  das  einen  trefflichen 
baustein  abgibt  (vgl.  Fiedler  reisen  durch  Griechenland  II  s.  344  ff. 
und  Bursian  geogr.  Qr.  11  s.  502).  auch  der  name ,  den  die  West- 
«uropfter  der  insel  gegeben,  Argentieray  geht  sicherlich  auf  dieselbe 
anschanung  zurück,  denn  von  einer  silbergrube ,  die  diesen  namen 
yeranlaszt  haben  könnte,  findet  sich  keine  spur,  dieselbe  beziehung 
auf  die  weisze  färbe  liegt  nun  aber  auch  offenbar  vor  im  namen  des 
megarischen  Ki^UiXia,  das  nach  Bursian  ao.  I  s.  369  ebenso  wie  das 
daselbst  liegende  XeuKÖv  ireöiov  seinen  namen  von  dem  weiszlichen 
thonboden  erhalten  hat.  man  wird  nun  wohl  nicht  fehlgehen,  diesen 
karischen  stamm  ki^o  mit  skr.  Qjdma  ^dunkel',  lit.  szämas  *  blaugrau, 
grau'  (Fick  I'  s.  52)  zu  identificieren.  die  Verschiedenheit  der  be- 
deutung  darf  nicht  auffallen:  denn  bei  den  bezeichnungen  der  färben 
finden  sich  oft  solche  bedeutungsverschiebungen  zwischen  den  ver- 
wandten sprachen,  noch  will  ich  bemerken,  dasz  es  ganz  mit  GMejers 
resultaten  (vgl.  s.  199)  übereinstimmt,  wenn  in  dem  von  uns  gefun- 
denen karischen  stamm  ki^o  k  einem  skr.  g  und  lit.  sz  gegenüber- 
steht, denn  im  gutturalgesetz  stimmen  griechisch  und  karisch  überein. 
als  Wurzel  ist  ki  dörren ,  brennen'  anzusehen ,  von  der  noch  andere 
farbenbenennungen  stammen,  so  skr.  gjena  ^weisz'^  ksl.  59m ^bläu- 
lich' ;  femer  skr.  gjdva  ^braun',  lit.  szyvas  ^weiszlich'  und  ksl.  sivu 
*grau'. 

Selbstverständlich  hat  der  name  der  paphlagonischen  stadt 
Ki^uiXic  bei  Ptol.  V  4,  2  und  Piinius  VI  5  denselben  Ursprung. 

Vielleicht  ist  es  nicht  zu  kühn  auch  den  bisher  meines  wissens 
nicht  erklärten  personennamen  Ki^uJV  auf  den  gleichen  stamm  ki^g 
zurückzuführen,  allerdings  ist  dies  wohl  nur  unter  den  Voraus- 
setzungen statthaft,  dasz  dieser  name  ursprünglich  thrakisch  ist 
und  dasz  Thraker  und  Karer  nahe  verwandte  sind,  vielleicht  er- 
hält diese  namensdeutung  dadurch  eine  stütze,  dasz  nach  Herodotos 
VI  39  der  dbeXcpöc  ö^o^r|TplOC  des  ersten  uns  bekannten  trägers 
dieses  namens  den  namen  MiXTidbric  führte,  der  sich  doch  schwer- 
lich von  ^iXtgc  'rötel'  trennen  läszi,  trotz  Curtius  grdz,*  s.  330. 
nun  ist  es  aber  eine  bekannte  sitte  der  Griechen  und  wohl  auch  an- 
derer Indogermanen ,  dasz  glieder  6iner  familie  gern  namen  gleiches 
Stammes  oder  wenigstens  ähnlicher  bedeutung  fahren,  ich  erinnere 
an  des  Peisistratos  vater  *l7T7TOKpdTTic  und  dessen  enkel  'liTTTiac  und 
*'l7nTapxoc,  an  Armocö^VTic  6  'AXKicöevouc  (Thuk.  III91,  1),  an 
*Apxibct|Lioc  6  ZeuSibdjLiou  und  seine  söhne  'Ayic  und  *ATTiciXaoc,  an 
das  makedonische  königshaus,  in  welchem  die  bedeutungsverwandten 
namen  'A^üviac,  'AXxeTac  und  'AX^Havbpoc  mehrfach  wiederkehren, 
so  würden  auch  Ki^iüv  als  'der  weiszliche'  und  MiXiidbr^c  als  Mer 
rötliche'  passende  brudernamen  sein. 

5.  AesiSy  Äesar^  Isara, 

Bekanntlich  gehen  viele  flusznamen  auf  den  grundbegriff  der 
raschen  bewegung  zurück,   man  vergleiche  darüber  die  von  mir  im 


8  CAngermann :  beitrage  zur  deatung  antiker  namen. 

Meiszner  progr.  von  1883  s.  11  ff.  gegebenen  Zusammenstellungen«. 
die  gleiche  Vorstellung  scheint  mir  nun  auch  in  einer  anzahl  italischer 
und  keltischer  flusznamen  vorzuliegen,  die  ich  auf  die  von  Fick  I* 
8.  29  behandelte  wz.  is  'anregen,  antreiben,  schwellen'  zurückführe, 
es  ist  dies  zunächst  ^e^,  bei  Strabon  V  217  und  227  AIcic,  flusz  in 
Umbrien,  femer  Äesar  (Ov.  mä.  XV  23),  bei  Strabon  VI  262 
Aicapoc,  flusz  bei  Kroton.  ob  der  name  der  samnitischen  stadt 
Aßsernia  auch  in  diesen  Zusammenhang  gehört,  wage  ich  nicht  zu 
entscheiden,  femer  stelle  ich  hierher  den  keltischen  flusznamen 
IsarOj  jetzt  Isdre,  sowie  Isarcus,  jetzt  BasüJc,  auch  den  namen  der 
bairischen  Isar  und  der  böhmischen  Iser  ist  man  versucht  hier  an- 
zuschlieszen.  ja  sogar  ''Icrpoc  für  *1c-poc  stellt  sich  vielleicht  passen- 
der hierher  als  zu  wz.  sru.  auch  der  name  des  mjsischen  Aic-r|TTOC 
mag  hierher  in  seinem  ersten  bestandteil  gehören,  während  der  zweite 
teil  sicherlich  den  stamm  dp  Nasser'  enthält. 

6.  Ortsnamen  auf  -este. 

Mit  recht  macht  meiner  ansieht  nach  Tomaschek  in  Bezzen- 
bergers  beitragen  IX  101  auf  die  existenz  eines  illyrischen  suffixes 
-ista  aufmerksam,  das  in  zahlreichen  Ortsnamen  wie  TergestCy  Bigeste^ 
AtesiBy  Ladesta  usw.  vorliegt,  flüchtig  erwähnt  er  auch  Segesta  an 
der  Sau  sowie  den  sicilischen  ort  gleiches  namens ,  erspart  es  sich 
aber  weitere  Schlüsse  aus  dieser  namensgleichheit  zu  ziehen,  er  hat 
offenbar  übersehen,  dasz  bindeglieder  zwischen  diesen  beiden  räum- 
lich 80  weit  aus  einander  liegenden  örtlichkeiten  vorhanden  sind,  als 
solche  betrachte  ich  das  von  Plinius  III  131  erwähnte  Segeste  ^  eine 
Stadt  der  Karnier,  also  eines  keltischen  Stammes,  der  nachweislich 
ursprünglich  illjrisches  gebiet  occupiert  hat;  ferner  das  von  Plinius 
in  48  erwähnte  Segesta  TiguUiarutn  ^  jetzt  Sestri  di  Levante  ^  im 
lande  der  Ligurer.  letzteres  bildet  die  unmittelbare  brücke  zu  dem 
sicilischen  Segesta  oder  Egesta/    denn  offenbar  hat  Nissen  recht. 


4  man  greift  wohl  nicht  fehl,  wenn  man  die  bei  den  Römern  stets 
vorkommende  form  Segesta  für  die  nrsprünglicbe  and  einheimische  hält. 
^^EyccTa,  wie  es  immer  bei  Thakjdides  beisst,  mag  von  den  sicilischen 
Griechen  (j^ebildet  worden  sein,  entsprechend  der  griechischen  lautneig^ng 
an-  und  inlautendes  s  zu  zerstören,  einen  gleichen  Wechsel  im  anlaut 
findet  man  beim  namen  der  Perrhaiberstadt  CaX^lilV  oder  *AX^(i;v  (vgl. 
Bursian  g^ogr.  Gr.  I  61)  und  bei  dem  der  spanischen  Stadt  Salmanticoy 
jetzt  Salamanca^  wofür  Poljbios  III  14  *€X^avTlK^  und  Livins  XXI  5 
ffermandica  sagt,  die  form  AtyccTa,  die  oft  bei  spätem  Schriftstellern 
auftaucht  und  bei  Strabon  die  stehende  ist,  mag  wohl  volksetjmologisch 
angelehnt  sein  an  die  zahlreichen  mit  dem  stamm  Aly-  zusammengesetzten 
oder  davon  abgeleiteten  städtenamen  wie  AiTai,  AlT<^c6€va.  was  end- 
lich die  bei  Verg.  Aen,  V  718  vorkommende  namensform  AceMta  betrifft, 
sowie  den  namen  des  vorgeblichen  gründers,  des  Troers  Acettet^  so  ist 
dies  wohl  nichts  als  eine  etymologische  Spielerei,  um  für  den  ungrie- 
chischen namen  "Etcctq  eine  bedeutungsvolle  anknüpfnng  au  das  grie- 
chische zu  finden,  ist  doch  in  der  that  Acestes  dem  Aeneas  gegenüber 
ein  heiler  und  helfer. 


CAngermanii:  beitrage  zur  deutung  antiker  namen.  9 

wenn  er  (itaL  landesknnde  I  s.  469)  gestützt  auf  diese  namensgleich- 
heit  sowie  von  Eryx  und  portus  JEryciSj  ferner  der  sicilischen  stadt 
JSnUBa  und  dem  ligurischen  flusz  '€vT^XXac  (Ptol.  III  1,  3)  die 
Eljmer  in  Sicilien  für  einen  ligurischen  Wölkersplitter'  erklärt,  ja 
selbst  bis  Nordspanien  scheinen  sich  die  Ligurer  ausgebreitet  zu 
haben:  man  vergleiche  hierüber  Kiepert  ao.  s.  481.  bemerkenswert 
ist  auch  in  dieser  beziehung,  dasz  Livius  XXXIV  17  eine  befestigte 
Stadt  Segestica  erwähnt. 

Was  nun  die  abstammung  der  Ligurer  betrifft,  so  scheint  mir 
zunächst  auf  grund  ihrer  Ortsnamen  sowie  der  auszerordentlich  dürf- 
tigen Sprachüberreste,  die  wir  besitzen  (vgl.  LDiefenbach  origines 
Europaeae  s.  111  ff.),  das  Indogermanentum  derselben  ausgemacht 
zu  sein ,  wie  auch  Kiepert  ao.  s.  382  anerkennt,  immerhin  ist  es  ja 
dabei  möglich,  dasz  hier  und  da  mischungen  mit  iberischen^  stam- 
men, denen  manche  forscher  sie  zuweisen  wollen,  stattgefunden 
haben,  die  frage  ist  nur,  welchem  der  groszen  indogermanischen 
zweige  sie  speciell  anzureihen  sind,  an  unmittelbar  keltische  Ver- 
wandtschaft läszt  sich  meiner  ansieht  nach  aus  ethnologischen  grün- 
den nicht  denken,  man  vergleiche  die  bilder,  die  Nissen  von  dem 
volkscharakter  der  beiden  stamme  entwirft,  und  man  wird  die  Un- 
vereinbarkeit derselben  erkennen,  immerhin  soll  nicht  geleugnet 
werden,  dasz  mehrfach  mischungen  beider  stamme  stattgefunden 
haben  mögen,  ebenso  wenig  scheint  es  mir  mit  erfolg  zu  gelingen, 
die  Ligurer  den  Italikern  oder  Etruskem  zuzuweisen,  bei  letztern, 
die  sich  ihnen  vor  allem  feindlich  gezeigt  und  sie  in  ihren  geogra- 
phischen sitzen  arg  beschränkt  haben ,  ist  ja  das  Lidogermanentum 
selbst  sehr  zweifelhaft,  auch  die  geographischen  namen  bieten  keine 
ersichtliche  Verwandtschaft,  aber  auch  von  den  seszhaften,  ackerbau- 
treibenden Italikern  scheint  sie  mir  eine  tiefe  kluft  zu  trennen, 
vielmehr  erinnert  ihr  ganzer  volkscharakter,  ihre  neigung  zu  ver- 
wegener Schiffahrt  und  seeraub  und  zum  söldnerdienst  an  die  illj- 
rischen  Völker  an  der  küste  des  Adria.  sind  vielleicht  die  dort  sitzen- 
den lAhurni  sogar  ihre  besondern  Stammes-  und  namensgenossen? 
man  vergleiche  auch  den  namen  der  ligurischen  stadt  Aißapva  bei 
Ptol.  in  1,  45.  nimt  man  als  grundform  einen  stamm  Ligvas  an,  so 
erklären  sich  die  verschiedenen  formen  sehr  leicht. 

Von  andern  geographischen  namen,  die  auf  ligurischem  und 
allgemein  illjrischem  gebiet  wiederkehren,  sei  auf  folgende  hinge- 
wiesen : 

Vada  Sdbatia  bei  Plinius  III  48 ,  jetzt  Savona^  erinnert  an  den 
flusznamen  Savus  und  an  den  namen  der  oberpannonischen  haupt- 
stadt  Savaria.  ich  zweife  nicht,  dasz  all  diesen  namen  die  oben  anm.  1 
behandelte  wz.  su  zu  gründe  liegt,  der  name  der  ligurischen  SaUuvii, 

^  dasz  die  Ligurer  nicht  Iberer  sind,  scheint  mir  schon  aus  dem  von 
Plinias  III  48  überlieferten  flusznamen  Rutuha  hervorzugehen,  denn  nie 
lautet  ein  altiberischer  name  ebenso  wenig  wie  ein  modernes  vaskisches 
wort  mit  r  an:  vgl.  Kiepert  ao.  s.  494. 


10  CAngermann:  beitrage  zar  deutung  antiker  namen. 

gr.  CdXu€C  klingt  an  das  dalmatische  Sälona  an  sowie  an  CaXuvOioc, 
den  namen  eines  königs  der  Agraier  (Thuk.  HL  111),  eines  ursprüng- 
lich wohl  epeirotischen,  also  illyrischen  Stammes,  aach  auf  SäUntia 
im  lande  der  lapyger,  also  auch  eines  illyrischen  Stammes,  sei  hinge- 
wiesen, der  wortstamm  mag  derselbe  sein  wie  in  lat.  sal^  gr.  äXc. 
femer  mag  der  erste  bes tandteil  des  ligurischen  stadtnamens  Var- 
dacate  (Plinius  III  49)  mit  dem  namen  der  dalmatischen  Vardaei 
(Cic.  e^pist»  V  9, 2;  Plinius  III  143)  zusammenhängen,  auch  der  name 
des  illyrischen  königs  BapöuXric  oder  BdpbuXic  wird  desselben  Stam- 
mes sein,  ja  sogar  den  volksnamen  '€opöoi  in  Makedonien  bin  ich 
versucht  hierherzustellen,  als  wurzel  dieser  sämtlichen  namen  sehe 
ich  vardh  ^erheben'  an,  wovon  skr.  ürdhva  'hoch',  gr.  öpOöc.  also 
Vardaei  =»  'bergbe wohner',  endlich  sei  noch  auf  den  ligurischen 
Stadtnamen  Dertona  hingewiesen,  dessen  endung  mit  der  zahlreicher 
illyrischer  Ortsnamen  übereinstimmt:  vgl.  Solana^  Varona,  Narona, 
Emontty  Äenana  ua.  der  name  Dertona  selbst  wird  eine  Weiterbil- 
dung von  WZ.  cüiar  'halten,  tragen'  sein  (Fick  I'  s.  116),  von  der 
zahlreiche  allgemeine  raumbenennungen  ausgegangen  sind,  auch 
eine  anzahl  illyrischer  und  makedonischer,  ja  sogar  auf  griechischem 
boden  erscheinender  Ortsnamen,  wie  A^pai,  Aepieic,  A^pbiov  usw. 
gehört  vielleicht  hierher. 

Aus  all  diesen  gründen  stehe  ich  nicht  an  die  Ligurer  für  den 
am  weitesten  nach  westen  vorgeschobenen  stamm  der  einst  über  ein 
weites  gebiet  hin  wohnenden  illyrischen  völkerfamilie  anzusehen, 
dieser  zweig  der  Indogermanen ,  der  seine  sprachliche  Selbständig- 
keit nur  in  den  heutigen  AJbanesen  bewahrt  hat,  scheint  förmlich 
die  bestimmung  gehabt  zu  haben,  in  fremden  nationalitäten  auf- 
zugehen, schon  im  altertum  sind  viele  ursprünglich  illyrische 
stamme  von  den  Griechen  aufgesaugt  worden,  wie  zb.  die  Thessaler, 
Dryoper,  Lokrer,  vielleicht  auch  Pelasger  ua.  und  wie  viel  illyri- 
sches blut  mag  in  den  ädern  so  vieler  jetziger  Romanen ,  Südslaven 
und  Neugriechen  flieszen  I  meiner  ansieht  nach  mögen  nun  einst  die 
Ligurer  mit  ihren  vermutlichen  stammesgenossen,  den  Sikelem, 
ganz  Ober-  und  Mittelitalien  bewohnt  haben  und  durch  die  nach 
einander  eindringenden  Italiker,  Etrusker  und  Kelten  von  ihren  öst- 
lichen stammesgenossen,  den  Venetem  und  Istriem,  losgerissen  und 
immer  weiter  nach  westen  auf  das  gebirge  und  den  schmalen  küsten- 
saum  sowie  auf  die  inseln  des  tyrrhenischen  meeres  gedrängt  wor- 
den sein. 

Doch  kehren  wir  nach  dieser  ethnologischen  abschweifung  zu- 
rück zu  dem  in  frage  stehenden  suffiz  -este,  -ista.  ich  zweifle  nicht 
dasz  dasselbe  ursprünglich  ein  selbständiges  Substantiv  gewesen  ist 
von  allgemeiner  bedeutung.  es  bietet  sich  da  auch  zum  vergleich 
das  im  sanskrit  und  zend  vorhandene  Substantiv  asta-m  'räum,  ort, 
heimstätte'  dar,  offenbar  eine  ableitung  von  wz.  äs  'sitzen',  wozu 
auch  das  griechische  fj^ai  trotz  seiner  unorganischen  aspiration  ge- 
hört, vgl.  Curtius  grdz.^  s.  377  ff.   vielleicht  liegt  das  simplex  noch 


I 

CAngermann :  beitrage  zur  deutung  antiker  namen.  11 

TOT  in  dem  lignrischen  stadtnamen  AMa ,  jetzt  Asti ,  wofflr  freilich 
Plinius  die  vielleicht  yolksetymologisch  umgestaltete  form  Hasta 
bietet,  beiläufig  bemerkt  erscheint  dasselbe  Substantiv  asta-tn  als 
ausgang  in  den  modernen  asiatischen  ländernamen  wie  Farsistan, 
Afghanistan^  Hindostan,  eine  Weiterbildung  von  asta^  entsprechend 
dem  skr.  astaka^  scheint  mir  in  dem  namen  der  akarnanischen ,  also 
ursprünglich  wohl  auch  illjrischen  stadt  ^Actqkoc  vorzuliegen. 

Bei  dem  stadtnamen  Segesta  erscheint  mir  aber  auch  der  erste 
teü  des  namens  erklärbar,  ich  zweifle  nemlich  nicht,  dasz  der  stamm 
seg  in  Segesta  identisch  ist  mit  dem  stamm  seg  oder  segOy  der  in  zahl- 
reichen keltischen  orts-  und  personennamen  wiederkehrt,  ich  erinnere 
an  Segantia^  Segovia^  Segöbriga^  Segodu/num  und  den  personennamen 
Segovex.  Glück  hat  in  seinen  ^keltischen  namen'  s.  152  diesen  stamm 
mit  dem  skr.  sahaa  ^rubor,  vis,  potestas'  und  dem  got.  sigi  Wictoria' 
(noch  älter  segiy  vgl.  die  personennamen  Segimerus^  Segimundus)  zu- 
sammengestellt, noch  näher  scheint  sich  mir  das  sanskritadj.  saha-s 
'gewaltig,  widerstehend,  aushaltend'  zu  stellen:  vgl.  das  von  dem- 
selben stamme  gebildete  gr.  dxupöc.  demgemäsz  ist  das  keltische 
Segobriga  =  *8tarkenburg*,  und  —  wie  wir  nun  sagen  dürfen  — 
das  iUjrische  Segesta  =  ^feste ,  widerstandsfähige  statte',  denmach 
reiht  sich  dieser  name  in  seiner  bedeutung  den  zahlreichen  von  mir 
im  Programm  von  1883  s.  21  ff.  zusammengestellten  städtenamen 
an,  die  auf  den  grundbegriff  'feste'  zurückgehen,  eine  bedeutung 
die  namentlich  für  das  pannonische  Segesta  ausgezeichnet  passt: 
vgL  Appian  Illyr.  22  ff.  noch  sei  ausdrücklich  bemerkt,  dasz  die 
hier  angenommene  gleichsetzung  von  illjr.  g  mit  skr.  gh  bzw.  h  und 
griech.  x  vollständig  berechtigt  ist.  denn  wie  ich  bereits  im  Meiszner 
progr.  1883  s.  8  vermutet  und  Gustav  Meyer  in  Bezzenbergers  bei- 
tragen Vin  s.  185  ff.  bewiesen,  schlieszt  sich  das  iilyrische  in  seinem 
aspiratengesetz  an  die  nordeuropäischen  sprachgruppen  keltisch, 
litauisch  und  slavisch  an. 

Noch  einen  andern  von  Tomaschek  nicht  erwähnten  Ortsnamen 
auf  -este  bin  ich  geneigt  als  ursprünglich  ligurisch  in  anspruch  zu 
nehmen,  es  ist  dies  der  name  der  latinischen  stadt  Praeneste.  es 
erscheint  mir  die  annähme  ligurischen  Ursprungs  nicht  zu  kühn  mit 
rücksicht  auf  die  auf  Verrius  Flaccus  zurückgehende  notiz,  dasz  einst 
im  alten  Latium  Siculer  und  Ligurer  gesessen.  Praeneste  selbst 
möchte  ich  als  'Hochheim'  erklären,  den  ersten  teil  des  wertes 
halte  ich  nemlich  für  eine  Weiterbildung  der  wz.  pra,  entsprechend 
dem  skr.  pravana-s  ^  gr.  7rprivr|C,  \&t,pronus,  der  diphthong  ae  er- 
klärt sich  wohl  aus  einer  mittelform  pravino-s.  die  bedeutung  übri- 
gens stimmt  zu  der  läge  von  Praeneste  vorzüglich:  vgl.  Verg.  Äen. 
VII  682  altim  Praeneste. 

Meiszen.  Constantin  Angebmann. 


I 

12  AScotland:  za  Homers  Ilias  [A  79— 85j. 

2. 

ZU  HOMERS  ILIAS. 


A  74  ff.  begibt  sieb  Atbene  vom  Olympos  in  das  beer  der  Troer, 
was  mit  folgenden  werten  bescbrieben  wird : 

olov  b*  dcT^pa  fiKC  Kpövou  ndic  dTKuXo^1lT€U),  75 

f\  vauTi;ici  T^pac  f\k  crpaTiij  eup^i  Xawv, 
Xa^Tipöv  ToO  öd  T€  TToXXol  ÖTTÖ  CTTiv8fip€C  '(cviar 
T(?i  i\K\)V  fjiHev  dm  xOöva  TTaXXäc  'AerjvTi , 
Kdö  ö*  fOop*  ic  ^dccov.  Gd^ßoc  ö'  Ixev  elcopöwvrac 
Tpwdc  8'  liTTTOÖd^ouc  Ka\  duKvrjmöac  'Axaiouc.  80 

wenn  Griecben  und  Troer  dies  seben  und  staunen  sollen,  so  kann 
die  stelle  nicht  anders  verstanden  werden ,  als  dasz  die  göttin  auf 
ibrem  fluge  zur  ebene  die  beiden  beeren  siebtbare  gestalt  einer  stem- 
sebnuppe,  einer  feuerkugel  oder  eines  äbnlicben  meteors  annahm, 
welches  die  krieger  für  ein  von  Zeus  gesandtes  zeichen  ansehen 
mnsten.  dasz  eiKübc,  fjiKTO,  eibofidvii  und  ähnliche  formen  die  be- 
deutung  einer  wirklichen  Verwandlung  an  vielen  stellen  haben,  auch 
wenn  nicht  ausdrücklich  bd^ac,  wie  b  756.  v  288.  n  257.  u  31  oder 
bd^ac  Kai  q)U)Viiv,  wie  X  227,  dabeisteht,  ist  bekannt,  und  dasz 
Homer  diese  gestalten  nicht  etwa  als  schattengebilde  auffaszt,  wie 
man  vielleicht  aus  0  600  ff.  ua.  stellen  schlieszen  könnte,  sondern 
im  gegensatz  zu  den  ipuxoti  im  Hades ,  welche  Odysseus  nicht  an- 
zufassen vermag  (X  392  ff.  und  204  ff.;  vgl.  meine  darstellung  im 
Philol.  XLV  8. 590)  als  handgreifliche  körper,  zeigen  auszer  andern 
stellen  k  302 ,  wo  Hermes  dem  Odysseus  das  wunderkraut  in  die 
band  gibt,  und  0  268,  wo  Poseidon  und  Athene  die  band  schütteln, 
dasz  anderseits  ^oikujc  aber  auch  einen  bloszen  vergleich  ausdrückt^ 
zeigen  zweifellos  ^  413.  M  385.  TT  742,  wo  fallende  menschliche 
körper  mit  einem  dpveurrjp,  und  b  122.  2^  102,  wo  einherschreitende 
frauen  mit  Artemis  verglichen  werden,  letztere  bedeutung  eines 
Vergleiches  musz  aber  an  unserer  stelle  diKuTa  aus  folgenden  gründen 
haben,  bei  einer  so  feinen  beobachtung  der  natur,  wie  sie  uns  überall 
aus  den  Homerischen  dichtungen  entgegentritt,  kann  man  es  dem 
dichter  nicht  zumuten,  dasz  er  den  menschen  eine  feuerkugel  am 
hellen  lichten  tage  sichtbar  werden  läszt.  femer  müste  man  an- 
nehmen dasz  Athene,  nachdem  sie  als  sichtbares  meteor  nieder- 
gefahren, 'plötzlich  zwischen  beiden  beeren,  doch  unsichtbar,  ge- 
standen' (Fftsi)  und  sich  dann  erst  in  die  reihen  der  Troer  begeben 
habe ,  um  dort  in  der  gestalt  des  Laodokos  wieder  sichtbar  zu  wer- 
den, warum  fuhr  sie  aber  nicht  sogleich  zu  den  Troern  hinunter? 
ihre  Stellung  zwischen  beiden  beeren,  zumal  wenn  sie  unsichtbar 
blieb ,  war  völlig  zwecklos,  sodann  beiszt  es  in  ähnlicher  weise  von 
dem  zur  Ealjpso  eilenden  Hermes  Xdpu)  äpviOi  doiKUüC  (€51),  wobei 
schon  die  alten  erkl&rer  bemerken:  Tf)V  öpjLirjv,  ou  TÖ  cui^a,  und 


AScotland:  zu  Homers  llias  [A  79—85].  13 

von  der  zu  Achilleus  sich  begebenden  Athene  äputj  diKUia  (T  350 
vgl.  a  320).  denn  wir  werden  doch  hier  nicht  annehmen,  der  dichter 
habe  sich  vorgestellt,  dasz  die  göttin  als  ein  flügelspannender  (Tavu- 
iTT^piS),  lant  kreischender  (XiTU(pu)VOC)  falke  angeflogen  gekommen 
w&re,  um  dann  unsichtbar  dem  Achilleus  ambrosia  und  nektar  ein- 
zuflöszen,  ebenso  wenig  wie  wir  glauben,  dasz  Hermes  in  gestalt 
einer  möwe  unterwegs  fische  gefangen  habe  (ix^Oc  dTpu)CCU)v)  und 
dann  in  seine  eigne  natur  zurückverwandelt  vor  Kalypso  erschienen 
sei.  *  vielmehr  haben  wir  es  mit  einem  poetisch  ausgeführten  ver- 
gleiche zu  thun ,  dessen  tertium  comparationis  die  Schnelligkeit  der 
bewegung  bildet,  daher  werden  wir  nicht  fehlgehen ,  wenn  wir  an- 
nehmen, dasz  auch  in  A  74  f^  der  dichter  nichts  anderes  habe  sagen 
wollen  als  dasz  Athene  schnell  wie  ein  meteor  in  die  troische 
ebene  hinabfuhr,  wenn  Ameis  zu  A  75  auszer  der  Schnelligkeit 
auch  ^das  glänzende  ihrer  erscheinung'  mit  dem  fall  einer  feuerkugel 
verglichen  wissen  will,  so  ist  mir  das  unverständlich,  wie  und  wo 
hat  sich  Ameis  diese  glänzende  erscheinung  gedacht?  in  der  luft 
oder  zwischen  beiden  beeren?  in  der  gestalt  der  Athene  oder  in  der 
einer  feuerkugel?  sobald  man  Sichtbarkeit  annimt,  hört  der  ver- 
gleich auf;  Athene  fährt  dann  nicht  Vie  eine'  sondern  *als'  feuer- 
kugel hernieder,  nach  meiner  ansieht  kann  daher  nur  die  Schnellig- 
keit in  betracht  kommen ,  so  dasz  die  göttin  nach  der  Intention  des 
dichters  nur  dem  geistigen  äuge  dieses  allein,  wenn  ich  so  sagen  soll, 
auf  ihrer  fahrt  sichtbar  gewesen  ist,  nicht  aber  den  einander  gegen- 
über lagernden  beeren ;  für  diese  erscheint  sie  vielmehr  erst  in  den 
reihen  der  Troer  in  der  gestalt  des  Laodokos.  wurde  Athene  den 
menschen  aber  nicht  als  meteor  sichtbar,  so  kann  sie  als  solches  auch 
keinen  eindruck  auf  die  krieger  gemacht  haben,  und  die  verse  79 — 85 
müssen  interpoliert  sein,  bestätigt  wird  der  verdacht  gegen  diese 
stelle  durch  die  wunderbare  deutung  die  der  erscheinung  gegeben 
wird: 

f{  ß'  aÖTic  TTÖXcMÖc  xe  kqköc  xai  qpüXoTTic  aivf] 
Iccexai,  f\  qpiXÖTTiTa  ^ex'  d^cpox^poici  xiOriciv 
Zۆc  usw. 


*  an  und  für  sich  wäre  gegen  eine  verwandlang  der  götter  in  vögel 
nichts  einzuwenden,  in  den  meisten  fällen  sind  die  götter  allerdings 
genötigt  menschliche  gestalt  anzunehmen,  weil  sie  füglich  anders  — 
erkannt  oder  unerkannt  —  nicht  mit  den  menschen  in  Unterhandlung 
treten  können ,  um  unmittelbar  in  ihre  geschicke  einzugreifen,  sobald 
sie  aber  als  blosze  beobachter  auftreten,  verschmähen  sie  nicht  vogel- 
gestalt  anzunehmen,  denn  wir  werden  doch  nicht  glauben,  der  dichter 
habe  die  Vorstellung  erwecken  wollen,  dasz  Athene  x  ^^^  '^^^  Apollon 
und  Athene  H  59  in  ihrer  göttlichen  gestalt  auf  dem  russigen  dachbalken 
bzw.  auf  einem  baumaste  hocken,  vielmehr  müssen  wir  wirkliche  ver- 
wandlang in  eine  rauchschwalbe,  worauf  schon  dvTr^v  x  240  hinweist, 
und  in  geier  annehmen^  deren  göttliche  natur  allerdings  nur  dem  dichter 
offenbar  war,  während  die  menschen  die  eine  rauchschwalbe  von  den 
vielen  und  die  beiden  geier  von  den  übrigen,  welche  beutegierig  das 
Schlachtfeld  umschwärmten,  nicht  zu  unterscheiden  vermochten. 


14  AScotland:  zu  Homers  Ilias  [€  267]. 

nach  der  Überlieferung  haben  wir  offenbar  doch  an  eine  beiden  beeren 
sichtbare  feuerkngel  zu  denken,  dasz  dieselbe  wie  viele  andere  den 
menschen  unerklärliche  erscheinungen  in  jener  zeit  des  aberglaubens 
als  ein  von  Zeus  gesandtes  omen  angesehen  wurde,  ist  durchaus 
natürlich,  aber  ebenso  natürlich  auch ,  dasz  man  aus  der  fülle  sol- 
cher überraschenden  Zufälligkeiten  den  einen  gute,  den  andern 
schlechte  Vorbedeutungen  beizulegen  gewohnt  war;  6iner  und  der- 
selben erscheinung  aber  gutes  und  böses  zugleich  zuzuschreiben 
wäre  ein  Widerspruch  in  sich  selbst,  daher  konnten  auch  hier  die 
krieger  nicht  zweifelhaft  sein,  ob  das  zeichen  krieg  oder  frieden  be- 
deutete, und  die  versuchte  erklärung  von  Fäsi  'jedenfalls  steht 
eine  entscheidung  bevor'  ändert  daran  nichts,  offenbar  sind  die  verse 
ungeschickt  nach  A  15  f.  nachgebildet,  wo  der  gegensatz  zwischen 
TTÖX€^oc  und  q)iXÖTTic  begründet  ist ,  da  es  sich  um  eine  beschlusz- 
fassung  handelt,  ob  man  den  kämpf  erneuern  oder  frieden  schlieszen 
solle,  dazu  kommt  dasz  auch  die  übrigen  verse  der  verdächtigten 
stelle  meist  aus  gemeinplätzen  der  Homerischen  dichtung  bestehen: 
ed^ßoc  V  fx€V  clcopöiüVTac  =  T  342  vgl.  Q  482.  V  815.  t  372; 
Tpoidc  8'  iTTTTGÖä^ouc  Ka\  duKvrimbac  'Axoiouc  ==  f  343  vgl.  f  127. 
131.  6  71;  V.  81  =  B  271.  X  372.  6  328  uö.;  &c  fipa  Tic  einecKC 
BS  X  375.  V  170.  nach  ausscheidung  der  verse  79 — 85  schlieszt 
sich  an  v.  78  gut  v.  86  an,  sobald  man  in  letzterm  f)  bk  in  f{b4. 
ändert,    demnach  halte  ich  A  79 — 85  für  eine  interpolation. 

€  265  ff.  lesen  wir,  dasz  das  gespann  des  Aineias  von  jenen  rossen 
abstamme ,  welche  Zeus  einst  dem  Tros  als  entgelt  für  den  raub  des 
Qanymedes  gab,  oöv€K*  äpiCTOi,  wozu  Kttttoi  oder  Ittttiüv  t^cav  sehr 
leicht  zu  ergänzen  wäre ,  auch  wenn  der  dichter  nicht  mit  fTTTTU)v, 
öccoi  faci  utt'  i^ai  t'  i^^Xiöv  T€  (267)  fortführe,  dieser  vers  ist  aber 
nicht  nur  überflüssig,  sondern  wegen  des  utt'  i\6j  T*  i^^Xiöv  T€  an- 
stöszig.  Ebeling  lex.  Hom.  erklärt  es  durch  'toto  terrarum  orbe', 
was  es  dem  sinne  nach  offenbar  heiszen  musz.  ob  es  aber  den  Worten 
nach  so  heiszen  kann?  utt'  t^Aiov  allein  könnte  diese  bedeutung 
wohl  haben ,  aber  f^^Xioc  in  Verbindung  mit  t^uüc  kann  nur  die  auf- 
gehende sonne  bezeichnen,  so  dasz  sich  der  ausdruck  Ott'  t^Oü  t' 
T^^Xiöv  T€  nur  auf  den  osten,  nicht  aber  auf  den  osten  und  westen 
beziehen  kann,  durch  welche  beiden  begriffe  Homer  (ebd.  6  29)  den 
orbis  terrarum  zu  bezeichnen  pflegt  (Ariston.  buo  öiacToiceic  olbev 
*'O^T^poc  KOCmKdc,  dvaToXf|V  Ka\  buciv).  dies  wird  bestätigt  durch 
i  26.  V  240  und  M  239,  wo  irpöc  t^oi  t'  T^eXiöv  T€  ausdrücklich  dem 
Westen  (2^öq)0c)  entgegengestellt  wird,  auch  hj.  a.  Apollon  436 
di|ioppoi  öf|  f Tr€iTa  irpöc  i^u)  t*  t^^Xiöv  T€  firXeucav  kann  der  aus- 
druck nur  6ine  himmelsgegend  bezeichnen,  da  nun  an  unserer  stelle 
notwendig  der  begriff  des  orbis  terrarum  verlangt  wird  und  der 
vers  267  entbehrlich  ist,  so  halte  ich  ihn  für  interpoliert. 

Strasburg  in  Westpreuszen.  Alfred  Scotland. 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  15 

BIBLISCHE  PARALLELEN  ZU  HOMEROS. 


Im  folgenden  gestatte  ich  mir  den  lesem  dieser  Zeitschrift  die 
fracht  einer  vor  langem  jähren  mit  steten  Seitenblicken  auf  die 
bibel  unternommenen  durcharbeitong  der  Homerischen  gesänge  vor- 
zulegen, ich  würde  diese  samlung  von  parallelen  schon  früher  ver- 
öffentlicht haben,  wenn  ich  nicht  zufällig  erfahren  hätte,  dasz  bereits 
dr.  Friedrich  Burchard  Eöster,  damals  professor  der  theologie  in 
Kiel ,  'erläuterungen  der  h.  schrift  alten  und  neuen  testaments  aus 
den  classikem,  besonders  aus  Homer'  herausgegeben  hat  (Kiel 
1833).  um  nun  nicht  eine  lUaspost  Homerum  zu  schreiben,  wünschte 
ich  zunächst  dieses  werk  kennen  zu  lernen,  indessen  stellten  sich  der 
Verwirklichung  dieses  Wunsches  ungeahnte  Schwierigkeiten  entgegen, 
da  dasselbe  im  buchhandel  völlig  vergriffen  ist  und  meine  bemühun- 
gen  es  auf  antiquarischem  wege  zu  erlangen  ebenso  erfolglos  blieben 
wie  meine  anfragen  bei  mehreren  gröszem  bibliotheken.  erst  vor 
kurzem  ist  es  mir  gelungen  ein  exemplar  dieses  buches  auf  einige 
zeit  zu  erhalten ,  und  ich  konnte  mich  nunmehr  überzeugen ,  dasz 
meine  oben  angedeutete  befürchtung  grundlos  war.  einmal  deckt 
sich  Rösters  arbeit  schon  deshalb  nicht  ganz  mit  der  meinigen, 
weil  er  Homerische  parallelen  zur  bibel  gibt,  während  ich 
biblische  parallelen  zu  Homer  biete,  und  sodann  fand  ich, 
dasz  ich  nur  in  einer  geringen  anzahl  von  föUen  mit  ihm  zusammen- 
getroffen bin.  endlich  würde  ich,  auch  wenn  letzteres  öfter  geschehen 
wäre,  doch  mit  rücksicht  darauf,  dasz  sein  jetzt  so  selten  gewordenes 
buch  wohl  noch  keinem  leser  dieser  blätter  zu  gesiebt  gekommen 
ist ,  eine  Veröffentlichung  meiner  samlung  nicht  ftif*  ganz  überflüssig 
halten,  obgleich  dieselbe  diejenige  Eösters,  soweit  sich  letztere  auf 
Homer  bezieht,  an  reichhaltigkeit  übertrifft,  ist  sie  doch  weit  ent- 
fernt davon  auf  Vollständigkeit  anspruch  zu  machen;  vielmehr  glaube 
ich  dasz  für  eine  künftige  nachlese  auf  diesem  felde  noch  mancherlei 
übrig  bleibt,  bei  der  wörtlichen  anführung  biblischer  stellen  ist  für 
das  AT.  die  Übersetzung  von  de  Wette  (4e  aufläge,  Heidelberg 
1858)  \  für  die  apokryphischen  bücher  die  ausgäbe  von  OFFritzsche 
(libri  apocrjphi  VT.  graece,  Leipzig  1871),  für  das  NT.  die  dritte 
Stereotypausgabe  Tischendorfs  (Leipzig  1873)  benutzt  worden. 

ILIAS. 

A. 
3  ff.  iroXXdc  V  l96i^ouc  ipuxotc  "Aibi  7rpoiai|i€v 

fjpiUUiV,  aÖTOUC  bk  dXuipia  T€UX€  KÜV€CCIV 

olu)VoTc(  T€  näci. 


'  die  von  de  Wette  noch  gebrauchte  form  'Jehova'  ist  durchgängig 
durch  die  heutzutage  allgemein  als  richtiger  anerkannte  'Jahve'  ersetzt. 


16  MKrenkei:  biblische  parallelen  za  Homeros. 

vgl.  X  66  ff.  aÖTÖv  b'  6v  irü^aTÖv  ^€  küvcc  TTpiu-njci  Giipijav 
üj^TiCTal  dpuouciv,  direi  k^  tic  öHx  xdkKw 
Tuipac  ^k  ßaXübv  ßeO^ujv  Ik  Gu^öv  ^Xrixai, 
oOc  Tp^cpov  iv  ii€f&po\c\  TpaTieCfiac  Oupaujpouc, 
o\  K*  i^öv  al^a  möviec,  dXuccovTCC  irepi  Gu^uj, 

K61C0VT'  dv  TtpoGupOlCl. 

T  258  ff.  Tijj  K^  o\  o\)bk  GavövTi  x^v  im  Taiav  ixevay , 
dXX'  fipa  TÖv  T€  Kuv€c  xe  Kai  oiiuvol  KaT^Saipav 
K€i^€vov  iy  ireöiqj  ^Kdc  Sctcoc,  o\)bl  Ki  Tic  ^iv 
xXaOcev  'Axaiidöa)v.  vgl.  noch  P  254  f.  X  335  f. 
alttestamentliche  parallelen  sind  psalm  79,  2  *8ie  geben  die  laichen 
deiner  knechte  zum  firasz  den  vögeln  des  himmels,  das  fleisch  deiner 
frommen  den  tieren  des  landes.'  1  Sam.  17, 44  (Goliath  zu  David:) 
'komm  zu  mir,  dasz  ich  dein  fleisch  gebe  den  vögeln  des  himmels 
und  den  tieren  des  feldes'  (vgl.  2  Sam.  21,  10).  namentlich  in  den 
strafreden  der  propheten  wird  das  hier  angedrohte  Schicksal  öfter 
übelthätem  und  feindlichen  Völkern  in  aussieht  gestellt:  vgl.  1  Eon- 
21,  19  (Elia  zu  Ahab:)  Mafür  dasz  die  hunde  das  blut  Naboths  ge- 
leckt haben ,  sollen  die  hunde  auch  dein  blut  lecken.'  v.  23  f.  'die 
hunde  sollen  Isebel  fressen  im  Stadtgraben  von  Jesreel.  wer  von 
Ahab  stirbt  in  der  stadt,  den  sollen  die  hunde  fressen,  und  wer  stirbt 
auf  dem  felde,  den  sollen  die  vögel  des  himmels  fressen'  (die  erfdl- 
lung  dieser  drohungen  s.  22,  38.  2  Kön.  9,  35  ff.  vgl.  1  Eon.  14, 11. 
16,  4.  2  Kön.  9,  10).  Jes.  18,  6  'sie  (die  Äthiopen)  werden  über- 
lassen allzumal  den  raubvögeln  der  berge  und  dem  vieh  des  feldes, 
und  es  übersommem  darauf  die  raubvögel,  und  alles  vieh  des  feldes 
überwintert  darauf.'  Jer.  7,  33.  15,  3.  16,  4.  Ezech.  29,  5.  s.  zu 
X72ff. 

9  ff .  6  Tdp  ßaciXfii  xoXwGeic 

voOcov  dvd  CTpQTÖv  Äpce  koktiv,  öX€kovto  bk  Xao(, 
oöv€Ka  TÖV  XpucTiv  T^Ti^Tic'  äptiTfipa 
'AipeiÖTic. 
vgl.  die  alttestamentliche  erzählung  2  Sam.  24.  1  Chron.  22 ,  nach 
welcher  Jahve  eine  pest  über  Israel  verhängt,  um  David  für  die  von 
ihm  unternommene  Volkszählung  zu  züchtigen. 

62  ff.  dXX*  äfe  br\  xiva  Mdvxiv  ipeio^iev  f\  Upf^a 

f|  Kai  öveipoTTÖXov  —  kqI  t^p  x'  övap  ^k  Aiöc  icxiv  — . 
diet^elben  Offenbarungsmittel  kennt  das  AT.,  welches  den  träumen 
gleichfalls  hohe  bedeutung  beilegt:  4  Mose  12,  6  'wenn  ein  prophet 
unter  euch  ist,  so  thue  ich  Jahve  im  gesiebte  mich  ihm  kuAd,  im 
träume  rede  ich  zu  ihm.'  1  Sam.  28,  6  'Saul  befragte  Jahve,  aber 
Jahve  antwortete  ihm  nicht,  weder  durch  träume  noch  durch  das 
licht'  noch  durch  die  propheten.'  Hieb  33, 14  f.  'einmal  redet  gott 
und  zweimal  —  man  achtet  es  nicht  —  im  träume,  im  nachtgesicht, 

'  gemeint   ist  das   orakel   darch   Urim   and  Thammim:   s.   2  Mose 
28,  30.  3  Mose  8,  8.  4  Mose  27,  21. 


MErenkel:  biblifiche  parallelen  zu  Homeros.  17 

wenn  tiefer  schlaf  die  menschen  befiLllt,  im  Schlummer  auf  dem 
Iskger.'  Joel  3,  1  ^es  geschieht  hemachmals,  ich  werde  meinen  geist 
ansgieszen  über  alles  fleisch  und  es  prophezeien  eure  söhne  und  eure 
töchter,  eure  ältesten  träumen  träume,  eure  Jünglinge  schauen  ge- 
siebte.' vgl.  1  Mose  20,  3  ff.  18, 12  ff.  31, 10  ff.  24.  40, 5  ff.  41, 1  ff. 
46,  2  ff.  4  Mose  22,  8  ff.  19  f.  1  Kön.  3,  5  ff.  (2  Chr.  1,  7  ff.)  Hieb 
4,  12  ff.  Jer.  31,  26.  Dan.  2,  1  ff .  7,  1  ff.  Sach.  1,  8  ff.  ua.  dasz 
jedoch  nicht  alle  träume  Offenbarungen  der  Wahrheit,  sondern  manche 
derselben  auch  trügerisch  sind,  weisz  sowohl  Homer  (s.  zu  B  5  f.) 
als  das  AT.  (vgl.  Jer.  23,  25  ff.  29,  8.  Sach.  10,  2). 

197  f.  (Athene) 

CTfi  V  Ö7ri0€V,  HavGfic  bk  köjlitic  ?Xe  TTiiXeiuiva, 
otqj  qpaivojLi^VTi'  tujv  b'  fiXXujv  ou  Tic  öpäio. 

vgl.  TT  160  ff. 

oub'  dpa  TTiX€|Liaxoc  ibev  dvTiov ,  oub'  dvöricev  • 
ou  Ycip  TTUJ  TrdvTecci  9eoi  qpaivovTai  dvapxeic 
dXX'  'Obuc€Üc  Tc  Kiivec  t€  ibov,  Kai  ß*  oiix  uXdovTO, 
kvu2ti9|liuj  b'  ^repujce  bid  CTaOjuioTo  qp6ßT]0€v. 

ähnlich  ist  die  alttestamentliche  erzählung,  nach  welcher  der  dem 
Bileam  in  den  weg  tretende  engel  nicht  von  diesem,  wohl  aber  von 
seiner  eselin  gesehen  wird  (4  Mose  22,  22  ff.),  als  die  stadt 
Dothan,  in  der  sich  Elisa  aufhält,  von  einem  syrischen  beer  um- 
ringt ist,  erblickt  der  prophet  rings  um  sich  her  feurige  rosse  und 
wagen,  die  sein  knappe  erst  dann  gewahrt,  nachdem  ihm  auf  Elisas 
gebet  die  äugen  geöffnet  worden  sind  (2  Kön.  6,  14  ff.).  Dan.  10,  7 
^ich  Daniel  sah  das  gesiebt  allein,  und  die  männer,  welche  bei 
mir  waren,  sahen  das  gesiebt  nicht.'  Apg.  9,  7  oi  bk  dvbpec  ol  cuv- 
obeucvTCC  auTUj  eiciriKeicav  dveoi,  dKOÜovTec  jii^v  xfic  qpwvfic, 
^r)b^va  bi  9€U)poövT€C  (bei  der  bekehrung  des  Paulus) .  s.  auch  zu 
€  127  f. 

423  f.  Zeuc  Tdp  ic  'QKcavöv  juex*  dinüinovac  Ai9i07Tfiac 

X9i2!öc  Ißri  Kaxd  baixa,  Geoi  b*  äjna  irdviec  gircvTC. 

vgl.  V  205  ff.  (Iris) 

oux  Sboc"  eljLii  Tdp  aöxic  ^tt*  'QKeavoTo  ^eeOpa, 
Ai0iÖ7ru)v  k  Tctiav ,  89i  ^e^ouc'  dKaxöjLißac 
d9avdxoic ,  iva  br\  Kai  dtw  |Liexabaico|Liai  Ipiliv. 

a  22  dXX'  6  jiifev  Ai9iOTrac  |LiexeKia9€  xriXö9*  ^övxac  (Poseidon). 

von  Wanderungen  ihrer  götter  auf  erden ,  bei  welchen  dieselben  die 
ihnen  wohlgefölligen  menschen  besuchen,  wissen  auch  die  semitischen 
Völker  zu  erzählen,  so  kehrt  Jabve  mit  zwei  engein  bei  Abraham 
ein,  wo  sie  gastfreundliche  aufnähme  finden  (1  Mose  18).  Elia  höhnt 
die  vergeblich  zu  ihrem  gotte  rufenden  propheten  Baals :  ^rufet  mit 
lauter  stimme,  denn  er  ist  ja  gott!  denn  er  ist  (vielleicht)  in  nach- 
denken, er  ist  bei  seite  gegangen,  er  ist  auf  der  reise'  (1  Kön. 
18,  27). 

Jahrbücher  für  class.  philol.  18b8  hTl.  1.  2 


18  MKrenkel:  bibÜBche  parallelen  zu  Homeros. 


B. 

6  £P.  Um  Agamemnon  zu  einem  für  ihn  unglücklichen  kämpfe 
zu  verlocken,  beschlieszt  Zeus  ihm  einen  trügerischen  träum  zu  sen- 
den, den  er  anredet: 

ßdcK*  T9i,  oöXe  öveipe,  Godc  im  yf\ac  'Axaidiv 
^X0ujv  de  kXiciiiv  'ATa|Li€|Livovoc  *ATp€ibao 
ndvTtt  juidX'  dTp€Kdujc  dTopeudjuiev  ibc  diriTdXXu). 
GuipfiHai  i  K^Xcue  Kapr]KO|LiöuiVTac  'Axaioüc 
iravcubir)  •  vöv  f&Q  k€V  SXoi  iröXiv  eupudyi^iav 
TpuiuiV  ou  Tdp  fi'  djLiqplc  'OXüjLiTTia  biijuiai*  fxovxec 
d9dvaT0i  (pp6lo\Tar  iTii'x\a^\^e\  fäp  SiravTac 
*'HpTi  XiccojuievTi ,  Tpiuecci  be  Krjbe*  dqpfJTrrai. 
vgl.  A  104  &c  qpdi'  'AGTivaiT),  tuj  bk  qppdvac  öqppovi  ireiGev  (dem 
Pandaros). 

C  310  ff.  &c  "CKTuip  dTÖpeu',  im  hk  Tpaiec  KcXdbticav 

vrjTTior  dK  Tdp  cqpeuiv  qppdvac  eiXeio  TTaXXdc  'AGrivT). 

"CKTOpl  jLliv  Tdp  dTTrjVriCaV  KQKd  jLiriTlÖUiVTl, 

TTouXubdjuiavTi  b'  dp'  oö  Tic,  8c  dcGXi?)v  qppdCeTO  ßouXriv. 
alttestamentliche  parallelen  sind  die  geschichte  Pharaos,  dessen  herz 
von  Jahve  verstockt  wird,  so  dasz  er  sich  dem  auszuge  der  Israeliten 
möglichst  lange  widersetzt  und,  nachdem  er  in  denselben  gewilligt, 
sie  mit  heeresmacht  verfolgt,  um  dabei  seinen  Untergang  zu  finden 
(2  Mose  4,  21.  7,  3  f.  9,  12.  10,  1.  20.  27.  11,  10.  14,  4.  8.  17), 
und  die  erzfthlung  1  Kön.  22,  55  ff. ,  nach  welcher  der  israelitische 
könig  Ahab,  dem  vierhundert  propheten  einen  glücklichen  ausgang 
seines  feldzuges  gegen  die  Syrer  vorausverkündigt  haben,  zuletzt 
noch  den  Micha  beschwört  ihm  die  lautere  Wahrheit  zu  sagen,  und 
von  diesem  den  bescheid  erhält  (v.  19 — 21):  ^ich  sah  Jahve  sitzen 
auf  seinem  throne  und  das  ganze  beer  des  himmels  neben  ihm  stehen 
zu  seiner  rechten  und  zu  seiner  linken,  und  Jahve  sprach:  cwer  will 
Ahab  bereden,  dasz  er  hinaufziehe  und  falle  bei  Ramoth  in  Gilead  ?» 
und  dieser  sprach  so  und  jener  sprach  so.  da  gieng  der  geist  her- 
vor und  trat  vor  Jahve  und  sprach:  «ich  will  ihn  bereden.»  und 
Jahve  sprach  «wodurch?»  und  er  sprach:  «ich  will  ausgehen  und 
ein  lügengeist  sein  im  munde  aller  seiner  propheten.»  und  er  sprach : 
«du  sollst  ihn  bereden  und  wirst  es  auch  vermögen,  gehe  aus  und 
thue  also.»  und  nun  sieh,  Jahve  hat  einen  lügengeist  gegeben  in 
den  mund  all  dieser  deiner  propheten ,  und  Jahve  hat  böses  ausge- 
sprochen über  dich.'  vgl.  Jes.  19,  13  f.  Uhoren  sind  die  obersten 
Zoans,  getcuscht  die  obersten  Nopbs,  und  Ägypter  führen  irre  die 
häupter  seiner  stamme.  Jahve  gosz  in  ihr  inneres  den  geist  der 
Verkehrtheit,  dasz  sie  die  Ägypter  irre  führen  in  all  ihrem  thun,  wie 
ein  trunkener  herumirret  in  seinem  gespei.' 

808  ff.  Während  die  Achaier  bei  Aulis  mit  opfern  beschäftigt 
sind,  verzehrt  eine  schlänge  ein  auf  einer  platane  nistendes  sperlings- 
weibchen  samt  acht  jungen,  was  als  ein  groszes  wunderzeichen  {}xi'xa 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Uomeros.  19 

cfi^a,  T^pac  ^ifd)  betrachtet  und  von  Ealcbas  folgendermaszen  ge- 
deutet wird  (v.  326—329): 

d)C  ouTOC  Kaxct  t^kv*  i<pafe  CTpouGoTo  Kai  auTrjv , 
ÖKTiw,  öxap  juriTtip  ^vairi  r^v,  f^  t^k€  t^kvo, 
&c  f)|LieTc  TOccauT*  fiea  iiToXeMiEoMev  ai39i, 
ifSj)  beKdruj  bk  ttöXiv  a\pr|C0Mev  eupuÖTuiav. 
vgl.  1  Mose  41,  1  ff. ,   wo  Pharao  träumt,   dasz  vor  seinen  äugen 
sieben  dem  Nil  entstiegene  schöne  und  fette  kühe  von  ebenso  viel 
bSszliehen  und  mageren  verschlungen,  und  alsdann  sieben  auf  einem 
balme  gewachsene  schöne  und  volle  Shren  von  der  gleichen  anzahl 
magerer  und  durch  den  Ostwind  verbrannter  ähren  verzehrt  werden, 
und  Joseph  diesen  träum  dahin  auslegt ,   dasz  dem  land  Ägypten 
znnächst  sieben  jähre  des  Überflusses,  nach  denselben  aber  sieben 
hnngerjahre  bevorstehen. 

411  ff.  ToTciv  b'  €ux6|Li€Voc  ^eiicpt]  Kpeiuiv  'AYajii^MVUJV 
«Zeö  Kubicie  |Li^TiCT€,  xeXaiveqp^c,  al9^pi  vaCujv, 
ixi\  TTpiv  ^tt'  T^^Xiov  bövai  Ktti  im  KV^qpac  ^X9eiv, 
TTpiv  |Li€  KOTd  TTpTivic  ßaX€€iv  T7pi(i|Lioio  jLi^XaGpov 
ai9aXÖ€V ,  irpficai  bk  irupöc  briioio  9up€Tpa , 
'6kt6p€ov  bk  xiToiva  irepi  cTr|9€cci  bat£ai 
XaXKqj  ßuiYctX^ov  •  iroX^ec  b'  djiiq)'  auTÖv  ^TaTpoi 
npriv^ec  ^v  KOvCqciv  öbdH  XaZoiaTO  TOictv.» 
vgl.  Jos.  10,  12  ff.  ^damals  redete  Josua  zu  Jahve,  des  tages,  da 
Jahve  die  Amoriter  hingab  vor  den  söhnen  Israels  und  sprach  vor 
den  äugen  Israels :  «sonne  zu  Gibeon,  stehe  stille  und  mond  im  thale 
Ajalon!»    da  stand  die  sonne  still  und  der  mond  blieb  stehen,  bis 
sich  rächte  das  volk  an  seinen  feinden,    ist  nicht  solches  geschrieben 
im  buche  der  redlichen?'   und  es  blieb  die  sonne  stehen  mitten  am 
himmel  und  eilete  nicht  unterzugeben  beinahe  einen  vollen  tag.'  das 
gegenteil  dieses  wunders  wird  C  239  ff.  erzählt,  wo  Here  die  sonne 
noch  vor  der  zeit  untergehen  läszt,  um  den  ermatteten  Achaiern  ruhe 
vom  kämpfe  zu  verschaffen  (vgl.  0  485  ff.  und  Fäsi  zdst.).   ander- 
seits verlängert  Athene  die  nacht,   damit  Odysseus  und  Penelope 
nach  der  Wiedererkennung  des  erstem  durch  die  letztere  sich  unge- 
stört gegen  einander  aussprechen  können  (ip  241  ff.),    hiermit  vgl. 
Hiob  9,  7  'er  befiehlt  der  sonne,  dasz  sie  nicht  aufgeht,  und  sterne 
versiegelt  er.' 

741.  Hier  wird  zuerst  ein  menschlicher  söhn  des  Zeus  genannt 
(Peirithoos,  vgl.  Z  317  f.).  andere  von  ihm  mit  irdischen  frauen 
erzeugte  söhne  sind  Aiakos  (0  189),  Dardanos  (Y  302  ff.),  Dionysos 
(E  325),  Herakles  (ebd.  323  f.),  Minos  und  Rhadamanthys  (ebd. 
321  f.),  Perseus  (ebd.  319  f.),  Sarpedon  (6  628  ff.  Z  198  f.).  auch 
andere  götter  haben  sterbliche  söhne,  so  Poseidon  (A  750  ff.  N  206  f. 
vgl.  mit  185),  Ares  (B  511  ff.  N  518  ff.  0  1 10  ff ),  Hermes  (TT  179  ff.), 


'   wahrscheinlich   eine   alte  liederBamluDg,    auch   2  Sam.    1,  18   er- 
wähnt. 


20  MErcnkel :  biblische  parallelen  zu  Homeros. 

Aphrodite  (B  819  ff.)  und  die  fluszgötter  Spercheios  (H 173  ff.)  und 
Axios  (<t>  139  ff.))  ^^^  Q^c^  ^  ^^^  ff*  befinden  sich  unter  den  um 
Priamos  stadt  kämpfenden  viele  söhne  unsterblicher,  das  AT.  bietet 
hierzu  als  parallele  die  erzählung  1  Mose  6,  1  ff.,  nach  welcher 
die  söhne  gottes  (dh.  engel)  mit  den  schönen  töchtem  der  men- 
schen eheliche  Verbindungen  eingiengen,  denen  berühmte  beiden  ent- 
stammten. 

867.  Hier  heiszen  die  Earer  ßapßapöcpuiVOi ,  wie  6  294  die 
Sintier  dTpiöqpuiVOi ,  weil  sie  von  den  Griechen  nicht  verstanden 
wurden,  so  heiszen  psalm  114,  1  die  Ägypter  ein  ^unverständlich 
redendes  volk'^  und  Jes.  33,  19  die  Assyrer  ^ein  volk  von  dunkler 
rede,  die  man  nicht  vemimt,  von  stammelnder  zunge,  die  man  nicht 
versteht'  (vgl.  28,  11). 

r. 

298  ff.  Z€Ö  Ku6icT€  iiificiej  Kai  dOdvaTOi  Oeoi  fiXXoi, 

ÖTTTTÖTepOl  TTpÖTCpOl  UTlfep  ÖpKia  711^11  V€iaV, 

&bi  c<p'  dipc^cpaXoc  xctMdbic  {>io\  ujc  öbe  oTvoc, 
auTuJv  Kai  t€k^u)v,  äXoxoi  b'  äXXoici  ba^€l€v. 
vgl.  Hiob  31,  9  f.  ^liesz  mein  herz  sich  bethören  ob  einem  weibe  und 
lauerte  ich  an  der  thüre  meines  nächsten,  dann  mahle  einen  andern 
mein  weib  und  andere  beschlafen  sie.' 

880  ff.  Aphrodite  entrückt  den  Paris ,  indem  sie  ihn  mit  nebel 
umhüllt,  aus  dem  schlachtgewühle ,  wie  Hephaislos  den  Idaios 
(€  20  ff.),  Poseidon  die  beiden  Molioneu  (A  750  ff.)  und  den  Aineias 
(Y  318  ff.),  Apollon  diesen  letztern  (6  344  ff.),  den  Hektor  (Y  438  ff.) 
und  Agenor  (<t>  595  ff.),  mit  Sarpedon  ein  gleiches  zu  thun  wird 
Zeus  nur  durch  den  Widerspruch  der  Here  abgehalten,  auch  das 
A.  und  NT.  kennt  wunderbare  entrückungen,  s.  zu  a  241. 

A. 

474  ff.  CiMoeiciov,  öv  ttotc  ixr\Tr\Q 

"IbriOev  KatioCca  nap'  öxöqciv  CipöevToc 
T€ivaT*,  itiei  {>a  TOKeöciv  fijui'  2cTreT0  ^ifiXa  ib^cOai. 
TOÖv€Kd  juiiv  KdXeov  Ci^oeiciov  * 
vgl.  2  Mose  2,  10,  wo  Moses  von  der  tochter  Pharaos  seinen  namen 
deshalb  erhält ,  weil  sie  ihn  aus  dem  wasser  gezogen  hat  (indem  der 
erzähler,  allerdings  wohl  nicht  mit  recht,  die  hebräische  namensform 
Moscfie  von  mäscfiä  ^ziehen'  ableitet). 

482  ö  V  dv  KOvir)Ci  x^M^^'^  Trdcev ,  aiTCipoc  ujc. 

ausgeführter  erscheint  dieses  bild 
N  178  ff  6  V  aW  firecev  \iiK\r\  ujc, 

f\  1*  öpeoc  KOpuqpQ  £Ka6€V  TT€plqpalVO^^volO 
XaXKUj  rajuivoMevTi  xepeva  xöovi  qpuXXa  neXdccij. 

^  de  Wette  minder  genau:  'fremdes  volk.* 


MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  21 

ebd.  389  ff.  TT  482  ff. 

fjpme  V  djc  öie  Tic  bpöc  fjpmev  F|  öx^pujk 
i\k  TTiTuc  ßXuüGprj ,  Tifiv  T*  o^peci  T€KTOvec  ävbpec 
Ö^TajLiov  ireX^Kecci  vcrJKeci  vrjiov  elvai. 
^  414  ff.  djc  b'  60'  ÖTTÖ  TiXtiTnc  Traipöc  Aide  dHepiiTi]  bpOc 
iTpöppiZoc,  beivi?)  bk  Geeiou  TiTveiai  öbjiii?) 
ii  auTTic*  TÖv  b*  oö  TT€p  ix^i  9pdcoc  8c  K€v  TÖTirai 
^TTL'C  iiüv,  xoXeTTÖc  bi  Aiöc  juieTctXoio  KCpauvöc 
ftc  firec*  "GKTOpoc  c&Ka  xctjual  jli^voc  dv  Koviijciv. 
▼gl.  Arnos  2,  9  *doch  tilgte  ich  die  Amoriter  vor  ihnen,  die  hoch 
waren  wie  cedem  und  stark  wie  eichen,  und  ich  tilgte  ihre  frucht 
oben  nnd  ihre  wurzel  unten.'   Jes.  10,  33  f.  (wo  das  assyrische  beer 
mit  einem  waJde  verglichen  wird)  ^sieh,  der  herr^  Jahve  der  heer- 
scbaren ,  schlägt  ab  die  zweige  mit  schrecken  sgewalt,  und  die  hohes 
Wuchses  sind,  werden  umgehauen  und  die  hohen  gestürzt,  geschlagen 
wird  des  waldes  dickicht  mit  dem  eisen,  und  der  Libanon  fällt  durch 
einen  mächtigen.' 

€. 

87  ff.  (Diomedes) 

60v€  Y«P  Sm  Trebiov  TTOTajitD  irXfiöovTi  ^oikujc 
X€i|iäppu|,  8c  t'  lÖKtt  ßdujv  dK^bacce  Teqpupac* 
TÖV  V  out'  öp  T€  Ycqpupai  depYjLidvai  icxavöiuciv , 
GOT*  fipa  ?pK€a  !cx€i  dXtüdiüv  dpi0TiXduiv , 
dXöövT*  Öairivric,  8t'  dmßplcr]  Aiöc  öjLißpoc 
TToXXd  b'  utt'  auToö  fpTCt  Kairipme  KdV  ai2!iiuL)v. 
vgl.  Jes.  8,  7  'der  herr  läszt  die  gewaltigen  und  starken  gewässer 
des  Stromes  gegen  sie  heranziehen  (den  könig  von  Assyrien  und  all 
seine  herlichkeit) :  der  tritt  über  alle  seine  fluszbetten  und  geht  über 
alle  seine  ufer  und  dringt  ein  in  Juda,  überschwemmt  und  strömt 
über,  bis  an  den  hals  wird  er  reichen.'    Jes.  46,  7  f.  'wer  ists,  der 
heranziehet  gleich  dem  Nil :  gleich  den  strömen  woget  sein  gewässer? 
der  Ägypter  zieht  heran  gleich  dem  Nil,  und  gleich  den  strömen 
woget  das  gewässer  und  spricht:  «ich  will  hinanzieben,  das  land  be- 
decken, verderben  städte  und  ihre  bewohner.»'  47,  2  (von  den  Chal- 
däem)  'sieh ,  wasser  steigen  auf  aus  norden  und  werden  zum  über- 
schwemmenden gieszbacb  und  überschwemmen  das  land  und  was 
es  erfüllt,  städte  und  ihre  be wohner.' 
127  f.  (Athene  zu  Tydeus :) 

dxXüv  b'  aö  TOi  dir'  öcpOaXjLiiliv  ?Xov ,  f\  Trpiv  dirfiev , 
öqpp'  cij  YiTVU)CKr]C  tijli^v  Geöv  f\bk  kqi  övbpa. 
die  Vorstellung,  dasz  auf  dem  äuge  des  natürlichen  menschen  eine 
hülle  liegt,  die  erst  durch  eine  höhere  macht  gehoben  werden  musz, 
wenn  er  das  vorher  für  ihn  unerkennbare  wahrnehmen  und  erkennen 
soll,  ist  auch  dem  AT.  geläufig,  vgl.  1  Mose  3,  5  'gott  weisz  dasz, 
welches  tages  ihr  davon  (vom  bäume  der  erkenntnis)  esset ,  so  wer- 
den eure  äugen  aufgethan,  und  ihr  werdet  wie  gott,  erkennend  gutes 


22  MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 

und  böses.'  21,  19  ^gott  that  ihr  (der  Hagar)  die  äugen  auf  und 
sie  sah  einen  wasserbrunnen.'  4  Mose  22,31  'da  enthüllte  Jahve  die 
äugen  Bileams  und  er  sah  den  engel  Jahves  im  wege  stehen  und 
sein  Schwert  gezückt  in  seiner  hand.'  2  Kön.  6, 17.  psalm  119, 18. 
Jes.  22,  8.  Apg.  26,  18.  s.  auch  zu  A  197  f. 

412  ff.  Aus  dieser  stelle  verglichen  mit  Z  121  geht  hervor, 
dasz  Diomedes'  gattin  Aigialeia  eine  Schwester  seiner  mutter  war. 
ebenso  ist  Iphidamas  mit  einer  tochter  seines  groszvaters  mütter- 
licher Seite  vermählt  (A  226),  während  Alkinoos  die  Arete,  tochter 
seines  bruders  Bhexenor,  zur  ehe  hat  (r)  54  ff.).  Aiolos  gibt  sogar 
seinen  sechs  söhnen  ihre  Schwestern  zu  frauen  (k  5  ff.),  auch  im 
hebräischen  altertum  finden  sich  beispiele  solcher  durch  das  Mosaische 
gesetz  (3  Mose  18.  20,  17.  5  Mose  27,  22)  verbotener  eben,  so  ist 
Abraham  mit  seiner  Stiefschwester  Sara  (1  Mose  20,  2.  12),  sein 
bruder  Nahor  mit  Milka,  der  tochter  seines  bruders  Haran  verheiratet 
(ebd.  11,  27  ff.),  und  Thamar,  eine  tochter  Davids,  glaubt  wenig- 
stens dasz  ihr  vater  in  eine  Verbindung  mit  ihrem  halbbruder  Amnon 
willigen  werde  (2  Sam.  13,  13). 

866  ff.  Diomedes,  der  schon  früher  (330  ff.)  die  Aphrodite  ver- 
folgt und  verwundet  hat,  besiegt  im  kämpfe  den  Ares  (vgl.  Z  130  ff.), 
im  AT.  ringt  Jahve  in  menschengestalt  mit  Jakob,  welcher  dann  den 
namen  Israel  erhält,  weil  er  mit  gott  und  menschen  gekämpft  und 
überwunden  hat  (1  Mose  32,  24  ff.). 

898.  Nach  dieser  stelle  vgl.  mit  0  479  ff.  E  278  f.  0  224  f. 
befinden  sich  die  Uranionen,  dh.  das  göttergeschlecht,  welches  mit 
Kronos  geherscht  hatte,  tief  unter  der  erde,  wohin  sie  Zeus  ver- 
stoszen  hat,  der  auch  die  jetzt  mit  ihm  die  weltherschaft  teilenden 
götter  in  den  Tartaros  zu  schleudern  droht,  wenn  sie  sich  gegen 
sein  gebot  auflehnen  sollten,  vgl.  2  Petr.  2,  4  ö  Ocöc  äTT^Xuiv 
dMapTTicdvTUiV  ouk  dqpeicaTo,  dXXd  ceipoTc  2Iöqpou  TapTapaicac 
Tiap^buiKev  €lc  Kpiciv  Tnpouji^vouc.  brief  des  Judas  v.  6  dTT^Xouc 
Touc  pf|  Ttipr|cavTac  ttiv  ^aurdiv  dpxnv  dXXd  dTToXmövTac  tö 

tblOV  olKTITfiplOV  €lc  KplClV  pCTOXtlC  fm^pQC  6€CpOlC  dlblOlC  UTTÖ 
2[Ö(pOV  TCTllpTlKCV. 

z. 

112  (0  174.  A  287.  0  487.  TT  270.  P  185) 

dv^p€C  fcTC,  cpiXoi,  Mvf|cac9e  bk  0oupiboc  dXKfic. 
vgl.  1  Sam.  4,  9  ^seid  fest  und  seid  männer,  ihr  Philister,  dasz  ihr 
nicht  den  Hebräern  dienen  müsset,  so  wie  sie  euch  gedienet,  so  seid 
denn  männer  und  streitet!' 

128  f.  (Diomedes  zu  dem  ihm  auf  dem  schlachtfelde  begegnen- 
den Glaukos:) 

el  bi  TIC  d9avdTU)v  fe  kut'  oupavoO  elXrjXouGac , 
OUK  fiv  fYW)Y€  OcoTciv  dTroupavioici  jiaxoiMTlv. 
vgl.  Jos.  5, 13  ff.  'es  geschah,  als  Josua  bei  Jericho  war,  da  erhob  er 
seine  äugen  und  schaute,  und  sieh,  ein  mann  stand  vor  ihm  und  sein 


MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  23 

Schwert  gezückt  in  seiner  band,  und  Josua  gieng  zu  ihm  und  sprach 
zu  ihm :  «gehörst  du  zu  uns  oder  zu  unsem  feinden  ?»  und  er  sprach : 
«nein,  sondern  ich  bin  ein  heeroberster  Jahves,  jetzt  bin  ich  ge- 
kommen.»' 

146  ff.  dir]  TT€p  qpüXXujv  Tcvcrj,  toitj  bk  Kai  dvbpiuv. 

(puXXa  lä  jLi^v  t'  öv€MOC  xctjudbic  x^€i,  fiXXa  h4.  8'  uXti 
TTiXeOöuica  qpuei,  fapoc  b*  dmYiTV€Tai  iSpt)' 
S)c  dvbpÄv  Y€vef|  f\  jiifev  qpiiei ,  f]  b'  diroXriYei. 
eine  schöne  parallele  ist  Jesus  Sirach  14, 18  ibc  qpuXXov  OäXXov  ^ttI 
{>^vbpou  bac^oc,  Td  jLi^v  KaraßdXXci,  dXXa  bk  cpuei,  o6tu)c  koI 
T€V€d  capKÖc  Kai  aX^axoc  f]  juev  TcXeuTol,  iripa  hi  Tcwäxai. 
ygl.  femer  Hiob  13,  25  ^ein  verwehtes  blatt  willst  du  schrecken  und 
dürre  stoppel  verfolgen  .  .?'  Jes.  64,  6  *wir  welkten  wie  ein  blatt 
wir  alle,  und  unsere  missethaten  rissen  wie  ein  stürm  uns  fort.'  psalm 
37,  2  'wie  das  gras  werden  sie  schell  gemäht  und  wie  grünes  laub 
verwelken  sie.'   ähnliche  bilder  Hiob  14,  2.  psalm  90,  5  f.  103, 15  f. 
129,  6  f.  Jes.  1,  30.  37,  27.  40,  6  ff.  51,  12. 

166 — 206.  Zu  der  hier  erzählten  geschichte  des  Bellerophontes 
xuid  seiner  kinder  bietet  das  AT.  mehrfache  parallelen.  Anteia ,  die 
gattin  des  königs  Proitos ,  sucht  ihn  zu  verführen ,  und  als  er  ihren 
lockongen  widersteht,  verleumdet  sie  ihn  bei  ihrem  gemahl,  als  habe 
er  sie  zur  untreue  verleiten  wollen,  ganz  das  gleiche  widerfährt  dem 
jugendlichen  Joseph,  während  er  sich  als  sklave  im  hause  Potiphars 
befindet  (1  Mose  39).  Proitos  wagt  den  bei  ihm  angeschwärzten 
nicht  selbst  zu  töten,  sondern  sendet  ihn  mit  einem  seine  willens- 
meinung  enthaltenden  täfeichen  zu  seinem  schwäher,  dem  könige 
von  Lydien,  der  infolge  dessen  den  beiden  mehrere  gefahrvolle 
kämpfe  zu  bestehen  nötigt  und,  als  er  siegreich  aus  denselben  her- 
vorgegangen ,  ihm  einen  hinterhalt  legt,  ähnlich  handelt  David,  in- 
dem er  Uria  dem  die  stadt  Rabba  belagernden  oberfeldherrn  Joab 
einen  brief  tiberbringen  läszt,  welcher  den  befehl  enthält,  ersterm 
eine  stelle  anzuweisen,  wo  er  sichern  tod  finden  müsse  (2  Sam.  11). 
als  Bellerophontes  später  in  Schwermut  verfiel,  die  ihn  in  die  ein- 
samkeit  trieb,  und  einer  seiner  söhne  von  Ares,  seine  einzige  tochter 
von  Artemis  getötet  wurde,  leitete  man  diesen  Umschlag  seines  glucks 
davon  her ,  dasz  er  allen  göttem  verhaszt  geworden  sei.  so  glaubte 
auch  das  hebräische  altertum  jedes  uugltick  als  eine  strafe  gottes 
und  einen  beweis  seines  zomes  betrachten  zu  müssen,  eine  an- 
sieht welche  im  buche  Hiob,  das  sich  die  Widerlegung  derselben 
zur  aufgäbe  macht,  von  Hiobs  freunden  vertreten  wird.  s.  auch 
zu  u  411. 

230  ff.  (Diomedes  zu  Glaukos :) 

«Tcuxea  b'  dXXrjXoic  iixa^ü\\to^e\ ,  öcppa  Kai  oibe 
Tvujciv  ÖTi  SeTvoi  TraTpüüioi  eux6|i€0*  elvai.» 
u)c  dpa  (pu)vr|cavT€,  Ka0'  i7T7ru)v  diSavie 
XeTpdc  t'  dXXriXu)V  Xaßetnv  koi  TTiCTüücavTO. 
fv0'  aÖT€  rXauKtu  Kpovibric  qpp^vac  dH^Xeio  Zeüc, 


24  MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 

8c  TTpöc  TubeibTiv  Aiofiiribea  t€ux€*  fiMCißev 
Xpiicea  xot^Kciujv,  dKaTÖjiißoi*  ivveaßoiujv. 
Tgl.  1  Sam.  18,  3  f.  'es  schlosz  Jonathan  und  David  einen  band, 
weil  er  ihn  liebte  wie  seine  seele,  und  Jonathan  zog  das  oberkleid 
aus ,  das  er  anhatte ,  und  gab  es  dem  David  und  seinen  rock  bis  auf 
sein  Schwert  und  seinen  bogen  und  seinen  gürtel.' 

266  ff.  xepci  b*  dviTTTOiciv  All  Xeißeiv  aTGoTia  oTvov 
äZojLiai  •  oub^  7Tr|  &ti  KcXaiveqp^i  Kpoviujvi 
a\'|LiaTi  Ka\  Xüöpuj  TT€7raXaT)i^vov  eüxexaacGai. 
dies   war  allgemeine  anschauung  des  Homerischen  Zeitalters,  vgl. 
r  270.  TT  230.  Q  305.  ß  262.  f  445.  b  750.  759.  ^  336.  p  48.  68. 
ebenso  fordert  das  Mosaische  gesetz  von  solchen,  welche  gottesdienst- 
liche handlungen  verrichten ,  vorherige  Waschungen  der  hände  und 
füsze  (2  Mose  30,  19  ff.  40,  31  f.)  oder  auch  des  ganzen  leibes  (ebd. 
29,  4.  40,  12.  3  Mose  8,  6.  16,  4). 
318  ff.  (0  493  f.) 

iyf  b*  öpa  x€ipC 
f YXOC  f  x'  ^vbcKdiTTixu  (Hektor)  • 
0  677  f.  (Aias)  viüna  bfe  Euctöv  jh^t«  vaujuiaxov  ^v  TraXdjiijciv, 
koXXtitöv  ßXriTpoici,  butüKaiciKociTnixu. 
vgl.  1  Sam.  17,  7  (von  Goliath)  'der  schaft  seines  Speeres  war  wie 
ein  weberbaum,  und  die  spitze  seines  Speeres  war  sechshundert  sekel 
eisen.'  2  Sam.  21, 16  '  Jesbi  zu  Nob,  einer  von  den  erzeugten  Baphas 
—  das  gewicht  seiner  lanze  war  dreihundert  sekel  erz'  (1  Chr.  12, 23. 
21,  5). 

344  bäep  ^|Ll€lO  KUVÖC  KaKO|iTlX<^VOU  ÖKpUO^CCTlC. 

KUUJV  findet  sich  bei  Homer  nicht  selten  als  Schimpfwort  (6  299. 
423.  527.  A  362.  N  623.  p  248).  ebenso  im  AT.  'hund'  (2  Kön. 
8,' 13),  Uoter  hund'  (1  Sam.  24,  15.  2  Sam.  9,  8.  16,  9)  und  'hunds- 
köpf  (2  Sam.  3,  8). 

612  ff.  £)c  u\öc  TTpidMOio  TTdpic  Kard  ITepTdiLiou  dKpric, 

T€ux€Ci  irajLiqpoivuiv  &c  t*  t^X^ktujp  ,  ^ßeßrJKCi 

KttTXO^öuiv ,  xax^ec  bfe  iröbcc  qp^pov. 
T  397  f.  Ö7Ti9€v  bfe  KOpuccdjLievoc  ßfj  'AxiXXeüc, 

T€ux€ci  irajLiqpaivuiv  ujc  t*  t^X^ktujp  Tirepiuiv. 
vgl.  psalm  19,  6  'diese  (die  sonne),  dem  bräutigam  gleich,  der  her- 
vortritt aus  der  kammer,  freut  sich  wie  ein  held,  zu  laufen  den  pfad.' 
Matth.  13,  43  töt€  o\  biKaioi  dKXdMipouciv  ibc  ö  i^Xioc  dv  t^  ßaci- 
Xeiqt  ToO  natpöc  auiOüv. 

H. 

148  ff.  Der  Arkader  Ereuthalion  fordert  im  vertrauen  auf  seine 
gute,  von  Ares  stammende  rtistung  die  tapfersten  unter  den  Pyliern 
zum  kämpfe  heraus,  aber  keiner  wagt  ihn,  den  ^rjKiCTOV  Kai  Kdp- 
TiCTOV  dvbpa  (v.  155) ,  zu  bestehen,  bis  der  jüngste  von  allen, 
Nestor,  ihm  entgegentritt  und  ihn  besiegt,  ebenso  fordert  der 
riesige  Goliath,   auf  seine  wehr  trotzend,  vierzig  tage  lang  die 


MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  25 

Israeliten  heraus,  ohne  einen  gegner  zu  finden,  bis  er  endlich  von 
David,  dem  jüngsten  der  acht  söhne  Isais,  den  er  nicht  ftir  eben- 
bfirtig  ansieht,  besiegt  und  getötet  wird  (1  Sam.  17). 
821  f.  vuiToiciv  b*  ATavra  bir)V€K^€cci  T^pctipev 

fipiüc  *ATp€lbT]c  €ÖpUKp€iuiv  'ATaM^juviüV.  (vgl.  i  437  f.) 
G  161  f.  TubcibT),  irepi  ixiy  c€  xiov  Aavao\  TaxüiruiXoi 

?bpij  T€  Kpteciv  T€  ibi  TiXeioic  bcTTdecciv.  (vgl.  M  310  flf.) 
in  ähnlicher  weise  ehrt  Samuel  den  bei  ihm  eingekehrten  Saul,  in- 
dem er  ihn  unter  seinen  gasten  obenan  sitzen  und  ihm  durch  seinen 
koch  die  für  ihn  aufgehobene  keule  vorlegen  läszt ,  um  ihn  als  den 
ersten  zu  bezeichnen  (1  Sam.  9,  22  fif.). 

443  fif.  Die  bei  Zeus  versammelten  götter  sehen  die  von  den 
Achaiem  erbaute  mauer,  und  Poseidon  äuszert  sich  unwillig  darüber, 
dasz  sie  dieselbe  errichtet  haben ,  ohne  sich  erst  durch  opfer  um  die 
gonst  der  götter  zu  bemühen,  und  fürchtet  dasz  der  rühm  dieses 
bau  Werkes  die  von  ihm  und  ApoUon  für  Laomedon  aufgeführte 
mauer  verdunkeln  werde.  Zeus  gibt  ihm  darauf  anheim  jenes  werk 
sofort  nach  der  abfahrt  der  Aehaier  zu  zerstören,  im  AT.  kommt 
Jahve  zur  erde  herab,  um  die  von  den  bewohnem  Sinears  gegründete 
Stadt  und  ihren  türm  zu  sehen ,  fürchtet  dasz  ihnen  nach  Vollendung 
dieses  letztem  nichts  mehr  verwehrt  sein  werde,  und  verwirrt  ihre 
spräche ,  damit  sie  vom  bau  ablassen  und  sich  über  die  ganze  erde 
zerstreuen  (1  Mose  11,  5  fif.). 

478  f.  Tiavvuxioc  bi  cqpiv  KttKÖi  jiiribeTO  uTiTiera  Zeöc 

C|Li€pbaX^a  KTUTreuüV.  vgl.  0  133  ff. 
auch  dem  Hebräer  bedeutet  donner  den  zorn  gottes.  vgl.  1  Sam. 
7,  10  ^da  donnerte  Jahve  mit  groszen  schlagen  am  selbigen  tage 
über  den  Philistern  und  verwirrte  sie,  und  sie  wurden  geschlagen 
vor  Israel.'  12,  17  f.  (Samuel:)  '«ich  rufe  zu  Jahve,  und  er  wird 
donnern  und  regnen  lassen,  dann  erkennet  und  schauet,  dasz  ihr 
sehr  Übel  gethan  vor  Jahve,  euch  einen  könig  zu  fordern.»  und  so 
rief  Samuel  zu  Jahve,  und  Jahve  liesz  donnern  und  regnen  am  sel- 
bigen tage,  da  fürchtete  sich  das  ganze  volk  sehr  vor  Jahve  und 
vor  Samuel.'  Joel  3,  21  'Jahve  brüllet  aus  Zion,  und  aus  Jerusalem 
donnert  er,  und  es  beben  himmel  und  erde*  (vgl.  Arnos  1,  2.  Jer. 
25,  30). 

0. 

41  ff.  Zeus  fUhrt  zur  erde  hernieder  und  setzt  sich  auf  den 
gipfel  des  Ida 

eicopöuüv  Tpüüujv  re  iröXiv  Kai  vfiac  'AxaiOüV. 
vgl.  1  Mose  11,  5  'da  kam  Jahve  herab,  um  die  stadt  und  den  türm 
zu  sehen,  welche  die  söhne  der  menschen  bauten.' 

624.  Mit  jLiOeoc  V  öc  jLiiv  vöv  UYinc  vgl.  XÖYOC  ÜTinc  (Tit. 
2,  8),  UTiaivouca  bibacKaXia  (1  Tim.  1,  10.  2  Tim.  4,  3.  Tit.  2,  1 
vgl.  1,  9),  UTiaivovTCC  XÖYOi  (1  Tim.  6,  3.  2  Tim.  1,  13). 


26  MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 

I. 

812.  Die  'Aibao  nüXai,  6  15  als  cibi^pcai  TiuXai  bezeichnet 
(vgl.  TTuXdpTiic  als  beiwort  des  'Aibnc  ebd.  367.  N  415.  X  277), 
entsprechen  ganz  den  'pf orten  der  unterweit'  (Jes.  38, 10,  von  Septua- 
ginta  iTuXai  $bou  übersetzt,  vgl.  Weisheit  Sal.  16, 13.  Matth.  16, 18), 
welche  anderwärts  auch  'pforten  des  todes'  (Hiob  38,  17.  psalm 
9,  14.  107,  18),  'pforten  der  todesnacht*  (Hiob  38,  17)  genannt 
werden. 

386  oub'  €l  jioi  TÖca  boir)  öca  l|id^a6öc  t€  kövic  t€. 
auch  bei  den  Hebräern  dient  zur  sprichwörtlichen  bezeichnung  einer 
zahllosen  menge  der  ^staub  der  erde'  (1  Mose  13,  16.  28,  14)  und 
der  'sand'  (psalm  139,  18),  noch  häufiger  der  *8and  des  meeres' 
(1  Mose  32,  12.  Jes.  10,  22.  Jer.  33,  22.  Hos.  1,  10.  Apok.  20,  8), 
der  ^sand  am  ufer  des  meeres'  (1  Mose  22,  17.  Jos.  11,  4.  Hebr. 
11,  12). 

3M  (Achilleus:) 

rTriXeüc  9riv  jlioi  fireiTa  T^vakd  t€  Moccetai  auxöc. 
vgl.  b  10  ff.  (von  Menelaos) 

U\^l  bfe  CTTdpTT]9€V  *AX^KTOpOC  fJYeTO  KOÜpTlV , 

öc  ol  TiiXÜYeToc  Y^v€TO  Kparepöc  M€YCtTT^v9T]C 
^K  bouXric. 
die  hier  vorausgesetzte  sitte  findet  sich  auch  bei  den  Hebräern,  bei 
welchen  von  den  eitern,  gewöhnlich  vom  vater,  in  ermangelung  des- 
selben von  der  mutter  dem  söhn  eine  gattin  gewählt  wird.  vgl. 
Richter  14,  2  '(Simson)  gieng  hinauf  und  berichtete  es  seinem  vater 
und  seiner  mutter  und  sprach:  «ein  weib  habe  ich  gesehen  zu 
Thimna  von  den  töchtern  der  Philister,  und  nun  nehmet  sie  mir  zum 
weibe!»'  1  Mose  34,  4  'Sichem  sprach  zu  Hemor,  seinem  vater,  und 
sagte:  «nimm  mir  dieses  mägdlein  zum  weibe.»'  38,  6  ^Juda  nahm 
ein  weib  für  Ger,  seinen  erstgeborenen'  (vgl.  24,  3  f.  37  f.).  21,  21 
'(Ismael)  wohnte  in  der  wüste  Pharan ,  und  seine  mutter  nahm  ihm 
ein  weib  aus  dem  lande  Ägypten.' 

444  ff.  Phoinix  beschläft  das  kebsweib  seines  vaters ,  welcher 
hierauf 

TToXXÄ  KttTTipäTO,  CTUTcpdc  b'  diTCKeKXeT*  ^pivOc, 
ixr\  TTOTe  foüvaciv  olciv  dqp^ccecGai  qpiXov  ulöv 
Ö  djLi^Gev  T€T«wTa  •  9€0i  b'  di^Xeiov  dirapdc , 
Zeuc  T€  KaTax9övioc  koI  ^iraivfi  ITepceqpöveia. 
die  gleiche  schandthat  begeht  Jakobs  ältester  söhn  Rüben  (1  Mose 
35, 22),  welcher  zur  strafe  für  dieselbe  von  seinem  vater  des  rechtes 
der  erstgeburt  beraubt  wird  (ebd.  49,  3  f.  1  Chron.  6,  1  f.). 

497  ff.  CTpCTTTOl  bi  T€  KOI  9€0l  aUTOl , 

TÜÜV  7T€p  Kttl  ^€UlUJV  dp€Tf|  Tl/uHl  T€  ßll]  T€. 

Kai  M^v  Touc  Guiecci  Kai  €uxujXQc  dYavQciv 
Xcißf)  T€  Kvicri  T€  TrapaTpuiTTdic*  öv9pujTT0i 
Xiccöpevoi,  ÖT€  K^v  TIC  uTTepßfiri  Kai  dpdpxij. 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  29 

242  flf.  ßfl  6*  TjLi€v  dcTCpOTT^  ivaXiTKioc,  f^v  t€  Kpoviujv 
Xeipi  Xaßibv  drivctHev  dir'  aliX/jcvioc  'OXupiTou, 
bciKVuc  cf]|Lia  ßpOTOiciv ,  dpiZiiiXoi  bi  o\  auTa(. 
Idomeneus,  von  dem  dies  ausgesagt  wird,  erinnert  damit  an  den 
israelitischen  beiden  Barak  (Richter  4,  6  ff.  5,  1.  12),  dessen  name 
'blitz'  bedeutet  und  sich  in  dem  punischen  JBarkas  (dem  beinamen 
Hamilkars)  wiederfindet,    'blitz  ist  ein  passender  name  für  einen 
im  raschen   anlauf  gegen  die  feinde  den  sieg  erkämpfenden  feld- 
herm'  (Bertheau). 

866  ff.  (Othryoneus) 

^T€€  bi  TTpidiiOio  GüTttTpilrv  elboc  dpCcxriv 
Kaccdvbpiiv  dvdebvov,  ÖTr^cxeio  bfe  }xi,^a  fpTOV, 
^K  TpoiT]c  d^KOVxac  dirujc^iiev  ulac  *Axai(öv. 
Tip  b*  ö  T^pujv  TTpiapoc  örrö  t'  &X€to  kqI  Kax^veucev 
bu)c^)i€vai  •  6  bä  juidpvaO'  öirocxeciijci  mOrjcac. 
vgl.  Jos.  15,  16  f.  (Richter  1,  12  f.)  'Ealeb  sprach:  «wer  Eirjath- 
Sepher  schlägt  und  einnimt,  dem  gebe  ich  Achsa,  meine  tochter, 
zum  weibe.»    da  nahm  sie  ein  Othniel,  der  söhn  des  Eenas,   des 
bruders  Ealebs;  und  er  gab  ihm  Achsa,  seine  tochter,  zum  weibe.' 
1  Sam.  17,  "25  (die  männer  von  Israel  sprachen)  'habt  ihr  diesen 
mann,  der  herankommt,  gesehen?   um  Israel  zu  höhnen,  kommt  er 
heran,    und  wer  ihn  schlägt,  den  will  der  könig  bereichem  mit 
groszem  reichtum,  und  seine  tochter  will  er  ihm  geben,  und  das  haus 
seines  vaters  will  er  frei  machen  in  Israel.'   18,  17  'Saul  sprach  zu 
David :  «sieh ,  meine  älteste  tochter  Mesab  will  ich  dir  geben  zum 
weibe,  nur  sei  mir  ein  tapferer  mann  und  streite  die  streite  Jahves.»' 
489  ff.  Alvetac  b'  ^T^pwOev  dK^KXcTO  otc  ^rdpoiciv , 

Anlcpoßöv  Tc  TTdpiv  t'  dcopujv  Kai  *Airtvopa  biov, 
et  ol  Sji'  fiT€)iöv€C  TpüüUiv  f cav  •  ainäp  brena 
Xaol  ?TT0v9',  djc  e!  t€  jueid  ktiXov  ?ctt€TO  pf^Xa 
TTiöuev'  ^K  ßoTdvTic  •  TdvuTtti  b*  dpa  t€  cppeva  TTOi|ir|v. 
ein  bei  den  Hebräern  sehr  beliebtes  bild :  vgl.  Micha  2,  12  f.  'sam- 
meln will  ich  dich,  Jakob,  ganz,  vereinen  will  ich  den  rest  Israels, 
zusammen  sie  thun  wie  schafe  in  den  pferch :  wie  eine  herde  in  ihrer 
bürde  werden  sie  lärmen  vor  menschenmenge.  heranziehet  der  leit- 
bock ^  vor  ihnen  her,  sie  brechen  ein  und  ziehen  ins  thor  und  ziehen 
wieder  aus  durch  dasselbe,  und  es  geht  ihr  könig  vor  ihnen  her  und 
Jahve  an  ihrer  spitze.'    psalm  77,  21  'gleich  einer  herde  führtest 
du  dein  volk  durch  Mose  und  Aaron.'    78,  52  'so  liesz  er  gleich 
Schafen  ausziehen  sein  volk  und  leitete  sie  gleich  einer  herde  durch 
die  wüste.'   4  Mose  27;  17.  1  Eon.  22, 17.  Jes.  40, 11.  Ezech.  34,  2. 
Micha  7,  14.  Bach.  13,  7.  Job.  10, 1  ff.  Apg.  20,  28.  1  Petr.  2,  26. 
5,  2  ff.  Hebr.  13,  20. 


^  80  Hitzig  (im  commentar  zdst.),  während  de  Wette  dem  zusammen- 
hange weniger  angemessen  übersetzt:  *der  heimkehrende  sieger.' 


28  MKrenkel :  biblibche  parallelen  zu  Homeros. 

62  £P.  ^v  bk  Kuboijiöv 

lüpce  KttKÖv  Kpovibric,  Kaxct  6*  uipööev  fJKCv  ^^pcac 
atjua-n  jiiubaX^ac  Ö  alWpoc,  ouvex'  fjiieXXev 
TToXXäc  IqpOijiouc  KeqpoXdc  *'Aibi  TTpoidipeiv. 
n  459  ff.  ai^aTO^ccac  bk  \\fiäbac  KQTe'xeuev  ipaZe 

Tiaxba  qp(Xov  tijliüjv  ,  töv  o\  ndxpoKXoc  ^peXXev 
q)6ic€iv  dv  Tpoir]  ^pißtuXaKi ,  niXöGi  ndipric. 
Tgl.  2  Kön.  3,  22  f.  ^als  sie  sieb  des  morgens  früb  aufmacbten  und 
die  sonne  aufgieng  über  dem  wasser,  so  saben  die  Moabiter  yon  fem 
das  wasser  rot  wie  blut,  und  sie  sprachen:  «das  ist  blut,  vertilgt 
haben  einander  die  könige  und  haben  einer  den  andern  erschlagen.»* 
269  ff.  ibc  b*  öt'  fiv  d)bivoucav  fxfl  ß^Xoc  öEu  T^vaiKa, 
bpijLiu,  TÖ  xe  TTpoieTci  juIOTOCxökgi  eiXcidmai, 
''Hpric  GuTax^pec  iriKpac  ibbTvac  fx^^cai, 
ftc  ö£€i'  öbuvai  bövov  jn^voc  *Axp€ibao. 
dasselbe  bild  im  AT.  Jes.  13,8  ^sie  sind  bestürzt,  von  krämpfen  und 
wehen  ergriffen,  wie  die  gebärerin  winden  sie  sich.'    21,  3  ^darum 
sind  meine  hüften  voll  Schmerzes,  wehen  ergreifen  mich  wie  der  ge- 
bärerin  wehen.'     26,  17  'wie  eine  schwangere,   nahe  der  geburt, 
wehen  empfindet,  schreit  in  ihren  schmerzen,  also  waren  wir  fem 
von  dir,  Jahvel'  Jer.  6,  24.  Micha  4,  9.  Hos.  13,  13.  psalm  48,  7. 


M. 

37  ff.  'ApYcToi  bk  Aiöc  MdcxiYi  bajii^vxec 

VTjuciv  im  TXaqpupQciv  deXM^voi  Icxavöuüvxo, 
"GKXOpa  b€ibiöx€c ,  Kpaxcpöv  Mrjcxoupa  qpößoio. 
N  812  Aide  MdcxiYi  kok^  dbdjLiTniiev  *Axaiol. 

vgl.  Jes.  10,  26  'dann  schwingt  über  ihn  (den  Assjrer)  Jahve  der 
heerscharen  die  geiszel.'  Hiob  9,  23  *wenn  nur  die  geiszel  tOtete 
jählings!  aber  der  prüfung  unschuldiger  spottet  er.'  Jos.  23,  13. 
Jes.  28,  15.  18. 

N. 
27  ff.  (Poseidon) 

ßfl  b'  dXdav  dirl  KÜjiiax*.   fixaXXe  bk  xrixe'  öir'  auxoO 
TidvxoGev  Ik  K€u6|Liaiv ,  oub'  T^YVoincev  fivoKxa  • 
TTlöocüvij  bk  GdXacca  bücxaxo  •  xoi  b*  diT^xovxo 
ßijuiqpa  jidX*,  oiib*  uir^vcpGe  bmivexo  xoXkcoc  fifuiv. 
?gl.  2  Mose  14,  21  f.  'Mose  reckte  seine  band  aus  über  das  meer, 
da  liesz  Jahve  das  meer  weggehen  durch  einen  starken  Ostwind  die 
ganze  nacht  und  machte  das  meer  zu  trockenem  boden ,  und  das  ge- 
wftsser  teilte  sich  und  die  söhne  Israels  giengen  mitten  durchs  meer 
auf  dem  trockenen,  und  das  wasser  war  ihnen  eine  mauer  zur  rechten 
und  zur  linken.'   15,  8  'beim  hauch  deiner  nase  häuften  sich  auf  die 
wasser,  es  standen  wie  ein  dämm  die  ströme,  es  gerannen  die  fluten 
inmitten  des  meeres.' 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  29 

242  ff.  ßn  V  TjLi€V  dCTCpOTT^  dvttXCTKlOC,  flV  T€  KpOVlUJV 

Xeipi  Xaßibv  drivctHev  dir*  alYXrjevTOc  'OXO^ttou  , 
b€iKVuc  cf]|Lia  ßpoToTciv,  dpiZriXoi  bi  o\  auxai. 
Idomeneus,  Ton  dem  dies  ausgesagt  wird,  erinnert  damit  an  den 
israelitischen  beiden  Barak  (Richter  4,  6  ff.  5,  1.  12),  dessen  name 
'blitz'  bedeutet  und  sich  in  dem  punischen  Barkas  (dem  beinamen 
Hamilkars)  wiederfindet,  'blitz  ist  ein  passender  name  für  einen 
im  raschen  anlauf  gegen  die  feinde  den  sieg  erkämpfenden  feld- 
herm'  (Bertheau). 

865  ff.  (Othryoneus) 

fiT€€  la  TTpi(i)iOio  GütaTpiDv  elboc  dpicTTjv 
Kacc&vbpTiv  dvdebvov,  utt^cxcto  bfe  p^Y«  fpTOv, 
^K  TpoiTic  d^Kovxac  dirwc^pev  ulac  'AxctiOüv. 
i4»  b'  ö  Y^pwiv  TTpiajLioc  ÖTTÖ  t'  f cx€to  Kai  Kax^veucev 
bu)c^|i€vai  •  6  be  pdpvaö*  öirocxeciijci  mGficac. 
vgl.  Jos.  lö,  16  f.  (Richter  1,  12  f.)   'Ealeb  sprach:  «wer  Eirjath- 
Sepher  schlägt  und  einnimt,  dem  gebe  ich  Achsa,  meine  tochter, 
zum  weibe.»    da  nahm  sie  ein  Othniel,  der  söhn  des  Kenas,   des 
bruders  EalebS;  und  er  gab  ihm  Achsa ^  seine  tochter,  zum  weibe.' 
1  Sam.  17,  ^5  (die   männer  von  Israel  sprachen)  'habt  ihr  diesen 
mann,  der  herankommt,  gesehen?   um  Israel  zu  höhnen,  kommt  er 
heran,     und   wer  ihn  schlägt,   den  will  der  könig  bereichem  mit 
groszem  reichtum,  und  seine  tochter  will  er  ihm  geben,  und  das  haus 
seines  vaters  will  er  frei  machen  in  Israel.'   18,  17  *SaiQ  sprach  zu 
Dayid:  «sieh,  meine  älteste  tochter  Mesab  will  ich  dir  geben  zum 
weibe,  nur  sei  mir  ein  tapferer  mann  und  streite  die  streite  Jahves.»' 
489  ff.  Aiveiac  b'  dT€puj0€v  ^k^kX€to  olc  ^idpoiciv , 

Ariicpoßöv  Tc  TTdpiv  t'  dcopujv  Kai  *ATr|VOpa  biov , 
Ol  Ol  äjLi'  f]Y€jLi6v€C  Tpuju)v  ?cav  •  auxdp  f ireiTa 

Xaol  ?TT0V9',  U)C  €1  T€  |Li€Td  KTiXov  IcTieTO  jLlflXa 

TTiojLiev'  i\i  ßoTdvTic  *  Ydvuiai  b'  dpa  te  qppeva  noiiiiriv. 
ein  bei  den  Heljräern  sehr  beliebtes  bild :  vgl.  Micha  2,  12  f.  'sam- 
meln will  ich  dich,  Jakob,  ganz,  vereinen  will  ich  den  rest  Israels, 
zusammen  sie  thun  wie  schafe  in  den  pferch :  wie  eine  herde  in  ihrer 
bürde  werden  sie  lärmen  vor  menschenmenge.  heranziehet  der  leit- 
bock ^  vor  ihnen  her^  sie  brechen  ein  und  ziehen  ins  thor  und  ziehen 
wieder  aus  durch  dasselbe,  und  es  geht  ihr  könig  vor  ihnen  her  und 
Jabve  an  ihrer  spitze.'  psalm  77,  21  ^gleich  einer  herde  führtest 
du  dein  volk  durch  Mose  und  Aaron.'  78,  52  'so  liesz  er  gleich 
Schafen  ausziehen  sein  volk  und  leitete  sie  gleich  einer  herde  durch 
die  wüste.'  4  Mose  27, 17.  1  Kön.  22,  17.  Jes.  40, 11.  Ezech.  34,  2. 
Micha  7,  14.  Sach.  13,  7.  Joh.  10,  1  ff.  Apg.  20,  28.  1  Petr.  2,  25. 
5,  2  ff.  Hebr.  13,  20. 


*  80  Hitzig  (im  commentar  zdst.),  während  de  Wette  dem  zusammen- 
hange weniger  angemessen  übersetzt:  'der  heimkehrende  sieger.' 


r 

* 


* . 


i 


30  MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 


I   • 


\  0. 

l  279  f.          direi  Tbov  "Gktop'  diroixÖMevov  crixac  dvbpujv, 

?  ,                                TapßTjcav,  näciv  bfe  irapai  noci  KdirTrece  Oujiöc. 

F  vgl.  1  Sam.  17, 32,  wo  David  im  hinblick  auf  Goliath  zu  Saul  sprich 

i  'niemandom  falle  der  mut  (eigentlich  cdas  herz»)  um  seinetwillei 

* 

!•  n. 

'  166  £P.  o\  bk  XuKOi  &c 

üJjLioqpdYoi,  TOiciv  t€  irepi  qppeciv  ficTT€TOC  dXKi^, 

;  Ol  t'  fXaqpov  K€paöv  jui^Yctv  oCpcci  br)U)cavT€C 

bdiTTOuciv*  ndciv  bi.  napriiov  ai^aTi  qpoivöv 

■  Kai  t'  dTcXriböv  Taciv  dirö  Kpnvric  juieXavubpou 

Xdi|iovT€c  T^wjcqiciv  dpai^civ  }xikav  öbiup 
dKpov,  ip€UYÖ|Li€voi  q)ovov  aiMaTOC  •  ^v  bi  t€  Oupöc 
CTrjGeciv  dTpopöc  den,  TrepicxdveTai  bi  t€  Tacrrip  * 
ToToi  MupMibövuiv  f]TriTOp€C  i^bfe  jliÄovtcc 
d^qp'  dTa0öv  OepdTTOVTa  iTobuiKeoc  AiaKibao 

ßlWOVT*. 

352  ff.  ibc  bi,  XuKOi  öpvecciv  inix^aov  f\  dpiqpoiciv 

ciVTQi,  UTT^K  prjXuiv  aip€U|Li€VOi,  a(  t'  dv  öpecciv 
TTOijuidvoc  dcppabirjci  bi^TjuiaTCv  *  oi  bi  Ibövxec 
alipa  biapTrdi[ouciv  dvdXKiba  6u^öv  dxoucac  * 
S)c  Aavaoi  Tpu)€cciv  dn^xpoov. 
vgl.  Jer.  5,  6  ^darum  wird  sie  der  löwe  aus  dem  walde  schlagen,  d< 
abendwolf  sie  verderben.'  Ezech.  22,  27  'ihre  obersten  sind  in  ihr< 
mitte  wie  reiszende  wölfe,  vergieszen  blut,  verderben  seelen,  ui 
gewinn  zu  gewinnen.'  Hab.  1,  8  'schneller  als  parder  sind  seine  (d< 
Chaldäers)  rosse  und  rascher  als  abendwölfe,  und  seine  reiter  spra 
k  gen  stolz  daher  und  seine  reiter  kommen  von  fern ,  fliegen  wie  ei 

]•  adler,  der  eilet  zum  frasz.'    Zeph.  3,  3.   Matth.  7,  15.   Job.  10,  1! 

884  ff.  ujc  b*  U7TÖ  XaiXaTTi  irdca  KeXaivf)  ßdßpiGc  xöujv 
fiMai'  ÖTTUipivu),  6t€  XaßpÖTarov  x^^i  libuip 
Zeuc,  öie  brj  ^'  fivbpecci  KOieccdMCvoc  xaXeTr/jvq, 
o'i  ßiij  €iv  d^opiQ  CKoXidc  Kpivujci  6d^lCTac, 
^K  bk  biKTiv  dXdcuiCi,  GeiJüv  ömv  ouk  dX^TOvrec 

TU)V  b€  T€  TrdVT€C  jLlfev  71010^01  7rXr|0OUCl  ßd0VT€C, 

TToXXdc  bfe  kXitöc  tot*  d7roT)ir|YOuci  xotpdbpai , 
ic  b*  äXa  TTopqpup^Tiv  fucYdXa  cTCvdxouci  ßdoucai 
il  öpdujv  dm  Kdp,  Mivi39ei  bi  tc  fpY*  dvGpiWTruJv. 
damit  vergleiche   die  alttestamentliche  erzählung  von  der  sintflu 
(1   Mose  6 — 8) ,    welche  gleichfalls  als  ein  von  Jahve  über  di 
menschen  infolge  ihrer  Sündhaftigkeit  verhängtes  Strafgericht  b< 
trachtet  wird. 

P. 

58  ff.  oiov  bk  Tpdcpci  fpvoc  dvfjp  dpiGriXic  i\axr\c 

Xiupip  dv  oloTTÖXui^  Ö6'  dXic  dvaßdßpux€v  ubuip , 


MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  31 

kqXöv  TT|X€9dov  •  TÖ  be  le  irvoiai  bov^ouciv 
TravToiuüv  dv^jucDv,  Kai  le  ßpuei  fiv9ei  XeuKqj 
(mit  beziehung  auf  Eupborbos).    vgl.  psalm  52,  10  'ich  bin  wie  ein 
grOnender  Ölbaum  im  hause  gottes.'    128,  3  'deine  söhne  (sind)  wie 
ölbaumpflanzen  rings  um  deinen  tisch.' 

108  ff.  auToip  6  t'  ÖOTTicuj  dv€x62€TO,  XeTire  bk  vcKpöv, 
^VTpoTraXi26|ui€VOc  &c  le  Xic  ^uY^veioc , 
6v  ßa  KÜvec  t€  Kai  övbpec  dirö  ciaöjioTo  biiuvTai 
?TX€Ci  Koi  qpiuv^ '  toO  b*  l\  qppeciv  äXKijiiov  fJTop 
TraxvoOrai,  d^Kuiv  be  t'  fßr)  dirö  jiieccauXoio. 
&c  dirö  TTaipÖKXoio  Kie  HavGöc  Mev^Xaoc. 
C  161  ff.  Obc  b'  dnö  cuijiiaTOc  oö  ti  X^ovt'  aT0ijuva  buvavrai 
TroijLi^vec  ÖTpctuXoi  }xifa  ireivdovra  b(€c9ai, 
i&c  ßa  TÖv  oÖK  ^buvavTO  büuj  Aiavxe  Kopucid 
"CKTOpa  TTpiajiibTiv  dirö  vcKpoö  beibiHacGai. 
vgl.  Jes.  31,  4  'gleichwie  knurrt  der  löwe  und  der  junge  löwe  über 
seiner  beute,  gegen  welchen  man  der  hirten  menge  zusammenruft,  vor 
ihrer  stimme  nicht  verzagt  und  vor  ihrer  menge  sich  nicht  beugt: 
also  wird  Jahve  der  heerscharen  herabsteigen,  um  zu  streiten  auf  dem 
berge  Zion  und  seinem  hügel.' 

426  ff.  iTTTTOi  b'  AiaKibao  )idx»ic  dirdveuGev  dövxec 
KXaTov ,  ^Tiel  br|  TTpaiia  ttuö^cGtiv  fjviöxoio 
dv  Kovirici  TTecövTOC  ucp*  ''GKTopoc  dvbpocpövoio. 
der  Hebräer  Ifiszt  selbst  die  unbelebte  natur  an  den  Schicksalen  der 
menschen  teilnähme  äuszern :  bevge  und  hügel  brechen  in  jubel  aus, 
wüste  und  steppe  freuen  sich  und  frohlocken,  bäume  und  ströme 
klatschen  in  die  bände  (Jes.  35,  1  f.  44,  23.  49,  13.  52,  9.  55,  12. 
psalm  48,  12.  65,  13  f.  98,  8). 

447  irdvTwv,  öcca  t€  ^aiay  Itti  irveiei  t€  koi  ^pirei 
(wiederholt  c  131)  erinnert  ganz  an  'alles  was  sich  reget  «uf  der  erde, 
worin  eine  lebendige  seele'  (1  Mose  1,  30  vgl.  26,  28). 

C. 

378  ff.  TpiTTobac  Tdp  deiKOCi  irdviac  freuxev 

dcTd|Li€vai  Tiepi  toTxov  ducTa0^oc  jueTapoio, 
XpOcea  bi  ccp'  uttö  KÜKXa  ^KdcTiij  TruGjLievi  OfiKCV , 
öqppa  Ol  auTÖjLiaToi  0€Tov  bucaiai'  oTiJuva 
i^b'  aÖTic  TTpöc  bujjLia  veoiaTO ,  0aö|Lia  ibdc9ai. 
mit  diesen  dreifüszen  vergleichen  Köster  und  Thenius  ganz  ange- 
messen die  zehn  auf  rädern  gehenden  kupfernen  becken  des  Salo- 
monischen tempels  (1  Kön.  7,  27  ff.). 

T. 

404  ff.  TÖV  b'  dp'  UTTÖ  2!uTÖ(pi  TTpocecpr]  iröbac  aiöXoc  Vttttoc 
Edv0oc,  dcpap  b'  f\}x\)ce  KaprjaTi*  Ttdca  be  xanx] 
^cutXtic  ^EepiTTOÖca  Trapd  Ivyöy  oubac  kavev. 
aubrievTa  b'  l0riKe-e€d  XeuKüüXevoc  "Hpr\. 


■  I 


■  * 


t 


*, 


i 


32  MKrenkel :  biblische  parallelen  zu  HomeroB. 

vgl.  4  Mose  22,  28  ^da  that  Jahve  den  mund  der  eselin  auf,  und  si 
sprach  zu  Bileam'  usw. 


Y. 

'^-  131  XciXeiroi  hl  0€Oi  cpaivecGai  dvapY€ic. 

t.  vgl.  TT  183  ff.  fj  ^dXa  TIC  Geöc  kci,  toI  oupavöv  eupOv  €xouciv. 

dXX'  iXtiG*,  \va  toi  Kcxapic^^va  biio^ev  ipd 
n^fe  XP^c^a  btüpa,  T€TUTM€va-  9€ib€0  b*  fmeujv. 
dasz  das  anschauen  des  heiligen  dem  unheiligen  verderblich  win 
ist  eine  dem  hebräischen  altertum  sehr  geläufige  Vorstellung:  vg 
'  2  Mose  33,  20  (Jahve  zu  Moses:)  Mu  kannst  mein  angesicht  nicl: 

sehen,  denn  nicht  siehet  mich  der  mensch  und  lebet.'  Richter  13,  2 
'  ^Manoah  sprach  zu  seinem  weihe:  «sterben  werden  wir,  denn  wi 

haben  gott  gesehen».'  Jes.  6,  5  ^da  sprach  ich:  «wehe  mir,  ich  bi 
verloren !  denn  ein  mensch  von  unreinen  lippen  bin  ich  und  unt< 
einem  volke  von  unreinen  lippen  wohne  ich,  und  den  könig,  Jahve  de 
heerscharen,  haben  meine  äugen  gesehen».'  1  Mose  16,  13.  32,  3< 
2  Mose  3,  6.  19,  21.  20,  19.  ö  Mose  4,  33.  Richter  6,  22  f.  1  Köi 
19,  13.  Luc.  5,  8. 

230  ff.  Tpujöc  b'  aö  Tpeic  iraibec  dfiii^ovcc  d£€T^vovTO, 
*IX6c  t'  'AccdpaKÖc  tc  Kai  dvTiöeoc  ravu^rjbiic, 
t  6c  bf)  KdXXicTOc  T^veTO  6vtitu)V  dvGpiwiruJV 

■  I  TÖv  Ktti  dvTipeiHiavTö  Geoi  Ali  oivoxoeueiv 

KdXXeoc  eivcKtt  olo,  iv'  dGavdTOici  |li€T€iii. 

der  letzte  vers  kehrt  o  251  wieder,  wo  er  den  grund  angibt,  wesbal 

Eos  den  Eleitos  raubte,  wie  schon  früher  den  Orion  (e  121).  im  AI 

werden  Henoch  und  £lia,   ohne  zu  sterben,  von  der  erde  in  de 

I  himmel  entrückt  (1  Mose  5,  24.  2  Kön.  2,  1  ff.),    dasz  jene  beide 

ersteren  diesen   vorzug  ihrer  Schönheit,   die   beiden  letzteren  ih 
ihrer  frömmigkeit  zu  danken  haben,  ist  bezeichnend  für  den  unte; 
schied  zwischen  griechischer  und  hebräischer  anschauung. 
321  f.  (Poseidon) 

auTiKtt  Till  jLifcv  {neiTtt  kot'  öcpGaX^ijüV  x^€v  dxXiiv , 
TTriXcibij  'AxiXnr 
T  478  f.  (von  Penelope) 

f]  b'  out'  dGpncai  biivaT*  dvTiri  oötc  voTjcar 
tQ  Tdp  'AGrivaiTi  vöov  ^Tpaircv. 
vgl.  aus  dem  AT.  1  Mose  19, 10  f.  'da  streckten  die  männer  (die  b 
Lot  eingekehrten  engel)  ihre  band  aus  und  zogen  Lot  zu  sich  hinei 
ins  haus  und  verschlossen  die  thüre,  und  die  männer,  welche  vor  d< 
thüre  des  hauses  waren ,  schlugen  sie  mit  blindheit  vom  kleinen  b 
zum  groszen ,  und  sie  mühten  sich  ab  die  thüre  zu  finden.'  2  Köi 
6,  18  'Elisa  betete  zu  Jahve  und  sprach:  «schlage  doch  dieses  vo) 
mit  blindheit!»  da  schlug  er  sie  mit  blindheit  nach  dem  worte  Elisas 
Sach.  12,  4  'zu  selbiger  zeit,  spricht  Jahve,  schlage  ich  alle  rosi 
mit  scheu  und  ihre  rciter  mit  Wahnsinn ,  über  das  haus  Judas  ab< 
thue  ich  mein  äuge  auf,  und  alle  sosse  der  Völker  schlage  ich  m 


MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  33 

blindheit.'   Luc.  24,  16  ot  b^  öcpGaXfioi  auTÄv  dKpaToOvTO  toO  fifj 
imTVüJvai  aöxöv. 

O. 

64  ff.  (Acbilleus) 

ö)  TTÖTToi,  fj  M^TCi  OaujLia  TÖb'  6(p6aXfioiciv  öpÄjuai. 
fi  jLiäXa  bi\  TpÄec  ^etaXiiTopec,  oöc  irep  ^Tiecpvov, 
aÖTic  dvacTrjcovTai  uttö  Zöcpou  iiepöevTOC , 
olov  bf|  Ktti  ob*  fjXGe  cpuTibv  ötto  viiXefec  fjfiap, 
Afifivov  de  T^TCtödriv  7r€7r€pTiM€voc. 
vgl,  Marc.  6,  14.  16  fJKOucev  6  ßaciXeuc  'Hpübbric,  cpavepöv  TOip 
^T^veio  TÖ  dvo^a  auTOÖ,  Kai  fXetev  öti  luudvvTic  6  ßaiTTiZuJV  ifr\' 
Tepxai  Ik  vcxpÄv,  Kai  bid  touto  dvepToOciv  ai  buvdjiieic  dv  auTijli 
.  .  dKOUcac  b€  6  'Hpiübric  ^Xetev  •  «6v  i^\h  dircKCcpdXica  'liwdvviiv, 
oiÜTOC  ^T^p6n.» 

86.  88  AaoGÖT],  GuTdinp  "AXiao  x^povToc, 

ToO  b'  fxe  OuTOT^pa  TTpiajiioc,  iroXXdc  be  Kai  dXXac. 
Priamos  selbst  sagt  von  seinen  söhnen  (Q  495  fif.) 

7revTr|K0VTd  jioi  fjcav,  öt'  fiXu6ov  uiec  'Axaiujv  • 
dvveaKaibeKa  jii^v  jliou  if^c  dK  viibuoc  fjcav, 
Touc  b'  fiXXouc  jLioi  fiiKTOV  dvi  jiieTdpoici  TuvaiKCC. 
dies   erinnert  an   die   Vielweiberei  der  israelitischen  könige  David 
(2  Sam.  5,  13.    15,  16.    16,  21  f.   *20,  3.  1  Chron.  3,  9),  Salomo 
(1  Kön.  11,  1  ff.  Hohesl.  6,  8),  Rehabeam  (2  Chr.  11,  18  ff.),  Abia 
(ebd.  13,  21)  sowie  des  richters  Gideon  (Richter  8,  30). 

X. 

26  ff.  TÖv  b'  6  tdpujv  TTpiajaoc  irpOüTOc  ibev  6(p9aX|aoTciv, 
irajacpaivovO'  uic  t'  dciep',  dTreccujaevov  Trebioio , 
6c  ^d  t'  ÖTTüjpTic  elciv,  dpiürjXoi  bd  o\  autcxi 
cpaivovTai  ttoXXoici  jaex*  dcipdci  vuktöc  djaoXTiu  * 
6v  Te  Kijv'  'Qpiujvoc  dTTiKXriciv  KaXdouciv. 
wie  hier  Acbilleus,  so  erscheint  Z  401  Astyanax  aXiTKioc  dcTepi 
KaXuj.    vgl.  4  Mose  24,  17  *es  tritt  hervor  ein  stern  aus  Jakob,  es 
steigt  ein  scepter  aus  Israel  und  zerschmettert  Moab  nach  allen  Seiten 
und  vertilgt  alle  söhne  des  getümmels.'    Jes.  14,  12  'wie  bist  du 
vom  himmel  gefallen,  glanzstern,  söhn  der  morgenröte!  zu  boden 
geschmettert,  der  du  die  Völker  niederstrecktest!'    (gemeint  ist  der 
könig  von  Babel).  Apok.  22,  16  ifd)  eijai  f]  pKa  Kai  Ydvoc  Aauib, 
6  dcTTip  6  Xa^TTpöc  6  Trpujivöc. 

261  ff.  (Acbilleus  zu  Hektor:) 

"Gktop,  [xf\  jaoi,  fiXacie,  cuvriiLiocuvac  dYopeue. 
ujc  ouK  ^CTi  Xdouci  Ktti  dvbpdciv  öpKia  TTlCld  , 
ovbk  XuKOi  le  Kai  apvec  öjaöcppova  9u|a6v  ^x^^civ, 
dXXd  KOKd  cppovdouci  biajaTiep^c  dXXrjXoiciv , 
(jüc  OUK  ?CT*  i[xk  Kai  cfe  (piXr)|Li€vai,  ouie  ti  vüüiv 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hfl.  1.  3 


34  MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 


>■ 


■  -1 


r, 


k-  öpKia  fccovTai  irpiv  t'  f\  ?T€pöv  t^  irecövia 

;  aijLiciTOC  äcai  "Apiia  xaXaupivov  7roX€|LiiCTr|V. 

S  vgl.  Jesus  Sirach  13,  16  Ti  KOivujvr)C€i  Xuköc  djuviu;  oötuüc  d^op 

TUiXöc  TTpöc  €vic€ßfi.   Matth.  10,  16  Ibou  dTib  diTocT^XXuj  üfiäc  ib 
irpößara  dv  M^ciu  Xukuüv.    dagegen  verkünden  prophetische  weif 
sagungen  von  der  Messianischen  zeit:   ^dann  weilet  der  wolf  beii 
lamm  und  der  parder  lagert  sich  beim  böckchen ,  kalb  und  junge 
löwe  und  mastkalb  allzumal,  ein  kleiner  knabe  führet  sie'  (Jes.  11,  6' 
^wolf  und  lamm  weiden  zusammen,  und  der  löwe  friszt  stroh  wie  df 
rind  und  die  schlänge,  staub  ist  ihre  speise'  (ebd.  65,  25). 
423  ff.  TÖccouc  Tdp  jLioi  Tiaibac  dir^KTave  TiiXeGdovTac. 
TÄv  TtdvTUJV  QU  TÖccov  öbupoMCii  dxvu^€v6c  irep 
d)C  dvöc,  oij  jLi'  fixoc  öHu  KaioiccTai  "Aiboc  eicu), 

"eKTOpOC. 

wie  hier  Phamos ,  spricht  im  AT.  Jakob :  'ich  will  hinabgehen  z 
meinem  söhne  trauernd  in  die  unterweit'  (1  Mose  37,  35).  'nicht  so 
mein  söhn  (Benjamin)  hinabziehen  mit  euch,  denn  sein  bruder  h 
tot  und  er  ist  allein  übrig,  und  begegnete  ihm  ein  Unfall  auf  dei 
wege,  welchen  ihr  ziehet,  so  brächtet  ihr  meine  gi*auen  haare  m: 
Jammer  in  die  unterweit'  (ebd.  42,  38).  vgl.  44,  29  ff.  1  Kön.  2, 6.  i 

140  ff.  f vG*  aÖT*  äXX'  dvÖT]C€  TTobdpKnc  bioc  *AxiXX€Öc  • 
CTdc  dirdveuGe  irupfic  HavGfjV  dTTCKeipaTO  xaiiriv , 
Trjv  ^a  Circpxeiijj  TroTajLiiu  ipecpe  iriXcGöuJcav. 
6xGr|cac  b'  dpa  elirev  Ibibv  ^tti  otvoTra  ttövtov 
*C7r€px€i*,  dXXuJc  CGI  T€  iraTTip  iiprjcaTO  TTriXeuc , 
K€Tc^  ^e  vocTricavTa  cpiXiiv  ic  Trarpiba  TCiiav 

CGI  T€  KÖjliriV  K€p^€lV  JicHclV  G'  Upf)V  dKaT6|ißT]V , 

TtevTrJKGVTa  b'  ^vopx«  Tiap*  auiöGi  jifiX'  lepeuceiv 

ic  TTTlTdc,  ÖGl  TGl  T^|Ll€VGC  ßUij^ÖC  TC  GurjClC. 

öüc  T^pfiG*  6  Y^P^v,  cu  bi  o\  vögv  gük  iieXcccac. 
vöv  b*  dirci  ou  v^ojiai  fe  (piXriv  de  irarpiba  To^av , 
TTaTpÖKXijj  T^puji  KÖjLiriv  ÖTrdcaijiii  cpdpccGai.» 
dies  erinnert  an  die  Nasiräer  {ndsir  *=  'ausgesoudert ,  geweiht')  d< 
AT.,  welche  hieb  durch  ein  gelübde  verpflichteten  ihr   haupÜiai 
längere  zeit  wachsen  zu  lassen,  nach  ablau f  derselben  einen  widd« 
und  zwei  schafe  opferten  und  das  abgeschnittene  haar  auf  dem  unt< 
dem  Widder  angezündeten  feuer  verbrannten  (4  Mose  6.    Richte 
13,  5.  16,  17.    Apg.  21,  23  ff.),    mit  letzterer  handlung  vgl.  de 
brauch  des  Homerischeu  Zeitalters,  die  Stirnhaare  des  opfertieres  i 
die  flammen  zu  werfen  (T  254.  y  446.  l  422). 

Q. 

161  ff.  Ttaibec  jLiiv  TtttTcp*  djiicpi  KaGr||i€Voi  fvboGev  auXfJc 
bdKpuciv  eijiaT*  dcpupov,  6  b'  ^v  jiCccGici  T^paiöc 

iVTUTTdC  iy  X^öiviJ  K€KaXu^|LldV0C  •  djLlCpl  bk  TTGXXfj 


Ti 


MKrenkel:  biblische  parallelen  za  Homeros.  35 

KÖTipoc  €riv  K€(paXQ  le  kqi  aüx^vi  toTo  t^POVToc, 
Tr|v  ^a  KuXivböjLicvoc  KQTajiiricaTO  x^pcW  drjciv. 
vgL  C  23  ff.  djLicpoT^prici  be  x^pciv  ^Xübv  köviv  aiGaXöeccav 

X€uaTO  KOLK  KecpaXfic,  x^piev  b'  ^cxuve  irpöcuiTrov 
V€KTap^(fj  bk.  xiTuivi  fieXaiv'  d^cpiZiave  iccppri. 
auTÖc  b*  dv  Koviqci  ^^tac  jueTaXiiicii  xavucöeic 
KeiTO,  (piXrjci  bk  x^pcl  KÖjiiriv  Ö^X^ve  baiZujv. 
X  414  irdviac  V  iXXiidveue  KuXivböjiievoc  Kaid  KÖirpov. 
u)  316  f.  djLicpoT^pijci  bk  x^pciv  dXibv  köviv  alGaXöeccav 
Xeilaio  KttK  K€(paXf)c  ttoXitic,  dbivd  CTCvaxi2!uJV. 
auch  die  Hebräer  pflegten  sich  zur  bezeugung  der  trauer  in  staub  und 
asche  zu  setzen  und  zu  wälzen  (Hiob  2,  8.  42,  6.  Jes.  6,  26.  Micha 
1,  10)  und  sich  den  köpf  mit  erde,  staub  und  asche  zu  bestreuen 
(1  Sam.  4,  12.  2  Sam.  1,  2.  13,  19.  15,  22.  Neh.  9, 1.  Hiob  2, 12. 
16,  15.  Ezech.  27,  30.  Klagel.  2,  10).. 

»     448  ff.  dXX'  ÖT€  br\  TTUpYOUC  T€  V€UJV  Kttl  TdcppOV  tKOVTO  , 

ot  bk  vioy  irepi  böpira  cpuXaKxfipec  ttov^cvtc  ' 
ToTci  b*  dcp'  ÖTivov  fx^ue  bidKTopoc  dpreicpövinc 
ndciv  5  dcpap  b'  ujiEe  rriiXac  Kai  dTiaiccv  öxfjac , 
ic  b*  äfa-fe  TTpiajiiöv  re  Kai  dyXad  biüp'  in'  dTTrjviic. 
damit  vgl.  die  erzählung  von  David ,  der  sich  unbemerkt  bei  nacht 
mit  nur  6inem  begleiter  in  das  lager  Sauls  schleicht  und  dessen 
Speer  und  wasserbecher  an  sich  nimt,  worauf  beide  fortgehen,  ^und 
keiner  sah  es  und  keiner  merkte  es  und  keiner  wachte  auf,  denn  sie 
schliefen  alle,  denn  ein  tiefer  schlaf  von  Jahve  war  auf  sie  gefallen* 
(1  Sam.  26, 12).  parallelen  zu  dem  geleite  desPriamos  durch  Hermes 
bietet  auch  die  Apostelgeschichte  (5,  19.    12,  6  ff.),  nach  welcher 
ein  engel  erst  die  sämtlichen  apostel,  dann  nochmals  den  Petrus  bei 
nacht  aus  dem  gefängnisse  führt,  dessen  thür  in  dem  einen  falle  von 
ihm  geöffnet  wird,  in  dem  andern  sich  von  selbst  vor  ihm  öffnet. 
610  ff.  o\  jaev  (die  kinder  derNiobe)  ctp'  ^vvfi)Liap  Keai'  ^v  cpöviu, 

oub^  TIC  fjev 
KaxOdipai,  Xaouc  bk  XiGouc  Troirice  Kpoviujv 
Toüc  b*  dpa  Tf)  beKdiij  Gdipav  öeoi  Oupaviujvec. 
vgl.  V  162  ff.,  wo  von  dem  schiffe  der  Phaiaken,  das  Odysseus  nach 
Ithake  gebracht  hat,  berichtet  wird: 

Tflc  bk  cxeböv  fiX9'  ^vocixöujv, 
öc  jiiv  Xdav  ^OriKe  Kai  eppiZiujcev  fvepOev 
X€ipi  KaxaTTpriveT  ^Xdcac. 
dies   erinnert   an  die  alttestamentliche   erzählung   von  Lots   weib, 
welches  in  eine  salzseule  verwandelt  wird  (1  Mose  19,  26).    zu  der 
bestattung  von  menschen  durch  götter  vgl.  5  Mose  34,  5  f.   ^so  starb 
daselbst  Mose,  der  knecht  Jahves,  im  lande  Moab,  nach  befehl  Jahves, 
und  er  begrub  ihn®  im  thale,  im  lande  Moab,  Beth-Peor  gegentlber, 
und  kein  mensch  weisz  sein  grab  bis  auf  diesen  tag.' 

^  andere   übersetzen  ''man  begrub  ihn',   was   sprachlich  gleichfalls 
zulässig  ist. 


36  MKrenkel:  biblische  parallelen  za  Homeros. 

ODYSSEE. 

a. 

241  (wiederbolt  l  371) 

vOv  hi  ^iv  dKXeiujc  äpiruiai  dvripeiHiavTO. 
vgl.  b  72  f.  vOv  aij  iraTb'  dTöTTTiTÖv  dvTipein/avTO  OueXXai 
dKX^a  dK  jii€TdpuJv. 
u  66  ujc  b'  öie  TTavbapdou  KOiipac  dv^XovTo  GueXXai .  . 
ebd.  77  TÖcppa  hi.  TÖc  Koupac  äpnuim  dviipein/avTO. 
diese  redensarten  scheinen  von  spurlos  verschwundenen  stehend  ge- 
wesen zu  sein:  vgl.  1  Eon.  18,  12  Venn  ich  nun  gehe  von  dir  und 
der  geist^  gottes  trägt  dich,  wohin  ich  nicht  weisz.'    2  Kön.  2,  16 
*sie  sprachen  zu  ihm :  «sieh  doch,  es  sind  unter  deinen  knechten  fun&ig 
wackere  männer,  die  mögen  doch  gehen  und  deinen  herm  suchen, 
dasz  ihn  nur  nicht  der  geist  Jahves  genommen  und  ihn  geworfen  auf 
einen  der  berge  oder  in  eins  der  thäler».'   Ezech.  3, 14  ^der  geist  hob 
mich  empor  und  führte  mich  hinweg,  und  ich  fuhr  dahin,  erbittert 
im  zome  meines  gemütes,  aber  Jahves  band  war  mächtig  über  mir, 
und  ich  kam  zu  den  weggeführten  zu  Thel-Abib'  usw.    in  dem  apo- 
kryphischen  buche  Bf)X  Kai  bpdKUJV  wird  von  dem  in  Judtta  lebenden 
Propheten  Habakuk  berichtet  (v.  36):  dTreXdßcTO  6  dtT^^OC  Kupiou 
Tflc  Kopucpfic  auTOö ,  Kai  ßacTdcac  ifjc  KÖ|Lir]c  xfic  KecpoXf^c  auToO 
€0TiK€v  aÜTÖv  elc  BaßuXüüva  dirdvoj  toO  Xokkou  ,  dv  tiu  ßoiZ[uj  toO 
TTveu^aTOC  auTOö.   (39)  6  hl  dTTcXoc  toO  0€Oö  dTreKaTdcxrice  töv 
'A^ßaKÖ^  Trapaxpnfia  elc  töv  töttov  auroO.    Apg.  8,  39  öt€  hk 
dvdßr]cav  ^k  toö  öbaioc,  irveÖMa  Kupiou  f^piraccv  töv  OiXiTnrov  xal 
oÜK  eTbev  auTÖv  ouk^ti  ö  euvoöxoc.   s.  auch  zu  V  380  fT. 

T. 
148  fif.  (Agamemnon)  ßouXeTO  Ydp  ^a 

Xaöv  dpuKaK^eiv,  i^ilax  &  lepdc  ^KaTÖ^ßac , 
liic  TÖV  'A0TivaiT]c  beivöv  xöXov  ÖaK^caiTO , 
vriTTioc ,  oübfe  TÖ  fj^n  >  8  ou  TreicecGai  fjiieXXev  • 
QU  Tdp  t'  alipa  9€ujv  Tp^7T€Tai  vöoc  alfev  iÖVTlWV. 
vgl.   4  Mose  23,  19   'nicht  mensch  ist  gott,  dasz  er  lüge,  noch 
menschensobn,  dasz  er  bereue.'    1  Sam.  15,  29  'das  vertrauen  Israels 
lügt  nicht  und  bereut  nicht,  denn  nicht  der  mensch  ist  er,  um  zu 
bereuen.' 

'  im  hebrKiscIun  ritach  üioszen  wie  im  griechischen  irvcö^a  die  be- 
griffe 'wind'  und  'geist'  zunammen.  v«rl.  Jesus  Sirach  89,  28  f.  (Über- 
setzung aus  dem  hehräischen)  £cTi  TTvcO^ara,  d  cic  ^KbiKi^civ  ^ktictoi, 
Kai  4v  Oufiip  aÖTuiv  dcrep^ujcav  jidcTiToc  auruiv,  xal  dv  xaipiij  ciwre- 
Xeiac  Icxuv  ^kx€oOciv,  xal  töv  Gujiöv  toö  TroirjcavTOC  aOrouc  xondcouciv. 
TrOp  xal  x<^^Q^<<f  Kai  Xi^öc  xal  OdvaToCf  TTdvra  ToÜTa  eic  ^x&{xr)Civ 
^XTiCTai.  Hitzijf  zu  der  oben  angeführten  stelle  Ezechiels:  ^ritach  hier 
ist  <wind,  stürm»,  aber  auch  d^r  ist  gotte.s ,  ist  sein  nicht  blo8Z  in  die 
belebten  wesen,  sondern  überhaupt  in  die  weit  gegossener  ödem,  der 
sie  durchzieht  und  vor  Stagnation  bewahrt.' 


MErenkel:  biblische  parallelen  za  Uomeros.  37 

h. 
10  fP.  (Menelaos) 

vM\  bk  C7TäpTri6€v  'AX^KTopoc  fit€TO  Koupriv , 

6c  Ot  TT]XUT€T0C  T^V€TO  KpaT€pÖC  MCTOTT^VOllC 

iK  bov\r]C'  '6X^vij  bi  Ö€oi  tövov  oük^t'  fcpaivov, 
direi  bf|  TÖ  irpoiTOV  dteivaio  rraib'  dpaTeivriv, 
*6p|iiövTiv,  fi  dboc  ?x€  xpwc^nc  'Acppol)iTT]c. 
80  nehmen  die  patriarcben  Abraham  und  Jakob  auf  veranlassung 
ihrer  eignen  unfruchtbaren  galt  innen  deren  mSgde  zu  kebsweibem, 
von  denen  sie  dann  kinder  erhalten  (1  Mose  16,  1  ff.  30,  1  ff.)- 

l. 

162  f.  Af\\n)  bi\  TroT€  TOiov  ^AttöXXujvoc  irapot  ßujmjj 
(poiviKOC  v^ov  ?pvoc  dv€px6|i€Vov  ^vÖTica 

sagt  Odjsseus,  um  die  Schönheit  der  Nausikaa  zu  bezeichnen,   vgl. 

den  hebräischen  frauennamen  Thdmdr  ^palme'  (1  Mose  38,  6.  2  Sam. 

13,  1.  14,  27)  und  psalm  92,  13  'der  gerechte  grtint  wie  die  palme, 

wächst  wie  eine  ceder  auf  dem  Libanon.' 

282  ff.  ibc  b*  ÖT€  TIC  xpwcöv  irepixeucTai  dpTupi})  dvfjp 
ibpic,  öv  "HcpaicTOc  b&a€v  Kai  TTaXXdc  'ASrivT] 
T^XVTiv  TTavToinv,  xctpievTa  bk  f pT«  TeXeiei , 
&c  dpa  Tuj  KttT^x^ue  x^ipiv  KecpaXrj  le.Kai  uj^oic. 

vgl.  €  69  ff.  MTipiövr]C  bk.  0^P€kXov  dvrjpaTO,  T^ktovoc  xAöv 
*Apiiovib€w,  8c  x^pciv  dTTiCTaTO  baibaXa  Tidvia 
xeuxeiv  *  f  Eoxa  tdp  jiiiv  dq)iXaTo  TTaXXdc  'AGrjVTi. 
0  410  ff.  dXX'  ujc  T€  CTdGjLiTi  böpu  vrjiov  ^EiGuvei 

T6KT0V0C  ^v  iraXdjiiijci  barjjLiovoc ,  öc  pd  t€  7TdcT]C 
€0  eibfji  cocpiric  u7ro9nMOCÜvr|civ  'A9r|vr]C , 

(JÜC  jLlfcv  TÄV  ^TTl  Ica  ^dxil  T^TttTO  TTTOXciaÖC  16. 

auch  die  Hebräer  nahmen  einen  göttlichen  Ursprung  künstlerischer 
fertigkeiten  an :  vgl.  2  Mose  28 ,  3  'du  sollst  reden  mit  allen ,  die 
verständiges  sinnes  sind,  die  ich  erfüllet  mit  verständigem  geiste, 
dasz  sie  die  kleider  Aarons  machen,  ihn  zu  heiligen,  dasz  er  mir 
priester  sei.'  ebd.  31,  2  ff.  *sieh,  ich  habe  namentlich  berufen Bezaleel, 
den  söhn  Uris,  des  sobnes  Hurs,  vom  stamme  Juda,  und  habe  ihn  er- 
füllet mit  dem  geiste  gottes,  mit  verstand  imd  einsieht  und  künde 
und  allerlei  werk,  künstlich  zu  sinnen,  zu  schaffen  in  gold  und  silber 
und  in  kupfer  und  in  bearbeitung  von  steinen  zum  einsetzen  und  in 
bearbeitung  von  holz,  zu  schaffen  in  allerlei  werk,  und  sieh,  ich  habe 
ihm  zugegeben  Oholiab,  den  söhn  Ahimelecbs,  vom  stamme  Dan,  und 
habe  allen,  die  verständiges  sinnes  sind,  verstand  in  den  sinn  gegeben, 
dasz  sie  machen  alles,  was  ich  dir  geboten'  (35,  30  ff.  36,  2). 


201  ff.  aUi  Tdp  TÖ  irdpoc  fe  0eoi  cpaivovTai  dvapTeic 
fmiv,  €Öt'  fpbuüjLiev  dTaKXciTdc  dKaTÖjiißac, 
baivuvTai  T€  irap*  d.\x\xi  KaGrJiLievoi,  ^v0a  irep  fmeic. 


38  MKrenkel :  biblische  parallelen  za  Homeros. 

vgl.  p  485  fP.  Kai  t6  Oeoi  Seivoiciv  loxKÖiec  dXXobaTroTciv , 
iravToToi  t€X^0ovt€c,  dniciptücptüci  iröXiiac, 
dvOpuüTTwv  ußpiv  T€  Kai  €uvo|Liir)V  d(popu)VT€C. 
eine  parallele  bietet  die  dttestamentlicbe  erzftblung,  nach  welcher 
Jahve,  um  sich  zu  vergewissem,  ob  das  gerücht  von  der  sttndhaftig- 
keit  Sodoms  und  Gomorras  begründet  sei ,  in  begleitung  von  zwei 
engein  auf  erden  erscheint,  bei  Abraham  unter  den  eichen  von  Mamre 
einkehrt  und  das  ihm  von  jenem  bereitete  mahl  genieszt  (1  Mose  18). 


I. 

411  voöcov  b*  oö  TTUiC  f  CTi  Axöc  |Li€TdXou  dXtecöai. 
dazu  Fäsi :  ^das  altertum  ist  überhaupt  geneigt  in  einer  geistigen  Stö- 
rung eine  krankheit  zu  finden,  die  von  einem  gotte  geschickt  ist'  (wofür 
aus  Homer  noch  die  Schwermut  des  Bellerophontes  angeführt  werden 
kann,  s.  zu  Z  155 — 205)-  vgl.  die  alttestamentliche  auffassung  der 
geisteskrankheit  Sauls:  'der  geist  Jahves  wich  von  Saul,  und  es 
ängstigte  ihn  ein  böser  geist  von  Jahve'  (1  Sam.  16,  14).  'es  ge- 
schah am  andern  tage ,  da  geriet  ein  böser  geist  von  gott  über  Saul 
und  er  rasete  im  hause'  (ebd.  18,  10  vgl.  19,  9). 

X. 

72  ff.  ^rj  jLi'  äKXauTov  äöaitTov  lujv  öniöev  KaraXeiiTeiv, 

voccpicöeic ,  [xr\  toi  ti  9ca»v  juriviina  T^vuiMcti, 

dXXd  ^€  KaKKfiai  cuv  reuxeciv,  äcca  jiioi  fcTiv, 

cfiiLid  ri  jLioi  xeöai  ttoXitic  im  Givl  0aXdccT]c, 

dvbpöc  bucxrivoio,  Kai  icco^^voici  iruG^cGai 

fleht  die  seele  Elpenors  den  Odjsseus  an.    auch  den  Israeliten  galt 

es  für  ein  schreckliches  loos  kein  grab  zu  erlangen ,  und  die  bestat- 

tung  unbeerdigter  leichname  war  daher  eine  heilige  pflicht    vgl. 

psalm  79,  35  'sie  vergossen  ihr  blut  wie  wasser  ringsum  Jerusalem, 

und  keiner  begrub.'  Jer.  14, 16  'das  volk,  welchem  sie  prophezeien, 

soll  hingestreckt  werden  in  den  straszen  Jerusalems  von  hunger  und 

schreck,  und  niemand  soll  sie  begraben,  sie,  ihre  weiber  und  ihre 

söhne  und  ihre  töchter.'    7,  33.  8,  2.  9,  21.  16,  4.  25,  33.   Ezech. 

29,  5.    1  Kön.  13,  22.  14,  11.  21,  14.  Bf)X  Kai  bpdKUJV  30.   daher 

rühmt  sich  der  fromme  Tobit  (Tobit  1,  17  f.)  ci  Tiva  Ik  toö  t^vouc 

ÜOU  ^Ö€U)p0UV  T€9VTlKÖTa  Kai  ippijLl^VOV  ÖTTICU)  TOÖ  TCIXOUC  NlVCUfl, 

cGaiTTOv  auTÖv.  Kai  ci  Tiva  dir^KTCwe  Cewaxiiplfi  ö  ßaciXeuc,  öt€ 
f^XSe  cpeuTUJV  Ik  ttjc  loubaiac,  ^Gaijia  auTOuc  kX€ittu)v.  s.  auch 
zu  A  3  ff. 

90  ff.  Die  erscheinung  der  seele  des  Teiresias,  welche  dem  in  die 
unterweit  hinabgestiegenen  Odjsseus  die  zukunft  enthüllt,  hat  eine 
alttestamentliche  parallele  in  dem  aus  dem  grabe  heraufkommenden 
Samuel,  der  dem  Saul  sein  ende  vorberverkündigt  (1  Sam.  28,  3  ff.). 

806  ff.  TTiv  bk  jiCT*  IcpijLi^beiav  'AXujfjoc  TrapdKOiTiv 
cicibov,  f{  bi\  (pdcKC  TToceibdujvi  jiiiTfivai, 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  39 

Kai  ^'  €t€K€v  büo  Traibe,  ^ivuv6abiuj  bfe  t^v^cSiiv, 
'*Qt6v  t*  dvTiSeov  TiiXeKXeiTÖv  t'  *e(pidXTT]V, 
oOc  bi\  |Lir)KiCTOuc  Bp^Hie  2[€ibujpoc  dpoupa 
Ktti  TToXu  KttXXiCTOuc  ^6101  T€  kXutöv  'Qpiujva' 
dvv^ujpoi  Totp  TOI  T€  Kttl  ivvca7Trix€€C  fjcav 
eOpoc,  diTOtp  ^fiKÖc  T€  T€vcc6tiv  dvveöpTuioi. 
ilamit  vergleiche  man  den  bericht  der  von  Moses  nach  Kanaan  ent- 
sandten kandschafter  (4  Mose  13,  34)  ^daselbst  sahen  wir  die  riesen, 
4ie  söhne  Enaks  von  den  riesen,  und  wir  waren  in  unsem  äugen  wie 
heusch recken,  und  also  waren  wir  auch  in  ihren  äugen.'  zu  dem  ^reste 
der  riesen'  gehörte  auch  Og,  der  könig  von  Basan,  dessen  eisernes 
bett  neun  eilen  lang  und  vier  eilen  breit  war  (5  Mose  3,  11).    vgl. 
1  Mose  6,  4.  5  Mose  2,  10  f.  21.  9,  1  f. 


V. 

81  ff.  ibc  b'  8t'  dvfjp  böpTTOio  XiXaierai,  iL  t€  iravfifiap 
V61ÖV  dv'  IXktitov  ßöe  oivoTre  tttiktöv  dpoTpov  • 
dcTTttciuJc  b*  dpa  tijj  Kar^bu  cpdoc  t^cXioio 
böpTTOv  ^TTDixecGai,  ßXdßexai  bi  T€  Toüvai*  lövxr 
fijc  'ObuceT  dcTtacTÖv  ib\)  cpdoc  T^eXioio. 
vgl.  Hiob  7 ,  2  f.  ^wie  ein  knecht  lechzet  nach  schatten  und  wie  ein 
mietling  harret  seines  lohnes,  also  wurden  mir  zu  teil  monde  des 
wehes  und  nachte  des  ungemachs  zugezählt.' 

408  KöpaKOC  7T€Tpn  auf  Ithake  hat  eine  parallele  an  dem  nun 
^dreh  (Richter  7 ,  25.  Jes.  10,  26).  ersterer  felsen  war  wohl  ebenso 
wenig  nach  einem  manne  Korax,  wie  letzterer  nach  dem  Midianiter- 
fUrsten  Oreb  benannt,  sondern  der  eine  wie  der  andere  name  be- 
deutet einfach  'rabenfels'. 

H. 

222  fpYOV  bi.  jioi  QU  cpiXov  ?CK€V. 

so  dachte  auch  der  Hebräer  über  die  feldarbeit,  die  er  als  eine  schwere 
last  und  als  strafe  für  Adams  sUnde  betrachtete  (1  Mose  3,  17  ff.), 
vgl.  1  Sam.  8,  12,  wo  Samuel  den  Israeliten  warnend  voraussagt, 
dasz  der  von  ihnen  begehrte  könig  ihre  söhne  nehmen  wird,  um 
seine  äcker  zu  ackern  und  seine  ernte  zu  ernten.  Jesus  Sirach  7,  15 
|Lif|  juicrjcric  dTriTTOVov  ^pTCxciav  Kai  T^ujpTiav  und  uvpicTOu  dKXic- 

839  ff.  dXX'  öie  TctiTic  iroXXöv  dTT^irXuj  ttovtottöpgc  vtiöc, 

aUTlKtt  bOuXlOV  fjjLiap  djHOl  7T€pi|LinXClVÖUJVT0. 

^K  laev  |Li€  x^otTvdv  le  xiToüva  xe  eijuai*  ^bucav , 
djicpi  bi  |Lioi  ^dKOC  dXXo  kqköv  ßdXov  r\bk  xiTUJva, 
ßujYaXea,  id  Kai  auTÖc  ^v  öqpGaXjaoiciv  öpriar 
kTT^pioi  b*  'l9dKnc  eubcieXou  ^pY*  dqpiKOVTO. 
Iv9*  ^|Li^  |Lifcv  Kaiebricav  ^ucceX|Litu  i\\  \r]\ 
öttXiu  ducipecpei  ciepeAc,  auioi  b'  diroßdvTec 


40  MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros. 

dccu|Li€vujc  irapd  9iva  6aXdccr)c  böpirov  ?Xovto. 
auTctp  ^^ol  becjLiöv  jiifcv  dv€Tva|LiHiav  Geoi  aurol 

was  hier  Odysseus  von  den  Tbesproten  erzählt,  die  ihn  angeblich 
nach  Dulichion  bringen  sollten ,  erinnert  lebhaft  an  die  behandlung^ 
welche  Joseph  von  seinen  brüdem  erfuhr,  die  ihm  seinen  Srmelrock 
auszogen,  ihn  in  eine  grübe  warfen,  sich  dann  zum  essen  nieder- 
setzten und  als  sie  eine  karawane  Ismaeliter  kommen  sahen,  diese^ 
gelegenheit  benutzten,  um  ihn  als  Sklaven  zu  verkaufen  (1  Mose 
37,  23  fif.).  mit  v.  348  f.  vgl.  die  erzählung  von  Petrus,  welcher  im 
gefängnis  von  einem  engel  geweckt  wird,  worauf  IHiiecav  aÖToO 
at  dXuceic  iK  tOüv  x^iptliv  (Apg.  12,  7),  und  die  ähnliche  von  Paulos 
und  Silas  im  kerker  zu  Philippi,  nach  deren  gebet  ein  erdbeben  ein- 
tritt, infolge  dessen  TidvTUJV  xd  b6C)id  dv^Gt]  (ebd.  16,  25  f.). 

0. 

327  ff.  fi  cu  fe  irdTXW  XiXaieai  aöiöG'  öX^cGai, 

€l  hx]  jiiVTiCTripujv  iG^Xeic  Kaiabövai  SjiiiXov , 

TU)V  ÖßpiC  T€  ßlTl  *T€  Clbr|p€OV  OÖpaVÖV  IK€1. 

vgl.  1  Mose  4,  10  (Jahve  zu  Eain :)  ^was  hast  du  gethan?  die  stimme 
von  deines  bruders  blut  schreit  zu  mir  von  der  erde.'  18,  20  f. 
^Jahve  sprach :  «das  geschrei  über  Sodom  und  Gomorra  ist  grosz  und 
ihre  sünde  sehr  schwer,  so  will  ich  denn  hinabgehen  und  sehen,  ob 
sie  nach  dem  geschrei  davon,  das  vor  mich  gekommen,  völlig  gethan.»' 
(19,  13).  2  Mose  3,  9  *sieh,  das  geschrei  der  söhne  Israels  ist  vor 
mich  gekommen.'  Jac.  5 ,  4  iboü  ö  jiiicGöc  tOuv  ^pyoitOjv  toiv  d^r)- 
cdvTUJV  Tdc  xiipac  ii^uiv  6  dcpucTcpiULi^voc  dcp*  u^oiv  xpdlei,  Kai 
al  ßoal  T&v  GepicdvTUJV  eic  lä  liia  Kupiou  caßaujG  elccXrjXuGav. 

TT. 

400  ff.  (b  cpiXoi ,  ouK  Sv  ft^T€  KaiaKTeiveiv  dG^Xcijui 
TtiX^jlioxov  •  beivöv  bfe  t^voc  ßaciXriiöv  dcxiv 

KT€IV€IV. 

ähnlich  wie  hier  Amphinomos  spricht  David ,  als  sich  ihm  eine  gün- 
stige gelegenheit  bietet  Saul  zu  töten :  'fem  lasse  es  Jahve  sein,  dasz 
ich  solches  thue  an  meinem  herm,  am  gesalbten  Jahves,  meine  band 
an  ihn  zu  legen,  denn  der  gesalbte  Jahves  ist  er'  (1  Sam.  24,  7  vgl. 
11,  13  f.)  und  wehrt  später  seinem  begleiter  Abisai  eine  solche  that 
mit  den  worten  ^bringe  ihn  nicht  um !  denn  wer  legt  seine  band  an 
den  gesalbten  Jahves  und  bleibt  ungestraft?'  (^26,  9  vgl.  23).  die 
königin  Isebel  fragt  den  ihr  als  feind  nahenden  Jehu :  ^gieng  es  wohl 
Simri,  dem  mörder  seines  herm?'  (2  Kön.  9,  31). 

217  f.  vOv  jLifcv  bf|  jLidXa  irdTXv^  KttKÖc  kuköv  fiini^d2l€i , 
übe  aici  töv  öfioiov  äf^i  Gcöc  übe  töv  öfioTov. 


MErenkel:  biblieche  parallelen  zu  Homeros.  41 

vgl.  Matth.  15,  14  TuqpXöc  bk  TUcpXöv  täv  öbiit^,  d)iq)ÖT€poi  €ic 
ßoOuvov  irecoOvTQi.  Luc.  6,  39  juriTi  biivaiai  lucpXöc  TixpXov 
öbTiY€iv; 

c. 

388  f.  (Odjsseus  zu  der  ihn  schmähenden  magd  Melantho:) 
fj  Tdxa  TiiXe^dxip  dpeuj,  kuov,  oV  dTopeüeic, 
K€Tc*  dXGiiv ,  iva  c'  aööi  bid  jueXeicxi  TdjLiijciv. 
vgl.  1  Sam.  15,  33  ^Samuel  hieb  Agag  in  stücke  vor  Jahve  zu 
Oilgal.'    Susanna  v.  59  jiievei  6  dTT^Xoc  toö  0€oO  ifjv  ßojucpdav 
IXMJV^  npicai  ce  |i&ov ,  öttuüc  ÖoXo6p€ucij  u^äc.   Matth.  24,  50  f. 
(Luc.  12,  46)  f\H\  6  Kupioc  xoO  bouXou  dKcivou  iv  f)|i€pqi  fj  ou 
TrpocboKqi  Kai  dv  üjpqi  fj  oO  twu)ck€i,  koi  bixoTOjiirjcei  adröv  usw. 

T. 

27  f.  EeTvoc  ob'*  ou  tdp  deptöv  dv^EojLiai  öc  k€v  d^fic  T€ 
XoiviKOC  fitmiTai,  kqi  tt]Xö0€V  €IXtiXou6u)c. 
die  griechische  redensart  entspricht  der  biblischen  ^der  mein  brot 
isset*  (psalm  41,  10),  ol  €c9ovT€C  töv  dpiov  fiou  (Jesus  Sirach 
20,  15  [Übersetzung  aus  dem  hebräischen]). 

85  ff.  br\  TÖT€  TriX^^axoc  npocecpiiveev  öv  naT^p*  aTnia* 
€(!)  irdTcp,  fj  jLi^tct  OaujLia  TÖb'  öcpOaXfioiciv  öpujfiai. 
ilim\c  )iOi  ToTxoi  ^eTdptüv  xaXai  t€  ^ecöb)iai 
ciXdrivai  t€  boKOi  xal  Kiovec  uhiöc'  €xovt€c 
cpaivovT*  ö(p0aX|ioTc  ibc  et  irupöc  alGoM^voio. 
fj  |idXa  TIC  6€Öc  f vbov ,  o*i  oupavöv  eupuv  ^xo^^iv.» 
vgl.  2  Mose  3 ,  2  Ma  erschien  ihm  (Moses)  der  engel  Jahves  in  einer 
feuerflamme  aus  dem  husche ,  und  er  schaute  und  sieh ,  der  husch 
brannte  mit  feuer  und  der  husch  ward  nicht  verzehrt.'  aus  dem  NT. 
ist  die  erzählung  von  der  ausgieszung  des  heiligen  geistes  zu  verglei- 
chen; wo  es  von  den  aposteln  heiszt:  ujcpGricav  auTOic  biafi€pi2[ö)ievai 
TXuüCcai  ibcei  Trupöc,Kai  dKdGicev  ^qp'  ?va  ?KacTOV  auTUJv(Apg.  2, 3). 
406  ff.  ir\y  b'  aör'  AutöXukoc  dTra^eißeTO  cpuJVTicdv  le  • 

«TCtMßpöc  iiiöc  GÜYöTep  t€,  ti0€c9'  dvo|i'  öm  k€V  eiiruj. 
TToXXoiciv  Tdp  ?TWJT€  öbuccdjiievoc  TÖb*  iKdvuj , 
dvbpdciv  T^bfe  t^vaiÄv  dvd  xöova  TrouXußÖTeipav  • 
Tqj  b'  'Obuceijc  övo|i*  ?ctu)  ^Truivufiov. » 
so  erhält  Isaak  seinen  namen  (hebr.  Jizhdq  von  zdhaq  ^lachen')  nach 
der  einen  erzählung  davon ,  dasz  bei  der  vorherverkündigung  seiner 
gehurt  die  hochbetagten  eitern  Abraham  und  Sara  lachen  (1  Mose 
17,  17.  18,  12  ff.) ,  nach  der  andern  davon,  dasz  bei  seiner  geburt 
selbst  Sara  spricht:  'lachen  hat  mir  gott  bereitet,  wer  es  hören  wird, 
wird  mein  lachen'  (ebd.  21,  6). 
594  ff.  (Penelope :) 

dXX'  fJTOi  jii€V  dTihv  ÜTrepiiiov  eicavaßSca 
X^HojLiai  elc  cuvr|v,  f^  ^oi  ciovoecca  t^tuktoi, 
alei  bdKpuc'  d|Lioici  rrecpupiLi^VTi ,  H  oij  'Obucceuc 
iIiX^T*  ^TTOHiöjLievoc  KaKOiXiov  ouk  6vo|LiacTriv. 


42  MErenkel:  biblische  parallelen  zu  Uomeroe. 

vgl.  psalm  6,  7  'ich  ermüde  mich  mit  meinem  seufzen,  schwemme 
jede  nacht  mein  bette,  mit  meinen  thränen  netze  ich  mein  lager.' 

u. 

66  ff.  ibc  b'  ÖT€  TTavbap^ou  KOiipac  dvAovTO  GueXXar 
T^ci  TOKTiac  ^fcv  (pGTcav  0€oi,  al  b'  dXiTrovTO 
öpcpavai  iv  |Li€Tdpoici,  KÖmcce  bi  bV  'Acppobiiri 

TUPUJ  KQl  jLl^XlTl  TXUKCpUJ  KOl  f)b^l  OIVUJ. 

milch  und  honig  waren  auch  bei  den  Hebräern  beliebte  nahrungs- 
mittel,  besonders  iHr  kleine  kinder.  vgl.  Jes.  7, 14  f.  *bieh,  die  Jung- 
frau wird  schwanger  werden  und  einen  söhn  gebären  und  seinen 
namen  nennen :  gott  mit  uns  (Immanuel),  milch  und  honig  wird  er 
essen,  bis  er  weisz  das  böse  zu  verwerfen  und  das  gute  zu  erwählen.' 
y.  21  f.  ^es  geschieht  zu  selbiger  zeit,  hält  jemand  eine  junge  kuh 
und  ein  paar  schafe,  so  geschiehts  dasz  er  von  der  menge  gewonnener 
milch  rahm  isset,  denn  milch  und  honig  wird  jeglicher  essen,  der  im 
lande  übrig  bleibt.' 

78  ff.  €Öt'  'AcppobiTTi  bia  7rpoc^cTix€  ^ttKpdv  "OXufiTrov 
KOupr|c  aiificouca  leXoc  GaXepoTo  tqmoio  , 
ic  Aia  TepiTiK^pauvov  —  6  f&p  t'  cö  olbev  fiiravia, 

jLlOipdv  t'  d^^OpiTlV  T€  KttTaöVTlTUJV  dvGpiüTTUJV  — , 

TÖcppa  bl  Tdc  Koupac  äpiruiai  dviipeiHiavTC 
Kai  {>'  fbocav  CTUTcpiäciv  dpivuciv  djLicpiTroXeueiv. 
die  töchter  des  Pandaros  büszen  so  für  die  frevel  ihres  vaters  (s.  Fäsi 
zdst.).  nach  althebräischer  anschauung  musten  gleichfalls  die  nach- 
kommen, und  zwar  bis  ins  dritte  und  vierte  glied,  stellvertretend  für 
die  Sünden  ihrer  straflos  gebliebenen  oder  nicht  hinlänglich  ge- 
straften vorfahren  büszen  (2  Mose  20,  5.  34,  7.  4  Mose  14,  18. 
Hiob  ö,  3f.  20,  10.  21,  19.  Jes.  14,  21.  Jer.  15,4.  32, 18.  Klagel. 
5,  7.  Hos.  4,  6.  Amos  7, 17)  oder  doch  zu  ihrer  eignen  sündenschuld 
noch  diejenige  ihrer  vorfahren  auf  sich  nehmen  (3  Mose  26, 39.  Jes. 
65,  6f.  Jer.  16,  lOff.  Dan.  9, 16).  diese  ansieht  wurde  später  von  dem 
Volke  verspottet  und  von  dem  propheten  Ezechiel  ermäszigt  (cap.  18). 
97  ff.  All  b'  cöHqto  x^ipctc  dvacxiwv  • 

«Zeö  Tidicp,  cT  ^  dGAovTCC  inX  tpacpcprjv  t€  kqi  uTpf|V 
fitex'  d|Lif)v  ic  -faiaVy  iirei  ^'  dKaKiwcaie  XiT]v , 
cpriMnv  TIC  ^01  qpdcBuj  dT€ipojLi^vu)v  dvGpunruJV 
{vboGcv,  ^KTOcGev  bk  A\öc  x^pac  öXXo  cpavrJTUJ.» 
lue  ?(paT*  €uxö|Licvoc*  Toö  b*  ^kXu€  juriTieia  Zciic, 
auTiKa  b'  ißpövTTiccv  dTT*  aiTXr|€VTOc  'OXiijUTrou , 
uipöGcv  ^K  vccp^ujv  TnGnce  bk  bioc  *Obucc€Üc. 
(prjjLinv  b'  iH  oiKOio  Twvf)  irpo^TiKev  dXcipic 
TrXriciov  usw. 
ähnlich  spricht  Gideon   zu  Jahve:    'habe  ich  gnade  gefunden  in 
deinen  äugen,  so  gib  mir  doch  ein  zeichen,  dasz  du  mit  mir  redest', 
und  auch  in  diesem  falle  folgt  die  erfUllung  der  bitte  auf  dem  fusze, 
(Richter  6,  17  ff.). 


MKrenkel:  biblische  parallelen  zu  Homeros.  43 

<p. 

ao  ff.  TToXXfjv  öböv  fiXeev  'Obucceuc 

naibvöc  diiv  *  irpö  Totp  ^k€  Traifip  äXXoi  t€  T^poviec. 
"IcpiTOc  aö9'  tTTTTOuc  biZri|i€Voc,  a!  ol  öXovto 
bu)b€Ka  G/jXeiai,  önö  b'  f||iiovoi  ToXaeptoi* 
Tgl.  1  Sam.  9,3  ^es  giengen  Eis ,  dem  vater  Sauls ,  eselinnen  ver- 
loren, und  Eis  sprach  zu  Saul  seinem  söhne :  «nimm  doch  mit  dir  einen 
Yon  den  knappen  und  mache  dich  auf,  geh,  suche  die  eselinnen.»' 

X. 
380  ff.  TepTTidbiic  b'  ?t'  doiböc  äXucxave  Kr\pa  ^^Xaivav, 
cWi^ioc,  6c  ^'  fjeibe  jueia  ^VT]CTfipciv  dvctTKij. 
€cTTi  b*  ^v  X€ip€cciv  €x^v  cpöpjLiiTTCt  XiTCiav 
ÄTX»  ''tttp*  öpcoöupiiv  bixa  bi  cppeci  ^epiiifipiZicv, 
f\  iKb\)C  |Li€Tdpoio  Aiöc  ^€TdXou  TTOTI  ßUJjLlÖV 

dpKeiou  KoiTO  TCTUTM^vov ,  €v0'  dpa  TroXXd 
Aa^pTT]c  'Obucevjc  t€  ßoÄv  inX  jUTipi'  f KT]av , 
fj  Touvujv  XiccoiTo  npocaiEac  'Obucf]a. 
auch  bei  den  Hebräern  galt  der  altar  als  asjlstätte,  und  verfolgte, 
welche  seine  hömer  umfaszten,  durften  nur  dann  mit  gewalt  von 
ihm  entfernt  oder  an  ort  und  stelle  getötet  werden,  wenn  sie  vor- 
sätzlich einen  mord  begangen  hatten  (2  Mose  21, 14.  1  Eon.  1,  50  ff. 
2,  28  ff.). 

V- 

10  ff.  68  ff.  Wie  sich  hier  Penelope  gegenüber  der  ihr  die  bot- 
Schaft  von  Odjsseus  heimkebr  bringenden  Eurykleia  ungläubig  ver- 
hält, ganz  ebenso  Jakob  bei  empfang  der  nachricht,  dasz  sein  söhn 
lebe  und  herscher  über  Ägypten  sei  (1  Mose  45,  26  'sein  herz  blieb 
kalt,  denn  er  glaubte  ihnen  nicht'). 

118  ff.  KQi  tdp  TIC  0'  2va  qpiIiTa  KataKTcivac  dvi  bri^uj , 

IJJ  |Llf|  TTOXXoi  f UJCIV  doCCntflpCC  ÖTTICCUJ , 
qpeUTCl  TTTIOUC  T€  TTpoXlTTlbv  Kttl  TTaTpiba  Tcticxv 

f]|Li€Tc  b'  fe'pjiia  7r6XT]oc  dTr^KTajiiev ,  ol  m^t'  dpicTOi 

Koüpujv  eiv  iGdKij. 
hier  wird  die  sitte  der  blutrache  vorausgesetzt,  welche  auch  dem 
hebräischen  altertum  nicht  fremd  war:  vgl.  1  Mose  4,  15  'so  jemand 
Kain  ermordet,  soll  es  siebenfältig  gerochen  werden.'  v.  24  'ja, 
siebenfältig  ward  Kain  gerochen,  doch  Lamech  siebenundsiebzig- 
fältig.'  9,  6  'wer  menschenblut  vergieszet,  durch  menschen  soll  sein 
blut  vergossen  werden.'  um  die  alte  sitte  einzuschränken,  bestimmte 
das  gesetz  sechs  städte  als  asjlorte,  in  die  derjenige,  welcher  unab- 
sichtlich  einen  menschen  getötet  hatte  ^  fliehen  konnte  und  deren 
grenzen  er  dann  bis  zum  abieben  des  eben  im  amte  stehenden  hohen- 
priesters  nicht  verlassen  durfte ,  widrigenfalls  der  blaträcher  befugt 
war  ihn  zu  töten  (2  Mose  21,  13.  4  Mose  35,  6.  9  ff.  5  Mose  4,  41  ff. 
19,  1  ff.  Jos.  20). 


44     FRühl:  anz.  v.  CCichorius  de  fastis  consularibud  antiqaisaimig« 

802  ff.  TÖv  b'  d7Tajii€ißö^€voc  irpoc^qpn  ttoXujlititic  'Obucceuc* 
«TOiTap  ifd)  TOI  irdvia  ^dX*  dipcK^ujc  KaraXäu). 
€l^i  jLifev  iH  'AXußavTOC,  ö0i  KXuid  biwjLiata  vaiiu , 
ulöc  'AqpeibavTOc  TToXuTrriMOVibao  dvaKioc* 
aurdp  €|iOiT*  övo^*  dcTiv  'Etttipitoc.» 
der  letzte  dieser  bedeutsamen  namen  (s.  Fäsi  zdst.)  deckt  sich  yOllig 

mit  dem  namen  des  alttestamentlichen  dulders  Hiob  {J(jöh^  nach  der 
wahrscheinlichsten  erklär ung  ^der  angefeindete'). 

Dresden*  Max  Krenkel. 


DE     FA8TIS     CONSULARIBUS      ANTIQUI88IMIS     SCRIPSIT     CONRADUB 

CiCHORius.  Lipsiae  typis  I.  B.  HirBchfeldi.  MDCCCLXXXVL 
Separatabdruck  aus:  Leipziger  studien  zur  classischen  philologie 
herausgegeben  von  0.  Ribbeck,  H.  Lipsius,  C.  Wachsmath, 
neunter  band.    Leipzig,  verlag  von  S.  Ilirzel.    1887.    s.  171 — 262.    8, 

Diese  sorgföltige  und  scharfsinnige  doctordissertation  hier  kurz 
zur  anzeige  zu  bringen  bestimmt  uns  die  Wichtigkeit,  welche  den 
darin  vorgetragenen  kritischen  Untersuchungen  für  einige  gmnd- 
fragen  der  forschung  über  die  älteste  römische  geschichte  zukommt, 
ein  teil  der  von  dem  vf.  gewonnenen  ergebnisse  ist  durchaus  neu 
und  weicht  stark  von  dem  bisher  allgemein  angenommenen  ab;  die 
begründung  aber  ist  derartig,  dasz  jeder,  der  auf  diesem  gebiete 
thätig  ist,  wohl  oder  übel  dazu  wird  Stellung  nehmen  müssen,  es 
lohnt  sich  also  die  aufmerksamkeit  auch  eines  weitern  kreises  darauf 
zu  lenken,  an  Widerspruch  wird  es  kaum  fehlen;  so  weit  wir  zur 
zeit  zu  urteilen  vermögen ,  glauben  wir  indessen  alles  wesentliche 
in  den  ausführungen  des  vf.  für  durchaus  richtig  halten  zu  sollen, 
hervorgehoben  mag  übrigens  werden,  dasz  dem  vf.  einige  glücks- 
fälle  zu  statten  gekommen  sind,  wie  sie  jungen  gelehrten  nur  selten 
zu  teil  werden,  so  war  er  zb.  in  der  läge  die  capitolinischen  fasten 
im  original  einzusehen  und  die  Bergmannsche  collation  des  Diodor- 
codez  von  Patmos  zu  benutzen. 

Cichorius  nimt  an  dasz  eine  gleichzeitige  aufzeichnung  der  ober- 
sten beamten  schon  im  dritten  Jh.  Roms  stattgefunden  habe,  und  wir 
glauben  ihm  beistimmen  zu  müssen,  wenngleich  manche  der  von  ihm 
vorgebrachten  argumente  nicht  sehr  ins  gewicht  fallen  oder  in  ihrem 
werte  bestreitbar  sind,  wenigstens  der  hin  weis  auf  die  annäles  maximi 
wird  denjenigen  forschem,  welche  über  den  Ursprung  dieser  annalen 
wie  Nitzsch  denken,  vollkommen  wertlos  erscheinen,  dagegen  möch- 
ten wir  die  polemik  gegen  Jordans  behauptung  hervorheben,  dasz 
formen  wie  VetusH  und  Papisii  nie  existiert  hätten,  und  die  ab- 
weisung  der  notiz  des  Pomponius,  dasz  Appius  Claudius  zuerst  den 
rhotacismus  durchgeführt  habe,    es  ist  in  der  that  wunderbar,  dasz 


FBühl:  anz.  v.  CCichorius  de  fastis  consularibus  antiquissimis.     45 

es  noch  immer  ernsthafte  gelehrte  gibt ,  welche  auf  solche  notizen 
Tiepl  €UpilMdTU)V  gewicht  legen,  nachdem  sie  sich  doch  so  unzählige 
male  als  falsch  und  willkürlich  herausgestellt  haben. 

Nun  steht  seit  Mommsens  aufsatz  ^über  die  römischen  eigen- 
namen'  wohl  fest,  dasz  cognomina  in  officiellen  aufzeichnungen  nicht 
vor  der  mitte  des  fünften  jh.  d.  st.  vorkommen;  Cichorius  führt  die 
Untersuchung  weiter  und  zeigt,  dasz  auch  die  annalisten  bis  auf 
Valerius  Antias  für  die  ältere  zeit  keine  cognomina  aufgeführt  haben 
und  dasz  in  der  that,  wie  Nitzsch  behauptete,  Licinius  Macer  der 
erste  ist ,  welcher  den  oberbeamten  der  früheren  Jahrhunderte  drei 
namen  gibt,  gelegentliche  anführung  von  cognomina  wird  man 
indessen  kaum  leugnen  können.  Cich.  will  zwar  (s.  183)  einen  inter- 
essanten fall  der  art  beseitigen ;  indem  er  dem  Calpurnius  Piso  die 
letzten  worte  des  fr.  24  bei  Peter  abspricht  (sie  lauten  bei  Dionysios 
AB.Xn  4:  iK  toutou  Kai  Tfjv  d7TU)VU|iiav  Tf|V  "AXav  aÜTiu  xeöfivai 
X^TOUciv,  ÖTi  TÖ  Hiqpoc  fx^^v  uttö  ^dXT]C  fjXGev  inx  töv  fivbpa. 
dXac  TOip  KaXovci  *Pw)iaToi  Tdc  fidXac);  allein  er  ist  dabei  ent- 
schieden im  unrecht,  denn  Dionysios  gibt  ausdrücklich  an,  er  wolle 
hier  den  bericht  des  Cincius  und  des  Calpurnius  mitteilen,  oi  qpaciv 
usw.  darauf  folgt  der  bericht  selbst  im  acc.  mit  inf.  und  mit  einem 
nochmaligen  qpaci  beim  beginn  einer  neuen  periode ,  das  fraglos  auf 
Cincius  und  Calpurnius  geht,  und  dann  endlich  kommen  die  fraglichen 
worte.  es  ist  demnach  nicht  wohl  möglich ,  dasz  ein  unbefangener 
leser  an  ein  anderes  subject  für  X^youciv  denke  als  an  jene  beiden 
annalisten.  auch  hielt  ja  Dionysios  den  bericht  derselben  für  wenig 
glaubwürdig,  und  es  ist  daher  nicht  anzunehmen,  dasz  er  eine  etymo- 
logie  des  namens  Ahala  als  landläufig  anführe,  welche  mit  dieser  von 
ihm  verworfenen  version  der  erzählung  aufs  engste  zusammenhängt, 
dagegen  bei  der  andern,  welche  er  für  glaubwürdiger  hält,  einfach 
unmöglich  ist. '  wenn  aber  Cich.  gar  die  'etymologica  cognominis 
Ahalae  explicatio'  dafür  geltend  macht,  dasz  der  fragliche  satz  nicht 
aus  Piso  stammen  könne,  so  hat  er  übersehen,  dasz  Piso  im  gegen- 
teil  etymologien  gerade  geliebt  zu  haben  scheint  (vgl.  fr.  1.  43. 
44.  45).'    auch  einige  andere  bemerkungen  in  diesem  capitel  lassen 

'  überliefert  ist  allerdings  nicht,  wie  in  unsern  ausgaben  steht, 
6  boKiIiv  fJTTOv  elvai  jioi  niöavöc  Xötoc,  CD  Kixpryrai  (oder  KdxpTlvxai) 
KlyKioc  Kai  KaXnoOpvioc  dTrix^i^pioi  cuYTpa^ptic,  vielmehr  steht  in  der 
hs.  ip  K^xpiTai  KipKeoc  Kai  KaXiroupvivoc.  allein  man  wird  daraus  doch 
kaum  etwas  anderes  herstellen  können.  Mommsens  Vorschlag  (röm. 
forsch.  II  8.  199)  di  k^xP^tch  AcOkiöc  t€  KaXiroOpvioc  Kai  (SXXoi  cuxvol 
CUTTpo<peic  ist  so  unwahrscheinlich  wie  möglich  und  scheint  ihn  selbst 
nicht  zu  befriedigen,  zwei  quellen  musz  man  wegen  des  zweimaligen 
(paciv  auf  alle  fälle  annehmen;  mehr  als  zwei  anzunehmen  ist  schon 
deshalb  mislich,  weil  dann  Dionysios  seine  ablehnung  eines  von  einer 
ganzen  reihe  von  zeugen  bestätigten  berichts  doch  wohl  näher  hätte 
motivieren  müssen.  '  es  mag  bei  dieser  gelegenheit  hemerkt  werden, 
dasz  Mommsens  behandlung  der  erzählung  von  ISp.  Maelius  (röm.  forsch. 
II  s.  199  ff.)  keineswegs  völlig  überzeugend  ist.  mir  wenigstens  scheint 
Piso  nicht  die  ältere  form  der  erzählung  wiederzugeben,  sondern  eine 
jüngere,  welche  eben  aus  einer  etymologie  des  cognomeus  Ahala  heraus- 


/l 


■  I 


46     FRübl :  anz.  v.  CCichorias  de  fastis  consularibus  antiquissimiB. 

sich  bestreiten,  und  wir  wollen  nicbt  unterlassen  der  hier  wiede 
bolten  Peterschen  bebauptung,  Plutarch  habe  den  stoff  zu  seine 
Camillus  aus  Dionjsios  entnommen,  ausdrücklieb  zu  widerspreche 
Jedenfalls  sind  aber  in  den  fasten  als  solchen  cognomina  nie 
vor  Licinins  Macer  nachweisbar,  und  will  man  nun  feststellen,  ^ 
die  cognomina  in  die  fasten  hineingekommen  seien,  so  wird  man  z 
nächst  die  verschiedenen  erhaltenen  beamtenlisten  einzeln  und  in  b 
zug  auf  ihr  Verhältnis  zu  einander  untersuchen  müssen.  Livius  ni 
Dionysios  kommen  dabei  nicht  eigentlich  in  betracbt,  da  ihre  list« 
bekanntlich  keinen  einheitlichen  Ursprung  haben,  und  ebenso  scheid 
der  Chronograph  von  354  als  ein  bloszer  epitomator  der  capitolii 
sehen  fasten  aus.  Mommsen  hat  aber  diese  letzteren  auch  für  d 
qmelle  des  Idacius  und  des  chronicon  paschale  erklärt  und  die  fast 
des  chronicon  paschale  zugleich  für  eine  griechische  übersetzui 
eines  lateinischen  Originals,  welches  durch  Idacius  erhalten  » 
beides  bestreitet  Cichorius.  die  Urquelle  des  Idacius  und  des  ehr 
nicon  sei  allerdings  ein  lateinisches  Verzeichnis,  aus  diesem  aber  g 
durch  eine  anzabl  von  mittelgl ledern  ein  griechisches  geflossen,  w< 
ches  das  chronicon  im  wesentlichen  wiedergebe,  während  bei  Idaci 
eine  lateinische  Übersetzung  dieser  beamtenliste  vorliege,  das  ist  d 
hauptsache  nach  richtig,  der  Verfasser  des  chronicon  paschale  kai 
nicht  wohl  aus  Idacius  geschöpft  haben,  da  er  einiges  mehr  ui 
einiges  besser  bietet  als  dieser  (Cicb.  hat  nicht  alle  stellen  angefühi 
die  sich  dafür  geltend  machen  lassen) ,  und  die  fehler  des  chronica 
lassen  sich  auch  nicht  auf  eine  lateinische  vorläge  zurückführe 
eine  gemeinsame  quelle  liegt  indessen  unzweifelhaft  vor,  und  die 
musz  griechisch  gewesen  sein,  das  zeigen  nicht  nur  die  cognomii 
bei  Idacius  ^Sapiens'  statt  'Sopbus'  zum  j.  486  und  ^Porphyrie 
statt  Turpureo'  zum  j.  558,  von  denen  Mommsen  (rOm.  chronologi 
s.  113  anm.  119)  freilich  dem  erstem  ohne  angäbe  seiner  grttn< 
die  beweiskraft  abgesprochen  hat ,  sondern  auch  die  corruptelen  fa 
Idacius.  nur  die  massenhaften  Verwechselungen  von  h  und  v  hftt 
Cich.  nicht  zur  stütze  seines  satzes  anführen  sollen;  wer  sich  jema 
mit  altern  spanischen  handschriften  beschäftigt  hat,  wird  diese  ff 
ähnliche  barbarismen  so  unendlich  oft  angetroffen  haben,  dasz  < 
nur  das  spanische  vulgär  dafür  verantwortlich  zu  machen  geneij 
sein  wird.'  aufgefallen  ist  uns  auszerdem,  dasz  Cich.  für  seine  untc 

gesponneu  ist  and  welche  die  tendenz  verfolget,  daii  verfahren  geg< 
Tib.  Gracchus  durch  einen  präc eilen z fall  zu  beschönigen,  der  in  sii 
lieber  wie  in  rechtlicher  besiehun^  womöglii-h  noch  mehr  anstosz  darb« 
die  ursprünirliche  erzählung  aus  den  wahrscheinlich  manigfaltig  cont 
roinierten  berichten,  welche  uns  heute  vorliegen,  im  einzelnen  herau 
zuschülen  ist  schwierig  und  yielleicht  nicht  mehr  mit  Sicherheit  möglic 
ich  bemerke  nur  noch,  dasz  die  juristischen  ausführungen  Mommsens  a 
8.  201  anm.  103  mir  mit  den  von  ihm  seihst  citierten  stellen  seines  Staat 
rechts  (II'  s.  15.  691)  in  unlösharem  Widerspruche  zu  stehen  scheine 
*  dasz  im  chronicon  paschale  zum  j.  430  dvTiYpa9€UC  steht,  b 
Idacius  dictator^  scheint  mir  nach  keiner  Seite  hin  etwas  zu  beweise 
da  sich  damals  die  begriffe  dvTiYpa9eOc  und  dictator  wirklich  deckte 


FBühl:   anz.  v.  CCichorius  de  fastis  consularibus  antiquissimiB.     47 

sucliungen  nicht  auch  die  späteren  teile  des  Idacius  und  des  chro- 
nicon  paschale  herangezogen  hat;  es  würde  sich  da  einiges  ergeben 
haben,  das  fELr  ihn  voraussichtlich  nicht  ohne  wert  gewesen  wäre,  und 
die  arbeit  von  GKaufmann  im  Philologus  XXXIV  s.  235  ff.  bietet 
auch  für  diese  Forschungen  manchen  nützliclien  fingerzeig. 

Die  gemeinsame  quelle  des  Idacius  und  des  chronicon  paschale 
kann  nun  aber  auch,  wie  Cich.  weiter  zeigt,  nicht  wohl  aus  den 
capitolinischen  fasten  geflossen  sein ,  da  sich  mehr^ch  verschiedene 
cognomina,  ja  sogar  ganz  andere  consulpaare  finden,  der  beweis 
wird  zwingend  durch  eine  andere  betrachtung,  welche  zugleich  auf 
den  Ursprung  der  Idacianischen  fasten  hinleitet.  Idacius  und  das 
chronicon  paschale  geben  bekanntlich  nur  ein  einziges  cognomen, 
während  die  fasti  capitolini  deren  sehr  oft  mehrere  anführen ,  und 
Mommsen  nahm  daher  an^  Idacius  habe  einfach  eine  auswahl  unter 
den  von  seiner  vorläge  dargebotenen  cognomina  getroffen,  nun 
zeigt  sich  aber ,  dasz  unsere  beiden  Verzeichnisse  überall ,  wo  Dio- 
nysios  ein  cognomen  bietet^  mit  diesem  übereinstimmen  und  ebenso 
seit  309  d.  st.  mit  Livius ,  eine  Übereinstimmung  welche  auf  zufall 
nicht  beruhen  kann  und  die  capitolinischen  &.sten  als  quelle  aus- 
schlieszt.  da  nun  aber  nach  den  forschungen  von  Nitzsch  angenom- 
men werden  darf,  dasz  die  cognomina  bei  jenen  beiden  historikern 
auf  Licinius  Macer  zurückgehen,  so  erscheint  dieser  auch  als  die  Ur- 
quelle der  fasten  des  Idacius  und  des  chronicon  paschale.  damit  ist 
ein  fester  punkt  für  weitere  forschungen  gewonnen,  dessen  volle  be- 
deutung  sich  so  ohne  weiteres  noch  gar  nicht  übersehen  läszt.  nur 
wird  man  wohl  thun,  nicht  mit  Cich.  zu  sehr  auf  die  andere  be- 
hauptung  von  Nitzsch  zu  bauen,  dasz  Livius  seine  quellen  nicht  con- 
taminiere,  sondern  immer  auf  längere  strecken  demselben  autor  folge. 

Die  fasten  des  Diodor^  denen  sich  darauf  die  Untersuchung 
zuwendet,  sind  sehr  eigentümlicher  art.  bis  zum  j.  327  bietet  Diodor 
sehr  häufig  drei  namen,  von  da  ab  nur  höfhst  selten,  auffallender- 
weise kommen  in  seinen  historischen  notizen  immer  nur  zwei  namen 
vor  und  auch  dann,  wenn  dieselben  personen  in  den  fasten  mit  einem 
cognomen  aufgeführt  werden,  noch  auffallender  ist,  dasz  Diodor  im 
lln  und  12n  buche  auch  sonst  hinsichtlich  der  namen  in  der  ge- 
schieh tsei*zäblung  mehrfach  von  seinen  fasten  abweicht,  während  uns 
später  dergleichen  nicht  mehr  begegnet,  diese  merkwürdige  that- 
sacbe  läszt  sich  nur  erklären,  wenn  wir  Diodor  zwei  quellen  zu- 
schreiben, von  denen  er  die  eine  für  die  geschichtserzählung  und  die 
fasten  der  spätem  zeit  (ohne  cognomina) ,  die  andere  für  die  fasten 
der  frühem  epocbe  verwertete,  für  die  erstere  quelle  nimt  auch 
Cich.  einen  der  altern  annalisten ,  in  bezug  auf  die  zweite  hat  ihm 
Wachsmuth  eine  Untersuchung  beigesteuert  (s.  214  ff.),  in  welcher 
unseres  erachtens  zur  evidenz  gebracht  wird,  dasz  wir  es  hier  wie 
bei  den  litterarbistorischen  notizen  mit  Kastor  von  Rhodos  zu  thun 
haben,  der  seinerseits  wahrscheinlich  die  buchausgabe  der  annales 
maximi  benutzte. 


48     FRühl:  anz.  v.  CCichorius  de  fa&tis  consularibus  antiquiBBimis. 

Weiter  wird  dann  das  verfahren  erörtert,  durch  welches  Mao 
und  Elastor  (oder  dessen  quelle)  die  cognomina  der  beamten  d 
frühem  zeit  fanden  und  erfanden,  sie  nehmen  meist  eben  diejenige 
cognomina,  welche  in  der  betreffenden  gens  später  üblich  wäre 
und  pflegen  ausgestorbenen  patriciergeschlechtern  die  cognomina  no« 
später  blühender  gleichnamiger  plebejischer  gentes  zu  geben,  i: 
folge  dessen  stimmen  sie  zuweilen  überein,  während  sie  in  andei 
fällen  stark  von  einander  abweichen,  ein  schönes  beispiel  solch 
abweichung  bieten  die  cognomina  Sabinus  und  Regillanus  bei  d( 
Claudiern  (s.  224),  worauf  wir  um  so  mehr  hinweisen  zu  soll 
glauben,  weil  die  einfache  hier  vorgetragene  erkläi*ung  einige  nng 
mein  geistvolle ,  aber  zu  schweren  bedenken  anlasz  gebende  hyp 
tbesen  Mommsens  stark  zu  erschüttern  geeignet  ist. 

Wie  steht  es  nun  aber  endlich  mit  den  capitolinischi 
fasten ;  dieser  officiellen  redaction  der  magistratstafel?  es  mu 
von  vom  herein  als  verdächtig  betrachtet  werden,  dasz  sich  hi 
cognomina  und  genealogische  notizen  bereits  für  die  älteste  z< 
finden ;  es  musz  noch  bedenklicher  machen ,  dasz  die  capitolinisch 
fasten  gar  doppelte  cognomina  schon  in  alter  zeit  haben,  währei 
zahlreiche  beis^piele  lehren ,  dasz  bis  in  ziemlich  späte  jahrhundei 
hinab  der  erwerb  eines  neuen  cognomens  den  vcrlust  des  alten  z 
folge  zu  haben  pflegte,  welche  quellen  können  denn  überhaupt  die 
fasten  haben?  gleichzeitige  aufzeichnungen  können  es  nicht  sei 
denn  dasz  vor  dem  fünften  jb.  d.  st.  die  cognomina  in  officiellen  ai 
Zeichnungen  nicht  vorkamen  steht  fest,  und  aus  commentarii  domest 
oder  dergleichen  können  sie  auch  nicht  wohl  entnommen  sein,  da 
sich  für  die  ältere  zeit  vielfach  um  früh  ausgestorbene  geschlechl 
handelt,  eine  von  Cich.  angestellte  vergleicbung  mit  den  andern  l 
amtenverzeichnissen  ergibt  nun  das  resultat,  dasz  die  capitolinisch 
fasten  einfach  eine  contamination  der  fugten  des  Macer  und  der  v 
Uiodor  bis  328  benutzten  sind,  damit  erklärt  bich  denn  auch  < 
Übereinstimmung,  die  Mommsen  zwischen  ihnen  und  den  fasten  c 
Idacius  so  auffiel;  für  die  brauchbarkeit  der  capitolini-schcn  magistra 
tafel  aber  ibt  das  resultat  sehr  trübselig,  der  schlusz  auf  die  gen< 
logischen  notizen  liegt  nahe,  und  Cich.  hat  denn  auch  im  einzeln 
ihre  un/.uverläasigkeit  nachgewiesen. 

Das  schlu>/capitel  boäcbäftigt  bich  mit  dem  Ursprung  der  ca 
tolinischen  fasten  und  kommt  zu  demselben  resultate  wie  Matz 
dasz  nemlich  ihre  einzige  quelle  der  annalis  des  Atticus  sei.  es  wi 
sich  gegen  die  vorgebrachten  gründe  wenig  einwenden  lassen,  c 
gleich  sie  nicht  alle  gleich  gut  sind,  und  mit  recht  macht  der 
darauf  aufmerksam,  wie  es  sich  bei  diesem  Ursprung  der  capitoli: 
scheu  fasten  am  leichtesten  erkläre,  dasz  unsere  schriftstellerisc 
Überlieferung'  des  merkwürdigen  denkraals  nirgends  erwähnung  th 

KöNiosi'ERo.  Franz  Rüiil. 


HHitzig:  coniectanea  Pausaniaca.  49 

5. 

CONIECTANEA  PAUSANIACA. 


I  24,  8  AMichaelis  insolitam  creare  vult  verborum  composi- 
üonem  coniciens  TOiauTa  )li^v  auTÖc  auToTc  cujußaivovTa  efbov: 
solum  enim  reflezivum  iaxta  auTÖc  poni  potest  ut  lU  4,  5;  cum 
dativus  supervacaneus ,  subiectum  autem  premendum  sit,  restituen- 
dum  est  TOiaOra  jiifev  auTÖc  cujiißaivovTa  eTbov:  cf.I21,3. 1117,5. 
IV  16,  7. 

I  26,  5  IjLiipuxov  9uouciv  oub^v,  Tr^MjLiaTa  bk  Qivrec  oibkv  €ti 
otvip  XP^c^c^^i  vO|Ui2Iouciv.  sie  edd.,  oubev  Ti  Schubartus  et 
Walzius,  oöbe  fri  Thierschius;  Michaelis  recepit  SW.  coniecturam; 
nollem  fecisset,  oub^v  Ti  enim  contra  usum  Pausaniae  diceretur, 
qoi  hanc  vocularum  compositionem  non  coniungit  nisi  cum  adverbiis 
et  adiectivis:  cf.  I  26,  6.  31,  ö.  36,  5.  6.  II  25,  10.  III  19,  6.  25,  6. 
IV 10, 2. 35, 9  etc.  sed  etiam  oube  £ti  recedit  a  Pausaniae  consuetudine 
loquendi,  praeterea  i.T\  molestum  est.  nihil  aliud  exspectatur  nisi 
oubevt  äXXiu  xp^cacOai. 

I  33,  5  oÖTUJC  Al9ioTT€c  TroTajiiijj  fe  oubevl  TipocoiKOÖciv  f\ 
'QKCavu).  Siebelisii  coniecturam  f\  esse  exterminandum  nemo  pro- 
bavit,  qnamquam  qui  t\  retinet  luculenter  demonstrat  se  quid  Paus, 
velit  non  intellegere,  eorum  enim  sententiam  impugnat  Paus. ,  qui 
Aethiopas  Oceani  fluminis  accolas  esse  dicunt,  ad  Oceanum  enim, 
qui  mare  esset,  nonfiumen,  alios  habitare  populos,  Acthiopum  autem 
extremos  mare  rubrum  accolere,  alios  qui  urbem  Meroön  incolerent 
campumque  qui  Aethiopicus  appellaretur,  praeter  Nilum  neque  mare 
neque  aliud  fiumen  habere;  quorum  denique  fincs  ad  Nasamones 
usque  extenderentur,  et  ipsos  flumine  carere.  ergo,  ait  Paus.,  non 
sunt  Aethiopes  Oceani  fluminis  accolae:  quod  erat  demonstrandum, 
secundum  libros  autem  Paus,  hoc  dicit:  et  sie  Aethiopes  nullum 
flumen  aut  Oceanum  accolunt;  sed  hoc  minime  demonstravit,  cum 
contra  partem  eorum  ad  Nilum  habitare  dixerit. 

I  43,  3  ubi  haec  sunt  in  libris :  ^piüia  TpÖTTOV  Tiva  €ubai|tiovri- 
couci,  Dindorfius  (praef.  min.  p.  VIII)  coniecit  övTiva  collatis  his 
locis  18,5.  m  6 .  9.  12 ,  6.  IX  33,  4  (quibus  addo  II  7,  6.  IV 
27,  4.  32,  3),  quem  Schubartus  secutus  est;  vix  recte,  nam  simplex 
pronomen  relativum  vel  interrogativum  in  interrogationibus  in- 
directis  quae  dicuntur  interdum  a  Pausania  usurpari  constat.  manum 
igitur  retineo:  cf.  I  24,  8  TpÖTTUJ  bfe  ou  X^yo^ci  TTOitu,  praeterea 
I  20,  4  TTpoqpacic  jLifev  bi*  fivxiva  Tui^aioic  ^TToX^iiTice  Kai  öv  ipÖTrov 
eqs.  recte  igitur  IV  23,  5  (^ßouXeuovTO  ttoi  xPH  cxaXfivai)  Porsoni 
coniecturam  Öttoi  non  admittunt  editores;  quamquam  minus  apte 
Siebelisius  comparat  Xen.  Cyrup.  III  12  dTTOpUJV  ttoT  TpctTTOiTO,  in 
talibus  enim  rebus  non  quid  per  se  ferri  possit,  sed  quid  scriptoris 
consuetudo  flagitet  quaeritur. 

Ad  11  1,  2  pertinet  acuta  quam  fecit  Madvigius  observatio  (adv. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  18S8  hlt.  1.  4 


50  H Hitzig:  coniectanea  Pausaniaca. 

crit.  I  p.  26  ann.) ,  incommode  scriptum  esse  dvoiKicat  bk  Kai  Kap* 
Xn^öva  diTi  TTic  dpxfic  ttjc  auioO*  sed  quod  ipse  proponit  ävip- 
KicOai  be  Kai  Kapxriböva  lux  7f\c  dpxflc  iflc  aöxoö  (cf.  1 2,  2.  39,  6. 
41,  5.  II 18,  4),  non  omni  ex  parte  probo;  dvipKicdai  quidem  recipio 
sine  ulla  dubitatione,  cum  corrupta  quattuor  codicum  scriptura  dvuj- 
Kicai  commendetur,  sed  Tf)C  ante  auroO  delendum  est,  id  quod  facere 
non  verebuntur,  qui  quotiens  apud  Pausaniam  articulus  falso  aut 
omissus  aut  additus  sit  cognoverint.  sie  invita  grammaticallll?,  4 
editur  tüüv  bi.  fpYUJV  ÖTrö|LAVii|LAa  tuüv  d)Liq)OT^pu)V  *  delendum  poste- 
rius TÜJV  *  IV  1 ,  7  autem ,  cum  non  id  Pausanias  dicere  velit ,  illum 
Pandionis  filium  fuisse  Lycum ,  sed  Pandionem  Lyci  patrem  foisse^ 
scribendum  est  ujc  b^  TTavbiovoc  oijTOC  i^v  6  Aukoc,  male  igitor 
exhibetur  übe  be  6  TTavbiovoc  outoc  fjv  Aukoc  VI  4,  9  iv  t^ 
ßapßdpu)v  pro  ^v  ßapßdpiu  et  IV  4,  5  ^v  t^  dKeivou  pro  iv  ^Keivou 
scribendum  esse  non  est  quod  pluribus  demonstrem.  aliud  corrigi 
iubet  ratio  grammatica  II  1,  4  ubi  in  codd.  edd.  omnibus  haec  sunt: 
dvTaö9a  dxaT^pa  tujv  iriTÖuiV  töv  bcG^vra  dir'  aui^  cIXkc  ,  scrib. 
dq)'  auTrjv. 

II  3,  2:  e  foro  Corinthi  urbis  in  Lechaeum  euntibus  propylaea 
erant.  öXiTOV  bk  dirujT^puj  tOjv  irpoiruXaiujv  dcioGciv  iv  beEiqt 
dcTiv  'HpaKXfic  x<xXkoGc.  haec  me  non  intellegere  ingenue  &teor. 
manifestum  enim  est,  cum  Paus,  e  foro  in  Lechaeum  eat,  h.  e.  in 
Septem triones  a  meridie^  Herculem  illum  a^neum  et  Pirenae  aquam 
trans  propylaea  posita  fuisse  ('ultra  propylaea  ingressis  ad  dezteram 
est  Hercules  a&neus'  Amasaeus).  quodsi  librorum  verba  recte  se 
haberent  omnia,  dcioGciv  voce  exeundi  quoque  notionem  contineri 
dicendum  esset;  id  quod  ferri  posse  eo  confidentius  negO;  quo  facilior 
medela  esse  videtur:  pro  dcioCciv  enim  lego  dSioOciv.  persaepe 
apud  Pausaniam  librarios  in  eum  errorem  incidisse,  ut  praepositiones 
confunderent ,  alibi  docui.  haud  igitur  dubito  VI  20,  7  rescribere 
auToi  bk  öcTCpov  ^k  liavieiac  Ko^icai  q)aci  ttjc  lTT7T0ba^€iac  id 
öcTd  ic  'OXujtiTTiav  pro  dv  'OXujiiiTiqi,  cf.  si  tanti  est  I  6,  3.  10,  5. 
17  extr.  39,  2.  41 ,1.  44,  4.  II  9,  4.  28,  6  etc.  I  23,  3  Letronnii 
correctura  diravaßdc  accipienda  erat,  cf.  III  24,  2.  IV  34,  4.  Thuo. 
VII  29,  3.  dcavaßaiveiv  apud  Paus,  nullo  loco  invenitur.  alibi  prae- 
positio  falbo  aut  omittitur  aut  addilur.  ita  X  21,  9  in  ^TKaraXTiq)- 
G^viac  prior  praepositio  ferri  nequit,  cum  VII  27,  1  (xqj  bk  X^<^<x- 
XujT^ptu  TreTTÖXicTai  cq)iciv  ou  cuvexnc  ^  nöXic)  diTiTTCTTÖXiCTai 
scribendum  sit,  ut  habeat  dativus  unde  pendeat.  contra  male  appo- 
sita  est  praepobitio  etiam  IX  5,  3,  non  enim  dicitPaus.  irapeupicKUJ, 
cum  quid  verum  sit  invenit,  sed  eupiCKUj:  cf.  I  14,  6.  28,  7.  31,  5, 
32,  6.  II  7,  2.  24,  7.  2G,  8.  10.  28,  1.  III  21,  9.  IV  32,  2.  V  1,  3. 
4,  5.  21,  9.  22,  1.  26,  2  etc.  irapeupicKUj  non  invenitur,  Trapeuprj- 
ILiara  autem  II  16,  3  sunt  excogitata  vel  insidiae  excogitatae.  [I  41,  4 
pro  OUK  fx^  ^^  6ttu)C  eüpuijuai  irdvia  cq)iciv  legendum  esbc  cu^- 
q)^pUJ|Liai  Clavierius  ante  me  intellexit,  cf.  Thuc.  IV  65,  1.  VI  13, 1. 
Plat.  Prot.  317».] 


HHitzig:  coniectanea  Pausaniaca.  51 

II  9,  5  secundnm  ea  quae  sunt  in  libris  TÖv  T^^P  o\  naiba 

All|LAr)TptOV   6   V€IWT€P0C  TUJV  OlXlTTTTOU  TTaibUJV  TT€pC€UC  q)ap|LiäK4J 

bU<p6eip€  Paus,  errat,  Perseus  enim  natu  maior  Pbilippi  filius  fnit, 
cf.  Polyb.  XXIV  7,  Liv.  3^XIX  35.  63,  sed  ni  fallor  verba  6 
V€UiT€poc  Twv  OiXiTrTTOU  iraibuiV  ab  interprete  addita  e  margine  huc 
irrepserunt;  postquam  enim  Paus,  verbo  ol  usus  est,  fieri  non  poterat, 
nt  in  eodem  enuntiato  Philippi  nomen  usurparet,  quasi  diversus  ab 
illo  esset,  quem  voce  oi  designaverat. 

II  12,  5  Arantis  filiorum  sepulcra  in  Arantino  colle  esse  existi- 
mat  Paus.,  erant  enim  in  iis  positae  columnae  rotundae  (cTfiXai  irepi« 
q)€p€ic)  et  ante  Cereris  initia  Arantem  filiosque  eius  conversis  ad 
illft  monumenta  ocnlis  ad  libamina  vocabant.  mirum  est  ab  editori- 
bos  lectionem  irepKpepeTc  alten  Tr6piq)av€ic  quae  est  in  VabLa 
praeferri;  columnae  rotundae  esse  solent,  qua  de  causa  nusquam 
definite  hoc  ita  se  habere  dicit  Paus,  hoc  loco  autem  optime  columnae 
ir€ptq)av€Tc  dicuntur:  nam  qui  Cereris  caerimonias  celebraturi  erant, 
non  in  coUem  Arantinum,  sed  in  Cereris  templum  convenisse  pu- 
tandi  sunt,  habebat  autem  Ceres  duo  in  Phliasiorum  urbe  templa 
(13,  5),  e  quibus  in  arce  unum,  alterum  erat  infra  arcem,  itaque 
necesse  est  columnas ,  ad  quas  conversi  sacra  facerent ,  e  longinquo 
cemi  potuisse:  dubium  igitur  esse  non  potest,  quin  7Tepiq)aveTc 
Pausaniae  sit  restituendum :  cf.  IX  22,  3  iv  TT€piq)av€T  ttic  iTÖXeuJC. 

U  13,  4  Schubartus  errare  videtur:  recte  ille  quidem  facit,  quod 
coniecturam  edd.  recc.  lireiTQ  Tf\c  ''Hpac  ut  minime  probabilem 
reicit,  male  autem  scripturam  codd.  ineX  ific  fe  "Hpac  suspectam 
esse  arbitratur :  hoc  enim  dicit  Paus. :  Pbliasii  Hebes  simulacrum  neo 
in  secreto  custodiunt  ullum  nee  palam  ostendunt  —  cur  autem  sie  faci- 
endum  esse  putent,  causam  habent  sacram  —  cum  tamen,  ubi  exieris, 
ad  laevam  templum  sit  cum  signo  lunonis  e  marmore  Pario.  —  V  7,  8 
autem  Schubartus  recipere  debebat  ^TTeira  b^,  quod  est  in  LaVb, 
nisi  quod  post  äq)iKec8ai  inserendum  erat  bi.  hoc  denique  addo,  inei 
illud ,  quo  saepius  in  errorem  inducti  esse  videntur  interpretes,  etiam 
VI  20,  3  in  scriptura  corrupta  latere.  ibi  enim  cum  haec  sint  in 
libris  KaOaTiZcuci  bfe  Kai  Gu^id^aia  TravTOia  auTiD  [Kai]  dTriCTT^v- 
beiv  QU  vo^i2!ouciv  oTvov,  recte  iam  SW.  quaerunt:  'quomodo  haec 
sibi  respondent  KaGaTKouci  Kai  Gu|tiid^aTa  TravTcTa  Kai  ^ttictt^v- 
beiv  oi)  vo|tii2ouciv  oTvov?*  quas  autem  ipsi  proponunt  lectiones 
aut  Kai  ^TTiCTT^vbeiv  oi  vo^iZovjciv  oTvov  aut  —  Kat  enim  in 
MVabPcAgLab  omissum  est  —  TravTOia,  diriCTT^vbeiv  bfe  ou 
VOjLiUlouciv  otvov,  baud  magis  placent  quam  quod  Schubartus  voluit 
post  auTUJ  lacunam  statuens;  scribendum  potius  Kai  omisso:  dir  ei 
cnevbeiv  ou  vo|Lii2Iouciv  oTvov. 

II 15,  5  Phoroneum  traditum  est  primum  in  Argolide  exstitisse, 
^vaxov  bk  oÜK  dvbpa  dXXd  töv  TroTaiiiov  iraiepa  eTvai  Oopuivei  • 
ToöTov  bfe  TToceibuivi  Kai  "Hpqi  biKdcai  uepi  ttic  x^pc^c,  c\jv  bfe 
auTtu  KTiq)ic6v  t€  Kai  'Aciepiiüva  Kai  töv  "Ivaxov  TTOxa^öv  eqs. 
Siebelisius  cum  toCtov  bi  non  ad  Phoroneum ,  sed  ad  Inachum  flu- 

4» 


52  HHitzig:  coniectauea  Pausaniaca. 

vium  referendum  esse  censeat,  iudices  enim  illius  controversiae  faisse 
fluvios,  verba  Ktti  TÖv  "Ivaxov  TTOia^öv  secludit,  quippe  quae  Pau- 
saniae  mente  non  perspecta  homo  nescio  quis  in  margine  addiderit; 
ac  secuti  sunt  virum  illum  doctissimum  8W.  et  Dindorfius,  Schubartus 
aatem  toOtov  bi  ad  Phoroneum  referri  pos8e  ratus  uncos  removit ; 
non  recte:  oam  primum  quidem  ex  iis,  quae  deinde  Pau8.  narrat, 
solum  tres  illoä  fluvios  a  Neptuno  esse  punitos  apparet ,  in  quoram 
numerum  aptene  ascribas  Phoroneum ,  dvbpa  oö  iTOTQ^öv ,  dubito, 
principem  autem  in  illo  iudicio  fuisse  Inachum  docent  verba  (22,  4) 
"'Ivaxoc  Kai  oi  cuvbiKrjcavTCC,  quare  minus  bene  ultimo  ille  loco 
nominaretur.  hoc  denique  dicendum  est,  numerum  quattuor  iudicum 
ad  controversiam  disceptandam  minus  idoneum  esse  quam  trium, 
circumscriptisque  illis  vocibus  optime  procedere  orationem,  cum 
primum  de  Inacho  patre,  tum  de  Phoroneo  filio  quae  narranda  erant 
narrentur. 

III  1,  5  KQTeXOövTUjv  bk  'HpaKXeibiliv  in\  Tica^evoO  toO  'Opi- 
CTOu  ßaciX€uovToc ,  MeccrjvTi  jutv  kqi  "ApTOC  ^Kar^pa  iiiotpa  Ttj^e- 
vov,  fi  bk  Kp€cq)övTiiv  ?cxev  fipxovxac.  unus  Loescherus  in  bis 
verbis  non  omnia  sana  esse  intellexit,  hoc  enim  dicit:  'post  ^oipa 
videtur  ponendum  esse  tÖ  |lI€V,  ita  ut  fiat  oratio  distributiva.'  non 
a^sensus  est  Siebelisius,  qui  vulgatam  defendens  in  mirum  incidit 
errorem,  cum  ^KaT^pav  Tf)V  oUiav  (§  7)  esse  'alteram  harum  domo- 
rum'  contendit.  ne  multis,  Loescheri  opinio  editoribus  non  erat 
repellenda  aut  silentio  praetereunda :  nam  verbis  TÖ  ji^V  —  quae 
ante  Tii|lI€VOV  facile  excidere  potuisso  patet  —  insertis  constans 
dicendi  genus  Pausaniae  proprium  reätituerimus,  qui  cum  de  duabus 
rebus  dicturus  eät,  illas  proponit,  deinde  in  partitione  aut  pronomi- 
nibus  ö  jui^V  —  6  bi  nominibus  omissis  utitur  aut,  id  quod  multo 
saepius  accidit,  vel  prius  vel  posterius  substantivum  redintegrat,  pro 
altero  ponit  pronomen.  exempla  sunt  innumerabilia:  cf.  lU  14,  8 
T€q)upaiv  bk  iq>'  ^KaT^pqi  t^  ^^v  dcTiv  fiToXiia  'HpQKX^ouc,  iq  bk 
cIkujv  AuKOÜpTou.  15,  3  'GXevric  bi,  iepd  kqI  'HpaKX^ouc  Tf^c  ^tv 
irXriciov  toO  Täq)ou  toö  *AXK|Liävoc ,  tijj  bi.  ^TTVJTäiuj  toö  reixouc 
eqs.  VI  24,  G  *HX{tu  7T€TToiTiTai  Kai  CeXrivr)  XiGou  xd  dtoX^aTO, 
Kai  Tf\c  liiv  K^para  Ik  Tf\c  Keq)aXfic,  toö  bk  a\  dKTivec  dv^x^^civ. 
I  28,  8.  IX  1,  2.  alteram  habes  rationem  II  6,  5  'Hdoboc  Kai 
"IßuKOC  6  jLiiv  ^TTOiTicev  . .  *'lßuKOc  bi . .  q)Ticiv.  9,  6  Zeuc  MeiXixioc 
Kai  "ApTcmc  . .  TTupa^ibi  bi.  b  MeiXixioc,  i\  bk  kiovi  dcTiv  elKac^evri. 

III  4,  5:  Cleomencs»  furore  correptus  obiit:  UJC  Tdp  bi]  dXäßcTO 
Eiq)OUC,  ^TiTpujCKev  auTÖC  auTÖv  eqs.  La  £iq)OC.  manifestum  est 
Pausaniam  scripsisse  fXaße  t6  £iq)OC,  cf.  IV  5,  7.  21,  6.  alia  est 
medii  ratio,  cf.  II  1,  4.  IV  18,  6;  ne  autem  in  articulo  baereas,  cf. 
III  17,  18  Tf|v  Traiba  tuj  dKivaKij  iraiei. 

Immerito  factum  esse  dico,  quod  ne  in  praefatione  quidem 
Schubartus  emendationis  a  Siebelisio  profectae  mentionem  fecit, 
qua  III  6  initium  §  tertiae  sanatur.  ibi  enim  haec  sunt  in  libris: 
KXeuüvu^iu  bi  direXaO^VTi  Tf]c  ßaciXeiac  irepiccdic  br\  ti  ö  6u|laöv 


H Hitzig:  coniectanea  Pausaniaca.  53 

• 

eiXe  (A  g  eIXev),  quae  verba  ab  Amasaeo  et  Loeschero  ita  vertuntur, 
nt  TrcpiaXtwc  .  .  €Tx€  legisse  videantur.  qua  re  Pausaniae  suum 
redditom  non  est,  nam  de  iT€piccujc^  quod  verbum  semper  fere  cum 
brj  Ti  coniunctum  est,  dubitari  uequit.  quod  autem  Corais  et  Sie- 
belisius  coniecerant  KX€U)VU|laov  bk  direXaO^VTa  .  .  Ovjjliöc  elXe,  e 
Pansaiiia  confirmari  non  potest;  multo  melius  est  quod  deinde  Sie- 
belisios  proponit:  ipÖ€i,  cf.  VIII  28,  5  Sie  olboOvTOC  auTiD  toö 
Oti^oO.  boc  solum  mutaverim,  ut  scribam  olbei.  itacismo  qui  dici- 
tur  eorum ,  qui  nostros  libros  scripserunt,  sescentiens  errores  immi- 
gravernnt.  ut  alio  exemplo  utar:  V  4,  2  ubi  baec  eduntur:  'Eireiouc 
Touc  dpxaiouc  rd  ixiv  fiXXa  ctacev  in\  rfic  aöidiv  ji^veiv,  cuvoikouc 
hl  C91CI .  .  iireici^TOTC,  in  VbAg  non  ttJc  sed  Toic  legitur,  illud 
autem  a  Siebelisio  defenditur  bis  verbis:  *in  terra  quidem  sua  prisci 
manseront  Epei,  sed  partem  suorum  agrorum  bonorumque  Aetolis 
cedere  coacti  sunt.'  sed  eaedem  condicitoes  II  13^  1  a  Bbegnida 
Phliasiis  propositae  sunt,  ut  Bbegnida  rege  recepto  agrum  cum 
Doriensibus  ex  aequo  partirentur,  tamen  Siebelisius  cum  libris 
scripsit:  ji^vovTac  tnX  toTc  auTOJV  (rectius  aördiv)  ßaciX^a  . .  tn\ 
dvotbacfLiq)  y^c  bix^cQai.  et  recte  scripsit,  nam  ne  sie  quidem  partem 
agri  veteres  incolas  amisisse  negatur.  manere  in  t«rra  apud  Paus. 
ni  üftllor  est  aut  dv  T^  ffji  aut  xaid  x^pctv  jüi^veiv,  cf.  IV  27,  8. 

m  8:  Schubartus  in  praef.  edit.  SW.  p.  XI  initium  buius  capitis 
mutilum  et  corruptum  esse  luculenter  demonstravit,  sed  veram  scrip- 
tnram  non  totam  detexisse  videtur;  sicenim  restituebat  eam:  'Apxi- 
bd|iOu  bi  übe  dTcXeiJTa  KaTaXiTTÖVTOc  iraibac'^ATiv  t€  KarATTiciXaov, 
''Atic  7Tp€cßuT€poc  ä)V  f^XiKia  Tiap^Xaßev  dvfi  'AxTiciXdovj  Tf|v  dpxrjv. 
hie  omnia  recte  se  habent  praeter  verba  dvil  'AxT]CiXdovj,  quae  ita 
tantum  ferri  possent,  si  ad  Agesilaum  ut  fratrem  maicrem  bereditas 
regni  pertinuisset ,  y.  6,  8.  iam  cum  natu  minor  esset^  colligendum 
dico  verba  kqI  *ATTiciXaov ,  cum  suo  loco  post  ^A^iv  T€  mota  essent, 
in  dvT\  'AyilCiXäovj  esse  mutata. 

m  14,  10:  quo  loco  Spartanorum  iuvenes  pugnare  solebant,  ad 
eum  ibatur  per  duos  pontes ,  Tfjv  jüifev  bf|  f cobov  Ka9'  f^v  keXGeiv 
b€Cpo  ?CTiv  ^Kax^pav  xdEiv ,  TTpoebrjXujce  kXtipöc  eqs.  bic  beöpo 
vix  Sanum  est,  cum  dicendum  fuerit  £v6a  vel  exei;  neque  alibi  apud 
Paus,  baec  vox  invenitur.  accedit  quod  verbo  dceXGeiv  locus  satis 
perspicue  est  significatus.  quibus  de  causis  crediderim  scriptum 
fuisse  .  .  dceXOeiv  xpeiüv  dcxiv  eqs.,  ut  22,  12. 

III  17,  7  direEeXGeiv  bi  cq)iciv  dpK^co^ai  S  ^Kouca  dvbpöc 
BuZaVTlOu:  sie  edd.  libri  omnes  praeter  Va  et  Ag,  e  quibus  illo 
dpK^CU)|LAai ,  bic  dpK^co^ai,  super  ai  expuncto  €V;  sed  cum  medium 
verbi  quod  est  dpK€iv  prorsus  inusitatum  sit  et  apud  Paus.  I  29,  3 
baec  legantur:  Trap^vxi  be  jüioi  xd  irXeiui  xocdbe  .  .  dpK^cei  xoö 
XÖTOU,  illo  quoque  loco  dpK^cei  jiCi  scribendum  esse  nemo  non 
videt. 

IV  8,  4 :  in  praeclara  pugnae  inter  Messenios  et  Lacedaemonios 
commissae  descriptione ,   quae  a  consueta  Pausaniae  exilitate  adeo 


56  HHitzig :  coniectanea  Pausaniaca. 

XaO^cOai  tüüv  ^v  X^P^'v.  facile  est  his  verbis  medicinam  afferre,  sed 
quid  Paus,  ipse  scripserit,  quaeritur.  itaque  Valckenarius  post  iToXXol 
iDserit  öXiTOU,  Siebelisius  antezn  coniecit  ujct€  auTUJV  ^b^T^cav  oO 
TToXu  KQi  dTTiXaO^cGai  Tujv  dv  x^pciv,  ita  ut  auxuiv  twv  iv  X^pciv 
coniungendum  esset,  sed  Pausaniae  suum  reddas  scribendo  uiCT€ 
auTUJV  ^Ö^Ticav  outtoXXoO  eqs.  cf.  Xen.  anab.  V  4,32  ou  noXXoO 
ö^oviac  icouc  TÖ  TTXdTOc  KQi  TÖ  ^f]KOC  cTvai. 

IV  21, 12,  ubi  de  ultimo  Paus,  loquitur  Messeniorum  certamine 
Tijj  T€  oöv  '€|LiTT€p(i|Liiu  Kai  CiTapTiaTUJV  TOic  TrapoOci  bi€tvai  touc 
M€CCilviouc  fjpecKC,  Amasaeus  vertit  ^Spartanorum  principibus',  legit 
igitur  Spxouci,  quod  melius  habet  quam  TiapoOci:  erat  enim  non 
omnium  qui  aderaut  Spartanorum,  sed  ducum  solum  discernere,  num 
fugientibus  via  daretur,  dux  autem  est  SpXüJV,  v.  initium  paragraphi. 

Minus  recte  editores  recentiores  V  1,  1  scribunt:  fivr\  b€  oIk€i 
TTeXoTTÖvvTicov  'ApKdbec  jLifev  auxöxOovec  xal  'Axctioi,  neque  Scha- 
bartus haec  verba  ita  interpretari  debebat:  ^es  bewohnen  den  Pelo- 
ponnes  als  eingeborene  stamme  die  Arkader  und  Achäer.'  melius 
Loescherus:  ^genera  haec  Peloponnesum  incolunt:  Arcades  quidem 
indigenae  et  Achaei.'  colon  enim  post  TTeXoTiöwricov  est  ponen- 
dum :  de  quinque  Peloponnesi  partibus  Paus,  dixit,  iam  de  nationibos 
agitur;  ne  autem  falso  TOtöe  excidisse  opineris,  cf.  I  21,  5  npöc 
oiJv  Tf|V  diTopiav  Taurriv  d£€i3pTiTai  cq)iciv  iixX  iiiv  TOtc  böpaciv 
eqs.  (v.  Siebelisii  adn.);  23,  3. 

V  5,  2 :  hanc  paragraphum  a  Pausania  profectam  esse  vix  cre- 
didenm.  nam  non  solum  illius  consuetudo  prohibet,  quominus  res 
eiusmodi  inter  historicam  partem  et  periegeticam  interponi  putemus, 
sed  etiam  in  verbis  ipsis  sunt  quae  Pausaniae  dicendi  usum  minime 
redoleant.  ac  primum  quidem  locutio  Oaujidcai  b'  dv  Tic,  vulgaris 
illa  quidem  apud  alios,  in  Pausaniae  libris,  quod  sciam,  non  in- 
venitur,  deinde  pro  ^kuickov  dicendum  erat  dKUiCKOVTO,  denique  et 
ratio  grammatica  et  Pausaniae  usus  illud  TÖ  ante  amov  deleri  iubent. 
est  quidem  unus  apud  eum  locus,  qui  idem  vitium  prae  se  ferat: 
IV  31,  8  Td  bi  aiTia  djuci  boKeiv  ecTiv  'Ajuaiiövujv  T€  kX^oc  eqs., 
sed  hie  Clavierius  recte  voluit  TOuöe  pro  Td  bi:  cf.  I  4,  3.  6,  2. 
13,  4.  19,  3.  22,  6.  26,  3.  36,  1.  43,  1.  44,  7.  II  1,  2.  III  7,  11. 
8,  10.  12,  7.  IV  4,  3.  ö,  ö.  20,  8.  29,  12.  32,  4.  V  ö,  9.  9,  3.  — 
II  29,  7  autem ,  ubi  haec  sunt  ^c  5  ic  AeXq)Ouc  d7T^CT€iXav  ^pT)CO- 
jLi^vouc  t6  aiTiov  ö  ti  eXx]  anticipatio  est  quae  dicitur. 

V  13,  9:  quod  hoc  loco  Scbubartus  tentavit,  non  eam  prae  se 
ferro  videtur  diligentiam,  qua  uti  solebat  vir  doctissimus  et  de  Pau- 
sania optime  meritus:  nam  cum  verba  toG  b^,  quae  sunt  in  libris 
Omnibus,  non  habeant  quo  referantur,  Schubartus  ea  mutavit  in  Tf\c 
b^,  ut  praccedenti  KpriTTlboc  Tfic  irpuüTTic  responderent ;  sed  quid 
nunc?  reliqua  est  omni  sensu  carens  vox  ^KdcTOU,  quam  Schubartus 
sine  dubitatione  eicit,  cum  nullo  modo  intellegatur,  cur  quis  eam 
inseruerit.  rectam  autem  viam  ingressis  Vitium  nisi  fallor  in  hac 
ipsa  voce  nobis  quaerendum  est.    cum  primam  crepidinem  (kpT)- 


HHitzig:  coniectanea  Pausaniaca.  57 

Ttiboc  likv  TTJc  7TpU)TT]c)  laudaverit  periegeta,  iam  eum  de  altera 
dictamm  esse  exspectes ,  sed  loco  eius  pavimentam  (^öaqpoc) ,  qaod 
arae  fondamento  erat,  appellasse  videtur.  similiter  in  lovis  aede 
crepido  (KpT)Tric)  ambiebat  pavimentum  (fbaqpoc),  in  quo  signnm 
coUocatnm  erat,  cf.  11,  10.  vide  igitnr  ne  sit  scribendum:  toO  b^ 
im  Tfji  TrpoGvicei  Tr€pi|LA€Tpoc  £bdq)0uc  eqs.  hoc  addo:  11,  lOrecte 
vertit  Schubartas :  Mngs  um  die  schwarze  platte  Ittuft  eine  einfas- 
snng  (xpiiiTtc)  von  schwarzem  marmor',  male  autem  II  7,  2  voci 
qoae  est  Kpiimc  eandem  vim  tribuit.  Sicyoniorum  in  sepeliendis 
mortuis  consuetudinem  describens  haec  dicit  Paus.:  TÖ  jii^v  cdjjiia 
tQ  KpuTTTOuci,  XiGov  bk.  ^TroiKObojLiricavTec  Kprimba  xiovac  dq)iCTäci 
eqs.  hie  autem  xpiimba  non  crepidinem  ambientem ,  sed  basin  esse 
niunmi  docent :  cf.  ^numismatic  commentarj  on  Pausanias  by  Imhoof- 
Blumer  and  P.  (jardener'  I  28. 

V  21,  2  non  TrpuiTOi  bk  dpiGjLiöv  S£  .  .  Jcnicav,  sed  TrpdiTOV 
scribendum;  post  olympiadem  duodecimam  et  centesimam  iterum 
sex  Zanes  erexerunt  §  5. 

Y  21,  5 :  Callippus  Atheniensis  cum  in  pentathli  certamine  ad- 
Tersarios  pecunia  corrupisset,  Elei  et  illi  et  iis  qui  contra  eum  dimi- 
caverant  mnltam  irrogaverunt,  Athenienses  autem  Hyperidem  mise- 
nmt  qui  poenam  deprecaretur.  frustra:  diTemövTWV  bk  'HXeiujv  Tf|v 
Xdpiv  ixP*JL>VTO  u7T€poi|Jia  Toiqlbe  ic  auiouc  o\  'AönvaToi,  oöt€  äiro- 

blb6VT€C  TOt  XprjjLlOCTa  KQl  'OXUjLiTTlUiV   eipTÖ|tl€VOl  TTplV  fj  cq)iciv  6 

Gcdc  6  iv  A€Xq)oic  ou  TTpöiepov  ?q)TiC€V  {iixip  oub€vöc  XP^ceiv  eqs. 
hie  male  se  habet  ofire,  nam  fieri  non  potest,  ut  ad  sequens  xai 
refera.tur ,  cum  €ipTÖ|LA€VOi  antecedenti  participio  non  annexum ,  sed 
suppositum  sit;  hoc  enim  dicit  Paus.:  'tanta  eos  superbia  asperna- 
bantur  Athenienses,  ut  ne  Olympiis  quidem  exclusi  pecuniam  enu- 
merarent.'    pro  outc  igitur  OUK  postulandum. 

VI  3,  13:  Pyrilampis  Ephesii  statuam  sculpsit  qui  idem  atque 
ipse  nomen  habebat,  non  ille  quidem  Sicyonius  genere,  sed  ex  Messena 
oriundus ;  quid  sibi  volunt  verba  y^voc  bk  ou  CikvjOuvioc,  cum  Pyri- 
lampes  ille  fuerit  Ephesius?  nenne  aut  priore  loco  TTupiXd)üiTTr]C 
CiKUCWVioc  aut  posteriore  T€V0C  bk  ouk  'Gq)^cioc  scribendum? 

VI  15, 9  biaOXovj  bk  xai  öttXou  fiiia  icp'  ^Kax^pou  vikti,  scriben- 
dum ^KaT^piu  ut  semper. 

Haud  recte  Schubartus  (in  his  ann.  1864  p.  42)  Schmittio  con- 
cedit  VI  22,  9  contra  libros  legendum  esse  töv  'AXq)€i6v,  diC  dcf^X- 
8€v,  OUK  ?x€iv  auifiv  Ö7TÖ  Toiv  fiXXuiv  biaxpiveiv  Tf|v  "Apieiiiiv, 
pro  auTÖv :  neque  enim  est  cur  obiectum  tanta  vi  efferatur ,  et  apud 
Pausaniam  persaepe  fit,  ut  nomen  in  eodem  enuntiato  antecedens 
addito  auTÖC  pronomine  in  sequentibus  excipiatur,  etiamsi  super- 
vacanea  videatur  talis  repetitio,  cf.  II  3,  11.  V  14,  10.  VI  21,  1.  2. 
25,  2.x  30,  7.  31,  8.  34,  3  etc. 

TüRici.  Hermannus  Hitzig. 


58  KTümpel:  Tynenisches  von  Kyllene. 

6. 

TYRSENISCHES  VON  KYLLENE. 


Nachdem  HDMüller  gelegentlich  seiner  auf  die  mjthologie  der 
einzelnen  griechischen  stamme  gerichteten  Untersuchungen  erwiesen 
hatte  (mytb.  II  s.  262  f.  383),  dasz  die  aus  Thebai  nach  Attika 
wandernden  (KOMüUer  Orch.^  s.434)  Pelasger,  welche  den  Hermes 
in  ithjphallischer  bildung  überbrachten  \  denselben  von  den  Ead- 
meischen  Argeiem  übernommen  hatten,  deren  stammgott  er  ist,  bat 
OCrusius  (beitrage  zur  gnech.  mjth.  u.  religionsgesch.,  osterpr.  d. 
Leipz.  Thomasschule  1886  s.  IS  anm.2)  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dasz  am  Hjmettos,  wo  nach  Hekataios  (bei  Herodotos  VI  187  •» 
FH6. 1  29,  362)  jene  (tyrsenischen)  Pelasger  saszen,  dieser  ithj- 
phallische  Hermes  ebenfalls  vorauszusetzen  sei.  denn  auch  Aphro- 
dite, die,  wie  Crusius  schon  früher  nachgewiesen  hat  (jahrb.  1881 
8. 298  f. ;  vgl.  jetzt  beitrage  s.  16  ff.)  den  mittelpunkt  der  pelasgisch- 
tyrsenischen  religion  —  neben  den  Kabeiren  —  bildete,  aus  Thebai 
aber  statt  ihres  kabeirischen  parhedros  den  kabeirisch  verwandelten 
Hermes  der.  Kad meischen  Argeier  mit  nach  Samothrake  nahm, 
erscheint  hier  am  Hymettos:  ein  sicheres  Symptom  tyrsenischer 
Kabeirenreligion. 

Da  diese  Aphrodite  nun  den  namen  KuXla  ftlhrt,  welcher  aus 
einer  grotte  KuXXou  Tnfjpa  (Hesychios  u.  KiXXeia)  etymologisiert 
wird,  so  fühlt  sich  Crusius  an  den  arkadischen  borg  Kyllene 
erinnert,  der  zugleich  durch  He rm es cult  bezeichnet  ist.  dadurch 
würde  eine  neue  Station  auf  dem  weiten  wandergebiet  der  ver- 
einigten Kadmeionen  und  Tyrsener  —  erkennbar  an  combiniertem 
Aphrodite-  und  Hermese ult  —  gefunden  sein,  freilich  mOchte  der 
um  die  religionsgesch ichte  der  Tyrsener'  sehr  verdiente  gelehrte 
diesen  parallelfall  lieber  aus  dem  spiele  lassen ,  wohl  wegen  mang^- 
der  beweise  für  einen  tyrsenischen  Charakter  des  Hermes  wie  für  die 
an  Wesenheit  eines  Aphroditecults.  was  erstere  lücke  betrifft,  so 
läszt  sie  sich  direct,  die  zweite  wenigstens  durch  ein  indireot  be- 
weisendes arg^ment  ausfüllen. 

Auf  dem  Kyllene' Arkadiens  bildete  ein  aiboiov  äv6pu»itov 
diTÖ  TtüV  K&TU)  im  Tct  fivuj  &p)üifiv  Ixov  (Hippolytos  ref.  haer.  V  7) 
das  cultobject  des  Hermesdienstes,  jenen  *pelasgischen'  Hermes- 
statuen wenn  nicht  völlig,  so  doch  der  hauptsoche  nach  entspre- 
chend; und  auch  Aphrodite  kann  nicht  gefehlt  haben,  wenn  man 


1  Herod.  H  51  ToO  bi  '€pM^uj  iä  dT^Xfiara  6pOä  fx^w  rä  a(6ota 
Troi€OvT€C  .  .  dirö  TTcXacTOiiv  irputiTOi  .  .  'AOiivaloi  TrapaXaß6vT€c. 
'  art.  'Kabiren*  in  Krach  u.  Qrubers  allg.  enc.  sect.  II  bd.  XXXII  8.  19  ff.; 
vgl.  jahrb.  1881  s.  298  ff.  ^  Artemidoros  I  45  ^v  KuXXnvr)  .  .  'Cp^oO 
dToX^a  oi)biy  dXXo  f{  alboicv  die  übrigen  stellen  (Lukianos  lup.  trag.  4*2, 
Philostratos  v.  Apoll.  VII  20,  Hippolytos  ao.i  gleiches  Inhalts  vgl.  bei 
Preller-Plew  gr.  myth.  I  s.  311. 


ETümpel:  Tyrseniscbes  von  Eyllene.  59 

die  schlagende  analog^e  der  elischen  stadt  Eyllene  berück- 
sichtigt« nicht  nur  dasz  daselbst  genau  das  gleiche  symbol  durch 
Pausanias  verbürgt  wird,  sondern  obendrein  in  engster  Verknüpfung 
mit  einem  dortigen  dienst  der  Aphrodite ,  so  dasz  beide  gottheiten 
in  echt  tyrsenisch-kadmeischer  weise  combiniert  erscheinen:  OeOüV 
bk  Upd  iy  KuXX/jvq  'AcKXTimoO,  tö  bk  'Aq>pobhr\c  iccL  toO 
*€p|ioO  bk  TÖ  fitaXina,  8v  oi  tqijtij  Trcpiccuic  c^ßouciv,  öpGöv 
icTxv*  alboiov  irii  toO  ßdepou  (VI  26,  3). 

Man  wird  also  nicht  umhin  können  die  Crusiussche  parallele 
zwischen  KuXXiivri  einerseits  und  der  Aphrodite  KuXia  von  der 
KuXXou  iTiipa  anderseits  gegen  ihn  selbst  in  schütz  zu  nehmen  und 
am  arkadischen  berg  eine  Aphrodite  KuXXrjvT],  analog  KuXia  (von 
*icuXXa)  vorauszusetzen,  ob  dieselbe  in  der  vü^qpri  KuXXT)vic 
*Prjvn  enthalten  sei,  welche  nach  Dionysios  I  61  mit  Hermes  den 
Samon  erzeugt  haben  soll,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden;  doch  kann 
es  kaum  ein  teuschender  zufall  sein,  dasz  dieser  Cdjiwv,  der  sonst 

^  ans  ESTIN  ein  ansgefallenes  EXQN  zn  ergänzen  und  so  die  Überein- 
stimmung mit  den  ithjphallischen  Hermesstatnen  der  attischen  Pelasger 
Herodois  berznstellen  läge  nahe,  wenn  nicht  die  näherstehende  analogie 
des  dxaX^a  anf  dem  arkadischen  Eyllene  ein  veto  einlegte:  die  zeng- 
niase  verbürgen  ausdrücklich,  dasz  das  al6otov  dort  nicht  einer  Hermes- 
itatne  angehörte,  sondern  es  entsprach  vielmehr  ^eimn  jenem  genitale 
WHtseuH  sexus  {in  foco  comparenn  e  cinere)  bei  Plinius  it.  h.  XXXVI  §  204 
(vgL  Ov.  fast.  VI  627.  Dionysios  AR.  IV  2.  Arnobins  V  8.  KOMüller- 
Deecke  Etmsker  II  s.  96),  in  dessen  gestalt  der  gentilgott  des  italischen 
Tyrrheners  'Tarquinius  Priscus'  als  zeugender  ahn  auftrat;  sowie  dem 
<pdX\oc  ^K  Tf)c  ^criac  in  der  an  einen  Tarchetios  von  Alba  angeknüpften, 
sonst  aber  genau  entsprechenden  sage  bei  'Promathion'  (Promathidas? 
in  Plutorchs  Rom.  2  =  FHG.  III  203;  vgl.  Müller- Deecke  Etr.  II  97). 
diese,  soviel  ich  sehe,  noch  nirgends  betonte  gleichheit  des  cultsymbols 
bei  griechischen  und  italischen  Pelasgern  ist  ein  gewichtiges  Zeugnis 
für  die  antike  herleitung  der  letztern  von  den  erstem,  im  verein  mit 
den  schon  von  Cmsins  hervorgehobenen  thatsachen  (beitrage  s.  20 
anm.  2:  Aphrodite-Turan ,  Heinnes-Turms,  Leukothea  von  Pyrgoi,  Ca- 
milli,  s.  28:  etrnskische  inschrift  auf  Lemnos,  abgedruckt  bei  SBugge 
'der  Ursprung  der  Etrusker',  Cbristiania  1886,  vgl.  auch  Deecke  im 
rhein.  mus.  XLI  s.  460  ff.),  welche  sieb  leicht  vermehren  lieszen.  Plinius 
nannte  jenen  Tarquinischen  herdphallos  Lar  familiaris,  was  Dionysios 
mit  f)puic  übersetzt  oder  mit  "H(paiCTOC  verdeutlichend  umschreibt,  die 
Stiftung  der  Compitalia  an  die  Laren  wird  auf  eben  jene  phallossage 
zurückgeführt:  was  wird  also  jenes  'pelasgische'  wort  Adptca,  mit  wel- 
chem die  Steinburgen  in  den  alten  Wohnsitzen  der  griechischen  Pelasgoi- 
Tyrsenoi  bezeichnet  wurden,  anderes  bedeuten  als  'Laren-  dh.  herren- 
sitz'?  KOMüller  Etr.  I-  s.  164  anm.  20  hätte  also  ebenso  wenig  zweifei 
hegen  sollen,  ob  der  name  Adpicca  eines  ortes  bei  Capua  von  Dio- 
nysios Hai.  I  21  richtig  wiedergegeben  sei,  wie  Deecke  ebd.  s.  84  anm.  42 
und  II  8.  97  anm.  60  die  MüUersche  gleicbsetzung  des  albaniscbeu  Tar- 
chetios mit  dem  Tarcbon-Tarquinius  anfechten  durfte,  stellt  doch  Deecke 
selbst  I*  s.  471  den  Tarchetios  zu  Tarquitius.  ferner  vereinigt  sich  im 
Adpoc  (Lars)  '€p^(v\oc  (Dion.  XI  51;  vgl.  Adpoc  TTopctvoc)  italisches  und 
griechisches  Tyrsenertum:  denn  *€p^ivioc  weist  über  '€p^r|Vioc  auf  'Ep^fjc 
zurück,  wie  '€pmövr|-(H)Ermania  und  ebenso  die  etrnskische  gens  Her- 
minia  (Müller-Deecke  I'  8.462.  489)  auf  Hermaon-Uermon  (Crusius  beitr. 
8.  20  anm.  2;  vgl.  s.  14  anm.  4  Hermonia). 


60  KTümpel:  Tyrsenißches  von  Kyllene. 

auch  Cdiuv,  Cdoc  genannt  ist  und  von  Preller-Plew  (gr.  mjth.  I 
8.  322  anm.  5  vgl.  s.  320)  mit  dem  cdiKOC  '€p|Lif)c  der  Ilias  (O  72) 
zusammengestellt  wird,  als  erster  colonist  von  Samothrake  be- 
zeugt wird,  jener  von  Tyrsenern  des  attischen  Hjmettos  besiedel- 
ten insel.  wie  freilich  diese  arkadischen  und  elischen  Pelasger  von 
Kyllene  sich  zu  jener  boiotisch-attisch-samothrakischen  Wanderung 
stellen,  musz  vorläufig  ebenso  unentschieden  bleiben  wie  die  fides 
jener  Überlieferung  des  Eustathios  (zu  Dionjs.  per.  347  <«  CMttller 
6GM.  II  8.  278,  9  ff.),  dasz  Pelasger  unter  Euandros  am  arkadischen 
Kyllene  gesessen  und  'vor  den  Tyrrhenem'  (!)  in  Italien  sich  nieder- 
gelassen hätten.^ 

Mit  grö:4zerer  bestimmtheit  Iftszt  sich  aber  eins  ausmachen: 
wenn  HDMüller  ao.  behauptet,  man  dürfe  nicht  (mit  Herodotos) 
das  phallossymbol  erst  von  den  attischen  Tyrrhenern  herleiten ,  das- 
selbe sei  vielmehr  südargivisch  und  von  der  stiergestalt  des  Hermes 
hergeleitet;  ja  es  müsse  darum  (obwohl  nicht  bezeugt)  auch  bei  den 
Nordargeiem  vorausgesetzt  werden,  so  erledigt  sich  diese,  wie  es 
scheint,  auch  von  Crusius  adoptierte  ansieht  durch  folgende  Über- 
legung, da  die  Argeier  auf  ihrer  südlichen  Wanderung  erst  in  Boiotien 
(Kadmeia)  mit  Tyrsenern  zusammentrafen  und  verschmolzen,  so  kann 
die  in  Thessalien  noch  vermiszte  ithyphallische  bildung  des  Hermes 
(-lason),  wie  sie  in  Attika  und  von  da  ausgehend  in  Samothrake  and 
Umgegend,  femer  an  den  beiden  Kyllene  genannten  örtlichkeiten  er- 
scheint, nur  tyrsenischem  einflusz  verdankt  sein,  und  musz  veranlaszt 
sein  durch  aufgehen  des  Hermes  in  einem  mit  Aphrodite  ver- 
bundenen phallischen  Kabeiros.*  es  wäre  überhaupt  eine 
lohnende  aufgäbe  zu  untersuchen,  in  wie  weit  und  ob  überhaupt 
phallischer  cult  und  mythos  sowie  sein  gegenstück  (zb.  im  Uranos- 
mythos),  brauch  und  mythos  der  ^KTOjiirj,  die  noch  weit  mehr 
orientalischen  Charakter  hat,  im  Griechentum,  den  (seit  Bohde 
und  Bobert^  viel  umstrittenen)  Arretophorien ,  dem  kaukonischen 
Iphiklosmythos ,  dem  cult  und  mythenkreis  des  Dionysos  (so  des 
tyrsenischen  bei  Clemens  Alex,  protrept.  s.  12  Sylb.)  sich  unabhängig 
von  orientalischem  einflusz  entwickelt  habe. 


^  sn  dem  sjmbol  der  Schildkröte,  das  in  der  kyllenisohen  legende 
von  der  erfindan^  der  leier  durch  Hermes  emcheint  und  in  der  be- 
nennnng  des  nordabhan^rs  des  Kylienebergs  als  XcXuböpea  seinen  ao»* 
drnck  erhielt,  vgl.  die  bemerkang  in  des  vf.  'Aithiopenländer'  (jahrb. 
SQppl.  XVI  8.  214),  welche  auf  die  Wahrscheinlichkeit  einer  beziehung 
znm  Aphroditecnlt  (dem  thessalischen  und  dem  elischen  der  Pheidias- 
statue)  hinweisen.  *  vgl.  'Aithiopfniänder'  s.  169  f.   176  auszer  den 

einschlügigen  partien  bei  Crusius  'beitrage'  s.  24  ff.  ^  rhein.  mus. 

XXV  8.  548  f.  und  Hermes  XX  s.  367  ff.  die  ^kto^/)  im  Iphiklosmythos 
HDMiiller  mjth.  I  176  ff.  und  im  tyrsenischen  Uranosmythos  Crusius  ao. 
s.  22  anm.  1. 

Neustettin.  Karl  Tümpel. 


ThOpitz:  zu  Sallustius.  61 

7. 

ZU  SALLUSTIUS. 


1.  Cai.  39,  2  ipsi  (=>  pai^ci)  innoxii  florentes  sine  metu  aetatem 
agere  ceterosque  iudiciis  terrere^  quo  plebem  in  magistrcUu  pladditM 
iractarent.  die  worte  quo  plebem  , .  tradareni  werden  von  einigen, 
80  neuerdings  noch  von  Conzen  'beitrage  zur  erklärung  des  Sallust' 
(Darmstadt  1876)  s.  6  und  Ungermann  'bemerkungen  zu  Sallust' 
(Bheinbach  1878)  s.  10  als  die  absieht  aufgefaszt,  welche  die^ua 
durch  das  iudiciis  terrere  verfolgten,  und  dem  entsprechend  nach 
Fabri  erklärt  durch  'einen  so  behandeln,  dasz  er  ruhig  ist  oder 
bleibt.'  dies  widerspricht  aber  durchaus  dem  Zusammenhang,  es 
war  doch  ohne  allen  zweifei  nicht  die  absieht  der  pauci  das  volk 
milder  zu  behandeln,  sondern  sie  suchten  im  gegenteil  diejenigen, 
die  etwa  dazu  geneigt  waren,  durch  anklagen  davon  abzuhalten,  da- 
her trifft  Wirz  entschieden  das  richtige  mit  der  Übersetzung  'glimpf- 
licher umgehen',  dann  aber  ist  es  unmöglich  an  der  hsl.  lesart  festzu- 
halten, daher  haben  fast  alle  neueren  hgg.  (auszer  Scheindler,  Kappes 
und  Eussner),  auch  Jordan  in  der  3n  aufläge,  obwohl  die  anmerkung 
nicht  dem  entsprechend  umgestaltet  worden  ist,  die  von  Bitschi 
opusa  m  s.  820  vorgeschlagene  Umstellung  von  qui  (statt  q%u>)  .  • 
tradarefU  hinter  ceteros  aufgenommen,  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz 
dann  gedanke  und  ausdruck  ohne  allen  anstosz  sind,  trotzdem  läszt 
sich  an  der  richtigkeit  der  änderung  zweifeln  und  der  versuch 
machen,  ob  nicht  eine  einfachere  heilung  denkbar  ist.  namentlich 
kann  doch  die  thatsache,  dasz  einige  hss.  qu^e  hinter  ceteros  weg- 
lassen,  nicht  fUr  die  berechtigung  der  Umstellung  geltend  gemacht 
werden,  wenn  nun  freilich  Weidner  bei  Conzen  ao.  s.  5  quom  statt 
quo  zu  schreiben  vorschlägt,  so  wird  dem  schwerlich  jemand  bei- 
stimmen, nach  meiner  meinung  jedoch  musz  der  nebensatz  von 
terrere  abhängen ,  so  dasz ,  wenn  quo  nach  teurere  =  ne  sein  könnte, 
sogar  die  Überlieferung  haltbar  wäre,  da  das  jedoch  nicht  der  fall, 
aber  auch  quo  ne,  woran  Bitscbl  zunächst  dachte,  kaum  zulässig  ist, 
so  schlageich  vor:  terrere,  quo  minus  plebem  inmagistratuplacidius 
tradarent.  dieselbe  construction  hat  Caesar  b.  GaU.  VII  49,  2  ut  si 
nostros  loco  depulsos  vidisset,  quo  minus  libere  hostes  insequerentur 
ierreret  und  Tacitus  hist.  I  40,  11  nee  iUos  .  .  terruere,  quo  minus 
facerent  scdus. 

2.  Über  die  Schlacht  am  Muthul  (Jw^.  48,  3 — 52,  4)  bieten  die 
neueren  hgg.  nicht  überall  ganz  genaues  und  richtiges,  als  Metellus 
am  rande  des  mit  dem  Muthul  parallel  laufenden  und  von  ihm  20 
römische  meilen  entfernten  gebirgskammes  (48,  3)  erscheint,  er- 
blickt er  'vor  sich  die  ebene  und  weiterhin  den  flusz,  rechts  den 
hügeligen  ausläufer,  wo  Jugurtha  lauei*te'  (Wirz).  zunächst  macht 
er  eine  weile  halt  (49,  5).  darauf  heiszt  es  49,  6 :  commutatis  ordi- 
nibus  in  dextero  latere,  quoäproxumum  hostis  erat^  triplicibus  subsidiis 


62  ThOpitz:  za  Sallustiue. 

aciem  instruxitj  wobei  Wirz  tripl.  subs.  durch  *iki  dreifacher  reserve* 
erklftrt.  richtiger  mtiste  es  dafür  zunächst  heiszen  'mit  drei  reserven'. 
da  aber  ein  grund  nicht  einzusehen  ist,  warum  Metellus  hier  von 
der  üblichen  triplex  acies  hätte  abweichen  sollen ,  im  gegenteil  ihm 
der  ausgedehnten  aufstellung  Jugurthas  gegenüber  {lugurtha  ex- 
tenuata  stiarum  acte  consedü  49, 1)  mehr  an  einer  langen  front  als 
an  einer  gröszem  tiefe  der  aufstellung  gelegen  sein  muste,  so  liegt 
die  Vermutung  nahe,  dasz  der  ausdruck  triplicibus  subsidüs  aciem  tn- 
struxit  ein  ungenauer  ist  und  nichts  anderes  bedeutet  als  das  regel- 
mäszige  triplicem  aciem  instmxü,  dh.  er  stellte  sein  beer  in  drei 
treffen  auf.  während  nun  das  beer  auf  dem  marsche  die  front 
nach  dem  flusse  zu  gehabt  hatte,  muste  es  beim  Übergang  aus  der 
marsch-  in  die  Schlachtordnung  dieselbe  zugleich  lUidem,  dh.  nach 
dem  von  Jugurtha  besetzten  hügel  zu,  also  nach  rechts  nehmen«  dies 
war  aber  nicht  so  einfach,  keinesfalls  kam  es  March  ein  ein- 
schwenken der  abteilungen  nach  rechts  {cammutatis  ordinibus)  zu 
stände'  (Wirz).  denn  auf  diese  weise  wäre  die  auf  dem  marsche 
an  der  spitze  befindliche  abteilung,  welche  in  der  fron  tauf  Stellung 
den  äuszersten  rechten  flügel  zu  bilden  hat,  auf  den  äuszersten 
linken  flügel  geraten  und  dem  entsprechend  die  folgenden,  so  dasz 
schlieszlich  der  rechte  flügel  durch  die  leute  gebildet  worden  wäre, 
die  eigentlich  auf  dem  linken  ihren  platz  hatten,  eine  solche  Ver- 
wirrung aber  konnte  Metellus  angesichts  des  feindes  unmöglich  an- 
richten wollen,  deshalb  bedeuten  die  werte  commulatis  ordinibus 
folgendes :  er  liesz  die  erste  marschabteilung  (entsprechend  unserer 
ersten  section)  rechts  einschwenken  und  die  übrigen  daneben  ^auf- 
laufen' dh.  sich  so  daneben  setzen ,  dasz  sie  links  von  der  bereits 
stehenden  abteilung  ihren  platz  fanden,  auf  diese  weise  standen  die 
mannscbaften  in  der  front  in  der  richtigen  Ordnung  neben  einander, 
wurde  dieses  manöver  im  laufschritt  ausgeführt ,  so  nahm  es  gar 
nicht  allzu  viel  zeit  in  ansprach,  bei  dieser  dar  legung  bin  ich  aller- 
dings vom  modernen  Standpunkt  ausgegangen,  aber  wesentlich  an- 
ders kann  es  einfach  aus  dem  gründe  nicht  gemacht  worden  sein, 
weil  es  so  naturgemäsz  ist.  —  Nachdem  nun  so  das  beer  in  Schlacht- 
ordnung mit  der  front  nach  dem  hügel  zu  aufgestellt  war,  so  führte 
Metellus  aciem,  sicuti  instruxerat,  transvorsis  prindpiis  in  planum 
hinab,  dabei  khun  freilich  transvorsis  principiis  nicht  heiszen:  ^in- 
dem die  front  eine  Wendung  machte'  (Schmalz),  denn  was  wäre 
dann  aus  den  andern  treffen  geworden?  sondern  Metellus  com- 
mandierte  einfach  'links  um!',  'so  dasz  das  vordertreffen  {principia 
■=3  prima  acies)  den  feind  in  der  offenen  rechten  flanke  hatte  {trans- 
vorsis  prindpiis)  und  die  reiterei  des  linken  flügeld  an  die  spitze 
kam'  (Wirz).  griff  Jugurtha  nun  an,  so  brauchte  blosz 'halt !  front!* 
commandiert  zu  werden,  und  das  beer  stand  in  der  richtigen  Schlacht- 
ordnung mit  dem  gesiebt  nach  dem  hügel  zu. 

3.   In  den  Orleaner  fragmenten  steht  col.  VIII  IH  nc  de  mis^ 
sione  mutarent  animoSy  quam  primum  moenia  corum  cum  omnibus 


ThOpitz:  zu  SalluBtius.  63 

copüs  aceessü.  fdr  die  gesperrt  gedruckten  worte  ist  verschiedeues 
Torgeschlagen  worden  (s.  Hanler  in  Wiener  studien  IX  [1887]  s.  29). 
das  einfachste  bleibt  mit  Hartel  (ebd.  s.  43)  zu  lesen:  ne  demis- 
8 tone  mutarent  animos  «=»  ^dasz  sie  nicht  an  stelle  der  nieder- 
geschlagenheit  Übermut  treten  lieszen'.  demissio  bezeichnet  also 
das  aufgegebene,  ankni  das  dafür  genommene,  die  construction  ist 
also  ganz  dieselbe,  wie  in  der  so  oft  behandelten  stelle  lug.  38,  10 
quia  moriis  mdu  mutahantur^  wo  für  mutahantur  alles  nur  er- 
denkliche vorgeschlagen  worden  ist.  ich  denke,  diese  beiden  stellen 
sind  wohl  im  stände  einander  zu  erklären  und  gegen  finderungsver- 
sache  zu  schützen. 

Dasselbe  gilt  von  col.  IX  18  und  lug.  88,  6.  an  der  erstem 
stelle  heiszt  es:  deinde^  uti  quisque  acciderat^  per  totam  urbem 
maximo  damare  tumuUum  faciunt,  statt  (Kciderat  vermutete  Hartel 
aceeperaiy  Heerwagen  und  Bücheier  accedebat.  die  richtigkeit  der 
Oberlieferung  wird  aber  erwiesen  durch  lug,  88,  6  quo  inprovisus 
gravior  accideret^  wo  Dietsch  'observationes  criticae  in  lugurthae 
partem  extremam'  (Grimma  1845)  s.  2  accederet  einsetzen  wollte, 
and  ebd.  107,  6  quia  de  inproviso  acciderant 

col.  X2  at  ÜU  .  .  cupere  pacem  et  conscientia  noxarum  tnetuere, 
ne  datis  armis  mox  tarnen  extrema  victis  patereniur.  hier  gibt  et 
keinen  sinn,  denn  es  ist  unmöglich  zu  sagen:  sie  wünschten  den 
frieden  und  befürchteten,  die  capitulation  würde  sie  doch  nicht  vor 
dem  ftuszersten  schützen,  der  gedanke  ist  vielmehr  folgender:  sie 
wünschten  zwar  den  frieden,  aber  sie  befürchteten  usw.  alsomusz 
sed  mit  Jordan'  gelesen  werden,  was  nach  Hauler  ao.  s.  30  von 
zweiter  band  übergeschrieben  zu  sein  scheint,  dafür  spricht  auch 
noch  der  umstand,  dasz  die  zweite  band  des  palimpsestes  auch  sonst 
das  richtige  bietet,  zb.  col.  X  11,  19  und  20;  XV  21;  XVII  9. 

col.  XI  5  ea  postquam  Pompeius  infenso  exercUu  adventare  com- 
pertus  est.  hier  zieht  Hauler  ao.  s.  44  ea  unter  vergleichung  von 
lug.  38,  6;  50,  6  und  Caesar  b.  Galt,  V  51,  4  zu  adventare.  aber 
an  allen  drei  stellen  steht  ea  nicht  auf  die  frage  ^wohin',  sondern 
*wo*.  daher  ist  es  zu  compertus  est  zu  construieren  =  'als  man 
dort  erfuhr,  dasz  Pompejus  im  anrücken  begriffen  sei',  demnach 
ist  die  conjectur  von  Jordan'  eae  überflüssig. 

col.  XVn  9  iamque  diebus  al^iquoty  per  dubitationem  (fritis}. 
die  ergänzuDg  entspricht  durchaus  dem  sinne,  aber  vielleicht  läszt 
sich  noch  etwas  angemesseneres  denken,  wenn  man  vergleicht  lug. 
62,  9  muUis  diebus  per  dubitationem  consumptis  und  Tac.  hist.  IV 
43,  12  consumptus  per  discordiam  dies,  so  liegt  der  gedanke  nahe, 
auch  an  unserer  stelle  consumptis  zu  ergänzen,  platz  hatte  dieses 
wort,  namentlich  wenn  wir  es  uns  mit  den  von  Hauler  ao.  s.  34  be- 
sprochenen abkürzungen  geschrieben  denken. 

Dresden.  Theodor  Opitz. 


64  WBöhme:  za  SallostiaB. 

lug.  97,  5  lautet  der  tezt  bei  Jordan:  pugna  latrodnio  magis 
quam  proelio  sitnüis  fieri,  sine  signis  sine  ardinibus  equites  peäUesque 
permixti  cedere  alius  älius  oUruncariy  mvUi  contra  advorsos  acerrume 
pugnantes  ab  tergo  circumveniri,  hierin  ist  aU%tö  cMus  (Linker  oHii 
alii)  und  oUnmcari  gegen  die  hss.  gesetzt ,  welche  aHios  äUas  und 
dbtruncare  bieten,  ihren  spuren  folgend  hat  AWeidner  in  den  'ad- 
versaria  Sallustiana'  (progr.  d.  gymn.  zu  Dortmund  1886)  8.  6  mit 
recht  caedere  alios  geschrieben,  nachdem  er  dann  auf  die  Unver- 
einbarkeit dieser  emendation  mit  dem  folgenden  äXias  obtruncare  hin- 
gewiesen, fährt  er  fort:  'quodsi  recordamur  equites  peditesqne  in 
aciem  processisse  permixtos,  hostes  alios  militum  vi  caesos,  alios 
equorum  ungulis  conculcatos  esse  colligitur.'  statt  des  hier  ge- 
brauchten concülcare  aber  wählt  er,  da  ein  wort  verlangt  werde, 
welches  ^litteris  ipsis  propius  accedat  ad  traditam  scriptoram,  rariore 
vero  usu  cum  obtruncando  facilius  permutari  potuerit'  das  composi- 
tum ohculcare ,  welches  bei  Livius  XXVII  14,  7  wie  auch  bei  Gate 
und  Varro  vorkomme,  allein  eines  seltenen  wertes  bedürfen  wir 
nicht;  es  genügt  das  bei  Sali,  zwar,  wenn  ich  nicht  irre,  fehlende, 
sonst  aber  nicht  ungewöhnliche  oh  t  er  er  e^  das  mit  equorum  ungulis 
(Weidners  ausdruck  oben)  bei  Curtius  IV  14,  14  sich  findet;  man 
beachte  auch  Livius  VII  23  ae.  adeo  praecipiti  turha  obtriti  pltures 
quam  ferro  necati.  in  das  bei  schlachtbeschreibungen  so  häufige ,  auch 
von  unserm  schriftsteiler  zuweilen  angewandte  obtruncare  gieng  oh- 
terere  vermutlich  zu  einer  zeit  über,  wo  caedere  noch  nicht* verdor- 
ben war. 

lug.  4,  5  nam  saepe  ego  audivi  Q.  Maxumum,  P.  Scipionem^ 
praeterea  civitatis  nostrae  praedaros  viros  solitos  ita  dicere^  cum  mato* 
rum  imagines  intuereniur ,  veJiementissume  sibi  animum  ad  virtutem 
accendi.  dazu  bemerkt  Weidner  ao.  s.  10,  Sali,  habe  entweder  nur 
die  Zeugnisse  bestimmter  personen  oder  die  meinung  des  gesamten 
adels  anführen,  ein  gemischtes  verfahren  aber  nicht  an weinden  können, 
ohne  die  bedeutung  der  einzelnen  aussagen  durch  die  erwähnnng  der 
herschenden  ansieht  abzuschwächen ;  daher  vermute  er  die  entstehung 
von  praeterea  aus  praeter  ceteros.  da  aber  das  dem  Sali,  in  anfzäh- 
lungen  geläufige  praeterea  auch  hier  an  sich  kein  bedenken  erwecken 
kann,  fa>o  vermisse  ich  nur  einen  ausdruck  für  ^andere',  dasz  alle 
hervorragenden  Römer  durch  das  anschauen  der  ahnenbilder  zur 
nacheiferung  angespornt  worden  seien,  hat  der  autor  schwerlich  ge- 
hört noch  geglaubt;  aus  diesem  gründe  verwerfe  ich  ceteri,  welches 
Sali,  überdies  niemals  mit  |>rae/erea  zut>ammenstellt ,  und  empfehle 
die  cinsetzung  von  alios ^  vgl.  lug,  100,  ^praäerea  alios^  84, 1  alia 
praeterea ,  auch  Cot.  47,  1  audire  sditum  .  .  P.  Äutronium  Ser.  Sul- 
lam  L.  Vargunteium,  muUos  praeterea  in  ea  coniuratione  esse^  und 
(ohne  praeterea)  lug.  85,  40  nam  ex  parente  meo  et  ex  aliis  sandis 
viris  ita  accepi.  unsicher  bleibt  allerdings,  ob  man  den  ausfall  eines 
alios  (wenn  man  nicht  multos  vorziehen  will)  besser  vor  oder  nach 
praeterea  anzunehmen  habe;  in  letzterm  falle  ist  es  möglich  dasz  zu- 


WBöhme:  zu  Sallustias.  65 

erst  citniatis  wegen  der  ähnlichkeit  seiner  endbuchstaben  mit  alios 
ausgelassen  wurde ,  später  aber  hinzugesetzt  dieses  verdrängte. 

lug.  88,  4  beschlieszt  Marius,  da  seine  siegreichen  gefecbte  mit 
Jugurtha  die  entscheidung  des  krieges  herbeizuführen  nicht  geeignet 
sind,  die  für  die  Numider  günstigsten  städte  einzeln  zu  umstellen 
und  wo  möglich  zu  erobern;  ittty  beiszt  es  dann  bei  Sali,  als  gedanke 
des  römischen  feldberrn ,  lugurtham  aut  praesidiis  mtdatum ,  si  ea 
pateretuTj  aut  prodio  certaturum,  die  erklärer  ergänzen  gewöhnlich 
aus  certaturum  ein  fore  für  nudatum.  Weidner  s.  H,  mit  Eritz  (1834) 
dies  misbilligend,  glaubt  die  Schwierigkeit  an  dieser  stelle  beseitigt 
2U  haben  durch  die  änderung  nttdaturum  ('ut  lugurtham  aut  prae- 
sidiis suis  nudaret  aut,  si  ea  non  pateretur,  in  periculum  universi 
proelii  adduceret').  indessen  würde  man  dann  nicht  prodio  certa- 
/urunt,  sondern  prodio  certare  coaäurum  erwarten  (vgl.  48, 1  lugurtha 
co€U^i4S  rerum  necessitudine  statuit  armis  certare)'^  zu  dieser  weitem 
teztumgestaltung  wird  sich  aber  niemand  ohne  not  verstehen,  zwei- 
tens hätte  Sali.,  wenn  man  den  schlusz  unverändert  läszt,  wahr- 
scheinlich mit  anderer  Wortstellung  im  anfang  ita  aut  lugurtJiam  . . 
nudaturum  ,  .  aui  prodio  certaturum  geschrieben,  ist  es  aber,  wie 
ich  mit  den  bisherigen  auslegern  glaube,  am  natürlichsten,  nicht 
Marius,  sondern  Jugurtha  als  das  subject  in  beiden  Satzgliedern  zu 
denken,  so  fehlt  in  unserm  text  eine  angäbe  darüber,  was  nach 
Marius  ansieht  der  könig  thun  werde ,  wenn  er  praesidiis  nudatus 
sei.  in  solcher  läge,  denke  ich,  blieb  dem  Jugurtha  nichts  übrig  als 
friedensunterhandlungen  anzuknüpfen,  leider  ist  der  Wortlaut  der 
von  uns  verlangten  ergänzung  nicht  festzustellen;  nur  rautmaszen 
kann  man,  dasz  ein  mit  -iurü  schlieszender  salz  wegen  der  ähnlich- 
keit dieser  endung  mit  dem  -tur  in  pateretur  ausgefallen  ist  (zu  dem 
doppelten  -urum  vgl.  50,  1  remoraturos  —  temptaturos).  im  übrigen 
ist  hier  eine  Wendung  mit  pax  {pacem  petere  gebraucht  Sali,  als 
'frieden  erstreben'  in  der  or.  Phü,  §  17,  in  der  bedeutung  'um  frie- 
den bitten'  aber  lug.  47,  3  pacem  orare),  mit  deditlo  {se  dedere?  tra- 
dereT),  vielleicht  selbst  mit  heUum  ('den  krieg  aufgeben')  oder  noch 
andern  werten  zulässig,  weiter  ab  läge  die  annähme,  dasz  auszer- 
dem  nach  dem  zweiten  aut  ein  si  non  pateretur  einzuschieben  sei. 

Cat,  55,1  postquam ,  ut  dixi,  senatus  in  Catonis  sententiam  dis- 
cessit,  consul  optumum  fadu  ratus  nodem  quae  instabat  antecapere^ 
ne  quid  eo  spatio  novardur^  triumviros  (tresviros)  quae  ad  supplicium 
postulabat  parare  iuhet,  ipse  praesidiis  dispositis  Lentulum  in  carcerem 
dedudt.  so  die  hss.  die  worte  von  tresviros  bis  iuhd  ändert  Weidner 
s.  2  in  tresviros  quoad  supplicium  postulabat  parere  iubet.  er  hält  es 
für  unwahrscheinlich,  dasz  jemand  das  von  den  bgg.  meist  ausgelassene 
ad^  durch  welches  consul  zum  subject  -^on  postulabat  wird,  in  den 
text  eingefügt  habe;  das  für  seine  conjectur  wichtige  verbum parere 
aber  entnimt  er  dem  Paris.  Sorb.  500,  in  welchem  es  nach  Jordan 
in  parare  corrigiert  ist.  allein  ebenso  leicht  wie  etwa  ein  ursprüng- 
liches parere  in  den  andern  hss.  m  parare  übergeben  konnte,  kann 

Jahrbücher  Hir  class.  philol.  1888  ha.  1.  5 


66  W Böhme:  zu  Sallustius. 

der  Schreiber  jenes  codex  in  letzterm  worte  von  -ra  auf  -re  abgeirrt 
sein,  wodurch  ein  doppeltes  -re  entstand,  ferner  trage  ich  bedenken 
dem  Sali,  die  formel  parere  iuheo  in  dem  von  dem  kritiker  verlangten 
sinne  zuzuweisen ,  da  pareo  in  der  bedeutung  ^auf  jemandes  befehl 
erscheinen,  aufwarten'  im  alten  latein  allerdings  üblich  gewesen  sein 
mag,  zur  zeit  unseres  autors  aber  wohl  dem  compositum  appareo  ge- 
wichen war,  vgl.  in  den  lexicis  appareo,  apparitor,  apparüio.  erst 
bei  Gellius  X  3, 19  {parere  iusserunt),  Spartianus  Fese.  7  (paruisset)^ 
Aur.  Victor  Caes.  2  ae.  (subst.  paritores,  in  Suet.  Äug.  49  nicht  vor- 
kommend) er&cheint  das  simplez  wieder,  welches  dberdies  (^servorum 
more*  Gellius)  mit  bezug  auf  die  accensi  (Weidner) ,  schwerlich  da- 
gegen von  magistratus  gebraucht  wurde ;  eine  annähme  zu  welcher 
der  ausdruck  senatus  attdoritati  parere  noch  nicht  berechtigt,  un- 
sicher ist  mir  ferner  in  Weidners  Vorschlag  quoad^  welches  bei  Sali, 
überhaupt  selten  (vgl.  Jacobs  zu  lug.  40,  9),  in  der  caniur.  Catü.  gar 
nicht  auftritt;  auch  eine  beschränkung  des  parere-  iubet  durch  den 
Satz  quoad  supplicium  postulahat ,  welche  der  erwähnte  gelehrte  da- 
mit zu  rechtfertigen  sucht,  dasz  die  tresviri  capitales  'non  omnino 
consulis  voluntati  erant  obnoxii',  erachte  ich  für  unnötig ;  ausreichend 
war  hier  ein  ad  supplicium  parere  iubet:  vgl.  bei  Spartianus  ao.  ad 
memoriam  und  ad  liheUos.  halten  wir  demnach  an  der  Überlieferang 
in  tresviros  .  .  parere  iubet ,  sowie  an  quae  und  supplicium  fest  and 
erinnern  wir  uns  an  die  functionen  der  tresviri,  so  lehrt  uns  eine 
vergleichung  ähnlicher  stellen,  dasz  Sali,  kaum  etwas  anderes  sagen 
konnte  als  'der  consul  heiszt  die  tresviri  alles  in  bereitschaft  setzen, 
was  für  die  hinrichtung  erforderlich  war',  ich  ziehe  hier  nur  heran 
Livius  XXXVII  18  pararique  quae  ad  transiium  UeUesponti  opus 
essent\  Caesar  b.  Gall.  I  3  constiiuerunt  ea  quae  ad  proficiscendum 
pertinebant  comparare;  Sali.  Cat.  32,  1  optumum  fadu  credens  .  . 
multa  antecapere  quae  bello  usui  forent . .  profedus  est  mit  §  2  Cdhego 
atque  Lentulo  .  .  mandat  .  .  caedem  incendia  .  .  pareni.  dasz  nun 
postulabat  aus  opus  erant  oder  pertinebant  an  unserer  stelle  irrtüm- 
lich hervorgegangen  sei,  ist  mir  fraglich,  nicht  minder,  ob  man  hinter 
der  Verbindung  ad  supplicium  ein  Substantiv  wie  mos  einzusetzen 
habe,  da  sich  mos  wenigstens  mit  postulat  nie  findet  {consududo 
postulat  steht  b.  Alex.  49).  vielmehr  darf  man  dem  Schriftsteller 
wohl  ein  supplicium  postulabat  zutrauen ,  vgl.  lug.  85,  44  quantum 
niei  mores j  non  iUorum  flagitia  poscebant  und  die  bekannten  Wen- 
dungen res  postulat ,  tempuSj  necessiias,  causa  ^  amicitia,  locus  Li^. 
V  47,  belli  usus  XXXIV  6.  das  überlieferte  ad  rührt  vielleicht  von 
einem  abschreiber  her,  der  postulabat  anfangs  verkehrt  als  opus 
era(n)t  las,  oder  dem  während  den  bcbreibens  ein  mit po^fu^rc  syno- 
nymer auddruck  einfiel,  der  gewöhnlich  mit  ad  construiert  wurde. 

In  Cat.  52,  29  trete  ich  VVeidners  prospera  omnia  cadunt  nicht 
bei,  k&e  vielmehr  mit  mehreren  bgg.  jjrospere  omnia  cedunt^  da  Sali, 
ja  prospere  und  sccus  cedere,  ercteres  Cat.  26,  5,  letzteres  lug.  20,  5 
sagt  und  die  endung  von  prospere  durch  die  von  omnia  leicht  ver- 


AKunze:  zu  Sallustius.  67 

derbt  werden  konnte,  in  Ing.  53^  5  ist  die  änderung  der  Über- 
lieferang durcb  jenen  kritiker  in  (fessi)  cfedique  wahrscheinlich 
richtig;  die  Umgestaltung  des  zweiten  adjectivs  zu  letique  ist  mög- 
licherweise im  hinblick  auf  laeti  §  8  erfolgt. 

Stolp  in  Pommern.  Wilhelm  Böhme. 


lug.  85,  47  wird  in  den  neuern  ausgaben  gelesen:  egomet  in 
agmine  aut  in  prodio  consuUor  idem  et  socius  periaUi  vobiscum 
adero ;  ältere  hgg.  haben :  egomet  in  agmine^  in  proelio  usw.  mit  aus- 
lassnng  von  atU.  erstere  lesart  beruht  auf  den  bessern  hss.,  scheint 
aber  trotzdem  nicht  die  richtige  zu  sein,  abgesehen  von  den  durch 
Kritz  und  Dietsch  dagegen  geltend  gemachten  bedenken  widerspricht 
die  lesart  in  agmine  aut  in  proelio  dem  sprachgebrauche  Sallusts, 
der  nach  einfachem  aut  die  präposition  nicht  wiederholt  (hier 
alle  stellen:  Cat.  20,  2;  31,  5  {causa)-,  49,  1.  4;  51,  27.  38;  61,  8 
igratia)]  lug.  17,  2;  40,  1  (2mal);  50,  6;  55,  1;  85,  10.  47;  or. 
Phü.  10;  or.  Cottae  12,  vgl.  auch  Fabri  zu  Cat.  49,  1;  lug.  49,  2 
ne  pauciores  cum  plurihus  aut  rüdes  cum  heUi  mdiorihus  manum  con^ 
sererent  kann  nicht  in  betracht  kommen,  da  hier  durch  hinzutritt 
des  neuen  subjects  rüdes  die  Wiederholung  der  präp.  bedingt  ist). 
mit  einer  leichten  änderung,  die  von  der  hsl.  Überlieferung  nicht 
weit  abweicht,  dürfte  die  stelle  zu  heilen  sein,  schreibt  man  nem- 
lich:  egomet  in  agmine  Kit^a  ut  in  proelio  usw.  (vgl.  CJat.  2,  3  si 
virtus  in  pace  ita  ut  in  hdlo  valeret),  so  heben  sich  einerseits  alle 
logischen  wie  grammatischen  Schwierigkeiten,  anderseits  schwindet 
der  bei  der  lesart  in  agmine,  in  proelio  durch  die  anaphora  der  präp. 
bewirkte  pathetische  ton  der  rede,  die  ganze  stelle  kommt  dadurch 
näher  an  Cat.  20,  16,  wo  derselbe  gedanke  durch  vel  imperatore  vel 
müite  me  utimini:  neque  animus  neque  corpus  a  voUs  dberit  ausge- 
drückt ist. 

Plauen  im  Vogtland.  Alfred  Kunze. 


8. 

DAS  RECIPROKE  VERHÄLTNIS 

BEI  CAESAR  DURCH  SE,  IPSI  SE  AUSGEDRÜCKT. 


Zu  Caesar  hG.  V  37,  6  nodu  ad  unum  omnes  .  .  se  ipsi  inter- 
ficiunt  hatte  ich  in  meiner  Schulausgabe  bemerkt:  'ungewöhnlich  für 
mortem  sihi  consciscunt,  wenn  nicht  se  ipsi,  wie  sonst  zuweilen 
bei  Caesar,  etwa  die  gegenseitigkeit  ausdrückt.'  an  der 
richtigkeit  dieses  meines  Zusatzes  hatte  BDinter  in  der  zs.  f.  d.  gw. 
1885  s.  113  gezweifelt,  da  dieser  so  gründliche  Caesarforscher  diese 
Spracherscheinung  nicht  kennt  und  ich  auch  in  den  grammatiken  sie 


5* 


68   BMenge:  das  reciproke  verh.  bei  Caesar  durch  ae,  %p9%  se  ausgedrficki. 

nicht  erwähnt  finde,  so  will  ich  die  fälle  hier  zusammenstellen,  auf 
grund  deren  ich  jene  bemerkung  beifügte:  hQ.  II  25,  1  confertos 
milites  sibi  ipsas  ad  pugnam  esse  itipedimento.  VI  37,  10  se  ipsi  ad- 
hortantur.  VII  28,  3  cum  angusto  exUupartarum  se  ipsi  premerenL 
70,  3  hastes  se  ipsi  multitudine  inpediunt.  soweit  herscht  die  Stel- 
lung se  ipsi]  aber  es  kommt  auch  vor  ipsi  se:  hG.  II  19,  6  u<  intra 
Suvas  aciem  ordinesque  constütterant  atque  ipsi  sese  confirmaverant\ 
ja  auch  se  allein  hG.  II  26,  1  tribunos  müUum  monuü^  utpaülatim 
sese  legiones  coniungerent.  mit  ausnähme  dieses  letzten  satzes  liegen 
hier  zweifellos  reciproke  Verhältnisse  im  strengsten  sinne  vor,  dh. 
die  subjecte  machen  sich  gegenseitig  zum  object  ihrer  thätig- 
keit.  merkwürdig  ist,  dasz  in  solchen  fällen  Caesar  das  sonst  übliche 
ifUer  se  nur  anwendet  bei  cohortari  dreimal  hG.  IV  25,  5.  VI  8,  1. 
40, 4.  confirmare  VI  2, 2.  contingere  VII  23, 3.  bc.  1 21, 3,  so  dasz  ich 
also  behaupten  kann:  das  eigentlich  reciproke  Verhältnis 
wird  bei  Caesar  entweder  durch  inter  se  oder  durch  se 
ipsi  ausgedrückt.*  unter  diesen  umständen  ist  man  auch  be- 
rechtigt hG.  V  37,  6  se  ipsi  interficiunt  reciprok  zu  fassen,  und  diese 
stelle  würde  dann  nicht  mehr  als  parallele  für  den  seltenen  fall  an- 
zuführen sein,  wo  se  interficere  steht  für  'sich  selbst  töten*. 

Noch  bleibt  das  zuletzt  aufgeführte  beispiel  hG.  11  26,  l  ut 
patUaiim  sese  legiones  coniungerent.  coniungere  pflegt  Caesar  sonst 
mit  inter  se  zu  construieren ,  vgl.  hc.  II  10,  3  has  (cölumdUis)  inter 
se  capreolis  .  .  coniungunt.  ebd.  II  2,  3  pedalibus  lignis  coniunctis 
inter  se.  hG.  VII  73,  4  quini  erant  ordines  coniuncti  inter  se  atque 
inplicati,  in  diesen  fällen  handelt  es  sich  um  ein  gegenseitiges  Ver- 
hältnis unter  bloszen  objecten,  die  in  ein  adverbiales  Verhältnis 
zu  einander  gebracht  werden,  während  II  26,  1  die  legionen  sub- 
j  ecte  sind,  die  sich  nicht  gegenseitig  zum  objecte  machen,  sondern 
sich  gegenseitig  in  ein  adverbiales  Verhältnis  bringen  (mit  einander), 
das  ist  allerdings  ein  unterschied;  aber  auffällig  bleibt  der  satz 
immer,  ich  habe  noch  keinen  andern  gefunden,  wo  sese  in  ähnlicher 
weise  reciprok  stände,  eine  änderung  des  teztes  vorzuschlagen  {pau- 
latim  inter  sese  könnte  vielleicht  verlesen  sein)  halte  ich  mich  aber 
nicht  für  befugt.  Caesar  bindet  sich  eben  nicht  an  unsere  gram- 
matikeu  und  Stilistiken;  es  genügt  ihm  verständlich  geschrieben 
zu  haben. 

*  bekanntlich  finden  sich  ancb  in  der  griechischen  prosa  die  pliirale 
der  reflexiva  bisw-ilen  für  dXXnXujv,  zh.  bei  Demosthenes  4,  10.  9,  21. 
▼gl.  KWKrüfirer  griech.  «pr.  §  51,  2.  16. 

Halle.  Rudolf  Menge. 


KBobrik:  anz.  v.  oeuvres  d'Horace  par  AWaltz,  69 

9. 

OEUVRES  D  HORAOE.  j^DITION  CLASSIQUE  TEXTE  PUBLl^  d' APRÄS 
LSS  TRAVAUX  LES  PLUS  R^OENTS  AYEO  UNE  NÖTIGE  BIBLIOORA- 
PHIQUE  ET  LITT^RAIRE  DES  REMARQUES  SUR  LA  LANQUE  ET  LA 
M^TBIQUE,  X7NE  I^TUDE  SUR  LES  MJ^TRES  LTRIQUES  D*  HORACE, 
DES  ARGUMENTS,  DES  NOTES,  DES  CARTES,  DES  PLANS,  DES  FIGURES 

ET  UN  INDEX  PAR  A.  Waltz.    Paris,  Garnier  fräres.    1887.  VIII 
u.  512  B.    8. 

Die  bearbeitung  des  Horatius  hat  unter  den  nationen  oft  ge- 
wechselt: Italien,  Deutschland,  Frankreich,  England,  Holland  haben 
der  reihe  nach  sich  ihr  zugewandt;  seltener  haben  sie  dieselbe  gleich- 
zeitig in  angriff  genommen,  während  des  letzten  Jahrhunderts  hat, 
abgesehen  von  verdienstvollen  forschungen,  die  sich  meistens  auf 
besondere  einzelne  punkte  oder  fragen  bezogen,  unzweifelhaft  Deutsch- 
land die  ftthrung  auf  dem  gebiete  der  niedem  wie  der  hohem  kritik 
übernommen :  denn  auch  was  in  Schweden,  Italien  und  besonders  in 
England  in  den  letzten  decennien  beachtenswertes  erschien,  hat  fast 
ausnahmslos  die  deutschen  arbeiten  zur  Voraussetzung,  um  so  mehr 
zieht  eine  in  Frankreich  neu  erschienene  ausgäbe  des  Hör.  unsere 
teilnähme  auf  sich,  die  sich  bemüht  den  anforderungen,  welche  die 
gegenwart  an  eine  solche  arbeit  stellen  darf,  gerecht  zu  werden,  be- 
ansprucht sie  selbst  nicht  eine  gelehrte  ausgäbe  zu  sein  'die  in 
Frankreich  noch  fehlt',  so  nimt  sie  doch  so  entschieden  Stellung  zu 
den  meisten  in  frage  kommenden  punkten,  dasz  sie  als  solche  in 
jeder  beziehung  beachtenswert  ist. 

Hr.  AWaltz,  früher  professor  am  lyceum  Charlemagne  in  Paris, 
gegenwärtig  an  der  Universität  Bordeaux,  hat  schon  in  j.  1881  in  Paris 
ein  werk  erscheinen  lassen  'des  variations  dela  langue  et  delametrique 
d'Horace  dans  ses  diff6rents  ouvrages'  (245  s.),  ebenso  verdienstvoll 
wie  in  Deutschland  wohl  noch  wenig  bekannt  bzw.  wenig  ausgenutzt. 
Waltz  ist  der  deutschen  spräche  vollkommen  mächtig  und  hat  sich 
die  mühe  nicht  verdrieszen  lassen ,  auch  die  kleinsten  einzelschriften, 
die  bei  uns  in  gestalt  von  Programmen  usw.  über  die  prosodischen 
und  metrischen  eigen tümlichkeiten  des  Hör.  erschienen  sind,  neben 
seinen  eignen  sorgfältigen  und  ausgedehnten  Studien  für  das  letzt- 
genannte werk  zu  berücksichtigen,  man  darf  vertrauen  in  letzterm 
ziemlich  alles  zu  finden ,  was  sich  zur  zeit  überhaupt  erwarten  läszt. 
seine  volle  Verwertung,  deren  das  buch  fähig  ist,  wird  es,  davon  bin 
ich  meinerseits  überzeugt,  erst  dann  finden,  wann  die  kritik  endlich 
einmal  gerecht  gegen  den  dichter  handeln  wird,  was  man  fast  aus- 
nahmslos jedem  andern  Schriftsteller  des  altertums,  ja  sogar  dem 
modernen  deutschen  classiker  zubilligt:  das  Zugeständnis,  dasz  er 
durch  die  band  eines  interpolators  zu  seinem  nach  teil  entstellt  sein 
kt^nne,  bzw.  entstellt  sei  —  diese  rücksicht  gewährt  man  heute  gerade 
demjenigen  dichter  nicht,  der  durch  sorgfältige  arbeit  nach  bewusten 
kunstgesetzen  und  durch  fleiszigste  feilung  wie  durch  die  handgreif- 


70  BBobrik:  anz.  v.  oeuvres  d^Horace  par  AWaltz. 

liebsten  und  schimpflichsten  fUlschungen,  denen  der  gegenwftrtij 
tezt  seiner  gedichte  {ca.  IV  8, 17.  sat.  U  3,  325  ua.)  unterlegen  u 
das  gröste  anrecht  auf  dieses  Zugeständnis  hat;  man  gewährt  es  ih 
nicht  blosz  nicht ^  nein,  man  macht  sich  auch  noch  ein  verdien 
daraus,  dasz  man  ihm  dieses  Zugeständnis  verweigert,  und  ist  stc 
darauf  dasz  man  dies  thut;  man  pocht  darauf  als  auf  ein  verdieof 
nachdem  die  grösten  kenner  des  altertums  wie  das  altertum  selbst  - 
ich  erinnere  nur  an  den  obelos  des  Probus  —  die  möglichkeit  in 
geradezu  das  Vorhandensein  solcher  textesverderbnisse  ohne  weiter 
als  selbstverständlich  vorausgesetzt  und  mit  ihm  gerechnet  haben,  ii 
will  mich  über  diese  frage  an  dieser  stelle  nicht  weiter  ergehei 
aussprechen  will  ich  nur,  dasz  einst  die  Verschiedenheiten  in  d 
Sprache  und  der  metrik  des  Hör.  sich  wichtiger  als  heute  und  € 
als  bedeutsame  fingerzeige  fUr  Interpolationen  erweisen  werde 
dabei  wird  das  in  rede  stehende  buch  von  Waltz  dann  um  so  braue 
barer  werden,  als  es  ohne  jedes  Vorurteil,  dh.  ohne  jede  rdcksic 
auf  die  bisherigen  ergebnisse  der  hohem  kritik  abgefiEtszt  ist. 

In  der  vorliegenden  bearbeitung  des  Hör.  beabsichtigte 
ein  buch  zu  geben ,  welches,  gestützt  auf  die  ergebnisse  der  arbeit« 
der  letzten  fünfzig  jähre,  nicht  sowohl  kritischen  zwecken  dien« 
als  vielmehr  zunächst  einen  fdr  schüler  (studenten  und  angeheni 
lehrer)  wie  ftlr  lehrer  gleich  brauchbaren  und  zuverlässigen  te 
bieten  und  auf  ihn  eine  genaue  und  strenge  erklärung  bauen  so 
für  diesen  ist  in  erster  reihe  der  text  der  editio  minor  von  Kell 
und  Holder  (1878)  maszgebend  gewesen,  der  Standpunkt,  w 
welchen  diese  ausgäbe  der  gröszem  gegenüber  sich  stellte ,  ist  b 
kannt,  und  damit  ist  also  auch  zum  grösten  teil  die  kritische  stc 
lung  bezeichnet,  die  W.  sich  gegeben  hat.  indem  er  diese  notiz  gib 
verzichtet  er  darauf  Varianten  und  kritische  noten  in  besonder 
abteilung  zu  bieten;  er  teilt  solche  nur  an  besonders  schwierig« 
stellen  mit.  für  die  erklärung  will  die  ausgäbe  in  den  unter  d< 
text  gesetzten  noten  alles  darreichen,  was  zur  lOsung  der  schwierij 
keiten  notwendig  ist,  oder  wenigstens  was  den  unentbehrlichst« 
Stoff  hierzu  darbietet,  nach  dem  Vorgang  der  ausgaben  von  Munn 
und  Wickham  in  England,  von  Kiessling  in  Deutschland  wird  t< 
jedem  gedichte  der  gedankengang  des  stückes  entwickelt. 

Die  einleitung  gibt  zunächst  einen  kurzen  lebensabrisz  d< 
dichters,  unter  dem  texte  litterarische  nachweise  dazu,  nach  der  nati 
der  Zusammenstellung  erwarten  wir  nichts  neues,  ich  kann  aber  d 
gelogenheit  nicht  vorübergehen  lassen ,  nicht  um  Waltz  sondern  u 
der  von  ihm  dort  nur  wiedergegebenen  herschenden  ansieht  entgegei 
zutreten,  die  sich  in  dem  satze  ausdrückt:  ^M6cene  fit  connalt: 
Hurace  ä  Octave,  envers  qui  le  podte  semble  avoir  conserve,  jusqu 
la  bataille  d'Actium,  des  sentiments  d'antipathie  et  de  r6pu 
sion.'  schon  die  blosse  erwägung  der  politiächen  Verhältnisse,  w 
sie  in  Rom  seit  dem  j.  42  vor  Ch.  sich  gestaltet  haben  müssen,  ve 
bietet  eine  solche  annähme  für  wahrscheinlich  zu  halten,    die  so, 


RBobrik:  ans.  v.  oeuvres  d^Horace  par  AWaltz.  71 

republicaniscbe  parte!  hatte  zunächst  jede  aussieht  verloren ,  jemals 
wieder  sich  der  lenkung  der  Staatsgeschäfte  bemächtigen  zu  können, 
neigungen,  welche  sich  etwa 'von  Octavianus  ab-  und  Antonius  zu- 
gewandt hätten,  muste  das  andauernde  verhalten  des  letztem  gründ- 
lich stören;  umgekehrt  muste  Octavianus  mit  jedem  tage  nicht  nur 
als  der  alleinige  retter  des  Staates,  sondern  sogar  als  derjenige  mann 
erscheinen,  der  die  ho£Fhungen  auf  persönliche  Sicherheit  und  frei- 
heit  allein  erfüllen,  der  dem  reiche  wieder  zu  ansehen  und  ehren  ver- 
helfen ,  seiner  Verfassung  ihre  republicaniscben  formen  wiedergeben 
könne;  auch  der  entschiedenste  republicaner  muste  unter  solchen 
umständen  ein  persönlicher  anhänger  Octavians  werden  können  und 
werden,  eine  gleiche  Wandlung  haben  wir  ja  selbst  erlebt  und  an- 
geschaut in  den  vielen  beispielen ,  in  denen  bei  uns  frühere  führer 
der  fiuszersten  demokratischen  linken  (1848)  begeisterte  anhänger 
und  hingebende  Werkzeuge  des  kaisen'eichs  geworden  sind,  nachdem 
dieses  einmal  neu  erstanden  war.  weshalb  ?  weil  dieses ,  wenn  auch 
in  einer  andern  als  der  in  politisch  unreifer  zeit  erträumten  form 
erfftllte^  was  nur  irgend  schwärmerische  Vaterlandsliebe  hatte  er- 
sehnen können,  wo  mächtige  ereignisse  reden ,  da  bedarf  es  eben 
nicht  langes  nachdenkens  und  langer  Überlegung,  um  zur  erkenntnis 
zu  kommen :  so  darf  uns  kaum  die  sichere  thatsache  befremden,  dasz 
Hör.  möglichst  bald  nach  seiner  rückkehr  nach  Bom  seine  bis  dahin 
unabhängige  Stellung  sei  es  freiwillig  sei  es  notgedrungen  aufgab 
und  ein  staatsamt  annahm,  war  nun  überhaupt  noch  viel  räum  für 
persönliche  neigungen  und  abneigungen?  dazu  rechne  man  endlich, 
dasz  Hör.  schon  nach  drei  jähren  den  zugang  zu  einem  der  nächsten 
freunde  Octavians  fand  und  vorübergebend  oder  andauernd  in  dessen 
persönliche  dienste  trat ,  dienste  in  denen  er  wohl  oder  übel  selbst- 
redend mit  ausführen  helfen  muste,  was  Mäcenas  etwa  im  auftrag 
oder  in  Stellvertretung  Octavians  that  {sat  II  6,  38).  befand  sich 
denn  nun  Hör.,  ein  wie  groszer  dichter  er  immerhin  später  geworden 
sein  mag,  damals  doch  vermögenslos,  politisch  compr emittiert,  in 
einem  untergeordneten  amte  stehend,  persönlich  vereinzelt  und  ein- 
fluszlos,  etwa  in  einer  läge,  in  der  er  gegen  den  allmächtigen  Oeta- 
vian  Stellung  nehmen  konnte?  wäre  eine  solche  überhaupt  mit  seinem 
Verhältnis ,  in  welches  er  zu  Mäcenas  trat ,  vereinbar  gewesen  ?  ich 
behaupte  dasz  dies  durchaus  unmöglich  war.  aber  nicht  blosz  diese 
crwägungen  lassen  die  übliche  annähme  als  unhaltbar  erscheinen, 
wir  haben  ja  Urkunden,  die  das  gegenteil  erweisen,  auch  wer  mit 
gewalt  die  äugen  gegen  den  längst  erbrachten  beweis  verschlieszt, 
dasz  epod,  9,  27 — 38  von  v.  1  — 26  (20)  zu  trennen  und  in  das  j.  36, 
in  die  zeit  nach  dem  siege  über  Sextus  Pompejus  bei  Naulochus  zu 
setzen  ist,  musz  zugeben,  dasz  die  worte  ut  nuper  {vidore  laetus 
Caesare)  usw.  sich  jedenfalls  auf  diese  zeit,  auf  das  j.  36 
beziehen,  damit  ist  aber  festgestellt  und  erwiesen,  dasz  die  voll- 
ständige aussöhnung  des  dichters  mit  den  nach  der  scblacht  bei 
Philippi  gewordenen  Verhältnissen  nicht  etwa  erst  in  das  j.  31  oder 


72  RBobrik :  anz.  v.  oeuvres  d'Horace  par  AWalU. 

gar  noch  später  zu  setzen  ist,  sondern  dasz  man  sie  mehr  oder  min- 
der gleichzeitig  mit  seiner  rückkehr  nach  Bom  anzunehmen  hat. 
darf  man  doch  auch  kaum  die  ihm  gewährte  amnestie  an  eine  andere 
Voraussetzung  als  an  diese  knüpfen,  zu  der  falschen  auffassung  des 
wahren  Sachverhältnisses  mag  besonders  Suetonius  anlasz  gegeben 
haben,  ich  äuszere  mich  über  seine  anstöszige  lebensbeschreibong 
des  Hör.  bei  einer  andern  gelegenheit. 

Die  Schenkung  des  landgutes  setzt  W.  in  das  j.  34.  auf  eine 
kurze  Übersicht  über  die  entstehungszeit  der  einzelnen  bücher  (35/34, 
30/29,  24/23,  20,  17,  nach  13  usw.)  folgen  nachrichten  über  die 
wichtigsten  band  Schriften  und  ausgaben;  Keller  und  Holder 
finden  die  bei  uns  geltende  wtlrdigung,  und  die  neuesten  ausgaben 
von  Schütz,  Hirschfelder,  Kiessling  haben  neben  denen  von  Dillen- 
burger,  Fritzsche,  LMüller,  CNauck  und  Krüger  dem  hg.  bereite 
vorgelegen. 

Am  Schlüsse  dieses  abschnittes  nimt  W.  Stellung  zu  der  frage 
nach  der  ursprünglichkeit  der  überlieferten  form  der  gedichte. 
er  sagt,  dasz  sicherlich  Veränderungen  des  ursprünglichen  textee 
stattgefunden  haben,  hält  aber  allerdings  die  thatsächlich  festge- 
stellten für  wenig  zahlreich,  eine  concession  mit  der  man  einstweilen 
zufrieden  sein  kann  und  die  jedenfalls  von  Unbefangenheit  und 
wissenschaftlicher  einsieht  zeugt. 

Das  zweite  capitel  der  einleitung  beschäftigt  sich  mit  der 
spräche  und  der  metrik  des  Hör.  bezüglich  der  erstem  werden 
die  archaismen,  die  griechischen  formen,  die  syntax  der  casus ,  der 
Zeiten  und  modi  und  besondere  constructionen  und  figuren  zu- 
sammengestellt, die  Übersicht  über  die  metrischen  und  prosodischen 
eigentümlichkeiten  ist  besonders  für  diejenigen  von  Wichtigkeit, 
welche  sich  hierfür  des  oben  erwähnten  buches  von  W.  nicht  bedienen 
wollen ;  ich  wüste  nicht ,  dasz  in  so  gedrängter  form  sich  anderswo 
eine  stofflich  so  vollständige  Zusammenstellung  des  wichtigsten  aof 
diesem  gebiete  fände,  die  einleitung  schlieszt  mit  einer  aufführung 
der  von  Hör.  angewandten  vers-  und  Strophenarten,  die  in  ebenso 
verständiger  wie  leicht  übersichtlicher  weise  auf  den  grundsätzen  der 
rhythmischen  metrik  aufgebaut  ist.  im  vorbeigehen  merke  ich  an^ 
dasz  wie  ich  so  auch  Waltz  —  der  erste  teil  meines  'Horaz'  hat  ihm 
wenigstens  bei  ca.  IV  11  schon  vorgelegen  —  in  dem  sog.  Hippo- 
nacteum  (II  18)  wie  es  scheint  nut  neun  trochäen  erkennt,  die 
durch  die  cäsur  hinter  der  siebenten  silbe  geteilt  werden,  dasz  da- 
neben eine  durch  alle  verse  durchlaufende  zweite  cäsur  den  vers 
in  zwei  Zeilen  von  je  sechs  und  drei  trochäen  zerlegt,  habe  ich  ao. 
s.  271  dargelegt,  aber  es  glaubt  ja  heute  noch  fast  jedermann  den 
willkürlichen  theorien  der  unmusicalischen  nachclassischen  gram- 
matiker  mehr  als  den  versen  des  Hör.  .selbst  (vgl.  dagegen  ua.  Wila- 
mowitz  in  den  philolog.  unters,  hefk  9  s.  7  f.). 

Wie  der  titel  es  verspricht,  enthält  das  buch  auch  abbildungen^ 
karten  und  plane,    von  ersteren  finden  wir  darin  zu  ca.  I  11  den 


BBobrik :  anz.  y.  oeuvres  d'Horace  par  AWaltz.  73 

sitzenden  Juppiter,  zum  ca.  saec.  den  Apollo  von  Belvedere  und 
die  Diana  des  LouvrO;  zu  ca.  I  1,  23  den  liiv/us^  die  tuba^  tibia  und 
den  flGtenspieler,  zu  HE  11  die  verschiedenen  formen  der  Ijra,  zu 
I  14  die  antefmae^  zu  III  21  amphorenträger,  zu  III  25  Bacchus  und 
sein  gefolge,  zu  epod,  1  die  navis  turrüa,  an  karten  und  planen 
finden  wir  zu  epod.  5  einen  plan  von  Rom  zur  kaiserzeit,  zu  sat.  I  5 
das  Üer  Brundisinufn  und  die  heimat  des  Hör.  nach  Desjardins ,  zu 
sitf.  I  9  einen  plan  des  forum  unter  der  republik,  zu  11  6  ein  kärt- 
chen  von  Tivoli  und  von  der  villa  des  Hör.  nach  Walckenaer  und  No6l 
des  Vergers ;  zu  derselben  satire  den  Thrax  und  mirmiUo ,  zu  II  8 
die  nenn  plfttze  bei  tische;  zu  a.  p.  179  ff.  einen  plan  des  theaters  in 
Herculaneum,  tragische  masken,  die  uncia,  das  as  und  das  halbe  as. 
berichterstatter  las  neulich  die  frage  aufgeworfen,  in  wie  weit  die 
Schulbücher  abbildungen  enthalten  dürfen,  sie  wurde  meines  er- 
achtens  richtig  dahin  beantwortet,  dasz  das  Schulbuch  kein  bilder- 
bnch  werden  soll;  nur  so  viel  dürfe  durch  bilder  ua.  veranschau- 
licht werden,  als  ohne  dieselben  nicht  verständlich  sei.  man  wird 
nicht  behaupten  können ;  dasz  die  damit  gesteckte  grenze  hier  über- 
schritten sei;  sind  auch  nicht  gerade  alle  abbildungen  unumgänglich 
notwendig ,  so  werden  sie  doch  auch  keine  gefahr  bringen  den  leser 
zu  zerstreuen ,  um  so  weniger  als  sie  in  einfachster  linearer  manier 
gehalten  sind. 

Füge  ich  noch  hinzu,  dasz  mehrere  zweckmftszige  register  das 
bach  abschlieszen ,  so  glaube  ich  den  rahmen  des  ganzen  damit  voll- 
endet zu  haben ;  es  bleibt  mir  übrig  an  einzelnen  beispielen  die  grund- 
sfttze  zu  veranschaulichen ,  von  denen  W.  sich  hat  leiten  lassen,  ich 
merke  zunächst  einige  lesarten  an,  für  welche  sich  W.  in  vielbespro- 
chenen stellen  entschieden  hat.  ca.  I  2,  39  acer  et  Mauri  unter  Ver- 
weisung auf  Strabon  XVII  3,  7  ua.  'c'ötaient,  dit  M.  Benoist,  les 
turcos  de  Tarm^e  romaine.'  II 6, 18  et  amicus  Auton  fertili  Bacchd, 
III  3,  34  ducere  nectaris  succos.  4,  9  f.  Apulo  .  .  Äpuliae.  5,  17  si 
nonperiret.  IV  2,  2  ille,  8,  12  muneris.  sat,  I  6, 126  fugio  rabiosi 
tempora  signu  man  sieht,  W.  wählt  selbst  beiden  Keller-Holderschen 
ausgaben  gegenüber  seine  lesarten,  wenngleich  er  ausdrücklich  be- 
merkt, dasz  er  im  allgemeinen  der  kleinern  derselben  folgt;  bei 
ducere  {ca.  III  3 ,  34)  schlieszt  er  sich  dabei  allerdings  dem  Avenio- 
nensis  und  Farisinus  7900*^  an. 

Ca.  I  1  teilt  W.  in  vierzeilige  Strophen,  so  dasz  er  1.  2.  35.  36 
in  dieselben  einbegreift,  zu  I  9.  14.  II 18  usw.  werden  die  Alkaios- 
fragmente  abgedruckt,  und  W.  bemerkt  nach  dem  bruchstück  des 
Simonides  {ca.  III  2,  7):  'chose  curieuse,  le  vers  25  traduit  un 
autre  fragment  du  möme  poöte:  IcTi  Ktti  ciTäc  dKivbuvov  "^ipac* 
ich  glaube,  wenn  sich  mehr  von  den  Vorbildern  des  Hör.  erhalten 
hätte,  würden  wir  uns  über  dergleichen  vereinzelte  Übereinstimmungen 
weniger  wundern :  denn  ein  sehr  groszer  teil,  eine  bedeutend  gröszere 
anzahl  als  gewöhnlich  angenommen  wird,  zunächst  wenigstens  der 
öden  würde  sich  nach  meiner  Überzeugung  dann  in  jbrer  ganzen  aus- 


74  RBobrik:  anz.  v.  oeuvres  d*Horace  par  AWaltz. 

dehnung  einfach  als  nachbildungen  erweisen.  —  Zu  oa.  I  3,  1  6 
merkt  W.  an:  'la  construction  r6gulidre  serait:  sie  .  .  lapyga,  i 
reddas]  au  lieu  de  cette  formule  consacr^e,  Horace,  par  une  am 
coluthe,  adopte,  dans  la  seconde  partie  de  la  p^riode,  la  toumure  ( 
rimp6ratif.*  —  Bei  der  behandlung  von  112  folgt  W.  der  von  Chri 
vorgeschlagenen  teilung  der  ode  in  3  X  5  Strophen  nich  t. 

Dasz  W. ,  der  genaue  kenner  des  Hör.,  sich  durchaus  nicl 
ganz  ablehnend  gegen  das  Zugeständnis  von  interpolationen  verhftl 
habe  ich  bereits  erwähnt,  ich  stelle  dies  um  so  lieber  fest,  als  kür 
lieh  ein  herausgeber  des  Hör.  sogar  die  teilbarkeit  der  öden  in  vie 
Zeilen  als  eine  erwiesene  oder  für  uns  wichtige  thatsache  ablehnt 
womit  also  schlieszlich  auch  ca.  IV  8, 17  stehen  bleiben  könnte.  i( 
möchte  fragen,  wozu  dann  noch  weiter  kritik  irgend  weicherar 
wozu  dann  noch  Wissenschaft  und  der  glaube  an  irgend  welche  ve 
dienstlichkeit  wissenschaftlicher  forschung  auf  diesem  gebiete ;  woa 
dann  noch  lesarten  wählen  oder  verzeichnen,  es  ist  ja  jede  d< 
letztem  in  irgend  welcher  weise  zu  stützen,  und  wenn  alles  möglic 
sein  soll,  weshalb  soll  Hör.  dann  nicht  auch  einen  historische 
Schnitzer  begangen  oder  *zur  abwechslung'  (!)  auch  einmal  de 
Asclepiadeus  keine  cäsur  gegeben  haben?  hat  Catullus  sie  do< 
auch  vernachlässigt. 

Dasz  nun  zwar  W.  irgend  welchen  vers  als  untergeschoben  an 
gelassen  hätte,  dessen  vermag  ich  mich  nicht  zu  entsinnen,  desi 
häufiger  finden  wir  aber  anmerkungen,  aus  denen  sich  entnehme 
läszt,  dasz  W.  unter  umständen  athetesen  einen  nicht  ganz  unb 
trächtlichen  räum  geben  würde,  zu  ca.  I  1,  1.  2.  35.  36  schweif 
er.  zu  I  6  quis  Martern  usw.  beregl  er  die  bekannten  bedenken  ui 
erwähnt,  dasz  die  strophe  von  Peerlkamp  ua.  verworfen  worden  se 
er  schlägt  vor  sie  mit  qui  (dh.  Yarius)  statt  quis  unmittelbar  ai 
die  erste  strophe  folgen  zu  lassen  (ich  bemerke  dasz  qui  sich  dan 
zunächst  an  mües  anschlieszen  würde),  zu  ca.  I  7  merkt  W.  an,  dai 
^einige  hss.  und  einige  ausgaben'  mit  unrecht  diese  ode  getei 
haben,  ich  darf  vermuten,  dasz  W.  bei  bearbeitung  dieser  ode  mei 
nachweis  (ao.  I  s.  58  ff.),  dasz  die  ode  in  der  that  aus  zwei  stücke 
absichtlich  in  6ine  zusammengeschweiszt  sei ,  noch  nicht  Vorgelege 
hat:  denn  in  seiner  kritik  meines  buches  (annales  de  la  facult6  d< 
lettres,  Bordeaux  1886,  n.  2)  weist  er  ausdrücklich  auf  jene  stelle  a 
beachtenswert  hin,  in  der  ich  nachgewiesen  habe,  dasz  mit  v.  15  nac 
dem  Zeugnis  desCaesiusBassus  eine  andere  art  des  Archilochische 
tetrameters  beginne.  *  —  Über  die  doppelte  natur  von  ca.  I  9  wii 
nichts  angemerkt;  ebenso  nichts  über  die  echtheit  (?)  von  I  20  un 
24,  1 — 4;  jedoch  sagt  W.  zu  ergo  v.  5,  dasz  der  dichter  hier  de 

*  wenn  W.  ao.  sagt,  ich  hütte  das  Tcrsmass  von  III  12  dem  metm 
Horatianum  gleichgentellt,  so  bemerke  ich  an  dieser  stelle,  dasz  nicl 
ichf  sondern  derjenige  ordner,  der  die  gedichte  des  dritten  buche 
wie  ich  nachgewiesen  habe,  in  triaden  ordnete,  dies  that  und  dai 
darum  su  teilen  «ei: 


BBobrik:  anz.  v.  oeuvres  d*Horace  par  AWaltz.  75 

Yon  der  Mose  erbetenen  trauergesang  beginne.  1 28  ist  die  anspräche 
des  Schattens  eines  im  meere  umgekommenen,  6in  gedieht,  zu  wel- 
chem Hör.  durch  einen  von  ihm  selbst  an  dieser  küste  erlebten  Schiff- 
bruch veranlaszt  zu  sein  scheint,  ich  vermisse  den  nach  weis,  auf 
welche  stelle  des  dichters  oder  auf  welche  sonstige  notiz  sich  diese 
Vermutung  stützen  könnte :  denn  ca.  III  4,  28  läszt  sich  doch  nicht 
ftir  Tarent  oder  das  adriatische  meer  heranziehen.  —  Auch  I  31, 
9 — 16  erhält  keine  kritische  note.  dagegen  wird  II  20  als  mehr- 
seitig angezweifelt  und  mehrfach  verdacht  erregend  bezeichnet. 
III  1 — 6  sind  W.  als  einheitliche  gedichte  erkennbar  und  vielleicht 
sogar  zu  verschiedenen  zeiten  geschrieben.  —  Wie  man  annehmen 
kQnne,  in  11  ae.  sei  von  Ovidius  nachgeahmt,  nicht  umgekehrt,  Ov. 
sei  das  original,  wie  man  also  vermuten  könne,  dasz  das  verständliche 
eine  nachahmung  des  unverständlichen  sei ,  ist  mir  unfaszbar :  vgl. 
meine  parallelen  aus  Ovidius  zu  1 10  ao.  I  s.  201  und  zu  UI 11  ebd. 
8.  31 1  ff.  —  lU  19, 11  wird  noch  auf  Li cini us  Murena  bezogen,  un- 
zweifelhaft deutet  aber  die  drei-  oder  neunzahl  der  becher  auf  die 
drei  silben  oder  neun  buchstaben  des  Terentlus  Murena,  wie  ich 
ao.  I  s.  352  nachgewiesen  habe.  —  UI  17,  2 — 5  wird  angezweifelt, 
nicht  aber  IV  4,  17 — 20,  bei  welchen  versen  W.  Oesner  folgt;  je- 
doch verweist  er  dabei  auf  III  17,  2— 5.  bezüglich  IV  8,  der  einzigen 
ode  die  sich  nicht  in  vierzeilen  zerlegen  lasse,  war  von  W.  schon  in 
der  einleitung  bemerkt,  dasz  sie  ^apokryph  oder  durch  einschiebungen 
gestört'  sei.  W.  beläszt  sie  daher  ohne  strophische  teilung,  merkt 
aber  aufs  neue  an,  dasz  verschiedene  Schwierigkeiten  auf  tiefe  Stö- 
rungen schlieszen  lassen,  trotzdem  wird  incendia  als  'stürz,  unglück' 
gedeutet,  ev.  auf  den  brand  des  lagers  des  Hasdrubal  und  Sjphax, 
nicht  aber  auf  den  brand  Karthagos  selbst  bezogen.  —  Auch  W.  er- 
kennt mit  mir  in  IV  12,  1 — 12  die  nachbilduug  eines  griechischen 
gedichtes,  das  im  osten  gedichtet  ist,  stellt  zur  zweiten  hälfte  eben- 
falls Catulls  c.  13  cenäbis  hene  in  parallele  und  merkt  zu  v.  12  an: 
'peut-6tre  faut-il  avec  quelques  savants  voir  ici  le  commencement 
d'une  deuxidme  ode  (Sivry,  Bobrik).' 

Ich  habe  mich  im  vorstehenden  bemüht  das  werk  des  hm.  W. 
möglichst  anschaulich  dem  leser  vorzuführen,  nur  6ines  fehlt  noch 
um  das  bild\u  vollenden,  ein  charakteristischer  zug,  der  seine  aus- 
gäbe wesentlich  von  den  unsem  unterscheidet,  aber  bei  unsem 
nachbarn  drüben  allgemein  üblich  ist.  die  ausgäbe  ist  nicht  voll- 
ständig, sondern  zugestutzt:  alle  für  die  Jugend  etwa  anstöszigen 
stellen  sind  ausgemerzt  und  eine  ganze  reihe  der  öden  überhaupt 
nicht  behandelt,    so  kommt  es  dasz  wir  in  dem  lyrischen  teile  des 


miserarum  est  neque  amori 
dare  ludum  neque  dulci  mala  vino 

lavere  aut  exanimari 
metuentes  pairuae  verbera  linguae , 
eine  Ordnung   welche  auch  andere  Zeugnisse  des  altertums  als  die  allein 
zulässige  erweisen. 


76     RBobrik :  anz.  ^.  oeuvres  d'Horace  par  AWaltz.  —  Berichtigung. 

dicbters  nur  97  von  121  gedichten,  in  den  übrigen  werken  die  ein- 
zelnen etwa  anstöszigen  stellen  nicht  finden,  der  berichterstatter 
kann  dies  ans  mehreren  gründen ,  die  der  entwicklung  bei  uns  wohl 
nicht  bedürfen ,  nur  bedauern,  begreiflich  findet  er  dies  verfahren 
unter  umst&nden  gleich  denjenigen,  welchen  Desprez  bei  seiner 
ausgäbe  rechnung  tragen  muste.  aber  wenn  bei  uns  von  jeher  alle 
hgg.  ihre  ausgaben  unverkürzt  veranstaltet  und  tausende  von  ehren- 
werten Schulmännern  sie  vielen  zehntausenden  von  schülem  ohne 
schaden  in  die  bände  gegeben  haben,  sollte  dasselbe  bei  schülem 
selbst  heiszem  blutes  nicht  möglich  sein?  der  berichterstatter  be- 
dauert es  wesentlich  im  interesse  der  Wissenschaft,  welche  mit  einer 
verstümmelten  ausgäbe  nicht  gern  rechnet:  es  fehlt  ihr  die  stati- 
stische Vollständigkeit,  und  so  oft  man  bei  einem  hg.,  den  man  achtet, 
auf  eine  lücke  stöszt,  fühlt  man  sich  beeinträchtigt,  geschädigt,  wir 
gehen  aus  jenem  gründe  nun  auch  einiger  gedichte  verlustig,  die 
ich  geneigt  bin  für  beste  lyrische  poesie  zu  halten,  ohne  doch  den 
grund  für  die  Zurücksetzung,  die  sie  erfahren,  recht  einzusehen  oder 
zugeben  zu  können ;  ich  nenne  nur  ca.  III  26  und  I  23.  in  meinem 
'Horaz'  habe  ich  s.  441  ca.  lY  11  als  aus  zwei  in  jeder  beziehung 
grundverschiedenen  gedichten  bestehend  nachgewiesen.  W.  druckt 
nur  V.  1 — 20  ab,  zweifellos  weil  ihm  v.  21  —36  des  inhalts  wegen 
anstöszig  erscheinen;  so  wird  denn  auch  hier  wieder  indirect  die 
Selbständigkeit  von  IV  11, 1 — 20  erwiesen :  denn  W.  läszt  die  punkte 
welche  eine  lücke  andeuten  weg,  und  niemand  der  das  gedieht  nicht 
Itennt  wird  die  weggelassenen  Strophen  vermissen. 

Die  arbeit  des  hm.  Waltz  erreicht  jedenfalls  in  den  meisten  be- 
ziehungen,  was  sie  beabsichtigt;  sie  gibt  einen  guten,  gereinigten 
text,  eine  ausreichend  belehrende  einftthrung,  eine  knappe  aber 
wissenschaftlich  wohlbegründete  auslegung  und  eine  besonnene  er- 
klärang.  wir  wünschen,  dasz  sie  bald  eine  neue  aufläge  erleben 
n^Og^i  gelegentlich  welcher  es  dann  auch  möglich  sein  wird  eine 
nicht  unbedeutende  anzahl  von  störenden  druckfehlem  zu  beseitigen. 

Belgard.  Rudolf  Bobrik. 


10. 

BERICHTIGUNG. 


In  dem  kürzlich  erschienenen  werke  von  Adolt  Boetticher  'die 
Akropolis  von  Athen'  (Berlin  1888,  vertage  von  Julius  Spriiifrer)  ist  durch 
ein  versehen  bei  der  drucklegung  des  Verzeichnisses  der  liilinichen  dar- 
stellunf^en  unterblieben  darauf  hinzuweisen,  dasz  eine  anzabl  (27)  figuren 
dem  maszgebenden  werke  des  oberbaurat  JDurm  ''handbuch  der  archi- 
tektur,  bd.  II  die  baukunsi  der  Griechen'  entnommen  ist.  es  erfolgt 
diese   berichtigung   hier  nachträglich  auf  wünsch  der  verlagshandluug. 


MManitius:  über  eine  Trierer  Caesarhandschrift.  77 

11. 

ÜBER  EINE  TRIERER  CAESARHANDSCHRIFT. 


Im  beginne  des  zwölften  jh.  entstand  in  Trier  jenes  grosze  ge- 
schichtswerk,  welches  unter  dem  namen  'gesta  Treverorum'  bekannt 
ist  und  eine  erstmalige  kritische  ausgäbe  durch  Waitz  (mon.  Oerm. 
bist.  SS.  VIII  s.  111 — 174)  erfahren  hat.  der  erste  teil  dieses  Wer- 
kes ist  ohne  jeden  wert  für  die  geschichte:  der  anonyme  Verfasser 
bemtlht  sich  einen  stammheros  fdr  seine  stadt  aufzustellen ;  er  findet 
ihn  in  einem  angeblichen  söhne  des  Ninus  namens  Trebetas. '  völlig 
sagenhaft  bleibt  dann  die  weitere  erzählung,  bis  in  c.  7  die  einfiLlle 
der  Gallier  —  denn  für  unsern  autor  sind  Gallier  und  Trierer  eines 
und  dasselbe  —  in  Oriecbenland  an  der  band  Justins  (XX  5.  XXIV 
4.  5.  XXV  2)  berichtet  werden,  weitere  stammessage  wird  darauf 
in  c.  8  erzählt,  es  folgt  nun. in  c.  9 — 12  eine  äuszerst  eingehende 
Schilderung  der  beziehungen ,  in  welche  die  Römer  zur  zeit  Caesars 
zu  den  Trevirem  getreten  sind,  und  zwar  ist  dieselbe  direct  aus 
Caesar  de  b.  QaU,  entnommen,  die  h&lfte  dieses  berichtes  bilden  die 
nachrichten  Caesars  über  die  sitten  und  einrichtungen  der  Gallier, 
und  hier  fand  sich  der  autor  genötigt  das  prftsens  Caesars  in  die 
Vergangenheit  umzuwandeln,  hiervon  abgesehen  schreibt  der  autor 
seine  quelle  wörtlich  ab,  es  finden  sich  nur  wenig  Zusätze  und  aus- 
lassungen,  und  aus  diesem  gründe  erhalten  die  capitel  9 — 12  den 
wert  einer  handscbrift  für  die  betrefifenden  teile  bei  Caesar,  es  gilt 
nun  diese  hs.  nach  alter  und  beschafifenheit  näher  zu  untersuchen. 

Waitz  hat  in  der  vorrede  zu  seiner  ausgäbe  (s.  118 — 122)  sehr 
wahrscheinlich  gemacht,  dasz  der  bis  zum  j.  1101  reichende  erste 
teil  der  ^gesta  Treverorum'  in  seiner  uns  vorliegenden  gestalt  sehr 
bald  nach  dem  j.  1101  verfaszt  ist,  da  einige  wenig  später  geschrie- 
bene Trierer  geschichtsquellen  nicht  darin  benutzt  worden  sind,  die 
hs.  würde  danach  spätestens  saec.  XI  anzusetzen  sein,  dh.  in  eine 
zeit  wo  man  sich  schon  vielfach  mit  dem  abschreiben  von  Caesars 
commentarien  beschäftigt  hat.  und  das  dürfte  auch  zu  der  ganzen 
beschafifenheit  der  hs.  stimmen :  denn  dieselbe  nimt  eine  mittelstel- 
lung  zwischen  der  ersten  und  zweiten  hss.-classe  ein.    so  finden  sich 

^  die  schandthaten  der  Semiramis  erfahren  hier  eine  eigentümliche 
erweiterung.  während  von  dem  bei  Jastinus  I  1,  10 — 2,  11  genannten 
söhne  Ninya  nur  der  name  erwähnt  wird  (c.  1),  wird  erzählt  dasz  Semi- 
ramis ihren  Stiefsohn  Trebetas,  den  söhn  des  Ninus  und  einer  chal- 
däischen  fürstin,  nach  dem  tode  des  Ninus  zum  gemahl  hegehrt  habe. 
Trebetas  habe  sich  aber  geweigert  und  sei  von  der  in  leidenschaft  ent- 
brannten frau  so  lange  verfolgt  worden,  bis  er  aus  dem  väterlichen 
reiche  geflohen  sei.  auf  Grosius  geht  das  nicht  zurück,  obwohl  der 
Verfasser  noch  kurz  vorher  das  leben  und  den  tod  des  Ninus  nach 
Orosius  (I  4,  1 — 3)  geschildert  hat.  es  scheint  eine  directe  Weiterbil- 
dung der  erzählung  des  Justinns  I  2,  10  zu  sein:  denn  dasz  Justinus 
dabei  benutzt  wurde,  ergibt  sich  aus  den  worten  relicta  uxore  Semirame 
cum  duobus  filiis  Trebeta  et  Nina  .  .  occiso  ergo  Nino,  vgl.  hierzu  Just. 
I  1,  10. 


78  MManitiuB :  über  eine  Trierer  Caesarfaandschrift. 

mehrfach  lesarten,  die  nur  B  (A  bei  Nipperdey)  oder  R  oder  Gottorp. 
allein  überliefern  (vgl.  Dübners  ausgäbe  I  s.  XIX.  XXIII),  also  zur 
classe  A  (Dübner  s.  XIX)  gehören,  im  allgemeinen  aber  schlieszt 
sich  unsere  hs.  den  besten  Vertretern  der  zweiten  classe  an  (bei 
Dübner  «=  z/,  s.  s.  XX)  und  zwar  gibt  sie  ganz  besonders  die  les- 
arten  von  TüVindob.  1  wieder. 

Zunächst  die  beispiele  zum  erstem  falle:  h.  Q.  Y  55,  1  poUi- 
cerentur]  poUicUareniur  Gottorp.  Trev.*  —  ebd.  3  damnatosque] 
dampnatosque  BTrev.  —  56,  4  arcessitum]  arcersüum  B,  accersüutn 
Trev.  —  58,  1  arcessendos]  accersendas  A  VEgm.  Gott.,  cuxersiendos 
Trev.  —  ebd.  2  magna  cum  contumdia]  magna  cantumdia  RTrev.  — 
VI  13,  10  hi  certo]  hii  certo  B  Gott.  Trev.  —  14, 4  discunt]  ita  codd. 
praeter  sex  J  {discant) ,  discebant  (wegen  des  imperfectum  s.  oben) 
Trev.  —  15, 2  habet]  ita  codd.  praeter  sex  J  (habent),  habebat  Trev. 
in  diesen  fftllen  also  entfernt  sich  Trev.  von  sex  z/,  und  ich  folge 
hier  dem  texte  von  Waitz,  der  hauptsächlich  nach  cod.  1  (vgl.  ao. 
s.  123)  gegeben  ist,  während  die  spätem  hss.-classen  (BC),  welche 
die  ^gesta  Treverorum'  mit  fortsetzungen  bieten,  öfters  den  text 
Caesars  nach  andern  hss.  corrigieren,  was  schon  Waitz  in  der  praef. 
anm.  166  richtig  bemerkt  hat.  sonst  aber  folgt  unsere  hs.  meist 
den  sex  z/,  oder  sie  schlieszt  sich  vielmehr  eng  an  die  Überlieferung 
von  TUVind.  1  an,  die  einander  bekanntlich  sehr  nahe  stehen, 
ausschlieszlich  dem  Vind.  1  und  Trev.  gehören  zwei  gröszere  ab- 
weichungen  an:  VI  13,  7  ne  quid  ex  contagione^  wo  alle  andern  hss. 
communione  überliefern,  und  VI  17,  3  huic  cum  beüo,  wo  sich  sonst 
stets  prodio  vorfindet;  vgl.  auch  VI  11,  4  Mer  suos  habent  Trev. 
Vind.  1. 

Die  ausschlieszlichen  Übereinstimmungen  mit  sex  J  im  Trev. 
sind  folgende:  V  3,  b  et  audoriiate  {famUiaritate)  bcde.'  —  ebd.  de 
suis  privatis  (privatim)  bde.  —  ebd.  Induciomarus  veritus  (veritus 
ne, .  Indui.)  bd.  —  Y  A^2ßiispr(>pinquisque{filioprop)  abcde.  — 

V  47,  4  convenissent  (venissent)  a.  —  V  55,  %  temptandam  (tempta^ 
turas)  abc.  —  V  56,  2  quod  communi  lege  .  .  conv.  coguntur  (quo 
lege  communi  .  .  conv.  consuerunt)  be.  —  ebd.  ex  his  .  .  venu  {ex 
iis  .  .  convenit)  e.  —  3  iudicandum  curat  (iudicat)  cde.  —  4  huc 
(hoc  Trev.)  Her  fadurum  {huc  iiurum)  bce.  —  V  58,  4  perferritis 
(proterritis)  e?  —  ebd.  pdant  {pderent)  bce.  —  ebd.  neu  quisquam 
alium  prius  {neu  quis  quem  prius)  be.  —  ebd.  viderd  {viderit)  e.  — 

VI  6,  1  Fabio  {Fabio  legato)  e.  —  VI  7,  1  hiemabat  {hiemaverat) 
bce.  —  5  in  animo  habebat  (Ä.  i.  a.)  bc(e).  —  7  equitaius  {equi- 
tum)  bce.  —  8  coadis  (convocatis)  e  And.  Oxon.  —  VI  8,  7  contu- 
lerunt  {receperunt)  ce.  —  8  excesserunt  {excesserant)  B.  —  VI  9,  2 
quarum  altera  {quarum  und)  e  And.  Oxon.  —  VI  1 1,  2  in  singulis 

'  80  nenne  ich  unsere  hs.;  die  Cnesar-hss.  gebe  ich  nach  Dübner 
I  s.  XIX — XXVII.  '  die  in  dieser  abteilunfr  hinter  Mie  richtige  Über- 
lieferung gehetzten  buchfltiibeu  bedeuten  die  von  Nipperdey  (1847)  an 
den  betreffenden  stellen  angemerkten  b^s. 


MManitiuB:  über  eine  Trierer  Caesarhandsclirift.  79 

{singulis)  bce.  —  4  idque  (üaque)  bde.  —  ebd.  si  faciant  (faciaf) 
(a)be.  —  VI  13, 1  in  äliquo  {äliguo)  abe.  —  ebd.  per  se  nihü  audet 
(fi.  a.  p.  s.)  (a).  —  ebd.  nuUi  {nuUo)  ae.  —  6  privati  {privattis)  abe. 

—  7  quibus  {quilms  üa)  e.  —  ebd.  ab  his  omnes  {his  omnes)  a  e.  — 
ebd.  adüum  eorum  {adüum)  abe.  —  9  druidum  adlegitur  {druidum) 
acd.  —  VI  14,  3  utantur  lüteris  (lUteris  utantur)  bc.  —  5  hoc  ad 
{hoc  maxime  ad)  be.  —  VI  16, 3  non passe  alüer  (non passe)  bce.  — 
VI  17,  3  rdiqiMis  res  {reliquasque  res)  bcd.  —  5  capta  accuUare 
{capia  apud  se  öccuUare)  e.  —  ebd.  gravissimumque  supplicium  ihi 
horum  deliäarum  {graviss,  ei  rei  supplicium)  ab  de.  —  VI  18,  1  ea; 
I>ruidihus  {ab  Druidihus)  bce.  —  2  spatium  (spatia)  be.  —  VI  19,  2 
cum  fructu  {c.  fructibus)  b  c.  —  3  igne  {igni)  b.  —  VI  20,  1  si  quid 
.  .  acceperint  .  .  deferant .  .  communicent  {si  quis  quid  .  .  acceperit .  . 
deferat .  .  cammunicet)  b.  —  3  quae  esse  (quaeque  esse). 

Endlich  mache  ich  die  stellen  namhaft,  wo  Trev.  mit  TU  (zu- 
weilen in  Verbindung  mit  B  oder  Oxon.  oder  Vind.  1)  übereinstimmt^ : 

V  3, 5  et  pasteaquam  {sedp.)  —  V  4, 3  co5  singiUatim  {has  s^ing.).  — 
ebd.  tarnen  magni  {tum  magni)  b.  —  V  55, 4  in  GaUiam  {in  GaUia).  — 

V  56,  1  instigare  B  Oxon.  {instigari)  Ae.  —  3  bana  H  (bonaque) 
de.  —  V  57, 2  habuerat  circummiitü  Oxon.  {habuerat  nuntias mittit). 

—  V  58,  7  GaUiam  quietiarem  {qu,  G,),  —  VI  7,  8  naäe  Vind.  1 
{noctu).  —  9  effiät  Vind.  1  {effedt)  a.  —  VI  13,  2  cum  aere  L  {cum 
aut  aere')  be.  —  ebd.  in  servitutem  sese  {sese  in  servitutem)  a.  — 
VI  14,  1  tributa  umquam  L  {tributa  una)  be.  —  VI  15,  2 plurimas 
circa  {plurimos  circum).  —  VI  16,  4  magnitudine  immani  Oxon. 
Vind.  1  {immani  magn.)  B.  —  VI  18,  2  ut  dies  natales  LH  be.  — 
VI  19,  1  virique  quantas  L  {viri  quantas)  b. 

So  gewinnen  wir  also  für  unsere  Trierer  bs.  einen  codex  spä- 
testens saec.  XI,  der  im  allgemeinen  den  text  der  interpolati  mit  be- 
sonderer hinneigung  zu  TU  Vind.  1  bietet,  jedoch  mit  lesarten  der 
integri,  besonders  Gottorp.  contaminiert  ist. 

Noch  bemerke  ich,  dasz  die  von  mir  in  meiner  ausgäbe  des 
anonjmus  de  situ  orbis  s.  XII  vertretene  ansieht,  der  Verfasser  habe 
eine  Caesar-hs.  der  classe  A  benutzt,  unterstützt  wird  durch  anon. 
II  3  8.  49,  2  Garonna  (ebenso  Paris,  mut.  saec.  X,  vgl.  Dübner 
I  8.  XXIV);  ebd.  z.  19  ad  eam  partem  (ebenso  Voss.  I). 

*   die   bucbstaben   biuter   der   richtigen   Überlieferung   bedeuten  die 
noten  Nipperdeys  zu  den  betr.  stellen. 

NiEDERLÖSZNITZ  BEI  DRESDEN.  MaX  MaNITIUS. 


12. 

ZU  AÜSONIÜS  UND  APOLLINARIS  SIDONIÜS. 


In  dem  panegyricus  auf  Anthemius  kommt  Sidonius  ausführ- 
lich auf  die  Jugendbildung  des  Anthemius  zu  sprechen,  er  erzählt, 
dasz  letzterer  alles  gelernt  habe,  was  Griechenland  an  Weisheit  und 


82  KBrandt:  zur  geschichte  und  compositdoD  der  Iliae.   V. 

nvar  als  Ilios.'  schon  nenn  jähre  lang  hatte  er  deshalb  die  Zer- 
störung derselben  hinausgeschoben,  auch  jetzt  ergreift  er  begierig 
eine  gelegenheit  seinen  geliebten  Troern  wenigstens  fOr  eine  zeit 
lang  sieg  zu  verschaffen,  und  wie  viel  gewinnen  nicht  die  bücher 
N  ff.,  wenn  Achilleus  direct  zu  Zeus  betet!  dies  mögen  die  folgen- 
den erwägungen  deutlich  machen,  die  fürbitte  der  Thetis  ist  den 
übrigen  göttem  nicht  entgangen,  dagegen  von  dem  gebet  des  Achil- 
leus zu  Zeus  wissen  sie  nichts ;  und  da  auch  A  nicht  zu  der  alten 
}xi\vic  gehört,  hat  der  Kronide  ihnen  auch  nicht  die  Sicherheit  ge- 
geben ^  dasz  die  Troer  scblieszlich  doch  die  unterliegenden  sein 
würden,  was  sollen  die  götter  daher  denken ,  als  plötzlich  Zeus  das 
kriegsglück  zu  gunsten  der  Troer  wendet?  nichts  anderes  als  dasz 
er  die  Achaier  vernichten  oder  aus  der  Troas  verjagen,  kurz  seine 
lieblingsstadt  endgültig  retten  will,  die  achaierfreundlichen  gÖtter 
kämpfen  also  nach  der  ursprünglichen  auffassung  in  N  ff.  nicht  um 
eine  lappalie,  nicht  um  einer  vorübergehenden  Wendung  des  kampfes 
willen,  sondern  darum,  ob  Ilios  fallen  soll  oder  nicht,  ob  die  Achaier 
werden  vernichtet  werden  oder  nicht  daher  die  energie  ihres  band  eins, 
derjenige  aber,  welcher  das  gebet  des  Achilleus  durch  den  bittgang 
der  Thetis  ersetzte,  stellte  sich  dieselbe  frage,  welche  Bothe  mir 
vorlegte,  er  erfand  deshalb  die  fürbitte  der  Thetis,  welcher  Zeus  zu 
groszem  danke  verpflichtet  war  (A  396  ff.). 

Endlich  steht  die  nach  meiner  auffassung  ernstgemeinte  flucht- 
mahnung  B  110  ff.  mit  dem  patriotischen  zwecke  der  erweiterung 
B  42 — H  312  nicht  in  Widerspruch,  an  der  rede  des  Agamemnon 
ist  nichts  unwürdiges,  er  sieht  es  ja  klar  ein,  dasz  die  umkehr  klftg- 
lieh  ist  (119  ff.),  aber  er  glaubt  auch  zu  wissen  dasz  sie  trotzdem 
nötig  ist.  denn  Zeus  selbst  (114  f.)  befiehlt  die  rückkehr.  Aga- 
memnon wüste  recht  gut,  dasz  Ilios  die  lieblingsstadt  des  Zeus  ist, 
und  die  neunjährige  vergebliche  belagerung  hat  es  ihm  zur  gewisheit 
werden  lassen,  dasz  der  höchste  gott  gegen  ihn  ist.  *wer  aber  wagte 
mit  göttem  den  kämpf?'  nach  diesen  bemerkungen  glaube  ich  zu 
der  entwicklung  meiner  ansichten  über  die  entstehung  und  compo- 
sition  der  Ilias  zurückkehren  zu  können. 

Die  alte  epopöe  vom  zome  des  Achilleus  (A  1 — 348,  lücke, 
B  1 — 41,  A  1  ff.  usw.)  hat  zwei  gröszere  erweiterungen  erlitten,  eine 
ältere ,  um  den  anfang  der  olympiadenrechnung  entstandene :  B  42 
— H  312,  von  welcher  ich  im  programm  gehandelt  habe,  und  eine 
jüngere:  H  313 — K  579,  welche  ich  im  folgenden  besprechen  werde, 
dasz  mit  H  313  ein  neuer  Verfasser  einsetzt,  hat  schon  Lachmann 
mehr  gefühlt  als  bewiesen,  und  Naber  quaest.  Hom.  s.  150  ff.  sowie 
Christ  in  seiner  ausgäbe  haben  sich  dieser  ansieht  angeschlossen, 
die  richtigkeit  derselben  wird  sich  hoffentlich  auch  aus  der  folgenden, 
etwas  ausführlichem  darlegung  ergeben. 

unter  dem  61  des  verses  H  313  musz  man  nach  311  notwendig 
die  'Axoiio(  verstehen,  doch  diese  können  nicht  gemeint  sein,  da  6in 
zeit  alle  nicht  fassen  konnte  und  6in  stier  alle  nicht  gesättigt  hätte. 


KBrandt:  zur  geechichte  und  composition  der  Ilias.    V.  83 

auch  geht  aus  327  und  344  hervor,  dasz  nur  von  den  dpiCTf)ec  oder 
ßaciXf]ec  die  rede  ist.  die  Beziehung  des  ot  ist  also  nicht  klar, 
femer  musz  man  nach  unserm  verse  annehmen,  Agamemnon  hahe 
dich  am  ende  des  Zweikampfes  im  zelte  befunden,  denn  es  heiszt : 
'sie  führten  den  Aias  zu  Agamemnon,  als  sie  aber  in  dessen  zeit 
angekommen  waren'  usw.  allein  Agamemnon  war  beim  anfange 
jenes  Zweikampfes  zugegen,  und  es  ist  nicht  erzfthlt  worden,  dasz  er 
sich  später  zu  den  schiffen  zurückbegeben  habe.  Agamemnon  ist 
also  noch  immer  auf  dem  kamp^latze.  ohne  zweifei  war  die 
meinung  des  dichters :  *sie  führten  Aias  zu  Agamemnon,  beide  be- 
gaben sich  sodann  mit  den  übrigen  königen  in  das  zeit  des  letztem, 
als  sie  aber  dort  angekommen  waren'  usw.  unser  vers  drückt  also 
den  beabsichtigten  gedanken  nur  sehr  undeutlich  aus. 

H  314  f.  =  B  402  f.;  317—20  ähnlich  B  428—31.  offenbar  ist 
unsere  stelle  eine  ungeschickte  kürzung  der  Opferbeschreibung  in  B. 
zunächst  kam  das  gebet  in  Wegfall,  damit  fehlt  aber  nicht  nur  ein 
wichtiger  teil  der  heiligen  handlung,  sondern  auch  jede  motivierong 
derselben,  ferner  wird  die  bereitung  der  für  die  mcenschen  be- 
stimmten speisen  genau  beschrieben,  aber  ausgelassen  sind  die  verse, 
in  welchen  der  gott,  der  doch  wohl  die  hauptperson  ist,  seinen  teil 
erhält,  dadurch  gewinnt  es  den  anschein ,  als  ob  gar  nicht  ernstlich 
an  ein  opfer,  sondem  nur  an  ein  mahl  gedacht  worden  sei.  doch 
nicht  genug  hiermit,  dieser  letztere  fehler  hatte  noch  einen  zweiten 
zur  folge.  B  428  heiszt  es:  jiiicTuXXöv  t'  äpa  xäXXa,  wo  xSXXa  im 
gegensatz  zu  den  jiif^pa  Kai  crrXäirxvoi  steht,  in  H ,  wo  die  erwäh- 
nung  dieser  fortgefallen  war,  sah  sich  der  dichter  genötigt  auch  das 
TäXXa  zu  beseitigen,  er  setzte  daher  jiicTuXXöv  t'  äp'  dTriCTaji^vujc, 
dh.  er  setzte  für  etwas  bedeutungsvolles  etwas  bedeutungsloses,  rein 
phraseologisches,  auszerdem  traf  es  sich  unglücklich,  dasz  der 
nächste  vers  begann :  uj7TTr)cdv  T€  TTepiqppab^wc.  dadurch  ist  die 
form  eintönig  (^iCTuXXöv  t'  dp*  dTricia^^vuJC  .  .  ujTUTTicdv  T€  irepi- 
(ppab^UJC)  und  der  gedanke  arm  geworden  (dTTlciajii^vujc  =  7T€pi- 
cppabdujc).  über  das  Verhältnis  von  H  316—18  zu  t  421—23  will 
ich  mich  des  Urteils  enthalten.  H  321  ist  dagegen  sicher  aus  £  437 
entnonmien.  der  gegensatz  in  der  Odysseestelle  veTjiiev  ^KdcTqj, 
vuiTOiciv  b'  'Obucf)a  .  .  Y^potip^v  ist  viel  gefälliger  und  ungezwun- 
gener als  dieser:  baivuvx',  ovbi  Ti  Gujiiöc  db€Ü€TO  baiTÖc  dicilc. 
vu)TOiciv  b'  AiavTa  .  .  y^paipev.  auch  entstand  an  unserer  stelle 
durch  die  zusammenfügung  von  einander  ursprünglich  fremden 
Versen  ein  subjectswechsel,  welcher  den  sonst  zwecklosen  und  etwas 
umständlichen  zusatz  zur  folge  hatte :  fjpujc  'AipeibilC)  ^^P^  KpciuiV 
'AirajLi^lLivuJV.  dieser  hier  nur  als  lückenbüszer  dienende  vers  hat 
dagegen  an  der  stelle  ^  ftlr  die  er  ursprünglich  gedichtet  ist,  A  102, 
volles  gewicht,  ferner  ist  H  323  =  B  432,  325 »»  =  B  5  ^  326  = 
B  283  und  sonst  häufig,  323—26  =  I  92—95. 

Von  den  versen  H  313 — 26  sind  also  acht  in  ungeschickter 
weise  aus  andern  partien  der  Homerischen  gedichte  entlehnt:  314  f. 

6* 


84  EBrandt:  zur  geschichte  und  compositiOD  der  llias.    V. 

ans  B  402  f.,  317—20  ans  B  428—31,  321  aus  i  437  und  322  aas 
A  102.  auszerdem  entbehrt  vers  H  313  völlig  der  klarheit.  dagegen 
in  der  groszen  partie  H  1 — 312  findet  sich  kein  einziges  beispiel  von 
derartigen  groben  Ungeschicklichkeiten ,  von  denen  sich  in  den  be- 
sprochenen wenigen  versen  so  viele  fanden. 

Allerdings  stellt  Kayser  H  17 — 312  auf  dieselbe  stufe  mit 
H  313  ff.,  doch  ohne  hinreichende  gründe.  Homer,  abhandl.  s.  51 
und  58 — 67  sammelt  er  stellen  des  buches  H,  von  denen  anderswo 
verse ,  halbverse  und  drittel verse  vorkommen ,  ohne  jedoch  zu  be- 
weisen, dasz  dieselben  in  H  das  geprftge  der  nachahmung  tragen, 
dies  ist  ein  verwerfliches  verfahren.  Kayser  folgert:  also  ist  H  ein 
cento.  doch  mit  ganz  demselben  rechte  könnte  man  behaupten :  also 
ist  H  eine  von  nachahmern  viel  benutzte  alte  partie,  was  Naber  ao. 
s.  153  denn  auch  wirklich  thut.  von  einer  einzigen  stelle  hat  Kayser 
nachzuweisen  versucht,  dasz  sie  fehlerhaft  und  daher  copie  und  nicht 
original  sei.  das  dpT€|i^a  H  308  soll  mit  H  262  T^ir|öiiv  b'  aux^v' 
dm)X9€,  jLi^Xav  b*  äv€Kr|Kiev  aI|Lia  in  widersprach  stehen,  allein  in 
den  Worten  TÖv  b'  alip'  ujp6u)C€V  'AttöXXujv  (272)  liegt,  dasz  Hektor 
von  Apollon  auf  wunderbare  weise  geheilt  und  gekräftigt  wurde, 
femer  besteht  zwischen  H  113  und  I  353  ff.  allerdings  ein  Wider- 
spruch, dort  scheut  sich  selbst  Achilleus  dem  Hektor  gegenüber- 
zutreten; hier  wagt  Hektor  gar  nicht  aus  den  mauern  hinauszu- 
kommen, aber  Kayser  beweist  nicht ,  dasz  die  auffassung  von  I  die 
ftltere  ist. 

Auch  Köchly  hat  sich  bemüht  die  verse  H  16 — 312  als  eine 
jämmerliche  flickarbeit  nachzuweisen,  aber  schon  Dttntzer  Hom.  ab- 
handl. s.  289  ff  hat  die  meist  recht  schwachen  argumente  desselben 
im  ganzen  zutreffend  und  mit  einer  zuweilen  nicht  ganz  unberechtigten 
schärfe  zurückgewiesen,  ebenso  drückt  Hentze  (anhang  III  s.  7) 
sein  erstaunen  über  Kaysers  und  Köchlys  fehlurteil  aus.  allerdings 
hat  der  Verfasser  des  anfangs  von  H  bei  den  versen  54 — 56  sich  der 
von  ihm  selbst  gedichteten  verse  f  76 — 78  erinnert,  denn  die  partie 
B  42— H  312  stammt  von  6inem  und  demselben ,  dem  altern  über- 
arbeiter  der  epopöe  vom  zorne  des  Achilleus.  allerdings  mögen  bei 
den  versen  79  f.  und  124  ff.  dem  bearbeiter  die  verse  der  alten 
jif^vic  X  342  f.  und  A  254  ff.  vorgeschwebt  haben,  aber  von  einer 
irgendwie  ungeschickten  oder  gar  sinnlosen  nachahmung  kann  nicht 
die  rede  sein,  zwar  ist  die  bemerkung  Köchlys :  Peleus  als  vater  des 
zürnenden  Achilleus  habe  sich  über  die  sehmach  der  übrigen  Achaier 
nur  freuen  können,  durchaus  nicht  unbegründet,  aber  der  Über- 
arbeiter der  \if\v\c  ist  ja  eben  von  dem  dichter  derselben  verschieden 
and  geht  auf  die  intentionen  des  letztem  nur  sehr  wenig  ein,  wie 
ja  die  ganze  erweiterung  an  und  für  sich  schon  eine  Zerstörung  des 
dichterischen  planes  der  alten  epopöe  ibt. 

Somit  kann  nicht  zugestanden  werden,  dasz  der  dichter  von 
H  17 — 312  sich  irgendwelche  fehler  habe  zu  schulden  kommen 
lassen,    dagegen  H  313  —  26  stammen  offenbar  von  einem  höchst 


EBrandt:  zur  geschieht^  und  compoBition  der  Iliae.    V.  85 

ungeschickten  nachahmer,  der  also  mit  dem  dichter  des  vorher- 
gehenden nicht  identisch  sein  kann. 

In  der  dann  folgenden  rede  des  Nestor  ist  mit  einer  sonst  nicht 
gewöhnlichen  kürze  in  wenigen  werten  vieles  und  wichtiges  gesagt, 
ohne  dasz  die  Ursache  so  bedeutsamer  und  unerwarteter  ratschlage 
recht  deutlich  würde,  noch  schneller,  in  einem  einzigen  verse,  wird 
der  dichter  mit  der  Zustimmung  der  k5nige  fertig,  die  also  die  ab- 
sieht des  Nestor  wohl  besser  verstanden  haben  müssen  als  wir. 

Was  den  rat  die  toten  zu  bestatten  betrifft,  so  scheint  derselbe 
nicht  mit  der  intention  der  alten  \if\y\c  in  einklang  zu  stehen  (A4  f.), 
da  nach  ihr  die  leiber  der  gefallenen  ein  raub  der  hunde  und  vögel 
sein  sollen,  bemerkenswert  ist  auch ,  dasz  nach  H  329  die  zu  be- 
stattenden leichen  duppoov  d^cpl  CKd^avbpov  gefallen  sind,  obgleich 
der  flusz  in  den  vorhergehenden  büchern  nur  als  auszerhalb  des 
Schlachtfeldes  flieszend  erwähnt  wird,  so  führt  6  35  f.  Athene  den 
Ares  Ik  \ia%r\^  zum  Skamandros^  und  6  774  lassen  die  göttinnen 
beim  Zusammenflüsse  von  Simoeis  und  Skamandros  ihre  rosse  weiden 
und  begeben  sich  von  dort  in  den  kämpf,  ebenso  bilden  in  Z  4  jene 
beiden  ströme  die  grenzen  des  Schlachtfeldes ,  und  nirgends  in  den 
unserer  stelle  voraufgehenden  büchern  wird  an  den  beiden  ufern  des 
Skamandros  gestritten ,  ein  neuer  beweis  dasz  mit  H  313  das  werk 
eines  andern  dichters  anföngt.  über  die  verse  334  f.  ÜJC  k*  öcT^a 
Tiaici  ?KacTOC  ofKab*  äfr),  öt*  Sv  aötc  veiijueOa  Traxpiba  Tctiav  vgl. 
schol.  H  334  f.  A  174.' C  332.  y  109  (Lehrs  de  Ar.  stud.  Hom.* 
s.  196  f.).  Aristonikos  bemerkt,  dasz  man  nicht  zu  diesem  beson- 
dem  zwecke,  sondern  immer,  auch  in  der  heimat,  die  toten  ver- 
brannte, und  ferner  dasz  die  asche  dort  verblieb^  wo  die  Verbren- 
nung stattfand,  was  die  stellen  in  ACt  allerdings  so  schlagend  wie 
nur  möglich  dartbun.  der  tadel  des  Aristonikos  ist  berechtigt;  doch 
können  die  verse  334  f.  nicht  als  interpolation  ausgeschieden  wer- 
den, denn  von  der  Ortsbestimmung  des  Scheiterhaufens  (tutOöv 
ÄTTOTTpö  veOüV  334)  ist  die  des  grubmals  (6^91  7Tupr|V  336)  und  von 
dieser  wieder  die  der  mauer  (ttoti  b*  auTÖv  337)  abhängig. 

Der  nun  folgende  rat  des  Nestor  ist,  wie  oft  bemerkt^  völlig 
unverständlich,  weil  diese  maszregel  besser  vor  neun  jähren  getroffen 
wäre,  auch  ist  gerade  jetzt  gar  keine  besorgnis  vor  den  Troern 
nötig,  vielmehr  konnte,  wie  Diomedes  H  401  f.  sagt,  jeder  Achaier, 
xai  6c  ^dXa  vrimöc  den,  sehen  dasz  jetzt  über  die  Troer  das  ver- 
derben verhängt  sei.  der  Unverstand  der  stelle  ist  so  grosz,  dasz  es 
notwendig  einer  erklärung  bedarf,  wie  es  überhaupt  möglich  war, 
dasz  etwas  so  widersinniges  erfunden  werden  konnte,  man  erwäge 
daher  folgendes,  die  mit  H  312  schlieszende  partie,  die  ältere  er- 
weiterung,  ist  von  den  büchern  der  mitte  A  ff.,  der  alten  JUT^VIC, 
deutlich  und  mehrfach  verschieden,  wir  heben  nur  zwei  punkte  her- 
vor, in  jener  partie  geschieht  nichts  für  die  bestrafung  der  Achaier, 
während  dieselben  in  dieser  in  die  höchste  not  kommen ;  und  zwei- 
tens :  in  jener  partie  werden  mauer  und  graben  mit  keinem  werte 


86  EBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Ilias.    V. 

erwfthnt,  in  dieser  sind  sie  hauptpunkte  der  ganzen  scenerie.  femer 
bedenke  man  dasz,  wie  erwiesen,  mit  H  313  ein  drittes  stttck  be- 
ginnt ,  welches  sich  von  beiden  so  eben  bezeichneten  partien  durch 
seinen  centoartigen  und  ärmlichen  Charakter  sehr  deutlich  unter- 
scheidet, den  büchem  vor  H  313  widerspricht  auszerdem  das 
düppoov  ä|Liq)i  CKdjLiavbpov ,  der  alten  |if)vic  der  rat  die  toten  zu 
bestatten. 

Wäre  nun  dieses  unser  drittes  stttck  nicht  zwischen  beiden, 
fänden  wir  nach  langen  Schlachtschilderungen ,  in  denen  nichts  von 
mauer  und  graben  gesagt  ist,  plötzlich  andere^  in  denen  überall,  als 
ob  es  sich  von  selbst  verstände ,  beides  vorkommt ,  so  würden  wir 
den  grund  dieser  plötzlichen  Veränderung  nicht  begreifen,  durch 
das  eingefügte  stttck  wird  nun  zwar  einerseits  etwas  unverständ- 
liches hineingebracht,  anderseits  aber  dem  angedeuteten  ttbelstande 
abgeholfen,  somit  ist  die  Vermutung  nicht  abzuweisen,  dasz  mit 
H  313  das  werk  eines  ttberarbeiters  beginnt,  welcher  den  erwähnten 
Widerspruch  ausgleichen  wollte. 

Die  totenbestattung  erklärt  sich  nun  wieder  als  consequenz  des 
mauerbaus.  machten  die  Achaier  eine  pause  im  kämpfe,  um  sich  zu 
verschanzen,  so  verlangte  die  pietät,  dasz  sie  auch  ihre  toten  be- 
statteten, auszerdem  wird  durch  die  vcKpoiv  dvaipecic  ein  Waffen- 
stillstand herbeigeftthrt,  unter  dessen  schütze  gleichzeitig  auch  der 
mauerbau  stattfinden  konnte. 

Wenn  sich  also  oben  Lachmanns  ansieht  bestHtigte,  dasz  mit 
H  313  ein  anderer  dichter  beginne,  so  bestätigt  sich  nunmehr  die 
auf  grund  der  Groteschen  hjpothese  gewonnene  meinung  Fried- 
länders  und  die  ähnlichen  von  SchÖmann  und  Bergk  ttber  die  inten- 
tion  der  partie  vom  mauerbau.  aber  Lachmanns  urteil  folgend 
glaube  ich  nicht,  dasz  sich  das  einschiebsei  auf  wenige  verse  be- 
schränkt, sondern  dasz  es  schon  mit  H  313  beginnt,  und  der  ansieht 
jener  beistimmend  halte  ich  313  ff.  nicht  mit  Lachmann  fttr  ein  lied, 
sondern  für  das  werk  eines  ttberarbeiters. 

Zu  328 — 36  gehört  nun  notwendig  die  ausführung  dieses  rates 
und  das  damit  unlöslich  verknüpfte,  dh.  345—432,  und  zu  337—43 
entsprechend  433 — 65.  mit  6inem  werte:  die  ganze  partie  von 
H  313 — 465  stammt  von  6inem  und  demselben  Überarbeiter,  ist 
dies  richtig,  so  musz  H  344 — 465  in  demselben  sinne  und  stile  ge- 
dichtet sein  wie  H  313—43.  der  mit  der  totenbestattung  unlöslich 
verknüpfte  rat  des  Antenor  und  was  damit  zusammenhängt  musz  als 
erfinduDg  unseres  dichters  verständlich  sein,  und  die  darstellung 
musz  an  denselben  mangeln  leiden  wie  die  der  verse  313 — 43. 

Beides  ist  auch  thatsächlich  der  &11.  die  Verhandlung  über  die 
herausgäbe  der  Helene  und  der  schätze  soll  offenbar  den  zweiten 
oben  erwähnten  Widerspruch  der  beiden  Uiasschichten  vertuschen, 
in  A  und  den  folgenden  büchem  will  Zeus  seine  lieblingsstadt  opfern 
und  verleiht  den  Achaiem  glück,  dagegen  von  6  an  zürnt  Zeus  den 
Achaiem  und  hilft  den  Troern  zum  siege,  ohne  dasz  doch  dieser 


EBrandt:  zur  geBchichte  und  composition  der  Ilias.    V.  87 

plötzliche  umschwang  erklärt  wäre,  der  Überarbeiter  dachte  sich 
Bun  die  sache  so :  den  Vertragsbrüchigen  Troern  kann  der  eidesgott 
doch  nnmöglich  helfen;  soll  er  sie  daher  im  folgenden  unterstützen, 
so  müssen  die  Troer  zunächst  ihr  unrecht  sühnen,  dh.  die  Troer 
müssen  die  bedingungen  des  Vertrags  vorerst  erfüllen  oder  doch  er- 
füllen wollen,  daher  die  Verhandlungen. 

Was  die  darstellung  betrifiPt,  so  ist  sie  auszerordentlich  dürftig, 
flüchtig y  inhaltsangabenartig,  voller  Widersprüche  und  ungeschickt 
verwendeter  reminiscenzen :  347  <=»  f  203  und  C  249;  348  »s  f  456. 
H  368.  e  497;  349  =  H  68.  369.  0  6.  T  102.  die  verse  348  f. 
kehren  schon  368  f.  wieder,  aber  das  6q)p'  cittu)  usw.  ist  doch  nur 
am  platze,  wo  etwas  besonders  wichtiges  gesagt  wird,  und  darf  nicht, 
wie  369,  zur  bloszen  phrase  werden,  übrigens  fehlen  die  verse  368  f. 
im  Venetus  A.  350  f.  ähnlich  X  114.  117  ;  354  =  A  68.  Antenor 
setzt  sich,  ohne  aufgestanden  zu  sein;  dagegen  Achilleus  hat  sich 
A  58  erhoben.  355  =  f  329.  6  82.  dieser  vers,  welcher  den  Paris 
als  edel  und  des  schönsten  weibes  würdig  preist,  passt  f  329  vor- 
züglich ;  hier  aber  klingt  er  wie  ironie ,  da  sich  der  schöne  und  edle 
Alexandres  in  einer  sehr  peinlichen  und  erniedrigenden  Situation  be- 
findet. 356  =  0  48.  V  557;  357—60  ist  aus  M  231—34  ent- 
nommen.  dort  sind  die  verse  durch  töv  b*  äp*  itiöbpa  IbofV  usw. 
besser  eingeleitet  als  hier,  auch  scheint  die  Schroffheit  der  verse 
358 — 60  weder  zu  der  blamage  des  Paris  noch  zu  dem  sogleich 
folgenden  Zugeständnis  (361 — 64)  zu  passen.  365  =  354;  367  «» 
326;  368  f.  =  348  f.  lauter  armselige  Wiederholungen.  370  f.  =» 
C  298  f.  zur  Wachsamkeit  ist  Kard  CTpaTÖv  mehr  grund  als  Kaid 
irröXiv,  und  durch  den  Verlegenheitszusatz  ibc  TÖ  Tiäpoc  Tiep  beweist 
der  dichter  selbst,  dasz  der  rat  in  der  stadt  zu  essen  überflüssig  war. 
373  von  'ATp€tbr)C  ab  ==  6  552.  Idaios  soll  das  wort  dem  Aga- 
memnon und  Menelaos  überbringen,  er  aber  überbringt  es  den 
Danaem  (382  ff.),  richtet  jedoch  die  anrede  an  Agamemnon  und  die 
könige  (385  =  327).  das  wären  also  zwei  Widersprüche  auf  6inmal. 
den  letztem  würde  die  lesart  von  cod.  D  SXXoi  ^UKVrJMibec  'Axaioi 
statt  äXXoi  dpicificc  TTavaxaiuJV  beseitigen,  indessen  wird  man  doch 
wohl  den  besten  hss.  folgen  müssen.  374  =  f  87.  372  ff.  soll  Idaios 
zuerst  einen  friedensvorschlag  machen  und  dann  um  Waffenstillstand 
bitten,  also  hätte  er  sagen  müssen :  Uaszt  uns  frieden  schlieszen ; 
wollt  ihr  den  aber  nicht,  so  gebt  uns  Waffenstillstand.'  was  aber 
wird  dem  herold  aufgetragen?  'biete  ihnen  frieden  an  und  bitte 
um  Waffenstillstand,  damit  wir  dann  bis  zum  siege  des  einen 
kämpfen.'  die  Troer  wollen  also  beides  zugleich:  frieden  und  krieg, 
was  übrigens  die  verse  377  f.  («=  H  291  f.)  betrifft,  so  ist  aus  unserer 
stelle  nicht  ersichtlich,  wie  der  dichter  dazu  kommt  das  ende  des 
kampfes  als  ein  getrenntwerden  durch  die  gottheit  zu  bezeichnen, 
anders  H  291  f.,  wo  Hektor  sagen  will:  'diesmal  haben  uns  noch 
die  herolde  getrennt,  später  aber  wollen  wir  uns  nur  durch  einen 
gott  trennen  lassen.'  endlich  sagt  weder  Priamos  noch  385  ff.  Idaios 


88  KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  llias.   V. 

noch  406  ff.  AgamemDon,  wie  lange  der  Waffenstillstand  dauern  sollt 
was  doch  von  höchster  Wichtigkeit  war.  erst  nachtrftglich  er&hien 
wir,  dasz  er  thatsftchlich  zwei  tage  gedauert  hat.  v.  379  ist  ein 
formelvers.  380,  welcher  aber  wohl  ausgeschieden  werden  musz,  ist 
—  A  730.  C  298  und  widerspricht  dem  y.  370  gänzlich.  381  «• 
372;  385  =  327.  386  hat  unser  dichter  t€  Ka\  dXXoi,  obgleich  es 
385  schon  einmal  vorkam.  387  ist  hier  nur  eine  phrase:  'wenn's 
beliebt',  denn  der  herold  redet  ^  ohne  eine  antwort  zu  erwarten, 
dagegen  A  17,  von  wo  dieser  vers  genommen  ist,  kann  es  sehr  frag- 
lich sein,  ob  den  göttem  Zeus*  verschlag  recht  ist.  388  =>  374. 
389  und  390  ist  -»  X  115  und  Q  764,  und  der  letztere,  wie  Köchly 
opusc.  I  s.  126  bemerkt,  sehr  ungeschickt  im  munde  des  boten» 
391  =  364;  392  —  T  298  und  A  100.  395—97  —  376—78. 
398  ist  ein  bekannter  formelvers.  399  —  I  31.  696 ;  401  ähnlich 
P  629;  403f:  =  I  50  f.;  an  412  tadelt  Köchly  ao.  s.  127  mit  recht, 
dasz  die  erzählung  des  schwurs  zu  kurz  ist  und  iräci  Oeoiciv  mit 
6pKia  b^  Zeuc  Tctuj  in  Widerspruch  steht  418  «>  420:  Nauck  sucht 
durch  conjectur  zu  helfen,  die  indessen  bei  einem  so  schlechten  dich- 
ter gewagt  sein  dürfte.  421  f .  «»  t  433  f.  unklar  bleibt  bei  dieser 
Zeitbestimmung,  ob  die  Verhandlungen  (381  ff.)  am  morgen  des  421 
beginnenden  tages  stattgefunden  oder  ob  sie  den  ganzen  vorher- 
gehenden tag  in  ansprnch  genommen  haben,  nachdem  an  Einern 
tage  (381 — 432)  die  gefallenen  verbrannt  sind,  wird  an  einem  zwei- 
ten (433 — 465)  die  befestigung  durch  mauer  und  graben  hergestellt 
dasz  dieselbe  an  6inem  tage  vollendet  wurde,  ist  nicht  nur  allen 
neuem,  sondern,  wie  es  scheint,  schon  dem  dichter  selbst  unglaub- 
lich vorgekommen,  deshalb  läszt  er  die  Achaier  wenigstens  morgens 
so  früh  wie  möglich  beginnen,  aber  warum  konnte  er  den  bau  nicht 
länger  dauern  lassen?  es  ist  auffällig,  dasz  die  Troer,  welche  doch 
nur  für  die  totenbestattung  Waffenstillstand  geschworen  hatten,  den 
mauerbau  nicht  stören ,  ja  nicht  einmal  auf  den  gedanken  kommen, 
dies  für  sie  so  gefährliche  werk  zu  vereiteln,  auch  der  dichter  be- 
merkte den  gerügten  fehler;  da  er  ihn  aber  ni^t  zu  beseitigen  ver- 
mochte, suchte  er  ihn  wenigstens  möglichst  klein  erscheinen  zu 
lassen.  Naber  ao.  s.  152  macht  sehr  treffend  noch  auf  folgendes  auf- 
merksam :  es  bleibt  unklar ,  ob  das  lager  des  Achilleus  mit  in  den 
kreis  der  befestigungen  gezogen  wurde  oder  nicht,  beides  wäre 
gleich  unwahrscheinlich,  die  ganze  beschreibung  des  mauerbaus  ist 
auszerordentlich  dürftig.  434  =  Q  789;  435—40  =  336—41; 
441  "»  I  350;  442 — 45  sind  ganz  besonders  arm:  KapnKO|Liöu)VT€C 
*Axaioi,  Ziivi  dcTepOTTTTrij,  *Axaia)v  xö^>^oxitu)vuiv,  rToceibduiv 
dvocixOuJV.  449  f.  —  M  5  f.;  451  kehrt  schon  458  wieder,  die  be- 
sorgnis  des  Poseidon  ist  ebenso  wunderlich  wie  der  trost  durch  Zeus, 
weshalb  Zenodotos,  Aristophanes  und  Aristarch  die  verse  443 — 64 
für  unecht  erklärten.  454  —  A  30;  455  —  6  201.  v  140;  460  — 
B  140;  462  «s  M  31;  464  ist  ein  häufig  vorkommender  formelvers. 
465  bucCTO  b*  T^^Xioc  kommt  sonst  nur  in  der  Odyssee  vor. 


KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Ilias.    V.  89 

unser  Iliaaredactor  entnalim  also,  um  nur  das  unbedingt  ge- 
sicherte anzuführen,  aus  der  alten  ^flVlC:  A  68.  102.  M  231—34. 
C  298  f.,  aus  der  altem  erweiterung:  B  402  ff.  V  87.  329.  A  17. 
H  291 1  aus  Eirchhoffis  späterer  fortsetzung  des  alten  Nostos  stammt 
H  321  =  H  437. 

In  derselben  weise  geht  es  nun  noch  eine  geraume  zeit  weiter. 
470  «s  373.  in  472  und  476  folgt  KapiiKO|LiöujVTec  'Axaioi  zu  nahe 
anf  einander,  zu  475  bemerkt  der  scholiast,  dasz  ein  dvbpdTTobov 
auch  bei  spätem  noch  nicht  vorkomme.  475^  «»  y  420;  476^  «» 
C  354.  TTQWUXioi  ^8^  unglaublich,  sollten  die  Achaier  trotz  der 
ungeheuren  arbeit  so  wenig  müde  sein?  auch  die  Troer  durcb- 
schmausen  sonderbarer  weise  die  nacht,  ihr  tagewerk  hätte  uns 
mehr  interessiert ;  wir  hätten  gern  erfahren,  weshalb  sie  den  mauer- 
bau nicht  hinderten,  wenn  Zeus  die  ganze  nacht  donnerte  und  die 
Achaier  blasse  furcht  ergriff,  so  verdient  der  trotzdem  ungeschwächte, 
die  ganze  nacht  andauernde  appetit  derselben  alle  anerkennung.  die 
beziebung  des  cq)iv  (478)  ist  übrigens  unklar,  und  wenn  nicht  im 
folgenden  buche  Zeus  den  Achaiem  verderben  sänne,  wüste  man 
durchaus  nicht,  auf  wen  dies  C9IV  gehen  soll,  aber  warum  beziehen 
die  Achaier  dies  donnern  auf  sich?  die  Troer  hörten  es  doch 
ebenso  gut  und  konnten  ebenso  gut  für  sich  unglück  fürchten,  sollte 
ccpiv  also  doch  auf  beide  gehen?  482  =  I  713.  rr  481.  t  427. 
dieser  vers  steht  mit  dem  rravvuxioi  von  476  in  Widerspruch. 

In  6  1 — 27  erkennen  Eajser  und  Christ  ein  älteres  und 
besseres  stück,  mir  scheinen  diese  verse  nicht  wertvoller,  auch  die 
götterversamlung  hat  den  zweck  einen  Widerspruch  zwischen  der 
\if)V\C  'AxiXfjoc  und  der  altern  bearbeitung  zu  beseitigen,  dort,  wo 
Zeus  dem  Acbilleu8  genugthuung  verschafft  und  den  Achaiern  zürnt, 
können  die  den  letztern  freundlichen  götter  nur  gegen  wissen  und 
willen  des  Zeus  helfen,  während  in  der  altern  erweiterung  der  Kronide 
die  Athene  zu  gunsten  der  Achaier  handeln  läszt.  damit  dieser 
Widerspruch  fortgeschafft  werde,  muste  der  könig  der  götter  in 
einem  eingefügten  stücke  jeden  eingriff  in  den  kämpf  der  Troer  und 
Achaier  verbieten.  01  =  0  695  ;e3  =  A  499.  6  754.  die 
höchste  spitze  des  Olympos  eignet  sich  für  den  die  einsamkeit 
suchenden  gott,  aber  nicht  für  eine  götterversamlung,  welche 
sonst  im  hause  des  Zeus  abgehalten  wird:  vgl.  Christ  in  den 
sitzungsber.  d.  bayr.  akad.  d.  wiss.  bist.-phil.  cl.  1880  s.  239; 
Düntzer  Aristarch  s.  66.  in  der  folgenden  rede  spricht  Zeus  seinen 
befehl  gar  nicht  direct  aus.  bis  v.  9  steht  nur:  'hört  und  befolgt 
mein  wort';  aber  das  wort  selbst  ist  noch  nicht  gesprochen,  von  v.  10 
an  heiszt  es:  Ver  aber  diesem  meinem  befehl  entgegen'  usw.,  und 
somit  ist  der  befehl  schon  als  ausgesprochen  vorausgesetzt,  so  schon 
Jacob.  5  f.  c=  T  101  f.;  6  =  H  68.;  10  =  B  391.  dort  enthält 
dTidveuOe  Mäxnc  den  kern  des  gedankens,  hier  ist  dtTTaveuOc  Qedjy 
völlig  überflüssig  und  nur  ein  product  der  Verlegenheit  unseres 
dichters,  welcher  für  aTidveuOe  lictx^^  nichts  besseres  zu  setzen  wüste. 


90         KBrandt:  zur  gescbichte  and  compoaition  der  Ilias.   Y. 

11  BS  N  9.  das  ziehen  an  der  schnür  ist  etwas  wunderlich,  was 
auch  Hentze  anhang  III  s.  43  f.  gefühlt  hat.  femer  hat  schon  Zeno- 
dotos  bemerkt,  dasz  die  erde  unmöglich  an  den  doch  auf  der  erde 
stehenden  Olympos  angebunden  werden  könne,  allerdings  ist  es 
möglich  die  verse  25  f.  einfach  auszuscheiden. 

6  31  =  a  45.  AGemoU  im  Hermes  XVIII  s.  54  hält  die  stelle 
in  a  f&r  spftter,  weil  der  anfang  von  a  46  «»  6  358  sei^  eine  art 
zu  schlieszen  welche  von  CBothe  in  Bursians  Jahresbericht  XII 
(1881)  s.  322  scharf,  aber  mit  vollem  rechte  getadelt  wird,  kann 
nicht  ebenso  gut  dem  Verfasser  von  6  zweimal  dieselbe  Odyssee- 
stelle vorgeschwebt  haben?  ich  halte  6  31  nicht  geradezu  für  un- 
passend, möchte  aber  glauben,  dasz  a  45  das  irdT€p  besser  ange- 
bracht ist  als  6  31.  dort  wird  Zeus  in  der  that  als  vater  angeredet; 
hier  hat  er  als  herr  gesprochen,  und  als  einem  herm  wird  ihm  ge- 
antwortet, die  verse  28 — 40  hat  schon  Aristarch  gestrichen ,  weil 
sie  alle  Ü  äXXuiv  töttuiv  jicrdKeivrai,  was  man  aber  von  vielen 
partien  der  uns  jetzt  beschäftigenden  scliicht  sagen  kann.  Zenodotos 
nahm  auch  an  tcoTo  (37)  anstosz ,  was  man  jedoch  richtig  in  TCeTo 
verändert  hat.  31—37  —  462—68.  doch  fehlen  466—68  in  den 
meisten  und  besten  quellen,  gehören  auch  gar  nicht  in  den  Zusammen- 
hang, welchem  zufolge  sich  das  t^oCc  Kai  ^dXXov  vielmehr  an  465 
auf  engste  anschlieszt.  nach  Aristarch  müste  also  31 — 34  aus  462 
— 65  entnommen  y  35 — 37  aber  von  dem  interpolator  von  28—40 
hinzugedichtet  und  dann  später  irrtümlich  infolge  einer  reminiscenz 
nach  465  wiederholt  sein,  nun  läszt  sich  aber  zeigen,  dasz  umge- 
kehrt 462—65  aus  31—34  wiederholt  ist  und  dasz  35 — 37  ur- 
sprünglich  mit  31 — 34  zusammengehört  31 — 34  passt  vorzüglich 
zu  5 — 27.  'auch  wir  kennen  deine  unzerstörbare  kraft'  (32)  bezieht 
sich  so  eng  wie  nur  möglich  auf  die  ausführliche  Schilderung  welche 
der  EjTonide  von  seiner  stärke  macht,  und  v.  33  Hrotzdem  wollen 
wir  die  Danaer  bemitleiden'  auf  das  vorhergehende  verbot  einer 
hilfeleistung  zu  gunsten  der  Achaier.  mit  35-*-37  entsteht  nun  fol- 
gender sinn :  'du  hast  verboten  «kommend  den  Troern  oder  Danaem 
zu  helfen»,  gut,  wir  wollen  nicht  «kommend  helfen»,  aber  raten.' 
31 — 34  hängt  genau  und  ursprünglich  mit  dem  folgenden  zusammen, 
auch  rät  Athene  später  wirklich  K507.  A438.  0668.  dagegen  447  ff. 
hat  Zeus  nicht  ausführlich  und  ausdrücklich  seine  kraft  geschildert 
wie  18  ff.  auch  steht  das  unthätige  mitleid  der  göttinnen  in  464 
in  gar  keinem  Widerspruch  (dXX'  ffiTnic)  mit  der  anerkennung  der 
kraft  des  Zeus,  das  blosze  bedauern  wird  dieser  ihnen  gern  erlauben 
und  nicht  durch  seine  unendliche  kraft  veriiindem  wollen,  dagegen 
das  thätige  mitleid  (33) ,  welches  sich  im  erteilen  eines  guten  rates 
äuszert,  konnte  auf  den  Widerspruch  des  gottes  stoszen.  462—65 
ist  also  copie  und  nicht  original,  überhaupt  kann  v.  28  -40  nicht 
ausgeschieden  werden,  denn  die  götter  müssen  doch  entweder  mit 
Worten  oder  wenigstens  durch  schweigen  die  aufforderung  des  Zeus 
beantworten;  der  eindruck  der  gewaltigen  werte  des  Kroniden  musz 


KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Ilias.   V.  91 

doch  in  irgend  einer  weise  geschildert  werden.  28  «»  f  95  und 
öfter;  29  c=  |  431.  694;  30  <»  H  94.  399.  I  31.  432.  696;  31  = 
a  46.  81.  ijü  473;  32—37  =  463—68.  in  38—40  =  X  182—84 
nimt  der  eben  noch  so  zornige  Zeus  in  sehr  matten  werten  alles 
wieder  zurück ,  was  er  mit  so  groszem  gewichte  gesagt  hatte,  so 
schon  Christ  ao.  s.  248.  41 — 44  stammt  aus  N  23—26.  'nach 
diesen  werten  spannt  Zeus  seine  pferde  vor  den  wagen.'  oben  auf 
der  höchsten  spitze  des  Oljmpos?  lagen  dort  die  Pferdeställe? 
oder  ist  mittels  der  figur  Kard  tö  ciuJ7TU)|Lievov  das  hinabsteigen 
der  götter  zu  ihren  Wohnungen  erzählt  dh.  nicht  erzählt  worden? 
klar  und  lichtvoll  ist  dagegen  die  darstellung  in  N,  wo  sich  Poseidon 
von  der  warte  in  sein  haus  begibt,  welches  bei  Aigai  in  den  tiefen 
des  meeres  lag,  und  dort  seine  rosse  anschirrt,  auch  bemerkt  Christ 
s.  247  richtig,  dasz  wohl  Poseidon,  aber  nicht  Zeus  veranlassung 
hatte  einen  panzer  anzuziehen.  45  f.  =>  6  768  f. ;  47  «=>  E  283. 
0  151.  es  wird  nicht  gesagt,  wohin  Zeus  wollte,  sondern  nur  dasz 
er  peitschte,  und  dann  dasz  er  nach  dem  Ida  kam.  48  «=»  0  363;  49  f. 
=a  6  775  f.  sicher  ist  die  stelle  ursprünglich  da,  wo  die  göttinnen 
ihre  pferde  beim  Zusammenflüsse  von  Xanthos  und  Simoeis  weiden 
lassen  und  der  fluszgott  ambrosia  für  die  olympischen  rosse  aufspros- 
sen läszt  welcher  glänz  dort,  welche  armut  hier!  vgl.  GHermann 
opusc.  VIII  s.  15.  51  von  KaeÄexo  an  =  A  405.  €  906.  A  81 ;  52  -» 
A  82;  53  Kapr]KOfxöu)VT€C  'Axouoi,  welche  formel,  wie  auch  Köchlj 
bemerkt,  in  dieser  partie  bis  zum  überdrusse  oft  wiederkehrt  (H  442. 
448.  459.  472.  476.  9  53).  unser  dichter,  der  sehr  dafür  ist  dasz 
seine  helden  auch  etwas  zu  essen  bekommen,  läszt  die  Achaier 
das  mahl  einnehmen,  bevor  sie  sich  rüsten,  die  Troer  ziehen  aus, 
beide  beere  stoszen  zusammen,  dasz  auch  die  Achaier  ausrücken, 
wird  nicht  erzählt.  58  f.  =  B  809  f.;  60— 65  =  A  446— 51.  das 
TTcXuc  b*  öpu^QYböc  öpiipei  von  59  und  das  von  63  sind  infolge 
der  beiden  entlehnungen  allzu  nahe  bei  einander  zu  stehen  ge- 
kommen, doch  können  die  verse  60—65  nicht  ausgeschieden  werden, 
dadurch  würde  die  erzählung  denn  doch  zu  kurz  werden;  wir  ver- 
miszten  schon  den  auszug  der  Achaier,  sollte  das  zusammentreffen 
mit  den  Troern  auch  noch  fehlen?  was  nun  die  hierauf  folgende 
Schlachtschilderung  betrifft,  so  ist  die  absieht  des  dichters  nicht 
zweifelhaft,  die  kämpfe  in  der  alten  epopöe  vom  zome  des  Achilleus 
(A  ff.)  waren  —  der  idee  des  ganzen  gemäsz  —  nicht  glücklich  für 
die  Achaier  und  konnten  daher  diesem  oder  jenem  patrioten  an- 
stöszig  erscheinen,  dagegen  die  kämpfe  in  der  erweiterung  dieses 
alten  gedichtes  (B  42 — H  312)  konnten  zwar  dem  nationalbewust- 
sein  der  Hellenen  schmeicheln,  schienen  aber  der  durch  den  zorn  des 
Achilleus  bedingten  handlung  nicht  zu  entsprechen,  unser  dichter 
nun,  der,  wie  sich  schon  oft  zeigte,  widerspiilche  zwischen  den  ge- 
nannten Iliasschichten  auszugleichen  versuchte,  glaubte  auch  zu 
dieser  theäis  und  antithesis  die  synthesis  finden  zu  müssen,  er  be- 
singt nemlich  heldenthaten  ausschlieszlich  der  Achaier,  welche  jedoch 


92  KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Iliaa.   V. 

nichtsdestoweniger,  aber  nur  durch  das  blitzen  des  Zeus,  besiegt 
werden.  66  f.  =  A  84f.;  68  =»  ö  400.  Tf  111  \  69.  70.  72  «=  X  209. 
10.  12;  71  •*  r  127.  mit  recht  sind  diese  verse  schon  vielfach, 
unter  andern  von  GHermann,  Köchly,  Naber,  Christ,  als  höchst  un- 
passend bezeichnet  worden.  Zeus  wägt  noch,  obgleich  er  längst  ent- 
schlossen ist.  auch  sollen  doch  nicht  entweder  alle  Troer  oder  alle 
Achaier  sterben,  es  sollen  doch  nicht  entweder  nur  Troer  oder  nnr 
Achaier  getötet  werden ,  ja  es  stirbt  später  kein  einziger  Achaier, 
vielmehr  laufen  alle  fort  (Kayser  ao.  s.  52).  erst  342  und  344  wird 
erwähnt,  dasz  Danaer  getötet  werden,  ausscheiden  kann  man  in- 
dessen weder  mit  Köchly  70 — 74 ,  da  sodann  v.  69  eine  noch  trau- 
rigere rolle  spielen  wdrde,  noch  mit  Düntzer  69 — 77,  da  fttr  die 
folgende  tolle  flucht  eine  starke  Ursache ,  wie  schreckliches  donnern 
und  blitzen  (75—77),  vorhanden  sein  muste. 

Dies  donnern  Übt  nun  eine  radicale  Wirkung,  alle  laufen  davon, 
allein  Nestor  musz  unfreiwillig  bleiben,  dabei  klingt  das  fJii|LiV€lV 
(78),  fiev^TTiv  (79),  ffii|LiV€  (80)  recht  eintönig.  Paris  trifft  ein  pferd 
des  Nestor,  welches  dann  die  Übrigen  in  Verwirrung  bringt,  dies  bleibt 
unverständlich,  bis  wir  aus  87  nachträglich  ersehen,  dasz  das  ver- 
wundete rosz  ein  tTiiTOC  Traprjopoc  war.  ähnlich  Köchly  ao.  s.  137 
und  Naber  ao.  s.  148.  80^  —  A  840 ;  82  —  T  329.  H  355.  zu  87 
bemerkt  Naber,  dasz  der  wagenlenker  und  nicht  Nestor  das  ab- 
schneiden hätte  besorgen  müssen.  91  =  T  374;  93  «>  B  173;  95 
«s  X  283;  97  TToXuTXac  öioc  'Oöucceuc  kommt  auszer  in  I  676. 
K  248.  V  729.  778  nur  in  der  Odysee  vor.  99  =  €  134.  Diomedes 
mischt  sich  unter  die  Vorkämpfer,  obgleich  Nestor  ganz  allein  war 
und  weder  Troer  noch  Achaier  um  ihn  herum  kämpften,  es  kann 
also  weder  von  Vorkämpfern  noch  vom  mischen  die  rede  sein.  103** 
~  A  321.  105—107  sind  aus  €  221^23  entnommen,  dort  hat 
Pandaros  erzählt,  dasz  er  zu  fusz  in  Ilios  sei  und  dasz  seine  pferde 
in  Lykien  stehen ,  worauf  Aineias  gut  und  auf  den  ersten  blick  ver- 
ständlich sagt:  ^so  versuche,  ob  auch  troische  pferde  (im  gegensatz 
zu  den  lykischen)  laufen  können.'  hier  dagegen  verstehen  wir  nicht, 
was  mit  den  Tpunoi  TTiiroi  gesagt  sein  soll,  er^t  durch  v.  108  wer- 
den wir  daran  erinnert,  dasz  Diomedes  im  buche  €  nach  besiegnng 
des  Pandaros  und  Aineias  das  gespann  des  letztem  erbeutete,  und 
erfahren  erst  nachträglich ,  was  wir  bisher  noch  nicht  wüsten ,  dasz 
Diomedes  die  erbeuteten  rosse  benutzte,  hier  wird  also  etwas  un- 
verständliches erst  hinterher  erklärt,  während  dort  von  vorn  herein 
alles  klar  und  durchsichtig  ist.  nun  wird  zwar  108  von  Aristarch 
verworfen ,  aber  der  vers  ist  unentbehrlich,  er  erinnert  uns  richtig 
und  sagt  auch  etwas  neues,  recht  hat  Aristonikos,  wenn  er  bemerkt, 
dasz  hier  keine  zeit  znr  belehrung  ist  (ö  Kaipöc  öeiTai  cuvTOfiiac), 
aber  der  dichter  hat  sich  durch  die  Übertragung  des  vorhergehenden 
aus  €  in  die  notlage  versetzt,  dem  leser  und  somit  durch  Diomedes 
auch  dem  Nestor  eine  bemerknng  machen  zu  müssen.  109  u.  113  ff. 
sind  nicht  zwei  wagenlenker  des  Nestor  gemeint,  wie  ja  auch  1<.'4 


EBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Ilias.    V.  93 

nur  Yon  öinem  die  rede  ist,  sondern  einer  des  Diomedes,  Sthenelos, 
und  einer  des  Nestor,  Eurymedon.  da  Nestor  mit  Diomedes  auf  den 
wagen  des  letztem  steigt,  musz  der  f)Vtöxoc  des  Diomedes  zu  dem 
des  Nestor  auf  den  wagen  dieses  steigen,  so  schon  Calebow  'de 
Iliadis  libro  octavo'  (Jena  1870)  s.  31.  in  91  ff.  gebt  Diomedes  zu 
fosz,  wftbrend  man  den  Sthenelos  mit  dem  gespanne  folgend  sich 
denken  musz.  dasz  Eurymedon  gefährte  des  Nestor  und  nicht  des 
Agamemnon  ist,  widerspricht  dem  verse  A  228.  und  doch  hat  unser 
dichter  A  gekannt,  was  sowohl  aus  unsem  auseinandersetzungen 
Aber  den  zweck  des  redactors  im  allgemeinen  als  auch  speciell  aus 
H  387  =  A  17  und  0  60—65  =  A  446—61  hervorgeht,  nun  be- 
denke man  die  ganze  Situation,  die  Achaier  haben  in  rasender  eile 
die  flucht  ergriffen,  die  Troer  werden  natürlich  mit  derselben 
Schnelligkeit  nachgesetzt  sein,  b&tten  sie  nicht  in  einem  momente 
den  vereinzelten  Nestor,  der  doch  ^v  TrpOjLtdxoici  (99)  gekämpft 
hatte,  erreichen  müssen?  doch  nein,  sie  müssen  so  lange  warten,  bis 
der  dichter  auch  so  weit  ist.  Diomedes  nemlich  musz  erst  die  Ver- 
legenheit des  greises  bemerken,  den  Odysseus  zum  beistand  er- 
mahnen, den  Nestor  mit  gründen  zum  besteigen  seines  wagens 
überreden  und  kann  dann  gar  noch  den  Troern  entgegenfahren. 
118^  «B  A  95.  durch  den  selbstfabricierten  namen  'Hviom^a  120 
wird  bewiesen,  dasz  unser  dichter  nicht  die  überlieferte  sage  ge- 
staltete, sondern  thatsachen  und  personen  beliebig  aus  der  luft  griff. 
122  =  0  452;  123  =  6  296;  124  =  P  83.  in  124  und  126  sind 
Wagenlenker  und  wagenlenker  gegensätze.  warum  greift  übngens 
Diomedes  nicht  den  Hektor  selbst  an?  oder  läuft  dieser  so  schnell 
fort,  nur  um  einen  wagenlenker  zu  suchen?  vgl.  Naber  ao.  s.  145 
und  Dtintzer  Ar.  s.  73,  welcher  allerdings  125 — 31  ausscheidet  und 
die  so  entstehende  lücke  durch  einen  selbstgemachten  vers  aus- 
füllt, allein  von  unserm  dichter  läszt  sieb  nichts  besseres  erwarten. 
Ebenso  radical  wie  erst  die  flucht  der  Achaier  ist  jetzt  die 
flucht  der  Troer,  und  zwar  vor  dem  6inera ^gespann  des  Diomedes 
(Eayser  s-  52).  Hektors  einzige  sorge  ist,  dasz  er  einen  wagenlenker 
wiederbekommt,  und  sobald  er  den  hat,  flieht  er  mit  den  andern  um 
die  wette,  ja  Nestor  und  Diomedes  ganz  allein  hätten  bald  die 
Troer  wie  lamme r  in  Ilios  eingehürdet,  wenn  nicht  Zeus  wieder  ein- 
mal gedonnert  und  geblitzt  hätte,  dieser  Umschwung  wird  v.  132 
mit  denselben  worten  €1  ^f)  dp'  6Eu  vÖTice  eingeführt  wie  v.  91. 
Christ  ao.  s.  225  nennt  dies  nicht  mit  unrecht  täppisch  und  un- 
beholfen'. 130  f.  =  A  310  f.  hinter  XoiTÖC  erwarten  wir  TpiiuJV. 
denn  wie  ein  griechischer  dichter  die  besiegung  der  Troer  schlecht- 
hin als  verderben  bezeichnen  könne,  ist  nicht  abzusehen,  dagegen 
in  A  ist  von  dem  Unglück  der  Achaier  die  rede,  sodann  tröstet 
Nestor  den  Diomedes  ähnlich  wie  Paris  f  ae.  sich  selbst.  146  ist 
aus  A  286  entnommen,  wo  das  TaOia  irdvia  besser  passt,  weil  dort 
Nestor  allerdings  vielerlei  sagt.  147  =  0  208.  TT  52;  150  = 
A  182.  zu  dem  wünsche  töt€  fiOi  X^ivoi  eupeia  xötüv  hat  Diomedes, 


94         KBrandt:  lor  geschichte  und  compodtioD  der  llias.   V. 

der  Einmal  floh,  nicht  die  yeranlaseung  wie  Agamemnon,  wenn  er 
nach  zehn  jähren  vergeblichen  kriegenä  und  nach  bestAttung  des  be- 
schimpften brnders  in  fremder  erde  beschämt  nach  hause  zurück- 
kehrte. 152  B»  A  370;  154  AapöaviuiV€C  nur  noch  H  414.  man 
beachte  auch  das  folgende,  dem  Nestor  entgleiten  137  die  zügel. 
Diomedes  scheint  sie  darauf  ergriffen  zu  haben :  denn  Nestor  fordert 
ihn  V.  139  auf  umzuwenden,  aber  v.  157  wendet  Nestor  selbst  um, 
weil  Diomedes  sich  weigerte  es  zu  thun.  doch  scheint  er  die  zügel 
nur  für  einen  augenblick  übernommen  zu  haben,  nur  so  lange  bis 
das  umwenden  des  gespanns  bewirkt  war.  denn  167  f.  überlegt 
Diomedes  und  nicht  Nestor,  wie  er  fahren  soll,  ganz  klar  ist  die 
darstellung  indessen  nicht:  vgl.  Naber  ao.  s.  148;  Düntzer  Ar. 
8.  75,  welcher  durch  auswerfen  von  151 — 56  helfen  will,  allein  wie 
kann  Diomedes  157  umwenden,  nachdem  er  dies  150  als  im  höchsten 
grade  schimpflich  bezeichnet  hat?  158  f.  ~  0  589  f.;  160  =  €  101. 
347;  161  =A257;  162  ~M  311.  164— 66  werfen  Aristophanes, 
Aristarch  und  neuere  aus.  doch  enthalten  diese  verse  doch  wohl 
eine  beziehung  auf  H  399  ff.,  auf  welche  keiner  so  leicht  kam  wie  der 
Verfasser  jener  stelle,  dh.  unser  bearbeiter,  dessen  werk  wir  noch 
immer  vor  uns  haben.  167  >»  A  189.  N  455.  bidvöixoi  |Li€pjLirjpiS€V 
mit  nur  6inem  infinitiv  ist  eine  Singularität*  Düntzer ^  welcher  Ar. 
s.  75  f.  die  verse  158 — 71  auswirft,  versündigt  sich  an  Diomedes, 
der  nun,  ohne  Zeus'  dreimaligen  donner,  doch  allzu  bereitwillig  die 
flucht  ergreift. 

e  172—74  =  A  285—87.  0  485—87.  P  183-85.  die  verse 
177  ff.,  welche  den  mauerbau  in  H  voraussetzen,  erklären  sich  durch 
meine  annähme,  dasz  wir  noch  immer  denselben  bearbeiter  vor  uns 
haben,  durch  die  Wiederholung  von  182  aus  Z  47  kommt  in  der 
^viijLiocuvii  TTUpöc  und  dem  Trupi  iviTTprjcuj  dasselbe  zweimal.  184 
■B  y  442.  185  übergehe  ich ,  da  dieser  vers  ein  später  zusatz  sein 
kann.  187  —  Z  395 ;  191  «»  V  414.  die  beiden  192  ff.  erwähnten, 
angeblich  berühmten  waffenstücke  des  Nestor  und  Diomedes  sind 
sonst  nicht  bekannt,  iasz  der  schild  ganz  golden  war,  ist  eine  Über- 
treibung; den  tausch  des  Glaukos  und  Diomedes  scheint  unser 
redactor  vergessen  zu  haben,  die  hoffnung  des  üektor,  dasz  nach 
gewinnung  dieser  waffenstücke  die  Achaier  nach  Griechenland 
zurückfliehen  würden,  ist  doch  ein  wenig  kühn  (Eoiyser  s.  52). 
überhaupt  liebt  unser  dichter  grelle  färben,  dies  ist  schon  öfter 
aufgefallen  und  zeigt  sich  auch  im  folgenden:  HeA  ärgert  sich 
so,  dasz  der  ganze  Oljrmpos  wackelt  199^  »^  A  530.  201  "- 
H  455  und  v  140,  konunt  also  auszer  bei  unserm  Überarbeiter  nicht 
in  der  Ilias  vor.  die  verse  205 — 207  scheinen  mit  der  gewaltigen 
drohung  des  Zeus  (5  ff.)  und  dem  eindruck  welchen  sie  machte  nicht 
in  einklang  zu  stehen,  oloc  ist  unpassend:  denn  allein  sitzt  Zeus  ja 
schon  jetzt  (^Düntzer  An  s.  78).  indessen  das  verfahren  Düntzers, 
welcher  auch  177 — 212  fortschneidet  und  die  entstehende  wunde 
mit  dem  dürftigen  pflaster  eines  einzigen  verses  überklebt,  kann  ich 


KBrandt:  zur  geschichte  und  compoeition  der  Ilias.    V.  95 

nicht  billigen,  unsere  dichtung  ist  schon  an  und  für  sich  recht 
mager,  durch  Dttntzer  wird  sie  vollends  zum  gerippe.  216  ist  aus 
A  300  entnommen,  in  der  originalstelle  ist  das  6t€  ol  Zeuc  Kuboc 
Ibuncev  eine  anspielung  auf  jene  verse ,  in  welchen  Zeus  von  einem 
bestimmten  Zeitpunkte  an  dem  Hektor  rühm  gibt  (vgl.  192  t6t€  ol 
KpaTOC  iTT^oi^i^uj  und  288  ^jiioi  bk  jh^t'  eSxoc  £buiK€v).  in  unserm 
buche  hat  er  nicht  ihm  speciell,  sondern  den  Troern,  und  diesen  nicht 
6inmal  sondern  zweimal  rühm  verliehen. 

217  ^und  nun  hätten  die  Troer  die  schiffe  in  brand  gesteckt, 
wenn  nicht .  .'  ist  dieselbe  phrase,  derselbe  plötzliche  Umschwung 
und  dieselbe  Übertreibung  wie  131.  denn  das  anzünden  der  schi£fe 
würde  den  Troern  wegen  der  mauer  und  des  grabens  wohl  noch  nicht 
gelungen  sein.  218«  =  €  427.  c  168;  220  =  A  617.  N  167.  208; 
222  f .  =  A  5  f .  die  verse  224 — 26  übergehe  ich,  weil  sie  unecht 
sind,  aber  weshalb  will  Agamemnon  nur  nach  zwei  und  nicht  lieber 
nach  allen  richtungen  hin  verstanden  sein?  die  Achaier  standen 
doch  nicht  nur  rechts  und  links  von  ihm ,  sondern  auch  vor  ihm. 
wie  kann  femer  Agamemnon  an  den  schiffen  entlang  geben?  wie 
kann  er  auf  ein  schiff  steigen,  um  zu  rufen?  die  Achaier  waren  ja 
ganz  auszerhalb  der  schiffe  zwischen  graben  und  mauer  (213).  auch 
erwartet  man  statt  des  ctt),  welches  für  die  mühelos  aus  dem 
Oljmpos  herabschwebende  göttin  sehr  angemessen  ist,  vielmehr  ein 
dveßn  oder  dgl.  227  =  A  275.  586.  M  439;  228  =  6  787;  231  »> 
SB  jLi  348.  in  der  rede  230  ff.  wird  wieder  der  aufenthalt  der  Grie- 
chen in  Lemnos  erwähnt,  auf  den  schon  oben  von  unserm  dichter 
angespielt  war.  232  ist  das  wort  d7TiCT€9^ac  misbraucht,  vgl. 
Kirchhoff  Od.*  s.  171.  Dtintzer  Ar.  s.  80  wirft  allerdings  230—32 
aus,  aber  der  Übermut  der  Achaier  erklärt  sich  doch  gerade  ganz 
vorzüglich  aus  ihrer  weinlaune.  241  =  A  129;  242  erinnert  an  das 
gebet  des  Chryses  A  41.  244  =  0  376.  auffällig  ist  die  Wieder- 
holung facov  (243)  und  la  (244).  245  =  P  648;  246»»  =  A  117. 
cöov  ^mitevai  ist  überflüssig,  denn  ouk  dTioX^cOai  genügte,  während 
A  117  von  cöov  f^fi€Vai  f\  dnoX^cGai  nichts  entbehrt  werden  kann, 
wie  stimmt  ferner  das  cöov  ^mievai  zu  dem  pltie  b\  aicijiov  fj^ap 
'Axctiwv  (72)?  247  ==  Q  315.  wiederum  wird  ein  völlig  unnützer, 
mangelhaft  motivierter  Umschwung  herbeigeführt.  Zeus  weisz  selbst 
nicht  was  er  will,  und  obgleich  er  seine  wage  befragt  hatte  und 
diese  zum  verderben  der  Achaier  gesunken  war ,  schwankt  sie  nun 
nachträglich  noch  immer  hin  und  her  (Kayser  s.  52).  252  e=>  E  441. 
0  380.  doch  hat  an  unserer  stelle  das  ^aXXov  keinen  sinn  (Eayser 
s.  52),  und  dann  lesen  wir  sofort,  dasz  nicht  die  Achaier,  sondern 
deren  pferde  springen.  Düntzer  wirft  236 — 52  aus.  aber  ist  denn 
dadurch  geholfen?  ist  nicht  auch  das  äuszerst  auffällig,  dasz  Zeus, 
der  so  eben  noch  dreimal  den  blitz  vor  das  gespann  des  Diomedes 
geschleudert  hatte,  jetzt  das  vordringen  der  Achaier  zuläszt?  unsere 
verse ,  so  schlecht  sie  sind ,  versuchen  doch  wenigstens  diesen  Um- 
schwung durch  eine  mitleidsregung  des  Zeus  zu  motivieren. 


96  KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  üias.   V. 

Mit  6  253  läszt  Lachmann  ein  neues  lied  beginnen,  allein  das 
folgende  ist  genau  in  demselben  stile  gedichtet  wie  das  vorher- 
gehende (vgl.  auch  Christ  Hom.  ü.  carmina  s.  70).  255^  «»  168; 
256»»  —  A  457;  257»»  —  157;  258—60  —  €40—42;  260  — 
e  294;  262—65  -«  H  164—67.  die  stelle  in  H  ist  entschieden 
original,  denn  an  der  unsrigen  ist  das  verbum  nicht  so  leicht  su  er- 
gänzen wie  dort,  man  musz  nemlich  aus  266  sich  für  261 — 65  ein 
rjXGov  herausnehmen,  auch  vollbringen  die  fürsten,  deren  anrücken 
so  gewichtig  geschildert  wird,  keine  groszen  thaten.  das  heil  aller 
Achaier  beruht  vielmehr  allein  auf  dem  bogen  des  Teukros  (Eayser 
8.  83) ,  gerade  so  wie  vorher  allein  Nestor  und  Diomedes  die  Troer 
in  Uios  einhttrdeten:  vgl.  Friedlftnder  anal.  Hom.  s.  10  f.  jedoch 
kann  von  interpolation  keine  rede  sein,  in  g^z  ähnlicher  weise  er- 
wähnte unser  dichter  auch  oben,  bevor  er  die  thaten  des  Nestor  und 
Diomedes  schildert,  mehrere  andere  beiden,  von  den  274  ff.  auf- 
gezählten Troern  ist  'OpciXoxoc  in  €  ein  Danaer,  Ormenos  musz 
sich  in  M  noch  einmal  töten  lassen,  Ophelestes  wird  in  0  zum  zwei- 
ten male  von  Achilleus  gemordet,  Chromios  lebt  in  P  wieder  (218), 
Melanippos  musz  noch  eines  zweiten  und  dritten  todes  sterben 
(0  547.  TT  695).  man  sieht,  der  dichter  hat  irgendwelche  namen 
zusammengesucht,  ganz  unbekümmert  ob  und  wie  sie  noch  sonst 
vorkommen.  278  <»  A  255;  280  —  H  46.  A  429;  281 »»  <»  H  234; 
283»»  =  A  223.  X  480;  288  =  A  33.  wenn  Teukros  jeUt  gut 
schieszt,  soll  er  nach  289  ff.  nächst  Agamemnon  zuerst  sein  ehren 
geschenk  haben,  der  lohn  ist  für  einige  gut  gezielte  schüsse  doch 
wohl  zu  grosz.  da  hätte  Diomedes  und  zehn  andere  wohl  ebenso 
gut  den  zweiten  preis  verdient.  298  -»  0  315;  302  —  119;  303»» 
-»  N  586;  309  f.  —  300  f.;  311«  -«  N  518;  312  bezieht  sich  auf 
128  zurück;  313 — 17  =»  121 — 25.  ist  es  nicht  ein  sonderbarer 
Zufall,  dasz  die  wagenlenker  Hektors  alle  rrapä  \xaL6v  getroffen 
werden?  320  —  V  509;  321  =  6  302.  Teukros  verschwindet, 
wie  oben  gesagt  ist,  nach  entsendung  des  pfeiles  hinter  den  un- 
geheuren Schild  des  Aias,  um  von  neuem  den  bogen  zu  spannen, 
wie  konnte  da  (324  ff.)  Hektor  den  Teukros  während  des  bogen- 
spannens  treffen?  327*  «=*  X  326,  obwohl  das  inX  ol  )Li€|Liau)Ta  von 
dem  ruhig  stehenden  schützen  nicht  passt.  femer  scheint  nach  324 
— 28  auszer  der  bogensehne  und  der  band  auch  noch  der  hals  ge- 
fährlich getroffen  zu  sein,  doch  ist  die  darstellung  nicht  ganz  klar. 
Düntzer  wirft  325 — 27  aus  und  besteigt,  um  die  so  entstehende 
lücke  auszufallen ,  wieder  einmal  selbst  den  Pegasus,  ja  er  glaubt 
sogar,  dasz  der  von  ihm  gedichtete  vers  &ip  im  ol  ^pucvra  ßäXev 
XiOip  ÖKpiÖ€VTl  ^unzweifelhaft'  hier  gestanden  habe,  indessen  die 
verse  sind  unentbehrlich,  denn  wenn  Teukros  in  die  kniee  sinkt 
und  aus  dem  streite  getragen  wird,  und  wenn  seine  Verwundung  den 
g^zen  kämpf  entscheidet,  kann  dieselbe  doch  nicht  so  ganz  uner- 
heblich gewesen  sein,  wie  sie  ohne  die  verse  325 — 27  erscheinen 
müste.     331-34  —  N  420—23.    das  O^uiv  ist  unverständlich. 


KBrandt:  zur  geschieht«  und  composition  der  Ilias.    V.  97 

wenn  Teukros  hinter  dem  Schilde  des  Aias  stand,  brauchte  dieser 
doch  nicht  erst  nach  jenem  hin  zu  laufen,  v.  333  könnte  aus- 
geschieden werden,  die  ganze  stelle  steht  auszerdem  im  widersprach 
mit  M  und  0,  wo  Teukros,  obgleich  am  tage  darauf,  ganz  munter 
wieder  im  kämpfe  erscheint,  sodann  findet  wiederum  ein  völlig  un- 
motivierter und  radicaler  Umschwung  statt,  ganz  wie  wir  es  von 
unserm  redactor  gewohnt  sind :  die  Verwundung  des  einzigen  Teukros 
entscheidet  den  kämpf  vollstSndig,  an  eine  Verteidigung  ist  gar  nicht 
mehr  zu  denken,  v.  338  verfolgt  ein  einziger  hund  einen  löwen, 
ein  gewis  recht  mutiges,  aber  sicher  aussichtsloses  unternehmen 
(Eayser  s.  53).  342  ist  aus  A  178  herübergenommen,  passt  aber  hier 
nicht,  da  der  hund  nicht  tötet  und  auch  nur  6in  tier  verfolgt.  343 
—46  =  0  1—3;  345—47  =  0  367—69.  in  0  3  steht  irap' 
6x€C<piv.  da  dies  hier  nicht  passte  und  etwas  anderes  daftlr  gesetzt 
werden  muste,  nahm  der  redactor  an  die  stelle  hiervon  napa  viiuciv, 
obgleich  man  erwartet  Trapd  T€ix€t.  aber  die  mauer,  von  der  in  213 
noch  die  rede  ist,  scheint  in  345,  wie  in  222,  vergessen  zu  sein. 
DtLntzer  Ar.  s.  86  wirft  allerdings  343 — 49  aus.  allein  wenn  die 
Achaier  nicht  hinter  mauer  und  graben  schütz  gefunden  hfttten,  wftre 
es  doch  sehr  sonderbar,  wenn  nichts  von  dem  erzählt  wäre,  was 
sich  dann  doch  während  der  ausfahrt  der  göttinnen  ereignet  haben 
muste. 

6  350—52  =  6  711.  13.  14.  durch  das  giIk^ti  vwi  wird  der 
anredevers  mit  dem  alten  sacralen  beiwori  dTpUTUiVT)  gewaltsam  ab- 
gebrochen, die  hilfe  kommt  übrigens  etwas  spät  und  anderseits 
nicht  in  einem  besonders  gefährlichen  moment.  denn  zunächst  sind 
die  Achaier  durch  graben  und  mauer  gedeckt,  und  der  tag  neigt 
sich  dem  ende  zu.  354  =  34 :  hier  widerspricht  das  futurische  k^v 
öXujvrai  dem  unmittelbar  vorhergehenden  praesens  öXXujii^vujv. 
355  »>  =  i  350;  356**  =  6  175.  TT  424.  letzteres  scheint  hier  nach 
dem  ^aiveTQi  ouk^t'  dv€KTUJC  und  ohne  den  an  jenen  stellen  folgen- 
den satz  inei  usw.  matt  und  überflüssig,  dasz  ferner  Hektor  viel 
übles  gethan  hat,  wollen  wir  glauben,  aber  mit  seiner  augenblick- 
lichen wut  hat  es  nicht  viel  auf  sieb,  denn  die  Achaier  sind  ihm  ja 
entflohen.  363^  =  T  133;  370  ff.  nimt  bezug  auf  den  späten  bitt- 
gang  der  Thetis  (ende  von  A).  372  =  0  77;  376  ==  6  737;  380 
=  N  832.  das  im  viiuciv  des  letztgenannten  verses  passt  im 
eigentlichen  sinne  nur  in  N ,  denn  die  Troer  sind  noch  nicht  einmal 
über  den  graben,  geschweige  denn  bei  den  schiffen,  nun  wirft 
Düntzer  359 — 73  und  379  f.  aus.  in  der  that  tragen  die  betreffenden 
bexameter  die  spuren  späten  Ursprungs ,  aber  diese  trägt  das  ganze 
buch,  und  anderseits  dienen  die  verse  dem  zusammenhange,  wer 
so  ungeheures  unternimt,  wie  hier  unternommen  wird,  der  musz  von 
ganz  besonderer  wut  entflammt  sein,  wie  sie  sich  in  379  f.  aus- 
spricht und  wie  sie  in  359  —  373  begründet  wird.  381 — 83  = 
6  719—21;  384—88  =  6  733—37;  389—96  =  6  745—52. 
unsere  partie  ist  offenbar  eine  ungeschickte  kürzung  der  stelle  in  €. 

Jahrbücher  für  ci«S8.  philol.  1888  hft.  2.  7 


98  KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Ilias.    V. 

€  719  steht  £)C  £q>aT'  oub'  diriOricc  Oed  t^auKoiiTic  'AOrjvT).  da  das 
unserm  dichter  nicht  passte,  schrieb  er  XcukuiXcvoc  "Hpx]^  ohne  zu 
bemerken,  dasz  dadurch  383  ss  €  721  überflüssig  geworden  war. 
auch  treffen  infolge  der  auslassung  von  €  722 — 32  die  beiden  formel* 
verse  383  —  6  721  und  384  «»  €  733  in  sehr  eintöniger  und  an- 
angenehmer  weise  zusammen,  mit  recht  femer  fragt  La  Boche,  wie 
Athene  den  x^Tidv  des  Zeus  anziehen  könne,  wenn  dieser  selbst  ihn 
6  43  angezogen  hat.  nun  erklärt  Düntzer  zwar  auch  385 — 87  für 
unursprünglich ;  aber  dasz  Athene  in  das  haus  des  Zeus  geht  (375), 
hat  nur  sinn,  wenn  sie  sich  dessen  x^^^v  anziehen  will,  weshalb 
endlich  ist  die  lanze  389  ff.  einer  ausdrücklichen  erwähnung  wert 
befunden,  während  von  schild  und  heim  keine  rede  ist?  einfach 
deshalb,  weil  der  dichter  des  ^c  V  6x€a  .  .  ßi^cCTO  nicht  entraten  zu 
können  meinte  und  an  diese  werte  sich  das  \aLeio  b*  ijxoc  an- 
schlosz.  so  behielt  er  denn  aus  bequemlichkeit  die  erwähnung  der 
lanze  bei.  durch  die  ausscheidung  von  6  383  würde  etwas  von 
diesen  bedenken  verschwinden. 

6  398  f.  s=  A  185  f.  das  dtT^X^oucav  passt  hier  nicht  so  gut 
wie  in  A.  denn  hier  soll  Iris  zurückhalten  und  erst  in  zweiter  linie 
melden,  dagegen  in  A  thut  sie  in  der  that  nichts  als  dasz  sie  etwas 
verkündigt.  401  ist  ungeschickt  aus  A  212  herübergenommen,  denn 
an  unserer  stelle  trifft  gar  nicht  ein,  was  Zeus  voraussagt,  er  wollte 
aber  auch  gar  nicht  sagen  ^so  wird  es  kommen',  sondern  nur  Venn 
sie  nicht  umkehren,  also*  unter  gewissen  bedingungen  wird  es  so 
kommen'.  409  —  Q  77.  159;  410  =  0  79.  dasz  die  göttinnen  411 
noch  iTpidTqci  iruXgciv  OuXOjliitoio  sind,  ist  sehr  wunderbar,  dort 
waren  sie  ja  schon  396 ,  und  doch  hat  Zeus  inzwischen  geredet  und 
Iris  den  weg  vom  Ida  zum  Olympos  zurückgelegt,  sie  sind  also  in 
dieser  zeit  keinen  schritt  weiter  gekommen,  obgleich  Here  392 
peitschte,  dasz  die  rede  der  Iris  am  schlusz  unpassend  ist,  wird  seit 
Aristarch  von  den  meisten  anerkannt,  gewöhnlich  wirft  man  420 
— 24  aus,  welche  verse  indessen  dem  stile  des  charakterisierten 
dichters  durchaus  angemessen  sind.  Nauck  und  Christ  belassen  sie 
mit  vollem  recht  im  texte. 

e  425  —  A  210.  Q  188;  426  —  B  156;  427  =  352.  die  rede 
der  Here  (427 — 31)  und  überhaupt  die  umkehr  der  göttinnen,  ja 
der  ganze  versuch  derselben  ist  dem  dichter  durchaus  mislungen. 
wenn  die  göttinnen  den  plan  des  Zeus  kennen  (360  ff.)  und  Here 
wüste,  dasz  sich  gegen  ihren  gemahl  nicht  ankämpfen  lasse  (427  f.), 
so  durften  sie  den  ja  doch  vergeblichen  versuch  gar  nicht  machen. 
433 — 35  ist  den  versen  b  39—42  nachgebildet,  das  iTTiteiqci  von 
b  40  muste  verändert  werden,  da  schon  zweimal  iTtTtouc  voraus- 
gi  eng.  ferner  muste  b  41  hier  notwendig  ausgelassen  werden ,  da 
die  göttlichen  pferde  nicht  speit  und  gerste,  sondern  ambrosia 
fressen,  durch  diese  kürzung  haben  aber  die  verse  keineswegs  ge- 
wonnen, denn  wenn  erzählt  war,  dasz  die  pferde  an  die  krippe  ge- 
bunden wurden,  so  ist  es  dem  epischen  stile  durchaus  angemessen. 


EBrandt:  zur  geechichte  und  composition  der  llias.   V.  99 

wenn  auch  das  vorwerfen  von  futter  erwähnt  wird,  sehr  ungeschickt 
ist  in  V.  433  der  vers  b  39  umgemodelt,  nicht  nur  dasz  der  gleich- 
klang ^ulVUXOtc  Kttttguc  f  KoXXiTptxoic  tTTiTOUc  entstand ,  es  ist  auch 
das  ftir  die  scene  in  b  speciell  passende  epitheton  ibpu^ovrac  in  das 
rein  phrasenhafte  KaXXirptXOic  umgewandelt  worden^  und  während 
sich  aus  dem  Kitttguc  £Xucav  xmö  Ixrfoi)  der  Odyssee  die  teilung  der 
folgenden  handlung  tTiTTGUC  jLi^v  (entsprechend  tTTirouc  ^Xucav), 
&p^aTa  bi  (entsprechend  vixö  ZirfGÖ)  leicht  und  gefällig  ergibt ,  ist 
in  der  Ilias  zugleich  mit  dem  ÖTtö  IxrfOV  die  begründung  jener  glie- 
derung  und  damit  zugleich  deren  anmut  verschwunden,  das  letztere 
gegen  AOemoU  im  Hermes  XVIII  s.  55.  in  v.  435  wissen  wir  nicht, 
wessen  dviOirta  gemeint  sind,  was  in  b  42  klar  ist.  Düntzer  Ar.  s.  90 
wirft  433 — 37  aus,  aber  es  muste  gesagt  sein,  dasz  die  götter  und 
unter  ihnen  Here  und  Athene  versammelt  waren,  sonst  ist  die  in 
444  ff.  geschilderte  Situation  nicht  klar.  438^  "=r  397.  natürlich 
musz  der  Olympos  wieder  wackeln,  als  Zeus  sich  setzt  (443).  Düntzer 
ao.  verwirft  auch  440 — 43 ;  aber  dasz  Zeus  sich  setzt,  kann  unmög- 
lich fehlen,  in  444  scheint  der  dichter  sich  zu  widersprechen,  denn 
437  setzten  sich  die  götünnen  mitten  unter  die  Übrigen  götter,  444 
sitzen  sie  von  den  übrigen  getrennt.  445  f .  «=  A  332  f.  451 :  ^nicht 
hätten  mich  sämtliche  götter  abgehalten.'  es  ist  nicht  ausgedrückt, 
wovon,  die  drohung  454  haben  wir  schon  dreimal  hören  müssen: 
5—27,  399—408  und  413—24.  456  =  6  360;  457—62  =  A  20 
•—25.  an  unserer  stelle  ist  TrXT)ciai  a\  f€  f\cQr\\  überflüssig,  weil  es 
schon  oben  gesagt  ist  (444  f.)  und  Kaxd  b€  Tpuiecci  jiieb^cGiiv  ohne 
alle  beziehung,  da  weder  Zeus  im  vorhergehenden  etwas  zum  besten 
der  Troer  geredet  hat  noch  die  göttinnen  im  folgenden  etwas  zu 
ihrem  verderben  sprechen,  auch  das  xöXoc  b^  jiiiv  dTPioc  fjpei  passt 
hier  nicht.  Athene  war  vorher  doch  auch  schon  zornig  genug,  die 
verse  462 — 65,  welche  lange  nicht  so  schlimm  klingen,  wie  man 
nach  der  groszen  Vorbereitung  (457 — 62)  meinen  sollte,  sind  aus 
32 — 35  ungeschickt  wiederholt,  wie  oben  nachgewiesen  wurde. 
Düntzer  Ar.  s.  91  setzt  statt  457—61  einfach  den  formelvers  TÖV  b* 
1^^€i߀T^  ^TreiTtt  ßoiüKic  TTÖTVia  *'HpTi.  indessen  etwas  erbitterung 
musten  die  göttinnen  nach  der  rede  des  Zeus  wohl  zeigen,  der  citierte 
formelvers  ist  für  unsere  stelle  doch  wohl  zu  farblos  und  also  nur 
dazu  angethan  die  partie  noch  zu  verschlechtern. 

e  469  =  6  764 ;  471  =  1 359 ;  475  f.  ist  ohne  grund  verdächtigt 
worden :  f{\iou\  Tui  ist  in  einer  Prophezeiung,  die  den  tag  unbestimmt 
lassen  will,  durchaus  am  platze,  und  die  ungenauigkeit,  dasz  unser 
redactor  den  kämpf  um  Patroklos  leiche  nach  den  schiffen  verlegt, 
ist  ihm  sehr  wohl  zuzutrauen.  484  =  <t)  478.  an  dieser  stelle  sieht 
man  recht  deutlich,  wie  unnütz  das  unternehmen  der  beiden  göttinnen 
war,  da  der  Sonnenuntergang  alles  das  ganz  leicht  bewirkt,  was  sie 
mit  so  groszem  apparate  nicht  erreichen  konnten,  bei  Tpu)dv  ji^V 
p*  d^KGUCiv  Ibv  qpdoc  musz  man  sich  hinzudenken,  dasz  die  Troer 
sich  zurückziehen.    Düntzer  Ar.  s.  95  wirft  487  f.  aus.    aber  wenn 

7* 


100        KBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  liias.   V. 

an  unserer  stelle  doch  wenigstens  eine  andeutung  von  dem  ende  der 
schlacbt  ist,  so  fällt  nach  Düntzer  auch  diese  noch  fort,  in  490  er- 
scheint wieder  der  flusz  wie  in  H  329.  491  =  K  199 ;  492  «»  T  265 ; 
493—95  «a  Z  318 — 20.  in  Z  soll  der  gegensatz  zwischen  dem 
riesigen  Hektor  und  dem  weichlichen  Paris  yeranschaulicht  werden ; 
hier  dagegen  stechen  die  gewaltigen  verse  von  dem  nüchternen  und 
inhaltsangabenartigen  stile  der  Umgebung  sehr  ab.  496  «*>  B  109 ; 
497  =  r  456;  499  =  M  115;  502  f.  =  |  65  f.;  506  olvülecec 
ganz  wie  H  472 ;  512  \xr\  ^dv  dcTTOubi  T€  —  0  476.  X  304;  514»»  — 
H  1 1 ;  515  CTUT^qci  xai  fiXXoc  =  A 186 ;  516  =  T  318.  am  schlusz 
der  rede  haben  alte  und  neue  kritiker  viel  zu  bessern  gesucht; 
aber  einem,  der  so  schwer  krank  ist  wie  unser  dichter,  hilft  keine 
medicin.  so  ist  in  532—34  und  535 — 38  derselbe  gedanke  zwei- 
mal ausgedrückt,  indessen  wir  haben  unserm  redactor  schon  viel 
schlimmeres  nachgewiesen.  530  f .  «»  C  303 f.;  539  <»  €  136.  r\  94. 
ip  336.  in  536  kann  man  das  in  A  535  passende  jLieivq  dTT€pxö)Li€VOV 
von  der  lanze  wohl  nicht  so  gut  sagen.  540  f.  «=  N  827  f.  an 
unserer  stelle  passt  weder  f^be  noch  das  pr&sens  q)^p€i.  542  a=s 
C  310;  543  •«  b  39.  das  ibpcdovrac  passt  besser  für  die  eben 
heranbrausenden  als  für  die  schon  lange  ruhig  stehenden  rosse. 
552  =  A  47;  553''  «  A  371 ;  564  —  €  196.  die  verse  548  «- 
A  315 ,  557  f .  s=>  TT  299  f.  würden  sich  leicht  als  interpolationen 
beseitigen  lassen. 

Aus  dem  vorstehenden  folgt,  dasz  6  in  demselben  stile  und  in 
derselben  absieht  gedichtet  ist  wie  H  313  ff.,  dasz  es  sich  auf  das 
ende  des  letztgenannten  buches  zurückbezieht  und  in  jeder  hinsieht 
mit  dieser  partie  übereinstimmt ,  mit  6inem  worte  dasz  es  von  dem- 
selben Verfasser  ist.  das  buch  6  bezieht  sich  in  164  ff.  auf  die  rede 
des  Diomedes  H  399  ff.,  in  177  auf  den  mauerbau,  in  370  ff.  auf 
den  späten  bittgang  der  Thetis  (am  ende  von  A)  zurück,  es  ist  später 
als  die  alte  jiinvic  'AxiXnoc  (s.  zb.  A  117  —  246  ^  A  212  =  401, 
A  300  =  216,  A  310  f.  =  130  f.),  später  als  die  erste  erweiterung 
derselben  (s.  zb.  B  391  =  10,  A  20—25  =  457  —  62,  A  182  = 
150,  6  134  =  99,  6  221—23  =  105—107,  €  719  ff.  —  381  ff., 
6  775  f.  =  49  f.,  Z  318— *J0  =  493-95,  H  164—67  —  262—65), 
ja  es  ist,  wie  der  bittgang  der  Thetis  und  das  ende  von  H,  später 
als  Partien  der  Odyssee,  die  nicht  zu  den  ursprünglichen  gehören 
(b  39—42  —  433—35,  b  39  -=  543).  es  ist  von  einem  dichter,  der 
wohl  fleiszig  und  wohlmeinend,  aber  nicht  sehr  begabt  wai*,  aus 
einer  zeit  in  der  man  die  epische  spräche  nicht  mehr  frei  beherschte 
und  sich  deshalb  lieber  möglichst  eng  an  andere  verse  der  Homeri- 
schen gedichte  anschlosz,  ein  sehr  gefährliches  verfahren  das  zu 
vielen  mit^griffen  anlasz  gibt,  es  ist  geschrieben,  um  Widersprüche 
zwischen  der  alten  ^i)vic  und  deren  erweiterung  auszugleichen ,  was 
auch  am  ende  von  H  versucht  wurde ,  um  die  sich  widersprechenden 
Vorzüge  der  handlung  beider  Iliasschichten ,  nemlich  die  besiegung 
der  Achaier  und  dos  lob  achaiischer  heldenthaten ,  zu  vereinen  und 


EBrandt:  zur  geschichte  und  coxDposition  der  Ilias.    V.        101 

um  die  folgende  gesandtschaft  an  Achilleus,  die  eine  niederlage  der 
Achaier  vorausseht ,  zu  ermöglichen. 

Die  TTp€C߀ia  kann  nemlicb  erst  gleichzeitig  mit  H  313 — 6  565 
an  diese  stelle  der  Ilias  gekommen  sein:  denn  ohne  diese  partie 
würde  sie  mit  dem  vorhergehenden  nicht  zusammenhftngen.  über- 
haupt gibt  es  auszer  dieser  stelle  weder  in  der  unerweiterten  )Lif)vic 
noch  in  der  durch  B  42 — H  312  erweiterten  irgend  einen  platz,  an 
dem  sie  gestanden  haben  kOnnte.  es  sind  daher  all  die  schönen 
ästhetischen  und  moralphilosophischen  ideen  von  der  schuld  des 
Achilleus,  die  in  allzu  groszer  Schroffheit  bestehen  soUte,  und  seiner 
bestrafnng,  zu  welcher  der  arme  Patroklos  sein  leben  hatte  hergeben 
sollen ,  all  diese  schönen  in  den  Homer  hineininterpretierten  deute- 
leien  sind  hinfällig,  uns  können  nur  noch  die  fragen  interessieren : 
ist  die  TTp€c߀ia  eignes  werk  des  Verfassers  von  H  313 — 6  565,  oder 
hat  er  eine  fremde  dichtung  in  die  Ilias  einfügen  wollen?  und  im 
letztem  falle :  hat  er  diese  einzufflgende  dichtung  intact  Übernommen 
oder  hat  er  sie  überarbeitet?  nur  dies  Iftszt  sich  antworten :  wenn 
der  Verfasser  von  H  313 — 6  565  ein  fremdes  werk  eingefügt  hat,  so 
hat  er  es  gleichzeitig  überarbeitet,  denn  I  236  ff.  bezieht  sich  un- 
zweifelhaft auf  die  ereignisse  von  6,  I  348  ff.  auf  den  mauerbau 
in  H.  dagegen  die  frage,  ob  I  von  demselben  Verfasser  ist  wie  H  313 
— 6  565  oder  nicht,  möchte  ich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden, 
obgleich  ich  mich  der  erstem  ansieht  zuneige,  indessen  wie  dem 
auch  sei,  jedenfalls  können  wir  der  TTp€c߀ia  einen  terminus  post 
quem  für  die  zeit  des  Verfassers  von  H  313—6  565  entnehmen, 
die  stelle  nemlicb,  wo  von  den  unendlichen  reicbtümem  von  Delphoi 
gesprochen  wird  (I  404  f.),  ist  nach  700  vor  Ch.  entstanden,  denn 
Delphoi  gewann  erst  im  laufe  des  achten  vorchristlichen  jb.  bedeu- 
tung  und  damit  reichtum.  erst  gegen  ende  des  Jahrhunderts  kann 
dieser  so  bedeutend  gewesen  sein  ^  dasz  er  auf  6iner  linie  mit  dem 
von  Orchomenos  und  dem  des  ägyptischen  Theben  genannt  werden 
konnte,  und  noch  eine  geraume  zeit  muste  verstreichen,  bis  man  ver- 
gessen hatte  dasz  diese  schätze  erst  seit  kurzem  gesammelt  waren, 
bis  man  sie  in  die  mythische  zeit  hineinverlegen  konnte,  stammt 
nun  diese  stelle  von  dem  Verfasser  von  H  313—0  565,  so  haben 
wir  die  zeit  eben  desselben  bestimmt;  gehört  sie  aber  dem  werke 
an,  welches  jener  Verfasser  von  H  313  ff.  als  ein  ihm  fremdes  in 
die  Ilias  einfügte ,  so  fällt  die  zeit  dieses  bearbeiters  noch  später, 
jedenfalls  also  müssen  wir  die  zweite  erweiterung  der  alten  jufivic, 
die  uns  im  vorhergehenden  beschäftigt  bat,  in  die  zeit  nach  700 
setzen,  während  die  erste  bear  bei  tung,  wie  im  programm  von  Königs- 
berg (Neumark  j  188  7  gezeigt  worden,  um  den  anfang  der  olympiaden- 
recbnung  entstanden  ist. 

Mit  H  313 — I  föUt  nun  auch  buch  K  aus  dem  Zusammenhang 
der  Ilias  heraus,  ob  aber  dieses  buch  gleichzeitig  mit  H  313  ff.  in  die 
Ilias  kam  oder  noch  später,  ob  es  von  demselben  Verfasser  ist  wie 
H  313  ff.  oder  nicht,  will  ich  hier  ebenfalls  unentschieden  lassen. 


102        EBrandt:  zur  geschichte  und  compoBition  der  IlLts.    V. 

nur  dies  will  ich  bemerken,  es  scheint  fast  als  ob  die  conception 
von  K  nach  den  büchem  H  313 — I  eine  notwendigkeit  war.  6  schafft 
die  ungünstige  läge  der  Achaier,  welcher  allein  der  gedanke  der 
TTpccßcia  entspringen  konnte;  K  bemüht  sich  durch  einen  erfolg 
die  Stimmung  der  Achaier  zurückzuführen,  welche  vor  H  313  und 
im  anfange  von  A  herscht,  und  will  somit  den  anschlusz  an  das 
letztere  buch  ermöglichen  (ygl.  Christ  Hom.  II.  carmina  s.  74). 
der  die  Achaier  ermutigende  erfolg  durfte  aber  wegen  6  5  ff .  und 
399  ff.  von  Zeus  nicht  bemerkt  werden,  deshalb  geschah  die  hand- 
lung  bei  nacht ,  deshalb  konnte  der  sieg  der  Achaier  keine  groszen 
dimensionen  annehmen,  dafür  muste  aber  die  gewonnene  beute 
desto  kostbarer,  das  vergossene  blut  desto  edler  sein,  daher  ist 
wagen  und  rüstung  des  Rhesos  von  silber  und  gold ,  er  selbst  ein 
könig.  sodann  durfte  der  getötete  könig  nicht  im  folgenden  lebendig 
vorkommen,  daher  die  einführung  eines  der  Ilias  sonst  fremden 
beiden,  auch  schlieszt  sich  das  buch  K  sehr  wohl  an  I  an.  liachmann 
scheint  es  unpassend,  wenn  sich  die  Troer  6  491  und  ebenso  die 
Achaier  K  199  £v  KaOapqj,  öOi  bf|  vckuuiv  bi€q)aiv€TO  x^poc  ver- 
sammeln, aber  haben  wir  dem  Verfasser  von  H  313  ff.  nicht  viel 
schlimmere  fehler  nachgewiesen?  dasz  femer  die  TTpecßeia  und 
AujX(IiV€ia  in  derselben  nacht  spielt,  ist  bei  unserm  dichter  sicher 
nicht  auffällig,  die  handlung  der  TTp€c߀ia  ist  schon  abends  zu 
ende,  denn  I  705  heiszt  es:  *jetzt,  nachdem  ihr  gegessen  und  ge- 
trunken habt,  schlafet',  als  ob  das  essen  von  v.  90  f.  kurz  vorher- 
gegangen wäre,  es  kann  also  sehr  wohl  die  Dolonie  im  dritten  teile 
der  nacht  folgen  (K  253).  auch  Übereinstimmungen  mit  der  Odyssee, 
auf  die  BNiese  Hom.  poesie  s.  «65  als  auf  eine  eigentümlichkeit  von  K 
aufmerksam  macht,  sind  in  H  313  ff.  nachgewiesen,  sollte  also  K 
nicht  doch  gleichzeitig  mit  H  313 — I  in  die  Ilias  gekommen  sein, 
sollte  es  nicht  doch  von  demselben  dichter  wie  jene  partie  herrühren? 

KONIQSBERO  IN  DKB  MBUMABK.  KaRL  BräNDT. 


14. 

ZUR  KATHAESIS  DES  ABISTOTELES. 


Im  sechsten  buche  von  Piatons  Gesetzen  (s.  790  ®  f.)  steht  eine 
stelle,  die  zum  Verständnis  der  Aristotelischen  definition  der  tra- 
gödie  mit  beizutragen  vermag ,  aber ,  wenn  ich  nicht  irre,  für  diesen 
zweck  noch  nicht  ausgebeutet  ist.  im  vorhergehenden  erwähnt  der 
Athener,  dasz  einerseits  die  kinder,  die  nicht  schlafet  wollten,  durch 
das  wiegen  auf  den  armen  zum  schlaf  gebracht  und  anderseits  die 
Bakchantinnen  durch  den  tanz  nach  dem  klänge  der  flöte  von  ihren 
Wahnvorstellungen  befreit  und  beruhigt  würden,  und  fährt  dann 
fort:  b€i)Liaiv€iv  icjl  nou  raOr'  dMq>OT€pa  rd  näOn,  koi  ^cti  bci^ara 
bi'  Öiv  qmuXnv  ti^c  ipux^ic  tivöl  öxav  oöv  ßuiO^v  Tic  TTpocq)^pi) 


KGoebel:  zur  katharsis  des  Aristoteles.  103 

TOIC  TOIOUTOIC  TldGCCl  C€lC|Ll6v ,  f|  TUJV  ßuiOcV  KpaicT  KIVTICIC  TtpOC- 

<^po\iivr\  Tf|v  ivröc  q)o߀päv  oöcav  Kai  jLiaviKf|V  kivticiv,  Kpani- 
caca  bk  fOLkr\yn]V  fjcuxiav  t€  iv  t^  ijiux^  (paivcrai  dTreptacaii^vii 
xflc  7t€pl  t4  Tflc  Kttpbiac  xo^crrflc  ttvojLi^viic  iK&CTwv  mibificeajc, 
iravidiraciv  drainiTÖv  ti,  toüc  \xiv  öttvou  XatxAvciv  ttouT,  toöc 
h*  dTP*lT0p6Tac  dpxou)Li^vouc  t€  Kai  aöXoujLi^vouc  ^eiä  Gcujv,  olc 
öv  KaXXi€poOvT€C  iKacToi  0uujct ,  KaT€ipT<icaTO  dvtl  ^avlKUJV  fmiv 
btaO^ceurv  lEeic  £|Liq)povac  ^X^^v.  das  beiszt  also  in  deutschär  Über- 
setzung: 'beide  leidenszustände  besteben  doch  wohl  in  einer  angst, 
und  diese  angst  entsteht  aus  irgend  einem  fehlerhaften  zustande  der 
seele.  wenn  nun  jemand  von  auszen  an  dergleichen  leidenszustände 
eine  erschütterung  heranbringt,  so  überwindet  die  von  auszen  heran- 
gebrachte bewegung  die  innere  schreck-  und  wahnhafte  bewegung, 
und  dadurch  dasz  sie  diese  überwindet  verursacht  sie  offenbar  eine 
stille  und  ruhe  in  der  seele,  indem  der  stürm  um  das  herz  herum 
sieb  legt,  eine  in  jeder  beziehung  angenehme  Veränderung,  und 
bringt  die  einen  in  schlaf,  die  andern  aber,  die  wachend  unter  dem 
klänge  der  fiOte  tanzen,  mit  hilfe  der  götter,  wenn  sie  ihnen  unter 
günstigen  Vorzeichen  opfern,  aus  dem  wahne  in  eine  vernünftige  Ver- 
fassung.' 

Durch  die  von  auszen  verursachte  bewegung  des  ganzen  körpers 
wird  also  die  vereinzelte  übermächtige  innere  bewegung  des  herzens 
überwunden  und  dadurch  die  harmonie  des  körperlichen  zustandes 
und  des  seelischen  empfindens  wiederhergestellt,  wenn  nun  Aristo- 
teles sagt:  fcTi  TpaYipMa  )iii|LiT)cic  TTpdEeuJC  citoubaiac  Kai  TcXeiac 
.  .  bi'  dX^ou  Kai  qpößou  Kepaivouca  Tf|v  tuiv  toioütujv  KaGrijudTUiv 
KdOapciv,  so  wird  durch  die  anschauung  dieser  handlung  auch  von 
auszen  eine  bewegung  in  das  gemüt  hineingetragen,  und  zwar  die 
affecte  der  furcht  und  des  mitleids ,  durch  die  dasselbe  von  derglei- 
chen geftihlen  gereinigt  wird,  dasz  hier  die  furcht  ebenso  wie  das 
mitleid  die  handelnden  personen  zum  gegenstände  hat  und  nicht  uns 
selbst^  zeigt  die  eigne  erfahrung:  denn  es  hat  wohl  niemand  bei  der 
betrachtung  einer  tragödie  furcht  für  sich  selber  gehabt,  sondern 
beide  affecte  beziehen  sich  auf  die  leiden  der  personen  der  tragödie. 
durch  diese  von  auszen  verursachten  affecte  sollen  wir  also  von  der- 
gleichen affecten  für  uns  selber,  die  durch  die  Vorstellung  unserer 
eignen  leiden  veranlaszt  werden,  befreit  und  dadurch  die  harmonie 
unserer  seele  wiederhergestellt  werden.  Aristoteles  sagt  toioütujv 
TtüV  KaGTijLidTUJV,  nicht  toutu)V  :  denn  wenn  wir  auch  furcht  für  uns 
selber  ebenso  gut  haben  können  wie  für  andere,  so  können  wir  doch 
in  demselben  sinne  nicht  mitleid  mit  uns  haben,  aber  wie  durch 
die  Vorstellung  zukünftiger  leiden  furcht  für  uns  selbst  wie  für  an- 
dere erregt  wird,  so  macht  die  erfahrung  gegenwärtiger  leiden  auch 
uns  selber  zu  einem  gegenständ  eines  ähnlichen  gefühls,  wie  andere 
durch  die  anschauung  ihrer  gegenwärtigen  leiden  ein  gegenständ 
unseres  mitleids  werden,  es  spricht  daher  Schopenhauer  auch  von 
einem   mitleid   mit  uns  selber,   das  nach  ihm  der  grund  unserer 


104  GK.:  die  neneete  übersetzang  der  Anabasis. 

tbränen  ist.  vielleicbt  sagt  Aristoteles  auch  toioütiuv^  weil  er  noch 
an  andere  leidensempfindnngen  denkt,  zb.  an  reae,  welche  durch  die 
Vorstellung  erweckt  wird,  dasz  wir  selber  Ursache  unserer  leiden 
sind,  von  den  gefühlen  also  unseres  eignen  leidens  werden  wir  da- 
durch befreit,  dasz  sie  von  den  gefühlen  für  fremde  leiden  überwun- 
den werden,  der  grund  davon  liegt  aber  darin,  dasz  in  der  tragödie 
das  leiden  der  gattung  objectiv  und  ideal  dargestellt  wird,  und  wie 
bei  Piaton  die  bewegung  des  ganzen  körpers  die  einzelbewegung 
eines  teiles  desselben  zur  ruhe  bringt,  so  wird  hier  das  gefühl 
unseres  individuellen  leidens  in  dem  geftthle  des  gattungsleidens 
aufgehoben  und  dadurch  die  harmonie  unseres  gemütes  wiederher- 
gestellt denn  der  schmerz  ist  eben  individuell,  und  wenn  das  leiden, 
das  ihn  verursacht,  als  ein  gemeinsames  leiden  der  menschlichen 
gattung  angesehen  wird,  so  wird  dasselbe  der  kraft  individuellen 
schmerz  zu  bereiten  beraubt,  und  wie  der  buddhist  sein  eignes  be- 
wustsein  in  der  contemplation  des  allgemeinen,  so  läszt  der  leidende 
mensch  seinen  eignen  schmerz  in  der  versöhnenden  empfindung  des 
allgemeinen  leidens  aufgehen. 

Soest.  Karl  Ooebbl. 


15. 

DIE  NEUESTE  ÜBERSETZUNG  DER  ANABASIS. 


Der  sehr  rührige  Verleger  PhReclam  in  Leipzig  sacht  in  seiner 
'oniversalbibliothek'  auch  die  werke  des  classiscben  altertums  durch 
mehr  oder  minder  freie  überseUangen  dem  lesepnblicam  nahe  zu  bringen, 
eine  stattliche  reihe  Übersetzungen  hat  br.  dr.  Max  Oberbreyer  geliefert: 
von  diesen  ist  mir  kürzlich  io  die  bände  gekommen  'Xenophons  Ana- 
basis oder  der  zag  der  zehntausend,  aas  dem  griechischen  mit  einleitang 
and  erläaterang'  (doppel bändchen  1185.  1186).  über  den  wert  dieser 
arbeit  will  ich  mich  nicht  aaslassen,  wohl  aber  verdienen  folgende 
proben,  die  mir  gerade  bei  lectüre  des  vierten  bacbes  aofgestoszen 
sind,  die  beachtnng  der  leser  dieser  Zeitschrift,  deren  beorteilang  ich 
sie  hiermit  unterbreite. 

Das  kriegerische  volk  der  Taocher  erwähnt  Xenophon  im  ganzen 
sechsmal  (IV  4,  18;  6,  6;  7,  1.  2.  18;  V  6,  17):  der  deutsche  Über- 
setzer hat  dafür  an  den  beiden  ersten  stellen  Tareben;  im  7n  capitel 
schreibt  er  zwar  Taochen,  kehrt  aber  im  5n  cap.  des  6n  boches 
wieder  zu  den  Tarchen  zurück,  paläographisch  läszt  sich  diese  merk- 
würdige Variante  angemein  leicht  aus  der  griechischen  minuskel- 
schrift  (aber  nar  aus  dieser)  erklären:  o  und  p  sind  sehr  ähnlich,  aller- 
dings musz  man  die  Verschiebung  des  accentes  mit  in  den  kauf  nehmen. 

Bedeutend  schwerer  fällt  die  aufklärong  der  Variante  IV  4,  13: 
'denn  man  fand  hier  viel  salböI  aus  lilien,  sesam,  bittern  mandeln  und 
dem  terpentinbanm  gezogen',  griechisch  iroXu  yäp  £vTa06a  cöpicKCTO 
XptMQ  •  •  cO€iov  Kai  C1lcd^lvov  ical  d^l^^bdX1vov  ^k  tüjv  mKpuiv  kqI 
T€pcß(v6ivov.  Iilien51  als  kosmetisches  mittel  statt  des  unanständigen 
Schweinefetts  sieht  beinahe  aus  wie  die  conjector  eines  geschickten 
intarpolators  oder  —  doch  ich  will  dem  urteil  des  lesers  nicht  vor- 
greifen. 

St.  G.  K. 


KJLiebhold:  zu  Piatons  Politeia.  105 

16. 

ZU  PL  ATONS  POLITEIA. 


1 328®  lautet  die  Überlieferung  Kai  bi\  xai  coC  fjb^uic  &v  ttuOoU 
jLiTlv  6  xi  coi  q)aiv€Tai  toOto,  in€ibi\  dvTaöGa  fjbn  et  ttJc  fjXiKiac,  6 
hi\  in\  ipfipaoc  oöbiu  cpaciv  dvai  o\  Tioir]Tai,  Tiötepov  xaXciröv  toO 
ßiou  f\  TTUüC  cu  auTÖ  dSaYT^XXeic.  Cicero  dato  «n.  §  6  gibt  den  sinn 
der  vorhergehenden  worte  bekanntlich  so  wieder:  volumtis sane^  nisi 
molestum  esty  CatOy  tamguam  hngam  aUquam  viam  confeceris^  quam 
nohis  quoque  ingrediendutn  sU  (im  original  bOKei  ydp  jLioi  XP^vai 
TTOp'  auTÄv  Truv9dv€c9ai ,  ulcTrep  xivd  öböv  7rpo€Xr]Xu9dTU)v,  f^v 
KQi  fmdc  icuic  berjcei  TropedecOai,  iroia  Tic  ^cti,  Tpaxeia  xal 
XoXcnrji  f\  ^abia  Kai  efiTropoc),  istuc  quo  pervenisti  videre  quäle  sU. 
es  ist  evident,  dasz  diese  freie  Übertragung  den  inhalt  der  Platoni- 
schen stelle  nur  summarisch  wiedergibt  und  dasz  dieselbe  anstatt  der 
beiden  fragen,  deren  erste  auf  die  qualität  des  zurückgelegten  lebens- 
weges  hindeutet,  während  die  zweite  auf  die  qualitSt  des  erreichten 
lebenszieles  gerichtet  ist,  sich  mit  der  letzten  begnügt,  auf  welche 
es  Cicero  bei  dem  zweck  seiner  schrift  ausschlieszlich  ankam,  da 
nun  aber  weder  toC  ßiou  mit  dem  vorhergehenden  toCto  construiert 
werden  kann,  weil  es  erstlich  zu  weit  davon  entfernt  ist  und  weil 
zweitens  eine  Verschmelzung  von  zwei  constructionen  (ö  ri  coi  qpai- 
veroi  toOto  und  Tröiepov  xö^^ttöv  toO  ßiou)  stattfinden  würde, 
noch  auch  toCto  vor  tou  ßiou  wiederholt  werden  darf,  weil  dies 
dem  Schönheitssinn  und  der  eleganz  Piatons  widerspräche ,  so  ist  es 
augenscheinlich ,  dasz  zwischen  x^XcttÖv  und  tou  ßiou  ein  begrifif 
wie  TeXoc  vermiszt  wird,  dessen  ergänzung  überdies  der  ähnliche 
ductus  litterarum  der  endsilbe  von  xgiXcttöv  ermöglicht,  wie  häufig 
aber  die  Verbindung  t4\oc  tou  ßiou  und  ähnliche  sich  finden,  ergibt 
sich  ua.  aus  Ges.  V  730«=  im  TcXei  tou  ßiou  (vgl.  ßep.  X  613^  im 
T^XouC  TOU  bpöjLiou,  wie  ja  überhaupt  das  leben  nicht  selten  mit 
einer  rennbahn  verglichen  wird ,  zb.  Cic.  Cato  n».  §  14,  wo  es  nach 
dem  citat  aus  Ennius :  sicut  fortis  equus ,  spatio  qui  saepe  supremo 
vicvt  Olympia^  nuncsenio  confeäu'  quiescit  heiszt:  equi  fortis  et  viäoris 
seneduti  comparat  suam^  während  das  spatium  supremum  an  den 
Tni^aTOC  bp6|iioc  bei  Homer  V  373  erinnert).  VII  801  ®  öttöcoi 
T^Xoc  Ixoiev  TOU  ßiou.  X899^  irpöc  t^Xoc  öpdiv  ^XGdvTac  tripaiouc. 
Epin.  992**  eic  irpecßuTOU  t^Xoc  d9iKOjLi€voic.    Tim.  90**  t^Xoc 

IX€W  TOU  7TpOT€6^VTOC  dvOpüüTTOlC  ÖTTÖ  GcuJV  dplCTOU  ßlOU. 

I  331  ^^'^.  an  dieser  stelle  haben  die  anfangsworte  von  d  öpOuJC, 
IqpT]  (wofür  f  qpriv  zu  schreiben)  XcTCic  bis  dTTobibövai  eine  spätere 
Stellung  erbalten ,  als  ihnen  nach  dem  logischen  godankengange  ge- 
bührt, so  dasz  ich  folgende  Ordnung  vorschlage,  nach  den  werten 
(b)  dXXd  fe  tv  dvG'  ^vöc  ouk  dXdxiCTOv  ä-xiufe  Oeiriv  Sv  elc  touto 
dvbpi  vouv  f xovTi,  liü  CiüKpaT€c,  ttXoutov  xP^ciM^xaTOv  elvai  föhrt 
Kephalos  nach  der  bejahenden  wendung  des  Sokrates  (öpOOüC,  ^(pr|V, 


106  KJLiebhold:  zu  Platons  Politeia. 

X^T^ic)  weiter  fort ,  und  zwar  in  form  einer  frage :  oök  &pa  OUTOC 
^^^pn^^  äpoc  icTx  biKaiocuviic,  ÖLktfiri  T€  X^t^iv  Kai  Sl  &v  Xdßn  Tic 
dTTObibövai ;  worauf  dann  Sokrates  erwidert:  iraTKoXuJC,  fjv  b'  tT*w, 
X^T^ic,  u5  K^cpaXe.  toöto  b'  auiö,  Tfjv  biKaiocuvnv,  Tröiepa  Tf|v 
dXnOetav  aurö  q)yicojLi€v  eivai  dirXujc  oötuj  bis  ön  oötc  xP^  Td 
TOiaOra  dirobibövai,  oCre  b(Kaioc  dv  dr\  ö  dTiobiboOc,  oöb'  a{i 
irpöc  t6v  oÖTUiC  ^xovTa  Trdvra  dO^Xuiv  TdXtiOf)  X^tciv,  und  endlich 
die  entgegnung  des  Polemarcbos,  Trdvu  jLi^v  oOv,  i)  CtLiKpaT€C,  elirep  t^ 
Tt  XP^  CtjLiUivibi)  7T6iO€c9ai ,  erfolgt,  der  beweis  für  die  notwendig- 
keit  dieser  Umstellung  ist  g^eben,  sobald  die  Unmöglichkeit,  die 
Worte  toOto  b*  aÖTÖ,  "rfiv  biKOiocuviiv  usw.,  welche  auf  die  gerech- 
tigkeit  als  auf  etwas  schon  bekanntes  hinweisen,  ohne  Übergang 
und  yermittlung  an  ihrem  überlieferten  platze  zu  belassen,  durch 
den  gedankengang  und  die  rücksicht  auf  die  bekannte  abneigung 
des  Philosophen  gegen  desultorisches  verfahren  in  der  dialektik  von 
selbst  in  die  äugen  springt,  es  war  vorher  von  Kephalos  behauptet 
worden ,  dasz  der  besitz  des  geldes  sehr  brauchbar  dazu  sei ,  auch 
nicht  unfreiwillig  jemand  zu  betrügen  oder  zu  teuschen  noch  auch, 
wenn  man  einem  gotte  gewisse  opfer  oder  einem  menschen  geld 
schulde,  voll  furcht  den  weg  ins  jenseits  anzutreten,  und  dasz  neben 
andern  richtungen  für  die  Verwendbarkeit  des  reichtnms  eben  diese 
einem  verständigen  manne  als  die  wichtigste  gelten  müsse,  daran 
würde  sich  seitens  des  Kephalos  die  frage  schlieszen:  *liegt  also 
nicht  darin  die  definition  der  gerechtigkeit,  dasz  jemand  die  Wahr- 
heit sagt  und,  was  er  etwa  empfängt,  zurückgibt?'  und  dann  erst 
enthalten  die  nun  folgenden  worte  des  Sokrates  irOTKdXuic ,  f|V  b' 
Ifibf  X^T€ic,  t&  K^qxxXe.  toOto  b*  aurö,  Tf|v  biKaiocOviiv  bis 
rdXriOfl  X^t^tv  zugleich  eine  bestätigung  und  einen  einwand  gegen 
die  zu  weite  fassung  der  definition,  welcher  geschickt  durch  das 
setzen  des  falles,  in  dem  ein  rasender  die  einem  andern  anvertrauten 
wafifen  zurückfordert  und  in  dem  nur  das  partielle  mitteilen  der 
v^ahrheit  empfehlenswert  erscheint,  gemacht  wird,  eine  weitere  be- 
stätigung unserer  annähme  liegt  in  der  thatsache,  dasz  die  nun  fol- 
genden worte  des  Polemarcbos  nicht  an  die  adresse  des  Kephalos, 
sondern  an  den  unmittelbar  vorher  redenden  Sokrates  gerichtet  sind, 
nur  scheint  die  affirmative  Wendung  ndvu  ^^v  OJrv  fDr  den  ersten 
augenblick  nicht  zu  passen,  da  sich  ja  Pol.  auf  das  zeugfnis  des  Simo- 
nidee beruft ,  dessen  definition  der  gerechtigkeit  (t6  rd  öq>€iXö)i€va 
^KdcTip  dTTObibövai  biKaiöv  ^cti)  mit  der  von  Kephalos  in  fragender 
form  vorgeführten  in  ihrer  allgemeinheit  und  uneingeschränktheit 
(die  einschränkung  des  öcp€iXö)bi€VOV  auf  irpocflKOV  erfolgt  erst  332^ 
durch  die  richtige  auslegung  des  Simonideischen  ausspruchs)  voll- 
kommen übereinstimmt,  indessen  läszt  sich  durch  verschiedene 
stellen,  zb.  durch  Gorg.  466  •«.  Euthyd.  304  •.  Krit  44  \  Symp  .201  ^ 
der  gebrauch  von  ^liv  odv  (bzw.  irdvu  ^^v  ouv)  in  der  bedeutung 
von  tmmo  vero  belegen,  so  dasz  die  antwort  von  Polemarcbos ,  wenn 
man  dieselbe  aus  dem  von  Sokrates  geäuszerten  bedenken  (ÖTi  o&rc 


KJLiebhold:  zu  Platons  Politeia.  107 

Xpf|  Td  TOiaOra  änobibövai  usw.)  veryoUstSndigen  wollte,  lauten 
würde:  irdvu  jifev  oöv,  iS  CuJKpaT€c,  Kai  XP^  ^d  TOiaOta  dTiobibövai 
Kai  biKaioc  dv  ein  ö  dTTobibouc  asw. 

I  332«  i^viEaro  dpa,  fjv  V  dyai,  die  foiKcy,  6  Cijiujvibiic  ttoi- 
ilTiKdK:  TÖ  biKaiov  8  eXr\.  bi€vo€iTO  ^fev  f&p,  ibc  q>aiv€Tai,  ön  toOt* 

cIt)  bkaiOV,  TÖ  TTpOCflKOV  iKdCTiJU  dlTOblbÖvai,   TOOtO  bk  ÜüVÖ)LiaC€V 

öffeiXöjLievov.  'AXXd  ti  oiei,  iq>r].  *Q  npöc  Aiöc,  fjv  b*  if\i}  usw.  mit 
recht  hat  Madvig  adv.  crit.  I  s.  415  an  der  bisherigen  Verteilung  der 
Worte  anstosz  genommen  und  die  frage  dXXd  li  oTei;  dem  Sokrates 
zugewiesen,  aber  es  ist  ihm  entgangen,  dasz  weder  mit  dieser  form 
der  frage  noch  mit  der  dann  folgenden  Zustimmung  (fq>il)  des  Pole- 
marchos  etwas  anzufangen  sei.  wenn  dagegen  anzunehmen  wSre, 
dasz  dXXo  Ti  o!€i;  (sc.  f|  tö  TTpocf^KOV  licdcTifj  övojitdcat  öq>€iXö- 
^evov)  als  frage  des  Sokrates  und  nicht  iq>y\ ,  sondern  ouk  i(pr\  als 
antwort  des  Pol.  in  dem  text  gestanden  hätte,  dann  hätten  wir  auch 
an  dieser  stelle  ein  brauchbares  und  präcises  Symptom  dafCLr,  dasz 
Pol.  bis  hierher  und  bis  auf  weiteres  den  deductionen  des  Sokrates 
in  assentierender  haltung  folgt. 

n  359  "^  ibövra  bk  Kai  OaujiidcavTa  KOTaßfivat,  koI  ibeiv  dXXa 
T€  bf|  d  ^u6oXoTo0cl  9au)iiacTd  koi  Kttkov  xa^KoOv  koTXov,  Oupibac 
ixovxa,  Ka9*  de  dTKiiipavia  IbeTv  dvövra  vcKpöv,  ibc  q)a(v€cOat, 
|Li€iZu)  f\  Kai*  dvOpuüTrov  toötov  bk  dXXo  jiifev  fx^iv  oub^v,  ircpi  hk 
tQ  x^ipi  XP^coöv  baKTÜXiov,  8v  TicpieXöjLievov  dxßfivai  (sc.  rütnv). 
die  Vermutung  von  Madvig  ao.  s.  417,  dasz  anstatt  toOtov  der  gen. 
ttXgutou  in  dem  text  gestanden  habe,  ist  um  so  weniger  annehmbar, 
als  ttXoGtoc  sich  in  der  bedeuiung  'schmuck'  nicht  nachweisen  läszt. 
dagegen  halte  ich  es  für  wahrscheinlich,  dasz  KÖc^ou  und  ^xovra, 
letzteres  wegen  der  natürlichem  fortsetzung  der  participialconstruc- 
tion,  die  ursprüngliche  lesart  gewesen  sei,  so  dasz  die  werte  lauten 
würden  ibeiv  dvövia  V€Kpöv ,  ibc  qpaiv€c0ai,  jueiZiuü  f^  kqt' dvGpuj- 

TTOV,  KÖCjLlOU  bk  dXXo  jLlfev  f  XOVT*  OUb^V,  TTCpl  bk  T^  X€ipl  XP^" 
COÖV  bttKTUXlOV  usw. 

II  364  ^  TOUTOic  bk  Kdci  toTc  Xötoic  jidpTupac  TTOiiiTdc  knä- 
YOVTai,  ol  jLifev  KüKiac  ir^pi  euTrereiac  biböviec,  ibc  Tf|v  jufev  KaKÖTTiia 
Kai  iXaböv  Ictiv  ^X^cGaiusw,  weder  biböviec  noch  dbovTCC,  wie  nach 
Murets  conjectur  andere  in  den  text  aufgenommen  haben,  sondern 
bieXOövTec  dürfte  die  brauchbarste  emendation  sein,  damit  würde 
auch  die  gegen  die  ansieht  von  Ast,  dasz  bibövai  hier  mit  tradere 
oder  docere  zu  interpretieren  sei,  gerichtete  bemerkung  Stallbaums 
('sed  tradendi  docendique  verbum  ab  hoc  loco  prorsus  alienum  est: 
requiritur  enim  exbibendi  vel  potius  afferendi  vocabulum)  am  meisten 
in  einklang  zu  bringen  sein,  auszerdem  ist  irepi  (mit  Madvig),  nicht 
TT^pi  zu  accentuieren ,  da  es  nicht  zu  dem  vorhergebenden  KOKiac, 
sondern  zu  dem  folgenden  euTrereiac  gehört,  dasz  endlich  für  Piaton 
diese  construction  nicht  ungewöhnlich  ist,  ergibt  sich  unter  anderm 
aus  Prot.  347*  eij  juev  |Lioi  boK€ic,  fqpri,  liü  CiUKpaTec,  kqi  cu  Tiepi 
Toö  dcjuaioc  bieXTiXu0^vai.    Rep.  VI  506  ^  dpK^C€i  Tdp  ^MW ,  Kdv 


108  EJLiebhold :  zu  Platons  Politeia. 

ujciT€p  biKaiocuvTic  TT^pi  KQi  cuüqppocuvilc  KOI  Tujv  fiXXuiv  bifiXOec, 
oÖTUü  KQi  7T€pi  ToC  &T0160O  bieXGi^c.  lou  531  <^  OU  Tt€pi  7roX^)L10U  Td 
TToXXd  bi€Xr)Xu9€.  Pbil.  18*  bieXOibv  CjLiiKpov  fn  Ticpi  auTUüV  tou- 
Tiuv.   Ges.  II  673**  )LiouciKfic  K^pi  bieXGövTUJV  f)|Lidiv. 

n  378*='*  dXX'  €1  TTUJC  fi^XXojLiev  7r€ic€iv,  ibc  oubcic  ituittot€ 

TToXixilC  ^T€pOC  ^T^pip  dlllfixOeTO  OUb'  ICTl  TOOtO  ÖCIOV,  TOiaÖTO 

(XcKT^a)  ^dXXov  irpöc  Td  Tiaibia  €u9uc  Kai  t^pouci  Kai  tpctud  Kai 

7Tp€CßUT^pOlC  TlTVOfl^VOlC,  KQl  TOUC  TTOHlldc  ^TT^c  toütujv  dvttT- 

KacT^ov  XoTOTTOieTv.  weder  ist  XcKT^a  mit  Stall  bäum  beizabebalten 
nocb  q)aT^ov  mit  Madvig  zu  schreiben,  sondern  die  concinnitäi  ver- 
langt ein  dem  nachfolgenden  dvaTKacT^ov  entsprechendes  adj.  verb., 
nemlich  )li€Xiit^ov  (für  )LiäXXov),  so  dasz  der  nachfolgende  inf. 
XoYOTtoicTv  in  gleicher  abbängigkeit  zu  jLieXiiT^ov  wie  zu  dvaTKa- 
CT^ov  steht  und  TOiaCTQ  bereits  das  object  zu  XoTonoi€iv  bildet« 
das  Kai  vor  touc  TroiiiTdc  mit  Madvig  zu  streichen  ist  nicht  unzweck- 
mftszig,  da  es  sonst  neben  ixyvc  toutuiv  einen  pleonastischen  bei- 
geschmack  erhSlt,  dh.  neben  der  wendung,  welche  gewissermaszen 
die  stelle  eines  zweiten  objects  (zb.  ö^ioxa  toutgic)  zu  XoTOTTOieTv 
mit  um  80  gröszerm  rechte  vertritt,  als  nicht  die  volle  identität, 
sondern  nur  die  annähernde  gleichheit  der  dichterischen  fictionen 
mit  den  gereinigten  mjthenbildungen,  in  deren  kenntnis  die  altem 
Personen  die  jugend  einführen  sollen,  gekennzeichnet  werden  sollte, 
endlich  wird  durch  die  beiden  adj.  verb.  der  gegensatz  zwischen  der 
moralischen  Verpflichtung  für  die  erziehungsmethode  im  hause  und 
dem  gesetzlichen  zwang  für  die  richtige  erziehung  auszer  dem  hause 
mit  genügendem  nachdruck  hervorgehoben,  übrigens  ist  die  richtige 
beziehung  der  worte  TTpecßuT^potc  T€VO)li^voic  nicht  erst  von  Madvig 
ao.  s.  418,  sondern  schon  von  Stallbaum  und  mit  noch  gröszerer 
schärfe  von  JRichter  jahrb.  1867  s.  139  festgestellt. 

III 388*  TtdXtv  bf\  'OjLiripou  t€  b€iicö)Lie9a  Kai  tuiv  dXXuJv  ttoi- 
flTujv  jLif)  7roi€iv  'AxiXX^a  Gedc  iraiba  dXXoi*  im  TrXeupdc  KaiaKei- 
jLievov,  dXXoTC  b*  aöie  ötttigv,  dXXore  bk  irpiivfi,  töt€  b*  öpOöv 
dyacTdvTa,  ttXuäZovt  dXOovT'  inX  9iv'  dXöc  dTpur^TOio.  für 
TrXuiiZovT',  welches  zweifellos  verderbt  ist,  bieten  einige  hss.  TiXd- 
Zcvra,  während  Heyne  7ipuii2[ovTa  vermutet,  obwohl  es  sich  bei 
keinem  Schriftsteller  nachweisen  läszt.  am  elegantesten  ist  die  Ver- 
mutung von  Ast,  der  iTpi|j  Iövt'  vorschlägt  allein  das  Vorhanden- 
sein des  L  läszt  auf  die  an  wendung  eines  andern  verbums  aus  dem 
epischen  Sprachgebrauch  schlieszen,  nemlich  auf  ivliX) ,  so  dasz  it  p  lü 
102[ovt'  im  texte  gestanden  haben  kann,  denn  obwohl  dieses  wort 
bei  Homer  nirgends  in  der  bedeutung  des  klagenden  geschreis  vor- 
kommt (es  findet  sich  Oberhaupt  nur  P  66  und  o  162),  so  hatte  doch 
mittlerweile  der  gebrauch  der  tragiker  (zb.  Aisch.  Perser  272,  Hek. 
789  u.  853.  Soph.  Trach.  784)  den  klagenden  Charakter  des  ver- 
bums in  dem  Platonischen  sprachbewustsein  gesichert 

III  416*  beivÖTarov  t^p  ttou  Trdvruiv  Kai  atcxicrov  ttgiili^ci 
TOiGÜTOuc  T€  Kol  oötuj  Tp^q)eiv  Kuvac  dniKoupouc  ttoijliviujv,  ujctc 


EJLiebhold:  zu  Piatons  Politeia.  109 

\mö  dKoXaciac  f|  Xl^oO  f\  tivoc  Skkov  kokoC  fOouc  aurouc  toOc 
Kuvac  diTixeipficai  toTc  TrpoßäTOtc  kukouptciv  Kai  dvTi  kuvoiv 
XOkoic  öjiotu)0f]vai.  Madvig  ao.  s.  419  will  KaKOuptctv  gestrichen 
wissen,  da  es  scheinbar  nicht  in  die  constraction  passt.  indessen 
würde  er  die  correctheit  der  Überlieferang  schwerlich  angezweifelt 
haben,  wenn  er  die  ähnliche  construction  im  Oorg.  513 '^  beachtet 
hfttte,  wo  es  heiszt:  äp*  oöv  outuüC  ditixcipTiT^ov  f|)iTv  ^ctIt^  itöXci 
Kai  Toic  noXCratc  Gfpaneuciv ,  ibc  ßeXTicTOuc  auTOuc  toöc  noXhac 
iTOtouvrac;  (nur  die  ausgäbe  von  Stephanus  bietet  hier  die  lesart 
Tf|V  TTÖXtv  Kai  Touc  TToXiTac).  denn  es  handelt  sich  ja  um  eine  ziem- 
lich weit  verbreitete  syntaktische  freiheit,  nach  welcher  nominale 
besiimmungen  anstatt  mit  dem  inf. ,  zu  welchem  sie  eigentlich  ge- 
hören ,  verbunden  zu  werden ,  von  demjenigen  werte  abhängig  ge- 
macht werden,  von  welchem  der  inf.  selbst  regiert  wird:  vgl.  Kriton 
52 '^  OUK  diriOu^ia  c€  äXXric  ttöX€U)c  ovV  SXXujv  vöjliujv  fXaßcv 
€ib^vat.  Ges.  I  626  •  boKCic  |iioi  ific  öecO  dirujvufiiac  äEioc  elvai 
^äXXov  dTTOvo^dZecOai.  Demosth.  Ol.  2,  19  toOtwv  oux^  vOv  öpai 
TÖv  Kaipöv  ToO  X^YCiv.  Thuk.  III  6  iflc  jiifev  OaXdccric  dptov  jiifi 
XPflcGai  TOUC  MuTiXTivaiouc. 

rv  430**  bOKCic  Tdp  MOi  t^v  öpGfjV  böEav  irepi  tiüv  aöroiv 
TOUTUiv  fiv€u  TTOibeiac  T€TOVuTav,  Trjv  t€  9iipiiubii  Kai  dvbpa- 
Ttobuibii,  oÖT€  Tidvu  vöfiijLiov  f)T€ic0ai,  fiXXo  T^  Ti  f|  dvbp€iav 
KaXeiv.  der  gedanke  verlangt  1)  die  ergänzung  von  boEdZeiv  hinter 
böEav  und  2)  die  Veränderung  des  t€  zwischen  ttjv  und  Gripiuübr)  in 
b€,  so  dasz  es  heiszt:  'denn  du  scheinst  mir  die  richtige  ansieht  über 
eben  diese  gegenstände  (db.  über  das  gefährliche  und  nichtgefähr- 
liche), die  nicht  aus  der  erziehung  bervorgieng,  zu  haben,  aber  die 
thier-  und  sklavenmäszige  einerseits  nicht  als  den  gesetzen  ent- 
sprechend anzusehen ,  anderseits  als  etwas  anderes  als  tapferkeit  zu 
bezeichnen.'  dasz  übrigens  dem  Platonischen  Sprachgebrauch  die 
figura  etymologica  böEav  boHdZeiv  nicht  fremd  ist,  ersehen  wir 
aus  Phil.  49  ^  ÖKÖcoi  rauTTiv  Tf|v  ijieubfi  böEav  Tiepl  ^auTuJv  dvo- 
r|TUJC  boEdiCouci,  und  für  die  psychologie  des  philosophen  ist  es 
interessant  an  die  definition  von  dem  öpOuJC  (bzw.  öpGd)  bo£d2!€iV 
zu  erinnern,  welche  sich  findet  Symp.  202*  tö  öpGd  bolaCew  Kai 
av€u  Toö  ex€iv  Xotov  boövai  oök  oTc0',  f qpn ,  öti  oöt€  dKicxacOai 
ecTiv  oöie  djLiaOia. 

lY  430^  KÖcjLioc  nox)  Tic,  fjv  b'  i-fd),  i\  cujqppocuvTi  icix  Kai 
fibovCöv  Tiviüv  Kai  ^TriGuiuiiüV  dTKpdieia,  ujc  qpaci.  Kpeinuj  bfi 
auTOÖ  9aivovTai  ouk  olb*  övTiva  TpÖKOv  Kai  fiXXa  äiia  roiaOia 
UJCTT6P  iXVT]  a\)Tf\c  X6T6Tai.  anstatt  des  komma  hinter  qpaci  haben 
die  Züricher  richtig  ein  punctum  gesetzt,  sodann  iät  mit  Madvig  ao. 
s.  420  qpaivovra  (als  neutr.  plur.)  anstatt  qpaivoviai  zu  schreiben, 
aber  nicht  auf  KÖC|iioc  und  dTKpdieia,  sondern  auf  ixvr]  und  end- 
lich KpeiTTUJ  auf  das  nachfolgende  TpÖKOV  zu  beziehen ,  so  dasz  der 
sinn  wäre :  'man  spricht  demnach  gewissermaszen  von  spuren  der- 
selben (der  cujqppociivri) ,  die  ein  gewisses  (ich  weisz  nicht  welches) 


110  EJLiebhold:  zu  Piatons  Politeia. 

sich  selbst  beberschendes  wesen  offenbaren  und  andere  dergleichen 
(spuren)/ 

IV  439 «  &KK%  ijv  b'  ifibt  ixojk  dxoucac  ti  Tticreuui  Tourqi,  die 
dpa  AcövTioc  usw.  dasz  ti  mit  dem  folgenden  toötui  nicht  zu- 
sammenpasst,  hat  Madvig  ao.  unzweifelhaft  richtig  erkannt,  aber 
nicht  iii  ist  zu  schreiben,  wie  er  vorschlägt,  sondern  äpTi,  dessen 
erste  silbe  wegen  der  ähnlichkeit  der  beiden  vorangehenden  buch- 
Stäben  leicht  verloren  gehen  konnte  und  das  mit  dem  voraufgehen- 
den Ttori  in  einen  beabsichtigten  gegensatz  tritt  ^gerade  jetzt'  meint 
Sokrates  'schenke  ich  jener  erzählung,  die  ich  einst  gehört  (aber 
damals  spurlos,  dh.  ohne  weiter  darüber  nachzudenken ,  habe  an  mir 
vorübergehen  lassen) ,  glauben ,  nemlich  deshalb,  weil  dieselbe  zum 
beweise  dient,  dasz  die  leidenschaft  mit  den  begierden  bisweilen  im 
kämpfe  liegt.'  dieser  kämpf,  der  in  der  erzählung  selbst  mit  den 
Worten  äfia  ^ikv  Ibetv  ^ttiOujlioi,  ä^a  b'  au  bucxcpaivoi  xal  änoTp^- 
TTOi  ^auTÖv  ausgedrückt  ist,  wird  verallgemeinert  in  dem  satze: 
oÖToc  jLi^VTOi,  fcpiiv,  6  Xöyoc  oijLiaivei,  Tf|v  öpT^iv  iroXejiiciv  ^vioxe 
Täte  ^iTiOujLiiaic,  d)C  äKko  öv  dXX(}i. 

IV  440  <^  Ti  be;  ötqv  dbiKcTcOai  Tic  fiTHTCi^  oök  ^v  TOUTip  lex 
T€  Kai  xGtX€Tralv€i ..  Kai  bid  t6  Treivfjv  Kai  biä  tö  ^lyoGv  Kai  irdvTa 
Td  TOiaOra  ndcxciv  iuttojli^vujv  Kai  viKqi  Kai  ou  X^jt^i  toiv  T^vvaiujv, 
irpiv  dv  f\  btaTrpd£T)Tai  f\  TeXeimfici)  usw.  die  gröste  Umwälzung 
hat  Madvig  ao.  s.  421  in  den  überlieferten  text  gebracht,  indem  er 
schreibt  Kai  bi'  auTÖ  (sc.  t6  biKaiov)  TT€ivf)v  Kai  bi'  aiJTÖ  ^lyoüv 
Kai  ndvTa  Td  TOiaOra  irdcx€iv  uTrojiievwv,  Kdv  viKäTai,ou  Xrjtciusw. 
die  änderung  ist  um  so  bedenklicher,  als  die  construction  von  uirö- 
)Li^V€iv  m.  inf.  in  dem  Piaton«  Sprachgebrauch  nicht  nachweisbar  ist. 
wenn  man  dagegen  der  Überlieferung  der  hss.  Mon.  und  Flor,  ß' 
glauben  schenkt,  welche  bid  toO  Tt€ivf|V  Kai  bid  toO  ^itoöv  und 
iTdcxu)V  bieten  und  endlich  das  Kai  vor  viKqi  weglassen ,  so  bedarf 
es  nur  noch  der  einzigen  änderung  von  urrOjLi^viüV  inöirofx^veiv, 
um  der  construction  einen  passenden  ahschlusz  zu  geben  und  fol- 
genden sinn  zu  erhalten:  'doch  wie,  wenn  jemand  ein  unrecht  er- 
litten zu  haben  glaubt,  braust  er  da  nicht  in  leidenschaft  auf 
und  grollt  und  kämpft  für  das  was  ihm  als  gerecht  erseheint  und 
siegt  durch  hunger  und  durch  frost  und  durch  ausharren  im  ertragen 
aller  derartiger  Strapazen  und  läszt  von  seinem  edeln  thun  nicht  ab, 
bevor  er  seinen  zweck  erreicht  oder  den  tod  gefunden  hat?'  in  be- 
trefif  der  participialconstruction ,  welche  UTto^^V€lV  mit  KapTepciv 
und  dv^x^cOai  teilt,  vgl.  ua.  Gorg.  505"^  oux  ÜTtOfi^vei  dMpcXou^e- 
voc  und  Ges.  VI  770  •  die  iravTa  Td  TOiaÖT*  dp'  icQ'  uTrojiieveTeov 
ndcxovTac. 

IV  444*»  ^iravdcTaciv  ^^pouc  tivöc  Tip  öXip  ttjc  Miuxnc,  i'v 
dpXfl  ^v  auT^  ou  7rpocf)Kov,  dXXd  tchoutou  övtoc  cpucei  o\'ou  np^- 
iT€iv  auTifi  bouXeuciv  Tip  Tou  dpxiKOu  t^vouc  6vTi;  zunächst  ist 
auTijJ  wegen  der  voraufgehenden  attraction  zu  streichen  und  unter 
dpxiKÖV  T^voc  natürlich  hier  nicht  der  stand  der  herscher  (eine 


«' .» 


EJLiebhold :  zu  Platons  Politeia.  111 

sonst  nicht  seltene  bedeutung),  sondern  das  zum  herscben  geeignete 
Termögen  zu  versteben.  rtttselbaft  bleibt  nur,  weshalb  der  philosoph 
nicht  einfacher  j^t  dpxiKiji  T^V€i  geschrieben  bat.  deshalb  yermute 
ich  dasz  nicht  Tip,  sondern  tuj  als  dativ  des  pron.  indef.  geschrieben 
werden  müsse,  der  sinn  ist:  'und  ein  auflehnen  eines  teiles  gegen 
das  ganze  der  seele,  damit  er  in  ihr  hersche,  ohne  dasz  es  ihm  zu- 
kommt, sondern  trotzdem  daez  er  derartig  Yon  natur  ist,  dasz  er 
irgend  einem  teile  des  zur  herschaft  bestimmten  Vermögens  unter- 
thSnig  sein  musz.'  übrigens  findet  sich  der  gegensatz  zu  dpxiKÖc, 
nemlich  bouXiKÖq  in  den  büchem  vom  Staate  nicht,  wohl  aber  Polit. 
309*  u.  Theait  175%  wtthrend  sich  in  den  staatstheoretischen  schrif« 
ten  dafür  das  adj.  umipeTiKÖc  findet,  zb.  Oes.  XU  942®  tö  piv 
u7rT)p€TiKUiTaT0V  äiravTi  tCu  cuimckti  ,  tö  bk  äpxiKUiTOTOV.  in  dem- 
selben buche  (961  ®)  liest  man  KußepviiTiKÖc  als  attribut  des  voOc 
in  den  werten  Tdc  aicGrjceic  Tijj  KußepviiTiKiI)  vili  cutKcpacd^evoi 
(vgl.  Phil.  30^  ßaciXiKÖV  voOv)  und  im  Phaidros  241®  die  gegen- 
überstellung  voOv  Kol  cuicppocuviiv  dvr'  £pu)TOc  Kai  |iav(ac,  wäh- 
rend es  Phil.  58^  voO  Te  Kai  q>povrjceuic  heiszt,  so  dasz  man  mit 
leichügkeit  zu  dem  schlusz  gelangt,  dasz  auszer  dem  voOc  die  cuiqppo- 
CUVT)  und  (ppövTicic  zum  dpxiKÖv  T^voc  gehören. 

y  449^  die  f)|iEic  TidXai  iTepi)Lievo|i€v  oiö^€Vo(  c^  irou  \ivr\- 
c9ric€c9ai  TraiöOTroiiac  t€  ir^pi,  ttOöc  TTaiboTroirjccvTai ,  Kai  T€vo- 
li^vouc  TTÄc  9p^i|iouci,  Ktti  öXiiv  TaöTiiv  fjv  \if€\c  KOivuiviav  Tuvai- 
KUüv  TC  Kai  iraibuiv*  \ilfa  f&p  ti  oiÖM€9a  (p^peiv  Kai  öXov  eic 
TToXiTCiav  öpSuJC  f|  |bif|  öp9ujc  TiTVÖ|i€VOV.  durch  den  gedanken 
nicht  weniger  als  durch  die  deutliche  beziehung  der  werte  auf  die 
fast  unmittelbar  vorhergehenden  von  449  *  dXXd  TÖ  öpOujc  toOto, 
ujciTcp  TdXXa,  XÖYOu  beiToi,  Tic  6  Tpörroc  ttic  KOivu)viac  fühle  ich 
mich  zu  der  Schreibung  TiTVOjbi^VTiv  (sc.  TfjV  KOivuiViav)  anstatt 
YiTVÖ|Li€VOV  veranlaszt. 

V  459 '^  laTpöv  bi  ttou  |Lif|  Ö€0|bi^voic  jbitv  cu)jLiaci  (papjidKUiv, 
dXXd  biaiTT)  deeXövTUJV  uTraKOueiv  Kai  cpauXÖTepov  dHapKcTv  iyfOV" 
^€^a  (elvai).  weil  dOeXövTUiV  zu  der  construction  nicht  passt  und 
^OeXouciv  (Stephanus)  zu  gewaltsam  wäre,  so  dürfte  mit  der  leich- 
tem änderung  von  laTpöv  in  laTpuJV  und  von  biaiTij  in  biaiTTic 
die  Schwierigkeit  gehoben  sein,  so  dasz  folgender  sinn  herauskommt: 
'von  ärzten  aber,  die  nicht  arzneibedürftigen,  sondern  diätbedürftigen 
körpem  entgegenzukommen  (zu  willfahren)  entschlossen  sind,  reicht 
unserer  meinung  nach  selbst  ein  weniger  geschickter  aus.' 

V  466  ^  ÖTi  Koivf)  cTpaTeucovTai  Kai  Ttpöc  ye  öEouci  tujv  irai- 
bujv  eic  töv  TTÖXejLiGV  öcoi  dbpoi,  iv'  uicrrep  oi  tujv  öXXu)v  öriiLiioup- 
fuiv  GeuJVTai  TaÖTa,  S  TcXeujG^VTac  berjcei  bTijLiioupT€Tv  irpöc  bk 
TT)  0€(f  biaKOveiv  koi  iiTnipeTeiv  .  .  Kai  0epa7T€ueiv  iraT^pac  t€  Kai 
^rjTepac.  trotz  der  künstlichen  erklärungsversuche  von  Stallbaum 
und  Ast  musz  eine  corruptel  der  stelle  angenommen  werden ,  da  die 
nachfolgenden  infinitive  mit  dem  vorhergehenden  iva  nichts  zu 
schaffen  haben,    es  ist  deshalb  meiner  ansieht  nach  statt  öcoi  dbpoi. 


112  EJLiebhold:  zu  PUtona  Politeia. 

W  zu  schreiben  öcoi  äbpoi  Kai  of  oi,  das  b^  vor  riji  6^<)i  zu  tilgen 
und  das  Semikolon  vor  Kpöc  in  ein  komma  zu  verwandeln,  denn  der 
sinn  erfordert  folgendes :  i'(es  ist  offenbar)  dasz  sie  gemeinschaftlich 
zu  felde  ziehen  und  anszerdem  diejenigen  ihrer  kinder  mit  sich  in 
den  krieg  führen  werden,  welche  reif  sind  und  ffthig,  gleichwie  die 
kinder  der  andern  berufsclassen  das  anschauen,  was  sie,  zur  reife 
gelangt,  selbst  betreiben  müssen,  auszer  dem  anschauen  in  allen 
kriegsgeschäften  dienstbar  und  hilfreich  zu  sein  und  ihre  vftter  und 
mtttter  zu  pflegen.' 

V  467«*  oÖKoCv,  fjv  b'  dtiö,  Trp&TOV  \iiy  airvSsv  o\  iror^pcc 
dca  dvOpuiiTOi,  oäx  ä^aOcTc  fcovrai,  äXXd  tvuj^ovikoI  tuiv  crpa- 
T61ÜÜV,  öcai  Te  Kai  pif\  ^mKivbuvoi;  &k6c,  i([>r\.  €lc  ^^v  äipa  t&c 
äEouciv,  elc  bk,  t&c  eöXaßrjcovrai.  da  die  construction  edXaßeicSai 
cTc  Ti  nicht  nachweisbar  ist,  so  muste  es  entweder  heiszen  elc  bk  toc 
euXaßrjcovrai,  öttujc  \ii\  äSouciv  oder,  weil  dadurch  die  prftcision 
der  antwort  gelitten  haben  würde ,  £cTi  b^  8c  eäXaßi^covTai ,  wie 
ich  vermute,  denn  am  häufigsten  regiert  euXaßeicOai  den  acc.,  zb. 
bald  nachher  469  <^  cöXaßoO^evoc  Tf|V  äirö  Tilrv  ßapßäpuiv  bouXciav. 
wie  geläufig  endlich  dem  Piaton.  Sprachgebrauch  eine  brachjlogie 
wie  öcai  t€  Kai  \if\  ^TTiKivbuvoi  ist ,  ergibt  sich  zb.  aus  der  verglei- 
chung  mit  475 «  töv  fipa  irepi  TÖt  jnaOri^aTa  bucxepaivovra  dXXuic 
T€  Kai  v^ov  övra  Kai  }ir\niu  Xötov  fx^via  ti  t€  xpi^töv  Kai  ^rj,  od 
(prjcojLiev  qpiXojbiaGf)  oiib^  (piXöcoq>ov  elvau 

V  473**  Td»v  bt  vOv  TropeuojLi^vujv  x^P^^  ^9*  dKdTcpov  al  iroX- 
Xa\  (puceic  Ü  ävoTKiic  dTtOKXeicOdfCiv.  Madvig  schlägt  vor  al  xuiXal 
(puceic  •*  daudae  et  imperfedae-^  dagegen  halte  ich  für  wahrschein- 
licher ircvTipai. 

V  478  *»  oOkoOv  cl  TÖ  öv  tvujctöv  ,  dXXo  ti  fiv  boEacTÖv  f\  tö 
öv  etil ;  "AXXo.  *Ap*  oöv  tö  \ii\  öv  boEäZei ;  f)  dbiivaTOv  Kai  boEä- 
cai  TÖ  \xf\  öv;  ^wÖ€i  bL  oux  ö  boEdluiv  ^iri  ti  q>^p€i  Tf)v  boEav; 
f|  olöv  T€  aO  boEdZeiv  jli^v,  boEd2l6iv  bk  ^r\biyi  'AbüvaTOV.  da  zu 
boEdZci  weder  das  weit  voraufgehende  und  in  enger  Verbindung  mit 
^iTiCTf)|iri  auftretende  böEa  noch  auch  das  nachfolgende  ö  boEä£uJV 
als  subject  bezogen  werden  kann  und  auszerdem  des  gegensatzes 
wegen  ein  begriff  wie  buvaTÖv  erwartet  wird,  so  wäre  die  Ver- 
mutung, dasz  boEdZci  als  fragment  von  boEd2Ieiv  £cTiv  in  den  text 
gekommen,  nicht  zu  verwerfen,  wenn  nicht  die  annähme,  dasz  boEd- 
lex  als  Verstümmelung  eines  ursprünglichen  boEdCcTai  anzusehen 
sei ,  aus  paläographischen  gründen  gerechtfertigter  wäre. 

RUDOLSTADT.  KaRL  JuLIUS  LiEBHOLD. 


FRühl:  vermischte  bemerkangen.   87.  38.  113 

17. 

VERMISCHTE  BEMERKUNGEN. 

(fortsetznng  von  Jahrgang  1878  s.  309—320  und  1883  8.  736—752.) 


37.  Bei  Athenaios  iüll  8.  560^  steht  zu  lesen:  AoCpic  b'  ö 
C&iiioc  Kai  irpuiTOV  T^v^cOm  iröXe^iöv  (pnci  buo  twaiKuiv, 
H)Xu^TTidboc  Kai  €öpubiKT)C'  ^v  <^  Tf|v  ^^v  ßaKxiKiIiTcpov  ^erd 
Tu^irdvuiv  irpocXOeiv ,  Tf)v  b'  EäpubiKiiv  |iaK€boviK<&c  KaOumXic^^ 
vi)V,  dcKT]0€tcav  Td  noXeiiiKd  Kai  Ttapd  Kuvvdvq  tfji  IXXupibt. 
Casanbonus  schlägt  vor  statt  Kai  irpoiTOV  zu  schreiben  Kai  'HiTCipui- 
TUCÖv.  er  hat  damit  wenig  anklang  gefunden  und  mit  recht,  denn 
man  kann  jenen  krieg  nicht  wohl  als  epeirotisohen  bezeichnen  (ygL 
Droysen  Hellenismus  II*  1  s.  239  f.).  Meineke  bemerkt  zu  der  stelle, 
ftltem  auslegem  folgend :  ^si  sana  est  edita  scriptura ,  sensum  esse 
dixerim,  primum  bellum,  quod  duae  mulieres  inter  se  gesscrunt, 
fnisse  Oljmpiadis  et  Eurjdicae.  video  tamen  quid  obstet.'  das  letz» 
tere  versteht  sich  bei  einem  manne  wie  Meineke  von  selbst,  ich 
denke,  in  Kai  irpwTOV  steckt  eine  buchzahl  und  es  ist  zu  schreiben 
ly  Tigj  la'.  das  würde  zu  den  sonst  mit  bestimmten  zahlen  Ubv- 
lieferten  fragmenten  des  Puris  sehr  gut  stimmen,  am  n&chaten  läge 
^ilich  Ka\  allein  die  sonstigen  citate  aus  Duris  gestatten  nicht  wohl 
an  das  21e  buch  zu  denken. 

38.  In  Plutarchos  leben  des  Coriolanus  c.  26  liest  man  fol- 
gendes: 6  bfe  MdpKioc  Kai  TiiXXoc  iv  'Avxitu  toic  buvaTuiTdTOic 
Kpu9a  bieXeTovTO  koi  TrapeKdXouv ,  ?u)c  CTacidCouciv  ol  'Puijiiaioi 
irpoc  dXXrjXouc,  töv  TröXejLiGv  cHeveTKCiv.  TiX)V  bfe  bucwiroufi^vaiv, 
ÖTi  CTTOvbai  biexeic  fjcav  auroic  Kai  dvoxctl  T^T^viifi^ai,  irpö- 
q)aciv  auTOi  'Pu)^aTol  Trap^cxov  ?k  tivoc  uiToi|jiac  fi  biaßoXf)c 
iy  ö^aic  Kai  dTuJci  KTipuiavTCc  dm^vai  OucXquckguc  irpö  f)Xiou 

bÜVOVTOC  dK  TflC  TTÖXeUK!.    Ivioi  bi  qKXClV  änOTQ  ToO  MapKiQu  Kai 

b6\i\i  T^WcOai  TOUTO,  TT^^njavTOc  elc  'Püü^tiv  rrpöc  touc  dpxoviac 
ouK  dXTiefj  KairiTopov  tiüv  OuoXouckujv,  ibc  iv  xaic  G^aic  bia- 
vcouii^vaiv  dTTiG^cGai  xoic  'Pu)|biaioic  Kai  xfiv  ttöXiv  ^iiiTTmpäv. 
Trdvrac  ji^v  yäp  auiouc  tö  KripuT^a  toOto  bucjbievecT^pouc  diroirice 
TOic  Tu)|Liaioic  usw.  der  satz  ^vioi  bi  qpaciv  .  .  dfiirmpäv  bereitet 
der  forschung  nicht  geringe  Schwierigkeiten,  die  ganze  biographie 
läszt  sich  nemlich  bekanntlich,  abgesehen  von  ein  paar  äuszerlich 
angefügten  dingen,  auf  Dionjsios  von  Halikamas  zurückführen, 
und  das,  was  hier  als  die  meinung  ^einiger'  angeführt  wird,  steht 
ebenfalls  bei  Dionjsios  (AR.  VIII  4) ,  und  zu  allem  Überflusz  citiert 
ihn  Plutarch  in  der  cuTKpiCic  'AXk.  Kai  Kop.  c.  2  gerade  dafür,  man 
müste  nun  entweder  annehmen  —  und  das  würde  der  sonstigen 
citiermethode  des  Plutarch  am  besten  entsprechen  —  Dionjsios  sei 
durchweg  nur  nebenquelle,  oder  Plutarch  habe  das  vorhergehende 
aus  einer  andern  quelle  entnommen  und  führe  nebenbei  noch  die 
angäbe  seiner  hauptquelle  an.     das  eine  ist  indessen  so  unwahr-- 

Jahrbücher  fUr  class.  philol.  1888  hft.  2.  8 


114  FRühl:  vermischte  bemerkungen.    38—41. 

Bcheinlich  wie  das  andere,  nnd  so  bat  sieb  UPeter  ^die  queUen 
Plutarchs  in  den  biograpbien  der  Römer'  s.  8  zu  einer  sehr  ge- 
zwungenen erklärung  entscblossen,  welcbe  schwerlicb  irgend  jeman- 
den befriedigen  wird,  die  bilfe  kann  diesmal  von  der  grammatik 
kommen,  dem  barmlosen  leser,  dem  die  qnellenfrage  gleicbgttltig 
ist,  wird  in  dem  folgenden  satze  irdvrac  \iiy  f&p  usw.  das  Y^p  einen 
unttberwindlicben  anstosz  bereiten,  es  ist  an  der  stelle  wo  es  steht 
vollkommen  unverstftndlicb.  fäbrt  man  dagegen  binter  ^k  Tf)€ 
TTÖXeuiC  mit  irdvrac  ^^v  T^P  ^ort,  so  ist  alles  in  scbOnster  Ordnung, 
und  nun  wird  aueb  jedermann  zugeben,  dasz  der  mit  ^k  ttic  TTÖXeuiC 
scblieszende  satz  weiter  nicbts  ist  als  eine  verkürzte  wiedergäbe  eben 
des  bericbts  des  Dionysios.  wir  werden  demnach  den  ganzen  satz 
fvioi .  .  d^TTiirpäv  als  den  zusatz  eines  gelehrten  lesers  zu  betrachten 
haben ,  welcher ,  durch  das  citat  in  der  cuipcpicic  aufmerksam  ge- 
macht, in  seinem  Dionysios  nachschlug  und  einen  etwas  ausführ- 
lichem auszug  aus  diesem  an  den  rand  seines  Plutarchexemplars 
schrieb. 

39.  Bei  Diodoros  XVU  4,  1  beiszt  es  von  Alexander:  irpui- 
Touc  bi.  GeTTaXouc  öiTO|ivr)cac  ttic  äpxa(ac  dq)'  'HpaicXdouc  cut- 
teveiac,  Kai  Xötoic  q)iXav6purTroic ,  £ti  bk  iietdXaic  dirarrcXiaic 
fi€T€U)picac  jireice  Tf|v  TTaTpoTTapdboTOV  fiT€^oviav  TfJc^eXXdöoc 
aurq!)  cirfxuipficai  kgiviSj  ttic  GerraXiac  bÖTM^*^!-  ^^^  werte  Tf^c 
'€XXdboc  scheinen  niemandem  aufgefallen  zu  sein ;  sie  sind  aber  un- 
möglich, da  weder  die  Thessaler  die  hegemonie  von  Hellas  ver- 
leihen noch  Diodor  —  was  man  ihm  auch  immer  schuld  geben 
möge  —  solchen  unsinn  schreiben  konnte ,  da  er  erst  im  folgenden 
Paragraphen  dem  Alexander  durch  das  sjnedrion  der  amphiktjonen 
Tf|V  Tuiv  *€XXTivu)V  f|T€|iOviav  verleihen  Iftszt.  die  werte  tt^c  *€XXd- 
boc  sind  daher  als  glossem  zu  streichen,  bestätigt  wird  das  durch 
den  auf  dieselbe  quelle  zurückgehenden  bericht  bei  Justinus  XI  3,  2, 
wo  es  beiszt :  oupide  haec  ThessaUs  audientibus  exemplo  patris  dux 
universae  gentis  creatus  erat  et  vectigalia  omnia  redüusgue  suos  ei 
tradiderant. 

40.  Eine  lücke  liegt  dagegen  an  einer  andern  stelle  des  Dio- 
doros vor,  nemlich  XXII  10,  2  Ddf.,  wo  es  von  Pjrrhos  beiszt: 
dcrpdTCucev  dnl  Tf|v  tuiv  KapxTiboviuiv  diriKpdTCiav ,  f x^v  neCouc 
Tpic^upiouc,  limeic  hk  x^^^ouc  irevTaKOclouc  koI  £Xdq>avTac.  hinter 
dX6q)avTac  fehlt  offenbar  eine  zahl ;  man  könnte  wegen  des  folgen- 
den Kai  vermuten  k'. 

41.  Die  erklärer  des  Arrianos  finden  es  auffallend,  dasz  es 
in  der  anabasis  III  1,  2  beiszt:  Mal&Kqc  .  .  Trjv  T€  dv  'Iccip  Moxnv 
ötruic  cuvdßT)  iT6Truc|bi^voc  .  .  Kai  Ooivikt^v  t€  Kai  Cupiov  Kai  ttic 
'ApaßiacTdiToXXd  uirö  'AXeEdvbpou  ^x<^|ieva  usw.  sie  meinen, 
nach  n  20,  4  hätte  Alexander  blosz  den  am  Antilibanon  gelegenen 
teil  von  Arabien  unterjocht,  und  V  25,  4  rühme  er  sich  selbst  blosz 
'Apaßiac  icixy  &  erobert  zu  haben.  Sintenis  schlägt  daher  sogar  vor 
statt  'Apaßiac  zu  lesen  irapaXiac.  allein  unsere  stelle  ist  vollkommen 


FRühl:  vermischte  bemerkungen.    41—43.  115 

• 
in  Ordnung,  in  seiner  rede  V  25,  4  denkt  Alexander  allerdings  an 
ganz  Arabien  einschlieszlich  der  groszen  balbinsel,  Mazakes  aber 
kann  natürlich  nur  an  das  persische  Arabien  denken,  dieses  aber 
hatte  Alezander  wirklich  bereits  fast  ganz  erobert,  es  beiszt  tech- 
nisch 'Apaßia  i\  irpöc  *Hgij6aiV  iröXei  (Arr.  anab.  III  5,  4)  und  um- 
faszt  auch  einen  teil  von  Ägypten  mit  Heliopolis,  nemlich  alles  land 
Ostlich  vom  Nil;  vgl.  Strabon  XVII  s.  803  und  s.  806  ae. 

42.  Nöldeke  sagt  in  seinen  schönen  Untersuchungen  über  die 
bedeutung  von  'Accupioc,  Cupioc  und  Cupoc  (Hermes  V  s.  458  f.): 
*aus  Arrian  UI  7,  7  sehen  wir,  dasz  dieser  name  ['Aroupia]  zu 
Alezanders  zeiten  gebraucht  ward.'  er  hat  sich  durch  unsere  aus- 
gaben teuschen  lassen.  'ATOupiac  ist  eine  conjectur  von  Freinsheim, 
welche  darauf  beruht  dasz  dieser  gelehrte  die  blosz  dialektische  Ver- 
schiedenheit von  'Accupia  und  'Aroupia  nicht  erkannte  und  'Aroupia 
fftr  einen  teil  von  Assyrien  hielt,  überliefert  ist  bei  Arrian  Cupiac, 
und  wenn  man  dies  nicht  im  tezte  stehen  lassen  will  (vgl.  Nöldeke 
8.  452  ff.),  so  musz  man  'Accupiac  oder  'Acupiac  schreiben. 

43.  Im  21n  briefe  des  Themistokles  beiszt  es:  tujv  KpaTrj- 
puiv  jLioi  Ta»v  dpYupujv  touc  ineTiCTOuc  T^ccapac,  Kai  jtSjy  6u|iia- 
TTJpuJV  T«I»v  xpwcu)V,  i(p'  olc  ^TTiTeTpctTTTCti  Ttt  ^Accöpitt  xd  iraXaid 
TpäjLijLiaTa,  oux  Sl  Aapeioc  ö  Tra-r^ip  jz^pSou  TT^pcaic  fvairxoc 
JYPCtipev  .  .  äTTÖTT€|ii|JOV.  Nöldeke  bemerkt  dazu  in  dem  eben  er- 
wähnten aufsatze  (Hermes  Y  s.  454  anm.  1] :  ^gemeint  ist  damit 
wahrscheinlich  der  auch  dem  ganz  ungeübten  in  die  äugen  fallende 
unterschied  der  keil-  und  der  cursivschrift  semitischer  herkunft;  die 
erfindung  der  neuem  scbrift  durch  Dareios  bat  natürlich  der  Ver- 
fasser aus  der  luft  gegriffen.'  so  bedenklich  es  immerbin  ist  einem 
manne  wie  Nöldeke  in  einer  solchen  frage  zu  widersprechen,  so  musz 
ich  doch  gestehen^  dasz  mir  die  richtigkeit  jener  Vermutung  äuszerst 
zweifelhaft  ist.  darüber  wird  ja  freilich  Übereinstimmung  herschen, 
dasz  dem  Verfasser  des  briefs  selbst  irgend  eine  kenntnis  orientali- 
scher Schriftarten  zuzutrauen  keine  nötigung  vorliegt,  dasz  er  viel- 
mehr irgend  eine  quelle  benutzt  haben  wird ,  welche  über  scbrift- 
gattungen  bandelte,  die  im  persischen  reich  gebräuchlich  waren,  und 
neben  den  alten  'AcciJpia  fp6i}i\xaTa  eine  jüngere  art  der  scbrift 
unterschied,  deren  einfübrung  dem  Dareios  zugeschrieben  wurde, 
wenn  aber  jemand  wirklich  orientalische  Schriftarten  wenigsten^ 
ihrem  malerischen  Charakter  nach  zu  unterscheiden  verstand  oder 
von  kundigen  eingeborenen  darüber  unterrichtet  war,  so  dürfen  wir 
ihm  auch  eine  etwas  exquisitere  gelehrsamkeit  zutrauen,  semitische 
cursivschrift  haben  die  Perser,  so  viel  wir  wissen,  vor  der  parthi- 
schen  zeit  für  ihre  eigne  spräche  nicht  verwendet;  die  aramäischen 
Satrapenmünzen  können ,  eben  weil  sie  aramäisch  sind ,  hier  kaum 
in  betracht  kommen ;  es  bandelt  sich  nach  dem  Wortlaut  des  briefes 
um  eine  scbrift,  deren  sich  die  Perser  bedienten,  und  dasz  die  von 
der  persischen  regierung  ausgebenden  aramäischen  aufschriften  ver- 
schiedener art,  mit  welchen  die  kleinasiatischen  Griechen  zu  thun 

9* 


116  FRfihl:  Termischte  bemerkuDgen.   43.  44. 

• 

hatten,  nicht  persisch  waren,  werden  diese,  welche  so  viel  mit 
8emiten  in  bertthrung  kamen ,  wohl  gewust  haben,  es  hindert  nns 
aber  gar  nichts  anzunehmen ,  dasz  der  von  dem  ver&sser  des  briefes 
benutzte  Schriftsteller  von  persischer  keilschrift  im  gegensatz  zur 
assyrischen  redete,  dasz  man  im  obem  Asien  den  unterschied  kannte, 
wenn  auch  wohl  nur  in  kleinen  kreisen ,  ist  selbstverständlich ,  und 
schon  zur  zeit  Deinons  konnte  ein  griechischer  forscher  über  die 
Sache  im  allgemeinen  wohl  unterrichtet  sein,  dazu  kommt  dasz 
diese  beiden  gattungen  der  keilschrift  bei  einiger  aufmerksamkeit 
seihst  fQr  den  ganz  ungeübten ,  der  kein  wort  von  dem  inhalt  lesen 
kann,  ziemlich  leicht  zu  unterscheiden  sind,  da  die  persischen  zeichen 
gering  an  zahl  und  ziemlich  einfach  sind,  die  assyrischen  dagegen 
zahlreich  und  compliciert.  man  wird  dagegen  nicht  im  ernst  ein- 
wenden wollen,  dasz  Etesias  die  Inschriften  von  Bisutun  der  Semi- 
ramis  zuschreibt,  also  entweder  persische  und  assyrische  schrift 
nicht  unterscheiden  konnte  oder  annahm  ^  die  ganze  inschrift  sei  in 
einer  einzigen  spräche  abgefaszt.  dasz  der  Verfasser  unseres  briefes 
den  Themistokles  eine  dummheit  begehen  iSszt,  indem  er  ihn  bei 
einem  Athener  die  kenntnis  des  Unterschieds  voraussetzen  Iftszt,  hat 
nichts  auffälliges,  ob  er  das,  was  er  über  den  könig  Dareios  sagt,  selbst 
erfanden  oder  aus  seiner  quelle  übernommen  habe,  wissen  die  götter. 
wie  gegenwärtig  die  dinge  stehen,  kann  man  nicht  einmal  mit  sicher* 
heit  behaupten ,  dasz  er  unrecht  habe,  es  ist  sehr  mOglich ,  dasz  die 
sog.  achämenidische  keilschrift  bereits  von  den  Mederkönigen  ver- 
wendet wurde;  es  läszt  sich  aber  vorläufig  auch  die  möglichkeit  nicht 
abweisen,  dasz  die  inschrift  auf  dem  grabe  des  Eyros  erst  von  Dareios 
angebracht  worden  sei. 

44.  Ob  es  einen  alten  historiker  Eadmos  von  Milet  gegeben 
habe,  ist  bekanntlich  streitig,  die  grosze  mehrzahl  der  heutigen  Philo- 
logen ,  welche  sich  über  diese  frage  gcäuszert  haben ,  verneint  die- 
selbe; bejaht  hat  sie  bekanntlich  Bergk  griech.  litt.gesch.  U  s.  40  f. 
und  dann  mit  ausführlicher  erörterung  seiner  gründe  Heil  in  der 
Marburger  diss.  ^logographis  qui  dicuntur  num  Herodotus  usus  esse 
videatur'  s.  47  ff. ,  bei  dem  man  die  litteratur  angeführt  findet,  er 
hat  nur  vergessen  Erwin  Rohde  (wiederholt,  zb.  rh.  mus.  XXXI 
6.  171)  unter  seinen  gegnern  anzuführen  und  dagegen  zu  bemerken, 
dasz  es  nach  Flachs  ausgäbe  des  Hesychios  n.  422  zweifelhaft  er- 
scheinen kann,  ob  Gutschmid  an  seiner  Verwerfung  des  Eadmos  auch 
später  noch  festgehalten  hat.  Heils  gründe  erscheinen  mir  im  all- 
gemeinen als  gut;  da  sie  aber  ebenso  wenig  eindruck  gemacht  zu 
haben  scheinen  wie  Bergks  positive  aubführungen ,  und  kürzlich 
JHLipsius  in  seinen  ^quaestiones  logographicae'  s.  8  f.  ihnen  aus- 
drücklich entgegengetreten  ist,  so  mOge  es  gestattet  sein  die  ganze 
frage  noch  einmal  zu  untersuchen. 

Dasz  eine  icricic  luivlac  oder  MiXrJTOu  Kai  ttic  öXiic  lujviac 
unter  dem  namen  des  Eadmos  existiert  habe,  steht  durch  unzweifel- 
hafte Zeugnisse  fest  (Dionys.  Hai.  de  Thuc  c.  23.   Diod.  I  87,  3. 


FRühl:  vermischte  bemerkungen.    44.  117 

Clemens  Alex,  ström.  VI  3,  26  s.  752  Potter;  auch  Strabon  I  1 
s.  18  redet  offenbar  von  einem  genossen  der  alten  logographen).  wie 
man  unsem  Schriftsteller  darauf  hin  mit  Arnold  Schaefer  (quellen- 
künde  I'  s.  10)  zu  einer  mythischen  person  machen  kann,  ist  nicht 
abzusehen,  es  handelt  sich  entweder  wirklich  um  ein  altes  prosa- 
buch oder  um  betrug,  die  moderne  Verdammung,  wie  sie  zuerst  von 
Karl  Müller  formuliert  worden  ist,  geht  von  Dionjsios  ao.  aus :  oCt€ 
täp  biaclüCovTai  tiIiv  irXeiövuJV  al  TP<2<poei  M^XPi  tüliv  Ka6'  f)|iäc 
Xpövurv ,  oub'  al  biaciu2[6^evai  Trapd  irdciv  ibc  dK€ivu)v  oCcai  tiüv 
ävbpuiv  mcT€uovTai,  €v  alc  elciv  ai  t€  Kdbjbiou  toO  MiXiiciou  kqI 
'ApicT&u  ToO  TTpoKovviiClou  Kai  tuliv  TrapaTüXiiciuJV  toütoic.  das 
ist  der  einzige  uns  aus  dem  altertum  ttb^kommene  zweifei.  freilich 
behauptet  man,  auch  Plinius  n.  h,  Y  %  112  gedenke  eines  solchen, 
wenn  er  sagt:  nee  fraudanda  [Milans]  dve  Cadmo^  qui  primus  pro- 
sam  orationem  eondere  instüuü.  allein  wer  das  anftthrt,  hat  den 
Sprachgebrauch  des  Plinius  nicht  genügend  beachtet.  Plinius  meint 
nicht,  Milet  würde  ein  unrecht  zugefügt,  wenn  ihm  Eadmos  abge- 
sprochen würde,  sondern  wenn  er  diesen  seinen  ruhmestitel  ver- 
schweigen wollte:  man  vgl.  die  stelle  über  die  austem  XXXII  §  62 
haec  sifU  dicta  de  corpore^  dicemus  et  de  nationihus^  ne  fraudentwr 
gloria  sua  lUora,  Dionysios  spricht  nun  selbst  kein  urteil  über  die 
echtheit  oder  unechtheit  des  Kadmos  aus,  ja  man  darf  bezweifeln, 
ob  er  ihn  jemals  in  bänden  gehabt  habe,  er  führt  ihn  lediglich  als 
beispiel  unter  einer  anzahl  anderer  an,  und  dasz  er  gerade  noch 
Aristeas  von  Prokonnesos  ausdrücklich  daneben  nennt,  würde  sogar 
ein  günstiges  Vorurteil  für  Kadmos  erwecken  können,  wenn  nicht 
alles  dafür  spräche^  dasz  er  eine  prosabearbeitung  des  Aristeas  im 
sinne  hatte  (vgl.  Suidas  u.  'ApiCT^ac),  und  die  mag  allerdings  ein 
merkwürdiges  ding  gewesen  sein. 

An  sich  würde  jedenfalls  die  bemerkung  des  Dionysios  nicht 
viel  zu  bedeuten  haben;  wichtiger  scheint  der  artikel  des  Suidas,  den 
Flach  und  Schaefer  auffallenderweise  nur  verstümmelt  wiedergeben. 
er  lautet:  KdbjLioc  6  MiXrjcioc  eupeirjc  TpctjbiMdTUJV.  Kdö/ioc  TTav- 
biovoc  MiXrjcioc  iCTopiKÖc,  8c  ttpujtoc  Kaxd  Tivac  cuTTpct(pf|V 
ffpoiM'^  KaTaXoirdbTiv ,  ^lKplu  veiüTcpoc  'Op(p^u)c.  cuveio^e  hi 
KTiciv  MiXr|TOu  Kai  ifjc  6Xtic  'lu)viac  dv  ßißXioic  b'.  6ti  töv 
Kdb|iOV  qpaci  TrpuJTOV  de  ifiv  '6XXdba  KO^ical  td  TpamiaTa,  Sttcp 
irpoüTOi  ÖoiviK€C  dq)eCpov.  auf  diesen  artikel  hin  pflegt  nun  un- 
gefähr so  argumentiert  zu  werden:  Kadmos,  der  bringer  oder  er- 
finder  der  buchstaben,  konnte  sehr  natürlicher  weise  auch  als  der 
erste  Schriftsteller  gedacht  werden;  wenn  man  ein  angeblich  uraltes 
buch  unterschieben  wollte,  so  konnte  kein  geeigneterer  name  ge- 
wählt werden,  dieser  angeblich  erste  Prosaschriftsteller  Kadmos  von 
Milet  werde  aber  auch  wirklich  von  Suidas  als  identisch  mit  dem 
bringer  der  buchstaben  bezeichnet,  dem  musz  entgegengehalten 
werden,  dasz  Suidas  ganz  im  gegenteil  von  zwei  verschiedenen 
Kadmos  reden  will  und  sein  artikel  nicht  mehr  verwirrt  ist,   als 


118  FBühl:  vermischte  bemerkungen.    44. 

dies  sonst  bei  ihm  der  fall  zu  sein  pflegt,  es  macht  dafür  nichts  ans, 
ob  man  die  worte  |iiKpqj  V€U)T€poc  'Opcp^ujc  auf  den  Phöniker  be- 
ziehen und  annehmen  will,  sie  seien  an  die  &lsche  stelle  geraten, 
oder  ob  man  mit  Gutschmid  bei  Flach  vorzieht  an  eine  verwechse* 
lung  zwischen  Orpheus  und  Pherekydes  von  Syros  zu  glauben,  das 
einzige  was  für  die  identitSt  der  beiden  fraglichen  männer  sprechen 
konnte  ist,  dasz  auch  der  erfinder  der  buchstaben  von  Suidas  als 
Milesier  bezeichnet  wird,  nun  weisz  freilich  jedermann,  dasz  der 
Phöniker  Eadmos  sonst  in  Theben  auftritt  und  nicht  in  Milet;  allein 
das  hat  Lipsius  ao.  für  ganz  bedeutungslos  erklärt  wegen  der  'gram- 
maticorum  testimonia,  quibus  litterarum  inventorem  ex  Phoenice 
factum  esse  Milesium  iam  Muellerus  probavit'.  diese  ^grammatiker- 
zeugnisse'  müssen  wir  uns  also  näher  ansehen,  es  sind  ihrer  im 
ganzen  zwei,  das  erste  steht  bei  dem  scholiasten  zu  Dionjsios  Thrax 
s.  781,  30:  ol  jbifev  TTpoMTiOca  X^to^ci  toütujv  [tuiv  tPöMM^^tuiv] 

CÖpCTTIV,  fiXXoi  bfe  OoiVlKtt  TÖV  TOÖ  'AxiXX^UIC  TTaiöOlfUJTÖV,  fiXXoi 

bk  TÖV  MiXrjaov  Kdbjbiov.  das  andere  ist  die  bekannte  stelle  in  Vil- 
loisons  anecdota  II  s.  187:  TTaXa|Lir)biic  V  ucTcpov  dXGwv,  dpEä- 
jbievGC  dirö  toö  äXcpa,  biKa  ?E  |iöva  toTc  *'€XXt|civ  cöpe  croixeia  .  . 
TTpoc^OilKe  bk  auTOic  Kdbjnoc  ö  MiX/jcioc  fpäii}xaTa  Tpia  6  q>  x 
.  .  jLieTd  TaCra  Ci^uivibiic  ö  KeToc  dXOujv  irpocdOriKe  buo ,  ti  Kai  tu, 
'€Trixap|Lioc  bk  ö  CupaKOiJcioc  rpia  2[  E  ip ,  Kai  ouruic  dTrXripwOricav 
TOt  eiKOCi  T^ccapa.  das  ist  also  ganz  erbärmliches  byzantinisches 
gewäsch ,  auf  das  gegenüber  der  sonstigen  Überlieferung  gar  nichts 
zu  geben  und  dessen  Ursprung  nicht  schwer  festzustellen  ist.  es  ge- 
nügte dasz  irgend  jemand  in  später  zeit  einen  ausdruck  wie  Kdb^oc 
ö  MiXi^cioc  TTpuJTOC  cuTTPCt(p€UC  misverstand ,  um  einen  artikel  wie 
den  des  Suidas  zu  erzeugen ,  was  dann  wieder  zu  einer  angäbe  wie 
die  des  scholiasten  zu  Dionysios  führen  muste.  ein  dritter,  der  ein- 
sah dasz  der  alte  logograph  unmöglich  der  erfinder  des  alphabets 
sein  konnte,  wollte  doch  wenigstens  einen  brocken  der  interessanten 
notiz  retten  und  schrieb  deshalb  nach  eigner  combination  diesem  die 
erfindung  von  dreien  derjenigen  buchstaben  zu,  welche  die  Griechen 
dem  von  den  Phönikern  überkommenen  aiphabet  hinzugefügt  haben, 
man  weisz  dasz  sich  etliche  von  den  angaben  in  jenen  beiden  oben  be- 
sprochenen scholiastenstellen  auch  unter  den  betreffenden  Worten  bei 
Suidas  finden,  erwägen  wir  nun,  dasz  weder  Strabon  noch  losephos 
noch  Diodor  noch  sonst  jemand  auszer  Suidas  veranlassung  zu  dem 
glauben  gibt,  er  hätte  unter  seinem  Schriftsteller  Eadmos  den  er- 
finder des  alphabets  verstanden,  so  wird  man  diese  meinung  wohl 
definitiv  aufgeben  müssen,  es  kommt  hinzu  dasz  der  logograph 
Kadmos  nicht  wie  der  Phöniker  als  söhn  des  Agenor,  sondern  als 
söhn  des  Pandion  bezeichnet  wird,  und  endlich  dasz  es  ein  non  plus 
ultra  von  unsinn  gewesen  sein  würde  dem  erfinder  des  alphabets 
eine  kticic  Iwviac  unterzuschieben,  ein  umstand  der  denn  auch  Karl 
Müller  (FHG.  II  s.  3  B)  stutzig  gemacht  zu  haben  scheint,  wer  mit 
einem  werke  eines  ao  uralten  heros,  wie  der  erfinder  des  alphabets  war, 


FRühl:  vermischte  bemerkangen.    44.  45.  119 

der  doch  nach  damaliger  Vorstellung  vor  Homer  gelebt  haben  muste, 
hervortreten  wollte,  der  hätte,  abgesehen  von  allem  andern,  fflr  einen 
pikantem  stoff,  wahrscheinlich  theologischer  art,  gesorgt,  es  hat 
also  ohne  zweifei  eine  unter  dem  namen  des  Eadmos  von  Milet  um- 
laufende KTictc  MiXrJTOU  Ka\  Tfjc  öXric  luiviac  gegeben,  die  wir, 
wenn  sie  echt  war,  trotz  der  tendenziösen  redensarten  des  losephos 
gegen  Apion  I  c.  2  vor  Hekataios  setzen  dürfen,  dasz  Strabon  dieses 
buches  gedenkt,  ohne  einen  zweifei  hinsichtlich  seines  Ursprungs  zu 
Suszem,  kann  nur  geeignet  sein  ein  günstiges  verurteil  dafür  zu  er- 
wecken, da  sich  daraus  vielleicht  abnehmen  liesze,  dasz  Eratosthenes 
die  echtheit  anerkannt  hatte. 

Das  einzige,  was  gegen  die  echtheit  des  buches  heutzutage  vor- 
gebracht werden  kann^  ist  die  angäbe  des  Clemens  von  Alexandreia 
Strom.  VI  3,  26  s.  762  (Potter) :  MeXiicaTÖpou  yäg  ^KXeipev  .  .  6 
TTpoKOWTJcioc  Biuiv ,  8c  kqi  rä  Käb^ou  toO  iraXmoO  }X€Tifpa\\i€v 
KcqKxXaioujLievoc.  man  könnte  sagen  und  sagt,  dasz  umgekehrt  der 
fUscher,  welcher  unter  dem  namen  des  Eadmos  schrieb,  einen  teil 
seines  Stoffes  aus  Bion  genommen  haben  werde,  allein  dem  stehen 
zwei  andere  erwägungen  gegenüber:  einmal  nemlich  könnte  ebenso 
gut  die  Schrift  des  Bion  eine  fälschung  sein ',  und  zweitens  haben  wir 
allen  grund  gar  nichts  auffälliges  darin  zu  sehen,  wenn  sich  die 
ältesten  griechischen  historiker  gegenseitig  in  hohem  masze  aus- 
schreiben, hier  liegt  wirklich  einmal  jene  analogie  mit  den  Chro- 
nisten des  mittelalters  vor,  welche  EWNitzsch  und  Nissen  und  ihre 
schule  so  vorschnell  für  die  spätem  zeiten  angenommen  haben,  in 
denen  bereits  eine  gelehrte  bildung  bestand,  und  wer  zb.  an  das  Ver- 
hältnis des  Herodotos  zu  Hekataios  denkt,  wird  den  frühern  Schrift- 
stellern erst  recht  ein  solch  naives  schalten  und  walten  mit  der  dar- 
stellung  ihrer  Vorgänger  zuschreiben  müssen. 

45.  Zu  den  Schriftstellern  der  ersten  hälfte  des  fünften  jh.  vor 
Ch.  werden  im  Hermes  XIX  8. 442  auch  ^Dionysios  und  Aristo- 
teles von  Euboia'  gerechnet,  das  läszt  sich  indessen  weder  hin- 
sichtlich des  einen  noch  des  andern  beweisen,  es  wäre  allerdings 
immerhin  möglich,  dasz  Dionjsios  von  Chalkis  identisch  mit 
jenem  Dionysios  ö  XqXkgOc  wäre,  welcher  bei  der  gründung  von 
Thurioi  beteiligt  war,  und  es  ist  nicht  unbedingt  nötig,  dasz  die  an- 
gäbe bei  Photios  und  Suidas  u.  6oupiO|LidvT€ic,  die  hier  den  XqXki- 
5€uc  Aiovijcioc  nennen,  auf  einem  irrtum  beruhe,  denn  ö  XaXKoGc 
ist  offenbar  ein  Spitzname^  welcher  der  komödie  seinen  Ursprung  ver- 
danken mag,  und  dasz  ö  XaXKoGc  an  ö  XaXKiöeüc  anklang,  konnte 
dazu  beitragen  dem  beinamen  gröszere  popularität  zu  verleihen,  ein 


^  darauf  nemlich,  dasz,  wo  die  ältesten  historiker  aufgezählt  wer- 
den sollen,  der  name  des  Kadmos  zuweilen  nicht  genannt  wird,  wage 
ich   nicht   etwas   zu   geben.  *   dasz  das  wort  q)lpeTai  bei  La.  Diog. 

IV  58  (T€TÖvaci  bi  B(ujv€C  ö^ko*  irpOÖToc  ö  <t>€p€KOÖ€i  Ti?i  Cupiip  cuv- 
OK^dcac,  od  g)^p€Tai  ßißXia  60o)  einen  zweifei  an  der  echtheit  aus- 
drücken soll,  vermag  ich  freilich  Müller  (B^HG.  II  s.  19)  nicht  zu  glauben. 


120  FR6hi:  yermiBchte  bemerkungen«   45. 

athenischer  kleruch  auf  chalkidischem  gebiet  konnte  sehr  woU 
XaXKibeOc  heiszen,  und  warum  ein  solcher  mann  nicht  in  Athen 
eine  politische  rolle  hätte  spielen  sollen,  ist  nicht  abzusehen,  die 
identification  der  beiden  mftnner  würde  sich  auch  deswegen  em* 
pfehlen,  weil  Dionjsios  von  Chalkis  fraglos  einer  der  ersten  griechi- 
schen Schriftsteller  ist,  welche  über  Born  geschrieben  haben  (Dionjs* 
Hai.  AB.  I  27);  von  einem  manne,  der  Thurioi  anlegen  half,  darf 
man  wohl  erwarten,  dasz  er  interesse  für  italische  verhftltnisse  gehabt 
habe,  allein  alle  dem  steht  die  thatsache  entgegen,  dasz  von  Diony- 
sios  6  XaXKoOc  wohl  gedichte  und  reden  angeführt  werden,  aber 
nirgends  ein  geschichtswerk,  auch  von  Plutarch  nicht,  der  doch  der 
Schriften  beider  mftnner  gedenkt  (Nikias  c.  5.  de  mal.  Herod.  c.  22). 
was  aber  sonst  über  Dionysios  von  Chalkis  bekannt  ist,  gibt  nur 
einen  sehr  dürftigen  anhält  für  die  zeit,  in  der  er  gelebt  haben  mnsz* 
Karl  Müller  FHG.  IV  s.  393  erklftrt  ihn  für  älter  als  Ephoros;  in 
den  proleg.  zu  seiner  ausgäbe  der  kleinen  griechischen  geographea 
I  s.  LXXXI  scheint  er  ihn  fOr  einen  Zeitgenossen  des  Ephoros  zu 
halten,  und  diesem  ansatz  folgt  Detlefsen  im  index  zu  Plinius.  allein 
der  beweis  ist  schwach,  er  beruht  auf  der  angäbe  des  sog.  Skymnoa 
von  Chios,  der  v.  114  ff.  von  sich  sagt,  er  schreibe 

'€paTOC6^V6l  jLldXlCTa  CU|Ll1T€1T€lC|bl^V0C, 

'€(pöp4)  T€  Kai  np  Tdc  icriceic  elpHKÖn 

dv  irdvTC  ßißXoic  XoXKibci  Aiovuciifi. 
hier  meint  nemlich  Müller  eine  chronologische  anordnung  zu  ent- 
decken ;  man  braucht  aber  nur  etwas  weiter  zu  lesen  und  man  findet, 
vielleicht  neben  dem  einen  oder  andern  sonstigen  namen ,  welchen 
uns  der  trümmerhafte  zustand  der  Überlieferung  entzogen  hat,  der 
reihe  nach  aufgezählt  Demetrios  von  Eallatis,  den  Sikeler  Kleon, 
Timosthenes,  Kallisthenes ,  Timaios  und  Herodotos,  und  in  dieser 
liste  ist  es  einfach  unmöglich  ein  chronologisches  princip  zu  erkennen, 
die  mOglichkeit  ist  freilich  nicht  ausgeschlossen,  dasz  der  dichter 
den  Dionysios  lediglich  aus  Ephoros  kennt,  allein  mehr  als  eine  mög- 
lichkeit  ist  das  auf  alle  falle  nicht,  man  kommt  nicht  weiter  durch 
Plinius  n.  h,  IV  §  64,  bei  dem  es  von  der  insel  Euboea  heisit:  aniea 
vocUata  est  Chaicodofdis  aut  Macris,  ut  Diofhfsius  et  Ephorus  tro' 
dtmt.  man  könnte  hier  wieder  an  ein  aus  Ephoros  entnommenes 
citat  denken ,  allein  Dionysios  wird  auch  V  §  134  angeführt,  und  in 
dem  index  zu  diesem  buche  erscheint  er  beträchtlich  früher  als 
Ephoros,  so  dasz  jene  annähme  ohne  weiteres  hinfällig  wird,  der 
älteste  Schriftsteller,  welcher  unsem  Dionysios  erwähnt,  ist  eben  der 
sog.  Skymnos,  und  der  einzige  Stützpunkt  für  einen  ansatz  nach 
rückwärts  ist  die  stelle  des  Dionysios  von  Halikamas  AR.  I  27 
Aiovucioc  hk  ö  XaXKib€uc  olKicTf)v  M^v  diroqxiivei  Tf)c  ttöXcuic 
'PiöjLiGV.  toOtov  bi  X^T€i  Kcrrd  |li^v  nvac  'AcKCtviou,  Kord  bi  nvac 
'H^aOiuiVOC  iraiba  elvai.  daraus  läszt  sich  schlieszen,  dasz  Diony- 
sios geschrieben  haben  musz ,  ehe  die  sage  von  der  gründung  Roms 
durch  Zwillinge  wurzel  gefaszt  hatte,  also  spätestens  im  vierten  jh. 


FRühl:  vermischte  bemerkungen.   46.  46.  121 

▼er  Cb.  er  kann  ganz  gut  ein  Zeitgenosse  etwa  des  Antiocbos  von 
Syrakns  gewesen  sein,  er  kann  aber  auch  hundert  jähre  später  ge- 
lebt haben,  es  ist  daher  sehr  wohl  möglich ,  dasz  er  identisch  mit 
joiem  Dionysios  ist,  von  welchem  es  bei  Sjnkellos  s.  520,  14  Bonn, 
heiszt:  töt€  KdXXmiTOC  Ku2[iiciivöc  dcTpoXÖTOC  i^yiupileio  xai 
Aiovucioc  ö  Tdc  TTÖXeic  fpäipac.  das  vorangehende  lemma,  das  zur 
Zeitbestimmung  dienen  kann,  lautet:  'PwEävilv  CUV  'AXe£dvbpi|i 
iiaibi  TT6^q>G€icav  eic  'A|Liq)iTroXiv  QXeuKOC  NiKdvuip  dcpaviZei, 
Kacävbpou  KcXeiJcavTOC,  die  cpaci.  ob  nun  Dionysios  an  den  unter- 
gang  der  Roxane  oder  an  Eallippos  oder,  was  am  wahrscheinlichsten 
ist,  an  Seleukos  geknüpft  werden  sollte,  ist  schwer  zu  sagen. 

Jedenfalls  ganz  unhaltbar  und  ohne  eine  spur  von  beweis  vor- 
getragen ist  die  behauptung  von  Wilamowitz  ^Antigenes  von  Ka- 
rystoe'  s.  135,  der  von  Synkellos  erwähnte  Dionysios  (er  nennt  ihn 
s.  348  in  seiner  weise  cDionysios  ö  T&c  iröXeic»)  habe  €äßoiKd  ge- 
schrieben und  sei  identisch  mit  dem  von  Tatianos  adv.  Oraecos  s.  31 
(Otto)  erwähnten  Dionysios  von  Olynthos,  der  über  Homer  geschrie- 
ben hat.  einen  augenblick  habe  ich  daran  gedacht,  Wilamowitz  habe 
sich  durch  die  hingeworfene  Vermutung  Karl  Müllers  (FHG.  IV  s.  393) 
zu  der  annähme  verleiten  lassen,  Dionysios  von  Olynthos  sei  iden- 
tisch mit  Dionysios  von  Chalkis,  und  dann  den  kleinen  Wirrwarr  mit 
den  GußoiKd  hinzugefügt;  allein  seinen  werten  an  der  oben  ange- 
führten stelle  des  Hermes  gegenüber  habe  ich  diese  Vermutung  wie- 
der fallen  lassen  müssen. 

Was  nun  weiter  den  ^Aristoteles  von  Euboia'  betrifft,  so  wird 
dieser  mann  in  der  ganzen  griechischen  litteratur  nur  zweimal  er- 
wähnt, das  eine  mal  kommt  er  in  einem  fragment  des  Lysimachos 
von  Alexandreia  in  den  scholien  zu  ApoUonios  Arg.  I  558  vor,  wo 
Couibac  Kai  'ApicTOTeXric  6  Tcepi  6ußoiac  7T€TTpaT|iaT€U|Li^voc  [so 
Keil;  oi  .  .  TreTTpafliaTeuiLi^voi  der  Laurentianus;  möglicherweise 
nicht  unrichtig]  Kai  ö  touc  OpuTiouc  XÖTOuc  Tpdipac  Kai  Aatjiiaxoc 
Kai  AioviJCtoc  ö  XaXKibeiJC  als  gewährsmänner  für  eine  von  der  ge- 
meinen abweichende  tradition  über  Achilleus  angeführt  werden,  das 
andere  mal  nennt  Harpokration  u.  ^ApTOupa  Aristoteles  von  Chalkis 
iy  TU)  7T€pi  €ußoiac  als  gewährsmann  dafür,  dasz  Argura  eine  stadt 
TTic  Cußoiac  dv  T^  XaXKibiK^  K6l^^vr)  sei.  danach  kann  man  den 
mann  nun  beliebig  ansetzen ;  man  weisz  absolut  weiter  nichts  von 
ihm  als  dasz  er  vor  der  römischen  kaiserzeit  geschrieben  haben  musz. 
Müller  hat  ihn  in  seiner  fragmentsamlung  übergangen. 

46.  Herakleides  von  Kyme,  der  Verfasser  von  TTepciKd, 
wird  von  Müller  FHG.  II  s.  95  für  wahrscheinlich  jünger  erklärt  als 
Deinen  und  sogar  als  Kleitarchos.  diese  behauptung  stützt  sich  auf 
Plutarchs  Them.  c.  27,  wo  in  einer  aufzählung  der  Schriftsteller, 
welche  Themistokles  nicht  zu  Artaxorxes,  sondern  zu  Xerxes  kom- 
men lassen ,  "eqpopoc  Kai  Aeivujv  Kai  KXeiiapxoc  Kai  'HpaKXeibrjc, 
Iti  b'  dXXoi  TTXeiovec  genannt  werden;  hier  sei  nemlich  offenbar  eine 
chronologische  reihenfolge  beabsichtigt,  der  grund  ist  schwach;  man 


122  FRühl :  vermischte  bemerkungen.   46. 

kann  mit  geringer  mühe  eine  reihe  Shnlicher  aufzählungen  zusammen- 
bringen, in  welchen  die  chronologische  ordnnng  keineswegs  beob« 
achtet  ist.  die  fragmente  des  Herakleides  selbst  aber  lehren  uns  das 
gerade  gegenteil.  er  musz  zu  einer  zeit  geschrieben  haben,  wo  das 
persische  reich  noch  aufrecht  dastand,  die  fragmente  2  und  4  nem- 
lieh  bei  Athenaios  lY  s.  145*  und  XU  s.  517  *",  welche  wörtliche  an- 
führungen  aus  Herakleides  enthalten,  reden  im  praesens,  und  das 
kommt  namentlich  für  fr.  2  in  betracht,  welches  die  sitten  am  per- 
sischen hofe  beschreibt,  man  darf  auch  fr.  1  (bei  Ath.  XII  s.  514  ^) 
hierherziehen,  das  mit  drei  sfttzen  im  praesens  beginnt,  dasz  Athe- 
naios nachher  im  imperfecta m  fortfährt,  hat  für  d6n  nichts  auffallen- 
des, der  seine  art  kennt  oder  auch  nur  diesen  6inen  abschnitt  sorg- 
föltig  durchliest,  wir  müssen  daher  Herakleides  zu  denjenigen  schrift- 
steilem rechnen,  welche,  wie  Deinen  und  Aristagoras  von  Milet,  zur 
zeit  des  kOnigs  Philippos  ihre  Studien  Persien,  seinen  sitten  und  seiner 
geschieh te  zuwandten  und  somit  gleichsam  eine  geistige  eroberung  des 
weiten  reichs  unternahmen,  um  die  kriegerische  vorzubereiten,  man 
wird  dabei  nicht  unbemerkt  lassen  dürfen,  dasz  diese  drei  historiker 
sämtlich  Kleinasiaten  sind,  ihre  heimat  also  unter  persischer  her- 
schaft stand.  Laertios  Diogenes  zählt  Y  6,  93  neben  unserm  Hera- 
kleides von  Ejme ,  der  TTepciKd  in  fünf  büchem  schrieb,  noch  einen 
"HpaKXeibTic  'AXcEavbpcüc  auf,  T€TP<i<pu)c  xd  TTepciKd  tbidijuaxa. 
Müller  hält  beide  für  identisch ,  und  das  wäre  in  der  that  nicht  un- 
möglich, wir  würden  dann  anzunehmen  haben,  dasz  Herakleides  in 
spätem  Jahren ,  nachdem  das  Perserreich  gefallen ,  nach  Alexandreia 
übergesiedelt  wäre,  sehr  wenig  wahrscheinlich  ist  dagegen  nach 
dem  gesagten  die  weitere  Vermutung  Müllers  (FHG.  11  95.  III  531), 
dasz  unser  Herakleides  auch  mit  jenem  andern  Herakleides  von  Kjme 
identisch  sei ,  der  Herakleia  am  Pontos  für  Arsinoö  verwaltete  und 
nach  dem  tode  des  Lysimachos  gestürzt  wurde  (Memnon  c.  7  u.  9). 
Herakleides  müste  dann  nicht  nur,  wie  Hieronymos  von  Kardia,  ein 
fabelhaftes  alter  erreicht,  sondern  sich  auch  eine  geradezu  unerhörte 
rüstigkeit  bewahrt  haben. 

Das  werk  des  Herakleides  zerfiel  nun  bekanntlich  in  zwei  ab- 
teilungen,  von  denen  die  erste  (iTapaCK6\MXCTiKd)  wenigstens  zwei 
bücher  enthielt  (Athen.  IV  s.  145*).  nach  den  fragmenten  zu  ur- 
teilen kann  in  dieser  ersten  abteilung  nicht  wohl  etwas  anderes  ge- 
standen haben  als  eine  beschreibung  persischer  sitten  und  einrieb- 
tungen  und  allenfalls  eine  geographische  und  statistische  Übersicht 
des  persischen  reichs.  die  historischen  nachrichten  werden  wir  also 
der  zweiten  abteilung  zuweisen  müssen. 

Dieser  umstand  ermöglicht  uns  auch  über  die  anordnung  des 
weit  umfangreichern  werkes  des  Deinen  richtiger  zu  urteilen  als 
Müller  gethan  hat.  dieser  hat  nemlich,  freilich  anders  als  Wester- 
mann, eine  chronologische  anordnung  der  cuvrdEcic  angenommen, 
indem  er  der  ersten  syntax  die  assyrische,  der  zweiten  die  medische, 
der  dritten  die  persische  geschichte  zuweist,    allein  er  gerät  damit 


FRühl:  TermiBchte  bemerkungen.    46 — 48.  123 

in  grosze  Schwierigkeiten,  einmal  könnte  man  sich  wandern^  dasz 
die  'Accupiaxd  und  MiibiKd  des  Deinon  nirgends  angefahrt  werden ; 
dann  könnte  man  weiter  fragen,  ob  die  medische  geschichte  wirklich 
zu  einer  syntax  von  mehrem  büchem  stoff  darhot ,  und  dann ,  wenn 
man  auf  beides  kein  gewicht  legen  und  etwa  annehmen  wollte,  dasz 
in  der  zweiten  syntax  sehr  ausführlich  von  den  magiem  gehandelt 
worden  wSre,  so  steht  «einer  solchen  anordnung  noch  immer  ent- 
gegen, dasz  ^v  Tfji  7T^|i7TTr|  Tiliv  TTeptiKüüv  iflc  irpiinic  cuvToEeuic 
Ton  Anutis,  der  Schwester  des  Xerxes,  die  rede  war  (fr.  21).  Müller 
hat  sich  daher  genötigt  gesehen  TpiTTjC  statt  iTpu)Tiic  einzusetzen, 
bei  einer  solchen  willkür  verlieren  wir  aber  natttrlich  allen  boden 
unter  den  fdszen ,  und  Müller  scheint  selbst  bei  seiner  Vermutung 
nicht  recht  wohl  gewesen  zu  sein,  er  meint ,  wenn  seine  conjectur 
falsch  wäre,  so  müste  man  der  ersten  syntax  die  geschichte,  der 
zweiten  und  dritten  die  religion,  die  sitten  und  einrichtungen  der 
Perser  zuweisen,  das  gehe  aber  nicht  an,  denn  ^eius  generis  distinc- 
tiones  ab  antiquioribus  scriptoribus  alienae  esse  solent'.  wenn  nun 
aber  Herakleides ,  der  Zeitgenosse  des  Deinon,  so  verfuhr,  warum 
sollen  wir  Deinon  ein  solches  verfahren  absprechen? 

47.  Bei  dieser  gelegenheit  möchte  ich  eine  schluszfolgerung  be- 
kämpfen, welche  aus  dem  lln  fragment  des  Deinon  gezogen  zu 
werden  pflegt,  dort  heiszt  es  (Athen.  XIII  s.  560^,  Deinon  und 
Lykeas  von  Naukratis  berichteten,  T^iv  NciTfJTiv  Kupuj  7re|Liqp0f]vai 
ÜTTÖ  *A|bidciöoc  •  il  f)c  T€WTiefivai  TÖv  KaiißücTiv,  8v  dicbiKOuvra  t^ 
liTiTpi  ^tt'  AiTUTTTGV  TTGiricaceai  CTpaTciav.  das  pflegt  erklärt  zu 
werden  wie  von  Müller:  'commentum  hoc  Aegyptiorum,  quibus 
solacium  erat  domator  altero  parente  Aegyptius.'  die  geschichte 
spricht  nicht  dafür,  dasz  die  Ägypter  sich  mit  solchen  fabeln  über 
ihre  Unterdrückung  zu  trösten  gesucht  haben;  sie  haben  vielmehr 
so  oft  es  irgend  angieng  und  häufig  mit  erfolg  versucht  die  fremden 
Unterdrücker  mit  gewaffnetcr  faust  zum  lande  hinauszujagen,  die 
erzählung  sieht  eher  aus  wie  eine  von  der  persischen  regierung  ver- 
breitete officielle  version,  welche  die  fremd  herschaft  legitimieren 
sollte,  sie  gehört  in  dieselbe  kategorie  wie  jenes  bildwerk  in  den 
Apisgräbern,  das  Kambyses  knieend  vor  dem  Apis  darstellt  (Brugsch 
geschichte  Ägyptens  s.  745).  Müller  vergleicht  den  bericht  bei 
pseudo-Kallisthenes ,  wonach  Nektanebos  der  vater  Alexanders  des 
groszen  war.  aber  diese  analogie  spricht  gerade  für  unsere  ansieht, 
sie  legitimiert  die  griechische  herschaft,  gerade  so  wie  die  fabel,  dasz 
Ptolemaios  I  ein  söhn  nicht  des  Lagos ,  sondern  des  Philippos  ge- 
wesen sei ,  die  Usurpation  gegenüber  den  Makedonem  weniger  an- 
stöszig  erscheinen  lassen  soll. 

48.  Gleichen  Schwierigkeiten ,  wenn  auch  anderer  art  als  bei 
Deinon,  begegnet  die  Ordnung  der  bücher  des  Diyllos.  auch  sie 
zerfielen  in  mehrere  cuvTdEeic.  es  sind  drei  stellen  des  Diodor  die 
hierfür  in  betracht  kommen,  zuerst  berichtet  Diodor  XVI  14,  4: 
AiuXXoc  V  6  'A0TivaToc  fipKTai  xfjc  \cTopiac  dirö  xfic  iepocuXriceujc 


124  FRühl:  yermucbte  bemerkoDgen.    48. 

[nemlioh  des  delpbisehen  tempeU  darcb  die  Pboker]  kqI  T^TP<i<p€ 
ßißXiouc  elKOci  Kai  ^TTTd,  cujiTrepiXaßubv  irdcac  xäc  i\  toTc  xpövotc 
ToÜTOic  T€V0|Li^vac  TTpdfcic  TTcpi  T€  T^iv  *6XXäba  Kttl  -rfiv  CiKcXiav. 
dann  weiter  XVI  76,  5  xdiv  bk  cuTTpaq)^u)V  *'6q)opoc  \xkv  6  Ku- 
^aioc  Tf|v  IcTopiav  dvGdbe  Kai^CTpocpev  €lc  -rfiv  TTcpivOou  iroXiop- 
K(av  .  .  AiuXXoc  V  6  'AGrivaioc  ific  beur^pac  cuvrdEcuic  dpx^iv 
TTCiToliiTai  Tf]c  'Gqpdpou  IcTOpiac  -rfiv  TeXeuTTiv,  xai  idc  fff^c  irpdEeic 
cuveipei  Tdc  t6  tujv  'EXXrjvujv  Kai  tOjv  ßapßdpujv  M^XPi  'n)c  OiXiii- 
1T0U  TeXeuTfjC.  endlich  XXT  5  aus  den  Höschelscben  excerpten:  ÖTi 
AiuXXoc  'AOrjvaioc  cuTTPO<P€iicTäc  Koivdc  7rpd£€ic  cuvxd^ac  lfpa\\te 
ßißXia  eiKOciv  ?£'  Vduiv  bk  6  TTXaTQieuc  Tdc  dirö  toutou  bia- 
btSd^evoc  ^TpctM^c  ßißXia  rpidKOvra.  so  viel  ich  weisz  sind  drei 
ansiebten  über  das  werk  aufgestellt  worden.  Westermann  meint 
(Paul j- Teuffels  realenc.  II  s.  1190),  Diyllos  bätte  zwei  yerscbiedene 
gescbicbtswerke  geschrieben ,  eins  in  27  bücbem  über  hellenische 
und  sikelische  geschichte  von  der  plttnderung  des  delphischen  tempels 
bis  zur  ermordung  Philipps ,  des  sobnes  des  Amyntas ,  das  in  zwei 
cuvrdHeic  zerfallen  wäre,  deren  grenze  die  belagerung  von  Perinthos 
gebildet  hätte,  und  ein  anderes  von  26  bttchern,  worin  er  Tdc  KOivdc 
TTpdEeiC  bebandelte,  welches  bis  zum  j.  298  vor  Ch.  reichte,  mit 
dieser  ansiebt  brauchen  wir  uns  wohl  nicht  länger  aufzuhalten;  es 
wird  genügen  sie  erwähnt  zu  haben.  Füller  (FHG.  II  s.  360)  hält 
eine  der  zahlen  bei  Diodor  für  verdorben  und  läszt  es  dahingestellt,  ob 
Diyllos  26  oder  27  bUcher  geschrieben  habe;  er  nimt  drei  cuvTdEeic 
an  und  führt  die  erste  bis  zur  belagerung  von  Perinthos,  die  zweite 
bis  zum  tode  Philipps  des  sobnes  des  Amyntas,  und  die  dritte  ver- 
mutungsweise bis  zur  einnähme  Athens  durch  Demetrios  Poliorketes 
um  295.  dem  gegenüber  sucht  Arnold  Schaefer  in  Sybels  Zeitschrift 
XVIII  s.  173  wieder  die  verschiedenen  Zahlenangaben  zu  verwerten, 
er  führt  aus,  Diyllos  habe  eine  Fortsetzung  des  Ephoros  geschrieben 
und  dabei  keine  rücksicht  auf  das  von  Demophilos  dem  werke  seines 
Vaters  hinzugefügte  30e  buch  genommen,  sondern  seine  erste  syntax, 
die  blosz  aus  6inem  buche  bestanden  habe^  zur  ergänzung  des  Ephoros 
geschrieben,  dann  seine  zweite  syntax  in  26  bücbem  zur  fortsetzung 
desselben,  diese  habe  mit  dem  tode  Philipps  IV  von  Makedonien 
geschlossen )  der  vier  monate  nach  seinem  vater  Kasandros  296 
vor  Ch.  st^rb. 

Ich  denke,  von  diesen  beiden  meinungen  läszt  sich  die  eine 
widerlegen  und  die  andere  durch  eine  besser  begründete  ersetzen, 
man  wird  jetzt  einig  darüber  sein,  dasz  die  27  bücher  das  ganze  werk 
des  Diyllos  umfEtszten,  und  wir  dürfen  daher  die  verschiedenen  an- 
gaben über  den  inhalt  combinieren.  wir  dürfen  also  auf  grundlage 
von  Diod.  XVI  14  und  XVI  76  behaupten,  dasz  Diyllos  griechische, 
sikelis«che  und  barbarische ,  dh.  in  erster  linie  persische  und  kartha- 
gische geschichte  von  357  vor  Ch.  an  geschrieben  hat.  wann  er  ge- 
schlossen hat,  läszt  sich  aus  Diod.  XXI  5  nicht  mit  Sicherheit  ent- 
nehmen ,  da  das  excerpt  darüber  schweigt  und  wir  von  Psaon  nicht 


FBühl:  vermischte  bemerkuDgen.   48.  125 

genug  wissen  y  um  aus  seinem  werk  irgend  einen  schlusz  auf  das 
Beines  Vorgängers  ziehen  zu  können;  nur  Dahlmanns  meinung  ist 
von  vom  berein  abzuweisen ,  welcher  (forschungen  I  s.  33)  den  tod 
des  Agatbokles  für  den  scbluszpunkt  hielt,  denn  diese  an  sich  sehr 
verlockende  annähme  widerlegt  sich  dadurch ,  dasz  unser  HöscheU 
Bches  fragment  zwischen  excerpten  über  die  expedition  des  Agatbokles 
nach  Eroton  und  die  kämpfe  der  Bömer  unter  Fabius  Maximus  gegen 
Etmsker,  Gallier  und  Samniten  eingeschoben  ist  und  nachher  noch 
eine  ganze  reihe  von  tbaten  des  Agatbokles  in  denselben  HOschel- 
schen  excerpten  erzählt  wird,  man  hat  daher  für  das  ereignis,  mit 
welchem  Dijllos  schlosz,  freie  wähl,  und  man  wird  sogar  nicht 
gerade  genötigt  sein  ein  sehr  bedeutendes  ereignis  anzunehmen,  sich 
vielmehr  erinnern  dürfen,  dasz  die  ver&sser  von  allgemeinen  ge- 
schichten  der  neuesten  zeit  durch  die  natur  ihres  Stoffes  oft  genug 
gezwungen  werden  mit  irgend  einem  für  die  entwicklung  im  groszen 
ziemlich  unbedeutenden  Vorkommnis  abzuschlieszen. ' 

Versuchen  wir  nun  aber  die  bücher  des  werks  zu  verteilen ,  so 
steht  fest  dasz  die  zweite  sjntax  mit  der  belagernng  von  Perinthos 
anhub.  damit  widerlegt  sich  eigentlich  schon  Schaefers  mit  groszer 
Zuversicht  vorgetragene  behauptung,  dasz  die  erste  syntax  eine  er- 
gänzung  des  Ephoros  hätte  sein  sollen,  denn  wer  diesen  selbständig 
ergänzen  wollte,  ohne  das  von  ihm  hinterlassene  material  zu  be- 
nutzen und  darauf  rücksicht  zu  nehmen ,  für  den  war  die  belage- 
rnng von  Perinthos  ein  ganz  willkürlich  und  sehr  übel  gewählter 
scbluszpunkt,  und  Schaefer  meint  selbst,  Ephoros  würde  bei  längerm 
leben  vermutlich  mit  der  Zerstörung  Thebens  und  den  Vorbereitungen 
Alexanders  zum  kriege  gegen  Persien  geschlossen  haben,  wohl  aber 
konnte  jemand ,  der  die  allgemeine  geschichte  seit  dem  eingreifen 
Makedoniens  in  die  griechischen  dinge  schreiben  wollte,  mit  dem 
phokischen  kriege  beginnen  und  dann  einen  ersten  gröszern  abschnitt 
da  eintreten  lassen ,  wo  das  werk  des  Ephoros  in  der  form ,  wie  es 
im  buchhandel  zu  haben  war,  endete,  dazu  kommt  weiter  dasz  es, 
wenn  wir  die  Ökonomie  des  gesamtwerks  des  Diyllos  erwägen,  sehr 
unwabrächeinliüb  ist,  dasz  er  für  die  sechzehn  jähre,  welche  die  erste 
syntax  umfaszte,  mit  einem  einzigen  buche  ausgekommen  sein  sollte.^ 

'  Unger,  der  (sitzungsber.  der  MüncheDer  akad.  d.  wiss.  1878  I  s.  437] 
Schaefers  ansieht  als  etwas  ausgemachtes  hinstellt,  fügt  den  trugschlusz 
hinzu,  Diyllos  müsse,  da  der  tod  Philipps  IV  kein  epochemachendes 
ereignis  war,  über  seiner  arbeit  gestorben  sein.  *  das  30e  buch  des 

Ephoros,  dh.  die  arbeit  des  Demophilos,  scheint  wirklich  nur  den  phoki- 
schen krieg  behandelt  zu  haben,  was  JArnoIdt  'Timoleon'  s.  3  f.  da- 
gegen anführt,  beweist  nichts,  die  ermordnng  des  Timophanes  muste 
natürlich  ordentlicherweise  ganz  wo  anders  erzählt  werden  als  in  der 
sikeliscben  geschichte,  und  dasz  Ephoros  den  tod  des  Philistos  noch 
berichtet  hatte,  beweist  ebenso  wenig,  die  Ökonomie  der  letzten  dekade 
des  Ephoros  ist  sehr  unklar.  ACauer  Me  fontibus  ad  Agesilai  historiam 
pertinentibus*  (Breslau  1847)  s.  73  ff.  hat  hier  grosze  Verwirrung  an- 
gerichtet, er  hat  nemlich  ohne  allen  anhält  in  den  fragmenten ,  voll- 
kommen  willkürlich,   auch   das   21e  buch   den  sikelischen  dingen  zuge- 


126  FBühl:  vermiBchte  bemerkungen.   48. 

man  kann  femer  erwägen,  dasz  es  gar  sonderbar  sein  würde,  von 
einem  zusammenhängenden  werke  von  27  büchern  ein  einziges  buch 
als  ^ovößißXoc  abzutrennen,  während  der  inhalt  an  sich  zu  einer 
solchen  trennung  gar  keine  Veranlassung  gab,  und  endlich  wird 
man  nicht  vergessen  dürfen,  dasz  es  auch  sprachlich  nicht  wohl  an- 
geht ein  einziges  buch  als  eine  cuvTa£ic  im  bibliographischen  sinne 
zu  bezeichnen.  ^  bei  diesem  stände  der  dinge  wird  man  also  wohl 
thun  nicht  allzu  fest  an  dem  buchstaben  schlechter  Codices  zu  hängen 
und  einfach  an  einer  der  beiden  Diodorstellen  einen  zahlbuchstab  zu 
ändern,  an  welcher?  wird  sich  nachher  ergeben,  wenn  aber  Schaefer 
sich  hinsichtlich  der  ersten  syntaz  irrt,  so  nicht  weniger  hinsichtlich 
des  Schlusses  des  ganzen  werks.  nach  der  oben  ausgeschriebenen 
stelle  des  Diodor  XVI  76,  5  hat  nemlich  Diyllos  keineswegs  sein 
ganzes  werk  mit  dem  tode  irgend  eines  Philippos  geschlossen ,  son- 
dern lediglich  seine  zweite  syntax,  und  ob  das  geschichtswerk  in  zwei 
syntaxeis  zerfiel  oder  in  drei,  darüber  ist  gar  nichts  überliefert,  dasz 
bei  Diodor  XXI  5  nicht  angegeben  wird,  dasz  die  dritte  syntax  ende, 


wiesen  and  meint,  hier  sei  die  gescbichte  der  beiden  Dionysios  erzählt 
worden,  während  das  28e  buch  die  Vorgänge  nach  der  flacht  des  zweiten 
Dionysios  erzählt  habe,  vielmehr  masz  im  28n  buche  die  regierangs- 
geschichte  des  altern  Dionysios  enthalten  gewesen  sein,  da  Stephanos 
u.  <t>dpoc  (Eph.  fr.  160)  daraas  anführt,  dass  Ephoros  im  28n  bache  die 
adriatische  insel  Pharos  ein  lCT{c^a  TTapiuiv  nenne  (vgl.  die  von  Müller 
mit  recht  beigezogene  stelle  Diod.  XV  13).  da  nan  derselbe  Stephanos 
Istros  eine  Stadt  lapygiens  nennt  and  sich  dafür  auf  das  29e  buch  des 
Ephoros  beruft,  so  musz  auch  dieses  unteritalische  und  daher  vermut- 
lich auch  sikelische  dinge  zum  gegenstände  gehabt  haben,  es  ist  da- 
her gar  nicht  abzusehen,  warum  Ephoros,  der  doch  nicht  annalistiach 
schrieb,  sondern  nach  stofflichen  gesichtspunkten  ordnete,  die  sikelische 
gescbichte  im  29n  buche  nicht  bis  zum  stürze  Dionysios  II  herabgeführt 
haben  sollte,  nun  bezeugt  aber  Plutarch  im  leben  des  Dion  c  35,  dasz 
Ephoros,  abweichend  von  andern  berichterstattem ,  erzählte,  Philistos 
habe  sich  selbst  getötet,  und  macht  c.  86  dem  Ephoros  einen  schweren 
Vorwurf  daraus  dasz  er  den  Philistos  gelobt  habe  (oO  fAf|v  oöb*  'Ecpopoc 
öina(v€t  t6v  <t>(XtCTOV  ^kui^kU^uiv  usw.).  die  natürlichste  veranlassung 
dem  Philistos  ein  paar  lobsprüche  zu  erteilen  bot  aber  sein  tod,  wie 
ja  auch  Timaios,  was  wir  aus  Plutarch  ao.  schlieszen  dürfen,  bei  ge- 
legenheit  des  todes  des  alten  Vorkämpfers  der  tyrannis  sein  gesamt- 
urteil über  ihn  abgab,  und  Plutarch  musz  hier  wirklich  eine  bemer- 
kung,  die  Ephoros  beim  tode  des  Philistos  machte,  im  äuge  gehabt 
hab'en.  es  heiszt  nemlich  bei  Diodor  XVI  16,  3:  6  bi  <t>{XtCTOC  eöXa- 
ßr)6€lc  Tf|v  iK  Tfjc  aixMoXuidac  aUiav  dauröv  diT^C(paE€,  irXcicrac  fi^v 
xal  fA€TicTac  xp^lac  napccxim^oc  toic  Tupdvvoic,  mcTÖraToc  bi  tuiv 
q>Uuiv  TOlc  buvdcTCUC  tctovUic.  da  nun  Diodor  hier  hinsichtlich  der 
thatsachen  dem  Ephoros  folgt,  so  haben  wir  allen  grund  auch  in  der 
hinzugefügten  kurzen  Charakteristik  einen  Widerschein  der  worte  des 
Ephoros  zu  sehen,  wenn  dem  aber  so  ist«  wer  möchte  wohl  gerade  in 
einem  falle  wie  dem  vorliegenden  dem  Plutarch  zutrauen,  dasz  er  einen 
Bolchen  zomausbruch  wie  im  86n  cap.  des  Dion  gegen  Ephoros  richtete, 
wenn  das  buch,  in  welchem  die  ihm  misfällige  äuszerung  stand,  gar 
nicht  von  Ephoros  verfaszt  war,  sondern  von  seinem  söhne? 

^  vgl.   noch  Birt  buchwesen  s.  34  f.    Kohde  in  den  Gott  gel.  anz. 
1882  s.  1544. 


FBühl:  vermischte  bemerkungen.    48.  127 

wtkrde  von  geringem  gewicht  sein,  auch  wenn  wir  keinbloszes  excerpt 
vor  uns  hätten,  es  bliebe  also  Müllers  anordnong  zunächst  bestehen, 
welcher  die  zweite  syntax  mit  dem  tode  des  Philippos,  des  sohnes 
des  AmyntaB,  endigen  läszt,  und  ohne  zweifei  wird  der  leser  an  diesen 
Philippos  zuerst  denken,  allein  auch  hiergegen  erheben  sich  schwere 
bedenken,  die  erste  sjntax  umfaszte  sechzehn  jähre,  eine  sehr  er- 
eignisreiche zeit,  auszer  den  wichtigen  und  verwickelten  Vorgängen 
im  eigentlichen  Griechenland  waren  hier  die  befreiung  Sikeliens,  die 
kämpfe  Timoleons  mit  den  Karthagern  und  die  groszen  satrapen- 
i^nfstände  im  persischen  reiche,  sowie  die  eroberung  Ägyptens  durch 
Artaxerzes  m  zu  erzählen,  stoff  genug  für  eine  anzahl  von  büchem. 
die  zweite  syntax  aber  würde  dem  gegenüber  blosz  die  ereignisse 
von  fünf  Jahren  erzählt  haben ,  ereignisse  die  zwar  auszerordentlich 
wichtig  waren,  die  sich  aber  doch  nicht  in  solcher  falle  drängten, 
dasz  sie  mit  leichtigkeit  eine  reihe  von  büchem  ausgefüllt  hätten, 
während  die  dritte  syntax  die  f^dzüge  Alexanders,  die  verwickelten 
diadochenkämpfe  bis  etliche  jähre  nach  der  Schlacht  von  Ipsos  und 
die  karthagischen  und  sikelischen  dinge  in  einer  an  wechselten  von 
mancherlei  art  sehr  reichen  epocbe  behandelt  hätte,  das  wäre  jeden- 
falls keine  sehr  schöne  Ökonomie  gewesen,  man  wird  also  wohl  ver- 
suchen dürfen  das  problem  auf  andere  weise  zu  lösen. 

Erwägen  wir  nun  die  liebhaberei  der  alten,  die  einzelnen  bücher 
ihrer  werke  nach  gewissen  Zahlenschemata  zusammenzufassen,  so 
liegt  der  gedanke  nahe,  die  27  bücher  des  Diyllos  seien  drei  enneaden 
gewesen  und  jede  syntax  habe  neun  bücher  umfaszt. '  dasz  die  in  der 
ersten  syntax  erzählten  ereignisse  für  neun  bücher  ausreichten,  glau- 
ben wir  gezeigt  zu  haben;  für  die  bestimmung  des  inhalts  der  zweiten 
syntax  aber  kommt  uns  fr.  3  zu  hilfe.  dort  heiszt  es  nemlich  (bei 
Athen.  IV  s.  155*),  dasz  Diyllos  ^v  tri  ^vanj  tujv  IcTopiAv  die 
beerdigang  des  Philippos  Arrhidaios,  seiner  frau  Eurydike  und  seiner 
Schwiegermutter  Kynna  durch  Kasandros  erzähle,  niemand,  der  die 
Ökonomie  des  ganzen  werkes  des  Diyllos  erwägt,  wird  glauben 
können,  dasz  hier  von  dem  9n  buche  des  gesamtwerkes  die  rede  sei; 
es  musz  notwendig  das  9e  buch  der  zweiten  syntax  gemeint  sein, 
und  somit  wüsten  wir  denn  glücklich,  welches  der  Philippos  ist,  mit 
dem  diese  zweite  syntax  schlosz.  freilich  liesze  sich  dagegen  einwen- 
den, dasz  die  bestattung  des  Philippos  durch  Kasandros  einige  zeit 
später  falle  als  sein  tod ;  allein  warum  soll  nicht  Diyllos  von  dieser 
ehrenvollen  bestattung  unmittelbar  nach  dem  schmählichen  tode, 
gleichsam  um  ein  versöhnendes  gegenstück  dazu  zu  liefern ,  geredet 
haben,  wie  dergleichen  ja  die  historiker  aller  zeiten  vielfach  ge- 
than  haben?  will  man  nun  schlieszlich  noch  auf  einen  Zeitpunkt 
raten,  mit  dem  die  dritte  syntax  und  das  ganze  werk  geschlossen 
hätte,  so  läge  der  gedanke  an  den  tod  des  Kasandros  am  näch- 
sten, das  ereignis  ist  bedeutend  genug ,  um  auch  die  annähme  zu- 
zulassen, Diyllos  habe  von  vom  herein  die  absieht  gehabt  mit  ihm 
zu  schlieszen. 


138  FBühl:  vermitohte  bemerkaogen.   49. 

49.  Da  ich  so  viel  von  cuvräEeic  zu  reden  hatte  und  auch  des 
Philistos  im  vorbeigehen  gedacht  habe,  so  möge  hier  darauf  hin- 
gewiesen werden,  da  es  übersehen  zu  werden  pflegt,  dasz  das  work 
des  Philistos  in  der  gesohichte  des  buchwesens  darum  wichtig  ist, 
weil  es  das  älteste  ist,  von  dem  wir  wissen  dass  es  in  zwei  cuvräSetc 
zerfiel  (Diod.  XIII 103.  Cic.  ad  QuMum  ^.  II 13.  Dionjs.  epist*  ad 
Cn.  Pomp.  c.  5,  1).  der  Sachverhalt  ist  noch  dazu  von  Birt  (buch» 
wesen  s.  38) ,  der  blosz  die  stelle  des  Cicero  anftlhrt ,  völlig  miaver- 
standen  worden.  Birt  meint  nemlich,  Philistos  habe  zwei  werke  ge* 
schrieben,  CiKcXiKä  in  elf  büchem  und  irepi  Atovudou  toO  Tupdwou 
in  sechs  bttchem.  allein  offenbar  hat  er  blosz  den  Suidas  eingesehen, 
der  allerdings  elf  bücher  CiKcXiKä  und  sechs  irepl  Atovuciou  ToO 
Tupdvvou  anfahrt,  aus  einem  so  verbreiteten  hilfisbuche  wie  Schaefers 
'quellenkunde'  hätte  Birt  die  stellen  des  Diodor  entnehmen  können^ 
wonach  die  CiKcXiKä  in  sieben  büchem  bis  406  vor  Ch.  reichten  und 
die  zweite  sjntax  sich  unmittelbar  an  die  erste  anschlosz :  T^xpaq>€ 
bk  ßißXouc  T^ccapac  heiszt  es  XIU  103  weiter,  allein  XV  89,  3  be* 
merkt  Diodor  zu  ol.  104,  2:  OiXiCTOC  be  rä  ircpi  Aiovüctov  TÖv 

V€UIT€pOV   lLb€  KaT^CTp09€,   blcXOdlV  flT)   1T^VT€   ^V  ßlßXoiC  buctv. 

erwägen  wir  nun,  dasz  nicht  nur  nach  Cicero  das  ganze  werk  zwei 
Corpora  umfaszte,  sondern  Dionjsios  ausdrücklich  sagt:  biqpr)K€  b' 
auTf|v  eic  £iriTpaq>ac  buo,  irepi  CiKcXiac  ^iv  Tf|v  irpoT^pav  diri- 
fpäcpuiv,  TTcpi  Aiovuciou  bi  Tf)v  ucT^pav.  icn  bi  ^ia*  koI  toGto 
Tvoiiic  fiv  diTÖ  ToO  T^Xouc  TTic  CiK€Xiicf)c,  SO  ergibt  sich  unter  be- 
rücksichtigung  der  angaben  des  Suidas  folgendes.  Philistos  schrieb 
ClKcXlKd  in  13  büchem,  die  verschieden  eingeteilt  wurden,  wahr- 
scheinlich weil  die  bücher  über  den  jungem  Dionysios  später  ge- 
schrieben und  erst  nach  dem  tode  des  Philistos  veröffentlicht  wur- 
den, die  eine  einteilung  gab  den  CiKcXlKd  elf  bücher  und  betrachtete 
die  Schrift  über  Dionysios  II  als  besonderes  werk,  die  CiKcXiKd  aber 
wurden  in  zwei  syntaxeis  von  sieben  und  vier  büchem  zerlegt,  die 
andere  einteilung  faszte  das  ganze  werk  einheitlich  zusammen  und 
nahm  zwei  syntaxeis  an,  von  denen  die  erste  sieben  bücher  umfaszte, 
die  zweite,  welche  über  die  beiden  Dionysios  handelte,  sechs,  es  ist 
keineswegs  unmöglich,  dasz  die  bucheinteilung  bereits  von  Philistos 
selbst  herrührte,  und  dann  dürfen  wir  wohl  annehmen,  dasz  er  nach 
seiner  rückkehr  aus  der  Verbannung,  als  er  sich  entscblosz  auch  die 
regiemngsgeschichte  des  zweiten  Dionysios  zu  schreiben ,  das  ganze 
auf  zwei  heptaden  zu  bringen  beabsichtigte ,  dasz  ihn  aber  der  tod 
an  der  ausÄlhmng  seines  planes  hinderte.  Athanas  fügte  das 
fehlende  vierzehnte  buch  hinzu ;  da  aber  das  werk  des  Philistos,  wie 
es  vorlag,  dreizehn  bücher  umfaszte,  so  scheint  Athanas  sich  ent- 
schlossen zu  haben  seiner  fortsetzung  ebenfalls  dreizehn  bücher  zu 
geben,  merkwürdigerweise  haben  übrigens  diejenigen,  welche  es 
angieng,  nicht  darauf  hingewiesen,  wie  unhaltbar  die  gründe  sind, 
welche  Müller  FHO.  I  s.  XL  VI  gegen  die  angäbe  des  Suidas  vor- 
bringt, dasz  Euenos  der  lehrer  des  Philistos  gewesen  sei.    denn  ge- 


FRühl :  vermischte  bemerkungeD     49.  50.  129 

meint  ist  natürlich  d^r  Euenos  von  Faros ,  welcher  aus  Piaton  be- 
kannt ist  und  nicht  nur  eine  versificierte  T^xvil  schrieb,  sondern 
aaeh,  wie  Quintilian  inst,  orat.  1 10, 17  auf  die  autorität  des  Sophron 
hin  an^bt,  grammatik  und  musik  lehrte.*  es  ist  das  wichtig,  weil 
es  nicht  nur  die  art  der  bildung  des  Philistos  bezeichnet,  sondern 
auch  einen  fingerzeig  geben  kann ,  in  welchen  litterarischen  kreisen 
TInikjdideä  Torzugsweise  anklang  fand,  die  irap^iraivoi  und  iropd- 
i|iOTOt;  in  denen  Euenos  grosz  war,  seheinen  sich  auch  bei  Philistos 
wiedergefunden  zu  haben ,  wenigstens  scheinen  die  werte  des  Dio- 
njsios  ao.  5,  6  darauf  hinzudeuten:  ^upöc  t€  irepl  iräcav  Ib^av 
icrl  Küi  dreXfic  . .  ^6v  t'  ^iraivouc ,  ddv  xe  ipÖTOuc  biairopcÜTirai. 
sonst  steht  Dionysios  mit  seinem  ungünstigen  urteil  über  die  schritt- 
stellefei  des  Philistos,  was  die  form  betrifft,  ziemlich  allein;  nicht 
nur  €ieero  {ad  Quinium  fr.  TL  13,  de  orat  11  13,  57),  sondern  auch 
Longinos  c.40  zollt  gerade  der  schriftstellerischen  kunst  des  Philistos 
seine  achtung,  and  das  paenepusiUus  Thucydides  hat  im  zusammen- 
hange keineswegs,  wie  viele  annehmen ,  eine  herabsetzende  bedeu- 
tung.  mehr  als  alles  andere  möchte  aber  wohl  folgendes  das  ansehen 
bezeugen,  in  welchem  Philistos  im  altertum  stand,  als  Alexander 
dem  Harpalos  den  auftrag  gab  ihm  büeher  zur  lectüre  nach  Ober- 
asien zu  senden,  schickte  ihm  dieser  neben  Euripides,  Sophokles, 
Atschjlos,  Telestes  und  Philoxenoä  auch  die  werke  des  Philistos 
(Plnt.  Alex.  c.  8).  e»  macht  auch  fast  den  eindruck,  als  ob  Dionysios 
sich  bewust  gewesen  wftre,  dasz  er  im  gegensatz  zu  der  gemeinen 
meinung  stand  (vgl.  namentlich  §  6  Taura  V  d,r\h9[  Trdvu  dvra 
i\ko\  <paiV€Tai).  möglicherweise  sind  es  die  beziehungen  des  Parier» 
Euenos  zu  Philistos  gewesen,  durch  welche  Dionysios  I  bestimmt 
wurde  den  Pariern  bei  der  anläge  ihrer  colonie  Pharos  im  adriati- 
schen  meere  behilflich  zu  sein ,  da  ja  die  angelegenbeiten  der  .syra- 
kusischen  colonisation  in  diesem  meere  wesentlich  in  der  band  des 
Philistos  lagen  (vgl.  Holm  gesch.  Siciliens  II  s.  134.  440  f.). 

50.  Die  heutzutage  gewöhnliche  ansieht  geht  dahin,  Eleitar- 
chos  müsse  nach  304  vor  Ch.  geschrieben  haben,  aus  Curtius  IX  5,21 
in  Verbindung  mit  Arrian  anab.  VI  11,  8  soll  nemlich  hervorgehen, 
dasz  Eleitarchos  erzählt  habe,  Ptolemaios  sei  cu)Trjp  genannt  wor- 
den, weil  er  Alexander  in  der  Schlacht  gegen  die  Oxydraken  gerettet 
habe,  während  wir  doch  aus  Pausanias  I  8,  6  wüsten,  dasz  ihm  dieser 
titel  erst  304  von  den  Rhodiern  verliehen  wurde,  wie  unmöglich 
diese  annähme  sei ,  scheint  schon  Alfred  von  Gutschmid  bei  Kaerst 
'beitrage  zur  quellenkritik  des  Q.  Curtius  Rufus'  ((Jotha  1878;  mir 
ist  das  buch  unzugänglich;  ich  citiere  nach  Fräukel)  s.  34  gezeigt 
zu  haben,  in  der  that  konnte  eine  derartige  behauptung  nicht  wohl 
aufgestellt  werden,  wenn  dem  Ptolemaios  jener  titel  wirklich  erst 
kurz  vorher,  zu  einer  zeit  die  noch  in  aller  lebenden  gedächtnis  war, 
verliehen  worden  war.   wir  müsten  also  jene  stelle  des  Arrian  ledig- 


*  übersehen  von  Blass  attische  heredsamkeit  1  s.  254  f. 
Jahrb&cher  für  class.  philol.  1888  hft.  8.  ^ 


130  FRühl:  vermischte  bemerkungen.    50. 

lieh  auf  Timagenes  beziehen,  nicht  auf  Eleitarchos.  Arthur  Fränkel 
Mie  quellen  der  Alexanderhistoriker'  (Breslau  1883)  s.  50  ff.  hat  das 
eingesehen ,  er  sucht  indessen  auf  anderm  wege  nachzuweisen ,  dass 
jene  fabel  wirklich  von  Eleitarchos  aufgebracht  worden  sei.  er  leugnet 
nemlich  die  richtigkeit  der  angäbe  des  Paus. ,  und  da  er  von  diesem 
ergebnis  nachher  gebrauch  macht,  wo  er  die  glaub  Würdigkeit  des 
ganzen  betreffenden  abschnitts  des  Paus,  bestreitet,  so  ist  es  bei  den 
heftigen  angriffen,  die  gegenwärtig  auf  Paus,  unternommen  werden, 
ernstlich  der  mühe  wert  die  haltlosigkeit  seiner  argumente  nachzu- 
weisen. Fränkel  constatiert  nemlich,  dasz  weder  Diodor  XX  100 
noch  Athenaios  XV  s.  696 ,  wo  sie  von  den  ehrenerweisungen  der 
Bhodier  an  Ptolemaios  reden ,  der  Verleihung  des  Sotertitels  geden- 
ken, und  sucht  dann  zu  beweisen,  dasz  Ptolemaios  diesen  titel  bereits 
als  Satrap  von  den  dankbaren  einwohnem  Ägyptens  erhalten  habe, 
die  er  von  der  herschaft  des  Eleomenes  befreite,  der  beweis  stützt 
sich  auf  münzen,  welche  £ckhel  doctr.  num.  IV  s.  6  verzeichnet,  sie 
tragen  die  Umschrift  ITTOAEMAtOr  B2THP0Z  und  die  Jahreszahlen 
A  bis  AZ.  nun  zeigten  die  münzen  mit  der  Umschrift  TTTOAEMAtOY 
BAZIAEQZ  keine  Jahreszahlen,  Ptolemaios  sei  auch  keine  37  jähre 
könig  gewesen,  folglich  werde  durch  die  zahlen  angegeben,  wie  viel 
jähre  Ptolemaios  bereits  Soter  heisze.  selbstverständlich  könnte  ihm 
dieser  titel  dann  nicht  erst  304  vor  Ch.  verliehen  worden  sein,  das 
letzte  Siegel  soll  dem  beweis  die  stelle  des  Josephos  ant.  lud.  XII  1 
aufdrücken,  wo  es  bei  gelegenheit  des  ersten  einfalls  des  Ptolemaios 
in  Syrien  (321  vor  Ch.)  heisze;  ibc  Kül  Tf|V  Cupiav  äiracav  uttö 
TTToXejLiaiou  toö  Aotou,  CujTfipoc  töt€  xpnMöriZiovTOC ,  Tdvavxia 
TiaOeiv  auToO  t^  ^TTiKXrjcei.  damals  habe  Ptolemaios  eben  diesen 
beinamen  erhalten,  die  ganze  beweisftlhrung  scheitert  indessen  daran, 
dasz  der  ganze  abschnitt  Eckhels  über  die  Ptolemaiermünzen  voll- 
ständig veraltet  ist.  die  betreffenden  münzen  sind  nemlich  nicht  von 
Ptolemaios  I  geschlagen,  sondern  gehören  der  phönikischen  prägung 
des  Ptolemaios  Philadelphos  an.  die  zahlen  bezeichnen  die  regierungs- 
jähre  des  letztem,  wie  aus  den  neuem  handbüchern  leicht  zu  ersehen 
ist  (vgl.  Poole  catalogue  of  Greek  coins.  the  Ptolemies,  kings  of  Egypt 
s.  XXV.  29  ff.),  das  bild  des  ersten  Ptolemaios  mit  der  Umschrift 
TTTOAEMAIOY  ZQTHPOZ  findet  sich  denn  auch  auf  den  phönikischen 
münzen  der  spätem  könige  (Poole  s.  XXXV ;  Head  ^historia  numorum' 
s.  713).  wir  werden  demnach  denn  auch  wohl  bei  losephos  wieder 
CUJTTlpOC  statt  CujTfipoc  schreiben  und  die  stelle  ganz  wie  gewöhn- 
lich auslegen  müssen,  die  betreffenden  werte  könnten  ebenso  bei- 
spielsweise von  Mehemet  Ali  gesagt  werden  wie  von  Ptolemaios  Lagos 
söhn.  Pausanias  hätte  also  von  dieser  seite  nichts  zu  befürchten« 
und  ebenso  wenig  kann  es  gegen  ihn  beweisen,  dasz  in  officiellen 
ägyptischen  documenten  der  titel  Soter  erst  zwischen  dem  22n  und 
29n,  wahrscheinlich  seit  dem  25n  jähre  des  Ptolemaios  Philadelphos 
dem  Ptolemaios  I  beigelegt  wird  (Revillont  in  der  revue  ^gypiologique 
I  s.  15  ff.;  Poole  s.  XXXV).   es  ist  ja  bekannt  genug,  dasz  von  soI- 


FBühl:  yermischte  bemerkongen.   48.  125 

genug  wissen,  um  aus  seinem  werk  irgend  einen  sohlusz  auf  das 
seines  vorgftngers  ziehen  zu  können;  nur  Dabimanns  meinung  ist 
Ton  vom  berein  abzuweisen,  welcher  (forschungen  I  s.  33)  den  tod 
des  Agathokles  für  den  schluszpunkt  hielt,  denn  diese  an  sich  sehr 
yerlockende  annähme  widerlegt  sich  dadurch ,  dasz  unser  HöscheU 
Bches  fragment  zwischen  ezcerpten  über  die  ezpedition  des  Agathokles 
nach  Eroton  und  die  kämpfe  der  BOmer  unter  Fabius  Maximus  gegen 
Etrusker,  Gallier  und  Samniten  eingeschoben  ist  und  nachher  noch 
eine  ganze  reihe  von  thaten  des  Agathokles  in  denselben  Höschel- 
schen  ezcerpten  erzählt  wird,  man  bat  daher  für  das  ereignis ,  mit 
welchem*  Diyllos  schlosz,  freie  wähl,  und  man  wird  sogar  nicht 
gerade  genOtigt  sein  ein  sehr  bedeutendes  ereignis  anzunehmen,  sich 
vielmehr  erinnern  dürfen,  dasz  die  verfäSser  von  allgemeinen  ge- 
schichten  der  neuesten  zeit  durch  die  natur  ihres  Stoffes  oft  genug 
gezwungen  werden  mit  irgend  einem  für  die  entwicklung  im  groszen 
ziemlich  unbedeutenden  yorkommnis  abzuschlieszen.' 

Versuchen  wir  nun  aber  die  bttcher  des  werks  zu  verteilen ,  so 
steht  fest  dasz  die  zweite  sjntax  mit  der  belagerung  von  Perinthos 
anhub.  damit  widerlegt  sich  eigentlich  schon  Schaefers  mit  groszer 
Zuversicht  vorgetragene  behauptung,  dasz  die  erste  sjntax  eine  er- 
gänzung  des  Ephoros  hätte  sein  sollen,  denn  wer  diesen  selbständig 
ergänzen  wollte,  ohne  das  von  ihm  hinterlaßsene  material  zu  be- 
nutzen und  darauf  rücksicht  zu  nehmen,  für  den  war  die  belage- 
rung von  Perinthos  ein  ganz  willkürlich  und  sehr  übel  gewählter 
schluszpunkt,  und  Schaefer  meint  selbst,  Ephoros  würde  bei  längerm 
leben  vermutlich  mit  der  Zerstörung  Thebens  und  den  Vorbereitungen 
Alexanders  zum  kriege  gegen  Persien  geschlossen  haben,  wohl  aber 
konnte  jemand ,  der  die  allgemeine  geschichte  seit  dem  eingreifen 
Makedoniens  in  die  griechischen  dinge  schreiben  wollte,  mit  dem 
phokischen  kriege  beginnen  und  dann  einen  ersten  gröszern  abschnitt 
da  eintreten  lassen,  wo  das  werk  des  Ephoros  in  der  form,  vrie  es 
im  buchhandel  zu  haben  war,  endete,  dazu  kommt  weiter  dasz  es, 
wenn  wir  die  Ökonomie  des  gesamtwerks  des  Dijllos  erwägen ,  sehr 
un wahrscheinlich  ist,  dasz  er  für  die  sechzehn  jähre,  welche  die  erste 
Syntax  umfaszte,  mit  einem  einzigen  buche  ausgekommen  sein  sollte.^ 

'  Unger,  der  (Bitzongtber.  der  Münchener  akad.  d.  wiss.  1878  I  s.  437) 
Schaefers  ansieht  als  etwas  ausgemachtes  hinstellt,  fügt  den  tmgschlass 
hinzu,  Diyllos  müsie,  da  der  tod  Philipps  IV  kein  epochemachende« 
ereignis  war,  Ober  seiner  arbeit  gestorben  sein,  ^  das  90%  buch  de« 

Ephoros,  dh.  die  arbeit  des  Demophilos,  scheint  wirk]i<*h  nur  den  phoki- 
scDen  krieg  behandelt  zu  haben,  was  JAraoldt  'Timoleon'  s.  8  f.  da- 
gegen anführt,  beweist  nichts,  die  ermordnng  des  Timophanes  muste 
natürlich  ordentlicherweise  ganz  wo  anders  erzählt  werden  als  in  der 
sikelisohen  geschichte,  und  dass  Ephoros  den  tod  des  Philistos  noch 
berichtet  hatte,  beweist  ebenso  wenig,  die  Ökonomie  der  leisten  dekade 
des  Ephoros  ist  sehr  unklar.  ACauer  Me  fontibus  ad  Agesilai  historiam 
pertinentibus'  (Breslau  1847)  s.  73  ff.  hat  hier  gresEe  Verwirrung  aus- 
gerichtet, er  hat  nemlich  ohne  allen  anhält  in  den  fragmenten,  voll- 
kommen willkürlich,  auch   das  21e  buch  den  sikelischen  dingen  zuge- 


130  FEühl :  vermischte  bemerkungcn.   50. 

lieh  aof  Timagenes  beziehen,  nicht  auf  Eleitarchos.  Arthur  Fränkel 
Mie  quellen  der  Alexanderhistoriker'  (Breslau  1883)  s.  50  ff.  hat  das 
eingesehen,  er  sucht  indessen  auf  anderm  wege  nadizuweisen,  dass 
jene  fabel  wirklich  von  Eleitarchos  aufgebracht  worden  sei  er  leugnet 
nemlich  die  richtigkeit  der  angäbe  des  Paus. ,  und  da  er  von  diesem 
ergebnis  nachher  gebrauch  macht,  wo  er  die  glaubwürdigkeit  des 
ganzen  betreffenden  abschnitts  des  Paus,  bestreitet,  so  ist  es  bei  den 
heftigen  angriffen,  die  gegenwärtig  auf  Paus,  unternommen  werden, 
ernstlich  der  mühe  wert  die  haltlosigkeit  seiner  argumente  nachzu- 
weisen- Fränkel  constatiert  nemlich,  dasz  weder  Diodor  XX  100 
noch  Athenaios  XV  s.  696 ,  wo  sie  von  den  ehrenerweisungen  der 
Bhodier  an  Ptolemaios  reden ,  der  Verleihung  des  Sotertitels  geden- 
ken, und  sucht  dann  zu  beweisen,  dasz  Ptolemaios  diesen  titel  bereits 
als  Satrap  von  den  dankbaren  einwohnem  Ägyptens  erhalten  habe, 
die  er  von  der  herschaft  des  Kleomenes  befreite,  der  beweis  stCLtit 
sich  auf  münzen,  welche  Eckhel  doctr.  num.  IV  s.  6  verzeichnet,  sie 
tragen  die  Umschrift  TTTOAEMAIOT  B2THP0Z  und  die  Jahreszahlen 
A  bis  AZ.  nun  zeigten  die  mfinzen  mit  der  Umschrift  TTTOAEMAIOY 
BAZIAES^  keine  Jahreszahlen,  Ptolemaios  sei  auch  keine  37  jähre 
könig  gewesen,  folglich  werde  durch  die  zahlen  angegeben,  wie  viel 
jähre  Ptolemaios  bereits  Soter  heisze.  selbstverständlich  könnte  ihm 
dieser  titel  dann  nicht  erst  304  vor  Ch.  verliehen  worden  sein,  das 
letzte  Siegel  soll  dem  beweis  die  stelle  des  Joi»ephos  ant.  lud.  XII  1 
aufdrücken,  wo  es  bei  gelegenheit  des  ersten  einfalls  des  Ptolemaios 
in  Syrien  (321  vor  Ch.)  heisze:  ibc  Ka\  Tf)v  Cupiav  firracav  und 
TTToX€|üiaiou  toO  Adrrou,  Currnpoc  TÖre  xpnM<3^ovTOc,  rdvavria 
noOeiv  airroC  tiq  dmicXrjcei.  damals  habe  Ptolemaios  eben  diesen 
beinamen  erhalten,  die  ganze  beweisftlhrung  scheitert  indessen  daran, 
dasz  der  ganze  abschnitt  Eckhels  über  die  Ptolemaiermünzen  voll- 
ständig veraltet  ist.  die  betreffenden  münzen  sind  nemlich  nicht  von 
Ptolemaios  I  geschlagen,  sondern  gehören  der  phönikischen  prägung 
des  Ptolemaios  Philadelphos  an.  die  zahlen  bezeichnen  die  regierungs- 
jähre  des  letztem,  wie  aus  den  neuem  handbüchern  leicht  zu  ersehen 
ist  (vgl.  Poole  catalogue  of  Greek  coins.  the  Ptolemies,  kings  of  Egypt 
s.  XXV.  29  ff.),  das  bild  des  ersten  Ptolemaios  mit  der  Umschrift 
TTTOAEMAIOY  ZQTHPOZ  findet  sich  denn  auch  auf  den  phönikischen 
münzen  der  spätem  könige  (Poole  s.  XXXV ;  Head  ^historia  numorum' 
s.  TIS),  wir  werden  demnach  denn  auch  wohl  bei  losephos  wieder 
cuiinpoc  statt  CuiTT^poc  schreiben  und  die  stelle  ganz  wie  gewöhn- 
lich auslegen  müssen,  die  betreffenden  werte  könnten  ebenso  bei- 
spielsweise von  Mehemet  Ali  gesagt  werden  wie  von  Ptolemaios  Lagos 
söhn.  Pausanias  hätte  also  von  dieser  seite  nichts  zu  befürchten« 
und  ebenso  wenig  kann  es  gegen  ihn  beweisen,  dasz  in  officiellen 
ägyptischen  documenten  der  titel  Soter  erst  zwischen  dem  22n  und 
29n,  wahrscheinlich  seit  dem  25n  jähre  des  Ptolemaios  Philadelphos 
dem  l^olemaios  I  beigelegt  wird  (Revillont  in  der  revue  ^gyptologique 
I  s.  15  ff.;  Poole  s.  XXXV).   es  ist  ja  bekannt  genug,  dasz  von  sol- 


ALudwich:  zu  Hesiodos  theogonie  [v.  48].  131 

eben  titeln,  namentlich  wenn  sie  von  auswärtigen  Staaten  verliehen 
werden,  häufig  kein  officieller  gebrauch  gemacht  wird.  Kallizenos 
nennt  freilich  bei  Athenaios  V  s.  202  ^  den  ersten  Ptolemaios  noch 
bei  lebzeiten  cujTiip,  allein  ich  wage  nicht  daraus  irgend  einen 
schlusz  zu  ziehen,  ebenso  wenig  indessen  kann  ich  auf  das  schweigen 
des  Diodoros  und  des  Athenaios  irgend  welches  gewicht  legen,  um 
nun  endlich  auf  Kleitarchos  zurückzukommen,  so  wird  es  wohl  dabei 
bleiben  müssen,  dasz  er  es  nicht  gewesen  ist,  welcher  den  titel  Soter 
von  der  schlacht  gegen  die  Oxjdraken  abgeleitet  hat,  und  über  die 
zeit,  wann  er  schrieb^  fehlt  es  uns  an  einem  genauem  anhält,  wenn 
man  die  sonst  bekannten  data  erwägt,  wird  man  seine  blute  etwa 
in  das  letzte  Jahrzehnt  des  vierten  jh.  setzen  dürfen. 

EöKiosBEBO.  Franz  Rühl. 


18. 

ZU  HESIODOS  THEOGONIE. 


Es  ist  von  den  Musen  die  rede : 
47  beuTcpov  aÖT€  Zfiva,  Ge&v  Trat^p'  f{bi  Kai  dvbpdiv, 
dpxönevai  9'  u^veöci  Geal  XrJTOucat  t'  doibf^c , 

ÖCCOV  Cp^pTttTÖC  ^Tl  GedlV  KpdTCt  T€  ^^TICTOC. 

metrisch  ist  der  zweite  vers  sicher  unhaltbar,  und  zwar  teils  wegen 
der  unerhörten  synizesis  von  aoi,  teils  wegen  des  übel  gegliederten 
spondeischen  versausganges ,  teils  wegen  der  irregulären  betonung 
des  molossus  Xr|TOUCai  (Aristarchs  Hom.  textkr.  II  255  anm.).  der 
naheliegende  versuch,  den  einige  ältere  und  neuere  kritiker  gemacht 
haben ,  durch  die  änderung  XrJTOUci  t'  doibf]C  alle  jene  anstösze  zu 
beseitigen ,  erweist  sich  bei  genauerer  betrachtung  als  verfehlt,  weil 
er  den  parallelismus  zwischen  dpxö^evai  und  XriTOUcai  zerstört,  für 
ebenso  unzulässig  erachte  ich  das  in  diesem  wie  in  ähnlichen  fällen 
neuerdings  sehr  in  aufnähme  gekommene  mittel  der  athetese,  weil 
der  metrische  fehler  dadurch  allein  noch  nicht  im  mindesten  wahr- 
scheinlicher wird ,  dasz  man  ihn  ohne  weitere  veranlassung  irgend 
einem  unbekannten  in  die  schuhe  schiebt,  und  weil  der  vers  im  übri- 
gen durchaus  keinen  anlasz  zum  verdachte  gibt,  ja  sogar  ganz  vor- 
trefflich seine  stelle  ausfüllt,  noch  weniger  freilich  würde  ich  mich 
für  eine  der  übrigen  conjecturen  entscheiden,  XrJTOVT^  t'  doibf^c 
oder  dpxö^evai  9'  u^veOciv  xbk  XrJTOucai  doibfic  oder  dpxö^evai 
ufiveOci  T€  Kai  XriTOucai  doibf\c.  vermutlich  lautete  der  vers  ehe- 
mals dpxo^^VT]  T€  9€äv  u^vei  Xritoucd  t'  doibrj.  die  form 
9€äv  ist  gesichert  durch  v.  41.  (mittels  einer  ähnlichen  wortumstel- 
lung  beseitigt  ANauck  m61.  Gr6co-B.om.  III  269  den  fehler  in  v.  435 
dc9Xfi  b'  aö9',  öttöt'  fivbpec  dTUJVi  d€9X€Üujciv ,  indem  er  richtig 
deÖXeuujciv  dx&vi  schreibt.) 

KöNiosBERO.  Arthub  Ludwioh. 

9* 


130  FRühl:  vermischte  bemerkungtn.   60. 

lieh  auf  Timagenes  beziehen,  nicht  auf  Eleitarchoö.  Arthur  Fränkel 
^die  quellen  der  Alexanderhistoriker'  (Breslau  1883)  s.  50  ff.  hat  das 
eingesehen,  er  sucht  indessen  auf  anderm  wege  nachzuweisen,  dasz 
jene  fabel  wirklich  von  Eleitarchos  aufgebracht  worden  sei.  er  leugnet 
nemlich  die  richtigkeit  der  angäbe  des  Paus. ,  und  da  er  von  diesem 
ergebnis  nachher  gebrauch  macht,  wo  er  die  glaub  Würdigkeit  des 
ganzen  betreffenden  abschnitts  des  Paus,  bestreitet,  so  ist  es  bei  den 
heftigen  angriffen,  die  gegenwärtig  auf  Paus,  unternommen  werden, 
ernstlich  der  mühe  wert  die  haltlosigkeit  seiner  argumente  nachzu- 
weisen- Fränkel  constatiert  nemlich,  dasz  weder  Diodor  XX  100 
noch  Athenaios  XV  s.  696 ,  wo  sie  von  den  ehrener Weisungen  der 
Bhodier  an  Ptolemaios  reden ,  der  Verleihung  des  Sotertitels  geden- 
ken, und  sucht  dann  zu  beweisen,  dasz  Ptolemaios  diesen  titel  bereits 
als  Satrap  von  den  dankbaren  einwohnem  Ägyptens  erhalten  habe, 
die  er  Ton  der  herschaft  des  Eleomenes  befreite,  der  beweis  stützt 
sich  auf  münzen,  welche  £ckhel  doctr.  num.  IV  s.  6  verzeichnet,  sie 
tragen  die  Umschrift  TTTOAEMAtOT  ZQTHPOZ  und  die  Jahreszahlen 
A  bis  AZ.  nun  zeigten  die  münzen  mit  der  Umschrift  TTTOAEMAIOT 
BAZIAES2Z  keine  Jahreszahlen,  Ptolemaios  sei  auch  keine  37  jähre 
könig  gewesen,  folglich  werde  durch  die  zahlen  angegeben,  wie  viel 
jähre  Ptolemaios  bereits  Soter  heisze.  selbstverständlich  könnte  ihm 
dieser  titel  dann  nicht  erst  304  vor  Ch.  verliehen  worden  sein,  das 
letzte  Siegel  soll  dem  beweis  die  stelle  des  Josephos  ant.  lud.  XII  I 
aufdrücken,  wo  es  bei  gelegenheit  des  ersten  einfalls  des  Ptolemaios 
in  Syrien  (321  vor  Ch.)  heisze:  djc  Küi  Tf|v  Cupiav  äiracav  uttö 
TTToXejLiaiou  toö  Aotou,  CuJTfipoc  töt€  xPlMöriZiovTOc ,  idvavTia 
TiaOeiv  auToO  t^  diriicXrjcei.  damals  habe  Ptolemaios  eben  diesen 
beinamen  erhalten,  die  ganze  beweisftlhrung  scheitert  indessen  daran, 
dasz  der  ganze  abschnitt  Eckhels  über  die  Ptolemaiermünzen  voll- 
ständig veraltet  ist.  die  betreffenden  münzen  sind  nemlich  nicht  von 
Ptolemaios  I  geschlagen,  sondern  gehören  der  phönikischen  prägung 
des  Ptolemaios  Philadelphos  an.  die  zahlen  bezeichnen  die  regierungs- 
jähre  des  letztem,  wie  aus  den  neuern  handbüchern  leicht  zu  ersehen 
ist  (vgl.  Poole  catalogue  of  Greek  coins.  the  Ptolemies,  kings  of  Egypt 
s.  XXV.  29  ff.),  das  bild  des  ersten  Ptolemaios  mit  der  Umschrift 
niOAEMAlOY  ZQTHPOZ  findet  sich  denn  auch  auf  den  phönikischen 
münzen  der  spätem  könige  (Poole  s.  XXXV ;  Head  ^historia  numorum' 
s.  713).  wir  werden  demnach  denn  auch  wohl  bei  losephos  wieder 
CUJTfjpoc  statt  CujTfipoc  schreiben  und  die  stelle  ganz  wie  gewöhn- 
lich auslegen  müssen,  die  betreffenden  werte  könnten  ebenso  bei- 
spielsweise von  Mehemet  Ali  gesagt  werden  wie  von  Ptolemaios  Lagos 
söhn.  Pausanias  hätte  also  von  dieser  seite  nichts  zu  befürchten, 
und  ebenso  wenig  kann  es  gegen  ihn  beweisen,  dasz  in  officiellen 
ägyptischen  documenten  der  titel  Soter  erst  zwischen  dem  22n  und 
29n,  wahrscheinlich  seit  dem  25n  jähre  des  Ptolemaios  Philadelphos 
dem  Ptolemaios  I  beigelegt  wird  (Revillont  in  der  revue  ^gyptologique 
I  s.  15  ff.;  Poole  s.  XXXV).   es  ist  ja  bekannt  genug,  dasz  von  sol- 


ALudwich:  zu  Hesiodos  theogonie  [v.  48].  131 

eben  titeln,  namentlich  wenn  sie  von  auswärtigen  Staaten  verliehen 
werden,  häufig  kein  officieller  gebrauch  gemacht  wird.  Eallizenos 
nennt  freilich  bei  Athenaios  V  s.  202  ^  den  ersten  Ptolemaios  noch 
bei  lebzeiten  cuiil^p,  allein  ich  wage  nicht  daraus  irgend  einen 
schlusz  zu  ziehen,  ebenso  wenig  indessen  kann  ich  auf  das  schweigen 
des  Diodoros  und  des  Athenaios  irgend  welches  gewicht  legen,  um 
nun  endlich  auf  Kleitarchos  zurückzukommen,  so  wird  es  wohl  dabei 
bleiben  müssen,  dasz  er  es  nicht  gewesen  ist,  welcher  den  titel  Soter 
von  der  schlacht  gegen  die  Oxydraken  abgeleitet  hat,  und  über  die 
zeit,  wann  er  schrieb^  fehlt  es  uns  an  einem  genauem  anhält,  wenn 
man  die  sonst  bekannten  data  erwägt,  wird  man  seine  blute  etwa 
in  das  letzte  Jahrzehnt  des  vierten  jh.  setzen  dürfen. 

EöMOSBEBO.  Franz  Bühl. 


18. 

ZU  HESIODOS  THEOGONIE. 


Es  ist  von  den  Musen  die  rede : 
47  beuTcpov  auT€  Zfiva,  Oediv  Trat^p'  f{bi  koi  dvbpujv, 
dpxön€vai  9'  unveOci  Oeal  Xrifoucat  t'  doibf\c, 
öccov  (p^piaxöc  ^Ti  Geujv  Kpdtet  t€  ^^t^ctoc. 
metrisch  ist  der  zweite  vers  sicher  unhaltbar,  und  zwar  teils  wegen 
der  unerhörten  synizesis  von  aoi,  teils  wegen  des  übel  gegliederten 
spondeischen  versausganges ,  teils  wegen  der  irregulären  betonung 
des  molossus  XrjTOUcai  (Aristarchs  Hom.  textkr.  II  255  anm.).  der 
naheliegende  versuch,  den  einige  ältere  und  neuere  kritiker  gemacht 
haben ,  durch  die  änderung  XrJTOUci  t'  doibfjc  alle  jene  anstösze  zu 
beseitigen,  erweist  sich  bei  genauerer  betrachtung  als  verfehlt,  weil 
er  den  parallelismus  zwischen  dpxöficvai  und  XrJTOucai  zerstört,  für 
ebenso  unzulässig  erachte  ich  das  in  diesem  wie  in  ähnlichen  fällen 
neuerdings  sehr  in  aufnähme  gekommene  mittel  der  athetese ,  weil 
der  metrische  fehler  dadurch  allein  noch  nicht  im  mindesten  wahr- 
scheinlicher wird ,  dasz  man  ihn  ohne  weitere  veranlassung  irgend 
einem  unbekannten  in  die  schuhe  schiebt,  und  weil  der  vers  im  übri- 
gen durchaus  keinen  anlasz  zum  verdachte  gibt,  ja  sogar  ganz  vor- 
trefflich seine  stelle  ausfüllt,  noch  weniger  freilich  würde  ich  mich 
für  eine  der  übrigen  conjecturen  entscheiden,  XiiTOVT^  t'  doibf^c 
oder  dpxö^evai  9'  u^veOciv  ibk  XrJTOucai  doibfic  oder  dpxö^evai 
ufiveOci  T€  KoX  XrJTOucai  doibf\c.  vermutlich  lautete  der  vers  ehe- 
mals dpxo^^VTi  T€  Oeäv  u^vei  XrJTOucd  t'  doibri.  die  form 
Gedv  ist  gesichert  durch  v.  41.  (mittels  einer  ähnlichen  wortumstel- 
lung  beseitigt  ANauck  m61.  Gr^co-Bom.  III  269  den  fehler  in  v.  435 
dc9Xf|  b'  au6',  öttöt'  fivbpec  droivi  deOXeüwciv ,  indem  er  richtig 
deOXeuuiCiv  dxujvi  schreibt.) 

KÖNiosBEBO.  Arthub  Ludwioh. 

9* 


)32    MHOlzl:  ans.  y.  HMergueti  lezikon  eu  Ciceroi  p>^ilo8.  schriffceD. 

19. 

LXZIKON   ZU   DEN   PHILOSOPHISCHEN  SCHRIFTEN  CICEROS  MIT  ANGABE 
SÄMTLICHER  STELLEN  VON  U.  MerOUBT.    ERSTER  BAND.    ERSTE 

BIS  ACHTE  LIEFERUNO.    Jena,   1887.    Verlag  von  Gustav  Fischer. 
320  8.    lez.-8. 

Es  ist  jetzt  ein  anerkannter  satz,  dasz  lexicalische  eiozelfor- 
schuiigen,  von  verschiedenen  gelehrten  mit  teilung  des  Stoffes  unter- 
nommen, nötig  sind,  damit  wir  einmal  zu  einem  wissenschaftlichen 
gesamtlexikon  der  latinitit  gelangen  kOnnen.  und  es  sind  bereits 
dazu  rühmliche  und  dankenswerte  anfange  gemacht  worden;  wir 
weisen  zb.  hin  auf  das  'lexicon  Taciteum'  von  Oerber  und  Greef, 
auf  die  verschiedenen  in  den  letzten  jähren  veröffentlichten  Caesar- 
lexika von  Merguet,  Mensel,  Menge  und  Preuss,  auf  Wölfflins  archiv. 
für  Cicero  lagen  bis  vor  nicht  allzu  langer  zeit  nur  unzureichende 
leistungen  vor.  deshalb  war  das  von  Merguet  in  den  jähren  1877 
— 1884  herausgegebene  lexikon  zu  Ciceros  reden  ein  verdienstliches 
unternehmen,  dem  auch  überall  die  günstigste  aufnähme  zu  teil 
wurde  mit  freude  wird  sicherlich  auch  dieses  neueste  werk  des- 
selben vf.  aufgenommen  werden,  welches  den  zweiten  teil  des  lexi- 
kons  zu  sämtlidben  Schriften  Ciceros  bildet,  es  bedeutet  also  ein 
beträchtliches  stüok  weiter  auf  dem  wege  nach  dem  endziele :  eine 
ersehOpfende  kenntnis  von  dem  gesamten  Sprachschätze  Ciceros  zu 
erlangen,  und  da  von  dem  jetzt  zur  herausgäbe  gelangenden  lexikon, 
welches  ca.  60  lieferungen  umfassen  wird,  jährlich  12  erscheinen 
sollen ,  da  femer  nach  dem  gewählten  gesamttitel  eine  späU^re  be- 
arbeitung  der  briefe  und  rhetorischen  Schriften  zu  erwarten  ist,  so 
wird  der  wünsch  nach  einem  den  gesarmten  Cicero  umfasi^enden  lexi- 
kon in  absehbarer  zeit  auf  erfClllnng  rechnen  können. 

Gewis  findet  die  absieht  Merguets  allseitige  Zustimmung:  den 
gesamten  Ciceronischen  sprachstoff  in  besondern,  einander  er- 
gänzenden und  nach  gemeinsamem  plane  verfaszten  wOrterbüchem 
der  wissenschaffelicben  weit  vorzuführen,  erstens  lassen  dies  die  ver- 
schiedenen genera  dicendi  und  der  verschiedenartige  inhalt  als  wün- 
schenswert erscheinen;  zweitens  aber  und  vor  allem  würde  die  lexi- 
calische bearbeitung  aller  Ciceronischen  Schriften  auf  einmal  die 
arbeit  noch  mehr  erschweren  und  die  Veröffentlichung  auch  nur  der 
et^tiM  lieferungen  in  ziemlich  weite  ferne  hinau^rücken. 

Büß  erscheinende  lexikon  will  den  Sprachgebrauch  der  philoso- 
phischen Schriften  einschlieszlich  der  dabin  gehörigen  fragmente 
vollständig  und  Obersichtlich  dargestellt  bringen,  darum 
werden  wie  in  dem  redenlexikon  —  man  gestatte  uns  diesen  kurzen 
ausdruck  —  sämtliche  stellen  angeführt,  auch  wo  hunderte  von  gleich- 
artigen beispielen  zusammenfliesten.  mit  recht  sind  auch  diesmal  die 
eigennamen  auszer  betracht  gelassen  worden,  um  vielleicht  i<päteT 
für  alle  eobriften  lusinnmen  besonders  bearbeitet  zu  werden,  für  jetzt 
ist  dies  um  so  weniger  notwendig,  als  schon  samlungen  dafür  vor- 


MHölzl:  ans.  v.  HMerguets  lezikon  zu  Ciceroa  philo«.  Bchriften.    133 

liegen ,  die  freilich  weder  ganz  Yollst&adig  sind  noch  allen  wißsen- 
Bchaftlichen  ansprüchen  genügen,  die  einrichtung  iat  ebenfalls  die- 
selbe wie  in  dem  redenlexikon.  der  vf.  hat  demnach  Ton  einer 
darstellung  der  manigfaltigen  bedeatungen  eines  wortes,  welche 
dasselbe  an  den  verschiedenen  stellen  zeigt,  abgesehen,  wohl  aber 
am  köpfe  jedes  artikels  die  hauptbedeutongen  angegeben«  wir  er- 
kennen zwar  gern  den  wert  an ,  den  ein  der  bedeutung  bis  ins  ei»- 
lelnste  nachgehendes  Wörterbuch  fUr  den  philologen  hat,  mtlsaen 
indes  auch  anderseits  darauf  hinweisen,  dasz  eine  nach  diesem  grmid- 
satz  unternommene  bearbeitung  des  gesamten  Ciceronischen  spmch- 
Schatzes  auszerordentlich  viel  zeit  in  anspruch  nehmen  und  wohl  das 
leistungsvermögen  6ines  oder  weniger  übersteigen  würde;  dureb 
eine  Verteilung  jedoch  unter  viele  arbeitskräfte  wäre  wiederum  die 
einheitlichkeit  bedroht,  femer  bleibt  eine  gruppierung  nach  der  be- 
deutung in  vielen  fielen  mehr  oder  weniger  subjectiv ,  so  dasz  das 
leichte  auffinden  gefllhrdet  werden  kann,  endlich  wird  durch  eine 
derartige  anordnung  bei  oft  gebrauchten  Wörtern  die  Übersichtlich- 
keit erschwert,  wir  erblicken  daher  in  dem  fehlen  einer  Übersicht 
der  bedeutungen  keineswegs  einen  mangel.  für  die  wichtigem  um- 
fangreichem artikel  müssen  vielmehr  und  werden  auch  einzelarbeiten 
das  fehlende  ersetzen,  etwa  in  der  art,  wie  Heerdegen  den  gebrauch 
des  wertes  fides  bei  Cicero  in  seiner  monographie  'de  fide  Tulliana' 
behandelt  hat.  ebeui^o  werden  durch  Merguets  lexika  special for- 
schungen  nach  der  kritischen  und  exegetischen ,  der  grammatischen 
und  stilistischen  seite  hin  angeregt  werden,  interessant  ist  zb.  die 
beobachtung,  dasz  Cicero  von  der  Miloniana  ab  in  seinen  spätem 
reden  wie  auch  in  allen  philosophischen  Schriften,  die  insgesamt  nach 
dem  j.  700  verfaszt  sind ,  nie  äbs  te,  sondern  nur  a  te  schreibt^  wäh- 
rend er  in  den  frühern  reden  bis  zu  der  j?ro  Rab,  Fost.  einschliesz- 
lich  aus  dem  j.  700  beides  ohne  unterschied  anwendet,  denn  die 
einzige  stelle ,  welche  uns  das  jetzt  erscheinende  lexikon  für  äbs  te 
aus  Tusc.  IV  67  anführt,  stammt  aus  einem  fragmente  des  Naevius. 
ist  dies  bloszer  zufall?  ähnlich  verhält  es  sich  mit  alieno  und  abalieno^ 
welche  beide  Cicero  in  den  reden  in  Verrem,  de  lege  agr,y  p,  Stdla 
und  de  domo  stia  neben  einander  gebraucht,  während  in  den  reden 
p.  Sestio  aus  dem  j.  698 ,  de  prov.  cons, ,  in  Fis,  und  in  den  Fhüipp. 
sowie  in  den  philosophischen  schriften  nur  alieno  vorkommt,  und 
doch  konnte  in  den  stellen  Sest.  40  i22i  .  .  tribunum  populärem  a  ao 
alienare  nolebant\  Fhil,  XU  10  qui  .  .  propter  muUorum  annorum 
iniurias  alienati  a  senatu  ptUabantur  und  Lael.  77  propter  dissen- 
sionem . .  quae  erat  in  re  publica,  alienatus  est  (Scipio)  a  coUega  nostro 
MekUo  ebenso  gut  abalienare  stehen  wie  in  Verrem  IV  60  abalienati 
scelere  istius  a  nobis  omnes  reges  amieissimi  nationesque,  jeder  ist 
also  im  stände  sich  über  den  mustergültigen  gebrauch  eines  wortes 
oder  einer  redensart  oder  über  das  vorkommen  einer  construction 
bei  Cicero  untrügliche  belehrung  aus  dem  wörterbuche  zu  holen. 
Die  anordnung  der  einzelnen  artikel  ist  syntaktiscb-phra* 


132    MHölzl:  ans.  y.  HMergtteti  lezikon  zu  Ciceroi  p>^ilo8.  schriften. 

19. 

I^EZIKON   ZU   DEN   PHILOSOPHISCHEN  SCHRIFTEN  CICEROS  MIT  ANGABE 
SÄMTLICHER  STELLEN  VON  U.  M  E  R  O  ü  B  T.    ERSTER  BAND.    ERSTE 

BIS  ACHTE  LIEFERUNO.    Jena,   1887.    Verlag  von  Gastav  Fischer. 
320  8.    lez.-8. 

Es  ist  jetzt  ein  anerkannter  satz,  dasz  lexicaliscfae  eiozelfor- 
schungen,  von  verschiedenen  gelehrten  mit  teilung  des  Stoffes  unter- 
nommen, nStig  sind,  damit  wir  einmal  za  einem  wissenschaftlichen 
gesamtlexikon  der  latinitit  gelangen  kOnnen.  und  es  sind  bereits 
dazu  rühmliche  und  dankenswerte  anfange  gemacht  worden;  wir 
weisen  zb.  hin  auf  das  'lexicon  Taciteum'  von  Oerber  und  Greef, 
auf  die  verschiedenen  in  den  letzten  jähren  veröffentlichten  Caesar- 
lexika von  Merguet,  Mensel,  Menge  und  Preuss,  auf  Wölfflins  archiv. 
für  Cicero  lagen  bis  vor  nicht  allzu  langer  zeit  nur  unzureichende 
leistungen  vor.  deshalb  war  das  von  Merguet  in  den  jähren  1877 
— 1884  herausgegebene  lexikon  zu  Ciceros  reden  ein  verdienstliches 
unternehmen,  dem  auch  überall  die  günstigste  aufnähme  zu  teil 
wurde-  mit  freude  wird  sicherlich  auch  dieses  neueste  werk  des- 
selben vf.  aufgenommen  werden,  welches  den  zweiten  teil  des  lexi- 
kons  zu  sämtlichen  Schriften  Ciceros  bildet,  es  bedeutet  also  ein 
beträchtliches  stüok  weiter  auf  dem  wege  naefa  dem  endziele :  eine 
ersehOpfende  kennt nis  von  dem  gesamten  Sprachschatze  Ciceros  zu 
erlangen,  und  da  von  dem  jetzt  zur  herausgäbe  gelangenden  lexikon, 
welches  ca.  60  lieferungen  umfassen  wird,  jährlich  12  erscheinen 
sollen ,  da  femer  nach  dem  gewählten  gesamttitel  eine  späU^re  be« 
arbeitung  der  briefe  und  rhetorischen  Schriften  zu  erwarten  ist,  so 
wird  der  wünsch  nach  einem  den  gesarmten  Cicero  umfassenden  lexi- 
kon in  absehbarer  zeit  auf  erfdllnng  rechnen  kSnnen. 

Gewis  findet  die  absieht  Merguets  allseitige  Zustimmung:  den 
gesamten  Ciceronischen  sprachstoff  in  be sondern,  einander  er- 
gänzenden und  nach  gemeinsamem  plane  verfaszten  wOrterbüchem 
der  wissenschaftlichen  weit  vorzuführen,  erstens  lassen  dies  die  ver- 
schiedenen genera  dicendi  und  der  verschiedenartige  inhalt  als  wün- 
schenswert erscheinen;  zweitens  aber  und  vor  allem  würde  die  lexi- 
calische  bearbeitung  aller  Ciceronischen  Schriften  auf  einmal  die 
arbeit  noch  mehr  erschweren  und  die  Veröffentlichung  auch  nur  der 
etilen  lieferungen  in  ziemlich  weite  ferne  hinautirücken. 

Büß  erscheinende  lexikon  will  den  Sprachgebrauch  der  philoso- 
phischen Schriften  einschlieszlich  der  dahin  gehörigen  fragmente 
vollständig  und  Obersichtlich  dargestellt  bringen,  darum 
werden  wie  in  dem  redenlexikon  —  man  gestatte  uns  diesen  kurzen 
ausdruck  —  sämtliche  stellen  angeführt,  auch  wo  hunderte  von  gleich- 
artigen beispielen  zusammenflieszen.  mit  recht  sind  auch  diesmal  die 
eigennamen  auszer  betracht  gelassen  worden,  um  vielleicht  später 
für  alle  «obriften  msammen  besonders  bearbeitet  zu  werden,  für  jetzt 
ist  dies  um  so  weniger  notwendig,  als  schon  samlungen  dafür  vor- 


MHölzl:  ans.  v.  HMerguets  lezikon  zu  Ciceroa  philo«.  Bchriftetn.    133 

liegen ,  die  freilich  weder  ganz  Tollst&adig  sind  noch  allen  wißsen- 
Bchaftlichen  ansprüchen  genügen,    die  einrichtung  iat  ebenfalls  die- 
selbe wie  in  dem  redenlexikon.    der  vf.  bat  demnach  Ton  einer 
darstellung  der  manigfaltigen  bedeatungen  eines  wortes,  welche 
dasselbe  an  den  verschiedenen  stellen  zeigt,  abgesehen,  wohl  aber 
am  köpfe  jedes  artikels  die  hauptbedeutongen  angegeben,    wir  er- 
kennen zwar  gern  den  wert  an ,  den  ein  der  bedeutung  bis  ins  ei»- 
lelnste  nachgehendes  Wörterbuch  für  den  philologen  hat,  mtlssan 
indes  aach  anderseits  darauf  hinweisen,  dasz  eine  nach  diesem  grmidr 
satz  unternommene  bearbeitung  des  gesamten  Ciceronischen  Sprach- 
schatzes auszerordentlich  viel  zeit  in  anspruch  nehmen  und  wohl  das 
leistnngsvermögen  6ines  oder  weniger  übersteigen  würde;  dureb 
eine  Verteilung  jedoch  unter  viele  arbeitskräfte  wäre  wiederum  die 
einheitlichkeit  bedroht,   femer  bleibt  eine  gruppierung  nach  der  be- 
deutung in  vielen  Wlan  mehr  oder  weniger  subjectiv ,  so  dasz  das 
leichte  auffinden  gefllhrdet  werden  kann,   endlich  wird  durch  eine 
derartige  anordnung  bei  oft  gebrauchten  Wörtern  die  Übersichtlich- 
keit erschwert,   wir  erblicken  daher  in  dem  fehlen  einer  Übersicht 
der  bedeutungen  keineswegs  einen  mangel.   für  die  wichtigem  um- 
fangreichem artikel  müssen  vielmehr  und  werden  auch  einzelarbeiten 
das  fehlende  ersetzen,  etwa  in  der  art,  wie  Heerdegen  den  gebrauch 
des  wertes  fides  bei  Cicero  in  seiner  monographie  'de  fide  Tulliana' 
bebandelt  hat.    ebenso   werden  durch  Merguets  lexika  Specialfor- 
schungen nach  der  kritischen  und  exegetischen ,  der  grammatischen 
und  stilistischen  seite  hin  angeregt  werden,   interessant  ist  zb*  die 
beobachtung,  dasz  Cicero  von  der  Miloniana  ab  in  seinen  spätem 
reden  wie  auch  in  allen  philosophischen  Schriften,  die  insgesamt  nach 
dem  j.  700  verfaszt  sind ,  nie  ahs  te^  sondern  nur  a  te  schreibt^  wäh- 
rend er  in  den  frühern  reden  bis  zu  der  pro  Rah.  Fost.  einschliesz- 
lieh  aus  dem  j.  700  beides  ohne  unterschied  anwendet,    denn  die 
einzige  stelle ,  welche  uns  das  jetzt  erscheinende  lexikon  für  dbs  te 
aus  Tusc.  IV  67  anführt,  stammt  aus  einem  fragmente  des  Naevius. 
ist  dies  bloszer  zufall?  ähnlich  verhält  es  sich  mit  alieno  und  abalienOy 
welche  beide  Cicero  in  den  reden  in  Verrem ,  de  lege  agr. ,  p,  Sidla 
und  de  domo  stia  neben  einander  gebraucht,  während  in  den  reden 
p.  Sestio  aus  dem  j.  698 ,  de  prov.  cons. ,  in  Fis.  und  in  den  Fhüipp. 
sowie  in  den  philosophischen  schriften  nur  alieno  vorkommt,    und 
doch  konnte  in  den  stellen  Sest.  4.0  iUi  .  .  trihunum  populärem  a  96 
alienare  nolel>ant\  Fhil.  XII  10  qui  .  .  propter  muUorum  annorum 
iniurias  alienati  a  senatu  ptUahantur  und  Lasl.  77  propter  dissen- 
sionem . .  quae  erat  in  re  publica,  alienatus  est  (Scipio)  a  coUega  nostro 
Meteüo  ebenso  gut  dbalienare  stehen  wie  in  Verrem  IV  60  ahalienati 
scekre  istius  a  nohis  omnes  reges  amieissimi  nationesque,  jeder  ist 
also  im  stände  sich  über  den  mustergültigen  gebrauch  eines  wortes 
oder  einer  redensart  oder  über  das  vorkommen  einer  construction 
bei  Cicero  untrügliche  belehrung  aus  dem  wörterbuche  zu  holen. 
Die  anordnung  der  einzelnen  artikel  ist  sjntaktisch-pbra- 


134    MUölzl:  anz.  v.  HMerguets  lexikon  zu  Ciceros  pbilos.  scbriften. 

seologisch.  so  sind  zb.  die  stellen  für  das  Substantiv  amiciiia 
—  die  bis  jetzt  erschienenen  ersten  8  liefemngen  umfassen  den  buch- 
staben  a  bis  atäem  —  nach  folgenden  gesiebtspunkten  geordnet: 
I  absolut :  subject,  prädicat  (als  apposition  und  anrede  kommt  dieses 
sabst.  nicht  vor) ;  II  nach  yerben :  acc.  dat.  abl. ,  mit  prfipositionen, 
die  unmittelbar  vom  verbum  abhängen  (der  genitiv  findet  sich  hier 
nicht);  III  nach  adjectiven:  gen.  dat.  abl.,  mit  präp. ;  IV  nach  Sub- 
stantiven: gen.,  mit  prftp.;  V  umstand  «=>  zum  ganzen  satz  gehörige 
bestimmung:  abl.,  präp.  es  ist  dann  eine  verhältnismäszig  geringe 
mühe,  wenn  man  die  Verbindung  eines  subst.  mit  einem  bestimmten 
adj.  innerhalb  des  betreffenden  subst.  unter  verschiedenen  rubriken 
suchen  musz.  —  Adjectiva  werden  aufgeführt:  A  bei  Substantiven: 
älqs  (pronomina  oder  eigenname),  algd  (pronomina),  appellativa; 
B  allein:  wie  bei  den  subst.  —  Intransitive  verba,  zb.  (ümtm^ 
erscheinen  zunächst  in  unpersönlicher  Verwendung,  dann  persönlich, 
nach  den  subjecten  geordnet:  (üqs^  olqd,  appellativa.  ohne  grosze 
mühe  kann  man  sich  bei  Zeitwörtern  mit  verschiedenen  constructionen, 
wie  abeo,  absHneo  mit  bloszem  abl.  oder  einer  präp.,  selbst  ein  bild 
verschaffen,  das  transitive  verbum  aber,  zb.  ago,  zeigt  folgende 
Unterabteilungen:  I  absolut:  unpersönlich  (substantivisch  nach  ver- 
ben,  adj.,  subst.,  präp.  und  verbal),  persönlich;  II  mit  ergänzung: 
de  (pron.,  appell.),  n«,  t«/;  III  mit  object:  alqm,  alqd^  appellativa.  — 
Schlieszlich  mag  noch  die  behandlungsweise  einer  4)räposition  an 
a,  ah  veranschaulicht  werden:  I  nach  verben  und  partic;  II  nach 
adj.  und  adv.;  III  nach  subst.  und  Verbindungen  von  subst.  und  verb; 
IV  zum  ganzen  satz  gehörige  bestimmungen :  räum,  zeit,  grenze; 
y  logisches  subject  beim  passiv :  pronomina  und  allgemeine  personal- 
bezeichnungen  (persönliche ,  possess.,  demonstr. ,  relat.,  allgemeine 
pron.),  eigennamen  (einzelner  personen,  Völker-  und  classennamen, 
länder-  und  classennamen),  gattungsnamen  (einzelne  pers. ,  coUec- 
tive  Personenbezeichnungen,  sachen,  abstracta,  tiere);  VI  ellipsen; 
VII  lücke.  —  Allenthalben  sind  bei  längern  artikeln  die  Überschriften 
der  einzelnen  rubriken  in  fettem  druck  gegeben,  während  bei  den 
maszgebenden  Wörtern  innerhalb  der  Unterabteilungen  gesperrter 
druck  und  absätze  angewendet  worden  sind,  die  einzelnen  sprach- 
lichen erscheinungen  gleicher  art  erhalten  ihren  platz  in  alphabeti- 
scher reihenfolge,  worauf  in  ausgedehntem  masze  bedacht  genommen 
worden  ist,  so  dasz  die  Übersichtlichkeit  und  brauch  barkeit  nur  ge- 
winnt, während  zb.  im  redenleiikon  bei  a,  ah  und  ad  nach  verben 
die  stellen  für  die  einzelnen  Zeitwörter  nach  der  reihenfolge  der 
reden  gegeben  sind,  werden  sie  diesmal  nach  den  bei  den  präp. 
stehenden  Wörtern  aufgeführt:  persönliche  eigennamen,  pronomina 
sowie  alphabetisch  geordnet  appellativa  und  die  übrigen  eigennamen, 
die  alle  selbst  wiederum  durch  gesperrten  druck  hervortreten,  ähn- 
lich ist  es  nach  adjectiven  und  adverbien  usw.  bei  mehreren  bei- 
spielen  derselben  art  entscheidet  die  reihenfolge  des  zu  gründe  ge- 
legten textes.    infolge  solcher  disposition  ^ind  selbst  die  tausende 


MHGlzl :  anz.  v.  HMerguets  lexikon  zu  Ciceros  philos.  Schriften.    1*35 

Yon  citaten,  welche  unter  eine  viel  gebrauchte  präp.  wie  a,  ab  fallen, 
aufs  klarste  gesichtet  und  leicht  auffindbar,  tiberhaupt  ist  durch 
eine  derartige,  consequent  durchgeführte  gliederung  bis  ins  einzelne^ 
wie  sie  die  oben  mitgeteilten  proben  zeigen,  durch  Verwendung  von 
absStzen  und  manigfaltigem  druck ,  durch  Verweisung  bei  orthogra- 
phischer Verschiedenheit  (zb.  adpenser  s.  acupensery  aheneus  s.  aeneus) 
oder  bei  Wörtern,  die  unter  einem  andern  titelwort  behandelt  sind 
(zb.  ahiedus  s.  abiciOy  adverto  animum  s  animadverto),  die  Übersicht- 
lichkeit die  denkbar  gröste  und  die  benutzung  eine  ftuszerst  bequeme, 
man  kann  für  jedes  beispiel  oder  jede  Verbindung  bereits  von  vom 
berein  den  ihnen  zukommenden  platz  bestimmen  und  sofort  wissen, 
wo  man  die  in  frage  kommende  stelle  im  lexikon  zu  suchen  hat.  wir 
können  aus  eigner  erfahrung  versichern,  dasz  man  sehr  bald  mit  dem 
buche  völlig  vertraut  ist,  auch  bei  solchen  artikeln,  wo  wegen  der 
geringen  anzahl  der  dahin  gehörigen  beispiele  die  rubriken  nur  mit 
Ziffern  oder  buchstaben  bes^eichnet  sind,  schlieszlich  wiinl  die  be- 
nutzung des  lezikons  noch  dadurch  sehr  erleichtert,  dasz  mit  recht 
erläuternde  znsätze  in  (  )  sehr  zahlreich  angebracht  sind  und  dasz 
die  citate  wiederum  in  ausführlicher,  für  das  volle  Verständnis  nöti- 
ger fassung  gegeben  sind,  so  dasz  man  nicht  im  texte  nachzuschlagen 
gezwungen  ist.  und  doch  ist  der  vf.  immer  auch  darauf  bedacht 
gewesen,  wo  es  möglich  war,  räum  zu  sparen ;  vgl.  zb.  advolatus  oder 
kleinere  artikel,  wo,  wie  schon  oben  erwähnt,  zur  bezeichnang  der 
rubriken  blosz  Ziffern  und  buchstaben  gesetzt  sind,  oder  ahhorreo, 
wo  die  stellen  nicht  wieder  ausgeschrieben  sind,  sondern  auf  a,  ab 
verwiesen  ist.  dasz  aber  durch  das  umfangreichere  und  manchmal 
wiederholte  ausschreiben  der  stellen ,  durch  die  erklärenden  zusätze, 
durch  die  typographische  ausstattung  das  buch  etwas  anschwillt, 
kommt  den  dadurch  erzielten  vorteilen  gegenüber  ganz  und  gar 
nicht  in  betracht.  —  Unter  aequus  wären  am  besten  wiederum  die 
beispiele,  in  denen  die  phrase  mit  inf.  oder  acc.  c.  inf.  erscheint,  von 
den  übrigen  gesondert  worden.  —  Zu  loben  ist,  dasz  die  stellen  für 
ac  und  atqiie  diesmal  nicht  getrennt  sind ;  ac  wird  mit  unter  atque 
behandelt  werden. 

Über  die  Vollständigkeit  und  Zuverlässigkeit,  welche  im  Vorworte 
hervorgehoben  werden,  eine  unfehlbare  ansieht  auszusprechen  ist 
schier  unmöglich  bei  der  überfülle  der  beispiele,  die  natürlich  nie- 
mand ,  auch  nur  annähernd ,  alle  nachzuschlagen  im  stände  ist.  das 
urteil  eines  berichterstatters  kann  demnach  nur  auf  einer  vergleichs- 
weise geringen  anzahl  geprüfter  citate  fnszen.  unseres  kann  im  vor- 
liegenden falle  nur  ein  günstiges  sein,  wir  verglichen  die  artikel 
amicitia  und  amictis  vollständig,  sowie  auszerdem  über  500  andere 
aus  den  verschiedensten  teilen  der  philosophischen  Schriften  ent- 
nommene und  unter  verschiedenen  gesichtspunkten  nachgeschlagene 
proben,  nur  6in  beispiel  vermiszten  wir  bei  aestimo :  'emori  noh^  sed 
me  esse  mortuum  nihüi  aestimo'  Tusc-  1  15  und  in  wenigen  fällen 
die  besondere  anführung  einzelner  Verbindungen  aus  bereits  notierten 


136    MHOlzl:  anz.  y.  HMerguets  lexikon  zu  Ciceros  philos.  schhfleii. 

citaten,  hauptsächlich  bei  amicitia  und  amicus.  aber  gerade  hier 
konnten  bei  der  massenhaften  häufung  der  verschiedensten  bexiehon- 
gen  in  demselben  beispiel  neben  der  groszen  zahl  der  aufgefflhrten 
sehr  leicht  einzelne  übersehen  werden,  die  sich  übrigens  durch  Wieder- 
kehr in  andern  artikeln  häufig  ergänzen.  —  Die  stelle  aus  acad.  I  8 
(s.  159*  müto)  hätten  wir  vollständiger  so  gewünscht:  mea$  amkas^ 
in  quibus  est  Studium,  in  Crraeciam  miito  {id  est,  ad  Graecos  ire  mbed]^ 
ut  ea  e  l  alji  fontibus  potius  hauriant  quam  rivulos  consedeniur  ^  um 
aus  ihr  noch  einige  weitere  beziehungen  des  werte«  amicus  zu  ge- 
winnen. —  In  Lad.  16  (s.  156*  seniio)  si .  .  de  omiciHa  disputaris: 
qmd  sentias^  qualem  existumes,  quae  praecepta  des  möchten  wir  mit 
CNauck  interpungieren,  der  in  der  anm.  sagt :  *de  amicitia  disputaris 
gibt  den  inhalt ,  quid  sentias  uf> w.  die  disposition  des  Vortrags.'  — 
In  Lael.  23  (s.  153^  continet)  quam  .  .  piurimas  et  maximas  cammo- 
ditates  amicitia  contineat,  tum  iüa  nimirum  praestat  amnibus,  quod 
honam  spem  praducet  in  posterum  nee  dehüitari  animos  aut  cadere 
potius  patitur  fassen  wir ,  ebenfalls  mit  Nauck ,  iüa  nicht  als  nomi- 
nativ ,  sondern  als  ablativ  <»  iUa  cammoditate  und  omnibus  als  neu- 
trum  «3  Omnibus  rebus  humanis,  so  dasz  sich  praestat  auf  amtct^ta 
bezieht  —  gleichwie  letzteres  auch  subject  im  neben;>atze,  also  über- 
haupt im  ganzen  Satzgefüge  ist  —  und  kein  subjectswechsel  ange- 
nommen zu  werden  braucht,  im  übrigen  ist  der  Wortlaut  der  stellen 
durchweg  richtig  aufgefaszt  und  wiedergegeben,  vielleicht  hätte  am 
anfang  des  lex.  die  abkürzung  Ä.  aus  den  Tusculanen,  unter  der  man 
wohl  richtiger  auditor  als  adulescens  oder  gar  Ätticus  versteht,  platz 
finden  können.  —  Druckfehler  sind  selten  und  meist  ohne  belang, 
ebenso  die  Ziffern  fast  durchgängig  richtig,  namentlich  bei  den  text- 
stellen. 

Zu  gründe  gelegt  ist  diesem  lexikon,  was  man  lobend  anerkennen 
musz,  der  text  der  jüngsten  kritischen  Ciceroausgabe  von  CFWMüller, 
während  die  hauptsächlichsten  Varianten  (hsl.  wie  anderer  ausgaben, 
namentlich  die  der  Halm-Baiterschen  und  der  bei  Tauchnitz  er- 
schienenen Baiterschen)  zwischen  ||  ||  aufgenommen  werden,  die 
citate  sind  mit  hinzufügung  der  paragraphenzahl  in  der  Orthographie 
und  in  der  reihenfolge  des  Müllerschen  textes  gegeben,  während  in 
den  titelwörtem  ganz  so  wie  im  redenlezikon  eine  durchweg  gleich- 
mäszige  Orthographie  (nach  Brambach)  angewendet  ist 

Wir  verlassen  dieses  werk ,  das  wiederum  ein  schönes  Zeugnis 
ablegt  von  deutschem  gelehrten fleisz,  mit  dem  wünsche  und  der  hoff- 
nung,  dasz  der  vf.  für  seine  unendliche  mühe  auf  allen  Seiten  die 
gebührende  anerkennung  reichlich  finden  werde. 

Drksden.  Max  Uölzl. 


CFWMfiller:  über  die  handschriften  yon  Ciceros  Deiotariana.     137 

20. 
ÜBER  DIE  HANDSCHRIFTEN  VON  CICEROS  DEIOTARIANA. 


Unsere  kenntnis  von  der  handschriftlichen  fiberlieferang  der 
rede  pro  rege  Deiotaro  beruht  auf  den  mitteilungen  Halms  in  der 
zweiten  Orellischen  ausgäbe  über  sieben  Codices  und  Baiters  Aber 
einen  Ambros.  A.  ein  cod.  Colon.  Graevü  bzw.  Gulielmi  wird  nur 
bin  und  wieder  angeführt  und  ist  nirgends  von  entscheidender 
Wichtigkeit,  jene  sieben  hss.  sind  ein  Gemblac.  B,  Oud.  2  D,  Erfurt. 
£,  Salisburg.  34  S,  Oud.  335  G,  Fuld.  F,  Oehler.  R.  dasz  dieselben 
trotz  manigfacher  abweichungen  in  zwei  classen  zerfallen,  von  denen 
eine  BDES  bilden ^  die  andere  GFR,  ist  auch  bei  oberflächlicher 
durchsieht  der  lesarten  nicht  zu  verkennen,  so  hat  denn  EUilm  für 
jene  die  bezeichnung  C  eingeführt ,  ich  habe  in  der  Teubnerschen 
ausgäbe  von  1886  die  drei  andern  H  genannt.  HNohl  hat  im 
5n  heft  der  im  verlage  von  Tempsky-Frejtag  erscheinenden  ^orationes 
selectae'  folgenden  Stammbaum  aufgestellt:« 


«  A  C  (Col.) 


GRF 


bei  ihm  ist  also  ß  «=  Halms  und  meinem  C,  a  <=  meinem  H.  Halm 
sagt  in  der  vorrede  s.  XII:  'nos  quidem  familiam,  cuius  principes 
sunt  Gemblacensis  et  Erfurtensis,  ita  secuti  sumus,  ut  ei  nos  non 
addiceremus ,  si  ratio  alias  lectiones  praeferendas  esse  persuaderet.' 
ich  habe  in  meiner  adn.  crit.  s.  XCV  geschrieben:  ^utrique  satisinter 
se  diversi  ita,  ut  plerumque  BDES  paulo  integriores,  G  F  R  A  magis 
corrupti  sint,  non  semper.'  dagegen  sagt  Nohl  praef.  s.  VII:  'mihi 
secus  videtur.  nam  cum  ipse  Müllerus  triginta  Septem  locis  eam 
lectionem  praetulerit,  quam  aA  praebent,  vix  quindecim  invenio, 
quibus  hanc  familiam  erroris  convincere  possimus;  contra  ex  aA 
necessario  recipiendum  videbatur  etiam  [8  lesarten].  quam  ob  rem 
etiam  ubi  per  se  utra  lectio  sit  melior  diiudicari  vix  potest,  id  quod 
tricies  fere  accidit,  herum  librorum  auctoritatem  secutus  sum.'  und 
der  weitern  begründung  dieses  seines  Verfahrens  hat  er  fast  die 
ganzen  4  spalten  seiner  recension  meines  3n  bandes  in  der  'Wochen- 
schrift für  class.  philol.'  1887  (1198—1202)  gewidmet,  erführt 
daselbst  aus,  dasz  ich  selbst  aA  gegen  ß  gefolgt  bin  an  31  stellen, 
an  5  a  allein  gegen  /3A,  an  2  A  gegen  aß,  an  2  ^lieber  die  ver- 
dorbene lesart  von  ß  corrigieren  als  aA  folgen  will',  endlich  an 
7  stellen  fälschlich  ß  gefolgt  sei.  'während  also  an  47  stellen  die 
lesarten  von  Aa  sicher  den  Vorzug  verdienen,  finde  ich  nur  18,  wo 
ß  das  richtige  zu  bieten  scheinen,  und  auch  hier  kann  man  bisweilen 
schwanken;  jedenfalls  aber  sind  die  fehler  von  aA  nicht  schlimmer, 


IfiS     CFWMüUer:  über  die  handschriften  von  Ciceros  Deiotariana. 

Bondem  eher  leichter  als  die  von  ß,*  folglich  sei  es  *wohl  gerecht- 
fertigt, an  28  stellen,  wo  eine  entscheidung  aus  innem  gründen 
kaum  getroffen  werden'  könne,  *der  lesart  von  Aa  den  vorzug  zu 
geben.'  in  der  that,  wenn  die  sacbe  sich  so  verhält,  so  müssen  die 
bisherigen  heransgeber  von  einer  merkwürdigen  Voreingenommen- 
heit befangen  gewesen  sein. 

Da  ich  meiner  in  so  weit  sicher  sein  zu  können  glaubte ,  dasz 
ich  jedenfalls  nicht  aus  blindem  autoritätsglauben  mich  der  allge- 
meinen ansieht  angeschlossen  hätte,  und  es  mich  interessierte  mich 
zu  überzeugen,  was  mich  wohl  verhindert  haben  könnte  einen  so 
klaren  Sachverhalt,  wie  er  sich  nach  Nohl  darstellt,  zu  verkennen,  so 
habe  ich  die  hsl.  lesarten  bis  zu  der  stelle  durchgesehen ,  wo  6 ,  der 
beste  Vertreter  der  familie  a,  ohne  den  ein  sicheres  urteil  über  a  nicht 
möglich  ist,  aufhört,  §  26  s.  1216,  26  Or.  II,  und  erlaube  mir  das 
resultat  mitzuteilen,  ich  schicke  voraus ,  dasz  ich  mich  dabei  in  so 
weit  ganz  Nohls  anschauungen  anbequeme,  dasz  ich  als  richtige  les- 
arten  diejenigen  bezeichne,  die  Nohl  in  seinen  text  gesetzt  hat,  als 
falsche,  die  er  verwirft,  und  unter  a  nicht  nur  OPR,  sondern  mit- 
unter auch  G  F  oder  G  B  verstehe,  dagegen  berücksichtige  ich  bei 
der  frage  nach  dem  werte  von  o  und  ß  den  cod.  A  möglichst  wenig 
und  hüte  mich  ganz  besonders  so  vertrauensvolle  Schlüsse  auf  dessen 
lesarten  aus  Baiters  stillschweigen  zu  ziehen  wie  Nohl,  weil  es  be- 
kannt ist  dasz  Baiter  bei  seinen  mitteilungen  aus  hss.  nach  heutigen 
ansprüchen  einen  viel  zu  geringen  wert  auf  Vollständigkeit  und 
genauigkeit  gelegt  hat.  übrigens  stimmt  nach  Baiters  schweigen  in 
dem  folgenden  Verzeichnis  von  Varianten  A  fast  überall  mit  ß  gegen 
a  überein.  Nohl  hat  in  der  ganzen  rede  18  bzw.  Wiz  quindecim' 
stellen  gefunden,  an  denen  ß  Mas  richtige  zu  bieten  scheint',  ich  zähle 
bis  §  26,  dh.  in  V5  derselben,  57,  an  denen  Nohl  so  schreibt  wie  ß 
abweichend  von  o:  s.  1208,  2  Or.  II  regis,  nicht  regis  Deiotari  mit  o, 
8  cofUurber  st.  perturber^  13  a  st.  e^  a,  24  cum  st.  5t,  1209,  1 1  regem 
Deioiarum  st.  rege  DeiotarOy  1210,  3  arari  st.  exorari^  6  tu  iüum  st 
ülum  tu^  11  amicitiae  ßF  st,  inimicitiaeQR^  in  amicitia  A,  19  sumpta 
st.  sumpta  esse^  1211, 1  (1210,  22)  nicht  ui  sibi^  was  a  zusetzt,  4  nee 
uUi  veri  st.  nuüi  veri  nuntii ,  6  ceiiarum  st.  ceterorum ,  10  od  st.  tn, 
13  eius  st.  illius  (auch  A),  16  omnihus  st.  in  amnibuSy  22  non  ad 
B£  Col.  St.  non  ut  GB,  nan  ut  ad  ADFS',  28  tuis  st.  civibus, 
1212,  1  et  probat issimum  in  o  ausgelassen,  2  uterere  {-ris)  st.  utere- 
mtni,  8  domi  te  suae  st.  te  domi  suae  oDS,  9  suspicari profecto  st. 
profedo  suspicari ^  10  fuerit  st.  /ut/,  14  in  eo  st.  tn  cum,  16  omnes 
liberos  pqpulos^  omnes  socios  st.  omn.  soc,  omn,  lib.pop.,  18  cum  domo 
fehlt  in  a,  1213,  2  a<  quam  st  atque,  3  ne  fehlt  in  GR,  6  vdebat  st. 
volebant  G,  volebas  B,  12  finget  st.  fingit  G  F,  fingere  B,  14  at^  st. 

*  dasz  kurz  vorher  einer  der  codd.  a,  R,  von  erster  band  das 
richti((e  venii  ad  und  erst  von  zweiter  band  mit  allen  übrigen  venit  ut 
ad  hätte,  wie  Nohl  angibt,  sagt  Halm  wenifrstens  nicht,  sondern  nur: 
'ut  in  R  snp.  lin.* 


CFWMüller:  über  die  handschriften  von  Ciceros  Deiotariana.     139 

agü  GFE,  autem  R,  15  t;eZ  zugesetzt  in  o,  18  cdasset  {cadasset  A) 
st.  celavisset  GF,  potuisset  B,  21  o^  quam  st.  aqucim  G,  atque  R, 

23  re  .  .perfecta  B  (und  A?)  st.  rex  .  . perfecta  re  «DES,  1214,  1 
isti  st.  festui  G,  ivisti  F,  4t  et  fehlt  in  GF,  versetzt  in  R,  7  f.  quae  .  . 
gut  st  quid  .  .  quid  (auch  A),  10  te  lautum  st.  ^e  lotum  EFR,  tecum 
ire  G,  eine  sehr  grobe  interpolation,  von  der  bei  Nobl  nichts  zu  finden 
ist^  13  res  criminose  est  st.  res  criminis  est  Q^  est  res  criminose  R, 
ebd.  post  cenam  te  st.  te  post  cenam^  15  eadem  tua  st.  %Ua  tua  G, 
eadem  Ula  F,  ebd*.  perduint  B  S ;  perdant  cc ,  perdunt  D  E ,  jpercJen^  A, 
20  Jiahebat  st.  haberet^  1215,  3  semper  in  speculis  fuisse  st.  m  speo. 
/tHs;$€  semper  {in  spelunds  semper  fuisse  A),  7  Ao^^ium  in  a  zugesetzt, 
10  und  14  Caecüium  st.  cadium  GF^  11  veri  simüe  sü  st.  t;m  ^m. 
non  Sit  {simile  sit  veri  A),  16  non  nosset,  vel  si  nässet  st.  nosset  vel 
quia  non  nosset  G,  noscet  vel  quia  non  posset  vel  si  noscet  R,  1216,  3 
heUum  est  st.  est  bellum ,  4  sparsi  fUgen  hinzu  a  D  S ,  5  erga  te  hin- 
zugesetzt in  a,  ebd.  seseque  st.  et  se  et  filium  suum  FR  aus  z.  15,  in 
G  eine  lücke;  ebd.  spöliare  st.  exspoliare  RA,  G  fehlt,  21  regem  st 
regeSy  22  in  rege  8t.  in  regem,  in  reges  A,  23  magni  animi  st.  mo^na- 
nttniim  aES.  von  diesen  57  Varianten  führt  Nohl  selbst  unter  dem 
tex^  33  an,  dh.  mehr  als  doppelt  so  viel  als  er  laut  seiner  vorrede 
gefunden  hat. 

Angesichts  dieser  57  stellen  würde ,  selbst  wenn  es  wahr  wäre, 
was  Nobl  sp.  1200  ae.  behauptet,  dasz  'an  47  stellen'  der  ganzen 
rede  *die  lesarten  von  Aa  sicher  den  Vorzug  verdienen',  der  schlusz 
den  er  daraus  zieht  noch  immer  überaus  kühn  sein,  aber  auch  in 
dieser  zahl  hat  er  sich  zu  seinen  gunsten,  wenn  auch  nicht  ganz  so 
schlimm  wie  in  der  vorigen,  verrechnet,  von  den  31  stellen,  an 
denen  ich  selbst  die  lesarten  von  Aa  vor  denen  von  ß  bevorzugt 
habe,  sind,  um  das  richtige  Verhältnis  zu  den  obigen  57  zu  gewinnen, 
zunächst  die  letzten  11  aus  §  27 — 43  abzuziehen,  auszerdem  aus 
§  9  s.  1210,  11  ita  cum,  so  hat  nicht  «A,  wie  Nohl  sp.  1199  an- 
gibt, sondern  sicher  nur  R,  wahrscheinlich  auch  A,  die  beide  'pro- 
priam  quandam  coniunctionem  habeni'  (wahrscheinlich  aus  con- 
jectur).  in  ß  steht  falsch  iiaque  cum  {eum  D  S) ,  aber  in  G  F  viel 
schlimmer  ita  si  cum,  es  bleiben  also  19  stellen,  dazu  kommen  4 
oder  meinetwegen  5  (von  einer  gibt  Nobl  zu  dasz  sie  zweifelhaft  ist), 
in  denen  a  gegen  ßA  das  richtige  erhalten  hat.    das  sind  in  summa 

24  stellen,  die  2,  an  denen  'A  gegen  aß  das  richtige  bewahrt  hat', 
die  Nohl  sp.  1200  oben  merkwürdiger  weise  denen  zurechnet,  'wo 
«A  auch  nach  Müllers  meinung  besser  sind',  ferner  die  2,  Vo  M. 
lieber  die  verdorbene  lesart  von  ß  corrigieren  als  «A  folgen  will', 
endlich  die  7,  in  denen  er  meine  und  anderer  aus  ß  entnommene 
lesarten  aus  innern  gründen  verwirft,  kann  ich  nicht  als  ^sichere' 
beweise  des  fehlerhaftigkeit  von  ß  anerkennen. 

'  daran  dasz  nescio  qui  vor  einem  namen  stehen  kann,  zweifelt 
niemand;  dasz  aber  auch  ad  nescio  quem  Caecüium  richtig  sei,  wird  da- 
mit nicht  bemesen. 


140     CFWMfiiler:  Aber  die  hancUchrifteD  von  Ciceros  Deiotariuna. 

Mithin  herscht  einigkeit  darüber,  dasz  in  der  gröszem  hälfte 
der  rede ,  die  allein  eine  sichere  controle  geötattet,  ß  an  57^  o  an  23 
oder  24  stellen  besser  ist.  ich  rechne  zu  letztem  noch  4  stellen: 
1208,  10  lassen  BDE  ei  fort,  1209,  4  haben  BDS  ebenso  sinnlos 
etiam  statt  e^,  1212,  4  desgl.  in  ea  parte  st.  in  eampartem^  1215, 17 
setzen  sie  mit  R  und  A  veteres  (veteris)  zu.  das  ist  immer  noch  nicht 
die  hftlfte  der  stellen,  an  denen  eingestandenermaszen  der  vorzug 
auf  Seiten  von  ß  ist. 

Aber  wenigstens  ebenso  wichtig  wie  die  quantität  ist  die 
qualität.  rficksichtlich  derselben  behauptet  Nohl  sp.  1201  oben,  datz 
'jedenfalls  die  fehler  von  A  o  nicht  schlimmer,  sondern  eher  leichter 
als  die  von  ß*  sind,  von  A  ist  oben  bemerkt,  dasz  er  an  den  stellen 
der  ersten  26  §§,  die  ß  richtiger  hat  als  a,  nach  Baiters  schweigen 
fast  überall  auf  selten  von  ß  steht;  übrigens  ist  derselbe  trotz  seines 
alters  und  mancher  Vorzüge  nichts  weniger  als  zuverlässig,  sondern  in 
unserer  wie  in  den  andern  reden  (s.zb.  s.  1187,4  obstrepit  damar  tnüi' 
tum  et  tuharum  sani  st.  obstrepi  damore  midüum  videntur  et  itibarum 
Bono  osw.)  öfters  auf  das  willkürlichste  iuterpolierty  zb.  s.  1214,  18 
hat  er  allein  transirent.  non  h(ibe8  statt  transferri  bzw.  transire  nan 
possent?  habea^  1217,  14  armis  fuit  st  %ä  armis  {ut  armis  fuit  B), 
1218,  24  confero  st  comparo^  1219;  11  hominis  von  ihm  allein* und 
1220,  12^00  nur  mit  B  willkürlich  zugesetzt,  was  Nohl  aufnimt  und 
sp.  1200  ae.  als  eine  der  lesarten  anführt,  an  denen  's  icher  Aa  den 
Vorzug  verdienen',  ebd.  20  deiotarum  st  de  Deiotaro^  ganz  offenbar 
eine  eigenmächtige  correctur  nach  ausfall  des  de,  das  auch  in  D  fehlt; 
R  läszt  auch  den  namen  fort,  1221,  29  aetate  sL  et  ate. 

Betrachten  wir  die  art  der  fehler  in  a  und  ß.  unter  den  23  feh- 
lem von  ß  sind  7  auslassungen,  einmal  ist  geschrieben  enuntiabatur 
st  ei  nunt.  {ei  ist  mehrmals  weggelassen),  je  einmal  ipse  st.  isle  und 
ai  st  aity  primo  st  primutn^  in  ea  parte  für  in  eam  partem^  8  mal  ist 
etwas  zugesetzt:  sokbamus  st  solebam^  etiam  st.  et,  et  per  st  et,  ipse 
tamen  st.  ipse,  quique  eiMn  st  quigtie  (so  nach  Halm  s.  1210,  15  nur 
Q,  nach  Baiters  schweigen  auch  A,  B  quicquam,  von  F  wird  nichts 
berichtet;  ich  halte  es  für  mindestens  so  wahrscheinlich,  dasz  in 
G[A]  die  falsche  Überlieferung  richtig  corrigiert  ist,  wie  da^z  in  ß 
eine  Interpolation  vorliegt),  cadere  passet  st  caderet  (willkürliche 
änderung  nach  ausfall  des  t  von  caderet ;  cadere  A) ,  ibi  entm  erant 
st.  erant  etiim,  in  cubiculum  te  ire  maüe  st.  in  cubictdo  mdüe^  obedien- 
tes  st  audientes^  veteres  zugesetzt  mit  A  {veteris),  endlich  quanto  . . 
tanto  st.  Ujmio . .  quanto.  unter  diesen  sind  höchstens  9  evidente  inter- 
polationen,  alle  übrigen  fehler  sind  solche,  wie  sie  aus  versehen 
überall  in  den  besten  hss.  vorkommen. 

In  a  zähle  ich  als  willkürliche  correcturen  s.  1208,  2  zusatz 
von  Deiotariy  S  perturber  st.  conturber,  13  et,  1210,  11  tnimtct^iae, 
19  esse,  1211, 1  u^  sibi,  4  nuüi  veri  nuntü,  16  in  omnibus,  28  civibus, 
1212,  14  in  cum,  1213,  15  vel,  23  rex,  1214,  15  iüa  tua,  ebd.  per- 
dant,  20  haberet,  1215,  7  Jwstium,  16  vel  quia  non  nässet,  1216,  4 


ThMaurer:  zn  Ycrgiliua  Aeneis.  141 

sparsij  5  exspoUare^  21  reges^  23  magnanimum  (nach  Nohl).  das  sind 
21,  dfa.  mehr  als  noch  einmal  so  viel  eigenmSchtige  eorrecturen 
als  in  ß. 

Wenn  es  nnn  richtig  ist,  dasz  ß  mehr  als  doppelt  so  oft  besser 
nnd  mehr  als  doppelt  so  selten  willkürlich  interpoliert  ist  als  a,  so 
scheint  mir  der  versoch  des  beweises ,  dasz  or  den  vorzag  vor  ß  ver- 
diene ,  nicht  gelungen  zu  sein. 

Breslau.  C.  F.  W.  MGller. 


21. 

Zu  VERGILIÜS  AENEIS. 


Man  könnte  Seiten  füllen,  wollte  man  mitteilen,  was  bereits  über 
das  Yergilische  secare  spem  in  Äen,  X  107  quae  cuigue  est  fortuna 
hodie^  quam  quisque  secat  spem^  Tros  Rtäulusne  fuat  nuUo  discHmine 
habebo  geschrieben  worden  ist ,  ohne  dasz  bisher  die  aafhellung  ge- 
lungen wäre,  zum  glück  hat  Peerlkamp  einen  abgekürzten  weg  der 
Untersuchung  gezeigt,  den  auch  ich  einzuhalten  gedenke,  er  schreibt : 
*alii  spem  secat  interpretantur  quod  quisque  sperat;  älii  quod  non 
sperat.  sententia  loci  postulat  quod  quisque  sperat.  sed  quomodo 
spem  secare  significabit  sperareV  auch  ich  glaube,  die  deutnngen  in 
der  richtung  ^quod  non  sperat'  danken  ihren  Ursprung  nur  der  Ver- 
legenheit, worein  man  sich  durch  die  frage,  wie  sie  Peerlkamp  am 
Schlüsse  formuliert  hat,  versetzt  gesehen,  dies  gilt  beispielsweise 
auch  von  der  bei  Ladewig  mitgeteilten  Ameisschen  erklärung  ^welche 
hoffhung  (des  gegners)  ein  jeder  zerschneidet',  sehen  wir  darum  zu 
nächst  zu,  ob  es  uns  nicht  gelingt  mit  jener  frage  aufzuräumen, 
dasz  in  Wahrheit  dieselbe  eine  ganz  unberechtigte  petitio  principii 
enthält,  hoffen  wir  sogleich  zu  zeigen ;  um  so  weniger  wird  es  unsere 
aufgäbe  sein,  die  verschiedenen  darauf  gegebenen  antworten  im  ein- 
zelnen zu  widerlegen. 

Der  curiosität  halber,  richtiger  um  einen  beitrag  zu  liefern,  die 
deutsche  philologie  vor  einem  abweg  zu  bewahren  oder  davon  zu- 
rückzurufen, sei  die  charakteristische  weise  mitgeteilt,  wie  Gossrau, 
dessen  fleisz  und  gelehrsamkeit  ich  die  vollste  anerkennung  nicht 
yersage,  mit  dem  gestellten  problem  zu  rand  gekommen  ist.  wie 
bringt  man  es  fertig,  fragt  Peerlkamp,  dasz  spem  secare  die  bedeu- 
tung  sperare  gewinnt?  Gossrau  antwortet:  ^sequamur  Virgilium. 
hie  dixit  secare  viam  pro  ire  per  viam,  cf.  ad  VI  900;  igitur  secare 
spem  est  ire  per  spem,  quod  est  sperare,  cf.  ad  V  786.'  weil  der  in 
secare  viam  liegende  einheitliche  begriff  sich  frei  wiedergeben  läszt 
mit  ire  per  viam^  soll  nun  auch  in  dem  ausdruck  secare  spem  sich 
für  das  secare  kurzer  band  ein  ire  per  substituieren  lassen,  welche 
Vorstellung  dem  lebendigen  sprachgeist  bei  dem  secare  viam  vor- 
schwebte, bleibt  für  Gossrau  ganz  auszer  betracht. 


142  ThMaurer:  zu  Vergilius  Aeneis. 

Wie  gesagt,  das  problem  ist  falsch  gestellt;  indem  die  bebaup- 
tung  Peerlkamps  ^sententia  loci  postulat  qaod  quisque  spercU'  nur 
auf  oberflächlicher  betrachtung  unserer  stelle  beruht.  Jupiter  will 
den  göttem,  in  erster  linie  Juno  und  Venus,  jede  einmischung  in 
den  kämpf  der  Teukrer  mit  den  ihr  lager  berennenden  Rutulem 
wehren  und  erklärt  zu  dem  ende  sich  auch  selber  den  verzieht  auf 
jedes  eingreifen  aufzuerlegen:  nuUo  discrimine  habeho,  Tros  Riäth 
lusne  fuat^  quae  cuique  est  fortu/na  hodie^  quam  quisque  secat  spem, 
sieht  man  denn  nicht,  dasz  es  sich  bei  diesem  verzieht  Jupiters  um 
das  gebiet  der  objectivität,  die  weit  des  realen  geschehens  handelt 
und  darum  der  begriff  des  subjectiven  sperare  überhaupt  hier  gar 
nicht  am  platze  erscheint?  um  so  mehr  steht  es  uns  frei  mit  Um- 
gehung der  gelehrten  Untersuchungen  über  ein  secare  als  activ  zu  dem 
deponens  sequi,  einfach  ohne  umschweif  unsere  eigne  deutung  mit- 
zuteilen, dasz  das  secare  'schneiden'  hier  nur  in  metaphorischem 
sinne  gemeint  sein  kann ,  liegt  auf  der  band.  Ladewig  glaubte  das 
bild  hergeholt  von  einem  schiffe ,  das  die  see  durchschneidet ,  und 
bringt  es  damit  eben  zu  dem  bereits  erledigten  begriff  des  sperare. 
liegt  uns  denn  aber  nicht  ein  anderes  bild  weit  näher,  bei  dem 
überdies  das  secare  in  seinem  eigentlichsten  sinne  zu  seinem  rechte 
kommt?  wir  sprechen  vom  sprieszen,  grünen,  blühen  der  hoffnung. 
ist  die  hoffnung  nicht  eine  saat,  die  der  ernte  wartet?  und  gerade 
um  die  einzuthuende  ernte ,  um  den  erfolg  der  hoffnung  handelt  es 
sich  bei  dem  gedanken  Jupiters,  so  besagt  denn  quam  quisque  secat 
spem  nicht,  wie  Ladewig  will:  'welch  hoffnungsmeer  ein  jeder  durch- 
schneidet', sondern  so  viel  wie  quam  quisque  metit  spem' vf  eiche 
hoffnungsernte  jeder  schneidet'. 

Äen.  X  279,  finde  ich,  ist  man  an  dem  perfringere  dextra  in  den 
Worten  des  Turnus  an  seine  Butuler  quod  votis  optastis^  adest^  per- 
fringere dextra  usw.  entweder  mit  verständnisinnigem  schweigen 
vorübergegangen  oder  hat  sich  bei  der  erläuterung  einer  knappheit 
befleiszigt,  die  die  möglichkeit  eines  Widerspruchs  auszuschlieszen 
scheint,  und  doch  sind  weder  die  denter  selbst  unter  einander  in  Über- 
einstimmung, geschweige  dasz  sich  die  deutung  von  selbst  verstünde. 
Ladewig  sagt:  *  perfringere  dextra  «den  feind  zu  zermalmen».'  ebenso 
lakonisch  heiszt  es  bei  Gossrau:  *  perfringere  verbum  militare^  ut 
durchbrechen*  aber  wo  ist  bei  Ladewig  dextra  geblieben  ?  und  wie  öoU 
perfringere^  absolut  gebraucht,  zur  bedeutung  'den  feind  zermalmen' 
kommen?  ebenso:  bei  welchem  militärschriftsteller  hat  Gossrau  das 
perfringere  für  sich  allein  stehend  in  dem  absoluten  sinne  unseres 
'durchbrechen'  gefunden?  und  wenn,  wie  passt  dieser  sinn  über- 
haupt an  dieser  stelle,  ganz  abgesehen  von  dem  müszigen  dextra  bei 
solcher  bedeutung  unseres  wortes?  dabz  per/rifi^er^  überhaupt  ab- 
solut gebraucht  werde,  dafür  musz  noch  der  beleg  erbracht  werden; 
einstweilen  macht  es  anspruch  auf  ein  object,  und  da  ein  solches  in 
unserm  satze  selbst  fehlt,  so  musz  es  in  gedanken  entweder  aus  dem 


ThMaurer:  zu  Vergilius  Aeneis.  143 

vorausgehenden  oder  dem  nachfolgend  en  ergänzt  werden,  an  unserer 
stelle  bietet  nur  das  letztere  einen  in  frage  kommenden  begriff,  es 
ist  Mars:  in  manibus  Mars  ipse^  viril  das  von  Bibbeck  hier  vor- 
gezogene viris  erscheint  durch  den  sinn  ausgeschlossen,  viris  statt 
viri  gelesen  beansprucht  der  satz  allgemeine  gttltigkeit^  gerade  im 
widersprach  zu  der  erfahrung,  die  ja  eben  die  Rutuler  gemacht, 
wohl  waren  sie  auch  vorher  viri  gewesen;  war  aber  darum  auch  seit- 
her Mars  ipse  in  ihren  bänden,  so  lange  eben  die  Teukrer  sich  hinter 
ihren  wällen  gehalten  ?  das  war  es  ja  gerade ,  was  sie  mit  gelübden 
erfleht:  votis  optastis,  und  jetzt  erst  gilt  davon  das  adest^  seitdem 
die  landung  des  Aeneas  ermöglicht  den  feind  im  offenen  felde  zu 
fassen,  zum  Verständnis  namentlich  des  satzes  in  manibus  Mars  ipse, 
viri  heiszt  es  bei  Peerlkamp :  'optavistis  proelium  in  campo  aperto. 
habetis.  ipse  eventus  est  in  vestra  virttUe  posüits.*  als  parallele  führt 
er  Hom.  TT  630  an :  dv  T^ip  X^pc'^  t^Xoc  ttoX^iliou.  nicht  unmöglich, 
dasz  hier  wirklich  Verg.  sich  dieser  worte  erinnerte  und  mit  seinem 
Mars  ipse  eben  das  T^Xoc  TroXejLiGU  wiedergibt,  jedenfalls  deckt  sich 
der  Vergilische  ausdruck  nach  dem  Zusammenhang  am  meisten  mit 
dem  prosaischen  finis  Martis «»  finis  heUi.  wie  sehr  hier  der  Sprecher 
bei  seinen  hörern  als  vornehmstes  anliegen  voraussetzt,  dem  krieg 
ein  ziel  gesetzt  zu  sehen,  bestätigen  die  weiteren  worte  seines 
appells.  der  krieg  hat  für  die  Rutuler  durchaus  den  Charakter  des 
Verteidigungskrieges,  zunächst  darum  die  erinnerung  an  das  ziel : 
nunc  coniugis  esto  quisque  suae  tectique  memor,  nur  mittel  zu  die- 
sem zwecke  offenbar  bedeutet  es,  ^enn  er  fortfährt  nunc  magna 
referte  facta^patrum  laudesf  und  gerade  in  diesem  geiste  denke  ich 
mir  auch  zu  unserm  perfringere  dextra  &vls  dem  folgenden  in  manibus 
Mars  ipse ,  viri  den  begriff  'krieg'  als  object  gedacht,  der  sinn  der 
turmae  agrestes  (vgl.  v .  3 10  primus  turmas  invasit  agrestes  Äeneas), 
die  Turnus  führt,  ist  billig  so  gerichtet,  dasz  ihnen  Mars  erscheinen 
musz,  wie  dort  in  der  Anabasis  IV  8,  14  den  Hellenen  die  den  weg 
sperrenden  Kolchier,  von  denen  Xenopbon  sagt:  toutouc,  f\y  ttu)C 
buvu)fi€6a,  Kai  ujjliouc  bei  KaracpaTcTv.  was  Turnus  wort  meint :  quod 
votis  optastis  >  adest  —  es  ist  das  perfringere  deoctra  Martern ,  'Mars 
mit  den  fausten  zu  zermalmen',  es  ist  durchaus  naturwahr,  wenn 
der  dichter  auch  in  diesem  leidenschaftlichen  moment  Turnus  vor 
dem  directen  aussprechen  des  namens  Mars  in  Verbindung  mit  dem 
perfringere  zurückschrecken  läszt;  so  bricht  er  ab  und  bringt  den 
namen  in  Verbindung  mit  einer  weniger  herausfordernden  fassung : 
in  manibus  Mars  ipse^  viri!  ich  lese  darum  unsere  stelle  mit  fol- 
gender interpunction: 

quod  votis  optastis^  adest:  perfringere  dexira  — 

in  manibus  Mars  ipse,  viri! 

Äen.  X  287 — 307  erzählt  die  ausschiffung  des  Aeneas  und  der 
von  ihm  gegen  Turnus  zu  hilfe  gerufenen  Etrusker.  dieselbe  ge- 
schieht in  verschiedenen  weisen,  zwei  davon  sind  aufgezählt :  interea 


144  lliMaurer:  ku  Vergilius  Aeneie. 

Aeneas  socios  de  puppilms  altis  pontihus  exponU.  müUi  sei 
recursfis  languentis  pdagi  et  hrevihus  se  credere  salin,  dann  fc 
die  Worte  |>er  remos  alU^  was  Servius  interpretiert:  seaphis. 
meint  Oossran:  *id  satis  obscure  dictam  esset.'  er  sowohl  als  I 
wig  haben  sich  vielmehr  der  deutung  Heynes  angeschlossen :  ^i 
pro  coniis  Htore  infizis,  qoibus  nixi  in  litns  prosiliant.'  wie 
deutung  freilich  vor  obigem  urteil  Oossraus  sicherer  sein  soll,  y 
ich  nicht,  jedenfalls  aber  könnte  bei  der  deutung  Heynes,  i 
unmittelbar  vorher  heiszt  muUi  se  credere  saltu,  das  per  rema 
doch  nur  den  wert  einer  unterart  dieser  zweiten  weise  bedeuten, 
entsprechend  interpungiert  denn  auch  Bibbeck,  indem  er  nach  ex 
punctum  setzt,  nach  saUu  dagegen  komma,  und  punctum  wieder 
alii,  jeder  unbefangene  aber  wird  zugeben,  dasz  die  vom  dichte 
liebte  aufzfthlung  unverkennbar  auf  eine  dreiteilnng  sielt. 

Weiter  aber  ist  die  Sache  damit  ja  nicht  erschöpft,  die  i: 
essanteste  art  der  ausschiffung  steht  noch  aus  und  der  dichter  wi 
ihr  allein  17  verse,  den  sämtlichen  voransgenannten  dagegen  ; 
ganz  4  verse.  das  beiäpiel  dazu  gibt  der  Etrudkerkönig  Tar< 
und  sein  ganzes  bedeutendstes  flottencontingent  thut  ihm  nach, 
seither  unsere  stelle  verstanden  wurde,  steht  dieser  letztere  ra 
der  ausschiffung  ohne  jeden  zu&ammenhang  mit  dem  vorausgi 
den.  und  worin  besteht  derselbe?  der  erfolg  ist  ein  verschied 
während  von  den  andern  schiffen  gilt :  donec  rastra  tenent  sicc% 
sedere  carinae  omnes  innoeuae^  ist  das  Schicksal  des  Tarchonscl 
selbst:  soMtur  atque  viros  medüs  expanü  in  undis.  gemeinsam 
war  allen  die  maszregel,  wozu  Tarchon  aufgefordert  hatte:  ntf 
lecta  manus^  validis  ineumhite  remis f  warum  sollen  denn  abe 
remi  hier  andere  sein  tAs  von  denen  es  oben  geheiszen  per  remos 
die  Sache  ist  einfach  diese,  zwei  weisen  der  ausschiffung  hat  \ 
dichter  in  knapper  weise  v.  287 — 289  beschrieben,  nun  kündi 
eine  neue  an,  die  sein  vornehmstes  interesse  bildet;  es  geschieh 
den  Worten  per  remos  (M.  zum  Verständnis  dieser  dritten  weif 
er  zunächst  genötigt  etwas  auszuholen,  indem  er  erzählt,  wie 
chon  dazu  den  anläse  gegeben :  specuXaius  liiora  Tar^um  usw. 
setze  demnach  hinter  satiu  v.  289  punctum,  nach  per  remos  (dii  k< 
interea  Aeneas  soeios  de  puppilms  cutis 
pontihus  expamt.  muUi  servare  recurstts 
languentis peiagi  et  brevUms  se  credere  saltu. 
290         per  remos  ailii:  speculaius  litora  Tardton, 

qu€i  vada  non  spirant  nee  fracta  remurmurat  tmda , 
sed  mare  inoffensum  crescenti  adlabitur  aestu, 
advertü  subito  proram  sociosque  precatur: 
nunc^  0  lecta  manus^  validis  incumbite  remis  usw. 
Mainz.  Theodor  Mauri 


BESTE  ABTEILUNG 

FUß  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


22. 

EÜPHORIONEA.* 


I. 

Disputaturo  de  ratione  quae  Lycophronem  inter  et  Eaphorionein 
intercedat  ecce  mihi  adfertur  OKaibelii  sententiarum  über  quartus 
(Hermae  XXII  497  sqq.),  cuius  capite  septimo  etsi  omnia  quae 
Eüphorio  ab  Lycophrone  mutuatus  sit  enumerare  noluit  v.  cl.,  pauca 
tarn  egregie  ea  de  re  disseruit,  ut  vix  faabeam  quae  addam.  atque 
vocabulorum  abstrusorum  copiam  illum  petiisse  a  tragico  poeta  ob- 
scurissimo  constat:  lectionis  satis  accuratae  dabo  messem,  quam  ab 
aliis  auctum  iri  spero.  vocabulorum  Lycopbroneorum  index  Eupbo- 
rioneus  hie  esto :  dcT^jLißaKTOV  Euph.  fr.  106  (plenius  legitur  Etym. 
Flor.  p.  49  in  Milleri  'm^langes  de  litt,  grecque') ;  Lyc.  1117.  —  AItuc 
TTÖXic  Aqkujvikii  Euph.  fr.  116;  Lyc. 850.  —  'Aktt^c  de  Attica  dictum 
Euph.  fr.  27;  Lyc.  111.  1339.  —  'AXaToc  'AttöXXujv  Lyc.  916  sqq. 

Sc  TroT€  9XeEac  Gpacijv 

XeCVT*  dcpiJKTUJV  TOjLicpiujv  XupoKTiJTrov 

bpdKOVTi  ßaißqj  x^ipac  ujttXicc  CkijGij^ 

Kpd0ic  Ö€  TUjLißouc  öipeTai  bebouTroTOC 

eiipoH  'AXaiou  TTaiap^ujc  dvoKTÖpujv, 

NaüaiGoc  fvGa  jrpöc  KXübujv'  dpeuTCiai. 
adnotat  Tzetzes  Philcctetam  delatum  esse  in  Italiam :  Kai  nauGeic 
xfic  dXric  'AXaiou  'AttöXXujvoc  lepöv  KxiZiei,  &  xal  tö  töHov 
aiiTOÖ  dv^GriKCV,  ulic  9Ticiv  Gu9opiujv.  NauaiGov  fluvium  in  Chi- 
liadibus  memoravit  (fr.  41).  —  Buvr]  Euph.  fr.  91 ;  Lyc.  107.  757.  — 
bdvoc.  Euph.  fr.  90  TÖ  ßd  oi  bdvoc  ujTiacev  "GKTUJp.  Lyc.  887 
TpiTUJVi  KoXxlc  ujTTacev  bdvoc  fv\r\  (Medea).  269.  710.  1269. 
1381.  —  ZuJCTrjpioc  'AttöXXiuv  in  Attica  colitur  ap.  Euph.  fr.  89', 
Cumis  ap.  Lyc.  1278.  —  KttÜTiKec  Euph.  fr.  88;  KaünKttC  Lyc.  425. 
741.  789.  —  Kevripiov  Euph.  fr.  81;  KCVTipiuJV  Lyc.  370.  —  KÖirpoi 
de  stabulo  dictum  (cf.  Hom.  C  575)  Euph.  49  (de  Boeoto  agitur) 

"^  [haec  et  quae  sequitur  commentatio  oblatae  sunt  Francisca 
Susemihl  per  quinque  lustra  professorls  publici  ordinarii  munere  in 
nniyersitate  Gryphiswaldensi  functo.  quam  oblatam  occasionem  editor 
horum  annalium  dimittere  nolui,  quin  veteri  amico  proventas  tarn  diatarnae 
industriae  ipse  quoque  ex  animi  sententia  congratalarer  et  omnia  bona 
atque  fortunata  precarer.] 

*  transposuit  Wilamowitzius  'de  Lycophronis  Alexandra'  p.  14. 

Jahrb&cher  für  class.  philol.  1838  hft.  3.  10 


146 


GKnaack:  Euphorionea. 


TÖ  fäp  KoX^cavTO  ßoTTipec  6tti  {ki  Traxpibijci  ßodiv  direOi'iKaTO 
KÖTrpotc.  Lyc.  91  (de  Paride  agitur)  ou  TraTpöc  KÖTrpouc 
CTCtßovTa  ßaKTUüV  ßoucTdOjLiuJV.  —  Kpil  (avis  Bcaeva)  Eaph.  fr.  4 ; 
hfc,  512.  —  KuraiKfi  de  Medea  dictum  Lyc.  174,  hinc  Euph.  fr.  10 
correxit  Raibelius  p.  507.  —  KiJXp€ioc  Euph.  fr.  17 ;  verba  nondum 
emendata  sunt,  sed  formam  Kuxp€ioc  servandam  esse  docet  Lyc.  451 
(versum  Euphorionis  scboliaste  Lyc.  adscripäit).  —  öxOilpflC  Euph. 
fr.  92;  öxOripdv  Lyc.  1030,  öxönP*A»v  1361.  —  Troiq)üEavTOC  Euph. 
fr.  96;  noKpvlex  Lyc.  198.  —  ttöttoic  (deis)  Euph.  fr.  99;  iröiroi 
Lyc.  943.  —  irpiiviie  (de  urbis  eversione  dixit)  Euph.  fr.  16;  Tipi]- 
vixO^VT€c  Lyc.  1006.  —  ^atßriböv  (iv  Aiovücuj  kcxtivöti  Etym. 
Flor.  p.260);  ßaißifi  Lyc.  917,  ^aißoici  238.  —  fTu^cppTiCToTo  alirfic 
Euph.  fr.  84 ;  Tuq)piiCTdv  X^irac  Lyc.  420  (cf.  Parthenii  fr.  45  Tu- 
q)pilCTtov  aTiroc),  ttAtujv  TucppTiCTiujv  902.  —  x<^P^va  {leonem) 
Euph.  fr.  47;  xäpujvoc  Lyc.  455.  660;  x<^P^V  260.  —  fitiica  Euph. 
fr.  51;  i|iic€Tai  Lyc.  639. 

n. 

Assidua  Alexandrae  lectio  multo  magis  elucet  e  fabulis  Eupho- 
rioni  communibus  cum  Lycophrone.  quo  duce  haud  pauca  fragmenta, 
quae  adhuc  incerta  vagantur,  certo  carmini  vindicare  conabimur. 
a  rebus  Troianis  initium  capit  Alexandra  Lycophronea,  fabulas  Tro- 
ianas  saepius  legimus  celebratas  ab  Euphorione:  haec  igitur  inter  se 
conferenda  sunt,   iam  videamus  singula. 

Servius  ad  Verg.  Aen.  11  32 


(fr.  150) 

ut  Euphorion  dicit^  Priamus  ex 
Ärisha  filium  vatem  suscepit.  qui 
cum  dixisset  quadam  die  nasci 
puerum^  per  quem  Troia  passet 
everti^  pepererunt  simul  et  Thy- 
moetae  uxor  et  Hecuba^  quae 
Priami  legitima  erat,  sed  Pria- 
mus Thymoetae  filium  uxo- 
remque  iussit  occidi. 


Lyc.  224  sqq. 

ILlTlö*  A  l  C  a  K  €  i  UJ  V  OÖjiÖC  UJ9€X€ V 

naifip 
XPncMiJ^v  dTTÜücm    vuKTiq)otTa 

beijuaTQ, 
Mi^  bi  Kpuipai  Touc  bmXoOc  utt^p 

Trärpac 
jLioipqi  T€q)pu)cac  fvxa  Ainivatip 

Tiupi* 

OÖK  Sv  T0CUJVÖ6  KUji'  dlT^KXuCeV 

KaK(JL)V. 

et  319  sqq. 

Tv'  äX^a  TTdirnoü  kqI  x^tMCUvi- 

öoc'  ^öpoi 
Tf^c  Xa6povu^q)Ou  TTÖpTioc 

MefiiTM^voi 

CKÜ^Vip  K^XWVTQl,  TTplV  Xaq)ü- 

iacOai  Tdvoc, 
TTplv  4k  Xoxeiac  'ivxa  x^iXaicai 

bpöcuj. 

*  cf.  Euph.  fr.  128  xa^aic^vai  bi  ol  ^irl  toO  ^öd({K)uc  koikii(i^€voi 
A^ovrai  irapa  €CKpop(uivu 


GEnaack:  Eaphorionea.  141 

qaae  scholiasta  sie  enarrat:  ^Tr€iörj  9aciv  'GKdßr]  fcxev  dbcXcpfiv 
KiXXav  KttXouji^VTiv,  f^  dyaiii'iOri  tuj  SujuoCtij.  TTpiäMOU  bk  xp€i- 
Ofi^vou  iv  ZeXeiq.  ncpi  xfic  ßaciXeCac  ixpr\cQr\  aÖTUj  dveXeiv  Tf|v 

V6UJCTI  T€TOKUTaV  KQI  TÖ  TCWriG^V.    f TÜX€  bk  f\  fifev  '€KdßTl  T€KoCca 

TÖv  *AX€iavbpov,  fi  bk  KiXXa  töv  Motjvittttov.  9€icdjLi€voc 
oöv  Tflc  '€KdßTic  dveiXev  tt^v  KiXXav  Kai  töv  Tiaiöa  auxflc  Moü- 
viTiTTOv.  Xa0povufi9ou  bk  biÖTi  XdGpa  tiij  TTpidM({j  djiifVüTO, 
dq)*  ov  €Tx€  TÖV  Mouvittttov.  ergo  Cilla,  Lycophronem  si  audimus, 
paelex  fuit  Priami,  cum  Euphorio  teste  Servio  axorem  eam  dixisset 
Thjmoetae,  id  qaod  confirmatur  a  Tzetze,  qui  postquam  Apollo- 
dornm  (III  12,  5)  exscripsit,  haec  addit  (ad  224):  ö  bk  TTpiajiOC 
dvri  TOÜTUJV  dvcTXe  KiXXav  ^k  Gu^oiTOu  Kpuq)atuj  Tdjiuj  (?)  töte 
TCVvrjcavTOC  Mouvittttov.'  apparet  Vergilii  Yersus  primi^sque  Thy- 
moetes  duci  intra  muros  hortatur  et  arce  hcari  sive  dolo  seu  iam 
Troiae  sie  fata  ferehant  hac  fabula  ex  Euphorione  petita  haud  inepte 
esse  explanatos  a  Servio,  etsi  dubitare  licet,  num  poetam  Cbalciden- 
sem  respexerit  poeta  Mantuanus.  adiungimus  Euphorionis  fragmen- 
tum  151,  quod  idem  Servius  (ad  Aen.  II  79)  servavit:  nee  immerito 
Vergüius  Sinoni  dat  et  faUaciam  et  proditionis  officium ,  ne  muUum 
discedat  a  fahfda y  quia  secundum  Euphorionem  ülixes  haec 
fecit.   ne  bic  qaidem  deserit  Lycopbronem  779  sqq.: 

baipiXfic 

ccppayic  fi^vei  Göovtoc  iv  TTXcupaic  fii 

XÜTOici  T€Tpav9eTca,  idc  6  Xu)li€ujv 

dTT€TKoXdTTT€iv  dcT^vaKTOC  oiv^cei 

^Kouciav  cjLiiubiTTCt  TTpocjiidccujv  bojLiri , 

ÖTTuuc  TTaXeücr]  bucjueveic  KaiacKÖTTOic 

Xiußaici  Kai  KXauBjLioici  cpriXtiucac  TTpöjiiov. 
Iliupersidos  quidem  poeta  apud  Hom.  b  244  speculatorem  induxit 
Ulixem  sua  ipsius  manu  turpiter  deformatum  (auTOV  juiv  ttXiit^CIV 
d€iK€Xir]Ci  bajLidccac),  sed  quem  Helena  bola  nedum  Priamus  aliusve 
Troianorum  agnoverit.  ipsis  vero  Lycopbronis  verbis  efficitur  ülixis 
astutia  deceptum  esse  regem;  ergo  Sinonem  (de  quo  cf.  Lyc.  340 
sqq.)  consulto  neglexit  Eupborio^  qui  ne  ligneum  quidem  equum 

^  Cillas  Pelopis  auriga  audit,  cf.  quae  disserui  'quaest.  Phaethont.' 
p.  57.  de  Arisha  egit  Dionysius  Chalcidensis  in  scholiis  Euripideis  ineditis 
apud  Schw^Hrtz  ^m^Ianges  Graux'  p.  652.  cf.  quae  disseraerant  Toepffer 
'quaest.  Pisistrat.'  p.  75,  Wellmann  'comra.  philol.  Qryph.'  p.  57  sq., 
ego  p.  36.  ceterum  moneo  Tzetzae  coinmentariis  uti  me  potuisse  a  Pottero 
Oxonii  a.  1697  editis  ('Lycophronis  Alexandra  cum  I.  Tzetzae  commen- 
tariis  cura  I.  Potteri').  •*  Thoas  Andraemonis  filius  est  —  nam  procul 
habendus  Troianus,  a  quo  ö  tV]V  jLiiKpäv  MXid6a  ^pdipac  (pr]c\  TpwQf\vai 
TÖV  'Obucc^a  .  .  ÖT€  €lc  Tpoiav  dviqpxovTO  <öuc|Li€V€ic  add.  Tz/>  schol.  — 
qni  una  cum  Ulixe  certamen  singulare  cum  Hectore  subiturum  se  esse 
pollicetur  Hom.  H  168.  socius  est  Ulixis  S  469  in  insidiis  contra  Tro- 
ianos  collocatis.  locus  memorabilis,  cui  semen  fabulae  a  Lycophrone 
nescio  quo  auctore  relatae  inesse  credideris.  Sinonis  dolum  indicat  340  sqq. 
ßapuv  Tiupcöv  cave  ne  Autenori,  quamquam  etiam  bic  proditoris  partes 
suscepit,  tribuas,  cum  metaphorice  dictus  sit. 

10* 


148 


GEnaack:  Euphorionea. 


satis  tritum  commemorandum  sibi  esse  duxit:  Trepi  ToC  boup€(ou 
tmrou  ö  eöq)op(ujv  q)Tici  TrXoTovTCV^cOai  toic  "GXXticiv  Ittttov 
XcTÖMCVOV  (fr.  120).^  Aesacam  Priami  filiam  patriae  yaticinatam  esse 
excidium  comperimus ,  excidium  Troiae  celebratum  esse  ab  Eupho- 
rione  non  solum  e  fr.  120  sed  etiam  153  (hunc  Coroebutn  stuUum  in- 
ducit  EupJwrion,  quem  et  Vergüius  seguitur  Serv.  ad  Aen.  II  341) 
elucet :  ergo  cetera  quoque  fragmenta  ad  res  Troianas  spectantia  car- 
mini  illius,  quod  modo  lucrati  sumus,  inserere  licet,  sunt  vero  baec : 


Ljc.  264  sq.  (de  Achille  dicit) 

TÖv  q)tXTaTÖv  cou  tujv  ätacTÖ- 

pujv  Tpöq)iv 

riTiijou  T€  Tiaxpöc  dpirdcac 

jicrdipctov. 


Lyc.  657  sq. 

Iva  q)Oap^vTUJv  äTTcXov  Xmuiv 

q)iXujV; 

b€Xq)ivöcTi|iOV  KXüÜTra  Ooivi- 

KTic  Gcäc. 


fr.  125  (ap.  schol.  Lyc.  266  cl. 
Porphyrio  ap.  scbol.  Hom.  f  314) 

CxTicCxopoc  TOip  KQi  eöq)0- 
piuiv  Kai  'AX^Havbpoc  6  AItuj- 
Aöc  o\  TTOiTiTai  q)aci  töv  "'Gk- 
TOpa  ulöv  eTvai  'AttöXXuj- 
voc. 

fr.  126  (schol.  Lyc.  658.  cf.  Plut. 
de  soll,  animal.  985^) 

CxTicixopöc  q)Ticiv  'Obuc- 
c^a  d7TiTficdcTrlbocq)^p€iv  beX- 
q)Tvoc  TÜ7T0V.  Kai  Giiq)opiujv 
öjLioiujc  TOUTijj  cu^q)6^TT€Tai. 

reliqua  auctoritate  Lycophronis  non  sunt  confirmata:  fr.  58  (de 
AeacoNeptuni  Apollinisque  in  moenibus  Troiae  aedificandis  adiutore), 
56  (de  veriloquio  nominis  Achillis),  61  et  81  (de  Iphigenia,  fr.  129 
procul  habendum)*,  80  (de  Tanagraeis,  qui  expeditionis  Troicae 
participes  esse  noluerunt) ,  107  (de  Palamede  aleae  inventore) ,  59 
et  75  (de  Nestore  et  medico  Graecorum  et  oratore).  quae  si  quis 
inter  se  coniunxerit  reputaveritque  quot  versibus  exprimenda  fuerint, 
Carmen,  cuius  perpauca  fragmenta  aetatem  tulerunt,  satis  fuisse 
amplam  mecum  opinor  statuet.  Euphorio  igitur  qao  iure  Homericus 
a  Gratete  (AP.  XI  318)  vocari  potuerit  intellegitur,  neque  est  quod 
dubitemus  quin  saepius  vestigia  Homeri  presserit;  cui  imparem  se 
esse  ipse  confessus  est  fr.  62  Moucat  TroirjcavTC  Kat  äTTpoTi|iacTOC 
"Ojaiipoc.^  sed  etiam  Beditus  Graecorum  celebravit. 
fr.  55 

f\  o\  MouviTov  ula  t^kc  TrXojii^vtu  dvi  ujpuj* 
dXXd  i  CiOoviTic'  t€  Kai  ^v  kvti|lioiciv  'OXuvOou 
dTpu)CC0v6'  ä|Lia  TiaTpl  TreXuüpioc  ^Kravev  ubpoc. 

^  hanc  fabulas  ezplicandi  rationem  illustravit  Kaibelias  p.  508.  cf. 
Triphiodori  exe.  Troiae  184  €0Ed^€VOi  bi\  In^na  Aiöc  xXauKdimbt  KoOpn 
lirirciiiv  Ccircuöov  ^c  ÖXxdba.  **  cf.  Wilamowitsium  Hermae  XVIII 
259  sqq.  Laocoontis  fabulam  non  fuisse  celebratam  reetc  dixit  Kobertus 
'bild  und  lied'  p.  209  —  sed  quae  in  Hermae  vol.  XXII  459  de  ca  rc 
dispatavit  dnbitationi  obnoxia  sunt,  ergo  c  fr.  152  nihil  mcroorabile 
coUigi  potest.  ''  idero  fere  coniectura  assecutns  est  Meinekius  p.  31 

(aliter  Robde  'griech.  roman'  p.  23, 1).        '^  Ci6ov{r|  Tzetzes,  corr.  Kaibcl: 
genetivum  verum  esse  e  loco  Hegesippi  (?)  mox  laudaudo  efficitur. 


GEnaack:  Eophorionea.  149 

quae  quo  spectent  docet  Lycophro  495  sqq. 

TÖv  ttot'  €lc  \ixoc 

XaGpaTov  aÖTÖKXriTOc  Ibaia  nöpic 

f|  Cujc*  elc  ''Aibriv  KEeiai  KaiaißdTic 

Oprjvoiciv  ^KTaKcTca ,  M  o  u  v  i  t  o  u  tokcic. 

6v  örj  ttot'  dTPiwccovra  KpiiCTiüVT]c  ^Xic 

KxeveT  TraidHac  iTT^pvav  &fp\[\)  ß^Xei , 

öxav  t€k6vtoc  alxMOtXujTOc  k  x^poc 

fl  TraTpojLiriTUJp  töv  bvÖ94J  TeOpajiifi^vov 

ßdXq  veoTVÖv  cKUjLivov. 
Wilamowitzius  quidem  ('aus  Kjdathen'  p.  138)  Mouvixou  TOKdc 
scribendum  esse  coniecit,  sed  refutavit  eum  Kaibelius  1.  s.  s.  p.  507 
versibus  Euphorionis  imitatoris  adlatis.  Acamantis  cum  JLiaodice 
consuetudo  explicatius  narrata  est  ab  Hegesippo,  si  dis  placet,  apud 
Partbenium  (narr.  amat.  16).  sed  novissima  verba  xpdvou  bk 
TTpoiövTOC  Yiveiai  iqj  'AKdjiavii  xAöc  Motjvitoc,  5v  utt' AiGpa 
Tpaq)^VTa  jicid  Tpoiac  dXujciv  bieKÖjLiicev  in'  oikou*  Ka\  auxöv 
ÖTipeuovTa  iv  'OXüvGip  xfic  GpdKTic  öq)ic  dveiXev  adeo 
concinunt  cum  Eupfaorioneis ,  ut  summa  me  subeat  dubitatiO;  num 
recte  margini  adnotarit  litterator  kiopei  'HirnciTTTroc  MiXriciaKUJV 
<TTaXXTiviaKUJV  corr.  Wilam.^  a'.  an  putas  e  verbis  simplicibus  tri- 
tisque  xP^^vou  TTpo'iövTOC  et  GripeuovTa  iy  'OXuvOip  rfic  0p(jiKTic 
öq)ic  dveiXev  exquisita  illa  ttXojli^vljj  ^vi  aipip  et  CiGovlnc  T€  Ka\  dv 
KViifioiciv  *OXuv8ou  dTpuiccovG' . .  fKiavev  öbpoc  esse  conformata? 
at  Hegesippum  ipsum  manibus  non  terimus;  terimus  epitomen  Par- 
tbenianam.  audio;  tamen  bistorici  orationem  ampullis  Eupbo- 
rioneis  caruisse  paene  certum  est.  accedit  quod  fides  litteratoris 
illius  ceteroquin  probi  atque  eruditi  non  tanta  est,  ut  omnibus  locis 
tuto  possis  illi  confidere.  Eupborionem  Parthenius  saepius  excerpsit, 
id  quod  litterator  ipse  testatus  est;  itaqueexitum  fabulae  Hegesippo 
eripiendum,  vindicandum  Euphorioni  conicio ;  de  reliqua  fabula  quid 
statuendum  sit  salva  fide  grammatici  dubitare  licet,  nam  neglegenter 
excerpsisse  Partbenium  vel  inde  sequitur,  quod  de  Laodices  fine  plane 
nihil  comperimus.  quam  terra  biante  haustam  esse  fidem  facit  Ly- 
cophro 316  sqq. 

Tf]V  jLiev  auTÖTrpejLivov  f\  TOKdc  kövic 

XavoOca  k€u9|liuj  x^iceiai  biacq)dTOc 

Xeijccoucav  äTr\v  dTXiTrouv  cievaTjLidTUJV 
yideturque  congruisse  eius  imitator,  siquidem  Wilamowitzius  ('Hom. 
unters.'  p.  341,  12)  nihil  aliud  inesse  in  Pausaniae  narratione  satis 
obscura  (X  26,  8)  recte  statuit:  is  enim  postquam  Lesche  auctore 
Helicaonem  Laodices  maritum  in  Nyctomachia  vulneratum  captumque 
esse  narravit,  in  hunc  modum  pergit:  ^ttgito  dv  oflv  irj  MeveXdou 
Ktti  *Obucc^ujc  KTibejLiovia  nep\  oTkov  töv  'AvTrjVopoc  (patris 
Helicaonis)  ^ribe  ec  toO  'eXiKdovoc  ttjv  T^vaiKtt  fpTOV  bucjuevfec 
UTiö  'ATa^^^vovoc  Kai  MeveXdou  f^v^cGai.  €iiq)opiujv  bfe  dvf|p 
XaXKibeuc  cuv  oubevl  ekoTi  xd  ic  Tf|v  AacbiKtiv  dTroirice.  quam- 


IdO  GKnaacki  Enphorionea. 

quam  in  Unta  testimoniorum  pennria  quis  est  qai  mentem  poetae 
assequi  audeatV  paulo  plura  de  Calcbante  Mopso  Amphilocho  quales 
fuerint  apad  Eaphorionem  discimus. 

fr.  46  (Servius  ad  Verg.  ecl.  6,  72, '  _        ... 

agitur  de  Gryneo  nemore)       !  ^y^'  ^^^  ^^^' 

in  quo  Kluco}  aliquando  Caklias  Tpiccouc  bi  rapxucouci  Kepxd- 
et  Mop8U8  dicuniur  de  periiia  du ;  90U  vdTiai 

vinandi  inier  sc  hahuisse  certamen,  j  "AXcvTOC  ouk  fiTruiSe  KauriKac 
et  cum  de  pomarum  arboris  cuius-  ^  ttotäv. 

dam  contenderent  numero ,  stetit  1  töv  ^^v  MoXoccoö  KuneuDC  Koi- 
gUma  Mopso;  (^praey  cuius  rei  ^  tou  kukvov 

dolore  Caldias  inieriit.  hoc  autem*c\)öc  TrapanXaTXÖ^VTa  6n- 
Duphorionis    continent    carmina/.  XeiaCTÖKUüV, 

quae  Gallus  transtuUt  in  sermo-' 6t*  elc  öXuv6u)v  öfipiv  £Xku- 
nem  laiinum.  cac  C09f|v 

TÖV   dv6d^iXXov  auTÖc  ^k 

^aVT€U^dTU)V 

C9aXelc  laucei  töv  fie^op- 

^^VOV  7^ÖT^0V. 

certamen  Calchantis  cum  Mopso  iam  Hesiodus  vel  quisquid  fuit 
Melampodiae  poeta  versibus  celebravit*,  quem ,  si  fides  habenda  ebt 
Servio'^  Euphorio  secutus  est;  OepCKubtic  bi  9TICIV  uv  npoßaXeiv 
{tkuov  töv  KdXxavTQ,  nöcouc  fx€i  xoipouc,  töv  bk  elnciv  6ti 
Tpeic,  J)v  2va  eflXuv  dXnBcucavToc  bk  dnoeavcTv  uirö  Xutttic 
(8trabo  XIV  643)",  quem  Lycopbroiiis  auctorem  fuisse  dicerem, 
nisi  fuissent  qui  aliter  narrarent:  ol  bk  töv  fiev  KdXxavTQ  npo- 
ßaXetv  Tf| V  UV  9aci ,  töv  bk  £piv€Öv  kqI  töv  fitv  etireiv  TdXqö^c, 
TÖV  bk  \ir\.  ä7To6av€iv  bk  unö  Xutttic  kqi  KttTd  ti  Xötiov:  latet 
igitur  auetor. "  de  Mopso  et  Amphilocbo  concinunt  poetae  Chal- 
cidenses 

*  Htrabo  XIV  642  'HcCoboc  ^^v  ouv  oOrui  nuic  öiacKCudJIci  töv  ^06ov' 
trpoTclvai  Tdp  ti  toioOto  tui  Mö^fip  töv  KdXxavra' 

BaOjid  ji'  dx^x  kqt^  6u^öVf  ^pivcöc  öccov  ÖXOveujv 

oGtoc  ix€x  ^iKpöc  trcp  iibw  ctiToic  Av  dpl6^öv; 
töv  ö*  diT0Kp(vac6ai 

Mupioi  clciv  dpiOfiöv,  drdp  ^^Tpov  tc  m^imvoc* 

cTc  bi  iTcpicccOci,  TÖV  ^1T€v6^^€v  oö  K€  öuvaio. 

OJc  <paTo  Kai  ccpiv  dpl6^öc  iriyTv^oc  ctöCTO  ^^Tpou. 

Kai  TÖT€  b9\  KdXxavra  liXoc  Oavdroio  KdXuHfc. 
*°  fidcB  Servii  qnodam  modo  augetur  versibiis  Vergilii  ab  illo  explicatis: 

hon  tibi  dant  calamoM,  en  accipe,  Musae^ 

Atcraeo  quot  ante  teni 

Alt  tibi  Orynei  nemorin  dicatur  origo, 

nequU  sit  lucus,  quo  te  plus  iactet  Apollo, 
«'   cf.  WiUmowiU  'Hom.  untcri.»   p.  178.  22.     KOhlert  'rUtscl  und  ge- 
sellschaftsspiele  der  Griechen^  p.  38.    qni  tit  sensnt  fübnlarum  de  £co 
et   Buc   egrofrie   explicuit  VHehn   'caltorpflanieii* '  p.  612.  '*  aliter 

Lycophro  979  a  Tcctxe  ineptissime  impognatos,  cum  alinm  auctorem 
■eoQtns  Bit.  quem  Timaeum  fuiBse  e  Tsetce  ad  1047  et  Etjm.  M.  63,  3 
efficitur,  adde  Strab.  p.  284. 


GEnaack:  Eupborionea. 


151 


Eaph.  fr.  50  (laudatus  a  schol. 
Lyc.  et  Tzetze) 

TTüpafiov  T^x^€VTa,  nöXiv  ö'^k- 

Ticcaio  MaXXöv, 
i\c  Tiipx  bripivG^vie^'  KQKoqppdbec 

dXXrjXoiciv 
Möifioc  'AMqpiXoxöc  re  Kai  Skpitq 

tbnpivO^vTec 
dXXlcToio    TTÜXac 

Jßav  'Aibovfioc. 


>iOuvdE 


Ljc.  439  sqq. 


boiol    bk   ^eOpuDV    TTupd^ QU 

npöc  ^KßoXaic 
auTOKTÖvoic  cqparoiTci  Ar]paivou 

KUV6C 

b^il0€VT€c   ttlx^dcouci  XoicGiav 

ßof]V 
7rupTU)V  U7TÖ  TTT^pvaici  TTa^qpu- 

Xou  KÖpric. 
alTTÜc  h*  dXißpibc  6x\iOQ  iv  ^€T- 

aixiiiiu) 
Mdtapcoc  dtvÄv  i^piiuv  CTaGri- 

ceiai  5 
ibc  jLifi  ßX^TTUiCi  Mn^^  vcpT^- 

puiv  ^bpac 
buvT€C  qpövtü  XouG^VTQC  dX- 

XrjXuüV  Tdqpouc. 

qnae  bene  explicat  Strabo  (XIY  675)  eodem  scilicet  auctore  usus 
atque  Ljcopbro:  .  .  MaXXöc  .  .  KTicjüia  'AjnqpiXöxou  kqI  Möipou  toO 
'AiröXXuJVOc  Kai  MavTOÖc,  irepl  iLv  iroXXd  ^u0oXoT€TTal  .  .  töv 
Tdp  Möipov  q)acl  Kai  töv  *A^q)lXoxov  ^k  Tpoiac  ^XGövTac  KTicai 
MaXXöv  eil'  'AimqpiXoxov  de  "ApTOC  direXGeiv,  bucapecificavTa  bk 
ToTc  ^K€i  TrdXiv  dvacTp^ipat  beupo ,  dTroKXeiöimevov  bfe  Tflc  koivuj- 
viac  cu^ßaXeiv  €ic  jLiovo|üiaxiav  irpöc  töv  Mövpov,  irecövTac  ö' 
djLiq)OT^pouc  Taqpfivai,  <dXXd>  ixx]  iv  diröipei  dXXrjXoic.  Kai  vOv 
oi  Tdqpoi  beiKVuvTai  Trepi  Mdrapca  toö  fTupdiüiou  ttXticiov.  ^*  ad 
Beditus  denique  referendum  est  fr.  154  (apud  Serviutn  ad  Aen. 
III 16)  Euphorion  et  CaUimachus  hoc  dicunt  etiatnj  quod  Äenum  (oppi- 
dum  Thraciae)  dicatur  a  socio  Ulixis  illic  sepuUo  eo  tempore  quo 
missus  est  ad  frumenta  portanda.  fuit  Aenus  frater  Gunei  (Steph. 
Byz.  s.  V.  AIvoc),  praeterea  nihil  de  illo  viro  videtur  esse  traditum. 
lam  vero  eo  res  est  deducta,  ut  cuinam  operi  Eupborioneo 
Troica  inserenda  sint  et  quaeramus  et  diiudicemus.  solvenda  autem 
est  quaestio  tribus  versibus  incerti  poetae  a  Plutarcho  (de  sera  num. 
vind.  557^)  laudatis,  quos  Euphorionis  esse  Lycophro  docebit.  et 
Plutarcbus  ita  quidem  disputat :  dp'  oöv  OUK  dTOTTUiTepOC  TOUTUiV 
{I)  6  'AttöXXuüv  el  OevedTac  diröXXuci  touc  vöv  ^|Liq)pdEac  tö 
ßdpaGpov  Kai  KaTOKXucac  Tfiv  x^pov  Stracav  auTÜüv  öti  irpö 
XiXiujvdTuüv,  ujc  q)aciv,  6  'HpaKXfic  dvacirdcac  töv  Tpiiroba 
töv  jiavTiKÖv  eic  Oeveöv  dirriveTKe;  (II)  CußapiTaic  bk  (ppalujv 


^'  dualem  a  Meinekio  neglectnm  retineo;  qnod  si  verum  est,  plura- 
lem  iu  extremo  versu  sequeuti  corruptum  esse  sequitur.  ^*  cf.  Tzetzes 
ad  980,  ubi  ex  Apollodori  bibliothecae  parte  deperdita  se  hausisse  ipse 
profitetur  (Wilamowitz  'Hom.  unters.'  p.  179,  24).  aliorum  testimonia 
nolni  congerere. 


152 


GKnaack:  Euphorionea. 


diTÖXuciv  Ttüv  KaKujv  ÖTQV  Tpiciv  öX^Opoic  iXactüVTai  tö  ^1lVl^a 
Tfic  AeuKttbiac  "Hpac;  (III)  kqi  ^f|v  ou  noXüc  XPÖvoc,  d<p'  oö 
AoKpol  Tr^|üi7T0VT€c  €10  Tpoittv  Ti^TiauvTai  xäc  TTopG^vouc  —  sequun- 
tur  hezametri,  quos  una  cum  bis  Lycophronis  iambis  sub  nno  con- 
spectu  componam : 

Lyc.  1151  sqq. 

ö^€Tc    ^jLitJV     ^Kan    bucceßdiv 

TÖiüiiJüv 
iroiväc  riTfaia    t(c€t'  'AtpiCKa 

TÖV    x^^(^POv    TOtC  dvufiq)€u- 

TOUC  xpövov 

ndXou  ßpaßeiaic  TnpoßocKoO- 

cai  KÖpac. 


a^i  Kai  dva^irexövoi  t^^voTc  tto- 

dv  T^ÜT€  boOXai 

r^oTai     ca(p€CKOv     'AGnvdiic 

7r€pl  ßuü^öv 

vöcq)i  xpnö^^voio,  Kai  el  ßapu 

Tflpac  iKdvoi. 


Lyc.  1165  sq. 

Oedc  ö*  Ö9eXTp€ucouct  koc- 

^oCcai  TT^bov 
öpöciw  T€  90ißdcouci  — 

de  fabula  ipsa  ab  Callimacho  in  Aetiis  narrata  disputare  nolo  — 
conferas  quae  dixi  Tallimacb.'  p.  11  sq.  —  recte  sensisse  Toupium, 
qui  primus  Euphorioni  adsignavit  bexametros,  persuadere  tibi  volo. 
neque  enim  genus  dicendi  ab  Euphorione  abhorret,  et  imitatio  Lyco- 
phronea  eadem  est  quam  propriam  fuisse  illi  satis  nobis  videmur 
demonstrasse.  hoc  si  constat,  videamus  num  recte  ad  Chiliades 
rettulerit  vir  doctus.  de  Chiliadibus  Suidas  s.  v.  €u90piuJV  refert: 
?X€i  hk  ÖTTÖGeciv  elc  toüc  diTOCTcpricavTac  aÖTÖv  xPnMaia,  & 
irap^ecTO,  übe  biKTiv  boiev  kSv  elc  ^aKpdv*  elia  cuvarci  bid 
XiXiujv  Itüjv  xpncMO^c  dTTOTeXccG^VTac.  elcl  öfe  ßißXia  e'. 
[iTnTpd9€Tai  bk  i\  tt^^tttti  x^^^^^  "€pl  xPH^M^v,  ibc  bid  x^Xiiuv 
irtüV  dTTOTcXoCvTai].  novissima  verba  quae  desunt  et  in  cod.  Lei- 
densi  et  in  Gaisfordii  codicibus  BVE  uncis  inclusit  Bembardy, 
neque  equidem  dubito  quin  addita  sint  ab  interpolatore.  is  tamen 
legit  vocabulum  £tüüV  a  Meinekio  (*anal.  Alex/  p.  15)  Heynium  secuto 
mutatum  in  ^nujv ,  cum  oraculorum  mille  annomm  eventu  probate* 
rum  magnam  fuisse  paucitatem  adfirmaret.  sed  ut  taceam  hoc  ipso 
vocabulo  consilium  poetae  (bc  biKTiv  boiev  k&v  eic  juaKpdv  aptis- 
sime  illustrari,  quis  est  qui  pauca  fuisse  talia  oracula  contendat, 
praesertim  cum  Plutarchus  quasi  praeteriens  tria  commemoraverit? 
neque  est  cur  poetam  in  illis  commoratum  esse  putemus:  vaticinia 
ipsa  occasionem  longius  exspatiandi  docto  poetae  praebebant  ergo 
(ut  dicam  quid  sentiam)  ab  oraculo  Apollinis,  qui  Locris  virginum 
tributum  per  mille  annos  solvendum  cecinit  —  x^^i^POV  XP<^vov 
cum  vi  quadam  dixit  Euphorionis  auctor  —  profectus  res  Troianas 
inde  ab  Aesaci  vaticinatione  usque  ad  Graecorum  reditus  copiose  et 


M Wellmann:  analecta  medica.  153 

docte  narravit  Euphorio.  cui  coniecturae,  quam  probabilem  esse 
opinor,  hoc  addam.  satis  celebre  fuit  veriloquium  Nauaethi  fiuminis, 
Cttius  ad  ripas  captivae  mulieres  Troianae  naves  Graecorum  incendio 
fenmtur  delevisse  (Lyc.  921  c  schol.  et  Tzetza.  Etjm.  M.  958,  38. 
Strab.  YI  242.  schol.  Theoer.  4,  24) :  idem  fiumen  commemoravit 
in  Chiliadibus  (fr.41):  Kttl  ViXiv 'AcKdviöv  T€  ^-^^  Naualeoio. 
yersas  quidem  mancus  est,  sed  Nauaethi  commemoratio  eo  nos  rapit, 
ut  facinus  muliebre  Euphorioni  haud  ignotum  fuisse  statuamus. 
denique  e  carminis  inscriptione  argumentum  petere  liceat,  quo  contra 
Meinekium  pugnem  Meinekio  ipso  arma  suppeditante.  etenim  Alexan- 
der Aetolus  aequalis  Ljcophronis  in  Musis  haec  habet: 

utöv  6€pcdvbpoio  (loquitur  de  Timotheo),  TÖv  fjvecev  dv^pa  cItXujv 
Xpuceiujv  tepfjv  bf|  töt€  x^^iaba 

quae  optime  explicavit  'anal.  Alex.'  p.  228:  «xiXidc  idem  fere  est 
quod  x^^iC'nipt'c»  atque  Asinii  Quadrati  exemplo  firmavit  immemor 
Enphorionis. 

Stettini.  Oeorgius  Knaack. 


23. 

ANALECTA  MEDICA. 


1. 

Inter  ignotiores  scriptores  qui  de  serpentibus  egerunt  a  Plinio 
Petrichus  citatur  \  propterea  memorabilis  quod  velut  Nicander  am- 
plam  illam  de  serpentibus  materiam  carmine  illustravit. '  cuius 
scriptoris  aetas  adhue  densis  tenebris  obscurata  est':  mentio  eins 
bis  apud  scholiastam  Nicandri^  redit,  a  quo  nihil  addiscimus.  sed 
quocumque  tempore  yixit  Petrichus,  hoc  quidem  summa  probabili- 
täte  suspicari  licet  eum  medicum  fuisse:  nam  omnes  scriptores  qui 
idem  tractarunt  argumentum,  quos  quidem  accuratius  noscamus, 
medicinam  professi  sunt,  velut  ApoUodorus  iologorum  dux,  Era- 
sistratus,  Heraclides  Tarentinus,  Numenius  Dieuchis  medici  disci- 
pulus,  Sostratus^,  alii.  cui  sententiae  aliqua  fides  accedit  ex  Plinii 
elenchis ,  in  quibus  eum  inter  medicos  relatum  legimus. 

lam  yero  apud  Celsum  III  9  et  apud  schol.  II.  A  624  medici 
cuiusdam  Petronis  mentio  fit,  qui  Celso  teste  ante  Herophilum  et 
post  Hippocratem  id  est  quarto  ante  Ch.  n.  saeculo  floruit  neque 
ignobilis  fuisse  videtur.  quid  ?   estne  incredibile  Petronem  et  Petri- 


>  Plinii  nat.  bist.  XX  268.  XXII  83.  auctor  Plinio  1  20—27.  •  Plin. 
n.  b.  XXII  83.  5  cf.  Nicandrea  ed.  OSchneider  p.  183  adn.  *  cf. 
Bcbol.  Nie.  Tber.  557.  628.  ^  cf.  Aelianus  de  nat.  anim.  VI  51.  scbol. 
Nie.  Tber.  760.  764  eum  Celso  de  med.  VII  14.  Galeno  t.  XIV  p.  184. 
XVIII  1  p.  823  K. 


154 


MWellmaim:  analecta  medica. 


cbum  enndem  fuisse?  an  in  eo  haerendnm  est,  quod  ab  aliis  Petro, 
ab  aliis  Petricbns  nominatur?  equidem  Fickio  ^die  gpiecbischen 
Personennamen'  assentior  qni  p.  XLII  et  p.  69  utrumqne  nomen 
plenioris  caiusdam  noroinis  a  stirpe  TT€Tpo  derivati  hypocoristicum 
esse  contendii. 

Eundem  medicum  a  Oaleno  Pctronam*  appellatnm  esse  col- 
ligi  potest  ex  schol.  IL  A  624  collato  cum  Galeno  XV  p.  435  sq. 
Ip.  144  E.: 


scbol.  Hom.  BLY  II.  A  624 

Kttl  TT^Tpujv  bk  AlTivrJTTic 
laipöc,  inei  bi'  fvbeiav  47titttuj- 
cic  vöcuiV  T^voiTO  (corr.  EMaass, 
libri  TP(St(pil))  kqI  oTvov  Kai  Kp^a 
7rpoc^9€p€v  dvanXTipaiv  tö  Xci- 
irov  Tfic  91JC6UJC. 


Gal.  XV  p.  435  sq. 
cTpriiai  bk  Kttl  ÖTTÖ  'epacicrpd- 

TOU  KQTd  TÖ  irpÜUTOV  ßißXiov 
TTCpl  TTUpCTÄV  ttUTO  T€  KOM]  XÜCIC 

auToG  öid  TQX^uiv  xe  xat  ca9wc 
dKoXouOricavTOC  auTOu  tuj  'Itttto- 
KpdT€i  TTdvTr).  bi€X6uJV  tdp  iy 
Tip  Ttpoeipim^vip  ßißXdu  Touc 
dvavTiUJTdTaic  dTUiToTc  in\  toiv 

TTUpCTTÖVTUüV  XpUiM^VOUC  iOTpOUC 

ToOc  T£  jLiaKpaTc  dctriaic  Kaia- 

TTOVOOVTaC    TOUC   KdjLIVOVTaC  Kttl 

TTeTpuüväv  töv  Kp^a  t€  Ka\ 
oTvov  ötbovTa  imq>iQM)\  911CI 
KQTd  XÖiv  oÖTiüC  eqs. 

ex  Homeri  scbolio  Aeginetam  fnisse  Petronem  sequitur;  deinde  eum 
ab  Erasistrato  in  libro  nepl  TTupeTuiv  adhibitum  esse  Oalenus  docet. 


n. 

In  scboliis  Nicandreis  doctrina  band  roediocri  excellunt  eae  ad- 
notationes  quae  ad  plantarnm  historiam  medicinamque  ex  eis  pctitam 
pertinent.  quas  unde  arcessiverit  scboliasta  nostra  plurimum  interest 
scire:  landantur  Diocles  dv  Ti!p  ^iIoTO^iKifi ,  Anacreon  dv  Tip  Tiepl 
f^iIoTOMiKffc,  Apollas  dv  TCp  irepl  ßoTavuiv,  Miccio  dv  tiD  irepl  pxlo- 
T0^lKuuv,  Cratenas  dv  Tqj  p\Z0T0\i\Ktjb.  qnos  omnes  scboliastam  oculis 
perlustrasse  nemo  erit  qui  contendat:  iromo  haud  scio  an  solam  ex 
eis  Cratenam  adbibnerit,  qui  saepias  landatnr  eique  aetate  erat  proxi- 
mus.  inter  adnotationes  illas  nonnullae  cum  Dioscoride  medico  arte 
vincnlo  cobaerent  eaque  sunt  indole,  ut  ad  Crateuam  redire  neqneant ; 
de  quarum  fönte  certiora  docebo. 

Scbol.  Nie.  Ther.  764  de  persea  arbore  pauca  eaque  mirabilia 
excerpsit  ex  Sostrato  et  Bolo  Äfendesio.  et  argumentum  et  totius 
narrationis  indoles  congruit  cum  Dioscoride  I  187. 


•  cf.  GalenoB  XV  p.  437.  Xm  p.  64S  K. 


MWellmann:  analecta  medica. 


155 


schol.  Nie. 

6  KpaVOKOXdTTTTlC  iv  TQIC  7T€p- 

ceiaic  öpdrat,  ibc  CibcTpaToc 
iv  T^^  nepl  ßXTiTdiv  kqi 
baK^TUJV.  Tf)v  bk  Trepceiav 
qKxciv,  f)v  f^obttKiv^av  KaXoCciv, 
OLTTÖ  Al6ioTT(ac  elc  ATtutttov 
|i€Ta9UTeu6vivai.     B  üü  X  o  c  ^    bk 

6       AimOKpiTeiOC        dv       TOI 

ircpi  cujLiTTaGeioiv  Ka\  dvTi- 
iraOetuüv  TT^pcac  qpriciv  ixov- 
Tttc  nap'  iamoxc  Gavdci^ov 
<puTÖv  qpuTeCcai  iv  AItütttiu 
ibc  TToXXuiv  jLieXXövTUJV  dvaipe- 
8ifjc€c6ai,  Tf|v  bk  draOriv  oöcav 
de  TouvavTiov  imeiaßaXeiv  noi- 
fjcai  T€  TÖ  qpuTÖv  Kapnöv  tXu- 

KUTttTOV. 


Diosc. 

irepcda  bdvbpov  ^ctiv  4v 
AiTÖTTTiu  Kapiröv  (pipov  ibibbi- 
^lov,  eucTÖ^axov  ^9*  ou  xai 
id  X€TÖ|üi£va  KpavoKÖXaTTTa  9a- 
XdTTWX  eupicKCTai  .  .  toOto  bk 
icTÖpricdv  Tiv€c  dv  TTepclbi 
dvaipeiiKÖv  etvai,  jLieiaTeSfev  bk 
elc  ATTUTTTOV  dXXoiuiöf]vai  Kai 
dbuübijLiov  T€V&9ai. 


s 


quem  concentum  ita  explicandum  esse  puto,  ut  ntraque  narratio  ab 
auctore  communi  pendeat:  etenim  Dioscoridem,  qui  semel  in  scholiis 
Nicandreis  (cf.  scbol.  Ther.  52)  landatur,  hoc  loco  scholiasta  in  usum 
suum  vocare  non  potuit,  cum  auctorum  nomina  apud  Dioscoridem 
desint.  habes  igitur  scriptorem  a  Dioscoride  Nicandrique  scholiasta 
sdhibitum,  qui  Bolum  Mendesium  et  Sostratum  in  usum  vocavit, 
deinde  post  Sostratum  id  est  primo  ante  Cb.  n.  saeculo  exeunte 
floruit/ 

Deinde  quae  de  nasturtio  exbibet  scbol.  Nie.  Tb.  41  admodum 
similia  sunt  Dioscoridi  II  184: 


scbol.  Nie. 

TÖ  bk  Kdpbafiov  bpiJLIU  KQl 
ttXtiktiköv  kqi  TTupiJubec* 
bi6  Ktti  Xeixnvac  d7T0C|irix€i, 
X^TTpac  ^KTpißei,  fivGpaKttc 
^riccei,  fmuTiva  Kaidtei, 
Trpöc  cuvouciav  iTreitei, 
t6  veöpov  Tri  öep^ÖTriTi  kivouv 

bld  TaUTtt  TTdvTtt  XCtX€7Tf]V  ToTc 

Oripioic  ^KTTveT  dva0u|üiia- 
civ. 


Diosc. 

KdpbajLiov  .  .  GepjLiavTiKÖv, 
bpi^ü,  KaKOCTÖjLiaxov,  |koi- 
Xiav  Tapdccov  Kai  ?X|iiv0ac  ^k- 
TivdccoV;  cTtXfiva  jueiouv,  f/ißpua 
90€Tpov,  ^lijUTiva  KIVOUV, 
cuvouciav  Tiapopiüiüöv  .  . 
dTTOCjLirixei  Xdirpac,  Xeixn- 
vac  .  .  9u|iia0fev  bk  ipixeiä 
bituKCi  Tpixac  T€  ^eoucac  dir- 
^X€i    Kai    fiv0paKac    irepip- 


pf|TTei  TTUOTTOlOUV. 

causam   cur  nasturtium  ad  complexus  venereos  incitet,  non  affert 
Dioscorides:  ergo  fieri  non  potest  ut  scbolium  Nicandreum  ad  eum 


^  Boli  narratio  bis  apud  Galenum  redit  VI  p.  617.  XII  p.  669. 
^   cf.   de   Sostrati   aetate   quae   in   quinta   sententia   controversa  dieser- 
talionis  meae  'de  Istro  Callimachio^  (Gryph.  1886)  significavi. 


156 


MWellmann:  analecta  medica. 


revocetur.  iam  yero  ex  quonam  fönte  Qtrinsque  scriptoris  doctrina 
desumpta  sit  quaerenti  Plinias  respondebit,  qui  XX  129  sq.  eadem 
fere  de  nasturtio  ac  Dioscorides  tradit: 


Plin.  XX  129  sq. 

Sextius  adicU  ustum  (sc. 
semen  tiasturtii)  serpentes  fu- 
gare  .  .  alopecias  emendare 
addiio  sinapi .  ,porriginem  et 
ulcera  capitis  cum  adipe  an- 
serino.  furunculos  concoquit 
cum  fermento.  carhunculos 
ad  suppurationem  perducit 
et  rumpit  .  .  coxendicihus 
et  lumbis  cum  polenta  ex 
aceto  inlinitury  item  licheni 
.  .  quippe  natura  eius  caustica 
est,  Optimum  autem  Baby- 
lonium. 


Diosc. 

Kdpba^ov  KdXXiCTOV  \xkv 
etvai  boKcT  rd  ^v  tQ  Baßu- 
ßujvr  TravTÖc  bi  TÖ  CTT^pfia 
Ocp^avTiKÖv  .  .  6u^ta6^v 
bk  ^pTTCTa  biiüKet  rpixccc 
T€  f^eoücac  ^TT^x^i  Kai  äv- 
OpQKac   TTepipprJTTei  ttuo- 

TTOIOOV  CUV  öEoic  bk  Kai 
dX9(T0ic  KaTanXacd^v 
icxtabiKOUC  djq)€X€i  Kai 
olbrjjLiaTa  Kai  9X€TM0väc 
bia9op€ibo6tfivdc  xe  ^kttuoT 
CUV  äX^lJ  KttiaTiXacG^v. 


Plinius  in  enumerandis  remediis  multus  est;  Dioscorides  etsi  multa 
omisit ,  tarnen  in  eis  quae  a  Plinio  Sextio  Nigro  auctore  proferuntor 
ita  congruit  cum  Plinio ,  ut  de  fönte  dubitari  nequeat.  nolim  hno 
referre  qnae  apud  Plinium  §  127  et  128  antecedunt:  qnae  unde 
desumpserit  Plinius  non  licet  pro  certo  affirmare.  id  qaidem  certum 
est  Dioscoridis  et  scholiastae  de  nasturtio  praecepta  ex  Sextii  libro 
TTcpi  uXiic*  petita  esse,  en  habes  scriptorem  quem  post  Sostratum 
floruisse  supra  statuimus. 

Quodsi  recte  disputavimus ,  ad  eundem  scriptorem  omnia  quae 
Dioscoridi  et  scholiastae  communia  sunt  referre  licebit.  huc  per- 
tinent  quae  de  sulfure  explicant  schol.  Nie.  Tb.  44  et  Diosc.  V  123: 


scbol.  Nie. 

TÖ  bt  Gciov  Kai  dc9aXToc 
äiicpn)  ßapuob^a  Kai  irveuMa- 
TiKd'  öiö  Kai  fjLijüinva  f^nTvuet 
Kai  Kardppouc  Tcttici  Kai  X^npac 
Kai  9aK0uc  dKXeaiveu  tö  6eTov 
öpOÖTTvoiav  biaXuei  Kai  XiiOap- 
tiKOuc  iJTTo6u^llu^€VOV  dviiiciv. 

f|  bt  äc9aXT0C  iniXllTTTlKOUC  dK- 

rapdccei . .  ou  öauMacxöv  <oöv>, 
d  Kai  Toic  Gripioic  TOiauia 
ivoxXei. 


Diosc. 

.  .  ßflxdc  T€  Kai  djLiTTÜouc  Kai 
dc6^aTiK0uc  dü9eXei  £v  \b(\i  Xa^- 
ßavö^evov  Kai  uttoOu^iuijlicvov 
.  .  Kai  X^npac,  ?ti  bk  Xcixnvac 
Kai  övuxac  Xenpouc  alpei  T€pe- 
ßivGivq  ^lx8tv  ^iixivi]-  cuv  öE€i 
b^  Karaxpiö^evov  ttoi€i  ^^v  Kai 
npöc  X^TTpac,  aipei  bk  Kai  dX- 
90UC*  läTaiKaicKopTrCujv  irXnTdc 
.  .  Kai  TTpöc  KÖpuZIav  bk  Kai 
Kardppouv  iroi€i  .  .  Kai  XiiOap- 

TIKOÜC    (sc.    8€paTT€U€l)     ÖTT06u- 
JLilU)^€VOV  .  . 


•  cf.  de  Sextio  Nigro  quae  Teoffel  RLG.  §  266,  7  disseniit. 


MWellmanB:  analecta  medica. 


157 


desunt  apud  Dioscoridem  qnae  de  bitumine  a  scholiasta  adnectuntur : 
ergo  Dioscorides  scbolii  fons  non  fuit. 

Porro  conferas  8chol.  Nie.  Tb.  71  cum  Diosc.  I  134 


Diosc. 

Stvoc  f[  XuTOC  .  .  TÖ  b'  fivGoc 
i\  jLi^v  TIC  XeuKÖv  ciiv  tijj  ötto- 
TTopqpupiJovTi,  f|  bfe  7Top<pupouv 
9^p€i  .  .  6  bfe  KapTTÖc  aÖTf^c 
TTivöjLtevoc  ßoTiGei  GTipiobrJKTOic, 
cttXtivikoTc,  ubpujTriKOic  .  .  ibvö- 
jLiacxai  bk  fiifvoc  bid  tö  xdc  iv 
Toic  Gec^oqpopioic  dirveuoücac 
TuvaiKQc  de  ijTTÖCTpui^a  xpfl- 
c0ai  aÖT^  .  . 


scbol.  Nie. 

TÖ  bfe  ÄTVOu  ßpua  XeuKd 
irpdc  dvTibiacToXfjv  t^9€ik€V, 
inei  ?cti  kqi  jLidXac  dTVOC.  tto- 
XuavGfic  bi  dcTiv  6  XÜToc  toO 
difvou,  8v  ^v  ToTc  OecjLioqpopiotc 

UTT€CTptüVVUVTO       ttl      TUVaiKCC. 

dvTiTipäTTei     tdp     npöc     cuv- 

OUCiaV  blÖ  KQl  fitVOC  X^Y^Tttl, 
firOVÖC  TIC   UJV  .    .  TÖ  bfe  CTT^piüia 

ToO  äyvou  Kttl  TTivö^evov  diraX- 

XdTT€l    TÄV    TTUPCTIÜV  Kttl  TTOICI 

Ibpilrrac,  übpuiTTiKoTc  tc  xal 
cttXtivikoTc  ßoTiOet  elc  kuctiv  ^k- 
xaBaipojLi^vuüv  tüüv  ufpiöv  .  /°     I 

perinde  ac  Dioscorides  scboliasta  duo  agni  genera  distinguit,  perinde 
semen  eius  lienosis  et  bydropicis  prodesse  tradit.  quae  plura  praebet 
de  agni  semine  febrem  solvente  sndoremque  excitante ,  ea  ex  eodem 
fönte  iluxisse  Plinius  XXIV  59  sq.  docet;  is  enim  adeo  concinit  cum 
Dioscoride,  ut  de  communi  fönte  dubitari  nequeat:  nonmuUum  a 
salice  vitüiu/m  usu  distal  vitex,  foliorum  quoque  adspedu,  nisi  odore 
gratior  esset,  Graeci  lygon  vocanty  alias  agnon^  quoniam  matronae 
Thesmophoriis  Atheniensium  castüatem  custodientes  his  foliis  cuhUus 
sibi  sterntmt.  duo  genera  eius  .  .  prima  album  florem  mittit  cum  pur- 
pureo^  quae  et  Candida  vocatur,  nigra  quae  tantum  purpureum  .  . 
semen  potum  vini  quendam  saporem  habet  et  dicitur  fehres  sölvere  et 
cum  unguantur  oleo  admixto  sudorem  facere  .  .  hydropids  et  lienihus 
perquam  utües.  cf.  praeterea  schol.  Nie.  Tb.  520  et  Diosc.  III  113, 
scbol.  Nie.  Tb.  60  et  Diosc.  III  37,  scbol.  Nie.  Tb.  67  et  Diosc. 
III  40  et  Plin.  XX  245  sq. 

Nieandri  igitur  scboliasta  eodem  fönte  usus  est  atque  Dioscori- 
des :  quem  fontem  Sextium  Nigrum  esse  ex  Plinio  necessario  con- 
sequitur.  altioris  est  indaginis  quatenus  Sextius  a  Dioscoride  in 
usum  Yoeatus  sit:  sed  cum  de  Nieandri  scboliasta  solum  modo  aga- 
tur,  vela  contrabenda  sunt,  at  quaestio  oritur  nova  eaque  gravis- 
sima,  cuiusnam  commentarii  Nieandrei  doetrinam  scboliasta  referat. 
res  si  quid  video  ad  probabiles  rationes  perduci  potest.  apud  scbol. 
Nie.  Tb.  94  de  daueo  pauea  adnotantur,  eadem  docet  Dioscorides 
III  76: 


^^  cf.  schol.  II.  A  105.    quae  Aelianus  de  nat.  anim.  IX  26  de  agno 
narrat  ex  Sostrato  petivit. 


158 


MWellmann:  analecta  medica. 


Diosc. 
ö  bi  TIC  aÖTiXiv  .  .  dpu)^aTlu- 

briC,  bpl^UC  KQl  €U(JUbllC  f€UO- 
JLI^VU)    KQl    Txvp\ijbr\c    .    .    TÖ    b^ 

CTT^piüia  7r6vTU)v  öuva^lv  ix^i 
6€p|üiavTiKr|V  7nvö^€vov  dM^rj- 
vuiv  .  .  ÄTurröv  Kai  crpöqpuDV 
dnaXXaKTiKÖv ,  ßriX^v  xpoviiwv 
npauvTiKÖv  . . 


8chol.  Nie. 

buo  f4.vr\  Tf]c  ßoTdvTic,  f|  ^tv 
KpriTiKrj,  f|  bi,  'AciaTiKrj  (?).  TT  X  o  u  - 
xapxoc  TrXeiova  ^dv  q>r\Q\  fivr\ 
aÜTTic  etvai,  tö  bi  koivöv  Tf\c 
öuvdjLi€U)C  Ibiuj^a  bpl^u  xal  nu- 
pwbec,  (bc  kqI  f)  T^ucic  aic6ä- 
v€Tai  Ka\  öcqppricic  Kai  neipiu- 
^€Vov  bf\kov  elvai.  Kai  Toip 
f^^11V0l  KIV61  cqpöbpa  Kai  bia- 
Xüei  cxpöqpouc  t^  6€p|üiöttiti 
Kai  Tiüv  TTcpl  TÖv  OuipaKa 
CTrXdtxviwv      KaGapTiKÖv      Kai 

irpOC^Tl      T€      M^IV      XCTTTUVTIKÖV 

?X€i  cG^voc. 

a  scholiasta  duo  dauci  genera  nominantnr,  alterum  Creticam,  alterum 
Asiaticum  (?) :  contra  Plutarcbus  plura  esse  genera  contendit.  idem 
Plinius  refert  XXY  110  eodem  fönte  usus  atque  Dioscorides:  dauci 
genera  quaJttuor  fecU  Petronius  Diodotus^  quaepersequi  nihü  attinety 
cum  sint  differentiae  duae^  prohatissimi  in  Greta  ^  mox  in  Achaia  et 
ubicumque  in  siccis  nati .  .  alterum  dauci  genus  non  recte  a  scho- 
liasta Nicandri  Asiaticum  nominari  patet :  'Axatl'Krj  scribendum  esse 
conicio.  vides  igitur  a  Plutarcho  Petronii  Diodoti  sententiam  rela- 
tam  esse :  ergo  Plutarchus  eum  auctorem  adhibuit«  apud  quem  doctri- 
nam  et  a  Plinio  XXY  110  sq.  et  a  Dioscoride  III  76  servatam  repperit» 
itaque  a  Plutarcho  auctorem  illum  et  Dioscoridi  et  scholiastae  Nican- 
dreo  communem  adhibitum  esse  quamvis  pro  certo  nequeat  diiudi- 
cari,  tamen  valde  probabile  est.  quid?  Plutarchus  ille  nonne  idem 
est  qui  a  Stephano  Bjz.  s.  v.  Kopömi  inter  Nicandri  interpretes 
enumeratur:  o\  bk  UTTO^vimaTicavT€C  auTÖv  6dujv  Kai  TTXouTapxoc 
Kai  AiiMilTpioc  ö  <t>aXiip€uc  9aci  eqs. 

£rgo  si  recte  disputavi,  ex  Plutarchi  commentario  Nicandreo 
adnotationes  illas  de  quibus  egimus  desumptas  esse  veri  est  simil 
limum. 

Stettini.  Mazimiliamus  Wellmann. 


ADDENDA 

fr.  Euphorionis  92  qaod  attuli  p.  146  integrum  servatum  est  ap. 
Etym.  Flor.  (Miller  melanges  p.  76)  öcHiTcpi^v  Otrcp^cxc  kqI  öxOiip^c 
fcpaveCiic.  —  ad  p.  15*2.  Saidae  verba  in  hunc  fere  modum  transponenda 
sunt:  xPn^MoOc  6ia  x^XCuiv  £tuiv  diroTcXccB^vrac.  G.  K. 

Dioscoridem  et  Plinium  ex  Sextio  Nifrro  doctrinam  medicam  de- 
sumpsisse  CMayhoff  coniecit  nov.  lucubr.  Piiu.  (Lips.  1874)  p.  7  adn. 
idem  Petronii  et  Diodoti  uomina  falso  a  Plinio  ita  eoniuncta  esse  iu- 
tellexit,  ut  unus  scriptor  videatur  esse.  cf.  Diosc.  praef.  libri  I.  Krot. 
8.  V,  viiuirov.  M.  W. 


ThBreiter:  zu  Sophokles  Antigone.  159 

24. 

Zu  SOPHOKLES  ANTIGONE. 


285  ^KpuTTTOV  auTOv,  öcTic  äjüiqpiKiovac 

vaoijc  TTupu)cuJV  fjXOc  Käva6rj^aTa 

Kai  t>iv  ^Keivuüv  kqI  vö^ouc  biacKebwv; 
Nauck  sagt  mit  recht:  'noch  anstösziger  ist  ff\v  dKeivuJV,  das  land 
der  götter.'   erträglicher  findet  er  die  Umstellung: 

voouc  dKcivuiv  fjXGe  xdvaGrijLiaTa 

KQi  tnv  nupijücujv  usw. 
dabei  würde  denn  das  anstöszige  ^KcivuiV  dem  sinne  nach  doch  auch 
zu  TT1V  zu  ziehen  sein,  ja  bei  vaouc  noch  überflüssiger  werden,  aber 
in  dKeivujv  sehe  ich  eine  corruptel.  irre  ich  nicht,  so  fordert  die  con- 
cinnitftt  der  rede  ein  zu  vaouc  und  dvaOri^aTa  passendes  participium. 
ich  schlage  vor  zu  lesen : 

vaouc  £p€iipu)v  fjXOe  Kdva6i^|iaTa 

Kai  THV  TTupuicuJV  Kai  vö|üiouc  öiacKCbatv ; 

392  dXX'  f)  f  dp  Iktöc  Kai  Trap'  ^Xiribac  xapci  ^sw. 
wer  wie  Wecklein  für  die  yulgata  eintritt,  erklärt :  'ein  freudiges  er- 
eignis,  welches  auszer  dem  bereich  der  hofifnung  liegt,  und  von  dem 
man  das  gegenteil  erwartet  hat.'  ob  damit  die  tautologie  beseitigt  ist, 
sei  dahingestellt;  darin  wird  man  Wecklein  zustimmen,  dasz  beide 
attribute  zu  X^P<^i  ^^^  ^^^  ^^^^  lesen  möge,  sinnverwandt  sein 
müssen,  nun  liegt  bekanntlich  der  hauptanstosz  auf  dem  gramma- 
tischen gebiet,  da  Seyfferts  Stottoc  von  den  schriftzügen  der  Über- 
lieferung weit  absteht,  so  musz  man  für  ^ktÖC  etwas  näher  liegen- 
des suchen,  was  Schubert  in  seiner  ausgäbe  (1883)  gibt:  dXX'  f)  f dp 
eiKÖc  Kai  Trap'  eXrribac  xctpd  —  wofür  sonst  stehen  würde  dXX'  f| 
Top  Trapd  tö  eköc  Kai  Ttap'  dXTribac  x^pd  —  mit  der  bemerkung 
'de  praepositione  dTTÖ  KOivoO  posita  cf.  Lobeck.  ad  Ai.  206'  scheint 
mir  selbst  für  eine  krause  botenrede  zu  kraus,  mit  änderung  von 
auch  nur  einem  bucbstaben  ist  kürzlich  vorgeschlagen:  dXX*  f)  Tdp 
^VTÖc  .  .  ich  gestehe  dasz  diese  leichte  änderung  mir  am  wenigsten 
zusagt.  f\  dvTÖc  X^P^  würde  nur  das  innerliche  frohsein,  das  herz- 
liche gefühl  der  freude  sein;  x]  Tiap'  ^XTiibac  X^P^  i^^  ^^^^  d^  freu- 
dige ereignis,  welches  gegen  hoffen  und  erwarten  eintritt,  man  müste 
also  X^P^  ^Q  verschiedenem  sinne  bei  ^VTÖc  und  bei  irap'  dXTribac 
fassen,  was  ich  nicht  für  richtig  oder  zulässig  halte,  ich  glaube  darin 
Wecklein  und  Schubert  beistimmen  zu  müssen,  dasz  auch  in  dem 
ersten  attribute  zu  X^P^  ^^^  überraschende  eintreten  des  freudigen 
ereignisses  ausgedrückt  sein  soll,   ich  schlage  vor: 

dXX'  f\  tdp  aiqpvTic  Kai  irap*  dXTiibac  x^pd. 
wenn  man  bedenkt,  wie  k  und  q>  häufig  verwechselt  werden  (vgl. 
V.  414  dKTibrjcoi  für  dqp€ibr|COi  Bonitz),  so  wird  die  dem  sinne  an- 
gemessene änderung  nicht  als  zu  gewaltsam  erscheinen. 

Hannover.  Theodob  Breiter. 


160  OApelt:  EU  Platons  apologie  [lO«"]. 

25. 

Zu  PLATONS  APOLOGIE. 


19«  Kai  oux  iwc  diijLidZujv  X^t^  Tf|v  toioüttiv  dTTiciViMiiv,  ei  nc 
Tiepl  Toiv  ToioiJTUiv  coqpöc  icTiv  ^rj  iriwc  dfw  öttö  McXtitou 
Tocautac  b(Kac  qpuTOijLir  dXXd  fäp  liioX  toutujv,  d)  ävbpec 
'A6r]vaiot,  oub^v  ^^tcctiv.  den  durch  den  druck  hervorgehobenen 
Worten  jiirj  .  .  qpÜYOl^l  einen  befriedigenden  sinn  entlocken  zu  wollen 
ist  eine  vergebliche  mühe;  das  lehrt  ein  blick  in  die  erklSrenden 
ausgaben,  dasz  es  aber  anderseits  auch  nicht  zulässig  ist  die  worte 
einfach  zu  streichen,  wie  es  neuerdings  Schanz  gethan,  wird  wenig- 
stens derjenige  finden,  der  es  für  nötig  hält,  dasz  ein  grund  für  diesen 
vermeintlichen  einschub  nachgewiesen  werde,  vielleicht  führt  die 
erkenntnis  dessen  was  der  Zusammenhang  fordert  zu  einer  ange- 
messenen herstellung  der  worte.  Sokrates  deckt  die  Ungereimtheit 
auf,  die  darin  liegt,  dasz  man  ihn  durch  die  anklage  zu  einem  natur- 
philosophen,  zu  einem  physiker  stempeln  will,  'dies  forschungs- 
gebiet'  sagt  er  ^liegt  mir  so  fem,  dasz  ich  nicht  das  geringste  davon 
verstehe,  dies  soll  indes  nicht  heiszen ,  dasz  ich  diese  Wissenschaft 
und  ihre  Vertreter  etwa  gering  achtete,  nein,  ich  wünsche  ihnen 
alles  gute,  wünsche  ihnen  vor  allen  dingen,  dasz  sie  vor  dem  Schick- 
sal bewahrt  werden  mögen,  wie  ich  durch  Meletos  mit  gerichtlicher 
Verfolgung  behelligt  zu  werden  —  nur  dasz  ich  mich  mit  diesen 
dingen  befasse,  soll  man  nicht  behaupten.'  wenn  das  dastünde,  so 
würde  es,  glaube  ich,  jedermann  für  sinngemäsz  und  treffend  er- 
achten, und  hat  es  nicht  vielleicht  ursprünglich  dagestanden?  die 
bessern  hss. ,  vor  allem  der  Clarkianus,  haben  zwar  \ir\  ttujc,  allein 
der  letztere  zeigt  uj  in  rasur  und  über  ^f\  ttuic  von  jüngerer  band 
ein  TTOT*  übergeschrieben,  geringere  hss.  haben  noch  einige  nicht 
weiter  erwähnenswerte  abweichungen.  das  deutet  auf  einen  alten 
schaden  an  dieser  stelle  hin.  ich  meine ,  sie  hat  ursprünglich  so  ge- 
lautet: ^f^  TToO'  übe  tfw  UTTÖ  MeXrJTOu  TOcauTac  öiKac  9UT01. 
dasz  nach  eindringen  des  ersten  fehlers  die  änderung  des  9UT01  in 
tpOf  oi^i  die  notwendige  und  selbstverständliche  folge  war,  liegt  auf 
der  band,  man  könnte  femer  daran  denken,  das  glied  el  Tic  .  . 
C09ÖC  £cTiv  von  dem  vorigen  loszulösen  und  zu  diesem  satze  zu 
ziehen,  also  nach  dTTiCTf^jniiv  stärker  zu  interpungieren  und  das  Semi- 
kolon nach  £cTiv  in  ein  komma  zu  verwandeln,  allein  es  scheint 
doch  richtiger  es  bei  der  bisherigen  Verbindung  zu  lassen  und  die 
besprochenen  worte  als  mehr  parenthetische  anfügung  zu  betrachten» 

Weimar.  Otto  Apelt. 


ChClasen:  kritische  bemerkungen  zur  geschichte  Timoleons.     161 

26. 

KRITISCHE  BEMERKUNGEN  ZUR  GESCHICHTE 

TIMOLEONS. 

(fortsetzuDg  von  Jahrgang  1886  s.  313—319.) 


Dasz  in  der  gescbicbie  der  eroberung  von  Syrakus  durch  Timo- 
leon  Plutarch  und  Diodor  verschiedene  quellen  benutzt  haben ,  und 
zwar  ersterer  den  Timaios,  Diodor  dagegen  den  TheopompoSf  habe 
ich  an  anderer  stelle  nachgewiesen,  die  darstell ung  Plutarchs  ist 
im  höchsten  grade  tendenziös,  sie  ist  ein  fortlaufender  beweis  der 
wunderbaren  €UTUXiot  des  Timoleon.  dies  zeigen  schon  die  worte 
TUX11  und  euTUxioii  die  in  dem  kurzen  abschnitt  nicht  weniger  als 
«Ifmal  vorkommen,  sowie  die  zahlreichen  ausdrücke  ähnlichen  in« 
halts.  das  wunderzeichen  im  tempel  von  Hadranon  weissagt  ihm 
«ein  künftiges  glück,  das  sich  sofort  darin  zeigt,  dasz  1)  viele  städte 
und  der  tyrann  Mamerkos  sich  ihm  anschlieszen ,  und  2)  Dionysios, 
der  den  schimpflich  besiegten  Hiketas  verachtet,  den  siegreichen 
Timoleon  aber  bewundert,  letzterm  die  bürg  übergibt,  dies  geschah 
50  tage  nachdem  er  Sikelien  betreten  hatte  (ttic  bt  Aiovuciou 
bucTuxioc  irapaXÖTOu  qpaveicric  oux  fJTTOv  f|  Tl^oXtovTOC 
ct&Tuxia  TÖ  Gau^acTÖv  fcx€V.  ^trißdc  tap  CiKcXiac  iv  fjjLi^paic 
7r€VTr]K0VTa  usw.  c.  16).  beEdimevoc  ö*  6  Ti|ioX^uJv  Tf|v  dvÄTticTov 
euTUxioiv,  heiszt  es  dann  weiter  c.  13,  schickte  er  unter  Telemachos 
und  Eukleides  400  mann  in  kleinen  abteilungen  in  die  bürg.  Diony- 
sios wurde  von  Timoleon  nach  Korinth  gesandt.  Plutarch  sagt  nicht, 
wo  Timoleon  nach  der  schlacht  bei  Hadranon  bleibt;  man  kann  ver- 
muten in  Hadranon  oder  Katana,  dessen  tyrann  sich  ihm  jetzt  ergibt 
und  von  wo  aus  er  später  agiert.  Hiketas  belagert  nun  die  bürg  und 
sucht  den  Korinthem  die  zufuhr  abzuschneiden;  er  ruft  Mago  herbei, 
welcher  in  den  groszen  hafen  mit  einer  flotte  von  150  schiffen  ein- 
läuft und  mit  60000  mann  in  der  stadt  lagert.  Timoleon  schickt 
aus  Katana  seinen  leuten  getreide,  Mago  und  Hiketas  ziehen  aus, 
um  diese  stadt  zu  nehmen ;  da  Neon,  der  commandant  der  bürg,  dies 
bemerkt,  macht  er  einen  ausfall  und  bimt  Achradina.  Mago  segelt 
schimpflich  mit  der  flotte  nach  Africa  zurück;  Timoleon  rückt  mit 
4000  mann  gegen  Syrakus  und  erstürmt  Epipolai,  so  dasz  er  im  be- 
sitze der  ganzen  stadt  ist. 

Dies  der  bericht  Plutarchs,  welchem  die  neuem  geschieh tschrei- 
ber  durchweg  gefolgt  sind;  ganz  anders  ist  die  aus  Theopompos  ge- 
schöpfte darstellung  Diodors.  nach  dem  glücklichen  tiberfall  bei 
Hadranon  sucht  Timoleon  dem  flüchtigen  beere  des  Hiketas  voraus 
zu  kommen,  legt  in  eilmärschen  den  weg  bis  Syrakus  zurück  und 
ersteigt  plötzlich  und  unvermutet  von  norden  her  die  höhe  von  Epi- 
polai. schnell  macht  er  sich  zum  herrn  dieses  Stadtteils ,  und  als 
Hiketas  zurückkehrt,  siebt  er  sich  auf  Achradina  beschränkt,  die 
Städte  Hadranon  und  Tyndaris,   wo  die  aristokratische  partei  die 

Jahrbücher  für  cUss.  philol.  1888  hft.  3.  11 


162     ChClABen:  kritische  bemerkungen  zur  geschichte  Timoleons. 

Oberhand  gewinnt,  schlieszen  sich  ihm  an  und  senden  ihm  bedeu- 
tende truppenmassen  (cxpaTiiuTac  ouk  öXitouc)  ,  ebenso  der  t3rrann 
Mamerkos  von  Eatana  (buva^iv  dEiöXotov  ^X^^v),  viele  castelle  tre- 
ten zu  ihm  über,  und  endlich  langen  10  korinthische  schiffe  mit 
hilfstruppen  an.  inzwischen  sind  die  Karthager  mit  ihrer  flotte  von 
150  segeln  in  den  grossen  hafen  gegangen,  das  landheer  hat  bei' 
der  Stadt  ein  lager  bezogen,  bald  jedoch  verläszt  Mago  den  osten 
ganz  und  begibt  sich  in  die  epikratie.  Timoleon  hat  durch  jene  Ver- 
stärkungen neuen  mut  gewonnen,  rückt  gegen  Sjrakus  heran,  be- 
siegt den  Hiketas  und  erstürmt  Achrad  ina.  als  Dionysios  sich  von 
dem  Sieger  belagert  sieht  und  nicht  hoffen  kann  sich  gegen  ihn 
lange  zu  halten ,  läszt  er  sich  überreden  mit  Timoleon  einen  vertrag 
zu  schlieszen,  nach  welchem  er  die  herschaft  niederlegen  und  die 
bürg  dem  Timoleon  übergeben,  Sikelien  verlassen  und  nach  dem 
Peloponnes  auswandern,  sein  privatvermCgen  aber  ungeschmSlert  be- 
halten soll. 

Vergleichen  wir  diese  beiden  darstellungen  mit  einander,  so  ist 
diejenige  Diodors  freilich  nicht  so  ausführlich  und  zusammenhängend, 
aber  doch  frei  von  aller  tendenz  und  Parteilichkeit  sowie  von  allen 
übernatürlichen  wundem ;  das  einzige  wunderbare  (dXof  öc  Tic  xal 
irapdboEoc  ^€TaßoXll)  ist  der  abzug  Magos.  wenn  Diodor  sagt,  dasz 
Timoleon  den  weg  von  Hadranon  nach  Sjrakus  bpo^atoc  zurück* 
legte,  so  versteht  sich  von  selbst,  dasz  es  nicht  heiszen  kann  *im 
laufschritt',  ebensowenig  wie  öpöjLiip  bei  Herodotos  VI  112  (öpö^if> 
YevTO  ic  Touc  ßapßapouc),  was  Leake  und  neuerdings  Delbrück  ge- 
zeigt haben ,  und  bei  Thnkjdides  VI  87 ,  wo  die  Athener  den  weg 
von  Leon  nach  Epipolai  bpö^^J  zurücklegten ,  diese  bedeutung  haL 
wenn  an  den  beiden  genannten  stellen ,  wo  die  entfemung  nur  acht 
Stadien  beträgt,  öpö^oc  eine  andere  bedeutung  haben  musz,  da  hier, 
wie  allgemein  zugestanden  wird ,  der  laufschritt  eine  physische  Un- 
möglichkeit ist,  um  wie  viel  mehr  an  unserer  stelle,  wo  der  weg 
400  Stadien  beträgt!  und  dasz  der  Sikeler  Diodor  das  gewust  hat, 
dürfen  wir  doch  wohl  annehmen,  sonst  müsten  wir  ihm  alle  denk- 
fähigkeit  absprechen,  und  ich  könnte  mir  nicht  vorstellen,  dasz  er 
das  werk  verfaszt  hätte,  welches  wir  von  ihm  haben.  bpojiiaToc  heiszt 
also  'in  eilmärschen'.  und  was  war  natürlicher  als  dasz  Timoleon 
nach  errungenem  siege  mit  seinen  siegesfrohen  truppen  Syrakus, 
das  ohne  feldherrn  und  hinreichende  verteidigungsmannschafb  war, 
zu  überrumpeln  suchte?  wenn  wir  also  bpcjuaioc  so  erklären,  gehört 
der  zug  nach  Syrakus  durchaus  nicht  zu  den  'sachlichen  Unmöglich- 
keiten', wie  Meltzer  meint,  sondern  war  das  einzig  richtige,  was 
Timoleon  thun  konnte,  wenn  er  daran  denken  wollte  herr  der  stadt 
zu  werden;  und  so  allein  kann  die  Übergabe  der  bürg  erklärt  wer- 
den, das  haben  auch  Grote  und  Holm  richtig  gefühlt,  crsterer  läszt 
mit  Diodor  den  Timoleon  nach  der  schlacht  bei  Hadranon  vor  Syra- 
kus rücken,  'weil  dies  die  spätem  Vorkommnisse  (einnähme  von 
Ortygia)  deutlicher  und  verständlicher  macht';  nach  besetzung  von 


ChClasen:  kriÜBcIie  bemerkuiigen  zur  geschichte  Timoleons.     163 

Ortygia  habe  er  die  nmgegend  von  Sjri'akus  verlassen  und  sei  nach 
Hadranon  zurückgekehrt,  ähnlich  nimt  auch  Holm  (gesch.  Siciliens 
n  8. 198  und  in  der  topographie  von  Sjrakus)  den  zug  gegen  Sjrakus 
als  notwendig  an,  um  die  Übergabe  der  bürg  zu  erklären,  unterläszt 
aber  zu  sagen,  dasz  er  und  wohin  er  zurückkehrte.  Arnoldt  und 
Meltzer  folgen  Plutarch,  ebenso  Lupus  in  der  deutschen  bearbeitung 
der  Holmschen  topographie  von  Sjrakus. 

Flutarchs  darstellung  von  der  Übergabe  der  bürg  ist  ganz  un- 
glaublich :  Dionysios  wartet  die  entscheidung  des  kampfes  zwischen 
Hiketas  und  Timoleon  nicht  ab;  dem  Timoleon,  der  in  der  ferne 
weilt,  ergibt  er  sich  auf  gnade  und  ungnade  und  überliefert  ihm  die 
bürg  ohne  bedingungen  daran  zu  knüpfen ;  der  einzige  grund  ist  das 
OaujLid2[€iv.  nach  Timaios  auffassung  ist  gerade  die  akropolis  von 
Sjrakus  ein  geschenk  der  götter.  und  mit  welchen  Schwierigkeiten 
war  das  ganze  verbunden  I  trotz  der  Wachsamkeit  des  Hiketas  und 
der  groszen  karthagischen  flotte  sendet  er  einen  boten  an  Timoleon, 
dieser  wieder  400  mann  in  kleinen  abteilungen  in  die  bürg,  und  end- 
lich kommt  Dionysios  selbst  unbehelligt  heraus;  das  ist  bei  dem 
engen  fahrwasser  im  kleinen  hafen  unmöglich,  da  müste  man  frei- 
lich sagen:  entweder  ist  die  euTuxict  des  Timoleon  oder  die  nach- 
iSssigkeit  seiner  feinde  eine  auszerordentliche,  und  so  äuszert  sich 
auch  Grote:  ^so  zeigten  die  gÖtter  wieder  dem  Timoleon  ihre  gunst 
durch  eine  ungewöhnliche  Verbindung  von  umständen  und  dadurch 
dasz  sie  den  feind  mit  blindheit  schlugen.'  der  feind  ist  in  der  ge- 
schichte  Timoleons  nur  gar  zu  oft  mit  blindheit  geschlagen,  nach 
Diodor  ist  Timoleon  herr  der  ganzen  stadt  und  bat  keinen  andern 
feind  mehr  vor  sich,  da  ist  für  Dionysios  wenig  hoffnung  sich  auf 
die  dauer  zu  halten,  aber  er  ergibt  sich  dem  Timoleon  nicht  etwa 
auf  gnade  und  ungnade,  sondern  es  kommt  zu  dem  oben  erwähnten 
vertrag,  dieses  haben  aus  Diodor  wiederum  die  meisten  neuern  dar- 
steller  als  notwendig  angenommen ;  aber  wie  konnte  von  Timoleons 
Seite  von  'Verhandlungen'  und  'bedingungen'  die  rede  sein,  wenn  er 
gar  nicht  herr  der  stadt  war,  wenn  es  mit  unendlichen  Schwierig- 
keiten verbunden  war,  ja  ganz  aussichtslos  schien ,  seinerseits  diese 
bedingungen  erfüllen  zu  können?  er  konnte  weder  dem  Dionysios 
versprechen  ihn  aus  der  bürg  zu  bringen  und  ihm  sein  vermögen  zu 
lassen,  noch  konnte  er  wiederum  trotz  des  Vertrags  hoffen  die  akro- 
polis in  besitz  zu  nehmen,  eine  combination,  wie  sie  hier  die  meisten 
neuem  geschichtscbreiber  gemacht  haben,  ist  nicht  zulässig  und 
verwickelt  in  Widersprüche,  zunächst  haben  wir  die  diametral  ent- 
gegengesetzten berichte  Plutarchs  und  Diodors  streng  zu  scheiden, 
die  frage  ist  nicht  die,  wann  Plutai'ch  und  wann  Diodor  die  gemein- 
same Urquelle  am  sorgfältigsten  und  ausführlichsten  excerpiert  hat, 
wie  Volquardsen  (untersuch,  über  Diodor  s.  98)  und  Meltzer  (gesch. 
Karth.  I  s.  516.  518)  sie  formulieren,  sondern  ob  Theopompos  oder 
Timaios  einer  zuverlässigen  quelle  gefolgt  ist  und  die  thatsachen 
richtig  dargestellt  hat. 

11* 


164     ChClasen:  kritiBche  bemerkungen  zur  geschichte  Timoleona. 

Nach  Plntarch  ist  es  das  glück  Timoleons  und  die  dnmmheit 
der  gegner,  welche  auch  später  ihm  den  sieg  bringen,  dem  Timoleon 
gelingt  es  schiffe  mit  getreide  in  die  bürg  zn  bringen  von  Katana 
aas;  statt  nnn,  um  dies  zu  verhindern,  wachsam  zu  sein  und  den 
kleinen  hafen  abzusperren,  ziehen  Mago  und  Hiketas  ans,  um  Eatana 
zu  belagern;  die  zurückgebliebenen  sind  natürlich  so  sorglos,  dasz 
es  Neon  gelingt  Achradina  sofort  zu  erobern,  es  ist  aber  doch  un- 
glaublich, dasz  beide  oberfeldherm  so  thCricht  sein  konnten  S3rrakus 
zu  verlassen,  um  Eatana  zu  nehmen,  während  in  Ortygia  auch  noch 
die  feinde  saszen.  Meltzer  meint,  sie  hätten  dadurch  die  erobemng 
der  bürg,  die  so  wie  so  gefallen  wäre,  beschleunigen  wollen;  das 
konnten  sie  aber  nicht  durch  eine  vielleicht  langwierige  belagerang 
Eatanas,  welches  sie  zu  wasser  und  zu  lande  hätten  einschlieszen 
müssen,  nach  Plutarch  ist  es  zweifelhaft,  auf  welchem  wege  sie 
gegen  Eatana  auszogen  (c.  18  dS^TrXeucav  .  .  lirireuc),  aber  wahr- 
scheinlich giengen  sie  sowohl  mit  der  flotte  als  auch  mit  dem  land- 
heere  dorthin  ab.  als  sie  in  der  nähe  von  Katana  sind,  also  am  zwei- 
ten tage  (denn  der  weg  beträgt  höchstens  zwei  tagemärsche) ,  da 
erreicht  sie  die  botschaft  von  der  niederlage;  wenn  der  reiter  sie 
noch  vor  Katana  erreicht,  müste  Neon  unmittelbar  nach  ihrem  ab- 
marsch  den  stürm  unternommen  und  den  sieg  sehr  schnell  errungen 
haben,  kehren  die  feinde  nun  in  eilmärschen  nach  Syrakus  zurück, 
so  sind  sie  wieder  vor  der  Stadt  am  dritten  tage  nach  ihrem  abmarsch. 
nun  ist  es  aber  doch  unmöglich ,  dasz  Neon  in  der  kurzen  zeit  die 
verfallenen  mauern  zwischen  Achradina  einerseits  und  Neapolis  an- 
derseits sowie  die  verbindungsmauem  zwischen  Ortygia- Achradina 
herstellen  konnte,  und  wie  hat  er  mit  seinen  2400  mann  die  5  km. 
lange  Westseite  von  Achradina  auch  nur  einigermaszen  besetzen  und 
gegen  die  grosze  Übermacht  der  feinde  verteidigen  können?  und 
hier  konnte  er  nicht  einmal  seine  ganze  macht  verwenden,  da  er  die 
Südwestseite  nach  dem  sumpfe  hin  und  die  akropolis  nicht  unbesetzt 
lassen  konnte  bei  dem  anmarsch  der  feinde. 

Die  korinthischen  hilfstruppen  können  nur  durch  einen  auszer- 
ordentlichen  glückszufall  von  Rhegion  nach  Sikelien  übersetzen  und 
durch  die  grenzenlose  nachlässigeit  des  karthagischen  admirals.  Timo- 
leon marschiert  mit  nur  4000  mann  gegen  Syrakus,  und  als  dies  dem 
Mago  gemeldet  wird,  zieht  er  aus  furcht  ab:  dies  die  alberne  erzäh- 
lung  Plutarchs.  bei  Diodor  heiszt  es  doch  etwas  anders :  Hadranon, 
Tyndaris  und  Mamerkos  schlieszen  sich  ihm  an  mit  bedeutender 
macht,  dann  erhält  er  die  mannscbaften  vieler  qppoupia  und  die 
korinthischen  hilfstruppen,  so  dasz  wir  nach  Diodor  sein  beer  auf 
mindestens  10000  mann  schätzen  können,  als  die  Karthager  hören, 
dasz  Timoleon  groszen  anhang  auf  der  insel  findet,  ziehen  &-ie  ab  in 
die  dTTiKpareia.  Timoleon  rückt  gegen  Syrakus  heran  nach  Diodors 
nieinung  erst  als  Mago  abgezogen  ist,  und  besiegt  nunmehr  den 
Hiketas.  Qrote  sagt  mit  recht,  dnsz  Timoleon,  der  sich  mit  4000 
mann  fdr  stark  genug  hielt  der  maszlos  gröszem  Übermacht  der 


ChClasen:  kritifiche  bemerknngen  zur  geschichte  Timoleons.     165 

feinde  sich  gegenüber  zu  stellen ,  bei  einer  vernünftigen  berecbnung 
wenig  aussieht  auf  sieg  zu  haben  schien ;  ich  meine,  man  müste  seinen 
zag,  wie  Plutarch  ihn  darstellt,  vom  militärischen  Standpunkt  aus  als 
das  tollkühne  wagnis  eines  unverständigen  abenteurers  bezeichnen. 
Amoldt  nimt  an,  Timoleon  habe  von  der  zwischen  Hiketas  und  Mago 
bestehenden  misstimmung  gewust,  ehe  er  vor  Syrakus  rückte,  da- 
von weisz  Plut.  aber  nichts :  nach  ihm  zieht  Timoleon  gegen  Syrakus 
in  dem  glauben  hier  Mago  und  Hiketas  als  seine  gegner  zu  finden,  und 
am  tage  nach  dem  abzug  Magos  erscheint  er  vor  der  stadt  zur  schlacht 
bereit  und  erfahrt  da  erst  was  vorgefallen,  das  unternehmen  ist  aben- 
teuerlich und  unglaublich.  Grote  wendet  gegen  Diodors  erzählung 
ein,  dasz  Timoleon  Epipolai  zuletzt  genommen  haben  musz,  da  es 
der  stärkste  teil  von  Syrakus  war;  allein  es  war  gewis  schwieriger 
diesen  Stadtteil  mit  4  —  6000  mann  zu  erobern  zu  einer  zeit  wo 
Hiketas  ihn  besetzt  hielt,  als  durch  eine  Überrumpelung  die  vom 
commandanten  verlassene  höhe  zu  nehmen,  die  geschichte  der  erobe- 
rung  selbst  ist  bei  Plutarch  wegen  mangelnden  details  unverständ- 
lich, die  feinde  flohen  natürlich  alsbald,  und  Timoleon  hatte  keinen 
verwundeten,  geschweige  einen  toten,  die  leichte  eroberung  kann 
Grote  auch  nur  durch  die  annähme  erklären,  dasz  die  Soldaten  des 
Hiketas  keine  lust  hatten  gegen  Timoleon  und  für  die  herschaft  des 
Hiketas  zu  kämpfen,  dasz  hier  die  'sage'  mitspielt,  erkennt  auch 
Holm  an ,  und  das  schnelle  entkommen  des  Hiketas  glaubt  er  damit 
erklären  zu  können^  dasz  Timoleon  ein  thor  freigelassen  habe,  durch 
welches  er  nach  Leontinoi  entkommen  konnte. 

Was  endlich  den  plötzlichen  abzug  Magos  betrifft,  so  können  wir 
aus  der  richtigen,  aber  leider  zu  kurzen  und  lückenhaften  erzählung 
Diodors  doch  den  Zusammenhang  der  Vorgänge  erkennen,  während 
Timaios  in  seiner  feindlichen  Stellung  gegen  Hiketas  alles  verdreht 
hat.  Entella  war  von  den  Karthagern  abgefallen,  und  es  scheint  auch 
sonst  im  karthagischen  gebiet  gegärt  zu  haben ;  sie  senden  ein  beer 
nach  Sikelien,  müssen  aber  für  ihre  Unternehmungen  ruhe  vor  den 
tyrannen  Ostsikeliens  haben  und  bieten  ihnen  frieden  an,  be- 
sonders dem  mächtigsten  derselben,  dem  Hiketas  (Diod.  XVI  67, 1); 
über  die  bedingungen  schweigt  Diodor,  doch  lassen  sie  sich  aus  dem 
folgenden  leicht  ermitteln:  die  Karthager  sollten  dem  Hiketas  zur 
herscbaft  über  Syrakus  verhelfen  und  ihn  zunächst  gegen  Dionysios, 
dann  gegen  Timoleon  unterstützen,  sei  es  nun  dasz  ein  Wechsel 
im  oberfeldherrnamt  stattfand  und  der  neue  general  Mago  einen  an- 
dern weg  einschlug,  oder  dasz  es  von  Karthago  aus  so  angeordnet 
war:  als  sie  ihren  zweck  erreicht  hatten,  waren  sie  nicht  willens  den 
mächtigen,  energischen  und  klugen  Hiketas  zum  herrn  von  Syrakus 
zu  machen;  die  Karthager  suchen  sich  den  bedingungen  zu  entziehen, 
zumal  als  Timoleon  kommt:  denn  sie  wünschen  dasz  die  aristokra- 
tische partei ,  mit  welcher  sie  immer  gegen  die  demokratie  und  ihre 
mächtigen  tyrannen  verbündet  sind,  durch  diesen  erstarke,  daher 
lassen   die  Karthager  den  Timoleon  sowie  die  korinthischen  hilfs- 


UKi     CfaCbuen:  kritische  bemerkangen  zur  geecbichte  Timolcons. 

trupp^o  ruhig  nach  Sikelien  kommen ,  stehen  dem  Hiketas  in  der 
Hchlacbt  bei  Iladranon  nicht  bei ,  liegen  unthStig  im  hafen  and  am 
lande ,  und  al»  Timoleon  schon  Epipolai  inne  hat  und  mit  einer  be- 
deutenden macht  heranzieht,  hat  Mago  einen  Torwand,  nach  dem  er, 
wie  Plutarch  hier  richtig  sagt  (c.  20  xp^^Iovn  TrdXai  Trpoq>ac€U)c) 
bchon  lange  gesucht  hat,  gefanden,  um  abzuziehen,  dasz  Hiketas 
ihn  mit  ulier  macht  zurflckzuhalten  sucht  und  an  die  erfüllung  der 
Vertragsbedingungen  mahnt,  ist  selbst verstSndlich;  dasz  es  bei  der 
unthfttigkeit  der  Karthager  in  letzter  zeit  zu  Streitigkeiten  zwischen 
Hiketas  und  Mago  gekommen,  ibt  sehr  wohl  mOglich.  Mago  hat  den 
Hiketas  geteuhcht,  und  als  er  jetzt  plötzlich  fortgieng^  legten  die 
Griechen  es  als  hchwttche  und  feigheit  aus,  wozu  der  gegner  gar  zu 
geneigt  iht.  in  Karthago  wurde  Magos  vorgehen,  dh.  der  jetzige  ab- 
zug  aus  Sjrakus,  nicht  gebilligt:  er  wurde  verurteilt;  ob  hierzu  poli- 
tische gegner  mit  beigetragen  haben ,  wissen  wir  nicht,  da  wir  über 
die  internen  karthagischen  Verhältnisse  zu  wenig  unterrichtet  sind. 
es  versteht  sich  hiemach  von  selbst,  dasz  nur  Diodor  recht  haben 
kann  mit  der  angäbe,  daaz  Mago  in  die  epikratie  gegangen  ist,  wie 
Arnoldt  und  Meltzer  richtig  angenommen  haben,  während  Holm  in 
seiner  topographie  von  Sjrrakus  und  Grote  ihn  mit  Plutarch  nach 
Africa  schiffen  lassen. 

Dasz  Plutarchs  erzählung  von  dem  ganzen  Vorgang  nicht  richtig 
sein  kann,  liegt  auf  der  band,  besonders  wenn  wir  noch  bedenken, 
dasz  dil'  hauptmasse  des  karthagischen  heeres  wie  immer  Iberer, 
Kellen,  Ligurer  und  Africaner  bildeten  und  nicht  etwa  griechische 
Söldner,  wie  es  nach  Plutarch  scheinen  könnte,  letztere  machten  in 
dem  groszen  karthagischen  beere  einen  so  verschwindenden  teil  aus, 
dasz  uie  durch  einen  abfall  Mago  durchaus  nicht  gefährlich  werden 
konnten,  den  neuern  forschern  ist  es  bisher  nicht  gelungen  eine  ge- 
nügende erklärung  zu  finden.  Holms  Vermutung  von  einer  Verbin- 
dung Magos  mit  Hanno,  welcher  den  versuch  machte  in  Karthago 
die  tyrannid  zu  erwerben,  ist  von  Meltzer  (jahrb.  1875  s.  747)  wider- 
legt; wenn  dieser  meint,  dasz  es  jetzt  in  erster  linie  gelte  die  epi- 
kratie zu  sichern ,  so  kam  dieselbe  noch  gar  nicht  in  frage ;  ebenso 
wonig  kann  Mago  einen  verrat  des  Hiketas  oder  den  Timoleon  ge- 
fürchtet haben. 

Wir  müssen  also  der  nüchternen ,  unparteiischen  darstellung 
Diodors  gröszere  glaubwürdigkeit  beimessen  als  der  tendenziösen 
und  sagenhaften  Plutarchs,  die  obendrein  noch  viele  Widersprüche 
und  sachliche  Unmöglichkeiten  enthält,  es  ist  dem  Diodor  hoch  an- 
zurechnen dasz  er ,  obgleich  ihm  der  ausführlichere  Timaios  vorlag, 
dennoch  in  der  erzählung  der  Vorgänge  vor  der  eroberung  neben 
ihm  den  Theopompos  benutzte  und  so  ein  unparteiisches  und  ge- 
rechteres bild  des  Hiketas  zeichnete,  die  eroberungsgeschichte  aus 
diesem  allein  schöpfte,  während  Plutarch  nicht  nur  den  Timaios  aus- 
schrieb, sondern  auch  dessen  tendenz  noch  schärfer  ausprägte.  Dio- 
dor hat  uns  so  die  möglichkeit  geschaffen  an  der  Theopompischen 


ChClasen :  kritische  bemerkungen  zur  geschichte  Timoleons.     1 67 

Erstellung  die  einseitigkeit  der  Timäischen  erkennen  und  beurteilen 
zu  können. 

£in  menscbenalter  nach  den  ereignissen  schrieb  Timaios ,  der 
seit  seiner  Jugend  den  eindrnck  von  Timoleon  als  einem  ideal  und 
götterliebling  hatte,  in  Athen  seine  sikelische  geschichte  nieder  und 
^ejenige  Timoleons  wohl  noch  bedeutend  später;  er  folgte  in  letz- 
terer mündlichen  berichten ,  welche  im  laufe  der  langen  zeit  sagen 
und  anekdoten  in  groszer  menge  aufgenommen  hatten,  besonders  war 
man  auf  der  aristokratischen  seite  im  Zeitalter  des  Agathokles  be- 
strebt den  Timoleon  in  den  himmel  zu  erheben  und  seine  thaten  herlich 
auszumalen,  die  sagen,  die  sich  um  das  haupt  des  Timoleon  gebildet 
hatten,  entsprachen  der  auffassung  des  Timaios  von  ihm,  seinem 
glauben  an  die  TUXTl  und  an  das  unmittelbare  eingreifen  der  götter 
in  die  menschlichen  handlungen,  und  diese  seine  anschauungen  leiteten 
ihn  in  der  auswahl  der  quellen,  die  ganze  geschichte  des  Timaios 
basiert  auf  einer  ersten  sage ,  und  diese  kann  keine  andere  sein  als 
die  erzählung,  dasz  Timoleon  50  tage  nach  seiner  landung  in  den 
besitz  der  bürg  von  Sjrakus  kam;  an  absichtliche  flKlschung  des 
Timaios  ist  hier  so  wenig  zu  denken  wie  bei  der  angäbe ;  Timoleon 
habe  bei  der  eroberung  der  stadt  keine  verwundeten  und  toten  ge- 
habt, anders  stand  Theopompos  den  dingen  gegenüber;  kühl  und 
nüchtern  war  er  hier  im  stände  dichtung  und  Wahrheit  zu  scheiden 
und  das  zu  wählen ,  was  ihm  das  wahrscheinlichste  war. 

Wir  kommen  jetzt  zu  der  chronologischen  frage,  bei  Diodor 
finden  wir  folgende  reihenfolge  der  ereignisse : 

die  aufforderung  der  Sjrakusier  kommt  nach  Eorinth  ol.  108,  3 
Timoleon  segelt  ab.  schlacht  bei  Hadranon.  einnähme 

von  Epipolai ol.  108,  4 

eroberung  von  Achradina ol.  109,  1 

einnähme  von  Ortjgia ol.  109,  2 

feldzüge  gegen  Uiketas ,  Leptines ,  Enteila      .     .     .  ol.  109,  3 

Schlacht  am  Krimisos ol.  1 10,  1 

kämpfe  gegen  die  tjrannen.    colonisation  .     .     .     .  ol.  1 10,  2/3 

Timoleons  tod ol.  110,  4. 

a  priori  könnte  man  annehmen,  dasz  Diodor  wie  in  der  ganzen  sike- 
lischen  geschichte  so  auch  hier  in  den  chronologischen  ausätzen  dem 
genauen,  von  ihm  selbst  (V  1)  in  dieser  hinsieht  gelobten  Timaios 
gefolgt  sei ;  die  geschichte  des  Timoleon  hat  Diodor  nur  zum  teil  aus 
Timaios  geschöpft,  trotzdem  hat  er  aber  seine  angaben  alle  genau 
gekannt,  in  der  geschichte  der  eroberung  von  Sjrakus  hat  er  Theo- 
pompos vorgezogen,  hier  wird  er  jedenfalls  die  Timäiscbe  Chrono- 
logie ,  die  zur  charakteristischen  eigentümlichkeit  gerade  dieser  ge- 
schichte gehört,  verworfen  haben,  sehen  wir  uns  zunächst  die  andern 
daten  an,  die  dem  Timaios  entnommen  sein  könnten,  das  haupt- 
datum  ist  das  der  schlacht  am  Krimisos.  eä  ist  kaum  zu  bezweifeln, 
dasz  Timaios  dieselbe  ins  richtige  jähr  gesetzt  hat,  es  fragt  sich  nur, 
ob  wir  spuren  der  Timäischen  datierung  haben.    Plutarch  hat  hier 


168     ChClasen:  kritische  bemerkongen  zur  geschichte  Timoleons. 

so  wenig  wie  sonst  in  der  geschichte  Tiiüoleons  es  fQr  der  mühe  wert 
gehalten  das  jähr  zu  überliefern;  wir  sind  wieder  allein  auf  Diodor 
angewiesen,  dieser  setzt  sie  ins  jähr  ol.  1 10,  1  und  hat  dieses  jähr 
wahrscheinlich  aus  Timaios,  aus  welchem  seine  Schilderung  der 
Schlacht  geschöpft  ist.  das  finden  wir  anderweitig  bestätigt.  Aga- 
thokles  ist  im  j.  361  geboren  und  289  gcätorben  nach  Timaios  (irgl. 
Meltzer  Jahrb.  1875  s.  731);  nach  Polybios  XII  15,  der  aus  Timaios 
geschöpft,  kam  er  im  alter  von  18  jähren  nach  Sjrakus,  also  im 
j.  343.  er  ist  mit  den  colonisten  gekommen,  welche  Timoleon  her- 
beirief, diese  colonisation  fand  nun  nach  Timaios  vor  der  schlacht  am 
Erimisos  statt,  dasz  50 — 60000  mann  nicht  in  einigen  wochen  oder 
monaten  aus  Sikelien,  Italien  und  Griechenland  zusammenkommen, 
liegt  auf  der  band:  darüber  sind  drei  und  mehr  jähre  vergangen. 
Agathokles  kam  aus  Himera  und  wird  einer  der  ersten  ansiedier  ge- 
wesen sein,  welche  Timoleons  ruf  folgten;  wenn  er  nach  Timaios 
um  343  nach  Sjrakus  kam ,  so  musz  dieser  auch  die  schlacht  etwa 
drei  jähre  später  gesetzt  haben,  da  er  zu  dieser  zeit  die  colonisation 
als  geschlossen  betrachtet,  also  hat  auch  Timaios  die  schlacht  am 
Erimisos  nicht  früher  als  340/39  angesetzt,  eine  andere  frage 
wiederum  ist  die,  ob  diese  groszartige  colonisation  vor  oder  nach  der 
schlacht  zum  abschlusz  gebracht  worden  ist.  nach  Diodor  fand  die 
colonisation  nach  der  schlacht  und  gröstenteils  nach  dem  frieden  mit 
den  Earthagern  statt:  er  sagt  XVI  82  oi  CupaKÖcioi  öiböaci  x^poiv 
Kttl  olKiaC  TOIC  ßOuXOfl^VOlC  fl€T^X€lV  Tflc  dv  CupaKOucoic  TToXiTeiac : 
fast  dieselben  werte  schreibt  er  aus  dem  gedächtnis  XIX  2  Ka6'  öv 
Xpövov  TifioXdujv  6  KopivOioc  viKrjcac  Tf|v  iTTiTiu  KpiMictu  fidxiiv 
Touc  Kapxn^oviouc  fi€TdbujK€  Tflc  dv  CupaKOÜcaic  iroXiTciac  iräci 
ToTc  ßouXofidvoic.  diese  nachricht  entstammt  also  dem  Theopompos; 
dann  geht  er  wieder  über  zu  der  geschichte  des  Agathokles:  6  bk 
KapKivoc  fi€T*  'ATaOoKXdouc  TioXiTOTpaqpiiOeic  usw.  wir  haben  uns 
die  Sache  so  zu  denken ,  dasz  Timoleon  nach  der  völligen  einnähme 
von  Syrakus  zunächst  die  Griechen  Sikeliens  aufforderte  nach  Sjra- 
kus zu  kommen,  ein  teil  der  colonisation  also  fand  noch  vor  der 
schlacht  statt;  die  hauptmasse  der  ansiedier  aber,  diejenigen  aus 
Italien  und  Griechenland ,  ist  erst  nach  der  beruhigung  des  landes 
und  nach  geschlossenem  frieden  nach  Sikelien  gekommen,  und  jeden- 
falls nicht,  als  der  krieg  mit  Earthago  in  aussieht  stand  und  die 
tjrannen  noch  nicht  unterworfen  waren,  Timoleons  ganzer  erfolg 
überhaupt  noch  unsicher  war.  aus  Griechenland  wird  eine  grosze 
anzahl  erst  nach  der  schlacht  bei  Chaironeia,  mit  den  neuen  Ver- 
hältnissen in  der  heimat  unzufrieden,  auf  Timoleons  ruf  nach  dem 
Westen  gewandert  sein,  auch  wäre  es  undenkbar  dasz,  wie  Plutarch 
erzählt,  von  einer  solchen  masse  nur  3000  es  gewagt  hätten  dem 
Timoleon  in  den  karthagischen  krieg  zu  folgen ;  c.  25  heiszt  es  nem- 

lieh:  OUTU)  KaT€1TXdTT}COV  o\  CupOKÖClOl  TipÖC  TÖ  fldT€90C  TTIC  buVCt- 

p€U)C,  ificTC  fiöXic  TH*  TifioXdovTi  TpicxiXiouc  dirö  tocoutujv 
pupidbuiv  ÖTiXa  XaßovTac  ToXfificai  cuv€£6X9€iv.    jedenfalls  er- 


ChClasen:  kritische  bemerkangen  zur  geschichte  Timoleons.      169 

sehen  wir  aus  dieser  stelle,  dasz  Timaios  die  colonisation  fUr  ab- 
geschlossen hielt ,  als  der  krieg  ausbrach ,  während  dieselbe  in  der 
that  damals  erst  begonnen  hatte,  ich  glaube  also,  dasz  die  coloni- 
sation von  Timoleon  nach  der  eroberung  der  stadt  angeregt  mehrere 
jähre  foi*tdauerte ,  hauptsächlich  aber  nach  der  Unterwerfung  des 
Ostens  und  nach  dem  frieden  mit  den  Karthagern  stattfand :  denn 
da  erst  gestatteten  die  Verhältnisse  eine  so  umfangreiche  colonisation^ 
während  Timaios  dieselbe  fälschlich  vor  diese  ereignisse  setzte  in 
m&iorem  Timoleontis  gloriam,  und  zweitens  dasz  die  Schlacht  am 
Erimisos  (und  zwar  auch  nach  Timaios)  in  ol.  110,  1  fiel. 

Besonders  waren  es  Volquardsen  und  Meltzer,  welche  zu  be- 
weisen suchten,  dasz  dasj.  343  dasjenige  der  schlacht  sei;  letzterer 
hat  irrtümlich  die  angaben  Plutarchs  und  Diodors  einfach  combiniert^ 
in  dem  glauben ,  dieselben  giengen  auf  ^ine  und  dieselbe  quelle  zu- 
rück. Volquardsen  meint  auch,  dasz  die  differenzen  zurückzuführen 
seien  auf  die  nachlässigkeit  Diodors  in  der.  benutzung  des  Timaios : 
er  stützt  sich  auszerdem  hauptsächlich  auf  Plut.  Timol.  22.  hier 
steht  aber  nur,  dasz  die  Karthager  rüsten  und  die  Griechen  glauben, 
dasz  jene  £touc  ÜJp()i  nach  Sikelien  übersetzen  werden ;  wenn  Plutarch 
die  landung  der  Karthager  c.  25  meldet  mit  den  werten  dv  TOUTq> 
bi  (Während  die  colonisation  von  Timoleon  ausgeführt,  und  nach 
der  besiegung  des  Leptines  uüd  Hiketas  ein  zug  in  das  karthagische 
gebiet  ausgeführt  wurde'  Volquardsen  s.  100) ,  so  wissen  wir  dasz 
mit  diesem  dv  toutuj  ein  Zeitraum  von  mehreren  jähren  bezeichnet 
wird  (vgl.  dv  TOUTUJ  in  c.  2).  gegen  das  j.  343  möchte  ich  noch  einen 
negativen  beweis  anführen,  obwohl  ich  weisz,  wie  unsicher  die  be- 
hauptung  ist,  dasz  ein  Schriftsteller  einer  bestimmten  sache  gedenken 
muste.  wenn  jedoch  Timoleon,  ein  Grieche,  im  j.  343  einen  glänzen- 
den sieg  über  barbaren  im  westen  davongetragen  hätte,  so  wäre  es  zu 
verwundem,  dasz  Demosthenes  in  seiner  dritten  Philippischen  rede 
(§  36  ff.),  die  er  ol.  109,  3  (341)  gehalten  hat,  denselben  gar  nicht 
erwähnt,  wo  er  eine  parallele  zieht  zwischen  der  alten  zeit,  wo  Hel- 
lenen über  barbaren  gesiegt  und  die  freiheit  gerettet  hätten,  und  der 
Jetztzeit,  wo  die  gesinnung  eine  ganz  andere  geworden,  so  hätte 
Demosthenes  kaum  sprechen  können ,  wären  zwei  jähre  vorher  Kar- 
thager am  Krimisos  von  Hellenen  besiegt  worden ;  wie  viel  näher 
hätte  es  gelegen  auf  diesen  sieg  hinzuweisen,  den  Hellenen  noch  in 
der  gegen  wart  mit  so  geringen  mittein  über  ein  barbarisches  beer 
davongetragen ! 

Daz  zweite  wichtige  datum  in  der  geschichte  Timoleous  ist  das- 
jenige der  eroberung  der  bürg  und  des  endes  der  Dionysischen  her- 
schaft, welches  gewis  so  bekannt  war,  dasz  wir  kaum  zweifeln  dür- 
fen, dasz  zeitgenössische  historiker  wie  Theopompos  und  Timaios  es 
richtig  angegeben  haben,  wenn  Diodor  XVI  7 1  sagt,  dasz  Theopompos 
seine  sikelische  digression  mit  der  Vertreibung  des  jungem  Dionysios 
ol.  109,  2  geschlossen  habe,  so  müssen  wir  hierin  unbedingt  dem 
Diodor  glauben  schenken,   da  er  diesen  autor  genau  kannte  und 


170     ChClasen:  kritische  bemerkungen  zur  geschichte  Timoleons. 

fleiszig  benutzte,  in  dieser  digression,  welche  drei  bücher  umfaszte, 
behandelte  Theopompos  die  geschichte  der  Dionysischen  tjrannis, 
und  für  diese  bildete  die  abführung  des  Dionysios  den  natürlichen 
abschlusz  und  nicht  die  schlacht  am  Erimisos.  nach  Theopompos 
also  endigte  die  herschaft  Dionysios  II  ol.  109^  2  mit  der  einnähme 
von  Ortygia  durch  Timoleon.  Plutarch  sagt  dasz  Dionysios,  nach- 
dem er  zehn  jähre  geherscht  habe  und  zwölf  jähre  von  kämpfen  and 
kriegen  hin  und  her  geworfen  worden  sei,  die  herschaft  verloren 
habe.  Dionysios  aber  war  im  besitz  der  tyrannis  von  seines  vaters 
tode  im  j.  367  bis  zum  j.  355,  wo  er  aus  der  bürg  abzog,  und  nicht 
etwa  bis  zum  j.  357 ,  wo  Dion  erst  den  kriegszug  gegen  Dionysios 
begann  (vgl.  Diodor  XV  73  Tf)V  hk  dpx^iv  öiabeEdficvoc  ö  utöc  Aio- 
vuctoc  dTupdvv€UC€V  ^TT]  biübcKa,  was  sich  nur  auf  die  erste  tyrannis 
beziehen  kann),  im  j.  355  wurde  er  von  Dion  vertrieben,  und  nach 
zehnjähriger  ab  Wesenheit  (346/5)  machte  er  sich  wieder  zam 
herm  der  Stadt,  wie  auch  Plutarch  selbst  ausdrücklich  sagt  c.  1 
£t€i  bCKdru)  äv^Xa߀  rd  irpdTfiaTa  iräXtv  kqi  KaOeiCTrJKei  Tupawoc. 
dasz  Plutarch  nicht  die  erste  tyrannis  bis  zum  ausbruch  des  krieges 
mit  Dion  irrtümlich  gerechnet  hat,  geht  hervor  aus  Plut.  Dion  37 
(vgl.  Diod.  XVI 17.  Justinus  XXI  2)  sowie  daraus  dasz  er  auch  jetzt 
die  zweite  tyrannis  nicht  mit  dem  ausbruch  des  krieges  und  der 
belagerung  durch  die  Syrakusier  und  Hiketas  begrenzt ,  sondern 
mit  der  eroberung  der  bürg  durch  Timoleon  und  dem  abzug  des 
Dionysios,  wie  es  sich  auch  von  selbst  versteht,  es  ist  also  klar  dasz 
die  erste  zahl  bei  Plutarch  verderbt  ist  und  die  stelle  c.  13  heiszen 
musz:  KOTacxüjv  hi  tquttiv  ivt]  biubcKa,  bu)b€Ka  h'  &\\a  fi€Td 
Tf)v  Aiujvoc  CTpareiav  ^v  dYuici  kqI  iroX^fioic  biaqpopTiOek.  daraus 
folgt  mit  e3ndenz ,  dasz  auch  Timaios  die  eroberung  der  bürg  in  ol. 
109,  2  und  wahrscheinlich  in  den  anfang  dieses  jahres  gesetzt  hat. 
auch  diese  datierung  findet  in  der  geschichte  des  mutterlandes  ihre 
bestätigung. 

In  einem  folgenden  aufsatz  werde  ich  die  Untersuchung  über 
die  Chronologie  der  geschichte  Timoleons  zu  ende  führen. 

Hadamar.  Christian  Glasen. 


PStamm:  oc  und  atque  vor  consonanten.  171 

27. 

ÄC  UND  ATQUE  VOR  CONSONANTEN. 


'Vor  vocalen  und  vor  h  steht  atque  ^  vor  consonanten  ac  oder 
atque*:  so  lautet  die  bisherige,  allgemein  angenommene  regel  über 
den  gebrauch  der  beiden  formen  dieser  partikel.  indessen  so  un- 
zweifelhaft der  erste  teil  dieser  regel  ist,  so  sehr  bedarf  der  zweite 
der  berichtigung  und  nähern  ausführung.  nicht  immer  nemlich  darf 
vor  consonanten  atque  stehen;  vielmehr  ergeben  sich  aus  einer  ge- 
nauem betrachtung  und  Unterscheidung  der  einzelnen  fälle  wenig- 
stens in  der  prosa  folgende  regeln  für  den  gebrauch  von  atqm  vor 
consonanten: 

I.  atque  ist  vor  consonanten  neben  ac  in  ausgedehntestem  masze 
zul&ssig,  wenn  innerhalb  eines  und  desselben  satzes  ein  begriff  an 
einen  andern  vorhergehenden  angefügt  wird,  zb.  dies  atque  nodes] 
decus  atque  gloria]  SüUa  atque  Marius]  magnus  atque  praedarus; 
dictum  atque  factum ;  fortiter  atque  strenue.  der  angefügte  begriff 
besteht  meistens  nur  aus  6inem  worte;  zuweilen  jedoch  tritt  noch 
eine  eng  damit  zusammenhängende  bestimmung  hinzu,  wie  Cic. 
p.  SBoscio  23  nudum  eicit  domo  atque  focis  patriis  (denn  so  ist  zu  con- 
Btruieren,  nicht  atque  usw.  mit  dem  folgenden  zu  verbinden,  wie  unter 
11  gezeigt  werden  wird);  Sali.  lug.  112,  3  iussu  senatus  atque poptdi 
Bomani]  ebd.  62,  1  monet  atque  lacrumans  ohtestatur;  ebd.  99,  1 
müUes  clamorem  tollunt  atque portis  erumpunt]  Livius  XLII  25,  12 
eum  accensum  restitisse  atque  voce  cLara  denuntiasse. 

II.  atque  ist  vor  consonanten  nicht  zulässig,  sondern  nur  ac, 
wenn  ein  ganzer  satz  (gleichviel  ob  nach  einem  punctum,  kolon  oder 
komma)  oder  auch  nur  ein  mehr  ausgeführter,  selbständiger  Satzteil 
angefügt  wird  (insbesondere  eine  epexegese,  wie  Cic.  de  rep.  I  71 
tuum  munus  ac  dehitum  quidem).  in  diesem  falle  folgt  auf  ac  sehr 
häufig  die  negation  oder  eine  präposition,  eine  conjunction  oder  ein 
adverbium.  es  heiszt  also  stets:  acnon^  acne,  ac post,  acprimum^  ac 
prope,  ac  iam^  ac  tarnen^  ac  sic^  ac  si,  ac  saepe^  ac  tantum^  ac  rursus, 
ac  deinde  usw.,  nicht  atque  nofiy  atque  posty  atque primum  usw.  (es 
kann  heiszen  de  instituto  atque  iudicio  meo^  aber  nur  de  instituto 
ac  de  iudicio  meo,  wie  Cic.  de  o/f.  II  1 ;  es  kann  ebenso  heiszen  pro 
tempore  atque  re,  dagegen  nur^o  tempore  ac  pro  re).  auch  kann 
man  einen  satz  nicht  anfangen  mit  atque  quamquam ,  atque  quoniam 
oder  atque  cum ;  aber  auch  ac  quamquam^  ac  quoniam^  ac  cum  waren 
wegen  der  zusammenstoszenden  gaumiaute  nicht  im  gebrauch ;  es 
bleiben  also  übrig  die  als  satzanfänge  beliebten  formen  et  quamquam^ 
et  quoniam  y  et  cum^  quoniamque^  cumque. 

III.  atqus  ist  neben  ac  vor  consonanten  zulässig  nach  den  aus- 
drücken der  gleichheit  und  Ungleichheit,  ähnlichkeit  und  unähnlich- 
keit,  wozu  auch  simul  gehört:  denn  der  gebrauch  von  ac  oder  atque 
nach  diesen  ausdrücken  beruht  ursprünglich  auf  der  unter  I  fallen- 


172  PStamm:  ac  und  atgue  yor  conBODanten. 

den  Verbindung  zweier  begriffe  innerhalb  desselben  satzes  (zb.  in 
dem  Satze  si  idem  inieritus  esset  animorum  atque  corporum).  folgt 
jedoch  zb.  die  conjunction  si,  so  steht  nach  II  stets  ac,  also  immer 
proinde  ac  si. 

Als  beweis  für  die  richtigkeit  dieser  regeln  mögen  im  folgenden 
aus  beliebig  gewählten  abschnitten  des  Cicero,  Caesar,  Sallustius 
und  Livius  die  stellen  mit  ac  sowie  diejenigen,  an  denen  atque 
vor  consonanten  steht,  sämtlich  verzeichnet  werden,  wobei  die  auf 
regel  II  bezüglichen  besonders  kenntlich  gemacht  werden  sollen« 
Cicero  acad.  1 8  a  Graecis  peti  non  poterant  a  c  post  Adii  occasum  ne 
a  Latinis  quidem  —  17  studio  atque  dodrina  —  11  plenam  ac  refer- 
tarn  —  18  nostra  atque  nostros  —  19  acprimum  —  21  ac  de  summa 
quidem  atque  naiurali  bono  —  23  forma  atque  discriptU)  —  27  mate- 
riam  sine  uUa  specie  atque  carentem  omni  qualitate  —  27  secari  ac  dividi 

—  32  notionihus  atque  rationibus  —  37  rede  fadum  atque  peccatum 

—  39  mentem  atque  sensus  —  ||  acad,  II  13  tot  atque  tantorum  — 
15  aliud  dicerd  atque  sentird  —  19  sani  ac  välentes  —  32  quaerendo 
ac  disserendo  —  34  animo  atque  mente  —  34  perdpi  ac  comprendi 

—  46  drcumscripti  atque  decepti  —  51  simul  ac  se  commovit  — 
63  simül  ac  visum  sit  —  72  simüiter  a  nobis  de  antiquis  phüosophis 
commemorari  atque  seditiosi  sölerent  daros  viros  .  .  nominare  — 
88  aeque  ac  vigilanti  —  91  mvMae  atque  mngnae  —  98  Studiosus  ac 
düigens  —  99  utctur  eo  sapiens,  ac  sie  ratio  vitae  gubernabitur  — 
101  aliter  dicimus  ac  stoici  —  101  longe  aliter  ac  sensibus  videantur 

—  106  comprensa  atque  percepta  —  112  ac  mihi  videor  .  .  — 
127  supera  atque  caelestia  —  ^  de  fin.  l  22  quaerendi  ac  disserendi 

—  22  inermis  ac  nudus  —  22  dividendo  ac  partiendo  —  23  ac  fieri 
potest  —  30  animäl  simul  atque  natum  sit  —  31  animo  ac  ratione 

—  33  ddiniti  atque  corrupti  —  42  redas  res  atque  laudabilis  — 
44  dissident  atque  discordant  —  47  placet  ac  leniat  —  47  tenere  atque 
servare  —  50  sua  vi  atque  natura  —  50  sermo  atque  fama  — 
57  iucunde  ac  suaviter  —  67  consequefitis  ac  posteri  —  67  ladamur 
amicorum  amicitia  aeque  atque  nostra  —  71  magistra  ac  duce  —  \ 
II  6  conceptam  atque  comprcnsam  —  18  ratione  ac  via  —  18  dulcUer 
ac  iucunde  —  31  simul  atque  natum  animal  est  —  45  studiis  atque 
fadis  —  45  domesticorum  ac  suorum  —  46  ampium  atque  magni- 
ficum  —  47  specie  ac  dignitate  —  47  didorum  atque  fadorum  — 
49  rcdum  atque  Inudabile  —  71  bonus  ac  iustus  —  73  se  proripid 
acproicid  —  81  ac  mihi  quidem  —  85  ac  tamen  —  88  finito  atque 
modico  —  93  flagitiosa  atque  viiiosa  —  94  quaedam  praecepta  ac 
paene  leges  —  99  probitaie  ac  moribus  —  105  consuUa  atque  fada 

—  107  voluptates  ac  dolores  —  112  artibus  atque  virtutibus  —  115 
ratio  atque  consilium  —  118  ac  ne pHura  complectar —  |  III 1  gravi- 
tatem  atque  constantiam  —  4  forenses  atque  populäres  —  4  privatis 
ac  suis  —  6  divino  ac  singulari  —  16  simul  atque  natum  sit  — 
18  mammae  atque  barba  —  29  magno  animo  atque  forti  —  29  de- 
spicere  ac  pro  nihilopuiare  —  29  sibi  ac  suae  vitae  —  35  opiniones 


PStaium:  ac  und  atque  vor  consonanten.  173 

ac  iuäicia  —  38  impure  ac  flagitiose  —  48  firma  ac  vera  —  51  faäis 
nominibus  ac  novis  —  68  rationem  atque  vUam  —  70  aegue  caram 
amid  rationem  ac  suam  —  70  lahefactare  atque  pervertere  —  |  IV  7 
apte  ac  rotunde  —  11  rectoris  ac  domini  —  12  honeste  ac  liheralüer 
' —  12  mente  atque  natura  —  17  iuvaret  ac  contineret  —  18  pti^ris 
ac  verecundiae  —  18  convictum  ac  sodetatem  —  18  honeste  ac  aecore 

—  31  fortitudinis  ac  patientiae  —  34  animäl  simu^  atque  sü  ortum 

—  36  perfecta  atque  plena  —  41  contra  est  ac  dicitis  —  59  honestum 
ctque  laudäbüe  —  61  instituta  ac  mores  —  64  aeqm  ac  Phatarim  — 

65  aeque  caeci  ac  si  —  69  magnifice  atque  praedare  —  73  con- 
temnendum  ac  despiciendum  —  |  V  7  imperatores  ac  rerum  puhlicarum 
principes  —  10  causas  atque  rationes  —  14  redufulet  oratio^  ac 
tarnen  .  .  —  24  omne  animal  se  ipsum  düigit  aCy  simul  ortum  est^ 
id  agit .  .  —  33  maior  causa  atque  divinior  —  33  concedo  ut  existi- 
ment  quod  velint  ac  vel  hoc  inteUegant . .  —  85  d^pravatione  quadam 
ac  motu  —  40  mens  atque  ratio  —  47  cur  non  etiam^  ac  fortasse 
magis  —  50  magnum  ac  cognitione  dignum  —  53  a  c  veteres  quidem 
phüosophi .  .  —  58  teneritas  ac  moUitia  —  63  probet  atq'ue  laudet  — 

66  dvüe  atque  populäre  —  66  caritate  ac  sodäate  —  67  appetens 
atque  compledens  —  73  contemnendis  ac  despidendis  —  73  vitia 
atque  virtutes  —  94  ac  tamen  hie  .  . 

Caesar  und  Livius  stimmen  im  gebrauche  von  atqm  vor 
consonanten  ebenfalls  mit  den  obigen  regeln  durchaus  überein ,  nur 
dasz  diese  Schriftsteller  auch  da ,  wo  atqu^e  vor  consonanten  erlaubt 
wäre )  lieber  ac  setzen.  Caesar  h.  g.  II  6  GaUorum  eadem  atque  Bei' 
garum  oppugnaiio  est  —  6  lapides  ac  tela  —  11  strepitu  ac  tumuUu 

—  12  ea;  terrore  ac  fuga  —  13  in  fidem  acpotestatem  —  14  dementia 
ac  mansuetudine  —  19  ratio  aliter  se  häbebat  ac  Belgae  detülerant 

—  19  cum  iUi  se  in  süvas  redperent  ac  rursus  in  nostros  impetum 
facerent  —  19  pulsis  ac  proturbatis  —  23  cursu  ac  lassitudine  — 
24  adversis  hostibus  occurrebant  ac  rursus  fugam  petebant  —  24  ab 
decumana  porta  ac  summo  iugo  coUis  —  25  proelio  excedere  ac  tela 
vitare  —  25  spe  iUata  militibus  ac  redintegrato  animo  —  26  aitdadus 
resistere  a  c  fortius  pugnare  coeperunt  —  28  gente  ac  nomine  Nervi- 
orum  —  28  aestuaria  ac  paludes  —  28  miseros  ac  supplices  — 
29  secum  agere  acportare  —  30  ac primo  .  .  —  31  petere  ac  depre- 
cari  —  31  dementia  ac  mansuetudine  —  31  sibi  omnes  finitimos  esse 
inimicos  ac  suae  mrtuti  invidere  —  ||  III  3  cum  tantu/m periculi prae- 
ter opinionem  accidisset^  ac  iam  omnia  .  .  —  4  alii  integris  viribus 
succedebant,  a  c  non  modo  defesso  ex  pugna  excedendiy  sed  . .  —  4  lod 
relinquendi  ac  sui  redpiendi  faadtas  —  5  cum  iam  amplius  horis  sex 
pugnaretur ,  a  c  non  solum  vires ,  sed  etiam  .  .  —  5  paulisper  inter- 
müterent  proelium  a  c  tantummodo  .  .  —  6  quod  iussi  sunt  faciunt, 
a c  subito  .  .  —  6  in  fugam  coniciunt  ac  ne  consistere  quidem pati- 
tintur  —  6  in  provinciam  reverti  contendit  a  c  nullo  hoste  prohibente 
legionem  perduxit  —  7  Silii  atque  Velanii  —  9  ac  iam  ut  omnia  .  . 

—  9  Eomanos  nullam  facultatem  habere  navium  neque  insulasnovisse] 


174  PStamm:  ac  und  atque  yor  consonanten. 

a  c  longe  aliam  esse  .  .  —  10  partiendum  ac  latius  distribuendum  — 
11  ne  atucüia  mittantur  ac  tantae  nationes  coniungantur  —  12  üa 
oppugnatio  impediebatur;  ac  si  qaando  .  .  —  12  aggere  ac  molibus 

—  12  raris  ac  prope  nuUis  partibus  —  13  vada  ac  decessum  aestas 
— 13  tanias  tempestates  sustineri  a  c  tanta  onera  navium  regt  veiis 
non  passe  arbitrabantur  —  14  quae  ubi  convenü  a  c  primum  ab  hosti" 
bus  Visa  est  —  14  coUes  ac  loca  superiora  —  lö  binae  ac  temae  naves 

—  15  ac  tarn  .  .  —  lö  malacia  ac  tranquiUitas  —  17  his  praeerat 
Tirodovix,  ac  summam  imperii  tenebat  earum  civiiatumy  quae  .  .  — 
19  inscientia  ac  defäigatione  —  19  ut  ne  unum  quidem  impetum 
ferrent  ac  statim  ierga  verterent  —  19  alacer  acpromptus  —  19  moüis 
ac  minime  resistens  —  25  canstanter  ac  non  timide  —  28  longe  aJia 
ratione  ac  rdiqui  QaUi  —  28  süvas  ac  paludes. 

Li  vi  US  XLI  5y  2  terrore  ac  tumultu  —  7, 10  ad  mare  ac  naves 

—  9,2  sociorum  ac  Latini  nominis  —  9,9  socH  ac  Latini  nominis 

—  10,  13  aeque  ac  prius  —  11,  4  coniugum  ac  liberorum  —  13,  2 
inUam  ac  semine  aspersam  —  16,  9  virtutc  ac  felicUate  —  21,  7  a 
canibus  ac  vöUuribtis  —  21,  10  ferias  ac  supplicationem  —  22,  7 
potuerint  ac  debuerint  —  24,  3  ac  primum  omnium  .  .  —  24,  6  ac 
scimus  . .  —  24,  9  aequ^  ac  Thessali  —  27,  8  ac  super  . .  ||  XLII 3,  6 
detexisset  ac  prope  diruisset  —  7,  6  imperat  ui  equos  conscendant  ac 
tribus  partibus  in  hostes  incurrant  —  8,  6  laceratos  ac  ddeios  —  11,6 
alere  ac  fovere  —  11,  6  robore  ac  viribus  —  13,  4  favore  ac  bene- 
voUntia  —  15,  7  amicorum  ac  sateUitum  —  16,  2  sateüites  ac  servi 

—  16,  3  sopitum  ac  nihil  sentientem  —  16,  3  exigua  ac  prope  nulla 

—  18, 1  latrociniorum  ac  veneficiorum  —  19,  5  curae  ac  velut  tutdae 

—  21,  2  pugnasse  se  scripsit  ac  sex  milia  eorum  occidisse  —  21,  3 
contra  ius  ac  fas  —  22,  3  statueret  ac  iudicaret  —  26,  2  comprimi 
ac  sedari  —  29,  1  Macedonici  ac  Romani  belli  —  34,  6  reportaii  ac 
dimissi  —  34,  7  spectatorem  ac  iudicem  —  34,  15  senatus  ac  con* 
sulum  —  37,  9  qui  Philippi  beUo  hostes  fuissent  ac  nuper  ,  .  — 
38,  2  progressi  a  c  paucos  ibi  morati  dies  —  39,  8  hospitalis  ac  benigna 

—  41 ,  4  publice  ac  privatim  —  43,  9  nobilis  ac  potens  —  46,  4  ius 
ac  potestas  —  46,6  sibi  ac  Romanis  —  47,8  iusto  ac  pio  —  49 ,  2 
dignitate  ac  maiestate  —  52 ,  10  subadi  atque  durati  beüis  —  54 ,  6 
capta  ac  direpta  —  54,  8  fossa  ac  vallo  —  54, 10  Macedoniam  atque 
Magnesiam  —  55,  2  asperi  ac  prope  invii  —  57,  6  cum  equitibus  ac 
levi  armaiura  —  58,  14  inter  aciem  ac  vallum  —  63,  12  regis  ac 
Macedonum  —  ad  mare  ac  naves  —  64,  4  tumultu  ac  terrore  — 
64,  10  sparsos  ac  dissipa'os  —  65,  12  cum  equitatu  ac  levi  armaiura 

—  67,  7  capta  ac  direpta, 

Sallustius  liebt  wie  Cicero  die  form  atque  vor  consonanten, 
setzt  dieselbe  jedoch  niemals  abweichend  von  dem  oben  ausgespro- 
chenen gesetze.  CcU,  1  pronus  atque  ventri  oboediens  —  gloria  fluxa 
atque  fragilis  —  2  urbes  atque  nationes  —  periculo  atque  ncgotiis  — 
aequabilius  atque  constantius  —  mutari  ac  misceri  —  lubido  atque 
superbia  —  dediti  ventri  atque  somno  —  vivere  atque  frui  —  3  ac 


PStamm:  ae  und  atgue  vor  oonsonanten.  175 

mOU  quidem  . .  —  virtule  aique  glaria  —  ac  me,  cum  ab  rdi^torum 
m%oribti8  dissefUirem^  invidia  vexabai  —  4  miserUs  atgue pericidis  — 
socordia  aigue  desidia  —  scderis  atque  pericuU  navUate  —  5  simuilaior 
ac  dissmuHaiar  —  pessuma  ac  dworsa  —  res  harkUur  supra  repetere 
ac  pauds  insHMa  maicrum  dami  miUUaeque  . .  dmerere  —  pessima 
acflagiUosissima  —  6  liberum  atquesckUum  —  7  simul  ac  beUipaUens: 
erat  —  in  scortis  atque  canvwüs  —  10  labwre  atque  hMtUia  —  saemrc: 
fartuna  ac  miscere  omnia  co^  —  11  ddUs  atque  faüacm  —  12domo8 
atque  vtüas  —  13  ^^uaestui  atque  sun^^i  —  14  flagitiorum  atg^ 
fadnarum  —  numtM  atque  Ungua  —  16  faimam  atque  pudorem  — 
mtaikis  atque  cruddis  —  18  tnopia  atque  mali  mores  —  20  maxumium^ 
atque  pukherrimum  —  ius  (xtque  dicianem  —  anms  atque  divUüs  H 
luff.  21  co^um  atque  patratum  —  22  bene  atque  strenue  —  23  fcsea 
atgue  vaüo  —  pcUicendo  ac  miserando  —  25  mäu  atque  Wridine  — 
actametsi, .  —  26  Numdas  atque negotiataresprcmiecue  —  27tfi^er- 
pdlando  ac saepe  iurgiis  —  acni. .  —  gratiae  atquepecuniae  —  29 
in  castravemt  acpauca  locuttis  • .  transigit  —  30  ac  masoume  —  deoere 
eaMuimavi  orationem  eius perscribere;  acpoiisaumum  ea  dicam  . .  — 
31  mtdta  me  dehartantur^  opes  factiams^  ius  nuStim,  ac  maxum^ 
quad  . .  —  ignavia  atque  socordia  —  damna  atque  dedecora  —  b<Ma 
atque  paces  —  32  perlata  rogatione  a  Memmio  ac  percidsa  omni 
noUnUtate  —  33  ac  tametsi  —  34  regem  teurere  iubet]  ac  tametsi  — 
35  Bomücari,  proxumo  ac  maxume  fido  sibi,  imperat^  insidiatores^ 
Mässivae  paret  ac  maxume  occuUe  Numidam  interfidat  —  loca  atque- 
tempora  —  gratiam  atque  pecuniam  —  36  maturat  in  Afiricam  por- 
tare\  ac  statim  ipse  profectus  .  •  —  pcUiceri  dedüionem  ac  deinde 
metum  simulare  —  ac  fuere  qui .  .  —  38  nocte  atque  nübibus  obscu- 
ratum  —  nox  atque  praeda  —  39  metus  atque  maeror  —  Aulo  omne& 
infestij  ac  maxume  qui .  .  —  invidiam  ac  deinde pericutum  timens 

—  suo  atque  poptUi  iniussu  —  licentia  atque  lascivia  —  40  per  amicos 
ac  maxume  per  homines  —  41  mos  faäionum  ac  deinde  omnium 
mälarum  artium  —  lascivia  atque  superhia  —  ^2  per  sodos  ac  nomen 
Latinum' —  45  iuxta  ac  si  hostes  adessent  —  vaüo  atque  fossa  — 
46  lugurtha  diffidere  suis  rebt^^  ac  tum  demum  deditionem  facere 
conaius  est  —  legatos  diverses  aggreditur  acpauüatim  temptando  per- 
suadet . .  —  pariter  acsi  hostes  adessent  —  48  ubi  MeteUi  dicta  cum 
fadis  composuü  ac  se  suis  artibus  temptari  animadverttt  —  copias 
parat  acper  tramites  occUttos  Metellum  antevenit  —  öleastro  ac  myr- 
tetis  —  pecore  atque  cuUoribus  —  49  ipsi  atque  signa  müitaria  — 
equitatum  in  cornibus  locat,  ac  pauca  müites  hortatus  inpHanum  de- 
ducit  —  50  pro  re  atque  loco  —  ne  forte  adversariis  rec^tui  ac  post 
munimento  foret  —  a  sinistra  ac  dextera  —  51  foeda  atque  miserabüis 

—  resistere  ac  propulsare  —  hostes  atque  dves  —  52  suos  in  aequum 
hcum  deducU  ac,  dum  legatus  ad  flumen  pergity  aciem  exornat  — 
53  arma  capiunt  a  c  pro  castris  consistunt  —  Numidae  fugam  fadunty 
ac  plerique  abieäis  armis  integri  äbeunt  —  acprimo  —  54  agri  ac 
pecoris  —  55  fuga  atque  formido  —  postremos  in  agmine  temptare 


176  PStamm:  oe  and  atque  vor  consonanten. 

ac  statim  in  coUes  regredi  —  56  in  loca  occuUa  discedity  ac  postpatdo 
cognoscit  .  .  —  ac  ni  Marius  properavisset  .  .  —  67  pro  tempore 
atque  loco  —  alii  succedere  a  c  murum  modo  suffodere ,  modo  .  .  — 
58  fundere  atque  fugare  —  equUatum  misit  ac  statim  Marium  cum 
cohortihus  sociorum  —  59  implicare  ac  perturbare  —  60  eos  laetoa 
modOj  modo  pavidos  animadvorteres ^  ac  sicut  .  .  monere  oZtt,  alii 
hortari  —  consulto  lenius  agere  ac  diffidentiam  rei  simidare. 

Wem  diese  beispiele  noch  nicht  genügen  sollten,  der  findet 
auszerdem  eine  reichhaltige  samlung  in  Merguets  lexicon  zu  den 
reden  Ciceros  u.  atque.  die  hier  verzeichneten  stellen  bestätigen 
lediglich  das  oben  gesagte  mit  ausnähme  von  einigen  wenigen,  über 
die  weiter  unten  gehandelt  werden  soll. 

Es  finden  sich  nemlich  in  unsem  ausgaben  einige  stellen,  die 
der  oben  unter  11  ausgesprochenen  regel  widersprechen,  die  zahl 
derselben  ist  jedoch  so  gering,  dasz  man  gegenüber  der  erdrückenden 
masse  der  übereinstimmenden  fälle  kein  bedenken  zu  tragen  braucht 
den  Widerspruch  dieser  stellen  durch  emendation  zu  beseitigen,  glück- 
licherweise ist  dies  aber  nicht  einmal  in  allen  fällen  nötig,  sondern 
man  hat  mehrfach  nur  die  hsl.  Überlieferung  herzustellen,  und  der 
Widerspruch  schwindet,  so  verhält  es  sich  mit  folgenden  stellen  aus 
Cicero,  de  fin.  III  59  liest  man  in  den  ausgaben:  atque  perspicuum 
etiam  ülud  est  usw.;  die  hsl.  lesart  ist  aber  atqui^  wozu  Madvig  be- 
merkt: *nec  tamen  (atqui)  in  hac  adiunctione  novi  argumenti  locum 
habere  videtur.'  und  doch  hat  atqui  diese  anfügende'  bedeutung 
*nun  aber,  nun  femer,  und  ebenso',  wie  andere  stellen  beweisen : 
de  div.  II  9  ad  nullam  igitur  earum  rerum ,  quae  sensu  accipiuntur, 
divinatio  adhihetur.  atqui  ne  in  üs  quidem  rebus,  quae  arte  tradan- 
tury  divinatione  opus  est:  'wie  die  sinnlich  wahrnehmbaren  dinge 
nicht  gegenständ  der  divinatio  sein  können,  ebenso  ferner  auch 
nicht'  usw.;  weitere  kategorien  von  dingen  werden  dann  in  den  fol- 
genden §§  angeführt  ganz  in  derselben  bedeutung  ist  atqui  ebd. 
§  14  gebraucht,  man  vergleiche  femer  de  div.  II  122  quaero  ctiamj 
si  velim  scribere  quid  aut  legere  aut  canere  . .  somniumne  expetendum 
Sit  an  ars  adhibenda,  sine  qua  nUiil  earum  rerum  expcdiri  potcst. 
atqui  ('und  ebeubo')  ne  si  navigare  quidem  velim ,  ita  guberncm^  ut 
somniaverim;  praesens  enim  poena  sit.  be^onders  instmctiv  für  diesen 
gebrauch  der  partikel  atqui  ist  die  stelle  de  off.  III  13  cUqui  (nach 
Fleckeisens  emendation,  die  hss.  atque)  iUud  quidem  honestum^  quod 
proprie  vereque  dicitur^  id  in  sapientibus  est  sdis  usw.  der  Schriftsteller 
will  zeigen,  dasz  die  comparatio  honesti  et  utilis^  dh.  der  widerstreit 
zwischen  dem  sittlichen  und  nützlichen  eigentlich  keinen  sinn  habe, 
und  zwar  sowohl  nach  der  schroffen  ansieht,  welche  die  stoiker  über 
das  höchste  gut  aufgestellt  haben  (§  12  u.  13),  als  auch  ebenso 
nach   den  gewöhnlichen  begriffen  von  dem  sittlichen  (vgl.  §  17). 


^  auch  in   dem   unterdattc   eines  logischen   Schlusses  fügt  atqui  ja 
ein  neues  glied  an,  daher  der  name  auumptio. 


PStamin:  ac  und  atque  vor  consonanten.  177 

:iiiin  tritt  hier  an  stelle  einer  kurzgefaszten  satzform,  zu  der  die  Par- 
tikel atqui  unmittelbar  passen  würde,  eine  loser  gefügte,  längere 
auseinandersetzung  ein,  an  deren  spitze  atqui  steht,  ohne  dasz  es 
dem  sinne  nach  auf  die  gleich  darauf  folgenden  werte  zu  beziehen 
wäre:  eine  freiheit  der  partikelstellung,  über  die  Madvig  zu  de  fin, 
118  sagt:  'fit  hoc  interdum  apud  Ciceronem,  ut  oratione  non  statim 
recto  cursu  eo  progrediente,  quo  debeat,  particula  conectens  inepta 
^deatur ,  si  ad  eam  sententiam  solam  referatur  y  in  qua  posita  sit.' 
während  an  der  eben  behandelten  stelle  die  partikel  atqui  ausdrückt, 
das2  eine  bestimmte  behauptung  wie  für  6inen  fall,  ebenso  auch 
für  einen  zweiten  gelte,  wird  de  nat.  d.  II  78  für  die  behauptung 
^eorum  Providentia  mundtMn  administrari  mit  den  werten  atqui 
necesse  est  ein  zweiter  beweis  eingeführt,  der  in  §  80  seinen  ab- 
schlusz  findet;  es  ist  demnach  auch  hier  zu  übersetzen:  *nnd  ebenso 
ferner  ist  es  notwendig'  usw.,  und  atqui  hat  hier  dieselbe  function 
wie  ebd.  III  29  itidem  und  ebd.  33  praeterea. 

£s  scheint  also,  um  auf  die  stelle  de  fin.  III 59  zurückzukommen, 
nicht  zweifelhaft,  dasz  daselbst  für  atque  zu  lesen  ist  atqui.  dasselbe 
gilt  aber  von  Tusc.  V  53,  wo  wir  in  den  ausgaben  lesen :  atque  si  in 
virtute  satis  est  praesidii  ad  hene  vivendum^  satis  est  etiam  ad  heate 
Qsw.  die  hss.  bieten  aber  atqui  ^  welche  partikel,  da  atque  am  satz- 
anfange vor  consonanten  nicht  steht ,  auch  hier  herzustellen  ist  und 
zwar  in  der  im  vorigen  nachgewiesenen  bedeutung.  nicht  anders 
liegt  die  sache  de  leg.  I  43.  hier  wird,  nachdem  im  vorhergehenden 
dargethan  ist,  dasz  nur  das  wahrhaft  gerecht  sein  kann,  was  auf  die 
natürliche,  richtige  vemunft  als  quelle  zurückgeht,  fortgefahren: 
cUqui  (so  die  hss. ,  die  ausgaben  atque)  si  natura  confirmatura  ius 
non  erity  virtutes  omnes  toUentur:  'und  ebenso  werden,  wenn  das 
recht  sich  nicht  auf  die  natur  stützt,  überhaupt  alle  tugenden  un- 
möglich.' 

Aber  noch  eine  andere  bedeutung  der  partikel  atqui  ist  bisher 
nicht  beachtet  worden:  atqui  hat  nemlich  auch  die  function  von 
igitur.  dies  zeigt  uns  deutlich  die  stelle  de  fin.  V  34  deinceps  viden- 
dum  est ,  quoniam  satis  apertum  est  sibi  quemque  natura  esse  carum^ 
quae  sit  hominis  natura;  id  est  enim ,  de  quo  quaerimus.  atqui  per» 
spicuum  est  hominem  e  corpore  animoque  constare  usw.  offenbar  führt 
hier  atqui  nach  vorangegangener  propositio  zur  abhandlung  über,  ist 
also  =  igitur.  m.  vgl.  ferner  Tusc.  V  40  qui  diffidit  suis  honis, 
beatus  esse  qui  potest?  at  diffidat  necesse  est^  qui  bona  dividit  triper- 
tito  (dh.  wer  auszer  der  tugend  noch  andere  guter  annimt,  wie  die 
peripatetiker)  .  .  atqui  nisi  stabili  bono  beatus  esse  nemo  potest.  hier 
steht  aiqui  für  igitur  sogar  in  der  conclusio :  denn  diese  wird  hier 
mit  atqui  gemacht,  nicht  etwa  mit  den  folgenden  worten  quid  ergo., 
die  sich  auf  die  ganze  vorhergehende  ausführung  beziehen,  auch  die 
stelle  Tusc.  II  43  gehört  hierher:  quod  et  postulatur  a  fortibus  et 
laudatur ,  cum  fit ,  id  aut  extimescere  veniens  aut  non  ferre  praesens 
nonne  turpe  est?  atqui  (oder  atquin)  vide  ne,  cum  omnes  rectae  animi 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  3.  12 


178  PStunm:  ae  nnd  atque  tot  cootoiiatiteo. 

adfecHones  usw. :  'nnmlnnliche  seh  wiche  wird  unter  aUen  antagendeB 
am  meisten  Terachtet,  stSrke  am  meisten  gelobt;  daher  scheint  der 
name  virt%i8  ursprQnglich  mit  fortiiudo  identisch  gewesen  nnd  erst 
spiter  auch  auf  die  fibrigen  tagenden  fibertragen  worden  zu  sein.'* 

Die  zuletzt  erschlossene  function  der  partikel  atqm  gewihrt  nna 
das  mittel  eine  weitere,  nach  der  fassung  des  ausgaben  mit  den  auf- 
gestellten regeln  fiber  den  gebrauch  Ton  atgue  vor  consonanten  in 
Widerspruch  stehende  stelle  Ciceros  zu  berichtigen.  Tusc  V  43  steht 
in  den  ausgaben :  atque  cum  perturhaiiones  animi  «Mseriam,  sedationes 
autem  vUam  efficiant  beatam  .  .  concUationibus  quem  liberum  videna^ 
hunc  duhitabis  beatum  dieere?  allein  die  hss.  haben  at  qirieuwtque ; 
es  ist  also  atqui  cumperturbationes  herzustellen,  xmd  zwar  hat  die 
Partikel  hier  offenbar  die  bedeutung  yon  igitur ,  da  aus  den  vorher- 
gehenden ausführungen  das  re^ultat  gezogen  wird. 

An  einigen  andern  stellen  freilich ,  wo  die  hss.  gegen  die  regel 
atque  bieten,  ist  eine  emendation  yorzxmehmen,  so  in  Verrem  III  48 
atque  perinde  loquar^  quasi .  . ,  wo  nach  atque  das  pronomen  ea  oder 
haec  einzuschalten  ist,  das  zu  dem  sinne  gut  passt,  wie  schon  Orelli 
gesehen,    ebenso  ist  de  har.  resp.  8  zu  lesen :  atque  is  pauIo  amte^ 
patres  conscnpti,  contianem  habuit,  auch  zu  dem  zwecke,  damit  das 
yerbum  ein  subject  habe.  p.  Cadio  45  ist  statt  ndque  scUote  mit  Lam- 
bin  zu  lesen  atqui  scUote^  da  ein  sjllogismus  an  dieser  stelle  vorliegt 
('nun  aber  wisset'),  fiber  die  stelle  p,  Mü.  33  kann  wohl  wegen  der 
Ifickenhaftigkeit  der  fiberlieferung  hinweggegangen  werden,  atqui  ist 
auch  mit  Orelli  ua.  zu  lesen  anstatt  atque  sie  a  summis  homimbus 
accepimus  an  der  stelle  p.  Archia  18 ;  der  redner  sagt  nemlich :  'ich 
soll  den  Archias  nicht  lieben,  nicht  verteidigen?   und  doch  haben 
wir  (oder:  haben  wir  doch)  von  den  grOsten  gelehrten  gehört,  dasz 
ein   dichter  niemand  sein  kann  ohne  einen  göttlichen  anhaucb.' 
ebenso  ist  de  leg.  II  24  (bisher  cUq%ie  mea  quidem  eadem  sententia 
est)  und  de  fin,  IV  62  (bisher  atque  si  verum  respandere  veües)  statt 
atq%ie  zu  lesen  atqui  (vgl.  Brut.  279),  da  diese  partikel  hSufig  im 
dialog  beim  Wechsel  der  redenden  person  gebraucht  wird :  vgl.  de 
not.  d.  I  16;  de  ar.  II  204;  Caic  tu.  59 ;  de  rep.  I  58;  II  30;  Tuse. 
y  15;  de  fin.  IV  2;  Livius  VIII  9,  1  (-»  'nun  denn,  nun  gut,  nun 
wohlan'),    auch  die  stelle  de  not.  d,  II  149  Ungua  cocem  inmoderate 
profusam  fingü  et  terminat  atque  sonos  vods  distinctas  ei  pressos 
efficit  kann  nicht  richtig  sein,  da  nach  regel  II  bei  anfUgung  von 
Sätzen  atque  vor  consonanten  nicht  steht;  es  ist  daher  hier  dem 
sinne  entsprechend  für  atque  zu  lesen  iiaque  oder  atque   ita. 
auch  bei  Caesar  b,  g.  IV  25 ,  3  (die  einzige  Caesarstelle ,  wo  atque 
regelwidrig  steht)  dürfte  zu  lesen  sein:   itaque  nostris  militibus 

'  um  die  sache  sa  erschöpfen,  sei  noch  hinzugefügt,  dasz,  wie  für 
atqui  mitunter  at  steht  (zb.  bekanntlich  in  der  assumptio,  femer  in  der 
bedeutung  ''und  doch,  gleichwohl',  vgl.  TWr.  V  114  mitte,  de  imp.  Pomp.  61), 
so  auch  umgekehrt  für  ai  bisweilen  aiqui  eintritt  und  die  bedeutung 
'hingegen'  annimt,  vgl.  de  leg.  I  44  u.  de  fin.  I  68;  alqui  in  der  assumptio, 
wie  Madvig  will,  liegt  an  letzterer  stelle  nicht  vor. 


OESchmidt:  za  CiceroB  briefen  an  M.  Brutus.  179 

eundcmtilms  usw.  de  or.  I  54  und  Nepos  Eum.  3,  6  (einzige  wider- 
sprechende Neposstelle)  emendieren  sich  leicht  durch  umstellang; 
Cic.  p.  Balbo  31  lies  praeclare. 

An  einer  andern  stelle^  Cic.  defin.  V  40,  steht  otqtM  in  den  aus- 
gaben (Baiter,  Madvig,  Müller)  unrichtig  infolge  nicht  zutreffender 
emendation.  man  liest  dort:  sicextitit  extremurn  amnium  appetendorum 
(xtque  ductum  a  prima  commendatione  naturae  fnüUis  gradihus  ascendit^ 
ut  ad  summum  pervenirei.  mit  extüit  vor  extremurn  hat  Madvig  die 
Ificke  ausfüllen  zu  sollen  geglaubt,  die  die  hsl.  Überlieferung  an  dieser 
stelle  offenbar  zeigt,  da  aber  so  atqti^  zur  anfügung  eines  neuen 
Satzes  Tor  einem  consonantisch  anlautenden  worte  stehen  würde, 
was  nicht  gestattet  ist :  so  ist  die  lücke  vielmehr  vor  atqtte  zu  suchen 
und  mit  rücksicht  auf  den  ausgang  des  wertes  appetendorum  zu 
schreiben:  sie  extremum  amnium  appetendorum  ort  um  atque  ductum 
a  prima  usw.  {orior  ist  ganz  in  derselben  weise  gebraucht  de  off. 
I  15).  ebenso  kann  auch  acad.  l  2  die  von  Durand,  Halm  und  Baiter 
gebilligte  lesart  hie  pauca  primo^  atque  percontantibus  nobis^  ecquid 
forte  Roma  novi^  Ätticus:  omitte^  inquit^  et  quaere  potius  usw.  nicht 
richtig  sein,  sondern  es  ist  das  hsl.  ea  nach  atque  beizubehalten  und 
dann  eine  lücke  anzunehmen. 

Rössel  in  Ostpreuszbn.  Peter  Stamm. 


28. 
ZU  CICEROS  BRIEFEN  AN  M.  BRUTUS. 


Die  bereits  im  j.  1884  angekündigte  ausgäbe  der  briefe  Ciceros 
an  M.  Brutus  läszt  länger  auf  sich  warten,  als  die  herausgeber  selbst 
bei  abfassung  ihrer  vorläufigen  ankündigung  (vgl.  Teubners  mit- 
teilungen  1884  n.  3)  vermuten  konnten,  so  sehr  das  im  interesse 
der  endgültigen  erledigung  des  echtheitsstreites  zu  bedauern  ist ,  so 
wenig  trifft  doch  die  hgg.  die  schuld  der  Saumseligkeit,  die  Ver- 
zögerung ist  lediglich  in  den  Schwierigkeiten  begründet^  welche  mit 
der  klarlegung  der  Überlieferungsgeschichte  und  mit  der  beschaffung 
des  kritischen  apparates  verbunden  waren,  für  die  Überlieferungs- 
geschichte zumal  musten,  da  die  Brutusbriefe  fast  nie  für  sich  allein, 
sondern  meist  in  gesellschaft  der  Atticusbriefe  usw.  auftreten,  von 
den  hgg.  fast  dieselben  vorarbeiten  gemacht  werden,  als  ob  eine 
ausgäbe  der  ganzen  briefgruppe  an  Brutus,  an  Quintus  und  an 
Atticus  geplant  sei.  die  unterdes  erschienenen  abhandlungen  von 
LGurlitt  ^der  archetypus  der  Brutusbriefe'  in  diesen  jahrb.  1885 
s.  561  ff.  und  vom  unterz.  ^die  handschriftliche  Überlieferung  der 
briefe  Ciceros  an  Atticus,  Q.  Cicero,  M.  Brutus  in  Italien'  in  bd.  X 
der  abhh.  der  k.  sächs.  gtis,  der  wiss.  s.  273 — 380  werden  zum  min- 
desten das  Zeugnis  ablegen,  dasz  die  vorarbeiten  zur  ausgäbe  auf 

12* 


180  0£Schmidt:  zu  Ciceros  briefen  an  M.  ßmtuB. 

breiter  grundlage  und  mit  redlicher  mühe  betrieben  worden  sind, 
die  nachforschungen  des  unterz.  in  Italien  haben  zwar  das  einstige 
Vorhandensein  einer  vom  Yeronensis,  dem  archetjpus  von  M,  unab- 
hängigen Überlieferung  ergeben,  welche  zu  anfang  des  fünfzehnten 
jh.  in  der  bibliothek  der  Visconti  zu  Pavia  vertreten  war,  jedoch 
diese  Überlieferung  selbst  nur  in  d6r  gestalt  ans  licht  gebracht,  in 
welcher  sie,  vermutlich  von  Niccolo  Niccoli,  in  den  Mediceus  ein* 
gezeichnet  worden  ist.  immerhin  besteht  die  möglichkeit,  dasz  trotz 
der  Verschleppung  und  teilweiseu  Vernichtung  der  bibliothek  von 
Pavia  durch  die  Franzosen  das  dort  ehedem  vorhandene  selbständige 
exemplar  der  briefe  sich  irgendwo  in  Italien  oder  in  Frankreich  er- 
halten habe  oder  dasz  wenigstens  eine  brauchbare  copie  desselben 
noch  vorhanden  wäre  (ao.  s.  322  f.  336  f.  327  f.  370).  diese  copie 
müste  freilich ,  um  wert  für  die  textgestaltung  zu  erhalten ,  von  den 
conjecturen  und  interpolationen  der  humanisten  des  15n  jh.  frei,  also 
von  der  vulgata  der  jungem  hss.  ziemlich  verschieden  sein,  dem- 
nach kann  zb.  die  ed.  pr.  Jensoniana,  obwohl  sie  von  einer  Überliefe- 
rung, die  von  M  unabhängig  war,  beeinfluszt  ist,  doch  nicht  zur  text- 
gestaltung herangezogen  werden,  weil  sie  nicht  nur  Poggios  con- 
jecturen enthält,  sondern  auch  durch  ganz  augenfällige  interpola- 
tionen entstellt  worden  ist.*  oder  welches  kritische  ingenium  ver- 
möchte bei  einem  so  gearteten  texte  zwischen  Wahrheit  und  dich- 
tung  die  richtige  grenze  zu  ziehen?  wir  sind  also  bis  auf  weiteres 
noch  immer  vorzugsweise  auf  den  ehrwürdigen  Mediceus  angewiesen, 
und  es  erscheint  auch  sehr  wohl  möglich,  den  text  mit  hilfe  des 
codex  M  richtig  zu  gestalten,  wenn  nur  die  correcturen  dieser  hs. 
richtig  classificiert  und  richtig  gewürdigt  werden,  eine  aufgäbe  zu 
deren  lösung  in  der  genannten  abh.  des  unterz.  die  grundlagen  ge- 
schaffen sind  (vgl.  die  receusion  von  F[ranz]  R[ühl]  im  litt,  central- 

*  nicht  nur  die  Jensoniana,  sondern  auch  die  noch  wertlosere 
Romana  hat  neuerdings  wieder  in  KLehmann  (Wochenschrift  für  class. 
philol.  1886  n.  30  f.)  einen  Verteidiger  gefunden,  dann  hat  Lehmann 
ebd.  1887  n.  16  ^die  meisten  hss.',  insonderheit  einen  Ambrosianus  £  und 
eine  Kömische  hs.  s  als  zeugen  «finer  oder  mehrerer  von  M  unabhängiger 
Überlieferungen  erklärt,  ich  verweise  dagegen  auf  das  zweite  capitcl 
meiner  oben  genannten  abh.  s.  363—868  und  auf  meinen  aufsatz  in  der 
Wochenschrift  für  class.  philol.  1887  n.  32  f.  endlich  hat  Lehmann  in 
n.  45  der  genannten  Wochenschrift,  ohne  das  von  mir  beigebrachte  mate- 
rial  zu  entkräften,  seine  ansieht  von  £  durch  einige  weitere  stellen  zu 
stützen  gesucht,  entsprechend  dem  Standpunkte,  den  ich  in  meinem 
aufsatze  in  der  Wochenschrift  ao.  eingenommen,  halte  ich  gegenwärtig 
ein  weiteres  eingehen  auf  diese  controverse  für  nicht  angezeigt,  da  ein 
bestimmtes  urteil  erst  abgegeben  werden  kann,  wenn  Lehmann  sein  hsl. 
material  im  Zusammenhang  vorgelegt  haben  wird,  in  seinem  letzten 
aufsatze  hat  Lehmann  auch  aus  einer  Turiner  hs.  O  proben  veröffent- 
licht, welche  allerdings  den  anschein  erwecken,  als  ob  hier  eine  von 
M  unabhängige  Überlieferung  im  spiele  sei;  doch  müssen  auch  hier 
weitere  Veröffentlichungen  abgewartet  werden,  ehe  man  erkennen  kann, 
ob  die  hs.  in  erster  band  verhältnismäszig  rein  oder  contaminiert  oder 
stark  interpoliert  sei. 


OESchmidt:  zu  Ciceros  briefen  an  M.  Bratus.  181 

blatt  1887  sp.  1769  ff.),  ich  gehe  nunmehr  zu  dem  kritischen  apparat 
der  briefe  an  M.Brutus  insbesondere  über,  für  das  sogenannte  zweite 
bnch  (in  Wahrheit  die  erste  hälfte  des  neunten  buches)  sind  wir 
einzig  und  allein  auf  den  text  angewiesen ,  welchen  Cratander  aus 
seiner  alten  hs.  in  der  ausgäbe  von  1528  zuerst  veröffentlicht  hat. 
es  ist  anzunehmen,  dasz  dieses  textstück  von  conjecturen  und  inter- 
polationen  des  humanistischen  Zeitalters  frei  ist,  weil  Cratanders  alte 
hs.  den  Italiänern  des  1 5n  jh.  offenbar  nicht  zugänglich  war ,  sonst 
würden  sie  längst  das  fehlende  stück  des  neunten  buches  ad  M.  Bru- 
tum  veröffentlicht  haben,  die  textgestaltung  des  sog.  ersten  buches 
an  M.  Brutus  (in  Wahrheit  der  zweiten  hälfte  des  neunten  buches) 
hat  auszugehen  von  M'.  dazu  kommen  die  ergänzungen  und  cor- 
recturen  von  M'  (Coluccio)  und  M"  (Niccolo),  doch  finden  sich  auch 
unter  Coluccios  lesarten  ohne  Vorzeichen  einzelne  conjecturen  Co- 
Inccios,  zu  welchen  er  bei  seinen  versuchen  den  archetjpus  (Vero- 
neusis)  zu  entziffern  gelangte,  etwa  in  gleichem  werte  wie  M*^  steht 
C  (=  randnoten  der  ausgäbe  Cratanders).  wäre  der  alte  codex,  aus 
welchem  Cratander  seine  noten  teilweise  schöpfte,  selbst  erhalten 
(entsprechend  den  Würzburger  und  Mühlbacher  fragmenten  der 
Atticusbriefe) ,  so  würde  derselbe  ohne  zweifei  über  M  stehen,  so 
aber  finden  sich  leider  unter  C  auch  lesarten  aus  jungem  hss. ,  die 
auf  conjectur  zurückzugehen  scheinen  (vgl.  meine  abh.  ao.  s.  368 
and  Hofmann  ^der  kritische  apparat'  usw.  s.  36  f.) ;  deshalb  ist  es 
unmöglich  C  ohne  weiteres  in  allen  fällen  =  M*  oder  gar  über  M^ 
zu  stellen,  zu  den  genannten  hilfsmitteln  kommt  noch  der  Guelfer- 
bytanus  W,  welcher  eine  von  M  unabhängige  abschrift  eines  ver- 
sprengten trümmerstücks  des  Yeronensis  zu  enthalten  scheint,  und 
der  Dresdensis  D,  der  ebenfalls  zwar  auf  den  Veronensis,  nicht  aber 
auf  M  zurückgeht,  endlich  kann  der  Berolinensis-Hamilton  H,  eine 
von  Poggio  im  j.  1408  gefertigte  copie  von  M,  dazu  dienen,  den 
texbestand  des  Mediceus  im  j.  1408,  also  nach  Coluccios  correctur 
und  vor  Niccolos  correctur  ohne  Vorzeichen,  festzustellen  und  als 
mittelglied  zwischen  M  und  der  vulgata  manche  lesart  jüngerer  hss. 
aufzuklären. 

Die  folgende  bebandlung  einiger  stellen  aus  dem  sog.  ersten 
buche  der  briefe  an  Brutus  mag  zeigen,  wie  ich  die  von  mir  ge- 
gewonnenen anschauungen  vom  kritischen  apparat  bei  der  feststel- 
lung  des  textes  zu  verwerten  gedenke. 

I  2,  6  (Wesen berg)  opprimemini,  mihi  crede^  Brüte  ^  nisipro- 
videtis  MH.  provideatis  W.  provideris  D.  schon  Poggio  hatte  die 
richtige  lesart  erkannt,  denn  er  liesz  in  einer  spätem  recension  P 
(codex  Mediceus  49,  24,  vgl.  meine  abh.  s.  359  f.)  schreiben  pro- 
videritis',  eine  spur  der  richtigen  lesart  zeigt  auch  W,  vgl.  Petrarcas 
citat  de  remediis  utr.  fort.  II  117  s.  234  opprimemini ,  mihi  crede^ 
Brüte ,  inquit  [Cicero] ,  nisi  promderitis, 

I  5,  3  Ciceronem  nostrum  in  vesirum  collegium  cooptari  volo. 
existimo  omnino  dbsentium  rationem  sacerdotum  comitiis  posse  haheri; 


1 82  OEScbmidt :  zu  CiceroB  briefen  an  M.  Bratatt. 

natn  etiam  factum  est  antea :  Gaius  enim  Marius  cum  in  Cappadoda 
esset ,  lege  Domüxa  (actus  est  augur^  nee,  quo  minus  id  postea  liceret^ 
uUa  lex  sanxit;  est  etiam  in  lege  lutia^  quae  lex  est  de  sacerdotOs 
proxima^  his  verbis:  QVI  PETET  CVIVSVE  RATIO  HABEBITVR: 
aperte  indicat  posse  rationem  haberi  etiam  non  praesentis.  M  *  liest 
aperte  indicat  posse  rationem  haberi  nonpetentis^  erst  M'  hat  etiam 
nach  haberi  eingeschoben  und  petentis  in  praesentis  corrigiert.  am 
rande  steht  von  M'  fpotentis,  W  liest  indicat  %  rationem  post  se  heri 
etiam  non  petentis.  zunächst  fällt  4&s  abgerissene  aperte  indicat  anf ; 
ich  würde  auch  ohne  die  spur  des  richtigen  in  W  darauf  kommen 
zu  schreiben  indicatum.  das  von  M'  eingeschobene  etiam  ist  ge- 
sichert durch  das  Zeugnis  von  W,  nicht  aber  die  andere  correctnr 
Coluccios  praesentis,  da  M  ^Wpetentis,  M '  ipotentis  schreiben,  meiner 
ansieht  nach  ist  die  lesart  petentis  beizubehalten,  denn  wenn  in  der 
lex  lulia  (vgl.  Lange  rOm.  alt.  II  s.  501  f.)  gesagt  war:  'in  ein 
priestercollegium  kann  gewählt  werden,  wer  sich  bewerben  wird  oder 
wer  sonst  berücksichtigt  werden  wird',  so  heiszt  das  nur,  dasz  die 
formelle  petitio  zur  erlangung  der  priesterstelle  nicht  nötig  war,  dasz 
aber  auch  auf  einen  nichtpetenten ,  der  durch  die  nominatio  des  col- 
legiums  (vgl.  ad  Br,  I  7,  1)  dem  volke  zur  wähl  vorgeschlagen  war, 
rücksicht  genommen  werden  könne,  demnach  zerfiel  der  wahlact  für 
die  priestercollegien  in  folgende  teile:  petitio  [nicht  unbedingt  not- 
wendig], nominatio^  creatio,  cooptatiOy  inauguratio  (vgl.  Lange  ao. 
II  s.  500  f.).  Coluccio  ist  durch  die  werte  existimo  amnino  absen- 
tium  rationem  sacerdotum  comitiis  posse  haberi  zu  seiner  correctnr 
verleitet  worden,  ich  lese  den  letzten  satz  der  stelle  nunmehr  wie 
folgt:  est  etiam  in  lege  lulia,  quae  lex  est  de  sacerdotiis  proxima ^  his 
verbis:  QVI  PETET  CFIFSVE  RATIO  HABEBITVR:  aperte indico- 
tum  posse  rationem  haberi  etiam  non  petentis. 

17,  1  in  Pansae  locum  petcre  constituit  M.  Tpense  W.  man  ver- 
miszt  ein  pronomen,  welches  den  petenten  L.  Bibulus  bezeichnet,  da- 
gegen ist  in  entbehrlich,  ich  vermute :  is  Pansae  locum  petere  con- 
stituit» so  schrieb  schon  Poggio  in  seiner  zweiten  recension  M  49, 24. 

I  11,  1  is  (Yetus  Antistius)  nobis  ultro  et  poUicitus  est  et  dedit 
sestertia  XX  ex  sua  pecunia.  offenbar  ist  die  summe  von  20000 
sestertien  =»  3700  mark  viel  zu  niedrig  für  eine  geldunterstützung, 
die  doch  dem  Brutus  als  beträchtlich  vorgekommen  sein  musz.  des- 
halb schreibt  man  gewöhnlich  HS  XX  «=  sestertium  vicies  «=  370000 
mark,  damit  stimmt  in  auffallender  weise  Plutarch  Brut.  25  überein, 
der  dieselbe  summe  mit  TrevrtiKOVTa  fxupidbec  (bpaXM^v)  bezeichnet, 
man  kann  also  kaum  daran  zweifeln,  dasz  diese  summe  auch  ad  Br, 
111,1  genannt  war.  nur  führt  uns  die  Überlieferung  sestertia  XX 
doch  auf  eine  andere  lesart  als  sestertium  vicies.  in  M  stand  ehemals 
eine  andere  zahl  übergeschrieben  —  von  welcher  band  ist  wegen  rasur 
nicht  mehr  festzustellen  —  im  archetypus  aber  stand  wohl  COCO, 
ein  doppeltes  nnciales  itf ,  aus  welchem  XX  sehr  leicht  entstehen 
konnte,   demnach  ist  zu  lesen  sestertia  MM. 


OESdiinidt:  za  Ciceros  briefen  an  M.  Brntos.  183 

I  11, 2  huic  (Veten  Anüstio)  persuadere  cupUmus^  id  imperatar 
m  eastris  remaneret  remque  pubÜcam  defenderd:  sMwt  id  sibi  *  *, 
^wmam  exercUum  dimisissä;  statim  vero  redUurum  ad  nos  CKm- 
fifnuwit  usw.  man  Bchreibt  cupiimus  erst  seit  Victorias;  eine  hal. 
beglanbignng  besitzt  diese  auffallende  form  nicbt,  da  sowohl  MWD 
als  C/  cupimus  schreiben,  was  wohl  auch  beibehalten  werden  musz* 
interessant  aber  ist  hier  das  verh&ltnis  der  jungem  flberlieferong 
sn  M«  Colaccio  hatte  in  M  die  beiden  ersten  buchstaben  auspungiert 
und  als  seine  conjectur  mit  seinem  namenszeichen  darüber  gesdbrie- 

1)611  C^  oe  «B  Colucins  cepmus.  diese  conjectur  ist  später,  vermutlich 
Ton  Niccolo  Niccoli,  welcher  auch  in  seinem  Paviensis  cupiimus  las, 
ausradiert  worden;  doch  hat  sie  Poggio,  als  er  M  im  j.  1408  copierte, 
tioch  gelesen,  denn  er  schrieb  in  H  cepmus^  was  sich  dann  auch  in 
P  (M  49,  24)  und  in  M  49, 19  findet;  dieselbe  findet  sich  aber  anch 
in  der  form  coepitnus  in  der  Bomana  und  Jeusoniana.  ich  kOnnte 
dieselbe  erscheinung  in  hundert  fällen  gegen  Lehmann  ins  leid  führen 
^Tgl.  m.  abh.  s.  361  f.),  allein  was  würde  es  nützen,  da  Lehmann 
bcNdanert  hier  einen  gegensatz  der  ansichten  constatieren  zu  müssen, 
'der  schlechterdings  keine  aussieht  auf  Vermittlung  bietet'?  —  Weiter- 
hin nimt  Wesenberg  nach  statuit  id  sibi  eine  lücke  an ;  es  ist  klar, 
dasz  das  folgende  dem  statuU  id  sibi  widerspricht,  aber  selbst  wenn 
man  mit  Wesenberg  nach  diesen  werten  ergänzt  nan  Ucere  oder 
fadendum  tum  esse^  will  das  statuU  nicht  passen,  ich  glaube  deshalb 
dasz  die  werte  stcUuit  id  sibi  selbst  verdorben  sind  und  schlage  vor 
negavU  id  fieri  posscy  quoniam  exercUum  dimisisset  usw. 

111,2  cuius  factum  omnihus  gratum  esse  debet,  gut  modo  iudi- 
€ant  hunc  exercUum  esse  reipublicaCy  tibi  tanto  gratius,  quantomaiore 
et  animo  gloriaque  libertatem  nostram  defendis.  M  ^  überliefert  hunc 
exercUum  esse  debet  rei  pubicae;  erst  von  Colnccio  ist  das  sinnlose 
debet  gestrichen;  aber  Niccolo  Niccoli  hat  es  am  rande,  und  zwar 
ohne  Vorzeichen,  also  aus  seiner  alten  hs.  wiederhergestellt,  dem 
entsprechend  findet  es  sich  auch  in  W,  stand  also  wohl  schon  im 
Veronensis ,  und  auch  D  schreibt  esse  debere.  nun  ist  es  allerdings 
möglich,  dasz  esse  debet  als  eine  alte  dittographie  des  obern  esse  debet 
anzusehen  ist,  ebenso  gut  aber  ist  es  mOglich,  dasz  Brutus  in  der 
ihat  esse  debere  geschrieben  hatte.  Poggio  hat  nach  Coluccios  Vorgang 
debet  unterdrückt,  und  —  bezeichnend  genug  —  es  fehlt  auch  in  B 
und  J.  statt  tibi  ianto  überliefert  W  tibique  tanto^  was  vielleicht  in 
den  text  zu  setzen  ist. 

I  11,  2  qui  etsi  nuUa  re  deterreri  a  proposito  potest ,  tamen  ex- 
cUari  tuis  laudibus  indulgentiaque  poterü,  statt  deterreri  liest  W 
detineri;  das  kann  allerdings  ein  bloszer  Schreibfehler  sein;  indes 
sagt  auch  Sallustius  Cat.  4  detineri  ab  incepto. 

1  13,  1  oro  atque  obsecro  te,  Cicero  j  necessUudinem  nostram 
tuamque  in  me  benevölentiam  obtestans  usw.  die  worte  in  me  stehen 
zwar  schon  in  der  Bomana  und  Jeusoniana,  fehlen  aber  in  MWD,  ent- 
behren also  der  hsl.  beglaubigung  und  sind  zu  tilgen. 


1S4  OESchmidt:  zu  Ciceros  briefen  an  3L  Brutas. 

I  15,  4  his  (Lepido  et  Antonio)  ardentihus  perturhamdae  rei 
puHicae  cupidiiate  quod  opponi  passet  praesidium  nom  habebamus: 
erexerat  enim  se  civUas  in  rciinenda  liberiaie  conscfüicns,  hier  hatte 
ich  frflfaer  ( jahrb.  1884  s.  636)  praesidio  non  carehamus  Torgeschla- 
gen.  indes  glaobe  ich  jetzt  mit  einer  geriDgem  ändening  auszckom- 
men :  guod  opponi  possct  praesidium  non  carehamus. 

I  15,  5  sed  animus  idem,  qui  semper^  infixus  in  patriae  eariiaie 
discessum  ab  eius  periadis  ferre  non  potuU,  hier  wollte  ich  früher 
(ao.)  schreiben  infixus  in  patriae  integritatc,  ich  bin  aber  jetzt  der 
meinung,  dasz  die  überlieferte  lesart  zu  halten  sei.  Cicero  schreibt 
zb.  Phü.  VII  5 :  nisi  talis  consul  esset  ^  ut  omnis  vigüias  curas  oogätk' 
iiones  in  reipuUicae  salute  defigerct.  die  einzelbegriffe  rigUiae^  curatj 
cogitationes  faszt  Cicero  an  unserer  stelle  in  den  gesamtbegriff  afiimi» 
zusammen,  man  abersetze :  *aber  mein  ganzes  ich,  welches,  wie  immer« 
nur  in  der  liebe  zum  vaterlande  aufgieng,  konnte  die  entfemung  yon 
den  gefahren  desselben  nicht  ertragen.' 

I  15,  7  ut  enim  primum  Ubertaiem  revocare  coepimus^  cum  se 
nondum  ne  Decimi  quidem  Bruti  divina  virtus  Ha  commovisset^  ut 
tarn  id  scire  possemus.  mit  unrecht  hat  man  den  sonderbaren  ans- 
druck  Decimi  Bruti  divina  virtus  ita  se  commovisset  verdächtigt;  der- 
selbe ist  eins  der  zahlreichen  beispiele  dafür,  dasz  Cicero  auch  in  den 
Brutusbriefen  es  an  der  ihm  sonst  eignen  ironie  nicht  fehlen  läszt; 
dagegen  sind  die  folgenden  worte  ut  iam  id  scire  possemus  in  der 
that  recht  schief  und  ohne  klaren  Inhalt,  ich  schlage  vor  ut  iam  quid 
(aliquid?)  sperare  possemus. 

I  15,  13  sed  ego  nulla  in  re  mala  quam  te  amando  constans  et 
esse  et  videri.  das  unentbehrliche  in  vor  te  fehlt  allerdings  in  M  H, 
es  ist  aber  durch  WD  hsl.  beglaubigt,  also  in  den  text  aufzunehmen. 

Diese  proben  mögen  genügen  um  zu  zeigen,  mit  welchen  mittein 
und  in  welchem  sinne  die  gestaltung  des  testes  der  neuen  ausgäbe 
erfolgen  soll,  indes  —  weit  mehr  als  durch  derartige  kleinere  ände- 
rungen  wird  der  text  im  groszen  umgestaltet  werden  müssen,  indem 
die  durch  mechanische  schaden  der  Überlieferung  fälschlich  getrenn- 
ten oder  fälschlich  zusammengeratenen  textstücke  als  selbständige 
briefe  oder  deren  bruchstücke  ihre  ursprüngliche  Stellung  und  grup- 
pierung  wieder  erhalten  sollen,  erst  wenn  dies  geschehen,  wird  die 
geschichtsforschung  aus  diesen  documenten  den  erhofften  gewinn  zu 
ziehen  vermögen,  ein  beitrag  zur  textgestaltung  in  diesem  sinne 
vom  unterz.  wird  in  einem  der  nächsten  hefte  dieser  Jahrbücher,  die 
ausgäbe  selbst  voraussichtlich  noch  vor  ablauf  dieses  kalenderjahres 
erscheinen. 

Duebden-Neustadt.  Otto  Eduard  Schmidt. 


TbPlüss:  za  Aeneis  [IX  176—446]  und  Ilias  [K].  185 

29. 

ZU  AENEIS  UND  ILIAS. 

(vgl.  Jahrb.  1886  s.  600—502.) 


Es  heiszt ,  der  treffliche  Homeros  schlummere  manchmal :  auch 
darin,  im  schlummern,  hat  ihm  Vergilius  nachgeahmt,  wie  kann  zb. 
AscaniuB  dem  Nisus  das  streitrosz  und  die  goldene  rüstung  des 
Turnus  versprechen,  während  doch  die  Troer  in  der  hoffnungs- 
losesten läge  sind?  warum  musz  Ascanius  den  beiden  Jünglingen 
Nisus  und  Euryalus  noch  alle  die  vielen  belohnungen  in  aussiebt 
stellen,  obgleich  die  beiden  ihren  entschlusz  schon  vorher  gefaszt 
haben?  weshalb  morden  Nisus  und  Euryalus  im  feindlichen  lager, 
obwohl  sie  dadurch  den  erfolg  ihres  ganzen  Unternehmens  von  vom 
herein  aufs  spiel  setzen?  einfach  deshalb,  hat  man  geantwortet, 
weil  die  ganze  vielgerühmte  erzählung  J.en.  IX  176 — 445  eine  nach- 
bildung  der  Doloneia  ist,  insbesondere  weil  auch  Diomedes  und 
Od jsseus  im  feindlichen  lager  morden ,  weil  auch  in  der  Doloneia 
gescbenke  in  aussieht  gestellt  werden ,  weil  dort  Hektor  dem  Dolon 
wagen  und  rosse  des  Achilleus  verspricht,  und  weil  eben  Vergilius 
in  allen  drei  fällen  nicht  gemerkt  hat ,  wie  verschieden  seine  eignen 
Situationen  von  den  Homerischen  sind.  *  es  scheint,  Verg.  ahme  nicht 
blosz  dem  Homeros  im  schlummern  nach,  sondern  schlafe  auch  im 
nachahmen. 

Verschieden  allerdings  sind  die  Situationen,  sogar  in  einer  weise 
verschieden,  wie  hinwiederum  unsere  wachsamen  kritiker  es  sich 
nicht  träumen  lassen,  ich  stelle  zunächst  ein  paar  hauptzüge  der 
beiden  darstellungen  einander  gegenüber,  zwei  der  erprobtesten 
f ürsten  der  Achaier  lassen  sich ,  auf  eine  aufforderung  im  fürsten- 
rate  hin,  um  den  lohn  des  rubmes  und  von  opferschafen  bereit  finden, 
die  absiebten  der  in  der  nähe  lagernden  feinde  nachts  auszukund- 
schaften und  so  der  augenblicklichen  ungewisheit  der  eignen  bedenk- 
lichen läge  etwas  abzuhelfen  —  so  Homeros.  Vergilius:  zwei  ganz 
jugendliche  troische  krieger  werden  von  dem  eignen  dämonischen 
thatendrang,  ihrer  glühenden  patriotischen  ehrbegier  und  ihrer  liebe 
zu  einander  getrieben ,  um  den  lohn  öffentlicher  ehre  mitten  durch 
die  enge  feindliche  einschlieszung  nachts  sich  hindurch  zu  wagen 
und  durch  entsatz  die  sache  ihres  Volkes  und  ihres  fürsten  zu  retten, 
jene  erfahrenen  beiden  unternehmen  ihr  kühnes  abenteuer  mit  mög- 
lichst verständiger  und  praktischer  zurüstung,  mit  fester  Zuversicht, 
unter  dem  glUckverheiszenden  geleit  Athenes;  diese  Jünglinge  be- 


*  so  Neermann  'über  UDgeschickte  Verwendung  Homerischer  motive 
in  der  Aeneis'  (Plöner  progr.  1882)  s.  11  f.;  zustimmend  Cauer  'zum 
Verständnis  der  nachahmenden  kunst  des  Verg.'  (Kieler  progr.  1885) 
8.  13.  im  allgemeinen  ist  die  ähnlichkeit  mit  der  Doloneia  schon  von 
den  alten  und  seither  immer  bemerkt  worden:  vgl.  Servias  zu  IX  1; 
von  den  neuern  Heyne,  Forbiger,  WRibbeck  ua. 


186  ThPlüsB:  zu  Aeneis  [IX  176—445]  und  lliaa  [K]. 

ginnen  ihr  tollkühnes  untemebmen  in  der  fieberhaften  aofregong, 
die  einem  jugendlich  begeisterten,  ahnungsvollen  gemüt  vor  der 
ersten  groszen,  hochherzigen  opferthat  natürlich  ist,  unter  ebenso 
aufgeregten  und  aufregenden  gefühlen  ihrer  führer  nnd  ihres  Volkes, 
aber  ohne  den  beistand  der  götter.  da  dort  bei  Homeros  von  feind- 
licher Seite  ebenfalls  ein  kundschafter  ausgegangen  ist,  fangen  die 
beiden  Acbaier  diesen  Troer  und  erfahren  so,  was  sie  auskundschaften 
sollen,  schon  ehe  sie  dem  feindlichen  lager  nahe  gekommen  sind; 
allein  durch  eine  angäbe  ihres  gefangenen,  welche  ihnen  glänzende 
und  sichere  beute  verheiszt,  lassen  sie  sich  bestimmen  weiterzugehen, 
und  sie  gewinnen  ihre  beute  in  einem  schutzlosen  teile  des  feind- 
lichen lagers  durch  ein  ziemlich  kaltblütig  zweckmäsziges  gemetzel 
unter  schlafenden  feinden,  ähnlich  und  doch  ganz  anders  bei  Ver- 
gilius :  da  werden  die  jungen  krieger  gleich  beim  unvermeidlichen, 
aber  auch  toddrohenden  beginn  ihrer  fahrt  in  ihrer  hochgespannten 
Stimmung  zu  einem  gemetzel  verführt,  welches  mit  ihrem  alter  und 
Charakter  in  seltsamem  und  mit  ihrer  aufgäbe  in  verhängnisvollem 
Widerspruch  steht,  die  groszen  Achaierhelden  kehren,  von  Athene 
gewarnt  und  geschützt,  ungehindert  zurück  und  feiern  beim  frOh« 
liehen  ehrenmahl  dankbar  ihr  glücklich  bestandenes  kundschafter- 
abenteuer;  dagegen  veranlassen  die  jungen  Aeneaden,  gottverlassen, 
vom  Verhängnis  geleitet ^  selber  das  jammervollste  mislingen  ihrer 
Unternehmung,  gewinnen  aber  durch  die  art  ihres  Untergangs  in 
groszer  sache  innige  teilnähme  und  unvergängliche  ehre  bei  ihrem 
volke. 

So  weit  neben  der  ähnlich^eit  auch  die  Verschiedenheit  in  den 
hauptzügen.  ich  mache  auf  ein  paar  charakteristische  seiten  der  Ver- 
gilischen  darstellung  noch  besonders  aufmerksam,  einmal  auf  die 
art,  wie  fürsten  und  führer  der  Troer  den  plan  der  Jünglinge  auf- 
nehmen, erst  das  dankgebet  des  greisen  Aletes  an  die  väterlichen 
götter  für  ihre  gnädigen  absiebten,  die  ergreifende  rührung  des  alten 
über  die  zielbewuste  entschlossenheit  so  jugendlicher  beiden ,  seine 
zuversichtliche  verheiszung  des  herlichsten  lohnes  der  gOtter  und  der 
fürsten  —  das  alles  also  im  munde  eines  hochbejahrten,  in  wollen  und 
empfinden  Vollreifen,  maszvoUen  mannes':  das  ist  wie  eine  ironie  des 
dichters,  welcher  den  jammervollen  ausgang  kennt,  dann  Ascanius: 
der  eifer,  mit  dem  er  Aletes  das  wort  aus  dem  munde  nimt,  der 
Überschwang  einer  kindlichen  liebe ,  in  welcher  er  auf  alles  andere 
glück  freudig  verzichten  will,  wenn  er  nur  den  vater  wieder  habe', 
eines  Vertrauens  mit  welchem  er  sein  gegenwärtiges  und  künftiges 
lebensschicksal  in  die  bände  dieser  Jünglinge  legt,  als  wären  es  götter  \ 
einer  dankbarkeit  mit  welcher  er  neidlos  auf  die  glänzendste  kriegs- 
trophäe  und  einen  wahrhaft  königlichen  besitzanteil  an  dem  unter- 


'  V.  246  annii  gravis  atque  animi  mnturuM   Aletes.  '  257  cui  sola 

Salus  genitore  redncto;  262  nihil  ilio  triste  recepto,        ^  260  f.  guaecumque 
mihi  fortuna  fidesque  est,  in  vestris  pono  gremiis. 


ThPlüss:  zu  Aeneis  [IX  176—445]  und  Ilias  [Kj.  187 

worfenen  land  und  volke  verzichtet  und  unbefangen  an  vaters  stelle 
und  im  voraus  darüber  verfügt  —  schon  das  sind  züge,  durch  welche 
der  Vorgang  als  ein  Vorgang  natürlichen  ftthlens  und  menschlichen 
Irrens  bezeichnet  und  eine  bittere  entteuschung  angekündigt  wird, 
nun  aber  nimt  Ascanius,  im  überwallen  eines  ehrfürchtig  und  liebe- 
voll bewundernden,  freundschaftglühenden  knabenherzens,  den  kna- 
ben  Euryalus  gar  zum  hört  und  Unterpfand  seiner  ganzen  königlichen 
sukuuft:  das  ist  Verblendung,  die  für  Ascanins  verhängnisvoll  werden 
kann,  wenn  das  Schicksal  ihn  beim  werte  nimt.^  als  dann  aber  Eurjalus 
in  seiner  bescheidenheit  das  glänzende  loos  ablehnt  und  nur  bittet 
seine  mutter  über  seine  abwesenheit  zu  trösten,  will  Ascanius  in 
hochherziger  Sympathie  diese  pietät  belohnen :  da  will  es  das  Ver- 
hängnis, dasz  er  mit  seinen  werten  das  böse  omen,  das  er  vorher 
unwissend  gegen  seine  eigne  zukunft  ausgesprochen,  ebenso  unwissend 
widerruft  und  dafür  wider  willen  dem  Euryalus  sein  unglückliches 
loos  ankündigt.^ 

Ein  zweites,  das  ich  als  charakteristisch  für  die  darstellung  des 
Yergilius  heraushebe,  ist  die  art  des  gemetzeis  im  Butulerlager.  man 
spricht  oft  von  der  Lieblichkeit  der  Nisus-  und  Euryalus-episode', 
Sainte-Beuve  nennt  sie  das  entzücken  reiner  seelen^;  dabei  hat  aber 
der  dichter  in  der  mordscene  die  zÜge  des  wüsten  und  des  grausigen 
geradezu  gehäuft,  und  gerade  vom  wüsten  und  vom  grausigen  spricht 
er  im  unverkennbaren  tone  des  scherzes.  wüst  ist  nach  römischen 
begriffen  schon  der  zustand  allgemeiner  schwerer  trunkenheit  und 
zucht-  und  ordnungslosigkeit  in  einem  nächtlichen  heerlager  vor  dem 
feinde,  wüst  zum  mindesten,  fast  etwas  grausig  im  stoffe  ist  der  an- 
fall  und  mord,  dem  Rbamnes  in  der  Situation  trunkenen  schlafes  zum 
Opfer  fällt;  die  darstellung  hat,  wie  man  bemerkt  hat,  ^komische 
färbung'.  grausig  sind  —  und  doch  wohl  nicht  für  uns  moderne 
allein  —  die  züge  treffender  realistischer  Charakteristik  wie  die  von 
den  lang  herabhängenden  halsen  der  betrunkenen  schläfer  und  von 
dem  kopflosen  rümpfe,  welcher  das  blut  'schluchzend'  oder  'gurgelnd' 
(oder  gar 'glucksend')  herausstöszt;  eine  grosze  lust  am  unheimlichen 
verraten  die  lautspiele,  spöttisch  klingt  besonders  das  lautspiel 
terra  ionqite  mit  der  Vorstellung  eines  üppigen  teppichlagers.  wie 
ironie  klingt  in  diesem  Zusammenhang  der  ausdruck  von  mitleid  mit 


*  276  ff.  iam  ,  .  comitem  casus  complector  in  omnis;  nulla  meis  sine  te 
quaeretur  gloria  rebus.  ®  299  ff.  casus  factum  quicumque  sequentur  .  . 
qime  tibi  poUiceor  reduci  rebusque  secundis^  haec  eadem  matrique 
iuae  generique  manebunt  —  genaa  verglichen  mit  276  f.  iam  pectore 
toto  accipio  et  comitem  casus  complector  in  omnis.  dem  Euryalus  speciell 
hat  Ascanius  die  engste  Verbindung  mit  seiner  person  und  seinem  fürst- 
lichen loose  versprochen;  am  Schlüsse  darf  er  mit  dem  feierlichsten 
schwur  und  zum  letzten  trost  für  leben  und  sterben  der  mutter  und  den 
verwandten  des  Eurjalus  nicht  etwa  becher,  dreifusz,  goldpfund  und 
mischkrug  zusichern.  '  ^tude  sur  Virgile*  s.  178.  es  ist  übrigens  ein 
verdienst  PCauers,  auf  das  anregende  buch  des  feinen  kritikers  nach- 
drücklich aufmerksam  gemacht  zu  haben. 


1  188  ThPlfiss:  ra  Aeneis  [IX  176—445]  und  Ilias  [K]. 

dem  schönen,  jungen,  spiel-  and  scherzlustigen  Serranus.   und  die 

vergleichung  mit  dem  löwen ,  deren  einzelzüge  mit  rücksichtsloser 

]  folgerichtigkeit  das  wilde,  wüste,  grausige  charakterisieren ^  diese 

*  vergleichung  auf  den  edlen  jungen  helden  Nisus  angewendet  ist  ent- 
'  weder  ein  abscheulicher  misgriff  des  dichters  (nur  dasz  die  verglei- 
'  chung  so  vorzüglich  zu  dem  verglichenen,  dem  vorher  dargestellten 
I                          metzeln  und  würgen  unter  den  schläfern  passt) ,  oder  sie  ist  —  ja 

was  könnte  sie  sonst  sein?  komik?  aber  hier  scheint  jeder  ausdmek 
unheimlich  ernst,  spott?  ironie?  dann  jedenfalls  von  der  schärfsten 
oder  bittersten  art.  ich  möchte  es  sarkasmus  nennen  und  meine,  die 
ingrimmige  lust  des  dichters  am  wüsten  und  grausigen ,  wie  sie  in 
der  ganzen  mordscene  sich  ftuszert  und  technisch  richtig  den  stärk- 
sten ausdruck  am  schlusz  erhält,  wo  der  kindliche  Euryalos  den 
jammervollen  Rhoetus  abschlachtet,  sei  eben  sarkastische  Stimmung, 
und  wenn  ein  lebhafter  erzähler  eine  geschichte  voll  lauter  wider* 
Spruch  zwischen  menschlichem  edlen  wollen  und  thun  einerseits  und 
übermächtigem  Verhängnis  anderseits  erzähle,  so  sei  diese  Stimmung 

'  eine  erklärliche,  erklärlich  auch  aus  der  eigenart  des  dichters  und 

seines  Stoffes,  nicht  blosz  aus  vert^tändnisloser  nachahmung. 

Eine  bis  ins  einzelne  des  ausdrucks  gehende  analjse  der  ganzen 

)  'episode'  von  Nisus  und  Euryalus  hat  mir  überhaupt  ergeben,  dasz 

alle   teile  bei   charakterihtischen  Verschiedenheiten  unter  einander 

\  doch  eine  bemerkenswerte  einheit  des  Charakters  und  eine  folgerich- 

tige Verschiedenheit  gegenüber  der  Doloneia  aufweisen,  ich  möchte 
hier  nur  noch  an  den  drei  anfangs  aufgestellten  fragen  die  probe  auf 
die  ricbtigkeit  meines  ergebnisses  machen,  wie  Ascanius  in  seiner 
läge  rosz  und  rüstung  des  Turnus  versprechen  könne?  insofern  als 
der  dichter  erzählen  will,  wie  ein  hochsinniger  jugendlicher  ftirst  und 
held,  bei  aller  bescheidenheit  und  einer  sogar  über  seine  jähre  hinaus- 
gehenden besonnenbeit^,  doch  von  natürlichen  jugendlichen  empfin- 

•  düngen,  zb.  dem  glauben  an  die  gerechtigkeit  des  weltlaufs,  an  das 
I  gelingen  einer  hochherzigen  that  und  an  die  macht  des  eignen  vaters, 
I  unbewust  in  einen  schneidend  scharfen  Widerspruch  zur  eignen  augen- 
1  blicklichen  luge  und  zum  bevorstehenden  ausgang  des  Unternehmens 

gesetzt  wurde.  —  Warum  zweitens  Ascanius  ohne  not  den  Jünglingen 
alle  die  vielen  belohnungen  in  aussieht  stelle?  weil  der  dichter  den 
Nisus  in  der  noblesse  jugendlich  heldenhafter  aufwallung  vom  lohne 
gar  nicht  will  sprechen  lassen  (für  seine  eigne  person  hat  Nisus  von 
vom  herein  auf  andern  lohn  als  den  rühm  der  that  verzichtet,  für 
Euryalus  hat  er  anfangs  belohnungen  fordern  wollen  in  der  Voraus- 
setzung, dasz  derselbe  den  rühm  der  that  nicht  mit  ihm  teilen  werde) : 
dafür  läszt  der  dichter  charakteristisch  den  alten,  lebenserfahrenen 
Aletes  in  seiner  aufregung  aubzerordentlichen  lohn  verheiszen  und 
an  die  dankbarkeit  des  Ascanius  appellieren,  und  wiederum  bezeich- 
nend für  denken  und  thun  des  arglosen  jungen  Ascanius  und  zweck- 


^  810  f.  pulcher  lulus,  ante  anno*  animumque  gerens  curamque  virilem. 


FOtto :  anz.  der  zs.  des  Vereins  zur  erf.  rhein.  gesch.  zu  Mainz.  III  4.    189 

m&szig  für  die  contrastwirkung  einer  vorausgeahnten  katastrophe 
ist  die  auszerordentliche  bäufung  der  Versprechungen.  —  Drittens : 
warum  morden  Nisus  und  Euryalus?  ich  meine,  weil  sie  ihre  sache  da- 
durch nicht  blosz  aufs  spiel  setzen  sollen,  sondern  verlieren  sollen, 
und  weil  die  verhängnisvolle  macht  der  Situation  auch  den  pflicht- 
getreuen und  zielbewusten  über  das,  was  pflicht  und  ziel  fordern^  zu 
teuschen  vermag  und  die  einmal  erregte  leidenschaft  auch  für  den  sonst 
verständigen  (und  das  ist  Nisus)  zum  übermächtigen  dämon  wird.^ 
Nach  meinem  dafürhalten  stimmt  diese  probe,  und  so  würde 
denn  alles  zusammenstimmen:  die  eigentümlichkeit  der  hauptzüge 
und  Situationen  in  der  Yergilischen  erzählung,  im  unterschied  von 
der  Homerischen ,  die  besonders  charakteristische  darstellung  in 
zwei  einzelnen  partien  und  die  motivierung  der  drei  einzelzüge.  das 
Verhältnis  zwischen  Aeneide  und  Ilias  wäre  somit  auch  hier  wie 
sonst  eine  bestätigung  dessen ,  was  schon  Goethe  'in  bester  laune' 
über  nachahmung  und  nachahmungsjagd  ausgesprochen  ^°  und  was 
auch  die  neueste  forschung  über  merkwürdige  nachahmungen  bei 
Schiller  bestätigt  hat. '' 

'  184  f.  Nisus  ait:  'dine  hunc  ardorem  mentibus  addunt,  Euryale?  an 
sua  cidque  deus  fit  dira  cupido?"*  Nisus  spricht  überhaupt  immer,  auch 
vor  und  nach  der  mordscene,  bei  aller  Spannung  des  gemütes  durchaus 
verständig,  was  ebenso  charakteristisch  ist  wie  die  'reife'  des  Aletes 
und  die  'umsieht'  des  Ascanius.  *°  gespräche  mit  Qoethe,  von  £cker- 
mann,  hsg.  von  Düntzer^  I  132  ff.  III  203  f.  <<  GKettner  zs.  f.  deutsche 
pbilol.  XX  336  ff. 

Basel.         Theodor  Plüss. 

30. 

ZEITSCHRIFT  DES  VEREINS  ZUR  ERFORSCHUNQ  DER  RHEINISCHEN  GE- 
SCHICHTE UND  ALTERTÜMER  ZU  MAINZ.  IM  AUFTRAGE  DBS  VEREINS 
HERAUSGEGEBEN  VON  DR.  W.  VeLKE.    DRITTEN  BANDES  VIERTES 

HEFT.    Mainz  1887  in  comm.  bei  v.  Zabern.    gr.  8.    s.  385—616. 

Vor  kurzem  hat  der  verein  zur  erforschung  der  rheinischen  ge- 
schichte  und  altertümer  zu  Mainz  das  vierte  heft  des  dritten  bandes 
seiner  Zeitschrift  herausgegeben,  welches  auch  zwei  abhandlungen  über 
gegenstände  des  altertums  enthält,  und  da  die  Zeitschriften  unserer 
historischen  vereine  nicht  immer  in  die  bände  von  philologen  und 
Schulmännern  kommen,  so  erscheint  es  zweckmäszig  auf  die  genann- 
ten arbeiten  hier  kurz  hinzuweisen,  weil  aber  dieselben  im  wesent- 
lichen nur  tbatsächliches  berichten,  so  beabsichtigen  wir  keine  kritik, 
sondern  nur  ein  referat  zu  liefern ,  glauben  jedoch  der  präcisen  und 
belehrenden  darstellung  unsere  anerkennung  aussprechen  zu  müssen. 

Die  erste  dieser  abhandlungen :  'die  neuen  römischen  inschriften 
des  museums  zu  Mainz'  von  Jakob  Keller  füllt  s.  499 — 552.  im 
j.  1875  hatte  der  zu  früh  verstorbene  JBecker  in  Frankfurt  a.  M. 
ein  wissenschaftliches  Verzeichnis  der  damals  vorhandenen  inschriften 
des  museums  aufgestellt;  an  welches  anknüpfend  hr.  dr.  Keller  einen 


190    FOtto:  anz.  der  Z8.  des  Vereins  zur  erf.  rhein.  gesch.  zu  Mainz.  Hl  4» 

(ersten)  nach  trag  über  die  erwerbungen  der  jähre  1875 — 1883  im 
j.  1883  erscheinen  liesz;  der  Zuwachs  dieser  acht  jähre  betrag  35  in* 
Schriften,  die  letzten  vier  jähre  haben  nun  eine  so  reiche  ausbeute 
von  neuen  Inschriften  namentlich  aus  der  stadt  Mainz  ergeben,  dass 
ein  zweiter  nachtrag  bei  gelegenheit  der  gencralversamlung  des  ge- 
samtvereins  der  deutschen  geschichtsvereine  am  13 — 16  sept.  1887 
als  festgabe  herausgegeben  werden  konnte ,  welcher  zugleich  in  die 
eingangs  erwähnte  Zeitschrift  aufgenommen  wurde,  dieser  nachtrag 
fdhrt  39  Inschriften  auf,  von  denen  32  aus  Mainz  stammen,  and 
zwar  18  votivinscbriften,  6  öflfentlicbe  denkmftler,  11  grabsteine  mit 
inschrift,  4  verschiedener  art;  unter  diesen  ist  die  zweite  tafel  eine» 
militftrdiploms  vom  j.  90,  dessen  andere  hälfte  sich  im  Paulusmuseum 
zu  Worms  befindet,  am  wichtigsten,  von  den  inschriften  sind  mehrere 
datiert  und  stammen  aus  den  jähren  90 — 242  nach  Gh.,  andere  lassen 
sich  mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit  einer  epoche  zwischen  den 
Jahren  43  und  o.  250  zuweisen,  sie  geben  abermals  auf^chlusz  fiber 
verschiedene  Seiten  des  römischen  lebens  in  der  provinz  Germania 
superior.  ein  register  am  ende  erleichtert  die  Übersicht  über  den  in- 
halt,  die  behandlung  und  einteilung  schlieszt  sich  auch  hier  an  die 
von  Becker  an;  sculpturen  auf  votivaltären  und  grabsteinen  sind 
genau  beschrieben. 

Die  zweite  arbeit:  'die  rOmische  Rheinbrücke  bei  Mainz'  von 
Heim  und  dr.  WYelke  (s.  553—616  mit  6  tafeln)  betrifft  ein  in 
den  letzten  jähren  vielbehandeltes  thema,  fügt  aber  nicht  etwa  eine 
neue  ansieht  zu  den  vielen  filtern  hinzu ,  sondern  stellt  zunächst  das 
thatsäcbliche  zusammen ,  um  an  dasselbe  einige  sich  von  selbst  er- 
gebende Schlüsse  anzureiben,  wodurch  die  ganze  frage  wohl  zu  einem 
gewissen  abschlusz  gebracht  wird,  es  wird  nemlich  zuerst  ein  acten- 
mäsziger  und  erschöpfender  bericht  über  die  aushebung  der  pfahl- 
roste der  brücke  am  anfang  der  achtziger  jähre ,  welche  bekanntlich 
die  ganze  Untersuchung  von  neuem  anregte  und  auf  neue  bahnen 
lenkte,  mitgeteilt,  nach  demselben  kann  nicht  mehr  daran  gezweifelt 
werden,  dasz  diese  brücke,  wie  man  jetzt  allgemein  annimt,  ein  werk 
der  Bömer  war  und  dasz  Karolingiscber  Ursprung  ausgeschlossen  ist. 

In  diesem  ersten  teile  also  gibt  hr.  baurat  Heim  in  Mainz  zu- 
nächst einen  auszug  aus  dem  bei  den  betr.  arbeiten  geführten  tage- 
buch,  welchen  hr.  baumeister  Reinhardt  nach  den  acten  desgroszh. 
krebbauamts  Mainz  betr.  die  rftumungsarbeiten  der  pfahlroste  im 
Rhein  angefertigt  hat.  danach  sind  elf  pfahlroste  bzw.  reste  dersel- 
ben (in  den  jähren  1847  und  1854  hatte  man  schon  mehrere  pfeiler 
herausgenommen)  in  der  zeit  vom  24  augast  1880  bis  27  September 
1882  geräumt  worden;  ein  rost  konnte  bei  dem  günstigen  Wasser- 
stand des  j.  1882  genauer  untersucht  werden,  man  hat  nach  der 
sorgfältigen  aufnähme  die  pföhle  desselben  im  hofe  des  museums 
ganz  in  derselben  weise,  wie  man  sie  gefunden,  wieder  aufgestellt  und 
darf  von  der  construction  dieses  rostes  auf  die  der  andern  scblieszen. 
die  angaben  Heims  Über  zahl  und  grösze  der  pfähle,  schwellen  und 


FOtto:  aiu.deriB.deBTereioBiurer£rhem.  gesch.iaHainz.  III 4.    191 

quftder  haben  wir  in  folgender  tabelle  UberBichtlich  zusammeDgeatellt. 
einzelne  pfSfale  waren  mit  rCmiachen  zafatzeicben  versehen. 


pfeiUr 

hcac    pU 

„■SS.  Ij  ,..*, 

11} 

Uli 

1^ 

'^^l-i 

ä|| 

sJ-5 

111 

XI 

86 

33 

77 

c.  :BOm 

32 

X 

b-i 

19 

41 

c.  187  ra 

62 

IX 

SB 

16 

88 

c.  200  in 

28 

IV' 

96 

78 

c.   150  m' 

29 

V 

96 

es 

8 

VI 

70 

8 

87 

c,  76  m 

U 

VII 

71 

15 

96 

c.   105  m 

171 

iwischen»  VII  Q.  VIII 

41 

11 

74 

c.  70  m 

10 

III 

BwischenUIIunddam 

G5 

2e 

c.  80  m 

l,;; 

linken  ufer 

■263 

5 

124 

c.  60  ra 

1/ 

11 

VIII 

1U7 

19 

41 

0.   100  m 

60 

Es  folgt  die  beschreJbnng  der  conetruction  der  pfahlroste,  tLber 
die  wir  einige  undeutangen  geben,  die  fundamente  der  roste  bildeten 
ein  fUnleck,  welches  aus  einem  rechteck,  lang  12,54  m,  breit  7,49  m, 
nnd  einem  an  die  obere  achmale  seile  angefügten  gleicbscbenktigen 
dreieck  von  6  m  höhe  bestand,  die  Umgrenzung  der  fundamente  bil- 
dete ein  kästen,  dessen  nände  aus  mehreren  lagen  von  schwellen  aus 
eicbenholz  zusammengesetzt  waren,  welche  hinwiederum  durch  quer- 
schwellen verbunden  wurden,  im  innern  der  kaaten  waren  ebenso  wie 
auf  der  auszenseite  teils  vierkantige,  teils  runde,  unten  zugespitzte 
Qud  mit  eisernen  schuhen  versehene  pföhle  (und  zwar  im  innern  stets 
kleinere,  die  auch  nicht  regelmäszig  standen)  in  die  fluszsohle  ein- 
gerammt; der  abstand  derselben  von  einander  betrüge.  0,50 — 1,50  m; 
die  vierkantigen  sowie  die  graszen  runden  standen  meist  dicht  an 
der  auszenseite  der  schwel  lenkasten,  die  Zwischenräume  im  innern 
waren  mit  kalkbrucheteinen  ausgefüllt,  welche  in  lotten  gebettet 
waren,  rings  nm  die  kästen  befand  sich  ein  stetnwurf,  in  den  zwiscben- 
rSumen,  die  mit  bindemittel  ausgefüllt  n aren,  standen  ebenfalls  pfähle, 
in  der  unmittelbaren  Umgebung  der  einzelnen  pfeiler  lagen  femer 
qtiaderaussandstein  von  verschiedener,  zum  teil  beträchtlicher  grCsze, 
die  zum  teil  mit  Inschriften  und  sculpturen  bedeckt  waren;  sie  konn- 
ten nicht  alle  zu  tage  gefördert  werden,  s.  die  tabelle  in  der  letzten 
columne. 

>  die  zabi  VI  erscheint  —  wohl  durch  einen  dradtfehlar  —  bei  n.  4 
nnd  n.  6;   die  erstere  haben  nir  in  IV  geändert.  *  die  angäbe  1,50 

bemht  wohl  auf  einem   druckfehler,   statt  160.  '  hier  hatten  schon 

früher  ränoiDngsitrbeiten  stattgefunden.  *  reale  der  pfeiler  I  und  II, 

aber  nicht  deutlich  abgegrenzt. 


192    FOtto:  anz.  der  zs.  des  vereine  zur  erf.  rheiii.  gesclu  zu  Mainz.  III 4« 

Die  genauem  einzelheiten  über  die  fandstücke  können  hier 
keinen  platz  finden ;  nur  berühren  wollen  wir  die  frage ,  anf  welche 
weise  die  pfablroste  in  ihre  läge  gebracht  und  auf  ihnen  die  brücke 
aufgebaut  worden  sei.  Heim  hält  dafür,  dasz  sie  auf  einem  gerüste 
über  ihrer  künftigen  stelle  zusammengesetzt,  dann  durch  eine  Öffnung 
im  gerüst  hinabgelassen  und  eingesenkt ,  endlich  die  steinpackong 
hinzugefügt  worden  sei.  femer  seien  auf  den  pfahlrosten  die  eigent- 
lichen brückenpfeiler  bis  zu  einer  gewissen  höhe  aufgemauert  und 
über  diese  sei  die  hölzeme  brücke  —  etwa  in  der  von  Cathian  ver- 
suchten construction  —  gelegt  worden. 

An  Heims  bericht  schlieszt  sich  die  abh.  von  Volke  an,  wel- 
cher zunächst  die  verschiedenen ,  in  oder  an  den  pfahlrosten  gefun* 
denen  gegenstände  aufzählt,  unter  denselben  sind  natürlich  diejeni- 
gen von  gröster  bedeutung,  welche  anhaltspunkte  für  die  geschichte 
des  baus  geben ,  wenn  auch  der  wert  der  übrigen  fandstücke  nicht 
in  frage  gestellt  werden  soll,  dahin  gehören:  der  holzhammer  aus 
pfeiler  YII  mit  der  inschrift  leg.  Xlllly  ein  guszstück  mit  der  in* 
Schrift  Ug.  XVI  und  der  eiserne  brennstempel  am  pfeiler  XI  mit  der 
inschrift  leg,  XXII  Antr^  sodann  legionsbausteine  mit  der  inschrift 
leg.  XIIIIGem. ,  XIIIIGem,  Mari.  Victr.^  XXII  Frimiigenia) ,  ein 
votivaltar  aus  dem  j.  225  nach  Ch.  und  ein  öffentliches  denkmal  fUr 
den  kaiser  Nero  aus  dem  j.  56.  auf  grund  dieser  fundstücke  sucht 
Volke  in  besonnener  abwägung  aller  hierher  gehörenden  momente 
eine  geschichte  der  brücke  zu  gewinnen,  anknüpfend  an  den  stein 
der  leg.  XIIII  Gem.  Martia  Ftc/m,  welche  namen  für  den  Mittel* 
rhein  auf  die  jähre  70  bis  etwa  100  nach  Ch.  hinweisen,  lehnt  er  die 
erbanung  der  brücke  durch  Drusus  ab,  zumal  Kastei  noch  nicht  seine 
spätere  Wichtigkeit  gehabt  habe ,  auch  kein  weiteres  anzeichen  flir 
Drusus  spreche  und  schon  bald  nach  ihm  nachweislich  eine  brücke 
nicht  existiert  habe,  dagegen  stimme  alles  gut  zusammen,  wenn 
man  etwa  das  letzte  Jahrzehnt  des  ersten  jb. ,  jedenfalls  die  zeit  der 
Flavier  als  die  epocbe  der  gründung  annehme,  wie  auch  EHübner 
gegen  die  ansichten  von  Julius  Grimm  und  FSchneider  sich  aus- 
gesprochen hat.  dasz  der  erste  bau  der  brücke  mehrfache  reparaturen 
und  infolge  eingetretener  Zerstörung  einen  neubau  erfahren  habe, 
darauf  deutet  der  name  der  leg.  XXII  hin,  insbesondere  der  brenn- 
stempel mit  dem  zusatz  Ant.  auf  die  zeit  Caracallas.  doch  es  kam 
eine  zeit,  in  welcher  auch  diese  reparierte  brücke  zerstört  war.  eine 
letzte  herstellung  —  aber  auch  nur  für  kurze  zeit  —  erfuhr  sie 
durch  kaiser  Maximianus,  wie  die  bekannte  bleimedaille  von  Lyon 
beweist. 

Sechs  tafeln  erläutern  die  darstellung  der  hm.  Heim  und  Velke; 
sie  geben  situationspläne,  eine  Photographie  des  im  hofe  des  Schlosses 
aufgestellten  pfähl rostes,  constructionsübcrsichten  der  roste  und  ab- 
bildungen  der  wichtigern  fundstücke  sowie  die  ansieht  eines  bogens 
nach  Cathians  reconstruction. 

Wiesbaden.  Friedrich  Otto. 


LBauer:  zu  Silius  Italicua.  193 

31. 

ZU  SILIUS  ITALICUS. 


Das  von  dem  leider  allzufrüh  dahingeschiedenen  Hermann 
Blass  zn  Berlin  in  jahrelanger,  mühevoller  arbeit  für  eine  neue 
textansgabe  des  Silius  Italiens  gesammelte  material  ist  durch  gütige 
Vermittlung  der  Tenbnerschen  Verlagshandlung  in  die  bände  des 
unterz.  übergegangen,  mit  dem  auftrage  die  von  Blass  begonnene 
arbeit  zu  vollenden. 

In  den  folgenden  zeilen  sollen  zunächst  einige  stellen  des  Silius 
behandelt  werden,  und  zwar  1)  solche,  deren  lesart  gegen  conjecturen 
in  schütz  genommen  oder  an  denen  zwischen  verschiedenen  lesarten 
der  hss.  entschieden  wird,  und  2)  solche,  deren  verderbte  Über- 
lieferung einer  heilung  bedarf,  was  die  erstem  anlangt,  so  habe  ich 
aus  dem  bis  jetzt  verarbeiteten  material  nur  einige  fälle  ausgewählt, 
da  es  nicht  sache  des  herausgebers  sein  kann,  jede  einzelne  nach 
seiner  ansieht  unnötige  conjectur  —  und  deren  gibt  es  auch  bei 
Silius  gerade  genug  —  ausführlich  zurückzuweisen,  einzelne  stellen 
sind  nach  Blass'  nachlasz  bearbeitet,  was  jedesmal  besonders  bemerkt 
wird,  über  die  citierten  hss.  vgl.  man  die  treffliche  grundlegende 
abhandlung  von  Blass  ^die  textesquellen  des  Silius  Italiens'  im 
8n  suppl.-bd.  dieser  jahrb.  (1875)  s.  159—250. 

I. 

I  36.  nach  dem  exordium  des  ersten  gesanges  setzt  Silius  den 
götterapparat  in  beweguug,  dem  Vorbild  des  Ennius  und  bes.  des 
Vergilius  folgend  (vgl.  JGroesst  'quatenus  Silius  Italicus  a  Vergilio 
pendere  videatur'  Wiesbaden  1887,  s.  9).  Juno  ist  die  Urheberin  der 
punischen  kriege,  wie  sie  das  Umsichgreifen  der  römischen  herschaft 
sieht  (v.  29  ff.),  fürchtet  sie  für  ihr  Karthago  und  reizt  es  zum  kriege, 
der  erste  versuch  mislingt ,  aber  Juno 

35  iterum  instaurata  capessens 

arma  remolüur,  dux  agmina  sufficit  uwus 
turhanti  terras  pontumque  movere  paranti. 
V.  36  haben  agmina  LFO;  im  Col.  stand  nach  NHeinsius  dafür 
magnaej  V  hat  im  text  magna,  am  rand  aber  von  gleicher  band 
agmina.  an  dem  agmina  sufficU  nun  nahm  man  vielfach  anstosz, 
speciell  Madvig,  welcher  adv.  crit.  11  s.  161  sagt  'non  agi  de  Kanni- 
bale agmina  lunoni  sufficiente,  hoc  est  suppeditante  (quasi  agminibus 
luno  eguerit,  quae  ipsa  duceret,  ac  non  pacis  foederumque  violatore), 
sed  de  Hannibale  uno  toti  rei  sufficiente'.  Madvig  schreibt  daher 
omnia  für  agmina  und  liest  im  folgenden  verse  mit  dem  cod.  Put. 
—  derselbe  gehört  nach  Blass  ao.  s.  217  zur  dritten,  interpolierten 
hss.-gruppe,  welche  für  eine  textesrecension  wenig  oder  gar  nicht  in 
betracht  kommt  —  terra  =  *auf  der  erde'  statt  terras.  demnach 
wäre  der  sinn  des  verses :  der  einzige  Hannibal  genügt  der  göttin  für 

Jahrbücher  (Hr  class.  philol.  1888  hft.  3.  13 


194  LBauer:  zu  Silius  Italiens. 

ihren  zweck  alles  aaf  der  erde  umzastürzen  usw.  Blass,  welcher  sich 
den  gründen  Madvigs  anschlieszt,  vermutet,  noch  mehr  von  der  Über- 
lieferung abweichend:  dax  ansam  sufficU  tmu$  turhandij  ierras p. 
m.  p.  6in  umstand  allerdings  scheint  für  Madvig ,  speciell  für  aeine 
auffassung  des  verbums  sufficere  in  dem  sinne  von  ^genügen'  za 
sprechen,  nemlich  eine  stelle  bei  Lucanus,  wo  es  11  87  heiszt:  vir 
ferus  (Marius)  ei  Bomam  cupienti  perdere  fato  suffidens.  allein  wir 
haben  den  Silius  aus  sich  selbst  zu  erklären,  und  erst  wenn  wir  hier 
Schiffbruch  leiden ,  dürfen  wir  ans  nach  fremder  hilfe  umsehen,  ab- 
gesehen nun  davon ,  dasz  agmina  durch  die  hss.  bestens  beglaubigt 
ist  —  denn  tnagnae  und  magna  sind  offenbar  nur  sehreibversehen 
—  scheint  es  mir,  als  liesze  sich  die  lesart  der  hss.  nicht  nur  ganz 
ungezwungen  erklären,  sondern  als  sei  sie  durch  den  Zusammenhang, 
durch  die  auffassung  des  dichters  vom  eingreifen  der  Juno  geradeza 
gefordert :  Juno  ist  dem  dichter  die  Urheberin  der  punischen  krioge ; 
von  ihr  heiszt  es  v.  32 :  bellandi  corda  furore  Phoenicum  exsHmüiai;  sie 
ist  es  die  nach  dem  mislingen  des  ersten  Versuches  die  waffen  wieder 
in  die  band  nimt  und  den  krieg  erneuert :  capessens  arma  remolUur. 
Hannibal  ist  nur  das  Werkzeug  in  ihrer  band  (v.  39  hunc  audet  sdlum 
componere  foHs),  das  instaurare  arma  v.  35  aber  müssen  natürlich 
die  Punier  besorgen,  speciell  der  mann  den  Juno  sich  zum  Werkzeug 
erkoren,  so  bezieht  sich  nach  meiner  ansieht  der  ausdruck  agmina 
sufficit  auf  instaurata  arma ,  wie  anderseits  der  in  arma  remolUur 
capessens  ausgesprochenen  thätigkeit  der  Juno  im  folgenden  die 
Worte  turhanti .  .  movere  paranti  entsprechen,  das  verbum  sufficere 
ist  hier  im  eigentlichsten  sinne  zu  verstehen  =»  'nachfUgen,  nach- 
schaffen', ähnlich  zb.  Verg.  ge.  III  65  äliam  ex  alia  generando  suffioe 
prölem,  Hannibal  mnsz  die  armeen  nachschaffen  für  einen  neuen 
kämpf,  nachdem  der  erste  krieg  unglücklich  ausgegangen  war.  und 
wenn  es  von  Hannibal  heiszt  dux  unus^  so  will  der  dichter  damit  an- 
deuten,  dasz  wie  Juno  die  Urheberin,  so  Hannibal  die  seele  des 
kampfes  war  —  daher  beüum  HanntbaUcum. 

IV  724.  im  anschlusz  an  diese  stelle  des  ersten  buches  soll 
eine  des  vierten  behandelt  werden ,  welche  mit  jener  in  einem  ge- 
wissen innem  Zusammenhang  steht,  insofern  auch  hier  wieder  Juno 
als  treibendes  motiv  erscheint;  auch  hier  hat  das  nichtbeachten  dieses 
umstandes  zu  unnötigen  conjeeturen  veranlassung  gegeben,  die 
schlachten  am  Tieinus  und  am  Trebia  sind  geschlagen,  der  consul 
C.  Flaminius  ist  im  anmarsch ;  da  heiszt  es : 

nee  regem  Afrorum  noscenda  ad  coepta  moraiur 

laude  super  tanta  moniior  deus. 
nascenda  bieten  die  hss.  und  ältesten  ausgaben;  die  ed.  Basil.  1522 
zum  ersten  male  dafür  richtig  noscenda  ^  was  seitdem  in  die  meisten 
ausgaben  übergegangen  ist.  ich  glaubte  früher  (n.  philol.  rundschau 
1887  n.  15  s.  228)  nascenda  halten  zu  können;  allein  eine  genauere 
betrachtung  des  Zusammenhangs  läszt  noscenda  als  die  allein  richtige 
lesart  erkennen,    mit  dem  werte  coepta  ist  das  vorhaben  der  göttin 


LBauer:  zu  Silius  Italicus.  195 

Juno  —  denn  diese  ist  mit  deus  gemeint  (v.  725)  —  bezeichnet,  nicht 
die  plane  Hannibals,  die  er  schmieden  soll ,  noch  weniger  das  unter- 
nehmen des  Flaminius,  von  dem  im  vorhergehenden  die  rede  ist.  'die 
gGttin  will  daszHannibal  ungesäumt  ihr  vorhaben  kennen  lernen  soll', 
dh.  die  schlacht  am  trasumennischen  see;  sie  ist  ihm  laude  super  tanta 
monüar]  sie  ruft  ihm  im  folgenden  zu  peUe  moros;  sie  sagt  ihm, 
dasz  dort  am  see  der  Ausonier  blut  in  strömen  flieszen  werde  (v.  734). 
und  von  Hannibal  heiszt  es  v.  741  his  agitur  monitis;  er  selbst  ruft 
y.  830  aus  {namque)  haud  parva  deus  promissis  spandet  apertis.  also 
auch  hier  erscheint  Juno  wieder  als  Urheberin,  Hannibal  als  Werkzeug 
zur  ausführung  ihrer  plane,  darum  erscheinen  alle  Verbesserungs- 
vorschläge, zu  denen  auszer  den  schon  bei  Buperti  citierten  noch 
folgende  kommen:  poscens  ad  coepta  (Bothe),  haec  noscens  (Thilo), 
jpensanda  (Blass) ,  navanda  (Buchwald) ,  unnötig. 

A60.   von  dem  Spanier  Tagus  sagt  Silius :  primus  i/nire  manUy 
posiretnus  ponere  martern,    manu  haben  FO  V,  manus  L;  letzteres 
ist  in  den  text  aufzunehmen  wegen  der  concinnität  der  beiden  Satz- 
glieder; manus  mire  <=  in  manus  venire  ^  ad  manum  accederey  €ic 
X€tpac  Uvai  Xen.  anab.  IV  7,  16. 

I  177.   Hasdrubal  läszt  den  Tagus  martern  und  hinrichten;  in 
der  Schilderung  der  martern  heiszt  es : 

aique  omni  sanguine  rapto 

ossa  liquefaäis  fumarunt  fervida  memhris, 
für  rapto  haben  die  hss.  und  altern  ausgaben  rupto,  und  dies  ist  auch 
mit  Blass  wieder  in  den  text  einzusetzen  in  dem  sinne  von  'hervor- 
brechen ,  sich  ergieszen' ,  was  se  rumpere  und  rumpi  öfter  bedeutet : 
vgl.  Verg.  Äen,  XI  548  tantusse  nubibus  imher  ruperat,  II 416  rupto 
turhine  (vgl.  Gossrau  zdst.).  ge,  III  428  dum  amnes  ulli  rumpuntur 
fontibus. 

1  259.    hier  heiszt  es  von  Hannibal: 

femineum  puiat  inventa  iacuisse  suh  umhra 

exercetque  sitim  et  spedato  fönte  recedit, 
der  Col.  bietet  umenti^  LOV  inuenta,  F  umene  darüber  l'  inuenta. 
Blass  gibt  der  lesart  des  Col.  umenti  den  Vorzug  (s.  textesquellen 
8.  237),  während  Thilo  (quaestiones  Silianae  criticae  s.  17)  —  doch 
ohne  angäbe  von  gründen  —  Burman  folgend  inventa  lesen  will, 
ich  schliesze  mich  den  beiden  letztern  an  aus  zwei  gründen:  einmal 
entspricht  inventa  umhra  (=  wenn  sich  ihm  ein  schattiges  plätzchen 
bot)  dem  folgenden  spedato  fönte  besser,  und  dann  wird,  so  viel  ich 
sehe,  umhra  umens  zunächst  nur  von  dem  thauigen  schatten  der 
nacht  gebraucht:  vgl.  Sil.  II  469.  III  168.  Verg.  Aen.  III  589.  IV 
7.  351. 

I  370.    die  Punier  untergraben  die  mauern  Sagunts ;  ein  teil 
derselben  stürzt  unter  gewaltigem  getöse  ein : 

terribilem  in  sonitum  procumhens  aggere  victo 

Herculeus  labor  atque  immania  saxa  resolvens 

mugitum  ingentem  caelo  dedit. 

13» 


196  LBaoer:  zu  Silius  Italicus. 

für  caelo  haben  alle  hss.,  auch  der  Col.  caelL  cado  ist  conjector  der 
Itali  und  in  alle  ausgaben  übergegangen,  auf  den  ersten  blick 
scheint  allerdings  die  Verbesserung  cado  evident  zu  sein;  cado^^ad 
caelutn  kommt  ja  bei  Silius  und  andern  dichtem  häufig  vor,  vgl. 
1 1  arma  quihus  cado  se  gloria  toUit-,  ebenso  1 277.  508  u5.,  und  der 
ausdruck  mugUum  dare,  von  dem  Blass  meint,  er  könne  doch  wohl 
nicht  gut  von  einer  zusammenstürzenden  mauer  gebraucht  werden, 
wäre  in  diesem  sinne  mehr  als  gerechtfertigt  durch  einen  hin  weis 
auf  Statins  Theb,  X  263,  wo  es  gar  heiszt:  ne  gravis  exdamet  portae 
tntigüfM  ahenae,  allein  trotzdem  ist  an  dem  so  gut  beglaubigten  codi 
festzuhalten,  und  die  worte  sind  zu  verstehen  von  dem  Widerhall, 
den  der  Zusammensturz  der  mauer  am  himmelsgewölbe  hervorruft 
—  eine  echt  Silianische  Übertreibung;  dare  ist  dabei  in  dem  sinne 
von  'verursachen,  hervorrufen'  zu  nehmen,  wie  man  zb.  sagt  vulnera^ 
dolorem  dare  uä.  gründe  für  diese  auffassung  lassen  sich  vier^ltend 
machen:  Ij  ist  es  an  sich  unwahrscheinlich,  dasz  ein  ursprüngliches 
caelo^  das,  wie  gesagt,  in  ähnlichen  Verbindungen  oft  vorkommt,  in 
allen  hss.  sollte  in  caeli  verschrieben  worden  sein.  2)  verlangt  der 
folgende  vergleich  Älpihus  altis  acriae  rupes  scopidarutn  mole  revulsa 
haud  aliier  scindunt  rcsonanti  fragmine  montem^  wo  ebenfalls 
vom  Widerhall  die  rede  ist,  eine  solche  auffassung  des  tntigiium  dare. 
3)  sagen  nunmehr  der  erste  und  der  dritte  der  oben  stehenden  verse 
nicht  mehr  das  gleiche  aus ,  vielmehr  dient  der  dritte  jetzt  zur  Stei- 
gerung des  efifects.  4)  endlich  dient  zur  stütze  Silius  selbst  XII  518, 
wo  es  heiszt :  intremit  et  tdlus  d  pulsus  mugü  Ohftnpus. 

I  396.    der  dichter  begleitet  den  tod  eines  puni sehen  k riegers 
mit  den  werten : 

fdix  heu!  nemorum  et  vitae  laudandus  opacae, 
si  sua  per  patrios  tenuisset  spictda  saltus. 
an  dem  wort  tenere  haben  viele  kritiker  anstosz  genommen,  weil  sich 
der  in  diesem  verbum  liegende  begrifi^der  einschränkung,  des  zurück- 
haltens  nicht  mit  der  präp.  per  verbinden  lasse,  demgemäsz  schreibt 
zb.  NHeinsius  tenuassd  «=  minuisset,  Chory  teniassd,  Blass  torsissd. 
meiner  ansieht  nach  ist  nichts  zu  ändern,  wir  haben  eine  verkürzte 
ausdrucksweise,  eine  zusammenziehung  zweier  constructionen :  si 
spicula  tenuisset  in  saliibus,  per  eos  venans.  ähnlich  zb.  per  süvas 
vivere. 

I  436.    (nach  Blass.)   hier  heiszt  es  von  Mars: 

flagrantia  beUa 
cornipedum  afflatu  tonat  d  stridorihus  axis. 
für  tonat  haben  unsere  hss.  doniat.  tonat  ist  seit  JCScaliger  in  die 
ausgaben  eingedrungen ;  dieser  sagt  'Martis  est  accendere  bella,  non 
domare.'  sehen  wir  zunächst  von  der  bedeutung  des  ausdrucks  hdla 
dotnare  ab.  kann  man  denn  von  Mars  sagen  hella  tonat  *^  man  sagt 
allerdings  bdlum  tonat,  zb.  Sil.  XII  300  dum  bellum  tonat  \  vgl.  dazu 
IV  264  saevisque  virum  circumtonat  armis,  XIV  299  aggrcditur 
muros  atque  armis  intonat  urbi.    Mart.  VIII  3,  14  gebraucht  bdlum 


LBauer:  zu  Silins  Jtalicus.  197 

Umare  vom  dichter,  ebenso  VII  23,  wie  man  auch  sagt  verba^  minas 
ianare,  allein  für  Mars  tonat  bella  fehlt  jeder  beleg,  und  ist  denn 
die  hsl.  Überlieferung  durchaus  nicht,  wie  Scaliger  meint,  zu 
halten?  wir  glauben  doch.  Mars  heUum  domat  ist  in  dem  sinne  zu 
verstehen,  dasz  der  domitor  heUi  als  sieger  aus  dem  kämpfe  hervor- 
geht nach  niederwerfung  des  gegners,  wie  eben  auch  an  unserer 
stelle  Mars  als  sieger  in  dem  kämpfe  gegen  die  Titanen  hingestellt 
wird :  vgl.  v.  434  telumque  coruscans ,  Titanum  quo  pulsa  cohors, 
so  sagt  Silius  auch  domare  lahores,  adversa  III  575.  I  533  udgl. 
femer  ist  zu  vergleichen  heUum  delere  Cic.  Lael,  3,  11.  Nepos  Älc, 
8,  6.  endlich  musz  noch  verglichen  werden  Sil.  IV  363,  wo  heUis 
suhactis  von  allen  hss.  beglaubigt  steht;  niemand  wird  es  einfallen 
dafür  mit  van  Veen  'quaestiones  Silianae'  s.  82  peraäis  corrigieren 
zu  wollen ;  vielmehr  stützen  sich  beide  ausdrücke  heUum  domare  und 
heUum  suhigere  gegenseitig ,  und  meine  früher  (philol.  rundschau  V 
s.  1 10)  ausgesprochene  Vermutung  subacti  zu  schreiben  wird  dadurch 
hinföllig. 

I  499.  der  Saguntiner  Murrus  brennt  vor  begierde  sich  mit 
Hannibal  im  Zweikampf  zu  messen ;  aber  als  dieser  ihm  gegenüber- 
tritt,  verliert  er  allpn  mut:  lato  Murrus  cäligat  in  hoste,  an  dem 
lato  hat  man  vielfach  anstosz  genommen:  Silius  sage  zwar  von 
Hannibal  11  453  lati  umeri  (ferner  findet  sich  fisus  latis  umeris 
n  154.  V  437  uö.,  latum  peäus  IV  417),  aber  latus  allein  in  dem 
sinne  von  'riesig'  komme  nicht  vor,  und  in  dem  sinne  wie  Hör.  ep, 
n  3,  183,  wo  Bentley  latum  spat iari  mit  'sublimem,  superbum  in- 
cedere'  erklärt,  könne  es  hier  nicht  verstanden  werden.  NHeinsius 
schreibt  deshalb  dafür  laäOy  Blass  entweder  mit  Thilo  late  —  dieses 
müste  zu  den  vorhergehenden  Worten  gezogen  werden,  und  hoste 
würde  eines  bezeichnenden  attributs  entbehren  —  oder  tanto.  man 
könnte  diese  Vermutungen  noch  um  alto  vermehren  (vgl.  V  259.  294. 
X  306.  XIV  529  usw.) ,  wenn  überhaupt  ein  grund  zur  Änderung 
vorläge,  allein  ein  blick  auf  die  folgenden  worte  müle  simul  dextrae 
densusque  micare  videtur  ensis  et  innumerae  nutare  in  casside  cristae 
zeigt  uns  deutlich,  dasz  lato  vollkommen  am  platze  ist:  denn  diesen 
Worten  liegt  die  anschauung  von  'breiter  ausdehnung'  zu  gründe; 
dem  Murrus  dunkelt  es  vor  den  äugen,  da  er  weit  und  breit  nur 
feinde  zu  sehen  vermeint. 

I  555.  Hannibal  wird  vor  Sagunt  am  fusze  verwundet  und  zieht 
sich  kämpfend  zurück: 

nie  tegit  clipeo  fusum  per  membra  cruorem 
tardaque  paulatim  et  dubio  vestigia  nisu 
älternata  trahens  aversus  ab  aggere  cedit. 
es  handelt  sich   um  aversus  ^  welches  FO  und  nach  der  (unzuver- 
lässigen) angäbe  Drakenborchs  auch  der  Col.  bietet,  während  LV 
aduersus  lesen  (über  die  häufige  Verwechslung  beider  Wörter  vgl. 
Ribbeck  proleg.  in  Verg.  s.  237).   beide  lesarten  sind  also  ziemlich 
gleich  gut  beglaubigt,  und  wir  müssen  uns  für  dasjenige  der  beiden 


198  LBauer:  zu  Silius  Italicos. 

Wörter  entscheiden ,  welches  dem  Zusammenhang  besser  entspricht« 
hier  neigt  sich  die  entscheidung  zunächst  zu  gunsten  des  adversus* 
denn  die  Situation  ist  folgende:  Hannibal  hat  den  Murrus  erlegt, 
wird  aber  von  einer  schar  von  feinden  umringt  und  hart  bedrftngt; 
während  er  sich  tapfer  wehrt ,  entsendet  Juppiter  unter  donner  eine 
lanze,  die  den  Punier  am  Schenkel  verwundet,  kann  sich  Hannibal 
nun  wohl  aversus  zurückziehen,  wenn  man  dies  wort  in  seiner  eigent- 
lichen bedeutung  nimt?  doch  wohl  kaum:  denn  die  feinde  wären 
auf  ihn  eingedrungen,  und  es  wäre  wohl  um  ihn  geschehen  gewesen ; 
er  musz  sich  langsam  und  den  feinden  zugewendet  zurückziehen,  die 
Verwundung  mit  dem  schilde  deckend ,  damit  die  feinde  nicht  das 
blut  flieszen  sehen  und  dadurch  mut  bekommen,  so  scheint  es  fast, 
als  verlange  die  Situation  adversuSy  und  JBPius  hat  dasselbe  auch  in 
seinen  'annotationes  posteriores'  (1511)  empfohlen,  allein  trotzdem 
entscheide  ich  mich  mit  Blass  für  aversus\  nur  ist  dasselbe  eng  mit 
ab  aggere\zn  verbinden :  ^abgewendet,  zurückgeschlagen  vom  walle.' 
denn  hätte  Silius  den  rückzug  Hannibals  als  adversus  besonders  be- 
tonen wollen ,  so  hätte  er  sich  wohl  kaum  mit  dem  einzigen  werte 
adversus  dafür  begnügt,  sondern  dies  ausführlicher  gegeben ,  viel- 
leicht durch  ein  gleichnis  veranschaulicht. 

I  570.  (nach  Blass.)  der  kämpf  vor  Sagunt  ruht  in  folge  der 
Verwundung  Hannibals;  diese  Unterbrechung  des  kampfes  benutzen 
die  Saguntiner,  um  eine  gesandtschafb  nach  Bom  abzuschicken;  die 
bevölkerung  ruft  den  vätem  der  stadt  zu : 

ite  citi  remis  velisque  impeUiie  puppim^ 
saucia  dum  castris  clausa  est  fera;  tempore  martis 
utendum  est  rapto. 
für  rapto  haben  alle  hss.  rupto,  dies  wurde  in  rapto  geändert  im 
hinblick  auf  VIl  531  rape  miles  tempora  pugnae\  Verg.  Äen,  XI  459 
arrepto  tempore]  dazu  Lucanus  X  508  feliciter  usus  .  .  tempore  rapto, 
was  heiszt  nun  tempore  inartis  utendum  est  rapto?  entweder:  man 
soll  die  zeit  zum  kämpfe  rasch  ergreifen  und  benutzen,  oder:  man 
musz  die  zeit  im  kriege  rasch  benutzen,  es  gilt  da  kein  langes  be- 
sinnen, jenes  passt  nicht,  da  ja  der  kämpf  ruht;  dieses  würden  wir 
acceptieren,  wenn  die  hsl.  lesart  rupto  nicht  zu  erklären  wäre;  und 
das  ist  mit  rupto  wohl  der  fall ,  ja  es  passt  weit  besser  in  den  Zu- 
sammenhang als  rapto:  tempore  martis  rupto  «=  interruptOy  da  der 
kämpf  in  der  that  unterbrochen  ist,  vgl.  rumpere  sileniium^  moros  uä. 
I  671.  von  den  gesandten  der  Saguntiner  hält  nach  Silius  ein 
gewisser  Sicoris  im  römischen  senat  eine  rede ;  nachdem  er  auf  die 
den  Römern  selbst  drohende  gefahr  und  auf  die  zwischen  Rom  und 
Sagunt  bestehende  blutsverwandtschaft  hingewiesen,  schlieszt  er  mit 
den  Worten: 

cur  ui  decisa  atque  avulsa  a  corpore  memhra 

despiciar  vesterque  luat  cur  foedera  sanguis? 

im  zweiten  dieser  verse  hat  uester  nur  V ,  L  F  0  haben  nostcr,   und 

dieses  noster  ist  auch  wieder  in  den  text  einzusetzen,  weil  es  die 


LBauer:  zu  Silios  Italiciu.  199 

bessern  hss.  haben  und  weil  es  dem  sinne  nach  besser  passt.  der 
redner  weist  im  vorhergehenden  auf  die  Verwandtschaft  der  Sagon- 
tiner  mit  Born  hin  und  hebt  alsdann  hervor,  wie  die  B5mer  es  doeh 
firtther  für  ihre  pflicht  gehalten,  Zancle  gegen  den  tjrannen  Hiero  zu 
helfen,  wie  sie  Capua  schützten  von  dem  samnitischen  beere  (v.  662 
— 665);  also  sollten  sie  auch  ihnen  helfen,  wenn  er  nun  fortfährt 
^warum  soll  ich  gering  geschätzt  werden  wie  ein  fremdes,  abge- 
rissenes glied?'  wenn  er  also  die  Bömer  gewissermaszen  sagen  läszt 
^was  geht  ihr  Saguntiner  uns  an?  ihr  seid  uns  fremd',  so  ist  es  folge- 
richtiger, wenn  er  dann  weiter  sagt :  'und  warum  soll  unser  blut  — 
wenn  es  denn  nicht  das  eurige  sein  soll  —  fOr  die  vertrage  bttszen, 
während  ihr  doch  andern  geholfen  habt  ?'  —  Auszerdem  möchte  ich  die 
von  Buchwald  ^quaestiones  Silianae'  s.  23  ib  der  rede  des  Bicoris 
vorgeschlagene  und  von  mir  früher  (philol.  rundschau  1887  s.  228) 
gebilligte  Umstellung  der  verse  656  und  657  hinter  652  nunmehr 
xnrfickweisen.  wenn  Buchwald  meint,  der  Zusammenhang  der  rede 
werde  in  ungeeigneter  weise  unterbrochen  dadurch  dasz  in  jenen 
Versen  656  f.  nochmals  auf  die  drohende  macht  Hannibals  hinge- 
wiesen werde,  während  doch  von  v.  653  an  nur  noch  von  dem 
verwandtschaftlichen  Verhältnis  der  beiden  städte  die  rede  sei,  so  ist 
darauf  zu  erwidern,  dasz  dieser  nochmalige  hin  weis  auf  Hannibals 
macht  sich  recht  wohl  rechtfertigen  läszt,  da  der  redner  jetzt  die  den 
Saguntinem,  den  verwandten  und  verbtlndeten  der  Bömer,  unmittel- 
bar bevorstehende  gefahr  mit  allem  nachdruck  hervorheben  will, 
nachdem  er  vorher  auf  das,  was  später  den  Bömem  selbst  drohe, 
hingewiesen  hatte. 

II  272.   im  karthagischen  senat  finden  die  Verhandlungen  über 
krieg  oder  frieden  statt: 

Poenortim  interea  quis  rerum  summa  potestas 

Consultant  hello  sv^er^  et  quae  dicta  ferantur 

Äusoniae  a  populis  oratorumque  minaci 

adventu  trepidanU 
im  dritten  verse  lesen  unsere  ausgaben,  verleitet  durch  die  autorität 
des  Col.  nach  NHeinsius  Ausonia  a  pqptdis^  während  in  den  übrigen 
hss.  die  präp.  fehlt,  letzteres  ist  allein  richtig,  wie  schon  Bothe 
gesehen  bat.  es  handelt  sich  nicht  um  die  von  den  Bömem  zu  er- 
wartende forderung ,  sondern  um  die  antwort  welche  man  ihnen  er- 
teilen soll,  denn  dasz  die  Bömer  ihre  forderungen  bereits  gestellt 
haben,  ist  aus  Gestars  rede  deutlich  ersichtlich,  wenn  er  v. 368  sagt: 
nam  quae,  pro  superi,  Fabius  iuhetf  odus  arma  exuite  et  capta 
descendite  ah  arce  Sagunti  usw.  und  dasz  die  gesandtsebaft  in  der 
versamlung  selbst  anwesend  ist,  zeigen  ebenfalls  deutlich  die  verse 
380  ff.  at  postquam  discordia  sensit  pectora  et  infidas  ad  martern 
vergere  mentes,  non  uUra  patiens  Fahius  rexisse  ddwem  usw.  dem- 
gemäsz  sind  oben  die  worte  oratorum  minad  adventu  nicht  von  der 
drohenden  ankunft,  sondern  von  der  anwesenheit  der  römischen 
gesandten,  die  nichts  gutes  bedeutet,  zu  verstehen,  das  misverständ* 


200  LBaoer:  zu  Silias  Italicag. 

nis  dieses  ansdrucks  —  und  dasselbe  konnte  leicht  entstehen,  da 
Silius  die  ankunft  der  römischen  gesandtschaft  nicht  besonders  er* 
wähnt  —  hat  den  Schreiber  des  Col.  veranlaszt  a  hineinzucorrigieren» 
wir  haben  hier  ein  deutliches  beispiel ,  dasz  sich  auch  im  CoL  Inter- 
polationen finden  (vgl.  oben  zu  I  259,  ferner  11  366,  auszerdem  Blass 
teztesquellen  s.  247  f.). 

II  282.    in  der  eben  erw&hnten  versamlung  h&lt  Hanno  eine 
dem  Hannibal  feindliche  rede;  er  beginnt  mit  den  werten: 

cunäa  quidem ,  patres  —  neque  enim  cohibert  minafdum 
280  irae  se  valuere  —  premimt  formidine  vocem, 

haud  tarnen  äbstüerim^  mortem  licet  arma  propinqueni. 

testabor  superos  et  cado  nota  rdinguam^ 

quae  postrema  salus  rerum  patriaeque  reposcii. 
Y.  282  haben  nota  der  Col.  und  F,  uota  LO  V.  die  ausgaben  folgen 
nut  recht  den  erstgenannten  hss. ;  allein  die  erklärung,  welche  man 
den  Worten  caelo  nota  relinquam  gibt,  ist  unmöglich.  Buperti  nimt 
rdinquam  «»  süentio  pradermütam  und  übersetzt:  'ich  will,  als  nur 
dem  himmel  bekannt,  was  uns  frommt,  übergehen.'  das  passt  aber^ 
abgesehen  davon  dasz  caelo  «»  deis  zweifelhaft  erscheint,  absolut 
nicht  in  den  Zusammenhang,  denn  wollte  Hanno  seine  ansieht  über 
das,  was  Karthago  frommte ,  nicht  aussprechen,  bzw.  traute  er  sich 
darüber  kein  urteil  zu^  so  hätte  er  überhaupt  geschwiegen,  nun  aber 
spricht  er  ganz  deutlich  aus,  was  nach  seiner  ansieht  das  beste  ist; 
er  ßlhrt  fort,  indem  er  sagt,  nicht  erst  jetzt  verkünde  er  es,  als  serus 
vateSy  sondern  schon  früher  habe  er  in  voraussieht  der  künftigen 
dinge  —  er  vergleicht  sich  dabei  v.  289 — 91  mit  einem  kundigen 
und  erfahrenen  schififsmann,  der  seinen  leuten  die  kommenden  stürme 
prophezeit  —  mit  aller  energie  darauf  gedrungen ,  man  solle  den 
Hannibal  nicht  im  lager  aufziehen;  durch  seine  ganze  rede  klingt 
es  hindurch  'Hannibal  ist  unser  verderber,  fort  mit  ihm'  und  am 
schlusz  derselben  sagt  er  deutlich  'friede  ist  das  einzige  was  uns 
retten  kann',  wie  passt  dies  alles  zu  der  erklärung  Bupertis  ?  ich 
glaube  dasz  nota  relinquam  aufzufassen  ist  «»  nota  dicam^  dh.  'ich 
werde  es  als  bekanntes,  als  ausgesprochen  zurücklassen,  was  das  wohl 
des  Vaterlandes  erfordert,  auch  wenn  die  wut  meiner  gegner  mich  mit 
dem  tode  dafür  bestraft'  —  mortem  licd  arma  propinquent,  Hanno 
ist  sich  dessen  bewust,  was  er  mit  seinen  freimütigen  äuszerungen 
riskiert ;  der  gedanke,  dasz  er  dafür  vielleicht  sein  leben  lassen  musz, 
schwebt  ihm  vor,  und  von  diesem  gesicbt^punkte  aus  ist  auch  das 
wort  caelo  zu  erklären  in  dem  sinne  von  'oberweit,  weit'.  Hanno 
will  also  sagen:  'wenn  ihr  mich  um  meiner  werte  auch  tötet  und  in 
die  unterweit  hinabsendet,  so  will  ich  es  doch  vorher  aller  weit  ver- 
künden, was  meinem  vaterlande  zum  heile  dient.'  ähnlich  ist  cadum 
—  'oberweit,  weit'  Verg.  Aen.  VI  897  sed  falsa  ad  cadum  mittunt 
insomnia  manes. 

II  375.    auf  die  rede  Gestars  im  karthagischen  senat  folgen 
die  werte: 


LBauer:  za  Silius  Italicus.  201 

tU  deinde  resecUt 
faäaque  censendi  pcUrum  de  more  potestas , 
hie  Hannen  reddi  propere  certamine  rapta 
instat  et  auctorem  violati  foederis  addit» 
diese  drei  verse  fehlen  im  Col.  aufgrund  dieser  thatsache  hat  Modius 
dieselben  für  unecht  erklärt,  freilich  ohne  weitere  gründe  anzu- 
führen als  dasz  die  verse  Mneptissimi'  seien,  'barbariem  redolentes, 
Silio  non  digni'  udgl.  Thilo  bringt  mit  recht  wenigstens  zweierlei 
zur  bogründung :  erstens  sei  die  emphase  des  hie  nicht  zu  begreifen, 
femer  nicht,  wie  die  Senatoren  über  Hannos  abstimmung  nach  seiner 
rede  (s.  o.  zu  II  282)  so  erstaunt  sein  können,  dasz  der  dichter  fort- 
fahre :  tum  vero  attonüi^  ceu  templo  irrumperä  hostis,  exsüuere  patres 
Laiioqu^  id  verteret  omen  oravere  deum,  dazu  hätte  Thilo  als  dritten 
grund  noch  bringen  können,  dasz  von  einer  wirklichen  abstimmung 
im  karthagischen  senat  bei  Livius  gar  nicht  die  rede  sei.  allein  wir 
dürfen  uns ,  glaube  ich ,  auch  mit  dieser  begründung  noch  nicht  be- 
gnügen ,  sondern  müssen  zu  eruieren  suchen,  welches  das  motiv  der 
einschiebung  jener  verse  gewesen  ist.  wir  müssen  zu  diesem  zwecke 
Livins  herbeiziehen,  nach  diesem  (XXI  6  ff.  und  18)  werden  zwei 
gesandtschaften  nach  Karthago  geschickt :  die  eine  vor  der  einnähme 
Sagunts  (Sprecher  P.  Valerius  Flaccus)  mit  der  forderung,  dasz 
Hannibal  ausgeliefert  werden  solle,  wenn  man  nicht  vom  kriege  ab- 
stehe, die  zweite  nach  dem  falle  Sagunts  (sprecher  Q.  Fabius)  mit 
der  kriegserklärung,  im  falle  Karthago,  wie  vorauszusehen,  sich  mit 
dem  vorgehen  Hannibals  einverstanden  erkläre,  diese  zwei  gesandt- 
schaften hat  Silius  in  seiner  weise  in  ^ine  zusammengezogen,  unter 
Valerius  Flaccus  und  Fabius  (vgl.  meine  diss.  *über  das  Verhältnis 
der  Punica  des  Sil.  It.  zur  3n  dekade  des  Livius'  s.  38).  die  gesandt- 
schaft  gebt  bei  Silius  (II  1  fif.)  ab  noch  vor  dem  falle  Sagunts,  trifft 
aber  in  Karthago  ein  nach  dem  falle  der  stadt.  dabei  übergeht  der 
dichter  ganz  naturgemäsz  (um  historische  genauigkeit  ist  es  ihm  ja 
fe^ajeht  zu  thun)  die  forderung  der  ersten  gesandtschaft  bei  Livius; 
ihm  sind  die  reden  des  Hanno  und  Gestar  und  die  kriegserklärung 
des  Fabius  die  hauptsacbe.  nun  hat  aber  Silius  die  rede  des  Hanno 
ganz  nach  Livius  XXI  10  gedichtet  (vgl.  m.  diss.  s.  42  f.)  mit  dem 
einzigen  unterschiede,  dasz  er  Hanno  die  forderung,  man  solle  Hanni- 
bal den  Bömern  ausliefern ,  nicht  mehr  stellen  läszt,  weil  diese  for- 
derung für  ihn ,  der  nur  6ine  gesandtschaft  mit  der  kriegserklärung 
des  Fabius  kennt,  gegenstandslos  war.  um  nun  diesem  vermeint- 
lichen mangel  in  der  Übereinstimmung  der  reden  des  Hanno  bei 
Livius  und  Silius  abzuhelfen ,  sind  jene  drei  verse  entstanden,  be- 
seitigen wir  dieselben ,  so  schlieszen  sich  die  worte  tum  vero  attoniti 
trefflich  an  ut  deinde  resedit  an.  wenn  Thilo  glaubt,  es  sei  die  erzäh- 
lung  eines  portenium  ausgefallen,  wegen  der  folgenden  worte  Latio- 
que  id  verteret  omen  oravere  deum,  so  ist  diese  annähme  durchaus 
nicht  nötig,  da  sich  diese  worte  ganz  gut  auf  den  schlusz  der  rede 
Gestars  beziehen  lassen  v.  370  ff.  uranfur  rotes  ac  toto  ahsistite 


ij( j2  Iraner:  zu  ßiHaf  ItAÜeitt. 

pottfUf:  femer  bee.  373  MCpf^ri^wf  solviM  dwctarü  hervai€  ■■»»■>, 
näit  GebtAT  bzv.  Siliub  die  tos  Rajino  nidtn  aongesprocfaene  aa»> 
lieftTusg  EaiuuDttlii  v«iiigfci«xi£  isdeotei. 

II  507.    der  liuJ  Sagrmu  s1«rbt  bexor.    Hercoles.  üir  erbaoer, 
bittet  die  gCittijD  Fide^  der  btadt  zu  hilfe  n  koxzüzwn.  diese  t 
dft  kie  bonift  nicfau  rc  tbuc  vermag,  wenigsUA^  eis  rulnsTollei 
der  tstadt: 

fetf  «ecMfa  fna  fundaia  vi  imoema  dextra 
dignum  U  yonxi^  wyamorando  fime  riporfm: 
dediUi  fiec  fem  transmiUant  carpora  Pofno . 
ext^endam  Uli  deau  at^we  in  saecula  müttam. 

dak«  wort  secura  im  erstes  Terse  muht  des  erkl&rern  Schwierigkeiten. 
NUeiseiue  treibt  daffir  $i  cura  (bc  iwa  esf  •  usd  imputiert  damit 
dem  dichter  eise  recht  matte  au&druckswei&e.  Boihe  Tennutet 
^e$9ura  ^^  casura,  wie  zb.  v.  549  casuro  populo.  allcis  es  ist  an 
Bccura  sicbtb  zu  ftsders ;  dasselbe  ist  ah  gegessatz  zn  dem  folgend 
ßsifi  aehr  wohl  am  platze,  die  gOttis  sagt:  'ich  will  daftir  sorgen 
Haguot,  ihreb  grflsders  wfirdig,  furchtlos  und  fest  [seatrd)  oeh 
die  kraft  (/ewabre  rufamvoll  zu  bterbes .  usd  dasz  sie  nicht  ermattet 
und  mutlo«  (foiifi)  sich  des  feisden  ergebe.'  is  ähnlichem  sinne 
steht  »ecuruH  XVII  41  seatra  capit  funem. 

III  29.  Bobtar  ist  auf  Uannibals  befehl  nach  der  einnähme 
ßagunU)  nach  Africa  gegangen,  um  das  orakel  des  Juppiter  Ammon 
zu  befragen ;  dabei  beschreibt  der  dichter  die  merk  Würdigkeiten  des 
tempels.  v.  29  heiszt  es :  irtistinda  focis  sertani  aliaria  flammae. 
liothe  und  Blass  nehmen  anstosz  an  der  construction  des  verses: 
erbterer  ändert  flammae  in  flammas^  letzterer  schreibt  foci  ftir  fods^ 
um  zu  sertant  ein  subject  zu  gewinnen,  ich  glaube,  wir  kommen 
ohne  jegliche  finderung  zurecht,  wenn  wir,  was  doch  eigentlich  das 
nftchbtliegende  ibt,  zu  servant  als  subject  die  priester  nehmen,  die 
V.  21 — 28  teils  grammatisches  teils  logisches  subject  sind,  die 
priester  bewahren,  erhalten  die  altfire  irrcsiinda  focis  flammae^  so 
dasz  auf  den  altftren  die  flamme  nicht  verlischt,  flammae  hängt  ab 
von  irrestinda,  über  den  ausgedehnten  gebrauch,  welchen  Silius  von 
der  Verbindung  der  adjectiva  mit  dem  genitiv  macht,  vergleiche  ua. 
llupertis  appendix  s.  171. 

III  229.  die  dem  Homerischen  schiffskatalog  nachgebildete 
aufzählung  der  Streitkräfte  Hannibals  leitet  der  dichter  mit  den 
Worten  ein: 

non  Ma  nee  umquam 
saevior  ü  trucibas  tempestas  ada  procdlis , 
nee  bellum  raptis  tarn  dirum  miüe  carinis 
acrius  infremuit  trepidumque  cxierruit  orbem, 

die  Worte  raptis  tarn  dirum  haben  bei  vielen  kritikern  bedenken  er- 
regt, und  es  liegt  eine  ganze  reihe  von  verbesserungs vorschlagen 
vor.   um  das  vermeintlich  unpassende  tarn  dirum  zu  beseitigen  und 


LBauer:  zu  SiliuB  Italicus.  203 

einen  zusatz  zu  raptis  bzw.  miUe  carinis  zu  bekommen ,  wurde  vor- 
geschlagen in  Troiam^  in  Pergama  oder  Oraiorum,  Ärgivum^  was 
wenigstens  der  hsl.  Überlieferung  näher  kommen  würde.  Cborj 
schreibt  gar  tum,  dicunty  und  Thilo  wünscht  trans  aequor  zu  lesen, 
wohl  im  hinblick  auf  XV  277  qui  traxU  in  aequora  mtUe  carinas^ 
während  Baehrens  mölüum  vorschlägt,  wozu  dies  alles?  weder 
raptis  noch  müle  carinis  bedarf  eines  zusatzes.  rapere  «=»  'eilig  herbei- 
schaffen  oder  in  bewegung  setzen'  steht  öfters  absolut,  zb.  XIY  209 
equorum  miUe  rapit  turmam,  und  den  fast  stereotyp  gewordenen 
ausdruck  miüe  carinac  verstand  jedermann  gleich  von  der  flotte 
Agamemnons  (vgl.  zb.  Verg.  Äen.  II  198.  IX  147.  Ov.  mä.  XTL  37. 
XIII  182  u6.).  und  tarn  dirum  endlich  scheint  mir  so  sehr  berech- 
tigt, dasz  durch  entfernung  desselben  die  concinnität  der  beiden 
glieder  der  vergleichung  gestört  würde.  Silius  gebraucht  zwei  ver- 
gleiche :  kein  ungewitter  braust  furchtbarer  dahin ,  noch  schnob  der 
troische  krieg  heftiger  einher;  tempestas  aber  sowohl  als  heHwin 
haben  einen  steigernden  zusatz:  kein  unwetter,  das  von  furchtbaren 
stürmen  getrieben  am  himmel  heraufzieht  und  in  folge  dessen  so 
drohend  aussieht,  braust  fürchterlicher  los,  noch  entbrannte  der 
troische  krieg  heftiger,  der  bei  einer  so  mächtigen  flotte  so  unheil- 
schwanger {tarn  dirum)  erschien. 

in  635.  Hannibal  steigt  ungehindert  von  den  höchsten  höhen 
der  Alpen  herab ;  nur  steile  felswände  hindern  noch  das  vordringen. 

non  acies  hostisve  tenet ,  sed  prona  minaci 
praerupto  turhant  et  cautihus  obvia  rupes. 

Chory  und  Blass  nehmen  anstosz  an  der  tautologie  acies  hostisve: 
ersterer  vermutet  non  acies  hostis  retinet  und  faszt  acies  als  accusativ 
auf;  dagegen  ist  zu  bemerken,  dasz  von  dem  auf  immer  noch  unweg- 
samen gebirgen  marschierenden  beere  Hannibals  der  ausdruck  acies 
kaum  gebraucht  werden  kann,  weit  besser  ist  die  Vermutung  von 
Blass  glacies  für  acies  zu  schreiben:  sie  entspricht  den  Verhältnissen 
vollkommen,  da  in  der  that  Hannibal  früher  (v.  520.  544.  549)  mit 
dem  eise  und  mit  feindlichen  gebirgsbewohnem  zu  kämpfen  hatte; 
ich  würde  die  conjectur  unbedenklich  annehmen ,  wenn  der  grund 
zur  änderung  (tautologie  des  ausdrucks)  stichhaltig  wäre,  dh.  wenn 
sich  nicht  ähnliche  Verbindungen  bei  unserm  dichter  mehrfach  fänden: 
vgl.  zb.  VII  249  iam  vos  acies  et  proelia  et  host em  poscite;  ähnlich 
acies  et  arma  II  387.  Hl  117;  gentes  aciemque  IX  268  uä.  darum 
haben  wir  uns  auch  hier  streng  an  die  Überlieferung  zu  halten. 

V  410.  der  Punier  Pagasus  tötet  in  der  Schlacht  den  Römer 
Libo  (aus  der  gens  Scribonia);  aber  dieser  findet  alsbald  in  dem 
consul  Flarainius  einen  rächen 

nee  Pagaso  exsultare  datur,  ne  impune  relidum 
consulis  ante  oculos  vita  spoliasse  Libonem.  > 

so  die  ausgäbe  von  Ruperti;  die  Bipont.  und  Lünemann  lesen  nach 
der  emendation  des  NHeinsius  den  ersten  vers :  n.  P.  exsultare  datum 


2M  Lßaiier:  2u  .^üiiu  raiicJM, 

«tTWie  mp^M^e  f^Jä^mn^  7^>ii  liea  osiu  liaben  diir  C<:L  imi  L  F  4atmrm^ 
0  V  fiätwfwt,  i;4t»i»  lus  V -IL  äiipern  «il* weder  >«  m«  iwjiii*»  oiitsr 
^  »edbü»  aafSMMn.  und  ait  omMdka  «nt^  'SOi^jf  7arhaxiiim  wiaBeB^ 

l^ffMitiiwint^  d^nn  'i.Msr  »  ijim  aiumtraÄ  cl<»il:n  vor  des  ennania 
rUm  Lihc  ^ftit^/'JA  zn  hab^ti.   wcza  Bcperti  bemerke  'qiiae 
PfttifM  «i^^ia  «rar*  «t  'iisrna  qtiae  pcsireccr'.  zwhl  »iieae  aal 
ijit  ^^nxaweiii^ä».  «iu2  «ie  ein  isrldi'iir»»   T^rhäl^cizi  zwiadieii  di* 

im 

der  xweite  «anhält  sü^bt,  wie  «a  Bddi  BoperiLi  erkiänxs^  der  Ul 
«Sre,  eine  .«i^eig^ercnfif  d«)  ersten,  icndem  steiir;  zni:  denuelbem 
j^a(A2  jsfleieher  itofe.  es  Ut  deshalb  die  liMart  der  besüem  Lu. 
>>eb*lten  on4  die  »i:jkdr;<tk%weUe  alt  ein  TerkUnter  chiumos  za  be- 
tfftchten  ifkt  wtt  Pag€UO  tza^dUtrt  <käw  daXkirr^  mtp^ms 
o>/wohi  mir  die  rerhind^n^f  <ia^>tr  »»/«ik  rd^wm  etwas  faait 
MheiDt,  m^hte  ieh  doch  die  beiliehalscsg  der  1l«L  leaart  di 
j^füinr  ron  Hein.%ia»  Tcrziehen. 

X  4 12,  nach  der  niederla^e  bei  Canxiae  hal^n  sich  die  trümmer 
de<i  ^e%ebUgenen  beere»  nach  Cancisiim  g«ret^e:.  Mrtellci  wül  in 
der  TerzweiflfiDtf  mit  andern  Qbera  meer  geben  cnd  eine  andere 
Heimat  Aocben.  Seipio  aber,  der  mit  gezQckrem  schwert  in  iiire  rer- 
itamlanjf  eindrint^.  zwingt  sie  zu  dem  schwur,  dasz  sie  Ton  ihrem 
vwbahen  ab.%tebit;D: 

o^iiu  en  ieMare  deos,  si  moenia  tfudis 
flfigrabufU  Libycis,  nuUas  te  ferre,  Mft^Ue, 
ausurum  in  (erras  gressu? 

zu  diesen  worten  bemerkt  Blas&  'emendationen  zu  Silios'  5.  27:  ''ein 
sonderbarer  &cb  wur,  in  kein  1  an  d  zu  geben !  der  arme  Metellas  moste, 
wollte  er  treue  und  glauben  halten,  notwendig  in^  wasser  geben.'  er 
schreibt  deswegen  eztorres  fQr  in  terras  und  Ändert  nuRas  in  nuüos, 
allein  das  wort  extorris  ist  hier  ganz  unmuglich ,  da  dasselbe  nur  im 
passiven  sinne  gebraucht  wird  <»  ^fortgejagt,  vertrieben',  wie  ein 
blick  ins  Icxicon  zeigt.  Thilo  hatte  vermutet  nullos  .  .  e  terra  hae 
ffrtHBUH^  ebenso  wenig  geschmackvoll  wie  der  Qberlieferung  fem 
liegend,  ich  glaube  da^z  überhaupt  nichts  zu  ändern  ist.  nuUus  ist 
hier  «*  non  alius  zu  nehmen,  wie  zb.  Sil.  XV  199  nuUa  acies  famae 
tantum  praedacve  j^rarit;  Ov.  met,  I  9G  nuUaque  mortcdes  praeter 
Bua  lUora  norant,  auszerdem  dOrfte  den  oben  citierten  worten  von 
lilasH  gegenüber  bemerkt  werden,  dasz  die  ^Spitzfindigkeit  der  frage 
*  wohin  soll  Metellus  denn  gehen?  ins  meer?'  hier  durchaus  nicht 
am  platze  ist.  Scipio  spricht  in  hohem  afiect,  da  ist  die  ausdrucks- 
woine  manchmal  logisch  vielleicht  nicht  ganz  correct;  aber  jedermann 
wüste,  was  er  mit  dem  nuUas  in  terras  meinte,  so  dasz  kein  mis- 
verstttndnis  obwalten  konnte. 


L Bauer:  zu  Silius  Itaiicus.  205 

IL 

I  70  f.  voraus  geht  die  Charakteristik  Hannibals ;  besonders 
hervorgehoben  ist  seine  blinde  wut  gegen  alles  was  römisch  heiszt; 
dann  ffthrt  der  dichter  fort : 

hanc  rdbiem  in  fines  Itälum  Satumiaque  arva 
addiderat  quondam  puero  patrius  furor,  ortus 
Sarrana  prisd  Barcae  de  gente  väustos 
a  Bdo  numerdbat  avos. 
der  zweite  der  oben  nach  den  ausgaben  citierten  verse  erregt  ein 
dreifaches  bedenken:  1)  quondam  ist  correctur  der  Itali  für  das  hsl. 
iandem ;  dasz  dies  aus  einem  ursprünglichen  qu/Ondam  verschrieben 
worden  wäre,  ist  sehr  unwahrscheinlich.  2)  patrius  furor  ist  metrisch 
unmöglich.  OGruppe  ^quaestiones  Annaeanae'  (Berlin  1873)  stellt 
als  tbese  2  auf:  'apud  Silium  Italicum  poetam  nusquam  pjrrhichica 
Terba  quinto  hezametri  pede  collocantur  nisi  antecedente  monosyl- 
laba;  itaque  I  71  sie  scribendum  est:  addiderat  quondam  puero  pater, 
tU  fuU  ortus  — /  wenn  wir  nun  auch  den  heilungsversuch  Oruppes 
als  verfehlt  betrachten  müssen,  aus  gründen  die  sich  im  weitem  ver- 
lauf ergeben ,  so  müssen  wir  doch  die  richtigkeit  seiner  thesis  zu- 
geben, nun  könnte  man  ja  den  vers  als  eine  Singularität  zu  be- 
trachten geneigt  sein,  da  sich  auch  in  der  von  Bücheier  (rh.  mus. 
XXXV  8.  391)  mit  gutem  gründe  dem  Silius  zugeschriebenen  Ilias 
latina  eine  ähnliche  ausnähme  findet  v.  986  afflicti  miserere  patriSj 
moveat  tua  Fdeus,  allein  es  kommt  noch  ein  zweites  bedenken  hinzu. 
Eocks  'de  po^tarum  Latinorum  hexametri  caesura,  quae  est  post 
qninti  pedis  arsim'  pari  II  (progr.  d,  Friedrich-Wilh.-gymn.  in  Köln 
1873)  bemerkt  hinsichtlich  des  zusammenfallens  des  wortaccents 
und  des  versictus,  dasz  Silius  nur  fünf  fälle  habe,  in  welchen  an  der 
betre fixenden  stelle  wort-  und  versaccent  auseinandergehen,  von 
diesen  fünf  fällen  sind  aber  vier  durch  eigennamen  oder  fremdwörter 
entschuldigt,  nemlich  IV  22b  Änienicolae  Catiüi,  VIII A30  Ämazonius 
Thermodon,  (IX  99  occultafa  Thoantis^)  XVII  79  Tyrios  hymenaeoa, 
der  fünfte  nicht  entschuldbare  fall  ist  unsere  stelle,  nun  meint  zwar 
Kocks:  'versus  I  71  et  r  littera  etiam  atque  etiam  repetita  et  rjthmo 
anapaesto  ipsum  furorem  describit,  quem  rythmum  verbo  ortw,  cui 
gravis  distinguendi  nota  praecedit,  singulari  arte  reducit  in  dactj- 
licum.'  allein  damit  ist  doch  jenes  bedenken  nicht  weggeräumt;  wir 
müssen  vielmehr  glauben,  dasz  in  den  "Ttori&i  patrius  furor j  welche 
gegen  zwei  gesetze  verstoszen,  die  Silius  sonst  in  seinen  über  12000 
hexametern  aufs  gewissenhafteste  befolgt  hat,  ein  fehler  steckt. 
3)  orius  ist  correctur  der  Itali,  wie  quondam,  von  den  hss.  bieten 
LO  oscus,  F  escus  oder  estus^  von  zweiter  band  corrigiert  in 
astus^  V  ostus.  nun  läge  ja  ortus  am  ende  von  der  Überlieferung, 
wie  sie  LOV  bieten,  gar  nicht  weit  ab.  allein  ich  habe  ein  sprach- 
liches bedenken  dagegen  —  abgesehen  davon  dasz  es  an  sich  nicht 
sehr  wahrscheinlich  ist,  dasz  ein  so  häufig  vorkommendes  wort  wie 


206  LBauer:  zu  Silius  Italicus. 

ortus  sollte  so  arg  verschrieben  worden  sein:  bei  der  abstammong 
mit  de  gebraucht  Silius  nie  artus:  vgl.  I  152  antiqua  de  stirpe 
Tagum;  377  Butulo  Murrus  de  sanguine]  III  580  sanguine  de 
nostro  popuhis-,  ebenso  XI  296.  XII  214.  XVI  684.  XVII  654. 
orttis  nur  bei  der  örtlichkeit:  VII  29  ortus  in  oris,  vgl.  IL  lat.  200 
finibus  ortus  y  Ov.  trist.  I  10,  39  moenibus  ortus. 

Also  ist  dreifache  abhilfe  nötig,  beginnen  wir  mit  n.  3.  am 
nächsten  stehen  sich  in  der  Überlieferung  L  0  V ;  da  aber  mit  oscus 
und  08ti4S  nichts  anzufangen ,  wenden  wir  uns  an  F.  diese  hs.  bietet 
mehrmals  (vgl.  Blass  textesquellen  s.  232) ,  wo  wir  von  den  andern 
hss.  im  stich  gelassen  werden ,  von  zweiter  band  eine  bessere  le&art. 
da  sehen  wir  astus^  und  daraus  ergibt  sich  uns  das  richtige  altus, 
dies  (ütus  zog  ich  zunächst  zum  folgenden  verse  in  der  bedeatong 
hochgeboren',  vgl.  darüber  Oossrau  zu  Verg.  Äen.  IX  697. 

Nun  zu  den  beiden  andern  stellen,  vor  furor  ist  ein  einsilbigea 
wort  nötig,  damit  dem  oben  erwähnten  gesetze  rechnung  getragen 
wird;  palrius  ist  also  zu  ändern  in  patris.  ebenso  musz  für  tandem 
ein  richtiges  wort  gefunden  werden,  dabei  gieng  ich  davon  aus,  dasi 
es  auffallend  erscheint,  dasz  nicht  bereits  in  v.  71  der  schwni 
Hannibals  irgendwie  angedeutet  ist,  der  nachher  so  ausführlich  ge- 
schildert wird  (v.  99 — 122).  ich  suchte  deshalb  hinter  tandem  ein 
solches  wort  und  vermutete  dafür  votum,^  dann  ergab  sich  mir 
als  einsilbiges  wort  zwischen  pa/ris  und  furor  ein  et  oder  ac^  welches, 
nachdem  votum  einmal  verschrieben  war ,  mit  patris  zusammen  zu 
pairius  gelesen  wurde,  so  gedachte  ich  zu  schreiben:  addidertU 
Votum  puero  patris  et  furor.   altus  usw. 

Nun  aber  musz  ich  dieser  Vermutung  eine  andere  des  hrn.  prof. 

Hilberg  in  Czemowitz  entgegenstellen  und  räume  derselben  rück- 

haltslos  den  vorzng  vor  der  meinigen  ein.    ich  hatte  mich  bezüglich 

^  der  metrischen  bedenken,  die  der  vers  bot,  an  hrn.  prof.  Hilberg  als 

eine  autorität  auf  dem  gebiet  des  hexameters  gewendet,  und  der* 
selbe  gab  mir  in  liebenswürdigster  weise  aufschlusz ;  zugleich  teilte 
er  mir  seine  eigne  Vermutung  mit:  er  setzt  für  tandem  mit  Blass  das 
naheliegende  tantam  ein  (die  beiden  wÖrter  sind  in  den  hss.  öfter 
verwechselt,  zb.  X  163)  und  schiebt  zwischen  po/m  und  furor  ein 
heu  ein ,  das  altus  zu  furor  ziehend ,  so  dasz  der  vers  nun  lautet : 
addiderat  tantam  puero  patris  heu  furor  altus.  zur  begründung 
dieser  conjectur  teilte  mir  Hilberg  folgendes  mit:  1)  das  hei$  in  der 
fünften  hebung  findet  sich  bei  Silius  auch  V  154.  zu  heu  furor  vgl, 
Val.  Flaccus  II  146  heu  furit\  Corippus  loh.  II  158  heu  furit;  Verg, 
Äen.  IV  376  heu  furiis  incensa  feror.  für  furor  altus  dürfte  der 
binweis  auf  Verg.  Äcn,  I  209  genügen:  premit  altum  corde  dolorem. 
2)  Silius  unterbricht,  wogegen  ich  anfangs  einwendungen  erheben  zu 
müssen  glaubte,    mehrfach   durch  die  affectvolle  interjection  heu 

*  tandem  steht  zb.  I  662  in  O  anc]  einigen  andern  \\%9.  fiir  Zancfen^ 
VI  611,  wie  ich  unten  leigen  werde,  für  icdem  in  LFOV. 


LBauer:  zu  Silias  Italicus.  207 

auch  den  mhigen  flusz  der  historischen  darstellong,  wenn  er  ereig- 
nisse  berichtet,  welche  für  Born  schmerzliche  folgen  hatten:  VI  65 
flore  intens  primo  pcUriiSy  heuy  Funica  beUa  auspiciis  ingressus  erat» 
VllA  544  in  primis  Capua,  Jieu^  rebus  servare  serenis  inconstdta 
modum  et  pravo  peritura  tumore,  XI  6  adiimgere  dextras  certavere 
palam  rumpenti  foedera  Poeno.  heu  nimium  facües  laesis  diffidere 
re^>us.  XL  378  altera  curarum  Lihyds  demittüur  aris  heu  JDecius 
redud  lentas  servatus  ad  iras,  an  unserer  stelle,  wo  Silius  von  dem 
urspnmg  des  tödlichen  hasses  Hannibals  gegen  Rom  spricht,  ist  das 
heu  mindestens  ebenso  berechtigt  wie  an  den  vier  eben  citierten 
stellen,  ich  trage  daher  kein  bedenken  diese  verbesserte  lesart  in 
den  text  aufzunehmen. 

I  293.  hier  ist  die  rede  von  den  anfangen  der  stadt  Sagunt ; 
der  znwachs,  den  die  stadt  durch  die  einwanderung  aus  Ardea  er- 
hftlt,  wird  mit  folgenden  worten  erwähnt: 

firtnavit  tenues  ortus  mox  Daunia  pubes 
sedis  inops ,  misit  largo  quam  dives  dtumno 
magnammis  regnata  viris  nunc  Ardea  nomen. 
so  die  ausgaben  nach  der  übereinstimmenden  Überlieferung  der  hss. 
trotz  aller  gegenteiligen  Versicherungen  früherer  hgg.  und  erklftrer 
(vgl.  bes.  Drakenborch  zdst.)  scheint  uns  im  letzten  dieser  drei  verse 
ein  fehler  zu  stecken,  wenn  derselbe  überhaupt  einen  sinn  geben 
soll,  so  müste  man  die  werte  nunc  Ardea  nomen  übersetzen :  ^Ardea, 
das  jetzt  nur  noch  ein  bloszer  name  ist' ;  so  fassen  es  auch  Emesti 
und  Ruperti  auf.  allein  nomen  ohne  einen  zusatz,  wie  zb.  vacuum 
oder  ein  ähnliches  wort,  kann  das  unmöglich  heiszen';  auszerdem 
könnte  ein  olim  oder  quondam  als  gegensatz  zu  nunc  im  vorher- 
gehenden kaum  entbehrt  werden,  also  musz  in  der  Überlieferung 
ein  fehler  stecken,  nun  könnte  man  zunächst  wegen  des  nunc  auf 
den  gedanken  kommen ,  es  müste  in  irgend  einem  der  vorausgeben- 
den Worte  ein  älterer  name  für  Ardea  verborgen  liegen;  dies  wort 
könnte  höchstens  largo  sein,  allein  erstens  scheint  es  einen  altern 
namen  für  Ardea  überhaupt  nicht  zu  geben,  und  zweitens  dürfte 
man  doch  bedenken  tragen  die  echt  Silianiscbe  ausdrucksweise,  den 
pleonasmus  in  der  Verbindung  dives  largo  älumno  zu  zerstören,  es 
musz  also  anders  geholfen  werden.  Blass  nun  vermutet,  es  seien 
zwischen  den  Wörtern  viris  und  nimc  zwei  halbverse  ausgefallen ,  es 
habe  also  ein  hinübergleiten  von  einem  verse  in  den  andern  von 
Seiten  des  abscbreibers  stattgefunden,  wie  es  ja  in  den  apogr.  Sang, 
thatsächlich  vorkommt  (vgl.  Blass  textesquellen  s.  240).  damit  wäre 
allerdings  geholfen,  sollte  es  jedoch  nicht  einen  andern  ausweg  geben 
als  diesen,  der  doch  nur  ultima  ratio  sein  soll,  wenn  sonst  keine  hilfe 
mehr  möglich  ist?  ich  möchte  deshalb  einen  andern  Vorschlag 
machen,  ohne  mir  freilich  zu  verhehlen,  dasz  auch  dieser  manchem 


•  vgl.  Sil.  X  583  vacuum  sine  corpore  nomen  oder  Ov.  met,  XV  430 
quid  restant  nisi  nomen  Athenae? 


208  LBauer:  zu  Silios  Itaiicus. 

etwas  gewaltsam  erscheinen  mag.  dasz  Silius  an  unserer  stelle  eini 
ähnliche  des  Vergilius  vor  äugen  hatte,  haben  bereits  die  frühem  hg^ 
angemerkt,  bei  Verg.  heiszt  es  Äen,  VII  411  ff.  locus  Ardita  qwm 
dam  didus  avis;  et  nunc  magnum  manet  Ardea  nomen^  sed  fartum 
fuU.  was  Verg.  hier  in  zwei  zeilen  ausdrückt,  hat  Silius  kurz  zu 
sammengefaszt.  bei  Verg.  haben  wir  den  gegensatz  von  quandan 
und  nunc;  bei  Silius  haben  wir  blosz  das  nunc\  eben  deswegen  er 
regt  dasselbe  anstosz,  und  es  ist  zu  vermuten ,  dasz  dieses  num 
aus  der  stelle  des  Verg.  in  die  unsrige  eingedrungen,  indem  eii 
abschreiber  dasselbe  über  den  vers  oder  an  den  rand  geschrieben 
und  dasz  es  ein  anderes  wort  verdrängt  hat.  dasz  dergleichei 
fälle  in  den  hss.  des  Silius  sich  mehrfach  vermuten  lassen,  zeigt 
Blass  teztesquellen  s.  244  f.  an  stelle  des  nunc  möchte  ich  darum 
einsetzen ,  das  mit  namen  zu  verbinden  ist ,  so  dasz  der  vers  lautet 
magnanimis  regnata  viris  darum  Ardea  nomen.  dieser  apposi- 
tionelle  gebrauch  von  nomen  mit  einem  attribut  ist  bekannt:  vgl 
Sil.  II 177  nohüe  nomen  Eurydamas.  IV  360  nohüe  Amydae  nomen 
VIII  255  sacraiaque  nomina  .  .  Scipiadas\  Verg.  Aen.  VII  117  in 
faustum  Aüia  nomen.  Luc.  I  313  nomina  vana  Catones  uä.  darum 
aber  für  das  Vergilische  magnum  habe  ich  gewählt  aus  zwei  gründen 
einmal  gehimagnanimis  voraus,  und  dann  liebt  es  Silius  an  stellen,  wc 
er  den  Verg.  nachahmt,  zu  variieren  (vgl.  darüber  Groesst  ao.  s.  32  ff.) 
1 400.  (nach  Blass)  der  Saguntiner  Murrus  tötet  in  den  kämpfei 
^or  Sagunt  viele  Punier,  darunter  auch  einen  gewissen  Ladmus 
diesen  beklagt  sein  gefährte  Hiberus;  da  ruft  ihm  Murrus  zu: 

narrahis  Hamücaris  umhris 
hanc^  inquit^  dextram^  quae  iam  post  funera  vulgi 
Hannihalem  vobis  comüem  dahit^  et  ferit  alte 
insurgens  gladio  cristatae  cassidis  aera, 
für  dabit  hat  L  im  texte  dedU^  am  rande  dabit^  F  liest  et  ferit  dedii 
0  hat  dedit',  nur  V  bietet  dabU.   sollte  dedii  y  welches  die  drei  bestei 
hss.  bieten,  blosz  verschreibung  sein  für  ein  ursprüngliches  (2aM1 
dazu  ist  der  umstand  aufßillig,  dasz'  in  F  dedit  an  falscher  stelle  steht 
Blass  vermutet,  dasz  es  dederit  heiszen  müsse ;  das  dcderit  war  deXi 
geschrieben  (über  ähnliche  kürzungen  und  daraus  entstandene  ver< 
Schreibungen  vgl.  teztesquellen  s.  242),  war  von  dem  abschreibe] 
übergangen  und  nachher  an  den  rand  geschrieben  worden,  von  w< 
es  an  falscher  stelle  in  den  vers  geriet,  der  grund  dederit  zu  schreibet 
liegt  in  dem  gebrauche  des  fut.  exactum,  von  dem  Orelli  (vgl.Draegei 
bist.  Syntax  I  285)  sagt :  'futurum  exactum  illud  actionis  praemedi 
tatae  celerrimam  ac  veluti  nunc  ipsum  iamiam  effectam  perfectionen 
significat':    besonders  häufig  wird  in  diesem  sinne  das  fut.  ex.  voi 
dare  gebraucht:  vgl.  Draegcr  ao.  s.  284.^    Blass  macht  nun  zwe 
vorschlage ,  entweder  zu  schreiben : 

'  vpfl.  auch  Sil.  VI  601  haud  umquam  tibi  luppUer,  inquU^  o  ivr^nijr, 
dederit  portas  trantcendere  Jiomae, 


LBauer:  zu  Silios  lialicaa.  209 

HanrnbäUm  vobis  comitem  dederU;  ferü  aUe  oder  ^ 
Hannihalem  vobis  dederU  camUem;  et  ferü  aUe. 
4ua  erstem  vorsehlag  gibt  er  selbst  den  vorzog;  allein  dieser  ist  ans 
«wei  gründen  unhaltbar:  einmal  verstöszt  er  gegen  das  oben  zu 
I  70  erwähnte  metrische  gesetz,  und  dann  ist  das  asyndeton  störend, 
da  sonst  in  solchen  föllen  gewöhnlich  ein  htm  oder  et  oder  inde  oder 
sonst  ein  wort  den  Übergang  von  der  rede  zur  handlang  vermittelt: 
vgl-  »b.  I  386.  IV  479.  677.  V  176.  676.  655.  VI  88.  430.  605  ua. 
lA  möchte  daher  fttr  den  zweiten  verschlag  stimmen,  wenn  Blass 
hier  an  der  elision  am  schlasz  der  rede  anstosz  genommen  hat,  so 
ftUt  dies  bedenken  weg  durch  vergleichung  anderer  stellen,  zb.II  389, 
wo  es  von  Fabius  am  schlusz  seiner  rede  in  Karthago  heiszt:  par^ 
ingmti  beOurn;  et  laxoe  effundU  amidtis;  ganz  ähnlidi  IV  283.  Xn 
269  nö.  die  elision  ist  hier  geradezu  beabsichtigt,  um  die  unmittel- 
b«re  aufeinanderfolge  von  rede  und  handlung  zu  malen. 

1 421  ff.  die  Situation  ist  folgende:  bei  den  kämpfen  um  Sagunt 
leiebnet  sich  vor  allen  Saguntinem  am  meisten  ein  gewisser  Murrus 
ans  {emkat  ante  amnes);  er  hat  bereits  eine  ganze  reihe  von  feinden 
niedergestreckt  und  ruft  nun  kampfbegierig  nach  Hannibal  selbst: 
liMii  dudarem  avido  clamare  in  prodiapoecU.  nach  diesem  verse  folgt 
der  vergleich : 

fidmineus  ceu  Spartanis  latrattbus  adtus 
cum  süvam  oooursu  venantum  perdidit^  hirto 
horresdt  saetis  dcrso  d  postrema  capessü 
prodia  canentem  mcmdens  aper  ore  cruorem^ 
iamqtie  gemens  geminat  contra  venabtUa  dentem. 
die  feststellung  der  lesart  des  letzten  dieser  verse,  dessen  Überlieferung 
eine  sehr  verworrene  ist,  soll  uns  nachher  beschäftigen,  betrachten 
wir  zunächst  das  gleichnis  selbst,  also  Murrus,  der  voller  kampfes- 
lust  seinen  gegner  sucht,  wird  verglichen  mit  einem  von  hunden  aus 
dem  schützenden  walde  gejagten  und  gehetzten  eber,  der  zum  letzten 
kämpfe  losbricht,  in  der  that  ein  recht  passender  vergleich,  dort 
ein  kämpf  begieriger,  auf  seine  bisher  vollbrachten  thaten  stolzer 
angreifer,  hier  ein  gehetztes  ^  umstelltes  wild ,  dem  die  borsten  sich 
sträuben  und  das  mit  der  wut  der  Verzweiflung  sich  verteidigt,  es 
stimmt  weder  das  tertium  comparationis  —  denn  kampfesfreude  des 
angreifenden  und  wut  des  im  letzten  kämpfe  sich  verteidigenden  sind 
doch  dinge  die  sich  nicht  decken  —  noch  auch  die  begleitenden  neben- 
umstände .  wir  müssen  also  entweder  annehmen,  dasz  der  dichter  hier 
einen  recht  ungeschickten  vergleich  gebraucht,  oder  wir  müssen  ab- 
hilfe  zu  schaffen  versuchen,  nun  erscheint  es  durchaus  nicht  wahr- 
scheinlich ,  dasz  Silius ,  der  sonst  seine  vergleichungen  mit  groszer 
Sorgfalt  wählt  und  ausführt,  gerade  an' unserer  stelle  sollte  so  nach- 
lässig gewesen  sein;  in  der  that  ist  auch  obiger  vergleich  der  einzige, 
welchen  Barchfeld  'de  comparationum  usu  apud  Silium  Italicum* 
(Göttingen  1880)  s.  12  als  wirklich  verfehlt  anzuführen  vermag, 
dazu  kommt  noch  ein  anderer  grund,  warum  das  gleichnis  an  dieser 

Jfthrb&cher  für  olass.  philol.  1888  hft.  8.  14 


210  LBauer:  za  Silias  Italicas. 

sftlle  uns  yerdächtig  erscheint,  wie  viele  andere  yergleicbongen,  so 
hat  Silius  auch  diese  dem  Vergilius,  seinem  epischen  vorbilde  nach- 
gebildet, die  hgg.  citieren  zunächst  Äen.  X  707  ff.  ac  vdut  üle  canum 
morsu  de  montibus  aUis  aäiis  aper  . .  postquam  inter  reHa  venium 
est,  sübstüü  infremuitque  ferox  et  inhorruit  armos.  die  vergleichnng 
bezieht  sich  auf  Mezentius ,  der  von  einer  schar  Tyrrhener  bedrSngt 
wird:  omnihus  uni^  uni  odiisque  viro  idisque  frequentxbus  instaiM 
(v.  691).  wir  können  auch  noch  eine  andere  stelle  herbeiziehen, 
nemlich  Aen,  IX  551  ff.  ut  fera^  quae  densa  venantum  saepta  carana 
contra  tda  furit  seseque  haud  nescia  marti  inicit  ei  säUu  supra  veno- 
hida  fertur.  auch  hier  ist  ein  von  feinden  umringter  und  hart  be- 
drängter krieger,  Helenor,  mit  dem  wilden  tiere  verglichen,  sollte 
nun  Silius  in  seiner  nachahmung  so  ungeschickt  gewesen  seia 
den  vergleich  an  ganz  unpassender  stelle  anzubringen?  das  ist 
doch  wohl  kaum  anzunehmen ,  und  deshalb  scheint  mir ,  wie  auch 
schon  Blass,  abhilfe  geboten.  Blass  nun  möchte  die  obigen  verae 
nach  501  stellen,  hier  ist  die  Situation  folgende:  Murms  findet  den 
Hannibal;  doch  je  näher  ihm  dieser  kommt,  desto  mehr  verliert 
Murrus  den  mut:  lato  caligat  in  hoste;  miüe  simul  dextrae  densusg^ 
micare  videtur  ensis  (v.  499  f.).  auf  den  ersten  blick  scheint  aller- 
dings das  gleichnis  hier  besser  zu  passen ;  wie  der  eher  von  hunden 
bedrängt  ist,  so  glaubt  sich  Murrus  von  tausend  feinden  umgeben; 
ja  es  scheinen  sich  die  werte  postrema  capessü  proelia  vom  eher  und 
suprema  vota  capessU  von  Murrus  zu  entsprechen,  wie  Blass  hervor- 
hebt, allein  sehen  wir  näher  zu,  so  hinkt  das  gleichnis  hier  erst  recht, 
weit  entfernt  nemlich,  dasz  Murrus  hier  noch  kampfeswut  zeigt, 
heiszt  es  vielmehr  von  ihm :  trahü  insianii  languentia  leto  membra 
pavens  Murrus  (v.  503  f.) ;  er  verlegt  sich  aufs  bitten  und  beten  und 
wird ,  während  er  den  Hercules  um  hilfe  anruft ,  ohne  widerstand 
zu  leisten,  von  Hannibal  niedergestoszen  (v.  508 — 516).  hierher 
also  das  gleichnis  setzen  heiszt  aus  der  Charybdis  in  die  Skylla  ge- 
raten, wenn  wir  einmal  zu  der  ultima  ratio  der  Umstellung  greifen 
—  und  ich  meine,  die  oben  angeführten  gründe  sind  zwingend 
genug  —  so  passt  der  vergleich  nur  nach  v.  532  (4  mal  28  verse 
später),  hier  stimmen  das  tertium  comparationis  und  die  nebenum- 
stände, die  Situation  ist  hier  folgende :  nach  erlegung  des  Murrus 
kommt  Hannibal  arg  ins  gedränge;  wie  er  dem  erschlagenen  gegner 
die  rüstung  abnehmen  wHl,  dringen  rings  die  feinde  auf  ihn  ein: 
coü  auäa  vicissim  hortando  manus  et  glomerata  mote  feruntur,  da 
heiszt  es  dann  von  Hannibal : 

630  tum  creher  penitusque  trahens  suspiria  sicco 
fumat  ab  ore  vapor  nisuque  disus  anhelo 
auditur  gemiius  fradumque  in  casside  murmur. 
setzen  wir  den  vergleich  hinter  diese  verse,  so  ergeben  sich  folgende 
übereinstimmende  momente:  wie  der  eher  von  hunden  und  Jägern 
gehetzt  und  bedrängt  ist,  so  Hannibal  von  den  Saguntinern;  wie 
dem  eher  die  borsten  sich  sträuben,  wie  er  'blntschaum  malmt'  und 


LBauer:  zu  Silins  Italioas.  211 

WQt  schnaubt  (gemii%  so  rinnt  dem  Hannibal  der  schweisz  vom  leibe 
(t.  526  iaimque  agUur  largus  per  membra  fluenüa  sudor) ,  von  den 
Uppen  entquillt  ihm  dampfender  gischt,  man  hört  ihn  stöhnen  vor  wut 
(audäur  gemitus).    wie  endlich  der  eher  seine  kraft  gegen  seine 
angreifer  verdoppelt,  so  heiszt  es  von  Hannibal  v.  533: 
menU  adver sa  damat  gaudetque  nüescere  duris 
virtutem  et  decoris  pretio  discrmina  pensai. 
nur  auf  diese  allerdings  gewaltsame  weise  der  Umstellung  (wir 
mflssen  annehmen  dasz  der  abschreiber  statt  6ines  blattes  deren  drei 
umgewendet  hat)  ist  es  möglich  den  richtigen  Zusammenhang  bei 
Silius  und  Obereinstimmung  mit  Verg.  herzustellen. 

Nun  zur  feststellung  der  lesart  im  letzten  verse  des  gleichnisses : 
LF  lesen  iamque  gemet  geminum  contra  uenabuHa  torqt/^ens'^  in  0  V 
fehlt  das  letzte  wort;  0  hat  dafür  am  rande  von  zweiter  band  dentem. 
der  Col.  hatte  nach  NHeinsius  iamque  gemet  geminum  contra  venahda 
dentem;  der  cod.  Tellerianus  und  andere  hss.  der  dritten  gruppe 
(Blass  textesquellen  s.  217)  haben  als  letztes  wort  fertur.  wir  sehen 
dasz  Verwirrung  nur  in  bezug  auf  den  hexameterschlusz  herscht. 
fertur  ergibt  sidi  auf  den  ersten  blick  als  zusatz  aus  Verg.  Äen.  IX 
554  sodtu  supra  venabuHa  fertur.  es  bleibt  nunmehr  die  wähl  zwi- 
schen torquens  und  dentem  der  bessern  hss.  man  könnte  zunächst 
geneigt  sein  torquens  als  das  ursprüngliche  und  dentem  als  erklärende 
glosse  zu  dem  sonst  unverständlichen  gemmum  zu  betrachten,  allein 
nehmen  wir  torquens  j  so  stehen  wir  vor  zwei  möglichkeiten ,  von 
denen  die  eine  ebenso  wenig  zusagt  wie  die  andere,  entweder  müssen 
wir,  um  torquens  zu  erklären,  annehmen  dasz  zwischen  venabula  und 
torquens  ein  ganzer  vers  ausgefallen  sei,  oder  wir  müssen  an  den  übri- 
gen sonst  ganz  übereinstimmend  überlieferten  werten  eine  gewalt- 
samere änderung  vornehmen^;  eines  ist  ebenso  mislich  wie  das  andere, 
darum  wird  es  das  beste  sein,  wenn  wir  uns  an  das  dentem  des  Col. 
halten  und  iorquens,  wie  fertur,  als  einen  heilungsversuch  betrachten, 
nun  zu  den  werten  gemet  geminum,  wie  sie  alle  bss.  bieten;  so  wie 
sie  sind,  können  wir  sie  nicht  stehen  lassen,  auffallend  erscheint 
auf  den  ersten  blick  gemet,  wofür  man  doch  gemü  erwartet,  daraus 
läszt  sich  wohl  der  schlusz  ziehen,  dasz  gemet  eine  verschreibung  ist 
aus  einem  ursprünglichen  gerne f^^  gemens;  dies  setzen  wir  als  ur- 
sprüngliche lesart  ein;  das  wort  gemet  in  premü  oder  terit  oder  furit 
oder  sonst  was  zu  ändern  ist  einerseits  zu  gewaltsam,  anderseits 
wird  gemens  gehalten  durch  die  werte  auditur  gemitus  von  Hannibal 
(s.  0.).  haben  wir  aber  ^emen^,  so  musz  aus  geminum  das  verbum 
finitum  des  satzes  werden :  geminat.  so  lautet  der  vers  —  und  so 
hat  ihn  bereits  Lefebure  hergestellt:  iamque  gemens  geminat 
contra  venabula  dentem.    zu  der  Verbindung  geminare  dentem  vgl. 


4  80  schreibt  Scaliger  iamque  gemii  genuinum  intra  venabula  torquet, 
wobei  mir  das  intra  unverständlich  ist;  die  übrigen  emendationsversuche 
finden  sich  bei  Ruperti  aufgezählt. 

14* 


212  LBauer:  zu  Silias  Italicus. 

Sil.  I  168  geminato  vulnere,  537  geminato  fulmine,  IV  395  geminato 
funere;  Verg.  Äen.  V  434  miUia  cavo  lateri  ingeminat  vuHnera.  V  457 
ingeminans  ictus*,  ebenso  congeminare  XI  698.  XII  714. 

I  665.  (nach  Blass)  es  spricht  im  römischen  senat  der  Sagnn- 
tiner  Sicoris,  der  um  hilfe  bittet  für  seine  bedrängte  Vaterstadt;  er 
glaubt  diese  hilfe  um  so  eher  in  anspruch  nehmen  zu  dürfen,  da 
Sagunts  einwohner  blutsverwandt  mit  den  Römern  seien,  denn  aus 
der  italischen  Butulerstadt  Ardea  sei  eine  colonie  wegen  Über- 
völkerung der  heimat  nach  dem  allerdings  schon  bestehenden  Zakjn- 
thos  gezogen  (I  293).  da  sagt  Sicoris :  väus  incda  Dauni  «»  'ich 
ein  alter  einwohner  des  Daunus'.  nun  ist  aber  Daunus  nur  der 
name  eines  altitalischen  königs,  der  der  yater  des  bekannten  Tumua 
gewesen  sein  und  Ardea  gegründet  haben  soll,  unmöglich  aber  kann 
ein  einwohner  Ardeas  incola  Dauni  heiszen ,  ebenso  wenig  wie  man 
einen  einwohner  Roms  incola  Bomtdi  genannt  haben  kann,  deshalb 
ist  Dauni  zu  ändern  in  Daunus»  den  grund  des  schreibversehens 
aus  Daunus  in  Dauni  mag  der  umstand  gegeben  haben,  dasz  das 
letzte  wort  des  folgenden  verses  auf  i  schlieszt:  Numicij  ja  noch 
mehr,  dasz  unter  zehn  versen,  in  deren  mitte  das  Dauni  steht;  nicht 
weniger  als  sieben  auf  i  schlieszen.  das  Daunus  ist  ein  unmittelbar 
ohne  besondere  adjectivendung  vom  nomen  proprium  abgeleitetes 
a^jectiv  und  steht  statt  Daunius,  wie  zb.  Marsus  aper,  pulvere 
Teucro,  Colcha  venena^  Dardanae  turres  und  unzähliges  andere  bei 
dichtem,  ganz  dieselbe  Verbindung  eines  adjectivs  mit  incola  oder 
accola  statt  des  gebräuchlichem  genitivs  eines  subst.  findet  sich  zb. 
I  414  Garamanticus  accola  j  X  184  ÄUanticus  accola,  XIV  39  Cres 
accola;  Luc.  VI  16  Taulantius  incola,  IX  976  Phryx  incola  uam. 

II  86.  von  Asbyte,  der  bundesgenossin  Uannibals  bei  den 
kämpfen  um  Sagunt ,  heiszt  es : 

tjp^a  autem  gregihusper  longa  mapälia  Udos 
ante  aciem  ostentabat  equos  tumuloque  propinquo , 
dum  sequiitir  ggris  campum ,  vihraia  per  auras 
spicula  coniorquens  summa  ponebat  in  arce. 
zunächst  sind  die  worte  dum  se^üur  gyris  campum  gegen  Heinsius, 
der  dafür  (mit  hinweisung  auf  v.  171  gyro  campum  secaf)  schreiben 
möchte  dum  secat  in  gyros  campum,  in  schütz  zu  nehmen,  die  worte 
heiszen   'während  Asbyte  in  bogen   in  der  ebene  fortreitet,  bzw. 
fährt',    zu  diesem  gebrauch  von  sequi  vgl.  zb.  Verg.  Aen,  II  736 
namque  avia  dum  sequor;  sequi  viam  ■«  irc  viam ,  zb.  Ov.  ex  Ponio 
I  4,  38  quas  sequerer  vias]  ebenso  iter  sequi  II  10,  18.   wozu  gehört 
aber  tumuloque  propinquo?  und  was  für  ein  tumulus  ist  gemeint? 
nach  der  intcrpunction  unserer  ausgaben  musz  man  die  worte  zum 
hauptsatze  ziehen,  und  Ruperti  erklärt:  'dum  in  campo  circa  urbem 
longius  procedit,  tumulum  urbi  propinquum  conspicit  et  occupat, 
undo  iacula  in  supcriores  urbis  partes  mi.«it.'    erstaunt  müssen  wir 
uns  fragen,  wo  denn  dies  alles  steht;  und  wenn  Asbyte  auf  einen 
hUgel  hinaufgefahren  ist,   wie  passen  denn  dazu  die  worte  dum 


LBauer:  za  Silias  Italicus.  213 

sequüur  campum,  iacula  in  arce  ponebat?  es  ist  das  komma  hinter 
prapinquo  einfach  zu  streichen  und  mit  leichter  Änderung  zu  lesen : 
tumtUoque  propinqua  =  während  Asbyte  nahe  am  hügel  im  kreise 
in  der  ebene  dabinföhrt,  schleudert  sie  wurfspiesze  hinauf,  mit 
tumulus  aber  ist  nichts  anderes  gemeint  als  der  böhenzug,  auf  dem 
Sagunt  liegt,  und  wenn  jemand  einwendet,  das  könne  ttunukis  nicht 
heiszen,  sondern  es  müste  dafür  coUis  stehen,  so  mag  auf  in  631 
hingewiesen  werden ,  wo  Silius  tumidus  sogar  von  Alpenhöhen  ge- 
braucht (tumtUis  delatus  miquis)\  da  kann  er  wohl  das  wort,  das 
sonst  allerdings  im  gegensatz  zu  coUis  einen  kleinen  hügel  bezeichnet, 
auch  von  dem  höhenrücken  gebrauchen ,  auf  dem  Sagunt  lag ,  um 
80  mehr  als  es  I  274  heiszt:  haud  procul  HercvUei  tollunt  se  lüore 
muri  dementer  crescente  iugo. 

II  397.  Hannibal  erhält  von  den  spanischen  küsten Völkern 
Schild,  heim,  schwert,  lanze  und  panzer  zum  geschenk.  vom  helme 
sagt  der  dichter :  gakamque  coruscis  subnixam  cristis.  an  dem  ^&- 
nixam  hat  schon  Gossrau  zu  Verg.  Äen.  IV  217  anstosz  genommen, 
und  es  ist  in  der  that  die  Verbindung  galea  cristä  subnixa  unmög- 
lich, subnixus  heiszt  ^auf  etwas  gestützt,  gestemmt',  nisus  re  sup- 
posita^  zb.  Verg.  Äen,  I  506  solioque  aUe  subnixa  resedü.  an  unserer 
stelle  aber  ist  die  sache  anders;  nicht  der  heim  ist  gleichsam  auf  den 
helmbusch  gestützt,  sondern  umgekehrt  der  helmbusch  auf  den  heim, 
es  ist  deshalb  zu  schreiben  subnexam,  wir  haben  bei  subneäere 
die  bekannte  doppelte  construction  anzunehmen:  alicui  äliquid  und 
aliqu^m  äliqua  re,  also  gäleae  suhneditur  cristä  und  galea  subnectitur 
cristä,  davon  das  part.  galea  cristä  subnexa.  ähnliche  constructionen 
finden  sich  bei  participien  mehrfach,  zb.  Silius  IV  778  facibus  sub- 
dita ,  was  eine  active  construction  subdere  se  facibus  neben  subdere 
sibi  faces  voraussetzt;  ebenso  VII  361  rapida  iam  subdita peste  vir- 
gulta\  XVII  224  subdita  taedis  Carthago]  vgl.  auch  XII  32  exemptum 
curis  gravioribus  aevum,  (die  einzige  stelle ,  welche  man  für  sub- 
nixam als  parallele  anführte,  ist  Verg.  Aen.  IV  217  Maeonia  men- 
tem  milra  crinemque  madentem  subniocus.  allein  hier  lesen  die  neuern 
hgg.  wohl  mit  recht  dem  cod.  Leidensis  folgend  subnexus,  obwohl 
hier  mentem  mitra  subnixus  eher  einen  sinn  gäbe  als  galea  cristis 
subnixa^  insofern  das  kinn  wenigstens  Über  der  binde  sich  befindet.) 

III  479.    Hannibal  gelangt  mit  seinen  truppen  an  die  Alpen; 
der  dichter  beginnt  die  beschreibung  derselben  mit  den  worten: 

cuncta  gelu  canaque  aeternum  grandine  tecta 

atque  aevi  glaciem  cohibent. 
so  die  ausgaben  nach  den  hss. ,  von  denen  nur  0  mit  leichter  ver- 
schreibung  cui  für  aem  bietet,  die  einzige  möglichkeit  diesen  satz 
zu  construieren  ist :  cuncta  .  .  tecta  (sunt)  atque  cohibent.  dagegen 
glaube  ich  folgende  drei  bedenken  erheben  zu  dürfen:  1)  ist  die  er- 
gänzung  von  sunt  hart;  2)  ist  die  Verbindung  cuncta  glaciem  cohibent 
unzulässig;  wir  müsten  cohibere  hier  in  der  bedeutung  von  'ent- 
halten, in  sich  schlieszen'  nehmen;  allein  man  kann  doch  nicht  sagen 


214  LBauer:  za  Silius  ItalicQB. 

'alles  schlieszt  eis  in  sich'  für  das  dem  sinne  entsprechende  'alles  ist 
mit  eis  bedeckt' ;  3)  die  ausdrücke  cana  aeternum  grando  und  aevi 
glacies  =  ewiger  schnee  (firn)  und  ewiges  eis  (gletscher)  entsprechen 
sich  und  werden  durch  obige  construction  unschön  auseinander- 
gerissen, dem  zweiten  bedenken  hat  Bothe  abzuhelfen  gesucht,  in- 
dem er  schreibt  glucies  (plur.)  cdhihent'y  allein  dadurch  entsteht  eine 
neue  härte,  indem  cuncta  nunmehr  zum  ersten  satze  subject,  zum 
zweiten  object  ist ,  während  den  übrigen  bedenken  nicht  abgeholfen 
wird,  mein  Vorschlag  wäre,  mit  leichter  änderung  zu  lesen:  cuncta 
gelu  canaque  aeternum  grandine  ieäa  atque  (levi  glacie  cohibet  die 
construction  ist  alsdann  folgende:  gelu  cohibet  («=  constringii,  tenet) 
cunäa^  tecta  canaque  grandine  atque  glacie  {que  —  atque  wie  sb. 
Verg.  Äen,  VIII  486.  ge,  I  182).  das  einzige  bedenken,  welches 
gegen  diese  emendation  erhoben  werden  dürfte,  wäre  gdu  als  nomi- 
nativ;  bekanntlich  vermeiden  die  dichter  diesen  casus  von  gelu  und 
gebrauchen  dafür  andere  Wörter,  wie  bruma^  vis  frigoris  udgl.  doch 
kommt  gelu^  was  ich  der  freundlichen  mitteilung  des  hm.  prof. 
Georges  in  Gotha  verdanke,  als  nominativ  vor:  ps.-Ov.  nux  106. 
Oros.  IV  20,  35.  vulg.  loh.  37,  10  u.  Zach.  14,  6.  Lucretius  VI  877 
gebraucht  gelum,  dagegen,  glaube  ich,  spricht  für  meine  Vermutung 
der  umstand,  dasz  nunmehr  aetema  grando  und  aetema  glacies  (zu 
aevi  glacies  vgl.  Luc.  II  82  legibus  aevi)  verbunden  sind ;  femer  der 
umstand  dasz  mit  dem  werte  'kälte'  sehr  häufig  verba  verbunden 
werden  wie  ligare,  vincire,  tenere^  constringere^  zu  denen  cohibere  als 
synonymum  sich  gesellt;  vgl.  ua.  bruma  .  .  nivali  cuncta  constrinxU 
gelu  Seneca  Med.  716. 

III  659.  (nach  Blass)  Hannibal  ist  über  die  Alpen  gegangen 
und  steht  im  gebiet  der  Tauriner.  dort  findet  sich  bei  ihm  im  lager 
Bostar  ein,  den  er  gleich  nach  der  Zerstörung  Sagunts  zum  Juppiter 
Ammon  geschickt  hatte,  um  den  ausgang  des  zuges  nach  Italien  von 
dem  gotte  zu  erfahren.  Bostar  erstattet  bericht  über  seine  Sendung 
und  gibt  dabei  eine  Schilderung  der  wüste,  so  weit  das  äuge  reicht, 
dehnt  sich  die  öde  ebene  aus.  es  gibt  dort  keinen  hügel  auszer  einem, 
den  der  Wirbelwind  errichtet,  oder 

658  vel  si  perfracto  popülatus  carcere  terras 

Africus  aut  pontum  spargens  super  aera  Corus 
invasere  truces  capientem  proelia  campum 
inque  vicem  ingesto  cumularufii  pulvere  monies. 
es  ist  hier,  wie  die  werte  deutlich  zeigen,  die  rede  von  einem  kämpf 
der  winde  untereinander,  wie  ihn  die  dichter  häufig  genug  schildern 
(vgl.  zb.  Hör.  ca.  I  9,  10;  I  3,  13  oder  Sil.  IV  321.  VII  570. 
IX  281  uä.).  da  kann  es  unmöglich  heiszen  Africus  aut  Corus,  son- 
dern das  aut  ist  zu  ändern  in  et.    veranlassung  zur  verschreibung 
hat  vielleicht  das  im  vorhergehenden  verse  stehende  vel  gegeben. 

V  158.  vor  der  schlacht  am  trasumennischen  see  feuert  der 
consul  Flaminius  die  seinigen  zum  kämpfe  an ;  er  erinnert  sie  daran, 
dasz  der  eine  einen  bruder,  der  andere  einen  söhn  oder  vater  am 


LBaaer:  za  Silius  liaUcuB.  215 

Tioinus  oder  am  Trebia  zu  beweinen  und  zu  rächen  habe;  dann  fUhrt 
er  fort :  sed  est  vesirum  cui  nuUa  döloris 

privati  räbies^  is  vero  ingefdia  sumat 
e  medio^  fodiant  quae  magnas pectus  in  Was. 
wer  also  nicht  aus  eignem  persönlichem  Jammer  ergrimmt  ist,  der 
solle  den  gnmd  zur  erbitterong  aus  der  gesamtheit,  aus  dem  ge- 
meinsamen Unglück  nehmen,  auf  dasz  sein  herz  mit  gewaltigem  zorn 
erflUlt  werde,  anstosz  ist  zu  nehmen  an  dem  werte  ingentiai  man 
erwartet  dafür  einen  prägnantem  ausdruck,  wie  ich  ihn  in  der  Über- 
setzung angedeutet  habe.  Gronov  schlug  vor  incendia  zu  lesen,  mit 
hinweis  auf  den  analogen  gebrauch  von  flamma  und  fax  (Verg.  Aen. 
n  587.  Sil.  VI  332).  allein  incendia  passt  nicht  wohl  zu  dem  fol- 
genden fodiant,  dieses  verbum  zeigt  uns  vielmehr,  dasz  dem  dichter 
das  bild  von  dem  anstacheln  mit  einem  sHmtdus  vorschwebt:  ich  lese 
deshalb,  um  den  tropus  wiederherzustellen,  mit  leichter  änderung 
statt  des  hsl.  ingentia  vielmehr  urgentia»  dieses  verbum  gebraucht 
Silius  gern  in  dem  sinne  von  acuere,  stiimularey  zb.  1 383  voce  insuper 
wrget.  V  427  wrget  amar  caedum.  IX  245  argd  factia  quemque  suis. 
verwechselt  sind  urgens  und  ingens  in  den  hss.  auch  VI  265. 

VI  160.  der  dichter  läszt  einen  in  der  Schlacht  am  trasumenni- 
schen  see  verwundeten  söhn  des  Begulus,  Serranus,  auf  der  flucht  an 
die  hütte  eines  alten  mannes  namens  Marus  kommen,  der  des  Begulus 
treuer  kriegsgefäbrte  und  begleiter  in  Africa  gewesen  war.  der  alte 
nimt  den  verwundeten  Jüngling  auf,  pflegt  ihn  sorgfältig  und  erzählt 
ihm  die  geschicke  seines  vaters  —  eine  episode  welche  den  grösten 
teil  des  6n  buches  ausfüllt,  unter  anderm  berichtet  er  ihm  von 
einem  kämpfe,  den  Begulus  und  seine  leute  in  Africa  mit  einem  un- 
geheuer, einer  schlänge  {monstrum  exitiahüe  et  ira  TeUuris  genüum^ 
cui  par  vix  viderat  aetas  uUa  virum^  serpens  centum  porrectus  in 
ulnas)  zu  besteben  hatten  (v.  140—290).  in  diesem  bericht  ist  die 
Überlieferung  an  drei  stellen,  v.  160.  272.  276  verderbt,  zunächst 
soll  uns  V.  160  beschäftigen,  es  ist  die  schlänge  und  der  ort,  wo  sie 
sich  aufhielt,  geschildert;  da  heiszt  es: 

semesa  iacebant 
ossa  solo  informi^  lateque  repletus  et  asper 
vastatis  gregihus  nigro  ruäahat  in  antro. 
so  lesen  die  ausgaben,  in  den  hss.  steht  infarmidateqtte  statt  informi 
lateque  und  statt  ruäahat  im  folgenden  verse  ruäarat.   dieses  mc- 
tarat  haben  die  hgg.  der  emendation  informi  lateque  zu  liebe  in  ruc- 
iahat  geändert,    und  doch  muste  es  auffallen,  dasz  die  hss.  rudarat 
lesen,  trotzdem  ringsum  lauter  imperfectformen  stehen  (v.  154  hahi-^ 
tahaty  \b^  satiabant^  159  iace&an^,  163mu2ca&a/,  \^b  ponebat)\  man 
kann  daraus  mit  gewisbeit  den  schlusz  ziehen ,  dasz  Silius  rudarat 
geschrieben  hat:  denn  wäre  r%tdabat  das  ursprüngliche  gewesen,  so 
wäre  es  unerfindlich  ^  wie  bei  der  nachbarschaft  von  fünf  imperfect- 
formen ein  abschreiber  auf  ructoro^  hätte  kommen  sollen,  von  diesem 
rudarat  also  als  einer  sichern  grundlage  gehen  wir  aus  und  schlieszen 


2  IG  LBauer:  za  ßilias  Italicas. 

weiter:  ruädbat  als  imperfect  konnte  intransitiv  von  der  schlang» 
gesagt  werden,  nicht  aber  ructarat^  dies  erfordert  vielmehr  ein  object, 
und  dieses  finden  wir  in  que,  wofür  zu  schreiben  quae\  also:  ÜLce- 
hant  ossa,  quae  rudarat  {rudare  transitiv  bei  Silius  II  686  und 
XV  432).  des  weitern  ergibt  sich  aus  infomUdate  mit  ganz  leichter 
emendation  informi  dape^  ein  passender  ablativ  zu  repUttAS^  den 
wir  sonst  vermissen,  nunmehr  lautet  die  Übersetzung:  'am  boden 
liegen  halb  verzehrte  knochen ,  welche  die  schlänge  vom  häszlichen 
mahle  voll  und  gierig  nach  der  unter  den  herden  angerichteten  Ver- 
wüstung in  der  schwarzen  höhle  ausgespieen  hatte.'  das  wort  daps 
von  einer  tiermahlzeit  findet  sich  auch  Hör.  ca.  IV  4,  12  nuncm 
reludantes  dracones  egit  amor  dapis  atque  pugnae  (aquilam).  ferner 
wird  dape  an  unserer  stelle  gestützt  durch  Verg.  Äen,  III  630^  eine 
stelle  welche  Silius  bei  seiner  Schilderung  vor  äugen  hatte,  wie  schon 
E  aperti  und  Emesti  bemerken,  dort  heiszt  es  von  dem  gesättigten  Poly- 
phemus :  nam  simül  expldus  dapibus,  weiter  unten  erudah€U  saniem» 
so  ist  also  durch  dape  eine  Übereinstimmung  mit  Verg.  hergestellt» 
zugleich  mit  der  für  Silius  nachahmung  so  charakteristischen  Varia- 
tion ,  dasz  er  den  sing,  für  den  plur.  setzt  (vgl.  darüber  Groesst  ao. 
s.  32  flf.).  über  den  gebrauch  von  repietus  vgl.  Lucr.  VI  718  cogentes 
stirsus  replent  coguntque  manere  und  Verg.  Äen,  XI  380  primus  ades. 
sed  non  replenda  est  curia  verhis, 

VI  272.  nach  langem  kämpf  und  manchem  Verlust  gelingt  es 
den  Römern  dem  ungetüm  eine  schwere  Verwundung  beizubringen: 
donec  muräli  haUista  coerctiit  idu.   danach  heiszt  es : 

tum  fradus  demum  vires:  nee  iam  amplius  aegra 
consudum  ad  nisus  spina  praestante  rigorem 
d  soliium  in  nuhes  tolli  caput  acrit^s  instat, 
so  die  ausgaben  mit  den  hss.  die  erklärung  dieser  verse  hat  den 
hgg.  einige  Schwierigkeiten  gemacht,  ßuperti  meint,  entweder  seien 
die  werte  nee  iam  amplius  doppelt  zu  nehmen ,  einmal  zu  praestante 
und  dann  zu  instat,  oder  man  müsse  hinter  amplius  interpungieren  und 
aegra  in  dem  sinne  von  aegre  (wie  Emesti  auch  emendiert)  nehmen 
«=3  'kaum',  so  dasz  der  sinn  wäre:  'die  schlänge  setzt  nicht  mehr 
weiter  heftiger  (?)  zu ,  da  das  rückgrat  nur  mit  mühe  noch  die  ge- 
wohnte starre  zu  bieten  vermag  zum  emporrichten  und  zum  empor- 
heben des  kopfes.'  Thilo  conjiciert:  praestabat  spina  rigorem  nee 
soUtum  .  .  caimt  acrius  instat.  an  dieser  textesänderung  ist,  abge» 
sehen  davon  dasz  sie  zu  gewaltsam  erscheint,  vor  allem  auszusetzen» 
dasz  die  werte  solitum  .  .  caput  von  den  vorhergehenden  getrennt 
werden;  und  doch  müssen  sie  zu  spina  praestante  rigorem  gezogen 
werden,  da  ja  die  starre  des  rückgrats  auch  das  emporheben  des 
kopfes  bedingt,  alle  drei  genannten  erklärungs-  bzw.  Verbesserungs- 
vorschläge scheitern  aber  an  den  werten  acrius  instat,  was  soll  in 
der  Verbindung  nee  iam  amplius  acrius  instat  der  comparativ  acrius? 
man  müste  ihn  einfach  ^=  acritcr  nehmen,  und  dann  wird,  was  den 
ausschlag  gibt,  dieser  und  ähnliche  ausdrücke  nur  von  einem  energi- 


LBaaer:  sn  Siliiia  Italicus.  217 

sehen  aagriffo  gebraucht  (vgl.  XIII  253  aerwts  hoc  mskmi  IläU\ 
ZT  711  acrius  hoc  Italum  pubes  ineurrü'y  V  217  acHus  fftciimbiifi^ 
oft.),  kann  also  von  dem  zu  tode  verwundeten  tiere,  dessen  krftfte 
gebrochen  sind  und  das  sich,  wie  die  folgenden  verse  zeigen,  nicht 
einmal  mehr  verteidigen  kann,  unmöglich  gesagt  werden,  es  ist  des- 
halb hinter  caput  ein  punctum  zu  setzen,  für  instat  ist  alsdann  mit 
kiehter  emendation  zu  lesen  instant  und  nunmehr  acHnts  instant 
BC  Bamani  mit  den  folgenden  versen  zu  verbinden: 

acnus  instant  ' 

iamque  aivo  peniius  demersa  falarica  sedii 

et  geminum  vötucres  Jumen  rapuere  sagOtae. 
mit  diesen  werten  wird  ein  neuer  gefechtsmoment  bezeichnet:  die 
BOmer  sehen  die  krttfte  des  ungetüms  gebrochen,  da  dringen  sie 
heftiger  auf  dasselbe  ein ,  und  schon  sitzt  die  faHorica  tief  im  leibe 
usw.  in  den  übrigen  versen  ist  für  nee  alsdann  non  zu  schreiben, 
BO  dasi  die  construction  der  verse  folgende  ist:  tum  demum  flraetus 
(sc  serpensest)  vires spinä aegra  n(miamampUu8Consuetiiimriffarem 
praestante  ad  nisiis  et  (ad)  caput  söUium  in  nubes  toUi. 

Wenn  Cellarius  von  dieser  stelle  gemeint  hat,  sie  sei  mehr 
wund  als  die  schlänge,  so  scheint  mir  dies  in  weit  höherm  grade  von 
den  unmittelbar  darauf  folgenden  versen  zu  gelten: 
YI  275  tarn  patülis  vasto  sub  vulnere  faueUms  a9r 

täbificam  exspirat  saniem:  spes  ufüma  iomque 

ingenti  cauda  et  iaofdis  et  pondere  conti 

haeret  humi. 
das  würde  in  wörtlicher  Übersetzung  ungefähr  lauten :  'schon  haucht 
aus  offenem  Schlünde  unten  aus  der  weiten  wunde  hervor  die  luft  (!) 
pestilentialische  wundjauche ,  und  schon  haftet  der  gewaltigen  die 
letzte  hoffnung  (I),  der  schwänz,  am  boden  infolge  der  wurfspiesze 
und  des  gewichtes  der  lanzen.'  daran  ist  folgendes  auszusetzen: 
1)  ist  die  Verbindung  aSr  exspirat  unmöglich ;  aar  ist  nie  -»  Spiritus, 
und  selbst  wenn  dies  der  fall  wäre,  könnte  man  doch  wohl  kaum 
sagen:  Spiritus  exspirat]  2)  uUima  spes  von  cauda  zu  sagen  ist  ab- 
geschmackt :  was  will  denn  das  zum  tode  verwundete  tier  mit  dem 
schwänz  noch  machen?  3)  dürfte  auch  der  dativ  ingenti  bedenken 
erregen,  beginnen  wir  bei  unserm  heilungsversuch  mit  n.  2 ,  weil 
hier  die  hss.  uns  den  weg  zeigen,  zum  glück  entheben  uns  dieselben 
der  Zumutung,  unserm  dichter  das  ultima  spes  cauda  zuschreiben  zu 
müssen,  es  steht  in  den  hss.  nicht  ^pe^,  sondern  ^ecu5 ;  auch  der 
von  Buperti  für  spes  citierte  cod.  Tellerianus  hat  nicht  spes^  sondern 
specus^  corrigiert  aus  spedus'j  specus  haben  auch  alle  altem  aus- 
gaben, spes  ist  also  spätere  corrcctur  und  zwar  eine  recht  unglück- 
liche, was  fangen  wir  aber  nunmehr  mit  specus  uUima  an  ?  die  aus- 
gaben ^  welche  diese  lesart  beibehalten  haben,  scblieszen  die  beiden 
Worte  in  kommata  ein  oder  interpungieren ,  wie  die  ed.  Bipontinai 
vor  specus;  in  beiden  fällen  müste  man  die  werte  zum  folgenden 
ziehen  und  mit  ingenti  cauda  verbinden,   specus  uUima  sollte  dann 


218  LBauer:  za  Silias  Italicos. 

nach  Barth  imus  venter  sein ;  das  ist  aber  doch  ohne  den  zusatz  von 
aJvi  nicht  wohl  möglich,  und  man  müste  dann  übersetzen:  'der 
unterste  leib  des  tieres  haftet  mit  dem  gewaltigen  schwänz  am 
boden',  gewis  eine  ausdrucksweise  die  man  dem  dichter  nicht  za- 
trauen  darf,  die  Verbesserung  ingentis  caudae  (NHeinsius)  ändert  an 
der  Sache  nichts,  und  änderungen  wie  pars  oder  spira  ultima  sind  za 
gewaltsam,  ich  meine ,  wir  kommen  aus  aller  not,  wenn  wir  specus 
und  uUima  trennen,  dieses  gehört  zu  cauda  'das  ende  des  Schwanzes' ; 
jenes  ist  zum  vorhergehenden  zu  ziehen,  aus  dem  unhaltbaren  und 
entschieden  verdorbenen  atr  mache  ich  mit  nicht  allzukühner  emen- 
dation  atra  und  verbinde  es  mit  specus;  atra  specus  aber  ist  mit 
patuUs  faucibus  zusammenzufassen  =  'die  schwarze  höhle  des  offenen 
rachens'  (wenn  Verg.  Äen,  IX  700  specus  von  einer  klaffenden  wunde 
sagen  kann :  reddit  specus  airi  vtdneris  undam  spumaniem,  so  darf  man 
es  dem  Silius  für  'rachenhöhle'  wohl  zuschreiben),  für  ingenti  scheint 
mir  bereits  Blass  das  rieht  ige  gefunden  zu  haben,  nemlich  ingestis^ 
das  mit  iaculis  zu  verbinden  ist  (vgl.  den  oft  vorkommenden  aus- 
druck  ingerü  hastatn^  ingestis  tdis  bei  Statius  Theh.  X  860).  also 
lauten  nunmehr  die  verse : 

iam  patuHis  vasto  suh  vulnere  faucibus  atra 
tdbificam  exspirat  saniem  specus;  uUima  iatnque 
ingestis  cauda  et  iaculis  et  pondere  conti 
haeret  humi. 
{specus  exspirat  «»  ^.  reddit  bei  Verg.  ao.).    so  ist  das  verwundete 
Ungetüm  vom  dichter  mit  echt  epischer  breite  geschildert:  nachdem 
ihm  mit  der  haUista  das  rückgrat  gebrochen,  kann  es  den  köpf  nicht 
mehr  heben  (v.  272),  die  äugen  sind  ihm  durchbohrt  (v.  274),  im 
leibe  steckt  die  fcUarica  (v.  273) ^  aus  der  schwarzen  rachenliöhle 
speit  es  blut  (v.  275),  und  mit  dem  schwänze  ist  es  an  die  erde  ge- 
heftet (v.  277).   contus  bedeutet  eine  lange  und  schwere  lanze ;  wie 
sie  besonders  die  Sarmaten  und  Skythen  führten:  vgl.  XV  684;  zum 
ausdruck  selbst  vgl.  II  246  pondere  davae, 

VI  338.  Marus  erzählt  dem  Serranus  die  weitem  Schicksale 
des  Regulus ;  dieser  hätte  sicher  Karthago  eingenommen,  wäre  nicht 
Xanthippus  mit  seinen  scharen  angelangt;  diesem  gelang  es  durch 
list  den  Regulus  zu  fangen,  er  gebietet  seinen  leuten  zum  schein  zu 
fliehen  und  lockt  dadurch  den  eifrig  verfolgenden  Regulus  in  einen 
hinterhalt : 

insano  pugnae  tendehat  amore 

iam  soluSy  nuhes  subito  cum  densa  Laconum 

saxosis  latebris  intento  ad  proelia  circum 

funditur  et  Poena  insurgit  vis  saeva  virorum. 

im  letzten  dieser  verse  hatte  der  Col.  nach  Ueinsius |7oefui ,  LOV 

lesen  poene^  in  F  ist  poene  corrigiert  aus  poena,  die  ausgaben  bieten 

insgesamt  Poena  «»  Punica.  mislich  ist  dabei  die  Verbindung  Poena 

vis  saeva  virorum,  ja  sie  ist  geradezu  unlateinisch,    deswegen  hat 

Barth  geschrieben  Poenum  »-  Punicorum;  allein  auch  an  Poenum 


LBauer:  zu  Silius  Italicus.  219 

viromm  nehme  ich  anstosz,  da  Silius  sonst  Poeni  nie  adjectivisch 
gebraucht;  auszerdem  ist  an  der  stelle  von  Puniem  überhaupt  gar 
nicht  die  rede,  sondern  nur  von  den  Laconen  (v.  299 — 345);  ihnen 
allein  schreibt  Silius  die  ganze  list  zu,  ihnen  wünscht  er  auch  strafe 
ftlr  ihre  missethat :  vgl.  v.  344  qtiae  poena  sequetur  digna  scUis  taU 
poüutos  tnarte  Laconas?  darum  ist  sowohl  Poena  als  Poenum  zu 
verwerfen,  das  hat  auch  schon  Witbof  gesehen  und  für  et  Poena 
geschrieben  atque  uni.  diese  Vermutung  würde  ja  wohl  dem  sinne 
nach  ganz  gut  passen;  allein  einerseits  liegt  sie  von  der  Überlieferung 
doch  etwas  zu  weit  ab,  anderseits  ist  das  alleinsein  des  Begulus 
durch  iam  solus  und  die  vorausgehenden  verse  schon  hinreichend  be- 
zeichnet, so  dasz  wir  einen  nochmaligen  hin  weis  darauf  nicht  ver- 
missen, mein  Vorschlag  wäre  zu  schreiben  |?one.  auf  den  selten  und 
im  rücken ,  also  total  ist  Begulus  umzingelt ,  so  dasz  an  eine  flucht 
oder  an  ein  sichdurchschlagen  nicht  gedacht  werden  kann ;  das  will 
der  dichter  besonders  hervorbeben,  dem  pone  steht  das  circum  nicht 
im  wege,  da  dieses  ja  bekanntlich  nicht  immer  b=s  'ringsum  von 
allen  selten'  ist,  sondern  auch  von  zwei  oder  drei  selten  gebraucht 
wird :  vgl.  zb.  Caesar  5.  c.  II  9 ,  4  storias  .  .  circum  turrim  praepen- 
denies  rdigaverunt  (auf  drei  selten),  die  tmesis  circum  fundUur 
scheint  sogar  für  die  emendation  pone  zu  sprechen,  pone  bei  Silius 
zb.  X  192  in  caedes  aciem  pone  atque  in  terga  ruentes  praecipüant] 
ebenso  IX  100  ubi  nuUa  sequi  propius  pone  arma  .  .  videt, 

VI  611.    nach  der  Schlacht  am  trasumennischen  see  schreckt 
Juppiter  den  Hannibal  von  Rom  zurück;  dann  heiszt  es 
609  nee  Poenum  avertisse  satis :  dat  numine  magno 
Äeneadis  mentem ,  gremio  deponere  tuto 
Bomuleam  tandem^  Fabioque  salutis  habenas 
credere  ductori. 
so  wie  die  verse  in  den  bss.  Überliefert  sind,  können  sie  nicht  stehen 
bleiben  wegen  der  worte  Romuleam  tandem,  es  liegt  denn  auch  eine 
ganze  reihe  von  Verbesserungsvorschlägen  vor.  Drakenborch  schreibt: 
dat  n.  m,  Äeneadis,  gentem  g,  d.  t.  Romuleam  tandem,  ähnlich  Schra- 
der,  nur  dasz  er  in  den  beiden  versen  tandem  und  gentem  vertauscht, 
beide  conjecturen  bezwecken  die  Verbindung  dat  Äeneadis  mentem 
zu  beseitigen,  wie  denn  auch  Drakenborch  sagt:  'non  dixit  poö'ta  (lo^ 
mentem  y  sed  dat  deponere.^    wir  müssen  bei  genauerer  betrachtung 
gerade  umgekehrt  urteilen.    Silius  will  sagen:  'Juppiter  gibt  den 
Körnern  den  gedankcn  ein' :  denn  er  führt  ja  alles  auf  göttliche  ein- 
wirkung  zurück  (vgl.  Schinkel  quaestiones  Silianae  s.  23  f.);   vgl. 
auszerdem  I  63  dat  mentem  luno;  Verg.  Äen.  XII  554  hie  mentem 
Äeneae  genetrix  pulcherrima  misit.  also  an  dat . .  mentem  ist  absolut 
festzuhalten;  demnach  musz  der  fehler  in  Romuleam  tandem,  speciell 
in  tandem  stecken.     Livinejus  schlug  dafür  vor  gentem]   Heinsius 
dadem  oder  frondem  oder  laurum  oder  laudem\   Rupert!  famam 
oder  sortem,  Bothe  endlich  Romam  illam  tandem.   von  diesen  vor- 
schlagen sind  am  ansprechendsten ^en^em  oder  sortem]  allein  ersteres 


220  LBaaer:  za  Silius  Italicus. 

möchte  ich  nicht  befürworten  wegen  des  üblen  gleichklangs  von 
meniem  und  gentem  an  gleicher  vcrsstelle  in  zwei  aufeinanderfolgen- 
den yersen ;  sortem  aber  scheint  mir  Silius  nicht  geschrieben  zu  haben 
wegen  des  folgenden  salutis  hahenas.  so  möchte  ich  den  vielen  vor- 
schlftgen  noch  einen  neuen  hinzufügen ,  von  dem  ich  glaube  dasz  er 
die  verschreibung  in  tandem  am  leichtesten  erklärt :  ich  vermute  dasx 
es  ursprünglich  geheiszen  hat  Eomtdeam  sedem^  geschrieben  romu- 
Uä federn ;  wai*  beim  flüchtigen  abschreiben  der  strich  über  dem  a  etwas 
verlängert  worden ,  so  konnte  sehr  leicht  tandem  gelesen  werden. 

VII  33.  Fabius  ist  zum  dictator  erwählt;  Hannibal  fragt  einen 
gefangenen  über  ihn  aus;  von  diesem  gefangenen  heiszt  es:  hie 
ardens  extrema  malis  et  rumpere  vitatn.  die  hsl.  lesart  verteidigt 
Buperti,  indem  er  erklärt:  Vehementer  cupiens  {ardens)  in  capti- 
vitate  {fnalis  =  in  malis)  mortem  (extrema).*  dagegen  ist  einzu- 
wenden 1)  dasz  sich  die  auffassung  von  malis  =  in  malis  hier  sehr 
hart  macht,  2)  dasz  von  ardere  wohl  ein  infinitiv,  nicht  aber  ein  acc 
abhängen  kann.  Heinsius  vermutet  extrema  mali  atque  abrumpere 
vitam^  Bothe  möchte  mit  Marsus*  ausgäbe  lesen  hie  ardens  extrema 
(ea  fcxotTa) ,  malis  erumpere  vitam,  am  einfachsten  ist  es  zu  schrei* 
ben:  hie  ardens,  extrema  malis,  abrumpere  vitam  ^dieser  verlangt 
—  als  ende  seiner  leiden  —  seinem  leben  ein  ziel  zu  setzen.'  extrema 
malis  ist  apposition ;  hexameterschlusz  abrumpere  vitam  wie  II  597. 
VII  54.  von  den  dreihundert  Fabiem  erzählt  jener  gefangene: 
saepe  globo  densi ,  saepe  et  per  devia  passim 
dispersi  subiere^  vicis  meritique  labore 
acquato,  nulli  quisquam  virtute  secundus 
ducere  ter  centum  Tarpeia  ad  templa  triumphos. 
so  die  meisten  ausgaben  nach  der  emendation  von  Heinsius.  die  hss. 
lesen  im  zweiten  der  citierten  verse  subiere  vices^  und  diese  les- 
art ist  mit  interpunction  hinter  diesen  werten  beizubehalten:  'sie 
unterzogen  sich  ihrer  wechselnden  aufgäbe',  wie  schon  Blass  richtig 
notiert  hat.  wenn  aber  dieser  das  folgende  meriti  in  meritis  ändert 
und  übersetzt  'unter  gleichmachung  der  arbeit  und  der  Verdienste', 
so  ist  diese  änderung  unrichtig,  dagegen  musz  das  punctum  hinter 
aequato  getilgt  werden,  so  dasz  die  werte  meritique  labore  acquato 
zu  dem  folgenden  zu  ziehen  sind ,  zu  dem  sie  auch  dem  sinne  nach 
gehören,  also  lautet  nunmehr  die  stelle:  dispersi  subiere  vices;  meri- 
tique labore  aequato  nulli  quisquam  virtute  seaindus  usw. :  'indem  sie 
sich  in  gleicher  arbeit  verdient  machen,  steht  keiner  dem  andern  an 
tapferkeit  nach'  usw. 

In  ähnlicher  weise  ist  durch  weglassen  der  interpunction  fol- 
gende stelle  zu  verbessern: 

VII  245  ff.  lesen  die  ausgaben : 

iam  copia  quanto 
artior  est  nuUo  Tyriis  certamine!  quantum 
detritum  est  fnmae! 
diese  werte  spricht  Fabius  zu  seinen  Soldaten,  um  sein  'zaudern'  zu 


LBauer:  zu  Siliue  Italicus.  221 

rechtfertigen,  für  artior  est  haben  die  hss.  artior  et ;  daher  ist  zu 
lesen :  iam  copia  quanto  artior^  et  —  nuUo  Tyriis  certamine  —  qtAan^ 
tum  ddrüum  est  famae! 

Hieran  schlieszt  sich  eine  dritte  stelle ,  die  ebenfalls  erst  durch 
Snderung  der  interpunction  recht  verständlich  wird:  VII  391  ff. 
Fabius  ermahnt  den  Minucius  während  seiner  abwesenheit  yom 
lager  sich  in  kein  gefecht  mit  Hannibal  einzulassen ;  er  weist  ihn  hin 
anf  die  bisher  erzielten  erfolge  : 

iestor  te^  söl/us  clausi;  nee  deinde  moräbar, 
dis  sine  me  libare  dapem  et  soUemnia  ferre, 
hunc  iterum  atque  Uerum  vinctum  vel  montihiis  äUis 
amnibus  atU  rapidis  {modo  pugna  äbsistüe)  tradam. 

interea 

an  dem  ersten  dieser  verse  (391)  hat  NHeinsius  anstosz  genommen 
und  ihn  ohne  weiteres  für  unecht  erklärt  'cum  et  abesse  possit  salva 
sententia  et  putidus  sit  omnino'.  auch  andern  erklärem  hat  der  yers 
Schwierigkeit  gemacht;  so  ändert  Eöstlin  das  nee  in  sie,  Lefebure 
und  Emesti,  denen  sich  Buperti  anschlieszen  möchte^  wollen  v.  393 
tunc  für  hunc  lesen ,  um  einen  bessern  Zusammenhang  herzustellen, 
allein  es  ist  gar  nichts  zu  ändern  als  die  interpunction :  der  yei:s  dis 
.  .  ferre  ist  als  parenthetisch  zu  bezeichnen;  dann  ist  alles  glatt,  die 
Worte  testor  te ,  solus  dai^i  beziehen  sich  auf  die  vorausgehenden 
▼erse  nü  mües  et  alae  iuvere  atU  densis  legio  CQnferta  maniplis ;  da- 
gegen nee  deinde  mordbor  auf  v.  393  hunc  .  .  vinctum  .  .  tradam^  so 
dasz  der  sinn  ist:  'ich,  Fabius,  habe  bisher  den  Hannibal  allein  ein- 
geschlossen, und  ich  werde  es  später  —  lasz  mich  nur  erst  in  Rom 
meine  religiösen  pflichten  erfüllen  —  ebenso  machen  und  werde  den 
Hannibal  wieder  und  wieder  einschlieszen ;  inzwischen  .  .  .  befolge 
meinen  rat' 

VII  516.  Oberbefehl  und  truppen  werden  zwischen  Fabius  und 
Minucius  geteilt: 

515  dimditur  mües  Fabioque  equiiumque  magistro 
imperia  aequantur  penitus.   cernebat  et  expers 
irarum  senior,  magnas  ne  pender  et  aUi 
erroris  poenas  patria  inconstdta,  timebat, 
an  der  unpassenden  Verbindung  von  penitus  und  aequare  ist  anstosz 
zu  nehmen ;  die  grundbedeutung  von  penitus  (vgl.  Gossrau  zu  Verg. 
Aen,  XII  256)  spricht  entschieden  dagegen,    eher  würde  sich  dies 
wort  —  und  so  finden  wir  es  auch  in  den  altern  ausgaben  —  mit 
cernebat  verbinden  lassen,  wie  man  ja  sagt  penitus  perspicere^  videre^ 
nosse  uä.  allein  bei  cernebat  wäre  penitus  hier  unnötiger  zusatz.  mit 
cernebat  allein  weisz  man  was  gemeint  ist:   Fabius  sieht  es,   und 
ohne  zu  grollen,  war  er  nur  besorgt,  das  übelberatene  Rom  möge 
hart  büszen  müssen,  wollte  msupenitt^  zu  cernebat  ziehen,  so  müste 
man  einen  objectssatz  dazu  erwarten,  bzw.  man  müste  den  von  timC' 
bat  abhängigen  satz  in  anderer  form  auch  mit  cernebat  verbinden, 
dem  widersprechen  doch  wohl  die  dazwischen  stehenden  werte  et 


222  LBauer:  za  Silius  Italicas. 

expers  irarum.  daher  glaube  ich  dasz  in  penüus  ein  fehler  steckt» 
and  in  der  that  kommt  uns  cod.  F  hier  zu  hilfe.  in  F  steht  gemiius^ 
daraus  ergibt  sich  das^  wie  ich  glaube,  ursprüngliche  ^0mtnt9;  ich 
lese  also:  imperia  aequantur  geminis,  Silius  gebraucht  das  wort 
geminus  gern,  so  zb.  VII  588  gemino  comu^  602  geminas  ades;  und 
von  Fabius  und  Minucius ,  die  beide  gemeinschaftlich  den  gleichen 
anteil  am  Oberbefehl  hatten,  konnte  gemini  wohl  gesagt  werden. 

VII  723.  Fabius  hat  den  arg  bedrängten  Minucius  durch  sein 
rasches  eingreifen  befreit  und  gerettet;  die  Punier  hatten  weichen 
müssen : 

tum  demum  terris^  qiuis  circumfuderat  cUra 

tempestas^  Stygiae  tandem  fuger e  tenebrae. 
terris  haben  die  meisten  ausgaben  nach  der  conjectur  der  Itali,  jedoch 
ist  das  wort  hier  nicht  passend.  Stygiae  tenebrae  bezeichnet  die 
*todesfurcht',  vgl.  zb.  y.  586  duäor  tarn  Styga  et  aäemas  intrarai 
mente  tenebras  (v.  741  sagt  Minucius:  aeternas  muUo  cum  sangume 
vidimus  umhras),  IX  45  perque  hos,  nox  Stygia  quas  iam  circumvolat 
umhra ,  animas.  zu  dem  begriff  Todesfurcht'  passt  aber  terris  ganx 
und  gar  nicht.  Heinsius  hat  deshalb  nicht  übel  dafür  turmis  ver^ 
mutet,  während  Blass  sich  Teucris  notiert  hat,  wie  auch  schon 
GronoY  conjicierte.  da  aber  die  hss.  tiriis  oder  tyriis  bieten,  so  liegt 
näher  zu  lesen  Tyrium  (»>»  Tyriorumy  wie  zb.  v.  714  Foenum  «^ 
Poenarum).  dieses  Tyrium  ist  in  den  relativsatz  zu  atra  tempestas 
zu  ziehen,  zu  dem  eine  nähere  bestimmung  sonst  schwer  entbehrt 
wird,  so  lauten  nun  die  Terse:  tum  dcmum,  Tyrium  quas  circum- 
fuderat  atra  tempestas^  Stygiae  tandem  fugere  tenebrae.  wen  die 
todesfurcht  verläszt,  braucht  nicht  besonders  hervorgehoben  zu  wer- 
den, da  dies  aus  dem  zusammenhange  leicht  ersichtlich  ist. 

IX  519.  in  der  schlacht  bei  Cannae  haben  die  Römer  den  Yul- 
tumus  gegen  sich;  er  treibt  ihnen  dichte  Staubwolken  ins  gesicht; 
die  geschleuderten  Speere  kommen  nicht  ans  ziel ;  ja  der  wind  hindert 
die  Soldaten  sogar  am  stosz  gegen  die  feinde. 

interdum  intentos  pugnae  et  iam  iamque  ferentes 

hostili  iuguto  ferrum^  conamine  duäo 

avertit  dextramque  ipso  de  vulnere  veüit 
von  den  hss.  haben  LF  conamine  et  ictu,  0  V  con.  dictu\  die  ältesten 
ausgaben  bieten  dafür  con,  ducto.  letzteres  hat  sich ,  von  Heinsius 
empfohlen ,  im  texte  gehalten,  dasz  es  aber  an  unserer  stelle  weder 
mit  der  von  Heinsius  gegebenen  unmöglichen  erklärung  'einen  streich 
ausholen',  noch  mit  der  von  Ernesti  gegebenen  deutung  'ita  directo 
nisu,  ut  manus  ferientium  abducerentur  et  retorqucrentur'  passend 
ist,  hat  bereits  Blass  'emendationen  zu  Silius  Italicus'  (Berlin  1867) 
s.  25  gezeigt.  Blass  selbst  schlug  vor  conamine  victo  »=  represso^ 
damals  ausgehend  von  der  meinung,  dasz  dictu  die  hsl.  grundlage 
sei.  nun  ist  aber  jedenfalls  das  et  ictu  der  beiden  bessern  hss.  das 
ursprünglichere  und  dictu  nur  eine  verschreibung.  conamine  et  ictu 
selbst  aber  zu  halten  und  aufzufassen  als  ein  Iv  öiä  öuoiv  trage  ich 


FWeek:  Homerische  probleme.  231 

m 

auf  dem  schlacbtfelde  erscheinen  können,  ja  dasz  er  wieder  er^ 
eeheint,  wirft  eben  licht  auf  den  Vorgang  in  €  576  ff.  das  gegenteil 
ab«r  Ton  einem  richtigen  verfahren  ist  es,  wenn  man  aufgrund  will- 
kflrlicher  und  oberflächlicher  auslegung  6iner  stelle  einer  andern,  die 
sieh  mit  solcher  auslegung  nicht  verträgt,  einfach  den  process  macht. 

Wer  sich  überzeugen  lassen  will,  wird  mir,  denke  ich,  bei- 
stimmen ,  wenn  ich  mit  vorstehender  Untersuchung  den  beweis  er- 
bracht sehe,  dasz  der  vermeintliche  widersprach  zwischen  N  658  f. 
und  €  576  ff.  nicht  vorhanden  und  damit  N  658  f.  unanfechtbar  ist, 

13.  0  71  ""IXiov  aiird  SXoicv  'AOnvainc  b\ä  ßouXdc. 
nur  in  diesem  verse,  der  noch  dazu  der  letzte  von  acht  angezweifelten 
ist,  trifft  man  das  neutram  ''IXtov  als  namen  der  stadt  Troja  an, 
während  Homer  sonst  stets,  auch  in  KaKotXtoc,  das  femininum  ''iXioc 
hat.  trifft  man  es  aber  auch  wirklich  an?  diese  frage,  welche  mir 
seit  langem  nicht  aus  dem  sinn  wollte ,  glaube  ich  nunmehr  ent- 
schieden mit  nein  beantworten  zu  sollen. 

B  592  finden  wir  unter  den  städten,  die  unter  Nestors  herschaft 
Btehen,  auch  eine  namens  Aiiru.  andere  wollten  und  wollen  dafür 
gern  ATiru  schreiben  nach  dem  überlieferten  gesetze ,  dasz  gattungs- 
namen  oder  eigenschaftswörter  bei  der  erhebung  in  den  stand  der 
eigennamen  einen  andern  accent  annehmen,  warum ,  frage  ich  nun, 
macht  man  also  nicht  umgekehrt  die  einstimmig  überlieferte  be- 
tonung  der  hss.  und  ausgaben  dahin  geltend ,  dasz  man  dem  worte 
den  Charakter  eines  eigennamens  abspricht?  der  einzige  von  dem 
eine  Vermutung  in  diesem  sinne  berichtet  wird  (vgl.  Lehrs  Arist.' 
8.  292),  Pherekydes  der  Athener,  hat  freilich  einen  falschen  griff 
gethan ,  indem  er  das  Verhältnis  umdrehte  und  'Guktitov  zum  eigen- 
namen ,  aiTTU  zu  dessen  bdiwort  machte ,  obwohl  er  mit  recht  be- 
haupten konnte,  dasz  man  ebenso  gut  'GÜKTITOV  als  Ortsnamen  nehmen 
könne  wie  AItitj  :  denn  auch  von  letzterm  wüste  und  weisz  niemand 
etwas  bestimmtes  mitzuteilen,  warum  ?  weil  es  ohne  zweifei  niemals 
ein  AIttu  noch  ein  'Guktitov  daselbst  gegeben  hat.  nur  irrtum  oder, 
wie  ich  geneigt  bin  zu  glauben,  verkennung  des  Homerischen  Sprach- 
schatzes haben  einen  solchen  ort  in  ein  Scheindasein  gerufen. 

Diese  verkennung  des  Homerischen  Sprachschatzes  läuft  darauf 
hinaus ,  dasz  man  gar  nicht  daran  gedacht  hat  aiiru  als  einfach  sub- 
stantiviert anzusehen,  ähnlich  wie  äKpov.  wir  erhalten  dann,  indem 
wir  selbstverständlich  die  aHjectivische  natur  des  dÜKTiTOV  oder  iv 
KTiTÖv  nicht  antasten,  eine  zweite  apposition  zu  6puov.  diese 
meine  auffassung  findet  einen  schlagenden  beleg  A  711  f.,  wo  es 
heiszt : 

fcTi  b^  TIC  6pu6€cca  ttöXic,  alTreia  KoXiivii, 
TTiXoO  ^TT*  'AX9611U ,  vediTi  TTuXou  i^|iia6Ö€VT0c. 
hier  erlebt  man  wieder  sein  blaues  wunder:  alle  weit  ist  darüber 
einig  6puÖ€Cca  als  mit  dem  6päov  in  B  592  gleich  zu  erklären, 
niemand  jedoch  verwertet  den  weitern  inhalt  von  A  711  f.  zur  klar- 
Stellung  dessen  was  B  592  an  das  8puov  rätselhaftes  angeschlossen 


224  LBaaer:  su  Biliös  ImUeofi. 

MicM  viM  ((»ebweit«)  and  oLamort  propinquo  =  hGrweiie).  fOr  letcieres 
fycbeist  mir  mit  leichter  finderuzig  geschneben  werden  xd  mfiBsen: 
clamare  propinquum  =■  iT\\>c  ujctc  ßoov  (ähnlich  Soph.  OT. 
84  £umi€^POC  u>c  kXuciv).  n&chdem  dawkart  za  c2aaK>rv  Ter&duieben 
war,  folgte  notwendig  prcpt»^*^  nach,  propmquus  mit  inf.  kuu 
bei  der  Torliebe  des  Silios  gerade  iHr  den  xon  adjectixen  und  >»ab- 
btantiven  abhängigen  inf.  (vgl.  Schinkel  quae&tiones  Silianae, 
Leipzig  18^2,  b.  45  L)  dorch&uE  nicht  befremden;  man  Tgl.  zb.  ver- 
bindongen  wie  spaiiosus  {partus%  innutmerae  ccpisse  rat^  et  daudare 
p(mlum  Vni  483,  oder  ingens  ferre  mala  X  216;  odtium  removoFt 
ferox  XI  8  U&. 

XV  574.  Hasdrubal  kommt  über  die  Alpen  nach  Italien:  da 
erscheint  die  gQttin  Oenotria  (das  land  Italien  personifidert  als 
landesg(;ttin  Oenotria)  im  träume  dem  römischen  coniul  Nero  und 
ermahnt  ihn  ungebänmt  den  Hasdrubal  anzugreifen.  Nero  bricht 
auch  sofort  auf,  um  sich  mit  Livius  Salinator  zu  vereinigen,  in  der 
Schilderung  des  eiligen  aufbruchs  heiszt  es: 

hortator  sdi  qui&qut:  agtj  perge^  salutem 
Ausoniae  ancipUes  superi  e/,  stet  Borna  oadatne^ 
in  pedibus  posuere  fuis^  damanique  ruunique, 
hortandi  genus  acer  habet  praecedere  dudor. 
der  letzte  dieser  verse  steht  in  den  hss.  in  der  angegebenen  weise ; 
die  lesart  des  Col.  fehlt  uns.  die  einzige  möglichkeit  denselben  zu 
construieren  wäre:  'als  art  der  ermahnung  hat  der  feurige  feldherr 
das  Yoranschreiten' ;  das  ist  gewis  auch  der  sinn  des  verses;  allein 
die  ausdrucksweise  erregt  doch  bedenken.  PhTbielmann  in  seiner 
gründlichen  abh.  über  habere  mit  dem  infinit iv  ^ Wulfflins  archiv  II 
s.  196)  citiert  die  stelle  neben  XVI  209,  ohne  weiter  auf  dieselbe 
einzugehen,  ich  glaube  da&z  habd  in  avei  zu  ändern  ist,  so  dasz  der 
vers  lautet:  hortandi  genus  —  acer  avet  praecedere  dudor.  das  hor- 
tandi genus  ist  als  apposition  zum  ganzen  satz  zu  nehmen,  ebenso 
wie  IV  41  sölandique  genus  —  ladis  ostentat  ad  urbem  per  campos 
superesse  viam,  nun  ist  die  Übersetzung :  ^als  eine  art  anfeuerung, 
trachtet  der  feldherr  selbst  eifrig  vorwärts  zu  kommen',  arere  mit 
inf.  hat  Silius  auszerdem  noch  an  fünf  stellen:  I  61.  V  533.  VII  22. 
XIV  183.  XV  373  —  und  an  keiner  derselben  haben  die  hss.  LFOY 
die  richtige  lesart  avet,  sondern  überall  habd  (nur  VII  22  hat  F 
agebai  statt  avebat)  ein  umstand  den  wir  als  stütze  unserer  emen- 
dation  betrachten  dürfen. 

Ebenso  ist  an  der  von  Thielmann  ao.  behandelten  stelle  XVI 209 
quare^  age,  ladus  habe  nostros  intrare  penaies ,  mit  dem  Col.  ave  zu 
lesen  {ave  intrare  «»  libenter  intra)  statt  des  habe  der  übrigen  hss., 
da  für  die  erklärung  von  habe  intrare  <=  intra  passende  analogien 
sich  nicht  finden. 

Reoensburo.  Ludwig  Baues. 


FWeck:  Homerische  probleme.  233 

poio  e»  'im  bereich  des  kampfes'  dh.  ^auf  dem  schlachtfelde',  wäh- 
rend iv  iToX^)LiUj  =3  'im  Schlachtgetümmel'  eine  ganz  andere  per- 
spective eröffnet,  letzteres  würde  etwas  als  eingetreten  annehmen, 
was  die  ann&herung  und  Wirksamkeit  des  noch  so  rettungsbeflissenen 
gespanns  einfach  unmöglich  machen  müste ,  nemlich  den  kämpf  um 
den  leichnam  des  gefallenen.  Achilleus  dagegen  in  ungerechter  Über- 
treibung zeiht  ja  sein  gespann  des  pflichtvergessenen  ^  feigen  liegen- 
lassens,  sie  darf  also  auch  nicht  den  schatten  einer  entschuldigung 
streifen,  gerade  aber  die  einzig  dastehende  anwendungder  sonst  bei 
Homer  gäng  und  gäben  ellipse  mag  schuld  daran  gewesen  sein,  dasz 
die  Alexandriner  die  Überlieferung  sei  es  nicht  anerkannten  oder 
überhaupt  verkannten. 

Die  erklärung  der  ganzen  stelle  aber  gewinnt  durch  meine  les- 
art  ungemein  an  kraft  und  lebendigkeit  und  unmittelbarkeit,  indem 
ich  nemlich  nun  auch  f)vioxnot  nicht  auf  den  TtapaißdTiic  dh.  Achil* 
leus  selbst  beziehe,  sondern  auf  den  wirklichen  wagenlenker,  mit 
dem  allein  jenes  mal  die  rosse  zurückgekommen  waren,  würde  die 
anrede  folgendes  gesiebt  gewinnen:  'Xanthos  und  Balios,  ihr  weit- 
berühmten kinder  der  Podarge ,  auf  eine  andere  weise  überlegt  euch 
nunmehr  zu  retten  den  wagenlenker  zurück  in  der  Danaer  dichten 
häufen,  wenn  {cum!)  ich  daliege  auf  dem  schlachtfelde,  indem  ihr 
mich  dabei  nicht  wie  den  Patroklos  dort  liegen  lasset;  nachdem  ich 
gefallen.'  ein  Deutscher  würde  den  teil  nach  der  anrede  etwa  so 
fassen :  ^wenn  ihr  noch  einmal  den  wagenlenker  in  Sicherheit  brin- 
gen wollt,  dann  macht  es  ein  wenig  anders  als  bei  Patroklos,  und 
nehmt  auch  den  leichnam  des  gefallenen  herrn  mit.' 

Die  antwort  des  rosses  steht  damit  durchaus  im  einklang,  falls 
man  nur  das  xai  Xir|V  als  steigernd  faszt :  'ja  sogar  meiner  treu.' 
so  steht  denn  nichts  im  wege  nach  meinem  Vorschlag  zu  lesen: 
fivp  Aavaujv  ^c  ömXov,  inex  k^ojla*  ev  iroX^iLioio. 

Metz.  Ferdinand  Weck. 

33. 

ATHENE-MENTES  IN  ITHAKE, 


Als  Athene  den  Ol jmpos  verliesz ,  sich  nach  Ithake  begab  und 
in  gestalt  des  Mentes  das  gehöft  des  Odysseus  betrat  (a  102  —  105), 
waren  die  freier  im  hofe  vor  dem  hause  in  ihr  spiel  so  eifrig  vertieft 
(a  106  ff.),  dasz  dieselben  die  ankunft  des  fremden  nicht  bemerkten, 
auch  die  diener  waren  im  hause  mit  den  Vorbereitungen  des  mables  zu 
sehr  beschäftigt  (a  109  ff.),  als  dasz  sie  dem  eintretenden  gaste  hätten 
aufmerksamkeit  schenken  können,  daher  kam  es  dasz  Telemachos 
die  göttin  zuerst  bemerkte  (a  113).  Düntzer  (Hom.  abhandl.  s.  431) 
nimt  an  dieser  darstellung  anstosz.  das  spiel  der  freier  hält  er  für 
ein  brettspiel  und  findet  dasselbe  an  und  für  sich  auffallend ;  auch 
scheint  es  ihm  anstöszig,  dasz  so  viele  sich  daran  beteiligen,    ob  es 


232  FWeck:  Homeriscbe  probleme. 

wird,  es  entspricht  doch  der  apposition  aiTT€ia  KoXuivr)  als  eigent- 
lichster bestimmung  für  die  stadt  selbst  das  ii)  ktitöv  almj,  und  der 
freien  apposition  ^AXqpeioio  iröpov  B  592,  welche  mit  ähnlichen 
B  506  und  696  zu  vergleichen  ist,  die  Ortsbestimmung  A  712.  aas 
diesem  gründe,  weil  Opüov  bzw.  6pu0€cca  ttöXic  einen  steilen  berg 
oder  hügel  krönt,  kann  auch  der  name  nie  und  nimmer  von  Opuov 
'binse'  abgeleitet  sein ,  höchstens  beide  der  nemlichen  wnnel  ent- 
springen, als  welche  ich  6op  'springen'  annehme;  vgl.  Ortsnamen 
wie  OopiKÖc,  6öpva£,  Opöviov,  Ooupioi,  vielleicht  auch  Oup^o, 
6üp€0V  und  bergnamen  wie  al  6upib€C  in  Lakonien,  Ooupiov  6poc 
in  Boiotien  und  den  OpujCfiöc  Trebioio  bei  Homer,  zu  Opuov  ^binse* 
wäre  am  ende  6p i£  'haar'  zu  stellen ;  ob  auch  die  Opöva  X  441  ?  somit 
ist  nach  meiner  deutung  B  592  zu  lesen:  'undThrjon,  desAlpheios 
fürt  und  die  wohlgebaute  steilburg.' 

Das  substantivierte  ainu  also  nehme  ich  auch  0  71  an  und  fasse 
es  als  apposition  zu  ^IXiov,  dem  richtigen  accusativ  des  Homerischen 
^IXioc.  eine  solche  apposition  ohne  bei  wort  ist  möglich,  weil  sie 
selbst  das  substantivierte  beiwort  des  entsprechenden  gattangs- 
namens  ist ,  diesen  also  mit  enthält,  übrigens  halten  es  auch  sonst 
nackte  appositionen  beim  eigennamen  aus,  so  nicht  selten  f\pVKf 
zb.  Z  35. 

14.  T  402  &i|i  Aavaujv  de  öfiiXov ,  dnei  x'  Sujfiev  ttoX^^oio. 
über  das  verbum  in  dem  dTiei-satze  hier  ist  meines  erachtens  noch 
kein  befriedigender  aufschlusz  gefunden  worden,  ganz  abgesehen 
von  Düntzers  Vermutung,  die  auf  eine  abänderung  in  KT^uifiev  oder 
CTduj|Li€V  rät,  ist  X*  ?ujfi€v  bzw.  tofiev  oder  auch  k*  dPujfiev  iroX^^oio 
a=  'satt  sind  des  kampfes'  oder  x^^M^v  TioXdfioio  «»  'uns  trennen 
vom  kämpfe'  viel  zu  belanglos,  um  die  Vorstellung  des  cauic^^ev  sa 
rechtfertigen,  es  kommt  hinzu  dasz  bei  der  in  der  ganzen  anrede 
durchgeführten  gegenüberstellung  ein  dem  T€6vr|d)Ta  entsprechendes 
Vergleichsglied  fehlen  würde. 

Man  vergegenwärtige  sich  die  läge:  in  dem  augenblicke,  wo  er 
sich  hinter  Automedon  auf  den  wagen  schwingt,  wird  der  nnmat 
über  das  verhalten  des  gespanns  bei  dem  falle  des  Patroklos  lebendig 
in  Achilleus  und  mächtig  über  ihn.  wie  wird  sich  ein  stolzer,  herri- 
scher und  jähzorniger  Charakter  in  solchem  falle  gegen  die  vermeint- 
lich schuldigen  aussprechen,  auf  deren  chrgeiz  er  zu  wirken  wünscht? 
er  wird  ironisch  bitter  werden ,  und  so  hier.  Achilleus  sagt  dem- 
gemäsz,  Xanthos  und  Balios  möchten  es  gegebenen  falles  noch  ein- 
mal so  machen,  nur  mit  einem  kleinen  unterschiede:  sie  möchten 
seinen  leichnam  dann  nicht  liegen  lassen,  und  das  kommt  so  heraus: 
ich  schreibe  einfach  direi  K^0)Li'  dv  TToXeVolO.  hierin  ist  K€0^'  «■ 
xeofiai  conj.  von  Keijuai  mit  ungedehntem  bindevocal  und  iy  iroX^- 
fioio  eine  construction  wie  elv  'Aibao  udgl.,  allerdings  etwas  weiter- 
gehend, so  wie  Herodotos  I  35  ae.  und  VII  8  ae.  dv  f)M€T^pou  und 
im  hymnos  auf  Hermes  v.  370  f|X8ev  de  fm€T€pou.  es  ist  da  mehr  der 
unbestimmte  begriff  des  bereichs  zu  ergänzen,  bo  ist  dann  iy  ttoX^* 


FWeck:  Homerische  probleme.  233 

fioio  —  *iin  bereich  des  kampfes'  dh.  *auf  dem  schlachtfelde',  wfth- 
rend  tv  iroX^pqj  «»  'im  schlachtgetümmel'  eiDe  ganz  andere  per- 
BpecÜYe  erO&et.  letzteres  würde  etwas  als  eingetreten  annehmen» 
was  die  annfthemng  und  Wirksamkeit  des  noch  so  rettungsbeflissenen 
gespanns  einfach  unmöglich  machen  müste,  nemlich  den  kämpf  um 
den  leichnam  des  gefallenen.  Achilleus  dagegen  in  ungerechter  über- 
treibong  zeiht  ja  sein  gespann  des  pflichtvergessenen,  feigen  li^en- 
lassens,  sie  darf  also  auch  nicht  den  schatten  einer  entschuldignng 
streifen,  gerade  aber  die  einzig  dastehende  anwendung  der  sonst  bei 
Homer  gftng  und  gäben  ellipse  mag  schuld  daran  gewesen  sein,  dasz 
die  Alexandriner  die  Überlieferung  sei  es  nicht  anerkannten  oder 
überhaupt  verkannten. 

Die  erkl&rung  der  ganzen  stelle  aber  gewinnt  durch  meine  les- 
art  ungemein  an  kraft  und  lebendigkeit  und  unmittelbarkeit,  indem 
ich  nemlich  nun  auch  f|vioxv)a  nicht  auf  den  napaißdnic  dh.  Achil- 
leus selbst  beziehe,  sondern  auf  den  wirklichen  wagenlenker,  mit 
dem  allein  jenes  mal  die  rosse  zurückgekommen  waren ,  würde  die 
anrede  folgendes  gesiebt  gewinnen :  'Xanthos  und  Balios ,  ihr  weit- 
berühmten  kinder  der  Podarge ,  auf  eine  andere  weise  überlegt  euch 
nunmehr  zu  retten  den  wagenlenker  zurück  in  der  Danaer  dichten 
häufen,  wenn  {cum/)  ich  daliege  auf  dem  schlachtfelde,  indem  ihr 
mich  dabei  nicht  wie  den  Patroklos  dort  liegen  lasset,  nachdem  ich 
gefallen.'  ein  Deutscher  würde  den  teil  nach  der  anrede  etwa  so 
fassen :  'wenn  ihr  noch  einmal  den  wagenlenker  in  Sicherheit  brin- 
gen wollt,  dann  macht  es  ein  wenig  anders  als  bei  Patroklos,  und 
nehmt  auch  den  leichnam  des  gefallenen  herrn  mit.' 

Die  antwort  des  rosses  steht  damit  durchaus  im  einklang,  £ei11s 
man  nur  das  Kai  Xiriv  als  steigernd  faszt :  'ja  sogar  meiner  treu.' 
so  steht  denn  nichts  im  wege  nach  meinem  Vorschlag  zu  lesen: 
&HI  Aavatuv  ic  ö)LitXov,  ine\  K^ofi'  iv  ttoX^jhoio. 

Metz.  Ferdinand  Weck. 

33. 

ATHENE-MENTES  IN  ITHAKE. 


Als  Athene  den  Ol jmpos  verliesz ,  sich  nach  Ithake  begab  und 
in  gestalt  des  Mentes  das  geböft  des  Odyssens  betrat  (a  102—105), 
waren  die  freier  im  hofe  vor  dem  hause  in  ihr  spiel  so  eifrig  vertieft 
(a  106  ff.),  dasz  dieselben  die  ankunft  des  fremden  nicht  bemerkten, 
auch  die  diener  waren  im  hause  mit  den  Vorbereitungen  des  mahles  zu 
sehr  beschäftigt  (a  109  ff.),  als  dasz  sie  dem  eintretenden  gaste  hätten 
aufmerksamkeit  schenken  können,  daher  kam  es  dasz  Telemachos 
die  g6ttin  zuerst  bemerkte  (a  113).  Düntzer  (Hom.  abhandl.  s.  431) 
nimt  an  dieser  darstellung  anstosz.  das  spiel  der  freier  hält  er  für 
ein  brettspiel  und  findet  dasselbe  an  und  für  sich  auffallend ;  auch 
scheint  es  ihm  anstöszig,  dasz  so  viele  sich  daran  beteiligen,   ob  es 


232  FWeck:  Homerische  probleme. 

wird,  es  entspricht  doch  der  apposition  ameia  KoXuivn  als  eigwit- 
lichster  bestimmung  für  die  stadt  selbst  das  0)  ktitöv  aliru,  und  der 
freien  apposition  ^AXqpeioTo  iropov  B  592,  welche  mit  ahnlicfam 
B  506  und  696  zu  vergleichen  ist,  die  Ortsbestimmung  A  712.  mos 
diesem  gründe,  weil  Opuov  bzw.  Opuöecca  ttöXic  einen  steilen  beig 
oder  hügel  krönt,  kann  auch  der  name  nie  und  nimmer  von  dpuov 
'binse'  abgeleitet  sein,  höchstens  beide  der  nemlichen  wurzel  ent- 
springen, als  welche  ich  6op  'springen'  annehme;  vgl.  Ortsnamen 
wie  OopiKÖc,  6öpva£,  Opöviov,  Ooupioi,  vielleicht  auch  Oup^l, 
Oüpeov  und  bergnamen  wie  al  Oupibec  in  Lakonien,  Goupiov  6poc 
in  Boiotien  und  den  GpujCfiöc  Tiebioio  bei  Homer,  zu  Opuov  ^binse* 
wäre  am  ende  6pi£  'haar'  zu  stellen ;  ob  auch  die  Opöva  X  441  ?  somit 
ist  nach  meiner  deutung  B  592  zu  lesen :  'und  Thryon,  des  Alpheios 
fürt  und  die  wohlgebaute  steilburg.' 

Das  substantivierte  ainu  also  nehme  ich  auch  0  71  an  und  fasse 
es  als  apposition  zu  ^IXiov,  dem  richtigen  accusativ  des  Homerischen 
^IXioc.  eine  solche  apposition  ohne  bei  wort  ist  möglich,  weil  sie 
selbst  das  substantivierte  bei  wort  des  entsprechenden  gattangs- 
namens  ist ,  diesen  also  mit  enthält,  übrigens  halten  es  auch  sonst 
nackte  appositionen  beim  eigennamen  aus,  so  nicht  selten  l^puK» 
zb.  Z  35. 

14.  T  402  &i|i  Aavaujv  ic  öfiiXov ,  inei  x'  Sujfiev  ttoX^io. 
über  das  verbum  in  dem  dTiei-satze  hier  ist  meines  erachtens  noch 
kein  befriedigender  aufschlusz  gefunden  worden,  ganz  abgesehen 
von  Düntzers  Vermutung,  die  auf  eine  abänderung  in  KT^ui^ev  oder 
CT^W|Li€V  rät,  ist  X*  ?ujfi€v  bzw.  iwixey  oder  auch  k'  dPujfiev  troX^fiOio 
a=  'satt  sind  des  kampfes'  oder  x^uüjiiev  TioX^fioio  «»  'uns  trennen 
vom  kämpfe'  viel  zu  belanglos,  um  die  Vorstellung  des  cauic^^ev  la 
rechtfertigen,  es  kommt  hinzu  dasz  bei  der  in  der  ganzen  anrede 
durchgeführten  gegenüberstellung  ein  dem  TcOviiujTa  entsprechendes 
Vergleichsglied  fehlen  würde. 

Man  vergegenwärtige  sich  die  läge:  in  dem  augenblicke,  wo  er 
sich  hinter  Automedon  auf  den  wagen  schwingt,  wird  der  nnmat 
über  das  verhalten  des  gespanns  bei  dem  falle  des  Patroklos  lebendig 
in  Achilleus  und  mächtig  über  ihn.  wie  wird  sich  ein  stolzer,  herri- 
scher und  jähzorniger  Charakter  in  solchem  falle  gegen  die  vermeint- 
lich schuldigen  aussprechen,  auf  deren  chrgeiz  er  zu  wirken  wünscht? 
er  wird  ironisch  bitter  werden,  und  so  hier.  Achilleus  sagt  dem- 
gemäsz,  Xanthos  und  Balios  möchten  es  gegebenen  falles  noch  ein- 
mal so  machen,  nur  mit  einem  kleinen  unterschiede:  sie  möchten 
seinen  leichnam  dann  nicht  liegen  lassen,  und  das  kommt  so  heraus: 
ich  schreibe  einfach  inix  k^ojla'  dv  TroXe^oio.  hierin  ist  K€0^*  — 
K^Ofiai  conj.  von  Keifiai  mit  ungedehntem  bindevocal  und  iy  noki- 
^010  eine  construction  wie  eiv  'Aibao  udgl.,  allerdings  etwas  weiter- 
gebend ,  so  wie  Herodotos  I  35  ae.  und  VII  8  ae.  iv  f))Li€T^pou  and 
im  hymnos  auf  Hermes  v.  370  f|X6€V  ic  fifieT^pou.  es  ist  da  mehr  der 
unbestimmte  begriff  des  bereichs  zu  ergänzen.  &o  ist  dann  iy  iroX^- 


FWeck:  Homerische  probleme.  233 

fioto  "-■  *iin  bereicb  des  kampfes'  dh.  *aaf  dem  schlachtfelde',  wfth- 
rend  £v  iroX^pqj  -»  'im  schlachtgetümmel'  eiDe  ganz  andere  per- 
spective erO&et.  letzteres  würde  etwas  als  eingetreten  annehmen» 
was  die  annäherung  und  Wirksamkeit  des  noch  so  rettungsbeflissenen 
gespanns  einfach  unmöglich  machen  müste ,  nemlich  den  kämpf  um 
den  leichnam  des  gefallenen.  Achilleus  dagegen  in  ungerechter  Über- 
treibung zeiht  ja  sein  gespann  des  pflichtvergessenen ,  feigen  liegen- 
lassens,  sie  darf  also  auch  nicht  den  schatten  einer  entschuldigung 
streifen,  gerade  aber  die  einzig  dastehende  an  Wendung  der  sonst  bei 
Homer  gftng  und  gäben  ellipse  mag  schuld  daran  gewesen  sein,  dasz 
die  Alexandriner  die  Überlieferung  sei  es  nicht  anerkannten  oder 
überhaupt  verkannten. 

Die  erklärung  der  ganzen  stelle  aber  gewinnt  durch  meine  les- 
art  ungemein  an  kraft  und  lebendigkeit  und  unmittelbarkeit,  indem 
ich  nemlich  nun  auch  f|vioxv)a  nicht  auf  den  TTapaißdiT)c  dh.  Achil* 
leus  selbst  beziehe,  sondern  auf  den  wirklichen  wagenlenker,  mit 
dem  allein  jenes  mal  die  rosse  zurückgekommen  waren ,  würde  die 
anrede  folgendes  gesiebt  gewinnen:  'Xanthos  und  Balios,  ihr  weit- 
berühmten kinder  der  Podarge ,  auf  eine  andere  weise  überlegt  euch 
nunmehr  zu  retten  den  wagenlenker  zurück  in  der  Danaer  dichten 
häufen,  wenn  {cum/)  ich  daliege  auf  dem  schlachtfelde,  indem  ihr 
mich  dabei  nicht  wie  den  Patroklos  dort  liegen  lasset,  nachdem  ich 
gefallen.'  ein  Deutscher  würde  den  teil  nach  der  anrede  etwa  so 
fassen :  'wenn  ihr  noch  einmal  den  wagenlenker  in  Sicherheit  brin- 
gen wollt,  dann  macht  es  ein  wenig  anders  als  bei  Patroklos,  und 
nehmt  auch  den  leichnam  des  gefallenen  herrn  mit.' 

Die  antwort  des  rosses  steht  damit  durchaus  im  einklang,  teAls 
man  nur  das  kqi  Xiriv  als  steigernd  faszt :  'ja  sogar  meiner  treu.' 
80  steht  denn  nichts  im  wege  nach  meinem  verschlag  zu  lesen: 
&HI  Aavauüv  ic  öfiiXov,  £tt€1  K^ofi'  iv  iroX^ioio. 

Metz.  Ferdinand  Weck. 

33. 

ATHENE-MENTES  IN  ITHAKE, 


Als  Athene  den  Oljmpos  verliesz ,  sich  nach  Ithake  begab  und 
in  gestalt  des  Mentes  das  gehöft  des  Odysseus  betrat  (a  102—105), 
waren  die  freier  im  hofe  vor  dem  hause  in  ihr  spiel  so  eifrig  vertieft 
(a  106  fl*.),  dasz  dieselben  die  ankunft  des  fremden  nicht  bemerkten, 
auch  die  diener  waren  im  hause  mit  den  Vorbereitungen  des  mables  zu 
sehr  beschäftigt  (a  109  ff.),  als  dasz  sie  dem  eintretenden  gaste  hätten 
aufmerksamkeit  schenken  können,  daher  kam  es  dasz  Telemachos 
die  göttin  zuerst  bemerkte  (a  113).  Düntzer  (Hom.  abhandl.  s.  431) 
nimt  an  dieser  darstellung  anstosz.  das  spiel  der  freier  hält  er  für 
ein  brettspiel  und  findet  dasselbe  an  und  für  sich  auffallend ;  auch 
scheint  es  ihm  anstöszig,  dasz  so  viele  sich  daran  beteiligen,   ob  es 


234  AScotland:  Athene -Mentes  in  Ithake. 

ein  brettspiel  gewesen,  an  dem  sich  die  freier  ergötzten,  ist  ans 
unserer  stelle  nicht  ersichtlich ;  die  freier  spielten  mit  TT€CCoi  (M^<poi, 
cälculi  lusorii) ,  und  da  wir  über  dies  spiel  nichts  genaues  wissen 
(vgl.  Nitzsch  anm.  zdst.),  so  dürfen  wir  auch  die  darstellung  nicht 
deshalb  verdächtigen,  weil  sich  alle  freier  an  dem  spiele  beteiligten. 
selbst  wenn  es  ein  brettspiel  gewesen  wäre,  bei  dem  die  zahl  der 
teilnehmer  nur  eine  beschränkte  sein  konnte,  so  hindert  nichts  an- 
zunehmen, dasz  mehrere  partien  arrangiert  waren,  gibt  es  femer  bei 
dergleichen  spielen  nicht  allezeit  Zuschauer,  welche  mit  interesae 
dem  spiele  der  andern  folgen  ?  es  liegt  daher  kein  grund  für  die 
Verdächtigung  von  a  106 — 108  vor,  es  sei  denn  dasz  man  über  die 
art  des  Spieles  nähern  aufschlusz  gäbe  und  bewiese,  dasz  die  grosse 
zahl  der  freier  sich  an  demselben  unmöglich  hätte  beteiligen  können. 
so  lange  dies  nicht  geschehen  ist,  werden  wir  annehmen  dasz  Homer 
des  seinen  hörern  jedenfalls  bekannten  und  aus  diesem  gründe  nicht 
näher  beschriebenen  Spieles  erwähnung  thut,  um  zu  motivierenf 
warum  die  freier  auf  den  nahenden  gast  nicht  aufmerksam  worden. 
Aus  demselben  gründe  wird  im  folgenden  auch  die  bescfaftfti- 
gung  der  diener  hervorgehoben,  und  ich  kann  es  nicht  mit  Düntier 
ao.  sonderbar  finden,  dasz  zu  a  106 — 108  in  109 — 112  hinzugeftlg^ 
wird ,  wie  diener  und  herolde  alles  zum  sofortigen  mahle  bereiten, 
weil  dies  nur  'drinnen'  geschehen  könne,  sicherlich  geschah  dies  im 
hause ,  so  dasz  Athene  es  von  ihrem  Standpunkte  nicht  wahrnehmen 
konnte;  aber  der  dichter  sagt  ja  auch  nicht  eupe  Kiipuxac  fiicTOVTQC, 
als  ob  Athene  diese  wahrnehmuncr  gemacht  hätte,  sondern  als  seine 
eigne  angäbe:  Kr|puK€C  V . .  ^fiiCTOV.  ich  kann  daher  nicht  mit  Düntzer 
in  a  IOC — 112  einen  spätem  zusatz  sehen,  sondern  meine,  der 
dichter  habe  ausdrücken  wollen,  dasz  Athene  gerade  zu  einer  zeit  dM 
gehöft  betreten  habe,  in  welcher  die  aufmcrksamkeit  aller  vor  nnd 
in  dem  hause  befindlichen  personen  so  in  anspruch  genommen  war, 
dasz  der  müszig  dasitzende  Telemachos  allein  den  gast  erblickte. 
durch  fjCTG  Top  •  •  öccöfievoc  Trai^p*  ecGXöv  iy\  qppeciv  (a  1 14  f.) 
wird  der  gegensatz  des  unthätigen  Telemachos  gegen  die  emsig  be- 
schäftigten andern  per:!onen  deutlich  licrvorgehoben. 

Düntzer  glaubt  seine  anficht  von  der  unechtheit  der  verse 
a  106 — 112  dadurch  unterstützen  zu  können,  dasz  er  hervorhebt, 
wie  sonderbar  es  sei  dasz  wir  uns  den  Telemachos  unter  den  spielen- 
den freiem  im  hofo  sitzend  denken  sollen ,  da  so  traurige  gedanken 
seine  seele  erfüllen,    dagegen  hält  er  es  für  angemessen,  dasz  Tele- 
machos im  männersaalo  unter  den  schmausenden  freiem  weilte ,  mit 
denen  er  auch  sonst  gemeinschaftlich  zu  speisen  pflegte,    ich  kann 
keinen  groszen  unterschied  in  d^n  beiden  Situationen  finden,   dasz 
Telemachos  sehr  betrübt  ist,  st^ht  fest:  denn  die  verse  114  ff. 
fjcTO  Totp  ^v  MVTiCTfipci  qpiXov  TeiiTiu^voc  fJTop, 
6ccöjLA€voc  Traiep*  icGXöv  dvi  cppeciv ,  €1  7to6€V  dXGuJv 
MvricTTJpuiv  Toiv  fiev  CKtbaciv  Kaid  biO^aTa  Geiri , 
Tififjv  b*  auTÖc  ixox  KQi  KTTiMaciv  olciv  dväccoi 


ASootlaDcL:  Athene-Mentes  in  Ithake.  235 

fiollen,  abgesehen  von  der  bestfindigen  traner  am  den  vater,  offenbar 
eine  ganz  besonders  trübe  stände  schildern ,  die  über  Telemachos 
gekommen  war.  daher  dürfte  wenig  gewonnen  sein,  wenn  man  den 
tief  betrübten  Telemachos  mit  den  schmausenden  freiem  zn  tisch 
setzt,  statt  ihn  teilnahmlos  unter  den  spielenden  sitzen  za  lassen, 
traorige  gedanken  ergreifen  uns  gewöhnlich  nicht  in  froher  gesell- 
achaft;  wenn  sie  sich  aber  einstellen,  wie  es  bei  der  läge  des  Tele* 
machos  durchaus  nicht  unmöglich  war,  so  fliehen  wir  die  gesellschafb 
anderer  und  suchen  die  einsamkeit  auf,  um  uns  ganz  unserm  schmerz 
überlassen  zu  können,  man  halte  dies  nicht  für  moderne  gefühls- 
seligkeit, sondern  erinnere  sich  vielmehr,  dasz  zb.  Odysseus  an  dem 
einsamen  strande  von  Ogygia  sasz  (e  151  ff.),  Telemachos  nach 
seinem  miserfolg  in  der  volksversamlung  an  die  öde  küste  gieng 
(ß  260)  und  der  um  die  entrissene  Briseis  trauernde  Achilleus  eben- 
falla  die  einsamkeit  aufsuchte  (A  349).  ich  möchte  daher  annehmen, 
dasz  an  unserer  stelle  Telemachos  überhaupt  nicht  unter  den  freiem 
sass,  sondern  in  düstere  gedanken  versunken  sich  gesondert  von  den 
andern  in  den  männersaal  zurückgezogen  hatte,  während  die  freier  auf 
dem  hofe  bei  ihrem  spiele  saszen.  demgemttsz  schlage  ich  vor  in  114  £v 
fiCT^poici  statt  iv  fiViiCTfipci  zu  schreiben,  dieser  ftnderung  wider- 
spricht allerdings  ^vriCTf^pci  ^€6i^)i€VOC  in  118,  jedoch  stehen  diese 
Worte  in  einer  partie,  welche  augenscheinlich  verderbt  ist.  von  Tele- 
maehos  heiszt  es  nemlich  V€^€cc/j9ri  b'  iy\  9u^ip  EeTvov  bii9&  OtipQCiv 
&p€CTd^€V  (a  119  f.),  was  ungereimt  erscheint,  denn  Athene  hatte 
keinen  ersichtlichen  grund  zögernd  vor  der  schwelle  stehen  zu  bleiben 
und  zu  warten,  bis  Telemachos  oder  ein  anderer  ihr  zum  TrpöOupov 
entgegenkam,  anderseits  kann  die  an  der  schwelle  erscheinende  ge- 
stalt,  welche  sieb  in  der  vom  Sonnenlicht  erfüllten  tboröffnung  scharf 
abheben  muste,  der  Wahrnehmung  des  unbeschäftigten  Telemachos, 
gleichgültig  ob  er  im  saale  oder  im  hofe  sasz,  falls  er  sie  von  seinem 
Standpunkt  überhaupt  erblicken  konnte,  wohl  nicht  längere  zeit  ent- 
gangen sein,  denn  wir  werden  wohl  nicht  fehlgehen ,  wenn  wir  an- 
nehmen dasz  der  betrübt  des  vaters  gedenkende  sehn  unwillkürlich 
seinen  blick  über  den  hof  hin  durch  das  thor  hindurch  in  die  weite 
ferne  gerichtet  habe,  wobei  der  eintretende  fremde  ihm  sofort  in  die 
äugen  fallen  muste.  nehmen  wir  aber  an,  dasz  der  traumverlorene 
blick  des  Telemachos  nicht  nach  dem  hofthor  gerichtet  gewesen  ist^ 
so  konnte  Athene  wohl  eine  weile  an  der  schwelle  stehen,  ohne  von 
Telemachos  bemerkt  zu  werden ;  diese  Verzögerung  konnte  diesem 
aber  nicht  so  zum  bewustsein  kommen ,  dasz  er  sich  über  dieselbe 
vorwürfe  machte,  ich  halte  daher  die  verse  118 — 120  für  verderbt 
und  streiche  hinter  id  (ppoviwv  die  werte  fiVTicxfJpci  fi€8ri)Li€V0C, 
welche  einerseits  nach  dem  tiberlieferten  iJcTO  TÖtp  ^v  jUVTicifipci  (114) 
eine  überflüssige  und  lästige  Wiederholung  bilden  und  anderseits 
meiner  Vermutung  fjcTO  TCtp  £v  fi€Tdpoici  widersprechen,  zugleich 
wird  dadurch  die  Schwierigkeit  der  beiden  neben  einander  stehenden 
participia  (ppov^uiv  und  ^eOrjfievoc  (vgl.  Ameis)  vermieden,    bei 


234  AScoÜand:  Atbene-Mentes  in  Ithake. 

ein  brettspiel  gewesen,  an  dem  sich  die  freier  ergötzten,  ist  ans 
unserer  stelle  nicht  ersichtlich ;  die  freier  spielten  mit  TT€CCoi  (vn)qpoi, 
cälculi  lusorii) ,  und  da  wir  über  dies  spiel  nichts  genanes  wissen 
(vgl.  Nitzsch  anm.  zdst.),  so  dürfen  wir  auch  die  darstellang  nicht 
deshalb  verdächtigen,  weil  sich  alle  freier  an  dem  spiele  beteiligen. 
selbst  wenn  es  ein  brettspiel  gewesen  wäre,  bei  dem  die  zahl  der 
teilnehmer  nur  eine  beschränkte  sein  konnte ,  so  hindert  nichts  an- 
zunehmen, dasz  mehrere  partien  arrangiert  waren,  gibt  es  femer  bei 
dergleichen  spielen  nicht  allezeit  Zuschauer,  welche  mit  Interesse 
dem  spiele  der  andern  folgen?  es  liegt  daher  kein  grund  für  die 
Verdächtigung  von  a  106 — 108  vor,  es  sei  denn  dasz  man  über  die 
art  des  Spieles  nähern  aufschlusz  gäbe  und  bewiese,  dasz  die  grosse 
zahl  der  freier  sich  an  demselben  unmöglich  hätte  beteiligen  kOnnen. 
so  lange  dies  nicht  geschehen  ist,  werden  wir  annehmen  dasz  Homer 
des  seinen  hörern  jedenfalls  bekannten  und  aus  diesem  gründe  nidit 
näher  beschriebenen  spieles  erwähnung  thut,  um  zu  motiviereDv 
warum  die  freier  auf  den  nahenden  gast  nicht  aufmerksam  wurden. 
Aus  demselben  gründe  wird  im  folgenden  auch  die  beschftfti* 
gung  der  diener  hervorgehoben,  und  ich  kann  es  nicht  mit  Düntzer 
ao.  sonderbar  finden,  dasz  zu  a  106 — 108  in  109 — 112  hinzugeftlg^ 
wird ,  wie  diener  und  herolde  alles  zum  sofortigen  mahle  bereiten, 
weil  dies  nur  'drinnen'  geschehen  könne,  sicherlich  geschah  dies  im 
hause ,  so  dasz  Athene  es  von  ihrem  Standpunkte  nicht  wahrnehmen 
konnte;  aber  der  dichter  sagt  ja  auch  nicht  eupe  icripUKac  fiicfOVTac, 
als  ob  Athene  diese  Wahrnehmung?  gemacht  hätte,  sondern  als  seine 
eigne  anhabe:  Kr|puK€C  V . .  ^fiiCTOV.  ich  kann  daher  nicht  mit  Düntzer 
in  a  IOC — 112  einen  späteni  zusatz  sehen,  sondern  meine,  der 
dichter  habe  ausdrücken  wollen,  dasz  Athene  gerade  zu  einer  zeit  dss 
gehöft  betreten  habe,  in  welcher  die  aufmerksamkeit  aller  vor  und 
in  dem  hause  befindlichen  personen  so  in  anspruch  genommen  war, 
dasz  der  müszig  dasitzende  Telemachos  allein  den  gast  erblickte. 
durch  fjcTG  TÖtp  •  •  öccöfievoc  Traiep*  €C0Xöv  iVi  qppeciv  (a  114  f.) 
wird  der  gegensatz  des  unthätigen  Telemachos  gegen  die  emsig  be- 
schäftigten andern  personen  deutlich  hervorgehoben. 

Düntzer  glaubt  seine  ansieht  von  der  unechtheit  der  verse 
a  lOG — 112  dadurch  unterstützen  zu  können,  dasz  er  hervorhebt, 
wie  sonderbar  es  sei  dasz  wir  uns  den  Telemachos  unter  den  spielen- 
den freiem  im  hofe  sitzend  denken  sollen ,  da  so  traurige  gedanken 
seine  seele  erfüllen,    dagegen  hält  er  es  für  angemessen,  dasz  Tele- 
machos im  männersaale  unter  den  schmausenden  freiem  weilte,  mit 
denen  er  auch  sonst  gemeinschaftlich  zu  speisen  pflegt«,   ich  kann 
keinen  groszen  unterschied  in  d^n  beiden  Situationen  finden,   dasi 
Telemachos  sehr  betrübt  ist,  steht  fest:  denn  die  verse  114  ff. 
fjcTO  Totp  ^v  jiVTiCTfipci  qpiXov  TeilTlILl^VOC  fJTop, 
6ccö|Li€voc  Traiep'  icGXöv  evi  cppeciv ,  €1  7to6€v  dXGujv 
iuvricnipiuv  tüüv  infev  CKebaciv  Kaid  biijuaTa  Qüt] , 
Tifif|v  b*  auTÖc  ixoi  Ktti  KTTiMaciv  olciv  dväccoi 


AScotland:  Athene-Mentes  in  Ithake.  235 

sollen,  abgesehen  von  der  beständigen  trauer  um  den  vater,  offenbar 
eine  ganz  besonders  trübe  stunde  schildern,  die  über  Telemacbos 
gekommen  war.  daher  dürfte  wenig  gewonnen  sein,  wenn  man  den 
tief  betrübten  Telemachos  mit  den  schmausenden  freiem  zu  tisch 
setzt,  statt  ihn  teilnahmlos  unter  den  spielenden  sitzen  za  lassen, 
traurige  gedanken  ergreifen  uns  gewöhnlich  nicht  in  froher  gesell- 
schafb ;  wenn  sie  sich  aber  einstellen ,  wie  es  bei  der  läge  des  Tele- 
machos durchaus  nicht  unmöglich  war,  so  fliehen  wir  die  gesellschaft 
anderer  und  suchen  die  einsamkeit  auf,  um  uns  ganz  unserm  schmerz 
überlassen  zu  können,  man  halte  dies  nicht  für  moderne  gefühls- 
seligkeit, sondern  erinnere  sich  vielmehr,  dasz  zb.  Odjsseus  an  dem 
einsamen  strande  von  Ogjgia  sasz  (e  151  ff.),  Telemachos  nach 
seinem  miserfolg  in  der  volksversamlung  an  die  Öde  küste  gieng 
(ß  260)  und  der  um  die  entrissene  Briseis  trauernde  Achilleus  eben- 
falls die  einsamkeit  aufsuchte  (A  349).  ich  möchte  daher  annehmen, 
dasz  an  unserer  stelle  Telemachos  überhaupt  nicht  unter  den  freiem 
sasz,  sondern  in  düstere  gedanken  versunken  sich  gesondert  von  den 
andern  in  den  männersaal  zurückgezogen  hatte,  während  die  freier  auf 
dem  hofe  bei  ihrem  spiele  saszen.  demgemSsz  schlage  ich  vor  in  114  dv 
|Li6T<ipoici  statt  iv  jLiVTiCTfipci  ZU  schreiben,  dieser  Snderung  wider- 
spricht allerdings  fivriCTfipci  )Lie6rj]Li€V0C  in  118,  jedoch  stehen  diese 
werte  in  einer  partie,  welche  augenscheinlich  verderbt  ist.  von  Tele- 
macbos heiszt  es  nemlich  V6)Li6Ccr|6ri  b'  M  8u)Liijj  Eeivov  br\Qa  6üpi)Civ 
^q>€CTäfi€V  (a  119  f.) ,  was  ungereimt  erscheint,  denn  Athene  hatte 
keinen  ersichtlichen  grund  zögernd  vor  der  schwelle  stehen  zu  bleiben 
und  zu  warten,  bis  Telemacbos  oder  ein  anderer  ihr  zum  iTpöGupov 
entgegenkam,  anderseits  kann  die  an  der  schwelle  erscheinende  ge- 
stalt,  welche  sich  in  der  vom  Sonnenlicht  erfüllten  thoröffnung  scharf 
abheben  muste,  der  Wahrnehmung  des  unbeschäftigten  Telemachos, 
gleichgültig  ob  er  im  saale  oder  im  hofe  sasz,  falls  er  sie  von  seinem 
Standpunkt  überhaupt  erblicken  konnte,  wohl  nicht  längere  zeit  ent- 
gangen sein,  denn  wir  werden  wohl  nicht  fehlgehen ,  wenn  wir  an- 
nehmen dasz  der  betrübt  des  vaters  gedenkende  sehn  unwillkürlich 
seinen  blick  über  den  hof  hin  durch  das  thor  hindurch  in  die  weite 
ferne  gerichtet  habe,  wobei  der  eintretende  fremde  ihm  sofort  in  die 
äugen  fallen  muste.  nehmen  wir  aber  an,  dasz  der  traumverlorene 
blick  des  Ttlemachos  nicht  nach  dem  hofthor  gerichtet  gewesen  ist, 
so  konnte  Athene  wohl  eine  weile  an  der  schwelle  stehen,  ohne  von 
Telemachos  bemerkt  zu  werden ;  diese  Verzögerung  konnte  diesem 
aber  nicht  so  zum  bewustsein  kommen,  dasz  er  sich  über  dieselbe 
vorwürfe  machte,  ich  halte  daher  die  verse  118 — 120  für  verderbt 
und  streiche  hinter  TÖt  (ppov^iüv  die  worte  juvricinpci  |Li€0r|)Lievoc, 
welche  einerseits  nach  dem  überlieferten  fjcTO  TÖtp  ^v  )LivnCTfipci  (l  14) 
eine  überflüssige  und  lästige  Wiederholung  bilden  und  anderseits 
meiner  Vermutung  rjCTO  TOtp  ^v  jueTCtpOlci  widersprechen,  zugleich 
wird  dadurch  die  Schwierigkeit  der  beiden  neben  einander  stehenden 
participia   qppov^iüv  und  fi€6r))Lievoc  (vgl.  Ameis)  vermieden,    bei 


234  AScotland:  Atbene-Mentes  in  Ithake. 

ein  brettspiel  gewesen,  an  dem  sich  die  freier  ergötzten,  ist 
unserer  stelle  nicht  ersichtlich ;  die  freier  spielten  mit  TTCCCoi  (vn)qpoi, 
caUculi  lusorii) ,  und  da  wir  über  dies  spiel  nichts  genanes  wissen 
(vgl.  Nitzsch  anm.  zdst.),  so  dürfen  wir  auch  die  darstellang  nicht 
deshalb  verdächtigen,  weil  sich  alle  freier  an  dem  spiele  beteiligteB. 
selbst  wenn  es  ein  brettspiel  gewesen  wäre,  bei  dem  die  sahl  der 
teilnehmer  nur  eine  beschränkte  sein  konnte ,  so  hindert  nichts  an- 
zunehmen, dasz  mehrere  partien  arrangiert  waren,  gibt  es  femer  bei 
dergleichen  spielen  nicht  allezeit  Zuschauer,  welche  mit  interesse 
dem  spiele  der  andern  folgen  ?  es  liegt  daher  kein  grund  für  die 
Verdächtigung  von  a  106 — 108  vor,  es  sei  denn  dasz  man  Aber  die 
art  des  Spieles  nähern  aufschlusz  gäbe  und  bewiese,  dasz  die  gprosse 
zahl  der  freier  sich  an  demselben  unmöglich  hätte  beteiligen  kfonen« 
so  lange  dies  nicht  geschehen  ist,  werden  wir  annehmen  dasz  Homer 
des  seinen  hörem  jedenfalls  bekannten  und  aus  diesem  gründe  nicU 
näher  beschriebenen  spieles  erwäbnung  thut,  um  zu  motivieren, 
warum  die  freier  auf  den  nahenden  gast  nicht  aufmerksam  wurden. 
Aus  demselben  gründe  wird  im  folgenden  auch  die  beschftftt- 
gung  der  diener  hervorgehoben,  und  ich  kann  es  nicht  mit  DClntzer 
ao.  sonderbar  finden,  dasz  zu  a  106 — 108  in  109 — 112  hinzugefügt 
wird,  wie  diener  und  herolde  alles  zum  sofortigen  mahle  bereiten, 
weil  dies  nur  'drinnen'  geschehen  könne,  sicherlich  geschah  dies  im 
hause ,  so  dasz  Athene  es  von  ihrem  Standpunkte  nicht  wahrnehmen 
konnte;  aber  der  dichter  sagt  ja  auch  nicht  eiSpe  KrjpuKac  fiicfOVTOC, 
als  ob  Athene  diese  wahrnehmuncr  gemacht  hätte,  sondern  als  seine 
eigne  angäbe:  KrjpUK€C  V . .  ^)LiiCTOV.  ich  kann  daher  nicht  mit  DOntzer 
in  a  IOC — 112  einen  spätem  zusatz  sehen,  sondern  meine,  der 
dichter  habe  ausdrücken  wollen,  dasz  Athene  gerade  zu  einer  zeit  das 
gehöft  betreten  habe ,  in  welcher  die  aufmerksamkeit  aller  vor  und 
in  dem  hause  befindlichen  personen  so  in  anspruch  genommen  war, 
dasz  der  müszig  dasitzende  Telemachos  allein  den  gast  erblickte. 
durch  fjCTG  TÖtp  •  •  öccöjuevoc  xtai^p*  ecGXöv  ivl  qppeciv  (a  114  f.) 
wird  der  gegensatz  des  unthätigen  Telemachos  gegen  die  emsig  be- 
schäftigten andern  perlenen  deutlich  hervorgehoben. 

DUntzer  glaubt  seine   ansieht  von  der  unechtheit  der  verse 
a  106 — 112  dadurch  unterstützen  zu  können,  dasz  er  hervorhebt, 
wie  sonderbar  es  sei  dasz  wir  uns  den  Telemachos  unter  den  spielen- 
den freiem  im  hofo  sitzend  denken  sollen ,  da  so  traurige  gedanken 
seine  seele  erfüllen,    dagegen  hält  er  es  für  angemessen,  dasz  Tele- 
machos im  männersaale  unter  den  schmausenden  freiem  weilte,  mit 
denen  er  auch  sonst  gemeinschaftlich  zu  speisen  pflegte,   ich  kann 
keinen  groszen  unterschied  in  don  beiden  Situationen  finden,   dasi 
Telemachos  sehr  betrübt  ist,  steht  fest:  denn  die  verse  114  ff. 
fjcTO  Top  ^v  iLivricTfipci  qpiXov  TeTirm^voc  fJTop, 
6ccöfi€voc  Trai^p*  dcGXöv  ^vi  cppeciv ,  €1  7to6€V  £X9uiv 
luvTicnipwv  TU)v  fiev  CKcbaciv  Kaidt  bujjLiaTa  Qür\ , 
Ti|Lif|v  b'  auTÖc  ixoi  Ktti  KTTiMaciv  olciv  dväccoi 


ASootland:  Athene-Mentes  in  Ithake.  235 

fiollen,  abgesehen  ¥011  der  bestfindigen  traner  um  den  vater,  offenbar 
eine  ganz  besonders  trtlbe  stände  schildern ,  die  ttber  Telemachos 
gekommen  war.  daher  dürfte  wenig  gewonnen  sein,  wenn  man  den 
tief  betrfibten  Telemachos  mit  den  schmausenden  freiem  zu  tisch 
setzt,  siatt  ihn  teünahmlos  unter  den  spielenden  sitzen  za  lassen, 
traorige  gedanken  ergreifen  uns  gewöhnlich  nicht  in  froher  gesell- 
schaft;  wenn  sie  sich  aber  einstellen,  wie  es  bei  der  läge  des  Tele* 
machos  durchaus  nicht  unmöglich  war,  so  fliehen  wir  die  gesellschafb 
anderer  und  suchen  die  einsamkeit  auf,  um  uns  ganz  unserm  schmerz 
flberlassen  zu  können,  man  halte  dies  nicht  fflr  moderne  gefühls- 
seligkeit,  sondern  erinnere  sich  vielmehr,  dasz  zb.  Odjsseus  an  dem 
einsamen  strande  von  Ogygia  sasz  (e  151  ff.),  Telemachos  nach 
seinem  miserfolg  in  der  volksversamlung  an  die  öde  kflste  gieng 
(ß  260)  und  der  um  die  entrissene  Briseis  trauernde  Achilleus  eben- 
falls die  einsamkeit  aufsuchte  (A  349).  ich  möchte  daher  annehmen, 
dasz  an  unserer  steUe  Telemachos  ttberhaupt  nicht  unter  den  freiem 
sass,  sondern  in  düstere  gedanken  versunken  sich  gesondert  von  den 
andern  in  den  männersaal  zurückgezogen  hatte,  während  die  freier  auf 
dem  hofe  bei  ihrem  spiele  saszen.  demgemäsz  schlage  ich  vor  in  114  £v 
^CT^poici  statt  iv  fiviiCTfipci  zu  schreiben,  dieser  ftnderung  wider- 
spricht allerdings  fivriCTf^pci  ^eOVifievoc  in  118,  jedoch  stehen  diese 
Worte  in  einer  partie,  welche  augenscheinlich  verderbt  ist.  von  Tele- 
maehos  heiszt  es  nemlich  V€^€ccr)0ii  b*  tv\  9u^ifi  E€tvov  brfiä  9dpQCiv 
dq)€CTd^€V  (a  119  f.),  was  ungereimt  erscheint,  denn  Athene  hatte 
keinen  ersichtlichen  grund  zögernd  vor  der  schwelle  stehen  zu  bleiben 
und  zu  warten,  bis  Telemachos  oder  ein  anderer  ihr  zum  TTpöGupov 
entgegenkam,  anderseits  kann  die  an  der  schwelle  erscheinende  ge- 
stalt,  welche  sich  in  der  vom  Sonnenlicht  erfüllten  thoröffnang  scharf 
abheben  muste,  der  wabmebmung  des  unbeschäftigten  Telemachos, 
gleichgültig  ob  er  im  saale  oder  im  hofe  sasz,  falls  er  sie  von  seinem 
Standpunkt  überhaupt  erblicken  konnte,  wohl  nicht  längere  zeit  ent- 
gangen sein,  denn  wir  werden  wohl  nicht  fehlgehen ,  wenn  wir  an- 
nehmen dasz  der  betrübt  des  vaters  gedenkende  sehn  unwillkürlich 
seinen  blick  über  den  bof  bin  durch  das  thor  hindurch  in  die  weite 
ferne  gerichtet  habe,  wobei  der  eintretende  fremde  ihm  sofort  in  die 
äugen  fallen  muste.  nehmen  wir  aber  an,  dasz  der  traumverlorene 
blick  des  Telemachos  nicht  nach  dem  hofthor  gerichtet  gewesen  ist^ 
so  konnte  Athene  wohl  eine  weile  an  der  schwelle  stehen,  ohne  von 
Telemachos  bemerkt  zu  werden ;  diese  Verzögerung  konnte  diesem 
aber  nicht  so  zum  be wustsein  kommen,  dasz  er  sich  über  dieselbe 
vorwürfe  machte,  ich  halte  daher  die  verse  118 — 120  für  verderbt 
und  streiche  hinter  lä  q)pov€UJV  die  werte  pviiCTT^pci  jueOrjiLievoc, 
welche  einerseits  nach  dem  überlieferten  iJcTO  fäp  iv  |LiVTiCTf)pci  (114) 
eine  überflüssige  und  lästige  Wiederholung  bilden  und  anderseits 
meiner  Vermutung  fjCTO  TÖp  iv  fiCTÄpoici  widersprechen,  zugleich 
wird  dadurch  die  Schwierigkeit  der  beiden  neben  einander  stehenden 
participia   qppov^uiv  und  ^eOifjfievoc  (vgl.  Ameis)  vermieden,    bei 


236  AScotland:  Athene-MenteB  in  Ithake. 

dieser  annähme,  dasz  die  freier  im  hofe  beschäftigt  waren,  Tele- 
machos  aber  müszig  und  gedankenvoll  im  hause  sasz,  werden  wir 
am  besten  verstehen ,  warum  gerade  dieser  den  fremden  zuerst  er- 
blicken muste.  da  nach  wegfall  des  pvriCTTipci  jüieOri^evoc  und  des 
unerklärlichen  v€fi€ccr|6n  b*  dvi  Gu^tp  Eeivov  briGot  Gupqciv  iqpecTd* 
fi€V  die  Worte  ßf)  5'  iOuc  TTpoOupoio  vor  dem  jetzt  unmittelbar  nach- 
folgenden ^TT^Oi  bk  erde  entbehrlich  sind  ,  so  schlage  ich  vor  statt 
118 — 120  zu  schreiben: 

Tot  qppov^uüv  6  \xi\  ekib'  'A0r|vriv,  ^TTvÖi  bk  cidc 

X€Tp*  2X€  bcEiT^priv  usw. 
Im  folgenden  halte  ich,  wie  auch  DUntzer  (ao.  s.  432)  132 — 135 
für  unecht,  da  die  Homerischen  beiden  nicht  wie  wir  an  gemein« 
schaftlicher  tafel,  sondern  bekanntlich  auf  ihren  Opövoi  saszen,  vor 
welche  die  diener  kleine  tische  stellten,  so  waren  damals  die  schmau- 
senden an  und  für  sich  mehr  von  einander  getrennt  als  in  unserer 
zeit.  Telemachos  hatte  daher  nicht  nötig  mit  seinem  gaste  geson- 
dert von  den  andern  sich  an  einen  Hrompetertisch'  zu  setzen,  wenn 
er  sich  ein  wenig  zurückziehen  wollte,  die  für  die  absonderung  in 
a  133  ff.  angeführten  gründe  sind  hinfällig:  'damit  der  gast  nicht 
durch  den  öpufiaxböc  der  freier  belästigt  werde.'  als  ob  er  dem 
getöse  sich  hätte  entziehen  können ,  wenn  er  sich  auch  in  die  ent- 
fernteste ecke  des  saales  zurückgezogen  hätte,  und  wüste  Telemachoe 
denn  voraus ,  dasz  sein  gast  dem  lustigen  und  muntern  treiben  der 
freier  abhold  war,  um  ohne  unhöflich  zu  sein  mit  ihm  allein  sich  in 
eine  ecke  zu  setzen?  auch  der  zweite  grund  ist  nur  scheinbar  stich- 
haltig:  Yva  )Liiv  Trepl  Trarpöc  dTTOixofi^voio  fpoiTO.  diese  absieht 
kann  nemlich  Telemachos  unmöglich  gehabt  haben:  denn  erfragt 
im  verlaufe  der  darstellung  mit  keiner  silbe  nach  seinem  vater,  viel- 
mehr bringt  erst  der  fremde  das  gespräch  auf  diesen  (vgl.  Hennings 
Telemachie  s.  162).  der  Zusammenhang  wird  durch  den  ausfall  von 
132—135  nicht  gestört. 

Nach  beendigung  des  mahles  folgt  auf  den  üblichen  vers  auräp 
£tt€1  Ttöcioc  Kai  dbiiTuoc  iE,  €pov  £vTO  das  wort  fivriCTfipec ,  was 
offenbar  subject  zu  dem  vorhergehenden  sein  soll;  wie  es  Bckker 
auffaszt.  dies  ist  aber  nicht  möglich,  da  nach  diesem  21  mal  vor- 
kommenden formelhaften  verse  weder  in  der  Ilias  noch  in  der  Odyssee 
jemals  das  subject  im  folgenden  verse  nachhinkt,  neuere  heraus- 
geber  haben  daher  das  komma  vor  fiVTiCTfipcc  gesetzt  und  dies  als 
subject  des  nachsatzes  aufgefaszt  «dann  in  veränderter  constraction 
aufgenommen  durch  toTciv  fi^v»  (Hentze).  das  ist  aber  doch  in  un- 
mittelbarer aufeinanderfolge  entsetzlich  hart,  nur  wenn  ein  längerer 
Zwischensatz  den  anfang  )LiviiCTf)p€C  vergessen  liesze,  könnte  mit 
TOiciv  ^^v  eine  veränderte  con^truction  aufgenommen  werden,  die 
härte  scheint  auch  Hentze  (anb.  zu  a  151)  zu  empfinden,  da  er  die 
Vermutung  von  Nitzsch  fivr]CTfjpciv  gefälliger  findet,  nach  meiner 
ansieht  ist  v.  151  überhaupt  zu  streichen,  ebenso  wie  152.  anszer 
dem  nicht  recht  unterzubringenden  fivriCTflp€C  erweckt  dXXa  M€fil)- 


AScoüand:  Athene-Mentes  in  Ithake.  337 

X€t  mein  mistranen.  verstehen  würde  ich  ToTciv  jikv  £vi  (pp^ci 
pcM^iXct  poXnrj  t€  öpxilCTUC  t€  .  .  aöräp  TiiX^fiaxoc  usw.,  aber 
dXAa  mosz  notwendig  auf  etwas  nach  der  bisherigen  Darstellung  un- 
erwartetes hinweisen,  dies  fehlt  durchaus;  vielmehr  war  es  unum- 
stSszliche  regel,  dasz  auf  ein  festmahl  gesang  und  spiel  folgten,  und 
die  freier  hfttten  sich  als  ganz  besonders  roh  gezeigt,  wenn  sie  diese 
dvoOfjfiaTa  öoitöc  verschmäht  hätten,  es  bedarf  daher  keiner  be- 
sondern  motivierung,  als  ob  der  gesang  Telemachos  und  seinem  gaste 
als  eine  art  rücksichtslosigkeit  unei;;i7artet  gekommen  wäre,  sondern 
es  war  ganz  natürlich ,  dasz  sofort  nach  beendigung  des  mahles  der 
herold  dem  Phemios  die  kitharis  reichte,  ich  schlage  daher  vor  auf 
150  mit  auslassung  von  bi  v.  153  folgen  zu  lassen: 
ic/)puE  dv  x^P^iv  KiOapiv  nepiKaXX^a  8f)K€V 
ct>imi(ii  usw. 
die  Worte  ToTciv  \xkv  ivi  qppcclv  äXXa  ^e^yjXei,  poXTTrj  t'  öpxncTuc 
T€  sind  offenbar  eine  paraphrase  des  spätem  verses  159  TOiiTOiciv 
fi^v  TaOra  ^^Xei,  dOapic  Ka\  doibi^,  und  t&  t^P  t'  dyaOfi^ara  baiTÖc 
ist  aus  q>  430  entlehnt. 

Der  gesang  beginnt,  und  die  freier  lauschen,  da  aber  Tele- 
machos grSszeres  interesse  an  seinem  gast  hatte^so  fragteer  während 
des  gesanges  nach  eingenommener  mahlzeit  den  fremden  nach  seiner 
herkunft.  es  war  daher  natürlich,  dasz  er  sich  nahe  zu  dem  gaste 
binbengte  {&TX}  cxibv  K€q)aX/)V  157),  einerseits  damit  die  freier 
nichts  von  seinen  reden  erführen,  anderseits  um  den  vertrag  des 
Hedes  nicht  durch  laute  Unterhaltung  zu  stören,  es  ist  daher  an  a  157 
kein  anstosz  zu  nehmen;  aber  auch  die  beiden  folgenden  verse,  welche 
Düntzer  ao.  verwirft,  sind  durchaus  notwendig,  denn  im  gründe  war 
es  ja  unschicklich,  dasz  Telemachos  während  des  liedes  seinem  gaste 
ins  ohr  zischelte  und  ihn  dadurch  hinderte  mit  ungeteilter  aufmerk- 
samkeit  dem  gesange  zu  lauschen,  der  wirt  konnte  doch  nicht  an- 
nehmen, dasz  seinem  gaste  das  lied  ebenso  gleichgültig  war  wie  ihm 
selbst,  daher  bedurfte  es  einer  entschuldigung  für  sein  verhalten, 
welche  wir  in  fj  Kai  |LiOi  v€|Li€Cric€ai,  ötti  k€V  cIttu);  finden,  über  die 
folgenden  verse  160—168,  welche  Düntzer  streichen  will,  vgl.  Philol. 
XL  VI  s.  404. 

Die  verse  a  171 — 173  werden  auf  grund  eines  scholions  von 
Hennings  verworfen ,  weil  dieselben  hier  weniger  auf  den  in  könig- 
lichem aufzug  erscheinenden  Mentes  als  in  H  190.  TT  59  und  224 
auf  den  als  bettler  auftretenden  Odysseus  passen,  dies  ist  kein  stich- 
haltiger grund ,  vielmehr  bilden  die  verse  eine  naive  an  jeden 
ankömmling  auf  einer  insel  gerichtete  frage,  in  ähnlicher  weise  wie 
Penelope  dem  seine  herkunft  verbergenden  bettler  gegenüber  ihre 
aufforderung  naiv  mit  den  worten  ou  fäp  öttö  bpuöc  icci  TraXai- 
(pdrou  obb*  ÄTTÖ  Tt^Tpiic  (t  163)  begründet,  wofür  der  deutsche 
volksmund  eine  viel  derbere  ausdrucksweise  hat.  dagegen  erscheinen 
die  folgenden  verse  174 — 177  überflüssig,  wie  kommt  Telemachos 
auf  den  gedanken  den  fremden  zu  fragen ,  ob  er  vielleicht  ein  alter 


238  AScotland:  Athene-Mentes  in  Ithake. 

gastfreund  seines  vaters  sei?  wenn  ThHug  jahrb.  1859  abt.  11  8.  6 
darauf  aufmerksam  macht ,  wie  genau  die  antwort  der  Athene  den 
einzelnen  fragen  des  Jünglings  entspricht,  und  daraus  die  echthoit 
der  verse  ableitet,  so  vergiszt  er  dabei,  dasz  Athene  gemäsz  der  von 
ihr  gespielten  rolle  ein  ihr  bekanntes  haus  betrat ;  sie  konnte  daher 
in  genauerer  weise  auskunft  geben  als  Telemachos  an  den  unbo* 
kannten  gast  seine  fragen  richten,  ich  meine  daher ,  dasz  ein  inter- 
polator,  welcher  diesen  unterschied  nicht  zu  würdigen  wüste,  di« 
fragen  den  antworten  entsprechend  glaubte  reconstruieren  zu  mOssen. 
ich  will  auf  das  nur  hier  vorkommende  dTricTpoqpoc  kein  gewicht 
legen,  werde  aber  in  meiner  Vermutung  dadurch  bestSrkt,  dasz  der 
naiv-neckische  vers  ou  m^v  fap  Ti  C€  nelöy  öicfiai  ivQab*  Uc^ctai 
sowie  der  ähnliche  t  163,  wie  es  ja  auch  natürlich  ist,  stets  den  ab- 
schlusz  der  rede  bildet  (E  190.  TT  59  u.  224),  was  hier  nicht  der  fidl 
wäre,  wenn  174 — 77  nicht  gestrichen  würden. 

In  Mentes  antwort  sind  195 — 205  längst  als  späterer  einschob 
erkannt  worden,  es  wäre  in  der  that,  wie  ich  im  Phiiol.  XL  VI  8. 405 
ausgeführt  habe,  auch  zu  thöricht,  wenn  Telemachos  auf  die  gani 
bestimmte  mitteilung  des  gastes,  dasz  Odjsseus  noch  lebe,  aber  von 
wilden  männern  auf  einer  fernen  insel  festgehalten  werde  (195 — 99), 
in  seiner  antwort  nicht  den  geringsten  bezug  nähme,  noch  wunder- 
licher wirkt  der  zweite  teil  (vgl.  Phiiol.  ao.),  welcher  die  bestimmte 
Weissagung  enthält,  dasz  Odjsseus  in  nächster  zeit  heimkehren  werde 
(203 — 205).  wer  weissagt,  thut  dies  mit  dem  wünsche  dasz  ihm  ge* 
glaubt  werde;  konnte  aber  wohl  nach  den  werten  ofire  Tl  ^dvnc 
i\hy  oöt'  oiujvüjv  cäqpa  elbiOc  (202)  Telemachos  noch  groszes  ver- 
trauen zu  der  prophezeiung  haben?  femer:  hätte  Mentes  die  vene 
203—205  gesprochen,  so  muste  Telemachos  die  später  vorgeschla» 
gene  reise  nach  Pjlos  und  Lakedaimon  für  zwecklos  und  unsinnig 
halten,  auch  müste  durch  die  Weissagung  die  hoffnungslosigkeit  des 
sohnes  erschüttert  werden,  was,  wie  ich  Phiiol.  XLVI  s.  401  ff.  ge- 
zeigt habe,  nicht  der  fall  war.  demnach  verwerfe  ich  195  von  dXXä 
vu  TÖv  T€  6€0i  usw.  bis  206. 

Auszerdem  stimme  ich  dem  Aristophanes  (vgl.  Aristonicus  ed« 
Carnuth  s.  10)  bei;  wenn  er  185  und  186  ausscblie^zt.  wie  sollte 
nemlich  jemand,  der  den  Odysseus  freundschaftlich  besuchte  und  mit 
der  gegend  vertraut  war,  iiT*  difpoö  vöcqpi  TTÖXnoc  (195)  landen, 
wenn  er  nicht  einen  besondern  zweck  damit  verband  V  ein  solcher 
liegt  aber  nicht  vor;  es  ist  daher  so  selbätverständlich,  dasz  der  gast 
in  den  an  der  stadt  gelegenen  hafcn  einlief,  dasz  es  überhaupt  keiner 
er  wähnung  des  landungsplatzes  bedurfte,  wir  wissen  allerdings,  dasz 
hinter  dem  scheinbaren  Mentes  die  göttin  Athene  steckt,  dasz  diese 
vom  Olympos  herabgeschwebt  und  überhaupt  nicht  mit  einem  schiffe 
gelandet  ibt;  aber  um  Telemachos  zu  teuschen,  muste  sie  doch  so 
sprechen  und  gehandelt  zu  haben  scheinen,  wie  der  wirkliche  Mentes 
nach  menschlicher  berechnung  gethan  haben  würde,  und  sie  spielt 
ihre  komödie  meisterhaft :  ^Mentes,  auf  einer  bandelsfahi  i  nach  Temesos 


AScotland:  Athene-Mentes  in  Ithake.  239 

begriffen ,  legt  unterwegs  in  Ithake  an ,  um  seinen  alten  gastfrennd 
Odyssens  zn  besuchen:  denn  er  hatte  in  seiner  heimat  oder  sonst 
irgendwo  gehört  (mit  recht  macht  Ameis-Hentze  auf  den  unterschied 
swischen  lq>avTO  in  194  und  qpaci  in  189  aufinerksam),  dasz  der- 
selbe nun  endlich  heimgekommen  wäre,  er  landet  im  hafen ,  erkun- 
digt sich  sofort  bei  den  Seeleuten  nach  Odysseus  und  erfährt,  dasz 
er  fidsch  berichtet  gewesen.  Odysseus  ist  noch  nicht  heimgekehrt, 
naitirlich  fragt  Mentes  jetzt  nach  Laertes ,  den  er  ebenfalls  persön- 
lich kennt,  und  erfährt  dasz  dieser  ein  zurückgezogenes,  freudeloses 
leben  fem  von  der  stadt  führe  (189  ff.),  da  Mentes  aber  nun  einmal 
gelandet,  geht  er,  trotzdem  der  eigentliche  zweck  seiner  reise  den 
Odysseus  zu  sehen  vereitelt  ist,  dennoch  in  den  palast.  er  weisz  also 
von  vom  herein,  in  wessen  hause  er  sich  befindet,  er  weisz  femer 
daaz  er  den  hausherrn  nicht  daheim  antreffen  wird,  er  spricht  daher 
dem  Telemachos  gegenüber  nicht  erst  seine  Verwunderung  über  die 
abwesenheit  des  Odysseus  aus,  sondern  erkennt  ohne  sonderlichen 
Scharfsinn  und  unterstützt  durch  die  auffallende  tthnlichkeit  mit  dem 
alten  gastfreunde  in  dem  die  honneurs  machenden  Jünglinge  den 
söhn  des  Odysseus.'  dasz  sich  Telemachos  in  dieser  weise  etwa  den 
Vorgang  denken  soll,  geht  aus  der  antwort  des  Mentes  (179 — 212) 
henror,  welche  ich  mit  ausschlusz  der  oben  besprochenen  stellen 
(185. 186  und  195  von  dXXd  vu  töv  T€  0€o{  bis  206)  gegen  Kammer 
(einheit  der  Od.  s.  268  f.  u.  404  f.)  und  Düntzer  (ao.  s.  433  f.)  in 
schütz  nehme,  bei  meiner  auffassung  ist  an  derselben  nichts  auszu- 
setzen, nachdem  nemlich  Mentes  sich  selbst  vorgestellt  (180 — 184), 
war  er  berechtigt  zu  seinem  jugendlichen  wirte,  in  welchem  er  still- 
schweigend den  sehn  des  Odysseus  vermutete,  in  187  Seivoi  V  dXXi]- 
Xuiv  TTaTpuJioi  €UXÖ)Li€6'  clvai  zu  sagen ,  um  von  vom  herein  sein 
näheres  Verhältnis  zu  dem  hause  zu  kennzeichnen.  Düntzer  nimt  an 
Scivoi  iraTpüüioi  anstosz,  weil  er  meint,  dasz  gastfreundschaft  nur 
unter  den  einzelnen  generationen  bestehen  könne,  so  dasz  etwa  nur 
Anchialos,  des  Mentes  vater,  und  Laertes,  Mentes  und  Odysseus,  ein 
söhn  des  Mentes  und  Telemachos  gastfreunde  wären  und  sich  nur 
die  letzten  Seivoi  iTaTpu)ioi  nennen  könnten,  dies  ist  aber  ganz  un- 
haltbar, und  ebenso  wie  Telemachos  a  417  den  Mentes  seinen  Seivoc 
iiaTpuiioc  nennt,  kann  letzterer  den  söhn  des  Odysseus  mit  dem- 
selben ausdruck  bezeichnen.  —  Dasz  sich  Mentes  für  seine  zutrau- 
lichkeit auf  das  zeugnis  des  Laertes  berief  (188  f.),  war  natürlich, 
da  er  aber  wüste  dasz  Laertes  nicht  in  der  Stadt  lebte,  sein  zeugnis 
also  augenblicklich  nicht  herbeigeschafft  werden  konnte,  so  wollte  er 
durch  ^TTeX6u;v  in  188  und  durch  die  folgenden  verse  dem  Tele- 
machos zu  verstehen  geben,  dasz  er  mit  den  Verhältnissen  bereits 
vertraut  sei ,  sich  offenbar  also  schon  im  hafen  nach  dem  groszvater 
erkundigt  hatte,  um  durch  dies  für  Laertes  an  den  tag  gelegte 
interesse  das  zutrauen  des  enkels  zu  gewinnen,  das  ist,  sollte  ich 
meinen ,  sehr  fein  psychologisch ;  war  doch  dem  Mentes  daran  ge- 
legen den  Telemachos  für  seinen  rat  empfänglich  zu  machen,  darauf 


240  AScotland:  Athene-Mentes  in  Ithake. 

erfüllte  der  Taphier  die  123  f.  von  Telemachos  gestellte  aufforderang 
auTOtp  EireiTa  . .  ^u0r|C€ai  öttcö  C€  XP'l»  indem  er  sagte  vöv  b*  f)X9ov, 
was  durchaus  nicht,  wie  Otlntzer  meint,  ungeschickt  eintritt,  sondern 
mit  dem  folgenden  br\  f&p  \x\v  fqpavx'  dmöriiLiiov  eTvai,  cöv  irar^p* 
(194)  in  enger  Verbindung  steht  und  so  viel  heiszt  wie  'jetzt  bin  ick 
gekommen  um  deinen  vater  zu  besuchen :  denn  man  hatte  mir  erzfthlt 
dasz  derselbe  bereits  heimgekehrt  sei.'  Mentes  gab  mit  diesen  Worten 
den  —  allerdings  verfehlten  —  zweck  seiner  landung  an  und  war 
berechtigt  cöv  Trarepa  zu  sagen,  da  er  stillschweigend  vorausgesetzt 
hatte  und  voraussetzen  muste,  dasz  er  den  söhn  des  Odjsseus  vor  sieh 
hatte,  nachdem  er  aber  mit  den  Worten  cöv  Ttar^pa  seine  verrnntang 
zum  ersten  male  klar  ausgesprochen,  wäre  es  geziemend,  wenn  er 
seinen  wirt  aufforderte  dieselbe  zu  bestätigen,  weniger  weil  Mentes 
an  der  richtigkeit  seiner  Voraussetzung  zweifelte,  als  vielmehr  weil 
es  schicklich  gewesen  wäre  dem  Telemachos  gelegenheit  zu  geben 
sich  als  söhn  des  Odysseus  vorzustellen,  und  in  der  that  folgt  nach 
Wegfall  der  von  mir  verdächtigten  verse  195 — 206,  deren  unechtheit 
durch  den  nunmehr  sich  ergebenden  guten  Zusammenhang  bestätigt 
wird,  unmittelbar  auf  cöv  Ttarepaals  motivierung  dieses  ausdrucks  in 
207  el  bfj  ii  auToTo  tococ  Traic  cic  'ObucTJoc  dh.  'wenn  du,  wie  ich  doch 
wohl  voraussetzen  darf,  der  söhn  des  Odysseus  bist.'  hieran  schliesst 
sich  in  gebührender  weise  die  hervorhebung  der  auffUlligenähnlicfakeit 
mit  Odysseus  als  grund  für  die  bisherige  annähme  (208 — 212).  bei 
dieser  auffassung  werden  wir  es  verstehen,  dasz  Mentes  seinen  wirt 
jetzt  erst  zur  bes tätigung  aufforderte,  dasz  er  der  söhn  des  Odyssens 
sei,  nachdem  er  ihn  in  seiner  bisherigen  antwort  bereits  als  solchen 
bebandelt  hatte,  um  die  Verbindung  herzustellen,  schlage  ich  vor 
mit  leichter  ünderung  zu  lesen : 

194  vöv  b'  fjXöov  bf|  Top  |Liiv  fqpavT*  dmbriiLiiov  elvai, 
195+207  cöv  TTttT^p',  €1  bx]  «  aÜTOÖ  iräic  elc  'Obucnoc 
das  durch  diesen  Vorschlag  wegfallende  TÖcoc  kann  leicht  entbehrt 
werden. 

Über  den  rat  selbst,  welchen  Athene  dem  Telemachos  erteilt, 
habe  ich  bereits  im  Philol.  ao.  gesprochen. 

Mit  dem  abschiede  hat  es  Mentes  sehr  eilig;  selbst  die  gast- 
geschenke  will  er  sich  erst  bei  seiner  rückkehr  von  Temesos  abholen, 
v.  318  ist  offenbar  interpoliert,  dasz  Telemachos  dem  scheidenden 
gaste  das  geleite  gab,  nachdem  er  ihm  aus  der  boupoboKT)  (vgl.  a  121) 
seine  lanze  überreicht,  ohne  dasz  dies  vom  dichter  ausdrücklich  her- 
vorgehoben wird,  nimt  Düntzer  ao.  s.  440  mit  recht  an.  wenn  er  aber 
die  Offenbarung  der  Athene  verwirft  (s.  439),  so  scheint  er  nur  eine 
begleitung  bis  ans  hofthor  angenommen  zu  haben,  es  war  jedoch 
wohl  natürlich,  dasz  der  jugendliche  Telemachos  den  ehrwürdigen 
gastfreund  des  vaters  bis  zum  hafen  zu  geleiten  beabsichtigte,  wo, 
wie  er  meinte,  sein  schiff  lag.  auch  wäre,  wenn  Telemachos  das  ge- 
höft  nicht  verlassen  hätte,  a  324  ^viictfipac  dTriux€TO  wenig  moti- 
viert,    daher  meine  ich  dasz  Telemachos  mit  dem  vermeintlichen 


AScotland :  Athene-Mentes  in  Ithake.  241 

Mentes  das  gehöft  verlassen  und  dann  zeuge  des  plötzlichen  ver- 
schwindens  der  gOttin  gewesen  ist,  welche  auszerhalb  des  gesichts* 
kreises  der  freier,  vor  denen  sie,  wie  aus  a  406—411  klar  hervor- 
geht^ streng  ihr  incognito  gewahrt  hatte,  vor  den  äugen  ihres  begleiters 
im  wahren  sinne  des  wertes  ^verduftete'  (a  320).  sicherlich  wäre  es 
der -Athene  ein  leichtes  gewesen  sich  in  anderer  weise  aus  der  affaire 
zu  ziehen ;  sie  hätte  ein  schiff  herbeizaubem  und  mit  demselben  ab- 
segeln können,  wenn  sie  den  Telemachos  in  dem  irrtum  hätte  be- 
&ngen  lassen  wollen,  dasz  er  es  wirklich  mit  Mentes  zu  thun  gehabt. 
wenn  sie  es  aber  vorzog  plötzlich  zu  verschwinden  (denn  das  ist 
doch  wohl  der  sinn  von  öpvtc  b*  ix)C  ävoTtata  öt^iTTaTO,  mag  man 
dvotraia  erklären  wie  man  will) ,  so  muste  sie  die  absieht  gehabt 
haben  dem  Telemachos  ihre  göttliche  natur  zu  offenbaren,  es  ist 
dies  durchaus  kein  misgriff ,  wie  Düntzer  meint ;  stellten  sich  doch 
dem  Jünglinge  bedeutende  Schwierigkeiten  in  betreff  seiner  reise  in 
den  weg.  es  war  daher  keineswegs  überflüssig  durch  die  Offenbarung 
ihrem  Schützlinge  mut  und  vertrauen  zu  seinem  unternehmen  einzu- 
flöszen ,  wie  sie  es  schon  a  89  dem  Zeus  angekündigt  hatte,  dasz  die 
götter  sich  oft  erst  bei  ihrem  verschwinden  den  sterblichen  zu  er- 
kennen geben,  finden  wir  auch  sonst  bei  Homer  (y  371.  N  68  ff. 
Q  460  ff.),  dasz  den  Telemachos  bei  seiner  Wahrnehmung  staunen 
ergriff  und  ein  bisher  unbekanntes  gefühl  des  mutes  und  der  kraft 
(^^voc  Kai  Odpcoc  321)  über  ihn  kam,  ist  nicht  zu  verwundem,  ich 
kann  mich  daher  nicht  entschlieszen  mit  Düntzer  a  320 — 323  zu 
streichen,  sobald  wir  annehmen,  dasz  Telemachos  seinen  gast  bis 
zum  hafen  zu  geleiten  beabsichtigte,  ist  die  darstcllung  angemessen 
und  dem  zusammenhange  entsprechend,  nur  die  werte  utt€|livtic^v 
xd  i  TTttTpöc  jLiäXXov  fi'  f\  t6  7rdpoi0ev  sind  äuszerst  seltsam  und 
plump ;  sie  scheiden  sich  aber  leicht  aus,  so  dasz  wir  erhalten : 

320  öpvic  b'  &Q  dvoTiaia  bi^TTTaxo'  tuj  b*  ivx  Gujliuj 
321+322  GfJK€  ixiyoc  Kai  Gdpcoc*  6  bk  qppeciv  fjci  vorjcac 

323  ödjLißricev  Kaid  Gujliöv  •  öicato  t^P  Ö€Öv  elvai. 
Strasburg  in  Westpreuszen.  Alfred  Scotland. 


34. 

ZU  HESIODOS. 


In  derjenigen  Odyssee-hs.,  welche  aus  der  hinterlassenschaft 
des  Eolophoniers  Antimacbos  nach  Alexandreia  gekommen  und  viel- 
leicht eigenbändig  von  ihm  geschrieben  oder  doch  wenigstens  durch- 
corrigiert  worden  war^  fand  sich  in  a  85  *€p|Li€iav  jiitv  ^Treixa 

^  es  ist  bemerkenswert,  dasz  Antimacbos  in  der  biograpbie  des  Hesy- 
chios  Milesios  (Snidas)  als  YPCim^<ixiK6c  xal  iroir)Tif]C  bezeichnet  wird, 
möglich,  dasz  die  erstere  benennung  vorzugsweise  durch  seine  bescbäf- 
tigang  mit  dem  texte  der  Homerischen  gedichte  veranlaszt  wurde. 

Jahrbücher  für  olass.  philoU  1888  hft.  4.  16 


242  ALudwich:  zu  Hesiodos. 

bidKTOpov  *ApT€i(pövTTiv  vficov  ic  'Qtutitiv  ÖTpuvo^€V,  dq>pa 
TdxicTQ  vujLiqpi)  ^uTTXoKdjLKp  cTiTi)  VTi|Li€pT^a  ßouXrjv  die  yariante 
'QyuXdiv.  die  thatsache  wird  uns  in  einem  scholion  berichtet» 
dessen  erster  teil  sicher  auf  Didjmos  und  also  unmittelbar  durch 
diesen  auf  Aristarch  zurückgebt,  welchem  letztern  wohl  auch  der 
zweite  teil,  die  Widerlegung  dieser  Variante,  angebOrt.  das  scholion 
lautet  nach  der  bessern  Überlieferung,  die  ich  für  die  hier  in  betracfat 
kommenden  bss.  selber  genau  festzustellen  in  der  läge  war*,  folgender* 
maszen:  dv'  T^  Kaxd*  *AvTi|iaxov  «'QxuXiriv»*  Tpdq)€Tai'.  bia- 
qp^pouct  bV  o\  TÖTTor  Tf|v  jifev  Tdp  'QtuTWV®  dvxöc  €lvai*iTpöc 
dcTi^pav,  Tf|V  bi  'ÖTuXiav'"  Kaid  Kprirriv"  'Hdoööc  qpn«"  KCiceoi"" 
TÖv  b*  'ÖTÖXiov  i{b'  'QtuXti  .  .  .  vficov  toüttiv  bfe"  olKoXoiiC** 
KaXoCciv.  H '  M ' PQ.  der  jüngste  herausgeber  der  Odjsseescbolien 
hat  sich  mit  den  auf  der  band  liegenden  argen  Verderbnissen  schnell 
genug  abgefunden  '*,  indem  er  die  unbequemen  werte  hinter  K€ic6a 
einfach  hinauswarf  und  als  scblusz  unpassenderweise  die  yon  M* 
hinzugeschriebene  bemerkung  X^T^TQi  bi  övOjLiaTtKdic  f|  KaXuipoOc 
vf)coc  anflickte,  letztere  hat  auch  AKirchhoff  (die  Hom.  Odyssee, 
2e  aufl.  s.  319)  beibehalten ,  der  die  zweite  hälfte  des  scholiona  so 
umgestaltete:  Tf|V  jifev  Tdp  'Qtuticiv  dvxöc  elvai  irpöc  ^CTr^pov 
'Hcioböc  qpTici,  Tf|v  bk  "QtuXov  fiioi  'QruXiav  Kaxd  KpfJTiiv  <pad 
K€ic6ai.  X^T^TQi  bi.  övojLiaTiKUfC  i]  KaXu\|ioGc  vf)coc.  um  bei  den 
letzten  werten  stehen  zu  bleiben ,  so  ist  ohne  weiteres  klar ,  dasz  sie 
mit  der  lesart  des  codex  Antimacheus  'QifuXiTiv  nicht  das  mindeste 
zu  thun  haben:  um  diese  aber  dreht  sich  alles  was  vorangeht,  es 
sind  hier  also  in  M  wie  so  oft  zwei  (oder  mehr)  ganz  verschiedene 

'  was  bisher  über  cod.  H  berichtet  wurde,  geht  auf  Gramer  (anecd. 
Par.  III  8.  417)  zurück  und  leidet  an  erheblichen  irrtümern.  '  voran 
geht  in   M<   Tf)v  dpxotiotv,   worüber   unten.  *  kqtä  töv  M'P  (kein 

codex  KQT*).  ^  (IrfUT^n  ^I  *  I'-  ^  Tp'  (^i^  gewöhnliche  abbreviator 

für  YpdcpcTGt,  die  indessen  auch  Ypdcpct  udgl.  bedeuten  kann)  M^P, 
Tpd(p€t   H>Q.  7  bta(p^p€t   ohne    bi   P.  «  diTurdlv  H'M^Q. 

*  ivTÖc  cTvat  ist  von  M*  in  rasur  geschrieben;  was  M*  hatte,  lässt  sich 
nicht  mehr  feststellen.         '°  wt^Xiav  (so)  U  *,  diTcXiav  P.  *<  nnr  so 

weit  gehen  H'Q;  das  übrige  fehlt  in  Q  und  ist  im  Harleianni  von  H 
hinzugefügt,  um  falschen  Vorstellungen  über  diese  'manns  secanda* 
vorzubeugen,  mu8z  daran  erinnert  werden,  dasz  wir  gerade  ihr  weitaus 
die  meisten  und  wertvollsten  notate  dieses  codex  zu  verdanken  habeUt 
während  H'  (dh.  dieselbe  hand  die  den  Odysseetezt  schrieb)  die  sp&r- 
lich  beigefügten  scholieu  ziemlich  flüchtig  behandelte,  daraus  also, 
dasz  der  letzte  teil  des  obigen  scholions  von  H,  nicht  von  Umgeschrie- 
ben ist,  darf  kein  präjudiz  für  seine  unechtlieit  gefolgert  werden,  wie 
eilfertig  der  Schreiber  IP  verfuhr,  geht  hier  schon  daraas  deutlich  her- 
vor, dasz  rr  den  infinitiv  clvai  unbekümmert  in  der  luft  schweben  Hess. 

>'  i^doboc  (pncl  HMiP.  "  hier  hört  auch  M^  auf;  der  rest  fehlt 

in  diesem  codex;  dafür  hat  M*  zugefügt  X^crai  (dies  in  rasnr)  bi 
övofiacTiKdic  (so)  f)  kqXuuioOc  vncoc.  **  so  H,  der  vor  vf)cov  eine 

lücke  für  etwa  vier  buchstaben  hat.  in  P  folgt  hinter  diYuXt)  sogleich 
vficov  bi  TauTr)v  mit  dieser  Wortstellung.         *^  oIkoXouc  P,  oI  kquXoOc  H. 

"^  ihm  sind  die  neuesten  samler  der  IJesiodischen  fragmonte  ge- 
folgt: Kinkel  fr.  90  und  Rsach  fr.  94. 


ALudwich:  za  HesiodoB.  243 

bemerkungen  zusammengeflossen,  zum  überflusz  wird  dies  durch 
cod.  H  bestätigt,  wo  die  notiz  dpxaiav*  Tf)v  övojLiacTtKUiC  outui 
KaXoup^vriv  als  selbständiges  scholion  über  den  Homertext 
('Qinn'iiiv)  nnd  auszer  ihr  noch  an  den  rand  i\  vfjcoc  Tf)c  KaXu\|ioGc 
geschrieben  ist.  letzteres  stammt  aus  den  vulgärscholien  ('Qx^xiiiv: 
i\  KaXuipoCc  vf)coc) :  ersteres  entspricht  den  in  M  *  erhaltenen  wer- 
ten X^T^Tai  bi  övojLiaTiKUJC,  die  ihrerseits  nicht  zu  der  lesart  diT^Xinv, 
sondern  vielmehr  ganz  augenscheinlich  za  der  glosse  dpxaiav  in  be- 
siehang  treten,  sie  rühren  von  jemand  her,  der  'Q^UTiilv  nicht  als 
adjectivnm ,  sondern  als  eigennamen  gefaszt  wissen  wollte,  in  dem 
eben  mitgeteilten  interlinearscholion  H  stehen  die  beiden  entgegen- 
gesetzten auffassungen  brüderlich  neben  einander'^,  und  ebenso  in 
dem  interlinearscholion  M':  Tf)V  KaXuipoOc,  Tf)V  dpxaiav.  hieraus 
folgt  dasz  die  glosse  Tf)v  dpxaiav,  welche  M  Wor  dem  scholion  dv 
T^  KardTÖv  'AvTijiiaxov  usw.  hat,  vielmehr  hinter  dasselbe  gehört, 
nm  dort  dann  für  den  zusatz  X^T€Tai  bk  övojLiaTiKÜüC  f)  KaXuipoCc 
vficoc  einen  etwas  schicklichem  anknüpfungspunkt  zu  bieten,  als 
der  gegenwärtig  im  Marcianus  vorhanden  ist.  wie  dem  aber  auch 
sei,  darüber  kann  jedenfalls  kein  zweifei  obwalten,  dasz  jener  zusatz 
von  dem  die  Variante  'Q^uXiriv  behandelnden  scholion  als  ungehörig 
abgetrennt  werden  musz. 

£s  entsteht  die  weitere  frage,  ob  der  von  Dindorf,  Kirchhoff  ua. 
verworfene  schlusz  echt  ist  oder  nicht,  in  der  von  H  (P)  überliefer- 
ten form  TauTTiv  bi  6i  KauXouc  [ol  KaXouc  P]  KaXoCciv  kann  er  es 
natürlich  nicht  sein,  aber  was  war  leichter  als  TauTr)V  b^  oö  Ka- 
XuipoGc  KaXoCciv  daraus  wiederherzustellen?'®  dies  schlieszt  sich 
vortrefflich  an  das  vorhergehende  an,  wo  gelehrt  wird,  dasz  es  zwar 
allerdings  eine  insel  Ogylia  gebe ,  dasz  dieselbe  jedoch  von  Ogjgia, 
dem  Wohnsitze  der  Kalypso,  durchaus  verschieden  sei. 

Gröszere  Schwierigkeiten  bereiten  die  unmittelbar  vorhergehen- 
den Worte  TÖv  V  'QtOXiov  T\b'  'Q^vXx] .  . .  vficov :  indessen  sie  gänz- 
lich zu  beseitigen,  wie  Dindorf  that,  liegt  kein  stichhaltiger  grund 
vor.  Schneidewins  Vorschlag  'Hcioböc  9TICI  KaXcTcöai  *'ötuXov,  ol 
bk  *QtuXt]V.  vficov  be  touttiv  usw.  mischt  ohne  not  fremdartiges 
in  die  (Aristarchische)  Widerlegung  der  lesart  *ÖyuXitiv  ein'*,  und 
das  nemliche  gilt  von  der  oben  erwähnten  conjectur  Kirchhoffs,  die 
überdies  schon  wegen  ihrer  groszen  gewaltsamkeit  sich  wenig  em- 
pfiehlt. Göttling  Hes.  fr.  148  bemerkt:  'mihi  haec  ita  cohaerere 
videntur:  Tf|V  bl  Kaict  KprJTiiv  'Hcioböc  q)T]Ci  K€ic9ai.   cetera  quid 

1'  in  dem  wörterbache  des  Hesjcbios  liest  man  hinter  einander  die 

Blossen  ü)TUTia  dpxata  xcixn-    'ßT^xil  övo^ia  xf^c  vncou  KaXüi|ioOc. 
JYwxiou    TiaXaioO,    dpxaiou.    |Li€TdXou   iroXO  (?).  *=^  Marckscheflfel 

Hesiodi  fr.  84  erwähnt,  dasz  Lehmann  oi  iraXaioi  st.  oi  KaXouc  schrei- 
ben wollte,  abgesehen  davon  dasz  diese  conjectur  sich  weiter  von  der 
überliefemn^  entfernt  als  die  meinige,  so  genügt  sie  augenscheinlich 
auch  nicht  zur  herstellung  eines  befrieditrenden  Zusammenhangs. 
^'  auch  nimt  sie  dem  infinitiy  ^vtöc  clvat  sein  yerbum  regens,  ohne 
ein  anderes  dafür  einzusetzen. 

16^ 


244  ALudwich:  zu  HesiodoB. 

valeant,  nescio.'  es  bedarf  keiner  langem  auseinandersetzung,  daai 
dieser  gedanke  'Qt^Xiav  hinter  Tf)V  bi,  wegzustreichen  ein  sehr  un- 
glücklicher ist,  weil  in  dem  ganzen  notate  —  worauf  die  woiti 
btaqp^pouci  bk  o\  töttoi  deutlich  genug  hinweisen  —  nicht  von  einei 
differenz  zwischen  zwei  inseln  namens  Ogjgia  geredet  wird,  sonden 
von  einer  differenz  zwischen  Ogygia  und  Ogjlia.  darin  hat  der  yer 
fasser  des  scholions  unzweifelhaft  recht,  dasz  er  für  die  behaoptün^ 
Tf)V  jLiäv  fäp  'Q'fxrfxav  £vtöc  elvai  npöc  dcir^pav  als  gewtthrsmuu 
Hesiodos  nennt:  denn  dasz  dieser  wirklich  die  insel  der  E[a]jrp8< 
dvTÖc,  db.  in  die  Icui  0äXacca'°  verlegte,  und  zwar  in  den  west 
liehen  (nicht  in  den  südlichen*')  teil  dieses  meeres,  bezeugt  auch  d« 
scholiasi  zu  ApoUcnios  Arg.  III  311  ^KoXouOiicev  'AttoXXvüvioc  tou 

Kttlä  TÖ  TupCllVlKÖV  Tl^XaTOC   U7rOTl9€|Ll^VOlC  Tf|V  'ObUCC^UM 

irXdvnv,  iLv  dpxnTÖc  'Hcioboc  KaTuiiaiK^vai  Xeruiv  KipKiiv  iv  Tij 
7TpO€ipim^V({i  iT€XäT€i,  und  in  einer  zweiten  notiz:  TT€p\  Tf|V  'Ito< 
Xiav  (IiKnc€v  f)  KipKii,  Ö6€v  6poc  Kipxaiov  dir"  auTfic  iroXu 
q)dp)iaKOv.  (pT\c\  bk  'AtioXXuivioc  "Hciöbqj  diröfievoc  dnl  tou  SpMCi 
Toc  TOU  'HXiou  elc  t^iv  xaTä  Tuppiiviav  K€i)i^vr)v  vfico^ 
T^iv  KipKiiv  dXöciv.  ^CTiepiav  bk  auTfjv  elirev,  direl  irpöi 
!  buc)iäc  K€iTai.    dadurch  gewinnt  nun  aber  auch  die  zweite  nadi 

^  rieht  unseres   Odysseescholiasten   Tf|V   bk  'Qr^Xiov  KttTOt  Kp/|Tip 

'Hcioböc  q>Tici  KeTcOai  bedeutend  an  glaubwürdigkeit,  und  meinei 
Überzeugung  nach  liegt  nichts  näher  als  anzunehmen,  dasz  die  gleicl 
darauf  folgenden  worte  töv  b*  'QtüXiov  i^b'  'QtuXti  .  . .  vficov  nicht 
als  ein  verstümmeltes  Hesiodos-citat  sind,  welches  ursprünglich  viel 
leicht  so  hiesz: 

<7röv>T0v  b'  *QtuXiov"  i^b*  'QTuXiT]<v  X<ix€>  vficov 
(es  könnte  dies  beispielshalber  von  der  nordwestecke  Kretas  od« 
einer  ehemals  dort  hausenden  bewohnerschaft  gesagt  gewesen  sein) 
für  diese  meine  auffassung  spricht  einerseits  die  in  allen  ihren  wesent 
liehen  stücken  durchaus  nnverfängliche  Überlieferung  dieses  soholiona 
anderseits  das  poetische  wort  i\be.  besonderer  gewaltmaszregeln  hab< 
ich  mich  nicht  bedient:  denn  abgesehen  von  den  beiden  vermntungs 
weise  von  mir  ausgefüllten  lücken,  deren  eine  im  cod.  H  selber  an 
gesetzt  ist ,  habe  ich  nur  'QyuXt]  in  'Qr^Xinv  geändert  und  glaub« 
auch  dazu  berechtigt  gewesen  zu  sein ,  weil  nach  dem  Wortlaut  de 
scholions  angenommen  werden  musz,  dasz  die  form  des  nameni 
'QruXiriv  im  codex  Antimacheus  der  Odyssee  mit  der  Heeiodisohei 
genau  übereinstimmend  lautete. 

'°  die  Streitfrage  «utnim  ^v  tQ  £cui  BaXdccT)  Ulixes  erraverit  Kai 
*Ap(cTapxov,  an  ^v  t^  ii\u  Kard  KpdniTa»  (Gellius  XIY  6, 3)  ist  bekannt 
8.  Lehrs  Arist.'  s.  243  ff.  "    Kallimaclios  nahm  den   wohnaitz  de 

Kalypso  nördlich  von  Malta  an  auf  der  kloinen  insel  Gaudos,  die  er  al* 
mit  Ofi^yfriA  identificierte  (s.  Strabon  VII  s.  299).  "  die  verlängeraBj 
der  endsilbe  von  'Qr^Xiov  in  der  cäsurstelle  hat  nichts  anstösiig^es  nn 
braucht  demnach  auch  nicht  durch  "OYiiXiaiv  beaeiti^  zu  werden. 

KÖNI08BER0.  Arthur  Ludwich. 


WPökel:  bemerkungen  zu  Aristophanes.  245 

36. 

BEMERKUNGEN  ZU  ARISTOPHANES. 


!•  Ackarner  341 

AI.   Touc  XiOouc  vuv  MOi  x^iiaZIe  Trpdrrov  £S€pdcaT€. 

XO.  ouTOi(  coi  x^MCii»  KQi  cu  KaxdGou  ndXiv  xö  £iq)OC. 

AI.   dXX'  ÖTTUiC  |if|  *v  ToTc  Tpißujciv  dtKdGiiVTai  ttou  XiGoi. 

XO.  dKc^ceicTQt  xctjiäC*  •  oux  öpäc  ceiöjievov ; 
346  dXXd  firj  )ioi  TTpöqpaciv ,  dXXd  KordOou  tö  ßeXoc 

ibc  öbe  TC  C61CTÖC  &|uia  t^  cxpoqp^  tiTvexai. 
diese  verse  gehören  der  scene  an ,  in  welcher  Dikaiopolis  mit  den 
Achamem,  welche  ihn  wegen  seines  durch  Amphitheos  Vermittlung 
abgeschlossenen  Separatfriedens  mit  drohnngen  jeder  art  und  wieder- 
holten steinwürfen  verfolgen ,  sich  zu  versöhnen  bemüht  ist  und  sie 
auffordert  die  steine  niederzulegen  und  der  in  ihren  ge wandern  ver- 
borgenen sich  zu  entledigen,  in  dem  schluszverse  des  chors  hat  nun 
das  wort  cetcxöc  den  Übersetzern  viele  mühe  gemacht,  während  die 
erklärer  darüber  sicco  pede  hinweggegangen  sind,  in  unsem  Wörter- 
büchern (Passow,  Pape  na.)  wird  C€icxöc  -TJ  -öv  (ceiui)  ^erschüttert, 
geschüttelt'  mit  der  einzigen  autorität  Ar.  Ach.  346  angeführt  und 
im  Thesaurus  von  Stephanus  heiszt  es:  *qui  concuti  s.  quassari  potest 
q.  d.  quassabilis,  concussibilis.  redditur  etiam  concussus  Ar.  Ach.  346.' 
auszerdem  findet  sich  noch  hier  wie  bei  Passow  ö  ceicxöc,  eine  art 
von  frauenschmuck  aus  Moschopulos  angeführt,  was  nun  die  Über- 
setzer betrifft,  so  Übersetzt  Frischlin  ^ut  simul  et  hlc  in  stropha  sit 
de  cor',  wofür  LEüster  zdst.  'nam  hie  (i.e.  cborus)  simul  cum  stropha 
(s.  conversione  in  alteram  partem)  sinum  (in  quo  erant  lapides)  ex- 
Gussit'  vorschlägt.  Brunck:  'nam  et  ^inus  excutitur  hie,  dum  saltans 
in  alteram  partem  convertor.'  Voss:  'jeglicher  ja  schüttelt  sich  im 
wirbeltanz  noch  zugleich.'  Donner:  'jeder,  sieh,  schüttelt  sich  im 
wirbeltanz,  mann  für  mann.'  WRibbeck:  'denn  du  siehst  uns  im 
tanz  hier  uns  schütteln  allzumal.'  man  sieht  leicht,  dasz  der  sinn 
der  stelle  von  Frischlin  mis verstanden ,  weil  er  ceicxöc  für  das  Sub- 
stantiv halten  mochte,  von  Küster  aber  nicht  verstanden  und  von 
den  deutschen  Übersetzern  nur  dunkel  geahnt  und  daher  auch  in  der 
Übersetzung  möglichst  dunkel  gelassen  ist,  Bruncks  Übersetzung  aber 
nur  als  freie  paraphrase  gelten  kann,  denn  da  der  chor  spricht,  so 
kann  öhe  nicht  den  chor  bezeichnen,  wie  Küster  meinte,  sondern 
sich  nur  auf  ein  zu  ergänzendes  ö  xpißu)V  beziehen,  wie  schon  der 
schol.  V.  344  zu  ^KC€C€icxai  richtig  ö  xpißu)V  ergänzt,  aber  ceicxöc 
ist  doch  offenbar  nichts  anderes  als  das,  wie  es  scheint,  nur  hier  vor- 
kommende verbaladjectiv  von  ceiuj,  und  unmöglich  kann  (ö  xpißu)v) 
C€icxöc  T^Tvexai  etwa  im  sinne  von  (6  xpißujv)  cei€xai  gebraucht 
werden,  somit  scheint  nichts  weiter  übrig  zu  bleiben  als  eine  cor- 
ruptel  anzunehmen,  welche  sich  indessen  mit  der  änderung  6ines 
buchstabens  heilen  läszt.    man  schreibe  nemlich  C€tC)Li6c  und  ver- 


246  WPökel:  bemerkungen  zu  Aristophanes. 

gleiche  Ekkl.  791  C€IC|liöc  el  t^voiTO  TroXXdKic  usw.  hier  bezeichnet 
C€iC)iöc  natürlich  nur  das  ausschütteln  des  Tpißuiv,  und  der  chor  will 
den  ängstlichen  Dikaiopolis,  der  schon  wiederholentlich  (341.  343) 
seine  furcht  vor  etwa  verborgen  gehaltenen  steinen  manifestiert  hat, 
mit  der  Versicherung  beruhigen ,  dasz  ja  zugleich  mit  der  tanzwen- 
dung  (äjLia  t^  CTpoq)^)  dieses  ausschütteln  vor  sich  gehe. 

2.  Ach.  762 

AI.  TTOIC  fX€T€;     M€.  bia7T€lVä|Ll€C  d€l  TTOTTÖ  TTÖp. 

AI.  dXX'  f|bu  TOI  vfi  TÖv  Ar,  i^v  auXöc  napQ. 
an  dieser  stelle  föllt  mir  der  mangel  des  artikels  auf,  der  in  krasis 
mit  auXöc  verschmolzen  leicht  verschwinden  konnte,  denn  wenn 
auch  UTT*  auXoO  (Herod.  I  17.  Hes.  Schild  281)  und  irpic  aöXöv 
sich  oft  genug  findet,  so  ist  doch,  so  weit  ich  den  Sprachgebrauch 
beobachtet  habe,  irpöc  töv  auXöv  verhftltnismäszig  weit  häufiger  als 
TTpöc  auXöv.  so  steht  zb.  bei  Xen.  Anab.  V  9,  5  irpöc  auXöv  (iipxi'i- 
cavTO,  aber  §  8  und  10  folgt  TTpöc  töv  auXöv  und  ebenso  Sjmp. 
3,  1.  6,  3  u.  4.  wie  es  aber  ebd.  6,  3  heiszt:  örav  fäp  ö  aöXöc 
qpO^TTTli^^xi)  TTavTäTtaci  ciu)ttuj|li€V  und  der  mangel  des  artikels  an 
dieser  stelle  unerträglich  wäre^  so  ziehe  ich  auch  an  der  obigen 
dichterstelle  i^v  a  u  X  ö  c  napx}  der  gewöhnlichen  lesart  vor. 

3.  Ach.  808 

AI.    TTGÖaTTd  id  XOxpV;  ibc  Tpayacaia  qpaivexai. 

M€.  dXX*  oÖTi  irdcac  KaieipaTOV  idc  Icxdöac. 
810  dTuiv  tdp  auiäv  xdvöe  iiiiav  dveiXö/iiav. 

OÖTI,  wofür  man  früher  ouxi  las,  aus  Rav.  nach  Bekkers  vergleichnng 
aufzunehmen  riet  zuerst  Fritzsche  in  der  Euphrosjne  (Rostock  1836J 
8.  5  (vgl.  denselben  zu  Thesm.  114  s.  485),  und  Dindorf,  welcher 
in  den  annotationes  (Oxford  1837)  meinte:  'scribendum  oÜTi  ei 
Bav.%  nahm  oCil  in  der  ed.  Par.  auf.  in  v.  810  verbesserte  Elmslej 
ifujv  Tdp  auidv  für  das  gewöhnliche  ifib  ydp  auTUJV.  früher  ge- 
hörte V.  809  dem  Dikaiopolis.  Bothe  gab  1845  (die  frühere  aQ8- 
gabe  kann  ich  nicht  einsehen)  ihn  dem  Megarer,  und  eben  dies  wollte 
BB  Hirschig  zu  We.  s.  143,  ohne  Bothe  zu  erwähnen,  aber  trotz  dei 
autorität  des  Rav.  halte  ich  oÖTi  nicht  für  die  richtige  lesart,  weil 
OÖTl  bei  Aristophanes  sonst  nur  in  der  frage  form  oÖTi  (ofi  xi)  ttou  — ; 
über  welche  Fritzsche  zu  Frö.  526  handelt,  und  in  der  formel  oCri 
Xaipujv,  xctiprjCiüv  (Ach.  563.  We.  186.  Frö.  843)  vorkommt,  wie 
auch  Fri.  31 6  ouTi  kqI  vGv  fcTiv  auTf)v  öctic  ££aiprjc€Tai  Meineke 
XaipuJV  für  koX  vOv  aufnahm,  wo  freilich  die  vulg.  verteidigt  werden 
kann,  faszt  man  nun  den  umstand  ins  äuge,  dasz  ein  Megarer  den 
in  rede  stehenden  vers  spricht,  und  dasz  die  übrigen  hss.  ouxi  bieten, 
so  wird  es  wohl  nicht  zu  kühn  erscheinen ,  wenn  ich  die  lesart  de« 
Rav.  ouTi  als  einen  Schreibfehler  fUr  ouKi  ansehe,  aus  welcher  an- 
nähme sich  die  lesart  der  übrigen  hss.  sehr  leicht  erklären  würde,  df 
die  abschreiber  dialektische  formen  sehr  gewöhnlich  in  die  ihnen  ga- 
läufigem  attischen  verwandelten,  nun  ist  aber  ouki  keineswegs  aal 
den  lonismus  beschränkt,  wie  unsere  gram matiker  gewöhnlich  meinen, 


WPökel:  bemerkhngen  zu  Aristophanes.  247 

sondern  diese  partikel  findet  sich,  wenn  auch  selten,  wie  ja  zu  ihrem 
f^ebrauch  auch  in  dem  lonismus  verhältnismäszig  sich  nicht  häufig 
Veranlassung  darbot,  auch  in  andern  dialekten.  so  steht  sie  zb.  ohne 
-Variante,  wenigstens  nach  meinen  hilfsmittelu,  bei  Theokritos  25,  81 
XU  178,  Moschos  4,  90,  und  daher  halte  ich  sie  für  eine  dialektische 
nebenform  von  ouxi)  welche  vielleicht  noch  an  mancher  stelle,  ver- 
steckt unter  nicht  genug  beachteten  Varianten,  bei  genauerer  auf- 
merksamkeit  sich  wiederherstellen  lassen  möchte.  —  Beruht  meine 
yermutung  nicht  auf  falscher  basis,  so  kann  ich  auch  nicht  anstand 
nehmen  dem  Megarer  Ach.  785  Trql  b'  oux\  Oucijiöc  ^CTi;  und  ebenso 
Ljs.  1171,  wo  Meineke  oun  vermutete ;  dem  AäKU)V  oöki  für  ouxi 
zu  restituieren,  wie  Ja  auch  der  skythische  bogenschütze  in  seinem 
kauderwelsch  Thesm.  1108  ouKi  fiif)  XaXfici  cu,  1190  oukI  TiiXfia 
(oÜK  dinXricei  die  hss.)  irpuiTä  )i€;  spricht. 

4.  Ach.  848 

oub*  dvTuxujv  €V  xdTopql  irpöceici  coi  ßabi2!u)V 
KpaTtvoc  au  KCKapfn^voc  ^oixöv  jiiiqi  jiiaxaipqi  usw. 
für  aG,  was  Elmslej  vorschlug  und  Dindorf  ed.  Par.  und  poet.  scen. 
sowie  Meineke  aufnahmen,  haben  alle  hss.  und  frühem  ausgaben  dei, 
dessen  unhaltbarkeit  zu  erweisen  nicht  weiter  erforderlich  sein  wird, 
schon  Bentley  hatte  ävaK€Kap|Lidvoc  und  Beisig  dTTOK€Kap)Li^voc, 
Bergk'  £YK€Kap|Lidvoc  vermutet,  aber  unbedingt  besser  als  alle  bis- 
herigen verbesserungsvorschläge  ist  Fritzsches  emendation  eQ  k.  in 
der  Euphrosyne  s.  5,  und  ebenso  ist  aus  JHVoss  ^randglossen' 
(Leipzig  1838)  s.  111  veröfTentlicht,  und  aus  metrischen  gründen 
ist  zum  dritten  mal  eu  für  dei  verbessert  in  der  metrik  von  Ross- 
bach u.  Westphal  III  s.  207 ;  aber  ein  ganzes  vierteljahrhundert  ist 
nach  der  ersten  Veröffentlichung  dieser  emendation  verflossen,  bis 
sie  in  den  text  des  dichters  verdientermaszen  Albert  Müller  aufnahm, 
der  sie  nur  an  dem  zuletzt  erwähnten  orte  fand,  während  die  priorität 
doch  Voss  und  Fritzsche  zuzusprechen  ist. 

um  das  suum  cuique  noch  anderweitig  zu  wahren,  musz  ich 
noch  eine  andere  stelle  aus  den  Acharnern  in  möglichster  kürze  be- 
rühren: 

5.  Ach.  988 

Tab'  dirl  TÖ  beiTrvov  Sjua  kqi  jueTciXa  bf\  [t€]  qppovei* 
Tou  ßiou  b'  dHeßaXe  b€iT|Lia  [xdbe]  xd  TTTcpd  irpö  tujv  Gupüjv. 
80  steht  nach  Bruncks  zeugnis  die  stelle  in  BC  und  in  SGrynaeus 
ausgäbe  bei  Brubach,  während  statt  des  ersten  wortes  tuj  b'  in  A 
sich  findet,  was  Brunck  die  beiden  verse  hinter  v.  976  einfügend 
aufnahm,  die  ältesten  ausgaben  haben  dagegen  Tdb',  einige  auch 
Tab';  aus  dem  lemma  der  Aldinischen  scholien  nahm  Bergler  xd  b* 
auf.  Invernizi  fand  nun  im  ßav.  Ktti  t'  ^ttI  tö  bemvov  öd/iia  usw:., 
was  er  in  eine  wunderliche  parenthese  (dni  —  9p0V€T)  einzwängend 
aufnahm,  inzwischen  beruhigten  sich  die  hgg.  bei  Tujb'  und  fanden 
sich  mit  dessen  erklärung,  so  gut  oder  so  schlecht  sie  es  vermochten, 
nach  kräften  ab.    Boissonade  ergänzte  TidvTa  vor  Tipb',  nur  Elmsley 


248  WPökel:  bemerk  ungen  zu  Aristopbanes. 

bezeichnete  mit  richtiger  divination  den  an  fang  des  verses  als  Itoken- 
liaft.  aber  Bekker  fand  im  Rav.  Tai  T*  dm  TÖ  bemvov  6'  fi|yia  (da- 
gegen Y.  989  ausgelassen),  worin  man  leicht  den  rest  ein«r  paaaiyen 
verbalform  erkennt,  zumal  der  scbol.  Ray.  diT€iT€i,  oreübei  erklSri. 
der  scfalusz  des  schol.  Aid.  lautet:  AiKaiöiroXic  CTTOuödZei  ircpl  t6 
bemvov.  Fritzscbe  nun  conjicierte  ao.  8.5  Tijjb'  ö  vouc  dnT^puixai 
iiiX  usw.;  Bergk  schrieb  (elbec  (Li)  TÖvb';  dneiTCi  (oder  oV  iiieifei) 
irepi  TÖ  b.;  WHoffmann  jabrb.  1863  s.  239  dXX'  5V  oOv  iräc  äveixai 
T*  — ;  Meineke  vind.  Arist.  s.  18  <otjTOci  b*  duTÖri^Tal  t'  in\  TÖ  h.  öu 
nun  bat  aber  H.  van  Herwerden  'nova  addenda  eritica  ad  fragmenta 
com.  Graec'  (Leiden  1864)  s.  33  als  lesart  des  Rav.  angegeben 
inxiQVJTai  t  lux  tö  bciTivov.  sollte  dies  durch  AvVelsens  coUation 
des  Rav.  bestätigt  werden,  so  liesze  sich  vermuten  ouTod  b*  dirr^- 
pu)Ta(  T*  diri  TÖ  beiTTVOV  — ;  das  verdienst  aber  die  ursprüngliebe 
lesart  zuerst  erkannt  zu  haben  würde  auch  in  diesem  falle  Fritzscbe 
gebühren. 

6.  Ach.  1020  (b  qpiXTQTC,  CTtovbai  Tcip  €lci  coi  m6vi(i, 

ji^Tpiicov  elprjvTic  tI  jlioi,  kSv  it^vt'  Itt). 
auf  welchen  begriff  das  in  k£v  steckende  fiv  zu  beziehen  sei,  ist  mir 
stets  unbegreiflich  gewesen  und  von  niemand  bisher  zu  erklären  ver- 
sucht worden,  von  den  stellen  des  dichters^  welche  AMüller  zur  er- 
klärung  dieser  stelle  anführt,  ist  auch  nicht  6ine  der  in  rede  stehmi- 
den  adäquat,  es  sind:  We.  92  f|V  b*  oöv  KaTOfüiuci}  köv  äxviiv  — . 
Lys.  671  el  fäp  ivbuicci  Tic  f||i«I»v  Taicbe  kSv  c/iiiKpäv  Xoßriv  — . 
Plutos  126  ^äv  dvaßX^ipqc  cu  kSv  cjUKpöv  xp<^vov.  immer  geht 
hier  ein  bedingungssatz  voran ,  und  nicht  anders  verhält  es  sich  mit 
mehreren  andern  stellen  des  Aristophanes,  welche  ich  anführen 
würde,  wenn  sie  zur  erklärung  dieser  stelle  etwas  beitragen  könnten, 
um  nun  zu  dieser  zurückzukehren,  so  ist  Bothes  Übersetzung  ^saltem' 
vOliig  beispiellos  und  mit  des  scholiasten  erklärung  ävT\  ToO  elc 
n^VT€  irr]  nicht  zu  vereinigen,  dasz  aber  gerade  dies  die  richtige 
erklärung  ist,  kann  niemand  entgehen,  und  schon  längst  ist  in  der 
ausgäbe,  welche  Scaligers  namen  trägt,  Kdc  geschrieben,  was  Elmsley 
in  Kclc  veränderte,  schreibt  man  aber  kqc  ,  so  wird  die  ganze  Ende- 
rung  in  einer  Verwandlung  des  N  in  Z  bestehen,  welche,  besonders 
am  versende,  in  den  hss.  häufig  genug  von  der  bessernden  hand  der 
hgg.  vorzunehmen  ist.    vgl.  unten  zu  We.  45. 

7.  Ach.  1064  orcG'  d)c  noieiTai;  toöto  tij  vujiqpij  q)pdcov, 

ÖTav  cTpaTiiliTac  kqtoX^tujci,  touti^iI 
vuKTUJp  dXciqp^TU)  TÖ  Ti^oc  ToO  vu|Liq>iou. 
so  lautet  die  stelle  in  ABCPaLTund  in  den  ältesten  ausgaben,  nur 
steht  das  Fragezeichen  nicht  vor,  sondern  nach  toöto.  Elmslej 
aber  bemerkte  zu  dieser  stelle:  ^suspicor  poetam  oIcG'  ibc  iroieicOu) 
toCto  scripsisse,  quam  formam  et  cognatam  oIcO'  ö  bpacov  parum 
intellexere  librarii.'  Bekker  dagegen  nahm  aus  dem  Rav.  oIcO*  die 
TTOieiTe  auf,  und  ihm  folgten  auszer  Dindorf,  welcher  dieselbe  lesart 
in  J  fand,  noch  Bergk,  Heineke  (welcher  v.  1064  unter  den  text  ver- 


WPökel:  bemerknngen  sn  Ariitophines.  349 

bannte),  AMtÜler  und  Bibbeek.  aber  aehon  vor  mlbat  langer  seit 'hat 
Beisig  comm.  crit.  in  Soph.  OC.  s.  189  oIc6*  die  noidkw  toOto  tQ 
lVli^(pQ  <ppdcov  vermutet,  und  hierauf  lenkte  Sohömann«  4er  au£die- 
aelbe  c(»gectiir  gekommen  war,  im  index  aehoL  Giypli.  1868  8. 15 
(*»  opnac  lY  8. 187)  ,mit  recht  wieder  die  anfinerkaajonkeii  ^offan- 
fbar  entfernt  sich  Elmelejs  Vorschlag  am  weitesten. von.der  hsL  über- 
lieforong,  und  daher  ist  ancfa  kein  dentsoher  hg. »  so  viel  ieh  weisz, 
ihm  gefolgt,  weniger  bedenklich  ist  wenigstens  ans  palttographiachen 
.grOnden  der  Vorschlag  Reisigs  und  Sehömanns,  und  in  der  obigen 
anfl&hning  der  stelle  habe  ich  das  fragezeichen  nach  Beisigs  verbesse- 
raqg  vor  toGto  gesetst.  aber  su  der  wenn  auch  an  sich  unbedenk- 
lichen Verwandlung  des  hsL  troiciTai  in  iroieiTUi  werden  wir  doch 
erst  zu  schreiten  haben,  wenn  die  vulgate  si<di  durchaus  nicht  ver- 
teidigan  Iftszt,  wovon  ich  mich  noch  nicht  habe  Überzeugen  können, 
denn  wamm  kann  Dikaiopolis  nicht  oTcG'  die  TroieiTm;  Veiszt  du 
wie  es  gemacht  wird?'  fiägen,  wenn  er  im  folgwden  gerade  die 
gevmere  anweisung  dartlb^  noch  hinzufElgt:  ^das  sage  der  braut, 
.sie  soll,  wenn  — '?  dasz  aber  die  lesart  des  Bav.  und  //iroi€iT€ 
nicht  zu  halten  ist,  haben  Meineke  vind. . Aristoph.  s.  19. und  8chö- 
mann  ao.  Überzeugend  nachgewiesen;  dagegen  sagt  Cobet  Mnem. 
XI  (1862)  440:  «TTOieicOui  pro  vulgata  iroietroi  soloecum  est,  sed 
irouiTC  sanissimum,  quamqnam  neminem  vidi,  qui  in  ea  dictione 
pmesens  imperativi  posuerit  pro  aoristo.»  nach  meiner  ansieht  ist 
aber  iroi€iT£  nichts  weiter  als  ein  sdireibfehler  des  absdireibers 
für  TTOieiTai,  wie  er  in  vielen  hss.  überaus  häufig  und  auch  in  dem 
vortrefflichen  Bav.  an  sehr  vielen  stellen  von  mir  beobachtet  ist. 
mit  recht  verteidigt  auch  Schömann  gegen  Heineke  die  werte  touto 
x^  vi})iq)i)  q>päcov  .  .  äX€t9^TU)  als  nicht  ungriechisch,  da  ja  oSm- 
bar  die  spräche  des  gewöhnlichen  lebens  in  dem  dialog  der  komödie 
nisht  an  die  strenge  der  syntaktischen  Verknüpfung  der  sfttze  ge- 
bunden ist,  und  gerade  durch  die  Verbindung  des  toOto  Tf}  vu^q^Q 
q>pdcov  als  ankündigung  der  folgenden  genauem  anweisung  ver- 
liert wenigstens  nach  meinem  gefUhl  die  stelle  ein  gut  teil  der  härte, 
welche  in  den  worten  t^  vi)|Liq)q  9päcov  .  .  dX€i9^TUi  sich  merklich 
f&hlbar  macht. 

8.  Bitter  30  KpdTicra  xoivuv  töv  napövxuiv  ici\  vijiv , 

Oeuiv  lövT€  npoc7T€C€iv  Tou  npöc  ßp^rac. 
für  TOU;  welches  nach  Bekker  und  Velsen  der  Bav.  bietet,  während 
Invemizi  in  ihm  nou  zu  sehen  glaubte,  findet  sich  troi  in  A  VrTal. 
Med.  (Ambros.)  und  bei  Suidas  u.  ßp^TQC  sowie  in  den  ältesten  aus- 
gaben, wovon  TTOi  in  ^  O  nicht  sehr  abweicht  ob  man  nun  tou  oder 
7101  schreiben  soll ,  kann  bei  der  groszen  ähnlichkeit  beider  Wörter 
und  ihrer  häufigen  Verwechselung  in  den  hss.  weit  weniger  von  den 
regeln  der  diplomatischen  kritik  als  von  denen  der  henneneutik  ab- 
hängen, so  spricht  namentlich  für  tou,  von  der  autorität  des  Bav.  ganz 
abgesehen,  seine  sehr  gewählte  Stellung,  ähnlich  wie  Aiscb.  Prom.21 
!v*  ofiT€  q)ujvf)v  o(iT£  TOU  ^opq>f|v  ßpOTuiv  öi|i€i,  oder  Eur.  Hek.  370 


250  WPökel:  bemerkungen  zu  Aristophanes. 

oÖT*  iXiriöoc  fäp  oöt€  tou  böEnc  öpw  Odpcoc  — ,  und  doch  wird 
niemand  tou  für  unumgänglich  notwendig  erklären,  da  6€(£iv  .  . 
TTpöc  ßp^Tac  einen  vollständig  abgeschlossenen  sinn  enthält  für 
TTOi  dagegen  möchte  ich  anführen  Ar.  Piatos  447  €l  TÖv  6€ÖV  fpnMOV 
dTToXiTTÖvie  TTOi  qp€uSou|Li€6a  und  Pro.  565  vui  bk  beicdca  t^  ttoi 
tn\  Tf|v  KttTriXiqp*  €Ö9üc  öv€Trnbrica|Li€V,  wo  ttui  die  valgata  ist,  irou 
aber  im  Yen.  steht  (itujc  Dobree  II  170),  jedoch  ttoi  fast  gebiete- 
risch Von  dem  sinn  der  stelle  gefordert  wird,  unter  diesen  umstän- 
den kann  ich  an  der  besprochenen  stelle  der  Ritter  tou  nicht  für  die 
unbestritten  richtige  lesart  erklären  und  iroi,  das  ja  auch  hsl.  ge- 
währ hat ,  nicht  so  ohne  weiteres  bei  Seite  werfen ,  wie  die  hgg.  ge- 
than,  sondern  inixKü, 

Auch  an  dem  folgenden,  viel  behandelten  verse  der  Bitter  kann 
ich  nicht  vorübergehen,  ohne  einen  allerdings  kühnen  heilversuch  zu 
wagen : 

Ri.  32  noTov  ßp^Tac;  dreöv  i\X€\  fäp  Geoüc; 
so  steht  in  der  Juntina  I  (ohne  fragezeichen)  und  später  bei  Invemizi, 
während  die  Aldina  und  die  ihr  folgenden  ausgaben  ßper^Trac  oder 
ßp€TT^Tac  bieten,  welches  letztere  in  VjT  steht.  Brunck  nahm  aus 
B,  mit  welchem  J  übereinstimmt,  ßp^iac;  ttoiov  ßp^Tac;  auf,  ohne 
zu  merken  dasz  der  abschreiber  in  der  versnot  das  schluszwort  des 
vorhergebenden  verses  wiederholt  hatte,  die  verbesserungs vorschlage 
der  neuern  gelehrten  sind  folgende.  Porson :  ßp^Tac;  tö  ttoTov  ^tcöv; 
Reisig:  ttoTov  ßp^rac  6€iliv;  Dobree:  tt.  ßp.  i)  'läv  ereöv;  Dindorf: 
TToTov  ßp^TQC  TTpöc;  Hanow :  tt.  ßp. ;  cü  b*  dieöv  f|.  Tcip  ö. ;  ThKock: 
TT.  ßp.  qp^c;  oder  tt.  ßp.  cü  t';  Meineke:  tt.  ßp.;  qp^p'  dieöv  — ; 
WRibbeck:  TT.  ßp.  ib  [xi\';  Anz:  iyx^x  cü  yotp  dieöv  9.;  Holden:  tt. 
ßp.;  TIC  dicöv  fiT€iTai  Oeoüc;  OSchneider:  fr*  dieöv  f)T€i  cü  6€0Üc; 
am  Schlüsse  des  verses  hat  i\yi\  V,  die  übrigen  hss.  f|Y^ ,  Rav.  aber 
i\V\  (fiTtl  nach  Velsen)  cü  Oeoüc;  es  fehlt  also  yoip  vor  Oeoüc,  und 
an  dessen  stelle  steht  cü.  dieses  cu  halte  ich  für  die  schluszsilbo  des 
verbums  nnd  schreibe  mit  Umstellung  des  notwendigen  T<^p:  TTOlOV 
ßp^TQc;  dieöv  Toip  ^Ticai  Oeoüc;  da  gerade  das  perfectum  f^TflcOai 
so  häußg  in  der  bedeutung  ^glauben,  an  etwas  glauben'  vorkommt: 
vgl.  Krüger  dial.  §  53,  3,  2. 

9.  Ri.  258 

i\  biKij  y',  dTTel  TQ  Koivd  TTpiv  Xaxeiv  KttiecOieic, 

KÄTTOCUKäZieiC  TTIÄUJV  TOÜC  ÜTTeuOÜVOUC  CKOTTOIV, 
260  6CTIC  aÜTl&V  djjiÖC  dcTlV  f\  TT^TTUiV  t\  ixi\  TT^TTUIV, 

K&y  Tiv*  aÜTÜJV  Tvqjc  ÖTTpaTMOV*  övia  kqI  Kexnvöia, 
KaraTaTUfV  Ik  Xeppovrjcou  biaXaßujv  dTKup(cac 
eil*  dTTOCTp^ipac  töv  lö^ov  aüiöv  £veKoXr|ßacac  • 

Ka\  CKOTTeiC  TC  TÜüV  TTOXiTÜüV  ÖCTIC  dCTlV  dflVOKUIV, 

266  ttXoücioc  Kai  jLif)  TTovnpöc  Ka\  Tp^^ujv  rd  TrpdTMOiTa. 
in  diesem  Sündenregister,  welches  der  chor  dem  Kleon  vorhält,  haben 
die  hgg.  und  erklärer  zwar  schon  längst  an  aÜTÜjV  in  v.  261  beson- 
ders wegen  des  in  v.  260  voraufgehenden  aÜTU)V  anstosz  genommen, 


WPökel:  bemerkungen  zu  ÄristophaneB.  251 

aber  noch  keine  irgend  wie  wahrscheinliche  und  überzeugende  Ver- 
besserung zu  tage  gefördert.  Brunck  suchte  durch  ein  radicalmittel 
der  stelle  aufzuhelfen,  indem  er  y.  264.  265  schon  nach  v.  260  ein- 
fügte, wodurch  denn  aÖTUüv  in  v.  261  auf  das  in  v.  264  enthaltene 
troXiTUUV  seine  beziehung  erhielt,  und  in  dieser  Umstellung  haben 
Bothe  und  Velsen  sich  ihm  angeschlossen,  allein  Umstellungen  von 
Versen  lassen  sich  nur  dann  unbedenklich  vornehmen,  wenn  ent* 
weder  in  der  hsl.  Überlieferung  der  grund  der  Versetzung  den  ab- 
schreiben! nachgewiesen  werden  kann,  oder  wenn  in  der  aufein- 
anderfolge der  verse  oder  wortreihen  die  hss.  unter  einander  diffe- 
rieren, niemals  aber  wenn  durch  die  Umsetzung  eine  andere  Uneben- 
heit hervorgebracht  wird,  wie  sie  hier  durch  Bruncks  anordnung  der 
verse  veranlaszt  ist.    denn  wenn  Brunck  schreibt 

KdlT0CUKd2l€lC  TlliliXiV  TOi)C  Ö7T€U6UV0UC,  CKOTTUJV, 
ÖCTIC  aUTUJV  ÜÜ|l6c  dCTlV,  f|  TT^TTUiV,  f\  ixi\  TT^TTUJV, 

Kai  CKO Trete  t€,  täv  ttoXitujv  öctic  dcTiv  djivoKU&v, 

so  ist  die  Wiederholung  von  ckottuuv  und  CKOTtetc,  die  nur  durch 
6inen  trimeter  von  einander  getrennt  sind,  geradezu  hart  zu  nennen, 
bei  der  gewöhnlichen  reihenfolge  der  verse  aber  hat  ThEock  für  das 
^matte  und  kraftlose  CKOireic,  das  aus  v.  259  entstanden  sei',  ir^xeic 
conjiciert,  gegen  welche  Vermutung  Enger  und  Meineke  begründeten 
einspruch  erhoben,  in  der  zweiten  aufläge  aber  Supeic  ebenso  un- 
wahrscheinlich vermutet,  während  Meineke  vind.  Ar.  s.  34  CTTObeTc 
vorschlug,  jenes  auTUiv  in  v.  261  ist  indessen  nicht  blosz  wegen 
der  Wiederholung  desselben  Wortes  in  zu  rascher  aufeinanderfolge, 
sondern  auch  noch  weit  mehr  deshalb  anstöszig,  weil  auTuiv  nach 
dem  Zusammenhang  der  stelle  nur  auf  tjTreuOuvouc  v.  259  bezogen 
werden  kann ,  diese  aber  vor  ihrer  rechenschaftsablegung  bekannt- 
lich gar  nicht  Athen  verlassen ,  also  auch  nicht  von  Kleon  aus  der 
Chersonesos  herbeigeholt  werden  konnten. 

ThEock  vermutete  nun,  weil  der  Bav.  dvTa  v.  261  ausläszt 
(das  ist  aber  auch  Ach.  216  und  mit  djv  Frö.  363  der  fall)  kSv  tiv' 
aO  TVi^c  TUJV  H^vuiv  dirpdTliOV*  dvQKexilvÖTa,  indem  er  meint,  dasz 
'unter  den  von  Eleon  mishandelten  otc  ^XuißäO*,  o\  H\o\  (1408) 
kaum  fehlen  dürften',  und  sich  auf  die  worte  des  scholiasten  d)c 
KaTatcttövTOc  aöioO  touc  cujbijiidxouc  eic  *A6i^vac  beruft,  wo  aber 
offenbar  nicht  Athener,  welche  sich  in  der  Chersonesos  aufhalten, 
sondern  die  bewohner  der  Chersonesos  selbst  gemeint  sind,  gegen 
diesen  Vorschlag  erklärte  sich  schon  Enger  jahrb.  1854  bd.  69  s.360 
und  Berliner  zs.  f.  d.  gw.  1854  s.  404 ;  aber  es  darf  auch  nicht  un- 
erwähnt bleiben,  dasz  dvQKCXilvÖTa  keineswegs  <»  Kcxiivöra  sein 
kann,  da  dvaxdcKUi  nur  im  präsens  vorkommt  und  dvaK^x^lva  gar 
nicht  gebräuchlich  ist,  während  K^x^vot  mit  einigen  seiner  modal- 
formen und  seinem  plusquamperfect  den  Athenern  so  geläufige  for- 
men waren,  dasz  Aristophanes  die  Athener  Kcxiivörac  nennen  konnte, 
was  Voss  bekanntlich  treffend  in  'Oaffener'  verdeutscht. 


252  WPökel:  bemerkungen  zu  Aristopbanes. 

Ungleich  leichter  hat  Teufel  zs.  f.  d.  aw.  1854  8.  267  xfiv  nv' 
ävöpa  Yorgeechlagen ;  aber  noch  näher  an  die  hss.  glaube  ich  mich 
zu  halten,  wenn  ich  mit  ganz  geringer  Ibiderung  kSv  tiv'  dcTÖv  — 
vermute,  die  formen  von  auTÖc  und  dcTÖc  werden  sehr  häufig  ver- 
wechselt, wie  zb.  Thesm.  541,  wo  Junt.  aurai  für  dcrai  hat,  und 
Ekkl.  720,  wo  Elmslej  dcrai  für  aurai  geschrieben  hat,  ich  aber,  da 
alle  andern  begrifife  in  diesem  und  dem  folgenden  verse  den  artikel 
haben,  dcrai  zu  schreiben  vorziehe,  wie  auch  Lenting  schon  vor- 
geschlagen hat.  auch  £kkl.  810  ist  dcTOiciv  für  auTOiciv  zu  schrei- 
ben, wie  schon  Bergk  vermutet  hat;  vgl.  Cobet  VL.  s.  283.  370. 
Meineke  vind.  Ar.  s.  189.  —  Dasz  aber  v.  264  noch  tijüv  ttoXitüjv 
folgt,  kann  meinem  vorschlage  nicht  hinderlich  sein,  da  ja  ein  solcher 
Wechsel  in  den  ausdrücken  nicht  weiter  befremden  kann. 

10.  Bi.  418  d£r|7idTUJV  xdp  xoüc  ^ateipouc  X^t^JV  Toiauxi. 
so  findet  sich  dieser  vers  in  den  hss. ;  aber  schon  in  Junt.  I ,  viel- 
leicht auch  in  der  Aldina,  welche  ich  nicht  einsehen  kann,  ist  die 
lücke  vor  X^TUJV  durch  iniX^TUJV  ausgefüllt,  wie  von  zweiter  band 
in  A  corrigiert  ist.  Brunck  hat  aus  den  Pariser  hss.  nichts  ange- 
führt, so  dasz  man  annehmen  kann,  dasz  in  ihnen  entweder  im- 
X^T^v  steht  oder,  was  wahrscheinlicher  ist,  dasz  Brunck  die  stelle 
nicht  genau  verglichen  hat.  erst  in  neuerer  zeit  nahm  Bothe  an 
^TTiX^TUiv  anstosz  und  schrieb  dnoX^TUiv.  ThEock  vermutet  fjpi 
X^TUJV;  Enger  ttot^  X^tu)V,  WRibbeck  ti\  X^TU'V  und  Bergk*  )iaT€t- 
picKOUc ,  was  Meineke  aufnahm,  aber  eine  weit  leichtere  Verbesse- 
rung, welche  auch  mir  schon  seit  langer  zeit  sehr  wahrscheinlich 
gewesen  ist,  hat  längst  Bemhardj  zum  Suidas  u.  v^a  X^^^^v 
n  947  vorgeschlagen,  nemlich  dv  vor  X^yuiv  einzuschieben,  vgl. 
Wo.  54  dYui  V  fiv  aurQ  OoljLidTiov  beiKvuc  Tobl  Ttp69aciv  fqKxcKOV. 
Fri.  213  Kcl  \k\\  AaKuiviKol  unepßdXoivTO  jiiKpöv,  fXcTOv  fiv  rabi, 
welche  letztere  stelle  unstreitig  der  eben  behandelten  sehr  ähnlich 
ist;  vgl.  noch  Fri.  217  dX^T€T'  fiv  €u6uc.  auch  Cobet  hat  denselben 
Vorschlag  gemacht  und  Meineke  in  der  adn.  crit.  denselben  gebilligt; 
um  aber  das  recht  der  priorität  Deutschland  zu  sichern ,  konnte  die 
stelle  hier  nicht  unerwähnt  bleiben,  ich  bemerke  noch,  dasz  der 
Bav.  dv  an  mehr  als  einem  dutzend  stellen  ausläszt.  nachträglich 
sehe  ich ,  dasz  Velsen  dv  aufgenommen  hat. 

11.  Ri.  742  6x1  TÖv  cxpaTTiTÖv  uTiobpaiiidiv  töv  ^k  TTuXoü 

nXeucac  dKcice  toüc  AdKUJvac  fixoTOV. 
dies  ist  die  lesart  der  ältesten  ausgaben,  nur  dasz  diese  ÜTTCKbpojuiuiv 
haben,  was  alle  hss.  auszer  BRV  bieten;  auch  der  scholiast  hat 
schon  tjirobpajLiidv  im  lemma.  Bentlej  nun  sagte :  Mege  urroöpa^div 
Touc  £k  TT.  vide  Nub.  186.  £q.  1198  (1201).'  diese  emendation  ist 
unbeachtet  geblieben;  erst  1869  nahm  sie  Dindorf  poetae  scen.  auf, 
zeigte  aber  durch  die  hinzugefügte  erklärung  des  schoL  KarabpaiiUiV 
Touc  £v  TTuXcp  CTpaTTiTOUC  und  die  beibehaltnng  der  seit  Invemizi 
aufgenommenen  lesart  tuiv  CTpaTT]TU)V  Toiv,  dasz  ihm  die  richtige 
auffassung  der  stelle  noch  fem  lag.    es  haben  nemlich  ACRV  tvüv 


3toa|«$  iMiiiifct  ^«icoMiw  ^  ^^^^  ^^Mll^ 
nf«s-iawr.  Ä«  \ä(  mute  «r^^ia  t«  v^YTS^VM  >MS:4^ 

_  _.  -^        —    -    I  -^    ^^       ^^i»^^       ^^»O^^^      «^     ^^^^^     I^^^^M     k^MliA     k^^^B 

Ja.  .    _1    VcHEMBK    ^■■K     ^1^(^M    «■■I  ^^W^W    V^fVf^W   v^Nf^   TWni 

^  ir  ClMM<f  Ä^  ^Hf^WWN^^^^M^      wWW 

i>:^  ic^^a  >^  BiK^W  t^w^v  ^i^lMiiMMl  #^it  sWm 


diBKk  Skkmc  XM^  fi  Oi^n^  ^fmlUv*^  xiM^^lv  \Wi 

aber  f3r  dtf  TO^tlndBis  tob  i^llv>^i^WV  |r^>iri«^1MM  w\v  ^ix'^tii  AH% 
ihr.  da£2  die  gvtroobMl«ii  l«i|BP»xi  im  lüW'Hiim  A^f  At4^  AH^ftV^>>|t^ 
und  so  aufbemlirt  wurden,  wie  noch  heiiliiiilM|l¥  («^  OH^^K^^AM^  ^ 
sdiieht ,  ist  bekannt  genng  und  auft  den  Y\xn  IW^v^  ^^^  |tfiH^mw«'\hm 
stellen  zu  ersehen ;  aber  wekhe  niher^  iHMiitf^hunir  ^mw^l¥¥  <iM\^  »^ 
gründe  liegt,  werden  wir  vielleicht  nie  erfWhr^n.  |^b*H^U»  nbw  mM«* 
doch  wenigstens  ein  yerhum  geaueht  w<>r^l#n«  w^WUvmi  \H}\  \^\'\ft^U 
anbindens  enthält.   Kock  denkt  Ml  iMppoxiCuiV  i  m^W\m  Nl«||i«V  Ml 


254  WPökel:  bemerkungen  zu  AristophaneB. 

nicht  wahrscheinlich  erklärte ;  Ribbeck  vermutete  d)LiTraxU[uiv ,  wel- 
ches verbum  aber  in  der  classischen  grficitftt  nicht  gebräuchlich  ist. 
weit  näher  möchte  es  liegen  cu^iTobi2Iuivzu  schreiben,  wenn  man 
vergleicht  Frö.  1512  cTi£ac  aÖTOUC  Kai  cu/iiTTobicac  .  .  Kard  tt)c 
TaX€U)C  dTroiT^|Li\|iuj.  über  die  Verwechselung  von  cOv  nnd  dv  han- 
delt Cobet  VL.  8. 109. 

13.  Bi.  843 

ouK  lÜTaOol  TauT*  icxl  ttw  touttj  jiia  xöv  TToceibol. 
für  TTUJ ,  welches  mit  der  voraufgehenden  negation  einen  ganz  be- 
friedigenden sinn  ergibt^  bietet  Rav.  iroi  und  ebenso  auch  ^Med. 
(Ambr.)Pal. ,  sowie  aus  ttuj  corrigiert  1^6,  welche  Variante,  so  viel 
ich  weisz,  bis  jetzt  ganz  unbeachtet  geblieben  ist.  und  doch  scheint 
mir  in  ihr  die  spur  der  ursprünglichen  lesart,  nemlich  Tut  zu  stecken, 
lesen  wir  nun  oök  (ÜTadol  tqGt*  dcTi  toi  rauTi},  so  gewinnt  der  vers 
im  munde  des  Kleon  einen  für  seine  Charakterzeichnung  weit  ange* 
messenern  grad  von  zuversichtlichkeit:  vgl.Herod.  VII  209,3  f\\  )if| 
TauTd  TOI  TQUTi)  dxß^  T^  ifiX)  X^T^J,  WO  die  erklärer  die  ähnliche 
sprichwörtliche  Wendung  der  Römer  negtmquam  istt^c  istac  ibü  (Ennius 
bei  Cicero  de  not,  d.  III  65)  angeführt  haben,  über  welche  Valckenaer 
zum  Hippoljtos  31  handelt. 

14.  Ri.  987  (päd  Tdp  auTÖv  o\ 

Tiaib€c  0*!  £uv€qpoiTuiv 

Tf|v  buipiCTi  fiövriv  <fiv>  dp- 
990  |iÖTT€c6ai  Ga/Lid  Tf|v  XOpav , 

dXXnv  V  OUK  dOdXeiv  ^aOciv. 
die  Partikel  dv  fehlt  in  allen  hss.  sowie  in  der  anführung  der  stelle 
bei  Suidas  und  Zonaras,  ist  aber  schon  in  den  ältesten  ausgaben  als 
das  gewöhnliche  heftpflaster  fUr  offene  wunden  hinzugefügt,  dasz 
dv  hier  nicht  passt,  da  bei  directer  rede  es  nicht  stehen  könnte,  fühlt 
jeder  der  die  stelle  mit  aufmerksamkeit  liest.  Dindorf  schrieb  in  der 
ed.  Oxon.  1835  dvapjiiÖTTecOai  (später  nicht  mehr),  und  Kock  folgte 
ihm.  aber  ebenso  leicht,  wenn  nicht  leichter  ist  es  offenbar  fiiv 
dp)LiÖTT€c6ai  zu  schreiben ,  zumal  dXXriv  V  ouk  iO^Xeiv  fiaOeiv  folgt 
und  das  zeichen  für  ^^v  in  den  hss.  nach  voraufgehendem  )i6vr)V 
leicht  ausfallen  konnte,  dieselbe  Vermutung  hat  aber  schon  längst 
Bemhardj  zu  Suidas  u.  öuipiCTi  I  1451  gemacht  und  Ribbeck  und 
Yelsen  aufgenommen. 

15.  Ri.  1036  (ü  TQv  dKOucov,  eha  bidKpivov  t6t€. 
Meinoke  sagt  mit  vollem  rechte  vind.  Ar.  s.  64:  'praeter  solitum 
illud  TÖT€  subiectum  est  particulae  elTa,  nee  dubium  mihi  quin 
corrupt«la  lateat.  incerta  vero  loci  medela  est;  fortasse  tamen  non 
displicebit .  .  elTQ  ötdKpivov  TÖb€,  ut  TÖbe  ab  dKOucov  suspensum 
Sit.  alius  generis  est  üia  ^€Td  TauTa.'  schon  1860  in  der  adn.  crit. 
hatte  Meineke  bemerkt :  «töt€  suspectum» ;  vor  ihm  hatte  kein  hg. 
an  töt€  anstosz  genommen;  erst  in  der  zweiten  ausgäbe  bemerkt 
TbKock  cclTa  —  t6t€  ,  sonst  wohl  nicht  nachzuweisen»,  und  doch 
hat  schon  vor  fünfzig  jähren  Abraham  Voss  in  den  ^randglossen  und 


WPökel:  bemerkungen  zu  Aristophanes.  2Ö5 

anmerkungen  zu  Griechen  und  Römern  von  JHVoss'  (Leipzig  1838) 
8.  106  veröffentlicht:  '1036  bidiKpivov  TÖbe/  will  aber  Meineke  die 
abhängigkeit  des  tobe  von  Skoucov  urgieren,  so  wird  dies  wenig- 
stens für  den  leser  durch  ein  komma  nach  bidKpivov  anzudeuten  und 
zu  schreiben  sein  äKOUCOV,  elra  bidKpivov,  TÖbe.  da  aber  die  ab- 
hängigkeit  des  tobe  von  äKOUCOV  meinem  geftthle  nach  etwas  hart 
ist  und  bidKpivov  ganz  passend  ein  object  verträgt,  das  ja  bei 
Skoucov  sich  von  selbst  ergänzt,  so  möchte  ich  fast  diese  beziehung 
vorziehen,  in  diesem  falle  aber,  um  den  ausgang  des  verses  rhythmi- 
scher zu  machen ;  TObi  schreiben  und  selbst  eine  gröszere  änderung 
wie  etwa  tö  iräv  nicht  verschmähen.  Velsen  vermutete  h*  äKOUCOV 
.  .  TÖbe. 

16.  Ri.  1248  oi/ioi  TT^TTpaKTtti  Toö  Geoö  tö  G^ccpaxov. 

in  diesem  verse,  welchen  ANauck  im  Philol.  VI  402  für  die  parodie 
eines  tragikers  hält,  haben  neuere  gelehrte  an  TT^npaKTai  mit  recht 
anstosz  genommen.  Kock  bemerkt  zdst.  cTT^TTpaKtai]  ist  in  erfül- 
lung  gegangen,  etwa  K^KpavTai?»  und  Meineke  fügt  der  erwäh- 
nung  dieser  conjectur  hinzu  «an  iT€iT^pavTai?»  es  wird  nicht  nötig 
sein  die  Verderbnis  von  TT^TipaKTai  nachzuweisen,  seit  langer  zeit 
habe  ich  vergeblich  nach  einer  nur  einigermaszen  entsprechenden 
stelle  gesucht  und  mich  nicht  überzeugen  können,  dasz  Trpärrecdai 
von  der  erfüllung  eines  götterspruchs  gesagt  werden  könne,  so  weit 
ausgedehnt  auch  der  sonstige  gebrauch  gerade  dieses  verbums  ist. 
aber  ebenso  fest,  wie  ich  von  der  Verderbnis  der  stelle  überzeugt  bin, 
ebenso  einfach  glaube  ich  sie  auch  heilen  zu  können;  es  bedarf  nur 
der  geringen  Veränderung  des  TT^irpaKTai  in  TTCTTpoiTai.  die  Ver- 
wechselung dieser  und  der  von  ihnen  abgeleiteten  formen  ist  ein 
sollemnis  error  librariorum:  vgl.  nur  die  Varianten  von  Eur.  Med. 
1062  (1032  Elmsley)  und  Aisch.  Eum.  125. 

17.  Wolken  520 

OÖTUJ  viKr)cai/ii  t'  ^toj  kqI  vo^iZoiiiiiv  coqpöc , 

ujc  ujuiäc  fiToujuievoc  elvai  0eaTdc  beEiouc 

Ktti  lauTTiv  coqpiüTaT'  ^x^iy  tcüv  e/iiuv  KUüjuiiubiüüV 

irpdjTouc  TiEiujc*  dvateOc'  iijuidc ,  i^  irap^cxe  ^oi 

?PTOV  TiXeTcTOV  *  eli'  dvexiwpo'uv  vre'  dvbpdiv  qpopTiKÜüV 

525  flTTTlGeic  OUK  dElOC  UJV  • 

an  dieser  vielbesprochenen  stelle  hat  GHermann  in  der  vorrede  zu 
seiner  zweiten  ausgäbe  s.  XXX  die  unhaltbarkeit  von  irptbiouc  hin- 
länglich erwiesen ,  aber  die  bisherigen  heilversuche  haben  noch  zu 
keinem  befriedigenden  resultate  geführt.  Hermann  nahm  TTpaJTUUC 
aus  Cant.  2  auf,  ohne  nachfolger  zu  finden.  Welckers  Vermutung 
npuüTTiv  nahmen  Kock  und  Meineke  auf.  Kock  erklärte:  'wie  ich 
.  .  auch  umgearbeitet  sie  euch  wieder  darbieten  zu  müssen  glaubte.' 
hat  Aristophanes  so  geschrieben,  so  liegt  in  dieser  fassung  der  werte 
dieselbe  captatio  benevolentiae ,  welche  Hermann  als  in  irpiüTOUC 
enthalten  schon  abgewiesen  hatte,  denn  mag  man  den  begriff  des 
zuerstaufdie  Zuschauer  oder  auf  das  stück  beziehen,  immer  bleibt 


256  WPökel:  bemerkuDgen  zu  Aristophanes. 

es  schwer  zu  sagen,  welchem  andern  publicum  ein  athenischer  dichter 
frtther  als  dem  athenischen  sein  stück  hätte  vorführen  können ,  so 
dasz  er  durch  eine  erste  aufführung  in  Athen  einen  besondem  be- 
weis seines  Vertrauens  auf  das  urteil  und  den  geschmack  seiner  mii- 
bürger  an  den  tag  legen  und  somit  eine  gewisse  Zuversicht  auf  eine 
freundliche  aufnähme  seiner  komödie  aussprechen  konnte,  auch  er- 
sieht man  nicht  aus  Rocks  erklärung,  wie  der  dichter  durch  eine 
'allen  andern  versuchen  mit  neuen  komödien'  voraufgehende  Wieder- 
holung der  überarbeiteten  Wolken  sich  auf  eine  günstige  Stimmung 
des  publicums  rechnung  machen  konnte,  da  es  jedenfalls  vorteil- 
hafter gewesen  wftre,  durch  den  mit  neuen  komödien  errungenen 
siegesruhm  die  erlittene  niederlage  vergessen  zu  machen  und  dann 
erst  das  Übel  behandelte  erzeugnis  seiner  muse  dem  alsdann  günsti- 
ger für  ihn  gestimmten  publicum  darzubieten,  allen  diesen  Schwie- 
rigkeiten glaube  ich  leichter  zu  entgehen,  wenn  ich  besonders  durch 
elTa  V.  524  veranlaszt  die  voraufgehenden  worte  und  namentlich 
V.  523  auf  die  erste  aufführung  beziehe  und  7rpd)iiv  schreibe, 
dann  ergibt  sich  als  sinn:  'im  vertrauen  auf  euer  gesundes  urteil 
und  die  vortrefiflichkeit  meines  Stückes  wagte  ich  jüngst  es  euch 
darzubringen ;  da  jedoch  muste  ich  —  unverdientermaszen  weichen«' 
dasz  in  dvaTeüeiv  der  begriff  des  'wiederum'  nicht  notwendig 
enthalten  sei  (vgl.  Hermann  ao.  s.  XXXII) ,  zeigen  die  erklftrungen 
des  scholiasten  zu  523:  ävtl  ToO  bibd£ai  TÖ  bpäfia*  die  ^Tri  ßpui- 
fidTUJV  bk  \ife\  und  femer  beiSai  ö^Tv  raÜTiiv  sowie  die  analogien 
von  ävaTpAcpu),  dvarr^Wu),  dvatopeüw,  dvabciicvucGai ,  dvabi- 
bdcKw,  dvaKttivoOcGai,  dva^expeiv  (Wo.  152.  203),  dvaßißpiIiCKUJ, 
dvaniveiv  und  unseres  ^auftischen',  vgl.  Bi.  153  toC  6€o0  töv 
XPnc^öv  dvab(ba£ov  auröv  ibc  ix^x.  202  ttOüc  oöv  itpdc  iixt  raOr* 
icTiv;  dvabCbacK^  m^.  1045  Sv  b*  ouk  dvabibdcKCi  c€  täv  XoTiuiV 
tn6jy  — .  We.  514  dvabiboEeiv  oiOMai  c'  ibc  Trdvra  xaOG*  dfiop- 
xdveic.  PL  563  irepl  cuiqppocuviic  fjbTi  xoivuv  irepavui  Kdvabibdiw 
ÖTi  KOC^iÖTTic  oIkcT  füieT'  djLioO.  Vgl.  noch  Krüger  zu  Thuk.  I  32, 1  ua. 

Auch  durch  paläograpbische  gründe  Iftszt  sich  meine  Vermutung 
stützen*,  da  iTpiiuiiv  mit  seinem  i  subscriptum  leicht  in  TrpufTiiv  über- 
gehen (vgl.  Meineke  vind.  Ar.  s.  185)  und  dies  in  irpdiTOiK  verwan- 
delt werden  konnte. 

18.  Wo.  681  ?Ti  hf\  Te  TTcpl  tujv  övo|üidTUJV  füiaOciv  C€  bei, 

Sit*  dppev'  ^ctiv,  Sixa  b*  aürdiv  GiiX^a. 
so  lautete  früher  die  vulgata,  welche  noch  Reisig  coni.  s.  230  an- 
führt,   die  hss.  haben  aber  in  bf|  irepl  Tu^v  ö.  (BV  nach  Hermann), 
iix  T€  TTcpl  Toiv  (nach  Bekker),  ?t*  in  Trepi  tüjv,  ft'  hx  T€  Ticpl 

TdiV ,  ijX  bi\   TTCpi  T€  TÜJV ,  ixx  hi\  T€  TTCpl  T(IlV ,   IXX  brj  f€  ItCpi  T€ 

TUJV.    GHermann  schrieb   1830  lix  bi\  bk  ircpl  tuiv  (cIt*  (tx  T€ 

*  schon  Hücheler  hat  Jahrb.  1861  s.  6d0  f.,  wie  ich  nachträglich 
sohe,  diese  stelle  auf  die  erste  aufführung  bezogen  und  irp<£iTOv  su 
schreiben  vorgeschlagen,  worin  ein  zeitlicher  hinweis  auf  die  erste  auf- 
fährung  liegt. 


WPökel:  bemerkungen  zu  Aristophanes.  257 

1799),  Bergk  und  Kock  (aus  eigner  yermutung)  dXX'  Irx  fe  it., 
Meineke  in  bi  "xe  it.,  dies  für  den  sinn  ganz  befriedigend,  abiir  die 
entstehung  der  Varianten  nicht  hinreichend  eridfirend.  donn  offen- 
bar ist  hier  br)  wie  so  oft  in  den  hss.  als  lückenbüszer  eingeschoben, 
nachdem  zu  anfang  des  verses  eine  silbe  verloren  gegangen  war. 
die  lesart  It^  Iti  ye  it.  in  M  sowie  in  AB  (Bar.  und  Harl.)  bei  Person 
führt  auf  gv  fxi  TC  Ti^A  TUiv  — .  vgl.  We.  818  6v  iix  ttoGu». 
Ekkl.  665  tv  in  lr]TVJ.  ßi.  140  ttöGcv  oöv  fiv  in  t^voito  ttiwXtic 
elc  ^övoc;  Frö.  1436  dXX'  in  ^lav  tvu>|liiiv  dKÄtcpoc  ctirorov. 
PL  413  äXX'  fivuxe  TrpdTTUJV  iv  Te  ti.  Thuk.  Vn  14,  2  el  bi  npoc- 
Tcvricerai  Sv  ^ti  toTc  iToXefiioic.  über  die  so  häufige  verwechselang 
des  EN  uud  ET  vgl.  Dobree  zu  Plutos  980,  welcher  durch  die  er- 
wähnte  lesart  des  Bar.  und  Harl.  zu  der  Vermutung  iff  iv  n  veran- 
laszt  ward ,  welche  von  Dindorf  aufgenommen  ward. 
19«  Wespen  44 

cIt*  'AXKißidbric  cIttc  npöc  fie  rpauXicac  * 
öXqic;  6^u)Xoc  Tf)v  K€(paXf)v  köXqkoc  ^x^i. 
diese  verse  führt  Plutarch  im  leben  des  Alkibiados  c.  1  an  mit  einer 
bemerkenswerten,  aber  bisher  von  den  hgg.  nicht  beachteten  Variante, 
welche  die  aufnähme  in  den  text  hoffentlich  ohne  Widerrede  verdient, 
bei  Plutarch  lautet  nemlich  der  zweite  vers:  öXdc  6^ujXov;  TJ^V 
K6q)aXf)v  KÖXaKOC  Ix^i. 

20.  We.  484 

äp*  Sv  i5  TTpöc  Toiv  Geujv  uficic  dTToXXaxOeiT^  fiou; 
hier  ist  nach  der  Überlieferung  der  alten  grammatiker  und  lexiko- 
graphen  (Hesychios,  Et.  Gud.  udw.,  Et.  M.  79, 12,  Thomas  Magister 
8.  408  [Bitschi],  ApoUonios  de  adv.  s.  536,  lo.  Alex.  32,  4.  vgl. 
Buttmann  uusf.  spr.  II  379  anm.  10  und  Göttling  accentlehre  s.  362) 
w  TTpöc  TUIV  GeÜJV  mit  Bothe  zu  schreiben,  wie  in  derselben  Verbin- 
dung Lys.  857  schon  Brunck  geschrieben  hat,  dem  Bekker  und  die 
neuern  bgg.  gefolgt  sind.  Lys.  836  hat  Brunck  in  der  anmerkung 
wenigstens  tu  vf|  Ai'  dcTi  bf]Ta  als  lesart  seines  codex  angegeben, 
aber  Plutos  458  und  1176  hat  nur  Bothe  w  TTpöc  tujv  0€ujv,  die 
neuern  hgg.  haben  wieder  lü.  femer  ist  zu  schreiben  Ach.  334  fir]- 
bttfitüc  tu  (lö  vulgo)  fiTibafiüüc.  Wo.  1378  u)  (iS  vor  Dindorf)  xi  c* 
eXnvj;  Vö.  274  oötoc  u)  (lö  vor  Bothe)  c^  toi.  Ekkl.  970  &  (c5 
vor  Dindorf)  uceTCUoi.  Ekkl.  160  u)  (iS  vor  Brunck)  vf)  TÖv  'AttöXXuj. 
Thesm.  1019  ui  (ui  vor  Bothe)  TTpöc  aiboOc  C€  Tdv  ^v  fivTpoic,  wel- 
chen vers  Seidler  verbesserte,  auch  u)  KÖaH  ist  Frö.  223,  U)  TiiveXXa 
KaXXiviKOC  Ach.  1231,  lü  qpeö  Vö.  1724  und  tiberall  wo  es  sich 
findet  tu  6ia  zu  schreiben. 

Aber  ebenso  ist  auch  bei  den  imperativen  uü  X^^P^;  ^  X^^P^'^^i 
tu  TTaie  usw.  zu  schreiben ,  auch  wo  tu  dem  imperativ  nachgestellt 
ist,  wie  Lys.  350  ^acov  UJ,  was  an  dieser  stelle  Bothe  aufgenom- 
men hat. 

21.  We.  1440  o\JT{jj  bk  Kttl  cö  TTapdtpex'  €lc  tci  TTiTTdXou. 
vergleicht  man  diese  stelle  mit  den  andern  beiden,  in  welchen  dieses 

Jahrbücher  rür  class.  philol.  1888  hft.  4.  17 


258  WPökel:  bemerkungen  za  Aristophanes. 

arztes  bei  Aristopbanes  erwähnong  geschieht,  nemlich  Ach.  1032 
oÖK  ?CTiv,  dXXä  KXäe  irpöc  touc  (toO  R)  TTiTiäXou  und  1222  GupaZ^ 
\i*  ^Eev^TKOT'  ^c  ToO  TTiTTdXou,  so  wird  man  wohl  keinen  anstand 
nehmen  auch  hier  zu  schreiben  Trapdtpex*  elc  ToC  TTiTrdXou.  schon 
Florens  Christianus,  Scaliger  und  Bentlej  wollten  an  unserer  stelle 
so  schreiben,  und  Ach.  1032  sieht  toC  im  Bav.  und  F.  vgl.  Lobeck 
zu  Pbryn.  s.  100.  noch  ist  zu  erwähnen,  dasz  Elmsley  zu  Ach.  1222 
sagt:  cerunt  qui  malint  utroque  loco  (Ach.  1222.  Vesp.  1432)  d)C 
Touc  TTirrdXou»  und  dasz  Schömann  ao.  s.  15  unter  yerweisung  aof 
seinen  commentar  zu  Isaios  s.  363  u.  244  sich  für  die  Schreibung 
Ttpöc  TOUC  TTiTTdXou  entscheidet. 

22.  We.  1504  =A.  dXX*  ibZupi 

1605       giepoc  xpaTqiööc  KapKiviTTic  ^pxerai, 

dbeXqpöc  auTOu.  <t>l.  vf)  Ai'  dii|iu)viiK'  öpa. 
HA.  fxd  TÖv  Ai'  oubev  t*  dXXo  nX/jv  fe  xopKivouc  • 
TTpoc^pxexai  top  ?T€poc  aö  t&v  KapKivou. 
in  y.  1507  nahm  Brunck  an  dem  doppelten  fe  anstosz  und  strich, 
wie  ich  glaube  mit  unrecht,  das  erstere,  und  die  neuem  hgg.  folgten 
ihm  Botbe  ausgenommen.  Meineke  aber  änderte  seine  ansieht  nnd 
sagte  vind.  Ar.  s.  37:  'nunc  suspicor  alterum  potius  T€>  quod  post 
TrXr)V  legitur,  delendum  esse,  poetam  autem  scripsisse  fid  TÖV  AC 
oub^v  T*  dXX'  öpa»  iTXf)v  KapKivouc  neque  enim  apparet  unde 
accusativus  suspensus  sit.  Bergkius  tentabat  n\r\y  fe  Kapidvou.' 
wäre  aber  öpüj  die  ursprüngliche  lesart,  so  wäre  nach  dessen  aus- 
fall  nimmermehr  t€  nach  irXfjv  eingeschoben  worden,  das  auch  an 
sich  schon  zu  erklären  nicht  leicht  ist.  vielmehr  hängt  KOpKivouc 
von  d)i|idivilKa  v.  1506  ab,  und  in  der  stelle  handelt  es  sich  um  ein 
Wortspiel  zwischen  KapKivoc  und  KapKivoc.  Badham  schreibt  'ad- 
hortatio  ad  discipulos  academiae  Sydneiensis'  (1869)  s.  29  oäö^v  f* 
äXXo  irXfiv  T  KapKivouc  dh.  rpeic  KapKivouc. 

23.  Friede  50  ifvj  hk  TÖv  Xötov  ye  TOici  Traibioic 

Kai  ToTciv  dvbpioici  xal  toic  dvbpdciv 
Kai  Toic  änepTdToiciv  dvbpdciv  q)pdcu) 

KOl  TOIC  ÖTTepTlVOp^OUClV  ?Tl  TOUTOlC  |idXa. 

dasz  f Ti  |idXa  im  sinne  von  It\  ^dXXov  zu  erklären  sei ,  wird  sich 
schwerlich  nachweisen  lassen:  denn  auch  unten  v.  280  und  462 
sowie  Frö.  864  Kai  töv  MeX^aypov  kSti  ^dXa  töv  TfjXeqpov  heiszt 
^Ti  fidXa  'erst  recht',  aber  wenn  man  auch  die  richtigkeit  der  eben 
bestrittenen  auffassung  zugeben  wollte,  so  ist  doch  der  dativ  tou- 
TOic,  der  zu  iJTrepiivop^ouciv  gehört,  sehr  befremdend,  da  die  übri- 
gen mit  diesem  letzten  verbundenen  Satzglieder  des  demonstrativs 
entbehren,  aber  in  ganz  leichter  weise  läszt  sich  helfen,  wenn  man 
^Ti  TOUTUiV  fidXa  oder,  was  nur  die  änderung  öines  buchstabens  ver- 
langt, ^ttI  TOUTOic  fidXa  schreibt,  nemlich  im  «  'auszer'  wie  zb. 
Xen.  Kjrup.  IV  5,38  steht:  kqI  dvbpec  iirl  toütoic  und  Ar.  Plutos 
1001  Kai  Ttpdc  in\  toütoic  eincv.  Fri.  1025  c^  toi  .  .  XP^  cxKac 
beupl  Tid^vai  Tox^ujc  Td  t€  TTpöcq>opa  TtdvT'  inX  toütoic. 


WFökel:  bemerkungen  za  Arisiophaiies.  259 

24«  Fri.  242  iüb  TTpacial . .  die  dnoXckGc  zi^epoyf. 

246  iui  tAifapa  Mifap*  die  £inTpii|iicO'  aöriKa 
&no£&nayia  KarajyiejyiUTTiuTeujyi^va. 

250  iib  CiKeXia  xat  cu  V  die  ärröXXucat. 
um  den  zweiten  dieser  yerse  handelt  es  sich  allein,  in  welchem  BV 
nach  Bekker  (Inyemizi  schweigt)  iZ)  statt  Idi  bieten.  Bentley  schrieb 
lü  Mi'fapa  M^TCtp'  d»c  ^TTiTpißifjcecd*  airrkcu  bei  Dobree  zu  PL  137 
lesen  wir:  'memini  Porsonum  probare  e  schol.  lü  M^t^pa;  M^inxp' 
die.  neque  ^mTpii|iO)Liat  neqne  ^mTCTpi^iOfLiGU  se  legisse  reoordabator ; 
dubitanter  proponebat  iimpif^i\cecQ\  aliqaando  cogitabam  imiO 
Tpiq>9'  eic  airriKa ,  ut  367.'  nach  den  adrers.  s.  242  wollte  Porson 
aber  nur  die  streichen,  dagegen  iui  nnd  £7TtTp{i|iecd'  erhalten  (£in- 
Tpiiped'  im  Leipziger  abdruck  ist  ein  druckfehler).  weit  entschie- 
dener sagte  Elmsley  in  Edinburgh  review  XXXVII 68  (in  dem  Leip- 
ziger abdruck  von  Eur.  Iph.  Aul.  et  Taur.  ed.  Markland  s.249  anm.): 
Un  addition  to  the  tribrach  before  the  anapest,  we  suspect  that  the 
passive  sense  of  ^TTiTpiipecde  is  destitute  of  authoritj.  we  read:  idi 
MeTO(pf)c,  die  ^TriTeTpiipecd*  aörixa  diraSdirovrec  icaTa^e|LiuTruiT€u- 
fi^voi.'  die  neuem  hgg.  adoptierten  eifrig  diesen  verschlag,  be- 
hielten aber  zu  anfang  des  ersten  verses  (246)  Bentlejs  ftnderung 
bei,  so  dasz  der  vers  in  folgender  gestalt  gewöhnlich  in  unsem 
texten  erscheint:  \b  tAif apa  M^t^^p"  die  ^mTeTpiipecd'  airrixa.  was 
nun  den  von  Elmsley  bezweifelten  passiven  gebrauch  der  hsl.  lesart 
^TriTpiipecde  betrifft,  so  hat  Elmsley  fibersehen,  dasz  Thukydides 
zweimal  wenigstens  das  simplez  Tpii|io)Liai  passivisch  gebraucht,  nem- 
lieh  VI  18,  7  und  VII  42,  6;  auszerdem  aber  Sophokles  fr.  439  N. 
(429  D.)  (in  welchem  corrupten  fragment  vielleicht  ^kttiuiv  ti  statt 
Ikttiövti  zu  lesen  ist)  und  Lukianos  Ikar.  33 ,  und  durch  diese  vier 
stellen  erscheint  mir  dTTiTpii|i€cde  im  passiven  sinne  bei  einem  dichter 
hinlänglich  geschützt,  das  zusammentreffen  eines  tribrachys  aber  mit 
einem  anapäst  pflegen  die  neuern  metnker  im  trimeter  der  komiker, 
wenn  beide  füsze  verschiedenen  dipodien  angehörend  durch  die  diä- 
resis  getrennt  sind,  nicht  weiter  zu  beanstanden,  es  bleibt  nun  noch 
übrig  die  unleugbare  härte  in  der  pronuntiation  des  verses  wenig- 
stens zu  berühren,  welche  nicht  gehoben  wird,  wenn  wir  mit  Enger 
Jahrb.  1865  s.  114  ujc  weglassen,  was  ja  auch  schon  Porson  gewollt 
hatte,  was  aber  von  Hermann  elem.  doctr.  metr.  s.  138  durch  die 
bemerkung  widerlegt  ist,  dasz  die  durch  die  unserm  verse  ganz  ent- 
sprechend gebildeten  verse  237.  243.  250  geschützt  wird,  aber  wie 
wir  über  die  ausspräche  des  griechischen  überhaupt  doch  sehr  wenig 
sichere  künde  haben,  so  wird  die  recitation  griechischer  verse  uns 
vielfach  rätselhaft  bleiben,  und  nach  unsern  subjectiven  ansichten 
über  rhythmischen  vertrag  sind  wir  wohl  schwerlich  berechtigt  die 
anderweitig  geschützte  Überlieferung  in  zweifei  zu  ziehen,  läszt  sich 
aber  die  vulgata  iu)  Mi'XOLpa  M^Tap'  die  ^TTiTpii|i€c9*  auTiKa  durch 
die  angegebenen  gründe  verteidigen ,  so  musz  auch  gegen  die  auto* 
rität  des  Bav.  iu)  beibehalten  werden ,  weil  ja  gerade  dieselbe  form 

17* 


260  WPökel:  bemerkaogen  za  Aristophanes. 

der  verse  242  Üb  TTpacial  —  und  250  iui  CiKcXia  notwendig  darauf 
führt ,  wie  dies  {iQch  schon  längst  yon  Hermann  ao.  und  von  Reisig 
coni.  s.  13  f.  gegen  Erfiirdts  Vorschlag  iuj  lAifap*  \b  Mifap"  zu 
schreiben  hervorgehoben  worden  ist. 

25.  Fri.  274  oÖKOuv  Irepov  bt{f  bc  AaKe5a(|iovoc  fi^rei 

ävucac  Ti ; 
bf\xa  findet  sich  in  keiner  bs.,  so  weit  deren  collationen  bekannt 
geworden  sind,  sondern  ist  eine  &nderung  der  ersten  ausgaben,  wie 
der  Junt.  I,  vielleicht  auch  der  Aldina,  welche  ich  nioht  besitze,  im 
Bav.  steht  nach  Invernizi  und  Eeisig,  welcher  Seidlers  abschrift  von 
Bekkers  collation  des  Bav.  benutzte,  y*  ^t',  während  Bekker  T^  n 
anführt,  was  die  übrigfen  hss.  auch  zu  enthalten  scheinen.  Dindoif 
und  Bergk  schrieben  t^  tiv',  während  die  übrigen  hgg.  bf^ra  bei- 
behielten. Beisig  vermutete  coni.  s.  23  y*  0'iT\  was  Dindorf  nur  in 
seiner  ersten  ausgäbe  und  Boissonade  aufnahmen,  aber  bf^Ta  hat 
gar  keine  autorit&t  und  die  lesart  aller  hss.  führt  auf  f^  f  t*,  was 
Invernizi  ja  geradezu  aus  Bav.  anführt,  vielleicht  wird  bald  Velsens 
collation  uus  darüber  gewisheit  bringen,  übrigens  ist  T^  Ti  auch  «»> 
X*  ^Ti  und  für  y'  ii*  sprechen  folgende  stellen  unseres  dichters: 
Wo.  1440  oci^ax  bk  x^T^pav  in  TViwjinv.  (Fri.  17  xai  xpiß'  ?6' 
ix^poc.)  Fri.  423  x^Tep*  fxi  ttöXX'  Scic  dTaOa.  Vö.  1616  gxepöv 
vuv  ?xi  äKOucaO'. 

26.  Vögel  599 

xouc  Gricaupouc  x'  auxoic  bei^ouc'  oOc  o\  Trpöxepov  Kox^devxo 
xoiv  dipTupiuiv. 
für  npöxepov  hat  der  Yen.  nach  Bekker  (vielleicht  aber  ist  B  ge- 
meint) iTpöxepoi ,  und  so  haben  die  alten  ausgaben  bis  auf  Bekker. 
Dindorf  schrieb  TTpöxepov  nach  "RFJ  Vat  aber  Aristophanes  sagt 
zwar  Bi.  1255  akx^vopai  xoi  xaic  npöxepov  d^apxiaic  und  Frö.  691 
xdc  Trpöxepov  dfiapxiac,  aber  substantiviert  nie  ol  Trpöxepov,  son- 
dern o\  Trpöxepoi:  vgl.  Wo.  935  ^iribeiSai  cu  xe  xouc  npox^uc 
äxx'  £bibacK€c.  1029  €ubaipov€C  b'  fjcav  äp'  ol  2Iuivx€C  im  xwv 
irpox^puiv. 

29.  Vö.  641  dXX*  d>c  xdxicxa  bei  xi  bpäv  irpdixov  b^  X€ 

elc^Gcx*  elc  veoxxidv  t^  xf|v  iyLr\v 
Kai  xd^d  Kdpq)Ti  kqI  xd  irapövxa  (pputava. 
so  las  man  früher ,  und  nur  im  Flor.  J  findet  sich  bi  xi  für  das  un- 
möglich richtige  bi  X€,  wofür  Dindorf  in  der  Par.  bi  xoi  schrieb. 
Dobree  vermutete  adv.  II  220  bi  T€  und  im  folgenden  verse  V€0xxiav 
X€  für  V€0xx{av  t^i  was  Bothe  und  Meineke  aufnahmen,  den  accent 
von  V€0xx(av  verbesserte  in  veoxxidv  Lobeck  zu  Phryn.  s.  207. 
Blaydes  nahm  1882  TTpübxicxa  bi  auf.  seit  sehr  langer  zeit  halte  ich 
es  für  wahrscheinlich  bi  X€  in  b'  1x6  zu  ändern:  vgl.  Wo.  860  dXX* 
tei  ßdbi2:',  tuiMCV.  Bi.  1299  W  .  .  ÖeXBc  Kai  EurrvuiOu  Wo.  237 
(6i  vuv  Kaxdßi)6'.  Fri.  1207  I6i  vuv  KaxaB^pevoi  irap"  ^ol  xoOx" 
€(cix€.  Soph.  Aias  988  16*  ixKÖvei,  cuTKOfive.  El.  1095  W  dt  pivai 
brjXuicov.   Eur.  Hek.  1093  1x6  pöXexe  npöc  Ocujv.   eben  diese  con- 


WPökel:  bemerkimgeii  so  ArietopImnM.  261 

jecinr  fand  ich  spftter  bei  Beisig,  ab«r  in  der  vonrede  der  eonu  8. 71 
yersteckt.  Dindorf  nahm  sie  1825  aai^  aber  aokon  1830  bi  T€. 

30.  Yö.  1674  öiKat'  £)ioiT€  xal  irdXtv  boxelc  X^tv 

irepl  Tfic  KÖpTic,  ndtfwj^  mtpobibuifif  cot. 
diese  worte  des  Herakles  fteziehen  sieh  smück  vat  die  fbrdenmg  des 
Peithetairos  1634  t^iv  ik  BociXetav  t^iv  jßSfnjy  fwabi*  dfiol  acbo* 
T^ov  Icriv.  für  naXiv  haben  aber  alle  ausgaben  von  Akhis  bis  Bnmck 
irdXcn,  erst  Invemizi  nnd  Bekker  nahmen  ans  Bav.  iräXtv  anf ,  nnd 
ihnen  folgten  die  neuem  hgg.  Lenting  allein  billigte  s.  88  irdXoi, 
was  der  sinn  hier  dorehans  verlangt,  nnd  somit  kann  gar  nicht  in 
betradit  kommen,  ob  TTAAIN  oder  TTAAAI  in  dem  nrtext  stand«  denn 
Herakles,  gereizt  darch  die  ihm  von  Peithetairos  an  gemflte  gefllhrte 
Ungerechtigkeit  seines  vaters  Zeus  und  gdodkt  durch  die  ihm  all 
künftigem  herscher  des  neuen  vogebeidies  in  aussieht  gestellten 
vorteile,  erklttrt  sich  ffir  flberzeugt  und  bereit  der  gestellten  forderung 
sich  zu  fOgen.  auszer  in  1536  f.  findet  sich  keine  weitere  erwihnnng 
der  Köpii,  und  daher  kann  iräXtv  nicht  richtig  sein^  sondern  ist  viel- 
leicht aus  1626  TÖ  acf^iTTpov  diroöofivat  irdXtv  ipriqpKoMat  TOiJTOtc 
if^  in  1674  hineingeraten,  wenn  es  nicht  ein  blosser  Schreib- 
fehler ist. 

31.  Ljsistrate  69 

MY.  ^«Ilv  öcT€poi  Trdp€Cjyi€v,  di  Aiiacrpdn); 

ri  q>ifjc ;  ti  cit^  ;  AY.  oök  diroivui  Muppivt)V 

flKOucav  öpri  ttcpl  TOiothou  rtpicnionoc. 
die  hss.  A  B  Voss.  J  haben  in  v.  70  vermutlich  Muppivri,  da  keine  ab- 
weichnng  aus  ihnen  angemerkt  ist.  Invemizi  fand  aber  im  Bav.  Mup- 
piviiv  und  nahm  dies  auf.  nach  Bekker  hat  dagegen  der  Bav.  jiupptvi)! 
(nach  Velsen  )Liuppivr|i,  )Liuß^ivr)i  von  zweiter  band),  weshalb  Enger 
mit  recht  dnaivu),  Muppivr)  beibehielt,  zumal  gerade  in  der  Ljsistrate 
die  autorität  des  B  weit  geringer  ist  als  in  den  fibrigen  komödien. 
aber  mit  Veränderung  6ines  buchstabens  wird  die  structur  des  satzes 
weit  gelenkiger,  nemlich  oC  c'  diroivui,  Muppivri,  f^KOucav  fipTt  usw. 
dieselbe  Vermutung  ist  übrigens  auch  schon  von  Halbertsma  proso- 
pogr.  Arist.  s.  118  gemacht,  aber  bisher  unbeachtet  geblieben,  ebenso 
ist  vielleicht 

32.  Thesm.  1213  (b  fp^bx*,  ÜJ  TP^'.  ouK  iiraivuj  Tfxjtbto 
oOk  ^Traivu»  TP<jibio  in  od  c'  dnaiv'  ib  fp^öto  zu  ftndem.  Meineke 
schlug  vor  OUK  dTraiv'  (b  ffH^bxo  oder  oö  c'  diraivui  TP<j^bio.  der 
Skythe  sagt  aber  auch  1003  äXXd  TauTQ  bpöc'  Ijib,  1179  ou  KUiXüc* 
iydj  und  1198  dXX'  £k'  tbb^v  (oöb^v  vulg.),  und  da  er  zu  anfang  des 
verses  \b  TP<!töt\  o5  yp^*  sagt,  so  wird  auch  beim  letzten  Tpdbio  das 
d)  an  seiner  stelle  sein.  * 

33.  Lys.  1049  dXX*  dnaTT^XX^ui  |  ttäc  dv#|p  koI  tuv/j,  |  et  Tic 

dpTupCöiov  öeiJTai  Xaßeiv  |iväc  f^  öu'  f\  rpetc 
es  bedarf  nicht  vieler  worte ,  sondern  nur  der  einfachen  andeutung, 
dasz  es  dpyupibiou  heiszen  musz,  abhSngig  von  jyiväc  f|  bu*  {^ 
TpeTc  so  verlangt  es  der  feste  Sprachgebrauch  der  Attiker:  vgL 


262  WPökel:  bemerkoDgen  zu  Aristophanes. 

Plutos  982  dXX'  dpTupiou  bpaxMÖic  fiv  ^ttic'  €!kociv  €ic  Ifndnov. 
Xen.  Anab.  I  4,  13  6  b*  utt^cxcto  dvbpl  ^KdcTiu  buiceiv  tt^vtc 
dpTupiou  {üivac. 

34.  Thesmophoriazusai  555 

)Llä  Ai'  OUb^TTUJ  Tf|V  |LlUplOCTf|V  floTpaV  iLv  TTOloOjiCV. 

direl  Tab'  oök  cipiix*,  öpqic,  iLc  ciXcTTibac  Xaßoucat 
inena  ciq)U)vi2[o)Li€v  töv  oTvov. 
in  diesem  Sündenregister,  welches  Mnesilochos  in  weiblicher  yer- 
kleidung  der  frauenversamlnng  vorhält,  um  durch  das  in  ihnen  zu 
erweckende  schuldbewustsein  sie  milder  gegen  seinen  iniuriaram  be- 
langteji  eidam  Euripides  zu  stimmen,  kann  er  sich  unmöglich  an  6ine 
einzelne  frau  in  der  versamlung  wenden,  sondern  so  wie  er  490 
öpaT€  sagt,  musz  auch  hier  OUK  €Ip1lX^  öpäO',  dbc  geschrieben  wer- 
den,   derselbe  fehler  findet  sich 

36.  Thesm.  496  laOö',  6pqlc,  |  oöttiwttgt'  cIttcv,  wo  auch  6  pär* 
geschrieben  werden  musz.  über  die  elision  am  versende  vgl.  Krüger 
spr.  II  §  11,  3,  5,  zu  dessen  samlung  b'  Ar.  Ekkl.  351,  ^*  Frö.  298 
und  OOpar  Ach.  359  von  mir  in  der  fünften  aufläge  hinzugefügt 
sind,  übrigens  übersetzt  Voss  496:  'das,  seht  ihr,  hat  er  nie  gemel- 
det,' aber  556  steht  'siehst  du'. 

36.  Frösche  270  f  Kßaiv',  diröbGC  töv  vaöXov.  IT  ?X€  b#|  TibßöXw. 
so  kann  allerdings  der  alte  Charon,  als  er  den  Dionjsos  gelandet, 
zu  demselben  sprechen ,  und  man  wird  vielleicht  an  dem  asyndeton 
keinen  besondem  anstosz  nehmen ,  ohne  indessen  eine  befriedigende 
erklärung  des  asyndeton  geben  zu  können,  aber  unstreitig  erhftlt 
die  ganze  stelle  eine  weit  lebhaftere  fUrbung,  wenn  man  ATTOAOC  in 
d  TT  0  b  0  u  c  auflöst  und  die  vorsiebt  des  Charon  beachtet,  der  erst  nach 
voraufgegangener  bezahlung  seinen  passagier  will  aussteigen  lassen, 
diese  emendation  ist  schon  von  Halbertsma  prosopogr.  Arist.  s.  120 
veröffentlicht,  von  Meineke  zwar  erwähnt,  aber  nur  von  Blaydes 
aufgenommen  worden. 

37.  Frö.  649  O0KOUV  dvüceic;  laTTaxai  laTrarai. 

so  lautet  der  vers  bei  Meineke  nach  Dobree  und  GHermann  und  der 
lesart  des  Rav.  entsprechend,  in  welchem  der  ausruf  als  ^in  wort 
geschrieben  ist.  vor  Invernizi  schrieb  man  laTTaiai.  AI.  xi  bf|  Taxai; 
Brunck  nahm  aus  seinen  hss.  auf  iarraTai.  AI.  ri  b*  iarraTai;  aber 
der  Yen.  enthält  ri  TarraTaT.  AIA.  ri  TarraTai  und  die  Mutinenses 
mn  anscheinend  iaiTaTai.  AIA.  ri  rdTrarai;  BThiersch  erkannte 
richtig ,  dasz  in  der  lesart  des  Yen.  Ti  zu  dvuceic  gehöre  und  dasz 
Aiakos  den  schmerzensruf  des  Xanthias  wiederholen  müsse,  er  nahm 
daher  auf:  oCkouv  dvuceic  xi;  diraTai.  AI.  ti  Tdirarai.  ganz  die- 
selbe gestalt  hat  der  vers  bei  Meier  de  Ar.  Ranis  III  (1852)  s.  XI, 
der  im  folgenden  sich  weiter  über  die  notwendigkeit  dieser  Schrei- 
bung ausspricht,  ich  habe  nichts  weiter  hinzuzufügen  als  dasz  in  der 
vom  Yen.  überlieferten  krasis  rdTTarai  doch  offenbar  nur  tö  drraTai, 
80  wie  in  dem  larraTaT  der  gewöhnlichen  lesart  das  zu  dvuceic  ge- 
hörige ri  deutlich  genug  steckt,    so  hat  den  vers  endlich  ThFCock 


WPökel:  bemerkangen  zu  Aristophanes.  263 

geschrieben,  aber  Meineke  und  Dindorf  (poetae  scen.  1869)  haben 
davon  keine  notiz  genommen,  auch  in  betreff  des  dem  eben  bespro- 
chenen verse  kurz  vorhergehenden  v.  645  will  ich  den  freunden  des 
dichters  die  form  zu  wiederholter  erwägung  empfehlen,  welche 
Fritzsche  demselben  gegeben,  welche  aber  den  beifall  der  folgenden 
hgg.  nicht  gefunden  hat,  jedoch  mit  der  einschränkung,  dasz  die  ge- 
wöhnliche aufeinanderfolge  der  verse  und  somit  die  lesart  des  Rav. 
beibehalten  wird: 

HA.  IbOli*  CKÖ7T€l  VUV,  f{V  fl*  UTTOKlVllCaVT*  ibqC. 

645  f{hr]  'n&jaJEac;   AI.  ou  fid  Ai*.   HA.  oub'  djuci  boKeic. 

38.  Ekklesiazusai  581 

dXX'  Ol)  M^XXeiv,  dXX'  äiTTecGai  kqi  bf|  XP^  tqTc  biavoimc, 
die  TÖ  xaxuveiv  xopiTUJV  fiex^x^*  TiXeTcrov  napä  xoTci  Georaic. 
äTTT€c8ai  mit  dem  dativ  des  objects  ist  bei  Attikem  eine  ganz  uner- 
hörte construction ,  welche  überdies  nur  noch  bei  Pindaros  vorzu- 
kommen scheint,  während  Aischylos  Sieben  222  CTpdT€U|i'  dTTTÖfic- 
VOV  TTupi  batip  gar  nicht  hierher  gezogen  werden  kann.  TFaber 
vermutete  Tfic  biavoiac  und  Bergler  tüjv  biavoidiv,  welches  letztere 
sicherlich  sehr  weit  von  der  übereinstimmenden  hsl.  Überlieferung 
abliegt,  vielleicht  liesze  sich  allein  durch  Umstellung  eines  buch- 
stabens  die  stelle  herstellen,  wenn  man  nemlich  dXXd  irr^cOai 
schreibt,  aber  eine  ganz  passende  parallelstelle  habe  ich  nicht  zur 
band,  denn  Soph.  OT.  487  TTCTOMm  b*  dXmciv  ist  doch  von  unserer 
stelle  ganz  verschieden,  aus  dem  commentar  der  Bekkerschen  aus- 
gäbe habe  ich  ersehen ,  dasz  schon  Bentlej  dieselbe  Vermutung  ge- 
macht, aber  mit  einer  nicht  ausreichenden  parallelstelle,  Lys.  55 
7TeT0|i€Vac  ^k€IV  TrdXai  geschützt  hat.  es  bedarf  einer  stelle  in  wel- 
cher TT^TOjuiai  mit  dem  dativ  des  Zieles  construiert  ist,  und  eine  solche 
kann  ich  nicht  finden. 

39.  Ekkl.  675  ujcT€  ßabKeiv  ek  dXXrjXouc. 

so  steht  nach  Invernizi  und  Bekker  im  Rav.;  und  ihnen  folgte  Dindorf 
früher,  in  den  Oxforder  annot.  aber  vermutete  er  eic  dXXi^XoiV;  was 
er  auch  in  der  Par.  und  später  aufnahm,  aber  es  scheint  ganz  über- 
sehen, dasz  alle  alten  ausgaben  vor  Invernizi  von  der  Junt.  I  (viel- 
leicht auch  Aid.)  bis  Brunck  ibc  dXXr|Xouc  bieten ,  und  da  Brunck 
keine  abweichung  seiner  hss.  angibt,  so  ist  es  wenigstens  möglich 
dasz  auch  sie  ibc  dXXr|Xouc  enthalten,  es  liegt  daher  nahe,  da  ja  eic 
und  ujc  in  hss.  so  oft  verwechselt  werden,  hier  gegen  die  autorität 
des  Rav.  zu  der  vulgata  zurückzukehren  und  U)C  dXXi^Xouc  zu  schrei- 
ben, was  ich  jetzt  bei  Blaydes  gefunden  habe. 

40.  Plutos  834 

AI.  Kay\jj  jitv  Jj/iTiv  oöc  t^ujc 

835  €i)r|pY€Tr]ca  beojuievouc  SEeiv  cpiXouc 
övTujc  ßeßaiouc,  €i  beriGeiTiv  ttot^* 
0*1  b'  dE€Tpe7T0VT0  KOUK  dbÖKOuv  öpdv  ja*  fii. 

KA.  Kai  KQTCT^XuJV  V  €Ö  olb'  ÖTi.   AI.  KO^bq  nky  oiüv. 
aiJXMÖc  tdp  tüv  Tujv  CKCuapioiv  fi'  diruiXecev. 


264  WPökel:  bemerkongen  su  Aristophanes. 

nm  den  letzten  dieser  verse  bandelt  es  sich,  an  welcbem  zuerst  Kflster 
anstiesz,  indem  er  sagte :  'locus  antem  bie,  si  verum  fatear,  örrouXoc 
mibi  nee  satis  planus  videtur.  nisi  forte  sensus  sit :  squalor  vasomm 
i.  e.  paupertas  me  perdidit/  warum  Küster  die  ricbtigkeit  des  verses 
bezweifelte,  bat  weder  er  selbst  gesagt  noch  irgend  einer  der  folgen- 
den erklärer  angeben  können,  es  Ifttzt  sieb  aber  vermuten,  dasz  er 
das  pari  durv  ebenso  wenig  genügend  erklären  konnte  wie  jeder  der 
den  vers  scharf  ins  äuge  faszt.  Brunck  sagt  ganz  kurz :  'psÄücipium 
u5v  hie  ut  saepe  abundat',  was  zu  widerlegen  sich  bisher  niemand 
die  mühe  gegeben  hat.  Bergk  erklärt  den  veni  für  'i^rte  inter- 
polatus'  und  sucht  mit  zwei  ganz  unwahrscheinlichen  vorschlagen 
demselben  zu  bilfe  zu  kommen.  Meineke  gibt  den  vers  dem 
Kanon,  indem  er  c'  für  )üi'  schreibt  und  will  vind.  Arist.  s.  101 
in  dem  u[iv  denselben  gebrauch  des  part.  erkennen,  der  We.  602  {^ 
bouXeiov  oOcav  £(pacK€C  Kod  umipeciav  diro^ciEeiv  sich  zeige,  wie 
er  auch  Vü.  725  S£€T€  XP^cGai  fnävTca  |ioucatc  aCpaic  dies  letzte 
wort  in  oöcatc  verwandelt  aber  von  der  angeführten  stelle  der 
Wespen  wenigstens,  da  die  conjectur  zu  dem  verse  der  Vögel  nicht 
in  betracht  kommen  kann,  ist  doch  schon  auf  den  ersten  blick  unsere 
stelle  himmelweit  verschieden,  da  hier  der  nominativ  des  part.,  wie 
man  auch  sich  wenden  will,  sich  nicht  anders  als  absolut  fassen  läszt 
und  ein  solcher  gebrauch  bei  Aristophanes  wenigstens  sich  nicht  er- 
weisen läszt.  es  ist  noch  zn  erwähnen,  dasz  Beiske  aöxfiöc  y&p,  A 
Tdv,  CK€iKxpiuiv  fx'  ändiXccev  und  Fritzsche  auxjnöc  T^p  Avruic 
CK€uapfuiV  vorgeschlagen  hat.  der  scboliast  erklärt  nun  unsere 
stelle  folgendermaszen :  tö  Öf)c,  inihXed  ^€  6  uiv  aux^iöc  tüjv  ciccu«' 
apiuiv  i^Tdu)vdvTlToObfj;  und  in  einem  andern  scholion,  wel- 
ches Brunck  aus  cod.  C  zuerst  veröffentlicht  hat ,  steht  ebenfalls  t^ 
fi)V  f^  ävrl  ToO  oOv  voriT^ov ,  wo  offenbar  wie  in  dem  zuerst  ange- 
führten scholion  f\  TÖ  £iv  ivA  toO  o{iv  zu  schreiben  ist.  wie  nun 
in  dem  erstem  scholion  das  UJV  ohne  spiritus  und  accent  steht,  so 
führt  auch  Hemsterhuis  dieselbe  Schreibart  aus  einzelnen  ausgaben 
an.  diese  erklärung  des  scholiasten  hat  mich  auf  die  Vermutung  ge- 
führt, dasz  statt  des  mir  unerträglichen  part.  i&v  geradezu  oCv  zu 
schreiben  und  auszerdem  aöxMÖc  zu  bessern  ist,  also  at&XM^c  y&f> 
oSv  TUiv  CK€uapiu)V  )Li*  dndiXeccv.  die  Verbindung  xdp  oOv  belege 
ich  für  Aristophanes  durch  die  stellen:  We.  726  cu  ifdp  oOv  vöv  fuiot 
vikSv  TroXXif)  beöÖKiicai.  Vö.  39  ol  fitv  ydp  oöv  t^ttitcc  ?va  iif\v* 
t\  buo  im  TUIV  Kpobdiv  $bouciv.  Thesm.  164  toOtov  ydp  odv  diafi- 
Koac  und  verweise  auf  Elmsley  zn  Sopb.  OK.  495.  —  Nachdem  idi 
dies  geschrieben,  fand  ich  bei  Holden  (ed.  III)  die  lakonische  bemer- 
kung:  'quidni  fäp  oöv?* 

41.  Plutos  993  dXX'  ouxi  toi  vOv  ö  ßbcXupöc  töv  voOv  ^x^t 

TÖv  aÖTÖv,  dXXd  iroXu  |ic8<cniK€V  wdvu. 
für  ndvu  vermutet  Bergk  chaud  dubio  corrigendum  Tpönou» ,  ich 
schlage  ttdXiv  vor.     die  vulgata  iht  mir  deshalb  anstöszig,  weil 
ndvu  von  ttoXu  wenn  auch  nur  durch  einschiebung  öines  wertes  ge- 


WPökel:  bemerknngeB  m  Arittoidianes.  265 

trennt  ist.  denn  Arist.  trennt  sonst  nicht  ohne  not  ttdvu 
Ton  iroXuCy  sondern  sagt  nor  Ttdvu  iroXüc  oder  iroXuc  irdvu: 
vgl.  BL  1134  c!  CGI  7nwcvÖTr|C  2v€Ct*  iv  t*^  Tpdirip  . .  routtp  ttdvu 
itoXXfj.  Wo.  824  xujpoOc*  aörm  ttdvu  itoXXcd  öid  vSr^  koiXuiv. 
Vö.  573  xdXXoi  T€  ^ol  ttdvu  TtoXXoL  PL  389  oötuj  tidvu  troXXd 
K€KXo<pac;  We.  1176  riva  bf^r'  öv  X^toic;  T  ttoXXoöc  trdvu.  Pri. 
727  übe  TtoXXoi  ttdvu  ttoOouvrec  öndc  dvafi^vouc'  £ctuköt€C.  Frö. 
759  ttpäTMa  niya  K6iavT)Tai,  ^4rfa  Iv  toic  veKpoia  Kcd  crdac  ttoXXfj 
ttdvu.  1123  Kai  ttoTov  outou  ßacovietc;  T  ttoXXouc  ttdvu.  Ekkl.  55 
öpur  ttpocioucac  xdr^P^^c  troXXdc  ttdvu  T^vaiKac'  nur  We.  980 
heiszt  es  toCto  ttoXXouc  hi\  ttdvu  ^ttd-nicev.  auch  möchte  die 
alte  nicht  so  sehr  die  sehr  grosze  Terändemng  in  der  neigong  ihres 
geliebten  als  vielmehr  den  Wechsel  selbst  beklagen. 

Znm  schlasz  eine  personen&nderung: 

42.  Thesm.  249 
€Y.   "AtdOiuv,  dtteibf)  cauTÖv  dttibouvm  q)6ov€ic, 

260  dXX*  l^dTlOV  TOUV  XPflcOV  f|MlV  TOUTIfA 

Kttl  cxpöcpiov  QU  ydp  Tauxd  t'  übe  oök  fcr*  ipeic 

Ar.    Xa)ißdveT€  kqI  xP^cO'*  oi»  qiOoviS^.  MN.  ri  o&v  Xdßui; 

Ar.    8  Ti;  TÖv  KpoKurrärv  ttpaiTOV  ivötiou  Xaßdrv. 

MN.  vf|  Tf|V  AqppobiTTiv  i\h\}  t'  ÄZei  trocBtou. 
256  cu2Iuk:ov  dvücac.   atpe  vuv  crpöqpiov.   €Y.  Ibou. 

in  dieser  ergötzlichen  scene ,  in  welcher  Mnesilochos  mit  der  garde- 
robe  des  Agathen  ausstaffiert  wird ,  gibt  man  v.  253  dem  Agathon 
meiner  ansieht  nach  mit  unrecht,  denn  Agathon  verhält  sich  in  der 
ganzen  scene ,  wie  Enger  in  seinem  coramentar  zdst.  klar  dargelegt 
hat,  möglichst  passiv  und  läszt  sich  mit  schwer  verhaltenem  Unwillen 
die  manigfachen  requisiten  des  weiblichen  costttms  förmlich  ab- 
pressen, das  beweisen  besonders  seine  kurzen  antworten  219.  252. 
257.  261.  262.  endlich  ermannt  er  sich,  um  der  lästigen  scene  ein 
ende  zu  machen,  zu  den  worten  264  cu  toOto  TifViüCK''  dXX'  fx^ic 
tdp  luv  b^ei,  eicui  nc  übe  raxicrd  |i'  dcKUKXncdnu.  daher  kann 
Agathon  die  frage  des  Mnesilochos  v.  252  t(  oOv  Xdßuu;  mit  seinem 
rate  nicht  beantworten,  treffend  sagt  Enger:  'nullum  inveneris 
locum,  ex  quo  Agathonem  quasi  ancillae  partes  agere  appareat,  cum 
plures  exstent  certissimi  loci  qui  planissime  doceant  ne  sedem  quidem 
per  totam  hanc  scenam  Agathonem  relinquere,  Enripidem  vero 
afferre  quae  necessaria  esse  intellexerit.'  somit  kann  die  antwort  auf 
Mnesilochos  frage  in  253  ö  Ti;  t6v  KpOKUJTOV  ttpiirrov  ^vbuou 
Xaßuüv  nicht  Agathon ,  sondern  nur  Euripides  sprechen ,  welchem 
sie  auch  die  Junt.  I  gibt,  und  längst  schon  hat  Dobree  adv.  II  238 
dem  Euripides  v.  253  zu  geben  vorgeschlagen,  und  ihm  ist  auch  Bergk 
gefolgt,  der  freilich  auch  v.  254  v#|  Tf|V  'Aq)pobiTTiv  f^bü  y'  6le\ 
TiocOiou  dem  Euripides  gegeben  und  dem  Mnesilochos,  in  dessen 
munde  er  so  passend  war ,  entzogen  hat. 

Vor  Brunck  war  255  so  verteilt:  Af.  cu2IuJC0V  dvucac*.    aTp€ 
vöv  CTpöqpiov.    €Y.  Iboii.    Brunck  schrieb,  weil  im  Aug.  die  werte 


266  FPoUe:  zn  Ovidics  metamorphoseD. 

aTp€  vuv  crpöcpiov  vom  vorbergehenden  und  folgenden  durch  linien 
getrennt  sind,  Ar.  cu2Iu)cov  ävücac.  MN.  alpe  vOv  crpöcpiov. 
€Y.  ibou.  Bekker  folgte  Brunck  in  dieser  personenändening,  Dindorf 
aber  gab  früher  253  dem  Agathon,  254  dem  Euripides,  255  dem 
Agathon ,  nur  dasz  iboü  Euripides  spricht,  in  der  Par.  jedoch  und 
dem  fünften  abdrucke  der  poetae  scen.  gab  er  y.  254  und  255  dem 
Mnesilochos  mit  ausnähme  des  dem  Euripides  gelassenen  iöou,  und 
ihm  folgten  Enger  und  Meineke.  da  nun  Agathon  nach  dem  ganzen 
Charakter  der  scene  keine  weitern  ratschlage  erteilen  kann  als  ihm 
abgefordert  werden,  so  kann  die  worte  cu2Iuicov  dvucac  nur  Mnesi- 
lochos sprechen  schon  wegen  der  activen  form  des  yerbums,  bei 
welchem  iyii  zu  ergänzen  ist.  Mnesilochos,  welcher  mit  dem  anlegen 
des  IjLidTtov  beschäftigt  ist,  bedarf  der  hilfe  beim  gürten  desselben 
und  fordert  dazu  den  Euripides  auf.  auch  die  wort«  alpe  vOv  (aTp^ 
vuv)  kann  nur  Mnesilochos  sprechen ,  der  mit  ihnen  den  Euripides 
auffordert  ihm  das  busenband  zu  reichen ,  was  Euripides  mit  dem 
Worte  ibou  zur  ausführung  bringt,  die  drei  letzten  verse  sind  also 
so  zu  verteilen : 

€Y.     8  Ti;  TÖV  KpOKUJTÖV  TipÄTOV  dvbÜOU  XoßillV. 

MN.  vf|  Tf|v  'Acppobiniv  f|bü  t*  Ä2l€i  TrocGiou. 

cu2Iu)cov  dvucac.  aTp^  vuv  crpöcpiov.  €Y.  Iöou. 
Prenzlau.  Wilhelm  Pökel. 


36. 

ZU  OVIDIÜS  METAMORPHOSEN. 


IV  84.    Pyramus  und  Thisbe  beschlieszen 

ut  noäe  süenti 
f allere  custodes  forihusque  excedere  temptent, 
cumque  domo  exierint,  urbis  quoque  teda  rdinqtiant; 
neve  sii  errandum  lato  spatiantibus  arvo , 
conveniant  ad  busta  NinL 
was  der  vers  neve  sü  errandum  enthält ,  ist  so  erschreckend  seibst- 
yerständlich,  dasz  ich  ihn  für  eingeschoben  halten  und  88  conveniantque 
schreiben  möchte. 

V  262  Vera  tarnen  fama  esty  et  Pegasus  huius  origo 

fontis;  et  ad  latices  deduxü  Pallada  sacros. 
in  der  14n  aufläge  meiner  Schulausgabe  habe  ich  jetzt  geschrieben: 
fama  est:  est  Pegasus,  an  et,  das  gleich  darauf  wiederkehrt ,  hat 
schon  Bothe  anstosz  genommen,  auf  est  deutet  auch  die  auslassung 
des  Wortes  in  der  zweitbesten  hs.  l :  der  Schreiber  hat  est  nur  Einmal 
statt  zweimal  geschrieben,  ebenso  deutet  darauf  das  origo  est  in  der 
besten  hs.  M :  est  stand  am  rande  und  sollte  correctur  Ton  et  sein, 
ward  aber  vom  Schreiber  am  ende  hinzugefügt.  —  Denselben  fehler 
scheint  VIII  235  zu  enthalten:  Icarus  ist  ins  meer  gestürzt;  sein 
vater  Dädalus 


FPolle:  za  Oyidias  metamorphoteiL  267 


pennM  adspexU  in 

devavüque  stMS  artes  corpusque  sepukro 

condidit.  et  teiUus  a  nomine  dicta  sepuHH. 
80,  et  teHus^  schreiben  alle  bgg.  ich  möchte  mit  einigen  der  geringem 
hss.  est  idlus  vorziehen  (andere  dieser  geringem  bieten  a^ntUi  est). 
—  Ebenso 

XI  266  fdix  et  nato^  fetix  et  camuge  Pdeus^ 
wo  mich  fetix  est  nato  weit  krftftiger  dflnkt. 

V  460.  Ceres  hat  einen  frechen  knaben  in  gegenwart  seiner 
mntter  {onus)  in  eine  stemeidechse  {steiki)  verwandelt,  das  nen  ge* 
schaffene  tier 

fugU  ontmi  laiebramque  petit;  aptumque  pudori 

nomen  hoM^  vmrüls  steüatus  carpora  guttis. 
ptubri  My  alle  andern  hss.  eohri.  in  meiner  ansgabe  erUftrte  ich 
aptum  pudori  'zur  bescbimpfong  geeignet,  denn  stelio  bedentet  anch 
einen  schlauen  betritger.'  diese  erklftning  wird  von  HMagnns  in 
diesen  jahrb.  1887  s.  139  f.  angegriffen,  er  sagt:  'worin  besteht  aber 
der  dem  knaben  angethane  schimpf?  doch  wohl  in  seiner  Verwand- 
lung, aber  wie  kann  diese  als  schimpf  bezeichnet  werden,  da  das 
eben  entstandene  tier  mit  keinem  werte  als  verftchtlich  oder  wider- 
wärtig hingesteUt  ist?  an  sich  ist  Verwandlung  keinpudor.  doch 
jedenfalls  meint  man,  die  Verwandlung  in  den  ädio  (stemeidechse) 
sei  ein  schimpf:  denn  dieses  wort  ist  sp&ter  ein  Schimpfname 
(cschlaner  betrttger»)  geworden,  aber  wo  geraten  wir  hin!  die 
stemeidechse  existierte  bis  zu  diesem  momente  noch  nicht,  trotz- 
dem soll  die  Verwandlung  selbst  ein  schimpf  sein ,  der  name  soll  zu 
dem  schimpfe  passen,  weil  —  das  vfort  stdio  später  eine  bestimmte 
nebenbedeutung  angenommen  hat.'  in  der  that  kOnnte  es  scheinen, 
als  hätte  ich  mich  hier  einer  argen  thorheit  schuldig  gemacht,  denn 
wenn  Magnus  ausruft  Vo  geraten  wir  hin !'  so  ist  das  nur  ein  höf- 
licher rücksichtsvoller  ausdrack,  dessen  sinn  ist:  wir  geraten  —  oder 
vielmehr  Polle  gerät  —  auf  tolle  gedanken.  wie  aber,  wenn  ich, 
weit  entfernt  die  von  Magnus  gezogenen  folgerangen  zurfickzuweisen, 
dieselben  vielmehr  in  ihrer  ganzen  ausdehnung  gelten  lasse,  sie  dank- 
bar annehme  und  gerade  in  dem  umstände ,  dasz  sie  gezogen  wer- 
den konnten,  den  willkommenen  beweis  erblicke,  dasz  sowohl  die 
von  mir  aufgenommene  lesart  wie  auch  meine  erklärung  derselben 
richtig  ist?  und  das  thue  ich  in  der  that.  nur  in  6inem  punkte,  der 
hier  nicht  in  frage  kommt,  musz  ich  mich  dankbar  als  durch  Magnus 
belehrt  bekennen:  in  der  14n  aufläge  habe  ich  die  werte  'einen 
schlauen  betrOger'  ersetzt  durch  'einen  boshaften ,  neidischen  men- 
schen', denn  dasz  das  die  bedeutung  von  stelio  sei,  hat  Magnus  sicher 
nachgewiesen. 

Ich  gebe  ohne  rückhalt  zu,  dasz  vor  dem  richterstuhle  der  logik 
meine  erklärung  nicht  bestehen  kann,  -zweifelhaft  ist  nur,  ob  hier 
die  logik  und  nicht  vielmehr  die  Psychologie  die  zuständige  rich- 
terin sei: 


268  FPolle:  BQ  Ovidios  metamorphoieii. 

der  reratand 

hält  nicht  stand  y 

geht  und  ipricht:  das  mag  ich  nicht, 

denn  da«  sieht  wie  ein  gedieht 

siBgt  Büekert,  und  mit  einem  gedicbte  haben  wir  es  hier  zu  thnn.  so 
wollen  wir  denn  sehen ,  ob  wir  nicht  gerade  in  bezog  auf  namen- 
erteilnng  andere  ganz  äbnHdie  beispiele  finden ,  die  gleichfalls  yor 
der  logik  als  arme  Sünder  dastehen  mflssen,  vor  der  psjchologie  aber 
sehr  wohl  bestehen,  es  handelt  sich  hier  nm  die  volkstflmliche  an- 
sehannng ,  dasz  mit  dem  dinge  zugleich  und  unmittelbar  auch  der 
name  gegeben  sei.  ein  solches  beispiel  führt  Magnus  selbst  an,  frei- 
lich zu  dem  zwecke  meine  erklftrong  zu  Terspotten,  thataftchlich  aber 
dient  ihr  dasselbe  zur  beglaubigung,  den  volkstllmficheii  qpruch  'das 
sehwein  ftthrt  seinen  namen  mit  recht'  —  denn  dies  ist  die  echte 
form  des  Spruches,  zwei  weitere  beispiele  bieten  uns  die  metamor- 
phosen  selbst,  die  nymphe  Daphne  wird  der  Terfolgnng  Apollos  da* 
durch  entzogen,  dasz  sie  in  einen  lorbeerbaum  verwandelt  wird,  der 
lorbeerbaum  entstand  erst  durch  diese  Verwandlung,  vorher  gab  es 
keinen  (I  450).  gleichwohl  redet  Apollo  den  bäum ,  der  doch  noch 
keinen  namen  haben  konnte ,  sofort  als  lorbeerbaum  an  (559),  und 
diese  anrede  ist  durchaus  nicht  als  namenserteil ung,  als  taufact 
dargestellt,  sondern  es  wird  als  selbstverständlich  vorausgesetzt,  dasz 
der  bäum  notwendig  laurus  heiszen  müsse  —  denn  laure  redet  er 
den  bäum  an,  nicht  etwa  daphne  (bdcpvii):  wenn  er  ihn  daphne 
nennte,  so  läge  die  sache  freilich  anders,  das  zweite  beispiel  der 
metamorphosen  finden  wir  XI  344,  wo  Eejx  ohne  weiteres  den 
namen  des  vogels  weisz ,  in  den  sein  bruder  Dädalion*  verwandelt 
wird,  den  namen  habicht  (accipiter),  ganz  gleicher  art  ist  es,  wenn 
Pausanias  VIII 33, 4  erzählt:  'noch  eine  andere  Hiera  genannte  insel 
tauchte  aus  dem  meere  auf  {denn  so  ergänzt  man  mit  recht  die 
lückenhafte  stelle),  als  ob  der  name  gleich  mit  aufg^etaucht  wäre, 
bei  Homer  (T  100  ff.  bes.  123)  verkündigt  Here  dem  Zeus,  dasz 
Eurystheus  geboren  sei,  als  ob  der  söhn  des  Sthenelos  gar  nicht  an- 
ders heiszen  könnte,  wie  aber  der  name,  so  ist  nach  volkstümlicher 
anschauung  auch  ebenso  unmittelbar  mit  dem  gegenstände  zugleich 
alles  das  gegeben,  was  mit  dem  namen  zusammenhängt,  so  weis* 
sagt  Prometheus  der  lo  bei  Aischjlos  (Prom.  851):  *du  wirst  den 
dunkeln  £paphos  gebären'  {j&exc  KcXaivöv  '€iraq)Ov),  und  in  der 
nias  gebiert  Laodameia  gar  'den  erzgepanzerten  Sarpedon' 
(Z  199  i\  V  fT€K*  dvTiGeov  Copinibcva  x^XKOKopucr/jv).  würde 
Magnus  auch  hier  sagen:  wo  geraten  wir  hinl  weil  Sarpedon 
später  den  erzpanzer  getragen  hat,  soll  er  gleich  bei  der  gehurt 
X0(XKOKopuCTr|C  sein  ?  gewis  wird  er  das  nicht  thun  und  nun  auch 
aufboren  mir  aus  meiner  erklärung  des  aptum  pudert,  durch  die  es 
möglich  wird  die  lesart  der  besten  hs.  festzuhalten,  einen  Vorwurf 
zu  machen. 

Die  angeführten  beispiele  habe  ich  einem  noch  ungedruckten 


FPoUe:  za  Oridius  metamorphoBen.  269 

buche  entnommen,  das  die  frage  *wie  denkt  das  Tolk  Aber  die  ^raohe?' 
beantworten  und,  so  gott  will,  nooh  dies  jähr  erseheinen  aoU.  dort 
wird  der,  dem  die  zahl  der  angefahrten  beispiefe  «twa  niobt  genflgen 
sollte,  Tide  andere  finden,  lutd  nebt  viele  belege  fttr  folkstümlidie 
auffossnng  der  spräche  habe  ich  dem  hocheleganten  höfischen  Ovidins 
entlehnen  können:  denn  auch  der  fisinstgebildete  tritt  nicht  ganiana 
dem  kreise  des  Volkes  heraus,  und  Ovidins  thut  es  weniger  als  man 
gewöhnüclk  aanimt,  was  auch  bei  diesem  dichter  ans  &m  gmade 
weniger  auf&llig  ist,  weil  ja  seinen  ctoff  vielfoch  die  mythologie 
bildet,  eben  ein  ersengnis  des  künstlerisch  schaffenden  volkn^istes. 
in  dem  erwähnten  buche  werde  ich  neben  anderm  auch  an  huniAerten 
von  beispielen,  die  ich  alten  und  neuem  schriftstellem  entnehme, 
nachweisen^  dasz  es  der  behandlung  dieser  sdiriftsteller,  namenlüch 
äec  alten,  nicht  zum  schaden  gereichen  wttrde,  wenn  wir  dabei  etwas 
weniger  logisch  und  etwas  mehr  psychologisch  verfUiren,  was  ich 
schon  vor  mehr  als  zwanzig  jähren  im  Philologus  XXVI 550  henror- 
gehoben  habe. 

VI  230  ff.  von  den  söhnen  der  Niobe: 

proximm  auäito  somtu  per  inane  pharetrae 

frena  däbat  SipyJus:  vduii  cum  prMesoius  MMs  , 

mibe  fugü  msa ,  pendmtiaq^e  umäigm  srtehr 

caf^Mua  deducUj  ne  qua  levis^fjßuat  aura. 

frena  dahat:  dantem  nan  emtahOe  tdum 

canseguitur. 
die  poetische  fUrbung  dieser  stelle  wird  meines  erachtens  bedeutend 
gehoben,  wenn  man  hinter  aura  nicht  ein  punctum,  sondern  ein 
komma  setzt,  so  dasz  das  zweite,  nicht  das  erste  frena  dahat  zu  veihdi 
€um  den  nachsatz  bildet. 

YII  572  ff.  von  den  Sginetischen  pestkranken: 

tantaque  sunt  nUseris  invisi  taedia  lecti, 

prosiUuntj  out  siprohibent  cansistere  vires  y 

Corpora  devolvunt  in  humum  ^  fugiuntque  penates 
575  quisque  suos;  sua  cuique  domus  funesta  videtur 

et  quia  causa  lotete  locus  est  in  crimine parvus. 
der  letzte  vers  576,  von  NHeinsius  und  Merkel  gestrichen,  hat  neuer- 
dings wieder  unverdiente  gnade  in  den  äugen  der  kritiker  gefunden, 
und  doch  läszt  sich  seine  unecbtheit  mit  einer  sehr  hohen  wfdirschein- 
lichkeit  darthun.  der  vers  enth&lt  nur  eine  weitere  ausfCLhrung  des 
vorher  gesagten,  ungegcbickt  mit  et  angeknüpft,  dies  vorher  gesagte 
ist  gut  und  richtig,  wer  atemnot  hat  (555),  dem  sind  enge  räume  un- 
erträglich ;  er  ringt  nach  viel  luft,  nicht  aber  schiebt  er  die  krankheit 
auf  den  engen  räum,  so  lange  er  noch  bei  verstände  ist,  als  sei  dieser 
die  Ursache  derselben,  funesta  575  heiszt  nicht  ^krankheit  und  durch 
diese  tod  erzeugend',  dem  gesunden  erzeugend,  sondern  dem  er- 
krankten den  tod  bringend,  weil  es  ihm  das  atmen  su  erschweren 
scheint,  und  das  funesta  videtur  bezeichnet  nicht  die  ansieht  der  gesun- 
den oder  des  Volkes  im  allgemeinen,  sondern  die  der  erkrankten,  von 


270  FPolle:  zu  Ovidius  metamorphosen. 

denen  seit  y.  554  ausscblieszlicb  die  rede  ist.  diese  beschuldigen  das 
local,  aber  nicbt  als  ursacbe  (causa)  der  krankbeit,  sondern  als  ihren 
tod  befördernd,  beschleunigend :  sie  würden  es  ebenso  beschuldigen, 
wenn  die  ursacbe  der  krankheit  ihnen  vollkommen  bekannt,  wenn 
es  zb.  eine  notorische  Vergiftung  wäre,  auch  sonst  laboriert  der  ge- 
danke  an  einem  argen  verstosz  gegen  die  logik,  den  man  selbst  einem 
dichter  nicht  hingehen  lassen  darf,  ich  kann  wohl  sagen  'weil  die 
Ursache  unbekannt  ist,  nimt  man  willkürlich  eine  («s  irgend  eine) 
Ursache  an',  nicht  aber  'nimt  man  die  und  die  bestimmte  Ursache 
an' :  dazu  ist  die  unbekanntschaft  mit  der  Ursache  kein  genügender 
grund.  noch  deutlicher  sieht  man  das  an  einem  concreten  beispiele : 
'weil  Eunz  nicht  weisz,  wer  ihm  sein  geld  gestohlen  hat,  beschuldigt 
er  Hinz  als  den  dieb'  —  das  ist  doch  aller  vemunft  bar.  folglich  ist 
das  quia  causa  lata  im  munde  des  erzählers  ohne  sinn,  und  Heinsius 
hat  den  vers  mit  recht  gestnchen. 

YU  635  ff.    Aeacus  trttumt: 

ante  oculos  eadem  mihi  quercus  adesse 
et  promittere  idem^  tatidemque  animaiia  ramis 
ferre  suis  visa  est. 
M  \^&i  promittere  und  von  erster  band  darüber  geschrieben  rami\ 
X  hat  et  totidem  pro  formicis  an,  r.  und  darüber  promittere  idem  toti- 
demque\  e  hat  et  ramos  totidem,  es  kann  wohl  kein  zweifei  obwalten, 
dasz  die  emendation  auszugehen  hat  von  promittere  idem:  die  an- 
dern lesarten  sind  offenbar  glossen,  die  an  stelle  des  unverständ- 
lichen etwas  verständliches  bieten  wollten,  ich  vermute,  Ov.  schrieb 
et  frondere  itidem.  durch  abschreiberversehen  gerieten  die  buch- 
staben  it  von  itidem  in  das  wort  frondere  hinein,  das  dadurch  zu 
fronittere  ward  und  sodann  fast  mit  notwendigkeit  ixx  promittere  wer- 
den muste. 

XI  328  f.  diese  schwierigen  verse  zu  heilen  ist  mir  bis  jetzt 
nicht  gelungen,  nur  auf  6in8  möchte  ich  aufmerksam  machen.  M  hat 
solacia  misi,  dies  misi^  wo  Dädalion  doch  anwesend  ist,  nicht  in 
der  ferne  weilt,  ist  so  auffällig,  dasz  die  meisten  hgg.  das  dixi  der 
geringern  hss.  vorgezogen  haben,  auch  Magnus,  so  sehr  dieser  sonst 
—  und  mehrfach  mit  glück  —  bemüht  ist  verschmähte  lesarten  von 
M  zu  retten,  hier  möchte  ich  auf  das  dona  remittunt  XIII  702  hin- 
weisen ,  das  gleichfalls  von  der  Übermittelung  an  einen  anwesenden 
gebraucht,  also  vielleicht  geeignet  ist  das  ntt^t  zu  stützen. 

XIII  554  credidit  Odrysius  praedaeque  adsuetus  amore 
in  secreta  venit, 
an  adsuetus  habe  ich  von  jeher  anstosz  genommen,  da  es  zu  amore 
praedae  nicht  passt.    die  nächstliegende  und  leichteste  änderung  ist 
adductus^  und  dies  wort  dürfte  das  richtige  sein,  freilich  läszt  sich 
nicht  leugnen  dasz  es  wenig  poetisch  ist. 

Dresden.  Fbiedrioh  Polle. 


EGoebel:  über  m  und  iiUer  $e,  271 

37. 

ÜBER  SE  UND  INTEB  8E. 


Inter  sc  drückt  bekanntlich  das  reeiproke  und  se  das  reflexi?e 
Yerb&ltnis  aus.  wenn  nun  diese  beiden  yerhftltnisse  im  gegensats 
ZQ  einander  stehen ,  kann  natürlich  nicht  se  nnd  uUer  se  va  densel- 
ben Yerben  gesetzt  werden,  wenn  Cicero  ausdrücken  will,  dasi  sein 
und  seines  bruders  Quintus  söhn  sich  gegenseitig,  also  jeder  den 
andern  lieben,  musz  er  pueri  amafU  inter  se  sagen,  wfthrend  se  aimafU 
heiszen  würde,  dasz  sie  sich  selbst  lieben,  und  se  aimant  mter  se  wftre 
aL)0  ein  widersprach,  anders  aber  verh&lt  sich  die  Sache  bei  den 
Ycrben  coniungere^  condüarej  disiungere^  disparare,  kurz  bei  den  transi- 
tiven Yerben ,  in  denen  der  begriff  der  redprocitftt  schon  liegt,  hier 
musz  ein  object  hinzugefügt  werden,  das  den  gegenständ  anzeigt, 
der  mit  einem  andern  oder  dessen  teile  mit  sich  in  ein  gegenseitiges 
Terhältnis  gebracht  werden,  wenn  nun  das  subject  selbst  es  ist,  dessen 
teile  sich  in  ein  gegenseitiges  Yerh&ltnis  bringen,  so  musz  se  als  ob* 
ject  hinzugefügt  werden:  conkmguni  se  *sie  verbinden  sich  unter 
einander' ;  es  kann  also  hier  das  im  begriffe  des  verbums  liegende 
reeiproke  Verhältnis  mit  dem  reflexiven  in  einem  einfachen  satze  ver- 
bunden werden,  was  bei  denjenigen  verben,  in  deren  begriff  die 
reciprocität  nicht  schon  liegt,  nicht  der  fitU  sein  kann,  setze  ich  also 
nun  zu  se  coniungufU  die  werte  inter  se  hinzu,  so  habe  ich  den  im 
verbum  liegenden  begriff  der  reciprocität  durch  inter  se  pleonastisch 
ausgedrückt,  aber  inter  se  vertritt  nicht  das  object  wie  dort  bei 
amantj  liesze  ich  aber  se  weg  und  sagte  nur  caniunguni  inter  se^  so 
würde  das  object  fehlen,  und  ich  könnte  mir  unendlich  viele  objecto 
denken,  welche  das  in  coniungunt  liegende  subject  mit  einander  ver- 
bindet, wer  also  blosz  coniungunt  inter  se  schriebe  für  se  coniungunt 
oder  se  coniungunt  inter  se,  würde  den  fehler  machen ,  dasz  er  inter 
se  für  se  setzte,  während  der^  welcher  amant  se  schreibt,  um  die 
gegenseitige  liebe  auszudrücken;  umgekehrt  se  für  inter  se  setzt,  der 
unterschied  zwischen  den  beiden  contradictorisch  geteilten  classen 
von  verben  wird  sogleich  klar,  wenn  man  bedenkt,  dasz  man  bei  den 
reciproken  verben  auch  andere  objecte  mit  inter  se  verbinden  kann, 
bei  den  nicht  reciproken  aber  nicht,  man  kann  sagen  coniungunt 
arma  et  rationes  inter  5e;  aber  zu  amant  inter  se  kann  man  kein 
weiteres  object  hinzufügen,  oder  wenn  man  inter  se  durch  das  reei- 
proke determinativum  alter  auflöst,  sagt  man:  amant  alter  aUerum 
oder  alteri  äUeroSy  dagegen  für  coniungunt  inter  se  müste  man  sagen 
coniungunt  se  äUeri  cum  älteris,  ebenso  könnte  man  sagen  coniuncti 
sunt  inter  se,  aber  nicht  inter  se  amati  stmt  das  ist  die  logische  seite 
der  sacbe.  in  stilistischer  bezieh ung  fragt  es  sich,  ob  es  der  Sprach- 
gebrauch erlaubt  das  inier  se  pleonastisch  hinzuzufügen,  wenn  das  ob- 
ject durch  se  bezeichnet  ist.  zu  nos  findet  sich  inter  nos  an  mehreren 
stellen  bei  Cicero  pleonastisch  hinzugefügt,  zb.  de  div,  I  58  nos  inter 


272  KGoebelt  über  9e  and  inter  se. 

nos  esse  complexos\  epist.  V  7, 2  nan  duhito  quin  res  publica  nos  inter 
nos  concüiatura  coniunduraque  sü.  inter  se  so  zu  se  gesetzt  wird 
jedenfalls  sehr  selten  vorkommen  und  wird  auch  dem  lateinischen 
idiom  nur  dann  entsprechen,  wenn  sich  se  auf  das  ganze  des  subjects 
bezieht,  sonst  wird  man  am  besten  thun  das  specifische  object  zu 
dem  verbum  hinzuzusetzen,  zb.  manus^  arma^  raiiones  .  .  inter  se 
coniunxen^nt.  hiemach  erledigt  sich  das  was  in  dieser  Zeitschrift 
oben  s.  67  f.  über  se  caniungere  gesagt  worden  ist.  das  se  drückt 
also  auch  hier  nicht  die  reciprocität  aus,  sondern  diese  liegt  in  oon; 
se  ist  notwendiges  object.  aber  auch  die  übrigen  bemerknngen  über 
den  ausdruck  der  reciprocität  durch  ipsi  se  oder  se  ipsi  sind  nicht 
stichhaltig,  wenn  Caesar  b&.  11 25, 1  sagt:  ubi  suas  urgeri  signisgue 
in  unum  locum  cöüatis  duodecimae  kgianis  confertos  müites  sibi  ipsos 
ad  pugnam  esse  impedimento  vidit  usw.,  so  hätte  er  auch  etwa  sagen 
können  duodedmam  legionem  confertis  müüibus  sibi  ipsam  esse  im- 
pedimento,  er  faszt  hier  die  legion  als  ein  ganzes  und  setzt  das 
hindemis,  das  durch  sie  selbst  Yerursacht  wird,  in  gegensatz  zu 
hindernissen  die  von  auszen  ihr  entgegentreten;  nicht  aber  soll  das 
hindemis  das  einer  dem  andern  bereitet  in  gegensatz  zu  dem  ge- 
stellt werden,  das  jeder  soldat  sich  selbst  etwa  bereiten  könnte,  ebd. 
Vn  28,  3  steht  auch:  parsque  t&i,  cum  angusto  exitu  partarum  se 
ipsi  premerent,  a  müitibuSf  pars  iam  egressa  portis  ab  equitibus  est 
interfecta,  hier  ist  also  die  einheit  der  sich  in  die  thore  drängenden 
auch  in  pars  ausgedrückt,  und  das  drängen  ist  in  beziehung  auf  die- 
sen einheitlichen  begriff  nicht  reciprok,  sondern  reflexiv,  ebenso  ist 
in  der  stelle  bQ.  11 19,  6  u^  inira  süvas  adem  ardinesque  constUuerant 
atque  ipsi  sese  confirmaverant  der  gedanke,  dasz  die  ermutigung  nicht 
etwa  vom  fübrer  kam,  sondern  aus  ihnen  selbst ;  die  reciprocität  ist 
hier  sehr  gleichgültig ,  nur  accidentiell ;  die  hauptsache  ist ,  dasz  die 
Soldaten  sich  selber  helfen ,  das  reciproke  Verhältnis  schlieszt  aber 
das  reflexive  aus.  und  äemgemäsz  ist  auch  das  se  ipsi  inter fici%mt 
bG,  V  37, 6  zu  erklären,  hätte  Caesar  hervorheben  wollen,  dasz  sich 
die  einzelnen  nicht  selber  töteten,  sondern  dasz  eben  einer  den  andern 
tötete ,  so  hätte  er  sicher  inter  se  interfidunt  geschrieben,  aber  es 
kommt  hier  nur  darauf  an,  dasz  sie  nicht  durch  äuszere  gewalt  ge- 
tötet, sondem  freiwillig  in  den  tod  gegangen  sind,  da  kann  der  eine 
sich  selbst  getötet  haben  und  der  andere  sich  von  einem  kameraden 
haben  töten  lassen,  das  ist  hier  gleichgültig,  und  die  phantasie  kann 
sich  das  ausmalen  wie  sie  will. 

Durch  die  regel  also  Mas  eigentlich  reciproke  Verhältnis  wird 
bei  Caesar  entweder  durch  inter  se  oder  durch  se  ipsi  aasgedrückt' 
wird  die  grammatik  nicht  bereichert  werden  können. 

Soest.  Rasl  Oobbbl. 


ROpitz:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüller.       273 

38. 

L.  Annaei  Seneoäe  oratorum  et  rhetorum  sententiae  divisionbs 
COLORES.  EDiDiT  H.  J.  M  ü  L L  E  R.  Vindobonae  et  Pragae  F. Tempaky. 
Lipsiae  G.  Freytag.    MDCCCLXXXVIII.   XLIV  u.  628  8.  8. 

Die  ausgäbe  des  rbetor  Seneca  von  HJMüller  kommt ,  das  ist 
keine  blosze  redensart,  einem  wirklieben  bedürfnis  entgegen,  sie 
bildet  die  dritte  stufe  einer  Steigerung,  deren  beide  erste  stufen  die 
ausgäbe  Bursians  von  1857  und  die  AEiesslings  von  1872  waren, 
in  abständen  also  von  je  15  jabren  vollziebt  sieb  die  textgestaltung  in 
d6r  weise ,  dasz  immer  die  neue  ausgäbe  auf  reicberm  bsl.  materiale 
berubt  und  reicbere  kritiscbe  beitrage  zur  Verfügung  bat.  nament- 
licb  aber  in  den  80r  jabren  bat  sich  die  kritik  eingreifender  mit  die- 
sem autor  beschäftigt  und  die  lange  Vernachlässigung,  die  er  vor 
Bursian  —  wahrhaftig  unverdient  —  erfahren  hat,  wieder  gut  zu 
machen  gesucht,  besonders  haben  auch  nordische  gelehrte  sich  auf 
diesem  gebiete  bethätigt.  es  war  zeit,  dasz  diese  zum  teil  schwer 
zugänglichen  beitrage  einmal  gesammelt  und  verwertet  wurden,  frei- 
lich hat  Müller  von  den  neuem  beitragen  gerade  HTEarstens  ^spici- 
legium  criticum'  (Leiden  1881),  welches  s.  33  ff.  über  die  suasoriae 
und  controversiae  handelt,  nicht  selbst  benutzt,  obwohl  er  die  schrift 
einige  male  erwähnt;  von  den  altem  hat  er  übersehen  ANauck  im 
bulletin  de  Tacad.  imp.  des  sciences  de  St.  P6tersbQurg  bd.  11  s.  337  f. 
ich  selbst  habe  eine  reihe  stellen  behandelt  in  den  ^quaestiones  cri- 
ticae  in  Senecae  et  Quintiliani  declamationes',  die  sich  finden  in  den 
im  Teubnerschen  verlag  demnächst  erscheinenden  ^commentationes 
philologae  quibus  Ottoni  Bibbeckio  .  .  congratulantur  discipuli 
Lipsienses'.  diese  und  andere  nachtrage  stelle  ich,  soweit  sie  nicht 
im  folgenden  erwähnt  werden,  unten  s.  290  ff.  zusammen,  auszer 
den  sonst  veröffentlichten  abhandlungen  stand  M.  aber  eine  reiche 
fülle  brieflicher  raitteilungen  zu  geböte,  vielleicht  konnte  er  mit 
ihnen  etwas  wählerischer  verfahren:  denn  veröffentlichten  arbeiten 
sind  solche  vertrauliche  mitteilungen  keineswegs  gleich  zu  achten. 

Doch  folgen  wir  dem  gange  der  praefatio  s.  VII — XLI.  nach- 
dem M.  in  wenig  worten  Seneca  als  Vertreter  alter  tüchtig- 
k  e  i  t  gegenüber  der  verderbten  beredsamkeit  seiner  zeit  hingestellt 
hat,  bezeichnet  er  es  als  nicht  angebracht,  hier,  ja  überhaupt  noch 
weiter  etwas  über  die  römische  rhetorik  zu  sagen,  indem  da- 
rüber genug  geredet  worden  sei.  nun  vielleicht  ist  doch  das  letzte 
wort  noch  nicht  darüber  gesprochen,  in  einer  anmerkung  folgert 
er  die  beliebtheit  der  declamationen  unter  anderm  daraus 
^quod  vestigia  earum  in  historiis  ac  poematis  recentiorum  temporum 
deprehenduntur'  und  berührt  damit  einen  sehr  schwierigen  punkt, 
nemlich  das  wandern  der  novellenstoffe  durch  die  weltlitteratur.  er 
beruft  sich  hierbei  auf  die  forschungen  Friedländers  und  österleys. 
wenn  er  aber  hinzufügt  'nonnulla  afferre  mihi  liceat',  so  heiszt  das 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hlt.  4.  18 


274       ROpits:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüiler. 

nar,  dasz  er  aus  dem  index  Osterlejs  einiges  hierher  gehörige  aus- 
gezogen hat.  nach  den  subscriptionen  der  besten  hss.  weist  M.  un- 
serm  autor  den  vornamenX.  zu,  obgleich  sich  dieser  wahrschein- 
lich nur  aus  der  ursprünglichen  Vermischung  der  werke  beider  Seneca 
erklärt,  hierbei  möchte  ich  gleich  auf  den  übelstand  hinweisen,  dasz 
viele  gelehrte  von  'beitragen  zu  Seneca'  udgl.  reden,  als  ob  es  nur 
.6inen  gäbe,  und  dadurch  zu  vergeblichen  nachforschungen  voran* 
lassen,  die  controversien  hat  M.  gegen  die  hss.  vor  die  sua- 
sorien  gestellt,  nicht  nur  weil  sie  zuerst  verfaszt  sind  (vgl. 
s.  156, 8),  sondern  nach  seiner  ansieht  auch  im  archetypus  an  erster 
stelle  gestanden  haben  (.<.  IX). 

Nun  aber  die  handschriften  selbst,  im  gründe  wird  sich 
wenig  an  der  bisherigen  auffassung  ändern,  schon  Kiessling  hat 
richtig  gesehen,  dasz  Antverpiensis  (A)  und  Bmxellensis  (B)  für  die 
kritik  von  gleichem  werte  sind  und  den  ausgangspunkt  bilden  müssen, 
daneben  hatte  Kiessling  die  lesung  des  Toletanus  (T)  überall  ange- 
merkt, der  nun  zurücktritt,  da  M.  eine  gute  collation  des  VaticanusY, 
aus  dem  T  abgeschrieben  ist,  von  Petschenig  erhalten  hat.  auf  eine 
vollständige  vergleichung  des  Vaticanus  v  glaubte  M.  verzichten  zu 
dürfen,  da  er  den  Bmxellensis  D,  welcher  aus  derselben  vorläge 
stammt  wie  v,  durchgängig  verglichen  hat.  der  cod.  Brugensis  (Br), 
eine  abschrift  des  T,  ist  für  die  kritik  wertlos,  die  wichtigsten  hss. 
hat  M.  selbst  verglichen  und,  wenn  man  nach  der  Sorgfalt  der  ganzen 
ausgäbe  urteilen  darf,  sehr  gewissenhaft,  im  allgemeinen  gibt  er 
trotz  mancher  neuen  lesung  Kiessling  das  zeugnis  sorgfältiger  arbeit, 
als  beispiele  der  vorkommenden  dififerenzen  führe  ich  folgende  an : 
s.  67,  24  K.  actus  B2  =  s.  15,  12  M.  iaäus  B^  72,  12  K.  caibi 
C(««  AB)T b  —  20, 17  M.  ccOb  AB  calbi  V Dvt;  74, 10  K.  fuierU  B 
■K  22,  18  M.  fuemt  B.  über  die  richtige  lesart,  dort  (actus j  hier 
QMi  bzw.  fuerü  hatte  auch  K.  keinen  zweifei,  und  so  steht  es  wohl 
auch  sonst,  so  oft  K.  sich  versehen  hat.  M.  ist  auch  nicht  unfehlbar : 
16, 3  sagt  er  zb.  *€t  add.  £',  92, 14  steht  aber  nichts  davon.  K.  68, 5 
'*et  om.  OB'.  —  68,  19  gibt  K.  egeä,  M.  16, 14  egta  für  egeo.  wer 
hat  recht?  K.  läszt  mancherlei ,  auch  erheblichere  Varianten  weg, 
namentlich  bekannte  Schreibereigentümlichkeiten,  M.  dagegen  bucht 
sorgfältig  s.  16  misserrimus^  penas^  fatiamq%i€\  s.  18  qttoties^  aties^ 
pertinatia^  fatiam:  s.  19  nestio^  heneßium,  fatio\  s.  20  eq%u>  usw. 
besonders  nach  dem  was  M.  selbst  s.  XXXII  sagt  musz  ich  diese 
Varianten  für  überflüssig  und  störend  halten,  hinwiederum  zeigen 
von  K.  gegebene  abkürzungen  bisweilen  das  wesen  einer  Verderbnis 
rascher,  so  70,  9  supersütem  B  (M.  18,  10)  <»  superstUem. 

Die  hss.  sind*  von  M.  genauer  beschrieben  worden  als  bisher, 
vor  allem  sind  die  einzelnen  bände  und  tinten  genauer  unterschieden 
und  die  rasuren  angegeben  worden,  so  stellt  er  denn  folgendes 
stemma  der  hss.  auf: 


BOpitz:  anz.  t.  L.  Ännaens  Seneca  rhetor  ed.  HJMfiUer.       275 

C 


I 

I 

AB 


von  den  excerpten-bss.  ist  die  beste  der  Ton  EScbenkl  neu  ver- 
glicbene  cod.  Montepessulanus  M.  dessen  lesarten  sowie  die  des 
von  M.  neu  verglicbenen  Paris.  P  sind  vollständig  notiert,  dem« 
näcbst  am  bäufigsten  begegnet  der  von  M.  verglicbene  Paris.  S,  dann 
Admuntanus  a  (Petscbenig),  Berol.  j3  (Müller),  vereinzelt  auch  noch 
andere  aus  der  groszen  menge  der  vorhandenen  überhaupt,  das  Ver- 
hältnis der  excerpten-hss.  unter  einander  festzustellen 
war  auf  grund  des  zusammengebrachten  materials  M.  nicht  möglich, 
aber  über  das  Verhältnis  der  excerpta  zu  den  Seneca-bss. 
hätte  er  sich  äuszem  müssen,  er  bevorzugt  zb.  137,  8  (181,8  f.  K.) 
obiorpuistis  E  gegen  exstipuistis  B,  ohstipuistis  bzw.  obstup.  VD  (K.)« 
wie  ein  altes  glossem  sieht  aus  s.  47, 7  (97, 10  E.)  cadere  A  V  D  gegen 
deici  E,  entpuppt  sich  aber  doch  als  Verstümmelung,  vgl.  caderei  B 
=  [cd\deici,  s.  440,  3  (454,  3  K.)  ist  infelicüatis  wohl  blosz  ein  ab- 
schreiberversehen für  das  inbecillUatis  Senecas  404,  21  (421,  10  K.). 
wir  müssen,  wie  ich  auch  unten  zeigen  werde,  die  excerpta  noch 
weiter  heranziehen  und  gelegentlich  mit  der  Überlieferung  des  Ori- 
ginals combinieren.  —  M.  bestreitet  dasz  r  die  Verbesserung  einer 
reihe  von  stellen  selbst  gefunden  habe,  was  K.  für  möglich  hielt, 
das  argument  'cum  per  se  vix  credibile  sit'  beweist  nichts,  wohl  aber 
spricht  die  häufige  Übereinstimmung  zwischen  t  und  vD  bzw.  E  für 
M.s  ansieht,  dasz  r  aus  hss.  geschöpft  hat.  daneben  wird  er  aber 
conjiciert  haben,  belehrend  ist  zb.  folgende  stelle,  die  in  den  besten 
hss.  und  v^  lautet  s.  20,  12  homo  est:  non  vis  alium  hominem? 
X  schrieb  ali  hominem  (Gertz  all  a  me\  was  man  sich  gefallen  lassen 
könnte,  nun  hatte  aber  schon  Bursian  älam  vermutet,  was  jetzt 
durch  v^  bestätigt  und  auch  von  M.  angenommen  wird,  die  haupt- 
frage  ist,  wie  weit  die  von  M.  neu  verglichenen  hss.  zur  Verbesserung 
des  textes  beitragen,  ich  habe  mich  der  mühe  unterzogen  die  beiden 
letzten  ausgaben  durchgängig  mit  einander  zu  vergleichen,  das  er- 
gebnis  ist  folgendes:  der  Müllersche  text  weicht  in  mehr  als  1200 
punkten  von  dem  Kiesslings  ab.  Y5  der  abweichungen  beruhen  auf 
conjectur,  zum  teil  alter,  meist  aber  neuerer,  nur  Yg  auf  hsl.  auto- 
rität,  meist  bekannter.  26  stellen  fand  ich,  die  allein  auf  bisher 
unbekannte  hsl.  gewähr  bin  verändert  sind,  zum  teil  ohne  rechte 
Sicherheit ,  zum  teil  in  den  excerpten-hss. ,  von  denen  Kiessling  nur 

18* 


276       ROpitz :  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüller. 

zwei  berücksichtigte,  sämtlich  geringfügig  und  so  beschaffen,  dasz 
die  Verbesserung  auch  durch  einfache  Überlegung  gefunden  werden 
konnte  y  wie  denn  an  etwa  ebensoviel  weitem  stellen  conjeoturen 
durch  neue  von  M.  angenommene  lesarten  bestfitigung  finden,  that- 
Sache  ist,  dasz  keine  der  wirklich  schwierigen  stellen  durch  M.s 
reichen  apparat  geheilt  wird. 

Es  folgen  (s.  XXX — XXXV)  betrachtungen  Über  die  wort- 
schreibung.  zu  einer  consequenten  durchführung  hat  M.  sich 
nicht  entschlieszen  können ,  sondern  er  macht  die  entscheidung  ab- 
hängig von  dem  zufälligen  zusammenstimmen  der  maszgebenden  hss. 
auf  diese  weise  hat  er  die  Schreibart  Senecas  gewis  nicht  hergestellt, 
so  steht  zb.  s.  73^  4  adligäur,  ebd.  z.  7  älligaverufU]  s.  45,  18  in- 
pudentia^  46,  8  impudentiam;  408,  1  ff.  in  demselben  satze  imnor- 
talium  und  imm. 

Die  addenda  und  corrigenda  nehmen  nur  6ine  seite  ein. 
druckversehen  sind  äuszerst  spärlich:  39,  12  anm.  schreib  'cf. 
p.  41,  11';  58,  1  hahes  qui  et  vindicet  scheint  blosz  versehen  zu  sein 
für  te  V, ;  69,  6  anm.  versteht  niemand ,  dasz  n.  heiszen  soll  ^nunc'. 

Wie  hat  nun  M.  den  text  und  die  anmerkungen  äuszer- 
lieh  gestaltet?  E.s  klammern  sind  verschwunden,  die  ergänzungen 
sind  cursiv  gedruckt,  alle  sonstigen  änderungen  sind  durch  den  druck 
nicht  kenntlich  gemacht,  meint  M.  dasz  seine  änderungen  lauter 
sichere  Verbesserungen  sind  ?  er  stellt  aber  ja  oft  in  den  anmerkungen 
eine  zweite  Vermutung  auf.  mir  erscheint  gerade  im  Seneca  eine  be- 
Zeichnung  des  noch  unsicbem  nötig,  und  in  dem  reichhaltigen  apparat 
ist  es  oft  nicht  leicht,  zumal  bei  der  kürze  der  fassung,  sich  klarheit 
über  die  Überlieferung  zu  verschaffen,  als  einen  übelstand  empfinde 
ich,  dasz  die  quellen-  und  parallelstellen  inmitten  des  apparats  stehen, 
wo  sie  ganz  verschwinden,  vieles  bieten  schon  die  alten  ausgaben,  eini- 
ges möchte  ich  beisteuern,  offenbar  schwebt  s.  153, 2  ff.  (195, 22  ff.  E.) 
cadenies  iam  oculos  ad  nomen  meutn  erexit  fugientemque  ani- 
warn  räinuü  Ov.  met.  IV  145  f.  vor:  ad  nomen  Thishes  oculos 
taut  morte  gravatos  Pyramus  erexit  visaque  recondidit  üla,  —  In 
den  Worten  s.  229,  7  ff.  (260,  27  ff.  E.)  tnuUa  erant  quae  reprehen- 
dereSy  muUa  quae  suspiceres^  cum  torreniis  modo  magnus  quidem^  sed 
turbidus  flueret  erkennt  man  leicht  das  Horazische  vorbild  sat.  I  4, 11. 
—  Zu  der  eigentümlichen  stelle  s.  364, 10  (384, 19  ff.  E.)  suffixorum 
Corpora  a  crucibus  in  sepulturam  suam  defluunt  findet  sich  eine 
parallele  Val.  Max.  VI  9  ext.  5  cr%AC%  adfixU,  e  quaputres  eius  artus 
et  tdbido  cruore  manantia  memhra  .  .  Samos  .  .  adspexii.  auch  stoff- 
lich konnte  manches  noch  angemerkt  werden,  so  geht  exe.  VI  7 
demens  qui  filio  cessit  uxorem  auf  ein  historisches  Vorkommnis  zu- 
rück: Val.  Max.  V  7  Cirt.  1. 

Beigegeben  ist  ein  index  der  eigennamen,  in  manchen 
punkten  vollständiger  als  der  bei  Eiessling,  aber  ohne  die  viel- 
fachen verweise  auf  andere  autoren.  deshalb  behält  der  ältere  noch 
seinen  wert   aufgefallen  ist  mir  unter  Cornelius  (P.  Cornelius  Scipio 


ROpitz :  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüUer.       277 

Nasica)  'se  ipse  iDteremit'  569,  1.  —  8.  579,  1  (52,  22  ff.  K.) 
P.  Scipionem  a  maioribus  suis  desciscentem  generosa  mors  in  numc' 
rum  Scipionum  reposuü  vermutete  Gertz  Q.  Scipionem  ^  M.  aber  ver- 
gleicht Liv.  per.  114  und  Val.  Max.  IX  5,  3,  welch  letztere  stelle 
jedoch  in  Halms  index  unter  ^Q.  Metellus  Scipio  socer  Pompei  M.' 
steht,  diesen  namen ,  den  der  betreffende  nach  seiner  adoption  an- 
nahm, sollte  auch  M.  im  index  erwähnen,  diesem  index  nominum 
muste  ein  index  rerum  hinzugefügt  werden,  wie  er  in  Halms  Quin* 
tilian  und  in  Bitters  Quintilianischen  declamationen  zu  finden  ist. 
ein  index  scriptorum  bildet  den  schlusz. 

Nachdem  wir  gesehen  haben ,  dasz  auf  grund  erneuter  verglei- 
chung  der  hss.  nichts  erhebliches  neu  gewonnen  worden  ist,  soll  uns 
zuletzt  die  wichtigste  frage  beschäftigen ,  in  welcher  weise  der  hg. 
die  kritischen  beitrage  verwertet  hat  und  ob  die  textkritik 
unseres  autors  nunmehr  zu  einem  gewissen  abschlusz  gekommen 
ist.  zu  diesem  zwecke  werden  wir  eine  gröszere  anzahl  stellen  be- 
handeln. 

Wenige  Schriftsteller  wird  es  geben,  die  so  viel  lücken  ent- 
halten wie  der  rhetor  Seneca.  an  vielen  stellen  musz  man  von  vorn 
herein  auf  ausfüllung  verzichten ,  bei  den  übrigen  wiederum  ist  die 
beseitigung  leichter  zu  bewirken  als  in  andern  texten,  denn  erstens 
kommen  uns  die  excerpta,  so  flüchtig  sie  auch  gemacht  sind,  hier 
trefflich  zu  statten,  ein  jeder  kritiker  hat  hierzu  seinen  beitrag  ge- 
liefert, und  es  kann  fast  ungerecht  erscheinen,  dasz  im  apparate  die 
namen  dieser  finder  nicht  genannt  sind,  einzelnes  ist  hier  immer 
noch  nachzutragen,  ferner  liegt  eine  stütze  für  ergänzungsversuche 
in  dem  wesen  dieser  rhetorischen  Übungen  selbst,  bisweilen  kehren 
dieselben  Wendungen  bei  verschiedenen  rhetoren  wieder,  in  den 
divisiones  baut  sich  eine  ganze  reihe  aus  einander  sich  entwickeln- 
der glieder  auf.  mit  hilfe  dieses  umstandes  habe  ich  die  lücke 
s.  170,  16  (211,  16  f.  E.)  in  den  comm.  Ribb.  s.  42  sicher  aus- 
gefüllt. M.  hat  hier  die  ergänzung  von  Thomas  in  den  text  gesetzt, 
zunächst  noch  einige  Verbesserungen  aus  E.  der  vater,  welcher 
zögert  seinem  söhne  die  einem  mädchen  angethane  gewalt  zu  ver- 
zeihen und  deshalb  von  demselben  des  Wahnsinns  bezichtigt  wird, 
sagt  von  sich  s.  139,  15  (183,  13  ff.  K.)  (Papiri  Fabiani,)  demens 
sum.  vides  turpiter  vivo,  meretricem  amo,  legem  ignoro,  dies  tuos  non 
numero,  M.  hat  die  an  sich  haltbare  Vermutung  von  Gertz  vides 
enim  in  den  text  gesetzt,  übrigens  ohne  jede  andeutung  im  drucke, 
in  E  lesen  wir  aber  s.  197,  4  (234,  19  ff.  K.)  demens  5wm,  vides^ 
nimirum  turpiter  vivo  .  .  numero.  nimirum  passt  vortrefflich;  der 
fehler  scheint  also  in  den  drei  ersten  werten  zu  stecken,  nun  folgt  in 
E  unmittelbar  demens^  inquitj  es.  potest  aliquis  ignoscere  sie  roganti? 
die  Worte  demens,  inquit,  es  fehlen  in  der  rede  desselben  Papirius 
bei  Seneca  und  sind  dort  schon  früher  nachgetragen  worden  s.  140, 1. 
liegt  hier  nicht  die  Vermutung  ganz  nahe,  dasz  auch  im  anfange  sich 
Papirius  derselben  form  der  einrede  bedient  und  also  gesagt  hat 


278       ROpitz:  anz.  t.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMflUer. 

demens,  inquit^  es,  nimirum  iurpiter  vivo'^  —  s.  338,  9  ff.  (360, 
1 2  ff.  E.)  ist  die  rede  von  der  figur  ^x^*  ^^  ^^^  üsener  und  Gertz 
empfohlene  und  von  M.  au%enommene  matte  lfi€pTf|V  wird  nach 
meiner  Verbesserung  (comm.  Eibb.  s.  39)  »cbwerlich  freunde  finden, 
weiter  heiszt  es  nun  et  alieri,  cum  descriptis  Alexandri  vidorüSf  genH- 
Ims  perdomitis^  novissime  paneret:  *quousque  invicte?*  exdamavü 
Cestius:  tu  atäem  quousque?  hier  wird  offenbar  nicht  sowohl  das 
echo  als  die  breite  geschwätzigkeit  in  Verbindung  mit  der  von  andern 
zu  tode  gehetzten  licblingswendung  verspottet,  sonst  wftre  die  ent- 
gegnung  des  Cestius  witzlos,  in  E  lautet  aber  die  stelle  s.  357,  9  f. 
addentique  ^quousque  post  ista?*  exdamavü:  *et  tu  quousque?*  sollte 
E  wirklich  auf  eigne  band  post  ista  hinzugefügt  haben,  was  doch  so 
trefflich  auf  die  weitlftufige  aufzfthlung  der  bisherigen  thaten  bezug 
nimtV  vielleicht  war  es  in  der  vorläge  von  E  Ober  invide  geschrie- 
ben, nun  fällt  erst  licht  auf  das  unverständliche  autem^  für  das  AOtto 
diam  schreiben  wollte :  es  steckt  darin  nicht«  anderes  als  eine  bittere 
replik  auf  die  worte  quousque,  invide^  post  ista,  nemlich  tu  antea 
quousque?  —  s.  407,  20  ff.  (424,  4  ff.  K.)  iüa  non  (est  inpudica, 
quae  arcessita  est  a  tyranno^;  iüe  Knon}  dicitur  sacrüegus,  qui  deorum 
inmortalium  dona  manxbus  suis  tulit  ad  tyrannum  aut  qui  funestas 
tyranni  imagines  inter  effigies  deorum  immortalium  consecravit,  das 
eingeklammerte  ist  aus  E  ergänzt,  nun  ist  aber  klar,  dasz  statt  des 
ersten  est  zu  schreiben  war  dicitur.  denn  E,  welches  weiter  unten 
hat  non  est  sacrüegus  (jsacerdosy,  kann  hier  nicht  maszgebend  sein, 
die  concinnität  verlangt  diciiur,  so  erklärt  sich  auch  besser,  warum 
das  ganze  stück  ausgefallen  ist  femer  hat  E  sacerdos  nach  sacri'- 
legus\  dies  gefällt  mir  sehr,  namentlich  des  zweiten  gliedes  wegen, 
in  dem  vom  weihen  der  imagines  die  rede  ist.  dieses  sacerdos  wird 
statt  des  von  Bursian  vermuteten  ille  in  der  lücke  gestanden  haben, 
das  pronomen  hat  an  sich  keinen  rechten  sinn,  weshalb  ich  glaube 
dasz  auch  im  anfange  des  ganzen  satzes  nicht  f7/a,  sondern  pueZZa 
gestanden  hat. 

Wo  die  genannten  hilfsmittel  uns  bei  ergänzung  der  lücken  im 
stiebe  lassen,  brauchen  wir  noch  nicht  die  flinte  ins  kom  zu  werfen, 
nein ,  es  läszt  sich  auch  sonst  bisweilen  die  ergänzung  zu  einem  ge- 
wissen grade  von  evidenz  bringen,  unter  den  lücken,  die  durch  E 
sicher  ausgefüllt  werden,  sind  sehr  viele  dadurch  entstanden ^  dasz 
der  Schreiber  wegen  groszer  ähnlichkeit  einige  benachbarte  worte 
übersprang,  daran  müssen  wir  uns  immer  halten,  und  besonders 
Gertz  hat  dadurch  mehrere  stellen  geheilt  auch  hier  ist  aber  noch 
manches  zu  thun.  s.  3,  6  ff.  (58,  26  ff.  E.)  fiat  quod  vuUis:  mittatur 
senex  in  scholas.  ülud  necesse  est  inpdrem,  ne  me  quasi  (ßcho- 
lasticumy  c  er  tum  dliquem  ordinem  velitis  sequi  in  eontrahendis 
quae  mihi  occurrent,  erst  so  wird  quasi  verständlich :  der  greis  will 
in  die  schule  gehen,  aber  nicht  wie  ein  schulknabe  behandelt  werden. 
—  s.  30,  15  ff.  (81,  24  ff.  E.)  Comdi  Hispani.  occidisti  hominem. 
quid  respondes?    ^vim  adferebat  mihi.*    diam  puto.    sacerdoti  pro 


ROpitz:  anz.  t.  L.  AnnaeiiB  Seneoa  riietor  ed.  HJMüller«       279 

Ubertate  vota  facienda  sunt:  captivae  mandabUis  usw.  richtig  scheint 
mir  M.  die  an  sich  unklaren  werte  eUam  puto  sam  vorhergehenden 
gezogen  zu  haben,  er  schreibt  jpreftifin  jptifo.  denselben  sinn  drttckt 
Gertz  noch  schärfer  so  ans:  etiam^  P^o^  ^pretmn^.  andere  wollen 
die  Überlieferung  halten  und  etiam  affirmativ  erkl&ren.  nidits  von 
alledem  scheint  mir  richtig,  ich  lese  ^f>im  adferthat  mihi*  ^  tarn, 
puto,  (adtuleraty.  sacerdoti  usw.  jeder  erkennt,  wie  leicht  in 
seiner  Umgebung  adtvAerat  Übersehen  werden  konnte,  die  pointe 
kehrt  wieder  s.  33, 11  f.  (84, 12  f.  E.)  gloricdur  homicidio  eius,  quem 
nescio  an  sero  occiderit.  von  demselben  gesichtspunkte  aus 
dürfte  es  sich  empfehlen  s.  34, 2  f.  (84, 25  f.  K.)  zu  schreiben  manm 
quae  dis  datura  erat  sacra^  capturas  tulit  ^knoni^;  cum  usw.  M.  mit 
Eiessling  lenoni  capturas  tulit.  —  s.  114, 1  (160, 1  ff.  K.).  die  ganze 
stelle  von  113,  3  an  handelt  von  der  kleinlichen  freude  an  nach- 
ahmungen.  der  reiche  will  alles  im  kleinen  in  seiner  nfthe  haben, 
wie  manche  grosze  früherer  zeit  in  ihren  parke  einen  Vesnv  udgl. 
haben  wollten,  o  paupertas,  quam  ignatum  honum  es!  der  arme  ge- 
nieszt  die  erhabenheit,  die  grOsze  und  gewalt  der  natur  unmittel* 
bar.  in  diesen  worten  weht  etwas  wie  stürm  und  drang,  vixpcssum 
credere  quemquam  earum  vidisse  süvas  patentisque  eamme  campoSy 
quos  rapidus  amnis  ex  praedpitio  vdj  cum  per  plana  infiisus  est^ 
ptacidus  interfluit;  non  maria  umquam  ex  coüe  vidisse  lata  aut 
hiberna,  cum  ventis  penitus  agitaia  sunt,  quis  emmtamparvis 
ohleäare  animum  imitamentis possUj  si  vera  cogncverit?  tndelicet  ^haec 
iUis  placenty,  tU  infaniibus  quae  tangi  conprehendique  manibus  aut 
sinu  possunt;  nam  magna  nan  eapit  exigua  mens,  überall  also 
der  gegensatz  zwischen  grosz  und  klein,  und  diesen  haben  die  ge- 
lehrten förmlich  verkleistert  mit  coi^'ecturen,  und  M.  ist  ihnen  ge- 
folgt, einzig  richtig  \^i paientisque  latissime  campoSy  was  ich  lange 
bemerkt  hatte ,  ehe  ich  es  bei  Linde  las.  das  meer  überwältigt  ent* 
weder  durch  seine  Unendlichkeit  {lata,  wofür  Thomas-Müller  {ento) 
oder  durch  die  Wildheit  zur  Winterszeit  {hibema).  einen  passenden 
gegensatz  bilden  die  parva  imitamentay  die  Bursian-Müller  durch 
prava  ersetzen,  zum  schlusz  ist  fraglich  die  ergänzung  nach  videUcd. 
die  Gertz-Müllersche  habe  ich  oben  gegeben,  sollte  aber  nicht 
vielmehr  zu  schreiben  sein  videlicet  sunt  eis  in  deliciis,  ut  tn* 
faniibusuävf.?  -—  8.321,8  f.  (344,2  S.  K,)  ex  servo  gener  ä  ex  donnina 
uxory  ex  domino  socer  factus  est.  et  ist  keineswegs  zu  tilgen,  sondern 
der  gegensatz  verlangt  geradezu  ex  servo  gener  et  coniux  (ciux)^ 
was  vor  ex  leicht  ausfallen  konnte.  —  s.  331,  11  ff.  (353,  19  ff.  E.) 
luni  GaUionis,  fuü  adulescens  optimus,  verecundisstmus,  qui  patri 
suo  cessisset,  si  salva  pietate  potuisset.  pietate  ist  zu  unbestimmt. 
Eiessling  schlug  zuerst  salva  dvUate  vor,  verwarf  es  aber  in  seiner 
ausgäbe  und  vermutete  salva  rep.  id  facere.  beides  gibt  einen  falschen 
sinn,  die  eigenschaft,  unbeschadet  deren  er  es  nicht  hat  thun  können, 
musz  bleiben,  nur  ist  zu  ergänzen  salva  pietate  K^erga  ri  p.y 
potuisset.    die  res  publica  wird  in  dieser  declamatio  immer  und  immer 


280       ROpitz:  anz.  y.  L.  AnnaeuB  Seneca  rbetor  ed.  HJMüller. 

hervorgehoben:   s,  331,  16.  332,  1.  15  usw.  —  s.  393,  11  ff.  (410^ 

16  ff.  E.)  cum  deplorasset  condidonem  viölatafn  maiestatis  et  consaetu- 
dinem  maiorum  descripsisset ,  qua  semper  voluissent  ad  supplicium 
(lucey  advocarif  sententiam  dixit:  at  nunc  apraet&re  lege  actum  est 
ad  lucernam,  um  den  geforderten  gegensatz  hineinzubringen,  hat 
M.  unter  hintansetzung  der  fremden  vorschlage  —  media  die  vocari 
von  0  Jahn,  lud  daro  vocari  von  Vahlen  —  luce  ergänzt,  nach  suppU- 
dum  an  sich  nicht  übel,  dennoch  ist  mir  lux  nicht  bestimmt  genug, 
viel  greifbarer  dünkt  mich  ^aurora^  aduocaru  der  grund  der 
auslassung  springt  in  die  äugen,  zugleich  stimmt  der  hergestellte 
ausdruck  zu  dem  sonstigen  sprachgebrauche.  so  heiszt  es  Ov.  am, 
I  13, 16  von  Aurora:  prima  vocas  tardos  suh  iugapanda  haves^  und 
V.  24  lanificam  revocas  ad  sua  pensa  manum.  —  s.  422, 12  f.  (438^ 
1  f.  E.)  non  est  quod  putetis  hos  lacrimas  aut  filiae  esse  aut  reae: 
fratrem  (ßeuity  (flet  Bursian -  Müller),  vgl.  429,  14  (444,  20) 
qtMC  mortuo  fratre  flevit. 

Unter  benutzung  einer  Vermutung  von  Gertz  hat  Mttller  s.  423^ 
8  ff.  (438,  21  f.  E.)  ergänzt:  venefido  simile  mendacium,  si  in  (no- 
verca  vixy  credibih:  est  parriddium^  in  sorore  credUis?  für  viel  leichter 
und  besser  halte  ich  si  incredihHe  est  parriddium  <^in  noverca^ ,  in 
sorore  creditis?  wenn  es  auch  zunächst  incredibUe  ist,  kann  es  doch 
nachgewiesen  werden ,  dämm  dann  vix  prohavi,  —  s.  582,  7  f.  (55, 

17  ff.  E.)  erat  autem  Cestius  nuüius  quidem  ingenii .  .  Oiceroni  etiam 
infestus.  M.  schiebt  nisi  sui  amaior  ein,  vielleicht  aber  ist  vor 
Ciceroni  ausgefallen  patronus.  —  Nach  dem  gesagten  wird  es 
nicht  zu  kühn  sein,  auch  am  ende  eines  abschnittes  eine  ergänzung 
zu  wagen,  nach  der  griechischen  sentenz  des  Hybreas  s.  311,  2  f. 
(334, 5  f.  E.)  heiszt  es  hoc  quilmsdam  corruptum  videbaiur^  Romanius 
tamen  <^imitatus  esty.  —  Dagegen  hat  M.  mit  unrecht  aufgenom- 
men das  einschiebsei  eines  unbekannten  s.  115,  10  f.  (161,  7  f.  E.) 
adoptio  tres  (^ahdicavit,  quartumy  abdicatura  est.  denn  was  soll  das 
beiszen :  die  (noch  nicht  vollzogene)  adoption  hat  drei  enterbt  (die 
aber  schon  vorher  enterbt  waren)?  —  s.  426,  16  f.  (441,  25  f.  E.) 
quod  sie  dedamarent^  tamquam  haec^  quae  <^pueUay  nominata  est^  in- 
fans  esset  verkennen  Gertz  und  M.  den  absoluten  gebrauch  von 
nominare  für  consdam  naminare  s.  429,  3.  so  heiszt  es  s.  429,  9 
nominavU  privigni  sui  sororem  und  s.  430,  5  f.  postquam  nominavü 
ßiamy  ad  me  respexit.  nun  wird  auch  s.  429,  13  (444,  19  ff.  E.) 
klar  als  Selbstgespräch  der  Stiefmutter:  Blandus  dixit:  nomi- 
naho  ist  am  quae  patri  adfuit^  istam  quae  mortuo  fratre  flevit,  torta 
matre  non  flevü.  M.  schreibt  mit  CFWMüller  quid  nominabo  .  .? 
Georges  gibt  übrigens  im  lexikon  geradezu  nominare  <»  'angeben, 
anklagen'.  —  Für  ganz  künstlich  halte  ich  die  ergänzung  35,  13 
(86,  8  E.)  ^quaecumque  istuc  indusa  esty  conservarum  und  388,  18 
(406, 12  E.)  hominis  richtig  Bursian  proconstdi;  für  unnötig  379, 14 
(397, 29  E.)  multa  in  ((Jaüian  uty  avarum,  für  ganz  unsicher  182, 7. 
398,  22. 


ROpitz:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetpr  ed.  HJMüUer.       281 

Die  kehrsei te  der  ergSnzungen  ist  die  tilgang  ungehöriger 
Worte,  auch  hier  hat  G^rtz  manchen  guten  griff  gethan.  Yielfach 
liegt  dittographie  vor.  als  solche  ist  noch  zu  tilgen  in  s.  576,  1 
(49,  4  ff.  E.)  non  feres  Äntonium:  intolerabüis  [tn]  mälo  ingenio 
fdicUas  est  nihüque  (nocerey  cupientis*  magis  accendit  qtiain  pro- 
sperae  turpitudinis  conscientia.  wo  aher  diese  oder  eine  andere  ent- 
stehungsursache  des  unpassenden  Wortes  nicht  zu  erkennen  ist ,  er- 
ührigt  darin  eine  Verderbnis  zu  entdecken,  auf  den  versuch  hat  der 
hg.  bisweilen  verzichtet,  ein  erzwungenes  flickwort  sehe  natürlich 
auch  ich  nicht  als  heilung  an.  s.  113,  1  f.  (159,  6  f.  E.)  ist  über- 
liefert iUe  secatur  lapis  et  tenui  fronte  parietem  tegit  quam  umetis 
severe,  naiv  bemerkt  M.  dazu  Werba  corrupta  seclusi'.  nun  hat  aber 
Earsten  annehmbar  vermutet  qiiem  timetis  subire.  ich  selbst  hatte 
mir  angemerkt  quem  timetis  semper,  vgl.  112,  8  ff .  u^  anxii  ei 
interdiu  et  nocte  ruinam  ignemque  metuant.  —  s.  243,  13  ff. 
(272, 11  ff.  E.)  amisi,  inquit^  uxorem^  Uberos,  Patrimonium,  tu  putor 
hos  te  ea  condicione  accepissej  ne  perderes?  ludit  [de]  stns  fortuna 
muneribus  et  quae  dedit  aufert,  mit  recht  hat  Gertz  de  für  verkehrt 
erklärt,  doch  ist  dafür  zu  schreiben  ludit  te  suis  Fortuna  (doch  wohl 
auch  hier  als  göttin  gemeint,  wie  in  der  parallelstelle  s.  481,  7  f.) 
mtmerihus.  der  Sprachgebrauch  ist  verbürgt.  —  s.  133,  5  (177« 
14  f.  E.)  sie  iUa  [inquit]  me  falso  periculo  terreret  konnte  recht  wohl 
Gertzens  Vermutung  invicem  aufgenommen  werden ,  vgl.  136,  9  in- 
vicem  petit.  —  s.  481,  5  ff.  (491,  5  ff.  E.)  Jmic  eooimii  ocuH  sumt: 
extirpentur  radicitus,  huic  [non]  speoiosa  fades  est:  potest  formonsus 
mendicus  esse,  non  hat  schon  die  zweite  band  im  Antverp.  getilgt, 
der  corrector  des  Tolotanus  schrieb  vero^  Gertz  dachte  an  u^ia, 
leichter  und  im  gegensatz  zu  den  vorher  genannten  äugen  trefflich 
passend  ist:  huic  tota  speciosa  fades  est.  —  s.  274, 6  ff.  (299, 10  ff.  E.) 
wird  die  läge  des  auf  einem  wrack  dem  meere  übergebenen  bruders 
geschildert:  uhi  spes?  in  gubernaculo?  nuUa  est.  inremigio?  nein 
hoc  quidem  est,  in  comite?  nemo  repertus  est  naufragi  comes.  invdo? 
in  antemna?  omnia  [paene]  instrumenta  circumdsa  sunt,  admini- 
culum  spei  nullum  est.  remigione  in  ist  gar  nicht  überliefert,  sondern 
remigionem,  nun  ergeben  das  dritte  und  vierte  glied ,  dasz  im  ein- 
zelnen das  fehlen  der  ausrüstungsgegenstände  nachgewiesen  werden 
soll,  folglich  musz  es  im  zweiten  beiszen  ne  hoc  quidem  est  und  im 
ersten,  wie  schon  Ritschi  ua.  verlangt  haben,  nullum  est.  im  viert-en 
ist  von  dem  takel werke  die  rede,  zuletzt  bleibt  nicht  nur  die  ent- 
stehung  des  paene  rätselhaft,  sondern  es  fehlt  auch  eine  angäbe  zu 
omnia  instrumenta ,  damit  diese  werte  als  eine  entgegnung  auf  die 
vierte  frage  erscheinen,  man  erwartet  omnia  superne  instrumenta. 
—  s.  280,  9  ff.  (305,  1  ff.  E.)  obids  mihi  moUiorem  animum:  aUus 

*  in  den  comm.  Ribb.  s.  43  bemerke  ich,  dasz  ich  wie  Sander  darauf 
gekommen  sei  cupientTs  zu  lesen,  das  wird  wohl  auch  bei  andern  der 
fall  sein,  doch  ist  es  damit  nicht  abgethan.  mir  scheint  es  am  besten 
für  cupientes  zu  lesen  inpudentes  (ohne  das  von  M.  eingeschobene  nocere). 


282       BOpitc:  ans.  ▼.  L.  AnDaeas  Seneca  rhetor  ed.  HJMüUer. 

mitior  est  [plus]  quam  debety  cHius  saeviar  quam  neeesse  est.  ich 
schreibe  alius  mUior  est  (^ani^mus.  —  s.  302,  5  (325,  23  f.  K.) 
beanstanden  tarn  mit  recht  Baumm  und  Müller  quasi  iüe  [iam]  hanc 
insaniam  introduxisset.  zu  lesen  ist  wohl  tue  tot  am  hanc  insankm 
introduxisset.  —  Von  Paris  ist  die  rede  s.  547,  12  ff.  (24,  23  f.  K.) 
Cesti  Pii.  vos  ergo  \adhunc\y  dt  immortaleSj  invoco:  sie  redusuri  estis 
maria?  obserate  potius.  acJ^unc  hat  OBibbeck  eingeklammert,  aber 
auch  die  folgerungspartikel  hat  mistrauen  erweckt,  ich  schlage  vor 
vos  ctra  adulterum  und  dann,  da  sie  unverstftndlich  ist,  ei  reötu- 
suri  estis  maria?  fthnlich  drückt  sich  Cornelius  Hispanus  aus  z.  19 
ista  maria  .  .  adulteris  dauderentur. 

Auch  die  Wortstellung  ist  bisweilen  zu  ändern,  mehrfach 
ist,  glaube  ich,  die  anaphora  veranlassung  gewesen  ein  wort  zu 
Überspringen,  das  dann  am  rande  nachgetragen  wurde,  so  schrieb 
ich  s.  410,  7  f.  (426,  8  f.  E.)  in  den  comm.  Bibb.  s.  43  parricida^ 
[voluisti]  violasti  patris  corpus,  (violastiy  fratris  henefidum.  M.  gibt 
auf  grund  einer  parallelstelle  poüuisti.  violare  gehört  aber  zu  den 
lieblingsworten  Senecas  auch  im  sinne  'entweihen' :  s.  247,  2  (275, 
18  f.  K.)  invoco  lovem^  cuius  Olympia  parricidiis  absoluta  sunt  ist 
wohl  violata  zu  schreiben,  nicht |>o2{«/a  (Bursian-M.).  —  Vielleicht 
liegt  anaphora  auch  vor  s.  296,  2  (319,  30  f.  K.)  vocetur,  inquit, 
[Ute]  dceronianus  iUe  diens,  Kße^  amicus.  dagegen  gehören  s.  185, 1  f. 
(224,  3  E.)  die  begriffe  quod  uxorem  mature  dtm,  semper  düexi  so 
eng  zusammen ,  dasz  das  zweite  glied  nicht  mit  quod  einzuleiten  ist, 
was  Thomas  und  M.  thun.  s.  272,  15  ff.  (297,  22  ff.  E.)  erhält  eine 
pointe  erst  durch  BWachsmuths  Umstellung  des  non.  sie  scheint 
mir  sicher,  auch  422,  3  f.  (437,  15  ff.  E.)  nimt  Wachsmuth  mit 
recht  am  sinne  anstosz.  doch  ist  leichter  als  seine  Umstellung  fol- 
gende abhilfe :  aiebat  autem  Scaurus  rem  veram :  [non]  minus  magnam 
virtutem  esse  sdre  dicere  quam  sdre  desinere,  s.  571 , 1  ff.  (45, 1 7  ff.  E.) 
paene  nihü  enim  in  ea  Cicerone  dignum  est^  ac  ne  hoc  quidem  quod 
[paene]  maxime  tcierabüe  est,  paene  hat  M.  umgestellt  und  damit 
einen  verstosz  gegen  die  logik  begangen ,  da  ja  jenes  wort  ein  ge- 
wisses masz  zuläszt,  ne  .  .  quidem  aber  alles  ausschlieszt.  ich  lese 
mit  CFWMüller  quod  per  se  maxime  tolerabüe  est. 

Eine  höchst  wichtige  frage  ist  die,  ob  in  unserm  texte  Verwir- 
rung durch  glosseme  angerichtet  worden  ist.  M.  selbst  glaubt 
ein  solches  annehmen  zu  müssen  s.  268,  14  ff.  (294,  11  ff.  E.),  wo 
wir  lesen  von  Albucius,  der  in  seinen  reden  ein  Vorgänger  unserer 
modernsten  realisten  und  naturalisten  war:  spiendidissimus  erat: 
idem  res  dicebat  omnium  sordidissimas ;  acetum  etpuldum  et  [Damam 
et  Phüerotem]  lantemas  et  spongias;  nihü  putäbat  esse,  quod  did  in 
dedamatione  non  passet,  hierzu  bemerkt  M.  Mel.  servorum  nomina 
a  grammatico  quodam  adscripta  esse  ratus ,  qui  sordida  negotia  tri- 
viatibus  verbis  (cf.  Suet.  de  rhä.  6)  adiungeret'  ich  finde  dies  ganz 
unglaublich,  zusätze  konnte  hier  höchstens  ein  Zeitgenosse  machen, 
dem  andere  beispiele  aus  den  reden  des  Albodus  einfielen.  Bursian 


ROpitz:  anz.  y.  L.  ADnaene  Seneca  rhetor  ed.  HJMüller.       283 

las  aus  den  werten  et  phileroton  (spongias)  oder  et  psäothrum  {et 
spongias)  heraus,  zunächst  sehe  ich  nicht  ein,  weshalb  man  das 
wort  dama  'nach  Cuvier  eine  africanische  antilope'  (Friedländer 
sitteng.  Roms  11^  496)  beanstandet.  Quintilian  IX  3,  6  erwähnt  die 
timidi  damae  bei  Vergilius.  in  einem  vergleiche  kann  sie  leicht  auch 
Albucius  gebraucht  haben,  obwohl  sie  nicht  in  den  Wortschatz  der 
controversiae  gehören,  erkennt  man  die  berechtigung  des  wortes  in 
dieser  gesellschaft  zu  erscheinen  an,  so  verlangt  die  dreigliedrige  an- 
Ordnung  von  je  zwei  zusammengehörigen  begriffen  noch  ein  zweites 
tier.  wie  wäre  es  mit  dem  paläographisch  ganz  ähnlichen  r/^ino - 
cerotem'^  in  welchem  sinne  dies  wort  gebraucht  werden  kann, 
lehrt  Martialis  I  3, 5  f.  maiores  nusguam  rhonchi,  iuvenesque  senesque 
et  pueri  nasum  rhinocerotis  habent,  über  das  vorkommen  des 
tieres  in  Rom  vgl.  Friedländer  ao.  11^  494.  die  begriffe  des  ersten 
gliedes  hängen  wahrscheinlich  auch  innerlich  zusammen,  vom  ptdeium 
Bagt  nemlich  Plinius  n,  h,  XX  c.  54  magna  societas  cum  hac  ad  recre- 
andos  defeäos  animo  pul  ei  o  cum  surcülis  suis  in  ampuüas  vitreas 
aceti  tärisque  deiectis  .  .  inlinvtur  etiam  in  dolonbus  cumpdenta  et 
aceto  .  .  et  vomitiones  (sistit)  cum  aceto  et  polenta  .  .  ex  rneüe  et 
aceto  sedat  menstrua  usw.  im  mittlem  gliede  könnte  das  bindende 
der  umstand  sein,  dasz  zwei  tiere  genannt  werden,  nur  das  dritte 
läszt  einen  solchen  Zusammenhang  nicht  erkennen,  laterne  und 
schwamm?  ganz  unverdächtige  begriffe,  man  sieht  nicht  recht, 
worauf  eigentlich  die  werte  nihil  putäbat  usw.  sich  beziehen,  höch- 
stens der  schwamm  kann  bedenken  erregen,  wenn  man  sich  erinnert 
an  San.  ep.  70,  20  nuper  in  ludo  bestiariorum  unus  e  Germanis^  cum 
ad  matutina  spedacula  pararetur,  secessit  ad  exonerandum  corpus: 
nuUum  aliud  tili  dahatur  sine  custode  seeräum;  ibi  lignum  id^  qu^d 
ad  emundanda  ohscena  adhaerente  spongia  positum  estj  totum  in 
gulam  farsit  et  [vi]  praedusis  faucibus  spiritum  elisit.  dieses  unver- 
diente loos  des  scbwammes  erwähnt  auch  Mart.  XII  48,  5  ff.  auch 
jetzt  noch  würde  ich  bedenken  tragen  den  schwamm  in  so  prägnan- 
ter bedeutung  zu  fassen,  wenn  nicht  gar  zu  nahe  läge  —  latrinas 
et  spongias,  —  s.  104,  5  ff.  (151,  24  ff.  K.)  haec  eo  libentius^  Mda^ 
fili  carissime ,  refero ,  quia  video  animum  tuum  a  cimlibus  officiis  ab- 
horrentem  et  ab  omni  ambitu  aversum  [Jioc  imum  concupiscentem']  nihü 
concupiscere  ^  <[nisiy  vi  eloquentiae  tantum  studeas,  wo  gleichfalls  die 
annähme  eines  glossems  unhaltbar  ist,  liegt  wahrscheinlich  jener  Irr- 
tum vor,  vermöge  dessen  der  abschreiber  ein  zu  schreibendes  wort 
an  ein  benachbartes  angleicht,  eine  solche  stelle  s.  212,  11  con- 
positio  aspera  et  quae  vitaret  conpositionem ,  hat  Thomas  geschickt 
verbessert :  conclusionem,  eine  gewisse  ähnlichkeit  des  angeglichenen 
Wortes  pflegt  ja  meist  vorhanden  zu  sein,  so  dürfte  in  unserm  falle 
zu  schreiben  sein  ab  omni  ambitu  aversum  hoc  unum^  intermitten- 
tem  nihü,  concupiscere ,  ut  eloquentiae  tantum  studeas.  —  Ebenso 
halte  ich  s.  69,  10  ff.  (118,  9  ff.  K.)  das  fehlerhafte  discessisse  nicht 
etwa  für  eine  vorausnähme  des  später  folgenden,  sondern  mit  Gertz 


284       BOpiiz:  anz.  t.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüller. 

fttr  eine  leichte  Verderbnis  und  schreibe  mit  ihm  scHus  PoUio  kiäido 
fecisse  vtUt  eam^  nee  tarn  misericordiae  cessisse;  dixü  enim  ülam 
non  potuisse  cum  piratis  vivere.  durch  dieses  cessisse  wird  das  pas- 
sive handeln  der  meisten  gegenüber  dem  planmftszigen  handeln 
{iudicio)  der  6inen  hervorgehoben.  —  Ein  sicheres  beispiel  einer 
interpolation  glaube  ich  s.  390,  7  ff.  (407,  20  ff.  E.)  entdeckt  zn 
haben :  ipse  Montanus  iUum  locum  ptUcherrime  iractavit,  quam  muUa 
populus  Eomanus  in  suis  imperataribus  tulerit:  in  Gurgite  ItAXuriam, 
in  Manlio  inpotentiam ,  cui  non  nocuü  et  fiUum  et  victorem  occiderCj 
in  SuHa  crudelitatemy  in  LucuUo  avaritiam,  wenn  wir  nun  in  E 
8.  436, 15  f.  lesen  in  LucuUo  luxuriam^  in  muUis  avaritiam^  so  wird 
niemand  einen  augenblick  zweifeln,  dasz  dies  die  ursprüngliche  les- 
art  ist.  und  so  hat  denn  Müller  nach  dem  vorgange  Ottos  den 
Worten  zu  ihrem  rechte  verholfen.  aber  merkwürdigerweise  hat 
keiner  von  beiden  bemerkt,  welche  Schwierigkeit  nun  entsteht:  die 
luxuria  ist  zweimal  erwtthnt,  zuerst  in  Qurgite^  zuletzt  in  LucuUo, 
sollte  Seneca  wirklich  so  flüchtig  verfahren  sein?  und  dann,  die 
excerpta,  die  wir  hier  wieder  zuverlässig  finden,  haben  m  Qurgüe 
luxuriam  gar  nicht,  einen  augenblick  kOnnte  man  denken ,  dasz  ein 
abschreiber.ein  etwa  am  rande  nachgetragenes  luxuriam  in  mültis 
sich  als  luxuriam  in  Gurgite  erklärt  habe,  doch  hat  die  Vermutung 
wenig  für  sich,  vielmehr  scheint  hier  ein  leser  sein  wissen  ange- 
bracht zu  haben,  wahrscheinlich  hat  sich  auch  sonst  an  dieser  stelle 
die  Weisheit  eines  lesers  breit  gemacht,  wenigstens  gewinnt  sie  sehr, 
wenn  man  auch  den  vereinzelten  matten  zusatz  zu  Manlins  —  cui 
non  nocuU  et  filium  et  victorem  occidere  —  beseitigt. 

Besonders  verderbt  sind  die  griechischen  stellen  erhalten, 
doch  ist  hier  eine  gewisse  gewähr  gegen  abschreiberconjecturen  ge- 
geben, s.  70,  1  (118,  20  f.  K.)  KaraTTÖYTUiCov  töv  Tbiov  t^v^ttiv 
£XOM€V  nar^pa.  KaraTTÖVTUJCOV  M.  nach  Thomas,  mir  sehr  zweifel- 
haft, T^v^TTiv  M.  doch  der  Wechsel  der  bezeichnung  ist  sehr  auf- 
fällig, ebenso  der  mangel  an  schärfe  des  gegensatzes.  übrigens  deutet 
die  Überlieferung  eher  auf  k.  (?)  töv  Tbiov,  töv  £)liöv  ^ti^^ti  schon 
Haase)  fxoM^v  iraT^pa.  —  s.  184,  9  f.  (223,  16  f.  K.)  t&  Tuxnc 
beivfjc  TttÖTOi  imTdTTOVT€C  äXXrjXoic  ^Xuccuü^€V.  das  letzte  wort 
ist  Vermutung  M.s  für  6TTI00M6N,  aus  dem  ich  nur  das  ganz  passende 
£TT-(ui)Li€v;  herauszulesen  vermag.  £Tr^€iM€V  wollte  Buschmann,  dq)- 
fJKOMCV  KSchenkl.  —  Sollte  nicht  s.  504,  1  (512,  15  K.)  fifj  ^oi 
Tpujdbac  pir\bk  Niößfiv  zu  lesen  sein  )Lif|  jliimoO  TpunStbac?  — 
8.  150,  8  f.  (193,  13  f.  K.)  und  184,  5  (223,  11  E.)  habe  ich  in  den 
comm.  Bibb.  behandelt.  —  s.  540,  18  f.  (19, 9  ff.  K.),  wo  M.  keinen 
von  den  bisherigen  versuchen  gelten  läszt,  halte  ich  Bnrsians  Ver- 
besserung —  wenn  man  nur  Demosthenes  wiederholt  —  für  evi- 
dent, sie  passt  vorzüglich  in  den  Zusammenhang,  auch  wird  über 
£TTiTäq>ioc  570, 1  ff.  ausführlicher  gesprochen,  ich  schreibe  also  nisi 
antiquior  Xerses  fuisset  quam  Demosthenes,  (^Demosthenesy  epiia- 
phium  diceret. 


BOpitz:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMflller.       285 

Hieran  scbliesze  ich  eine  reihe  stellen  ohne  bestimmten  gesichts- 
punkt.  s.  30,  3  f.  (81,  8  ff.  K.)  si  nihü  älitidy  certe  osculatus  est  te 
quisquis  puram  putavü.  puram  hat  M.  mit  andern  in  das  gegenteil 
verwandelt,  mit  welchem  rechte?  die  worte  heiszen:  wenn  es  dir 
gelang  einen  zu  erbitten,  dasz  er  dir  nichts  weiter  anthat  —  natttr- 
lich  gelang  es  durch  hinweis  auf  deine  Unschuld  —  so  hat  er  dir 
wenigstens  einen  kusz  geraubt,  dieser  sinn  wird  bestätigt  durch  die 
ganz  ähnliche  stelle  34,  3  f.  (84,  26  f.  K.)  cum  deprecareris  intrantis 
amplexuSy  ut  alia  omnia  impetraris,  osculum  erogasti  (einen  kusz  wenig- 
stens hast  du  hergeben  müssen,  nach  der  Verbesserung  von  Gertz).  — 
31, 17  f.  (82,  27  f.  K.)  vtdtis  audUmis  exüum  audire?  vendit  pirata^ 
emit  leno,  exdpüur  nihü.  nach  der  viel  versprechenden  frage  ein 
sonderbarer  schlusz.  erklären  läszt  sich  ja  excipitur  nihü^  nemlich : 
es  wird  dem  verkaufe  keine  clausel  hinzugefügt,  aber  was  soll  das 
hier?  für  mich  ist  es  klar,  dasz  hier  gestanden  hat  excipit  lupanar^ 
vgl.  auch  s.  34,  13  sed  lupanar  excepit.  nun  schlieszt  sich  auch  das 
folgende  passend  an:  eo  deduda  eSj  uhi  usw.  —  Von  demselben  mäd- 
chen  heiszt  es  s.  36,  7  f.  (86,  28  f.  K.)  capta  es  a  piratis,  interservos^ 
ifUer  homicidas  in  Ulis  myoparonis  angustiis  spatiaia  es.  ist  dies 
nicht  ein  Widerspruch?  man  vermutet  ein  verbum,  welches  die  durch 
die  enge  gebotene  nahe  berührung  ausdrückt,  ich  denke  iactata 
es  nach  162,  5  iadatur  misera  inter  sateUÜum  maniis.  —  Wer  s.  39, 
16  ff.  (90,  7  ff.  K.)  beachtet:  nar^'cUe  sane  omnes  tatnquam  ad  pro- 
stitutam  venisse^  dum  tamquam  a  sacerdote  discesserint ,  z.  19  ff.  dis 
iUum  impellentibus  .  .  dbsti/nerd  a  sacro  corpore  manum,  der  musz 
auch  verstehen  s.  41,  4  f.  leno  illam  prostituit,  popu^us  adoravit 
(Gertz-M.  advolavit).  —  s.  41,  6  f.  (91,  20  f.  K.)  mtdtum  potest  ad 
redum  quoque  pudici  animi  propositum  hostis  (jcumy  gladio,  das  von 
Thomas  empfohlene  cum  scheint  mir  unnötig,  für  redum  wollte 
Gruter  fledendum,  Nov4k  ngidum,  das  richtige  ist  ad  certum  quo- 
que pudici  animi  propositum.  —  s.  49,  9  ff.  (99,  12  ff.  K.).  eine  ver- 
brecherin bleibt,  vom  felsen  gestürzt,  am  leben.  Pastor  Aidius  hanc 
controversiam  apud  Cestium  dixü  iam  Senator  d  hunc  colorem  Optimum 
putavü:  sie  veneficiis  corpus  induruü^  ut  saxa  reverherd  inultum. 
Cestius  hunc  corripuit  d  dixü:  hoc  est  quare  ego  audüores  meos  in- 
vitem  ad  alias  audiendos  ire?  aeque  male  mihi  facü  üle,  qui  aut 
athlda  aut  phthuicus  est.  dicebat  autem  in  Älhucium ,  qui  iUis  diebus 
dixerat  in  hac  controversia  ^durius  saxo\  et  in  Bassum  lulium  muUa^ 
qui  dixerat  ^virgo  desultrix.^  Konitzers  inultum  ist  mir  sowohl  der 
form  als  dem  sinne  nach  sehr  zweifelhaft,  weshalb  zieht  M.  das  über- 
lieferte multum  nicht  zum  folgenden?  was  sagt  aber  nun  Cestius 
unter  vielem  zu  dem  redner?  'mir  misföUt  einer  ebenso,  wenn  er 
athlet  —  damit  trifft  er  den  verfehlten  color  des  Pastor  Aietius  — 
als  wenn  er  phthuicus  —  nach  M.  =  qpGoiKÖc  —  ist.'  aber  nirgends 
finde  ich  dieses  wort  erwähnt,  der  begriff  hätte  sinn  nur  als  gegen- 
stück  zu  athlda.  aber  sonderbar  genug  wäre  das.  nein,  es  musz 
darin  etwas  stecken,  was  zum  folgenden  passt:  denn  der  zusammen- 


286       BOpits:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  UJMfiller« 

hang  yerlangt,  dasz  Cestius  mit  diesem  doppelausdrack  zugleich 
noch  andere  verfehlte  äuszerungen  anderer  redner  traf.  pdaurisUs 
(Gertz)  passt,  noch  besser  aber  der  behende pithecuSj  Tgl.  s.401,5. 
weiterlese  ich  mit  leichter  teztesänderung  dicebat pariter  inAünh 
dam  und  im  letzten  gliede,  wo  fmdta  nach  unserer  auffassung  keinen 
sinn  hat:  et  in  Bassum  lulium  simul^  qui  dixercU  ^virgo  desuUrix.*  — 
8. 65, 2  f.  (1 14, 8  f.  E.)  lesen  wir  bei  M.  in  dem  bekannten  gemeinplatse 
über  die  Vorrechte  der  gebart  quis  fuü  MariiiSy  si  iüum  suis  inspexeri- 
mus  maioribus?  die  hss.  geben  mori5i4«.  M.  hätte  wenigstens  nach  der 
Überlieferung  und  nach  dem  folgenden  inspexeris  {maiaribus)  schrei- 
ben sollen,  dies  stellt  auch  Karsten  her,  der  zugleich  auf  die  Ver- 
schrobenheit des  ausdrucks  hinweist,  aber  seine  abhilfe  si  tüum  suis 
inspexeris  in  moniibus  taugt  nichts ;  überdies  bleibt  suis  immer  noch 
auffällig,  mir  will  nicht  aus  dem  sinne  51  tUum  oculis  inspexeris 
censoriis.  —  s.  115,  16  ff.  (161,  14  ff.  K.)  Fabriciorum  imagines 
Meteüispatuerunt;  Aemüiorum  et  Scipionum  famüias  adapüo  miscuii; 
etiam  abolita  saeculis  nomina  per  successores  novos  fiügeni,  sie  iUa 
patriciorum  nohüüas  a  fundamentis  urhis  usque  in  haec  tempora  conr 
stitü.  da  nachweislich  niemand  aus  der  familie  der  Meteller  in  die 
der  Fabricier  eingang  gefunden  hat,  so  nimt  M.  seine  Zuflucht  zu  der 
annähme  ^Latro  memoria  lapsus  videtur  esse',  indessen  ist  bei  einem 
solchen  locus  communis  ein  versehen  wenig  wahrscheinlich,  dasz 
M.  die  vorgeschlagenen  ftnderungen  unbeachtet  liesz ,  daran  that  er 
recht,  von  allen  versuchen  erscheinen  aber  am  meisten  verfehlt  die, 
welche  die  nachgenannten  Scipiones  als  Africani  oder  Comelii  ein- 
schmuggeln wollen,  darunter  der  Müllers  imagines  MeteUKjorum  Cor- 
nelia patuerunt;  Fahiorumy  Aemüiorum  usw.  dasz  patricier  und 
plebejer  einander  gegenübergestellt  werden,  ist  klar  wegen  imagineSy 
novos  und  paMciorum.  also  lasse  man  Latro  mit  der  allgemeinen 
Wendung  beginnen  patriciorum  imagines  plebeiis  patuerunt.  — 
s.  120,  1  (165,  2  ff.  K.)  glaube  ich  in  den  comm.  Ribb.  sicher  ge- 
heilt zu  haben,  weiter  heiszt  es  qui  dixerat  adulesceniem  videri  stbi 
habere  qperta  quaedam  vitia.  operta  ist  conjectur  von  Gertz,  abdüa 
las  man  bisher  (capitata  ed.  Bip.)  fUr  das  überlieferte  capUa.  am 
leichtesten  ist  jedoch  Jiabere  tacita  quaedam  vUia.  —  s.  122,  1  ff. 
(166,  22  t  K.)  non  me  deledant  ignoti  servorum  dominogreges  nee 
sonantia  laxi  ruris  ergastula.  M.  schreibt  j)2a^t5  für  km,  hält  aber 
auch  die  Vermutung  Useners  flagris  für  vielleicht  richtig,  ich  habe 
mich  immer  an  dem  überflüssigen  ruris  gestoszen  und  glaube  mit 
recht  zu  lesen  nee  sonantia  lamentis  ergastula.  bei  der  Verstümme- 
lung scheint  die  thatsache  mitgewirkt  zu  haben,  dasz  allerdings  die 
ergastula  auf  dem  lande  waren,  vgl.  250, 2.  —  s.  131, 19  (176, 6  K.) 
et  haec  controversia  non  eget  (hss.  eret  hii,  Gertz  haeret  in,  Thomas 
eget  subtili)  divisione  dürfte  zu  bessern  sein  expetit  divisioncm.  — 
s.  171,  3  (211,  19  f.  K.)  fac  aeddere,  quod  Ätheniensibus  in  bello 
accidity  ut  liberi  et  coniuges  in  aliquo  tutiore  loco  deponantur :  inpuia 
büur  hoc  tempus  feminis^  quo  vires  non  destituunt^  sed  non  habent^ 


BOpits:  anz.  t.  L.  Annaent  Seneoa  rhelor  tu  HJMtÜlen       287 

M.  bat  fac  sehr  gut  ergSnst,  aber  in  dem  nan  folgenden  auf  einen 
yersacb  verzichtet,  da  nur  eine  andere  mOgliohkeit  angegeben  ist:  H 
tyrofmus  nan  väuissd  istampatere  qmn  inUr,  so  erwartet  man  die- 
selbe construotion,  also  fac  statt  si.  danach  masz  siob  das  ttbrige 
ftndem:  fac tyrannwm i^elmsse iäam parere imhrß qmn^mnium (let»> 
teres  nach  OBibbeok).  —  s.  188,  1  fif.  (226,  U  fif.  K.)  pradiU  mOd 
fronte  m  omne  lenocinium  campomtat  paiUlo  o^seurto  quam  posUa 
veste  nudae  usw.  angeredet  sind  die  matronae^  vgl*  s.  187,  6  f.  mth 


irona  . .  prodeat  in  iantum  omaia  usw.  mihi  (m  nach  Eiessling) 
gibt  keinen  sinn,  weshalb  Eiessling  ienui^  Otto  iam  yorschlug.  wie 
soll  aber  die  stim  in  jeder  weise  kupplerisch  thätig  sein?  gewia 
stand  nur  da  prodite^  matronae^  in  amne  Unodmum  eampo9itae 
nsw.  —  s.  264,  4  ff.  (290,  15  ff.  K.)  fdices  nupiae!  moriar^  nisi 
nubere  äuUse  est.  der  vers  wird  in  seine  teile  zerlegt;  natfirlicih  masz 
dann  später  moriar  nisi  statt  des  überlieferten  peream  nisi  stehen. 
—  s.  309  y  10  ff.  (332,  21  ff.  K)  Festus  quiäam  rhdor,  sUOurae 
pusiUae^  in  quem  Euctemon^  hämo  vemistissUni  ingeni^  Oraece  disoit 
^antequam  te  viderem^  nesde(Jbamy  rhetoras  auäoratos  esse,*  da  die 
hss.  nesde  haben,  ist  vielleicht  nesdi  richtiger;  audoratos  M.  mit 
üsener,  was  ich  in  diesem  zusammenhange  nicht  verstehe,  die  hssu 
und  ßursian,  Kiessling  geben  vidoriatos.  ich  yermute  dasz  Enotemon 
gesagt  hat  rkäoras  pygmaeosy  vgl.  Juv.  6,  604  ff.  oedo,  si  hreve. 
parvi  sortita  estlateris  spcUiumpreviorque  videtur  virgine  Pygmaea 
nuUis  adiuta  cothurnis  et  levis  ereda  consurgit  ad  oscuda  ptanta. 
Eactemon  sprach  also  in  der  tbat  Oraece^  so  dasz  kein  grund  ist  mit 
Eiessling  egregie  zu  schreiben.  —  s.  332, 17  f.  (354,  27  ff.  E.)  nelite 
omnia  expedare  ah  accusaiore  d  occupato  d  verecundo  ist  gesagt  yon 
dem  söhne,  der,  ans  kreuz  geschlagen ,  den  zum  loskauf  geschickten 
gesandten  zuruft  cavde  prodüionemy  ein  ausspruch  der  von  den 
landsleuten  auf  den  vater  bezogen  wird.  Gronov  bemerkt  zu  der 
stelle:  'quae  occupatio  in  cruce  affixi?  an  potius  est  otium  poda- 
gricis  pedibus  multo  molestius  graviusqoe?  vide  an  fuerit  aXUgato.* 
diese  ganz  verständigen  bedenken  sucht  in  thörichter  weise  Schul- 
tingh  zu  beseitigen :  ^haec  respiciunt  ad  tempus  quo  imperium  petiit 
filius  et  prensare  debuit;  eoque  occupafus  fuit.'  den  Schlüssel  zum 
Verständnis  finden  wir  in  den  werten  des  Cestius  Pius  s.  331 ,  3 
indidum  fuU  morientis  breve,  fili  verecundum.  zuschreiben 
ist  also:  nolite  omnia  expedare  ah  accusaiore  d  occumhente  d  vere- 
cundOj  und  das  heiszt  *viel  zu  sagen  war  er  teils  zu  kraftlos ,  teils 
(als  söhn)  zu  rücksichtsvoll.'  —  s.  385,  4  ff.  (403,  2  ff.  E.)  exidi- 
mans  ipsum  pradoris  heneficio  dimitti,  gratias  idi  agens  d  utrisque 
manihus  mensam  tenens  *di  tibi*  inquit  Ummortales  parem  gratiam 
referanf*  befremdet  in  hohem  grade  der  ausdruck  mensam  tenens, 
Seneca  schrieb  gewua  tenens  oder  vielmehr  genua  amplectens, 
dieses  zeichen  der  Unterwürfigkeit  wird  öfter  bei  Seneca  erwähnt, 
zb.  s.  427,  16;  457,  16;  659,  16. 


288       BOpitz:  anz.  y.  L.  Annaeas  Seneca  rhetor  ed.  HJMüUer. 

Eine  besonders  interessante  stelle  finden  wir  s.  392,  17  ff. 
(409, 25  ff.  K.)  tU  ad  Florum  revertar^  iUe  dixit . .  Wefülsü  inter  privata 
pocuia puhlicae  securis  acies ,  inter  temulentas  ebriorum  reli' 
quias  humanum  everritur  caput,'  numquam  Latro  . .  nee  tarn  incredi- 
büis  umquam  figuras  concipiehat^  ut  in  ipso  tridinio  inter  ledos  et  toros 
et  mensas  percussum  descriheret.   statt  toros ,  was  M.s  conjectnr  ist, 
bieten  die  hss.  loco  hzw,  iocos.    aber  auch  in  M.s  form  erregt  die 
stelle  grosze  bedenken ,  insofern  lecti  und  tori  doch  kaum  verschie- 
denes bedeuten,    am  wenigsten  befriedigt  Madvigs  Vorschlag  inter 
Udos  et  iocos  mensae^  da  hier  zu  heterogenes  zusammengestellt  wird, 
in  den  addenda  wird  auszerdem  die  Vermutung  von  Novak  und 
ESchenkl  mitgeteilt  lectos  et  \locos  d]  mensas.   gegen  alle  diese  ver- 
suche spricht  noch  der  hauptgrund :  die  Schilderung  ist  gar  nicht  so 
schlimm,  dasz  sie  nicht  auch  Latro  gegeben  haben  könnte,   meiner 
ansieht  nach  kann  in  den  schwer  verderbten  Worten  nur  wiederholt 
werden  die  oben  erwähnte  allerdings  greuliche  darstellung  inter 
Kfemuyientas   ebriorum   reliquias.  —  s.  403,  19  ff.  (420, 
11  ff.  K.):  von  zwei  söhnen  hat  einer  auf  befehl  des  tjrannen  den 
vater  geschlagen ,  der  andere  durch  Selbstmord  sich  davor  bewahrt« 
der  vater  nimt  aber  des  sohnes  schuld  auf  sich,  ^caede*  inquit  Spätrem*; 
dum  ego  neglegens  sum ,  occupavU  se  ex  arce  filius.   vulgata  praecipi- 
tavitj  Gertz  occupavit  <^occasionem ,  praecipUavUy,    M.  schreibt  mit 
ßursian  occupavit  praedpitare,  Iftszt  aber  in  der  anmerkung  eine 
andere  möglichkeit  zu.    E  s.  439 ,  20  spricht  nicht  für  eine  solche 
Wendung,    das  richtige  dürfte  sein  dum  ego  neglegens  sum  ^  occu- 
pa(tus,  praecipitayvit  se.  —  s.  426,  10  ff.  (441,  17  ff.  K.)  Cestius 
in  duas  partes  conieduram  divisit  d  primum  quaesiit ,  an  iüi  conscia 
opus  fuerit;  deinde:  si  opus  est  aut  fuit,  an  hanc  habuerit.  est  aui  ist 
durch  das  vorausgehende  nicht  bedingt,  sondern  ganz  müszig,  ja  ver- 
kehrt und  deshalb  von  D  ausgelassen,  zu  schreiben  ist  dafür  deinde: 
si  opus  cscia  fuit.  —  Ein  söhn,  der  dem  vater  den  rühm  der  tapfer- 
keit  nicht  abgetreten  hat,  sucht  sich  zu  entschuldigen  s.  472,  1  ff. 
(482,  13  ff.  E.)  aiebas:  avom  fortem  virum  habuisti;  vide  ut  sis  for- 
tiar,    Processi  tecum  in  adem  nee  iUic  ubi  redimus:  omnis  gloria  in 
una  domo  erat,    nicht  weniger  als  zehn  conjecturen  stehen  in  M.s 
apparat  verzeichnet,  die  elfte,  seine  eigne,  hat  er  aufgenommen  tibi 
cessi;  rediimus.  das  allereinfachste,  was  aber  vortrefflich  zum  voraus- 
gehenden passt,  hat  man  übersehen:  nee  iüic  avo  cessimus.   der 
plural  ist  zu  beachten,  also  der  vater  hat  seinem  vater  auch  nicht 
nachstehen  wollen.  —  s.  486, 1  (495, 19  ff.  K.)  die  wiÄt,  quis  numerus 
effidatj  ut  laesa  videatur  res  publica,   duo  debUitaniur :  nondum  res 
publica  iuvenes,    M.  res  publica  viddur  laesa.    alles  scheint  schon 
durchgeraten  zu  sein,  wir  kommen  aber  ohne  grosze  änderung  weg, 
wenn  wir  schreiben  nondum  rei  publicae  inter  est.  reipublicae  ist 
bei  der  Schreibung  res  p.  (vgl.  z.  8)  fast  keine  Snderung.    Georges 
führt  zb.  an :  *si  nihü  interest  regis^  pdo  =^  weim  es  dem  könig  nichts 
verschlagt*.  —  s.  495,  6  f.  (604,  6  f.  K.)  produdiur  nobilis  seneXj 


EOpitz:  anz.  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüUer.       289 

longa  miseriatvm  tobe  confeäus.  was  ist  miseriarum  tabe'i  nun 
heiszt  es  von  demselben  greise  s.  496,  3  vüUima  memhrorum  tobe 
iormentis  inmoritur  und  in  einem  ähnlichen  falle  481,  10  ifUuemim 
dehilia  infdicmm  memhra  nescio  qua  tobe  oonsumpta,  so  witd  es 
auch  oben  beiszen  müssen  longa  membrorum  tahe  eonfeotus.  — 
s.  505,  5  ff.  (513,  19  ff.  K.)  tradüur  emm  Zeuxin,  tU  puto^  pmäHsse 
puerum  uvam  teneniem,  et  cum  tcmta  esset  sirnüäudo  uvae,  ut  etiam 
<^aves  advoLare}  faceret  operiy  quendam  ex  speetatoribus  dixisse  aues 
male  existimare  de  tabula;  non  fuisse  enim  advolaturaSy  sipuer  smiiis 
esset,  die  hss.  bieten  ftlr  speetatoribus  (Gruter)  ceptoribus,  woraus 
die  correctoren  geringerer  hss.  thöricht  genug  praeceptoribus  ge- 
macht haben,  pictoribus  wollte  Schultingh,  emptoribus  Bursian. 
keines  von  allem  ist  richtig,  sondern  zu  schreiben  quendam  ex  een- 
soribus  scripsisse,  es  genügt  für  diesen  gebrauch  an  s.  223;  13 
(256,  16  f.  K.)  zu  erinnern:  servus  eräis  vmperii  non  censor  est, 
sed  minister  und  an  Seneca  de  v,  b.  20, 5  faäorum  didorumque  cen- 
sores,  —  Die  eben  genannte  correctur  in  Jüngern  hss.  bringt  mich 
darauf,  dasz  vielleicht  noch  eine  andere  stelle  in  derselben  weise  ver- 
derbt sei.  denn  auch  dem  zusammenhange  wird  genügt,  wenn  wir 
8.  523;  9  ff.  (4,  22  ff.  K.)  lesen  üaque  nihil  dicendum  aiebat  nisi  cum 
summa  vener atione  regis  {Alexandri),  ne  acdde^et  idem,  quod  cen- 
sori  (hss.  praecepiori)  eins,  amüino  Äristotelis,  acciditf  quem  occidit 
propter  vntempestive  Uberos  säles,  -—  s.  544,  3  ff.  (21,  24  S.  K.)  me- 
mini  auditorem  Latronis  .  .  recitare  Carmen^  in  quo  agnovimus sen- 
sum  Latronis  . .  at  nunc  quüibet  orationes  in  Verrem  tuto  licet  pro  suo 
nach  den  besten  hss.,  nur  für  suo  hat  der  bisweilen  selbständig  auf- 
tretende Schreiber  des  Antverp.  sua*  M.  ändert  zum  teil  nach  Vor- 
gang anderer  cuilibet ,  orationem  {sua)  und  schiebt  dicere  nach  licet 
ein.  indessen  völlig  genügend  ist  die  eine  änderung  r ecit et  {ilXr 
licet)  ^  wie  in  der  entsprechenden  stelle  vorher.  —  s.  552  ,  14  f. 
(29,  13  f.  K.)  unicuique  isla  pro  ingenio  finguntur^  non  ex  vide  (ide) 
scientiae,  M.  mit  Gertz  ex  fide  sdentiae  ^eruuntury.  das  zeugma 
erregt  mir  kein  bedenken,  wenn  man  nur  schreibt  ex  siderum 
scientia.  denn  darum  dreht  sich  die  ganze  sache.  —  s.  577,  13  ff. 
(51,14  ff.  K.)  multos  care  victuros  animi sui  contemptus  oppressit ;  muUos 
perüuros  parati  ad  pereundum  animi  ipsa  admiratio  eripuü  et  causa 
Ulis  vivendi  fuit  fortiter  mori  (veUey.  permitte  populo  Bomano  contra 
Änfonium  <^poT}liceri.  scripta  (tua  siy  combusseris^  Antonius  paucos 
annos  tibi  promittit:  at  si  non  combu^seriSy  amor  populi  Bomani 
omnes.  von  Cicero  ist  die  rede,  im  an  fang  erscheint  sui  im  höch- 
sten grade  verdächtig.  M.  möchte  seines  namensvetters  conjectur 
pusilli  billigen,  ich  empfehle  animi  <(mi^«u^t,  indem  ich  Cic.  deor. 
III  43  minutum  animum  pro  parvo  didmus  vergleiche,  weiter 
wird  nicht  veUe  mit  beiden  Müller,  sondern  voluisse.  {permitte)  zu 
ergänzen  sein,  für  das  überlieferte  licet  hat  M.  mit  Noväk  poUiceri. 
es  gentigt  vollkommen  liceri  (Gertz),  zumal  da  contra  Uceri  terminus 
technicus  ist.    amor  rührt  von  M.  selbst  her  für  überliefertes  quam. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.4.  19 


290       BOpits :  anz.  y.  L.  Anmeas  Beneca  rbetor  ed.  HJlf filier. 

ich  Termisse  die  concinnitfit  in  dem  scharfen  gegensatz  nnd  schreibe 
AfUomius  pauoos  annos  iün  promütii.  at .  .  summa pop^tü  Bamemi 
omnes.  derselbe  gegensatz  findet  sich  bei  Caesar  bG.  VI  34,  S 
ma^fiamgue  res  diUgentiam  reguirehat  non  in  summa  exercäustuemda 
(nUBum  emm  poterat  universis  ab  perterrUis  ac  dtspersis  periadum 
acddere)^  sed  in  singulis  mäiiibus  oonservandis.  —  s.  578,  13  ff. 
(62,  6  ff.  K.)  nuüum  tarnen  fuä  Oamilli  opus  malus  quam  quoä 
indignum  puiavü  vwos  <!^Bamanosy  saMem  padioni  dAere.  so  er- 
gtfnzte  Mfiller.  Bomanas  für  vires  wollte  Gertz,  wenn  zn  ftndem 
ist,  was  ich  glaube,  so  ist  das  einzig  richtige  Quirites. 

Auch  die  argumenta  haben  yiel  gelitten,  dazu  nur  einige 
Worte.  8.  98,  14  (146,  10  K.)  darfte  nur  durch  ein  versehen  des 
abschreibers  ausgefallen  sein  caplus  a  piraiis  scripsit  ^patrt}  de 
redemptiane,  vgl.  63,  8;  99,  15;  215,  12.  —  s.  298, 2  f.  (321,  26  K.) 
conprensus  estapaire  in  secreta  parte  damus  medioamentum  terens. 
so  M.  nach  den  hss.  hier  und  350,  14  und  17  (372,  10  ff.  E.),  wo 
allerdings  die  ed.  pr.  Neap.  schon  tenens  gibt  dies  hielten  Bnrsian 
und  Kieibsling.  den  ausschlag  gibt  meiner  ansieht  nach  s.  301 ,  19 
(325,  11  1.  K.)  itaquepalam  et  tto,  ut  interteniret  paier ,  tenuL  — 
8.  422,  7  ff.  (437,  19  ff.  K.)  quidam  martua  uxore,  ex  qua  fOium 
habebat ,  duxU  uxarem,  M.  schreibt  (üteram  uxorem  mit  der  bemer- 
kung  *aUeram  add.  E*.  aber  £  bat  nur  aUeram,  so  wird  auch  hier 
zu  schreiben  und  uxorem  ifXr  eine  versttünmelung  davon  anzusehen 
sein. 

Zu  den  kurzen  Überschriften,  die  in  den  ezcerpten  vor  den 
argumenten  stehen,  bemerke  ich  noch  s.  361,  8  (382,  2  K.)  Phidias 
(remissusy  amissis  manibus.  —  s.  435,  5  (449,  24  K.)  Flami- 
ninus  in  cena  reum  pcutiens  (statt puniens).  bei  Seneca  ist  mehr- 
fach dieser  ausdruck  gebraucht,  und  eben  auf  das  hinrichten  kommt 
es  an. 

Zu  den  verzweifeltsten  stellen  und  den  wenigen,  die  M.  mit 
einem  kreuze  versehen  hat,  gehört  s.  172,  9  ff.  (212,  21  ff.  K.).  es 
wird  erlaubt  sein  auch  hier  einen  verbuch  zu  wagen.  Albucius  .  . 
ä  prius  egit  iniusti  repudii,  deinde  ingraii:  t  inquü  putat  emet  an 
uüum  beneficium^  a  quo  tamquam  iniqua  est  dimissa.  wir  setzen  am 
ende  eiu ;  die  letzten  worte  kOnnen  nur  heiszen  ^sie  ist  als  unbrauch- 
bar cotlussen  worden',  wie  s.  171,  2  f.  tamquam  sierüis  dimitti  possit. 
(iXr  sterilis  könnte  aber  stehen  inutüis^  wie  s.  161, 8  f.  comes  sequerer^ 
nisi  me  inutilent  dimisissei  tyrannus,  da  ferner  zunttcbst  nur  von  der 
rein  rechtlichen  suite  die  rede  bcin  soll,  so  musz  das  Zugeständnis 
vorausgegangen  sein  ut  dederit  nullum  bencficium  marito.  das  erste 
wort  lautut  dann  etwa  iniuste,  also  das  ganze  tftiti5/e,  ut  dederit 
nuUum  bencficium  marito^  tamquam  inutilis  est  dimissa. 

In  einer  nach  lese  stelle  ich  einige  kürzere  kritische  bemer- 
kungen  und  mancherlei  nachtrage  zu  M.s  ausgäbe  zusammen,  s.  3,  12 
halte  ich  semper  für  eine  verkehrte  conjectur.  —  8,  7  vulgo :  studio. 
—  10,  9  f.  retuderat  auch  Karsten  (Ka.)  unter  berufung  auf  zwei 


BOpitz:  anz«  y.  L.  Annaeus  Seneca  rhetor  ed.  HJMüller.       291 

andere  stellen  des  rhetors.  —  11, 11  wird  man  schwer  aus  der  anm. 
klug.  Otto  war  hier  wohl  auch  zu  nennen.  —  13,  13  ah  iUis  älh 
duxerit]  üsener.  Ml.,  Thomas,  ja,  auch  Otto,  aber  ebenso  hat  die 
Amsterdamer  ausgäbe  von  1672.  —  15, 15  f.  ü2  omne  cansummattNr 
in  alimentum  duorum  senum  verteidigtiKa.  die  lesart  consumehaiwr 
(Dt),  da  consummare  sonst  immer  «=  conficere  ist,  mit  recht,  doch 
ist  yielleicht  für  das  in  BV  überlieferte  conaumatur  zu  schreiben 
consumptum  (sc.  est).  —  23,  6  possit  eingeschoben  hat  auch  Ka.  und 
geschrieben  wie  Gertz,  nur  adoptatus possU.  —  ebd.  14  hatjpericli- 
iantis  tueri  auch  Otto;  über  meine  eigne  ansieht  vgl.  die  comm« 
Ribb. ;  ebenso  über  das  in  den  guten  hss.  nicht  überlieferte  nan.  — 
25 ,  20  scheint  mir  das  fragezeichen  unberechtigt.  —  Dasz  Sander 
z.  1 1  movit  und  26 ,  5  novit  die  Überlieferung  verteidigt ,  war  wohl 
anzumerken.  —  30,  19  über  isti  vgl.  comm.  Ribb.  —  34,  20  übt 
adhuc  non  fuisti?  add.  Kss.,  in  der  ausgäbe  wenigstens  blosz  uhi 
non  f.?  —  36,  20  fehlt  ita  te  Uno  Otto.  —  44,  ö  fehlt  donec paiiatur 
(hss.  efficiatur)  propter  quod  deiecta  est  Ea.  —  48, 1  curam  habe  auch 
ich  in  den  comm.  Ribb.  —  60,  3  edoda  für  educta  hat  Ka.,  unüber- 
legt. —  62, 1  das  überlieferte  optaverunt  sieht  Ea.  für  eine  entstellte 
dittographie  des  vorhergehenden  optäbunt  an.  —  63 ,  17  verteidigt 
Otto  die  combination  captus^  inquit^  ^in  carcere  ety  in  tenebris  iace- 
ham,  —  64,  20  sed  quamdiu  non  sumtis  vgl.  comm.  Ribb.  —  66,  8 
quemcumqiie  volueris  revolve  nobHem:  C  voluerimus^  Ea.  unter  an- 
nähme einer  dittographie  quemcumqi^  revolveris  nohüem,  —  ebd.  10 
tischte  hi  nach  Schg.  Otto  wieder  auf.  —  ebd.  11  jRomuli  casa  auch 
Boot  bei  Ka.,  oder  humili  <^Iiomuliy  casa,  —  ebd.  18  f.  eas  possidere 
dominum , .  quem  ea  agnoverit  Ka. ,  eam  me  possidere  domum ,  quae 
erum  me  agnoverit  M.  —  74,  3  f.  hoc  prorsus  ex  fdbulis  repleto  sceüeri- 
hus  nostris  saeculo  deerat  verstehe  ich  nicht  dasz  M.  Köhlers  conjectur 
novis  und  nicht  aus  E  nostro  {saeculo)  aufgenommen  hat.  —  ebd.  15 
cuüibet  alii  (bss.  tu)  vinciendas  trade]  cuilibet  ut  vinciendas  tradas 
Otto.  —  77,  9  aw  alendus  sit,  quod  filium  a  piratis  non  redemit.  Ka. 
an  (nony,  Boot  bei  Ka.  qui  filium.  —  79,  11  konnte  wie  anderwärts 
verwiesen  werden :  quare  Otto,  cf.  Sander  quaest.  sjntact.  p.  44.  — 
80,  7  erklärt  sich  die  sonderbare  Wortstellung  Cestius  alio  colore 
longe  usus  est  vielleicht  aus  dem  wegfall  eines  wertes :  alio  colore 
longe  ^arcessitoy  usus  est^  vgl.  68,  8  Buteo  longe  arcessito  colore  usus 
est.  wie  es  hier  weiter  heiszt  voluit  enim  videri  non  invito  patre^  sed 
secreto  suadente  .  .  gestum,  so  in  unserm  falle  dixit  non  iram  fuisse 
illam  patris ^  sed  callidiiatem.  —  81,  12  f  voluit  iyrannicidio  quoque 
eius  commendationem  detrahere]  tyranniddii  quoque  ei  comm.  detr. 
Ka.  —  83,  1  fehlt ^a^ri  safis  est  Otto.  —  90,  4  ante  Urnen  exeuntis 
cadaver  Jioc  sternam]  exeunti  Ka.  —  91,9  fi|LiaT|ieva  irieiv,  fj[xax- 
ji^va  q)aYeTv  hat  schon  Nauck,  s.  oben,  derselbe  schrieb  z.  10  dT^p- 
fiöc,  wo  M.  mit  Gertz  Xijuöc  hat,  aber  auch  XoiMÖc  für  möglich 
hält,  im  dritten  gliede  scheint  mir  zu  allgemein  gesagt  jurj  ITOU 
TrdGr)  c'  2Xr|.    sollte  nicht  TT&yx]  =  fallstrick  als  drittes  glied  zu 

19* 


292       BOpiU :  anz.  y.  L.  Annaeus  ßeneca  rLetor  ed.  HJMHUer. 

sohlacbtreihe  und  hunger  sehr  gut  passen?  —  ebd.  11  Ti,  t^kvov, 
öpT^c ;  Nauck.  —  106, 15  wird  favU  noch  auszerdem  bestfitigt  durch 
Publilias  Sjrus  v.  173  R.  —  110,  1:  auch  Ea.  verwendet  sieh  mit 
recht  für  das  überlieferte  müia,  vgl.  108,  2.  er  schreibt  wie  Barsiaa, 
nur  behftlt  er  auch  dida  bei  und  exempla^  weiter:  guoties  enim  inier 
isla  invenerUis  domum.  —  112,  10  halte  ich  die  annähme  eines  alt- 
hochdeutschen glossems  (Schenkl,  s.  add.)  für  ganz  verfehlt,   zu  der 
verderbtesten  stelle  des  ganzen  werkes  hat  auch  Ea.  seinen  beitrag 
geliefert.  —  115 ,  8  ist  ein  fehler  in  der  anm.:  et  tarnen  hatte  schon 
Vahlen.  —  122, 17  f.  vermutet  Ea.  cum  ülos  oorrectos  ptäaverü  et  se 
satis  minatum,  ahdicäbii.  —  1 29, 5  haben  Bursian  und  Eiessling  ouk 
&TIV  <i5>  ndrep.  —  132^  8  schreibt  Ea.  ä  (iny  hoc  ülam  iureiurando 
ohligavit,  —  ebd.  13  f.  schiebt  Otto  nach  E  tarn  nach  ülam  and  pro- 
wmo  nach  iUo  ein.  —  149,  9  geht  durch  die  conjectur  dixerunt  der 
idiotismus  verloren.  —  150,  8  f.  zu  meiner  herstellung  in  den  comm. 
Bibb.  vgl.  s.  143,  2  f.  —  156,  5  ff.:  zu  der  schwierigen  stelle  gibt 
auch  Ea.  seine  ansieht  ab  und  erwähnt  als  lesung  HMejers  in  fragm. 
orat.  Rom.  (Zürich  1842)  s.  541:  Messalae  oraiioncm  disertissimam 
recUavit ,  quacum  composüam  suam  stuisoriam  de  Theodoto  dedamavit 
post  triduum.  —  158,  17  hasüicani  seäantur  (Thomas)  ist  ganz  un- 
sicher. —  164,  5  sicher  ist  sanguine  einzuschieben,  vgl.  comm. 
Ribb.  —  165, 14  vgl.  ebd.  —  173,  12  desgl.  —  174,  17  vermutete 
schon  Ea.  älii  für  Uli.  —  177,  4  vgl.  comm.  Ribb.  —  181,  6  ist  das 
citat  falsch,  es  musz  heiszen  'ann.  phil.  1885,  424'.  —  ebd.  12  zu 
stellen  Otto,  Thomas,  vgl.  die  eben  erwähnte  stelle.  —  190,  6  völo 
et  ei]  fehlt  Otto.  —  ebd.  17  saeculi  mos  abiU]  Otto  schlug  vor  saecn- 
lum  nostrum  abiii.  —  s.  191,  8  ff.  Ea.  behandelt  die  schwierige  stelle 
zum  zweiten  male  im  spicilegium  und  führt  auch  andere  kräfte  ins 
feld:  viro  est  (für  novos)  .  .  [e^]   horrendum  •  .  dat  virt.',  aufzu- 
nehmen war  avaritiae  (Eöhler),  vgl.  exe.  202, 9  f.  muliebrkim  vitiorum 
fundamentum  avaritia  est.  —  193,  20  warum  ist  furere  nicht  hin- 
ler perseveraverint  eingeschoben  wie  in  der  entsprechenden  stelle 
1 24,  1 1  ?  —  194,  9  ist  das  fragezeichen  falsch.  —  199,  6  vgl.  comm. 
Ribb.  8.  44.  —  204,  9  eloquentia  Uli  sua  non  responderet]  eloquentiae 
ille  suae  Ea.  —  206,  7  dicenicm']  irascentem  Ea.  —  263,  23  war 
mimo  für  animo  aufzunehmen.  —  271,  1  hat  üsener  richtig  gesehen 
ifisiurandum  praeibo  (hss.  dabo),  M.  mit  Gertz  mandabo,  —  277, 12 
sciretis  verteidigt  auch  Otto.  —  282,  5  fehlt  Otto:  fratris  (für  fra- 
trem).  —  288,  6  latius  auch  Otto.  —  297,  9  hoc  nee  Cicero  (^postu- 
larey  poterat]  ich  meine  nee  Cicero  (^exigcre}  poterat,  —  302,  7  f. 
ex  parte  qua  transire  deberent]  quam  unüberlegt  Ea.  —  309, 16  vgl. 
comm.  Ribb.  —  312,  13  quam  fand  auch  Otto.  —  318,  9  gab  richtig 
mit  der  Quintilianstelle Otto.  —  322, 1  ergänzte  Otto  (wie?)  (jcst  sed}, 
z.  2  extimuisse  <5e>.  —  323,  15  generum  habes?  Otto.  —  325,  3 
vgl.  comm.  Ribb.  —  331,  7  reportantur"]  Otto,  stimmt  nicht,  vgl. 
Jahrb.  1885  s.  427.  —  335,  3  proderet  hält  auch  Otto.  —  372,  19 
vgl.  comm.  Ribb.  s.  52.  —  381,  18  ^cuni  adtdteroy  ist  nach  adul- 


ROpitz:  anz.  y.  L.  ADnaeofi  Beneca  rhetor  ed.  HJMüller.       293 

ierium  ttberflÜBsig.  —  389,  13  eUi  Otto,  vgl.  Sander  qaaest.  synt. 
8.  45.  —  ebd.  22  anm.  *reprehendendu8  iste^  aber  es  folgt  gkich 
Hhm.  —  390,  11  puiaivil^,  füge  hinza  Otto.  —  395,  8  diriiTT^Xn 
schon  Naack,  derselbe  z.  9  ttötgc  icii  Kai  draCpa  KaXf|  &ui.  — 
397,  9  Aber  geminos  vgl.  comm.  Ribb.  —  428,  22  ideo  auch  Otto. 

—  451, 5  Eiessling  hat  amburel>afUuT  statt  wrebofUwr.  —  ebd.  15  f. 
vgl.  comm.  Ribb.  —  452,  9  vo8  8uhicuxti8\  vas  huUcäbüis  Ka.  — 
465,  3  vgl.  comm.  Ribb.;  z.  4  desgL  —  483,  11  habe  ich  endgültig 
geheilt,  ygl.  comm.  Ribb.  —  484,  14  si  sevmtaH^  reum]  si  fueriiis 
severüati ,  reum  Otto.  —  506 ,  10  verteidigt  Otto  die  Überlieferung 
ago,  —  523,  7  fehlt  iicceperimus  Otto.  —  528, 1  ff.  über  diese  stelle 
Ygl.  auch  Holland  'de  Polyphemo  et  Oalatea'  (Leipziger  Stadien  Vll) 
8.  205  f.  —  531,  1  fehlt  der  freilich  falsche  verschlag  Ottos  etemrn 
potuissei^  vgl.  Sander  quaest.  synt.  s.  37.  —  533,4  äst  nüschlich  anch 
Otto. — ebd.  1 1  vgl.  comm.  Ribb.  —  537, 19  tilgtKa.  an  uipetas]  536, 1 
tilgt  er  isciuidere.  —  541 ,  1  ist  ausgelassen  sanam  für  auam  Otto. 

—  552,  4  ist  durtis  keineswegs  sicher,  es  kOnnte  auch  ^cruyddis  lür 
deus  stehen.  —  ebd.  11  ist  vielleicht  zu  ergänzen  nt^  meiuefUis 
(jsupremus}  oppressU  dies.  —  560,  11  fehlt  Otto  ai  (hss.  et)  ne 
gemüus  quidem  tuus  Über  erU,  —  561 ,  19  schrieb  wie  Petsehenig 
auch  Otto  age  repete  tecum,  —  565,  6  verlangt  Otto  ^f  et  hostem 
iudicasset.  —  576,  10  quid  ^referamy  amaulatum  saHiUarem]  ist  an 
sich  wahrscheinlicher  quid  cansndatum  narrem  saJutarem^  auch 
entspricht  es  dem  folgenden  ai  diu  ista  narravero. 

Ich  bin  fertig,  mancherlei  habe  ich  an  der  neuen  ausgäbe  be- 
anstandet und  zu  bessern  gesucht,  jedoch  nicht,  um  das  verdienst» 
das  Müller  sich  unstreitig  erworben  hat,  zu  bekritteln,  dasz  er  selbst 
und  seine  helfer  eine  grosze  anzahl  stellen  trefflich  behandelt  haben, 
hebe  ich  ausdrücklich  hervor,  viel  bleibt  indes  meiner  ansieht  nach 
noch  zu  thun  übrig ,  aber  jeder  neue  versuch  musz  von  Müllers  aus* 
gäbe  seinen  ausgangspunkt  nehmen ,  und  auch  meine  bemerkungen 
werden,  hoffe  ich ,  der  forschung  von  nutzen  sein. 

Leipzig.  Richard  Opitz. 


39. 

ZU  SENECA  RHETOR. 


s.  17,  6  H JM.  schreibe  ich :  qui  iUum  vidü  (tequey  quid  non  usw. 
beide  müssen  notwendig  genannt  werden;  des  einen  beispiel  {iüius) 
lehrt,  nihil  non  timendum  feUdbus]  des  andern  aber  {tuum)^  nihü 
desper,  inf.   vgl.  auch  s.  18,  4  vide^  quis  .  .  raget. 

s.  31,  16  wird  wohl  besser  so  interpungiert :  nuda  t.  {.  stetU^ 
ad  fast,  emptoris  amnes  partes  usw. 

s.  45,  12  ist  rupe  sinngemttsz;  aber  das  gleichbedeutende  eauie 
kommt  der  Überlieferung  näher. 


294  MCGertz:  zu  Seneca  rhetor. 

s.  47,  3  besser  wohl  umzustellen:  ahsoluere  (nuütierunty.  — 
8.  48,  16  Iftszt  sich  in  sententiam  halten,  vgl.  s.  391,  10. 

8. 49;  1 1  können  doch  wohl  nur  die  saxa  das  corpus  reverherarej 
nicht  umgekehrt ;  also  reverherent.  die  folgenden  worte  scheinen  mir 
noch  keineswegs  geheilt,  womit  sind  wohl  die  worte  t'Z^ ,  ^t  au^ 
athleta  aut  phthoicus  est  motiviert?  sie  können  sich  doch  nicht  auf 
Albucius  und  Bassus  beziehen,  phthoicus  namentlich  gar  nicht,  und 
womit  werden  athleta  aut  phthoicus  durch  das  aeque  verglichen? 
doch  wohl  nicht  mit  der  fingierten  venefica^  die  ihn  noch  weit  mehr 
ärgern  muste?  Cestius  war  nuUius  ingenii  nisi  sui  amatar;  wenn  er 
seine  zubörer  dazu  einlud  andere  lehrer  zu  hören,  war  es  gewis  immer 
seine  gewohnheit  sie  nachher  eindringend  vor  nachahmung  ihres 
Beispiels  zu  warnen;  um  so  mehr  muste  es  ihn  ärgern,  dasz  es  auf 
Pastor  die  Wirkung  gehabt  hatte,  dasz  er  sie  nachahmte,  dieses  be- 
denkend vermute  ich ,  dasz  die  stelle  so  zu  schreiben  sei :  hoc  male 
mihi  facit  iUi,  qui  aput  KfM}  antidota  et  phtlioiscos  est?  *=  'hat  wirk- 
lich dieses  (einen  andern  zu  hören)  mir  eine  so  üble  Wirkung  auf 
den  (Pastor),  der  bei  mir  gegengifte  und  pillcn  iszt?' 

s.  50,  10  KaTaßaX[iJü]  kqi  beuiepov  . . 

s.  76;  3  ist  faciem  gewis  unpassend;  ich  vermute  carnem. 

s.  81,  18  dXerjcaie  auTÖV  ulöc  Kivbuveuei  tt.  9. 

s.  90,  7  weisz  ich  nicht ,  was  ^KKeicofiai  djc  reixoc  bedeutet, 
oder  wie  man  überhaupt  diese  worte  verbinden  kann;  auch  verstehe 
ich  nicht,  wie  die  zwei  bildlichen  ausdrücke  bo  von  einander  gerissen 
werden  können ,  oder  wie  räqppov  utt.  k.  Trarepa  zu  fassen  sei.  ich 
schreibe:  coi  u TT o Keicojuiai  (bittend  zu  ftiszen  fallen)'  ibc  T€Tx[oc], 
fhc  rdqppov  uiT^pßr)6i  kqI  Trarepa.  diese  bilder  sind  so  gewählt, 
weil  ein  krieger  angeredet  wird.  —  z.  14  hatte  auch  ich  die  Ver- 
mutung eäoiiüViCTOV  Müller  mitgeteilt;  aber  den  schriftzügen  näher 
kommt  das  gleichbedeutende  6YKAH[A]0NICT0N,  und  es  ist  auch  an 
sich  besser,  da  KXaieiv  eigentlich  ein  xXiibiJüV  oder  KXr)böviCMa  ist. 

8.  129,  4  oiiTo[c]  jiövoc  diroKTipuTTei  ö^•oXoTUJV ,  6ti  d qp i - 
Xtic'  dei  (vgl.  s.  114,  9).  ferner:  ouk  fcTiv  .  .  ttXoötoc*  ^vöc 
TTXoudou  ipeTc  dir.  ÖTraviiüCiv  (=«  contradicunt), 

s.  150,  8  jLidXa  ß[pajb€u)c  dXeeic  fie  Kai  d[K]p\j€t,  ko{;k^ti, 
qpeö,  rfjv  Kpu[€p]oT^pav  §bou  o![cu)]  fi^pi/Livav,  .  . 

s.  161,  2  escende,  inquit,  et  occide  tyrannum,  —  z.ß  in  tyran- 
nide  paritura  non  sum. 

8.  175,  6  dvacTdc  oüiv  elc  Tf|v  ÄKpav  tcivov  Kai .  . 

s.  183,  13  l^\h  cf|V  x<ipiv  bairavu),  M[n]  cü  dei  dc[u)]T€\jq. 

8.  273,  17  insui  culleo  fratrem  (a  fratrey  iubes?  vgl.  s.  274,  2. 

8.  287,  11  OUK  diT^bei  (noch  dazu)  Xüipuiv.  —  z.  18  vauayöc 
diTÖ  Xi)i^vu)V  'ANHXGH,  ä  ad  patrem  <[tn>  narratione  eleganter 
transü  .  . 

s.  288,  1—3  Ibia  KpiToö  ^vöc  oiik  dpK€i  KatabiKir  in[\] 
Tiv'  aüi  [b]iKT]v  d[v]  vauaT^ip  nXer  eupicKCi  tö  Mn^iv  dbiKCiv 
Tuxnv  ^»  privata  unius  iudicis  condemnatio  non  sufficit;  rursus  ad 


MCGertz:  za  Seneca  rheton  295 

aliquod  iadicium  in  naufragio  nayiga;  'nihil  commisisse  (L  e.  qü 
nihil  commisit)  fortunam  invenit. 

s.  318, 5  xpncTÖv  fXaßov  jndp-rupa . .  \b  iratbfov  öSiov  Iciic 
firiTpöc  .  . 

8.  373,  15  mihi  aduMerium  (ßran^kuiy  carcere  est, 

8.  382,  19  vielleicht  ut  sälva  pramncia  ^essä;  iam^  uty  sM^ 
cptemtAS  m.  h.  m. 

s.  390, 5  scheint  mir  das  blosze  colarem  adionis  esse  zu  undeut- 
lich zu  8ein,  und  die  achreibung  der  hss.  enthält  daher  vielleicht 
mehr  als  eine  dittographie;  ich  vermute:  colarem  actioms  idoneum 
patrono  esse:  banum  se.  —  z.  8  sehe  ich  in  den  werten  in  Qurgiie 
luxuriam  eine  ungeschickte  randbemerkung  eines  lesers:  denn  1)  war 
Fabius  Ourges  als  feldherr  nicht  besonders  bekannt;  2)  erhielt  er 
gewis  nicht  wegen  seiner  Itixuria  besonders  als  feldherr  seinen  spita- 
namen;  3)  hätte  Montanus  hier  nicht  die  hkturia  erwfthnt,  wenn  er 
sie  wieder  in  LucuUo  nennen  wollte,  wo  es  viel  passender  geschieht. 

8.  395,  2  vielleicht  nävtec  £vö|LiiZov,  ÖTi  £c[Ti]äTO  (^daaz  er 
bewirtet  werden  sollte  und  an  dem  gastmahl  teil  nehmen' ;  meine 
frühere  conjectur  uOvaTO  verdankt  Kiesslings  unrichtiger  angäbe 
ihren  Ursprung).  —  z.  8  ist  K({)|yiOU  hier  noch  nicht  an  seinem  platz ; 
ich  schreibe:  T^vai,  outui  fif|  cö  Xicq.  —  z,  9  ttötgc  £ctI  ical 
^Taipa  K[ai]  dvecic.. 

s.  453;  2  passt  die  Charakteristik  dedamatari  s.  s.  aridOj  wie 
Faber  sah,  gewis  nicht  auf  den  berühmten  Passienus  und  wftre  auch 
hier,  nachdem  er  schon  so  oft  erwähnt  ist,  nicht  an  ihrem  platze ;  es 
geht  aber  nicht  an  diese  werte  mit  Faber  hinter  Sparso  zu  versetzen^ 
da  Sparsus  ja  z.  5  ff.  anders  charakterisiert  wird;  sie  sind  wohl 
(mit  der  änderung  dedamatore)  in  z.  3  hinter  rhetore  quodam  zu 
stellen :  so  wird  der  folgende  witz  laterem  lavare  einigermaszen  ver- 
ständlich (z.  1  verstehe  ich  nicht). 

8.  465,  10  dcq)aX€CTaTÖv  den  \iO\  jLi€T[d  t]oO  TTXouci[ou] 
fiv[Ti]  TTepiTTaxeTv ,  vgl.  s.  463,  16 — 18.  ferner:  biä  xl  ciTui; 
ÖTi  [6  TT]aTrip  ^ou  X. d.  —  z.  14€Tx€v  ixQf>oi)C  <ttoXXouc>,  vgl. 
8.  457,  21  f.  qpOcei  t€  TrappriciacTfic  <Kai>  KarriTopeiv  buvd|Li€VOC. 

s.  466,  1  ad  ist  unrichtig,  denn  er  hatte  ja  niemanden  früher 
angeklagt;  es  ist  zu  schreiben:  tot'  €Y[0Y]  fp&i^oiiai  (cöSii — 
cöeOc,  wie  bei  den  späteren)'  kqI  töt€  bfc,  kSv  eöpiu  TT^VTixa. 

8.  466,  7  iUe  nohiitj  vgl.  8.  510,  5.  —  z.  15  maiarum  quoque 
suorum  tot  virtutes. 

8.  467,  6  f.  deceptus  sum  ist  ganz  undeutlich,  wenn  wir  nicht 
so  schreiben :  peccavi  (oder  erravi)  adidescens :  magnis  exempUs  decep- 
tus  sum^  dum  usw.;  vgl.  s.  468,  12;  469,  8  f.  und  21. 

8.  468,  21  der  satz  est  <üiqua  leXy  q.  f.  p.  praeferat  ist  wohl 
nicht  als  fragesatz  zu  fassen;  es  ist  die  lex  de  ahdicatione  gemeint. 

8.  469,  12  der  satz  si  non  .  .  vidsset  ist  an  sich  ein  sehr 
schlechtes  argnment  und  steht  ohne  Zusammenhang  mit  den  Um- 
gebungen ;  mit  dem  vorhergehenden  wird  er  passend  sich  verbindeUi 


296  MCGertz:  zu  Seneca  rhetor. 

wenn  wir  ihn  so  supplieren :  si  nan  debuisset  contenderey  non  (vincere 
iupotuistif  non  üley  vicisset. 

B.  471,  3  (unamy  hanc  rem  .  . 

s.  476 ,  10  der  satc  an  non  . .  paier  kann  an  und  für  sich  rieh«- 
tig  sein,  er  steht  aber  mit  dem  thema  in  gar  keiner  Verbindung; 
ich  vermute:  an  non  exararetur  pater ,  cum  pro  (üieno  viäor  (sc.  ex- 
orardur)  ? 

s.  486 ,  3  läszt  sich  wohl  die  stelle  ohne  Umstellung  der  werte 
so  verbessern  :  nondum  res  publica  ^itwenietur  laesa^  nee  magis  ah  eo 
laeaomy  invenieSy  gut  sua  de  *re  infanUs  perdidU  tot  infeUees,  potU" 
enmt  .  .  perire.  at  tanken  crudekm  rem  facti*  facU  et  lanista  usw. 
(ßtta  de  re  verstehe  ich  nicht;  ich  vermute  tarn  dire,) 

s.  488,  12  ist  statt  des  unerklärlichen  muleati  entweder  mutüi 
oder  mutüaii  zu  schreiben. 

s.  490;  16  ist  dpa  verkehrt,  denn  ein  solcher  sehlusz  läszt  sich 
nicht  ziehen;  es  scheint  mir,  dasz  so  zu  sehreiben  sei:  t&  pev  Tuiv 
äXXtuv  eupuicra  (sc.  dvbpdnoba)  tiXci,  TCwpTei'  t&  b'  fm^repa 
Tp^qpei  dp[Ta]  tov  öXökXiipov. 

s.  491,  10  .  .  TÄv  dxövTiJüV,  [f^yf  ttujc  (ärfdinj  ('niit  sich  ins 
haus  nehmen')  Tic;  s.  Erttger  gr.  spr.  65,  1,  10.  iemer  et  iüami 
$b€  <^cu]>,  cu  bi  icXme,  cu  bi  6pf|V€t.  (b  xaKuiv  dcufiq)U)vu)v! 
das  letzte  ist  richtig  (denn  sie  litten  zwar  alle  an  Übeln ,  gaben  aber 
verschiedenen  laut  von  sich);  dasz  es  aber  eine  corrupta  sentenliasei, 
wird  man  einräumen  müssen. 

8.  494,  5  aedem  Mmervae  .  •  fugvunt  ^Olynih%{}\  vgl.  unten 
z.  11  ten^a praedusimaa.  übrigens  ist,  wie  mir  scheint,  weder  dieser 
letzte  satz  noch  (ja  noch  weniger)  der  folgende  ergo  .  .  emissent  als 
fragend  zu  fassen. 

8.  502,  8  dvOpuiirov  <[TTUpi^  dq)avi2l€i.  beides  musz  genannt 
werden.  —  z.  17  f)Xiou  ir  apövTOC :  denn  kqUiv  kann  nicht  ^scheinen' 
bedeuten,  und  *  brennen'  passt  nicht. 

s.  503,  10  ist  das  L  in  TTTNL  wohl  aus  einer  abbreviatur  des 
xal  entstanden. 

8.  505, 8  f.  ist  5f  puer  sehr  richtig,  aber  keineswegs  kann  es  aua 
ud  entstanden  sein ;  aus  «dist  uuae  zu  machen,  und  sipuer\9i  vor 
simiUs  ausgefallen.  —  z.  12  ist  eher  dixU  zu  schreiben.  —  z.  16  f. :  da 
etwas  de  Prometheo  gesagt  werden  musz ,  kann  Bursians  lesart  nicht 
richtig  sein,  es  müste  wenigstens  ein  uttö  cou  hinzugefügt  werden; 
zweifelnd  schlage  ich  vor  riuxou  TÖ[Te]  TÖ  TiOp. .  KXanfivai  (nem- 
lieh  damals,  als  er  den  Parrhasius  es  so  misbrauchcn  sah). 

s.  510,  1  <FILIVS>  F0RTI8  .  .  —  z.  2  praetmimm  <«<,  guod 
vckty\  si  usw.,  vgl.  s.  466,  4. 

s«  512,  22  tacitum  est^  ne  usw.  vgl.  s.  480,  6 — 8. 

8.  518,  8  diruere  mihi  vidcbar  tum  h,  m, 

s.  520,  9  iUe  dies,  Ä,,  exoptatus  (iuisy:  denn  ex0ptatui  konnte 
wohl  nicht  exoptatus  nobis  bedeuten,  sondern  nur  ex.  tibi,  was  ja 
falsch  wäre. 


MCGerk:  zu  Seneoa  rlMtor;  397 

B.  521,  1  modo  subeufUe  fluetu  inpletm.  —  z.  2  gtOkUi  mir 
nescio  quid  sehr. 

s.  527,  9  Tcpfi*,  €Tt6  . .  —  8. 11  JvOa  |iiv  f|  voöfc  ävtj]€t 
)it$  <pop<^  [€l]c  dvaToXdc 

8.  528,  12  propitiis  Kfl/niUmy  aambuß. 

s.  529,  11:  ein  rhetomame,  wahrscheinlich  MaruB^uSf  scheiiii 
yor  reUqui  ausge&llen  zu  sein :  denn  die  folgenden  werte  kann  der 
doch  nicht  sagen,  qui  noi^'**ß(nttavü  müUem.  z.  8  f.  ist  vielleicht  M 
schreihen:  Lairo  se^pueff  ^4u  e.  JWsct  AreUH  smtmtiam)  non 
excusavü  militemy  »edd^  ^S^ß^S  ^^  ersten  dMt)» 

8.  5S2,  1  prodwkmr  condUa  his  de  mumMk  tem^aia.  nur  so  ist 
condüa  berechtigt,  nicht  in  der  von  Mttller  anfgenommenen  lesart; 
und  zudem  wird  der  sonst  feldende  Zusammenhang  mit  dem  vorher- 
gehenden (totv.  g,  spoliä)  zu  wege  gebracht.  —  z.  6  fif.  sie  adhortari.'^ 
situ  loci  tuti  sumus.  licet  totum  dasse  secum  Orientem  trahat^  licet  t.  e^ 
inutilem  <^naviumy  numerum:  hoe  mare  quot  tandem  (so.  navihus) 
patet?  ex  vasto  usw.  gewis  mit  recht  hat  Studemund  navium  hinzu* 
gefügt,  da  das  blosze  numerum  wohl  nur  als  müUum  numerum  ver- 
standen werden  konnte,  was  hier  unrichtig  wäre;  aber  das  inutüem 
zu  ändern  sehe  ich  keinen  grund. 

s.  535,  2  ff.  ceteri,  inquU,  fugertmt  (rgl.  s.  548|  1—3).  ai  me 
quidem  interrogaiiSy  ut ,  quid  sentiam ,  ei  in  mostrum  (jKmorem}  et  in 
G.  p,  loquMr^  (so.  dieam:)  eheti  sumus ^  non  rdidL  ttbtr  dioM  an^ 
Wendung  von  ut  s.  zb.  Madvig  lat;  spr.  §  440  anm.  6.  ----  o.  12  idea 
Tapgeti  (^enitmury  nemoris  • . 

B.  538 ,  3  ä  quia  semd  in  m.  inoidi  (sc.  harum  explie&tumum), 
Fusd  ex  omn.  s.  c.  d.  subtexam . . ;  sonst  mttste  ein  eiiue  histter  edebrea 
stehen. 

8.  539,  8  animosius  quam  Dorion  •  . 

s.  540,  13x1  oöv  (peuEeiexe;  <8itXo>  6irXiTaic  T€(xv1' 
so  kommt  doch  eine  sentenz  heraus. 

s.  541,  7  vielleicht  besser  nach  AB:  puto  oh  id  indicandum 
mMo  magis ,  qtmi  .  . 

s.  542,  5  digitis  mlnera  tersit  (nicht  j^rem^ ;  denn  er  müste  ja 
doch  die  wunden  eher  aufreiszen  als  zudrttcken,  um  blut  daraus  zum 
schreiben  zu  holen) ;  femer  schreibe  ich  mit  D :  ut  tropkaeo  LACONTM 
(sc.  trophaeum)  inscriheret. 

8.  544,  10  at  nunc  qmdlihet  ^exy  oratione  in  Venrem  (fldferre^ 
tuto  Ucet  pro  suo,  —  z.  14  vielleicht  so :  concidU  Heotor;  aU  enim^ 
quidquid  usw. 

8.  547,  20  si  non  datur  nohis  (alikry  ad  6.  iter  • . 

8.  550,  13  ist  die  richtige  Ordnung  dooh  wohl  diese:  numquam 
postea  non  potuisset  excidere^  sonst  mtlste  es  wohl  eher  sokret  exdders 
heiszen.  —  z.  20  iam^  ut  vuUiSf  ad  F.  r.  et  d,  eius  vos  affatim 
satiaho. 

8.  551 ,  14  non  eodem  vitm  finci  ^nm^  aetate  moMgn»  {^km/^ßp 
zugemessen'),  extra  usw. 


298  HBlümner:  zu  Peraias  [1,  80]. 

8.  552 ,  4  contrane  dirtis  steterü  .  .  —  z.  6  (satorem  ad  cMum 
agrorumy  SaturnuSt  um  der  gleichförmigkeit  der  glieder  willen« 

8.  561,  8  cognata  (sibty  sidera. 

8.  566,  10  ff.  quin  eiuraret  .  .  araiiones  in  Äntonittm  fMtUi' 
plicesque  .  .  recitare  polliceretur,  atque  his  aUa  sordidiora  muUo 
usw.  das  falsche  ceteraque  scheint  aus  einer  correctur  (ceref)  zu  cehat 
in  poUicebatur  entstanden  zu  sein ,  die  mit  dem  atque  sich  verband« 
das  dixit  z.  9  regiert  auch  älia  sordidiora, 

8.  573,  17  (v.  22)  vielleicht  non  fecü  Pseudaphüippo^  unter 
allen  umständen  ist  das  nichts  sagende  hoste  falsch. 

8. 575,  3  conscientia.  ^iUi  continere  se}  dif fidle  est:  nonferes  usw. 

8.  579,  2  generosa  <[fitia>  mors. 

Kopenhagen.  Martin  Clarentius  Gertz. 


40. 

ZU  PERSIÜS. 


1;  79  hos  pueris  monitus  patres  infundcre  Uppos 

cum  Videos ,  quaerisne ,  unde  haec  sartago  loquendi 
venerü  in  linguas? 
sartago  ist  eine  pfanne  oder  ein  tiegel,  rfJTOivov,  nach  gloss.  HStephani. 
der  schol.  zu  Persius  sucht  die  anwendung  des  gleichnisses  hier  im 
geräuech  des  in  der  pfanne  siedenden  gerichtes ,  metaphora  pro  gar- 
rulüatis  ardore  arguta  (lies  Stridore  arguto)  et  sine  sensu^  qualis  stre- 
püus  est  sartaginis;  wohl  in  anlehn ung  an  die  wunderliche  etymo- 
logie ,  die  wir  bei  Isidorus  orig.  XX  8,  5  finden :  sartago  ab  strepitu 
soni  vocata,  quando  ardeat  in  ea  oleum,  dieser  unglaublichen  erklft- 
rung  schlosz  sich  Plum  an;  dagegen  denkt  Casaubonus  an  die panes 
Tayiiviai,  die  aus  verschiedenen  bestandteilen  gebacken  wurden,  und 
Jahn  erklärt  Widetur  Persius  ad  varia  et  diversa  respezisse,  quae  in 
tali  sartagine  coquebantur.'  nun  musz  es  aber  doch  schon  seltsam 
erscheinen,  selbst  bei  der  wunderlichen  geziertheit  der  redeweise  des 
Persius,  dasz  statt  des  hier  passend  zum  vergleich  herbeizuziehenden 
gerichtes  aus  allerlei  bestandteilen  das  kochgeschirr ,  in  dem  das* 
selbe  bereitet  wird ,  genannt  sein  soll ;  sodann  aber  konnte  in  einer 
sartago  oder  xiiTOtvoc  doch  sicherlich  ebenso  gut  ein  einfaches  wie 
ein  vielfach  zusammengesetztes  gericht  gekocht  werden,  so  dasz  dies 
geschirr  nicht  gerade  als  ein  besonders  charakteristisches  bezeichnet 
werden  konnte,  durchaus  passend  ist  dagegen  das  mit  leichter  ände- 
rang  einzusetzende  farrago^  das  an  und  für  sich  ein  buntes  ge- 
mengsei, bald  von  allerlei  viehfutter,  bald  von  anderer  speise  be- 
deutet und  in  übertragenem  sinne,  als  ein  allerlei  manigfaltiger 
dinge,  bei  Juvenalis  1,  86  vorkommt:  votum^  timor,  ira,  voluptaSf 
gaudia ;  discursus  nostri  farrago  Ubdli  est, 

Zürich.  Uuqo  BlOmner. 


WSoltau:  chronologische  Vorurteile.  299 

41. 

CHRONOLOGISCHE  VORURTEILE. 


In  n.  22  der  Gott.  gel.  anzeigen  (1  nov.  1887)  hat  BNiese  eine 
besprechung  meiner  ^prolegomena  zu  einer  römischen  Chronologie' 
gegeben,  weder  die  form  noch  der  inhalt  der  anzeige  selbst  würde 
zu  einer  entgegnung  anlasz  gegeben  haben,  erstere  ist  correct,  und 
auf  einzelne  ausstände  gegen  meine  prolegomena  hätte,  so  weit  nötig, 
meine  bald  erscheinende  Römische  Chronologie'  (Freiburg  ^  Mohr) 
die  antwort  erteilen  können,  um  so  mehr  als  an  manchen  stellen  der 
kritiker  mehr  die  unvollstöndigkeit'  als  die  Unrichtigkeit  der  argu- 
mentation  tadelt,  die  römische  Chronologie  aber  vielfach  die  prole- 
gomena ergänzen  soll,  mehrere  einwände  erledigen  sich  auch  durch 
die  von  mir  inzwischen  veröffentlichten  antikritiken  und  aufsätze', 
und  nirgends  vermögen  Nieses  kurz  hingeworfene  bemerkungen  die 
von  mir  verteidigten  theorien  wirklich  zu  erschüttern. 

Aber  Niese  hat  seiner  anzeige  (s.  825 — 831)  'zum  schlusz'  auf 
s.  831 — 836  'einen  kleinen  beitrag  zu  den  von  Soltau  und 
seinen  Vorgängern  behandelten  fragen  zu  geben  versucht'  und 
zwar  zur  aufklärung  einer  der  principiell  wichtigsten  fragen:  zur 
Chronologie  Diodors.  da  diese  ausführungen  mit  dem  anspruch  auf- 
treten ,  als  holten  sie  versäumtes  nach  und  als  bedürfte  es  nur  ihrer 
beacbtung,  um  eine  gute  grundlage  für  die  römische  Chronologie  zu 
gewinnen ,  so  wird  es  gerechtfertigt  erscheinen,  wenn  dieselben  hier 
einer  besprechung  unterzogeu  werden. 

S.  831 — 834  zeigt  ausführlich  (ua.  auch  unter  richtiger  her- 
vorhebung  der  bisher  weniger  beachteten  stelle  Diod.  fr.  XXXVII 
2,  2),  dasz  Diodoros  die  consuln  mit  d6m  archontenjahre  glich,  *in 
welchem  jene  ihr  amt  antraten'  (s.  832).  das  war  zwar  früher  oft 
verkannt,  ist  aber  neuerdings  kaum  mehr  bestritten,  dieses  princip 
ist  zb.  namentlich  von  Matzat  anerkannt  und  gut  durchgeführt  bei 
der  Chronologie  Diodors ,  und  ausdrücklich  ward  in  meinen  proleg. 
s.  45  anm.  1  hervorgehoben:  'bei  einer  synchronistischen  Zusammen- 
stellung von  amts-  und  kalenderjahren  mit  olympiadenjahren  wurde 

*  vgl.  s.  826  'hier  (bei  den  dictatorenjahren)  hat  der  vf.  im  besten 
falle  nur  bewiesen,  dasz  die  sache  so  hätte  vor  sich  gehen  können'; 
8.  837  (zur  gleichung  Alliaschlacht  =  387  vor  Ch.)  'ich  stimme  in 
der  Sache  mit  dem  vf.  übereio,  bemerke  aber,  dasz  ich  nach  seinen 
ausführungen  nicht  recht  begreife,  weshalb  er  dieser  ansiebt  ist'; 
s.  827  anm.  3  'ich  möchte  wohl  wissen,  wie  sich  in  chronographischer 
hinsieht  dictatorenjahre  von  consulatsjahren  unterscheiden'  usw.  solche 
und  ähnliche  desiderata  konnten  nicht  insgesamt  von  prolegomena  er- 
ledigt werden.  *  so  wird  das  gegen  die  datierung  der  Enniusfinster- 
nis  s.  828  gesagte  durch  Berliner  philol.  Wochenschrift  1886  n.  42  s.  1338, 
das  gegen  die  dictatorenjahre  s.  826  vorgebrachte  durch  ebd.  1887 
u.  32/33  erledigt  sein,  über  Cato  als  quelle  des  Polybios  sowie  über 
das  8.  828  bemerkte  ist  gehandelt  Wochenschrift  für  class.  philol.  1888 
8.  373  ff. 


302  WSoltau:  chronologische  yorurteile. 

Gallierbrande  wiederholten  magistratscollegien  angeht'  sagt  Niese 
8.  834  'so  scheint  mir  deutlich,  dasz  sie  wesentlich  dasselbe  zq 
leisten  bestimmt  sind,  was  in  den  andern  quellen  die  fünf  jähre  der 
anarchie';  wie  diese,  so  sind  auch  jene  der  chronologi- 
schen berichtigung  halber  hinzugesetzt,  durch  sie  wird 
der  in  den  griechischen  Synchronismen  des  Galiierbrandes  und  des 
Pjrrhuskrieges  eingeschlossene  Zeitraum  auch  für  die  römische  Zeit- 
rechnung hergestellt,  für  Diodor  ist  diese  absieht  als  sicher 
anzunehmen;  aber  auch  die  anarchiejahre  der  andern  Überlie- 
ferung verdanken  wahrscheinlich  demselben  bestreben  ihre  ent- 
stehung.  die  Voraussetzung  ist  dabei,  dasz  schon  den  altem 
römischen  Chronologen  das  zusammenfallen  des  gallischen  brandes 
mit  dem  Antalkidischen  frieden  bekannt  war,  und  dagegen  ist  nichts 
einzuwenden,  da  schon  Polybios  I  5, 4  diesen  Synchronismus  als  fest 
und  anerkannt  erwähnt.'  in  der  that  scheinbar  ein  glücklicher 
ausweg,  zumal  ja  die  von  Niese  genannten  Voraussetzungen  —  die 
Verbreitung  des  Synchronismus  für  die  Alliaschlacht  und  Diodörs 
absieht  demselben  gerecht  zu  werden  —  sonnenklar  sind,  um  so 
sicherer  verkehrt  ist  aber  die  dritte  Voraussetzung,  auf  welcher  Nieses 
hypothese  beruht:  dasz  eine  reihe  von  jähren  der  chronologischen 
berichtigung  halber  hinzugesetzt  sein  könnte. 

Allerdings,  so  lange  noch  die  jetzt  doch  hoffentlich  veraltete 
interregnentheorie  herschte,  wonach  die  interregna  besonders  in  an- 
rechnung  gesetzt  und  somit  bedeutende  erweiterungen  einiger  amts- 
jahre  angenommen  werden  konnten,  durfte  man  mit  der  hypothese 
von  fülljahren  operieren,  nachdem  aber  forscher  der  verschieden- 
sten richtung,  nicht  nur  ünger  und  Holzapfel,  sondern  sogar  Seeck 
den  satz  vertreten  *dasz  der  antrittst ermin  stets  rückwärts  gegangen 
sei',  ist  dieser  theorie  der  boden  entzogen  worden  (Berl.  philol.  ws. 
1887  6  aug.  s.  1032).  ja  selbst  wenn  Niese  diesem  generellen  ur- 
teile nicht  beistimmen  sollte,  so  würde  er  doch  die  wichtigsten 
Positionen  der  rechnung  nicht  bestreiten  können:  denn  seit  dem 
Pyrrhuskrieg  —  das  ist  allgemeine  annähme  —  ist  der  antritts- 
termin  stets  rückwärts  gegangen ,  und  wenigstens  nach  guter  anna- 
listischer tradition  ist  der  antrittstermin  der  consuln  zu  beginn  der 
republik  bis  zum  decemvirat  von  october  auf  mai ,  seit  dem  zweiten 
dccemvirat  bis  zur  Alliaschlacht  von  december  bis  juli  zurück- 
gegangen, das  letztere  mag  zwar  in  einzelheiten  oder  sogar  völlig 
unhistorisch  sein ,  gibt  aber  jedenfalls  in  ganz  unzweideutiger  weise 
auskunft  darüber,  dasz  die  römischen  antiquare  annahmen,  der  con- 
sularische  antrittstermin  im  ersten  jh.  der  republik  sei  ebenso  wie 
von  450  bis  601  d.  st.  stets  rückwärts  gegangen,  und  da  sollte 
in   der  kurzen  zeit  von  364 — 460  d.  st.  trotz  aller  weiteren  ver- 


*  'bei  Diodor  beliehen  die  nötifren  106  jabre  aus  100  magistrats- 
collegieD«  1  anarchiejabr  und  5  eingescbobeuen  collegien,  bei  den  übrigen 
aus  101  magistraticollegien  und  5  anarcbiejabren.' 


WSoltau:  chronologische  Yoroiteile.  303 

kttrzungen  ^°  noch  obenein  fünf  jähre  darch  inzwischen  eingetretene 
interregna  ausgefüllt  sein? 

Selbst  Matzat,  der  doch  nach  dieser  richtung  hin  das  menschen- 
mögliche geleistet  hat,  musz  offen  eingestehen  (rOm.  chron.I  s.  153): 
'die  aufgäbe  dieses  deficit  von  fünf  jähren  durch  interregna  za 
decken  hat  bisher  niemand  gelöst;  und  wer  es  versuchen  will,  wird 
bald  finden,  dasz  sie  ohne  die  grösten  willkürlichkeiten  nicht  zu  lösen 
ist.'  Nieses  neuer  beitrag  zur  lösung  der  probleme  der  römischen 
Chronologie  ersetzt  dieselben  nur  durch  noch  problematischere  dinge, 
es  sollte  doch  feststehen,  dasz  es  bei  dem  heutigen  stände  der  chrono- 
logischen forschung  nicht  mehr  möglich  ist,  mit  der  eventualitftt 
Yon  fälschungen  mehrerer  jähre  oder  von  einer  eintragung 
von  fülljahren  zn  rechnen.*'  wer  mit  derartigen  behauptungen 
eine  lÖsung  der  probleme  gegeben  zu  haben  glaubt ,  hat  nicht  nur 
nichts  erreicht,  sondern  sich  und  andern  den  weg  zu  einer  wissen- 
schaftlichen lösung  verlegt. 

Yon  derartigen  prämissen,  welche  bedenklicher  als  das  problem 
selbst  sind,  haben  meine  proleg.  principiell  abgesehen,  und  selbst 
wenn  sie  in  bezug  auf  das  wichtigste  von  allem,  über  die  dictatoren- 
jahre,  noch  nicht  völlig  das  richtige  getroffen  haben  sollten,  sind  sie 
jedenfalls  auf  dem  richtigen  wege,  indem  sie  solche  bedenkliche 
hilfshypothesen  völlig  bei  seite  lassen,  auch  ist  schon  ein  gutes 
stück  erreicht,  wenn  selbst  Niese,  trotz  seines  principiell  entgegen- 
gesetzten ausgangspunktes  s.  826  anerkennen  musz,  dasz  'be- 
wiesen worden  sei,  dasz  die  sache  so  hätte  vor  sich  gehen 
können',  wenn  es  auch  nicht  gelungen  sei  zu  zeigen  'dasz  die 
Sache  so  vor  sich  gegangen  sei.'  unter  urteilsfähigen  forschem 
kann  es  nicht  mehr  in  frage  kommen,  dasz  gegenüber  der  Flavius- 
inschrift  (304  -f-  204  jähre)*'  sowie  gegenüber  dem  ansatz  der 
ersten  consuln  509/8  ol.  67,  4  =  28  jähre  vor  der  bidßacic  H^pEou 
ol.  74,  4  bei  Polybios  (III  22)  es  nicht  gestattet  sein  sollte  eine 
spätere  interpolation  mehrerer  jähre  anzunehmen,  haben  hier 
reductionen  der  consulnliste  auf  wahre  zeit  stattgefunden,  so  können 
sie  nur,  worauf  auch  der  vorhin  erwiesene  grundsatz,  dasz  x  amts- 
jahre  =  x  —  y  kalenderjahre  seien,  mit  notwendigkeit  führt,  ledig- 
lich in  der  combination  zweier  amtsjahre  zu  6inem  bestanden  haben. 


'^  eine  dreimalige  Verkürzung  ist  gewis  nicht  abzuleugnen  varr.  413 
(Livius  VIII  3  vgl.  Holzapfel  röm.  chron.  s.  90),  varr.  425  oder  kurz 
vorher,  wo  kal.  Quinct,  autrittstermin  ist,  und  nach  Gaudium  varr.  433 
(Holzapfel  ao.  s.  93.  Unger  stadtära  s.  74;  irrig  Matzat  I  s.  184).  vgl. 
jetzt  bes.  m.  schrift  über  'die  römischen  amtf>jabre'  (Preiburg  1888) 
8.  1—31.  ^*  Berl.  philol.  ws.  1887  n.  32/33  s.  1032:  'die  formel  x  amtS' 
jähre  ==  x  —  y  kalenderjahre  musz  der  ausgangspunkt  jeder  weitern 
Untersuchung  auf  diesem  gebiete  sein,  damit  ist  aann  die  theorie  von 
sog.  fülljahren,  dh.  von  jähren  welche  um  des  chronologischen  ausgleicbs 
willen  später  in  die  römische  consulnliste  eingetragen  sein  sollen,  baltlos 
geworden.'  **  ich  übergehe  hier  die  controversen  über  einzelheiten  wie 
die,  ob  ende  varr.  449  oder  anfang  varr.  460  der  terminus  ad  quem  sei. 


304  ThBerndt:  zu  LiTins  [XXI  S,  4]. 

Niese  selbst  erkennt  an ,  dasz  der  antrittstermin  der  consuln  in  dtn 
150  Jahren  450 — 601  Tom  ende  des  jahres  (auf  Ä^.  Dec.  führen  die 
iarinmphaldaten  von  434—460)  auf  m{.  Quind.y  Jfat.,  id.  Mari,  und 
"kcA,  lan.  zurückgegangen  ist.  hätte  da  nicht,  um  die  amtsjahrliste 
chronologisch  verwendbar  zu  machen ,  ein  amtsjahr  gestrichen  wer- 
den müssen?  desgleichen  wird  Niese  schwerlich  Fabius'  reehaung 
(Gellius  Y  4,  3)  ignorieren  können,  welcher  höchstens  22  jähre  für 
die  23  amtsjabre  365 — 387  zählt,  wie  konnte  die  eponymenliste 
zur  Jahresrechnung  gebraucht  werden,  wenn^nicht  auch  da  irgendwo 
ein  amtsjahr  übergangen  ward?  —  Nieses  neuer  versuch  zeigt  leider, 
wie  schwer  es  hält,  dasz  sich  gewisse  unbestreitbare  Wahrheiten  der 
rOmiseben  Chronologie  volles  bürgerrecht  in  der  wissenschaftliehen 
weit  erwerben. 

Zabbrm  im  Elsasz.  Wilhelm  8oltaü. 


42. 

Zu  LIVIÜS. 


Zu  den  werten  XXI  8,  4  oppidam  ad  omma  tuLenda  aique  o^ 
eunda  muMifariam  distmeri  coepti  sunt;  non  suffieUbant  bemerkt 
Weissenbom  (6e  aufl.):  Mas  asjndeton,  welches  hier  nicht  eine  er- 
klärung,  sondern  die  folge  bezeichnete  (vgl.  IX  35,  6),  wäre  sehr 
hart.'  daher  haben  Weissenborn  und  nach  ihm  HJMüller  (7e  aufl.) 
und  Wölfflin  sUffU  getilgt,  aber  die  Verbindung  des  participiums 
coeptus  mit  einem  inf.  pass.  findet  sich,  wie  Müller  bemerkt,  nur 
XXIV  7,  10  coeptum  frequentari  emporium  und  hätte  in  seiner  note 
zu  diesen  werten  nicht  durch  obige  stelle  belegt  werden  sollen ,  wo 
aie  erst  durch  conjectur  gewonnen  ist.  deshalb  müchte  ich  das  hsl. 
(CM)  geschützte  sunt  nicht  preisgeben,  wenn  man  auf  eine  weniger 
gewaltsame  weise  helfen  könnte,  der  hauptmangel  der  überlieferten 
leeart  liegt  offenbar  darin ,  dasz  man  zu  sufßciebant  eine  nähere  be- 
Stimmung  vermiszt,  während  distineri  durch  ad  omnia  .  .  obeunda 
und  muUifariam  mehr  als  nötig  bestimmt  ist.  diesem  misverhältnis 
läszt  sich  nun  leicht  abhelfen,  wenn  man  die  werte  muUifariam 
distineri  coepti  sunt  als  parenthese  auffaszt  und  annimt  dasz  in 
der  endung  von  muUifariam  vielleicht  ein  iam  verloren  gegangen 
ist.  demnach  würden  die  werte  mit  leichter  änderung  zu  lesen  sein : 
oppidani  ad  omnia  tuenda  atque  oheunda  —  multifariam  ^iamy 
distineri  coqdi  sunt  —  non  suffidebant.  dann  steht  der  hauptsatc 
oppidani  .  .  non  suffidebant  in  klarem,  durch  chiastische  wortstel* 
lung  verstärktem  gegensatz  zu  abundabat .  .  Poenus^  während  die 
parenthese  mit  recapitulierender  beziehung  auf  %  2  pluribus  partibus 
vineae  coeptae  agi  admoverique  aries  die  sache  kurz  begründet. 

HfiBFOBD.  ThEODOB  BeRMDT. 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKRAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


43. 

ZU  LYSIAS. 


Nicht  wenige  Verderbnisse  unserer  autoren  bleiben  unbemerkt, 
weil  der  schaden  äuszerlich  verhüllt  ist  und  die  hsl.  Oberlieferung 
entweder  nicht  vollständig  mitgeteilt  oder  nicht  streng  genug  be- 
achtet wird,  ein  beispiel  dafür  findet  sich  in  Ljsias  erster  rede  gegen 
Theomnestos  (10)  §  10.  der  Sprecher  will  seinem  gegner  klar 
machen,  dasz  eine  Verbalinjurie  ihr  kennzeichen  nicht  aussohlieszlich 
in  dem  Wertausdruck  des  Drakonisch -Solonischen  gesetzes  haben 
kann ,  sondern  dasz  sie  nach  dem  sinne  und  der  absieht  des  gesetzes 
zu  beurteilen  ist.  mag  das  gesetz  zb.  nur  die  ausdrücke  TraTpaXoCac 
und  ^r|TpaXoiac  verpönen  y  so  ist  es  doch  nicht  minder  eine  beleidi- 
gung,  wenn  einer  seinem  nächsten  vorwirft  d)C  Tf|V  T€KO0cav  ^  TÖv 
q)UcavTa  ^TUTiTe.  der  beweis*  dafür,  dasz  der  sinn,  nicht  der  buch- 
stab  des  gesetzes  maszgebend  sein  musz,  ergibt  sich  aus  einer  erfah- 
rung  des  gegners  und  einer  gewöhnlichen  thatsache  des  praktischen 
lebens:  f]bda)C  Tctp  «v  cou  7Tu6oi)iTiv  •  e!  Tic  ce  etiroi  ^Ti|jai  rfiv 
dcTTiba,  dv  be  tiD  vöjliiju  eipriiai  (Pal.  eipriTo),  ddv  Tic  cpdcKij  dTro- 
ßeßXriK^vai  uTTÖbiKOV  etvai,  ouk  &v  dbiKoilou  aurqj,  dXX'  4EiipK€i  dv 
CGI  dKoOcavTi  (om.  Pal.)dppi(p^vaiTf)vdc7Tiba  X^T€iv  ÖTi(Pal. 
XeTOVTi)  oubev  coi  jiiAei,  oubi  Tdp  TauTÖv  (Pal.  tö  auTÖ)  icix  ^ii|iai 
Kai  dTioßeßXTiKevai;  dXX'  oub*  äv  tüüv  ?vb€Ka  T€VÖ^€VOc  dTiob^gaio, 
€1  Tic  dTTQTOi  Tivd  (pdcKUJV  6oi)LidTiov  diTobebucGai  ^  töv  xiTuivi- 
CKOv  ^KbebucGai,  dXX'  dcpeinc  öv  töv  auTÖv  Tpöirov,  öti  ou  XuiTrobü- 
TTic  övo^dZieTar  oiib'  ei  Tic  iraiba  dHdTiwv  (Pal.ÖaTCtT^v)  XnqpOeiTi, 
OUK  Sv  cpdcKOic  (Pal.  cpdcKOi)  auTÖv  dvbpairobiCTfjV  etvai,  eiTiep 
jiaxei  ToTc  6v6|iaciv,  dXXd  \xi\  toTc  fpTOic  töv  voöv  irpoc^Heic, 
iLv  ?V€Ka  Td  öv6|iaTa  irdvTCC  TiGcvTai.  der  Sprecher  setzt  also  den 


*   folglich  ist  es  ein   irrtum  Frohbergers,    wenn   er  i^ödwc  fdp  in 
i^b^ujc  5^  ändern  zu  müssen  glanbte. 

J.ihrbncher  fär  class.  philol.  1888  hft.  5  u.  6.  20 


306  AWeidner:  zu  Lysias. 

fall,  Theomnestos  wäre  elfmann,  und  fragt,  was  er  in  diesem  amte 
thun  würde,  wenn  ihm  notorische  Verbrecher  (KaKoGpTOi)  vorgeführt 
würden,  ohne  dasz  in  der  dTraTUitrj  der  Solonische  gesetzesausdruck 
gebraucht  wäre,  würde  er  solche  Verbrecher  dennoch  festnehmen 
oder  sie  laufen  lassen?  nach  seiner  auffassung  des  gesetzes  müsse 
er  sie  offenbar  frei  lassen,  merkwürdig  aber  ist,  dasz  in  dem  falle 
der  &TraYurril  eine  bestimmte  thätigkeit  des  elfmanns  ausgesprochen 
wird:  oÖK  &v  &TTob^£aio,  äXX*  dcpeiric  £v,  dagegen  im  andern 
falle  ein  hinweis  auf  die  amtspflicht  ganz  fehlt  und  statt  dessen  eine 
motivierung  oder  eine  ausrede  für  irgend  ein  thun  oder  unterlassen 
angegeben  wird :  oök  &v  qpdcKOic.  es  ist  um  so  bedenklicher  aus  dem 
vorausgehenden  oÖk  &v  äTTob^Saio  zu  ergänzen,  weil  der  zweite  fall 
nicht  als  dTraTUiTH)  sondern  sAsscelus  niam/!^um  vorgeführt  wird  und 
überdies  dem  negativen  begriff  ouk  dv  dTTOb^Saio  bereits  der  positive 
dq)€ir|C  dv  gegenüber  gestellt  ist.  hier  zu  oub*aus  dem  vorausgehenden 
das  verbum  ergänzen  zu  wollen  würde  weder  der  simplicitas  noch  der 
aequabilitas  der  Lysianischen  spräche  gemäsz  sein,  und  es  ist  viel- 
leicht nicht  Zufall,  dasz  der  in  rhetorisch-stilistischen  fragen  sonst 
80  aufmerksame  und  gründliche  Frohberger  an  dieser  stelle  sich  in 
schweigen  gehüllt  hat.  oder  schien  ihm  die  ergänzung  gar  zu  ein- 
fach als  dasz  sie  einer  bemerkung  wert  gewesen  wäre?  auffallend 
ist  femer  oub'  —  ouk,  aber  dergleichen  Schwierigkeiten  werden 
durch  ähnliche  beispiele  abgethan;  auffallend  ist  auch,  dasz  dem 
elfmann  das  q)dcK€iv ,  nicht  ein  bestimmtes  amtliches  handeln  zuge- 
schrieben wird ,  während  doch  in  dem  andern  beispiele  das  qpdcK€iv 
der  klägerischen  partei  vor  dem  magistrate  zufällt,  unter  diesen 
umständen  musz  es  beachtung  verdienen ,  dasz  in  der  hsl.  Überliefe- 
rung sich  cpdcKOi  und  nicht  cpdcKOlc  vorfindet,  das  deutet  doch  klar 
und  deutlich  darauf  hin,  dasz  der  ergriffene  dvbpaTTObiCT/jc  vor  dem 
magistrate  steht ,  mit  ihm  verhandelt ,  seine  ablieferung  in  das  ge- 
fängnis  für  nicht  gerechtfertigt  erklärt,  und  diese  Vermutung  wird 
dadurch  unterstützt,  dasz  im  Palatinus  sich  weiter  nicht  dvbpaTTObi- 
CTf|V  elvai,  sondern  dvbpaTTobiCTf)V  €TvaiC€i||  vorfindet,  nur  dasz 
c  durch  drei  untergesetzte  punkte  getilgt  ist,  eine  tilgung  die  sich  auch 
auf  €1  (das  bekanntlich  in  der  schrift  nur  dm  buchstab  ist)  erstrecken 
soll,  da  nun  zu  oub'  offenbar  das  verbum  finitum  fehlt,  so' ist  in  cei 
der  rest  dieses  verbums,  nicht  etwa  eine  dittographie  oder  sonst  ein 
Schreibfehler  zu  suchen  und  auch  leicht  zu  finden ,  da  eben  die  auf- 
gäbe des  elfmanns  gegenüber  dem  ergriffenen  dvbpaTTObicrrjc  keine 
andere  sein  kann  als  tÖ  bf)cai  auTÖv.  demnach  ist  das  ganze  vom 
Sprecher  gewählte  beispiel  in  folgender  weise  zu  emendieren :  oub* 
el  TIC  iratba  Ödttüv  XficpOeiri,  öti  ouk  dv  qHxcKOi  auTÖv  dvbpa- 
TTobiCTfiv  elvai,  brjceic,  ctTrep  MaxeT  toic  övö^aciv,  dXXd  ^i\  toTc 
fpTOic  TÖv  voGv  irpoc^Seic.  grammatisch  läge  brjcemc  dv  näher, 
aber  die  concinnität  erforderte  dann  oub'  dv  .  .  brjceiac,  so  dasz  in 
demselben  satze  eine  doppelte  änderung  notwendig  würde,  das  ein- 
fache futurum  aber  ist  grammatisch  ohne  anstosz  und  steigert,  wie 


AWeidner:  zu  Lysias.  307 

mir  scheint ,  die  boshaffce  ironie  des  Sprechers,  es  bliebe  noch  fol- 
gender ausweg:  oi)V  eX  Tic  iraiba  Ü&fwv  \r\(pQelr],  oOk  fiv,  ei  q>dc- 
KOI  ouTÖv  dvbpairobicrfiv  elvai,  brjceiac,  aber  dadurch  würde  die 
einfache  rede  zu  zerstückelt,  und  es  würde  nicht  so  gut  der  Übergang 
zu  etirep  ^axei  vermittelt,  wie  wenn  man  biiceic  annimt. 

Eine  andere  stelle  derselben  rede ,  die  der  heilung  noch  bedarf, 
befindet  sich  §  13  und  lautet  im  Palatinus  also:  OÖK  oOv  b€iv6v,  €i 
ÖTttv  \iiv  berjcij  KaKüüc  dKOiicavT-  toüc  ^x^poüc  Ti^wpeicdat, 
oÖTUü  Toüc  vöfiouc  i&CTicp  ^T^  vöv  Xa^ßdv€iv,  ÖTttv  V  licpov  iropd 
Touc  vö^ouc  etirijc  KaKdic,  oök  diioic  boOvai  bbcriv;  die  seit  Mark- 
land übliche  Änderung  b^q  c^  für  bcrjci]  erscheint  auf  den  ersten  blick 
recht  einfach,  aber  die  vertauschung  von  r\  und  €  ist  in  der  hs.  sehr 
selten ,  so  dasz  sie  doch  nur  dann  zulässig  erscheinen  könnte ,  wenn 
der  gedanke  des  satzes  einen  begriff  wie  birji  ck  notwendig  erfor- 
derte, nun  aber  scheint  mir  der  begriff  b€iv  hier  ganz  ungehörig  zu 
sein,  wenn  Ljsitheos  dem  Theomnestos  das  ^ppiq)^yai  if|V  dcirCba 
vorwarf,  so  war  der  Sprecher  unserer  rede  damit  einverstanden:  denn 
in  seinen  äugen  war  das  urteil  des  Ljsitheos  keine  beleidigung  des 
Theomnestos,  sondern  nur  die  richtige  bezeichnung  der  im  felde  be- 
wiesenen feigheit  desselben,  nach  seiner  anschauung  konnte  daher 
für  Theomnestos  eine  Verpflichtung  zur  klage  nicht  vorhanden 
sein,  dagegen  mochte  ihn  äuszerer  zwang  oder  auch  sein  wille 
dazu  bestimmen,  ja  der  Sprecher  konnte  oder  muste  es  sogar  als 
freche  willkür  des  Theomnestos  bezeichnen,  wenn  er  trotz  seiner 
notorischen  feigheit  dennoch  Lysitheos  wegen  beleidigung  belangte,  es 
wird  also  das  motiv  der  klage  eher  als  ein  bOKoGv  denn  als  ein  b^ov  zu 
bestimmen  sein,  ferner  ist  in  dKQÜcavT*  eher  dKOÜcavT€  oder  dKOU- 
cavTi  als  dKOUCavTa  zu  finden,  da  nun  cri  auf  ein  ursprüngliches 
CGI  hinweist,  so  glaube  ich  in  der  Überlieferung  ÖTav  fl^v  bOK^  Cd 
KOKUJC  dKOucavTi  TOUC  ^x^pouc  Ti^uipeicOai  finden  zu  müssen, 
wodurch  bekanntlich  auch  KttKUüC  dKOÜeiv  in  die  Sphäre  des  subjec- 
tiven  boK6iv  gerückt ,  also  die  anerkennung  der  beleidigung  seitens 
des  Sprechers  vermieden  wird.'  ebenso  unrichtig  ist  es,  wenn  man 
Xa^ßdveiv  so  obenhin  in  Xa)üißdv€ic  ändert,  denn  wollte  der  redner 
einfach  die  tbatsacbe  hervorheben,  so  durfte  er  nicht  beivöv  mit  ei 
und  indicativ,  sondern  muste  es  mit  infinitiv  gebrauchen,  aber 
nicht  thaisachen,  sondern  thatsächliche  urteile  oder  anschauungen  des 
Theomnestos  werden  als  widersprechend  einander  gegenüber  gestellt, 
folglich  musz  dHioTc  in  dem  überflüssigen  oÖTU)  enthalten  sein. 

Der  gebrauch  von  dHioOv  erinnert  mich  an  einen  kleinen  fehler, 
der  noch  30,  1  entstellt:  direibf)  Toivuv  KQi  idiv  dTToXoTOUjLi^viuv 
dirobexecGe . .  dHiui  xai  tujv  KairiT^^P^v  ujuSc  dKpodcacGai,  ddv  diro- 
cpaivujci  TOUC  qpevJTOVTttC  udXai  iroviipouc  övTac.  aus  der  thatsache, 
dasz  die  richter  den  angeklagten  extra  causam  sprechen  lassen ,  er- 


*  umgekehrt   ist    29,  ö  b^b€iKTai  für  bdboKTai    KaTa\|ir]9{Z€c6ai   zu 
corrigieren. 

20* 


308  AWeidner:  zu  Lysias. 

gibt  sich  keineswegs  nur  eine  subjective,  sondern  vielmehr  eine 
objective,  nicht  nur  für  den  gerade  sprechenden,  sondern  ftlralle 
auftretenden  anklSger  gültige  berechtigung  auch  ihrerseits  extra 
causam  zu  reden,  im  Palatinus  steht  auch  nicht  deutlich  d^iuj;  ich 
habe  mir  bemerkt :  'incertum  N  an  00;  accentus  etiam  evanuit.'  dasz 
aber  jedenfalls  äHiov  zu  schreiben  ist,  zeigt  die^anz  gleiche  stelle 
14,  24  47T€ibf|  fäp  Kai  Tdiv  &TroXoTOu^^viuv  dTTOb^x^cOe  XcTÖvriuv 
idc  ccpcT^pac  aÖTUüv  dpeidc  xai  idc  tujv  TrpOTÖvujv  euepTeciac, 
eiKÖc  ujLiäc  Kai  tüüv  KaniTÖpiüv  dKpodcGai;  ^dv  dTroqpaivuici  toOc 
q)€ÜTOVTac  TToXXd  elc  ufiäc  fmapTTiKÖTac  usw.  oder  18, 26  iLv  dHiov 
öjüiac  dv6u^Ti0^vTac  TTpoGuMUJC  fj^Tv  ßoriGficai. 

Die  werte  femer  (10,  13)  Srepov  Tiapd  toüc  vöfiouc  etinjc 
KaKtXic  lösen,  wie  mir  scheint,  die  Schwierigkeit,  welche  sich  §  26 
zeigt,  ^i\  Toivuv  dKOUcavTa  (iiiv  add.  Bauchenstein)  Geö|ivr|CTOV 
[KaKiüc]  Td  TTpocrJKOVTa  4X€€iT€,  \ir\b*  (Kai  Pal.)  ußpülovri  t€  (om. 
Pal.)  Kai  X^TOVTi  irapd  touc  vöfiouc  cuttviümiiv  Jx^tc.  durch  die 
änderung  von  Kai  in  \ir]b*  und  durch  den  zusatz  von  T€  ist  der  fehler 
der  Überlieferung  zwar  verhüllt,  aber  nicht  beseitigt,  denn  was  soll 
denn  hier  Ttapd  touc  vöjlxouc  X^feiv  heiszen?  doch  nicht  etwa 
Widerrechtlich  schmähen  oder  beleidigen'?  das  ist  durch  ußpi2[€iv 
schon  schärfer  ausgedrückt  und  erforderte  notwendig  zu  X^f^^v  das 
adverbium  KaKiüC ,  wie  das  obige  beispiel  zeigt,  es  kOnnte  nur  be- 
deuten ÖTmnTOpeiv  Trapd  touc  vöfiouc  =  ouk  Ööv  auTdi.  ein  sol- 
cher gedanke  hat  aber  hier  keine  stelle ;  dagegen  verbindet  sich  irapd 
TOÜC  vö^ouc  leicht  mit  cuYTVUifir|V  fxCT€:  wollten  die  richter  wieder- 
um gegen  Theomnestos  gnade  ftlr  recht  ergehen  lassen ,  so  würden 
sie  in  dem  vorliegenden  falle  gegen  das  gesetz  verstoszen,  denn  §  30 
heiszt  es :  ÖTi  6  vo|io6^TTic  oubc^iav  öpT^  cuTTViWMilv  bibiuciv,  dXXd 
£il|iioi  TÖv  X^TOVTa,  ddv  ^f)  dTToqpaivi)  d&c  ^ctiv  dXriöfi  Td  eipim^va. 
ist  diese  Voraussetzung  richtig,  dann  haben  wir  in  Kai  üßpi2IovTi  Kai 
X^TOVTl  nichts  anderes  als  ein  glossem  zu  sehen,  dh.  Kai  X^TOVTi  (sc. 
irapd  touc  vÖjliouc)  ist  erklärung  zu  Kai  ußpi2IovTt.  woher  aber 
kommt  dann  das  störende  Kai  vor  ußpiilovTi?  denn  an  ein  Verderb- 
nis aus  KaOußpUloVTi  ist  schon  darum  nicht  zu  denken,  weil  das  wort 
KaOußpi2[€iv  den  rednem  fremd  und  ijßpi2l€iv  eine  vox  iudicialis  ist. 
oder  sollte  KaKoic  in  der  vorausgehenden  zeile,  wo  es  neben  Td  TTpoc- 
rJKOvra  nicht  stehen  kann,  ursprünglich  zu  X^fOVTi  gehören  und 
vom  rand  in  den  text  an  unrichtiger  stelle  eingesetzt  sein?  das  wäre 
nicht  unmöglich ,  aber  die  existenz  von  Kai  vor  ußpi2IovTi  würde  da- 
durch auch  nicht  erklärt  sein,  so  bleibt  mir  nur  die  annähme  übrig, 
dasz  Kai  durch  dittographio  aus  dem  übergeschriebenen  Kai  X^tovti 
entstanden  ist.  die  ganze  stelle  scheint  mir  demnach  so  gelautet  zu 
haben :  fif|  Toivuv  dKoücavra  )iiv  öeö^vriCTOv  Td  TrpocrJKovTa  dXe- 

€IT€,  ÖßpiZoVTl  bfe  Tiapd  TOÜC  VÖflOUC  CUTTVlUflTlV  f  X€T€. 

Der  redner  entwickelt  dann  das  schwere  unrecht,  das  mit  einer 
freisprechung  des  gegners  ihm  und  besonders  seinem  verdienten 
vater  zugefügt  würde,  diese  erörterung  wird  §  28  abgeschlossen  mit 


A Weidner:  zu  Lysias.  309 

den  Worten  Sp'  ägiov  öpTicQffvai  Tili  eipHKÖTt  kqI  ßoriOffcai  ti^ 
TTorpi,  ibc  Kai  ^xeivou  KaKÜDc  dioiKOÖTOC ;  die  worte  tCj)  eipriKÖTi  sind 
unmöglich,  selbst  wenn  man  X^Y^iv  so  ohne  weiteres  für  KttKiIic 
X^Y^iv  sagen  könnte,  aber  wenn  man  ti£i  TOiaCr'  oder  ti£i  TaÜT* 
eipriKÖTi  vorgeschlagen  hat,  so  musz  ich  diese  art  der  correctnr  als 
oberflächliches  flick  werk  bezeichnen,  denn  ein  deiktisches  pronomen 
wäre  nur  dann  zulässig,  wenn  vorher  der  inhalt  der  beleidigong 
dargelegt  worden  wäre,  statt  dessen  hören  wir  im  vorausgehenden 
nur  von  den  Verdiensten  des  vaters  sprechen,  es  ist  also  TOiaCra 
oder  raOra  ohne  jede  stütze,  es  musz  demnach  nicht  der  ausfall, 
sondern  die  Verderbnis  eines  wertes  angenommen  werden,  ist  dies 
richtig,  so  ergibt  sich  die  emendation  ganz  von  selbst,  mit  fip'  fiEiov 
weist  der  redner  auf  §  26  zurück,  folglich  musz  eipfiKÖTi  aus  ößpt- 
KÖTi,  dh.  6IPHK0TI  aus  YBPIKOTI  corrumpiert  sein,  überhaupt  ist 
die  Verwechslung  von  Worten  in  der  Überlieferung  des  Lysias  nicht 
selten :  vgl.  zb.  §  23  KaT€CK€uacTai  ftlr  KarecK^bacTai,  3, 14  kqI  raCra 
für  KdvTaöGa,  3,  46  KOCjüiiiüTaToc  für  dKOCfiÖTaxoc,  4,  19  dXX& 
XoTtü  TÖ  Tiöv  für  dXX*  dXoTtüTaTOV ,  6,  1  KeXeüovTOC  für  kcTeüov- 
Toc,  6,4  dujVTtti  für  ?covTai,  7,  17  ekÖTiuv  =  oiKCTdiv,  7,  34 
fpYujv  =  ^xöpÄv,  7,  37  fXetov  =  fjXeTXOV,  12,  6T€V^c6ai*» 
7r^v€c0ai,  12,11  KapiKOÜc  =  bapeiKOuc,  12,  32  diroXoufi^voic  »» 
dTToXoYOUfievoic  (dieselbe  Variante  bei  Aischines  3,  81),  12,  62 
cuvouciav  =  eövoiav,  12,  69  ^7T^|üH|iaT€  ■=  dmTp^\|iaT€,  12,  77 
bOKel  =  bei,  12,  81  Tivofi^viuv  «=  Kpivojüi^vuüV,  12,  86  HuvcpTOUV- 
TUJV  =  cuvepouvTLüV  und  dTTobcOvai  =  dTtoXXuvai,  12, 94  v}X€Tipac 
=  cqpeiepac,  12,  96  dqpeXöviec  =  dqpAKOVTec.  und  das  sind 
noch  nicht  alle  beispiele  auf  so  kleinem  räume.  ^ 

Wunderbar  ist  es,  dasz  10,  31  auch  noch  Frohberger  ÖTi  OÖK 
Sv  T^voiTO  TOUTOU  ^ciZujv  dTUüV  jLioi  schreibt,  im  Palatinus  steht 
toOtou 

|i€i2[u)V,  und  wenn  es  zweifelhaft  wäre,  welches  von  beiden  wörtem 
träger  des  tones  ist,  so  würde  die  folge  der  worte  uns  gezeigt  §  26 
TIC  Tdp  öv  djLioi  jüieiZiujv  lauiric  t^voito  cu/icpopd;  es  musz  also  un- 
zweifelhaft fieiZiujv  TOUTOU  umgestellt  werden,  endlich  möchte  ich 
noch  an  eine  wortvertauschung  §  1  erinnern:  TroXXouc  Tdp  öfiujv 

Öpdl    blKdZiOVTaC   XlIlV   TÖT€  irapÖVTlUV,    ÖT€  AUC10€OC  6€Ö)iVTlCT0V 

eicriTTeXXe  Td  öirXa  diroßeßXTiKÖTa  oök  4Eöv  aintjb  biiiüiriTOpeiv. 
dasz  hier  u^üjv  unmöglich  ist,  ist  längst  erkannt  worden,  aber  auch 
hier  wurde  geflickt  statt  zu  heilen,  dem  Charakter  der  hs.  gemäsz 
musz  man  annehmen,  dasz  ujiUJV  aus  vuv\  entstanden  ist,  welches 
den  gegensatz  bildet  zu  tÖT€  irapövTUiV.  den  ausfall  eines  wertes  da- 
gegen müssen  wir  10,  29  annehmen:  bfiXov  Tdp  ÖTi  ToTc  ji^v  ctüfiaci 


^  nach  solchen  Verwechslungen  wird  es  nicht  zu  kühn  erscheinen, 
wenn  ich  1,  7  Kai  y&p  olKOv6)iOC  b€iyi\  Kai  qpeibwXöc  5ir)T0TC  (Pal* 
dTOÖfi)  Kai  dKpißOuc  TidvTa  bioiKoOca  vorschlage:  denn  ein  verhum  fini- 
tnm  ist  notwendig,  das  zeigt  bioiKoOca,  dyaO?!  aber  ist  überflüssig  nnd 
doch  als  erklärender  znsatz  kaum  denkbar. 


310  A Weidner:  zu  Lysias. 

buvavTtti,  TCic  bk  i|iuxäc  <ö)ioiac>  oök  ?xo^civ.  der  gebrauch  von 
SjLioioc  «»  ^ebenbürtig',  besonders  auch  mit  ironischer  ftrbong  (vgl. 
Frohberger  zu  14,  34),  ist  von  Homer  bis  Piaton  und  Demosthenes 
so  geläufig,  dasz  es  kaum  eines  beleges  bedarf,  doch  vgl.  2,  5  6|üio(ac 
^KTTJcavTC  Täc  ipuxäc  T^  q)uc€i.  dagegen  vermied  ich  es  oben  unter 
den  Wortverwechslungen  1,  20  anzuftlhren:  Kai  übe  ^KeCvT]  Tiip  xP^vifi 
7T€ic0€ir|  (Pal.  7Tpoc0€(r|),  kqI  xdc  eicöbouc  olc  TpÖTroic  irpodoi. 
ich  glaube  nemlich,  dasz  man  mit  dieser  stelle  bisher  darum  nicht 
ins  reine  kommen  konnte,  weil  man  Beiskes  änderung  von  TTpocGeir) 
in  TietcGedi  für  unzweifelhaft  richtig  hielt,  was  sie  höchst  wahrschein- 
lich nicht  ist.  es  ist  jedenfalls  viel  leichter  irpoGeiii  in  TTpocOeiri 
zu  finden,  nun  ist  aber  TtpoOeTvai  eicöbouc  nichts  anderes  als  prO" 
ponere  adituSj  und  olc  TpÖTTOic  TTpocioi  ist  ein  erläuternder  zusatz. 
zuerst  versuchte  Eratosthenes  die  dienerin  (Tipodoi),  dann  wurde 
diese  zur  spontanen  Vermittlerin ,  die  des  Zuredens  gar  nicht  mehr 
bedurfte  (aurf)  eicaTT^iXeie,  nicht  auT^,  was  schon  die  Wortstellung 
verbietet),  endlich  habe  die  frau  die  Zusammenkünfte  und  die  art 
und  weise,  wie  er  ihr  nahe  kommen  könne,  selbst  vorgeschlagen, 
es  sind  also  nur  drei  personen,  deren  band iungs weise  uns  nach  ein- 
ander vorgeführt  wird :  der  Versucher,  die  dienerin,  endlich  die  frau, 
die  auch  §  33  als  dem  manne  entfremdet  geschildert  wird,  ich  glaube 
deshalb  schreiben  zu  müssen :  KatriTÖpei  TrpuJTOV  ^^v  ibc  ^€Td  Tf)V 
^Kcpopctv  auTfl  Trpocioi,  ircexff  ibc  auTtj  leXeuTuica  elcorrtiXeie 
kqI  (bc  dKcivTi  T(jj  XP<^vuj  TTpoOeiri  Kai  räc  eicöbouc ,  olc  Tpöiroic 
TTpocioi. 

Nicht  selten  bringt  es  die  compendiöse  Schreibart  der  hs.  mit 
sich,  dasz  äv  und  auTÖ  verwechselt  werden,  hierher  rechne  ich  10,  2 
dtu)  b\  ei  fifev  TÖv  teuTOu  fi€  direKTOV^vai  fiTiäio,  cuTTVififinv  Sv 
cTxov  auTdj  toiv  elprm^vuiV,  q)aöXov  fäp  fiv  (auiö  Pal.,  ob  äv  ti?) 
Kai  oubevöc  äiioy  f)TOU|Liriv :  denn  auTÖ  ist  entbehrlich  und  sogar 
störend;  äv  aber  notwendig;  femer  1,  38  ei  b*  f{br\  TrdvTUiv  btane- 
TTpOTM^viuv  Kai  TToXXdKic  eiceXiiXuOÖTOC  €ic  Tf|v  olKiav  Tf|v  d^fjv 
lÜTivioOv  TpÖTTifi  ^Xdfißavov  aÖTÖv,  ciiqppov*  fiv  (cujqppovcTv  Pal.) 
^fiauTÖv  fiTOU^riV:  denn  auch  in  dieser  stelle  kann  dv  nicht  entbehrt 
werden  y  weil  sie  einen  Irrealis  enthält,  dagegen  beweisen  fUlle  wie 
7,  32  und  37  nichts:  denn  hier  haben  wir  keinen  irrealis,  sondern 
gefolgerte  thatsachen,  die  nur  im  indicativ  ohne  dv  ausgedrückt 
werden:  dK^pbaivov  oub^v  'ich  gewann  nichts,  wenn  ich  es  that, 
wie  der  gegner  sagt',  und  oöbc^id  lr\\i\q^  f voxoc  fjv  *er  hatte  darum 
noch  immer  keinen  nachteil'.  dieses  imperfect  versetzt  uns  lebhaft 
in  eine  schon  bezeichnete  Situation,  die  notwendigkeit  von  dv  aber 
beweist  dasz  cu)q)poveTv  falsch  und  aus  cuicppov*  fiv  entstanden  ist, 
vgl.  Demosth.  8,  68  dvbp€tÖT€pov  i^auTÖv  f)ToG^ai. 

12, 32  xpflv  hi  C€,  (b  'GparöcOevec,  cTncp  fjcGa  xpncröc,  ttoXü 
^&XXov  Tok  fi^XXouciv  dblKUiC  dnoGaveTcGai  ^iivirrtiv  t^v^cSai  i^ 
Touc  dbiKUJc  dnoXoujüi^vouc  cuXXa^ßdveiv.    die  antithese  von  toic 


AWeidner:  za  Lysias.  311 

)iAXouciv  d7ToOav€ic6ai  und  toic  ibiKiuc  &itoXou^^voic  ist  nicht 
nur  lahm,  wie  Frohberger  bemerkt ,  sondern  entschieden  fieüsch,  da 
sie  auf  der  Voraussetzung  beruht,  dasz  zwischen  dem  dbiKiUC  diro- 
6av€iv  und  dem  dbiKUiC  dTToX^cGai  irgend  ein  beachtenswerter  unter- 
schied sei ,  was  doch  unmöglich  ist.    sollte  aber  nur  |üir|VUTf|V  fe^i' 
cGai  und  cuXXajißdveiv  einander  gegenübergestellt  werden,  wozu 
dann  der  gewaltige  aufwand  synonymer  werte  in  zwei  selbständig 
ausgeprägten  gliedern  ?  es  ist  also  nur  richtiger  takt  gewesen,  wenn 
Markland-Dobree  und  Beiske^  neuerdings  Qebauer  den  fehler  in  der 
Überlieferung  suchten ;  aber  ihre  emendationsversuche  können  nicht 
befriedigen,  weder  Marklands  und  Dobrees  ^^XXoua  biKaiuic  diro- 
OavetcOai,  noch  Beiskes  toic  dTToXXiiouci ,  noch  Gebauers  i^  aöröv 
dbiKWC  diToXoGvTa  cuXXajißdveiv :  denn  sie  bewegen  sich  sämtlich 
auf  der  Oberfläche  und  verfehlen  deshalb  den  richtigen  sinn  oder  die 
richtige  form,    die  formel  iroXu  ^oXXov  i^  deutet  an ,  dasz  Erato- 
sthenes  etwas  gethan  hat,  was  das  prädicat  XPH^^V  ^^  ansprach 
nimt,  dafür  aber  eine  handlung  unterlassen  hat,  die  viel  eher  die 
anerkennung  der  xpilCTÖTiic  verdienen  würde,  wenn  sie  ausgeführt 
worden  wäre,     dasz  nun  Eratosthenes  sich  an  der  abfühning  der 
metöken  in  den  kerker  selbst  beteiligt  hat,  dafür  kann  er  wohl  zur 
entschuldigung  den  zwang  der  Verhältnisse  anführen,  unter  denen 
er  lebte  und  handelte,  nimmermehr  aber  kann  er  diesen  henker- 
dienst als  ein  xpil^'^^^v ,  die  handlungsweise  eines  ehrlichen  und  cha- 
rakterfesten mannes  bezeichnen,    von  einer  solchen  thorheit  oder 
Schamlosigkeit  war  Eratosthenes  weit  entfernt,   was  war  denn  aber 
die  edle  und  mutige  that,  deren  er  sich  fort  und  fort  rühmte,  die 
ihn  auch  schlieszlich  zwang  sich  von  Kritias  zu  trennen ,  die  es  ihm 
ermöglichte  in  der  stadt  zu  bleiben ,  sich  der  rechenschaft  zu  unter- 
werfen und  auf  freisprechung  zu  hoffen?  nichts  anderes  als  die  Ver- 
teidigung des  Theramenes  vor  dem  rate  gegenüber  der  anklage  und 
gewaltthätigkeit  des  Kritias.    auf  diese  that  weist  die  antithese  hin, 
wenn  wir  schreiben:  XP^V  b^  C€,  lö  *€paTÖc0€V€C ,  CiTrep  fjcGa  XPI- 
CTÖc,  TToXu  ^dXXov  ToTc  fi^XXouciv  dbiKUiC  dTToGavcTcöm  fiT)vurP|V 
T€vecOat  ii  toTc  dbiKUJC  d7ToXoTOU|i^votc  cuXXo^ßdveiv.  in 
etwas  anderer  form  findet  sich  derselbe  gedanke  §  50  XP^V  b*  auTÖV 
uTiep  xfic  u^ei^pac  ca)TT]piac  TaÜTTiv  Tf|v  TrpoGufiiav  ix^iv,  dXXd  |üif| 
UTiep  Gnpcx^evouc,  8c  de  ujudc  TToXXd  iir\}xapTe\f.   dasz  endlich  die 
Verteidigung  des  Theramenes  als  ein  verstosz  gegen  recht  und  gebühr 
bezeichnet  werden  konnte,  zeigt  §  78,  wo  es  von  ihm  heiszt:  biKaiuic 
^tv  dv  öXiTapxicjt  biKTiv  bövTOC,  biKaiujc  b*  fiv  dv  brmoKpQTiqi. 

12,  61  TttÖTa  hk  dnicTttcGe  iiiv  kqi  aÖToi,  Kai  olb*  öti  oö  bei 
fidpTupac  napacxecOai.  die  ausdrucksweise  oTb'  5ti  ou  bei  ^dp- 
Tupac  7Tapacx€c6ai  ist  sonst  dem  Lysias  fremd,  und  diese  thatsache 
ist  um  so  beachtenswerter^  da  die  veranlassung  zu  dieser  ausdrucks- 
weise häufig  genug  vorlag,  immer  aber  sagt  er  oök  oTb*  Sri  b€t 
lidpTupac  Tiapacx^cGai.  diese  formel  ist  so  häufig,  dasz  es  der  belege 
nicht  bedarf,  doch  vgl.  noch  12,  37  UJCT*  OVK  oTb'  ÖTt  b€l  iToXXa 


312  •  AWeidner:  zu  Lysias. 

KQTTITOPCIV  TOlOÜTUiV   dvbpOüV.      10,  31    TTCpi  }Xiv  OÖV  TOUTlüV  OÖK 

oTb*  ÖTi  bei  TiXeiiü  X^y^iv.  24,  21  dXXct  t^P  ouk  oW  öti  bei  Xiav 
^6  dKpißaic  diroXoTOUfievov  . .  ^voxXeiv  nXeiiu  xP^vov.  22,  22  oök 
oTb*  ö  Ti  bei  TrXeiiü  X^yeiv.  in  der  hs.  selbst  fehlt  ou  vor  bei,  es  ist 
deshalb  ebenso  möglich ,  ja  viel  wahrscheinlicher ,  dasz  die  negation 
vor  oTb'  ausgefallen  ist :  Kai  ouk  oTb'  öti  bei  jbidpTupac  Trapacx^cOai. 
unmöglich  wäre  diese  form  nicht,  sie  liesze  sich  annähernd  mit 
30,  20  vergleichen:  auma  n^puciv  lepd  dGirra  xpidiv  laXdvTiuv 
XeT^viTTai  .  .  Kai  oux  olöv  t'  elneiv  übe  oux  kava  fjv  S  irpocfiXOe 
T^  TTÖXei,  aber  die  gegenüberstellung  von  ^TTicracOe  Kai  auToi  und 
OÖK  oTb'  bleibt  ungelenk,  wenn  sie  durch  Kai  vermittelt  wird,  der 
gewöhnliche  und  natürliche  Sprachgebrauch  erfordert  uüct'  ouk  oW 
ÖTI  bei.  es  scheint  demnach  nicht  nur  ouk,  sondern  (Sjct'  ouk  vor 
oTb'  ausgefallen  zu  sein,  nur  dasz  von  ujCTe  noch  ein  rest  in  xal  er- 
halten ist.  wie  nemlich  der  Palatinus  unendlich  viele  abkürzungen 
enthält,  so  war  sicher  auch  schon  die  hs.  aus  der  er  stammt  mit  ab- 
kOrzungen  geschrieben.  Kai  hat  dort  meist  eine  gestalt,  die  leicht 
mit  Öct'  oder  ülict'  verwechselt  werden  konnte,  immerhin  ist  es 
möglich  y  dasz  nach  dem  ausfall  der  Verbindung  Kai  willkürlich  ein- 
gesetzt worden  ist. 

12,  92  ßouXo^ai  b*  öXita  ^Kar^pouc  dvajüiviicac  Karaßatveiv, 
Toüc  T*  ii  dcieoc  koI  touc  ^k  TTeipaiwc,  \va  idc  u^iv  bid  to  üiu^v 
T€T€VTiM^vac  cujicpopdc  TtapabeiTMaTa  Ixoviec  Tfjv  ipflcpov  qp^priie. 
es  ist  merkwürdig,  wie  lange  oft  eingewurzelte  fehler  unbemerkt 
bleiben ,  auch  wenn  die  Verbesserung  längst  vorliegt,  der  Palatinus 
hat  bid  TOUTOV,  Bekker  hat  dies  mit  richtigem  takt  aufgenommen, 
Frohberger  hat  bid  mit  dem  acc.  der  person  richtig  (zu  12,  58)  er- 
klärt, und  dennoch  schreiben  alle  neuem  hgg.  von  Scheibe  an  bid 
TOÜTUiV.  aber  ist  denn  unsere  stelle  von  13,  46  irgendwie  verschie- 
den, wo  es  heiszt:  dTrociepTiO^VTec  bid  toutov  Tdiv  fibiCTurv?  im 
folgenden  wird  von  den  freunden  des  Eratosthenes  gesprochen :  Kai 
TipdrTOV  fifev  öcoi  dH  ficxeöc  dcre,  cK^ipacG*  ötiüttötoutwv  outui 
ccpöbpa  fipj(ec6e  usw.  was  thut  das  zur  sache?  die  schuld  des  Era- 
tosthenes und  seiner  freunde  und  Verteidiger  wird  im  letzten  teil  der 
rede  oft  genug  durch  einander  geworfen,  sollten  aber  hier  die  ge- 
sinnungsgenossen  bezichtigt  werden ,  dann  durfte  der  redner  nicht 
bid  TOUTiuv  sagen,  was  nur  die  mithilfe  bezeichnen  würde,  sondern 
er  muste  bid  toutouc  gebrauchen,  was  allein  die  schuld  bezeichnen 
kann,  in  dem  augenblick  der  abstimmung  aber  (Tf)V  i|ifi<pov  cp^prire) 
haben  die  richter  weniger  daran  zu  denken,  was  die  freunde  des 
Eratosthenes  gethan  haben,  als  an  die  verbrechen  und  die  schuld  des 
Eratosthenes  selbst,  über  den  allein  abgestimmt  wird,  kurz  vorher 
würde  ich  also  emendieren:  ^r\h*  oiecGe  Kpußbriv  Tf)v  Hiiiqpov 
otceiv  (om.  Pal.)'  q)avepdv  tdp  nä  nöXei  -rtiv  ufiei^pav  tviju^tiv 
iTOirjcei  (Pal.  Troirjceie).  denn  dasz  TTOiTJceTe  falsch  ist,  erkennt 
man  schon  an  u^er^pav,  wofür  ja  doch  ö^eT^pav  auToiv  stehen 
müste,  wenn  q)av€pdv  .  .  iroirjceTe  richtig  wäre. 


AW eidner:  zu  Lyaiaa.  313 

13,  36  ei  liiy  oOv  ^v  Ttj!!  biKacnipCqi  dxpivovTO,  ß<)ib(wc  &v 

dcijiZoVTO  •  &7raVT€C  TQP  ffi>^  ^tViWKÖTCC  fJTC  OÖ  fjV  KOKOO  fj  ITÖXlC,  iv 

iij  oubfev  ?Ti  ibqpeXeiv  dbuvacBe  •  vOv  b'  elc  Tf|v  ßouXf|v  aöroöc  Tf|v 
inX  TUüV  TpidKOVTa  eicdTOuciv.  in  neuerer  zeit  hat  man  viel&oh  den 
satz  4v  (]jj  .  .  ^büvacOe  umgestellt  und  hinter  eicdrouciv  eingerückt 
allein  so  hat  i\  ib  keine  beziehung,  und  was  noch  schlimmer  ist,  der 
gedanke  ist  in  dieser  Stellung  ganz  wirkungslos  und  trennt  cicdrouciv 
von  dem  notwendigen  und  wuchtigen  abschlusz  f)  bk  Kp(cic  TOiauni 
^TiTveTO  usw. ,  einem  gedanken  der  ganz  unmöglich  ist,  wenn  ^v  ijj 
oub^v  f  Ti  ibcpeXeTv  dbuvacOe  vorangeht,  dazu  kommt  dasz  auf  solche 
weise  der  satz  äiravTec  fäp  . .  f)  ttöXic  seine  spitze  und  schärfe  ver- 
liert, denn  was  hilft  die  kenntnis  des  Übels ,  wenn  nicht  das  einzige 
mittel  der  rettung  ergriffen  und  benutzt  wird?  was  ist  nun  der 
sinn?  'die  angeklagten  wären  leicht  freigesprochen  worden:  denn 
ihr  kanntet  den  drohenden  Untergang  der  iröXic  und  konntet  durch 
kein  anderes  mittel  (als  durch  die  freisprechung  der  Strategen)  hilfe 
aus  der  not  gewinnen.'  dieser,  wie  mir  scheint,  notwendige  gedanke 
erfordert  die  änderung  von  (bq)€X€iv  indiqpeXeicOai;  worauf  schon 
dbuvacOe  hinweist:  dv  &  oibky  fTiäXXoiroioGvTCc  dbqpeXeicGat 
dbüvacOe.  die  Verwechslung  von  ibcpeXeiv  und  (bq)€X€TcOai  war  im 
Palatinus  oder  seiner  (^[uelle  sehr  leicht,  und  ebenso  leicht  konnte 
dXXo  7TOiouvT€C  nach  £ti  ausfallen. 

13,  37  ol  jifev  Top  TpidKOvra  dKdOriVTO  im  TiBv  ßdGpwv,  oö 
vuv  ol  TTpuidveic  KaGÄcviai  •  buo  bk  TQ&nelax  iy  tcjj  irpöcGev  tiIiv 
TpidKOVTa  dK6ic9Tiv '  Tf)v  bk  vpfiqpov  oÖK  eic  KabicKOuc  dXXd  q>ave- 
pdv  ^TTi  Tdc  Tpair^Zac  Taurac  fbei  Ti0ec0ai,  t^v  jiifev  KaOaipoöcav 
im  Tf|v  ucT^pav  .  .  .  wie  Tf)V  qificpov  TiGecGai  zeigt,  wurde  nur  6in 
stimmstein,  nicht  etwa  zwei  abgegeben,  es  sind  deshalb  alle  bis- 
herigen versuche  die  lücke  der  Überlieferung  zu  ergänzen  misglückt, 
weil  sie  auf  der  grundform  Tf)V  jüi^v  .  .  Tf)V  bk  beruhten ,  wodurch 
eine  klare  Vorstellung  von  der  sache  nicht  erreicht  werden  kann, 
die  grundform  ist  vielmehr  f)  ipficpoc  KaGaipei  und  f)  ipf\q)OC  ctfifti, 
dh.  war  nur  ^in  stimmstein  abgegeben  worden,  so  konnte  der  unter- 
schied nur  in  seiner  Wirkung  liegen,  ob  die  ipf^qpoc  KttGaipoOca  oder 
cdj2[ouca  war,  oder,  was  dasselbe  ist,  ob  sie  den  stein  auf  den  einen 
oder  auf  den  andern  tisch  legten,  man  legte  den  stein  auf  den  6inen 
tisch ,  wenn  er  eine  Verurteilung  erwirken  sollte ;  wollte  man  aber 
eine  freisprechung  erzielen,  so  legte  man  den  stein  auf  den  rück- 
wärts stehenden  tisch ,  muste  also  an  dem  vordem  tisch  unter  den 
äugen  der  dreiszig  vorübergehen,  daraus  ergibt  sich  dasz  die  par- 
ticipia  als  prädicate  des  6inen  Tf|V  vpfiq)0V  nicht  den  artikel  haben 
können,  sondern  dasz  zu  emendieren  ist:  Tf|V  bk  vpf]qpov  .  .  dirl  Tdc 
Tpan^Zac  Tavjrac  ?b€i  TiGecGai,  inX  Tf|V  juiv  KaGaipoOcav,  cijj- 
Zoucav  b*  diTi  Tf)V  ucT^pav,  in  dUeram  damnantemy  ahsdventem in 
posteriorem,  eine  lückenhaft  überlieferte  stelle  für  'ein  zur  hälfte 
erhaltenes  glossem'  anzusehen  ist  immer  sehr  gewagt,  erst  wenn 
die  lücke  ergänzt  ist ,  kann  die  frage  über  echtheit  oder  fUlschung 


314  AWeidner:  zu  Lysias. 

aufgeworfen  werden,  ich  finde  weder  in  der  form  noch  in  der  sache 
ein  bedenken  gegen  die  echtheit.  die  Überlieferung  von  Tf|V  jüi^v  — 
^TTi  Tf|V  spricht  entschieden  für  die  lauterkeit  des  texies.  denn  wie 
die  modernen  versuche  beweisen,  wüi'de  ein  interpolator  uns  sicher 
ein  Tf)V  iik\  —  Tf)V  bk  hinterlassen  haben,  und  warum  sollte  der 
redner  nicht  den  grausigen  Vorgang  früherer  tjrannei  seinen  richtem 
mit  sinnlicher  anschaulichkeit  vor  die  äugen  führen,  da  von  ihnen  die 
mehrzahl  während  jener  Vorgänge  in  der  fremde  war  und  den 
Sitzungen  des  rates  nicht  hatte  beiwohnen  können?  dazu  kommt 
dasz  die  reden  12.  13  und  25  unmittelbar  nach  der  rückkehr  der 
demokraten  gehalten  worden  sind,  sofort  als  die  neuen  magistrate 
eingesetzt  waren,  ist  es  da  zu  verwundem,  wenn  der  redner  auf  die 
jüngsten  erlebnisse  in  der  stadt  hinweist,  selbst  wenn  er  voraus* 
setzen  durfte,  dasz  alle  seine  zuhörer  von  jener  merkwürdigkeit 
richterlichen  Verfahrens  gehört  hatten? 

13,  40  nuGoM^VTi  b*  ^Keivr]  dqpiKveiTat;  ^^Xav  t€  i^dTiov  i^jüi- 
<pi€Cfi^VTi  .  . .  d)c  elKÖc  fjv  dnl  toi  dvbpi  aurfic  TOiaÜTij  cu|üi<popd 
KCXpYlM^vu).  man  ergänzt  %a\  dTT0K€Kap|i6vri  oder  Kai  dtTTOKeipa^^vii  * 
aber  die  eine  form  ist  nicht  üblich  und  der  aorist  neben  i^|iq)iec^^vii 
unmöglich,  ferner  erscheint  es  mir  kaum  glaublich,  dasz  der  redner 
nur  von  der  äuszem  trauer  und  nicht  auch  von  der  innem  bewegung 
der  seele  gesprochen  haben  sollte,  beide  bedenken  werden  beseitigt, 
wenn  man  KalbebaKpufi^vii  schreibt,  das  wegen  des  gleichen  aus- 
lauts  nach  i^^q)iec|Li^vri  leicht  ausfallen  konnte,  wie  hier  der  redner 
d)c  elKÖc  iii\  Tifi  dvbpi  auific  (=  ijpwus)  TOiaünj  cu^q)op^  Kcxpi]- 
fi^vqj  hinzusetzt,  so  sagt  Isokrates  4,  168  im  \ikv  TaTc  cu|iq)Opaic 
tqTc  und  Tiliv  TToir|TOjv  cuTK€i|i^vaic  baKpiieiv  d£ioöciv,  dXriOivd 
bfe  TrdGTi  TToXXd  Kai  beivd  T^TVÖ^ieva  bid  töv  7röX€)iov  ^<popdiVT€C 
TOCOÜTOU  b^ouciv  iXeeiv,  iöctc  Kai  jiiäXXov  xa»pouciv.  vgl.  femer 
Plutarch  Aem.  Paul.  10  eöpeiv  tö  GurdTpiov  Tf|V  Tcpiiav  bebaKpu- 
ix4vr\\  nach  dem  Vorgang  von  Homer  TT  7  t(ttt€  bebdKpucai,  TTarpö* 
kXcic,  i^üt€  Koüpri  vriTtdi; 

13,  42  Kai  Tq  TwvaiKl  ifl  aÖToO  ^7r^cKT]Trre ,  vofiüliuv  auTf|v 
KU€iv  ii  aÖToO,  iäv  T^VTirai  auifl  Traibiov,  qppdieiv  Tif»  t^vo- 
^i^vui  ÖTi  TÖV  nai^pa  auTOÖ  *AT6paT0C  d7r^KT€iV€.  Frohberger- 
Gebauer  haben  die  Überlieferung  zwar  recht  gut  verteidigt  gegen 
Hamakers  versuch  tiij  T€VOfi^vui  in  auTOi  dvbpi  T^vofi^Viu  zu  ändem, 
wozu  Halbertsma  lectiones  Ljs.  s.  26  vor  T^vrirai  noch  dppev  ein- 
gefügt hat  (nach  Aristoph.  £kkl.  549),  aber  eine  gewisse  tautologie 
bleibt  doch  in  Tifi  T€VO|i^V(fi  neben  iä\  T^VTiTai  bestehen,  diese  wird 
beseitigt,  wenn  man  Y^VTirai  in  xivrirat  (so  der  Palatinus  meistens, 
oft  so  dasz  beide  formen  nicht  zu  unterscheiden  sind),  dh.  T^TViiTat 
umändert,  es  wird  nemlich  im  bedingungssatz  auf  die  vorher  aus- 
gesprochene hoffnung  (vo^(2Iiuv  auTf)V  Kueiv)  zurückgewiesen: 
wenn  sie  wirklich  gebiert,  dh.  wenn  die  ho£fhung  sich  wirklich  er- 
füllt, 80  solle  dem  kinde  gesagt  werden  usw. 

13,  46  oöc  . .  TToiav  xivd  oUcOe  tvuimIV  w€pl  toutou  ^x^iv. 


AWeidner:  zu  Lysias.  315 

.  .  f Ti  bk  Tct  T€ixn  lü  c  KaiecKdcpri,  xai  a\  vfjec  toTc  ttoXc^ioic  irape- 
böOncav.  bekanntlich  kann  übe  weder  von  ot€c6€  noch  von  tcT£ 
(§  44)  abhängen,  beide  structuren  wären  ungriechisch ;  ebenso  wenig 
dürfte  man  ?ti  be  in  iCT€  bk  oder  ^ti  b*  IcTC  ändern  wollen,  von 
Iti  be  an  enthält  die  Schilderung  nur  selbständige  hauptsätze.  in 
diesen  ist  die  unmöglich,  es  kann  aber  auch  nicht  einfach  getilgt 
werden,  ich  vermute  deshalb  üjjliijüc  KaT€CKä(pr|,  nach  §  63  oöc 
oÖTOC  ji^v  diT^KTeivev  ibjiiujc.  der  satz  ferner  ai  vfjec  ToTcTroXe- 
^ioic  TrapeböSricav  (vgl.  18,  5)  zeigt,  wie  §  14  zu  verbessern  ist: 
dvTi  bk  Toö  äXXo  Ti  dTaOöv  rq  TiöXei  eöp^cGai  rdc  xe  vaöc  irapa- 
boövai  ToTc  AaK€bai|iOvioic  Kai  tö  Tiepi  töv  TTeipaiä  leixoc 
irepieXeTv.  denn  der  artikel  vor  AaKebai^ovioic  ist  unmöglich, 
ebenso  unzulässig  aber  ist  es  ihn  einfach  zu  streichen,  der  redner 
will  nicht  nur  sachlich  erzählen^  sondern  auch  seinem  gefühl  des 
Schmerzes  und  der  entrtistung  ausdruck  geben,  wie  18,  6  f^  ^TTibeiv 
xd  xeix^l  Ka0aipoujLieva  xai  xdc  vaöc  xoTc  iroXe^ioic  Trapabibojüievac 
Kai  xö  ujLidxepov  TrXfiSoc  KaxabebouXiü^^vov  (so  richtig  Pal.,  nicht 
KaxabouXoiJjLievov,  denn  die  knechtung  war  schon  vollendet,  als  die 
mauern  niedergerissen  wurden),  es  ist  also  xoTc  AuKebai^ovioic 
aus  xoTc  TT  0  X  €  |i  i  0 1  c  entstanden,  an  der  Stellung  des  dativs  nach 
dem  verbum  ist  kein  anstosz  zu  nehmen,  weil  der  redner  nicht  fort- 
schreitend erzählt,  sondern  in  chiastischer  form  schildert. 

7,  12  ifvj  xoivuv,  ü&  ßouXri,  ^v  fifev  xüj  x^u)C  xpövifj,  öcoi  jüie 
<pdcKOiev  beivöv  elvai  Kai  dKpißfj  Kai  oöbfev  fiv  eiKq  Kai  dXoTicxiuc 
TTOificai,  nTCtvdKxouv  av  fiTcujuevoc  ^dXXov  X€T€C0ai  löc  juci  Trpoc- 
fJKe.  da  f]TOUjLievoc  in  dieser  Verbindung  unmöglich  ist,  schreibt 
man  seit  Scheibe  nach  Sauppes  Vorschlag  allgemein  aipou|i6VOC  ^oX- 
Xov,  kaum  mit  recht,  da  ein  jLidXXov  aipeicGai  das  dipavaKxeTv  nicht 
genügend  motiviert,  es  scheint  als  ob  der  redner  nur  die  formel 
jLidXXov  xoO  TrpocrjKOVxoc  oder,  weil  mehrere  gute  eigenschaften 
genannt  waren,  fidXXov  xiLv  TTpocTiKÖVTUJV  umschreiben  will,  dem- 
nach würde  zu  corrigieren  sein:  f]YOUjLi€VOC  jidXXov  X^xecGai  iLv 
^01  irpocfiKe.  denn  in  XefOfiai  xi  ist  xi  accusativ,  also  ist  in  d  ^oi 
TipocfJKe  XeYCcGai  die  grundbedingung  der  attraction  gegeben,  ganz 
ähnlich  ist  Isokrates  15,  145  TToXuxeX^cxepov  XeXeixoupTnKa  div 
Ol  vojLioi  TTpocxdxxouciv ,  und  bei  Lysias  7,  31  scheint  mir  Beiske 
das  richtige  getroffen  zu  haben:  xd  ^|iOi  TTpocxexaYM^va  fiiravxa 
7rpo9u|Li6xepov  TreTTOiriKa  Oüv  (Pal.  ibc)  üttö  xflc  TröXewc  ^vaTKCtZö- 
)aT]V,  dh.  im  Verhältnis  zu  dem  wozu  ich  vom  gesetz  gezwungen 
wurde,  dagegen  19,  50  ist  zu  corrigieren:  ibc  Alöxi^OC  Ix^i  xdXavxa 
xexxapdKovxa  TiXeiuj  iLv  Xaßeiv  auxöc  ujfioXÖTei. 

7,  18  ^jLioi  XOIVUV  xouxuüv  oi  fiev  cpiXoi  oi  bk  bidqpopoi  irepi 
xujv  djiUJV  xuYXdvouciv  övxec.  es  ist  in  der  that  wunderbar,  wie 
schlechte  nachbam  der  redner  hatte,  die  nach  obigem  Wortlaut  immer- 
fort ansprueb  auf  sein  eigentum  machten,  aber  noch  wunderbarer 
ist  es,  dasz  man  solche  Sinnlosigkeiten  fort  und  fort  in  Schulausgaben 
verbreitet,    was  Lysias  geschrieben  haben  musz ,  zeigt  Thukydides 


316  AWeidner:  za  Lysias. 

VI  88  ToTc  fifev  'A0Tivaioic  eövoi  fjcav  (o\  Ka^apivaioi) ,  TrXfjv  kqG* 
öcov  €lTf|vCiK€X(av  tljovTO  aÜTOuc  bouXtücecGaijTOic  bk  CupaKOcioic 
d€i  KaTOi  TÖ  ö^opov  bidcpopoi.  es  ist  also  irepi  tö  Sjüiopov 
herzustellen,  wahrscheinlich  ist  OMOPON  in  OMON  und  dieses  in 
6M0N  übergegangen,  und  der  artikel  muste  sich  bequemen,  zumal 
da  er  im  Palatinos  in  der  regel  nur  abgekürzt  erscheint,  aber  auch 
in  einem  altern  exemplare  konnte  aus  too^  leicht  twv  werden,  und 
iT€pi  für  KOTOi  mit  accusativ  ist  durchaus  Ljsianisch,  zb.  10,  21  ifix) 
Toöv  beEatjiriv  fiv  irdcac  idc  dciribac  dppiqp^vai  f\  TOiaÜTTiv  tvui- 
^Tiv  ix^iv  Trepl  TÖv  Trai^pa,  wo  irepi  tivoc  dem  Tvuifiiiv  ix^w  eine 
active,  also  umgekehrte  bedeutung  verleihen  würde. 

7,  29  beivöv  bi  ixox  boxei  cTvai  ufiäc  }xkv . .  ^rjG'  djc  dTrcpToZö- 
fievov  7Ti&7roT€  lT]^\wca\  ^rjO*  djc  dcpavicavia  eic  Kivbuvov  Kaia- 
CTf\cai,  toOtov  b\  8c  oöie  T€ujpTiuv  ^ttuc  Tirrxdvei  oöt*  ^Tri^eXi]- 
Tf|c  ^pTm^voc  oöO*  fiXiKiav  ixwy  eibiyfax  ncpl  tuiv  toioütiüv, 
dTTOTpdHiai  ^e  iffvc  ^opiav  dq)avi2[€iv.  das  sinnlose  iff^^  &°^ 
ende  der  periode  haben  alle  hgg.  fallen  lassen,  vielleicht  mit  durch 
die  thatsache  bestimmt,  daez  im  Palatinus  nicht  selten  einzelne  Wörter 
aus  der  obem  in  die  nächste  zeile  eingedrungen  sind,  auf  den  ersten 
blick  erscheint  freilich  trfvc  nur  als  müszige  Wiederholung;  aber 
siebt  man  genauer  zu ,  so  musz  man  bekennen ,  dasz  die  lang  aus- 
gedehnte und  regelmäszig  gegliederte  periode,  wenn  man  ^TT^C 
streicht,  viel  zu  kurz  und  schroff  abfüllt,  dasz  ^opiav  dq)av(2[€iv  für 
sich  eine  zu  wenig  sinnliche  Vorstellung  gewährt  und  mit  dem  voraus- 
gehenden Y^^PT^V  ^YT^c  in  keiner  beziehung  steht,  darum  halte 
ich  dafür,  dasz  ^TT^^C  nicht  gestrichen,  sondern  emendiert  werden 
musz.  gibt  man  dies  zu,  so  kann  man  in  ^yTuc  kaum  etwas  anderes 
finden  als  £k  yfid  das,  wie  häufig  in  inschriften,  vielleicht  ursprüng- 
lich assimiliert  iTV\^  geschrieben  war.  bekanntlich  bedeutet  ffl  ohne 
artikel  dasselbe  wie  fundus^  grundstück  oder  auch  grundbesitz,  vgl. 
19,  29  xoXcTröv  .  .  olKiav  t€  TrevrriKOVTa  ^väv  TrpCacOai  t^c  t€ 
ttX^ov  ^  TpidKOVTa  nX^Opa  KrrjcacGai ,  und  unmittelbar  hinter  ^€ 
musz  yfi  *mein  grundstück'  bedeuten,  damit  bekennt  sich  der  redner 
als  T^iupTWV,  während  der  kläger  nicht  ^TTV^c  T^uipriJüV,  dh.  weder 
Y€UJpTii)V  noch  dK  TUIV  T^iTÖviuv  ist 

7,  30  ^Tw  Toivuv  b^o^ai  u)iujv  |Lif|  touc  toioutouc  Xöyouc 
TTicroT^pouc  fiTrjcacGai  täv  fpTU)v,  ^ribfe  uepl  drv  aurol  cuvicie, 
toOt'  dvacx^cOai  rdiv  i\vm  dxOptüv  Xctövtiuv.  die  erklärer  lassen 
Taur'  von  Xctövtwv  abhängen ,  aber  dann  ist  TaOra  Xctövtuiv  nur 
eine  müszige  Wiederholung  von  touc  toioutouc  Xöfouc.  ferner  der 
gedanke  'was  die  richter  selbst  wissen  ,  davon  sollen  sie  die  feinde 
des  angeklagten  nicht  reden  lassen'  ist  doch  auch  nicht  eben  fein ; 
vernünftiger  ist  es  zu  sagen  Vas  ihr  selbst  wiszt  und  kennt,  davon 
laszt  euch  von  meinen  feinden  nicht  das  gegenteil  vorsagen,  denn 
ihr  müst  ja  wissen,  dasz  es  nur  lügen  sind.'  also  ist  TauT*  dva- 
cx^cOai  aus  TdvavTi*  dvacx^cOai  entstanden. 

Die  letzte  stelle  erinnert  an  ein  ähnliches  Verderbnis  im  scblusz 


A Weidner:  zu  Lysias.  317 

der  rede  gegen  Agoratos  (13) ,  der  in  der  Überlieferang  also  lautet : 
^äv  ouv  Tct  ^vavTia  toTc  X'  ipriqpiZricOe,  irpaiTOV  jn^v  oux  6|LiöipTi(poi 
TiTvecGe ,  äneua  toTc  ufiex^poic  aöi&v  cpiXoic  t€tijliu)PT1köt€c  f C€- 
c0€,  ?7T€iTa  ToTc  ttSciv  öv9pd)7TOic  b6S€T€  biKQia  KQi  öciQ  ipriqpi- 
cacOai.  es  bedarf  nicht  der  nähern  begründung,  dasz  erstens  \|ir]q){- 
lr\cQ€  für  ipricpiCTicGe  falsch  ist,  vgl.  12,  100  öcoi  jn^v  fiv  toütiüv 
äTTOipriqpicTicOe,  zweitens  dasz  in  einem  bedingungssatze  nicht  bedin- 
gung  und  folge  identisch  sein  können ,  drittens  dasz  YiTVCcOe  nicht 
auf  6iner  linie  mit  dem  futurum  tertium  oder  fut.  exactum  stehen 
kann;  dasz  aber  dieses  von  TiTVOfiat  nicht  T€T€Vi^co|Liat ,  sondern 
€cofiai  lautete,  zeigt  Piaton  Parm.  141 «  oöt'  JireiTa  T€vric€Tai  oöt€ 
T€VTi0r|ceTai  oux'  ^ciai  *  viertens  dasz  das  zweite  f TTCixa  aus  {irixe, 
dh.  aus  ^xt  b^  entstanden  sein  musz.  ich  denke  mir  deshalb  den 
epilog  also:  ^ctv  ouv  xaöxa  \|iTi(picT]c0€,  Trpiüxov  fiev  xoTc  xpidKOvxa 
oux  öix6\\fr]q>o\  t*  f  c€c0e,  fireixa  xoTc  öjuexdpoic  auxiöv  <p(Xoic 
xexifiujpriKÖxec  fc€C0€,  f  xi  bfe  xoic  iräciv  dv0piIjTroic  böHexe  biKata 
Kai  öcia  i|iTi(ptcac0at. 

7,  34  fidpxupac  fäp  f  x^v  (Pal.  irap^x^J^v)  auxtD  TrpocfiX0ov, 
X^T^v  öxi  fioi  TTQVxec  clciv  (=  ndpeiciv?)  o\  ©epdTrovxec  oOc 
dKCKxrifinv  ^Tieibfi  TTap^Xaßov  xö  x^jp^ov,  Kai  Ixoifioc  €itiv  (Pal. 
%Tiv),  elxiva  (xivac  nach  §  37)  ßouXoixo  irapabcövai  ßacaviZietv, 
f]Toi3jLievoc  ouxuic  av  xöv  JXerxov  lcxup6x€pov  T€v^c0ai  xujv  xoO- 
xou  XöifuiV  KQi  xuüv  ?pTUJV  xiüv  ^fiiüv.  man  erklärt  die  letzten 
Worte  also:  'die  folterung  wird  eine  sicherere  (?)  Untersuchung  (?) 
sein  über  das  was  er  sagt  und  das  was  ich  that',  läszt  also  die  geni- 
live  XÖTUJV  und  ?pYUJV  von  f Xeifxoc  abhängen,  das  verbietet  aber 
die  Wortstellung  und  der  sinn :  denn  der  beklagte  hat  ja  keinen 
eXeifxoc  IpTUJV  geliefert,  da  icxvjpöxepov  T€V^c0ai  nur  vincere  oder 
superare  bedeuten  kann ,  so  müssen  XÖYUJV  und  f pipuJV  genitive  der 
vergleicbung  sein,  aber  wie  konnte  der  beklagte  seine  eignen  f  pTCt 
überbieten?  denn  sollten  ipfo.  'thatsachen'  sein,  wie  Heldmann 
meinte,  dann  durfte  nicht  xujv  iix6j\  hinzugefügt  sein,  die  stelle 
wird  sonnenklar,  wenn  man  an  §  39  denkt:  ^TVUiK^vai  jLifev  (Pal. 
i^uj  ju^v)  ujuäc  fiYoöjLiai  6xi  NiKÖjiiaxoc  uttö  xOüv  dxÖpuJV  (om.  Pal.) 
7T€ic9eic  xu)v  ^juuiv  xoOxov  xöv  öyOüva  dtuiViCexai.  hinter  dem 
kläger  stehen  die  feinde  des  beklagten,  dieser  hat  also  mit  dem 
kläger  auch  seine  feinde  zu  überwinden,  und  dieses  rcsultat  erhofft 
er  von  der  aussage  seiner  sklaven  auf  der  folter.  es  ist  also  sicher 
zu  emendieren:  f]YOiJ|Lievoc  oöxu)C  Sv  xöv  fXeifXOV  (die  aussage) 
kxupöxepov  T€vec0ai  xiuv  xouxou  Xötuüv  kqi  xujv  ^x^pwv  xujv 
^juujv.  man  beachte  dasz  er  nicht  Ktti  .  .  Kai,  sondern  nur  Kai  com- 
pletiv  gebraucht,  weil  ja  die  dx0poi  im  verfahren  nicht  offen  als 
partei  hervorgetreten  waren,  das  wort  ^x^pöc  hat  dem  Schreiber 
der  hs.  Schwierigkeiten  gemacht:  denn  25,  18  findet  sich  ^K  xoO  für 
eX0pouc  und  7 ,  39  ist  entweder  ^x^P^v  nach  uttö  xüüv  ausgefallen 
oder  iiTTÖ  xOüv  aus  utt*  ^x^P^liv  verstümmelt,  dasz  §  39  i'X\h  juifev  aus 
^TVUJKevai  jLiev   verschrumpft  und  nicht  ^ifuj  fifev  ^TVUJK^vai   zu 


318  AW eidner:  zu  Lysiae. 

schreiben  ist,  beweist  der  umstand,  dasz  zu  ^TU)  jii^v  der  gegensatz 
fehlt  und  §  40  mit  iy\jj  bi  beginnt. 

16,  13  dTT€tbf|  irävTQC  ^lupujv  TOtc  jiA^v  linT€uouctv  dcq>dX€ictv 
elvaibeiv  vo^iiCovrac,  toTc  b*  ÖTiXiraic  Kivbuvov  fiTouju^vouc  .  . 
TTpoceXGibv  ?<pTiv  (fxi  Pal.)  xqj  "OpOoßouXiu  dSaXetipai  jue  ^k  toO 
KaxaXÖTou,  f|TOÜjLievoc  alcxpöv  dvai  toö  irXriGouc  ^^XXovtoc  kiv- 
buv€U€iv  äbetav  ^lüiauTqj  irapacKCudcavTi  CTpareuecOat.  der  paral- 
lelismus  von  V0|iJit2[0VTac . .  f)TOU|iJi^vouc  entspricht  dem  stil  des  Ljsias, 
aber  er  ist  nur  denkbar,  wenn  jedem  participium  ein  infinitiv  bei- 
gegeben ist.  es  mnsz  deshalb  vor  f)irou|iJi^vouc  ein  infinitiv  ausge- 
fallen sein ,  etwa  ^(pecrdvat.  femer  ist  elvai  b€iv  augenscheinlich 
verdorben,  ich  nehme  an  aus  i\br[  elvai.  dann  aber  ist  £(pr]V  ebenso 
wie  eliTOV,  das  man  vermutet  hat,  eine  unrichtige  ergänzung:  denn 
TrpoceXOiüV  darf  von  seinem  dativ  nicht  getrennt  werden,  wo  der 
dativ  fehlt,  wie  §  16  TrpoceXGuiv  ^tui  töv  xaEiapxov  dK^eiiov 
dxXripuJTt  Tf)V  f||Li€T^pav  rdStv  ir^juirctv ,  liegt  eine  Verderbnis  aus 
TrpoeXOuJV  vor:  denn  Mantitheos  trat  aus  der  linie  hervor  und 
stellte  die  forderung  an  den  taxiarchen  frank  und  frei,  dazu  passt 
das  verbum  ^KAeuov,  das  mir  auch  §  13  das  einzig  passende  zu  sein 
scheint:  natürlich  musz  es  vor  iK  ToO  xaTaXÖTOU  gestellt  werden, 
endlich  Irx  ist  nichts  anderes  als  dK,  das  am  rande  nachgetragen 
war,  beim  abschreiben  aber  in  die  unrichtige  stelle  eingerückt  wurde: 
es  gehört  vor  CTpaT€U6c9at ,  da  es  hier  sich  um  einen  auszug  gegen 
den  feind  handelt  die  ganze  stelle  würde  demnach  lauten :  ^Tretbf) 
irdviac  diupwv  xoic  jn^v  iTTTreuouciv  dccpdXetav  hi\  elvai  vojiii- 
Zovrac,  toTc  b'  ÖTiXiiaic  Kivbuvov  <d<p€CTdvai)>  f|Tou^^vouc  . .  ifib 
TrpoceXGiüv  tuj  *Op9oßoüXiü  d£aX€ti|iai  ixe  <dKA€uov>  ^k  toO  xaia- 
XÖTOu,  f|Toii)ui€VOc  alcxpöv  clvai  toO  TrXriGouc  jla^XXovtoc  Kivbu- 
veuetv  dbetav  dfiaurijj  TrapacKeudcavr*  dKCTpareuecOai. 

19,  29  Tiva  ydp  oTecGe  (piXÖTijuov  ^ikv  flvxa,  diriCToXÄv  b* 
auTijj  f|KOuca»v  Trapd  toO  iraipöc  juribevöc  (^TlbfevPal.)dTropric€lv  ^k 
Küirpou,  ^pTiM^vov  bt  irpecßeurfiv  Kai  fi^XXovia  irXeiv  ibc  Gua- 
YÖpav,  ÖTToXiTT^cSai  (Pal.  uTioXemecOai)  dv.Tixiüv  flvxuiv;  die  worte 
£k  KuTipou  sind  nicht  ein  willkürlicher  falscher  zusatz,  sondern  nur 
die  falsche  lesung  der  worte  €K€iTrpoc,  denn  der  redner  sagte :  ^r]b€VÖc 
diTopriceiv  dK€T,7rpocijpTm^vovbt  TTpecßeuxTjv. 

19,  38  hat  die  ha.:  vöv  xoivuv  €t  bTijiJi€Üc€xe  xd  xoO  TifioG^ou 
—  b  ixi\  T^voixo,  €l  ^r|  xi  ^^XXet  ^xifa  draOöv  fcecOat  x^  iröXei  — 
dXdxxuj  i.äv  iE  auxujv  Xdßoi|||  xf|v  ^k  xa»v  'Apicxoqpdvouc  T€T^VTixai, 
xoöxo  lv€Ka  T^iioöxe  xouc  dvatKaiouc  xoüc  ^kcivou  xd  cqp^xcp* 
auxiüV  dTToX^cai;  es  würde  verlorene  mühe  sein  die  ganze  stelle 
nochmals  eingehender  zu  besprechen,  da  es  sich  nur  um  vorschlage 
handeln  kann,  setze  ich  meine  Vorstellung  einfach  hierher:  vOv  xoi- 
vuv el  bri^ieucaixe  xd  TifioG^ou  —  6  ^iif)  t^voixo,  et  ^ri  xi  jii^XXei  ^xi'x' 
dXXo  KQKÖv  ?c€c0ai x^  TTÖXci  —  dXdxxui  fiv  iE  aöxiüv  Xaßövxec 
f\  iK  xiüv  *Apicxo(pdvouc  TCT^vnxai,  xoüxiuv  ?v€Ka  i^ioöxe  usw. 
zu  beachten  ist,  dasz  in  der  hs.  iav  für  dv  sich  nicht  selten  findet, 


A Weidner:  zu  Lysias.  319 

zb.  24 ,  18,  und  dasz  toutujv  Ivexa  bedeuten  würde  *um  dieser  ge- 
ringem (dXäTTUü)  summe  willen',  jedenfalls  ist  keine  Veranlassung 
XäßoiTC  zu  schreiben  und  damit  dem  redner  einen  grammatischen 
verstosz  aufzubürden. 

19,  57  eici  bi  Tivec  ol  TTpoavaXicKOviec  oö  ^övov  toütou 
?veK€V,  dXX'  iva  äpxeiv  \j<p'  ujuiujv  dEiu)9^VT€c  biirXdcia  KO)üiicu)VTat. 
das  pronomen  toütou  hat  im  vorausgehenden  keine  stütze  und  keine 
beziehung.  darum  möchte  ich  nicht  mit  Hertlein  ou  und  dXXd  tilgen 
und  jLiövou  TOÜTOU  schreiben :  das  heiszt  nicht  emendieren ,  sondern 
zurechtschneiden ;  vielmehr  glaube  ich  dasz  toütou  aus  TOUKOtvou 
entstanden  ist.  Miese  leute  bringen  ihre  opfer  nicht  allein  um  des 
gemein  Wesens  willen ,  sondern  in  der  bestimmten  absieht  im  besitz 
der  ämter  sich  doppelt  zu  entschädigen.' 

19,  62  Ktti  vuv  ÖTTÖ  TUJV  ÜTToXoiTTUJV  TpiT]papxa»  liky  ifdjy 
TpiTipapxiJuv  b*  6  TTQTfip  d7T^0avev,  ircipdcofiai  b*,  ujcirep  KdKcTvov 
(Pal.  et  ^KeTvov,  etwa  Jti  ^k€ivov?)  diiupuiv,  öXita  KQTd  jniKpöv 
TTapacK€udcac8ai€ic Tdc KOtvdc uJcpeXeiac.  der ausdruck trapa- 
CKeudcacGai  im  sinne  von  parare  ist  an  sich  wenig  klar  und  läszt 
die  beziehung  auf  das  vorhandene  familienvermögen  vermissen,  ich 
glaube  deshalb,  dasz  ursprünglich  an  der  stelle  irpoCKTl^cacOat 
gestanden  hat:  vgl.  Isaios  6,  38  tOüV  t€  dpxatu)V  ixr{biv  TipaOrivat 
Ttüv  Te  Ttpocöbujv  TTcpiTTOieTv,  UJCT€  dci  Ti  TTpocKTttcGai.  L7siasl2,39 
TTÖXiv  nv  Tiva  TOiaÜTTiv  TTpoccKTricavTO.  Lykurgos  §  67  f|vtKa  oüb' 
dv  eic  TTpocKTTJcacÖai  oübfev  dv  ilr\Tr]cev ,  ebenfalls  von  dem  kauf- 
männischen erwarb. 

25,  1  TU)v  bi  KttTTiTÖpiüv  0au|LidZ!uj,  6ti  (o'i  Pal.)  djiieXouvTec 
TiJüv  oiKeiiüv  Tuiv  dXXoTpiiüv  ^mfieXouvTar  o'i  cacpuic  eibÖTCC  toüc 
fiTibev  (Pal.  ju^v)  dbiKOuvTttC  KQi  TOÜC  TToXXd  i.Br\ixapTr\K6Tac 
lr\To\)c\  Kcpbaiveiv  judXXov  (om.  Pal.)  fj  üfidc  nexQexv  Tiepi  dudv- 
TU)V  f]|Liujv  Tf)V  fVtüjLiTiv  TaÜTT]V  ^X^iv.  die  richtigkeit  meiner,  wie 
ich  glaube,  sehr  einfachen  Verbesserung  ergibt  sich  aus  folgender 
entwicklung  der  gedanken  des  redners.  wenn  die  richter  so  häufig 
die  aufhetzereien  der  sykophanten  hören,  die  den  Städtern  alle  ver- 
brechen der  dreiszig  zuschieben,  so  ist  es  begreiflich,  wenn  sie 
schlieszlich  auf  alle  städter  ohne  unterschied  erbost  werden,  aber 
bei  den  anklägern  ist  es  anders,  wenn  diese  sich  in  fremde  ange- 
legenheiten  mischen,  dh.  andere  anklagen,  während  sie  selbst  unheil 
üben,  so  bezwecken  sie  nicht  im  ernste  mit  ihren  hetzereien  die  richter 
zu  der  genannten  anschauung  über  die  städter  zu  führen,  sondern 
sie  wollen  vielmehr  nur  ihr  eignes,  gutes  geschäft  machen,  die 
masse  ist  im  irrtum ,  und  irrtum  ist  verzeihlich ,  aber  die  ankläger 
handeln  nicht  im  irrtum,  sondern  aus  bosheit  und  crassem  egoismus, 
dh.  aus  Schlechtigkeit,  und  Schlechtigkeit  ist  nicht  verzeihlich,  der 
häufige  gebrauch  von  fidXXov  f|  bei  Lysias  im  sinne  von  oÜK  —  dXXd 
ist  bekannt  und  bedarf  keines  beleges  mehr,  dasz  nach  Oaufldlui 
ÖTi  und  nicht  o'i  zu  schreiben  ist,  zeigt  der  gegensatz  der  thatsachen: 
euer  verfahren  ist  nicht  auffallend,  wunderbar  dagegen  ist  die  that- 


J 

•  I 


320  AWeidner:  zu  Lysiaa. 

Sache,  dasz  die  sykophanten,  selbst  allt&gliche  Verbrecher,  unschul- 
dige männer  des  Verbrechens  bezichtigen,  der  folgende  relativsatz 
(es  oiiTOt  Tdp)  enthält  dazu  die  ausführung  und  erläuterung. 

25,  9  fvioi  bk  T&v  ^KCivouc  ^KßaXövTUJV  aÖToiaÖTOic  xuiv 
xpidKovra  dT^vovro.  nach  aiioX  ist  aOOtc  nicht  möglich,  zumal  da 
die  redner  in  solchen  fällen  iräXtv  gebrauchen,  ich  glaube  dasz  in 
aÖToi  auToTc  ein  stärkeres  wort  zu  suchen  ist,  das  die  handlungs- 
weise  des  Theramenes,  das  |iJi€TaTi6€c6at  iv  tx}  TToXiTeicjt,  scharf 
charakterisiert ,  wahrscheinlich  aÖTO|iJioXoOvT€C,  wenn  nicht  gar 
aÖTÖ^oXot,  vgl.  Aischines  3,  75  oi  cu)üi|iA€TaiTiTrT€t  toTc  aOTOiioXoO- 
civ  iv  Tfi  TToXiTcicjt.  2,  79  Kai  aÖTOfioXÄcai  |li€  <p^c  auröc  fiiv  dvbpa- 
Trobu)biic  Ka\  ^övov  oOk  kTiTfii^voc  [aÖTÖfHoXoc].  das  ist  freilich 
eine  spräche,  die  dem  Deinarchos  näher  steht  als  dem  Ljsias,  aber 
das  einfache  auTO)üioXoGvT€C  würde  dem  Charakter  des  Ljsias  nicht 
widersprechen. 

25,  11  öcot  iiA^v  iv  Txji  briMOKpaTicjt  &T\ixo\  fjcav  eöOuvac  bebuj- 

KÖT€C  f\  tOüV  flVTUJV  ÖTTeCTepTlfldvOl  f\  fiXXlJ   Tivl  CUfKpOpd  TOtaUTI] 

KexpilM^VOt.  würde  es  nicht  am  einfachsten  sein  vor  euÖOvac  die 
negation  ouk  einzusetzen?  denn  wer  sich  zur  rechenschaftsablage 
nicht  stellte,  verfiel  der  atimie,  wenn  er  nicht  gar  in  contumaciam 
zum  tode  verurteilt  wurde,  wie  zb.  Philokrates. 

23,  3  ^XGibv  in\  tö  KOupeTov  tö  irapa  touc  '€p^dc,  Iva  o\ 
AcKeXeic  irpoccpoiTiuciv,  i^piüTUiv.  dasz  Lysias  hier  tva  im  sinne 
von  ol  oder  öttoi  gebraucht  haben  soll,  ist  ein  alter  Irrtum,  der 
artikel  vor  AeKcXeTc  ist  hier  unmöglich,  da  ja  die  genossenschaft 
hier  nicht  gemeint  sein  kann,  und  in  der  hs.  steht  klar  und  deutlich 
dpfLiactvä  ol  A€K€X€tc.  es  ist  also  zunächst  oT  AcKcXetc  Trpoccpoi- 
T(£)civ  sicher  gestellt,  was  ist  aber  in  dpfiacivd  enthalten?  sicher 
nicht  \va.  man  kOnnte  wohl  an  eine  corruptlon  von  '€pfia6r|vac 
denken,  aber  dann  müste  auch  touc  in  Tdc  geändert  werden,  dazu 
waren  die  Hermathenen  kaum  so  zahlreich  vorhanden  und  fanden 
sich  wahrscheinlich  nur  in  palästren  und  gymnasien.  einfacher  wird 
es  sein  in  )üiac  tvd  eine  dittographie  zu  finden,  ist  das  aber  nicht 
richtig ,  so  bleibt  die  annähme  übrig ,  dasz  in  tvä  der  rest  eines 
namens  enthalten  ist,  etwa  des  damaligen  oder  frühem  besitzers  der 
genannten  Hermen,  sicher  ist  so  viel,  dasz  iva  für  ol  ein  solöcis- 
mus  ist,  der  dem  Lysias  ohne  jeden  grund  aufgebürdet  wird. 

24,  13  KaiTOt  €l  toOto  Treicei  rivdc  u^ujv,  ih  ßouXrj,  ri  |li€ 
KUjXu€t  KXripoOcOai  tuiv  ivyia  dpxövTuiv,  xal  ufiidc  i^ov  }xi\  dq>€X^- 
cOai  TÖv  ößoXöv  übe  ÖTiaivovTOc,  toutiü  5t  ipTiq>icac9anTdvTac  übe 
dvamipiu;  mit  dem  letzten  kolon  lastet  man  dem  redner  einen 
lächerlichen  scherz  auf,  der  noch  viel  schlechter  ist  als  jener,  den 
man  früher  in  §  21  herausgeklügelt,  jetzt  aber  glücklich  beseitigt 
hat.  wäre  in  den  Worten  wirklich  der  gedanke  enthalten:  Venn 
er  euch  das  einredet,  so  könnt  ihr  alle  ihn  ebenso  gut  selbst  für 
einen  krüppel  erklären  und  ihm  den  obolos  zuweisen',  dann  passt 
dazu  die  folgende  begründung  ou  tdp  brJTTOU  töv  auTÖv  O^etc  ^iv 


A Weidner:  zu  Lysias.  321 

ibc  buvdfievov  d(paipr)cec6e  rd  biböfievov,  ol  bk  decfioO^Tai  übe 
äbuvarov  dvra  KXripoOcOat  KUiXOcoucw  wie  wasser  zu  feuer :  denn 
der  erläuternde  satz  spricht  nur  von  dem  invaliden,  nicht  vom  gegner. 
die  emendation  des  angeblichen  witzes  ist  glücklicherweise  sehr  leicht 
aus  dem  Sachverhalt  zu  finden,  wer  an  der  erloosung  eines  amtes 
teilnehmen  wollte,  muste  sich  bei  den  thesmotheten  melden,  fanden 
diese ,  dasz  der  candidat  zur  ausübung  des  amtes  körperlich  unfiUiig 
war,  so  hatten  sie  das  recht  ihn  von  der  beteiligung  am  loose  aus- 
zuschlieszen.  wenn  nun  aber  der  invalide  eben  vom  rate  für  buvaröc 
erklärt  worden  war,  was  konnten  dann  die  thesmotheten  thun^  wenn 
er  sich  zum  loos  um  ein  amt  meldete  ?  konnten  sie  ihn  jetzt  dennoch 
ausschlieszen?  das  recht  hatten  sie  wohl,  aber,  sag^  der  redner,  sie 
würden  sich  gewis  nicht  in  Widerspruch  setzen  mit  dem  beschlusz 
des  rates,  und  der  invalide  würde  zum  loose  zugelassen  werden, 
wenn  nun  der  invalide  wirklich  das  amt  erlooste,  dann  käme  er 
wieder  zur  dokimasie  vor  den  rat.  wie  wollten  sie  ihn  dann  abweisen 
(äTTobOKt|Lid2[€tv)  ?  sicher  würden  sieallewieaus6inemmunde 
(irdvTac)  ihn  für  einen  dvdTT7)poc  erklären  und  ihm  damit  direct 
oder  indirect  den  obolos  wieder  zuerkennen  (ipri9i£€c6ai).  während 
man  also  bisher  in  irdvTec  einen  fehler  finden  zu  dürfen  glaubte^ 
ergibt  sich  aus  dem  verlauf  der  sache,  dasz  gerade  dieses  wort  be- 
deutungsvoll und  unentbehrlich  ist.  der  fehler  liegt  allein  in  tout()I, 
das,  wie  noch  öfter  in  der  hs.  des  Lysias,  mit  TÖre  verwechselt  wor- 
den iät.  deutlicher  noch  würde  der  gegensatz,  wenn  auch  vOv  statt 
iixov  stände:  KQi  ufiäc  vO V  ji^v  dcpeX^cSm TÖv  ößoXöv  d)c  utiaivov- 
Toc,  TÖie  bk  ipriqpicacGai  irdviac  ibc  dvaTtrjpqj.  zulässig  wäre  auch 
Ktti  Ujudc  djLioö  vöv  ixi'v  USW.,  aber  dadurch  würde  gegenüber 
UJC  dvQTTripuj  die  concinnität  gestört,  die  Verwechslung  von  vOv 
)Li€V  und  ^fioC  ixkv  ist  ähnlich  wie  10,  1  die  vertauschung  von  Ufiujv 
und  vuvi. 

24,  14  dXXd  tdp  oute  ujueic  toutijj  Tf|v  auTfjv  fx^TC  TViifiriv 
ou9*  oijTOC  €0  TTOiOuv.  es  scheint  mir  verfehlt  zu  sein  €Ö  ttoiuiv  in  eu 
(ppovüüv  oder  eil  qppovei  ändern  zu  wollen :  denn  die  ungleichmäszige 
gliederung  des  gegensatzes  weist  deutlich  auf  den  ausfall  eines  verbums 
hin,  zumal  in  solchen  gegenüberstell ungen  Lysias  das  verbum  zu  wie- 
derholen pflegt,  vgl.  Eauchenstein  zu  16, 13.  welches  wort  ausgefallen 
ist,  darüber  kann  man  nicht  zweifelhaft  sein,  da  der  redner  §  18  in  der 
folgerung  wieder  auf  seine  these  zurückkommt :  UJCT€  liOi  bOK€t  Ö 
KQxriYopoc  emeiv  irepi  Tfjc  djiific  ößpeuic  (wie  eben  auch  vorher  von 
der  körperlichen  gjesundheit)  ou  C7T0ubdZ!u)V,  dXXd  TraiCuJV. 
das  wort  C7TOubd2!ei  ist  nach  eu  Troiujv  ausgefallen  (vgl.  darüber 
ßebdantz  im  index  zu  Demosthenes  u.  'particip'  s.  269),  weil  €U7T0l 
und  CTTOU  in  der  schrift  sehr  ähnlich  sind,  so  dasz  ja  sogar  12,  52 
cuvouciav  für  euvoiav  steht,  ich  hatte  mir  diese  Vermutung  längst 
notiert,  als  ich  bei  Halbertsma  *lectiones  Lysiacae*  s.  50  folgendes 
las:  ^ceterorum  coniecturis  longo  praestat  ea  [sie]  Naberi,  qui  mihi 
per  litteras  communicavit ,  sibi  videri  librarios  lacunam  olim  male 

Jahrbücher  t  ilr  class.  philol.  1863  hft.  5  u.  6.  21 


322  A Weidner:  zu  Lysias. 

suppleyisse  suo  eO  irotdiV;  cum  Ljsiae  manus  foisset  CTTOubdZcu' 
in  der  wähl  des  verbums  trafen  wir  also  zusammen ,  sonst  aber  ist 
meine  Verbesserung  der  stelle  sachlich  und  methodisch  yon  der  an- 
schauung  Nabers  wesentlich  verschieden. 

25,  15  if\jj  Totp  TOtouTOv  ^fiauTÖv  iv  rate  Tf)c  TröXeuic  cuji- 
q)opatc  irapdcxov  dicTC ,  €l  Trdvrec  'rfiv  aÖTf|v  tvi(>|liiiv  ?cxov  d^oi, 
jüirib^va  &v  öfiuiv  Mni^CM^^  KCXpficOat  cujiKpop^.  statt  K€xpi)cdat  oder 
Xpi^cacOat,  was  man  ebianfalls  an  dieser  stelle  versucht  hat^  bietet 
die  hs.  nur  XP^cOai.  diese  lesart  scheint  man  mit  unrecht  aufgegeben 
zu  haben,  denn  der  redner  will  nicht  togen ,  dasz  niemand  damals 
ein  Unglück  gehabt  hätte,  sondern  dasz  niemand  jetzt  einen  Unfall 
zu  beklagen  hätte:  ci  irdvTCC  Tf|v  aÖTf|v  TVidjuiiv  ^cxov  i^oi,  oCibetc 
&v  oöb€|iAi$  ^XP^'^O  cu|iJi(popd.  die  nachwirkungen  der  gewaltherschaft 
der  dreiszig  waren  auch  nach  der  Wiederherstellung  der  demokratie 
für  viele  familien  recht  empfindlich :  väter  oder  brttder  waren  gemor- 
det, das  vermögen  eingezogen  oder  zerrüttet,  nicht  wenige  waren  von 
hasz  und  mistrauen  erfüllt,  andere  wurden  mit  processen  verfolgt, 
wie  wir  aus  Isokrates  rede  gegen  Eallimachos  ersehen,  endlich  erlitten 
trotz  der  amnestie  viele  die  cuficpopd,  die  der  redner  jetzt  selbst  von 
sich  abzuwehren  bemüht  ist.  das  imperfect  ist  umfassender  und  wirk- 
samer als  das  plusquamperfect  oder  der  aorist.  ist  meine  auffassung 
richtig,  so  würde  die  stelle  ein  neuer  beweis  für  die  längst  von  Falk 
gemachte  beobachtung  sein ,  dasz  die  rede  unmittelbar  nach  Wieder- 
herstellung der  demokratie  gehalten  worden  ist.  ja  aus  f)|Liäc  und 
aus  ixerixeiv  tujv  irpat^dTiuv  in  §  23  darf  man  schlieszen,  dasz  wir 
hier  eine  rede  haben ,  die  bei  der  ersten  neubildung  der  magistratur 
gesprochen  wurde  und  der  rede  gegen  das  gesetz  des  Phormisios 
am  nächsten  steht,  da  die  feinde  der  demokratie  von  auszen  noch 
auf  den  Umsturz  der  demokratie  hoffen,  so  dürfte  §  23  eher  dTTO- 
piav  als  rt^Uipiav  zu  lesen  sein,  eine  Verwechslung  die  auch  sonst 
vorkommt. 

26,  33  ddv  V  öcT€pov  öjiiv  bi'  iripovc  currripia  (cuinipia 
Pal.)  T^vnrai,  toutouc  \iiy  d7riXücac9ai  (so  Pal.),  dKetvouc  hk 
^eiZov  buvi^C€cOat.  mit  toutouc  können,  weil  es  f|T0u^€V0t  unter- 
geordnet ist,  nicht  die  sjkophanten,  aber  wegen  der  nähe  von  u^iv 
auch  nicht  die  richter  gemeint  sein,  es  bleiben  demnach  nur  die 
vorher  genannten  o\  Ik  TTetpaiujc  übrig,  die  jetzt  die  sjkophanten 
ihr  wesen  treiben  lassen,  dann  aber  in  die  dinge  eingreifen  und  den 
bessern  die  macht  einräumen  werden,  ich  lese  deshalb  dTTtXrj- 
i|i€c6ai  aus  ^TnXucecOat  heraus,  in  der  er  wägung  dasz  gerade  die 
buchstaben  r],  et  und  u,  sowie  \|i  und  c  am  meisten  in  hss.  vertauscht 
worden  sind,  bekanntlich  ist  diTiXaß^cOat  Tivöc  ein  juridischer  ter- 
minus  und  bezeichnet  die  revindication  eines  eigentums ,  vgl.  Piaton 
Oes.  954^  und  954  <=  ebenso  ohne  genitiv. 

30,  6  öiLiäc  ToCvuv  XP^  •  •  KoXäcai  adröv,  ical  direibih  ^yöc 
^KdcTOu  bliciiv  ouK  elXrjqKXTC,  vuv  unip  dTrdvruiv  t  o  0  v  Tf|V  Tifuuipiav 
7TOii^cac6at  (Pal.  Troti^cacOe).  in  der  hs.  steht  touv  nicht,  das  hier 


AWeidner:  za  L^nsm,  323 

auch  nicht  angemessen  ist.  man  kann  sagen  'vreil  ihr  seine  frtthem 
verbrechen  nicht  strafen  konntet,  so  müszt  ihr  jetaet  wenigstens  raobe 
nehmen^  aber  nicht  *weil  ihr  jedes  einzelne  vergehen  nicht  strafen 
konntet,  so  müszt  ihr  jetzt  räche  nehmen,  wenigstens  fttr  alle  zn- 
sammen%  als  ob  die  comolierte  strafe  geringer  wftre  als  die  einzel- 
strafe, die  todesstrafe  geringer  als  geldbnszen  oder  atimie.  in  der 
hs.  selbst  steht  Tt|||(ß,  und  ich  glaubte,  als  ich  sie  vor  mir  hatte, 
ebenso  gut  toutuiv  wie  ain&v  herauslesen  zu  können»  sicher  aber 
ist  es,  dasz  allein  imkp  äirdvTuiv  toütuiv  das  richtige  ist  dasz 
endlich  noiificacOai  und  nicht  iroit^cacOe  zu  lesen  ist,  wird  man  eben 
nur  dem  begreiflich  machen  können,  der  die  ha«  selbst  kennen  ge- 
lernt hat;  unsere  grammatiker  werden  die  theorie  Westermanns 
auch  hier  festhalten,  ich  bemerke  nur,  dasz  die  aufforderung  am 
anfang  der  rede  zwecklos  ist,  nicht  aber  die  hervorhebung  der  pflioht 
(xpf|  KoXdcai  Kai  njLiuipiav  iroii^cacOat). 

31 ,  9  od  Toivuv  oöb*  djcircp  ?vioi  Tiv€c  tiBv  itoXitiSv  jyiere- 
ßdXXovTo ,  dTTCtbfi  diupu)v  ToOc  &irö  <l>uXf)c  iy  otc  £irpOTT0V  eÖTU- 
XoOvTac,  oub^  TOUTUiv  Ti  Tt&v  eÖTUxnMdTuiv  t)£{iuc€  ^eracxetv. 
wie  24, 13  töte  bi  in  Tourif  bi,  so  ist  hier  töt€  in  TOtkuiv  in  der 
hs.  übergegangen:  denn  neben  Ti  kann  toütuiv  nicht  bestehen,  und 
T€  wSre  ein  unnützes  flickwort. 

31 ,  32  t6t€  oök  db^ovTO  aÖToO  ßoT)Of)cai  xal  öjitv  ical  koivI) 
T^  iröXet ,  Ka\  \ii\  TrpoboOvai  jüL^ire  Tf|v  irarpfba  ^/)T€  Tf|v  ßouXfiiv, 
fjc  vOv  dStoi  TUX61V  od  jülctöv  aörifk,  fiXXuiv  t^  xaT€pTaca|yi^vuiv. 
Halbertsma  lect.  Ljs.  s.  64  bemerkt:  *tria  ultima  vocabula  delenda 
arbitror.  repetiit  ea  nescio  quis  ex  §  31,  ut  explicaret  scilicet  oö 
^€TÖv  auTtu/  aber  §  31  steht  irdjc  b*  dxöc  den  toOtov  .  .  irpö- 
Tepov  Toiv  KQTepTacajLidvuiv  Kai  oötuj  cuvTijLiii^vai;  warumhat 
der  interpolator  eine  so  ganz  andere  form ,  ja  fast  auch  einen  ver- 
schiedenen gedanken  gewählt?  das  urteil  in  §  31  zeigt,  dasz  die 
ähnliche  anschauung  auch  in  §  32  echt  ist,  nur  dürfen  wir  Te  nicht 
in  ein  müsziges  f€.  ändern,  sondern  der  eigentümlichkeit  der  hs.  ge- 
mäsz  in  T€  das  compendium  für  Tiu  v  suchen,  also  fiXXuiv  TUü  V  KaT€p- 
facaju^vuiv  corrigieren.  ebenso  erfordert  §  6  der  sinn  notwendig 
ÖTi  kSv  TrapdvTCC  für  öti  öv  irap^VTec. 

Dortmund.  Andreas  Weidnbr. 


21 


324  JBeloch:  das  g^echische  beer  bei  PlataiaL 

44. 

DAS  GRIECHISCHE  HEER  BEI  PLATAIAL 


Dasz  Herodotos  für  die  gescbicbt«  der  Perserkriege  einen  gleich- 
zeitigen bistoriscben  beriebt  nicbt  benutzt  bat,  wird  boffentlicb  von 
keiner  seite  bestritten,  seine  erzftblang  beruht  auf  leider  recht  spär- 
lichen monumentalen  quellen,  einigen  poetischen  productionen  und 
hauptsächlich  auf  der  mündlichen  tradition.  dasz  es  unter  diesen 
umständen  mit  dem  werte  der  Zahlenangaben,  die  sich  bei  Herodotos 
finden,  sehr  mislich  bestellt  sein  musz,  bedarf  keiner  bemerkung. 
sind  doch  brauchbare  Zahlenangaben  selbst  bei  historikem,  die  gleich- 
zeitige ereignisse  aufzeichnen,  nicht  häufig  zu  finden,  denn  Verständ- 
nis fUr  statistische  dinge  ist  eben  eine  gäbe ,  die  leider  sehr  viel  sel- 
tener ist,  als  es  für  unser  historisches  wissen  wünschenswert  wäre. 

Dieser  letzte  umstand  erklärt  es  auch,  dasz  die  Zahlenangaben 
bei  Herodotos  so  lange  als  bare  münze  gegolten  haben,  noch  bei 
Busolt  werden  sie  gewissenhaft  wiederholt,  obgleich  doch  schon  ein 
jähr  früher  HDelbrück  und  ich  selbst  ihre  völlige  unhaltbarkeit  in 
ausführlicher  detailuntersuchung  dargethan  und  wenigstens  zum  teil 
begründetere  zahlen  an  ihre  stelle  gesetzt  hatten.  Busolt  hat  diese 
forschungen  einfach  ignoriert,  was  freilich  sehr  bequem  ist;  dagegen 
hat  ABauer  in  den  Wiener  Studien  IX  (1887)  s.  222  den  versuch 
gemacht  die  grundlage  zu  erschüttern ,  auf  der  meine  kritik  der  an- 
gaben Herodots  über  die  stärke  des  griechischen  heeres  bei  Plataiai 
beruht,  es  freut  mich ,  dasz  mir  auf  diese  weise  die  gelegenheit  ge- 
boten wird  einige  punkte  näher  zu  beleuchten,  die  ich  im  ersten 
bände  meiner  'historischen  beitrage  zur  bevOlkerungslehre*  (Leipzig 
1886)  nur  im  vorbeigehen  habe  berühren  können. 

Auf  s.  8  f.  des  angeführten  buches  habe  ich  darauf  hingewiesen, 
dasz  Herodots  Verzeichnis  der  griechischen  Streitkräfte  bei  Plataiai 
auf  ginindlage  des  'platäischen  siegesdenkmals'  zusammengestellt  sei, 
wie  die  genaue  Übereinstimmung  der  namen  beweise :  denn  das  fehlen 
von  Pale  auf  dem  denkmal  erkläre  sich  dadurch,  dasz  Her.  *das 
digamma  in  FaXetoi  als  TT  gelesen  und  so  die  Paleer  in  die  liste 
hineingebracht  habe',  dazu  meint  nun  Bauer:  'Eleer  und  Paleer 
klingt  freilich  sehr  ähnlich,  und  auch  die  buchstaben  sind  nahezu 
gleich;  aber  Herodot,  der  doch  griechisch  schreiben  und  lesen 
konnte;  soll  FAAEIOI  für  TTAAEI  gelesen  haben?'  (Bauer  wollte 
natürlich  sagen  cTT(;tXf]C  für  FaXeiot».) 

Selbstverständlich  ist  mir  nie  in  den  sinn  gekommen  das  zu  be- 
haupten. Herodotos  las  TTaXetot  und  suchte  dann  den  staat,  auf  den 
das  ethnikon  sieb  beziehen  könnte,  da  hatte  er  nun  freilich  keine 
wähl ,  er  fand  eben  nur  Pale  auf  Kephallonia.  wir  würden  es  auch 
so  machen,  falls  wirklich  TTaXetot  auf  der  seule  stünde,  und  wir  wür- 
den uns  dabei  erinnern,  dasz  das  ethnikon  von  Pale  im  altertum  ge- 
schwankt hat;  Poljbios  gebraucht  die  form  TToXateic.   seinen  lesem 


JBeloch:  dos  griechkche  beer  bei  Plftiaiai  S25 

war  es  Her.  natürlich  schuldig  das  ungewOhnliebe  eÜmikon  in  das 
gebräuchliche  ITaXfic  umzusetsen,  gant  ebenso  wie  er  die  Muicavf|c 
des  denkmais  in  Muicnvaiot  verwandelt  hat. 

So  weit  Pale,  dasz  Eroton  auf  dem  denkmal  fehlt,  erklärt  sich 
sehr  einfach  dadurch,  dasz  die  krotoniatische  triere,  die  bei  Salamis 
gefochten  hat,  nicht  vom  krotoniatisohen  Staate  gestellt  war,  wie 
daraus  hervorgeht,  dasz  Her.  hier,  und  hier  allein,  den  fdhrer  des 
Schiffes  nennt  (VIII  47  vgl.  Paus.  X  9,  2) ;  also  nioht  die  KpoTUK 
viärai  hatten  am  siege  anteil  gehabt,  sondern  der  Erotoniat  PhajUos 
und  seine  geführten.  Seriphos,  das  nach  Her.  einen  fUnfzigruderer 
gestellt  haben  soll,  hat  in  Wirklichkeit  vielleioht  gar  nicht  am  kämpfe 
teil  genommen  oder  ist  vergessen  worden,  wie  Siphnos  und  Tenos 
zuerst  vergessen  worden  sind,  so  dasz  ihre  namen  erst  naehtrttglidi 
hinzugeftl^  werden  musten.  die  opuntischen  Lokrer  aber  werden 
wie  die  Thebaier  und  Phokier  nach  der  schlaoht  in  den  Thermopylen 
zu  den  Modem  übergegangen  sein. 

So  ergibt  sich  denn  Übereinstimmung  der  listen  bei  Herodotos 
und  auf  dem  siegesdenkmal,  wie  auch  von  vom  herein  zu  erwarten 
stand,  denn  Bauers  auskunftsmittel,  es  seien  auf  dem  dreifusz  nur 
die  städte  verzeichnet  gewesen,  die  zur  errichtung  desselben  ihren 
beitrag  gezahlt  hätten,  erinnert  doch  gar  zu  sehr  an  gewisse  moderne 
Vorkommnisse,  die  siegesdenkmäler  wurden  ja  überhaupt  nioht  auf 
subscription  errichtet,  sondern  aus  dem  zehnten  der  platäisehen 
beute;  und  auszerdem  sind  die  namen  der  städte  erst  nachträglich 
darauf  eingezeichnet  worden:  denn  ursprünglich  stand  wenigstens 
auf  dem  delphischen  dreifusz  nur  das  bekannte  distichon  zur  verher- 
lichung  des  Pausanias. 

Wenn  nun  auf  dem  olympischen  denkmal  nach  der  bei  Pau- 
sanias erhaltenen  abschrift  vier  von  den  auf  dem  delphischen  drei- 
fusz verzeichneten  namen  fehlen,  so  gehört  wirklich  ein  starkes  ver- 
trauen in  die  Zuverlässigkeit  des  Pausanias  dazu ,  um  zu  behaupten, 
diese  namen  hätten  auch  auf  dem  originale  gefehlt,  das  TTXaTaietc 
^oCvot  BoiurrtüV  beweist  gar  nichts;  oder  glaubt  Bauer  wirklich, 
dasz  Pausanias  vor  dem  original  der  inschriffc  in  Olympia  seinen 
Herodotos  aus  der  tasche  genommen  und  beide  texte  verglichen 
hätte  ? 

Darin  allerdings ,  dasz  der  delphische  dreifusz  auf  den  namen 
'platäisches  siegesdenkmal'  im  strengen  sinne  des  wertes  keinen  an- 
spruch  bat,  darin  hat  Bauer  vollständig  recht;  aber  ich  wüste  nicht, 
wer  dies  jemals  bestritten  hätte,  dasz  die  Siphnier,  Melier  usw.  bei 
Plataiai  nicht  mitgefochten  haben  können,  ist  klar;  wenn  sie  doch 
auf  dem  siegesdenkmal  stehen,  so  musz  sich  dieses  eben  auf  den 
ganzen  Perserkrieg  beziehen,  wie  Herodotos  und  Thukydides  ja  auch 
ausdrücklich  angeben,  da  aber  das  weihgeschenk  aus  der  platäisehen 
beute  errichtet  wurde,  so  ist  die  bezeichnung  'platäisches  weih- 
geschenk', wenn  wir  kurz  sein  wollen,  vollständig  gerechtfertigt, 
jedenfalls  thut  der  name  gar  nichts  zur  sache. 


326  JBeloch:  das  griechiBche  heer  bei  PlataiaL 

Dasz  nun  Herodotos  die  insohrift  des  delphischen  dreifuszes  für 
seine  geschichte  benutzt  hat,  sagt  er  selbst  VIII  82.  aber  hat  er 
daneben  für  seine  aufzählung  der  hellenischen  contingente  bei  Pla- 
taiai  noch  andere  quellen  gehabt?  Bauer  behauptet  es:  'die  ordre 
de  bataille,  die  Herodofc  gibt,  stand  doch  nicht  auf  der  seule,  und 
zahl  und  reihenfolge  der  namen  stimmen  keineswegs.'  nun,  von  der 
zahl  der  namen  haben  wir  schon  gehandelt,  die  reihenfolge  aber 
konnte  bei  Herodotos  unmöglich  dieselbe  sein  wie  auf  dem  denk- 
mal:  denn  die  delphische  seule  ordnet  die  st&dte,  in  ihrem  ersten 
teile  wenigstens,  nach  ihrer  bedeutung,  so  dasz  die  Lakedaimonier 
die  erste,  die  Athener  die  zweite,  die  Eorinther  die  dritte  stelle  ein- 
nehmen, dann  Tegea,  Sikyon,  Aigina  und  Megara  folgen^  die  unter 
sich  ungefähr  gleichstanden,  allen  übrigen  Städten  der  liste  aber 
überlegen  waren  usw.  Herodotos  konnte  diese  folge  natürlich  nicht 
gebrauchen,  da  er  die  Schlachtordnung  bei  Plataiai  beschreiben  wollte 
und  überliefert  war  oder  sich  doch  leicht  combinieren  liesz,  dasz  die 
Lakedaimonier  und  Athener  auf  beiden  flügeln  gekämpft,  die  Tegeaten 
neben  den  Lakedaimoniem,  die  Plataier  neben  den  Athenern  gestan- 
den hatten,  im  übrigen  ordnet  er  die  contingente  wie  bei  Salamis, 
in  geographischer  folge:  zuerst,  im  anschlusz  an  die  Spartaner,  die 
Übrigen  Peloponnesier,  dann  die  Euboier,  dann  die  truppen  aus  dem 
griechischen  nordwesten,  endlich  die  contingente  aus  Mittelgriechen- 
land, zu  denen  die  Aigineten  den  Übergang  bilden,  die  rüc^icht  auf 
das  siegesdenkmal  ist  übrigens  unverkennbar :  hier  wie  dort  stehen 
die  Euboier  vor  den  Westgriechen,  die  Aigineten  vor  den  Megarem. 

Dasz  nun  die  griechischen  contingente  bei  Plataiai  nicht  in  geo- 
graphischer Ordnung  gekämpft  haben,  ist  doch  wohl  selbstverständ- 
lich, oder  stellen  wir  etwa  unsere  armeecorps  in  der  geographischen 
folge  der  provinzen  auf,  aus  denen  sie  sich  recrutieren  ?  also  hier  ist 
Herodotos  nach  willkür  verfahren,  und  dasz  es  mit  den  Zahlen- 
angaben nicht  anders  steht,  läszt  sich  leicht  nachweisen.  Thuky- 
dides  ist  nicht  im  stände  gewesen  etwas  über  die  stärke  des  pelo- 
ponnesischen  heeres  zu  ermitteln,  mit  dem  Archidamos  in  Attika 
einfiel,  obgleich  er  ein  Zeitgenosse  dieses  krieges  war;  und  Hero- 
dotos soll  die  stärke  des  heeres  des  Pausanias  bei  Plataiai  gekannt 
haben?  hätte  es  darüber  eine  Überlieferung  gegeben,  so  würde  diese 
doch  vor  allem  die  summe  des  ganzen  heeres  angegeben  haben,  wie 
uns  Aisohylos  die  stärke  der  flotte  bei  Salamis  angibt;  statt  dessen 
musz  Herodotos  die  summe  erst  selbst  aus  den  einzelposten  zu- 
sammenrechnen, für  den  wert  dieser  einzelposten  ist  es  charakte- 
ristisch ,  dasz  es  sämtlich  ganze  hunderte  oder  tausende  sind :  denn 
die  1800  Thespier  sind  nur  ein  lückenbüszer,  um  die  11  myriaden 
vollzumachen,  zu  denen  diese  zahl  gerade  noch  fehlt,  nur  Tegea 
gibt  Her.  Vj^  tausend  hopliten,  entweder  weil  ihm  hier  eine  wirk- 
liche Überlieferung  vorlag  —  die  zahl  scheint  an  sich  glaubwürdig 
—  oder  weil  ihm  2000  hopliten  für  Tegea  zu  viel  schienen  und  1000 
zu  wenig,  dasz  die  myriade  lakedaimonischer  hopliten  nur  Schätzung 


JBeloch:  das  grieohuche  beer  bei  FlfttaiaL  327. 

ist,  zeigt  schon  die  runde  zahl;  anch  bat  Sparta  selbst  zur  zeit  seiner 
höchsten  macht  am  anfang  des  vierten  jh.  nie  mehr  als  6000  bopliten 
auf  6inen  punkt  zu  concentrieren  vermocbt,  nnd  die  bebauptnng,  die 
bttrgerzahl  Spartas  habe  sich  seit  den  Perserkriegen  vermindert,  be- 
ruht eben  nur  auf  den  angaben  Herodots.  n&heres  darflber  in  meiner 
^bevölkerungslehre'.  Eorintb  hat  im  peloponnesischen  nnd  korinthi- 
schen kriege  niemals  mehr  als  3—4000  bopliten  aafgestellt  nnd  kann 
also  auch  bei  Plataiai  mindestens  keine  höhere  zahl  gehabt  haben; 
und  da  Megara  und  Sikjon  sehr  viel  unbedeutender  waren  als 
Eorintb,  so  ist  die  zahl  von  je  3000  bopliten»  die  Her.  diesen  beiden 
Städten  gibt,  völlig  unhaltbar,  auch  das  contingent  von  Plataiai 
scheint  viel  zu  hoch  im  vergleich  zu  den  angaben  die  wir  bei  Tbn* 
kjdides  über  die  bürgerzahl  der  stadt^  jähre  später  finden,  dasz 
die  Potidaiaten  überhaupt  bei  Plataiai  mitgefochten  haben,  ist  sehr 
unwahrscheinlich;  sie  brauchten  ihre  tmppen  wahrhaftig  zur  Ver- 
teidigung ihrer  eignen  stadt  notwendiger;  nnd  die  Paleer  hat  Her. 
nach  dem  oben  gesagten  ganz  willkürlich  in  die  liste  hineingebraoht, 
es  ist  damit  wohl  bewiesen  —  was  allerdings  eines  beweises  kaum 
bedurfte  —  dasz  Herodots  Zahlenangaben  keineswegs  auf  eine  offi- 
cielle  'ordre  de  bataiUe'  des  griechischen  hanptquartiers  zurück- 
gehen, sondern  im  wesentlichen  auf  subjectiver  s(^tzung  beroben» 
dasz  daneben  für  die  stärke  einzelner  contingente  eine  mehr  oder 
weniger  zuverlässige  Überlieferung  vorliegen  konnte,  soll  damit  nidit 
in  abrede  gestellt  werden. 

Für  die  Schätzung  ist  nun  bis  zu  einem  gewissen  grade  die 
folge  der  namen  auf  dem  delphischen  siegesdenkmal  maszgebend  ge- 
wesen. Herodotos  gibt  das  stärkste  contingent  den  Lakedaimoniem, 
die  am  anfang  der  liste  des  denkmals,  das  zweitstärkste  contingent 
den  Athenern ,  das  drittstärkste  den  Eorinthem,  die  an  zweiter  und 
dritter  stelle  stehen,  über  1000  mann  gibt  er  nur  städten  ans  der 
ersten  hälfte  der  liste;  das  schwächste  contingent  teilt  er  den 
Lepreaten  zu,  die  den  schlusz  der  liste  bilden,  natürlich  haben 
daneben  noch  andere  erwägungen  auf  die  Schätzung  Herodots  ein- 
gewirkt, ich  gebe  die  liste  Herodots  hier  wieder,  ordne  aber  die 
contingente  nach  der  folge  der  namen  auf  dem  delphischen  sieges*- 
denkmal. 

AaK€bai|ii6vioi 10000 

'Aenvaioi 8000     * 

Kopiveioi 6000 

T€T€äTai löOO 

CiKUiivioi 3000 

AlTivf^xai 600 

Metapfic 3000 

'embaOpioi 800 

'Opxo|ii^vioi 600 

OXidcioi 1000 

33400 


328  JBeloch:  das  griechisclie  heer  bei  Plataiai. 

33400 

TpoiZrjvioi 1000 

*ep|Liiovfic 300 

TipüvGioi,  MuKiivatot     ....  400 

TlXaiaific 600 

*ep€Tpific ,  Ciupf^c 600 

XaXxibflc 400 

naXf^c  (=  FaXeioi) 200 

TToTibaifiTai 300 

Aeuxdbioi,  'AvaKTopifjc  ....  800 

*A|LiTrpaKiujTai 500 

AcTTpefiTai 200 

38700 

Fragen  wir  nun  nach  der  stärke,  die  das  griechische  heer  bei  Pla- 
taiai wirklich  gehabt  haben  kann,  so  würde  das  lakedaimonische 
contingent  auf  ungefähr  5000  hopliten,  das  korinthische  auf  ungefähr 
3000,  das  von  Megara  und  Sikjon  auf  je  1500  hopliten  zu  veran- 
schlagen sein ;  wobei  vorausgesetzt  ist,  dasz  die  militärische  leistungs- 
fähigkeit  dieser  Staaten  damals  annähernd  dieselbe  war  wie  zur  zeit 
des  peloponnesischen  krieges.  wahrscheinlich  war  sie  geringer,  und 
unsere  zahlen  bleiben  noch  Über  der  Wahrheit,  näheres  darüber  in 
meiner  'bevölkerungslehre'.  die  zahl  von  8000  athenischen  hopliten 
scheint  hoch,  namentlich  wenn  wir  berücksichtigen,  dasz  Athen 
gleichzeitig  eine  flotte  in  see  hatte ;  immerhin  läszt  sich  die  angäbe 
verteidigen,  doch  werden  wir  die  Plataier  in  die  zahl  einrechnen 
dürfen,  gegen  die  übrigen  zahlen  bei  Herodotos  wird  nichts  wesent- 
liches einzuwenden  sein,  wenn  es  auch  keineswegs  sicher  ist,  dasz 
alle  aufgeführten  städte  auch  wirklich  ihre  contingente  nach  Plataiai 
geschickt  haben;  von  Pale  ist  sogar,  wie  wir  gesehen  haben,  das 
gegenteil  geWis ,  von  Potidaia  sehr  wahrscheinlich,  lassen  wir  also 
Pale  und  Potidaia  bei  seite  und  nehmen  dagegen  an ,  alle  übrigen 
contingente  hätten  mitgefochten ,  so  ergeben  sich  als  gesamtzahl 
27600  hopliten ,  gegenüber  den  38700  hopliten  Herodots.  indes  ist 
aus  den  oben  entwickelten  gründen  auch  diese  Schätzung  sehr  wahr- 
scheinlicb  noch  etwas  zu  hoch,  und  Pausanias  wird  kaum  über  25000 
hopliten  unter  seinen  befehlen  gehabt  haben,  dazu  käme  dann  noch 
etwa  diö  gleiche  zahl  leichter  truppen  und,  wenn  wir  Herodotos 
glauben  schenken ,  für  jeden  Spartiaten  7  heiloten.  da  die  spartani- 
schen bürger  im  beere  etwa  2000  mann  stark  sein  mochten  (vgl. 
meine  'bevölkerungslehre'  I  s.  141),  so  würden  sich  14000  heiloten 
ergeben ,  also  eine  gesamtstärke  des  griechischen  heeres  bei  Plataiai 
von  etwas  über  60000  mann,  das  ist  immer  noch  ein  für  damalige 
hellenische  Verhältnisse  sehr  bedeutendes  heer,  wie  es  niemals  vor- 
her zusammengekommen  war  und  auch  später  nur  selten  überboten 
worden  ist. 

Rom.  Julius  Beloch. 


ABauer:  znm  übexfidl  Ton  PkteiaL  829 

45. 

ZUM  ÜBERFALL  TOBT  PLATA14I. 


Die  bemerkungen ,  welche  EAJnnghahn  im  Tcurigen  Jahrgang 
dieser  zeiiachrift  s.  748  ff.  an  Thnk.  II  2—5  vorbriiigt,  hfitie  loh, 
obwohl  dieselben  sich  mehr  mit  meinar  recension  Ton  dessen  *sta- 
dien  zu  Thukydides'  (litt  centaralbliatt  1887  nr.  20)  als  mit  Thnl^- 
dides  beschäftigen,  mit  schweigen  Übergangen,  wenn  mir  nicht  in 
denselben  der  vorwnrf  gemacht  wäre  (s.  752) ,  ioh  hfttie  die  that- 
sachen  nicht  geprüft,  die  ich  als  gegen  J.s  hypotheea  sprechende 
zengnisse  angeführt  habe. 

Für  richtig  kann  ich  von  dem  oben  behanpteten  nnr  die  s.  751 
mitgeteilte  entdeckung  halten,  der  A.  B  •  » •  r  nnierzeiehnete  reo.  sei 
zweifellos  der  vf.  des  schriftchens  *Thttk.  n«HMttlkir-8trttbing'.  iroti 
der  Sicherheit,  mit  welcher  Janghahn  auch  jetzt,  noch  auftritt,  scheint 
derselbe  doch  kein  ganz  gutes  gewissen  mehr  zu  haben,  4^  ^  J^'M 
die  möglichkeit  zugibt,  dasz  das  werk  des  Thuk.  ^einige  Jahre  an- 
klang und  einige  Verbreitung  gefunden  habe'  und  dann  erst  in  der 
uns  vorliegenden  form  spttter  neu  herausgegeben  worden  sei  (s.  757  £)• 
damit  könnte  ich  zufrieden  sein. 

Der  versuch  seine  unhaltbare  hjpothese  auch  nur  teilweise  sn 
retten  hat  jedoch  ihren  Vertreter  zu  gewaltsamen  Verrenkungen  der' 
von  mir  hervorgehobenen  thatsachen  genötigt;  dies  habe  ich  im  fol- 
genden darzutbun  und  damit  zugleich  den  beweis  zu  erbringen,  dasz 
ich  die  angeführten  stellen  geprüft  habe ,  ehe  ich  mich  ihrer  gegen 
Junghabn  bediente,  und  dasz  mir  daher  das  recht  zusteht  die  dreiste 
Unterstellung  desselben  zurückzuweisen,  um  die  geduld  der  leser 
imd  den  räum  dieser  Zeitschrift  nicht  zu  sehr  in  anspruch  zu  nehmen 
und  um  nicht  bekanntes  zu  wiederholen,  begnüge  ich  mich  in  der  frage 
der  wörtlichen  Übereinstimmungen  lediglich  eine  probe  zu  geben. 

Die  Verteidigung  von  Plataiai  gegen  die  eingedrungenen  The- 
baner  erzählen  Thukjdides  (II 3  ff.)  und  Aineias  (2,  3  &)  folgender- 
maszen: 


Aineias 

TTXaTaieic  bünel  ijceovTo 
vuKxdc  dv  Txji  TTÖXei  6iißaiouc 
övtac  KaTavo/jcavTec  oö 
iToXXoOc  auTOuc  6vTac,  oubi 

f PTUJV  TÄV  irpOCTlKÖVTlüV  ÄTTTO- 
H^VOUC  oiOjLldvOUC  T€  ILl^VTOl 
KttT^X^lV  Tf|V  TTÖXlV,   dvÖfilCaV 

dTTie^fievot  ßqibiwc  Kparfi- 
C€IV  . . . 

zu  vuxTÖc  bei  Aineias  ist  zu  vergleichen  Thuk.  II  1  trepl  Ttpiürrov 
Cttvov  und  n  3  QU  T&P  ^iiL^puiv  iv  tfji  vuktI   der  nicht  gesperrt  ge- 


Thuk. 

ol  hk  TTXaxaieic  ibc 
^cGovTO  ivbov  ie  övxac 
örißaCouc  Kai  KaxeiXiiiLiji^viiv 
xf^v  TTÖXiv  .  .  KttxevÖTicav, 
DU  TToXXouc  xouc  6iißaiouc 
övxac  Kai  dvöjiicav  ^tti- 
6^|iA€voi  ^abiujc  Kpaxf]cai... 


SSO  ABaaer:  zum  fiberfall  toq  Plataiai« 

druckte  satz  ist  eine  kürzere  wiedergäbe  des  früher  bei  Thuk.  er- 
zählten: die  Thebaier  hätten  den  Überfall  unternommen  auf  die 
ihnen  allezeit  feindselige  stadt,  da  sie  den  krieg  kommen  sahen,  um 
sich  ihres  besitzes  noch  im  Meden  zu  versichern,  und  ferner:  die 
eindringlinge  schlagen  auf  dem  marktplatz  ihr  lager  auf  und  unter- 
handeln von  da  aus  mit  den  überrumpelten,  sie  meinen  also,  wie 
Aineias  sagt,  die  stadt  bereits  im  besitz  zu  haben,  auch  alles  fol- 
gende stimmt  genau,  groszenteils  wörtlich  überein,  was  auch  Jung- 
hahn nicht  in  abrede  stellen  kann. 

Qegen  die  entlehnung  der  Thukjdidesstelle  müsten  also  schwer- 
wiegende gründe  geltend  gemacht  werden  können,  um  sie  auch  nur 
wahrscheinlich  zu  machen ,  müste  man  billigerweise  erwarten  unter- 
schiede beider  berichte  angeführt  zu  sehen.  Junghahn  glaubt  einen 
solchen  entdeckt  zu  haben.  Aineias  sagt:  TUivdpxövTU)V  o1  ^^V 
öjLioXoTiac  ^TrotoOvTO  toic  611M01C  dv  tQ  &Topd  (vgl.  Thuk.  O^juevoi 
ik  ic  T^v  dtopotv  rä  öttXq  sc.  Grißaiot  und  npöc  Su^ßaciv  ix^PH* 
cav  Ka\  Touc  Xötouc  beSdinevot  ficux^ov  sc  ITXaTatcic),  et  ti^ 
napiiTT^^^Ov  usw. ,  alles  folgende  mit  Thuk.  thatsächlich  und  teil- 
weise wörtlich  übereinstimmend,  blosz  die  erwähnung  der  äpxoVTCC 
ist  also  dem  Aineias  eigentümlich,  und  dies  macht  es  Junghahn 
wahrscheinlich,  dasz  Thuk.  nicht  benutzt  sei!  die  annähme  und 
äuszerung ,  dasz  beides ,  Unterhandlungen  mit  dem  gegner  und  die 
heimlichen  yorbereitungen  zum  widerstand  von  den  behörden  ge- 
leitet wurden,  ist  so  naheliegend  und  selbstverständlich,  dasz  sie 
selbst  in  einer  freien  Übersetzung  des  Thuk.  statthaft  wäre. 

JuDghahn  glaubt  auch  einen  beweis  gefunden  zu  haben,  dasz 
die  vorläge  des  Thuk.  sogar  unwahrscheinlich  sei.  er  sagt: 
*  Aineias  führt  das  beispiel  der  Plataier  an ,  indem  er  in  utramqne 
partem  prüft  (!),  ob  es  besser  sei  zur  Verteidigung  einer  stadt  die 
gröszem  freien  räume  (eöpuxujpiai)  abzusperren  [man  erwartet  'oder 
nicht',  was  aber  nicht  dasteht,  weil  auch  Aineias  davon  gar  nichts 
sagt] ;  er  spricht  von  dieser  maszregel  dreimal  und  betont  ihren  er- 
folg sehr  stark,  von  dem  letztem  ist  bei  Thuk.  keine  rede ;  bei  ihm 
ist  nur  das  sperren  der  straszen  oben  einmal  neben  andern  masz- 
regeln  erwähnt.'  später  heiszt  es,  das  dem  Thuk.  angeblich  entlehnte 
beispiel  passe  sehr  schlecht  bei  Aineias. 

Von  der  verrammelung  der  straszen  erzählen  beide  Schriftsteller 
wörtlich  gleich  (Thuk.  djiidEac  T€  dv€U  utto2[ut(ujv  Ic  tqc  bhoi)C 
KaOicTQcav,  Ain.  rdc  \ikv  btöbouc  kqI  rdc  ^ujiiac  drucpXuicav  dfid£aic 
dv€U  ijTT02[uTiu)v);  Junghahn  zählt  aber  die  straszen  nicht  zu  den 
freien  räumen,  den  €Öpuxujp{ai  der  stadt,  und  hat  auch  gar  nicht 
gesehen,  worum  es  sich  bei  Aineias  eigentlich  handelt,  derselbe  rät 
zunächst  die  nicht  in  Verwendung  kommenden  freien  räume  in  einer 
Stadt,  damit  sie  nicht  mit  maunschaft  besetzt  zu  werden  brauchen, 
dem  feinde  unzugänglich  zu  machen ,  sie  zu  verrammeln  und  sich  so 
derselben  zu  versichern,  dafür  dasz  dies  nützlieh  sei  wird  erst  dai 
beispiel  von  dem  abgewehrten  angriff  der  Thebanar  auf  Bptrta  dank 


ABaaer:  zam  flberfall  toh  Flataiai  381 

solche  Vorkehrungen  in  den  €icßoXo{|  biöboi  nnd  €ÖpOxuif>a  d«r 
Stadt  erwähnt  und  ferner  die  mit  dem  gleichen  erfolg  sogar  nach 
dem  eindringen  der  feinde  auf  den  markt  von  den  Platadem  an- 
gewandte yerrammelong  der  straszen.  dabei  dnrchbredien  die- 
selben die  wände  ihrer  häuser  und  schaffen  sieh  so  die  wege  SEiir 
samlung  der  mannschaften,  und  es  gelingt  ihnen  sohlieszlioh  dnrdi 
diese  art  der  Verteidigung  ihrer  gegner  noch  herr  zu  werden«  beide 
beispiele  beweisen  also  aufs  beste  mit  einer  beabsiohtigten  Steige- 
rung die  ntttzlichkeit  des  von  dem  Verfasser  erteilten  ratsohlags. 

Es  ist  also  blosze  reohthaberei,  wenn  Jnnghahn  dem  gegenüber 
davon  redet,  Thuk.  und  Aineias  hätten  aus  einer  gemeinsamen 
quelle  geschöpft;  diese  ausflucht  hat  noch  andere  vOUige  verkehrt* 
heiten  zur  folge  gehabt,  und  ich  darf  mich  bezüglich  der  übrigen 
punkte  kürzer  fassen. 

Der  bericht  in  der  rede  gegen  Neaira  (Dem.  s.  1878  ff;)  ist 
ebenso  wörtlich  dem  Thuk.  enüehnt  wie  der  des  Aineias.  nur  an- 
fang  und  ende  zeigen  unterschiede,  aber  die  gründe,  die  den  Ver- 
fasser zu  diesen  änderungen  veranlaszt  haben,  sind  ganz  durehndi- 
tig,  wenn  man  nur  sehen  will,  schon  der  umstand,  dasz  gerade  nur 
an  den  fugen  der  in  andere  eingereihten  erzählung,  in  den  einleiten- 
den und  abschlieszenden  werten,  sich  unterschiede  finden,  sprioht  da- 
für dasz  wir  es  hier  mit  eigenmächtigkeiten  des  den  Thuk.  benntien- 
den  redners  zu  thun  haben  und  nicht  mit  einer  aus  älterer  gemein« 
samer  quelle  geschöpften  erzählung,  was  Junghahn  als  notwendig 
bezeichnet. 

Arcbidamos  als  Urheber  des  anschlags  auf  Plataiai  erscheint  des- 
halb, weil  der  redner  von  der  feindschaft  Spartas  gegen  Pla- 
taiai spricht  und  diese  durch  ein  beispiel  belegen  will;  derfeldherr 
im  Archidamischen  krieg  bot  sich  als  Urheber,  da  ein  Spartaner  be- 
nötigt wurde ,  von  selbst,  auch  der  schlusz  ist  ungenau,  die  athe- 
nische hilfssendung  ist  zwar  bei  Thuk.  auch  erwähnt,  zur  zeit  ihres 
eintreffens  sind  jedoch  die  Thebaner  schon  abgezogen,  nach  der  rede 
ziehen  sie  erst  infolge  ihres  erscheinens  ab.  auch  hier  liegt  der  grund 
der  abänderung  auf  der  band :  der  redner  spricht  von  den  wechsel- 
seitigen Verdiensten,  die  Athen  und  Plataiai  um  einander 
sich  erworben  haben;  folglich  muste  hier  dem  zwecke  der  darlegung 
entsprechend  gesagt  sein,  dasz  erst  die  hilfe  Athens  Plataiai  völlig 
von  gefahr  befreit  habe;  wie  Thuk.  die  sache  erzählt,  passte  sie  ja 
nur  wenig  für  das  was  bewiesen  werden  soll. 

Denjenigen ,  die  Philistos  und  Thukydides  darstellungen  noch 
vergleichen  konnten,  glaubt  Junghahn  nicht,  wenn  sie  sagen,  der 
erstere  habe  den  letztem  nachgeahmt.  Dionjsios  von  Halikamasos 
hebt  die  unterschiede  beider  schriftsteiler  hervor  und  hält  dennoch 
an  der  nachahmung  fest:  das  beweist  dieselbe  doch  nur  noch  deut- 
licher, bezüglich  Xenophons  handelt  es  sich  nicht  darum ,  wann  die 
Hellenika  herausgegeben  sind ,  sondern  wann  der  den  Thuk.  fort- 
setzende teil  verfaszt  ist;  der  umstand  dasz  Xenophon  da  zu  erzählen 


332  BOehler:  zur  nautik  der  alten« 

anhebt,  wo  Thuk.  aufhört,  beweist  auf  alle  fUlle  die  fertige  vorläge 
von  dessen  werk  bis  zu  dem  punkte,  wo  dasselbe  noch  heute  endet: 
denn  fortsetzungen  schreibt  man  nur  zu  etwas  schon  vorhandenem, 
dieser  schlusz  gilt  auch  dann,  wenn  diese  Vervollständigung  des 
Thuk.  durch  Xenophon  erst  spttter  und  unvollendet  mit  den  HeUe- 
nika  vereinigt  wurde,  was  ich  jedoch  nicht  fOr  richtig  halte. 

Was  endlich  Diodors  darstellung  (XU  41  S.)  von  dem  ttber&ll 
Plataiais  anlangt,  so  ist  auch  diese  Thuk.  entlehnt,  und  wie  man 
längst  gesehen  hat,  von  der  quelle  Diodors  den  Plataiem,  Athens 
bundesgenossen ,  zu  liebe  die  rückgabe  der  thebäischen  gefEmgenen 
an  stelle  der  ermordung  derselben  gesetzt  worden,  die  angaben  bei- 
der teile  über  diesen  heiklen  punkt  differierten,  wie  wir  aus  Thuk.  ent- 
nehmen, alle  Wahrscheinlichkeit  spricht  daftlr,  dasz  Ephoros  (dessen 
namen  Junghahn  weise  verschweigt,  da  er  auf  der  jagd  nach  alten 
gemeinsamen  quellen  ist)  wie  der  Benutzer  des  Thukydideischen  be- 
richtes  so  dessen  umgestalter  ist. 

Junghahns  zweite  vermehrte  aufläge  des  Thukydides,  da  die 
erste  nicht  recht  durchgegriffen  hatte,  bleibt  ein  bodenloser  einfall, 
der  mit  einer  reihe  von  tbatsachen  unvereinbar  ist.  die  ausführliche 
darstellung,  welche  Thuk.  von  dem  ereignis  gibt,  mit  dem  bei  ihm 
der  peloponnesische  krieg  anhebt,  ist  nachweisbar  die  quelle  aller 
uns  erhaltenen  eingehenden  beschreibungen  desselben,  welche  zwecke 
sie  auch  verfolgen :  ein  historiker,  ein  redner,  ein  kriegsschriftsteller 
—  alle  haben  Thukydides  benutzt,  obschon  derselbe  ^bei  den  Hel- 
lenen nicht  recht  durchgedrungen  war\ 

Graz. Adolf  Baubb. 

46. 

ZUR  NAUTIK  DER  ALTEN. 


Das  Etymologicum  Magnum  hat  u.  XoTT^vec  folgende  erklä- 
rung:  XoTTUüvec  bk  KaXoGvrai  o\  inX  tuiv  Xifi^vuiv  TpnTol  XiOoi* 
oOc  Tpundiciv,  W  ^EaTrapTuici  la  cxoivia  vctöv  H  aurdlv.  tgöc 
bk  TOtouTOUC  XiOouc  kqI  XoTT<icia  f  Xctov.  dazu  bemerkt  Breusing 
nautik  der  alten  s.  41  *aber  der  bare  unsinn,  dasz  solche  steine 
durchbohrt  und  die  taue  darin  eingefädelt  gewesen  seien,  macht  die 
erklärung  als  die  eines  nicht  sachkundigen  höchst  verdächtig.'  die 
erklärung  des  Etym.  M.  ist  aber  nicht  anzufechten,  wie  ein  blick  auf 
das  von  AGugliemotti  Melle  due  navi  romane  scolpite  sul  bassorilievo 
portuense  del  principe  Torlonia'  (Roma  1866)  publiderte  relief  des 
Museo  Torlonia  (abgebildet  auch  zb.  in  Baumeisters  denkm.  des 
class.  alt.  fig.  1688)  lehrt:  hier  ist  das  haltetau  des  Schiffes  zur 
rechten  wirklich,  um  Breusings  worte  zu  gebrauchen  'in  einen  sol- 
chen an  der  boÜwerksmauer  befindlichen  durchbohrten  stein  ein- 
gefädelt'. 

Gbosz-Lioht£rfbldb.  Raimuhd  Oehlbr. 


ji 


(17.) 

vermischte:  behebkttnoen. 

51.  LiTiD8XXXI44beriohtetToneiiMmp8epbiiinad«rAtlHB«r 
g^[eo  FhilippoB  V  von  Makeäonien  nnd  ertflblt  daan  weiten  aMUtim 
deereto,  si  gws  qvidfosUa,  guedad  twtam  «ywuMiiiiaiiigiw Elu^gi 
paHnenl,  ferrä,  id  onme popidtim  Aihtitinoiuiit  iuttmnm;  tiytiit 
eotdra  ignomitüatit  prove  hötion  mu  ^»i$»U  fit^Bsetee,  gut  ooeUiuet 
tum,  km  eaeswrwm.  die  hgg.  (^Unben  duz  damit  aaBgMproeben  Mi, 
wer  einen  antrag  su  gonsten  dea  Pbilippoa  stelle,  aoUe  von  jedem 
beliebigen  getötet  werden  dfirfan,  er  aolla,  wie  noh  WeMMQbMU 
anedrOokt,  aaeer  sein,  das  ist  niolit  wohl  mOglioh:  denn  eratena  iat 
dis  Togelfreierklfirung  keine  nonnaU  atrafe^  ea  mOata  notwendig 
festgeetellt  werden ,  was  mit  dem  manne  geaohehen  aoUe,  wenn  er 
der  Staategewalt  erreichbar  wtre;  wir  wtlrden  ancA  naeh  wnutiger 
Sitte  nebenbei  noch  eine  vermOgenaatTafe  erwarten,  nnd  aweitena  iit 
es  naob  attischem  recht  nnmOglioh  jemanden  m  Tmrnrtmlan,  olne 
dasz  er  gehOrt  ist;  also  mfisto  eine  bestiiiunte  von  etastswigai  an 
TOllEiehende  strafe  auf  all«  fBUe  ftstgesetat  sein,  es  ist  daher  tot 
gm  oeädiiset  ewm  eine  Ifloke  aninnehmen,  in  weloher  die  stete  fllr 
den  antragsteiler  genannt  war,  nnd  anter  dem  maime,  dessen  tStong 
ertaubt  wird,  wird  dafaer  sogar  möglicherweise  nidit  der  aatr^^ 
steiler,  sondern  Philippos  selbst  in  verstehen  sein. 

62.  BeiLivias  XLU  37,  2  bietet  die  hs. :  DetitmiM  «wmu  elf 
ad Getiivunn regem  ISyriorwn,  gvemsicHiquemreapeduaKaintitiMaim 
habere  cemerä,  temptard  ui  etiam  ad  beift  societaUm  perUeeret  iwssw. 
der  verschlag  hinter  aan  einzuschieben  jiopulo  Romano  ist  wofalkanm 
anfechtbar;  es  kam  den  Bömem  gar  nicht  darauf  an,  ob  Oentine 
aberhaupt  sinn  fUr  freandachaft  habe,  sondern  daranf  ob  er  mit  ihnen 
freundscb&ft  halten  wolle,  die  Schwierigkeit  der  fblgenden  Worte 
steckt  in  iussus,  und  da  so  mancherlei  voraohlKge  zur  heilung  dw 
stelle  gemacht  sind ,  so  d&rf  sich  vielleicht  aoch  der  hervorwagen, 
imeus  einfach  za  streichen,  als  ein  glossem  das  mr  erkUrang  des 
conjnnctivB  tempttwet  beigeeohrieben  worden  war.  dann  ist  lüln  in 
ordnnng.  die  von  Uadvig  vermisite  steigemag  liegt  wiiUioh  vor : 
denn  der  respecfus  amioitiae  oiiMpopiiIoAonaNOTerpfliehtet^3aBliva 
bloBZ  znr  nentralit&t;  wenn  er  aotiv  m  guisten  der  Bflmer  «ingrrift, 
so  ist  das  in  der  that  ein  mehreres. 

Ö3.  BeiLivinsXLn&6,6ff.wit«leHUdt,«kPanai»tRippsB 
in  das  gebiet  von  Phcrue  scbickt,  in  der  hoffnung  die  'oiro  Bcbut,i^  der 
mit  ihnen  verbandet  en  st£dte  weit  von  ihrem  lagur  entfernten  UOmer 
tiberraschen  zn  können,  d&nn  beiszt  ee  weiter  §  10:  quo»  enm  eo 
tumuUu  nOUl  wufos  ammadnertisset,  praedam  qwdem  pratierqttam 
hmänum  —  pteora  autem  macwme  omnis  genetis  ä'm 
(dtminl  die  hs.)  ad  epiilandu: 


334  FBühl:  vermiBchte  bemerkungen.   68—56. 

bemerkt,  dasz  der  satz  nicht  in  Ordnung  sei.  Qronovs  verschlag  quir 
dem  in  quod  erat  zu  verwandeln  ist  sehr  unwahrscheinlich;  mit  recht 
nehmen  die  neueren  eine  Ittcke  an,  und  zwar  ist  von  den  beiden  mir 
bekannten  vorschlagen  der  Madvigs,  die  lücke  vor  praedam  anzu- 
setzen, der  ansprechendere,  da  doch  vor  allen  dingen  erzählt  werden 
musz,  wie  Perseus  zu  der  beute  gekomiAen  ist.  allein  auch  dann 
bleibt  eine  absurditftt,  welche  Livius  nicht  geschrieben  haben  kann, 
kein  verständiger  wird  sagen  *er  verteilte  die  beute  mit  ausnähme 
der  menschen  (es  war  aber  meistens  vieh)  unter  die  Soldaten  zum 
essen',  die  lücke  wird  daher  vor  divisü  anzunehmen  sein,  und  sie 
scheint  einige  zeilen  zu  umfassen ,  da  ein  logischer  Zusammenhang 
zwischen  den  Sätzen  quos  cum  eo  tumuUu  nihü  motos  animadvertisset 
und  divisü  ad  epulandum  müUibtis  nicht  besteht,  also  in  der  Ittcke 
enthalten  gewesen  sein  musz.  ob  die  beute  von  den  Bömem  gemacht 
war  oder  von  Perseus,  läszt  sich  nicht  sagen. 

54.  Die  Vorgänge,  welche  zur  auflösung  des  böotischen  bundes 
führten,  werden  in  den  fragmenten  des  Polybios  (XXVII  1  f.)  nicht 
gerade  sehr  klar  geschildert;  bei  Livius  XLII  44  herscht  infolge 
der  kttrze  des  berichts  eine  noch  gröszere  Unklarheit,  es  scheint  hier 
aber  auch  an  einer  stelle  der  text  nicht  richtig  überliefert  zu  sein, 
es  heiszt  nemlich  §  4,  dasz  die  muUUtMlo  der  Thebaner  et  %U  toUeretur 
regia  societas  decrevü  et  eos  qui  auctares  paciscendae  amicUiae  (nem- 
lich mit  Peneus)  ftieranty  ad  satisfadendum  legatis  Chalcidem  misit 
fideique  legatanm  cammendari  civitaiem  iussit.  hier  kann  legatis 
nicht  richtig  sein :  denn  die  fraglichen  personen  werden,  wie  wir  aus 
Polybios  sehen,  keineswegs  den  römischen  legaten  ausgeliefert,  und 
selbstverständlich  soll  auch  den  legaten  keine  genugthuung  geleistet 
werden,  sondern  dem  römischen  volke.  Polybios  aber  berichtet,  dasz 
wenigstens  einer  der  anhänger  des  Perseus,  Diketas,  gezwungen  wurde 
als  gesandter  zu  Marcius  und  Atilius  zu  gehen  dTToXoTilcö|Li€VOV  ÖTT^p 
Tf)c  npöc  TÖv  TTepc^a  cumiaxiac.  Neon  und  Hippias  aber,  die  fi€Td 
TaCra  gewaltthätig  aus  Theben  vertrieben  wurden  und  die  wir  c.  2 
im  römischen  lager  treffen,  scheint  dieselbe  mission  aufgetragen  wor- 
den zu  sein,  wenigstens  kann  man  das  aus  den  werten  c.  1,  11 

K€X€UOVT€C  aÖTOUC  ÖTT^p  aÜTOlV  dTTOXOTetcOai  TT€p\  TOlV  bllflKOVO- 

fiilfi^vuiv  schlieszen.  man  wird  demnach  statt  legatis  lesen  mttssen 
legatoSy  und  wer  es  anstöszig  finden  sollte,  dasz  in  demselben  satze 
legati  auf  Thebaner,  legatorum  auf  Bömer  gehen  soll,  dem  wird 
nichts  übrig  bleiben  als  legatis  als  glossem  zu  streichen. 

55.  In  der  deutschen  litteraturzeitung  1887  sp.  1406  hat  HNissen 
in  einer  recension  von  H Jordans  buch  über  *die  könige  im  alten 
Bom'  die  behauptung  aufgestellt,  bereits  im  altertum  habe  man  hie 
und  da  die  nichttarquinischen  könige  für  plebejer  gehalten ;  er  be- 
ruft sich  daftlr  auf  Livius  IV  3.  es  scheint  angemessen  dieser 
exegese  sofort  entgegenzutreten,  ehe  sie  weiteres  unheil  anrichtet, 
es  handelt  sich  um  eine  rede  des  Canulejus.  der  behauptet  nun  aber 
gar  nichts,  was  von  der  gewöhnlichen  auffassung  irgendwie  abwiche. 


FRühl:  Termischte  bemerkungen.   66—67.  335 

er  will  blosz  zeigen,  dasz  gar  kein  gnmd  vorliege  plebejer  von  den 
würden  des  Staats  auszascblieszeni  da  man  sogar  fremde  zu  kSnigen 
gemacht  habe;  er  sagt  keineswegs ,  dasz  die  Pompilii,  Tnllii,  Tar- 
qninii  plebejer  gewesen  seien,  ja  man  kann  aus  §  11  {L,  Tarquimum 
.  .  incolam  ab  Tarquiniis  vivis  liberis  Änd  regem  faäum)  schlieszen, 
dasz  er  die  gens  Marcia ,  welcher  Ancus  angehörte ,  ganz  anbedenk- 
lich als  eine  patricische  nahm,  überhaupt  aber  möchte  ich  bei  dieser 
gelegenheit  gegenüber  einer  seit  Niebuhr  weit  verbreiteten  und  durch 
glänzende  namen  vertretenen  anschauung  daran  erinnern,  dasz  die 
Bömer  selbst  allem  anschein  nach  nichts  auffallendes  darin  gefunden 
haben,  wenn  ein  patricisches  geschlecht  denselben  namen  führte  wie 
ein  plebejisches,  und  dasz  man,  was  speciell  die  gens  Marcia  betrifft, 
den  plebejern  dieses  namens  geradezu  alle  gesunde  vemunft  und 
jedes  gefühl  für  die  eigne  würde  und  die  ihres  Standes  abspricht, 
wenn  man  annimt,  sie  hätten  aus  familieneitelkeit  einen  groszen 
plebejerfeind  ihres  namens  in  die  geschichte  eingeschwärzt. 

56.  Bei  Justinus  XVIII  6,  1  habe  ich  den  rex  MaxUanorum 
Hiarhas  im  texte  stehen  lassen,  weil  ich  keinen  genügenden  grund 
sah  von  der  mit  J  stimmenden  vulgata  abzuweichen  und  mich  an  die 
übliche  identificierung  der  Maxitani  mit  den  Mä£u€C  oder  MdZuec 
der  griechischen  Schriftsteller  hielt,  welcher  auch  Tissot  'göographie 
compar6e  de  la  province  romaine  d'Afriqae'  I  s.  439  beitritt,  dasz 
nicht  nur  C  mustUanorum  bietet,  sondern  auch  TTT  muxiUHwrum 
überliefern,  wonach  der  archetypus  voraussichtlich  ein  u  und  kein  a 
in  der  ersten  silbe  gehabt  haben  würde,  konnte  zufällig  sein,  allein 
allem  anschein  nach  war  mein  verfahren  verkehrt,  und  es  bewährt  sich 
hier  C  wieder  als  diejenige  bs.,  welche  allein  das  echte  bewahrt  hat. 
Mustüanorum  scheint  nemlich  keine  corruptel  zu  sein,  sondern  die 
richtige  form,  von  Maxitani  weisz  sonst  die  ganze  antike  litteratur 
nichts ,  und  die  oben  erwähnte  identificierung  ist  rein  willkürlich. 
Mustiiani  dagegen  hat  es  gegeben,  obwohl  sie  nur,  so  viel  ich  sehen 
kann,  an  einer  einzigen  stelle  vorkommen,  in  der  ^notitia  provin- 
ciarum  et  civitatum  Africae'  nemlich,  welche  in  der  hs.  von  Laon 
dem  Victor  von  Vita  angehängt  ist,  findet  sich  unter  den  bischöfen 
der  provinz  Numidien  unter  n.  71  ein  Antonianus  mustita^MAS  ver- 
zeichnet (monumenta  Germaniae  auct.  antiq.  III  1  s.  65),  und  somit 
wird  wohl  auch  Hiarbas  von  Trogus  als  rex  Mustüanorum  bezeichnet 
worden  sein,  das  gebiet  der  Mustitani  wird  durch  die  läge  der  stadt 
Musti  bestimmt,  welche  viermal  im  itinerarium  Antonini  vorkommt 
und  bei  dem  heutigen  Sidi-Abd-el-Bebba  gelegen  hat. 

57.  Bei  Justinus  XLI  3,  6  heiszt  es  von  den  Parthem:  in 
superstüionihus  ac  cura  deorum  praecipua  omnibus  veneratio  est.  das 
halten  die  ausleger,  auch  Dübner,  für  unmögliches  latein  und  folgen 
daher  der  conjectur  von  JPGronov,  der  amnibus  für  omnibus  schrieb, 
ich  will  dabin  gestellt  sein  lassen ,  ob  diese  änderung  verständiges 
und  verständliches  latein  liefert,  sie  ist  jedenfalls  unnötig,  denn  die 
redensart  veneratio  in  cUiqiui  re  ist  durchaus  untadellich :  der  satz 


336  FRühl:  vermischte  bemerkungeiL.   68. 

des  Justinus  findet  sein  genaaes  analogon  in  dem  des  Gurtias  VI 
5,  29  onmibus  harharis  in  corparum  tnaieskUe  veneraiio  est, 

58.  Im  rhein.  museum  XXIX  s.  639  f.  habe  ich  bei  Eutropius 
I  20  eine  Umstellung  vorgeschlagen,  überliefert  ist  dort:  neqiu  do- 
fendi  quicquam  nisi  CapUölium  potuä^  quod  cum  diu  öbsedissetU  et  tarn 
Bomani  fame  lahararenty  a  CamiUo  qui  in  viema  dvitate  exuUbat 
Q-aUis  auperventum  est  gravissmeque  vidi  sunt,  postea  tarnen  etiam 
accepto  auro^  ne  Capitolium  obsiderenty  recesserunt^  sed  secutus  eos 
Camiüus  Ua  ceddit,  ut  et  aurum  quod  his  datum  fuerat  et  amnia 
quae  ceperant  mUMaria  Signa  revooaret.  ich  schlug  vor  zu  lesen: 
fame  läbararent  accepto  aurOf  ne  CapücUum  ohsiderent^  reeesserunt^ 
sed  a  CamiUo  qui  in  vidna  urbe  exuläbat  GhUis  superventum  est  gra- 
wssim^iue  vidi  sunt,  postea  tamen  etiam  secutus  eos  CamiUus  iia 
cecidit  usw.  wegen  meiner  gründe  wird  es  genügen  auf  den  ange- 
führten aufsatz  zu  verweisen,  in  den  ziemlich  zahlreichen  arbeiten, 
die  seitdem  über  Eutropius  erschienen  sind ,  ist  meines  vorschlage 
wiederholt  gedacht  worden ,  er  wird  aber  immer  mit  bezeichnungen 
wie  'allzu  scharfsinnig'  udgl.  abgelehnt,  wirklichen  gegengründen 
bin  ich  nur  bei  6inem  begegnet,  nemlich  bei  Mommsen,  und  viel- 
leicht hat  dessen  autoritftt  für  die  andern  genügt,  da  ich  meinerseits 
von  Mommsens  ausführungen  nicht  überzeugt  worden  bin ,  so  möge 
mir  eine  erwiderung  auf  dieselben  hier  gestattet  sein.  Mommsen 
(monum.  Germ.  auct.  antiq.  II  s.  22)  sagt  von  meinem  verschlag: 
'pervertuntur  ita,  quae  per  se  probabilia  et  cum  Livio  consentientia 
ab  Eutropio  referuntur,  scilicet  Gallos  primum  ad  urbem,  deinde 
iustiore  proelio  post  recessionem  victos  esse;  nam  si  post  recessionem 
utrumque  proelium  commissum  est,  quomodo  fieri  potuit  ut  poste- 
rioris  solius  causa  Camillus  eos  abeuntes  sequeretur?  immo  verba 
recte  tradita  sunt,  sed  corrupit  Eutropius  Livianam  narrationem 
inserta  altera  de  auro  armis  Camilli  recuperato.'  dasz  also  etwas  an 
sich  unsinniges  dastehe ,  gibt  Mommsen  zu ;  ob  er  die  worte  postea 
tamen  etiam  accepto  auro  für  richtig  überliefert  hält,  gibt  er  nicht 
an.  dasz  die  Überlieferung  sehr  alt  ist,  unterliegt  allerdings  keinem 
zweifei:  schon  Paianios  scheint  sie  vor  sich  gehabt  und  nicht  ver- 
standen zu  haben,  denn  er  übersetzt  etwas,  was  fraglos  weder  da- 
steht noch  dastand  (kqI  vik^  ji^v  auTOuc  t^  Tiptünj  cufinXcicQ.  die 
bk  oÜK  ÖexiÄpouv  Toö  ficrcoc,  divricavTO  Tuijuaici  Tfjv  dvoxidpiiav 
auTtüV  XP^C^H^)*  A^cf  Mommsen  meint,  Eutropius  habe  hier  zwar 
die  Livianische  erzählung  beil^ehalten ,  indessen  aus  einer  andern 
quelle  einen  damit  unverträglichen  bericht  übernommen  und  beides 
dann  ohne  sinn  und  verstand  zusammengeflickt,  dergleichen  ist  an 
sich  nicht  wahrscheinlich  und  wäre  für  Eutropius  erst  mit  beispielen 
zu  belegen,  wer  seine  Livianische  epitome  mit  anderm  material  er- 
weitert, dem  darf  man  zunächst  wohl  auch  zutrauen,  dasz  er  einen 
wenigstens  einigermaszen  vernünftigen  Zusammenhang  herzustellen 
vermag,  meine  restitution  der  stelle  nimt  auch  —  gerade  wie  Mommsen 
—  zwei  schlachten  an ,  eine  in  der  nähe  der  stadt,  wobei  die  Gallier 


FBühl:  vermischte  bemerkungen.   68.  69,  337 

besiegt  wurden,  aber  ihr  gold  und  ihre  trophäen  behielteni  und  eine 
zweite,  als  ihnen  Camillus  weiter  nachgefolgt  war,  in  der  sie  ihre 
beute  verloren,  wie  man  sich  indessen  auch  den  gedankengang  des 
Eutropius  zurecht  legen  möge,  er  musz  immer  zuerst  von  dem  los- 
kauf  des  Capitols  reden  und  dann  von  dem  siege  des  Camillus  bei 
der  Stadt,  nun  gab  es  zwei  traditionen  von  der  sache.  nach  der 
einen,  welche  zb.  Livius  und  Plutarch  vertreten,  kommen  die  Ghkllier 
infolge  des  siegs,  den  Camillus  in  der  stadt  erficht,  überhaupt  nicht 
in  den  besitz  des  goldes ;  nach  der  andern  ziehen  sie  mit  dem  golde 
ab,  es  wird  ihnen  aber  später  wieder  von  Camillus  abgenommen« 
Eutropius  folgt  der  zweiten  tradition,  verbindet  aber  die  Livianische 
wenigstens  so  weit  damit,  dasz  er  den  schönen  sieg  des  Camillus  bei 
oder  in  der  stadt  hinzufügt,  rein  ist  jene  zweite  tradition  zb.  bei 
Bufius  Festus  c.  6  erhalten,  am  ausführlichsten  bei  Servius  zur  Äen. 
YI  825  und  mit  unwesentlichen  abweichungen  bei  dem  zweiten  vati- 
caniscben  mythographen  (Mai  classici  auctores  in  s.  78).  dort  heiszt 
es :  Brenno  duce  GaUi  apud  AUiam  fltmum  ädetis  UgiombtAS  ever^ 
terunt  urhem  Eomam  ahsque  CapUoUo^  pro  quo  inmensam  peoumaim 
accepenmt.  ttmc  CamiUus  ahsens  didator  est  faduSy  cum  diu  esset  apud 
Ardeam  in  exüio  prapter  Veientanam  praeäam  non  aequo  iure  dwi' 
sam\'  et  QäUos  iam  dbewntes  secuius  estj  quibus  interempOs  aurum 
omne  recepü  et  signa.  quod  cum  UUc  appendisset^  dvüati  nomen  dedU: 
nam  Pisaurum  dicitury  quod  üUc  aurum  pensatum  est.  post  hoc  tarnen 
factum  rediit  in  exüium^  unde  rogcUus  reversus  est.  nur  was  hier 
über  den  ort  der  gallischen  niederlage  gesagt  wird,  darf  man  allen- 
falls mit  Schwegler  (RG.  III  s.  262  f.)  für  Dichtung  des  beginnenden 
mittelalters'  halten,  das  übrige  geht  auf  irgend  einen  annalisten  zu- 
rück, warum  Droysen  Zonaras  VII  23^  citiert,  weisz  ich  um  so  weni- 
ger, da  Zonaras  doch  nur  aus  Plutarchs  Camillus  schöpft,  der  neben- 
umstand dasz  Camillus  auch  bei  Plutarch-Zonaras  den  Galliern  folgt 
ist  vollkommen  gleichgültig,  und  die  Übereinstimmung  mit  Eutropius 
ist  nur  eine  zufällige,  da  bei  Plutarch  die  Gallier  eben  ohne  gold  ab- 
ziehen, die  sache  liegt  also  gerade  umgekehrt  wie  Mommsen  meint: 
Eutropius  hat  nicht  den  Livianischen  bericht  durch  einen  andern 
'de  auro  a  Camillo  recuperato'  erweitert ,  sondern  er  hat  in  eine  er- 
Zählung  von  dem  loskauf  des  Capitols  und  der  spätem  Wiedergewin- 
nung des  lösegeldes  durch  Camillus  ein  stück  aus  dem  Livianischen 
bericht  eingeschoben. 

59.  Es  ist  in  hohem  masze  bestreitbar,  dasz  Seeck  in  seinem  be- 
kannten aufsatz  im  Hermes  XI  s.  61  ff.  den  geist  der  schriftstellerei 
des  Vegetius  richtig  erfaszt  habe,  und  auch  seine  aufstellungen 
über  die  lebenszeit  des  mannes  sind  vielleicht  weniger  sicher,  als  an- 
genommen zu  werden  pflegt,  ich  beschränke  mich  indessen  hier  auf 
die  erörterung  eines  einzigen  argumentes;  dessen  bedeutung  über  die 

*  dieser  bei  Livius  nicht  angegebene  grund  steht  auch  bei  Eutropius 
II  20,  1;  HDroysens  citat  zu  der  stelle  (Serv.  ad  Aen,  VI  285)  ist  ein 
druck  fehler. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  5  u.  6.  22 


338  FBühl:  vermischte  bemerkungen.   69.  $0. 

litterarhistorische  frage  hinausreicht.  Vegetias  sagt  nemlich  I  20 
folgendes:  od  tirhe  enim  conäUa  usque  ad  tempus  divi  Gratiani  et 
catafraäis  et  goMs  tnaniehcUur  pedestris  exercUus.  sed  cum  com" 
pestris  exercUatio  interveniente  neglegentia  desidiaque  cessaret^  gravia 
videri  arma  coeperunt,  quae  raro  milües  induebant;  itaque  ab  tmpera- 
iare  postulant  primo  catafraäas,  deinde  cassides  [sedere]  refundere. 
sie  deteäis  peäoribtis  et  capUibfAS  congressi  contra  Gothas  müües  nostri 
muUitudine  sagütartorutn  saepe  ddeti  sunt,  Seeck  behauptet  nun,  die 
erwttbnung  Gratians  sei  reine  datierung,  da  dieser  kaiser  nie  den 
Orient  beherscht  habe^  und  die  werte  des  Yegetius  besagten,  dasz  bis 
zum  tode  Gratians  die  alte  gute  sitte  geherscht  habe ;  das  sei  ge* 
nügender  grund  ftlr  die  annähme,  dasz  das  werk  weder  Theodosius  I 
noch  Yalentinian  11  gewidmet  worden  sein  könne,  diese  sätze  sind 
aber  falsch,  die  werte  usque  ad  tempora  divi  Oratiani  können  nur 
besagen  ^bis  zur  zeit  des  hochseligen  Gratianus',  dh.  die  Veränderung 
trat  eben  zu  dessen  zeit  ein,  Gratianus  ist  es  welcher  die  alten  schutz- 
waffen  abschaffte,  das  wird  zum  überflusz  durch  das  folgende  er- 
wiesen, ah  imperatore  postulant  heiszt  es ,  und  kein  unbefangener 
leser  kann  dabei  an  einen  andern  imperator  denken  als  eben  an  Gra- 
tianus. ob  die  neglegentia  und  desidia  auch  dem  Gratianus  schuld  ge- 
geben werden  soll,  ist  nicht  mit  gleicher  Sicherheit  zu  sagen;  sie 
können  auch  unter  einem  seiner  Vorgänger  eingerissen  sein  und  dann 
unter  Gratianus  zu  jener  forderung  geführt  haben,  keiner  seiner 
nachfolger  konnte  sich  durch  die  darstellung  des  Yegetius  irgendwie 
gekränkt  fühlen,  die  erwähnung  der  Gothenkriege  zeigt  aber  deut- 
lich, dasz  die  beklagte  reform  unter  Gratianus  vorgenommen  worden 
sein  müsse :  denn  die  furchtbaren  niederlagen  der  Bömer  durch  die 
Westgothen  fallen  eben  in  dessen  regierungszeit.  es  wäre  mehr  als 
lächerlich  die  siege  der  Oothen  der  beseitigung  eines  teils  der  schutz- 
waffen  der  römischen  Soldaten  zuzuschreiben,  wenn  die  auf  die  alte 
weise  gerüsteten  trappen  schon  vorher  und  noch  viel  vernichtender 
geschlagen  worden  wären,  also  Gratianus  selbst  hat  jene  änderung 
in  der  ausrüstung  des  römischen  heeres  vorgenommen;  wir  müssen 
es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  die  reform  anfänglich  blosz  im  westen 
oder  gleichzeitig  auch  im  Osten  des  reichs  vorgenommen  wurde,  aus 
der  schilderangi  welche  Ammianus  XXXI  7, 14  von  der  art  der  Ver- 
wundung der  bei  Salices  gefallenen  Römer  entwirft ,  liesze  sich  das 
letztere  schlieszen,  allein  bekanntlich  haben  dort  auch  weströmische 
trappen  mitgefochten. 

60.  Der  codex  Yossianus  des  Ausonius  soll  nach  Schenkl  wie 
nach  Peiper  in  langobardischor  schrift  geschrieben  sein,  das  ist  in- 
dessen ein  entschiedener  Irrtum,  die  schrift  ist  vielmehr  westgothisch, 
wie  die  facsimiles,  welche  den  beiden  neuesten  ausgaben  dankens- 
werter weise  beigegeben  sind ,  deutlich  zeigen,  es  genügt  auf  zwei 
buchstabenformen  hinzuweisen,  auf  das  a  und  das  g,  welche  im 
langobardischen  nie  so  aussehen  wie  in  unserm  codex,  wohl  aber 
regelmäszig  im  westgothischen.   ferner  ist  westgothisch ,  aber  nicht 


FRühl:  vermischte  bemerkuogeiu   60-^d.  339 

langobardisch  die  form  des  Striches  für  m  (^)  und  die  abkttrzong^ 
für  per  (vgl.  meine  bemerkungen  in  Bitschis  actft  IV  s.  378).  auch 
manche  andere  abkürzungen  wie  die  für  que  tragen  weetgothisehen, 
nicht  langobardischen  Charakter,  für  ^westgothischen'  ursprang  spre- 
chen auch  die  orthographischen  eigentttmlichkeiten,  weldie  Schenkl 
s.  XXXTTT  seiner  ausgäbe  zusammengestellt  hat,  namentlich  die  for- 
men guum  und  quur  (vgl.  ao.  s.  377).  endlich  stimmt  das  resultat 
der  paläographischen  Untersuchung  vortrefflich  mit  der  herkunft  des 
codex  ttberein,  da  dieser  aus  Südfrankreich  stammt  und  dort  zwar 
die  westgothische ,  aber  nicht  die  langobardlsche  schrift  im  ge- 
brauch war. 

61.  Bei  dieser  gelegenheit  möchte  ich  den  zweifei  nicht  Iftnger 

unterdrücken,  den  ich  schon  lange  hege^  ob  nemlich  der  codex  300 

der  Leipziger  Universitätsbibliothek,  welcher  die  moralia  Gregors 

des  groszen  enthält,  wirklich  im  j.  1218  geschrieben  sei.    die 

Unterschrift  lautet  auf  dem  facsimile  bei  Arndt  schrifttafeln  tf.  52 : 

o     o         o 
Anno  müt  CO.  XVIII .  Conradus  scripsU  hu/nc  Uhrum  Sanäo  Päro 

in  sereno  Monte.  Gratias  domino  Bonorum  omnium  largüori.  man 

könnte  dabei  an  jenen  Conradus  denken,  welchem  die  abfassung  des 

chronicon  Montis  Sereni  zugeschrieben  wird,  allein  die  schrift  scheint 

mir  den  Charakter  nicht  des  beginnenden  dreizehnten,  sondern  eher 

des  vierzehnten  jh.  zu  tragen,  sowohl  hinsichtlich  des  ganzen  doetus 

als  auch  hinsichtlich  einzelner  buchstaben,  wie  zb.  des  scblusz-^und 

auch  des  a ,  und  ich  möchte  daher  vermuten ,  dasz  jene  Unterschrift, 

wie  sonst  häufig,  aus  der  vorläge  mit  abgeschrieben  worden  sei. 

62.  Im  corpus  inscr.  Lat.  Y  n.  923  (<»>  Wilmanns  n.  1495) 
steht  die  in  Aquileja  gefundene  grabschrift  eines  C.  Manlius  Vale- 
rianus,  von  dem  es  in  greulichen  versen  heiszt :  Sassina  quem  genuitj 
nuncÄquüeia  tenet;  septimae  qui  cohortis  centuriam  reguU  praetoriae 
fidus  non  harharicae  legionis.  Wilmanns  verweist  zur  erklärang  auf 
die  irrelevante  stelle  des  Hyginus  de  castramet.  2  und  auf  Tacitus 
hist.  II  21  Uli  (sc.  legionarii)  ut  segnem  et  desidem  et  Circo  ac  theairis 
corruptum  müUem^  hi  (sc.  praetoriani)  peregrinum  et  externum  in- 
crepdbant,  das  reicht  aber  zur  erklärung  eines  solchen  ausdrucks  der 
erbitterung  auf  einem  grabstein  nicht  aus,  zumal  da  in  gewöhnlichen 
Zeiten  (und  selbstverständlich  erst  recht  in  denen  des  Vitellius)  die 
militärische  disciplin  die  äuszerung  einer  solchen  gesinnung  unmög- 
lich gemacht  hätte,  derselbe  grund  läszt  sich  gegen  Mommsens  er- 
klärungsversuch  einwenden,  dasz  nemlich  die  legio  XI  Claudia,  in 
der  sich  viele  barbaren  befanden,  entweder  Habante  aetate',  dh.  im 
dritten  und  vierten  jh.  in  Aquileja  garnisoniert  oder  sich  aus  dort 
angesiedelten  Sarmaten  recrutiert  habe  und  deshalb  in  Aquileja  ein 
scharfer  gegensatz  zwischen  prätorianem  und  legionaren  bestanden 
habe,  es  müssen  ganz  auszerordentliche  umstände  obwalten,  um  auf 
dem  grabstein  eines  officiers  eine  derartig  verächtliche  bezeichnung 
eines  andern  teils  desselben  heeres  zu  ermöglichen,   solche  auszer- 

22» 


340  FRühl:  vermischte  bemerkungen.   62.  63. 

ordentliche  umstände  haben  indessen  in  der  that  einmal  vorgelegen, 
der  fundort  Aquileja  scheint  darauf  hinzuweisen,  dasz  wir  es  mit 
einem  officier  der  italischen  trappen  zu  thun  haben,  welche  Maximus 
und  Balbinus  gegen  Maximinus  Thrax  und  seine  in  der  that  völlig 
barbarischen  legionen  aufboten,  in  jenen  kämpfen  und  unmittelbar 
nachher  kann  eine  solche  grabschrift  nicht  auffallen. 

63.  Man  wird  im  allgemeinen  jetzt  wohl  einig  darüber  sein, 
dasz  Eyme  in  Italien  nicht,  wie  Eusebios  nach  Africanus  angibt  % 
im  elften  jh.  vor  unserer  zeitrechnuiig  gegründet  worden  ist,  was 
bekanntlich  schon  Niebuhr  bezweifelte;  auch  FvDuhn,  welcher  in 
den  Verhandlungen  der  Trierer  philologenvers.  (1879)  s.  142  ff.  für 
das  hohe  alter  der  stadt  eintrat ,  hat  vermutlich  seine  damalige  an- 
sieht längst  aufgegeben,  wen  die  sonstigen  gründe  nicht  überzeugt 
haben  sollten,  der  wird  doch  wohl  dem  Charakter  der  funde  in  den 
kymäischen  gräbem,  wie  ihn  Heibig  in  seinen  ^cenni  suir  arte  fenicia' 
(annali  dell'  Inst,  di  corr.  arch.  1876  s.  230  ff.)  und  in  seinem  buche 
über  das  Homerische  epos'  s.  88  ff.  dargelegt  hat,  die  beweiskraft 
nicht  absprechen  können.^  nicht  gelöst  ist  aber  bis  jetzt  die  frage, 
wie  jener  unhaltbare  ansatz  für  die  gründung  von  Kyme  entstanden 
sei.  Heibig  scheint  zwei  möglichkeiten  anzunehmen,  einmal  (Hom. 
epos^  s.  433)  glaubt  er,  dasz  man  Eyme  so  hoch  hinaufgerückt  habe, 
weil  Aeneas  die  stadt  besucht  haben  sollte,  und  meint,  nach  erfin- 
dung  der  albanischen  königsliste  habe  man  infolge  dessen  den  Ur- 
sprung der  Stadt  noch  früher  ansetzen  müssen,  als  bis  dahin  geschehen 
war.  diese  ansieht  ist  unhaltbar,  denn  der  feste  punkt,  von  dem 
bei  solchen  aufstellungen  ein  Chronograph  ausgehen  muste,  war  nicht 
die  gründung  der  stadt  Rom,  sondern  die  Zerstörung  von  Troja,  imd 
es  gibt  keinen  ansatz  für  dieses  ereignis ,  der  gestattet  hätte  den  be- 


^  in  der  reduciening  des  Kusebiächen  datums  auf  Jahre  vor  Christus 
Lerscht  bei  den  neuern  eine  auffallende  Verschiedenheit.  Hierouymus 
setzt  die  gründung  von  Kyme  in  das  j.  967  Abrahams  (so  APMR,  965  F 
und  Dionysios  von  Telmahre;  Schöne  folgt  dem  Bongarsianus,  wie  sonst 
so  oft,  und  nimt  968  an),  nach  den  auseinandersetzungen  von  AvGut» 
scbmid  'de  temporam  notis  quibus  Eusebius  utitur  in  chronicis  canonibus' 
(Kiel  1868;  vgL  namentlich  s.  28)  sind  die  jähre  Abrahams  1 — 1239  so 
zu  reducieren,  dasz  man  sie  von  2019  abzieht;  das  Eusebische  grüodungs- 
datum  von  Kyme  ist  also  weder  1046  noch  1049,  sondern  1052  vor  Ch. 
das  lemma  in  den  hss.  des  Ilieronymus  heiszt  bekanntlich  Mycena  in 
Italia  condita  vel  Cumae,  nur  dasz  FM  vel  Cnmae  auslassen.  Duncker 
gesch.  des  alt.  V^  s.  485  scheint  aus  dieser  crwähnung  von  Mykena 
irgend  etwas  schlieszen  zu  wollen,  der  hsl.  befund  führt  im  verein  mit 
den  notizon  bei  Synkellos  s.  340,  13  Bonn,  und  Dionysios  von  Telmahro 
zum  j.  965  doch  wohl  darauf,  dasz  in  dem  urcodex  des  llieronymus  eine 
corruptel  vorlag,  hervorgerufen  durch  das  folgende  lemma  Myrena  und 
dasz  diese  dann  richtig  corrigicrt  wurde,  in  einem  teil  der  hss.  wurde 
die  correctur  übersehen,  in  einem  andern  als  zusatz  aufgefaszt  und  an 
das  endo  des  lemma  gestellt.  '  OWcise  im  rhein.  museum  XXXVIII 
s.  549  redet  freilich  sehr  verwunderlich  über  die  sache  hin  und  her;  er 
ist  aber  offenbar  der  frage  absichtlich  ans  dem  wege  gegangen,  vgl. 
noch  Busolt  griech.  gesch.  I  s.  247  ff. 


FBühl:  Termischte  bemerknngen.   08.  341 

such  des  Aeneas  in  Eyme  als  chronologisch  möglich  hinzustellen« 
sich  dabei  auf  Vergilius  {Am.  VI  1  ff.)  und  Ovidius  (mä.  XIV 101  iL) 
zu  berufen  ist  vOllig  zwecklos ,  da  die  poeten  wie  ihre  nfthrmutter, 
die  sage  das  recht  haben  um  Chronologie  vollständig  unbekümmert 
zu  sein.^ 

Anderseits  meint  nun  Heibig  (s.  432)  den  Ephoros  für  den  fal- 
schen ansatz  oder,  i^ie  es  scheint,  für  eine  Vorstufe  desselben  ver- 
antwortlich machen  zu  können,  der  soll,  seinem  bekannten  kj- 
mäischen  localpatriotismus  nachgebend ,  das  italische  Eyme  als  eine 
colonie  seiner  eignen  Vaterstadt,  des  ttolischen  Eyme,  in  eine  mög- 
lichst alte  zeit  hinaufgerückt  haben,  begünstigt  durch  den  von 
Heibig  als  heuristische  hypothese  vorausgesetzten  umstand,  dasz  in- 
folge der  eroberung  Eymes  durch  die  Osker  die  eponymenliste  der 
Stadt  in  Unordnung  geriet,  angenommen,  dem  wäre  so,  so  mttste 
Ephoros  doch  jedenfalls  an  dem  uns  überlieferten  datum  unschuldig 
sein :  denn  er  konnte  das  italische  Eyme  nicht  gut  früher  gegründet 
sein  lassen  als  das  äolische.  wir  haben  aber  überhaupt  keinen  grund 
Ephoros  in  irgend  welche  beziehung  mit  der  angäbe  zu  setzen,  Eyme 
sei  im  elften  jh.  gegründet  worden,  dasz  diese  anschauung  überhaupt 
aufkommen  konnte,  liegt  daran  dasz  man  sich  gewöhnt  hat  die  an- 
gaben des  Vellejus  und  des  Eusebios  über  die  gründung  von  Eyme  für 
die  gemeine  tradition  des  altertums  zu  halten,  indessen  weist  Heibig 
mit  vollem  recht  darauf  hin,  dasz  Strabon  V  s.  243  Gas.  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  aus  Ephoros  geschöpft  habe,  dort  steht  aber  ledig- 
lich folgendes :  Tautaic  b'  d<p€Ef|c  dcTi  Kujliti,  Xa\Kib^u)v  Kai  Ku^aiu)V 
TraXaiÖTaTOv  Kiic^a  •  iracOüV  f&p  den  TrpecßuTdTii  tuiv  t€  CikcXi- 
KU)V  Kai  TUJV  'liaXiuJTibuJV.  daraus  folgt  nun  für  die  Zeitbestim- 
mung eigentlich  gar  nichts ;  höchstens  könnte  man  daraus  schlieszen, 
dasz  Ephoros  die  Stadt  nicht  für  sehr  viel  älter  gehalten  haben  kann 
als  die  sonstigen  ansiedlungen  der  Griechen  in  Italien  und  Sicilien ; 
hätte  er  an  einen  unterschied  von  Jahrhunderten  gedacht,  so  hätte 
Strabon  wohl  ein  wort  wie  TToXXtfi  oder  dgl.  hinzufügen  müssen, 
was  dann  weiter  über  die  umstände  der  gründung  erzählt  wird^ 
weist  zwar  nicht,  wie  Heibig  (s.  430)  sagt^  *eher  auf  ein  vorgerücktes 
Stadium  als  auf  den  beginn  der  nach  dem  westen  gerichteten 
colonisation  hin',  wohl  aber  auf  eine  zeit,  wo  die  colonisation  femer 
gegenden  überhaupt  bereits  etwas  ziemlich  häufiges  war  und  am 
allerwenigsten  auf  die  zeit  wenige  Jahrzehnte  nach  der  rückkehr  der 
Herakliden. 


*  wie  Heibig  so  auch  Duncker  gesch.  d.  alt.  Y^  8.  485  f.,  deasen 
rösuDgsyersncb  sonst  dem  meinigen  ziemlich  ähnlich  ist.  vollkommen 
unlogisch  ist  indessen  seine  ausführung:  'seitdem  Vergilius  den  Aeneas 
an  die  gestade  des  4:euböischen  Cumae>  hatte  gelangen  lassen,  um 
hier  die  Sprüche  der  cumäischen  Sibylle  zu  empfangen,  musten  die 
Römer  die  gründung  Cumaes  entsprechend  über  die  gründung  Roms 
hinaufrücken,  bei  Solinus  bauen  die  £uböer  Cumae,  nachdem  Ascanins 
Alba  longa  erbaut  hat.' 


342  FEühl:  vermischte  bemerkangen.   63. 

•     ^^ 

Ein  bestimmtes  gründungsdatum  für  Ejme  ist  auszer  bei  Ense- 

bios  nicht  überliefert,  und  nur  Yellejus  hat  eine  angäbe,  welche  mit 
derjenigen  der  christlichen  Chronographen  einigermaszen  überein- 
stimmt, wenn  wir  die  Ursache  des  bei  diesen  Schriftstellern  obwal- 
tenden irrtums  ermitteln  wollen ,  so  wird  es  sich  empfehlen  jeden 
einzeln  zu  betrachten  und  uns  dabei  an  die  reihenfolge  der  ereignisse 
zu  halten ,  ohne  auf  die  bestimmten  zahlangaben  besonderes  gewicht 
zu  legen,  da  Vellejus  oder  sein  chronologisches  handbuch  sichtbar 
von  dem  chronologischen  Zahlenschema  des  Africanus  abweicht,  nun 
bietet  Yellejus  folgende  reihenfolge  dar:  rUckkehr  der  Herakliden 
80  jähre  nach  der  Zerstörung  Trojas,  besiedelung  von  Lesbos  15  jähre 
später  y  angriff  der  Peloponnesier  auf  Griechenland  und  tod  des  Eo- 
dros,  metanastasen  in  Griechenland,  zu  derselben  zeit  gründung  von 
Chalkis  und  Eretria  auf  Euböa  und  Magnesia  in  Asien ;  nee  mtätopost 
gründung  von  Eyme  in  Italien,  suhseguenti  tempore  ionische  Wande- 
rung et  mox  äolische  und  gründung  von  Smyma,  Eyme  in  Asien  usw. 
dieses  Schema  zeigt  eine  frappante  ähnlichkeit  mit  einem  andern  in 
dem  dem  Uerodotos  untergeschobenen  leben  Homers,  einem  buche 
das  bekanntlich  aus  sehr  guten  quellen  schöpft,  wo  es  heiszt  (c.  38) : 
diTÖ  Tcip  Tf]C  elc  "IXiov  crpaniiiic,  f^v  'ATaM^livuiV  kqi  Mev^Xaoc 
f^T€ipav,  fieciv  öctepov  ^Karöv  Kai  TpidKOvia  A^cßoc  ibKicOn 
Kaxä  TTÖXeic,  irpÖTepov  doOca  dTToXic.  juetd  hi  A^cßov  olKicOetcav 
fieciv  öctepov  eiKoci  Ku^n  f|  AIoXiOütic  Kai  OpiKUJvic  KaXeo^evn 
iliKicGTi.  |Li€Td  hi  KujiTiv  ÖKTUJKaib€Ka  fxeciv  öcTcpov  Cfiupva  uttö 
Ku)Liaiu)V  KaTipKicOr).  das  ist  im  wesentlichen  dieselbe  Ordnung  der 
Sachen,  und  daraus  darf  man,  wenn  andere  gründe  dazukommen, 
wohl  schlieszen,  dasz  in  der  quelle  des  Yellejus  einfach  eine  Ver- 
wechselung zwischen  dem  italischen  und  äolischen  Eyme  stattgefun- 
den hat.  diese  nötige  bestfttigung  aber  bringt  eben  Eusebios.  bei 
diesem  folgen  aufeinander:  Heradidarum  descensus  in  Pehponnesuin^ 
Peloponncnses  contra  Athenas  ditnicantj  tod  des  Eodros,  gründung 
von  Magnesia  (964  Abrahams),  gründung  von  Eyme  in  Italien 
(967;  s.  oben),  gründung  von  Myrina  (971  nach  PRM,  970  nach 
den  von  Schöne  vorgezogenen  hss.),  gründung  von  Ephesos,  ionische 
Wanderung  (978  nach  dem  SchOneschen  Hieronymus,  979  nach  M, 
980  nach  B  und  dem  Armenier,  981  nach  AP),  hier  haben  wir  zu- 
nächst ein  versehen  des  Eusebios  zu  berichtigen,  der  setzt  die  grün- 
dung von  Eyme  in  Italien  vor  die  von  Myrena  und  Ephesos ,  allein 
Africanus  hatte  die  umgekehrte  reihenfolge.  das  ergibt  sich  aus 
Synkellos,  der  s,  340  Bonn,  die  reihenfolge  Myrine,  Ephesos,  Eyme 
in  Italien  hat.  der  fehler  fUllt  dem  Eusebios,  nicht  dem  Hieronymus 
oder  dessen  hss.  zur  last^  da  auch  Dionysios  von  Telmahre  Eyme, 
Murina  und  Ephesos  in  dieser  Ordnung  ayf  einander  folgen  Iftszt 
(zum  j.  965.  967  und  968).  was  es  mit  diesen  Städtegründungen  in 
Wirklichkeit  auf  sich  hat,  erfahren  wir  von  Diodor,  der  zunächst 


^  in  der  armeniscben  Übersetzung  fehlen  diese  drei  daten. 


i 


FRühl:  Termisohte  bemerkmigen.   68.  343 

(III  54,  5)  angibt,  die  Amazone  Myrina  habe  die  gleiclmamige  Stadt 
gegründet,  und  dann  weiter  (III  56,  6),  sie  habe  anszerdem  auch 
das  äolische  Eyme,  Pitana  und  Priene  angelegt  nnd  naoh  hervor- 
ragenden führerinnen  der  Amazonen  benannt,  damit  stimmen  im 
wesentlichen  die  angaben  Strabons  (XI  s.  505.  XII  573.  Xm  638), 
und  dasz  Ephesos  auch  in  die  reihe  der  Amazonengründangen  ge- 
hört, ist  bekannt,  erwägen  wir  alle  diese  nmstSnde,  so  ergibt  sieh 
dasz  auch  hier  das  italische  Eyme  lediglich  durch  ein  rersehen  ge- 
nannt wird  und  ursprünglich  von  dem  ftolischen  die  rede  war.  Yel- 
lejus  und  Africanus ,  deren  Chronologie  ja  im  übrigen  eine  verschie- 
dene ist,  gehen  also  in  letzter  linie  auf  einen  und  denselben  autor 
zurück,  der  aus  irgend  einem  gründe  beim  abfassen  einer  geschichts- 
tabelle  einen  groben  fehler  durch  die  Verwechselung  zweier  gleich- 
namiger st&dte  machte,  wer  dieser  Schriftsteller  war,  wird  man  nicht 
wagen  dürfen  bestimmen  zu  wollen;  denken  könnte  man  zb.  an 
Alexander  Polyhistor,  bei  Yellejus  ist  dann  die  saohe  noch  weiter 
verwickelt  worden  ,  weil  er  selbst  oder  das  handbuch  dem  er  folgte 
noch  eine  andere  bessere  quelle  hatte*  und  deren  angaben  mit  den 
andern  einigermaszen  ausgeglichen  werden  sollten,  aus  dieser  zwei- 
ten quelle  stammt  die  angäbe  über  Hippokles  und  Megasthenes  als 
gründer  des  italischen  Eyme^  (I  4, 1).  der  eigentliche  Ursprung  des 
fehlers  ist  wohl  darin  zu  suchen,  dasz  Ephoros,  wie  wir  ans  Strabon 
Xn  s.  550  wissen,  seine  Vaterstadt  zweimal  gegründet  werden  liess, 
nemlich  einmal  von  den  Amazonen  und  dann  spttter  noch  einmal 
von  Aeoliern  und  loniem.  wer  dann  —  wer  weisz  durch  wie  viel 
mittel glieder  hindurch  —  in  seiner  quelle  die  gründung  von  Eyme 
zweimal  verzeichnet  fand  und  zum  zweiten  male  in  Verbindung  mit 
der  äolischen  Wanderung,  der  konnte,  wenn  er  die  frage  nicht  ein- 
gehender untersuchte ,  sehr  leicht  auf  den  gedanken  kommen ,  dasz 
es  sich  das  erste  mal  um  die  gründung  des  italischen  Eyme  handle. 
Im  übrigen  darf  man  die  chronologischen  angaben  im  36n  capitel 
des  falschen  Herodotos  ganz  gewis  nicht  auf  Ephoros  zurückführen, 
wozu  Johannes  Schmidt  ^de  Herodotea  quae  fertur  vita  Homeri' 
(Halle  1875)  s.  117  zu  neigen  scheint,  da  diese  zahlen  ein  viel 
höheres  datum  für  die  rückkehr  der  Herakliden  und  die  TpuiiKd 
ergeben,  als  Epboros  angenommen  haben  kann/  allein  vielleicht 
können  sie  dazu  dienen  ^  einen  Widerspruch  über  die  zeitansfttze  des 
Ephoros  ausgleichen  zu  helfen,  für  den  eine  befriedigende  lOsung 
noch  nicht  gefunden  ist.  wir  haben  bekanntlich  zwei  angaben  über 
die  zeit,  in  welche  Ephoros  die  rückkehr  der  Herakliden  setzte,  und 
diese  stimmen  nicht  genau  mit  einander  überein.  die  eine  steht  bei 
Clemens  von  Alexandreia  ström.  I  21  s.  403  (Potter)  und  lautet: 

*^  vgl.  Robde  im  rhein.  mos.  XXXVI  s.  551  anm..  2.  ^  der  be- 

treffende Satz  ist  übrigens  verdorben,  es  wird  etwa  zu  lesen  sein: 
nee  multo  post  Chalcidenses  ^  orti^  ui  praediximus ,  Atticis  conditoribuM^ 
Hippocle   et  Megasthene  ducibus  usw.  ^  vgl.  Rohde  im  rhein.  mns. 

XXXVI  8.  400  f.  418  ff. 


344  FRühl :  vermischte  bemerkungen.    68. 

dirö  TOUTOu  (nemlich  der  'HpaKXeibuiv  KciGoboc)  dni  6uaiv€Tov 
fipXOVTO,  i(p  oö  <paciv  'AXeEavbpov  elc  Tfjv  *Aciav  biaßnvai,  die 
filv  Oaviac  firi  diiTaKÖcia  beKaTr^vie,  ibc  bf  6<popoc  ^inraKÖcia 
TpidtKOVia  TT€VT€.  anders  Diodor  XVI  76  ''Ecpopoc  \xky/  6  Kujiiaioc 
Tfjv  icTopiav  ^vGdbe  Kax^CTpocpev  elc  Tf|v  TTepivGou  TroXtopKiav^ 
Tr€pi€i\Ti(pe  bk  Txji  TpCMpfi  7Tpd£€ic  TÖc  re  rdiv  '6X\r|vu)v  Kai  ßap- 
ßdpujv,  dpHd^evoc  dirö  rfic  tiIiv  'HpaKXeibiwv  KaGöbou*  xP^vov 
hk  TrepiAaße  cxeböv  ^tüliv  diiTaKOCiuJV  Kai  TrevTTjKOVTa.  gewöhn- 
lich pflegt  man  Diodors  angäbe  den  vorzug  einzuräumen,  da  er  den 
Ephoros  genau  kenne  und  daher  vorauszusetzen  sei,  dasz  er  über 
dessen  Chronologie  richtig  berichte.  JBrandis  *de  temporum  Grae- 
corum  antiquissimorum  rationibus'  (Bonn  1857)  s.  25  legt  den 
Clemens  sogar  ohne  ein  wort  der  begründung  zur  seite.  dazu  liegt 
aber  kein  grund  vor,  vielmehr  sprechen  alle  äuszem  umstände  für 
diesen,  er  ist  mit  seiner  zahl  735  so  genau  wie  möglich,  Diodor  hat, 
wie  aus  dem  zusatz  cxcböv  hervorgeht,  gar  nicht  die  absieht  voll- 
kommen genau  zu  sein;  Clemens  femer  gibt  ein  datum,  wie  es  gar 
wohl  bei  Ephoros  selbst  gestanden  haben  kann^,  während  das  datum 
bei  Diodor  o£fenbar  errechnet  ist,  da  Ephoros  kaum  in  der  läge  war 
eine  bestimmte  zahl  für  die  zeit  von  der  rückkehr  der  Hßrakliden 
bis  auf  die  belagerung  von  Perinthos  zu  geben ,  da  er  einmal  nicht 
die  absieht  gehabt  hat  mit  diesem  ereignis  zu  schlieszen  und  dann  das 
letzte  buch ,  welches  so  weit  reichte ,  nicht  von  ihm  selbst  verfaszt 
war.  wenn  wir  also  nur  die  wähl  hätten,  ob  wir  Diodor  oder  Cle- 
mens folgen  sollten,  so  müsten  wir  uns  für  den  letztem  entscheiden, 
den  ausgleichs versuch,  den  Karl  Müller  FHG.  I  s.  LIX  vorgetragen 
hat,  wird  heute  schwerlich  jemand  billigen,  allein  darin  scheint  mir 
Müller  recht  zu  haben,  dasz  Diodor  und  Clemens  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  ein  anderes  einzelnes  ereignis  zum  ausgangspunkt  ge- 
nommen haben ,  und  zwar  Diodor  den  einbruch  in  den  Peloponnes 
selbst,  Clemens  einen  Vorgang,  welcher  durch  diesen  einbruch  her- 
vorgerufen wurde,  als  einen  solchen  Vorgang  aber  bietet  sich  am 
nächsten  die  (erste?)  einnähme  von  Lesbos  dar.  von  dieser  erobe- 
rung  von  Lesbos  durch  Penthilos,  den  söhn  des  Orestes,  berichtet 
auszer  Vellejus  und  pseudo-Herodotos  auch  noch  Pausanias  III  2,  1 ; 
es  liegt  nichts  vor,  was  uns  verböte  hier  an  Ephoros  als  quelle  zu 
denken,  und  es  ist  sehr  wohl  möglich ,  dasz  Ephoros  dieses  ereignis 
wählte,  um  von  ihm  vorwärts  und  rückwärts  zu  rechnen,  das  würde 
durchaus  jenem  beimatsgefühl  entsprechen,  das  bei  ihm  so  lebhaft 
war  und  in  seiner  schriftstellerei  einen  so  hervorstechenden  und  zu- 
weilen fast  lächerlichen  ausdruck  fand,  lassen  wir  diese  erste  an- 
Siedlung  der  Atriden  auf  Lesbos,  wie  bei  Vellejus,  etwa  fünfzehn 
jähre  nach  dem  einbruch  der  Dorier  in  den  Peloponnes  erfolgen ,  so 
reduciert  sich  die  differenz  zwischen  Clemens,  der  den  Ephoros  1069, 

"  es  braucht  das  nicht  notwendig  im  prooimion  oder  im  ersten  buche 
gewesen  zu  sein. 


^   FKühl :  vermiechte  bemerkongen.  08.  345 

und  Diodor,  der  ihn  1090  vor  Ch.  mit  seiner  erzfthlung  beginnen 
läszt,  auf  sechs  jabre,  dh.  sie  wird  so  klein,  dasz  das  cxcböv  d^s Diodor 
zu  ihrer  erklärung  ausreicht,  wer  sehr  kühn  vorgehen  wollte,  könnte 
für  die  eben  vorgetragene  ansieht  sogar  eine  bestätigong  in  dem 
Africanischen  gründungsdatum  von  Eyme  suchen,  wir  haben  gezeigt 
(s.  342)  f  dasz  Eusebios  hier  eine  Verwirrung  angerichtet  hat  und 
dasz,  wenn  wir  auf  den  ansatz  des  Africanus  kommen  wollen,  Mjrina 
den  platz  einnehmen  musz,  welchen  bei  Hieronymus  Eyme  inne  hat, 
dieses  aber  denjenigen,  welchem  Ephesos  zugewiesen  ist.  also  war 
nach  Africanus  Myrina  1052 ,  aber  Eyme  1047  vor  Ch.  gegründet 
worden,  halten  wir  nun  den  Zeitraum,  welchen  der  falsche  Herodotos 
zwischen  der  besiedelung  von  Lesbos  und  der  gründung  von  Eyme 
ansetzt,  fest,  so  kommen  wir  für  das  erstere  ereignis  auf  1067  dh. 
etwa  auf  denselben  termin ,  mit  welchem  nach  Clemens  Ephoros  be- 
gonnen hat.  allein  ich  wage  vorläufig  nicht  damit  zu  operieren^  ob- 
wohl selbstverständlich  das  durcheinander  von  mythischen  und 
historischen  gründungen  bei  Africanus  kein  argument  gegen  eine 
solche  ansieht  abgeben  könnte. 

Wer  sich  nicht  entschlieszen  kann  bei  dem  Eusebischen  ansatz 
der  gründung  des  italischen  Eyme  an  ein  grobes  versehen  zu  glaa- 
ben ,  dem  bleibt  nichts  übrig  als  wie  bei  dem  ftolischen  Eyme  an 
eine  sog.  doppelgründung  zu  denken.  ^^  über  solche  doppelgrün- 
düngen  hat  Böckh  gehandelt  zum  CIG.  11  2655.  allmählich  ent- 
stehende volkssage  und  nationaleitelkeit  wirkten  zusammen,  die 
gründung  von  städten,  welche  in  mehr  oder  weniger  historischer 
zeit  entstanden  waren,  in  das  mythische  altertum  zu  verlegen  und 
dann  eine  ausgleicbung  zwischen  den  beiden  gründungsdaten  da- 
durch zu  versuchen ,  dasz  man  annahm,  die  betreffende  stadt  sei  be- 
reits in  einer  frühern  zeit  einmal  gegründet  worden.  Böckh  hat^ 
veranlaszt  durch  das  Verzeichnis  der  priester  des  Poseidon  zu  Hali- 
karnas ,  eine  anzabl  von  beispielen  solcher  doppelgründungen  ange- 
führt; da  sich  diese  indessen  sämtlich  auf  Eleinasien  beziehen  und 
es  noch  immer  gelehrte  zu  geben  scheint,  welche  mit  mythischen 
coloniegründungen  operieren,  so  wird  es  nicht  überflüssig  sein  auch 
durch  einige  analoge  beispiele  zu  zeigen,  dasz  dergleichen  auch  im 
Westen  gar  nicht  unerhört  ist.  da  ist  zb.  zu  nennen  die  gründung 
von  Sybaris  oder  eigentlich  von  Makella  durch  Philoktetes  (ps.- 
Aristoteles  mir.  ausc.  c.  107.  Lykophron  v.  919  ff.),  die  nachher 
auf  Thurioi  übertragen  wurde  (Just.  XX  1,  16).  wir  haben  gar 
keinen  grund  zu  zweifeln,  dasz  im  Apollontempel  zu  Thurioi  wirk- 
lich die  pfeile  des  Herakles  gezeigt  wurden.  ^^  dann  femer  die  grün- 


io  Fricke  «die  Hellenen  in  Campanien'  (Hildesbeim  1873)  s.  9  führt 
die  hoben  zahlen  für  die  gründang  von  Kyme  auf  «geBchlechterrechnang' 
zurück,  wenn  das  irgend  verständlich  sein  soll,  so  musz  er  auch  an  eine 
doppelgründung  gedacht  haben,  dem  vernehmen  nach  hat  Fricke  auch 
eine  abh.  Me  origine  Cumarum'  (Göttingen  1869)  geschrieben,  die  in- 
dessen auf  der  hiesigen  bibliethek  fehlt,  ^'  das  wesen  dieser  nach- 


346  FBühl:  vermischte  bemerkungen.   6S. 

düng  von  Metapont  durch  Epeios  (ps.-Arist.  mir.  ausc.  c.  108«  Lyko- 
phron  y.  946  ff.  Just.  XX  2,1.  Vell.  11,1);  in  dieselbe  epoche 
führt  die  erzählung  von  der  gründungder  stadt  durch  von  Troja  heim- 
kehrende Pylier  (Strabon  VI  s.  264) ,  und  wenn  sie  auf  einen  heros 
Metabos  zurückgeführt  wird  (ebd.  VI  s.  265),  so  ist  das  nur  eine  dritte 
art  den  verhältnismKszig  spät  gegründeten  ort  zu  einem  uralten  zu 
machen,  weiter  gehört  hierher  namentlich  die  mehrzahl  der  stAdte, 
deren  gründung  Diomedes  zugeschrieben  wurde;  ein  ganz  classisches 
Zeugnis  in  dieser  bezieh ung  ist  Vitruvius  I  4,  12  m  Apulia  appidum 
Sälpia  vetuSf  quod  Diomedes  ab  Troia  rediens  constüuit  sive^  quemaä- 
modum  nonnuUi  scripserunty  Elpkias  Bhodit^s,^*  an  eine  doppel- 
gründung  musz  man  auch  bei  den  Überlieferungen  über  die  gründung 
von  Kyrene  denken,  trotz  des  Widerspruchs  von  EO Müller,  der  sich 
*Orchomeno8  und  die  Minyer*'  s.  340  ff.  in  etwas  verwirrter  und 
unklarer  weise  über  die  sache  ausgelassen  hat.  auch  hier  war  übri- 
gens die  sage  von  der  ersten  gründung  eine  doppelte,  einmal  wurde 
sie  nemlich  auf  die  von  Hypseus  zur  aufsuchung  seiner  tochter  aus- 
gesandten männer  zurückgeführt,  welche  von  dem  reiz  der  gegend 
gefesselt  sich  dort  niederlieszen  (Just.  XIII  7,8);  dann  aber  musz 
auch  eine  andere  erzählung  verbreitet  gewesen  sein,  der  zufolge 
Aristaios  später  nach  seinem  geburtslande  zurückkehrte  und  dort 
eine  stadt  gründete  (das  musz  in  der  verstümmelten  stelle  Diod.  IV 
82,  4  gestanden  haben),  merkwürdig  häufig  scheinen  doppelgrün- 
dungen  auch  in  Spanien  zu  sein;  bei  Silius  III  332  ff.  kommt  zb., 
offenbar  nach  Trogus,  eine  ganze  menge  mythischer  Stammväter  und 
Städtegründer  vor,  über  die  man  bei  Ruperti  das  nötigste  bemerkt 
findet ,  und  wer  lust  hat  kann  mit  leichter  mühe  noch  ziemlich  viele 
andere  zusammenbringen,  solche  erfindungen  waren  hier  ebenso  be- 
quem möglich  wie  in  Italien,  da  man  in  dem  spät  bekannt  gewordenen 
lande  des  fernen  westens  sowohl  Herakles  als  auch  die  Homerischen 
beiden  beliebig  umherirren  lassen  konnte,  und  die  griechischen  anti- 
quare  haben  frühzeitig  dafür  gesorgt  griechische  mythen  dort  zu 
localisieren.  der  zweck  solcher  erfindungen  war  indessen  ein  anderer 
als  in  den  mit  griechischen  colonien  bedeckten  ländem.  es  handelte 
sich  nicht  eigentlich  darum  den  Städten  ein  hohes  alter  anzudichten, 
sondern  in  erster  linie  wirkten  hier  vielmehr  etymologische  Spie- 
lereien von  gelehrten  oder  gelehrten  dichtem ,  dann  mögen  allmäh- 
lich die  barbaren ,  nachdem  sie  mit  der  griechisch-römischen  civili- 
sation  etwas  vertraut  geworden  waren,  selbst  auf  den  gedanken 
gekommen  sein,  sich  eine  in  den  äugen  ihrer  herren  edlere  herkunfb 
beizulegen ,  und  endlich  musz  bei  den  von  den  Puniem  gegründeten 
Städten  eine  gewisse  loyalitätsbeflissenheit  gegen  die  Römer  mit- 


richt  des  Jastinas  wie  das  derjeDigen  über  MeUipont  ist  von  Enmann 
^quellen  des  Trogas'  s.  169  f.  nicht  richtig  erkannt  worden. 

**  die  haaptmasse  derartiger  notizen  über  Unteritalien  ist  zasammen- 
gestellt  bei  Lenormant  'la  grande  Gr6ce'  I  s.  119  ff.,  der  sehr  hübsch 
christliche  legenden  aus  dem  Rhonethal  vergleicht. 


FBühl:  vennischte  bemerknngen.  68.  347 

gewirkt  haben,  man  wollte ,  nachdem  Hispanien  definitiy  zur  pro- 
vinz  gemacht  worden  war,  nicht  mehr  von  den  todfeinden  der  herren 
der  erde  abstammen,  und  wenn  sich  das  auf  keine  weise  ableugnen 
liesz,  80  log  man  wenigstens,  dasz  irgendwelche  griechische  heroea 
bei  der  gründung  beteiligt  gewesen  seien  oder  nachher  der  bevOl- 
kerung  einen  Zuwachs  gebracht  hätten,  das  geschah  zb.  in  (Jades.  '* 
wenn  Movers  mit  solchen  Schwindeleien  ernsthaft  operiert  und  ge- 
legentlich  weitgehende  combinationen  darauf  baut,  so  gehGrt  das 
nur  zu  den  zahllosen  beispielen  jener  merkwürdigen  kritiklosigkeit| 
welche  seine  gelehrsamkeit  begleitet. 

Das  interessanteste  beispiel  einer  doppelgrOndung  in  Spanien 
bietet  Neukarthago  dar.  jedermann  weisz,  dasz  diese  Stadt  erst  durch 
Hasdrnbal  angelegt  worden  ist;  kein  alter  Schriftsteller  weisz  etwas 
davon,  dasz  an  jenem  prächtigen  hafen  vor  der  gründung  der  kar- 
thagischen hauptstadt  ein  ort  gestanden  habe,  und  doch  ward  be* 
bauptet,  die  stadt  sei  ursprünglich  Ton  Teukros  (Just.  XLIY  3,  3. 
Silius  in  368.  XV  192)  gegründet  worden. 

Aber  wie  ?  hat  denn  hier  nicht  wirklich  lange  vor  Hasdrubal 
«ine  'namhafte  stadt'  gestanden?  hiesz  sie  nicht  Mastia  nnd  war  sie 
nicht  ein  wichtiger  grenzpunkt  der  karthagischen  herschaft?  gelehrt 
wird  das  jetzt  freilich,  aber  ich  fürchte  dasz  wir  es  nur  mit  einem 
leeren  himgespinnste  zu  thun  haben,  jene  neue  lehre  stammt  von 
Müllenhoff  'deutsche  altertumskunde'  I  s.  151  ff.^^  zum  ausgangs* 
punkt  dienten  ihm  dabei  die  verse  des  Avienus  in  der  Ora  maritima 
449  flP. 

Nanmatius  inde  partus  op(^pidufn  pro^pe " 

se  Massienum  curvat  aUo  ah  aequore^ 

sinuque  in  ima  surgit  äUis  moenibfis 

urhs  Massiena.  post  iugwm  Trade  eminet 

hrevisque  iuxia  Sirongyle  stat  insula, 

dehinc  in  huiiis  insulae  confiniis 

immensa  tergum  latera  diffundü  paiUis. 
dasz  der  Namnatius  portus  oder  wie  er  sonst  geheiszen  haben 
mag  der  beutige  hafen  von  Cartagena  sei,  läszt  sich  allerdings  kaum 
bezweifeln ;  ob  Strongjle  die  beutige  insel  Grosa  sei,  wie  MüllenhofT 
will ,  oder  eine  von  den  andern  inseln  vor  der  düne  des  Mar  menor 
oder  das  beutige  Escombrera,  das  von  Silius  in  seiner  Schilderung 
(XV  222  ff.)  gemeint  wird^',  weisz  ich  nicht  und  ist  hier  ziemlich 


^'  das  darf  man  doch  wohl  aus  Philostratos  vita  ApoUonii  V  4 
schlieszen;  die  besondere  lojalität  von  Gades  gegen  die  Bömer  hebt 
8trabon    wiederholt   hervor.  ^^  auf  die  phrasen   von  Movers   'die 

Phönizier'  II  2  s.  635  ist  es  nicht  nötig  irgend  welche  rücksicht  in 
nehmen.  ^^  ob  damit  die  tiberliefemng  op***pe  richtig  ergänzt  sei, 
ist  mir  zweifelhaft.  ^^  diese  insel  bewahrt  noch  den  antiken  namen. 
Strabon  gedenkt  ihrer  III  s.  169  mit  den  werten  etO'  f\  TOO  'HpaxX^OUC 
vf|coc  i]bY]  irpöc  Kapxr\b6vij  f^v  KaXoOci  CKOjißpoaplav  dirö  xCtiv  äXtCKOfi^- 
vujv  cKÖMßpujv  . .  etKoci  bi  biix^i  CTa6(ouc  xal  T^rrapac  Tf)c  Kapxii^övoc. 
vgl.  KMüUer  zu  Ptol.  II  6,  14. 


348  FRühi:  yermisclite  bemerkangen.   63. 

gleichgültig,  dagegen  darf  man  nicht  wohl  bezweifeln,  dasz  Ayienus 
den  namen  seiner  stadt  nicht  angibt*^,  und  es  steht  fest  dasz  unsere 
berichterstatter  über  die  gründung  Hasdrubals  sich  in  einer  art  aus- 
lassen, dasz  man  annehmen  musz,  an  der  stelle  Neukarthagos  habe 
vorher  kein  irgendwie  nennenswerter  ort  gestanden.  Ayienus  be- 
schreibt aber  dort  sogar  eine  starke  festung.  es  müste  also,  wenn  wir 
MüUenhoff  folgen,  an  diesem  vortrefiflichen  hafen  zu  anfang  des 
fünften  jh.  eine  wohlbefestigte  stadt  gelegen  haben,  und  diese  müste 
in  der  zeit  yon  da  oder  vielmehr,  wie  wir  nachher  sehen  werden, 
von  der  mitte  des  vierten  jh.  bis  zur  zweiten  hälfte  des  dritten  spur- 
los und  ohne  eine  erinnerung  an  ihr  einstiges  dasein  zurückzulassen 
verschwunden  sein,  jedermann  wird  zugeben ,  dasz  das  sehr  wenig 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat.  zur  begründung  seiner  meinung 
verweist  Müllenhofif  auf  die  angäbe  des  Stephanos  von  Byzanz  u. 
MacTiavoi,  dieMastianer  trügen  ihren  namen  von  einer  stadt  Macria, 
und  diese  stadt  MacTia  identificiert  er  dann  mit  der  Massiena  urbs 
des  Avienus.  dasz  diese  stadt  Mastia  wirklich  existiert  habe,  werde 
nun  ausdrücklich  bezeugt  durch  den  zweiten  vertrag  der  Römer  mit 
den  Karthagern,  in  welchem  es  heisze  (Pol.  III  24,  4)  toO  KaXoG 
dKpiüTTipiou ,  MacTiac  Tapcriiou  ^i\  XriiCecGai  ^ir^Keiva  Pujjiaiouc 
jiTib*  €^Trop€U€C0ai  ^r\bk.  nöXiv  ktKciv.  das  schöne  Vorgebirge  und 
Mastia  Tarse'ion  würden  dort  also  als  vertragsmäszige  grenzpunkte 
für  die  römische  Schiffahrt  bezeichnet.  Polybios  irre  indessen,  seine 
dolmetscher  misverstehend ,  wenn  er  sage ,  Mastia  Tarsel'on  läge  in 
Africa  in  der  nähe  des  schönen  Vorgebirges,  hier  musz  man  zunächst 
den  Polybios  gegen  den  Vorwurf  Müllenhofifs  in  schütz  nehmen,  seine 
werte  7Tp6cK€iTai  bk.  kqi  tiu  KaXiu  dKpujTTipiip  Macria  Tapcrjiov 
besagen  dem  Zusammenhang  nach  gar  nieht,  dasz  die  beiden  örtlich- 
keiten local  benachbart  seien,  sondern  vielmehr,  dasz  in  dem  zweiten 
vertrage  im  unterschied  vom  ersten  auszer  dem  schönen  Vorgebirge 
auch  noch  Mastia  Tarsel'on  als  vertragsmä^^zige  grenze  der  schififahrt 
bestimmt  worden  sei.  so  sind  die  werte  vor  MüUenhoff  verstanden 
worden  (vgl.  zb.  Campes  Übersetzung  I  s.  266  f.  und  unten  anm.  21), 
und  so  versteht  sie  später  Meltzer  gesch.  der  Karthager  I  s.  519,  der 
im  übrigen  MüUenhoff  folgt.  Mastia  Tarsel'on  ist  nun  nach  MüUenhoff 
der  wirkliche  name  der  Massiefia  urbs  des  Avienus.  die  frage  wird 
verwickelt  durch  eine  weitere  combination  Meltzers.  dieser  (ao.s.  181. 
488  f.)  nimt  nemlich  das  schöne  Vorgebirge  nicht,  wie  man  seit 
Heyne  meist  gethan  hat ,  für  das  cap  Bon ,  sondern  für  das  Kas  Sidi 
Ali  el  Mekki  oder  cap  Farina  und  fuhrt  dann  weiter  aus,  Polybios 
irre,  wenn  er  annehme  (III  23),  den  Römern  solle  die  fahrt  nach 
Byssatis  und  Emporeia,  also  nach  süden  und  osten  verboten  werden ; 
in  Wirklichkeit  hätten  sie  sich  beschränkungen  in  bezugauf  die  fahrt 
nach  Westen  gefallen  lassen  müssen ;  es  sei  ihnen  untersagt  worden 


*^  Massiena  ist  aber  ein  adjectiv,  urbs  Maxsiena  also  die  maMienische 
Stadt,     anders  KMUller  im  Philologns  XXXII  s.  117. 


FBühl:  Termisohte  bemerkungen.   68.  849 

die  libysche  küste  westlich  vom  Bas  Sidi  Ali  und  die  spanische  sttd- 
lieh  und  westlich  von  Mastis  zu  be&hren.  man  mosz  allerdings  an- 
geben, dasz  Polybios  sich  hinsichtlich  der  richtong,  in  welcher  nieht 
gefahren  werden  sollte,  irren  konnte;  die  mitteilangen ,  welche  er 
über  die  berühmten  vertrage  macht,  sind  ausserdem  zum  teil  nach* 
weislich  wenig  genau  (im  dritten  vertrage  kann  zb. ,  wenn  man  die 
machtverhftltnisse  Borns  zur  zeit  des  Pyrrhos  erwftgt,  kaum  bloss 
von  Latinern  die  rede  gewesen  sein,  wie  man  nach  dem  Wortlaut  des 
Polybios  annehmen  müste),  und  seine  polendk  gegen Philinos  sohieszt 
ins  blaue,  aber  trotzdem  stöszt  Meltzers  ansieht  auf  unüberwindliche 
Schwierigkeiten,  einmal  nemlich  kann  das  schöne  Vorgebirge,  dessen 
läge  Polybios  ohne  allen  zweifei  bekannt  war ,  nicht  mit  dem  Bas 
8idi  Ali  identisch  sein:  denn  dann  hatte  Polybios  nicht  annahmen 
können ,  dasz  den  Bömem  die  £ihrt  nach  Süden  und  osten  verboten 
sein  sollte,  da  Karthago  selbst,  das  den  Bömem  zugänglich  war,  süd- 
lich jenseit  dieses  Vorgebirges  liegt ;  dann  aber  kann  man  jemandem, 
der  von  Italien  aus  nach  Cartagena  schiffen  will,  nicht  wohl  ver- 
bieten längs  der  africanischen  küste  zu  segeln.  '^ 

Diese  Schwierigkeiten  hat  Karl  Müller  gefühlt,  und  er  ist  daher  zu 
Ptol.  II 14,  6  auf  den  kühnen  ausweg  verfallen,  das  KaX6v  dKpuiT/j- 
piov  des  Polybios  für  das  cabo  de  Palos,  östlich  von  Cartagena,  zu 
erklären,  indem  er  annimt,  Polybios  habe  dieses  ^schöne  Vorgebirge' 
fälschlich  f(lr  das  gleichnamige  africanische  angesehen,  indessen  auch 
wenn  Müller  mit  seiner  deutung  des  CaiadUMS  sinus  bei  Avienus 
V.  424  gegen  Müllenboff  recht  haben  sollte,  so  ist  doch  seine  aus- 
legnng  des  römisch-karthagischen  vertrage  schwerlich  haltbar,  da- 
nach wäre  es  nemlich  den  Karthagern  wesentlich  auf  die  Sicherung 
ihrer  spanischen  besitzungen  vor  den  Bömem  angekommen,  was 
wenigstens  für  die  zeit  des  ersten  Vertrags,  also  für  die  wende  des 
sechsten  und  fünften  jh.  vor  Ch.,  wenig  glaublich  ist,  und  es  wäre 
auszerdem  gar  nicht  abzusehen,  warum  in  dem  zweiten  vertrag  noch 
Mastia  Tarsefon  hinzugefügt  worden  wäre,  was  auch  nach  Müllers 
ansieht  unmittelbar  westlich  vom  cabo  de  Palos  lag,  und  drittens 
wären  dann  im  ersten  vertrage  überhaupt  keine  bestimmungen  hin- 
sichtlich der  fahrt  an  der  africanischen  küste  getroffen  worden. 

Wir  werden  danach  wohl  zu  der  alten  meinung  zurückkehren 
müssen ,  dasz  das  KaXöv  dKpuJTrjpiov  das  cap  Bon  ist  und  dasz  den 
Bömem  im  ersten  vertrage  die  Schiffahrt  südlich  und  östlich  des- 
selben verboten  wurde.  ^^  das  cap  Bon  entspricht  ja  auch  im  aller- 
höchsten grade  der  beschreibung  des  Polybios  (III  23,  1):  es  ist  tö 
TTpOKeijLievov  aiiTfic  ific  Kapxribövoc  ibc  irpöc  xäc  fipKTOuc.  der 
zweite  vertrag  traf  dann  bestimmungen  hinsichtlich  der  fahrt  nach 
Westen,   wie  sie  wohl  durch  die  weitere  ausdehnung  der  italischen 


''■'^  man  vgl.  dazu,  was  Poseidonios  bei  Strabon  III  8. 144  über  seine 
eigne  fahrt  von  Spanien  nach  Italien  berichtet.  '^  vgl.  auch  Tissot 

g^ographie  coniparee  de  la  province  romaine  d'Afrique  s.  167  ff. 


350  FBühl :  yermischte  bemerkaogeD.  63. 

Schiffahrt  und  das  yordringen  der  Massalioten  wünschenswert  ge 
worden  waren;  er  zeigt  ja  ttberhaupt,  dasz  die  karthagische  handels- 
politik  in  der  Zwischenzeit  viel  monopolistischer  geworden  war.  der 
zweck  der  neuen  bestimmung  bestand  darin,  den  Bömem  die  fahrt 
durch  die  senlen  zu  untersagen ,  keineswegs  überflüssig,  da  einzelne 
kühne  römische  schiffer  schon  einen  versuch  dazu  gemacht  hatten 
(Strabon  III  s.  375  f.)**^  die  westgrenze  für  die  römische  schifiUirt 
würde  nun  natürlich  am  angemessensten  durch  zwei  punkte  bestimmt 
worden  sein,  einen  an  der  africanischen  und  einen  an  der  spanischen 
küste.  welcher  grenzpunkt  mit  MacTia  Tapcrjiov  bezeichnet  wer- 
den sollte,  hat  Poljbios  offenbar  selbst  nicht  genau  gewnst,  sonst 
würde  er  uns  ohne  zweifei  seiner  gewohnheit  gemttsz  darüber  auf- 
gekl&rt  haben,  dasz  Macria  in  Spanien  gelegen  habe,  läszt  sieh 
allerdings  mit  fug  annehmen ;  obwohl  ja  auch  in  Africa  an  namen 
die  mit  Macc-  und  MacT-  zusammengesetzt  sind  kein  man  gel  ist; 
aber  ob  auch  Tapcrjiov?  das  ist  eine  ganz  andere  frage,  an  und 
für  sich  wären  wir  sogar  auszer  stände  mit  Sicherheit  zu  sagen,  ob 
MacTia  Tapcrjiov  6ine  örtlichkeit  sei  oder  ob  zwei  verschiedene 
darunter  zu  verstehen  seien ;  wenn  im  lateinischen  texte  des  Vertrags 
ein  asyndeton  stand,  so  war  das  schon  für  die  Zeitgenossen  des 
Poljbios  ohne  aus  andern  quellen  geschöpfte  kenntnis  kaum  möglich, 
die  einzige  stelle,  an  welcher  das  wort  sonst  meines  Wissens  noch 
vorkommt,  welche  freilich  in  diesem  zusammenhange  bisher  über- 
sehen worden  zu  sein  scheint,  bei  Stephanos  udw.  bringt  uns  auf- 
klärung.  dort  heiszt  es:  Tapcrjiov,  nöXic  npöc  rate 'HpaKXeiaic 
ciriXaic.  TToXußioc  Tpliqi.  tö  ^Bviköv  föci  Tapcridric  i^  Tapcni- 
ujTTic.  vOv  bk.  Kaiä  TÖ  ^TTixiipiov  TapcTiivoi  (so  Meineke,  Tapcr^vol 
oder  TapcTvoi  die  hss.)  X^TOvrai.'*  daraus  ersehen  wir,  dasz  der 
ort  wirklich  existiert  hat  und  dasz  wir  es  nicht  etwa  mit  einem 
bloszen  beinamen  von  Mastia  zu  thun  haben,  ob  er  aber  in  Africa 
oder  in  Europa  gelegen  habe,  darüber  ergibt  sich  aus  Stephanos  gar 
nichts;  der  anklang  an  ti^ti^^n  reicht  jedenfalls  nicht  aus,  ihn  dem 
letztem  erdteil  zuzuweisen,  ebenso  wenig  wie  etwa  der  an  Tharassa 
in  Numidien  (vgl.  mon.  Germ.  auct.  ant.  III 1  s.  65)  dazu  ausreichen 
kann ,  ihn  nach  Africa  zu  verlegen,  es  hindert  uns  gar  nichts  unter 
Tapcrjiov  einen  punkt  in  Africa  zu  verstehen ,  etwa  in  der  gegend 
von  Oran,  und  man  darf  sich  nicht  dadurch  irre  machen  lassen,  dasz 
dieser  oder  ein  ähnlicher  name  sonst  nicht  aus  Africa  überliefert  ist. 
ohne  Poljbios  wäre  uns  zb.  der  phönikische ,  noch  heute  lebendige 

^  die  cormpte  stelle  Pol.  III  24,  11  iy  Cap6övi  xal  AißOi}  fAr)6€lc 
•PiWjLioCujv  jLi/|T*  l^1rop€u^ceul  jLiriTC  iröXiv  ktiZ^tuj  ,  €l  ^f|  ^iwc  ToO  ^96610 
Xaßdv  f\  irXolov  ^mcxcudcai.  iäy  bi  x^iM^v  Karcv^XKi],  iv  ir^ve*  i'ijLi^paic 
dtroTpcx^TUi  ist  wohl  besser  als  durch  annähme  einer  lacke  vor  el  ^t\ 
durch  eine  Umstellung  von  cl  fif)  .  .  imaccudcai  hinter  dirorpcx^TU)  zu 
heilen,  cur  ausbesserung^  eines  havarierten  schiffs  musten  oft  genug 
mehr  als  fünf  tage  erforderlich  sein.  '*  diese  stelle  beweist,  neben- 
bei bemerkt,  dasz  die  alten  das  irpikKCiTai  bei  Polybios  nicht  so  aus- 
gelegt  haben  wie  Miillenhoff,  sondern  so  wie  oben  s.  848  geschehen  ist. 


FBühl :  yermischte  bemerkongen.   68.  351 

name  des  Bagradas  völlig  unbekaimt,  und  wir  haben  allen  grund  sa 
der  annähme ,  dasz  hunderte  von  phOnikischen  Ortsnamen  in  Africa 
TöUig  für  uns  verschollen  sind.**  dazu  kommt  dasz  es  ziemlich  ab- 
surd sein  würde,  an  derselben  küste  zwei  verschiedene  orte  als  grenz- 
punkte festzustellen. 

Wie  die  dinge  liegen,  musz  es  daher  als  sehr  gewagt  erscheinen 
Tapcifjiov  in  Spanien  zu  suchen*';  sollte  es  wirklich  dort  gelegen 
haben ,  so  war  es  von  Mastia  verschieden ,  kann  aber  natttrlidli  nicht 
weit  davon  entfernt  gewesen  sein,  im  wesentlichen  wäre  dann  als 
grenze  der  römischen  Schiffahrt  das  cabo  de  Palos  festgesetzt  wor- 
den, und  dieses  ist  als  eine  hohe  weithin  sichtbare  landmarke,  bei  der 
noch  dazu  die  küste  ihren  lauf  vollständig  verändert,  auszerordent- 
lich  geeignet  dazu. 

Tarselon  ist  jedenfalls  eine  Stadt ;  daraus  ergibt  sich  aber  natür- 
lieh  noch  lange  nicht,  dasz  auch  Mastia  eine  stadt  gewesen  sei.  frei- 
lich sagt  das ,  wie  wir  oben  s.  348  sahen ,  Stephanos  u.  MacTiavoi, 
aber  darauf  ist,  wenn  nicht,  wie  bei  Tarselon,  bestimmtere  angaben 
hinzukommen,  bei  den  notizen  aus  alten  zeiten  und  aus  fernen 
gegenden  gar  nichts  zu  geben:  heiszt  doch  auch  Tartessos  oftgrang 
eine  stadt  (vgl.  Müllenhoff  I  s.  125).  nun  haben  wir  aber  bereite 
vorhin  bemerkt,  wie  unwahrscheinlich  der  Untergang  einer  stadt  an 
dem  heutigen  hafen  von  Cartagena  zwischen  343  und  225  vor  Gh. 
sei,  und  wir  können  uns  weiter  auf  Müllenhofis  eigne  nachweise 
(s.  148.  155)  berufen,  dasz  Mactia  oder  Maccia  sonst  immer  und 
gerade  auch  im  vierten  jh.  von  Ephoros  und  Theopompos  eine  land- 
schaft  und  nicht  eine  stadt  genannt  wird,  es  liegt  demnach  gar  kein 
grund  vor,  in  der  Massiena  urhs  des  Avienus  eine  angäbe  aus  dem 
alten  Periplus  zu  sehen,  vielmehr  wird  Avienus,  wie  so  oft,  angaben 
über  moderne  Verhältnisse  in  den  alten  bericht  hineingeschoben 
haben,  wer  Tarraco  et  Barcüonum  amoena  sedes  düium  in  seine  alte 
vorläge  einfügte  (v.  519  f.,  vgl.  Müllenhoff  I  s.  172  f.),  von  dem 
wird  von  vom  herein  zu  erwarten  sein,  dasz  er  die  blühende  Kar" 
thago  spartaria  nicht  mit  schweigen  ttbergieng,  auch  wenn  der  alte 
Periplus  kein  wort  von  ihr  sagte. 

Dies  alles  ist  unter  der  Voraussetzung  gesagt,  dasz  MüUenhoffs 
lehre  von  dem  alten  Periplus  richtig  sei.  wer  sich  dieser  ansieht 
nicht  anschlieszt  und  etwa  derjenigen  von  Karl  Müller  in  seinem  auf- 
satz  über  die  Ora  maritima  des  Avienus  (Philologus  XXXTT  s.  106  ff.) 
folgt ,  für  den  liegt  vollends  gar  kein  grund  vor  in  der  Massiena 


*'  nicht  berufen  darf  man  sich  freilich  auf  Avienus  v.  331  f.  nee 
respuendus  iestis  est  DionysiuSy  Libyae  esse  ftnem  gut  docet  Tariessium. 
diese  angäbe  ist  vielmehr  daraus  zu  erklären,  dasz  Avienus  Tartessus 
gleich  Qades  setzt  und  Dionjsios  Gades  als  den  endpunkt  von  Libyen 
betrachtet  (DionysiDs  Per.  v.  176,  vgl.  11).  Tharassa  in  Numidien  klingt 
übrigens  auch  an  Tapcf)'iov  an;  schlieszen  musz  man  aber  aus  solchen 
gleichklängen  immer  möglichst  wenig.  ''  die  G€pctTai  bei  Polybios 

III  33,  9  mit  Tapcfi'iov  zusammenzubringen  ist  mehr  als  mislich. 


352  FRühl:  vermisclite  bemerkungen.   63. 

urhs  etwas  anderes  als  eine  gelehrte  redewendung  zu  sehen,  die 
Umschreibung  von  Ortsnamen  durch  adjectivische  bildungen  ist  bei 
Avienus  gar  nichts  unerhörtes;  ein  sicheres  beispiel  ist  die  Feqfena 
arx  —  oder  wie  sie  der  dichter  sonst  genannt  haben  mag  —  t.  622, 
die  ganz  gewis  nicht  so  geheiszen  hat,  sondeiii  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  mit  dem  casteUum  Latara  bei  Mela  II  5 ,  80  identisch  ist. 
ich  neige  aber  auch  zu  dem  glauben,  dasz  eine  anzahl  der  merk- 
würdigen namen  an  der  ostküste  Spaniens ;  welche  jeder  erklftrung 
trotz  bieten,  auf  ähnliche  weise  entstanden  sei. 

Wer  übrigens  genau  erwägt,  wie  Avienus  gewöhnlich  bei  seinen 
Ortsbezeichnungen  vorgeht,  dem  wird  es  von  vorn  herein  unwahr- 
scheinlich vorkommen,  dasz  Avienus  an  oder  neben  der  stelle  von 
Karthago  nova  eine  alte ,  zu  seiner  zeit  gänzlich  verschollene  stadt, 
gleichviel  welches  namens,  erwähnt  gefunden  habe,  seiner  sonstigen 
gewohnheit  zufolge  würde  er  dieselbe  namentlich  aufgeführt  und 
hinzugefügt  haben,  sie  sei  längst  zerstört  und  an  ihre  stelle  sei  die 
gründung  Hasdrubals  getreten,  dasz  nemlich  ein  mann  von  der  ge- 
lehrten bildung  des  Avienus  von  der  existenz  Neukarthagos  gar 
nichts  gewust  habe,  wird  von  vom  herein  niemand  glauben;  bei 
jemand  der  selbst  in  Gades  gewesen  war  (v.  273  f.)  ist  das  vollends 
undenkbar,  wir  werden  also  anzunehmen  haben,  dasz  Avienus  den 
namen  der  stadt  aus  gründen ,  die  er  für  künstlerische  hielt ,  nicht 
nannte ,  sondern  ihn  hinter  einer  bezeichnung  aus  dem  fernen  alter* 
tum  versteckte,  also  statt  von  Karthago  von  der  stadt  der  Massiener 
redete,  die  zu  seiner  zeit  seit  Jahrhunderten  verschollen  waren,  blosz 
weil  die  Massiener  einst  in  diesen  gegenden  gewohnt  hatten,  er 
rechnet  diese  selbstgewählte  bezeichnung  offenbar  zu  den  prisca, 
welche  in  noveUa  nominum  deducere  seinem  Probus  ein  besonderes 
vergnügen  bereiten  werde  (v.  702  f.). 

Mit  diesen  ausführungen  hoffe  ich  den  letzten  anhält  für  die 
annähme  der  historischen  existenz  einer  stadt  an  der  stelle  des 
heutigen  Cartagena  vor  Hasdrubal  hinweggeräumt  und  die  grün- 
dung des  Teukros  als  eine  sehr  späte  erfindung  nachgewiesen  zn 
haben;  ehe  bessere  beweise  dafür  vorgebracht  werden,  wird  man  nicht 
wohl  mehr  davon  reden  dürfen,  im  allgemeinen  wird  man  freilich 
zugeben  können,  dasz  an  manchen  orten  die  entstehung  der  fabel 
von  einer  gründung  durch  heroen  dadurch  begünstigt  wurde,  dasz 
an  der  stelle,  wo  sich  die  Griechen  ansiedelten,  bereits  eine  nieder- 
lassung  der  eingeborenen  bestand,  dieser  konnte  man  nachher  natür- 
lich ein  beliebiges  alter  und  beliebigen  Ursprung  zuschreiben,  ein 
solcher  fall  liegt  zb.  ganz  in  die  äugen  springend  in  Tarent  vor. 

Königsberg.  Franz  Bühl. 


HStadtmüller:  znr  Anthologia  Palaüna.  853 

47. 

ZUR  ANTHOLOGIA  PALATINA. 

(fortsetzung  von  Jahrgang  1887  s.  637-— 644.) 


1.  In  dem  epigramm  auf  Alkon,  der  seinen  söhn  von  einer 
schlänge  umringelt  sieht  und  mit  zitternder  hand  den  bogen  krümmt, 
um  der  retter  oder  mörder  seines  sohnes  zu  werden,  heiszt  es  AP« 
VI  331  bei  Gaitulikos  (der  erste  Schreiber  A  gibt  hier  den  autor- 
namen  in  der  form  raiToXiKoO,  was  von  C,  dem  correotor,  in  Tai* 
TCuXiKOU  verwandelt  worden  ist) : 

iraiöa  naxfip  "AXkwv  dXo«J>  ccpiTXÖ^via  bpdKOvri 

äBprjcac  beik^  töSov  ^Kajiiqie  X€pi  * 
Giipöc  b*  ouK  dq)djiapT€,  bx&  CTÖjiaToc  fäp  öicrdc 

fjiSev,  TuT9oGßai6v  Snepee  ßp^cpouc. 
dasz  in  v.  4  ßaiöv  nicht  von  erster  hand  herrührt,  sondern  von  dem 
corrector  über  der  zeile  eingefügt  ist,  weisz  man  aus  den  bisherigen 
coUationen;  dagegen  hat  man  noch  nicht  bemerkt,  dasz  A  nicht 
TirrOoC  geschrieben  hat,  sondern  tut96v,  dasz  erst  C  das  V  aus- 
radiert und  durch  0  ersetzt  hat.  demnach  hat  man  als  älteste  Über- 
lieferung den  lückenhaften  pentameter  in  der  form  fjtSev  tut6Av 
UTrepGe  ßp^90uc  zu  betrachten,  ohne  zweifei  ist  das  von  Age- 
schriebene  tutGöv  das  richtige,  nicht  tutGoO:  vgl.  IX  276,  2 
btepoO  tutGöv  ÖTTcpGc  irdTOU,  femer  XVI  230,  3  tutGöv  öirfep 
ba^aXrjßoTOV  SKpav.  auch  darf  man  wohl  annehmen,  dasz  ßat6v 
ursprünglich  nichts  anderes  als  eine  Interpretation  zu  tutGöv 
war:  der  glossator  mochte  sich  an  stellen  erinnern  wie  VI  220,  6 
ßaiöv  änvjQey  6bo0.  so  bleibt  nichts  übrig  als  den  ausfall  eines 
Wortes  anzunehmen  zwischen  f^iSev  und  tutGÖv.  nach  Homerstellen 
wie  A  480  beEiöv  dvTiKpu  bk.  bx'  ujjiou  x<i^K€OV  ?TXOC  fjXGcv 
könnte  man  versucht  rein  so  zu  ergttnzen:  bid  CTÖjiaTOC  faß  öicröc  | 
f\xV  dvTiKpO.  wahrscheinlicher  jedoch  ist  dasz  ein  zu  CTÖjittTOC 
gehöriges  attribut  ausfiel,  welches  auf  die  dem  kind  eben  noch 
drohende  gefahr  hinweist,  dasz  CTuyicu  oder  cruTVoO  oder  XuTpoO 
(vgl.  Vn  290,  5  ^KTttve  XuTpöc  Ixxc)  vor  tutGöv  einzusetzen  ist. 
dem  sinn  der  stelle  würde  jedenfalls  folgende  fassung  entsprechen : 

bid  CTÖjLiaToc  Tdp  öicröc 

fjiEev  <CTUTiou>,  tutGöv*  öirepGe  ßp^90uc. 


^  hier  soll  noch  auf  eine  der  vielen  rasuren  hingewiesen  werden, 
welche  von  Wichtigkeit  für  die  textgestaltang  scheinen,  aber  noch  nicht 
beachtet  sind,  in  des  Kallimachos  epigramm  aaf  den  Naxier  Ljkos, 
der  in  den  wellen  den  tod  gefunden,  heiszt  es  AP.  VII  272,  8  ff.  xd) 
\iäy  iy  6tpQ  i  vcKpöc*  ^r^  &*  dXXwc  oövojLia  rO^ßoc  ^x^iv  |  icr)pöccui 
iravdXiiecc  €iroc  Töbe*  q)€OT€  OctXdccij  |  cu|lijli(ct€Iv  £p{q>uiv,  vouriXe, 
buojLi^vujv.  dasz  v.  4  A  ixiu  geschrieben,  C  ^xiuy  corrigiert  hat,  be- 
merkt Finsler  (krit.  unters,  zur  griech.  anth.  s.  22).  ferner  ist  das  end- 
zeichen eines  gedichtes  nach  äx^  sowie  das  anfangszeichen  eines  sol- 
chen  Tor   KTipOccu)   durch   rasur   getilgt,    aber   dazu  kommt  noch  ein 

JahrbOcher  fUr  class.  philol.  1888  hft.  5  a.  6. 


854  HStadtmüller:  zur  Anthologia  Palaiiina. 

2.  In  dem  ^TTiTU^ßiov  auf  Euripides  sagt  Addaios,  dasz  nicht 
der  grabstein,  sondern  die  bühne  das  wahre  denkmal  des  dichters 
sei,  AP.  Vn  51,  5  f. 

cöv  b*  ou  TOÖTOV  tfOj  T(9€|Liai  T(i90v ,  dXXd  td  BdKXOu 
ßri^ara  xal  ciaivdc  d^ßdbi  TreiOoji^vac. 

Jacobs  hat  ßi^|LiaTa  hergestellt  ans  ttberliefertem  fifiara  nach  Pollax 
rV  123.  auch  Hermanns  £^ßdbi  hat  anklang  gefunden;  aber  was 
soll  CKrivf)  £^ßdbt  7i€t6o|Li^VTi  'scaena  cothumo  obsequens'?  man 
wollte  darum  das  verbum  ändern;  so  schreibt  FWSchmidt  ^jißdbi 
CT€tßO)i^vac:  aber  dasz  Addaios  die  buchstaben  er  ohne positions- 
kraft  gebraucht  habe,  scheint  mir  eine  durchaus  verwerfliche  an- 
nähme, will  man  an  Hermanns  conjectur  festhalten,  so  könnte  man 
vielleicht  £|Lißdbt  Tr€ipo|Li^vac  'die  btthne,  welche  der  kothum 
durchmiszt'  schreiben;  ich  erinnere  an  KUjüiaTa  und  k^XcvOov  7T€ip€iv, 
£v  VT)!  iT€ip€iv  (Apoll.  Argon.  II  399)  und  ähnliches,  allein  ^jißdbi 
nBgt  mir,  so  scharfsinnig  die  Vermutung  sein  mag,  in  diesem  zu- 
sammenhange nicht  zu:  es  musz  hier,  meine  ich,  im  gegensatz  zq 
dem  vergänglichen  grabmal  das  unvergängliche  des  andern  denk- 
mals ,  dh.  der  sichere  bestand  einer  (durch  Euripides  kunst)  fest  be- 
gründeten bühne  bezeichnet  sein,  und  wie  steht  es  mit  der  Über- 
lieferung? als  solche  wird  ciaivdc  ^^ßaXe  iT€iOo)i^vac  ange- 
geben; man  hat  aber  bis  jetzt  nicht  bemerkt,  dasz  0  in  7r€i9o)i^vac 
correctur  ist,  dasz  zuerst  b  geschrieben  war;  zum  zweiten  steht  n 
in  rasur;  von  dem  ausradierten  buchstaben,  an  dessen  stelle  TT  kam, 
läszt  sich  mit  Sicherheit  ein  unter  die  linie  gehender ,  schiefer  strich 
erkennen ,  wie  bei  einem  v  (p  T  ^  ^^  kann  aber  ebenso  gut  ein  p  ge- 
wesen sein,  dann  ergibt  sich  als  ursprüngliche  Überlieferung  ^iußoXe 
peiboji^vac.  nach  dem  oben  gesagten  zweifle  ich  nicht,  daaz 
Addaios  geschrieben  hat: 

ßilfiara  xal  CKTivdc  €u  )idX'  ^peiboji^vac. 

die  'trefiflich  gestützte'  bühne  bezeichnet  einmal  die  dauer  des  denk- 
mals ,  das  sich  der  dichter  erworben ,  dann  aber  auch  das  verdienst 
des  dichters :  denn  dasz  die  bühne  so  sich  stützt ,  diese  stütze  hat, 
ist  wesentlich  das  werk  des  dichters.  wegen  ^peibetv  verweise  ich 
zb.  auf  Aisch.  Prom.  350  k(ov*  oupavoG  t€  koi  x^ovöc  uj|lioiv  ^pei- 
bujv,  Cho.  646  Aixac  b'  dpeiberai  Tru9|Liif)V.  bei  der  in  der 
minuskel  so  häufigen  Verwechslung  von  ji  und  ß  konnte  eS  jidX* 


weiteres,  das  schluszwort  des  gedichtes  bucfi^vuiv  stammt  nicht  von  A« 
sondern  von  G.  der  erste  sohreiber  hatte  bucfiev^uiv  geschrieben; 
der  corrector  änderte  c  in  o  and  tilgte  mit  änderung  des  acoentes  das 
e  nach  V.  die  lesart  bucfxev^ujv  ist  nun  allerdings  unrichtig;  allein  sie 
weist  darauf  hin,  dasz  nicht  bucfi^vuiv,  sondern  6ucoM^vuiv  su  lesen 
ist.  Kallimachos  schrieb:  qpcOre  OoXdcci]  |  cufAfilcTCtv  ^p(<pu)v,  vouriXc, 
buco^^vwv:  ^wage  dich  nicht  auf  die  see,  wenn  der  Untergang  der  haedi 
zu  erwarten  ist,  bevorsteht.'  wegen  des  futurums  vgl.  zb.  Hesiodos 
€Ki\,  883  TTXT)id&ujv  'ATXaT€v^uJV  iniTeXXofACvduiv  dpxccO'  d^f)Tou,  dpöToto 
hi  buco|üi€vduiv. 


HSiadtmüUer:  snr  Anthologia  PaLatma.  365 

sehr  leicht  zu  IjiißaX"  werden;  ganz  fthnliob  wie  hier  findet  eich  eö 
jiäXa  bei  Homer  b  95  oIkov  eO  jiidXa  vaiCTdovrcu 

3.  Auf  die  giftigen  iamben  des  Archiloehos  besieht  eiöh  das 
epigramm  des  louXiavöc  Aituimoc  (AP.  YII 69).  an  den  Kerben» 
richtet  der  dichter  folgende  worte,  v.  3  f. 

(puXdcceo  0  u  ^  ö  V  id^ßunf 

bpijiUV  niKpOXÖXoU  TIKTÖJ16V0V  CTÖ^aTOC. 

mit  der  ttnderong  von  9u)i6v  in  jyiCOov  ist  sioher  das  richtige  nioht 
getroffen;  richtig  aber  ist,  dasz  9ujiöc  nioht  das  erzeugnis  des 
mundes  (TUCTÖjiievov  CTÖjiiaTOc)  genannt  werden  kann;  vielmehr  er- 
zeugt der  9ujiöc  die  dem  munde  entströmenden  worte.  mich  wan- 
dert, dasz  man  auf  eine  sehr  nahe  liegende  emendation  noch  nicht 
gekommen  ist.  der  mund  heiszt  hier  mKpöxoXoc,  und  bpt^O  wird 
genannt  was  er  hervorbringt;  nun  liest  man  bei  Theophrastos  iT€pl 
(puTüüv  alTiüüV  VI  4,  1:  (A  bk  ibiai  tuiv  x^^^J^v  im&  boKoOav 
elvm  .  .  T^uKuc  Totp  Kai  Xiirapöc  Kai  irixpöc  xai  aöcnipöc  kqI 
b  p  i  ji  u  c  Kai  öivc  Kai  crpucpvöc  dpi9)ioGvTai.  man  hat  nach  meiner 
meinung  x  v)iö  v  idMßuiV  für  9ujiöv  idjißujv  zu  schreiben,  dann  wird 
auch  der  aasdruck  TiKTÖ)i€VOv  CTÖjicrroc  einleuchtend :  ^einen  dem 
munde  voll  bitterer  gallo  entquellenden  geifer'  nennt  lulianos  die 
iamben  des  Archiloehos,  fthnlich  wie  Erykios  die  verse  des  Par- 
thenios,  des  Homeromastiz ,  als  eine  dirXuciilV  iX^Tunr  bezeichnet 
(AP.  VII  377,  4).  und  dasz  lulianos  unzweifelhaft  x^M^V  Idfißuiv 
bpijiöv  schrieb ,  ergibt  sich  aus  der  von  demselben  didliter  stammen«» 
den  Variation  des  themas ;  es  heiszt  nemlich  in  demselben  zusammen« 
hang  Vn  70,  3:  9^TT0C  ^Xemov  dXucKdZoucai  idfAßujv  fixP^ov 
'ApxiXöxou  9X^TM0i  AuKaiißidbec.  dasz  aber  idjLißuJV  (pX^TM^X 
und  id^ßu)V  X\)\x6c  identisch  sind,  lehrt  uns  ua.  Oalenos  de  diffl  febr. 
n  232  öcTic  dv  ^v  Tip  cidpaTt  X^l^^c  utpöc  f\  Kai  qiuxpöc,  f|peic 
p^v  toGto  övopd2Iop€v  (pX^TI^^x*  zur  ursprünglichen  und  echten 
Überlieferung  des  Palatinus  (pX^YMOi  verhält  sich  die  lesart  des  cor- 
rectors  und  des  Planudes  qid4r()xa  genau  so  wie  die  verfehlte  conjectur 
pCOov  zu  dem  was  lulianos  anstatt  9upöv  geschrieben  hatte :  x^j^dv. 
obige  verse  lauten  also: 

(puXdcceo  x^MÖv  idpßujv 
bpipuv  TTiKpoxöXou  TiKTÖpevov  CTÖpaTOC. 

4.  In  dem  epigramm  auf  Aelius,  der  lieber  durch  sein  seh  wert 
als  durch  krankheit  umkommen  will,  sagt  ApoUonides  VII  233,  3  ff. 

voöcov  öt'  elc  uTidTTiv  d)Xic9av€  T^ppa  t*  dqpuKTOV 
elbev  dpiCTeiTiv  dpcpav^c  eic  ibiiiv, 

Tif{le  V  U7TÖ  CTiXdTXVOiciv  ^öv  Eicpoc. 
Hecker  verwandelt  uirdniv  in  irupdiiiv,  und  Dübner  hat  letzteres  auf- 
genommen ;  jedenfalls  würde  es  den  vorzag  verdienen  vor  FWScbmidts 
CTUT^prjv.  aber  UTidniv  ist  unzweifelhaft  richtig,  wie  sich  aus  der 
vergleichang  mit  Soph.  Ant.  1330  ergibt.  Sophokles  verbindet  hier 
ÖTTaTOC  (pöpujv)  mit  Tcppiav  äfijjv  dp^pav,  und  ähnlich  läszt 
ApoUonides  auf  voCcov  undniv  den  ausdruck  T^ppa  t'  dfUKTOV 

23* 


864  HStadtmüller:  zur  Anihologia  Palatina. 

2.  In  dem  dTTiTU^ßiov  auf  Enripides  sagt  Addaios,  dasz  nicht 
der  grabstein,  sondern  die  btthne  das  wahre  denkmal  des  dichten 
sei,  AP.  Vn  51,  5  f. 

cöv  b'  oö  toOtov  tfijj  T(9€|Liai  Tdcpov,  dXXdt  rd  BdKXOu 
ßt^juara  xai  cktiv&c  t\x^&bi  TreiGoji^vac. 

Jacobs  hat  ßi^^ora  hergestellt  ans  Überliefertem  fijiiaTa  nach  Pollox 
rV  123.    auch  Hermanns  ipßdbl  hat  anklang  gefunden;  aber  was 
soll  CKiivf)  ^jißdbi  7i€i9o|Li^vil  'scaeua  cothumo  obsequens'?  man 
wollte  darum  das  verbum  Sndem;  so  schreibt  FWSchmidt  i}xßab\ 
CT€ißO)i^vac:  aber  dasz  Addaios  die  buchstaben  er  ohne positions- 
kraft  gebraucht  habe,  scheint  mir  eine  durchaus  verwerfliche  an- 
nähme,  will  man  an  Hermanns  conjectur  festhalten,  so  kannte  man 
vielleicht  £^ßdbi  7r€ipO)i^vac  'die  bühne,  welche  der  bothnrn 
durchmiszt'  schreiben;  ich  erinnere  an  KäfiaTa  und  k^XcuOov  7r€ip€iVi 
£v  vni  nefpeiv  (Apoll.  Argon.  II  399)  und  Ähnliches,    allein  djLißdbi 
sagt  mir,  so  scharfsinnig  die  Vermutung  sein  mag,  in  diesem  zu- 
sammenhange nicht  zu:  es  musz  hier,  meine  ich,  im  gegensatz  zu 
dem  vergänglichen  grabmal  das  unvergängliche  des  andern  denk- 
mals ,  dh.  der  sichere  bestand  einer  (durch  Euripides  kunst)  fest  be- 
gründeten bühne  bezeichnet  sein,   und  wie  steht  es  mit  der  Ober- 
lieferung?    als  solche  wird  CKnvdc  ^^ßaXe  iT€i9ofi^vac  ange- 
geben; man  hat  aber  bis  jetzt  nicht  bemerkt,  dasz  9  in  ireiOo^^vac 
correctur  ist,  dasz  zuerst  b  geschrieben  war;  zum  zweiten  steht  n 
in  rasur;  von  dem  ausradierten  buchstaben,  an  dessen  stelle  ir  kam, 
läszt  sich  mit  Sicherheit  ein  unter  die  linie  gehender ,  schiefer  strich 
erkennen,  wie  bei  einem  v  9  T'*  es  kann  aber  ebenso  gut  ein  p  ge- 
wesen sein,   dann  ergibt  sich  als  ursprüngliche  Überlieferung  fjLißotXc 
petboji^vac.    nach  dem  oben  gesagten  zweifle  ich  nicht,  dasz 
Addaios  geschrieben  hat: 

ßrjjiaTa  xal  CKiivdc  cd  fidX'  ^peiboji^vac. 

die  'trefflich  gestützte'  bühne  bezeichnet  einmal  die  dauer  des  denk- 
mals,  das  sich  der  dichter  erworben,  dann  aber  auch  das  verdienst 
des  dichters:  denn  dasz  die  bühne  so  sich  stützt,  diese  stütze  hat, 
ist  wesentlich  das  werk  des  dichters.  wegen  ipeibetv  verweise  ich 
zb.  auf  Aisch.  Prom.  350  k(ov*  oöpavoO  T6  kqi  x^ovöc  äjiotv  £p€i- 
bu)V,  Cho.  646  Aixac  b*  ipelbejai  iTu9jifjv.  bei  der  in  der 
minuskel  so  hftufigen  Verwechslung  von  ji  und  ß  konnte  eO  pLO^* 


weiteres,  das  schluszwort  des  gedicktes  öuofilvuiv  stammt  nicht  von  A» 
sondern  von  G.  der  erste  sobreiber  hatte  öucficv^uiv  geschrieben; 
der  corrector  änderte  c  in  o  and  tilgte  mit  ftndemng  des  accentes  das 
e  nach  v.  die  lesart  öucficv^uiv  ist  nun  allerdings  unriobtig;  allein  sie 
weist  darauf  bin,  dasz  nicht  öuofi^vuiv,  sondern  6uco^^vuiv  zu  lesen 
ist.  Kallimacbos  schrieb:  q>€OT€  6aXdcc^  |  cu^^Ccyetv  ^p(<pu)v,  vouriXe, 
öuco^lvuiv:  'wage  dich  nicht  anf  die  see,  wenn  der  Untergang  der  baedl 
zu  erwarten  ist,  bevorsteht.'  wegen  des  futurums  vgl.  sb.  Hesiodos 
CkVi.  S83  TTXT)td5uiv  'ATXaTcv^uiv  iiciTeXXo|üi€vdu>v  dpxccO'  dfifiTou,  ^toio 
bi  6ucofA€vduiv. 


HStodtmüller:  lur  Anthologia  Palatina.  3Ö7 

zwar  ist  der  acut  zanHchst  von  Ä  gesetzt  und  dann  noch  deutlicher 
von  C  ausgeprägt;  oi  wird,  wie  an  zahlreichen  stellen,  einfach  Ter- 

nichtfl  zn  eorrigieren,  und  ao  bszeichnet  Diibner  (S(Juivu|JOV  all  leaiirt 
der  hB.,  Huhreibt  über  dviJjvu|JOV  aad  beruft  sich  auf  aein  apogcapbon 
Parismum.  ea  musz  ohne  zwetfel  dvi(lvu|iOV  beisien,  aber  dies  uud 
niclit  öpdivunov  stellt  in  der  denkbar  deutlichsten  weise  im  Palatinas 
geachriebeii.  einige  Zeilen  weitEf  nnlen  {VI!  2B1,  3)  «oll  es  in.  Pal. 
heiazen:  ainit  K^KXauTm  ßOXoc,  £k  KEKAauc^^vac.  nur  eine  kleinig- 
keit  bat  msD  hier  übersehen,  nemlich  einen  punkt,  nelchen  (nie  eich 
Bits  der  tinte  ergibt)  C  über  das  erste  C  nt  K€KXauc^£voc  geaetat  hat.  dies 
beiieutet  nber,  dasz  A  allerdings  HCKXdiKtt^vac  sehrieb,  daaz  diea  jedocb 
von  C  in  kekXuu^^voc  geändert  iat,  und  dasz  also  der  oürrecCor  und 
Planncles  {s.  Jacobs  zu  VII  281,  3)  übereinstimmen;  du  gemeinsame 
eeugaia  dieser  ab^r  wird  hier  gegen  A  maazgebend  sein  dürfen,  ich 
ernälme  diesen  fall  bier  darum,  weil  man  den  pnnkt  ab  lilgiiiigazeichen 
öfter  nii:bt  beachtet  bat,  ganz  überaehen  Bcheiat  bia  jetzt  ein 
anilerea,  im  PalatinuB  üfter  Torkommendea  tilguugsx eichen,  dessen  ba- 
achtung  mitunter  zu  nicfat  unwichtigen  TesnltHten  fübren  kann,  ich 
"beapreche  hier  äinan  fall,  um  xugleicb  das  zougnis  der  Pfälaer  ha.  über 
die  Terfasser  von  VII  336  nnd  337  sicher  ea  stellaa.  denn  auch  Pinelers 
angaben  (ao.  e.  135)  hierüber  sind  nicht  zutreffend,  znnliohst  ist  zn 
sagen,  dasz  der  erste  aehreiber  A  sowie  der  lemmatLst  L  die  beiden 
epigramme  236  und  237  uls  ^inea  betrachtet  haben,  darum  sind  sie 
Ton  L  nur  mit  ijinem  lemma  versehen  (zu  VII  236),  und  das  anfanga- 
zeichen  eines  epigramma  ist  vor  oCp«a  (S3T,  1)  nicht  von  A  gesetzt,  Bän- 
dern von  0,  (dem  entspricht,  dasz  das  schlus 2 zeichen  zn  236  gleicb- 
falla  von  C  stammt;  nur  dürfte  man  daraus  allein  noch  keinen  achlnsz 
ziehen,  da  das  letzte  wort  ton  236  KaKOKptc(i)c  an  stelle  des  ausradierten 
KCKpOTtlr|C  von  C  eingaaetzt  ist;  letzteres  batta  nemlich  A  irrtümlich 
gescbrieben,  indem  er  auf  daa  acblu»zwart  von  VII  235.4  ^ciZova 
KEKpoirir]C  zurückkam.)  der  correutor  bat  also  die  beiden  gcdichte 
VII  236  und  237  richtig  geschieden,  er  hat  aber  keineswegs  das  erste 
disticbon  von  VII  237,  wie  man  annimt,  für  ein  besondereB  gedieht  ge- 
Lalten  und  diea  dem  Philippoa  von  Tbessalonike  zugeschrieben,  in 
Wahrheit  verhalt  sich  die  Sache  folgend  ermaazen.  der  lemmatiat  hatte 
mit  seinem  lemma  ZQ  Vit  236  den  ünszern  rand  zu  dem  zweizeiligen 
gedieht  in  anspruch  genommon;  der  eorrecter  konnte  den  autoroamea 
zu  vn  236  nur  unter  dem  lemma  anbringen  und  muate  mit  dieser  an- 
gäbe bertiita  auf  dia  zu  VII  237  gehörige  randstelle  geraten,  er  ver- 
band darum  die  eutornamcn  der  beiden  gediohte  mit  Kai  und  schrieb: 
dvTiitdTpou  I  ÜcccaXoviK^uJC  I  KOl  qiiXiTinou  6ec|coXoviK£u)c,  nnd  zwar 
steht  dvTiitdTpou  noch  etwas  oberhalb  der  ersten  verszeile  von  VIl  237; 
das  öbrige  nimt  drei  randzeilen  ein  und  steht  nebfn  den  drei  ersten 
Verszeilen  des  gedichtes,  die  rnndzeile  itnnier  etwas  unterhalb  der  vers- 
zeilB,  bülte  der  corrector  weiter  nichts  hinEUgefügt,  so  wäre  von  ihm 
einfach  Antipatros  als  rerfasaer  von  VII  236  und  Philippos  ala  der  von 
vn  237  bezeichnet,  es  bilden  aber  die  drei  ersten  verae  von  VII  S37 
den  sthlusz  einer  seile  (2^23  de»  PaUlimis,  nnd  C  bat  nun  auf  dem  obern 
rande  von  s.  243,  also  zn  237,  i  noch  einen  dritten 
tiet'ert:  dXqjtoü  )iiTuXt|va(ou,  nnd  eben  diesen  Älpbei 
ala  Verfasser  des  gadichtea.  weil  also  der  oorrector  drei  s 
in  den  zwei  epigrammen  (236  und  237]  gibt,  so  nahm  man  an,  er  naoe 
das  eine  gedieht  237  in  zwei  getrennt,  zu  dieser  irrigen  auffasBung 
wäre  man  sicher  nicht  gekommen,  wenn  man  nicht  jenes  tilgungaz eichen 
übersehen  hätte,  das  an  dieser  stelle  zweimal  und  jedesmal  sehr  deut- 
lich geschrieben  stellt,  will  der  corrector  andeuten,  dasz  eine  reihe 
oder  eine  zeile  ilberfiüasig,  verkehrt  iat,  so  setzt  er  zn  anfang  der  be- 


358  HStadtmüUer :  zur  Anthologia  Palatina. 

schrieben  sein  für  u.  danach  ist  zu  lesen:  dvri  bk  XujiiTic  capKÖC 
Touc  capKüuv  jevca^ii^ovc  inixexc  ^ftlr  die  schnöde  verstfimmelung, 
mishandlung  des  fleisches  hast  du  die  das  fleisch  gekostet  haben', 
der  dichter  aber  sagt  nicht  einfach  mit  adjectivischem  oder  partici- 
pialem  attribut  'anstatt  des  abgefressenen  fleisches':  denn  er  will 
nicht  einfach  deu  von  der  erde  empfangenen  ersatz  bezeichnen,  son- 
dern auf  die  schuld  der  gefräszigen  fische  und  die  sühne  der  schuld 
hinweisen:  dvri  Xüjiiic  capxöc  'für  die  Verletzung  des  fleisches'.  so 
erklärt  sich  auch  der  Wechsel  des  numerus  in  capKÖc  und  capKÜüv, 
der  bei  Xoimic,  die  zulftssigkeit  der  vorausgesetzten  bedeutung  zu- 
gegeben, etwas  störendes  hat.  auch  ^tt^x^^^  glaubte  man  ttndem  zu 
müssen  in  änixexc.  auf  den  ersten  blick  kOnnte  es  befremden,  dasz 
nach  ^X^ic  dasselbe  verbum  als  compositum  folgt,  darum  dachte  ich 
eine  zeit  lang  an  touc  capKÜuv  Teuca^^vouc  ^KtX€C.  aber  dn^x^ic 
ist  sicher  richtig,  nur  nicht,  wie  Jacobs  meint,  gleichbedeutend  mit 
KQT^X^tc.  die  prftp.  bewahrt  ihre  volle  bedeutung:  'du  hast  den 
schiffbrüchigen'  meint  Hegesippos  'und  hast  auf  demselben  (^irf), 
mit  demselben  zugleich  die  fische.' 

6.  Der  unbekannte  Verfasser  von  VII  339  verweist  in  nach- 
ahmung  von  X  118  auf  den  Auaioc  als  den  tröster  im  schweren 
erdeudasein.   das  epigramm  schlieszt  mit  dem  pentameter 

Kttl  XUTTllC  ÖÖUVriV  TÖV  BpÖ^lOV  TTdp€X€. 

von  den  zahlreichen  Verbesserungsvorschlägen  können  wohl  nur  die- 
jenigen in  betracht  kommen ,  welche  entweder  aus  Xumic  oder  aus 
öi)üvr)v  ein  persönliches  objectsprädicativum  zu  TÖv  Bpöjiiov  irdpcxc 
herstellen,  so  liest  Jacobs  k&\X}i\  Xirrfip'  6büvT]C,  FWSchmidt  ent- 
weder Ktti  Xurnic  dXdTTiv  (öX^iriv  Lud  wich)  oder,  was  er  vorzieht, 
Kai  TraucTf]p*  öbuviic.  letzteres  verdient  auch  den  vorzug  vor  den 
andern  Vermutungen ,  liegt  aber  der  Überlieferung  etwas  fem ;  nach 
meiner  ansieht  ist  in  Kai  Xuttiic  nichts  anderes  enthalten  als  kujXu- 
T  rj  c ,  und  danach  wird  zu  schreiben  sein : 

KlwXUTflVÖ'  ÖbÜVTlC  TÖV  Bpö^iov  7rdp€X€ 
'dem  schmerz  einhält  zu  gebieten  schaffe  den  Bromios  zur  stelle',  so 
findet  sich  KUiXurrjc  mit  dem  gen.  zb.  Thuk.  III  23  KuiXuTf|C  Tf)c 
btaßdceuuc.    der  änderung  KiiXiiTf)v  b'  öbuvaiv  ('den  besänftiger 
der  schmerzen') ,  auf  welche  ich  ebenfalls  kam ,  möchte  ich  wenig- 


treffenden stelle  ein  bäkchen  ähnlich  demjenigen,  welches  die  erste 
hand  in  dem  cod.  2  des  Demosthenes  zu  (gleichem  sweck  verwendet  hat 
(vgl.  Gardthansen  griecb.  paläogr.  s.  278  f.);  nnd  zwar  hielt  es  C  so, 
dasz  er  manchmal  neben  dem  häkchen  noch  tilgong^punkte  über  die 
einzelnen  bnchstaben  setzte,  manchmal  mit  jenem  zeichen  sich  begnügte, 
beispiele  dieses  doppelten  verfahrene  werde  ich  bei  anderer  gelegenheit 
anzuführen  haben,  an  unserer  stelle  aber  steht  das  tilguogshäkchen 
vor  der  dritten  und  vor  der  vierten  randzeile:  C  will  demnach  kqI 
<ptX(iriTOU  OcccaXovtK^uic  gestrichen  sehen;  er  hat  anfänglich  aus  ver- 
sehen den  Philippos  als  Verfasser  von  VlI  287  genannt,  dann  aber  den 
irrtum  erkannt  und  in  Übereinstimmung  mit  Planades  den  Alpheios 
gesetzt. 


HStadtmüller:  zur  Anthologia  Palfttiiia.  869 

stens  den  yorzug  vor  K(jjXuTf|V  V  6buvi&v  nicht  geben,  weil  noh 
KriXiiTT)C  nur  an  einer  nicht  ganz  sichem  stelle  de^La*  Diog.  (YIH  67) 
zu  finden  scheint. 

7.  Das  von  ThMommsen  auf  die  Yarussohlacht  bezogene  epi- 
gramm  des  Krinagoras*  AP.  VII 741  fordert  im  ersten  distichon  den 
leser  auf  sich  die  ruhmreichsten  beiden  der  Tergangenheit  zu  ter* 
gegenwärtigen,  um  diese  mit  dem  jeden  vergleich  aushaltenden  retter 
des  römischen  adlers  zusammenzustellen,   die  beiden  yerse  lauten: 

*09pudbriv  Cirdp-nic  t6  ixifa  xkioc  ii  Kuv^t^ipov 
vaujLidxov  i^  Trdvruiv  Ipfa  xdXet  iroX^fiuiv. 
an  KdXet  wird  man  künftig  keinen  anstosz  nehmen;  dagegen  ist  ipfX 
verdächtig,  nach  dem  Zusammenhang  der  stelle  musz  nicbt  bloss 
angedeutet,  sondern  deutlich  gesagt  und  hervorgehoben  sein,  dasz 
man  das  allerhervorragendste  zum  vergleich  beiziehen  solldb 
dafür  aber  ist  fpTOt,  namentlich  in  der  Verbindung  mit  Trdvtuiv 
TToX^liuiv ,  ein  zu  allgemeiner  ausdruck.  auch  erwa^ctot  man  naoh 
'OOpudbiTV  f|  Kuv^T^ipov  ein  wort,  das  persönlich  aufge&szt  werden 
kann,  wie  denn  auf  ein  derartiges  auch  die  wähl  des  verbums  KaX€W 
schlieszen  läszt,  da  man  im  andern  fall  £WiT€tv  oder  etwas  Shnliches 
erwartete,  tadellos,  meine  ich,  wird  die  stelle  durch  Sndemng  von 
£pta  in  dxpa.  denn  erstlich  bezeichnet  dxpa  dasjenige  was  ia  seiniel^ 
art  hervorragt;  Erinagoras  wird  äxpa  noX^M^V  geschrieben  haben, 
wie  bei  dem  Tarentiner  Leonidas  (AP.  VII  448,  2)  zn  lesen  ist 
dxpa  ii&xr\Cj  dKpa  XivocTaci^c *  und  Erinagoras  selbst  sagt  (vgL 
MBubensobn  Crinagorae  Mjt.  epigr.  s.  27 ;  66 1  4  -»  AP.  Y  108,  4) 
Kai  ic  cTbeoc  &pr\y  dKpa  kqI  ic  i|iuxf]c  TjGoc  dveiKaji^vT].  zweitens 
aber  findet  sieb  nicht  blcsz  äxpoi  sondern  auch  dKpa  persönlich ,  in 
dem  sinne  von  'die  ersten,  die  hervorragendsten',  dies  beweist  unter 
anderm  Theokr.  15,  142  oö  TTeXoiniiabäv  (wofür  nach  meiner  mei- 
nung  QU  TTepciiiabäv  zu  schreiben  ist)  t€  Kai  "'ApTCOC  dKpa  TT€- 
XacToi  mit  der  erkl&rung  des  scholiasten:  ot  ToG  ''ApTOUC  dKpoi, 

TOtJT^CTlV  0\  ÖOXWTaTOl. 

8.  Das  loos  der  menschen  beklagt  Palladas  Z  84 
boKpux^ujv  T€VÖ|LiTiv  Kai  baKpucac  dnoGvi^CKU) , 

bdKpuci  b'  ^v  noXXoTc  töv  ßiov  e^pov  6Xov. 
(b  T^voc  dvOpüüTTUJV  TroXubdKpurov  dcOevic  oiKTpöv, 

(pepöjLievov  Kard  tt)c  koI  bioXuöjievov. 
an  stelle  des  unmöglichen  q)€pöji€VOV  hat  Planudes  cupö^evov,  eine 
verunglückte  conjectur  gleich  dem  von  Salmasius  vorgeschlagenen 

*  [ad  vocem  Krinag^oras  kann  ich  nicht  umhin  anf  eine  so  eben 
(zum  28  april  1888)  ausgegebene  Leipziger  habilitationsschrift  von 
Conrad  Cichorias  aufmerksam  zu  machen:  'Rom  und  MytUene* 
(drack  von  BGTeubner.  67  s.  lex.  8),  in  der  8.  47—61  auf  gread  neaer 
inschriftlicher  fände  und  genauer  exegese  seiner  epigramme  über  her- 
kunft,  stand  und  Stellung  des  Erinagoras  in  Myülene  und  in  Rom,  int- 
besondere  über  sein  frenndschaftsverhältnis  zu  mehreren  gliedern  der 
familie  des  Augustus  höchst  wertvolle  aufschlüsse  gegeben  werden. 

A.  F.] 


360  HStadhnüUor:  zur  Anthologia  Palatina. 

q)upö)i€VOV.  die  jüngste  vermutang  zu  dieser  stelle  ist  FWSchmidts 
olxö^evov.  aber  auch  diese  genügt  keineswegs :  denn  ein  gegensats 
zu  biaXuö|Li€VOV  ist  erforderlich ,  nicht  ein  ausdruck  der  das  gleiche 
besagt  wie  bioXuecOai.  annehmbarer  ist  so  immerhin  Boissonades 
qpaivö^evov ,  das  Dübner  in  den  text  gesetzt  hat.  es  läszt  sich  aber 
ein  ausdruck  finden,  der  die  antithetische  beziehung  zu  biaXu€c6cu 
schärfer  bezeichnet  als  (paivecGai,  sich  enger  an  eOpov  ßiov  an- 
schlieszt  und  auch  der  Überlieferung  sehr  nahe  kommt,  zu  verglei- 
chen mit  Palladas  epigramm  ist  die  Homerische  betrachtung  von  der 
hinfälligkeit  des  menschengeschlechtes  o  130  oub^v  dxibvÖTepov 
TOticx  Tp^9€i  dvBpuüTroio:  ein  ausdruck  in  dem  sinne  von  rpe- 
qpö^evov  würde  den  passendsten  gegensatz  zu  biaXuöpevov  bilden, 
zugleich  auch  die  Wendung  ßiov  €up€iv,  an  der  man  anstosz  genom- 
men; in  ein  richtiges  licht  stellen.  Palladas  schrieb  wohl  (pcp- 
ßö^evov  (eine  änderung  von  Kard  ff\c  in  xaTd  tt)v  oder  von 
iToXubdKpuToy  in  TroXubdKpuov  ist  bei  diesem  dichter  nicht  ge- 
boten): vgl.  Hom.  hy.  30,  1  TCiTav  .  .  f^  cpepßei  ivX  xOovl  ndvO* 
ÖTTÖc*  dcTiv.  Apoll.  Arg.  11  394  vricou  bk  npoT^puice  xal  ^ireipoio 
irepaiiic  (p^pßovrai  OiXupec  und  namentlich  IV  lOlS,  woMedeia 
den  schütz  der  Arete  anfleht :  ^iib^  ixe  KöXxoic  ^Kb^iric  .  .  el  vu  xal 
auif|  dvGpidTTUJV  T^vefic  jLiia  (p^pßcai.  das  letzte  distichon 
lautet  also,  indem  man  mit  Dilthey  interpungiert: 

üb  Y^voc  dv9p(I)7TUJv,  iioXubdKpuTOv  dcdev^c  oiicrpöv 
9€pßö|Li€vov  Kard  tt)c  koI  btaXuö|Li€VOV. 

9.  Nicht  sehr  verschiedenen  inhalts  ist  das  epigramm  des  Aisopos 
X  123.   das  erste  distichon  lautet: 

1TUJC  TIC  dv€u  GavdTOu  c€  cpuTOi;  ßle ;  inupia  tdp  C€u 
XuTpd,  Kai  oöre  cpirfeTv  eäjLiapic  oöt€  (p^petv. 

die  conjecturen  zum  hezameter  sind  ziemlich  zahlreich.  FWSchmidt 
hält  zur  herstellung  eines  ertrSglichen  gedankens  folgende  Umgestal- 
tung für  nötig:  ituüc  Tic  fiv  ^k  Oviitüuv  ce  (piXoi,  ßie;  der  sinn  des 
distichons  ist  offenbar  der,  dasz  der  tod  wünschenswert  sei,  da  man 
die  leiden  des  lebens  nicht  leicht  tragen,  ihnen  auch  nicht  leicht  ent- 
gehen könne,  aber  nicht  jeder  tod  ist  gemeint,  sondern  nur  ein 
guter,  dh.  leichter,  schmerzloser.  Aisopos  schrieb  wohl :  itüüc  Tic  &v 
cuOdvaTÖc  (oder  euOavdTUJc)  c€  cpuTOi,  ßie;  in  ttüjc  fiv  haben 
wir  hier  die  namentlich  den  tragikem  geläufige  form  des  Wunsch- 
satzes 'wie  könnte  man  entrinnen'  in  dem  sinne  von  'liesze  sich 
doch  eine  möglichkeit  finden,  das  beste  wäre  zu  entrinnen.'  ich 
brauche  nicht  auf  stellen  zu  verweisen  wie  Eur.  Med.  97.  Alk.  864. 
Hik.  796 :  ituüc  fiv  ÖXcijüiav,  das  sich  hier  findet,  kommt  obigem  ttüjc 
TIC  dv  C€  (puTOi,  ßie;  vollkommen  gleich,  auch  ist  der  grund  der  cor- 
ruptel  leicht  einzusehen :  hat  man  einmal  mit  falscher  wortabteilung 
äv€u  0.  gelesen  statt  fiv  €u6.,  so  muste  notwendigerweise  die  genitiv- 
endung  eintreten  für  -oc  oder  -ujc.  ob  aber  9UY01  seine  entstehung 
dem  im  zweiten  verse  vorkommenden  9irf€iv  zu  verdanken  hat  und 


HStadtmüUer:  zur  Antholi^^  Palatma.  361 

etwa  iTi&c  TIC  &v  eöOdvoröc  C6  Xiiroi,  ß(e;  sn  lesen  bt,  käse  ich 
hier  unentschieden. 

10.  Das  Spottgedicht  auf  Eastor  (XI  20B)  beseichnet  dessen 
nase  als  ein  äp^evov  irdciic  dpTOiciiic:  sie  sei,  heisst  es  t.  8, 
£v  irXoioic  fitKupa^  KaTacireipovn  b'  fiporpov, 
dTKiCTpov  vauTttic ,  öqiocpäTOic  Kpedrpcu 
neben  fiTKtCTpov  ist  vaüraic,  wie  allgemein  angegeben  wird,  nioht 
bezeichnend  genug;  man  hat  einen  andern  persönlichen  begriff  ein- 
setzen wollen:  fitKiCTpov  V  äXieOc\  so  könnte  man  auch  diTKicrpov 
YpiiT€uc'  vermuten,  einen  andern  weg  schlug  Schmidt  ein :  wenn  er 
äTKiCTpov  b'  ^v  äTPOiic  schreibt,  so  ist  der  sinn  der  stelle  getroffen, 
der  vom  dichter  gesetzte  ausdruck  sicherlich  nicht«  was  hier  zu  sagen 
war,  hat  meiner  meinung  nach  der  Verfasserin  einer  dem  vorhergehen- 
den tv  iiXoioic  fiTKupa  und  dem  folgenden  Toic  tk  iruXiSia  KÖpo£ 
(v.  6)  entsprechenden  weise  ausgedrückt,  es  ist  neben  firKtcrpov  der 
dativ  eines  sachlichen  nomens  erforderlich  zur  bezeiohnnng  des  gegen- 
ständes, an  welchem  sich  der  angelhaken  befindet,  nun  bezeichnet 
aber  KauXöc  nicht  blosz  das  obere  schafliende  derlanze,  auf  welchem 
die  lanzenspitze  sitzt:  man  nannte  so  auch  das  röhrdien  von  hom 
(Hom.  ji  253.  Q  81)  oder  von  metall,  welches  am  ende  der  angel* 
schnür  angebracht  war,  damit  diese  von  den  fischen  nicht  zerbissen 
würde:  vgl.  Oppian  hal.  III 145  ff.  alqia  bk  ^^coiv  öp^ifjV  M* 
öboCct  bi^TjLiaTOV  i{k  Kai  äxpac  xctirac*  Toövcica  t^civ  £x<^kc^* 
cav9'  dXtfiec  KauXövdn'dtKfcTpui  boXix^ItTepov ,  fipxac  öböv- 
Twv.  entsprechend  diesem  xauXöv  tu  dincicTpip  lautete  es  demnach 
in  obigem  epigramm  nicht  dTKiCTpov  vauTaic,  sondern  dTKiCTpov 
KauXoic. 

Heidblberg.  Hugo  Stadtmölleb. 


48. 
ZU  KALLIMACHOS. 


Im  Etym.  M. ,  wo  fr.  172  des  Kallimachos  überliefert  ist,  lesen 
wir  folgende,  so  wie  sie  dastehen,  unverstSndliche  worte :  K^KpfUirrai 
Yuvf)  2;dTKXov  UTTOxOovii;).  das  wort  T^^vf)  passt  hier  absolut  nicht: 
denn  nehmen  wir  an,  2:dTKXov  sei  nominativ,  so  hätten  wir  zwei 
nominative,  die  unverträglich  mit  aller  grammatik  wären ;  fiassen  wir 
Z&fKKov  als  aecusativ ,  so  ist  der  satz  ebenso  unübersetzbar,  lassen 
wir  aber  £dYKXov  als  subject,  so  gibt  der  satz,  wenn  wir  das  unüber- 
setzbare fv\i\  bei  Seite  lassen,  folgenden  guten  sinn :  *eine  sichel  ist 
verborgen  in  einer  unterirdischen  .  .  .'  es  fehlt  zu  dem  dativ  des 
adjectivs  uiroxOovii]  das  notwendige  Substantiv  in  demselben  casus, 
und  dieses  subst.  ist  in  der  corruptel  fvvi]  verborgen,  diese  Wahr- 
nehmung haben  schon  frühere  gelehrte  gemacht  und  durch  cosjectur 
zu  helfen  gesucht,   recht  ansprechend  wäre  die  conjectur  Bentleys, 


362  JBDitfcrich:  zu  Eallimacbos  [fr.  178  OS.]. 

der  ßuvij  vorgeschlagen  hat,  wenn  sie  nur  nicht  auf  einer  fehler 
haften,  jetzt  y erbesserten  stelle  des  Hesychios  basierte,  so  sehr  leid 
es  thut  von  dieser  conjectur  absehen  zu  müssen,  nm  so  weniger  bei 
der  höchst  leichtfertigen  und  sinnlosen  von  Toup  (emend.  in  Said« 
II  s.  461),  die  seltsamerweise  von  Yalckenaer  gebilligt  worden  ist* 
Toup  will  nemlich  Y  cuvQ.  aber  wenn  man  in  adlen  corrupten  fiag- 
menten  ein  unmotiviertes  T€  zur  heilung  einschieben  dürfte,  so  würde 
das  emendieren  von  Fragmenten  eine  ziemlich  leichte  sache  sein,  die 
vorhin  erwähnte  Bentleysche  coi^'ectnr  scheint  auch  auf  OSchneider 
eindruck  gemacht  zu  haben:  er  schlägt  Buvq  vor.  aber  auch  diese 
conjectur  ist  nicht  haltbar:  die  besprechung  einer  stelle  in  den 
Ljkophronscholien  des  cod.  Marc.  n.  476  wird  dies  lehren,  dort 
heiszt  es  zu  v.  869 :  &pnri  bp€TrdvTi  *  ö  fop  Zeuc  Tf)v  bp€irdviiv,  dv 
i^  T&  aiboia  £t€|üi€  tou  Kpövou,  dv  CuceXicji  Kpü\|Kii  X^T^iai.  ZdTKXov 
hk  irapä  CiKeXufV  t&  bp^irava*  fi^^virrai  hk  xaX  KoXXijyiaxoc  dv  ß^ 
AIt{u)V.  eine  andere  Version  verlegt  das  vergraben  jener  sichel  nach 
Eerkjra.  auch  dies  berichtet  der  scholiast  zu  v.  761  f.  Tf)V  Kdp- 
Kupdv  (pr)civ  j^Toi  Tf)V  Oaiaxiav  ix^xv  k€Xujc|üi^vov  tö  öp^irovov  Iv 
(|)  ö  Zeuc  TÖv  Kpövov  dE^rejüic.  es  fragt  sich  nun,  ob  beide  Versionen 
aus  Eallimachos  stammen,  und  wenn  dies  der  fall  sein  sollte,  aaf 
welche  version  sich  dann  unser  fragment  bezieht,  oder  ob  die  zweite 
Version  einer  andern  quelle  als  Eallimachos  angehört  und  hier  ist 
zu  beachten,  dasz  in  der  zweiten  version  Eallimachos  nicht  citiert 
wird,  hätte  aber  die  quelle  des  scholiasten  bei  ihm  auch  diese  ver* 
sion  gefunden,  so  würde  sie  dieselbe  ihm  ebenso  entlehnt  haben  wie 
die  erste,  die  zweite  version  stammt  also  nicht  aus  Eallimachos. 
vielmehr  ist  sie  dem  werke  des  Timaios  entnommen,  wie  wir  ans 
den  schol.  Apoll.  Arg.  IV  983  ersehen,  wo  dieselbe  geschichte  er^ 
zählt  und  Timaios  citiert  wird,  unser  fragment  bezieht  sich  also  auf 
die  sikelische  version.  dort  heiszt  es,  dasz  die  sichel  iv  CiK€X(()i,  also 
im  lande  vergraben  worden  ist,  nicht  im  meere.  damit  fällt  die  con- 
jectur Schneiders. 

Die  scharfsinnigste  Vermutung  ist  die  von  Ruhnken ,  der  inJTn] 
vorschlägt,  dies  sehr  seltene  wort  erklärt  Hesychios  T^m)  *  KoiXw^a 
Tfjc.  OaXäfiTi.  TUJVia,  und  wiederum:  pjirac*  KoXußac,  Kal6aXd^ac. 
ol  bk  'Cirf^Xeia.  unter  den  Schriftstellern  finden  wir  nur  das  deminn* 
tivum  TVTrdpiov  bei  Aristophanes  Ri.  793.  die  zu  diesem  verse  er- 
haltenen scholien  sind  für  die  lehre  von  den  bedeutungen  diesee 
Wortes  so  sehr  wichtig,  dasz  ich  sie  ganz  hersetze :  T^nrapioic  *  elboc 
öpv^ou  T^TT€c.  inavEe  bk  tö  ^vo^a  öiä  tö  dTnq)€p6^evov.  boxet 
Tdp  TTUJC  TTap6^0la  Td  öv6^aTa*  rauTa  elvai,  xv^^opioic  xal  Trup- 
Tibioic.  fj  bid  TÖ  Toüc  öpvic  toütouc  ^dXlCTa  Toic  inipTOic  im- 
Ka6f)c6ai  xal  toic  Teixcciv,  de  oOc  o\  'AOrivaToi  dKdOeuöov  bid  töv 
TT6X€^ov  q>poupouvT€C  Tf)v  ttöXiv.  dXXuic  dvrlTOÖ,  £v  qHuXcoic 
Kai  KoXiaTc  kqI  ctcvoic  x^ipioic    KpdTTic*  bi  qnfcxy  öti  nficov 

*   80  liest  Snidas  u.  T^irapfotc;  die  scholien  haben  Kporlvoc, 
verbeuert  int.    vgl.  CWachamath  de  Gratete  Maliota  •.  61. 


EDittrich:  zu  Kallimachos  [fr.  172  OS.].  363 

CT€vf|V  Kaidbuciv  oÖTUJC  djvöjLiaJov.  so  viel  ist  auf  den  ersten  blick 
klar,  dasz  die  scholiasten  selbst  nicht  im  klaren  gewesen  sind,  was 
das  wort  f ^ttt]  bedeutet;  das  sieht  man  deutlich  aus  der  interpreta- 
tion  des  ersten:  boKei  ttujc  .  .  f\,  vertrauenerweckender  erscheint 
fOr  den  augenblick  die  erläuterung  des  zweiten,  der  mit  klaren 
Worten  erklärt :  iv  qpujXeoTc  kqI  KaXtaic  Ka\  ct€V01c  xuipioic.  quelle 
dieser  interpretation  ist  der  citierte  grammatiker.  bei  näherer  prtt- 
f ung  ergibt  sich ,  dasz  dieser  nur  den  Inhalt  der  Aristophanesstelle 
wiedergegeben  hat,  aber  die  bedeutung  des  wertes  T^Trdpiov  bzw. 
fvnr]  gar  nicht  entwickelt,  so  bringt  die  grammatikererklärung  uns 
nicht  weiter  vorwärts,  und  wir  wenden  uns  direct  zu  der  stelle  des 
Aristophanes.  aus  v.  793,  wo  TUTidpia  und  TiupTiöia  verbunden 
stehen,  ergibt  sich  klar,  dasz  dort  TTupTibia  Hürmchen'  und  T^^rdpia 
'geiemestchen'  in  ihrer  ursprünglichen  bedeutung  gebraucht  sind, 
diese  beiden  einzelbegriffe,  von  denen  jeder  etwas  erbftrmliches  be- 
zeichnet, faszt  der  grammatiker  in  den  allgemeinbegriff  zusammen: 
TTQCa  CT€vri  Kardbucic.  ziehen  wir  aus  dem  gesagten  den  schlusz, 
so  wissen  wir  nur,  dasz  der  grammatiker  keine  bedeutung  des  wertes 
YUTn]  angibt,  dasz  wir  also  nur  6ine  und  zwar  die  ursprüngliche  be* 
deutung  (geiernestchen)  kennen^  die  wir  bei  Aristophanes  finden. 

Kehren  wir  wieder  zu  Hesychios  zurück,  in  dessen  erklänmg 
ist  KoiXujjia  thc  =  OaXdjiiTi  =  KaXüßri  =  CTrriXeiov  =  (TUJvia?): 
denn  alle  diese  Wörter  bedeuten  ^höhlen',  da  nun  auszer  unserer 
Aristophanesstelle  das  wort  yvnt]  nirgends  vorkommt,  so  bezieht 
sich  die  erklärung  des  Hesychios  auf  unsern  komikervers.  bei 
Aristophanes  aber,  haben  wir  gesehen,  hat  das  wort  T^Tidpiov  seine 
ursprüngliche  bedeutung.  so  ergibt  sich ,  dasz  Hesychios  nicht  die 
wahre  bedeutung  des  wortes  angegeben  hat ,  sondern  jene  wieder- 
gäbe des  inhalts  der  Aristophanischen  textesworte,  wie  sie  der  gram- 
matiker besorgt  hatte,  damit  verliert  die  erklärung  des  Hesychios 
ihre  autoritöt  für  die  lehre  von  den  bedeutungen  des  wortes  T^^n» 
und  damit  ist  auch  die  conjectur  Buhnkens  wertlos. 

Der  gedanke  von  Buhnken,  dasz  für  das  sinnlose  fuvfi  Ealli- 
machos  ein  wort  gebraucht  habe,  das  'höhle'  bedeutete,  ist  ganz 
richtig,  und  da  bietet  sich  ein  wort,  das  von  den  Alexandrinern 
gern  gebraucht  wird,  nemlich  ifpiivr].  das  adjectivum  Ypwvoc,  von 
dem  das  subst.  fpiby/r]  sc.  ir^ipa  gebildet  ist,  wird  so  von  Lykophron 
V.  631  (YpÄVOV  TT^bov)  gebraucht,  daher  bedeutet  fpibvx]  'der  aus- 
gehöhlte felsen'.  auch  Nikandros  Ther.  794  wendet  es  an:  aÖTixa 
b'  dTpeuG^VTec  ivi  TpiivT]Civ  fbucav  jLiuobÖKOic  usw.  an  unserer 
stelle  ist  natürlich  nicht  uttö  X^ovir)  getrennt  zu  schreiben,  sondern 
mit  dem  Etym.  M.  UTroxÖo vir) ,  und  das  gibt  den  sinn:  'verborgen 
ist  die  hippe  in  einer  unterirdischen  felshöhlung.'  so  lese  man  denn: 
K^KpuTTTtti  Tpiwvrj  ZdYKXov  ÜTTOxOcvir). 

Leipzig.  Eugen  Dittrich. 


364  M Wellmann:  Diphilos  und  Hikeüos. 

49. 

DIPHILOS  UND  HIKE8I08. 


Zu  den  ärzten,  die  wir  fast  ausscblieszlicb  aus  Athenaios  kennen, 
gehört  Diphilos  der  Siphnier.  für  die  Zeitbestimmung  desselben 
ist  eine  stelle  des  Athenaios  maszgebend:  U  51^  Aiq)iXoc  ö  Ciqpvioc 
T€Tovibc  KttTd  Aud^axov  töv  ßaciX^a  —  elc  bk  outoc  tijüv  'AXc- 
Sdvbpou  btaböxujv  —  ^vr)|üiov€U€i  tujv  KCpaciujv  usw.  seine  zeit 
ist  hier  ziemlich  genau  angesetzt :  er  lebte  zur  zeit  des  Lysimachos, 
nachdem  dieser  den  königstitel  angenommen  hatte,  dh.  um  300 
Tor  Ch.  den  titel  seiner  hauptschrift  Trepl  Tuiv  TrpoC(p€pOfi^vuJV 
ToTc  vocoCci  kqI  toTc  i^mivouci  kennen  wir  ebenfalls  aus  Ath.  YIU 
355^  uO.  interessant  wird  dieser  mann  für  uns  dadurch,  dasz  er 
eine  nicht  unwichtige  quelle  für  einen  spätem  arzt  gewesen  zu  sein 
scheint;  den  wir  freilich  auch  nur  aus  spärlichen,  yomebmlich  bei 
Ath.  erhaltenen  fragmenten  kennen,  der  aber  seiner  zeit  eine  nicht 
unbedeutende  rolle  als  arzt  gespielt  hat,  ich  meine  den  Erasistrateer  ^ 
Hikesios';  der  nach  Strabons  (XII  580)  zeugnis  ein  menschenalter 
Yor  ihm,  dh.  um  50  vor  Ch.  eine  schule  der  Erasistrateer  in  Smjma 
begründete  und  eine  reihe  yon  Schülern  bildete,  die  sich  nach  ihrem 
lelu*er;  einem  angesehenen  arzte,  o\  dnö  *lK€ciou'  nannten,  der  titel 

<  Strabon  XII  680.    Ath.  III  87  b.  *  die  von  CSprengel  gesefa. 

der  medicin  im  alt.  8.  563  g^eg^ebeoe  zusammenstellnng  seiner  eitate  ift 
unvollständig;  daher  viird  die  meini^e  neben  der  seinigen  ihren  plats 
behaupten.  Atb.  U  68'.  69«.  III  87»>-'.  116«.  118*.  VII  278*.  282*.  288«. 
294«.  298«.  804«.  806«»«.  808*.  309»>.  811  ^  312«.  313«.  313*.  314 »>.  316*. 
820«*.  321«.  323«.  327*.  328»»«.  XV  681«.  689«.  Plinius  n.  h,  XIV  120. 
XX  36.  XXII  40.  XXVII  31.  La.  Diog.  V  64.  Qal.  XIII  780.  787.  809. 
811.  814.  Tertull.  de  anima  26,  wo  er  zweimal  genannt  wird,  für  Pli- 
nius er^bt  sich  aus  der  vergleicbung  mit  Dioskorides,  dass  er  den  Hike- 
sios  nioht  selbst  benutzt,  sondern  dasz  er  ihn  in  seiner  quelle,  wahr- 
scheinlich Sextius  Niger,  verarbeitet  vorgefunden  hat.  ich  lasse  die 
beiden  interessanten  stellen  folgen. 


Plinius  XXII  §  40 

leucacantham  oHi  phyllon^  alü 
UcJdadaj  alü  polygonaton  appellani^ 
radice  cypiri^  quae  eommanducaia 
dentium  dolore*  $edat,  Hern  latervm 
et  lumborum,  ui  Hieesiug  tradit^ 
semine  poio  drachmiä  oeto  out  nteo. 
eadem  ruptUf  convoUiM  medetur. 


Diosk.  III  19 

X€VKdKav6a  (oi  bi  iroXt^'övaTOV, 
ol  bi  (pOXXov,  oi  bi  icxtdöa  xa- 
XoOci  .  .)•  TauTTic  1^  ^fea  ö^oia 
icuir€(p4),  iriKpd,  icxupd'  f^Ttc  \iac' 
cr)6c1ca  öbovraXtiac  irapaMuOctxat  * 
t6  bi  dirö2l€^a  aÜTf^c  cOv  olvip 
KudOujv  Tptuiv  iroO^  ßoY^Ocl  irXcu- 
piTiKotc  xpov(oic  Kai  IcxtabiKoU, 
^i^T^act,  ciru)^6^otc'  xal  tö  x^Xitibec 
bk  Tflc  piZr)c  Td  aörd  noul  mvö- 

M€V0V. 

für  Athenaios,  wenigstens  für  die  eitate  des  7n  buches,  lässt  sieh  das- 
selbe höchst  wahrscheinlich  machen:  dieselben  stammen  aus  dem  6sch- 
buch  des  Dorion,  worüber  ich  im  Hermes  XXIII  s.  192  anm.  2  gehandelt 
habe.  *  La.  Diog.  V  64,  wo  ein  achter  Herakleides  als  larpdc  TlS^v 

Avö  'iKcdou  bezeichnet  wird. 


MWellmann:  Diphüos  und  Hiketioa. 


S65 


seiner  schrift  7r€p\  SXr)C  steht  bei  Ath.  m  118^  Tu  278  S  282  <i. 
294«.  298  »^  XV  681  ^  689  ^ 

Trotz  des  ungünstigen  yerhältnisses,  dasz  gerade  die  über  pflan- 
zen handelnden  abschnitte  der  schrift  des  Hikesios  nnbekannt  sind 
und  somit  die  yergieichung  mit  den  entsprechenden  zahlreichen  fra§^ 
menten  des  Diphilos  unmöglich  ist,  findet  sieh  eine  ansahl  Ton  frag* 
menten  über  den  wert  der  fische  als  nahrungsmittel,  welche  mit  denen 
des  Diphilos  in  einer  genauigkeit  übereinstimmen,  die  um  so  anf- 
fallender  wird,  wenn  man  die  fragmente  anderer  verwandter  autoren 
wie  die  des  Earystiers  Diokles^  des  Atheners  Mne0ithaoB^  des 
Atheners  Philotimos*  oder  des  Praxagoras'  vergleicht. 

Ich  lasse  die  beweiskräftigen  fragmente  in  gegenüberstellong 
mit  den  entsprechenden  stellen  des  Diphilos  folgen. 


Ath.Vm3ö6»»« 

X€UK(cK01,   K^qMXXoi,  K€CTp€tC, 

fiuSivoi,  x^XXiDvec  öfioioi  clci 
KOTd  Tf|v  irpocq>opdv,  toO  bk 
K€qpdXou  KaTobe^crepöc  icny  ö 
K€CTpeuc,  ficctüv  bk  6  fiuSvoc, 
TeXeuraloc  6  xcXXidv. 


1.  Ath.  Vn  306  d« 

"Ik^ciöc  qprici  «tüüv  hk  KaXou- 
li^vujv  X€UKiCKU)V  TrX^ovd  dcnv 
etb?).  X^TOVTQi  TÄp  0%  ^itv  K^- 
q)aXoi,  0^  hk  K€CTp€ic,  SXXoi  bk 
xeXXdivec,  ol  b^inuETvoi.  äpiCTOi 
V  eiclv  et  K^qpaXoi  kqI  Tipöc  Tf|v 
TcOciv  Ka\  npöc  -rfiv  eöxuXiav. 

b€ÜT€p0l  V  eld  TOÖTUiV  ol  XcTÖ- 
}i€VOl    K€CTp€lC,     f\cCOV€C    V    o\ 

jiuHivor  Kaiabc^cTcpoi  bk  irdv- 
Tujv  ol  xc^^wjvec,  o\  XcTÖfievoi 
ßdKXoi . . 

die  Übereinstimmung  dieser  beiden  stellen  spricht  für  sich  selbst ; 
bei  beiden  dieselbe  einteilung  der  XeuKicKOl*,  dieselben  namen  der 
arten,  bei  beiden  dieselben  angaben  über  den  hygienischen  wert  der- 
selben, die  namen  bat  Diphilos  aus  Aristoteles  entnommen:  vgl. 
Ath.  VII  307  *  dv  b'  fiXXoic  cpriclv  6  'ApiCTOT^Xric  «6  Kccrpedc  xap- 
Xapöbouc . .  icTx  bk  8  ji^v  Tic  K^qpoXoc,  8  bk  x^^^^^v,  8  bk  q>€patoc 
.  .  KQi  xpocp^  XP^Ttti  6  ixkv  qpepaioc  t^  d<p'  aöxoO  T^voji^vq  }xü&i* 
usw.  aus  den  letzten  werten  des  Aristoteles  ist  der  ^uETvoc  des 
Diphilos  entstanden ,  der  pflichtschuldigst  bei  Hikesios  wiederkehrt. 


'*  ich  meine  seine  ÖYi€ivä  rrpöc  TTXcicrapxov,  vgl.  Ath.  VII  820*  uö. 

^  seine  hanptschrift  ircpl  ioeCTOtiv  wird  oft  von  Ath.  citiert:  vgl. 
YIII  357*.  ^  der  titel  seiner  hier  gemeinten  sohrift  ist  irepl  Tpo<pf^c 

von  mindestens  13  büchern,  vgl.  Ath.  III  79  *.  sie  wird  oft  von  Galenos 
citiert.  "^  der  auszug  aus  seiner  schrift  ircpl  Tffc  dn6  ivObpiüV  Tpo(pf)c 
steht   bei  Oribas   s.  124  f.  (Daremberg).  ^  der  ganze  bericht  im  8n 

buche  von  s.  355* — 357*  (c.  54)  stammt  nach  dem  ausdrücklichen  Zeug- 
nis des  Ath.  aus  Diphilos.  "  auch  nach  Diphilos  sind  die  X€Uk(ckoi 
die  gemeinsame  gattung,  da  in  der  weitern  ausführung  von  ihrem  werte 
keine  rede  ist,  sondern  nur  von  dem  der  K^(paXot,  Kccrpctc,  ^uStvot  und 
XcXXCjvcc.  daraus  ergibt  sich  dasz  der  bericht  des  Diphilos  gekürzt  ist, 
was  an  und  für  sich  aus  der  gedrängten  darstellung  folgt 


368 


MWellmann:  Diphilos  und  Hikesios. 


Ath.  m  91« 

TüCrv  bk  XcTräöuiv,  cpiiclv  ö 
AiqpiXoc  .  .  eCcTO^oi  hk  kcA 
eÖKaT^ptoccTOi . . 

Ath.  m  90* 

o\   bk   JLIU€C   ^^CUJC    €lc\  TpÖ- 

(pijüioi,  biaxu)pY]TtKol ,  oupriTi- 

Kot*   KpdxiCTOl  bi  o\  *€q)^- 
CIOl  .  . 


Ath.  ni  87  ^ 

TOlC    bk  XcTidbac   Ö  'iK^CtOC 

TiüV  TipoeipriM^viüV  €  ö  e  k  k  p  i  - 
Touc  jüiäXXov  cTvai .  • 

Tuiv  bk  ^uulv  ol  ixky/  'Gcp^- 

ClOl    Ka\    ol    TOUTOtC    öjiOlOl    T^ 

cux^Xicji  TUIV  likv  KT€va)V  ßeX- 

Xtovec     .     .    OÖpTlTlKU)T€pOl 

bk  ix&Wov  fj  iixX  Tf)v  KOiXiav 
q)€p6^€voi .  . 

0\   bk  TUIV  KTlpÜKUJV  Tpd- 

XTiXoi  €ÖCTÖ^axoi  t^  elci  Ka\ 
äTpoq)i()T€poi  \iv6jv  .  .  TOIC 
b'  dc9€vfl  TÖv  CTÖjiaxov 
^Xouci  Kai  fif)  ßabiujc  diro- 
biu)9o0ci  Tf|v  Tpo(pf|v  elc 
TÖ  KUTOC  Tf)c  KOiXiac  XP^^- 
ci^oi,  bucqpOapTOi  övrec 
.  .  ÖOev  a\  ^riKUJV€C  auruiv 

(sc.  TÜÜV  KripuKiüv)  TTpÖC  \iky 
TQC     tOüV    CTOjiaXWlV    €UTO- 

viac  ouK  €Ö9€To0ci,  Trpöc 
bk  Tf|V  Tf)c  KOiXiac  dcG^- 
veiav  xpil^^^oi. 

Die  abhängigkeit  des  Hikesios  von  Diphilos  ist  an  den  ausge- 
schriebenen stellen  nicht  za  leugnen,  daneben  weicht  er  in  der  be- 
schreibung  und  Wertbestimmung  anderer  muschelarten  von  ihm  ab,  ein 
beweis  dafür  dasz  er  den  Diphilos  nicht  ausschlieszlich  benutzt  hat. 

Auf  die  quellen  des  Diphilos ,  die  sich  aus  Aristoteles  und  den 
filtern  ärzten  wie  Diokles,  Praxagoras  ua.  zusammensetzen,  komme 
ich  ausführlicher  zurück. 

Stettin.  Max  .Wellmann. 


Ath.  m  91' 

<LV    (sc.    TUIV    KIlpiiKUJV)  Oi 

^^v  Tpdxn^oi  eöcTÖ^axol, 
bucKax^PTacTOi  bl'  b\ö 
ToTc  dcGevoOci  töv  ct6- 
^axov  olKcTor  öuc^iocpiToi  t€ 
Ka\  ^^cujc  Tpöq)ijioi.  tou- 
Tujv  b*  al  ^rJKUJvec  Xctö- 
|Li€vai  Trpöc  ToTc  TruGfitov 
diraXai,  eCqpOapTOi.  biö  toic 
Tf|v  tacT^pa  dcOevouciv 
oiKcTai. 


60. 

ÜBER  DIE  POETISCHEN  FRAGMENTE 
DES  ASINIÜS  POLLIO. 


Von  der  hinreichend  bezeugten  poetischen  thfttigkeit  des  Asinius 
Pollio  (Catullus  12,  7.  Yergilius  ed.  3,  86.  8,  10.  Horatius^o^. 
I  10,  42.  ca.  U  1;  10  nebst  Acron  und  Porphjrio.  Tacitus  dioL  21. 
Plinius  ep.  Y  3,  5)  sind  uns  ausdrückliche  citate  nicht  erhalten;  man 
musz  eben  alles,  was  von  ihm  überliefert  ist,  darauf  bin  prüfen. 


FHarder:  über  die  poetischen  fragmente  des  Asiniiu  PolliOr     369 

nach  aussohlusz  derjenigen  stellen,  welche  teils  ausdracklioh  als  aus 
historischen  Schriften  oder  ans  reden  herrührend  bezeichnet  sind,  teils 
durch  deutliche  prosaform  eine  solche  herkunft  verraten,  verbleibeii 
ftir  unsere  Untersuchung  folgende. 

1)  Priscianus  bd.  I  s.  513,  7  H.  nan^scar  eUam  nactum  faett 
absque  n,  ut  Fröho  et  Capro  ei  PdOÄom  et  Flmiö plaoet, 

2)  Quintilianus  I  6,  42  neque  enim  tulnirchkMbundmn  et 
lurchinäbundum  iam  in  nöbis  quieqiMm  ferat^  Ueti  Cküo  eU  audor^ 
nee  hos  lodiees^  qiMmquam  id  F(Mioni  pUxeet^  nee  gladkUa^  atgui 
MessäUa  dixUy  nee  parfiddatumy  quod  in  Cadio  mx  Merabüevidehtr^ 
nee  coUos  mihi  Cälvus  perstMserit. 

3)  Quintilianus  YIII  3,  32  nee  a  verbis  morfo,  seä  a nemimbna 
quoque  derwcUa  sunt  quaedam,  tU  a  Cicerone  SuttaturUf  ab  Asinio 
Fimhriatum  et  FigvHaium, 

4)  anonymus  de  dubiis  nom,  in  GLK.  V  592,  4  twiwr  gemeris 
mascuUni,  ut  Flautus  Hu  tibi  habeas  hos  turtures^^  quanwis  FdUio 
(jpulUo  MY)  et  älii  dicant  turtureüas. 

5)  anonymus  de  dubiis  nom.  ebd.  s.  574,  -6  caminus  generie 
mttsculiniy  sictj^  Pöüio  Asinius. 

6)  Charisius  s.  100, 23  et  antistes  habet  antistitam^  ut  Tarro  dkfi- 
narum  IUI  et  Cicero  in  Verrem  IUI  et  PöUo  '  Venms  antistita 
Cuprus*  (so  N;  cupras  uu  dh.  ed.  pr.  Neap.  1532)  et  Cometiua  Severue 
^stahat  apud  sacras  antistita  numinis  aras*. 

Dasz  die  angeführten  citate  sich  auf  den  bekannten  Asinins 
Pollio  beziehen,  ist  zweifellos;  zu  1  vgl.  Haupt  opusc  II  70,  für  4 
spricht  die  er  wähnung  des  vollen  namens  in  5,  für  6  die  sonstige 
erwähnung  des  mannes  bei  Charisius  unter  dem  namen  Asinius 
(62,  16;  77,  15;  80,  2;  84,  11;  97,  11)  oder  unter  beiden  namen 
(134,  3;  146,  33). 

Prüft  man  nun  die  angeführten  worte  auf  die  möglichkeit  hin, 
dasz  sie  poetischen  werken  des  Asinius  entstammen,  so  ergibt  sich 
folgendes. 

1)  Zufällig  findet  sich  in  den  uns  erhaltenen  briefen  des  Asinius 
an  Cicero  zweimal  die  erwähnte  form  nactum  ^  dh.  nactus  in  ^nst. 
X  31,  1  und  naäus  sum  ebd.  32,  5.  es  läszt  sich  aber  darthun,  dasz 
Priscian  diese  stellen  bei  seinen  werten  nicht  im  sinne  gehabt  hat, 
aber  sicher  auch  kein  gedieht,  sondern  die  stelle  einer  grammati- 
schen Schrift,  in  der  Asinius  jene  form  nicht  gebrauchte,  sondern 
lehrte,  erstens  spricht  dafür  die  art,  wie  er  den  namen  zwischen 
lauter  autoren  aufführt,  die  er  so  für  grammatische  lehren  anzuführen 
pflegt  (zb.  I  393,  9;  250,  17;  499,  18;  485,  19;  503, 16;  515,  16); 
eine  völlige  Sicherheit  bietet  dieses  argument  aber  nicht:  vgl.  zb. 
I  249,  3.  zweitens,  und  das  dürfte  entscheidend  sein,  bedeutet 
placet  (üicui  aliqua  vox  bei  Priscian  ausnahmslos:  'N.  N.  lehrt  die 
genannte  form'  (in  einer  grammatischen  schrift  oder  an  einer  gram- 
matischen stelle  einer  schrift) ,  aber  niemals  ^das  wort  geMlt  ihm, 
er  wendet  es  an',     mit  andern  werten,  j^^acet  steht  nur  bei  lehr- 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  5  n.  6.  24 


370     FHarder:  über  die  poetiBchen  fragmente  des  Asinias  Pollio. 

oitaten,  um  es  karz  auszudrücken^  nie  bei  litteraturcitaten :  vgl. 
16,13;  9,11;  13,9;  14,13;  29, 18;  49,  11;  61,  3.  4.  26;  106,1; 
229, 10;  242,  5;  259,  22;  301,  14;  326,  24;  469,  13;  491,  14; 
499,  18;  507,  18;  539,  2;  551,  18.  U  39,  18;  241,  2.  die  dabei 
einigemal  erwähnten  quidam  lassen  sich  stets  auf  noch  erhaltene 
grammatiker  zurückführen,  die  Priscian  nachweislich  benutzt  hat ; 
dasz  er  auch  bei  507,  18  grammatische  tradition  im  sinne  hat,  zeig^ 
Cassiodorius  GLK.  VII  161,  19,  Albinus  ebd.  303,  8.* 

2)  Auch  bei  Quintilianus  bezieht  sich  placet  fast  immer  auf  eine 
grammatische  oder  rhetorische  lehre:  I  2,  2;  5,  63;  8,  3.  II  2,  14; 
13,  1;  15,  38;  20,  1.  Ul  3,  10;  5,  3;  6,  21.  29.  40.  45.  46.  54. 
IV  1,  23;  2,  32.  64.  V  12, 15;  13,  59.  VIH  6,  22.  IX  2, 1  (2  mal); 
3,  45.  X  7,  28.  aber  ganz  so  consequent  wie  Priscianus  ist  er  nicht ; 
abgesehen  von  den  stellen,  an  denen  placet  überhaupt  ohne  citat 
steht ,  findet  sich  das  wort  doch  auch  einigemal  im  sinne  von  *an- 
wenden':  m  6,  93.  X  7,  28.  IX  4,  105.  110,  wovon  die  beiden 
letzten  stellen  übrigens  noch  zweifelhaft  sind,  da  nun  aus  der  Zu- 
sammenstellung mit  Cato ,  Messalla,  Caelius,  Calvus  keineswegs  ein 
zwingender  schlusz  auf  poetische  anwendung  des  lodices  gezogen 
werden  kann,  da  ferner  das  wort,  wenn  auch  bisweilen  bei  dichtem, 
so  doch  immer  an  recht  prosaischen  stellen  (Martialis  XIV  152,  1; 
Juvenalis  6,  195;  7,  66)  vorkommt,  so  wird  man  sich  wohl  unschwer 
entschlieszen  auch  dieses  wort  preiszugeben  und  es  einer  gram- 
matischen Schrift  zuzuweisen;  eher  einer  solchen  als  einer  rede,  wie 
HMeyer  ORF.'  s.  500  thut ,  auf  grund  der  überwiegenden  mehrzahl 
der  angeführten  j>2acef -stellen. 

3)  Da  nach  Quintilianus  VII  2,  26  in  des  Asinius  rede  pro 
heredibus  TJrhiniae  contra  Lahienum  ein  FigtUus  eine  rolle  spielte, 
so  wird  man  Meyer  beistimmen ,  dasz  das  Figulatum  dieser  rede  zu- 
zuweisen sei;  den  eindruck  poetischer  Verwendung  macht  weder 
dieses  wort  noch  das  fthnliche  Fimbriatum ;  wo  das  letztere  gestan- 
den habe,  Iftszt  sich  nicht  sagen,  in  einem  gedichte  schwerlich. 

4)  Die  form  turtureHas  sieht  zunächst  so  aus,  als  sei  sie  einem 
gedichte  entnommen;  der  tonfall  des  Wortes,  die  deminutivform, 
endlich  die  bedeutung  'täubchen'  scheint  dafür  zu  sprechen;  man 
denkt  dabei  an  die  CatuUischen  versausgänge  integeUum ,  aundUa^ 

*  darin  ist  Priscian  völlig  consequent;  ich  betone  dies,  weil  sein 
sprachgebraucli  sonst  manche  Wunderlichkeiten  seigt.  so  hat  er,  am 
einiges  zu  erwähnen,  tesiis  dinmal  bei  einem  litteraturcitat  (I  486,  12 
teste  VergHio)y  dagegen  34  mal  bei  lehrcitaten;  umgekehrt  auctor^  auctO' 
ritas  11  mal  als  lehr-,  90 mal  als  litteraturcitat.  consequent  ist  er  in 
der  anwendung  von  videtur  (21  mal  lehrcitat)  und  scriptor^  das  ohne  sn- 
satz  nur  ^grammatiker'  bedeutet  oder  ^abschreiber'  (II  6,  5).  die  stehen- 
den ausdrücke  für  litteraturcitate  sind  proferre  (an  260mal),  ponere  (an 
lOOmal),  dicere  (an  80 mal);  iu  der  andern  anwendonff  findet  fich  pro* 
ferre  7 mal,  ponere  27 mal,  dicere  18 mal.  oetendere  heint  (abgeaeben 
von  den  vielen  ostendimus,  ostendemus,  astenditur^  die  fioh  aaf  Pritoian 
selbst  beziehen)  an  31  stellen:  'der  grammatiker  weist  aaeh',  tüä 
29  stellen:  'folgende  stelle  des  antort  zeigt'  usw. 


MWellxnaim:  Diphilos  nnd  Hikesios. 


867 


der  CKOpirioi  in  der  £pu6pä  OdXarra,  yon  denen  doch  bei  Diphilos 
keine  rede  ist. 


5.  Ath.  VII  323  • 

xaÜTac  (sc.  xdc  cq)upaivac) 
q>ildv  Ik^cioc  rpoqpiMuJT^pac 
elvoi  TUJV  TÖTTP**>v,  dwci- 
Qcic  bk  Tf|v  T^Ociy  xai  dcTÖfiouc, 
€ÖxvX((ji  bk  ^^couc. 

6.  Ath.  Vn  294« 

Ik^CIOC  iv  TOIC  TlCpl  ÖXtIC  TÄV 

TaX€(£iv  (eine  art  der  ccXdxia) 
ßeXTiovac  cTvai  xal  äTToXuu- 
ripovQ   TOuc   dcTcpiac  Ka- 

X0U>1^V0\)C. 

7.  Ath.  vn  286  * 

Ik^cioc  hi  (pnct  «Tf)c  dcpiJTic 
f)  jbi^v  X€UKf|  kqI  Xiav  XcTiTf) 
Ka\  dcppilibnc,  f)v  KaXouciv 
£vtoi  Kai  KUjßTriv»  usw. 

8.  Ath.  VII  327  * 

'Ik^cioc  hl  q)Tici  ccpdTpoi  xd 
Xpöjüiic  .  .  xal  dxapvdvec  .  . 
Ti]p  jitv  T^vei  TrapairXricioi  öir- 
dpxouciv  tXuk€IC  t€  Tdp  Ka\ 
7rapacTU(povT€C  xal  xpö- 
q)  i  jüi  0  r  xard  Xötov  hl  xal  bvc- 

^KXptTOl  . .» 

9.  Ath.  m  118» 

Mx^cioc  V  iv  öcuT^ptp  Trepl 
i\r\c  1T^Xa^ubac  xußia  elvai 
(pnci  jLi€TdXa. 


10.  Ath.  m  87^ 
Ix^cioc  bk  ö  'GpaClCTpdTClOC 

tAv  XHMi&v  (prici  Tdc  ^fev 
rpaxciac  X^t^cOai,  Tdc  bk 
ßaciXixdc.  xai  rdc  \iky/  Tpa- 
Xciac  xaxoxOXouc  eTvai,  öXi- 
TOTpöcpouc  xai  eöexxpi- 
Touc  .  .  TiBv  bk  Xcitüv  xard 
rd  ^€T^0ii  xal  rdc  biaq>opdc 
elvat  xpaiicTac. 


Ath.  Vm  355* 

a\  bk  cq)upaivai  rdiv  T<^T' 
Tpouv  elc\Tpoq)i|üi(j[iT€pai. 


Ath.  Vm  366« 

TÜüv  bk  c€Xaxiu)V  ö  yikv  ßoOc 
xp€(6bTic,  ö  ö^  TotXeöc  xpeic- 
cujv  6  dcT€piac  Xctö^cvoc. 


Ath.  Vra356« 

f|  bk  d(puTi  ßap€id  IcTi  xal 
WcTrenToc  Av  ^  Xeuxfi  xa- 
XeiTai  xuüßtTic. 

Ath.  Vin  356^  vgl.  Vm  355  d 

ö  bk  xaXo1}^€VOc  dxapvdv 
tXuxOc  icTi  xa\  irapacTu- 
q)ujv,  Tpöq)l^oc  bk  xa\  eö^x- 

XpiTOC. 


Ath.  m  120  • 

AicpiXoc  V  ö  C{q)Vi6c  q>r\ci' 
€..TÖbk  8üvv€iov»  <pnci  «ttvexai 
dx  ttJc  >1€(2;ovoc  TTTiXajLni- 
boc,  <Lv  TÖ  jiixpöv  dva- 
XoT€i  Tip  xußiifj.» 

Ath.  m  90« 

ö  A{(piXoc  Tdbe  (pridv  «xi- 
jbidiv  bfe  Tiuv  Tpax€iuJv  at 
^ixpal  xal  XcTTTfiv  ^xo^cai  Tf|v 
cdpxa  .  .  xal  eöcTÖ^axot  eici 
xal  eö^KxptTor  al  biXeiai, 
ßaciXixal  bk  irpöc  tivuiv 
xaXou^€vai .  .  Tpö(pi^oi,  buc^x- 
xptToi,  eCx^Xci,  cöcröjbiaxoi  xal 
jidXiCTa  al  fieiZouc. 


372     FHarder:  über  die  poetischen  fragmente  des  Asinioa  Pollio. 

81,  14;  88,  2;  89,  29;  91,  11;  93,  2;  98,  3.  19;  100,  28;  112, 12; 
114,  7;  vgl.  138,  11.  an  diesen  stellen  wird  immer  eine  gram- 
matische form  einer  andern  gegenübergestellt;  nur  95, 1  wird  sedet 
benutzt,  um  einen  autor  in  gegensatz  zu  einem  andern  zu  stellen, 
jedenfalls  läszt  sich  Keils  änderung  von  selten  des  sed  et  nicht  an- 
fechten^ es  fragt  sich  aber,  ob  überhaupt  etwas  geändert  werden 
müsse,  ich  bestreite  dies,  die  überlieferten  worte  heiszen  'Gjprus, 
die  priesterin  der  Venus',  das  ist  ja  allerdings  ein  eigentümlicher, 
kühner  ausdruck ,  schlieszlich  aber  doch  nur  wenig  anders  als  wenn 
Yergilius  Äen.  III  703  sagt:  Äcragans  .  .  magnanimum  generator 
eguorum-^  es  ist  bekannt,  wie  weit  dieser  gebrauch  geht  bei  äUrix^ 
nuirix^  reginc^  regnator  regnatriXy  hospüa;  vgl.  auch  solche  adjectiy- 
Verbindungen  wie  sortüegis  Delphis,  Tanais  discorSj  endlich  solche  per- 
sonificationen  wie  Ov.  met.  X  220  ai  si  forte  roges  fecundam  Ama^ 
thania  metaUiSy  an  genuisse  vdü  Fropoetidas:  abntiet.  die  insel 
Cyprus  mit  ihren  zahllosen  cultusstätten  der  Aphrodite  geradezu 
priesterin  der  göttin  zu  nennen  halte  ich  für  eine  immerhin  verstönd- 
liche,  poetisch  sehr  wirksame  kühnheit. 

Dasz  die  worte  einem  gedieht  entstammen,  wie  man  immer 
schon  annahm,  gewinnt  dadurch  noch  an  Wahrscheinlichkeit,  es 
wäre  demnach  das  metrum  zu  betrachten  Thorbeck e  ao.  hat  einen 
iambischen  dimeter  herausgebracht,  Baehrens  nimt  wunderbarerweise 

die  worte  für  einen  hezameterausgang.    das  Schema  v^^w >^w  ^  . 

führt  vielmehr  auf  die  annähme,  dasz  die  worte  in  einem  galliambus 
gestanden  haben,  dasz  sie  teile  eines  verses  sind,  der  gebaut  war  wie 
Cat.  63,  31  oder  63;  sie  entsprechen  metrisch  genau  den  werten 
simul  anhdans  vaga  vadü  oder  ego  adulescens,  ego  ephelms.  dasz 
Charisius  unvollständige  verse  citiert ,  kommt  oft  genug  vor :  aller- 
dings sind  es  meist  anfangs-  oder  schluszworte,  es  lassen  sich  jedoch 
auch  solche  stellen  nachweisen,  an  denen  er  worte  aus  der  mitte 
eines  verses  anführt,  zb.  22, 19;  75,  20.  war  der  vers  wirklich  galli- 
ambisch,  dh.  hat  Charisius  nicht  etwa  zwischenstehendes  ausge- 
lassen, so  musz  er  einem  gedichte  entstammen,  das  sich  auf  den 
Cybelecult  bezog,  da  in  der  zeit  des  Pollio  galliamben  nur  für 
diesen  stoff  verwendet  wurden  (LMüller  de  re  metr.  s«  108);  dass 
in  einem  solchen  gedichte  Cyprus  habe  erwähnt  werden  können, 
wird  man  nicht  unbedingt  in  abrede  stellen:  es  wäre  zb.  denkbar, 
dasz  der  dichter  berühmte  cultusstätten  nannte  und  dann  der  der 
Cybele  den  preis  über  alle  andern  gab;  ich  denke  dabei  an  Hör. 
ca.  I  7. 

Das  resultat  ist  demnach  folgendes,  ausser  dem  zweifelhaften 
worte  caminus,  das  einem  verse  entstammen  kann,  besitzen  wir 
von  des  Asinius  dichterischer  thätigkeit  nichts  als  den  rest  eines  mut- 
maszlich  galliambischen  verses,  an  dem  eine  kühnheit  des  ausdrucks 
auffällt :  Veneris  antistita  Cuprus. 

Berlin.  Franz  Härder« 


LTriemel:  zum  Catonischen  grflndangtgahre  Borns.  373 

51. 

ZUM  CATONISCHEN  GRÜNDUNGSJAHEE  BOMS. 


Die  zahlreichen  von  den  alten  aufgestellten  grttndnngsxeitea 
Boms  werden  Ton  nenem  gelehrten  noch  dadurch  Termehrt^  dasz  sie 
behaupten  und  zu  beweisen  suchen,  das  bisher  als  das  Catos  geltende, 
aus  dem  altertnm  selbst  uns,  obgleich  erst  von  Dionysios,  überlieferte 
gründungsjahr  (751/50)  rtthre  gar  nicht  von  Cato  her,  sondern  sei 
eine  spfttere,  vermeintliche  Verbesserung  desselben,  die  Catos  namen 
mit  unrecht  trage,  darum  wollen  sie  dies  angeblich  irrige  grttndongs- 
jahr  beseitigen  und  ein  anderes,  von  ihnen  eiist  aufgefui\d(Bnes  als 
das  wirkliche  jähr  Catos  an  dessen  stelle  setzen. 

Schatte  WSoltau  1885  in  diesen  jahrb.s. 553  ff.  744 als  sein  Cato- 
nisches  gründungsjahr  aufgestellt,  dessen  unhaltbarkeit  ich  (jahrb. 
1886  s.  189  ff.)  nachgewiesen  habe,  so  unternahm  es  1887  GFUnger 
ebenfalls  in  den  jahrb.  s.  409  ff.  sein  schon  1880  im  35n  bände  des 
rh.  mus.  behauptetes  Catonisches  gründungsjahr  739  mit  verstärkten 
und  vermehrten  gründen  aufs  neue  zu  empfehlen. 

üngers  beweisführung  zu  widerlegen  und  zugleich  die  von  ihm 
wie  auch  von  Soltau  und  Holzapfel  unterschtttzte  und  mehrfach  mis- 
verstandene  stelle  über  Cato  bei  Dionjsios  I  74  richtiger  zu  deuten 
ist  der  zweck  dieses  aufsatzes. 

Als  die  wichtigste  neu  hinzugekommene  stütze  für  Hngers  jähr 
739  erscheint  merkwürdigerweise  dieselbe ,  welche  Soltau  für  sein 
jähr  744  diente  (nur  dasz  sich  bei  ihm  eigentlich  708  -|~  37  als  745 
ergeben  sollte)^  nemlich  die  annähme,  dasz  uns  708  vor  Ch.  als  das 
todesjahr  des  Bomulus  feststehen  müsse,  ünger  läszt  sich  hier  auf 
eine  begründung  seiner  ansieht  nicht  ein ,  beruft  sich  aber  auf  die 
von  Soltau  (proleg.  zu  e.  röm.  chron.  s.  85)  gegebene,  die  er  also 
vollständig  zu  billigen  scheint.  Soltau  handelt  dort  von  der  Ennius- 
finstemis  an  den  nonen  des  Juni,  die  bei  Cicero  de  rep.  I  16,  25  er- 
wähnt wird,  aus  Ciceros  worten  entnimt  er,  dasz  man  mit  hilfe  dieser 
finsternis  genau  bis  auf  den  tag  den  tod  des  Bomulus  berechnet  habe, 
der  nach  der  sage  bei  einer  Sonnenfinsternis  stattfand,  das  ist  wohl 
möglich,  obgleich  der  todestag  des  Bomulus  {nonis  QMndiütMs)  als 
ein  sacraler  vermutlich  längst  sein  festes  datum  hatte  und  jene  nowxe 
luniae  sich  wegen  der  manigfachen  abweichungen  des  republicani- 
sehen  kalenders  vom  julianischen  heute  nicht  mehr  genau  bestim- 
men lassen,  aber  sehr  unwahrscheinlich  ist  es,  dasz  das  so  gefundene 
jähr  mit  dem  betreffenden  irgend  einer  altem  ära  zusammengefaUen 
sei.  erstlich  nemlich  thnt  das  ja  auch  Soltaus  jähr  708  nicht ,  son*- 
dem  ist  nn  ganz  neues,  welches  freilich  von  Soltau  ftlr  das  echte 
Catonische  ausgegeben  wird ;  sodann  tritt  aber  auch  gerade  in  dem 
astronomisch  berechneten  jähre  Yarros  wieder  ein  neues  gründungs 
jähr  auf,  welches  wohl  nur  Soltau  für  das  uralte  vorcatonische  an- 
sieht,  so  wenig  also  das  durch  berechnung  der  empftngnis  des  Bo- 


374  LTriemel:  zum  Catonischen  grundongejalire  Roms. 

mulus  sich  ergebende  jähr  Yarros  mit  der  bis  dahin  üblichen  gemeinen 
oder  überhaupt  mit  irgend  einer  frühem  Kra  zusammentrifft,  ebenso 
wenig  brauchte  sich  das  nach  Ciceros  angäbe  durch  astronomische 
berechnung  von  des  Bomulus  tode  gefundene  jähr  mit  dem  entspre- 
chenden Catos  oder  einer  andern  ära  zu  decken,  letzteres  müste  nur 
dann  der  fall  sein,  wenn  des  Bomulus  tod  schon  gleich  yon  Cato 
astronomisch  berechnet  worden  wäre ,  was  aber ,  so  viel  ich  weiss, 
von  niemand  behauptet  wird  und  auch  ganz  unglaublich  ist  Catos 
gründungsjahr  ergab  sich  vielmehr  durch  zurückrechnung  von  der 
Verbrennung  Borns  durch  die  Gallier ,  wie  wir  aus  Polybios  I  6  nnd 
Dionysios  I  74  erkennen,  eher  könnte  man  annehmen,  dasz  die  von 
Cicero  gemeldete  berechnung  mit  der  Yarros  übereingestimmt  habe, 
da  ja  beide  astronomische  waren,  aber  auch  das  ist  wenig  wahr- 
scheinlich ,  zumal  wenn  man  mit  Dionysios  II  56  beide  finstemisse 
für  totale  hielt,  was  durch  Ciceros  ausdruck  tenebrae  ebenfalls  sehr 
nahe  gelegt  wird,  da  nemlich  für  denselben  ort  totale  Sonnenfinster- 
nisse blosz  ungefähr  alle  200  jähre  vorkommen,  so  war  nur  eine  von 
beiden,  die  übrigens  auch  nicht  blosz  drei  volle  chaldäische  perioden, 
sondern  über  neun  monate  mehr  aus  einander  liegen,  für  die  berech- 
nung zu  gebrauchen.  Tarutius  bevorzugte  bei  der  Yarronischen  ära 
die  vom  tage  der  empfängnis  des  Bomulus;  warum  sollte  aber  vorher 
er  oder  ein  anderer  nicht  auch  die  vom  todestage  überlieferte  zu 
berechnen  unternommen  haben  ?  wir  müssen  daher  gänzlich  darauf 
verzichten;  durch  nachrechnung  und  aus  wähl  unter  den  in  betracht 
kommenden  Sonnenfinsternissen  diejenige  herauszufinden,  welche 
Cicero  gemeint  habe,  zumal  auch  das  datum  der  Enniusfinstemis 
durchaus  zweifelhaft  ist.  übrigens  fragt  man  sich  vergebens,  wes- 
halb gerade  von  dieser  finstemis  (nach  Soltau  vom  6  mai  203)  auf 
jene  frühere  zurückgerechnet  sein  sollte,  weder  war  sie  eine  totale, 
noch  ist  es  glaublich  dasz  man  sie  für  die  älteste  in  Born  sicher 
datierte  oder  auch  nur  für  die  erste  von  den  etwa  seitdem  in  un- 
unterbrochener reihe  verzeichneten  Sonnenfinsternissen  ansah,  mit 
deren  hilfe  sich  die  frühem  hätten  berechnen  lassen,  vielmehr  ist 
es  weit  wahrscheinlicher,  dasz  im  letzten  jh.  vor  Ch.  in  Bom  alezan- 
drinische,  zb.  von  Hipparchos  (vgl.  Plinius  n.  h.  II  53.  57)  zusammen- 
gestellte listen ,  die  zuletzt  auf  chaldäische  zurückgiengen ,  bei  der 
berechnung  von  finstemis8en],benutzt  wurden,  ob  die  betreffende 
Sonnenfinsternis  aber  für  einen  bestimmten  ort  eine  sichtbare  ge- 
wesen sei  oder  sein  würde,  wüste  man  in  Bom  natürlich  noch  weni- 
ger als  in  Alezandreia  oder  Chaldaea  anzugeben,  da  die  Sonnen- 
finsternisse der  einen  Sarosperiode  sich  nicht  wie  die  mondfinster- 
nisse  (Soltau  proleg.  s.  89  ist  darüber  im  irrtum)  in  der  nächsten  in 
derselben  grösze  wiederholen,  ganz  verkehrt  aber  ist  es,  von  der 
Enniusfinstemis  lediglich  auf  die  finstemisse  zurückzuschlieszen, 
welche  volle  chaldäische  perioden  von  ihr  entfernt  liegen,  freilich 
muste  man  sämtliche  (etwa  40)  sonnenfinstemisse  einer  periode 
kennen,  um  eine  vergangene  oder  bevorstehende  finstemis  richtig 


LTriemel:  zum  CatooiBchen  gründongigalire  Borns.  375 

zu  berechnen,  ohne  dasz  indes  über  deren  Sichtbarkeit  deshalb  etwas 
feststand,  mit  einer  so  mangelhaften  kenntnis  jedoch,  wie  die  wftre, 
dasz  allemal  nach  18  jähren  und  11  tagen  fUr  die  erde  wieder  eine 
(vielleicht  dort  unsichtbare)  Sonnenfinsternis  erfolge,  dttrfte  wohl 
kein  Römer  eine  berechnung  nach  yorw&rts  oder  rttckwftrts  anzu- 
stellen gewagt  haben. 

Wenn  mithin  eine  sichere  berechnung  der  finstemJs  bei  Bo- 
mulus  tode  für  uns  ebenso  unmöglich  wie  überflttssig  erscheint ,  -da 
sie  mit  Catos  ftra  nichts  zu  thun  hat ,  so  ist  schon  deshalb  das  jähr 
708,  welches  Soltau  dafür  findet,  ohne  jeden  wert,  ich  möchte  aber 
auch  noch  darauf  hinweisen ,  dasz  dieses  jähr  Catos  ftra  gar  nicht 
entsprechen  kann,  zunächst  nemlich  fftUt  die  Vertreibung  des  Tar- 
quinius  nach  Polybios  und  Dionjsios  (vgL  jahrb.  1886  s.  191)  auf 
ol.  68,  1  =  507  Yor  Gh.,  nicht,  wie  Soltau  annimt,  auf  506.  so- 
dann will  er  nach  Cicero  de  rep.  II  30  die  königszeit  f&lschlich  mit 
238  jähren  berechnen  anstatt  mit  mehr  als  240,  wie  Cicero  aus- 
drücklich sagt;  wogegen  ich  schon  (ao.  s.  194)  einspruch  erhoben 
habe,  so  erhält  er  202  -|-  506 "»  708.  dies  ist  weder  Ciceros  noch 
Catos  jähr;  das  letztere  würde  auf  714/3  fallen,  von  714/3  könnte 
man  aber,  wenn  damals  eine  Sonnenfinsternis  stattgefunden  hätte, 
deren  datum  sich  irgendwie  mit  den  fumae  Quindües  des  Cicero  ver- 
einigen liesze,  ebenso  gut  eine  finstemis  im  j.  400  oder  203  und 
alle  andern  gleichfalls  berechnen,  wie  umgekehrt  von  der  finstemis 
im  j.  203,  400  usw.  eine  finstemis  im  j.  714/3. 

Noch  geringere  berech tigung  hat  üngers  behauptung,  dasz  in 
gleicher  weise  auch  Cincius  durch  berechnung  einer  chaldäischen 
Periode  weniger  wie  Cato  690  als  des  Bomulus  tode&jahr  und  hier- 
auf 728  als  das  gründungsjahr  Borns  gefunden  habe,  dann  müste 
ja  nicht  blosz  CatO;  sondern  schon  Cincius  ziemlich  bedeutende 
astronomische  kenntnisse  besessen  haben,  während  doch  Cicero  an 
jener  stelle  de  rep.  1 16,  25  die  astronomischen  kenntnisse  des  Ennius 
für  ziemlich  gering  hält,  wenn  er  sagt,  sogar  Ennius  habe  sehen  das 
entstehen  einer  Sonnenfinsternis  mit  dem  durchgange  des  mondes 
zwischen  erde  und  sonne  zu  erklären  gewust.  wie  darf  man  also  an- 
nehmen, dasz  der  Bömer  Cincius  mehr  von  der  astronomie  verstan- 
den habe  als  der  griechisch  gebildete  Ennius?  und  vor  allem,  woher 
könnten  dem  Cincius  solche  kenntnisse  gekommen  sein^  wenn  nach 
üngers  ansieht  Cato  um  1 70  vor  Ch.  nicht  einmal  die  schon  50  jähre 
zuvor  veröfifentlichte  troische  ära  des  Eratosthenes  in  erfahrung  ge- 
bracht haben  soll,  die  für  die  römische  sage  und  geschichte  doch 
von  gröstem  interesse  war? 

Aber  selbst  zugegeben  dasz  708,  wie  Soltau  und  ünger  wollen, 
Bomulus  gestorben  sei,  so  fällt  darum  doch  die  stadtgründung  ebenso 
wenig  auf  739  wie  auf  744.  da  ich  das  letztere  jähr  schon  (jahrb. 
1886  s.  189)  widerlegt  habe  und  Soltaus  gründungsjahr  später  auch 
von  ünger  ao.  s.  420  verworfen  ist,  so  wende  ich  mich  nun  zur  be- 
sprecbung  von  üngers  weiterer  begründung  seines  Jahres  739. 


376        '    LTriemel:  eum  Catonischen  gründung^jahre  Borns. 

Er  behauptet  zunächst,  dasz  man  von  der  irpiUTTi  T^vccic 
(9  monate  vor  dem  abschlusz  der  grOndung)  der  stadt  bis  zum  tode 
des  Bomulus  (708)  38  mondjahre  gerechnet  habe,  welche  32  sonnen* 
jähre  betrügen,  er  entdeckt  also  zu  der  bekannten  dauer  der  regie- 
rang des  Bomulus  von  37  (seltener  38)  jähren  die  neue  von  32  jähren, 
als  beweis  dafür  glaubt  er  wenigstens  6ine  stelle  der  alten  beibringen 
zu  können,  nemlich  die  des  Macrobius  in  samn,  Scip.  U  11,  16. 
leider  steckt  jedoch  in  den  dort  angegebenen  zahlen  ein  allerdings 
leicht  zu  hebender  fehler,  wir  lesen  nemlich  bei  Macrobius:  Ver- 
flossen waren,  als  Scipio  in  Africa  diente,  seit  Bomulus  abscheiden 
573  jähre,  denn  im  jähre  der  stadt  607  triumphierte  Scipio  nach 
der  Zerstörung  Elarthagos.'  entfernt  man  aus  dieser  zahl  die  32  regie- 
rungsjahre  des  Bomulus  und  die  2  vom  träum  bis  zum  ende  des 
krieges  laufenden,  so  bleiben  573  von  Bomulus  abscheiden  bis  zum 
träum.  Macrobius  folgte  der  capitolinischen  .ära;  Boms  gründang 
fiel  ihm  752  vor  Ch. ,  dh.  ein  jähr  später  als  bei  Varro.  hier  ist 
DLXXIII  {573)  entweder  von  Macrobius  selbst  oder,  was  wahr- 
scheinlicher, von  einem  abschreiber  verlesen  oder  verschrieben,  es 
musz  DLXVIII{668)  heiszen,  und  es  wurde  nur  ein  X  für  F gesetzt, 
ein  nachrechner,  der  diese  um  5  zu  grosze  zahl  vorfand  und  den 
fehler  bessern  wollte,  liesz  an  verkehrter  stelle,  nemlich  bei  den 
37  Jahren  des  Bomulus ,  5  jähre  weg  und  schrieb  dafür  32 ,  damit 
die  angegebene  summe  607  richtig  herauskäme. 

Unger  kennt  nur  eine  einzige  stelle  der  alten  ^  die  ihm  direct 
sein  gründungsjahr  739  liefern  soll,  es  heiszt  bei  Ausonius  de  fastis 
oancL.  2  und  4 ,  indem  die  zahlen  in  worten  ausgedrückt  werden : 
'verflossen  sind  bis  zu  meinem  consulate  1118  jähre  Boms.'  sein 
consulat  fällt  aber  379  nach  Ch.  «^  1132  Yarronisch.  ünger  begeht 
hier  den  irrtum,  des  Ausonius  consulatsjahr  als  das  1118e  anzu- 
setzen, während  es  das  1119e  ist.  rechnet  man  mit  letzterm,  so  er- 
halten wir  als  gründungsjahr  Boms  740.  da  an  dieser  stelle  schwer- 
lich von  der  irpiI)TTi  T^vecic  die  rede  sein  kann,  so  ist  auch  an  das 
gründungsjahr  739  nicht  weiter  zu  denken,  vielmehr  nehme  ich  bei 
Ausonius  den  rechenfehler  an,  dasz  er  sich  beim  addieren  seiner 
consulatsjahre  um  10  versah,  dies  war  bei  einer  so  groszen  summe 
nicht  blosz  sehr  leicht  möglich,  sondern  wurde  noch  dadurch  begün- 
stigty  dasz  er,  wie  er  selbst  sagt,  seine  liste  aus  den  römischen  histo- 
rikem  auszog  und  dies  that,  damit  seinem  söhne  (und  also  auch  wohl 
ihm)  die  laufenden  jähre  ab  urbe  condita  nicht  unbekannt  blieben, 
welchen  geeignetem  autor  konnte  er  sich  aber  auswählen ,  wenn  er 
die  fastenliste  der  republicanischen  zeit  zusammenstellen  wollte ,  als 
LiviuB,  der  ja  auch  sonst  dazu  benutzt  wurde?  das  Varronische 
jähr  1132  lautete  dann  Catonisch  «*  1129,  und  diese  samme  würde 
sich  auch  bei  Ausonius  ergeben  haben,  wenn  er  sich  nicht  um  10  ver- 
rechnet hätte. 

An  zwei  andern  stellen  versucht  ünger  sein  Catonisches  jähr 
739  durch  Verbesserung  des  teztes  zu  gewinnen,    es  sind  das  die- 


LTriemel:  «um  CatxnaBdien  grflnduBgejahre  Borns.  377 

selben,  welche  ich  schon  (jahrK  1886  s.  193)  gegen  Soltaa  bespro- 
chen habe:  Servins  zu  Aen.  I  267  uad  Jastinns  XVIII  6;  9.  bei 
Servius  will  ünger  die  worte  cum  Carthagmem  constet  ernte  LXX 
Unnas  urbis  Bomae  eondUam;  inkr  exeiäium  vero  Tfxnae  et  orhvm  ¥irbi$ 
Bomae  anm  invenkmtur  CCCCXXX  «bweiohend  von  den  herans- 
gebem  der  fragxnente  Gatos  (vgl.  rh.  mos.  XXXV  s.  29)  als  Oatos 
eigentom  in  ansprach  nehmen,  musz  aber  dum,  um  Beinen  sweok  zu 
erreichen,  die  zahlen  noch  für  abgwundete  (statt  74  and  432)  er- 
klären, aber  warum  schreibt  er  nicht  lieber  75  ?  dadurch  wttrde 
wenigstens  die  Übereinstimmung  mit  Justinas  voUstflndig.  einfacher 
löst  sich  indes  die  Schwierigkeit,  wenn  man  hier  als  grttndungsjahr 
Karthagos  823  annimmt  und  nun  statt  der  pseadocatonischen  die 
Yarronische  ära  findet,  dasselbe  grttndungsjahr  Karthagos  ergibt 
sich  aus  der  stelle  Justins ,  der  wie  Pompejus  Trogus  (er  setzt  zb. 
YI  6 ,  5  die  schlaeht  an  der  Allia  in  dasselbe  jähr  wie  den  frieden 
des  Antalkidas)  wirklich  Catonisch  rechnet,  hier  jedoch  anscheinend 
der  weise  des  Dionysios,  nicht  der  des  Polybios  folgt  er  gibt  nem- 
lich  (XVIII  6 ,  9)  72  jähre  als  den  abstand  der  gründung  Roms  von 
der  Karthagos  an,  also  823  —  72  ■»  751.  ünger  will  zwar,  um 
823  als  grttndungsjahr  Kari^agos  gänzlich  zu  beseitigen  und  dafttr 
sein  jähr  814  herzustellen,  einen  textfohler  annehmen  und  75 
bessern,  aber  diese  änderang  erscheint,  auch  abgesehen  von  der 
stelle  des  Servius,  als  ganz  unnötig  und  daher  unrichtig,  weil  sich 
bei  Solinus  27, 11  (s.  132, 11  M.)  dasselbe  grttndungsjahr  Karthagos 
ergibt  (vgl.  Holzapfels  chron.  s.  169  anm.  2) ,  wenn  man  die  von 
Solinus  ttberlieferten  677  jähre  zu  146,  der  Jahreszahl  seiner  Zer- 
störung addiert,  steht  sonach  823  als  ein  bei  den  alten  yorkommen- 
des  grttndungsjahr  Karthagos  fest,  so  darf  es  auch  bei  Justinus  und 
bei  Servius  angenommen  werden,  und  damit  schwindet  üngers  letzter 
beweis  ffir  sein  Catonisches  grttndungsjahr  739,  das  er  als  814 — 76 
erhält. 

Hier  äuszert  sich  ünger  sehr  ungehalten  darttber,  dasz  neben 
dem  von  ihm  gebilligten  grttndungsjahre  Karthagos  (814)  noch  ein 
anderes  als  gleichberechtigt  zugelassen  werden  könne,  er  behauptet, 
alle  übrigen  data  wichen  von  814  nur  um  6in  oder  einige  jähre  ab 
und  seien  blosz  durch  die  schuld  der  abschreiber  daraus  entstellt. 
Karthagos  gründungszeit  stünde  durchaus  fest  und  sei  nach  losephoB 
g.  Apion  I  18  in  den  Jahrbüchern  von  Tyros  genau  verzeichnet  ge- 
wesen, leider  ist  jedoch  das  nach  losephos  zu  ermittelnde  jähr  gar 
nicht  das  üngers.    Duncker  gibt  dafttr  zunächst  870  an  («»  1014 

—  144).  beutiges  tages  wird  das  vierte  jähr  Salomons  (1014)  <*=: 
990  gesetzt,  dh.  24  jähre  später,  wir  erhalten  dann  846,  was  mit 
der  angäbe  des  Livius  per.  51  und  Appians  Pun.  c.  2  ttberein- 
stimmen  wttrde.  ferner  berechnet  Duncker  zweitens  mit  Zuhilfe- 
nahme von  angaben  des  Eusebios  (der  selbst  850  hat)  854  («»  1014 

—  160).  wollten  wir  auch  hier  statt  1014  setzen  990,  so  erhielten 
wir  830.    endlich  gibt  Duncker  noch  834  an  nach  dem  alten  testa» 


376        '   LTriemel:  eum  Catonischen  gründung^jahre  Roms. 

Er  behauptet  zunächst,  dasz  man  von  der  irpuiTTi  T^vecic 
(9  monate  vor  dem  abschlusz  der  grOndung)  der  stadt  bis  zum  tode 
des  Bomulus  (708)  38  mondjahre  gerechnet  habe,  welche  32  sonnen* 
jähre  betrügen,  er  entdeckt  also  zu  der  bekannten  dauer  der  regie- 
rang des  Bomulus  von  37  (seltener  38)  jähren  die  neue  von  32  jähren, 
als  beweis  dafür  glaubt  er  wenigstens  6ine  stelle  der  alten  beibringen 
zu  können,  nemlich  die  des  Macrobius  in  samn.  Scip.  11  11,  16. 
leider  steckt  jedoch  in  den  dort  angegebenen  zahlen  ein  allerdings 
leicht  zu  hebender  fehler,  wir  lesen  nemlich  bei  Macrobius:  Ver- 
flossen waren,  als  Scipio  in  Africa  diente,  seit  Bomulus  abscheiden 
573  jähre,  denn  im  jähre  der  stadt  607  triumphierte  Scipio  nach 
der  Zerstörung  Elarthagos.'  entfernt  man  aus  dieser  zahl  die  32  regie- 
rungsjahre  des  Bomulus  und  die  2  vom  träum  bis  zum  ende  des 
krieges  laufenden,  so  bleiben  573  von  Bomulus  abscheiden  bis  zum 
träum.  Macrobius  folgte  der  capitolinischen  .ära;  Boms  gründung 
fiel  ihm  752  vor  Ch. ,  dh.  ein  jähr  später  als  bei  Varro.  hier  ist 
DLXXIII  (573)  entweder  von  Macrobius  selbst  oder,  was  wahr- 
scheinlicher, von  einem  abschreiber  verlesen  oder  verschrieben,  es 
musz  DLXVIII {668^  heiszen,  und  es  wurde  nur  ein  X  für  F gesetzt, 
ein  nachrechner,  der  diese  um  5  zu  grosze  zahl  vorfand  und  den 
fehler  bessern  wollte,  liesz  an  verkehrter  stelle,  nemlich  bei  den 
37  Jahren  des  Bomulus ,  5  jähre  weg  und  schrieb  dafür  32 ,  damit 
die  angegebene  summe  607  richtig  herauskäme. 

Unger  kennt  nur  eine  einzige  stelle  der  alten,  die  ihm  direct 
sein  gründungsjabr  739  liefern  soll,  es  heiszt  bei  Ausonius  de  fastis 
cancL  2  und  4,  indem  die  zahlen  in  werten  ausgedrückt  werden: 
'verflossen  sind  bis  zu  meinem  consulate  1118  jähre  Boms.'  sein 
consulat  fällt  aber  379  nach  Ch.  «^  1132  Yarronisch.  Unger  begeht 
hier  den  Irrtum,  des  Ausonius  consulatsjahr  als  das  1118e  anzu- 
setzen, während  es  das  1119e  ist.  rechnet  man  mit  letzterm,  so  er- 
halten wir  als  gründungsjabr  Boms  740.  da  an  dieser  stelle  schwer- 
lich von  der  npybix]  T^vecic  die  rede  sein  kann ,  so  ist  auch  an  das 
gründungsjabr  739  nicht  weiter  zu  denken,  vielmehr  nehme  ich  bei 
Ausonius  den  rechenfehler  an,  dasz  er  sich  beim  addieren  seiner 
consulatsjahre  um  10  versah,  dies  war  bei  einer  so  groszen  summe 
nicht  blosz  sehr  leicht  möglich,  sondern  wurde  noch  dadurch  begün- 
stigt, dasz  er,  wie  er  selbst  sagt,  seine  liste  aus  den  römischen  histo- 
rikem  auszog  und  dies  that,  damit  seinem  söhne  (und  also  auch  wohl 
ihm)  die  laufenden  jähre  ab  urbe  condita  nicht  unbekannt  blieben, 
welchen  geeignetem  autor  konnte  er  sich  aber  auswählen ,  wenn  er 
die  fastenliste  der  republicanischen  zeit  zusammenstellen  wollte,  als 
Livius,  der  ja  auch  sonst  dazu  benutzt  wurde?  das  Varronische 
jähr  1132  lautete  dann  Catonisch  o»  1129,  und  diese  summe  würde 
sich  auch  bei  Ausonius  ergeben  haben,  wenn  er  sich  nicht  um  10  ver- 
rechnet hätte. 

An  zwei  andern  stellen  versucht  ünger  sein  Catonisches  jähr 
739  durch  Verbesserung  des  teztes  zu  gewinnen,    es  sind  das  die- 


LTriemel:  tum  Catofmsolien  gitüidungejalire  Born«.  377 

selben,  welche  ich  schon  (jahrb.  1886  8.  193)  gegen  Boltaa  bespro- 
chen habe:  Servins  zu  Äen.  I  267  und  Justinns  XVIII  6,  9.  bei 
Servins  will  Unger  die  worte  cum  CetTthagmem  amstä  owte  LXX 
annos  urhis  Bomae  conditam ;  inier  exeiäium  vero  Troiae  et  orhim  wrbis 
Bomae  anm  inveniuniur  CCCCXXX  abweichend  von  den  heraus- 
gebem  der  fragmente  Gatos  (vgl.  rh.  mus.  ZXXV  s.  29)  als  Oatos 
eigentnm  in  ansprach  nehmen,  musz  aber  dann,  um  seinen  zweck  zu 
erreichen,  die  zahlen  noch  fttr  abgerundete  (statt  74  und  432)  er- 
klftren.  aber  warum  schreibt  er  nicht  lieber  75  ?  dadurch  würde 
wenigstens  die  Übereinstimmung  mit  Justinus  vollstttndig.  einfacher 
löst  sich  indes  die  Schwierigkeit,  wenn  man  hier  als  grflndungsjahr 
Karthagos  823  annimmt  und  nun  statt  der  pseudocatonischen  die 
Yarronische  ftra  findet,  dasselbe  gründungsjahr  Karthagos  ergibt 
sich  aus  der  stelle  Justins ,  der  wie  Pompejns  Trogus  (er  «etzt  zb. 
YI  6 ,  5  die  Schlacht  an  der  Allia  in  dasselbe  jähr  wie  den  frieden 
des  Antalkidas)  wirklich  Gatonisch  rechnet,  hier  jedock  anscheinend 
der  weise  des  Dionjsios,  nicht  der  des  Polybios  folgt,  er  gibt  nem- 
lieh  (XVIII  6 ,  9)  72  jähre  als  den  abstand  der  gxOndung  Borns  von 
der  Karthagos  an^  also  823  —  72  «»  751.  Unger  will  zwar,  um 
823  als  gründungsjahr  Karthagos  gänzlich  zu  beseitigen  und  dafür 
sein  jähr  814  herzusieUen,  dnen  textfehler  annehmen  und  75 
bessern,  aber  diese  ttnderung  erscheint,  auch  abgesehen  von  der 
stelle  des  ServiuS;  als  ganz  unnötig  und  daher  unrichtig,  weil  sich 
bei  Solinus  27, 11  (s.  132, 11  M.)  dasselbe  gründungsjahr  Karthagos 
ergibt  (vgl.  Holzapfels  chron.  s.  169  anm.  2) ,  wenn  man  die  von 
Solinus  überlieferten  677  jähre  zu  146,  der  Jahreszahl  seiner  Zer- 
störung addiert,  steht  sonach  823  als  ein  bei  den  alten  vorkommen- 
des gründungsjahr  Karthagos  fest,  so  darf  es  auch  bei  Justinus  und 
bei  Servius  angenommen  werden,  und  damit  schwindet  Ungers  letzter 
beweis  für  sein  Catonisches  gründungsjahr  739,  das  er  als  814 — 76 
erhalt. 

Hier  äuszert  sich  Unger  sehr  ungehalten  darüber,  dasz  neben 
dem  von  ihm  gebilligten  gründungsjahre  Karthagos  (814)  noch  ein 
anderes  als  gleichberechtigt  zugelassen  werden  könne,  er  behauptet, 
alle  übrigen  data  wichen  von  814  nur  um  6in  oder  einige  jähre  ab 
und  seien  blosz  durch  die  schuld  der  abschreiber  daraus  entstellt. 
Karthagos  gründungszeit  stünde  durchaus  fest  und  sei  nach  losephoe 
g.  Apion  I  18  in  den  Jahrbüchern  von  Tjrros  genau  verzeichnet  ge- 
wesen, leider  ist  jedoch  das  nach  losephos  zu  ermittelnde  jähr  gar 
nicht  das  Ungers.    Duncker  gibt  dafür  zunftchst  870  an  (">>b  1014 

—  144).  heutiges  tages  wird  das  vierte  jähr  Salomons  (1014)  ««= 
990  gesetzt,  dh.  24  jähre  sp&ter.  wir  erhalten  dann  846 ^  was  mit 
der  angäbe  des  Livius  per,  51  und  Appians  Pun.  c.  2  überein- 
stimmen würde,  ferner  berechnet  Duncker  zweitens  mit  Zuhilfe- 
nahme von  angaben  des  Eusebios  (der  selbst  850  hat)  854  («>  1014 

—  160).  wollten  wir  auch  hier  statt  1014  setzen  990,  so  erhielten 
wir  830.    endlich  gibt  Duncker  noch  834  an  nach  dem  alten  testa» 


378  LTriemel:  zum  Catonischen  gründang%jahre  Roms. 

ment,  rednciert  nach  der  gleichzeitigkeit  des  vierten  Jahres  Amazias. 
jede  dieser  verschiedenen  zahlen  widerlegt  die  behaaptung  üngers, 
dasz  814  als  alleiniges  gründungsjahr  Karthagos  seit  Timaios  fest* 
stehe,  und  was  in  unsem  tagen  die  Assjriologen  entdeckt  haben, 
wüsten  darum  noch  nicht  die  alten ,  am  wenigsten  losephos.  wem 
aber  losephos  und  die  mit  ihm  etwa  zusammenhängenden  ansätse 
zu  unglaubwürdig  erscheinen ,  für  den  füge  ich  noch  die  angäbe  des 
Yellejus  (I  12,  5  u.  I  6,  4)  hinzu,  dasz  Karthago  818  gegründet  sei. 

Bleibt  demnach  neben  den  andern  gründungszeiten  Karthagos 
auch  823  bestehen,  so  wird  dadurch  zugleich  die  behauptung  üngers 
hinfällig,  dasz  Cato  nach  der  troischen  ära  des  Sosibios  (von  1171) 
gerechnet  habe,  er  erhält  nemlich,  indem  er  die  bekannten  432  jähre 
Catos  von  1171  abzieht,  wieder  sein  jähr  739.  ohne  die  Unter- 
stützung dieses  jahres  aber  hat  1171  als  troische  epoche  bei  Cato 
nicht  das  geringste  für  sich,  denn  einmal  konnte  Cato  nach  50  jähren 
recht  gut  die  ära  des  Eratosthenes  kennen,  die  an  ansehen  die  viel- 
leicht 30  jähre  ältere  des  Sosibios  sehr  bald  weit  übertraf;  sodann 
aber  wird  des  Sosibios  ära  überhaupt  erst  von  späteren  erwähnt, 
die  sie  vermöge  ihrer  gelehrten  Studien  aus  büchem  kannten;  end- 
lich bevorzugte ,  wenn  wir  vorläufig  von  dem  zeugnis  des  Dionjsios 
absehen,  auch  Yarro  (vgl.  jahrb.  1886  s.  193)  wie  vor  ihm  schon 
Poljbios  durchaus  die  ära  des  £ratosthenes. 

Nachdem  sich  so  alle  erkenn tnismittel ,  die  Unger  für  sein 
jähr  739  beibringt,  als  nichtig  erwiesen  haben,  müssen  wir  mit  um 
so  gröszerer  Sorgfalt  die  nachrichten  erwägen,  die  uns  Dionjsios 
über  Cato  hinterlassen  hat.  zunächst  kann  ich  die  stelle  nicht  finden, 
wo  Dionjsios  nach  üngers  meinung  eingesteht,  dasz  er  sich  um  die 
für  die  frage  nach  dem  gründungsdatum  in  dem  werke  Catos  vor- 
handenen erkenntnismittel  nicht  gekümmert  habe,  ebenso  wenig 
will  mir  einleuchten ,  dasz  Dionjsios  die  bezüglichen  angaben  Catos 
übersehen  habe,  ünger  selbst  nennt  s.  410  den  Dionjsios  einen 
buchgelehrten,  und  viele  citate  bei  Dionjsios  beweisen,  dasz  er  Cato 
oft  und  mit  verliebe  benutzt  hat.  wenn  wir  femer  der  bemerkung 
Soltaus  (proleg.  s.  74)  beipflichten,  dasz  Cato  häufig  chronologische 
datierungen  durch  angäbe  der  dauer  der  kriegsabstände  und  kriegs* 
Zeiten  ausdrückt«,  so  verallgemeinem  wir  dieselbe  noch  dahin,  dasz 
Cato  überhaupt  gern  seine  datiemngen  durch  angäbe  der  abstände 
zweier  ereignisse  von  einander  ausführte,  dies  entspricht  ganz  der 
art  des  Eratosthenes  und  des  Poljbios.  wahrscheinlich  werden  also 
noch  mehr  Zeitbestimmungen  nach  der  troischen  ära  bei  Cato  vor- 
gekommen sein,  aus  deren  vergleichung  sich  dann  leicht  ergab,  dasz 
nur  die  ära  des  Eratosthenes  gemeint  sein  konnte,  darum  ist  es  ein 
irrtum  üngers,  wenn  er  behauptet,  Dionjsios  sage  selbst,  dasz  er  die 
432  jähre  Catos  nur  deshalb  nach  der  ära  des  Eratosthenes  berechne, 
weil  er  diese  für  allein  richtig  halte,  letzteres  war  zwar  auch  der 
fall,  und  Dionjsios  schrieb ,  um  seine  ansieht  zu  begründen ,  ein  be- 
sonderes, leider  verloren  gegangenes  buch;  wichtiger  aber  ist,  dasz 


LTriemel :  zum  Catonischen  gründangsjahre  Roms.  379 

er  von  dem  gründungsjahr  des  Timaios  ausdrücklich  erklärt,  er 
wisse  nicht,  nach  welcher  ttra  es  gefunden  sei.  damit  sagt  er  zu- 
gleich, dasz  er  es  von  den  übrigen  gründungsjahren  wisse,  und  darum 
berechnet  er  also  Catos  432  jähre  nach  Eratosthenes. 

Eine  bestätigung  dieser  ansieht  liefert  uns  das  von  des  Dionj- 
sios  ansatz  blosz  um  ein  jähr  verschiedene  gründungsjahr  ol.  7,2 
des  Polybios.  Dionysios  führt  nemlich  nur  die  vier  von  einander 
abweichenden  gründungsjahre  des  Timaios,  Cincius,  Fabius,  Cato  an 
und  gibt  damit,  wie  er  I  75,  4  sagt,  alle  ihm  bekannten,  bis  zu 
seiner  zeit  aufgestellten  ären  Roms,  er  erklärt  die  abweichung  des 
Polybios,  der  also  nach  ihm  Catonisch  rechnete,  von  ihm  selbst  mit 
ihrer  verschiedenen  Umrechnung  der  römischen  in  die  griechische 
zeit  und  will  darum  in  dem  oben  erwähnten  werke  seine  Umrechnung 
als  die  richtige  nachweisen,  ausdrücklich  tadelt  er  an  Polybios,  dasz 
dieser  blosz  sage,  er  glaube,  Roms  gründung  falle  auf  ol.  7,  2,  dh. 
keine  eigne  begründung  gebe,  sondern  seinem  gewährsmann  ohne 
weiteres  folge,  dies  kann  aber  nur  Cato,  bzw.  die  Catonische  ära 
gewesen  sein,  nicht  wie  Holzapfel  ao.  s.  112  meint,  Eratosthenes. 
denn  das  gründungsjahr  des  Eratosthenes  würde  doch  Dionysios  wohl 
gekannt  und  also  neben  den  andern  vier  aufgeführt,  bzw.  das  des  Cato 
und  des  Polybios  als  das  des  Eratosthenes  bezeichnet,  jedenfalls  aber 
nicht  sein  eignes  gründungsjahr  erst  nach  des  Eratosthenes  ära  aus- 
gerechnet  haben.  Dionysios  rühmt  sich  Polybios  gegenüber  gröszerer 
wissenschaftlichkeit,  indem  er  nicht  einmal  die  angäbe  der  pontifical- 
chronik  ungeprüft  lasse,  letztere  kann  jedoch  nicht ,  wie  Holzapfel 
8.  172  glaubt;  die  der  capitolinischen  ära  sein,  da  ja  Dionysios  bei 
der  Zusammenstellung  der  verschiedenen  gründungsdaten  weder  das 
Varronische  noch  das  capitolinische  erwähnt,  beide  also  wahrschein- 
lich gar  nicht  kennt,  er  meint  mithin  das  datum  der  alten  pontifical- 
chronik,  mit  dem  eben  seine  rechnung  wie  die  des  Cato  und  Polybios 
übereinstimmen^  welches  infolge  seines  sacralen  ansehens  und  zugleich 
wegen  seiner  officiellen  geltung  bald  allgemein  anerkannt  wurde, 
litterarische  Verwendung  aber  zum  ersten  male  in  Catos  geschichts- 
werk  fand. 

Wollten  wir  jedoch  Catos  Zeitbestimmung  in  christliche  zeit 
umsetzen,  so  müsten  wir  sogar  (1183  —  432  =  761)  der  berech- 
nung  des  Dionysios  vor  der  des  Polybios  den  Vorzug  geben,  obgleich 
die  alten  entschieden  zumeist  dem  ansatz  des  Polybios  folgten  und 
gewis  nur  einzelne,  wie  vielleicht  Pompejus  Trogus  in  der  oben  be- 
sprochenen stelle  des  Justinus,  nach  der  weise  des  Dionysios  zählten, 
daher  finden  sich  denn  auch  neben  den  von  Dionysios  dem  Cato  zu- 
geschriebenen 432  Jahren ,  um  welche  die  Zerstörung  Trojas  und  die 
gründung  Roms  aus  einander  liegen  sollten,  zb.  bei  Diodoros  433  jähre 
angegeben,  was  vermutlich  eine  Verbesserung  der  Catonischen  zahl 
auf  grund  des  geläufigen  Polybischen  ansatzes  ist. 

Kreuznach.  Ludwig  Triemel. 


380  PRegell :  auguralia. 

52. 

AUGÜRALIA. 


1. 

Festus  s.  214^  31  peremere  Ctncitis  in  lih.  de  verbis  priscis  aU 
significare  idem  quod  prohibere:  at  dato  in  li,  qui  est  de  re  müitan 
jpro  vitiare  iistM  est^  cum  aü,  cum  magistratus  nihil  audent  imperare^ 
ne  quid  consul  auspici  peremat,  Mommsen  röm.  Staatsrecht  I'  s.  104 
anm.  2 :  *der  quästor  zb.  wagt  eine  amtshandlung,  die  das  servare 
de  ccuHo  zur  Voraussetzung  hat,  nicht  vorzunehmen,  weil  er  befürchtet 
damit  eine  von  dem  consul  beabsichtigte  amtshandlung  zu  stören/ 
wenn  diese  deutung  der  aus  dem  Zusammenhang  gerissenen  stelle 
richtig  ist,  so  müssen  die  worte  des  Cato  magistratus  nUtü  audent 
imperare  den  sinn  haben :  die  (niedem)  magistrate  wagen  nicht  an 
den  tagen,  wo  der  consul  eine  auspicato  zu  vollziehende  handlung 
vorhat,  auspicia  impetrativa  abzuhalten,  dasz  das  allgemeine,  auf 
die  anordnung  jeder  amtshandlung  gehende  imperare  diesen  sinn 
nur  sehr  unvollkommen  ausdrückt,  ist  einleuchtend,  der  eigentliche 
ausdruck  ist  impetrare^  von  dem  eben  jene  impetrativa  auspicia  ab- 
geleitet sind,  die  magistrate  wagen  nicht  eine  amtshandlung  zu 
impetrieren,  dh.  die  deorum  audaritas  durch  anspicieren  ftlr  sie  ein- 
zuholen, diese  bedeutung  des  wertes  {rem  impetrarCy  impetrire)  ist 
sattsam  bekannt:  Plautus  asin,  259  inpetritum^  inauguratum  est: 
quovis  admittunt  aves.  Cic.  de  div.  I  16,  28  tU  nunc  extis  .  .  sie  tum 
avibus  magnae  res  impetriri  solehant.  ich  glaube  daher,  dasz  für 
imperare  mit  leichter  änderung  impetrare  einzusetzen  ist. 

2. 

Die  überaus  schwierige  stelle  des  Festus  s.  333*  9  ff.  über  die 
augurale  bedeutung  von  speäio  und  nuntiatio  harrt  noch  immer  einer 
befriedigenden  erklftrimg  bzw.  berichtigung.  der  überlieferte  text 
lautet:  speäio  in  auguralihus  ponitur  pro  aspectione^  et  nuntiatio^ 
quia  omne  iussacrorum  hahent^  augurihus^  speäio  dum  taxat^  quorum 
consüio  rem  gererent  magistratus^  non  ut  possent  impedire  nuntiando 
quae  cum  vidissent  satis.  speäio  sine  nuntiatione  data  esty  ut  ipsi 
auspicio  rem  gererent^  non  ut  alios  impedirent  nuntiando.  ziemlich 
allgemein  angenommen  sind  bisher  wohl  nur  die  &ndeningen  Sca* 
ligers  auspiciorum  für  sacrorum,  quaecumque  für  quae  cum,  sowie 
sed  iis  oder  at  Ms  für  satis*  ebenso  scheint  mir  die  Änderung 
Mommsens  von  non  (in  hos)  notwendig  wegen  der  folgenden  anti- 
these:  non  ut  ätios  impedirent  nuntiando.  denn  offenbar  soll  mit 
diesen  werten  den  magistraten  eine  competenz  abgesprochen  werden, 
die  den  vorher  erw&hnten  personen  zuerkannt  war. 

Im  übrigen  erscheinen  die  bis  auf  Mommsen  gemachten  restan- 
rationsversuche  von  Rubine  (unters,  s.38  anm.  2),  KOMflller(Etrusker 
II  s.  112  anm.  9  und  ausg.),  Härtung  (rel.  d.  R.  s.  111  f.),  WOrosser 


PEegell:  augoralia.  381 

(de  spectione  et  nunüatione,  Bredau  1851 ,  ••  20  axun.  58)  wenig 
glttcklich,  weil  sie  teils  den  notorischen  stttzen  des  iua  augurmm  wider- 
sprechen, teils  mit  der  Überlieferung  zu  wiUkttrlidh  umspringen,  am 
nächsten  scheint  auch  hier  Mommsen  der  wi^rheit  gekommen  su  sein, 
der  (staatsr.  I*  s.  105  anm.  2)  den  text  folgendermaszen  umgestaltet: 
speäio  in  auffuräUhtM ponUur  pro  aspectume.  ä  fmnUaüo,  guiaomne 
iiAS  sacrortim  häbent^  auguribus  campeHi^  dumkußot  guorMm  oandiUo 
rem  gererent  magistraitM,  hos  ut  possent  mpedire  nuntiando  gmae- 
cumque  vidissefU,  at  his  spedio  sine  nuniiaiione  data  est^  ¥i  ip^ 
auspido  rem  gererent^  non  ut  aUos  impedirent  nuntiando.  zunächst 
stimme  ich  Mommsen  vollkommen  darin  bei,  dasz  es  ganz  verkehrt 
wäre,  in  unserer  stelle  eine  erörterung  deijenigen  grundsätze  zu 
suchen,  welche  Cicero  Fhü.  11  32,  81  andeutet:  nos  {augures)  mm>^ 
iiationem  solum  hahemuSy  constdes  ei  rt^igui  magisiraius  eHam  spKkh 
Honem,  ich  bin  mit  ihm  der  ansieht,  dasz  in  dem  text  des  Yerrius 
der  obnuntiation  der  magistrate,  welche  Cicero  im  sinne  hat» 
überhaupt  keine  erwähnung  gethan  war.  freilich  nicht  deshalb,  weil, 
wie  Mommsen  meint,  durch  die  lex  Clodia  diese  obnuntiation  auf- 
gehoben war  und  Yerrius  demnach  das  seiner  zeit  geltende  recht 
berücksichtigt  habe,  sondern  vielmehr,  weil  Yerrius  nach  meiner 
ansieht  gerade  das  ältere  (augurale)  Staatsrecht  im  äuge  gehabt  haL 
das  obnuntiationsrecht  der  magistrate,  dh,  das  ius  de  cado  servandi 
ist  erst  durch  die  Uges  Ädia  et  Fwfia  geschaffen  worden,  also  nicht 
durch  auguraldecrete,  sondemim  wege  der  gesetzgebung: 
im  eigentlichen  auguralrecht  —  und  von  diesem  handelt  Festus,  wie 
der  ausdruck  in  augwrdLihus  anzeigt  —  hatte  dasselbe  überhaupt 
keine  stelle,  was  man  aus  frühem  Zeiten  auf  die  obnuntiation  von 
magistraten  gedeutet  bat,  zb.  die  gleichzeitige  beobachtung  von  col- 
legen  über  dieselbe  bandlung,  das  ifus  retinendi  auspida  (Messalla 
bei  Gellius  XlLl  15,  16),  fällt  unter  den  begriff  des  competenz- 
conflictes  und  hat  mit  der  obnuntiation  nicht  das  geringste  zm, 
thun.  dies  recht  auch  den  magistraten  beigelegt  zu  haben  ist  eine 
(wahrscheinlich  im  demokratischen  interesse  eingeführte)  neuerung 
der  erwähnten  gesetze :  in  altem  Zeiten  stand  die  obnuntiation  nur 
den  augurn  zu.  daher  sagt  Festus  von  diesen  zelten  ganz  richtig: 
at  his  (nemlich  den  magistraten)  spectio  sine  nuntiatione  data  est. 

Femer  kann  ich  die  Umänderung  von  spectio  in  competü  nicht 
billigen;  vielmehr  scheint  mir  der  pointierte  ausdruck  od  his  spectio. 
sine  nuntiatione  data  est  anzudeuten,  dasz  den  augurn  im  vor- 
hergehenden neben  der  nuntiatio  auch  die  spectio  zugestanden  war. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  unter  den  befugnissen  der  augurn  auch 
von  einer  (natürlich  beschränkten)  spectio  die  rede  sein  ktum.  nimt 
man  das  wort  in  seiner  strengen  staatsrechtlichen  bedeutung,  als 
das  ius  deos  de  rebus  gerendis  OMspicüs  consulendi^  so  kam  die  spectio 
natürlich  nur  den  magistraten  zu  (Mommsen  ao.  I*  s.  86  anm.  2). 
die  augurn  können  niemals  die  initiative  ergreifen,  um  für  einen 
geplanten  act  des  staatlichen  lebens  die  göttliche  autorisation  ein- 


382  PRegell:  augaralia. 

zuholen,  wohl  aber  kann  and  musz  man  den  augum  eine  gewisse 
spedio  zugestehen,  sofern  man  darunter  blosz  den  sinnlichen  act 
des  ausschauens  nach  zeichen  (Festus :  aspectio)  versteht,  da  ja  that- 
sSchlich  die  augurn  oder  ihre  Stellvertreter  bei  den  auspicien  an  stelle 
und  im  auftrage  der  magistrate  die  zeichenschau  ausübten,  aber 
auch  eine  gewisse  initiative  spedio  musz  den  augum  zuerkannt  wer- 
den bei  der  dirarum  obnuntiatio  während  magistratualer  amtsfaand- 
lungen,  namentlich  während  der  comitien,  da  ja  hier  die  augum 
ohne  speciellen  auftrag  des  magistrats,  aus  eigner  initiative,  obnun- 
tiieren.* 

Worin  unterscheidet  sich  nun  diese  spedio  der  augum  von  der 
der  magistrate?  die  augum  können  niemals  auspicieren  rei  gerendae 
causa  (ut  ipsi  auspicio  rem  gererent  Festus),  sie  können  niemals  aus 
eigner  initiative  impetrieren  {res  impdrire  Cic.  de  div,  1 16,  28), 
sondern  unbeauf tragt  nur  die  (intercedierenden)  ohlativa  als  die  inter- 
preten  des  göttlichen  willens  dem  auspicierenden  oder  bereits  aus- 
führenden magistrat  zur  anzeige  bringen,  um  q\b  periti  rdigionum 
(Livius  XLI  18,  16)  durch  ihr  consüium  jenen  vor  übereilten ,  den 
göttem  nicht  wohlgefälligen  schritten  zu  bewahren. 

Diese  beschränkte  spedio  nun  finde  ich  angedeutet  in  den 
Worten  des  Festus  spedio  dum  taxat  quorum  consilio  rem 
gererent  magistraius,  und  das  fehlende  prädicat  zu  spedio  wie  zu 
dem  vorhergehenden  nunticUio  suche  ich  in  e^,  für  welches  ich  e«^ 
vorschlage,  ich  lese  demnach  so :  spedio  in  auguralihus  ponüur  pro 
aspedione.  est  nuntiatio,  qtiia  omne  ius  auspiciorum  Jiäbent,  auguri- 
huSy  spedio  dum  taxat  quorum  consilio  rem  gererent  magistratus:  hos 
ut  possent  impedire  nuntiando  quaecumque  vidissent.  at  his  spedio 
sine  nuntiatione  data  est,  ut  ipsi  auspicio  rem  gererent ^  non  ut  älios 
impedirent  nuntiando.  vor  hos  ut  possent  usw.  habe  ich  ein  stärkeres 
interpunctionszeichen  gesetzt,  weil  ich  diesen  zusatz  sowohl  auf 
nuntiatio  als  auf  spedio  beziehe,  zur  Sache  selbst  bemerke  ich  noch 
folgendes,  unter  nuntiatio  (  .  .  bis  auguribus)  verstehe  ich  die  nun- 
tiation  während  des  auspicienactes,  unter  spedio  (. .  bis  magistratus) 
die  obnuntiation  während  der  amtshandlung  (rem  gerere).  in  den 
Worten  quaecumque  vidissent  finde  ich  die  ohlativa  angedeutet  und 
glaube,  dasz  Verrius  dieselbe  einteilung  der  dirae  vorgeschwebt  bat, 
aufweiche  Servius  zu  Äen.  IV  453  (de  augurali  discipHina)  hindeutet: 
dira  enim  deorum  ira  est^  quae  duplici modo  coüigitur,  aut  ex  signis 
aut  quocumque  modo  d  quacumque  ex  parte,  dieselbe  ein- 
teilung erwähnt  Servius  noch  zu  Äen.  Y  7  und  III  246. 

*  wenn  der  augur  in  viila  publica  sasz,  ut  conguli^  stquid  usus  po- 
poBcisaety  esset  praesto  (Varro  r.  rust.  III  2,  2),  zugleich  doch  aber  auch, 
um  nach  etwaigen  die  comitien  störenden  dirae  ausBchau  la  halten,  so 
kann  man  diesen  act  des  schauens  und  beobachtens  doch  gewis  ange- 
zwungen eine  spectio  nennen  und  mit  der  des  auspicierenden  magistrata 
in  gewissem  sinne  vergleichen. 

HiRSOHBERO  IN  SCHLESIEN.  PaUL  BeOELL. 


EAnspach:  za  Horatias  [earm.  TU  30].  383 

63. 

ZU  HORATIUS. 


Im  vorigen  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  s.  62 1^627  suchtESchulze 
in  Petersburg  nachzuweisen,  dasz  ca.  III  30  v.  2  unecht,  dagegen 
zwischen  regnatfU  poptUorum  und  ex  humU  potens  (y.  12)  zwei  hidbe 
yerse  ausgefallen  seien : 

regnavU pqptUomm  (firtuSy  ai  ingeni 
fatna  f actus  in  urbe}  ex  humüi  potens  usw. 
die  elnschiebung  klingt  keineswegs  Horazisch.  ich  glaube ;  das  ge- 
dieht ist  untadellich  überliefert,  exeffi  monumentum  heiszt,  wie  Ov. 
met.  XV  871  iamque  opus  exegi  usw.  erweist,  hier  nichts  anderes  als 
'ich  habe  eine  erinnerungsschrift  zu  ende  gebracht',  von  denkmal 
errichten  ist  gar  nicht  die  rede :  manumefdum  ist  von  der  samlung 
der  drei  bücher  öden  gebraucht,  wie  zb.  Cicero  monumevUa  rerum 
gestarum^  commendari  monumentis  aUcuiuSj  annälmm  mamunefiiis 
celebrari  sagte  {de  arat.  I  201.  ^pist.  V  12,  1.  p.  Bah.  Fast.  43). 
^ese  erinnerungsschrifb  nennt  Hör.  aere  perennius:  ^dauernder  als 
erz  —  und  höher  ragend  als  der  königsbau  der  pyramiden.'  wir 
können  zugeben,  dasz  allenfalls  der  zweite  vers  fehlen  konnte,  vgL 
Find.  Py.  6,  7ff.  öjivuüv  Gricaupöc  .  .  T€T€(xiCTai . .  töv  oöt€ 
X€tM^ptoc  öjLißpoc  .  .  oCt'  ävejLioc  ic  fiuxoöc  äXöc  dSoici,  obwohl 
hier  das  TCTeixtCTai  die  Vorstellung  stärker  werden  l&szt,  als  es  in 
dem  doppelsinnigen  monumetUum  des  Hör.  der  fall  ist.  musz  er 
aber  fehlen?  Schulze  nimt  anstosz  an  der  bedeutung  des  wertes 
sUas.  dies  bezeichne  in  der  regel  1)  läge ,  2)  durch  langes  liegen 
erzeugten  moder.  dasz  diejenigen  (unter  ihnen  auch  Eiessling)  irrten, 
welche  hier  für  sUus  die  letztere  bedeutung  annahmen,  gebe  ich 
Schulze  gern  zu ;  entscheidend  ist  für  mich  hierbei  das  aUius.  denn 
den  sinn  von  ^höher  ragend  als  der  moder  der  königlichen  pyramiden' 
(selbst  diese  enallage  zugegeben)  kann  ich  nicht  ergründen,  dasz 
trotzdem  Martialis  VIII  35  unsere  stelle  im  sinne  hatte,  dh.  sich  an 
sie  erinnerte,  wenn  er  sie  auch  nicht  'nachahmte',  ist  für  mich  sicher 
wegen  der  gegenüberstellung  des  vergehenden  und  des  bleibenden, 
wenn  aber  Schulze  bemerkt:  'in  dem  part.  sUus  ist  überall  die  be- 
deutung der  horizontalen  läge  erkennbar'  —  so  irrt  er  und  vergpiszt 
Verbindungen  wie  jene  Plinianische  sitae  fuere  et  Thespiades  ad 
aedem  Felicüatis  (n.  h.  XXXVl  39).  die  grundbedeutung  von  sino 
ist,  wie  das  compositum  po(^)f}0  lehrt,  keineswegs  'legen',  sondern 
'stellen ,  setzen',  und  Schulze  musz  selbst  zugeben ,  dasz  das  subst. 
Situs  auch  'Standort,  anordnung'  bezeichne,  dasz  es  aber  auch  geradezu 
'bau ,  bauliche  beschafifenheit'  heiszt ,  lehrt  Plinius  n,  h,  IX  72  paS' 
seres  a  rhomhis  situ  tantum  carparum  diffenmt,  dexter  resupinatus 
est  Ulis,  passeri{lms)  laevus.  auch  Tacitus  hist.  I  48  bezeichnet  mit 
Situs  castrorum  nicht  die  läge,  sondern  die  bauliche  beschafPenheit. 
schon  bei  Caesar  IQ.  V  57  suh  castris  vagahatur,  ui  süum  castrorum 


382  PRegell:  augaralia. 

zaholen.  wohl  aber  kann  und  musz  man  den  augum  eine  gewisse 
spectio  zugestehen,  sofern  man  darunter  blosz  den  sinnlichen  act 
des  aussebanens  nach  zeichen  (Festus :  aspedio)  versteht,  da  ja  that- 
sächlich  die  augum  oder  ihre  Stellvertreter  bei  den  auspicien  an  stelle 
und  im  auftrage  der  magistrate  die  zeichenschau  ausübten,  aber 
auch  eine  gewisse  initiative  spectio  musz  den  augum  zuerkannt  wer- 
den bei  der  dirarum  ohnuntiatio  während  magistratualer  amtshand- 
lungen,  namentlich  während  der  comitien,  da  ja  hier  die  aagum 
ohne  speciellen  auftrag  des  magistrats,  aus  eigner  initiative,  obnun- 
tiieren.* 

Worin  unterscheidet  sich  nun  diese  spectio  der  augum  von  der 
der  magistrate?  die  augum  können  niemals  auspicieren  rei  gerendae 
causa  (ut  ipsi  auspicio  rem  gererent  Festus),  sie  können  niemals  aus 
eigner  initiative  impetrieren  (res  impetrtre  Cic.  de  div,  1 16,  28), 
sondern  unbeauftragt  nur  die  (intercedierenden)  oUativa  als  die  inter- 
preten  des  göttlichen  willens  dem  auspicierenden  oder  bereits  aus- 
führenden magistrat  zur  anzeige  bringen,  um  &\&  perüi  reUgionum 
(Livius  XLI  18;  16)  durch  ihr  consüium  jenen  vor  übereilten;  den 
göttem  nicht  wohlgefälligen  schritten  zu  bewahren. 

Biese  beschränkte  spectio  nun  finde  ich  angedeutet  in  den 
werten  des  Festus  speäio  dum  taxat  quorum  cof^silio  rem 
gererent  magistratus^  und  das  fehlende  prädicat  zu  spectio  wie  zu 
dem  vorhergehenden  nunticUio  suche  ich  in  e^,  für  welches  ich  6«^ 
vorschlage,  ich  lese  demnach  so :  spectio  in  aitguraUbus  ponitur  pro 
aspectione,  est  nuntiatio,  qma  omne  iu$  auspiciorum  hahent^  auguri- 
hus^  speäio  dum  taxat  quorum  consüio  rem  gererent  magistratus:  hos 
ut  possent  impedire  nuntiando  quaecumque  vidissent.  at  his  spectio 
sine  mmticUione  data  est,  ut  ipsi  ai^cio  rem  gererent,  non  ut  aiios^ 
impedirent  nuntiando.  vor  hos  ut  possent  usw.  habe  ich  ein  stärkeres 
interpunctionszeichen  gesetzt,  weil  ich  diesen  zusatz  sowohl  auf 
nuntiatio  als  auf  spectio  beziehe,  zur  sache  selbst  bemerke  ich  noch 
folgendes,  unter  nuntiatio  (  .  .  bis  auguribus)  verstehe  ich  die  nun- 
tiation  während  des  auspicienactes,  unter  spectio  (. .  bis  magistratus) 
die  obnuntiation  während  der  amtshandlung  (rem  gerere).  in  den 
werten  quaecumque  vidissent  finde  ich  die  ohlativa  angedeutet  und 
glaube,  dasz  Verrius  dieselbe  einteilung  der  dirae  vorgeschwebt  hat, 
aufweiche  Servius  zu  Aen,  IV  453  (de  auguraU discipUna)  hindeutet: 
dira  enim  deorum  ira  est,  quae  dupiUd  modo  coUigitur,  aut  ex  signis^ 
aut  quocumque  modo  et  quacumque  ex  parte,  dieselbe  ein- 
teilung erwähnt  Servius  noch  zu  Äen.  Y  7  und  III  246. 

*  wenn  der  augur  in  villa  publica  sasz,  ut  consuH,  siquid  usus  po- 
poscissetj  esset  praesio  (Varro  r.  rust,  III  2,  2),  zugleich  doch  aber  auch, 
um  nach  etwaigen  die  comitien  störenden  dirae  ausschau  zu  halten,  so- 
kann  man  diesen  act  des  echauens  und  beobachtens  doch  gewis  unge- 
zwungen eine  spectio  nennen  und  mit  der  des  auspicierenden  magietrata 
in  gewissem  sinne  vergleichen. 

HlRSOHBERG  IN  SCHLESIEN.  PaUL  BeOELL. 


EAnspoch:  zu  Homtiue  [carni 

53. 

ZU  HOEÄTIUS. 


Im  vorigen  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  8. 621— 627  suchtESchulze 
in  Petersburg  nachzuweisen,  dasz  ca.  III  30  v.  2  unecht,  dagegen 
zwiacheb  regnavit  populorum  und  ex  humtlipotens  (v.  12)  zwei  halbe 
verse  aasgefallen  seien: 

regnavit  populorum  <^orius,  at  ingeni 
fama  factus  in  urbe^  ex  humüi  potens  nsw. 
die  elnscbiebung  klingt  keineswegs  Horazisch.  ich  glaube ,  das  ge- 
dieht ist  untadellich  Überliefert,  exegi  monwment^im  beiezt,  wie  Ov. 
mel.  XV  871  iaTti^e  opus  exegi  uaw.  erweist,  hier  nichts  anderes  als 
'ich  habe  eine  erinnerungsschrifl  zu  ende  gebracht',  von  denkmal 
errichten  ist  gar  nicht  die  rede :  motiumentum  ist  von  der  samlung 
der  drei  bücher  öden  gebraucht,  wie  zb.  Cicero  monwnenta  reram 
gestarum,  commcndari  monumentis  alicuius,  annaUwn  monumentis 
celebrari  sagte  {de  oral.  I  201.  epist.  V  12,  1.  p.  Bab.  Post.  43). 
^ese  erinnerungsschrift  nennt  Hör.  aere  persnnius:  'dauernder  ala 
erz  —  und  höher  ragend  ala  der  königabau  der  pyramiden.'  wir 
ktJnnen  zugeben,  daaz  allenfalls  der  zweite  vera  fehlen  konnte,  vgl. 
Find.  Py.  6,  7ff.  uMVuiv  öricaupöc  .  .  TeieixicTai  .  .  töv  oiSre 
Xeifi^pioc  ÖMßpoc  .  .  out'  ävejioc  ic  mjxoüc  oKöc  dEoici,  obwohl 
hier  das  TereixiCTai  die  Vorstellung  stärker  werden  laszt,  ala  es  in 
dem  dofjpelsinnigen  nwnumentum  des  Hör,  der  fall  ist.  musz  er 
aber  fehlen'/  Schulze  nimt  anstosz  an  der  bedeutung  des  wortea 
sUus.  dies  bezeichne  in  der  reget  1)  läge,  2)  durch  langes  liegen 
erzeugten  moder.  dasz  diejenigen  (uuter  ihnen  auch  KiessUng)  irrten, 
welche  liier  für  siltcs  die  letztere  bedeutung  annahmen,  gebe  ich 
Schulze  gern  zu ;  entscheidend  ist  für  mich  hierbei  das  altiits.  denn 
den  sinn  von  'höher  ragend  als  der  moder  der  königlichen  pyramiden' 
(selbst  diese  enallage  zugegeben)  kann  ich  nicht  ergründen,  dasz 
trotzdem  Martiaüa  Till  35  unsere  stelle  im  sinne  hatte,  dh.  sich  an 
sie  erinnerte,  wenn  er  sie  auch  nicht  'nachahmte',  ist  für  mich  sicher 
wegen  der  gegen  übers  tellung  des  vergebenden  und  des  bleibenden. 
wenn  aber  Schuhe  bemerkt;  'in  dem  part.  süus  ist  überall  die  be- 
deutung der  horizontalen  läge  erkennbar'  —  so  irrt  er  und  vergiszt 
Verbindungen  wie  jene  Plinianische  sitae  fitere  et  Thespiades  ad 
aedem  Fdieitatis  («.  h.  XXXV  l  39).  die  gr  und  bedeutung  von  simö 
ist,  wie  das  compositum  po{si)no  lehrt,  keineswegs  'legen',  sondern 
'stellen,,  setzen',  und  Schuhe  musz  selbst  zugeben,  dasz  das  subst. 
Situs  aucli  'Standort,  anordnung'  bezeichne,  dasz  es  aber  auch  geradezu 
'bau,  bauliche  bescbaffenheit' heiszt ,  lehrt  Plinius  n.  %■  IX  72  jku- 
seres  a  rhombis  situ  tantum  corponim  differunt,  dexter  resi^nalwB 
est  Ulis,  passeri{biis)  laevus.  auch  Tacitua  htst.  I  48  bezeichnet  mit 
Situs  castroriim  nicht  die  läge,  sondern  die  bauliche  beschaffenheit. 
schon  bei  Caesar  IG.  Y  57  sii&  castris  vagabatur,  ut  situvi  caslrorum 


384  EAnspach:  zu  Uoraidus  [eonn.  Hl  80]. 

cognosceret  kann  sUiis  nicht  die  ^lage'  oder  'anordnung,  Standort' 
bezeichnen ,  sondern  musz  gleich  unserm  *baa ,  aufbau'  sein,  denn 
um  die  beschaffenheit  der  gegend,  in  der  das  lager  (offenbar  auf 
einem  sehr  steilen  berge)  lag,  kennen  zu  lernen,  brauchte  man  nicht 
wiederholt  dicht  vor  dem  lager  umherzuschweifen ^  wohl  aber,  um 
die  befestigungsart  des  lagers  hei  der  von  natur  sehr  festen  läge 
kennen  zu  lernen  (vgL  57  aa.).  wenn  Cicero  sagt  de  not.  d.  11 153 
ex  quo  dehet  inteUegi  nee  figuram  situmque  metnbrarum  nee  ingenii 
mentisque  vim  tälem  efficipotuisse  fortuna,  so  ist  nach  §  149  ff.  klar, 
dasz  es  hier  nicht  auf  läge  oder  Standort  oder  anordnung  der  glieder 
zu  einander,  sondern  nur  auf  das^  was  wir  den  'bau'  der  glieder 
nennen,  ankommt,  dafür  spricht  auch  die  enge  Verbindung  figura 
sUusque.  ebenso  ergibt  sich  in  aead.pr,  II  122  eorpora  nostra  nan 
navimus:  gut  sint  situs  partium,  qtuim  vim  quaegue  pars  haheat 
ignoramus  als  bedeutung  von  sUua  partium  'gliederbau'  besonders 
aus  der  vergleiohung  mit  dem  folgenden:  quia  .  .patefacta  et  däecta 
mutentur.  bei  der  section  verändert  sich  weder  läge  noch  Stand- 
ort noch  anordnung  der  glieder,  sondern  nur  ihre  figur  und  ihr  bau, 
der  genau  genommen  bei  geschlossenem  körper  anders  ist  von^ 
dieser  eigentlich  passiven  bedeutung  konnte  sich  nun  leicht  die  be- 
deutung entwickeln ,  die  wir  für  Hör.  beanspruchen :  situs  «»  moles. 
so  bedeutet  ja  vidus  lebensweise  und  lebensunterhalt,  ähnlich  cenatio 
Speisung  und  Speisezimmer,  messis  das  abmähen  und  das  gemähte 
oder  zu  mähende;  natio  das  geboren  werden  und  nation,  naminatio 
benennung  und  wort  (Varro),  ornatus  zierde  und  zierender  anzog, 
gerate  usw.  usw.  zu  sUus  'bau'  stimmt  auch  der  gebrauch  von  situs 
"■B  'erbaut'  bei  Tacitus :  vgl.  ann.  III  38  urhem  a  Phüippo  sitam 
und  Nipperdej  zu  Tac.  ann.  I  39.  auch  Sallustius  scheint  diesen 
gebrauch  von  sHus  bereits  gekannt  zu  haben :  lug,  37  nam  circum 
murum^  situmin  praerupti  montls  extremo  usw.  da  kann  situm  nur 
so  viel  sein  wie  €xstrt4ctum  oder  meinetwegen  positum,  wie  zb.  Caesar 
sagt  he.  I  61  u2  erat  qppidum  positum  ad  Iberum  und  bG.  III  12 
erat  eius  modi  fere  situs  oppidorum,  ut  posHa  in  extremis  lingülis 
usw.  so  nehme  ich  fiier  situs  als  'bau'  und  regalis  situs  pyramidum 
(wie  Valerius  Flaccus  von  regalia  iussa  spricht)  als  'königsbau'  dh. 
von  königen  errichteter  bau  der  pjramiden. 

Gesetzt  aber,  wir  erklären  v.  2  wegen  der  bedeutung  von  sUua 
für  unhorazisch :  dann  müssen  wir  weiter  fragen,  wie  kam  der  inter- 
polator  dazu,  situs  in  dieser  bedeutung  hier  zu  gebrauchen?  doch 
Schulze  fragt  femer :  'ist  es  denkbar,  dasz  Hör.  seine  gedichtsamlung 
von  bescheidenem  umfange  —  sie  umfaszt  nach  heutigem  maszstab 
fünf  druckbogen  —  als  ein  werk  bezeichnet,  das  durch  seine  unge- 
heure grösze  be wunderung  erregt?'  dasz  Ovidius  von  den  pyramiden 
und  der  höhe  derselben  am  schlusz  der  metamorphosen  nichts  sagt, 
beweist  natürlich  für  Hör.  nichts,  hätte  Hör.  überhaupt  bei  diesem 
vergleich  an  räumliche  ausdehnung  seiner  gedichte  gedacht,  so  wäre 
er  ja  geradezu  ein  narr  gewesen,   er  denkt  selbstverständlich  an  die 


EAnspach:  su  Horatiiu  [eorm.  VI  30]«  885 

ungeheare  bedeutung,  die  nach  seiner  meinimg  Beine  geeammeltea 
gedichte  haben,  doch  auch  dieser  anffassong  tritt  Sohiilie  entgegen: 
er  weist  aus  ca.  I  6,  9.  11  12,  3.  episi.  IL  1,  257.  00.  m  3,  69. 
lY  15,  1.  IV  2,  33.  IV  2,  31  nach,  dasz  Hör.  das  masz  seines  talen- 
tes  und  die  grösze  seiner  leistongen  niemals  überschfttzte.  alle  jene 
stellen  beweisen  aber  nur,  dasz  Hör.  bescheiden  sein  konnte,  wMin 
er  es  absichtlich ,  sei  es  ans  hGflichkeit  sei  es  aus  andern  grttnden, 
sein  wollte;  alle  jene  stellen  yerraten  eine  sehr  bezeichnende  ge- 
suchte  bescheidenheit.  dasz  jedoch  Hör.,  wo  es  sich  um  seinen 
dichterruhm  handelte,  auch  stolz  und  zwar  sehr  stolz  sein  konnte^ 
beweisen  auszer  manchen  andern  stellen  das  ganze  gedieht  m  SO, 
besonders  der  schlusz,  und  das  zu  gleicher  zeit  entstandene  1 1,  wo 
er  ähnlich  den  terrarum  donUni  gut  ad  deos  evehuniur  von  sieh  sagt: 
me . .  dis  miscefU  sujperis  und  subiUmiferiam  sidera  verUce.  diese  Yor- 
Stellung  Yon  dem  hochragen  der  eignen  person  schwebt  Hör.  offen» 
bar  auch  in  HI  30  noch  vor,  teilweise  tibertragen  von  der  person 
auf  seine  werke :  diese  ragen  höher  als  der  königsbau  der  pyramiden.  ^ 
doch  soll  sich  dieser  gedanke  nach  Schulze  ungeschickt  zwischen  7. 1 
und  3  drängen,  ich  habe  oben  gesagt,  er  liesze  sich  allenfalls  ent- 
behren, es  leuchtet  aber  ein,  dasz  ein  monumentum  fest  sein  kann, 
ohne  gerade  sehr  bedeutend  sein  zu  müssen,  und  das  letztere,  die  hohe 
bedeutung,  wollte  eben  Hör.  hervorheben;  auch  reichte  aerep&rmmma 
streng  genommen  nicht  aus,  da  es  auch  manumeiüa  gibt,  die  nicht  ans 
erz  sind  und  doch  fast  noch  dauerhafter  als  diese,  wie  ja  nach  Diodor 
I  63  die  pjramiden  zu  Hör.  zeiten  noch  keineswegs  vom  zahne  der 
zeit  sichtbar  benagt  waren,  und  Horatius,  der,  wie  einmal  Bdcheler 
sehr  richtig  sagt  (im  index  schol.  Bonn.  w.  1878/79) ,  mehr  kritiker 
als  dichter  war,  empfand  dies  sofort  und  fügte  v.  2  hinzu«  auch  v.  3 
schlieszt  sich  prächtig  an  das  vorhergehende  an,  da  ja  etwas  hoheS| 
bedeutendes,  wenn  es  dauerhaft  ist,  der  Vernichtung  noch  leichter  zu 
widerstehen  vermag  als  etwas  geringes,  so  wird,  um  in  demselben 
gegensatze  zu  bleiben,  der  rasende  Aquilo  leichter  die  eherne  bild- 
seule  als  die  hochragende  pjramide  umstürzen  können. 

y.  2  ist  also  echt  Horazisch  und  auch  bereits  durch  Propertius 
und  Martialis  vorausgesetzt :  denn  wenn  man  auch  nicht  sagen  kann, 
dasz  beide  Hör.  nachgeahmt  haben,  so  ist  doch  das  ganz  sicher,  dasz 
sie  bei  der  abfassung  ihrer  gedichte  sich  jener  Horazischen  stelle 
erinnerten,  ist  aber  v.  2  echt,  dann  fällt  eine  gute  stütze  für  Schulzes 
ansieht,  dasz  ein  vers  verloren  gegangen  sei.'  merkwürdig  ist  es, 
dasz  er  s.  625  richtig  angibt:  *nach  der  Überlieferung  sagt  Hör.: 
preisen  wird  man  mich,  wo  der  Aufidus  rauscht  • .  als  einführer  der 
äolischen  Ijrik  in  Italien'  und  doch  auf  der  folgenden  seite  LMüller 
sich  anschlieszt,  der  nicht  weisz^  ob  er  den  ganzen  relativsatz  qua 
violens  usw.  zum  vorhergehenden  oder  zum  folgenden  ziehen  soll. 

^  man  vgl.  übrigens,  was  Angustus  selbst  bei  Suetonios  vita  Hör, 
über  die  superbia  des  Hör.  sagt.  *  damit  hat  er  übrigens  recht,  dass 
sonst  nicht  eine  silbe  als  interpoliert  auszuBcheiden  sei. 

Jahrbücher  iiir  dass.  philol.  1888  hft.  6  o.  6.  25 


386  EAnspach:  su  Horatius  [oinii.  III  80]. 

das  aber  ist  zunächst  festzuhalten :  qua  viölens  usw.  gehört  zu  dieoTy 
und  ex  humüi  potens  zu  princeps  . .  deduxisse*  patens  hat  die  kraft 
eines  participiums :  ^ein  m&chtig  seiender*,  und  die  ergSnzung  Yon 
factus  ist  gar  nicht  nötig,  beschränkt  nun  Hör.  seinen  rühm  auf 
seine  geburtsstätte?  keineswegs;  geht  doch  vorher:  so  lange  Born 
steht,  werde  ich  immer  wachsen;  wer  aber  wächst  und  hochragt, 
wird  selbstverständlich  weithin  gesehen,  zuerst  denkt  der  dichter 
an  Rom  selbst  als  die  bleibende  statte  seines  ruhms.  hier,  wo  er 
gedichtet;  wird  man  ihn  nicht  vergessen,  aber  auch  in  jenem  heimat- 
lande, an  dem  der  dichter  mit  ganzer  seele  hängt,  wie  nicht  blosz 
aus  unserer  stelle  hervorgeht,  dort  wird  man  seinen  rühm  verkünden, 
und  mit  besonderer  genugthuung  erfüllt  es  Hör.,  wenn  man  dort  von 
ihm  sagt :  jener  arme  knabe,  in  niedrigkeit  geboren,  ist  einer  der  be- 
deutendsten römischen  dichter  geworden,  gerade  jener  stolz  des 
dichters,  in  seinem  vaterlande  als  ein  berühmter  mann  gekannt  und 
gerühmt  zu  werden,  ist  ungemein  menschlich,  und  wir  bedürfen  auch 
nicht  der  geringsten  änderung  der  Überlieferung,  dasz  sein  rühm 
sich  über  die  ganze  erde  verbreiten  werde,  hatte  Hör.  übrigens  schon 
n  20  zur  genüge  auseinandergesetzt. 

Wenn  Schulze  s.  625  sagt:  'durch  entfemung  des  unechten 
verses  bekommt  unser  gedieht  eine  schöne  strophische  gliederung, 
die  ihm  bisher  abgieng,  da  v.  5  und  9  in  die  folgende  strophe  über- 
hieng',  so  geht  er  von  zwei  falschen  Voraussetzungen  aus,  von  der 
vierzeiligen  strophe  auch  bei  monokolischen  gebilden  und  von  der 
annähme,  dasz  bei  besonders  'feiner  durchbildung  der  form'  sinn- 
abschnitt und  strophenschlusz  zusammenfielen,  die  richtigkeit  der 
vierzeiligen  abteilung  hier  zugegeben  vergleiche  man  nur,  wenn 
man  1 1  unberücksichtigt  lassen  will,  IV  8  und  das  aus  dem  stichiscb 
wiederholten  gröszem  Asclepiadeus  gebildete  gedieht  I  18.  auch  zb. 
bei  der  alcäischen  strophe  findet  sich  ja  keineswegs  selbst  in  den 
feiner  ausgearbeiteten  gedichten  immer  sinn-  und  Strophenabschnitt 
zusammenfiedlend :  vgl.  III  1.  2.  3  usw.  auch  da  kann  es  vorkom- 
men, dasz  zweimal  hinter  einander  der  gedanke  einen  vers  über  den 
strophenabschlusz  weitergeführt  ist,  wie  I  16,  21  und  25. 

Nun  ist  es  aber  keineswegs  entschieden ,  dasz  alle  Horazischen 
gedichte  in  vierzeiligen  abteilungen  gedichtet  sind,  der  alte  gram- 
matiker,  von  dem  die  bezeichnungen  der  gedichte  als  mono€olo$^ 
dicolos^  tetraoolos  herrühren,  und  der  sicher  diese  benennung  nicht 
ohne  grund  vornahm,  kennt  nicht  den  beispielsweise  von  HSchütz 
(ausg.  s.  32)  gemachten  unterschied  von  monocolos  aber  distichos 
oder  tetrastichos :  'da  beide  nur  6ine  art  von  versen  enthalten,  so 
heiszen  sie  ^ovÖKUiXa,  eingliedrig;  weil  sie  aus  je  vier  versen  be- 
stehen, zugleich  TeTpdcnxot,  vierzeilig.'  man  sehe  die  schollen  zu 
19,  das  als  ein  alcäisches  gedieht  nach  Schütz  als  rpiKUiXoc  Terpd* 
CTixoc  bezeichnet  werden  würde ,  so  aber  nur  als  TeTpdKUiXoc  be- 
zeichnet ist  usw.  man  geht  auch  femer  davon  aus,  dasz  die  zahl  der 
verse  aller  carmina  (mit  ausnähme  vielleicht  von  lY  8,  wo  nach  strei- 


EAnBpach:  zn  Horatiiit  [carw^  JH  80]«  S87 

chung  des  v.  17  noch  33  verse  übrig  sind  und  man  dann  natttrlidi 
noch  mehr  Btreichen  musz')  durch  Tier  teilbar,  sowie  daez  ofleabar 
HI  9  in  vierzeiligen  atrophen  gebaut  sei,  da  rede  und  gegenrede  je 
vier  verse  enthalte,  dem  letztem  Ittszt  sieh  entgegenhalten,  dass  Hör. 
rede  und  gegenrede  aus  je  zwei  versen  wohl  fCLr  zn  kurz  «ad  ans 
mehr  als  vier  versen  für  zu  lang  hielt,  deswegen  faszte  er  hier  Je 
zwei  distichen  für  rede  und  gegenrede  zusammen ,  ohne  dasz  jedoch 
diese  Zusammenfassung  metrisch  zu  6iner  strophe  werden  mustei. 
das  gebe  ich  den  Verfechtern  der  vierzeiligen  strophe  zu^  dasz  Hör., 
weil  er  die  meisten  seiner  öden  in  vierzeiligen  gebüden  und  aus 
mehreren  derselben  zusammengefoszten  Strophen  und  antistrophen 
usw.  gedichtet  Tvon  104  öden  incl.  c.  saec»  bestehen  80  aus  vier- 
zeiligen gebilden),  bei  dem  aufbau  der  monokolisohen  und  dikolischen 
gedicbte  gröszere  aus  2 ,  4 ,  6 ,  8  versen  oder  distichen  bestehende 
Strophen  und  antistrophen  bildete,  welche  den  aus  mehreren  vier- 
zeiligen gebilden  zusammengesetzten  Strophen  und  antistrophen  un- 
gefähr entsprachen. 

Von  den  epoden  lassen  sich  ebenfalls  9  in  vierzeilige  gebilde 
zerlegen^  die  andern  können  fast  ohne  mühe  ebenfalls  in  die  vier* 
zeilige  Zwangsjacke  eingeschnürt  werden  durch  annähme  von  Inter- 
polationen ,  die  ja  häufig  auch  in  den  epoden  gesucht  werden,  und 
doch  ist  es ,  so  viel  ich  weisz ,  bis  jetzt  niemand  eingefallen  für  die 
epoden  die  vierzeilige  abteilung  anzunehmen,  viele  der  dikolischen 
gebilde  aber  tragen  einen  recht  epodenhaften  Charakter,  endlich  — 
und  das  ist  für  mich  das  entscheidende  —  muste  Hör.  auf  irgend  eine 
weise  doch  erkennen  lassen,  ob  er  die  monokoliscben  oder  dikolischen 
gedichte  in  vierzeiligen  abteilungen  gebaut  habe,  dies  ist  nirgends 
angedeutet,  auszer  scheinbar  in  IH  9  —  den  grund  für  diese  Zu- 
sammenfassung von  je  zwei  distichen  habe  ich  bereits  oben  ange- 
geben —  dagegen  lassen  Hör.  gedichte  thatsttchlich  noch  ihren  auf- 
bau erkennen,  bereits  FMartin  ^de  aliquot  Horatii  carminum  ratione 
antistrophica  et  interpolationibus'  (Posen  1865)  s.  2  f.  hat  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dasz  Hör.  wie  die  griechischen  dichter  zur  an- 
deutung  von  strophe  und  antistrophe  gleiche  vocale  verwendet.  Martin 
hat  nun  diese  entdeckung  keineswegs  ausgenutzt,  auch  viel&ch  ver- 
kehrte Schlüsse  aus  ihr  gezogen ,  da  er  annahm ,  alle  gedichte  seien 
nach  art  der  griechischen  chorlieder  gegliedert,  auch  ist  es  ihm  ent> 
gangen,  dasz  solche  respondierende  stellen,  auszer  vocal-  und  con- 
sonantgleicbklang ,  besonders  in  arsis,  in  versbildung  (häufig  im 
inbalt,  vgl.  Martin  ao.  s.  3)  (entweder  correspondierend  oder  adver- 
sativ) und  in  gleichen  werten  (eigennamen)  übereinstimmen,  ich 
denke  dies  an  einem  andern  orte*  des  nähern  nachzuweisen  und 

'  auch  über  III  12  ist  man  zweifelhaft,  ob  es  einzeilig,  drei-  oder 
vierzeilig  abgefaszt  sei. 

*  r^gl'  jetzt  des  hrn.  vf.  abh.  im  osterprogramm  1888  des  gymn.  zu 
Cleve:  ^die  Horazischen  öden  des  ersten  buohs  in  bezug  auf  Interpola- 
tion, aufbau  und  zeit  ihrer  abfassung.   Ir  teil'  s.  3  uö.] 

25  • 


388  EAnspach:  zu  Horatias  [carm.  III  80]. 

hoffe  hierbei  dem  Hör.  manche  atrophe  mit  Sicherheit  belasaen  sa 
können,  welche  kritischer  Übereifer  ihm  abgesprochen  hat.  auch 
für  das  vorliegende  gedieht  DI  30  ergibt  die  correspondeni  der  ein- 
zelnen teile,  ans  denen  das  gedieht  aufgebaut  ist,  dasz  dasselbe  in 
der  vorliegenden  form  vollständig  Horazisch  überliefert  ist.  ^  es  be- 
steht nemlich  aus  6  (a)  +  3  (b)  +  ^  (^0  "t"  ^  (*0  versen: 


a        Exegi  \  monummtum  aere  perennius 

regalique  situ  pyramiäwm  \  äÜiuSy 
quod  I  non  imber  \  edax,  non  Aguüo  inpotens 
possU  diruere  aut  in\numeräbü%s 
5  annorum  series  et  fuga  teimporum, 

b  non  omnis  \  mariar  muUaque  \  pars  mei 
vitäbü  I  LMtinam.  iisque  ego  \  postera 
crescam  \  laude  \  recens^  dum  CapüoUum 

b  *      scandet  cum  \  tadta  virgine  \  pontifex.) 
10  dicar  qua  |  vicHens  obstrepit  \  Äufidus 
et  qua  \  pauper  \  aquae  Daunus  agrestium 

a*      regnavit  \  populorumy  ex  humüi potens^' 

princeps  Aeolium  Carmen  ad  \  Itcdos 
de\duxisse  \  modos.   sume  superbiam 
15  quaesüam  merüis  et  \  mihi  Deiphica 
lau/ro  cinge  völens^  Mdpomene^  comam, 

ich  mache  auf  die  fast  stetige  Übereinstimmung  in  den  kleinem 
cäsuren,  auf  die  nicht  volle  hauptcäsur  in  monumentum  aere  und 
poputorum  ex  aufmerksam;  regnavit  und  potens  v.  12  erinnern  an 
V.  2  regalique  situ  und  3  ÄquHo  inpotens. 


*  der  ursprüngliche  entwarf  mochte  nur  y.  1 — 4.  5/2  -1-  7/2  f.  ent- 
halten, 80  daes  eich  uique  ego  posiera  sofort  an  annorum  serieM  aoschloss. 
sparen  hierfür  sind  perenniut^  altius^  inpotens  vgl.  mit  AufiduB^ 
agrestium^  humiä  potent ^  so  dass  die  ursprüngliche  gliederang  sein 
mochte  1-^7,  Hör.  merkte  dasz  7/2  sich  kaum  ganz  gut  direct  an 
y.  5/2  ansohlosz,  and  änderte  dann. 

Cleve.  Eduard  Anspaoh. 


EBaehrens:  ad  Orientiiim.  389 

54. 

AD  OBIENTIÜM. 


Bobinso  Ellis  Oxoniensis  cmn  in  corporis  scriptoram  ecclesift- 
sticornm  latinorum  volaminis  XYI  parte  I  Comxnonitoriam  Orienti- 
anum  edituros  plagulas  a  prelo  madidas  mihi  xnitteret,  ut  siquid  ad 
emendationem  possem  conferre  ei  indicarem,  equidem  qaamquam 
meis  stndiis  distentus  morem  ei  gessi  et  ea  cum  celeritate,  qua 
plagulae  erant  remittendae,  Carmen  illud  perlustravi.  nnnc  nbi  edi- 
tionem  illam  pablici  iuris  factam  panlo  lentios  per  horas  subsedyaSy 
dum  animum  a  gravioribus  inquisitionibus  de&tigatum  recreo,  per- 
tractavi,  praesto  sunt  haud  pauca,  quibus  adnotationes  priores  com 
corrigam  inlustremque  tum  suppleam  novisque  inyentis  augeanu 

Libri  I  y.  43  sqq. ,  ubi  poeta  ezposuit  duas  vitas  esse  bomini 
datas,  terrenam  caelestemque^  priorem  ita  describit  ▼.  49  sqq.  ez 
emendatione  nostra: 

unam  nascendi  rcdio  prius  amnibus  affeti^ 
haut  cura  eprapnis  (xmseqmhirmerUis 
(nasci  non  nosirum  nee  hngum  umere  nostrum): 
uitam^  quae  seguUuTy  cura  parare  patesi. 
traditur  y.  50  hanc  cura  et]  sed  neque  unam  et  hone  sibi  respondere 
possunt  neque  de  yita  altera  nunc  agitur^  cum  yersus  51  ita  demnm 
non  sit  otiosus ,  si  sententiam  prioris  distichi  accuratius  persequitur 
(ad  merita  cf.  I  107).  nee  yero  y.  53  codicum  scriptura  uita  parare 
potest  iustum  habet  acumen ,  cum  nuda  yitae  yox  non  innuat  yitam 
terrenam  piam  iustamque,  mentem  autem  scriptoris  patefaciat  y.  58 
altera  (vita)  de  summo  parta  lahore  uenit, '  —  109  sqq.  sie  lege  inter- 
pungoque: 

et  non  hoc  solo  contentus  munere,  quo  te 
instruxit  membris,  sensibus  excoluU, 
cui  tribuit  uUam,  largitur  commoda  uttae^ 
Omnibus  ut  tibi  sü  praedita  deHoiis. 
nam  cum  magno  sententiae  impeditae  incommodo  traditur  in  libris 
qui  tribuit.  —  Secuntur  haec  (113  sqq.) : 

ecce  tibi  caelum  pendetj  tibi  terra  recedU^ 

aera  librantur^  ftuctuat  oceanus; 
noctes  atque  dies  succedunt  mensibus  anni; 
söl  splendet ,  lucent  sidera ,  luna  rubel, 
y.  113  Delrio  coniecit  residU.  sed  enim  praestatre^edt^;  quod  tempus 
perfectum  cum  utatur  praesentis  notione ,  suum  inter  cetera  prae- 
sentia  habet  locum.    in  sequenti  autem  hexametro  non  tolerandos 
esse  menses  anni  per  noctes  diesque  succedentes,  non  est  quod  pluri- 

^  I  85  quod  proposui  teneoque  sensu  maiorem  [maiore  codd.],  uincen" 
tem  eqs.  (cf.  fillisii  editio  p.  254),  id  corroboratar  locis,  qualis  est  Minacii 
Felicis  18,  8  Ate  (deus)  non  uideri  potest:  uisu  clarior  est;  neo  conprendi: 
tactu  purior  est;  nee  aestimari:  sensibus  maior  est. 


390  EBaehrens:  ad  Orientiiim. 

bus  eiponam.  legas  sibi  cedunty  mensibus  anni,  —  137  sq.  sie 
nuperrimas  ediior  exhibet: 

nee  modo  terreno  tantum  seruire  it^betur 
per  uarios  ustts  subdita  terra  homini. 
ut  mittam  mlra  cum  abundantia  iunctum  nee  modo  tantum,  haec  vox 
postrema  ibi  conlocanda  erat,  ubi  ob  oppositionem  a^ris  et  pelagi 
aliqao  modo  tolerari  potest^  scilicet  post  terra,   oorrigas  qnaeso  in 
totum  seruire:  cf.  II  212.*  —  y.  170  scribendom  videtur : 
nee  tarnen  haee  dominus,  cuius  suni  omnia,  quaerü: 

sufficU  ut  dominum  rursus  omattAS  ames, 
nam  quod  Codices  praebent  seruus,  excluditur  eo  qnod  poeta,  post- 
quam  dixit  debere  homines  deum  colere  ^opibus  votis  serritio',  ipse 
sabiecit  non  tarnen  dominum  haec  qoaerere.  —  Quod  olim  in  v.  181 
male  me  habnit,  id  nunc  intellego  longe  alia  ratione  esse  remoyen- 
dum.  nam  qui  aegre  tuli,  in  mutui  quo  bruta  etiam  animalia  tenen- 
tor  amoris  descriptione  cum  tantum  pecus  (177 — 180)  et  avium 
genus  (183  sqq.)  arcessantur,  sine  ulla  ratione  interseri  pisdum 
mentionem  (181  guod  fluctibus  occulit  aeguor),  cuius  nuUus  fiat  usus, 
ita  debui  huic  vitio  succurrere,  ut  181.  182  traicerem  post  176,  ut 
in  Universum  posito  eo  quem  dixi  amore  iam  per  exempla  eatur  ex 
duobus  modo  generibus  petita,  sed  quod  v.  185  sq.  dicitur,  concur- 
rere  tam  feras  quam  aves,  sicui  comiti  ingruat  periculum ,  pergitur- 
que  187  sq.: 

captiluam  comüem  cursu  grege  uoce  lujilatu^ 

etsi  nonpossunt,  eripuisse  uolunt: 
velim  equidem  scire,  quonam  modo  haec  inter  feras  et  aves  distribui 
queant.  comitantur  hae  cursu  (sc.  a^rio),  illae  grege ;  hae  voce,  illae 
volatu:  apparet  alterum  membrum  tam  sensu  quam  oppositione 
carere.  corrigas  cursu  grege,  uoce  boatu,  sie  paulo  post  v.  193 
eodem  modo  interpunctione  sunt  distinguenda  cola  usu  ingenio, 
rebus  ratione.^  —  Bedire  post  mortem  animas  in  eadem  membra, 
quae  vivis  erant,  persequens  Orientius  haec  habet  inde  a  v.  263 : 
non  modo  quae  tumulis  bene  condita  saxa  reseruant 

aut  Arabum  solidans  puluis  odorque  tenä , 
sed  dicto  citius  formanda  in  membra  redibit 

portio  de  tumulis,  portio  de  fluuiis. 
tenet,  h.  e.  'differtos  habet',  ex  codice  B  recepi,  cum  tegit  nihil  quic- 
quam  pertineat  ad  rem.     apparet  porro  tumulis  alterum  ex  priore 
disticho  male  esse  repetitum ,  cum  in  tumulis  integra  cadavera  sint 

'  I  144  quod  conieci  deripiuntur  (vix  enim  dizerifl  in  aere  decipi 
aves,  cum  praesertim  oppositio  alind  flagitet)  confirmatur  inter  alia 
a  Silio  Italico  XIV  266  8eu  caelo  libeat  traxisse  uoluerem  et  a  Martiale 
IX  101,  7  Stymphalidat  attris  abatutit.  '  y.  201  in  adnotatione  male 

explicat  EUisius;  dicitur  autem  brevem  sententiam  omoia  oomplecti  lata 
patentem  (ceterum  ad  v.  198  totum  Catonis  distichon  IV  83  sq.  adscrip- 
seram).  —  v.  208  non  intellego  prouUis  tectis  (haec  enim  adsont);  et 
v.  218  conieci  proprü  par  causa  fauoris.  —  ▼.  217  sq.  quod  proposai 
flic  interpunctum  volui  offer  in  simüi  causa,  sie  ut  ameris  amam». 


EBaehrens:  ad  OrieniiaiiL  391 

reposita,  quae  in  hunc  locum  non  quadrent,  nbi  de  diapenia  membria 
agitur.  rem  tibi  aperiunt  ea  quae  aecontiir  v.  269  sq.  takum  aderU, 
tohnn  diiiersa  ex  parte  coibU,  pars  ucHueri  aiut  piad^  pars  lamata  feriSf 
in  qnibus  id  quod  est  pisci  respicit  ad  fluuHs  y.  266,  feris  antem  ad 
lustris  sive  dumis  sive  quocumque  modo  expolsis  tomnlis  latebraa 
ferarum  vis  restituere.  üngit  igitur  Orientius  animo  sibi  imaginem 
hominis  mortai,  cains  membra  partim  in  silyam  a  beatüs  ablata, 
partim  in  flnmen  sint  abiecta.  *  —  287  sqq. 

ipse  etiam  uariis  condusus  wensibus  aimus 

tempore  mutaio  mortis  hahd  speeiem^ 
cum  uer  autumno^  frigus  depdi/iiur  oesfu, 

utque  hommtMn  res  est^  hoc  uenUy  UM  abii. 

non  est  sermo  de  fine  anni ,  sed  de  ae^ma  anni  tempomm  vioissi- 
tudine,  id  qnod  clarias  aperiunt  t.  291  et  sequens.  nnde  primo  dedit 
Orientius  uarius  conclusis  mensihus  annus\  quocum  of.  ex.  gr. 
Petronius  (PLM.  IV  76,  6  p.  89)  et  permutaku  disUmcHs  mensibus 
annus  et  Yergilius  Aen.  Y  46.  deindeidem,  ut  suspioor,  scripsit 
tempore  mutat am  totus  habet  spedem.  pergiturita: 

hoc  tarnen  aeterno,  donec  deus  annuU^  usu 
inque  uicem  äUerno  uoluU%tr  officio. 

in  quibus  pro  aderno  Ellisius  coniedt  äUemo^  ipsum  loci  consilium 
cum  innuat  aetemitatem  tam  usus  quam  offidi  esse  efbrendam: 
aeterno  uoluüur  officio.^  —  348  restituerim: 

d  partum  excidium  quamprope^  Bama^  tuum 
secundum  melioris  librl  lectionem  raptum,*  —  404  yerum  puto  hoc: 

lapsu  a  praedpüi perge  referre  pedem , 
cum  extet  in  codicibus  incongruum  illud  lapsum.  —  Mox  y.  428 
genuinum  erit: 

uix  dederat  tenuis  signa  notata  solo, 
ubi  absone  traditur  tenui,  —  Oravius  Vitium  residet  t.  448,  ubi  A 
tradit : 

oderit  ignotos  audax  attendere  uuUus 
seque  tam  dt  notis  addere  luminibus, 

B  autem  praebet  tarnen  notis  et  recipitur  Delrionis  ooniectura  abdere 
(qui  praeterea  diam  coniecit).  nihil  in  his  reperio  quod  vere  intel- 
legi  possit,  sed  suas  huic  poetae,  qui  est  ex  meliere  nota  inter  con- 
similes,  reddo  elegantias  hac  mutatione  nequitiam  (i.  e«  libidinem) 
d  motis  addere  luminibtis,  unde  magis  etiam  oommendatnr  quod  in 
yersu  sequenti  proposui  permixto  ludentia  Umiina  luxu.^  —  650 
sie  lego : 


^  Y.  283  aptiBsimum  mihi  yidetur  spiceta  (Jny  densi»,  v.  286  ex  A 
recipio  gramine,  ^  v.  306  ex  B  sontes  erat  recipiendam.  *  v.  868 
et  plane  superflunm  erat  inmatandam.  conieci  tam  toto  nobiUs  orbe  fläi. 
391  et  400  codicis  A  scripturam  praefero  proboque  v.  898  coniectoram 
Rivini  (394  solum  nunc  retineo).  ^  y.  536  iam  amplector  Biyini  emen- 
dationem. 


392  EBaehrens:  ad  Orientiam. 

certe  non  älüer  siiientia  proluU  ara, 

quempahna  obtulit  et  quem  caua gemma,  liquor. 
päl/mae  öbttderini  Codices ,  quod  re  flagitante  secundum  ?.  552  quos 
crystoMa  däbunt  quosque  pateUa  cibos  facile  emaculatnr.  —  y.  559 
emendo : 

argenti  aut  auri  moles  et  gemma  coruscans^ 
pro  librorum  lectione  a/rgevitum  et  auri  (nee  enim  mnltum  profidmns 
et  in  atque  mutando).  —  Nee  non  v.  565  aperte  est  rectum  hoc: 

nam  seruata  nimis  quam  mox  bona  non  tua  fientf 
nam  codicnm  scripturam  quae  mox  contortissime  Ellisios  ex  more 
suo  defendit.    cf.  Festus  p.  261  ^quam  mox*  significat  ^guam  cito*. 
—  571  scribas: 

quodque  sihi  dempsit,  melius  repardbüur  ipsi 
pro  iM,  porro  574: 

non  tinea  aut  plutnae  flammaue  carpet  edax 
pro  eo  quod  praeferunt  Codices  flammaque'^;  nee  non  602: 

quae  brutis  etiam^  non  ratione^  datur. 
A  cum  ratione,  B  con  ratione  exhibent,  quod  varie  et  sine  fructa 
explicare  student.    brutis  animalibus  cum  opponatur  homo  ratione 
praeditus,  additum  innuit,  illa  licet  ratione  carentia  tacite  tamen 
concordiam  sequi.  —  Mox  v.  604  nescio  cur  Ellisius  non  dederit : 

siccis  conpugnent  umida,  lenta  citis, 
melior  liber  cum  praebeat  conpungnent. 

In  libri  secundi  initio  idem  Ellisius  ratione  prorsus  perversa 
sequi  maluit  Schenkelii  interpunctionem  quam  me,  qui  apertissimis 
codicis  indiciis  insistens  haec  proposueram,  v.  7  sqq. : 

cum  [an  cod.],  9i  uentosae  moueat  te  gloria  linguae, 
qua  [quam  cod.]  suadä  uano  TuUius  etoquio, 

sint  [sin  cod.]  fugienda  iocus  conuiuia  sermo  uöluptas 
sisque  [siq,  cod.]  äiam  aequaeuis  dissodande  tuis: 

quo  studio  nostri  seruabis  uerba  libeüi  eqs. 
perversam  autem  esse  eam  quam  dixi  rationem  inde  apparet  quod 
Orientius  non  tam  gloriam  linguae  a  Cicerone  suasam  perstringit 
(hoc  vix  tanti  erat),  sed  certum  praeceptum  ab  eodem  datum  profert 
in  disticho  sequenti.  video  nunc  ex  Ellisii  indice,  eum  non  intel- 
lexisse,  unde  petitum  esset  dictum  illud.  nimirum  in  Caelianae  §  46 
(ttbi  addendum  est  hoc  testimonium  a  Ciceronis  editoribus  neglectum) 
haec  legimus :  omittendae  sunt  (oratori)  omnes  uoluptates;  reUnquenda 
studia  deleäationis^  ludus  iocus  conuiuium;  sermo  paene  famüiarium 
deserendus.  restitutum  igitur  a  me  qua  idem  valet  ac  'qua  via'  vel 
*ratione'.  —  29  sq. 

ecce  patrem  Christus  pro  se  lacerantibus  orat^ 
suppilicat  ä  StephanuSy  supplicat  et  Jacob. 
in  ultima  voce  licet  I  tam  consona  sit  quam  vocalis ,  tamen  et  sola 
vi  arseos  hie  productum  non  inputaverim  Orientio.    et  quoniam 


^  y.  592  B  erat  sequendus,  qui  praebet  uelle  cupit. 


EBaehrens:  ftd  Orientitim.  393 

Martenii  lectio  lacobtis  reicitar  ob  mediae  i^llabae  prodnctionemi 
id  quod  ecce  praecedens  suadet  commendayerim  en  SkphamkSy  aup» 
joilicat  en  lacob.  —  33 

nuUum  saeua  reum  fadai  sententia, 
male  me  babnit  babetque  id  quod  est  saeua.    quarnqnam  nunc  de 
malis  romoribos  intellegi  baec  melius  videns  malo  laeuai  cf.  1 438.* 
—  125  sqq.  sie  meo  iudicio  sunt  constituendi: 

quid  tandem  prodesi,  cum  desmü  essepoiestas^ 
in  quo  sentitur  quod  fuU  atque  äbiU? 

et  quod  paulatim  auccedena  ne&ciä  adaa 
et  quOy  si  soierit,  quid  tibi  meräs  erU? 
nee  recte  v.  125  esse^  potestas  interpunxit  Ellisius  (apparet  autem 
notionem  quae  est  id  esse  supplendam  mente)  et  y.  128  quod  a  codioe 
exbibitum  pessimum  est.  artificiose  autem  poeta  ei  a  qua  ezorsns 
est  interrogationi  in  fine  inserit  noyam.  —  y.  130  proposui  taniaque 
hie.  nam  quod  Ellisius  bune  yersum  ad  apodosin  traxit  indeque 
y.  133  ante  feres  e  coniectura  sua  scripsity  minime  probamus,  niüla 
cum  adsit  nee  constructio  nee  iusta  sententia.  immo  a  y.  131  indpit 
apodosis,  cuius  in  initio  melius  sane  restituetnr  ex  soUemni  barnm 
adbortationum  formula  tu  domino  piaceas;  nee  ut  praeoeptiyum 
dederim  Orientii  aetati.  in  prozimo  autem  disticho,  ubi  ante  ferens 
retinendum  esse  significayi,  yerba  ultima  emendatorem  ezpectant 
(a  sententia  requiritur  perpetuum  hreuibus).  —  138  corrigas  me 
auctore 

peruenit  ad  fructwn  uiäus  amore  laibor. 
nam  honore,  quantum  yideo,  a  proposito  est  alienüm.  —  Certius 
autem  est  mendum  in  y.  157,  sie  illüd  tollendum: 

haec  quia  contingunt  animos  et  mente  uidentwr 
{conscendunt  inepte  codex).  —  161  sq. 

nü  habet  haec  tonguMy  longo  licet  acta  rotatu, 
quo  nunc  perfruimur  tempore  y  tnta  hreuis. 
quo  neque  cum  rotatu  neque  cum  tempore  bene  sooiatur.   oommode 
baec  profluent  ita:  qua  nunc  perfruimur ^  tempore  uäa  "breuis.^^  — 
y.  187  sqq.  cum  mortis  yaria  genera  describantur,  inexpectantibus 
nobis  accidit  quod  v.  191  sq.  legitur: 

quantos  beUa  fames  perimant  morbique  furentes 
et  quae  per  uarias  mors  ruit  una  uias. 
nam  desideratur  non  unius  mortis  mentio,  sed  eiusdem  species  noya 
ceteris  praecellens.   legas  fors  ruit  una,  ex.  gr.  comparans  Tadti 
Agr.  3  midti  fortuitis  casibus.*^  —  209  sq. 


*  Y.  46  antiquus  probo  idemque  post  y.  50  nonnalla  intercidisse  pato. 
V.  52  Becundum  Lucretium  proposui  ftuint  pro  fHant;  sed  eadem  mensura 
recurrit  (id  qaod  et  Ellisius  praetervidit)  infra  y.  872.  —  y.  67  unam 
yideo,  latere  nimirum  ahlattan  .  .  colorem,  sed  haereo  de  ceteris. 

^^  yide  an  y.  183  lacuna  sie  Bit  explenda:  mors  dolor  exddium  ^inee^ 
dunt\  incendia  luctus,  *^  y.  208  auspectum  est  illud  proficU  sospioa- 

murque  profugii  (qua  in  yoce  primam  producit  luyencus). 


394  EBaehrens:  ad  Onentium. 

sed  fac  uiuacis  spaiia  haec  tarn  longa  seneetae^ 
orbis  ut  immunis  funera  respicuzs. 

yerbis  spatia  haec  quia  vita  indicatur  hnmana ,  intolerabiliter  gene- 
tivns  accedit.  cedant  ergo  dativo  uiuaci  senectae  sablata  littera 
dittographa ,  qui  ex  noto  loquendi  osu  adaequat  'tibi  seni  loiigaeTO% 
—  De  y.  216  quid  statuam  nescio  ^^^  cum  praesertim  Ellisii  adnotatio 
sit  obscurior ,  ut  optßre  liceat  fore  qui  inspecto  itemm  codice  accn- 
ratius  no8  edoceat,  quidnam  sibi  yoluerit  corrector.  sed  hoc  scio, 
y.  218  furcilla  esse  exigendum  ineptissimum  illud  mortis  reponen- 
dumque  sortis  idem  est^  h.  e.  eadem condicio.  —  Male  idem  Ellisiua 
y.  221  sq. 

eunHf  nisi^  dum  fruerisy  frucbu  tangere  firuendi , 
et  uUa  haec  uüae  uiwst  in  officio 
attemptayit  yocem  fiructu^  artificium  non  ita  obscurum  cum  adsit  in 
notione  tarn  fruendi  quam  viyendi  ter  posita.    colligabimufi  autem 
recto  eententiae  yinculo  haec  et  priora,  si  nee  ui^a  Aoec  restitueri- 
mus.«—  231 

sed  nos  decurso  primaeuo  flore  iuuentae. 
yoce  ex  y.  229  male  repetita  decurso  pessime  turbatur  imaginis  tenory 
qui  postulat  potius  decusso.  '  —  255  sq. 

feliXj  qui  licUum  finem  putat  esse  laborum, 
quodf  post  ne  timeat^  cauerat  ante  timens, 
hie  ne  Ellisius  quidem  inyenit  rationem  explicandi  traditum  licUum 
coniecitque  infeliciter  liquidum,  dixerat  modo  poeta  homines  pecca- 
torum  conscios  seram  mortem  utpote  poenas  differentem  habere  pro 
lucro,  perrexit  igitur  idem ,  ut  nobis  videtur ,  per  lusum  adamatom : 
felix^  qui  lucrum  finem  puiat  esse  lahorumy  h.  e.  yitae  miserias 
morte  finiri.  ceterum  cur  Ellisius  in  minore  versu  dederit  cauerit^ 
non  perspicio  {quod  valet  'propterea  quod').  —  261  constructioni 
refragatur 

quem  faciat  certis  bene  mens  sibi  conscia  causis, 
indicatiyi  cum  ubique  praecedant.   unde  yerum  erit  quem  facit  et 
certis,  traiecta  copula.  —  Poenas  apud  inferos  subeundas  dum  descri- 
bit  Orientius,  quattuor  partes  peocatorum  instituit,  quarum  duae 
primae  sie  sunt  redin tegrandae  (275  sq.): 

hos  tenebrae  iuges  caeca  su^  node  manebunt; 
his  lamentatum  lamna  seuera  däbit. 

male  traditur  his  lumen  tunc  flamma  s.  d.  ignis  cum  in  tertia  serie 
reorum  commemoretur ,  in  secunda  aliud  supplicium  locum  habere 
debet.  nee  dubito  quin  lamnam  candentem,  quam  dicit  Horatius,  recte 
intulerim;  lamentatum  nove  fictum  si  reformidas,  repone  lamentari. 


*'  V.  228  conieci  teneoque  praemaduUse  scyfo  sive  seypho  [dbo  codex], 
nam  neglecta  positio  in  vocabnlo  ^raecanico,  ot  mittam  Itcentias  poeta- 
mm  cbiistianorum,  nullam  habet  offensionem.  ^'  post  y.  8S4  distichon 
yidetar  interlapsum  esse.  —  239  recte  volgo  scribant  nee,  quod  artiaa 
cum  prioribus  cohaeret. 


EBaehrens:  ad  Orientiiuii«  395 

—  Consuetis  artificiis  usus  est  Ellisius  in  t.  285  sqq. ,  quibus  ut 
affnndain  lucem,  adscribam  verba  emendata: 

non  quod  nos^  istic:  terrena  in  nu>rte  perempHs 
excipiunt  unam  erimina  muUa  neoem  eqs. 
nimimm  faciendi  verbo,  ut  saepe,  omisso  prima  yerba  paulo  brevina 
sunt  dicta  (<«»  'non  quod  nos  facimus,  illic  faciunt').  iam  ea  qnae 
secuntar  separanda  sunt  necessario :  terreno  (285)  et  Ott  iBic  (291) 
sibi  respondent.  in  ipsa  autem  terreni  suppHeii  enarratione  neqae 
in  abesse  potest  (quod  nimirum  liberius  conlocatam  ex  more  noto 
cohaeret  cum  voce  peremptis)  neque  tempus  futorom  exc^pimt  stat 
utpote  in  re  ad  hanc  vitam  nostram  pertinente.  *^  —  297  sq. 

est  sua  periimsj  est  et  ma  poena  superbiSf 
atque  aUa  effusi  causa  cruoris  erü. 
baec  yerba  expediendi  rationem  nullam  video,  siqpidem  et  poma 
xnente  suppletum  ad  id  quod  est  oMa  snperflnam  reddit  yocem  ca/asa 
nee  haec  pro  subiecto  accepta  ooit  ullo  modo  cum  genetiro  (rectum 
erit:  atque  alia  poenae  causa  erit  effiisus  oruor).  capat  barum  tor- 
barum  recidendum  est  ita^  ut  simul  effusum  cruorem  colpam  habere 
intellegatur.  recordatur  lector  prudens  legem  Numae  si  qui  haminem 
liberum  dolo  sciens  marH  duU^pariädas  esto\  nee  pluraadferre  est 
opus,  sponte  iam  intellexisti,  esse  Orientii  aUa  (sc.  poena)  effM 
fr  au  de  cruoris  erU,  —  Traiectione  yersuum  ut  iam  olim  significayi 
opus  esse  in  loco  300  sqq.,  ita  nunc  adnoto  succurrendum  esse  paulo 
infra.  nam  siquid  yideo ,  transpositi  inter  se  pentametri  314  et  316 
ad  meliorem  intellectum  non  paulum  conferunt.  —  y.  319 

cU  parte  ex  alia  blandorum  uerba  priorum  eqs. 
nihil  profieit  unius  yocis  uerba  sanatio,  quandoquidem  cur  pii  audiant 
'blandi'  obscurum  est  quammaxime.  corrigimus  blando  rure,  erbe 
piorum :  be  in  m  ubi  abiit ,  metro  consultum  est  refingendo  uerba,  ^ 

—  357  sq. 

cunäaque  contento  ducetur  linea  tractu^ 
cum  fuerü  medius  progenitar  genüis. 
accurate  qui  totam  hanc  descriptionem  mortuorum  ad  budnam  dei 
in  iudicium  currentium  mente  perpenderit,  dubitare  non  potest  quin 
pro  cum  Orientius  scripserit  dum]  cf.  ex.  gr.  Yerg.  Aen.  I  265 J* 

—  373 


''  V.  294  foedum  inrepsit  Vitium  typotbetae  potidt  pro  patuit  ponentis. 
—  301,  ubi  codex  habet  linguam  in  comdtia  promptam^  removendam  erat 
mendum  ex  adsimilatione  ortum  reposito  promptus^  ut  indicaveram 
Ellisio,  qui  malait  vocem  Plautinam  nee  senani  idoneam  promptan» 
restituere.  ^^  v.  320  cum  Martenio  repono  qui  nee,  —  323  lumina  non 
intellego:  latetne  lumine?  —  829  codex  habet  sed  toto  et  pectore  cauH, 
Commirius  coniecit  ca«/t.  malim  lautt  —  3^2  täeiia  btcU  et  inftdi  corporis 
inlecebris  yideant  alii  num  vere  possint  explicare  vocem  secandam,  ego 
laudia  (i.  e.  gloriae  vanae)  malim.  —  835  conieci  sanctum  hoc  agmen 
omissa  ante  h  ex  more  poetarum  postremae  aetatis  synaloephe. 
^<  diBtichon  371  sq.  nondum  sanatum  est  videturque  ex  scriptura  codicis 
habantur  aliquid  reconditius  eliciendom  esse;  pro  tunc  conicio  nunc. 


396  EBaebrens:  ad  Orientdiim. 

ore  sacer,  cdsus  sölio,  terrore  uidendus. 
lege  omnino  uerendus."  —  383  sq. 

quae  uobis  gnarus  merUi  uUaeque  fiäurae 
dat  modo^  sed  dudum  donaparata  pater. 
gnarüs  est  deus  summus  non  vitae  futurae^  sed  ut  meritomm  ita 
vitae  pure  a  piis  peractae,  hoc  est  uüaeque  pudicae.  —  Oratio  dei 
ubi  y.  388  finita  est ,  breviter  poeta  in  artam  formulam  redigit  nor- 
mam,  secundum  quam  iudicium  fiet: 

et  tandem  ut  firme  maneanty  quaecumque  %ubenUi/r^ 
haec  erit  aetemi  farmüla  iudicU, 
et  tandem ,  quod  compendio  noto  exbibet  codex  in  hac  parte  unicus, 
recipiendum  erat  prae  volgata  lectione  et  tarnen,   deinde  quod  idem 
liber  praebet  ut  uere  maneant ,  dubito  num  uUam  admittat  ezpli- 
cationem  iustam.   ipsa  autem  formula  sie  incipit  (391): 

glaria  quae  iustum,  summota  morte  ienebit. 
nugis  qui  delectatur,  perlegatEllisii  adnot-ationem ;  sana  qoi  sequitor, 
mecum  reponet  quae  iusta  65^,  ut  sit  illud  tenehit  fere  idem  ac  ^se 
tenebit,  durabit,  non  peribit',  ut  in  Aetnae  y.  269.  —  398 

omnia  quae  scriptis  stmt  numerata  meis. 
ocius  emacula  memorata,  —  403  sqq.  stabunt  sententia  structura- 
que,  ita  si  scripseris: 

his  iUud  superest,  sine  quo  nihil  omnia  prosunt^ 
ut  Christus  cretus  depatre  cumquepatre^ 

Spiritus  et  sanctus  nüUo  discrimine  iunctus 
unum  consumment^  nomina  trina,  deum. 
codex  Christum  credas.  —  411  sq.  denique  lege  sis: 

quod  ne  me  primis  credas  iniungere  lahris 
teque  istud  tuto  dissimülare  putes 
pro  eo  quod  liber  praebet  neque, 

Appendicis  loco  addam  obseryatiunculam  ad  aliud  Carmen 
christianum  nuper  una  cum  Orientio  emissum  (CSEL.  XVI 265  sqq.), 
Paulini  Pellaei  Eucharisticon.  cuius  editor  Ouilelmus  Brandes  munere 
suo  et  prudentius  et  felicius  est  functus,  ut  paucis  locis  ab  eo  dissen- 
tiam.  nolo  nunc  profusius  aut  de  re  metrica  poetae  illins  adferre 
quae  nondum  ad  liquidum  mihi  perducta  yidentur,  aut  de  locis 
dubiis  disputare  (yeluti  de  y.  28,  ubi  tremulis  ülnis^  aut  de  y.  68,  ubi 
uckns  recolam,  aut  de  y.  61,  ubi  doärinam  exdre,  aut  de  y.  462,  ubi 
aut  pia  mens  repono) :  uno  de  loco  hie  agam  accuratiua.  y.  72  sqq. 
haec  Brandesius  tjpis  exprimenda  curavit: 

nee  sero  exacto  primi  mox  tempore  lustri 
dogmata  Socratus  et  bellica  plasmata  Homeri 
erroresque  legens  oognoscere  cogor  ülixis, 
re  yera  igitur  paryolum  puerulum  una  cum  Homeri  Yergiliique  leo» 
tione  philosophicis  studiis  incubuisse  dicemus?    equidem  bene 


^^  T.  S8t   Tix  iotegra  est  toz  laudem,    fortasse  lucem  (cf.  ad  332). 


EBaehrens:  za  Seneoa  und  Minudiis  Felix.  897 

gnarus  eins  confusionis,  qua  Isocrates  artis  rhetoricae  exemplar  haad 
raro  cum  ezemplari  philosophiae  Socrate  est  commatatus  a  librariia, 
ad  eondem  modum,  quo  et  in  Horatii  artis  poeticae  t.  310  commen- 
davi  (misc.  Grit«  p.  46) : 

rem  Ubi  Isocraticae  poterunt  asUndere  cartae 
et  apud  Petronium  c.  5  dudum  correzi : 

mox  et  Isocratico  plenu8  grege  mittat  habenas 
Über  et  ingentia  quatüU  Demos&iems  armaj 
ad  eundem  inquam  modum ,  dum  Paulinum  perlego ,  statim  in  mar- 
gine  adnotayi  dogmata  Isocratus.  deinde  cum  alius  rei  causa  ocnlos 
detorquerem  ad  imam  marginem,  obstupefactus  vidi  ez  ipso  codioe 
adnotari  *socratus  (i  erasa)  I  nihil  igitur  iam  restat  quam  ut  addam 
pauca  ad  prosodiam  attinentia.    et  I  quidem  non  solum  longam 
(Lucilius  EisQcratium) ,  sed  etiam,  ut  apud  Graecos,  brevem  fdsse 
docet  Bufinus  (GLE.  VI  p.  567)  et  uUam  insignem  lamknmu  leoeror 
tis  arte,  iam  quamquam  tertiae  productae  nunc  quidem  non  memiti 
me  reperire  ezemplum,  tamen  baec  est  eadem  licentia  atque  in  iUo 
Socrätes,  quam  itidem  sibi  Mazimianus  et  Sidonius  sumpsernnt. 
Oronu^oae.  AbmuiIVB  Babhbbhs. 

55. 

ZU  SENECA  UND  MINUCTOS  FELIX. 


Zu  Minucius  36, 5  aues  sine  patrimanio  uiuunt  et  in  diempaeeua 
pascuntur;  et  haec  nobis  tamen  nata  stmt^  gut  amnia^  si  non  con- 
cupiscmits,  possidemus  machte  ich  in  der  yorrede  meiner  ausgäbe 
(s.  IX)  die  bemerkung,  dasz  diese  sentenz  wohl  nicht  aus  biblischen 
reminiscenzen  geflossen  sei,  sondern  wahrscheinlich  aus  Seneca,  dem 
Minucius  manches  verdankt,  ich  finde  jetzt  die  bestätigung  dafOr 
in  den  aus  Senecas  schrift  de  remediis  fortmtoru/m  uns  bewahrt  ge- 
bliebenen excerpten  späterer  zeit,  die  nunmehr  in  einer  sehr  er- 
wünschten kritischen  bearbeitung  von  OBossbach  vorliegen  (Bres- 
lauer philol.  abh.  II  3  s.  97  ff.),  hier  liest  man  10,  1  ^pauper  sum*. 
nihü  deest  auüms,  pecora  in  diem  uiuunt^  feris  in  cMmmtum  soUtudo 
sua  sufficU.  die  Übereinstimmung  mit  Minucius  ist  deutlich,  wenn- 
gleich  gerade  das  Seneca  atmende  sine  patrimonio  fehlt,  wie  ich 
glaube ,  durch  die  schuld  des  ezcerptors.  aber  auch  für  die  kritik 
der  viel  behandelten  Minuciusstelle  wird  nunmehr  eine  feste  direcüve 
gewonnen.  Gelenius  behält  recht,  wenn  er  das  dem  folgenden  j9a5- 
cuntur  assimilierte  i>a^cua  inpecua  verbesserte;  recht  aber  behalten 
auch  diejenigen,  die  einen  bezug  für  das  in  der  luft  schwebende  haec 
suchten,  wenn  sie  auch  (wie  ich  selbst)  im  mittel  fehlgriflfen.  den 
gedanken  des  apologeten ,  für  den  die  vergleichung  von  Lactantius 
de  ira  13  u.  ä.  st.  nichts  fruchtet,  wird  man  wohl  mit  folgender  Ver- 
mutung treffen:  haec  et  nobis  alimenta  nata  stmt.  —  Ich  füge  noch 
eine  andere  parallele  hinzu.  Minucius  11,  4  (wo,  wie  ich  nachträg- 
lich sehe,  humiis  conterat  statt  contegat  zu  schreiben  ist)  hat  sein 


398       HNohl:  über  die  handschriften  von  Ciceros  Deiotariana. 

Vorbild  bei  Seneca  6^  2 ,  wo  freilich  wiederum  der  ezcerptor  vieles 
weggelassen  und  verdunkelt  hat ;  auf  Seneca  geht  dann  auch  die  aus 
Petronius  von  mir  angeführte  stelle  zurück. 

Für  die  empfangene  belehrung  will  ich  an  Senecas  schrift  meinen 
dank  abstatten  durch  mitteilung  einiger  Verbesserungen  dazu.  1,  3 
omnium,  quae  harremus,  ad  hanc  exütis  est  recta  [Mc($)pect(U  hss.], 
aliorum  per  circuUum.  —  2,  1  <ad>  htmc  conäicionem  [so  S].  — 
4,  1  numerus  annorumy  set  [et  hss.]  adulescentes  usw.  —  5,  2  &u- 
$tum  [istud  hss.]  non  sentienti  auperuacuum  est,  —  5,  4  interpun- 
giere  ich  sepuUura:  ut  corpara  .  .  atnouerentur  ^  <üias  terra  usw.  — 
am  schlusz  wohl  includü.  ita  ä  nostris  usw.  —  7,  2  non  de  me 
^sohy  locwntur^  sed  et  de  te,  —  16,  2  perdiderunt.  decus?  Quam 
muUae  inter  pröhra  matranalis  ordinis  esse  coeperunty  ante  [c(o)e- 
perant  hss.]  inter  exempla  numeratae,  num  [numeratarum  hss*]  de- 
lectabat  te  sedulitas  [fides  eius  hss.].^  hinsichtlich  decus  scheint  mir 
Bossbach  zu  irren.  —  16,  5  ista  diUy  cum  forma(re  %txorem  in  tuos 
mores  studebis,y  repugnahurU,  —  16,  6  non  cmus  auriculis  utrimque 
patrimonia  dependeant^  non  quam  hina  margarüa  suffocent.  die  hss. 
geben  bina  hinter  patrimonia^  wo  es  absurd  ist,  während  es  bei  mar- 
garüa zum  Verständnis  des  suffocare  beiträgt  (vgl.  lineas  ducLS  ex 
margarüis  Dig.  34,  2,  40  §  2).  Versetzungen  finden  sich  in  diesem 
texte  zuweilen;  so  war  1,  3  mit  Haase  zu  constituieren.  —  16,  6 
non  cui^AS  sarcinis  domus  sit  angusta  [non  hinter  domus  die  hss.].  — 
16,  7  hoc  unum  deest,  ut  iUam  lugeas  anno  [an  non  die  hss.;  vgl. 
Yatic.  fr.  §  321  lugendi  sunt  parentes  anno  usw.]. 

Groningen.  Emil  Babhrens. 


(20.) 

ÜBEB  DIE  HANDSCHBIFTEN  VON  CICEBOS  DEIOTABIANA. 


In  meiner  ausgäbe  der  rede  pro  rege  Deiotaro  habe  ich  folgen- 
den Stammbaum  der  hss.  aufgestellt: 


(X)  ß 

AC  BDES 


GBF 


da  CFWMüller  oben  s.  138  die  Schlüsse,  die  ich  aus  diesem  stemma 
in  der  Wochenschrift  für  class.  philol.  1887  sp.  1199  £f.  gezogen,  be- 
kämpft hat,  so  bin  ich  genötigt  meine  ansieht  hier  noch  einmal  kurz 
zu  wiederholen  und  zu  beweisen. 

I.  Ich  habe  behauptet,  a  und  A  gehören  derselben  familie 
an.    das  geht  hervor  1)  aus  den  zahlreichen  lesarten,  in  denen  sie 


HNohl:  über  die  handBchriften  Ton  Cüceros  DeiotariBna.       399 

übereinstimmend  das  richtige  bieten  (xb.  fOllen  sie  Ittcken  von  ß  ans 
§  3  ctim  verha  audieham'j  6  ei;  8  in;  24  ei,  eHamf  ad]  29  ei;  86  JD.); 
2)  noch  sicherer  aus  den  gemeinsamen  fehlem  (ab.  20  numquid  tr^ 
jpidaiio]  25  exapoliare]  dO  ei  zngesetat;  36  iusaiis  esset;  42  ea^uire 
na. ;  zuweilen  sieht  man  dasz  in  der  gemeinsamen  quelle  von  a  und 
A  etwas  in  Unordnung  war^  was  verschiedene  fehler  in  a  und  A  yer- 
anlaszte:  §  9  stand  statt  cu^m  amieiUae  in  z  wohl  durch  ditto- 
graphie  cuHpam  in  afmdtiae^  daraus  wurde  in  A  euipam  im  aimieituj^ 
in  a  cidpam  mimicüiae;  22  war  in  z  sen^ßer  ausgefalkn  und  nach- 
trttglich  zugesetzt,  daher  gibt  statt  semper  in  specuUs  fuisse  ainsp. 
fuisse  semper  j  A  in  spduncis  semper  fmsse  ua.).  diese  behauptung 
hat  Müller  nicht  angefochten. 

n.  Ich  habe  behauptet,  die  familie  irA  sei  besser  als /}. 
die  familie  aA,  dh.  die  aas  den  lesarten  Ton  a  und  A  zu  reoon- 
struierende  hs.  z,  nicht  etwa  a  allein  oder  A  allein,  denn  sowohl  <r 
wie  A  haben  auszer  den  fehlem  ihrer  gemeinsamen  quelle  noch  ihre 
eignen,  und  diese  möglichst  aus  dem  kritischen  apparat  zu  eliminieren 
ist  gerade  die  au%abe  der  kritik.  da  Halm  in  der  Zürcher  ausgäbe 
den  Ambrosianus  noch  nicht  kannte,  so  war  für  ihn  a  allein  yer- 
treter  der  einen  seite  der  Überlieferang;  durch  Baiters  coUation 
jener  hs.  (1863  im  Philol.  XX  s.  848  ff.  yeröffentlicht)  wurden  wir 
in  den  staoid  gesetzt  über  a  hinauf  zu  z  Torzudringen  und  zu  er- 
kennen,  welche  fehler  erst  dem  Schreiber  yon  a  zur  last  &Uen. 

Wie  finden  wir  nun  die  lesarten  von  z?  wenn  a  und  A  fiber- 
einstimmen, so  ist  die  sache  einfach:  aA  •»  z.  wie  aber,  wenn  a 
und  A  auseinandergehen?  dann  entscheidet  die  lesart  von  /3:  stimmt 
A  mit  ß  überein,  so  ist  anzunehmen  dasz  A  z  wiedergibt  und  der 
Schreiber  von  a  geirrt  hat;  dagegen  ist  die  lesart  von  A  ohne  ge- 
währ, wenn  a  mit  ß  stimmt.^ 

Wenn  wir  auf  diese  weise  die  lesarten  von  a  A  oder  z  ermittelt 
haben,  können  wir  dazu  übergehen  die  beiden  familien  mit  einander 
zu  vergleichen,  bei  dieser  vergleichung  sind  natürlich  die  stellen 
auszuscheiden,  wo  x  und  ß  übereinstimmend  das  richtige  haben,  und 
nur  diejenigen  dürfen  gezählt  werden,  wo  einerseits  z,  anderseits  ß 
allein  das  richtige  bewahrt  hat. 

Ich  habe  nun  1)  31  stellen  angeführt,  wo  Müller  selbst  die 
übereinstimmende  lesart  von  aA  gegenüber  der  von  ß  bevorzugt 
hat ;  s.  140  fügt  Müller  noch  drei  stellen  hinzu ,  die  ich  übersehen 
habe:  §  2  ei  fehlt  in  ^,  §  5  äiam  ß  fOn  d,  %  U  in  ea parte  ß  für  in 
eam  partem^-,  das  von  mir  aus  §  11  angeführte  quoad  für  quo  gehört 
unter  die  nun  folgenden  fölle,  wo  o  gegen  ßk  steht.  2)  5  (rich- 
tiger 6)  stellen,  wo  Müller  o  allein  gegen  ßk,  und  2,  wo  er  A  allein 
gegen  ocß  gefolgt  ist';  3)  11  stellen,  wo  mir  die  lesart  von  aA  aus 

^  wie  alle  regeln,  so  hat  aueh  diese  ihre  ausnahmen,   s.  anm.  8. 

'  dagegen  §  23  halte  ich  die  weglassnng  von  veteres  für  eine  will- 
kürliche änderung  von  cc;  im  archetjpus  stand  das  wort,  die  cormptel 
ist  noch   nicht  geheilt.  '  es  sind  dies   die  anm.  1   erwähnten  ans- 


400       HNohl:  über  die  handschriften  Ton  Ciceros  Deiotariana. 

innem  gründen  als  richtig  erweisbar  schien,  sehen  wir  Ton  den 
unter  2  und  3  angeführten  stellen  hier  ganz  ab ,  so  bleiben  33,  an 
denen  Müller  aA  als  besser  anerkannt  hat. 

Auf  der  andern  seile  habe  ich  18  stellen  aufgezShlt,  wo  meines 
erachtens  ß  allein  das  richtige  bewahrt  hat,  dh.  wo  aus  aA  her- 
vorgeht dasz  X  fehlerhaft  war.  übersehen  habe  ich  §  26  in  rege  ß 
richtig,  A  in  reges,  a  in  regem]  §  37  de  Deiotaro  ß,  de  fehlt  in  z; 
§29  Zusatz  von  fuÜ  in  AB.  im  ganzen  stehen  also  21  lesarten  von 
ß  den  33  von  aA  gegenüber;  die  gute  von  aA  und  ß  verhielte  sich 
demnach  wie  3  :  2. 

in.  Zur  bekämpfung  dieser  darlegung  führt  Müller  aus  den 
ersten  26  §§  der  rede  57  Varianten  an,  wo  ß  besser  ist  als  a 
allein,  und  glaubt  dadurch  die  Unrichtigkeit  meiner  rechnung  dar- 
zuthun.  merkwürdigerweise  hebt  er  es  sogar  als  eine  instanz  gegen 
meine  ansieht  hervor,  dasz  'A  an  diesen  57  stellen  fast  überall  mit 
ß  gegen  a  übereinstimmt',  eben  dies  beweist  ja,  dasz  ß  nicht  allein 
das  richtige  bewahrt  hat,  sondern  z  dieselbe  lesart  bot  und  dasz  erst 
der  Schreiber  von  a  die  fehler  hineingebracht  hat.  der  lesart  von  z 
können  wir  nur  mit  hilfe  von  A  auf  die  spur  kommen,  A  will  Müller 
aber  'bei  der  frage  nach  dem  werte  von  a  und  ß  möglichst  wenig 
berücksichtigen';  er  beraubt  sich  also  selbst  der  möglichkeit  mit 
hilfe  des  besten  Vertreters  der  familie  z  deren  wert  festzustellen. 

Demnach  ist  der  versuch  des  beweises,  dasz  ich  mich  'ganz 
schlimm  zu  meinen  gunsten  verrechnet  hätte',  nicht  gelungen^;  eine 
weitere  förderung  der  frage  ist  allein  von  einer  sorgfältigen  neu- 
vergleichang  von  A  zu  erwarten,  da  Müller  die  genauigkeit  der 
Baiterschen  collation  bezweifelt,  ist  diese  schlecht,  so  fllllt  mög- 
licherweise die  grundlage  meiner  rechnung;  ein  bloszer  zweifei  an 
der  genauigkeit  der  collation  kann  uns  aber  nicht  berechtigen  ein  so 
wertvolles  hilfsmittel  der  kritik  unberücksichtigt  zu  lassen. 


nahmefälle.  hier  ist  entweder  das  richtige  durch  conjector  gefunden 
worden  oder  derselbe  fehler  doppelt  begangen  oder,  was  am  wenigsten 
wahrscheinlich  ist,  das  falsche  aus  der  andern  classe  hineininterpoliert, 
conjectur  ist  wohl  §  15  der  zusatz  von  tantae  in  a  allein,  §  11  quoad 
für  quo ;  fehler  dagegen  wie  §  2  crudeÜs  CoMtor,  §  8  ad/Uctum^  §  13  vocatus, 
§  85  poiuUset  (nachdem  einmal  assequi  aus  a  se  qui  geworden  war), 
§  40  quonam  können  leicht  doppelt  entstanden  sein,  so  wie  §  26  regiae 
statt  rege^  magnafumum  statt  magni  animi  (s.  wochenschr.  sp.  1202),  §  11 
ceterortan  statt  certorwn  in  ESaA,  §  18  non  ut  oder  non  ut  ad  in  DB  aA 
statt  non  ady  wie  ausser  B£  auch  Col.  bietet,  §  19  rex  .  .  perfecta  re 
statt  re  .  .  perfecta  y  was  nur  BA  erhalten  haben. 

^  auf  die  vergleichnng  der  qnalität  der  fehler  gehe  ich  nicht  weiter 
ein,  auch  hier  hat  Müller  a  allein  im  äuge,  ich  meinte  aA.  an  einer 
stelle  geht  er  sogar  noch  weiter;  er  wirft  mir  vor  dasi  §  20  'von  der 
sehr  groben  interpolation  von  G,  tecttm  ire  statt  te  lautum  bei  mir  nichts 
zu  finden  sei',  so  hat  aber  nur  G;  RF  haben  sowie  A  und  ß  te  lautum 
(lotum)j  es  ist  also  nicht  einmal  ein  fehler  von  a,  geschweige  denn  von  x, 
dessen  erwfthnung  er  von  mir  erwartete. 

Berlin.  Hbbmahm  Nohl. 


FBölte:  die  quellen  von  Charisios  I  15  und  17«  401 

56. 

DIE  QUELLEN  VON  CHAEISIÜ8  I  15  UND  17. 

KRITISCHE  BEITRÄGE  ZUR  GESOHIOHTE  DER  RÖHIBOHBN  NATIONAL- 

GRAMMATIK. 


Es  ist  ein  ausdruck  begreiflicher  Ungeduld ,  wenn  neuerdings 
der  mangel  an  zusammenfassenden  arbeiten  fiber  die  geschichte  der 
römischen  nationalgrammatik  gertLgt  und  der  versuch  gemacht  wor- 
den ist  ein  bild  yon  der  entwicklung  dieser  litteratur  zu  geben;  allein 
bei  ruhiger  Überlegung  musz  man  sich  sagen,  dasz  dazu  in  der  that 
die  zeit  noch  nicht  gekommen  ist.  spttrlioh  genug  sind  noch  immer 
die  sichern  daten,  welche  uns  zu  geböte  stehen,  auf  so  sohwanker 
grundlage  kühne  hjpotheson  aufzubauen  ist  ebenso  leicht  wie  un- 
nütz, noch  auf  lange  hinaus  musz  es  die  aufgäbe  der  forschung 
sein,  durch  tiefdringende  quellenanaljsen  den  umfeuig  unserer  kennt- 
nisse  zu  erweitern,  man  glaube  nicht,  dasz  in  dieser  richtung  bereita 
genug  gethan  sei.  die  zwei  capitel  der  Charisischen  grammatik,  1 16 
und  17,  mit  welchen  sich  die  folgenden  erörterungen  besohttftigen 
sollen,  sind  der  gegenständ  vielfacher  Untersuchungen  gewesen,  und 
doch  schwankt  das  urteil  über  sie  in  der  leidigsten  weise  hin  und 
her.  denn  obwohl  das  richtige  in  den  wichtigsten  punkten  Ittngst 
gefunden  worden  ist,  so  ist  es  doch  vom  entdecker  nicht  in  genügen- 
der weise  festgehalten  oder  durchgeführt  und  von  den  nachfolgen! 
mit  den  falschen  consequenzen  zusammen  fortgeworfen,  hier  kam  es 
darauf  an  unter  heranziehung  aller  hilfsmittel  festzustellen,  was  die 
erhaltenen  quellen  über  ihre  Überlieferungsgeschichte  auszusagen 
vermögen,  auf  solcher  grundlage  wird  es  dann  möglich  sein  auch 
noch  einen  schritt  weiter  zu  gehen  und  einige  allgemeine  zusammen- 
hänge in  der  geschichte  dieser  Wissenschaft  aufzudecken. 

I.    DIE  QUELLEN  VON  CHARISIÜS  I  16.« 

Die  deutlichen  spuren  der  compilation,  welche  das  cap.  15  sehr 
im  gegensatz  zu  dem  gesamten  übrigen  werk  des  Charisius  zur  schau 
trägt ,  konnten  niemand  verborgen  bleiben,  einen  versuch  die  ver- 
schiedenen bestandteile  zu  sondern  hat,  abgesehen  von  Schottmüllers 
hinweis  auf  das  Vorhandensein  Palaemonischer  abschnitte,  nur  Mo- 
rawski  gemacht,   in  6inem  punkte  förderte  er  die  forschung,  inso- 

1  Keil  GL.  I  8.  XL VII;  Schottmüller  de  C.  Plini  Secandi  libris  gramm. 
(Bonn  1858)  s.  20  ff.;  Christ  im  Philol.  XVIII  s.  122  ff.;  Morawski  im 
Hermes  XI  s.  339  ff. ;  Neumann  de  Plinil  dabii  sermonis  libris  Charisii  et 
Prisciani  fontibus  (Kiel  1881)  s.  6  ff.  —  Dieser  anfsatz  war  bereits  nieder- 
geschrieben, als  die  diss.  von  CMarschall  de  Q.  Remmii  Palaemonis  libris 
gramm.  (Leipzig  1887)  erschien,  der  vf.  behandelt  8. 48 — 68  anser  capitel. 
dasz  eine  berücksicl^tigang  oder  bekämpfung  dieser  arbeit  unmöglich  ist, 
wird  jeder  zugeben,  der  auch  nur  einen  blick  in  sie  geworfen  hat.  fftr 
andere  genüge  die  notiz,  dasz  Marschall  das  ganze  cap.  15,  ausgenom- 
men nur  die  citate  aus  Romanas,  dem  Remmias  vindiciert« 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft«  5  u.  6.  26 


403  FBölte:  die  quellen  von  Charisius  I  15  and  17. 

fem  er  erkannte ,  dasz  im  anfange  des  capitels  reste  einer  dritten 
queUe  erhalten  sind ;  aber  er  begieng  den  methodischen  fehler ,  dasz 
er  den  sichern  boden,  auf  dem  er  seine  beobachtung  gegründet  hatte, 
sofort  wieder  Verliesz  und  ohbe  irgend  welche  grübde  den  ganzen 
anfang  des  cap.  s.  51 — 63  6iner  quelle  zuwies,  ein  fehler  der  denn 
auch  noch  andere  nach  sich  zog,  bo  dasz  schlieszlich  alle  resultate 
falsch  werden  musten. 

1*  Ein  fundament  für  die  quellenkritik  kann  weder  die  einlei- 
tung  bilden  noch  die  dispositionen  (s.  51,  18 — 23),  da  es  durchaas 
unsicher  ist,  mit  welchen  bestandteilen  des  capitels  sie  zu  verbinden 
sind,  auszugehen  ist  von  der  behandlung  der  nomina  auf  Ä  s.  51,  26 
— 52, 5.  in  diesem  abschnitt  beobachten  wir  eine  durchaus  constante 
und  ganz  singulare  sprachliche  ausdrucksweise,  wie  sie  sich  nur  noch 
bei  der  erörterung  über  die  endungen  E  und  I  findet,  im  übrigen 
aber  diesem  capitel  fremd  ist.  die  entscheidenden  merkmale  sind, 
wie  Morawski  feststellte,  folgende,  erstens  die  formulierung:  (quae) 
in  —  {meram)  ueniunt-y  so  s.  51,  26.  31.  52,  2.  53,  19.  23.  27. 
68, 26.  [59, 15.]  62, 28.'  ein  zweites  characteristicum  ist  die  genaue 
zahlangabe :  wascuUna  quae  in  a  Utterann  uenitmt  sedecimphis  mimis 
sunt;  so  s.  51,  26.  31.  52,  2.  53,  19.  23.  27  (nuUa).  58,  26.  62,  28 
(nuUa  und  tmum).  29  (unufn).'  dem  fQge  ich  femer  die  beobachtung 
hinzu,  dasz  in  diesen  abschnitten  constant  drei  beispiele  angeführt 
werden,  wie  es  s.  51,  27  heiset:  ex  quibiis  exempli  causa  iria  interim 
panemus^  so  51,  27.  31.  52,  3.  53,  20.  28.  [53,  29  fehlt  Eriphyle.] 
58,  26.  59, 1.  2.  3.  {59, 6  ff.  vier  beispiele.]  62, 35.  auf  die  beobach- 
tung dieser  eigentümlichkeiten  gestützt  sondern  wir  die  abschnitte 
B.  51, 26— 52, 5.  53,19—26.  27—29.  58,26— 59,  IL  62,28-63,3 
ton  dem  übrigen  capitel  ab  und  führen  sie  auf  eine  besondere  quelle 
zurück. 

unter  den  endungen  Ä  und  E  findet  8ick  eine  reihe  von  einzel- 
fragen, welche  gleichfalls  in  constanter  und  eigenartiger  weise  for- 
muliert sind,  das  übrige  capitel  bietet  nichts  >Kras  i^ben  analog  wäre. 
8.  55,  21  lesen  wir:  amforum  an  amforarum  dicendum  sU  quaeritur] 
dieselbe  ausdrucksweise  kehrt  wieder  s.  56,  8.  57,  4.  8.  16.  23.  27. 
B8,  10.  61,  1.  15.  wir  fassen  also  auch  diese  abschnitte  zusammen 
und  weisen  sie  6inem  auctor  zu. 

Dasz  nun  diese  einzelfragen  demselben  Verfasser  angehören  wie 
die  vorhin  besprochenen  extremitaies^  dafür  spricht  zunächst  der  um- 
stand ,  dasz  sie  nur  so  weit  vorkommen  wie  aie  letztern.  man  kann 
es  femer  als  wahrscheinlich  bezeichnen  —  der  beweis  wird  ant^  er- 
bracht werden  —  dasz  die  beiden  offenbar  zusammengehörigen  (vgl. 
z.  18—19  und  z.  25)  dispositionen  (s.  51,  18—25),  welche  der  extre- 


'  danach  wird  %nan  Rnnehmen,  dasz  in  den  absehnitt «.  62,  Bd-'^S,  8 
nrsprünglich  z.  28  neutrale  nnum  <tR  t>  ventY  und  i.  29  uumi  in  i  uenit 
(Charisins:  unum  inuenieg)  stand.  "  nur  b.  68,  27  bei  den  griecbisoben 
eigennamen  nnd  b.  68,  1 — 2  bei  den  appellativea  «nd  adjeetiren  aef  e 
findet  sich  toHa, 


FBölte:  die  quellen  von  duKrisiiu  1 16  und  17.  408 

mH(is  A  voraufgehen,  derselben  qaatte  entnommen  and  wie  diese, 
nach  der  dort  (s.  51,  28 — 25)  l&r  das  eapitel  ttber  die  nomma  ge- 
gebenen disposition  erwarten  wir  tmter  jeder  extnmUas  die  behand* 
long  von  einzelfragen,  wir  finden  nun  nnter  den  bis  jetzt  beepro* 
ebenen  extremücUes  und  in  engster  Verbindung  mit  ihnen  solclie 
einzelfiragen ;  dem  ausdruck  quaestio  entspricht  hier  das  stete  gwae- 
rüwr'^  alles  dies  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dasz  beiAe  reihen  von 
demselben  grammatiker  (herrühren,  der  lieweis  Iftsst -sich '«her  oooh 
stringenter  führen,  in  der  quaestio  s.  61,  1-^5  wird  dem  abktiv 
ntare  der  vorzug  gegeben  gemttsz  der  regele  dasz  alle  nomina  auf  e» 
ausgenommen  die  fadiciaj  im  ablativ  auf  e  endigen,  der  terminal 
nomina  facticia  kommt  in  dem  ganzen  oapitel,  ja,  soweit  mir  bekamt^ 
überhaupt  nii^nds  vor  als  hier  und  s«  56,  26—59, 11,  einabsehnitt 
welchen  wir  oben  für  unsere  quelle  in  anspruch  nahmen,  ion  diesem 
werden  die  neutra  auf  e  geschieden  in  propria^  iJ^pptUalmfa  und  fadidm, 
der  Zusammenhang  zwischen  der  quaesHo  und  der  exiremUas  ist  evi^ 
dent;  und  damit  ist  der  beweis  geliefert,  dasz  beide  reihen,  derescfre* 
miiates  wie  der  quaestionea^  derselben  quelle  angehdren.^  ich  will 
der  kürze  halber  den  Verfasser  dieser  quelle  als  anonymus  de  JMi» 
nitate  bezeichnen.^ 

Die  darstellung.,  weldie  der  anonymus  de  LaHmtate  i^oci  der 
esctremitas  Ä  gibt,  ist  bei  Chariains  in  zwei  stücke  auseinandeirge- 
rissen:  die  fnctscuÜna  femmina  neutra  werden  8.51,  26 — 52,  i5,idi6 
communia  duorum  et  trium  generum  s.  53^  19 — 24  behandelt.^  daaz 
diese  stücke  ursprünglich  zusammenstanden,  bedarf  keines  naoh- 
weises,  und  damit  wird  zugleich  die  Vermutung  nahegelegt,  dasz  der 
abschnitt  s.  52,  6 — 53, 12,  welcher  zwischen  sie  geschoben  ist,  einer 
andern  quelle  entstammt,  dasz  dieser  verdacht  berechtigt  war,  da- 
rüber kann  ein  auch  nur  etwas  genaueres  zusehen  keinen  zweifei  be- 
stehen lassen,  die  anfangs worte  beweisen  deutlich,  dasz  hier  eine 
neue  bebandlung  der  endung  A  beginnt,  dieselben  punkte,  welche 
s.  51,  26 — 52,  5  und  s.  53, 19 — 24  erörtert  sind,  kommen  hier  noch 
einmal  zur  spräche:  die  communia  s.  52,  8  und  53,  19,  die  neutra 


^  auch  die  bdispiele,  welche  8.  61,  1 — 5  angeführt  werden,  stimmen 
mit  denen  von  s.  58,  26 — 59,  11  iibereiii.  hierbei  tritt  uns  nun  die 
höchst  auffällige  erscheinang  entgegen,  daez  s.  68,  2ß  als  nomina  pro» 
pria  auf  e  rete  Soracte  caepe  genannt  werden;  Seil  emendieete  Beate 
Soracte  Caere,  rete  tritt  aber  anch  s.  69,  6  und  61,  3,  caepe  8.  59,  6  mi£; 
wir  haben  es  also  mit  einer  durchgehenden  corrnptel.za  thun,  welche 
doch  wohl  sicher  über  Oharisius  hinaufreicht,  wafartoheinlioh  ward  an- 
nächst  die  erste  stelle  beim  abschreiben  verderbt,  nnd  ein  grammatiker 
brachte  dann  die  übrigen  damit  in  übereinstinimiiiig.  «uf  denselben 
werden  wir  es  Kurückführen  dürfen,  wenn  wir  s.  69,  6  tf«  und  s.  61,  8  ff. 
{ancile  kommt  s.  59, 1  nicht  vor)  vier  beifl^iele  finden,  denn  im  übrigen 
werden  auch  in  den  quaeiiiones  stete  drei  beispiele  angeführt:  s.  56,  2. 
57,  11.  13.  19.  20,  61,  21.  ^  über  die  berechtigung  dieeer  beseiehnanif 
B.  den  suhlusz  der  abhandlnng.  ^  die  erwäbnnng  der  neutra  s.  5&,  21-h2S 
beruht  auf  Interpolation:  dasselbe  war  schon  «.'62,  3— 5  gesagt,  «hense 
halte  ich  s.  53,  25 — 26  für  einen  znsatz. 

26  • 


404 


FBölte :  die  quellen  von  Cbarisius  I  15  und  17. 


8.  52,  21  ff.  und  52,  2  ff.  wenn  nun  noch  sprachliche  beobachtungen 
das  resultat  bestätigen^,  so  möchte  das  des  beweises  genug  erscheinen, 
und  in  der  that  würde  ich  darauf  verzichten  noch  mehr  gründe  an- 
zuhäufen ,  wenn  ich  mir  nicht  damit  den  weg  zu  weitem  resultaten 
bahnte. 

Beachtet  man ,  wie  s.  52,  6  ff.  zunächst  die  genera ,  welche  für 
die  endung  Ä  in  betracht  kommen,  aufgezählt  werden :  mo^c,  /emtfi., 
neutraplur.,  neuira  sing.^  wie  dann,  nicht  mehr  zur  aufzählung  sondern 
bereits  zur  erörterung  gehörig,  die  cammunia  (52^  8)  mit  beispielen 
folgen,  s.  52, 14  die  neutraplur,  mit  beispielen,  ebenso  s.  51,  21  die 
neutra  sing.,  so  wird  man  schlieszen,  dasz  ursprünglich  auch  die 
masc.  und  femin,  in  derselben  weise  erst  in  der  aufzählung  genannt 
und  dann  mit  einigen  beispielen  belegt  waren,  die  entsprechenden 
Sätze  müssen  nach  s.  53,  2  peregrina  stMt  ausgefallen  sein,  daran 
würden  die  communia  sich  sehr  gut  anschlieszen ,  und  es  bedürfte 
keiner  weitern  erklärung ,  warum  sie  nicht  auch  in  der  aufzählung 
genannt  sind. 

Diesen  rückschlusz  auf  eine  ältere  gestalt  der  yorliegenden  aus- 
einandersetzung,  welche  wir  durch  analjse  des  Charisischen  textes 
gewannen ,  können  wir  durch  äuszere  beweise  sichern. 

Für  den  gröszem  teil  des  vorliegenden  abschnitts  (s.  52, 6—53, 6) 
steht  uns  noch  eine  zweite  Überlieferung  zu  geböte,  das  sog.  fragmen- 
tum  Donatiani  '^  OL.  VI  s.  276,  10  ff.  der  anfang  lautet  dort  fol- 
gendermaszen  (zur  bequemem  yergleichung  setze  ich  Charisius  da- 
neben) : 


Charisius : 

et  ut  breuius  dicamuSy 
a  litter a  finiunturBomananomina 
masctüina  et  feminina.  sunt  et 
neutralia^  sed  in  muUiiudiney  hoc 
est plurali  numero;  singularia 
peregrina  sunt. 


Donatianus : 

a  littera  finiuntur  Bomana  nomina 
et  masculina  et  feminina  et  neu- 
tralia^  sed  in  multitudinCy  hoc  est 
pluraliter:  singularia  enim 
peregrina  sunt  neutra.  mascu- 


^  der  sprachliche  ausdruck  von  s.  52,  6 — 53,  12  bietet  darcbaus 
nichts,  wodurch  man  veranlasst  werden  könnte  diesen  abschnitt  dem 
anonymus  de  Latiniiate  zasnweisen.  ich  will  nur  auf  den  gebrauch  der 
vergleichnngspartikeln  kurz  hinweisen,  der  anon.  de  Latin,  hat  6  mal 
iamquam:  51,  29.  (56,  2.)  57,  19.  20.  61,  21.  62,  31.  37  —  5mal  guetmad- 
modum:  57,  12.  13.  14.  58,  8.  61,  20  —  3mal  uelut:  52,  3.  53,  20.  29. 
(56,  10)  —  2 mal  neut:  62,  35.  37  —  2 mal  ut:  61,  18  (bis),  dem  gegen- 
über finden  wir  s.  52,  6—53,  12  und  in  den  entsprechenden  partien  bei 
Donatianus  (worüber  sogleich)  7  mal  ui:  Donat.  276,  12  (der  sats  fehlt 
bei  Char.).  276,  18  *  52,  14.  276,  23  (=  52,  19  uelut).  276,  26  *  52,  22. 
277,  3  *  52,  28.  277,  6  —  53,  4.  53,  9  (der  satz  fehlt  bei  Don.)  und 
Einmal  uelut:  52,  19.  es  sei  hier  gleich  hinzugefügt,  dasi  bei  Char. 
8.  53,  30—54,  6  und  dem  entsprechend  bei  Donatianus  2  mal  ut  und 
Imal  uelut  sich  findet,  femer  bei  Char.  s.  54,  6 — 55,  20  7 mal  ut  und 
Imal  ueluti,  ^  über  dies  interessante  bruchstück  und  sein  Verhältnis 
zu  Charisius  werde  ich  im  verlauf  zu  sprechen  haben. 


FBölte :  die  quellen  yon  CharisiaB  I  16  und  17. 


405 


lina^    ut    Catilina   Pansa; 

femininaj  ut  amicitia  aua" 
item  communia  ex  mascuHno  ritia;  oommmiia  et  mascuUno 
et  femininOf  ut  adsect^la  conuiua.  et  femimno^  ui  adsecla  canmua 

ehria:  ^cammd}  feminino 
Fomponius  asw.  Fomponim  usw. 

hier  haben  wir  jene  Sätze,  welche  wir  bei  Charisius  vermiszten. 
dürfen  wir  also  nun  als  feststehend  annehmen,  dasz  sie  einmal  an 
dieser  stelle  gestanden  haben,  so  ist  damit  der  annähme,  dasz  s.  51, 26 
— 52,  5  und  s.  52,  6  ff.  6inem  Verfasser  angehörten,  ein  weiterer 
stosz  versetzt,  beide  erörterungen  sind  vielmehr  durchaus  selbstän- 
dig,  also  auf  zwei  quellen  zu  verteilen.*  mit  dem  behandelten  ab- 
schnitt (s.  52,  6 — 53,  6)  hängt  das  stück  s.  53,  6 — 12  so  eng  zu- 
sammen ,  dasz  es  von  ihm  nicht  getrennt  werden  kann. 

Ebenso  wenig  kann  man  s.  53,  30—54,  6  dem  anon.  de  Laün. 
zuschreiben,  dasz  der  partikelgebrauch  einer  solchen  annähme  wider- 
streitet ^  ward  oben  anm.  7  gesagt,  dieser  spricht  vielmehr  dafür, 
unsem  abschnitt  dem  Verfasser  von  s.  52,  6 — 53, 12  zu  vindicieren« 
zu  demselben  resultat  führt  auch  folgende  erwägung.  die  vorliegende 
erörterung  bietet  wieder  auch  das  fr.  Donat.  s.  277,  9 — 15.  ist  nun 
Donatianus  von  Charisius  nicht  abhängig  und  finden  wir  bei  beiden 
diese  zwei  abschnitte  zusammen,  so  ist  es  mehr  als  wahrscheinlich, 
dasz  beide  sie  einer  und  derselben  quelle  verdanken. 

Es  folgt  s.  54,  6 — 55,  20  ein  abschnitt,  in  welchem  aus  dem 
abl.  sing,  erstens  gen.  dat.  abl.  plur.  (s.  54,  7 — 28),  zweitens  der 
gen.  sing.  (s.  54,  28 — 55, 18),  drittens  der  acc.  plur.  (s.  55, 18 — 20) 
abgeleitet  werden :  die  vollständigste  darstellung  dieses  gegenstän- 
des, der  wir  bei  den  grammatikem  begegnen,  dasz  diese  erörterung 
mit  dem  anon.  de  Latin,  nichts  zu  thun  hat,  ist  offenbar,  es  wird 
unten  bewiesen  werden ,  dasz  sie  derselben  zweiten  quelle  entnom- 
men ist,  welcher  auch  die  zwei  zuletzt  besprochenen  expositionen 
entstammen. 

In  ähnlicher  weise  wie  die  extremiias  A  ist  auch  die  eoct^evmtas  E 
auseinandergerissen,    ursprünglich  musz  s.  53,  27 — 29  unmittelbar 

^  dies  resnltat  bleibt  durchaus  unangetastet,  mag  man  nun  mit  Keil 
(VI  8.  254)  annehmen,  dasz  das  fr.  Donat.  aus  Charisius  abgeschrieben 
ist,  oder,  wie  ich,  der  ansieht  sein,  dasz  beide  auf  dieselbe  quelle  zurück- 
gehen, im  erstem  falle  musz  man  dann  natürlich  voraussetzen,  dasz 
Donatianus  ein  besseres  exemplar  des  Charisius  benutzte,  in  dem  jene 
Worte  standen,  während  sie  in  uuserer  Überlieferung  durch  naohlässig- 
keit  der  abschreiber  ausgefallen  wären,  wir  werden  nun  später  sehen, 
dasz  Donatianus  nicht  von  Charisius  abhängt,  ist  damit  der  annähme, 
dasz  jene  worte  je  bei  Charisius  gestanden  haben,  der  boden  entzogen, 
80  gewinnen  wir  folgendes  resultat:  jene  worte  standen  in  der  ursprüng- 
lichen quelle,  sie  fehlen  bei  Charisius  und  zwar  von  anfang  an;  dann 
sind  sie  absichtlich  ausgelassen  und  zwar  bei  der  gelegenheit,  als  man 
die  beiden  quellen  zusammenarbeitete,  um  die  Wiederholung  etwas  zu 
mildern,  freilich  eine  schwächliche  abhilfe.  diese  contamination  liegt 
sicher  vor  Charisius. 


406  FBölte:  die  quellen  von  ChariBius  I  15  und  17. 

Tor  s.  58,  26  gestanden  haben ;  die  trennung  ist  ohne  jede  änderung 
rein  äuszerlich  geschehen,  s.  59,  15—60,  1  documentiert  sich  als 
nachträgliche  einfügung,  heryorgerufen  durch  das  bedUrfhis  die 
endung  JE?  an  ihrer  stelle  vollständig  abzuhandeis.  der  abschnitt 
a.  62,  20 — 27  gehört,  wie  der  sprachliche  ausdruck  deutlich  zeigt, 
einem  andern  auctor  an.  schlieszlich  sei  dann  noch  ausgesprochen, 
was  ja  an  sich  selbstverständlich  ist,  dasz  auch  s.  60,  1 — 18  nicht 
aus  dem  anon.  de  Latin,  stammen  kann,  die  regeln  über  die  bil- 
dung  des  ablativs  s.  59,  4 — 9  und  s.  60,  3  ff.  stehen  in  diametralem 
gegensatz.  dieser  abschnitt  läszt  sich  keiner  der  drei  quellen  zu- 
weisen ,  aus  denen  unser  capitel  compilicrt  ist.  ^^  er  gehört  zu  den 
einschiebsein,  die  im  verlauf  seiner  langen  sondertmdition  nach  und 
nach  eingefügt  wurden. 

2.  Dasz  in  dem  cap.  15  Palaemon  benutzt  worden  ist,  hat 
bereits  Schottmüller  erkannt  (ao.  s.  20),  der  sich  dabei  einmal  auf 
den  gebrauch  von  uelut  und  zweitens  auf  die  Übereinstimmung  mit 
cap.  10  und  14  beruft,  sodann  hat  Morawski  (Hermes  XI  s.  347  ff.) 
den  versuch  gemacht  im  einzelnen  zu  bestimmen ,  welche  abschnitte 
diesem  grammatiker  gehören,  seine  resultate  bedürfen  jedoch  sehr 
der  correctur. " 


^^  dasz  er  zu  der  zweiten  hauptquelle  nicht  gehört,  ergibt  die  ver- 
gleichung  von  s.  60,  10 — 11  mit  s.  73,  15—16.  durch  diese  vergleichung 
ersieht  man  auch,  wie  schlecht  die  tradition  ist,  welcher  diese  partie 
entstammt,  am  auffälligsten  ist  die  ausdeutung  der  regula  neuirorum 
8.  60,  4  ff.,  dasz  omnia  neutra  triptola^  non  tetrapioia  sein  sollen,  was 
man  nicht  anders  verstehen  kann  als  dasz  vier  casus  nicht  lautlich 
identisch  sein  dürfen,  die  regula  neutrorum  auch  sonst:  [Palaemon] 
V  8.  634,  86  ff.  —  s.  536,  41  —  August.  V  s.  600,  21  —  aber  die  he- 
zeichnung  iriptoton  für  ein  nomen,  welches  drei  lautlich  identische 
casus  bildet,  ist  ein  unicum.  *'  bei  den  folgenden  erörterungen  wird 
sich  der  misstand  ergeben,  dasz  ich  für  die  berechtigung  der  von  mir 
geübten  kritik  den  nachweis  schuldig  bleiben  musz.  das  liest  sich  nicht 
vermeiden,  denn  die  begründung  der  von  mir  befolgten  methode  kann 
ich  nur  im  Zusammenhang  einer  Untersuchung,  welche  die  gesamte  frage 
nach  der  reconstruction  der  Palaemonischen  grammatik  umfaazt,  ent- 
wickeln, anderseits  auf  die  ausscheidung  der  Palaemon ischeu  bestand- 
teile  in  diesem  capitel  zu  verzichten  war  durchaus  unthunlich.  im  all- 
gemeinen sei  so  viel  bemerkt,  dasa  ich  mich,  wie  natürlich,  haaptzäch- 
lich  auf  die  bekannten  sprachlichen  indicien  und  betonders  auf  die 
Übereinstimmung  mit  dem  anonymus  Bobieusif  stütze,  es  wird  sich 
aber  ergeben,  und  wir  werden  davon  eclatante  beispiele  finden,  das« 
eine  ganze  anzahl  von  abschnitten  alle  jene  sprachlichen  eigentümlich- 
keiten  besitzt  und  doch  nicht  Palaemonischen  Ursprungs  sein  kann,  ez 
genügt  eben  nicht  rein  äuszerlich  auf  die  sprachlichen  eigenhciten  zu 
seheu,  sondern  man  musz  auch  auf  die  gedankenentwicklung  und  dis- 
position  und  auf  die  grammatische  lehre  achten,  der  grund  für  jene 
Huf  den  ersten  blick  befremdende  erscheinung  li«g^  darin,  dasz  eine 
ganze  anzahl  von  grammatikcm  sich  möglichst  eng  an  den  Wortlaut  dez 
Palaemonischen  buches  angeschlossen,  die  darstellung  und  die  lehre  aber 
oft  nicht  unwesentlich  verändert  hat.  einem  solchen  grammatiker  ge- 
hört zb.  die  gröszere  hälfte  von  cap.  14. 


FBölte:  die  quellen  you  Cfaariiiaii  1 1»  and  17.  40T 

Über  die  nomina  aaf  0  kabe«  wir  zwei  evörlerongOD :  s«  68, 8—30 
und  s.  63,  31 — 64,  20,  welohe  bei4o  im  sich  dorohaoB  sttauBiiii»« 
bangen.  ^^  im  wegantlichen  dieselbe  ditpositios  mB  in  dena  letztem 
»bacbmitt  finden  wir  bei  dem  anen.  9ob.  b.  &84,  4-r84  wiedear  (t/bar. 
8.  29,  25 -r-^  ist  gttnzlifih  y«r6tftnMBaltX  und  «enn  auek  bei  dieaem 
maneb^a  anders  geordnet  iit,  so  ist  doob  die  ttbepettstimmnng  eine 
so  YoUkommene,  dasz  an  der  identität  des  unpnings  nidit  gezweifott 
werden  kann,  wir  wevden  also  keinen  anstand  nebmen  dieses  ahr 
scbaitt  Palaemon  zu  vindieieren.  ^  dase  die  dispaaitioB  in  aip.  16 
nicbt  willkürlich  geändert  ist,  bawe^t  die  übereinatimmong  mit  fio« 
manaa  s.  116,  9-^12,  dar  offenbar  den  Remmiiis  exoinpiert  hat. 
dann  kann  s.  6B^  B-^30  nicht  a«f  Palaeman  zurttdEgehen ,  wiß  Mor 
rawaki  (s.  347)  wollte:  denn  w^  soUen  wir  ans  die  zweim^iga  bat 
handlang  desselben  gegenständes  naek  zwei  Toraohiedsneii  dispoait 
tionen  erklären?  -r—  a.  64,  21^Tr97  wesrdsR  die  grieehischen  eigen- 
namen  auf  -ujv  behandelt;  auch  diese  exdrtermng  hat  dorchans 
Palaemoniscben  Charakter  und  ist  Palaemon  aach  von  Marawski 
zugewiesen,  nur  dasz  Palaemon  die  griechisehe  deoHnatiom  hai- 
behielt (vgl.  Char.  s.  30,  2^3.  anon.  Bob.  s.  d43,  26r-i-27),  wie  das 
auch  hier  gelehrt  wird,  also  formen  wie  ßkna  nicht  anerkannte,  nntav 
die  endung  0  kann  dieser  abschnitt  also  erst  von  einem  spfttem  gvsni« 
matiker  gestellt  sein. 

In  der  bebandlung  der  endung  Fs.  6&,  29-^6^  10  will  Momwski 
8.  65, 29 — 30  rf»  66, 5^—11  dem  Palaemon  zuweisen,  das  dazwischen 
stehende  einer  andern  quelle,  diese  Scheidung  kann  man  maehen, 
aber  geboten  ist  sie  nicht,  abgesehen  davon  ist  aber  Palaemon 
aus  sprachlichen  gründen  ausgeschlossen ;  diese  machen  es  vielmehr 
zweifellos,  dasz  die  ganze  erdrterung  6iner  quelle  angehört.'^ 


1'  ich  gebe  kurz  die  dispositionell  an.  erstens  s.  63,  8 — 30:  I.  latein^ 
Worte,  nominat.  auf  ^  s.  8 — 17;  1]  gen.  -Önis  z.  9 — 11;  2)  g«n.  -init 
z.  12 — 14;  3)  unregelmäszig  coro  Anio  z.  H — 17.  XL  griech.  wöfter,  nom. 
auf  0  z.  17—30;  1)  einige  auctoren  behalten  die  grißch.  declipiation  bei 
z.  18 — 19;  2)  andere  folgen  der  analogie  der  latein.  Wörter  z.  19 — 25; 
3)  Yerg.  bildet  den  acc.  auf  o,  —  Wenn  also  Morawski  (s.  843  f.)  s.  68, 
17 — 25  einer  andern  quelle  zuweisen  wollte,  to  war  das  sehr  verkehrt, 
er  stützt  B)ch  dabei  auf  das  vorkommen  von  peregrinus  z.  %ly  das  aber 
in  der  tbat  für  die  von  Morawski  im  anfange  des  capitels  naphgewies^V^ 
quelle  nicht  charakteristisch  ist:  denn  s.  62,  8.  22.  66,  13.  19  gehen 
nicht  auf  diese  zurück,  ein  einschnitt  läazt  sich  hier  nirgeade  machen. 
—  Zweitens  s.  63,  31 — 64,  20:  I.  nom.  propria,  g^n.  -onö,  aai&ahmea 
Apollo  Karthago  63,  31-^^-64,  3.  II.  nom.  appellativa,  gen.  teils  -ontf, 
teils  'inis  64,  3 — 10.  III.  ausnahmen:  1)  octo  pondo  duo  ambe  z.  10*^14; 
2)  coro  Anio  z.  14  -|~  8;  3)  griech.  eigennamen  auf  d  werdea  griechiaeh 
decliniert.  —  Übrigens  kann  es  keinem  zweifei  unterliegen,  dasz  diaser 
abschnitt  böse  entstellt  ist,  besonders  dadurch  dasz  oer  versaGh  ger 
macht  ist  ihn  mit  dem  yoraufgehenden  in  beziehnng  zu  bringen,  'daher 
die  vielen   Verweisungen.  '*  6  mal  efferre^  nie  proferre;  4  mal  ti«te#, 

daneben  5  mal  ut.     auch  dies  Verhältnis  spridit  für  Überarbeitung. 
^*  singularitaa  und  pluraliias  sind  Palaemon  fremd,  finden  sich  in  cap.  11^ 
noch  mehrfach,     vgl.  die  Zusammenstellung  weiter  unten. 


408  FBölte:  die  quellen  von  Cbarisius  I  16  und  17. 

Die  extremUas  As  s.  66,  22 — 67,  3  ist  von  Morawski  mit  recht 
als  Palaemonisch  bezeichnet  (vgl.  unten  anm.  24). 

Gröszere  Schwierigkeiten  macht  die  endung  Es.  Morawski  hatte 
für  Palaemonisch  erklärt  s.  67,  4—68,  16  und  s.  68,  27—70,  15; 
letzteres  richtig.  '^  für  Palaemonisch  halte  ich  auch  s.  68,  7 — 16,  ob- 
wohl sich  im  anon.  Bob.  nichts  entsprechendes  findet,  die  sprach- 
lichen kriterien  treffen  alle  zu.  hingegen  s.  67,  4 — 68,  6  gehört 
Palaemon  nicht,  was  zunächst  s.  67,  4 — 11  betrifft,  so  kann  man 
die  spräche  dieses  abschnitts  nur  als  ein  stammeln  bezeichnen.^* 
dasz  hier  nicht  an  Palaemon  gedacht  werden  kann,  liegt  auf  der 
band,  mangel  an  klarheit  und  logik  ist  das  was  man  ihm  am  aller- 
wenigsten vorwerfen  kann,  ich  möchte  weiter  gehen  und  diese  sätze 
überhaupt  nicht  einer  besondem  quelle ,  sondern  dem  Unvermögen 
eines  contaminierenden  grammatikers  zuschreiben,  dasz  8.  67,  11 
— 68,  8  nicht  Palaemonisch  ist,  ergibt  der  ganze  ausdruck  und  satz- 
bau, vor  allem  der  wertschätz. 

Die  endung  Vs  s.  74, 5 — 27  vindicierte  Morawski  (s.  348)  ganz 
dem  Palaemon.  davon  ist  zu  streichen  z.  5 — 9.  diese  sätze  sind 
wörtlich  aus  c.  14  s.  44,  21 — 23  wiederholt,  sie  sind  auch  dort  nicht 
aus  Palaemon  geschöpft,  dasz  sie  hier  aus  einer  andern  quelle  ent- 
nommen sind  als  z.  9  ff.,  ist  nicht  zu  verkennen.*^  also  sind  hier 
zwei  quellen  contaminiert :  aus  der  einen  ist  nur  der  anfang  gegeben, 
aus  der  andern  die  volle  darstellung;  dasz  die  letztere  Palaemon  ist, 
ist  nicht  zu  verkennen,  obwohl  sich  auch  für  diesen  abschnitt  im 
anon.  Bob.  und  bei  Cbarisius  c.  10  und  14  eine  entsprechung  nicht 
findet. 

Unter  Er  hat  Morawski  als  Palaemonisch  bestimmt  s.  82, 13 — 21 
und  84, 12 — 85, 5,  letzteres  ohne  zweifei  richtig,  aber  s.  82, 13  — 21 
kann  unmöglich  von  Palaemon  herrühren,  obwohl  dies  stück  sehr 
danach  aussieht  geht  man  ins  einzelne,  so  ist  hier  wieder  ein  gänz- 
licher mangel  an  logik  (vgl.  z.  15)  zu  constatieren ,  man  vergleiche 
nur  s.  84,  12 — 85,  5.  und  überdies  bliebe  es  rätselhaft,  wie  diese 
beiden  erörterungen  in  6inem  buche  neben  einander  bestehen  sollten, 
unpalaemonisch  ist  z.  19  in  qualitate.  ebenso  gut  könnte  man  s.  83, 
8 — 12  für  Palaemonisch  halten;  doch  lassen  sich  diese  worte  von 
dem  folgenden  gar  nicht  trennen  und  sind  neben  s.  84,  12  ff.  nicht 
unterzubringen. 

»»  8.  68,  27-70,  8  —  anon.  Bob.  s.  642,  3—14  +  647,  26—38  (vgl. 
Cbar.  s.  31,  12—22);  s.  70,  9—16  — i  anon.  Bob.  s.  641,  30—36;  Cbar. 
8.  28,  27—29,  6.  **  nach  8.  67,  7  sollte  man  glauben,  es  gäbe  com- 

mnnia  auf  -««,  das  ist  aber  nicht  der  fall  (vgl.  anon.  Bob.  s.  641,  30  ff.), 
dasselbe  gilt  von  den  bemerkunfj^en  über  den  {^enetiv,  auch  sie  beliehen 
sich  auf  nomina  auf  is,  erst  mit  s.  67,  11  erreichen  wir  festen  boden, 
nachdem  der  über^^ang  von  dem  schwanken  gründe  noch  recht  kenntlich 
durch  nam  markiert  ist.  "  dies  zeigt  sclion  die  art,   wie  nach  den 

einlcitungs Worten  abgebrochen  und  auf  cap.  14  snrückverwiesen  wird, 
evident  aber  eine  vergleichung  dieser  einleitung  mit  der  i.  9  ff.  ge- 
gebenen: an  beiden  stellen  wird  durchaus  dasselbe,  nur  in  etwas  ver- 
schiedener weise  vorgebracht. 


FBölte :  die  quellen  von  CharitiiiB  1 15  und  17.  409 

Im  wesentlichen  richtig  hat  Morawski  das  eigentum  Palaemons 
bei  den  folgenden  erörterungen  bestimmt:  Ar  s.  85,  17 — 22;  Or 
8.  85,  23—86,  6";  Yx  s.  87,  8—12;  JEH  s.  87, 13—21;  JEr"  s.  88, 
21—28;  l8^  s.  88,  29—89,  16;  Ix  s.  91,  22—24  +  29—80;  Oj" 
s.  91,  31—92,  6  +  16;  Oo?  8.  92,  17—21. 

3.  Die  beiden  bis  jetzt  betrachteten  bestandteile  Ton  cap.  16, 
der  anonjmns  Ae  Laiinitate  nnd  Palaemon,  sind  aber  nur  als  hilfst 
quellen,  zur  ergänzung  benutzt :  das  beweist  die  art  wie  sie  nur  zum 
teil,  nicht  yollstSndig  eingearbeitet  worden  sind;  das  beweist  aueh 
ihr  umfang :  bilden  sie  doch  beide  zusammen  nur  den  dritten  teil 
des  capitels.  in  dem  so  nach  ausscheidung  jener  beiden  grammatiker 
übrigbleibenden  rest  des  capitels  lassen  sich  nun  keine  quellen  mehr 
nachweisen,  wohl  bemerkt  man ,  dasz  einzelne  abschnitte  sich  von 
der  masse  abheben  und  eine  besondere  provenienz  haben  müssen, 
aber  auch  die  verschiedenartigen  bestandteile  werden  wieder  zu- 
sammengehalten durch  sprachliche  Übereinstimmungen.  **  um  dies 
Verhältnis  anschaulich  zu  machen,  stelle  ich  hier  eine  anzahl  von 
Wörtern  zusammen,  welche  für  die  dritte  quelle  des  capitels  cha- 
rakteristisch sind;  und  zwar  habe  ich  solche  Wörter  ausgewählt, 
welche  im  cap.  15  mehrfach,  bei  Romanus  gar  nicht  oder  nur  ein- 
bis  zweimal  vorkommen. '^   audor  s.  52, 15.  54,  12.  24.  31.  25, 14. 


*^  Fr  8.  86,  1&~87,  1  ist  auf  grund  der  diction  und  des  Persiaa« 
citats  anszaschlieszen.  '^  vgl,  anoo.  Bob.  s.  542,  14 — 21;  den  sätsen 
8.  88,  5 — 9  entspricht  bei  dem  anon.  Bob.  nichts,  und  in  der  that  sind 
sie  inhaltlich  bedenklich,  supeüectilis  erscheint  z.  8  unter  den  Wörtern 
auf  'is  im  gen.,  was  zu  z.  24  absolut  nicht  stimmt;  denn  wenn  senex 
supellex  und  die  substantiva,  welche  den  gen.  auf  -gis  bilden,  als  aus« 
nahmen  bezeichnet  werden,  so  können  sie  nicht  schon  vorher  genannt 
sein,  sondern  es  mnsz  die  allgemeingültige  regel  voraufgegangen  sein, 
dasz  die  Wörter  auf  -ex  im  gen.  -eis  haben.  ^  s.  88, 29 — 84  ist  inter- 
poliert, erstens  zerreiszt  es  den  Zusammenhang  zwischen  s.  29  nnd  84; 
zweitens  wird  88,  31  ff.  dasselbe  gesagt  wie  89,  9  ff.  dies  einschiebsei 
trägt  durchaus  denselben  charakter  wie  s.  74,  5—9.  *'  s.  92,  6 — 15 

scheiden  sich   deutlich  aus.  ^  ausgenommen  sind  hiervon  natürlich 

einmal  die  auseinandersetzungen,  welche  ich  oben  als  psendo-Palaemo- 
nisch  charakterisiert  habe,  sie  im  einzelnen  namhaft  zu  machen  scheint 
mir  überflüssig,  was  ihre  herkunft  betrifft,  so  vermute  ich  dasz  sie  aus 
dem  exemplar  des  Palaemonischen  buches  stammen,  welches  der  con- 
taminator  von  cap.  15  benutzte,  man  vergleiche,  wie  auch  in  dem  von 
Charisius  und  dem  anon.  Bob.  benutzten  exemplar  solche  dubletten  ai^ 
mittelbar  neben  dem  original  standen:  Char.  s.  23,  8— 17  ^  anon.  Bob. 
s.  539,  24 — 31.  zweitens  findet  sich  in  der  ersten  hälfte  des  capitels 
eine  anzahl  von  abschnitten,  welche  von  dem  compilierenden  gramma- 
tiker herrühren,  es  genügt  auf  die  oben  angeführten  beispiele  zn  ver- 
weisen. '^  der  Übersichtlichkeit  halber  gebe  ich  gleich  hier  einige 
ausdrücke,  welche  dem  Romanus  geläufig  sind,  dagegen  in  cap.  15  nicht 
vorkommen,  apio  s  117,  5.  138,  6.  145,  18  centeo  118,  14.  124,  21. 
132,  22.  133,  8.  137,  7.  139,  5.  236, 21  claudo  125, 11.  127, 14.  138, 16. 19. 
142, 11.  143,  22  (193,  17.  194, 5)  cludo  121, 18.  132, 13  dissideo  188,  20. 
136,  17.  146,  11  elegantia  117,  23  (198,  19.  22)  finüio  137,  17.  141,  17. 
142,  29      inpunitas  146,  8  (191,  5.  194, 1)      negotium  (»  irpdTM<>i  gegen- 


410  FBölte:  lue  q^elleo  tod  Cbaiino«  I  15  «imI  17. 

M,  18.  6f,  1&  65,  12.  31.  74,  32.  91,  6u  93,  9.  86.  96,  8.  101,  4. 
108,  13.  2a  110,  9  (Bomaaas  145,  31)  cdOtr^  81,  2.  83,  16. 
107,  14  contrarius  54,  24.  67, 16.  71,  22.  99,  9  enbr^  91«  21. 
creberrimte  102,  17  defiäo  in  Cendigen')  65,  18.  66,  14  dmu$ 
67,  20.  88,  12.  89,  29.  94,  2.  107,  16  dc§an8  79i,  8.  104,  16 
erudiius  87,  4.  100,  28.  102,  5  frtquenttr  65,  15.  81,  2.  82,  34. 
87,  2.  98, 16. 17.  99,  b.  100,  28.  frequemtc  104,  6  (Pliniiu  bei  Born. 
139,  19)  frustra  66,  4.  76,  18  m  qmakiaie  em  79,  11.  82,  19 
(Rom.  195,  12)  inaequakias  93,  28.  94,  2  imfero  67, 16.  18. 
78,  11  magis  71,  4.  12.  72,  19.  88,  10.  107,  9  (Born.  123,  19. 
142,  16)  melius  63,  19.  73,  9.  82,  24.  95,  5  (Born.  907,  9) 
wuMÜMdo  52,  7  «»  VI  276, 11 ;  VI  276, 18  (Ckar.  om.).  72, 6.  109, 5 

sed  ueUres  hoe  nom,  ob&erwxuerumi  aS.  79, 13.  99, 9.  Tgl.  54«  31. 
72,  21.  91,  6  (Born.  195,  14)       pluraiUas  66,  7.  93,  8.  104,  7 
rtpudio  67,  21.  82,  35.  99,  2       sinffuUurii4L8  66,  6.  93, 4       Wfdidms 
54,  12.  80,  19         transfero  52,  28  «-  VI  277,  2;  65,  19«  21 
uarie  52, 15  »  VI  %76,  19;  63, 14.  68,3.  100,9  (bia)  (Bo«u  121,8) 

uüiasus  90,  7.  102,  12.  19.  108,  7.  uHium  111,  26  umtrp0 
71,  12.  76, 15.  79,  9.  80, 18.  82, 11.  90,  29.  95,  28.  106,  3a  107,9 
(Bom.  197,  15). 

Auf  diese  sprachlichen  beobachtongea  geatQtit  mosz  man  alao 
behaopien,  dasz  der  compilator  onseres  capitols  anszer  den  jenen 
andern  beiden  grammatikem  gehörigen  erörtenmgen  alles  ^iner 
quelle  entnommeD  hat.  dies  buch  ist  nun  von  total  anderer  gestalt 
als  die  dritte  quelle,  welche  Morawski  fttr  cap.  15  annahm.  M.  wollte 
alle  behandlungen  der  extremitates  teils  auf  jenen  grammaüker,  wel- 
chen 4ch  als  anonymus  de  Latinüaie  bezeichne ,  teils  auf  Palaemon 
zurückfuhren,  der  rest  sollte  aus  einem  alphabetisch  geordneten 
werke,  in  welchem  Wörter  dubii  generis  behandelt  waren,  entnommen 
sein,  diese  ansieht  liesz  sich  aber  nicht  durchftlhren :  denn  die  endung 
Vtn  (s.  70,  25  ff.)  passte  weder  fQr  Palaemon  noch  für  jenen  andern 
grammatiker.  unsere  epikritik  hat  ergeben,  dasz  M.  noch  eine  ganze 
reihe  von  extremitates  jenen  beiden  mit  unrecht  zugewiesen  hat,  die 
vielmehr  der  dritten  quelle  entstammen,  der  art  sind  die  behand- 
lungen der  endungen  Ä  s.  52,  6  ff.,  0  s.  63,  8  ff.,  V  s,  65, 29  ff.,  As 
8.  66, 11  ff.*\  Es  s.  67,  11  ff.,  Vm  s.  70,  25  ff.   die  behandlung  der 


Bfttz  r€M  mm  cul^a)  124,  19.  130,  24.  137,  28.  1S8,  6.  146,  22  iramts 
117,  8  (190,  24)  ttia  118,  16.  122,  1.  146,  14  (192,  11.  19Ci,  25.  194,  12) 
capio:  non  cavit  esMt  uomen  proprium  149,  8  (vgl.  RöuBcb  Itala  on« 
valgaU  8.  861  f.)  do:  acc.  per  i  dmri  non  poieti  126,  a  IM,  18.  in 
bus  Myllabam  dari  nom  potesi  139,  1.  genetiuum  dupHcüt  fonrnme  ä€mi  128,7. 
ego  pronomen  iia  declinandwn  dedii  128,  5.  {adnerbium  koc  exempU  dmkit 
207,  8.)  dabii  aeire  1^,  21  praeter:  eresoere  praeier  quam  117.  21. 
134,  16  {quia  geneüuus  plus  una  eyllmba  non  debet  creeeert  pmetar  qttmm 
est?),    praeter  formawi  declinari  132,  8.     praeter  regulam  esse  144,  6. 

**  dasz  M.  diesen  absohaitt  mit  unrecht  dem  anon.  dd  Latin.  Uk- 
goBchrieben  hat  (■.  844,  aaf  grund  ron  peregrinus),  erf^ibt  s&cb  ans  den 
oben  ana.  12  geiagten,  wonach  peregrinus  überhaupt  kein  charaeterisÜ- 


FBölte:  die  quellen  yon  Chamiu9  I  IS  und  17.  411 

nomin  a  war  demnach  auch  in  dieser  quelle  naeh  endimgen  ge- 
ordnet*^; unter  den  allgemeinen  erörtmingen  fbJ^tea  w5rteri  deiron 
geschlecht  und  declination  streitig  waren,  femer  esthitlt  sie  cöne  stL"^ 
sammenstellung  der  nomina  quae  uaria  ra^umt  defichmt  (s,  9&f  3  SLX 
ja  es  scheint  ihr  die  anordnung  eigen  gewesen  zu  sein,  daai  kiiraof 
obseruationes  smguiares  über  genas  dedination  Orthographie  etyauv* 
logie  folgten,  auch  die  bemerkungen  über  pronomina  (s.  110,  2& 
— 111,  15)  und  Partikeln  (s.  111, 16'-**112, 12)  aoheinea  anf  sie  xn* 
rückzugehen ,  obgleich  bei  diesen  gerade  die  sprachlichen  eigentOm- 
lichkeiten  fehlen,  sicher  ist  ihr  entnommen  die  erOrterung  über 
die  bildung  der  verschiedeneu  casus  aus  dem  abl,  sing.  (s.  64,  6 
—65,  20)," 

Wenn  nun  der  letztgenannte  abschnitt  am  die  jetzige  stelle  ge- 
raten, wenn  die  behandlung  der  pronomina  und  Partikeln  so  gekttet 
ist  (sie  kann  ja  nur  ein  excerpt  ausführlicherer  capitel  sein),  so  lltat 
sich  das  doch  nar  durch  die  annähme  erklären,  daaz  die  tbätigkeit 
eines  Überarbeiters  oder  contaminators  hier  ihre  spuren  hinterlassen 
hat.  man  kann  vermuten,  dasz  es  derselbe  grammatiker  ist,  welcher 
den  anon.  de  Latin,  und  Palaemon  einscblachtete.  das  bat  alier  niobt 
erst  Charisius  getban.'^    unser  capitel  steht  in  dem  Cherisisohen 


cum  bildet,  wenn  derselbe  ferner  (s.  346]  behauptet,  s.  66,  IT  sei 
'inepte*  eingeflickt,  so  bedarf  dies  einer  kunen  Widerlegung,  die  dt^ 
Position  (man  wird  die  ähnlichkeit  mit  0  8.  63,  8  ff.  nicht  yerkeanen) 
ist  folgende:  I.  lat.  Wörter,  gen.  -{9,  toc.  ^  nom.  IL  griech.  Wörter, 
gen.  -ae^  voc.  Ä;  älter  hiesz  es  aber  im  nom.  hie  Aenea.  ansnahmeii: 
gen.  'tis;  älter  hiesz  es  im  acc.  Calcham.  danach  passt  8.  66,  17  sehr 
wohl  in  den  Zusammenhang;  dieser  susatz  bezieht  sich  auf  8.  66,  14 
uocatiuo  amissa  s:  denn  wenn  der  nom.  Aenea  hiesz,  so  blieb  natürlich 
die  für  das  latein.  geltende  regel  in  kraft,  wonach  voc  ««  nom.  —  Mit 
dem  vorliegenden  abschnitt  stimmt  überein  Romanus  s.  120,  89  und 
B.  121,  8 — IL,  wobei  für  letztere  stelle,  ausser  wörtlichen  anklängen, 
besonders  in  betracht  kommt,  dasz  bei  ßomanus  wie  in  cap.  15  nur 
eigennamen  berücksichtigt  werden,  deshalb  glaube  ich  dasz  nicht 
Palaemon  quelle  des  Roraanus  war,  sondern  dasz  er  und  die  dritte 
quelle  von  cap.  15  denselben  grammatiker  benutzt  haben,  bei  Romanus 
sind  durch  das  excerpieren  Unordnungen  entstanden. 

'^  wenn  dies  feststeht,  so  ist  es  ziemlich  unerheblich,  ob  man  die 
ursprüngliche  abfolge  oder  die  entstehung  der  jetzigen  anordnung  n&eh« 
weisen  kann.  *^  dafür  läszt  sich  auch  der  umstand  geltend  machen, 
dasz  Gellius,  der  in  diesem  abschnitt  8 mal  genannt  wird,  auch  8.  71,89 
erscheint,  auszerdem  kommt  er  bei  Charisins  nur  noc^  s.  189,  2  in 
einem  citat  aus  Plinius  vor.  *^  einmal  widerspräche  eine  solche  an- 
nähme allem,  was  wir  sonst  über  die  arbeitsweise  das  Charisios  be- 
obachten können:  er  compiliert,  aber  er  contaminiert  nicht,  schlagen* 
der  ist  ein  zweites  argument:  es  ist  eine  ganz  sonderbare  annehme, 
dasz  Charisius  mehrfach  zwei-,  ja  dreimal  (in  cap.  10.  14.  15)  6inen  und 
denselben  abschnitt  aus  seinem  Palaemon  abgeschrieben  haben  soll, 
ich  behaupte  dasz  alle  derartigen  Wiederholungen  ans  den  quellen  des 
Charisius  zu  erklären  sind,  für  unser  capitel  lässt  sich  die  richtigkeit 
dieser  anschauung  bündig  erweisen,  die  Palaemonischen  abschnitte  in 
cap.  16  entstammen  einer  ganz  andern  recension,  als  die  in  oap.  10 
und  14  und   vom  anon.  Bob.    benutzte  ist.     hier  nur  äin  beweis,     in 


412  FBölte:  die  quellen  von  ChariBrns  I  16  und  17. 

werke  ganz  für  sieb  da;  kein  anderes  capitel  steht  mit  ihm  in  be- 
Ziehung,  es  war  also  ein  besonderes  buch,  aus  welchem  Charisios 
das  cap.  15  abschrieb,  natürlich  wird  es  umfangreicher  gewesen 
und  von  Charisius  ins  kurze  gezogen  sein,  hat  also  dies  buch  seine 
besondere  Überlieferung  gehabt,  und  zwar  ziemlich  lange  zeit,  so 
werden  viele  grammatiker  daran  gearbeitet  haben  —  wie  viele  bleibt 
ungewis  und  ist  irrelevant  —  und  so  werden  denn  auch  nach  und 
nach  manche  abschnitte  eingefügt  sein,  die  heute  isoliert  dastehen. 

IL    DIE  GEMEINSAME  QUELLE  VON  C.  15  UND  17. 

1.  Stellte  sich  uns,  so  lange  wir  uns  auf  dem  boden  des  cap.  15 
bewegten ,  dessen  dritter  bestand  teil  als  eine  einheitliche  masse  ent- 
gegen, welche  aus  sich  heraus  nicht  mehr  zu  zerlegen  war,  so  ver- 
mögen wir  auf  anderm  wege  noch  einen  schritt  höber  hinauf  zu 
dringen.  ^^  ich  komme  hiermit  auf  die  viel  umstrittene  frage  über  das 
Verhältnis  des  cap.  15  zu  C.  Julius  Romanus  de  ancUogia.  nachdem 
Keil  (GL.  I  s.  XL VII)  und  Schottmüller  (s.  20  ff.)  die  zahlreichen 
Übereinstimmungen  zwischen  den  beiden  capiteln  durch  die  annähme 
hatten  erklären  wollen,  Charisius  selbst  habe  in  c.  15  des  Romanus 
bücher  de  anähgia  und  de  consortio  casuum  benutzt ,  stellte  Christ 
(Philol.  XVIII  s.  122  ff.)  die  behauptung  auf,  sie  seien  vielmehr  durch 
benutzung  derselben  quelle  verursacht;  ihm  folgte  Morawski  (Hermes 
XI  s.  339  ff.),  dagegen  sind  nun  neuerdings  wieder  einwendungen 
erhoben  worden  von  Neumann  (ao.  s.  6  ff.),  der  sich  namentlich  auf 
die  beobachtung  stützt,  dasz  das  capitel  des  Romanus  keineswegs  in 
seiner  ursprünglichen  gestalt,  sondern  stark  gekürzt  von  Charisius 
wiedergegeben  sei.  wenn  also  das  cap.  15  gelegentlich  sätze  und  bei- 
spiele  bietet,  welche  in  den  entsprechenden  abschnitten  von  cap.  17 
fehlen,  so  dürfe  man  daraus  nicht  schlieszen,  dasz  sie  auch  bei  Ro- 
manus nicht  gestanden  hätten,  er  kommt  nun  zu  dem  resultat,  dasx 
c.  15  von  Romanus  abhängt;  nicht  dasz  Charisius  denselben  zwei- 
mal ausgeschrieben  hätte,  sondern  der  auctor  von  c.  15  soll  Romanus 
benutzt  haben,  seine  einwendungen  haben  ohne  zweifei  eine  gewisse 
berech tigung*',  und  in  der  that  werden  damit  die  von  Christ  und 

cap.  10  nnd  beim  anon.  Rob.  erscheinen  fünf  declinationeD,  in  c.  16 
dngfe^en  (s.  68,  23  ff.)  werden  die  nomina  auf  -es^  -ei  mit  den  Übrigren 
auf  •««  zusammen,  also  unter  der  dritten  declination  behandelt,  folff- 
lich  gibt  es  hier  nur  vier  decliuationen,  eine  sahl  welche  auch,  bei  der 
durchgängig  bei  Palaemon  herschenden  cntsprechung,  die  viersahl  der 
conjugationen  fordert,  die  fünfte  declination  ist  nicht  Palaemonif eh ; 
vielmehr  ist  diese  nnordnunpr  von  einem  spütern  grammatiker  getroffen, 
wie  äaszerlich  dieser  verfahren  ist,  zeigt  der  umstand  dasz  anon.  Bob. 
8.  547,  36  ff.  (bei  Charisius  ist  der  ^anze  schlusz  fortgelassen)  ein  stück 
aus  der  dritten  declination  mitgewandert  ist;   es  fehlt  8.  641,  37. 

***  die  folgenden  Untersuchungen  .stützen  sich  häufig  auf  die  reaaltata 
der  nachfolgenden  quellenanaly^e  von  cap.  17,  wie  sie  für  diese  eine 
wesentliche  Voraussetzung  bilden,  bei  diesem  Wechselverhältnis  hielt 
ich   die  gegebene   anordnung  für  die  beste.  **  obwohl  er  vieles  auf 

Charisius  rechnnng  setat,  was  teils  von  dessen  abschreibern  (aoslassoof 


FBölte:  die  quellen  von  ChariBius  1 15  und  17«  413 

Morawski  yorgebrachten  argumente  hinf&llig.  trotzdem  ist  die  Ton 
Christ  aufgestellte  ansieht  über  das  verhftltnis  der  beiden  capitel 
richtig,  dafür  läszt  sich  an  zwei  stellen  durch  scharfe  interpretation 
der  schlagende  beweis  liefern. 

Über  die  dedination  von  ficus  wird  gehandelt  Born.  s.  128,  20 
— 129,  3  und  cap.  15  s.  95,  22 — 96,  6.  dasz  zwischen  beiden  die 
engste  abhängigkeit  besteht,  lehrt  der  augenschein.'^  es  kann  kein 
Zufall  sein,  dasz  bei  Priscian  II  s.  267, 14  ff.  die  beispiele  aus  Cicero 
und  Martialis  wieder  zusammen  auftreten,  wir  ersehen  daraus,  dasz 
sie  im  engsten  Zusammenhang  stehen,  dann  kann  Plinius  nicht  die 
quelle  dieser  auseinandersetzung  sein,  denn  er  schlosz  sein  werk 
etwa  66  ab,  Martialis  erstes  buch  fällt  nach  82  (Teufel-Schwabe 
BLG.  §  322, 4).  das  citat  aus  Plinius  bei  Born.  s.  128, 30  musz  also 
nachträglich  hinzugefügt  sein,  sieht  man  nun  den  artikel  bei  Bo- 
manus  etwas  genauer  an,  so  kann  man  gar  nicht  verkennen^  daez 
hier  eine  compilation  vorliegt:  der  Inhalt  von  s.  128,  30—31  fiült 
im  wesentlichen  mit  s.  128,  20  zusammen,  wollte  man  nun  an- 
nehmen ,  dasz  dies  citat  aus  Plinius  bereits  in  der  quelle  des  Boma- 
nus  stand,  so  wäre  das  unmethodisch,  weil  Bomanus,  wie  wir  dies 
unten  auch  nachweisen  werden^  den  Plinius  selbst  in  bänden  hatte« 
wo  Bomanus  den  Plinius  nennt,  hat  er  direct  aus  ihm  geschöpft 
daraus  ergibt  sich,  dasz  Bomanus  den  Plinius  mit  einem  andern 
grammatiker  contaminiert  haben  musz.  wenn  nun  cap.  16  nur  den 
nichtplinianischen  bestandteilen  des  artikels  bei  Bomanus  entspricht, 
so  folgt,  dasz  es  von  ihm  weder  direct  noch  indirect  abhängt,  sondern 
dieselbe  quelle  wie  er  benutzt  hat. 

Ich  musz  es  als  verwunderlich  bezeichnen,  dasz,  so  viel  ich  sehe, 
niemand  anstand  genommen  hat  den  ganzen  artikel  über  ambos  Bom. 

8.  119,  9 — 120,  3  aus  Helenius  Acron  herzuleiten,  scheint  mir  doch, 
dasz  auch  eine  oberflächliche  be trachtung  die  fugen  hätte  bemerken 
müssen ,  welche  dies  stück  durchziehen.   Acron  hatte  zu  Ter.  Ad.  Y 

9,  5  den  acc.  amhos  für  allein  richtig  erklärt  und  gegen  Yerrius  in 
schütz  genommen  (z.  9 — 14).  darauf  heiszt  es  indifferenter  autem 
locutos  iieteres  uhetiora  dahuntur  exempla;  es  folgen  zwei  beispiele 
aus  Afranius  Panteleus  für  die  form  anibos  (z.  14 — 19).  es  wird 
fortgefahren  mit  den  worten  qui  autem  cum  Heimio  fad/nnt  hone 
afferunt  causam,  folgen  zwei  gründe,  wonach  es  amhoa  heiszen 
musz.  danach  werden  beispiele  für  amho  gegeben,  je  eins  aus  Afra- 
nius Panteleus  und  Ter.  Andria,  zwei  aus  Vergilius.   zum  schlusz 

einiger  beispiele),  teils  von  Romanus  selbst  gesündigt  ist.  Naumann 
stellt  letztern  viel  zu  hoch,  sein  fleisz  ist  auszer  zweifei,  keineswegs 
aber  sein  iudicium. 

^^  wir  haben  bei  beiden:  LuciHus  ^ficV  inquü  'comeduntur  et  ituae*, 
die  citate  ans  Varro  und  Cicero  (dasz  bei  Gharisias  ein  aasfall  vor- 
gekoinmen,  beweist  nichts  gegen  unsere  annähme),  und  zwar  das  citat 
aus  Cic.  de  orat.  II  69,  278  bei  beiden  de  ficu  se  guspendit,  bei  Cic,  de 
ficu  se  suspendisse  (so  auch  Priscian),  schlieszlich  das  epigramm  des 
Martialis. 


414  FB&lte:  die  quellen  von  ChariBias  I  15  und  17. 

wird  diese  bildung  mit  der  griechischen  touc  djLiqHi)  verglichen, 
diese  anordnang  kann  nicht  ursprünglich  sein ;  eine  nähere  unter* 
Buchung  wird  das  beweisen,  dasz  Romanus  mit  den  werten  qui 
atiiem  cum  Helenio  faciunt  hanc  afferunt  causam  bemerkungen  an- 
führen sollte,  welche  er  bei  Acren  gefunden,  wäre  ohne  jede  parallele, 
der  sprachliche  ausdruck  verlangt,  dasz  wir  diese  worte  einer  andern 
quelle  zuweisen,  diese  sätze  stehen  nun  auch  bei  Bomanus  an  einer 
ganz  unpassenden  stelle,  die  worte  indifferenter  und  uheriora  (z.  14) 
bekommen  ofifenbar  erst  dann  einen  sinn ,  wenn  ursprünglich  auch 
beispiele  für  anibo  unmittelbar  folgten,  dasz  diese  beispiele  für  den 
schwankenden  Sprachgebrauch  der  altem  auctoren  aus  Acron  stam« 
men,  daran  zu  zweifeln  gewährt  autem  (z.  14)  keinen  genügenden 
anlasz.  die  reihe  dieser  beispiele  ist  also  in  der  störendsten  weise 
durch  die  bemerkungen  z.  20—23  unterbrochen,  und  dies  bestätigt 
unser  urteil,  dasz  sie  nicht  aus  Acron  stammen  können,  da  nur  bei- 
spiele für  den  Sprachgebrauch  der  ueteres  angekündigt  sind,  so  wer- 
den wir  die  beiden  ersten  aus  Afranius  und  Terentius  unbedenklich 
dem  Acron  zuschreiben ,  aber  die  verse  aus  Vergilius  auf  Acron  zu- 
rückzuführen werden  wir  um  so  mehr  bedenken  tragen ,  als  er,  6in6 
stelle''  ausgenommen,  diesen  dichter  niemals  anführt,  und  dort  wird 
man  bei  einem  contaminator  wie  Romanus  sich  nicht  besinnen  diesen 
Vergilvers  für  angeschoben  zu  erklären,  wir  werden  also  die  zwei 
beispiele  aus  Vergilius  derselben  quelle  zuweisen  wie  119,  20 — 23, 
ebenso  die  schluszbemerkung  s.  120,  3.  demnach  haben  wir  bei 
Bomanus  zwei  quellen  zu  unterscheiden:  Helenius  Acron  s.  119, 
9—19  +  23—26  und  einen  anonymus  3.119,20—23  +  27—120,3. 
vergleicht  man  nun  hiermit  c.  15  s.  65,  16  —  25,  so  ist  kein  wei- 
terer nach  weis  dafür  nötig,  dasz  in  diesem  capitel  nur  jener  gram> 
matiker  benutzt  ist,  welchen  Romanus  mit  Acron  zusammengearbeitet 
hat.  ^  von  dem  was  Acron  eigentümlich  ist  findet  sich  keine  spur. 

Die  beiden  besprochenen  stellen  ergaben,  dasz  bei  Romanos 
zwei  quellen  contaminiert  waren  und  cap.  15  nur  mit  6iner  der  bei- 
den übereinstimmte,  dadurch  ist  eine  directe  oder  indirecte  be- 
nutzung  des  Romanus  von  Seiten  des  Verfassers  von  cap.  15  ane» 
geschlossen;  die  congruenzen  von  cap.  15  und  17  sind  nur  aus  der 
gemeinsamen  benutzung  derselben  quelle  zu  erklären,  die  beweia- 
kraft  dieser  beiden  stellen  scheint  so  vollkommen  ausreichend,  dasz  ich 
darauf  verzichte  weitere  argumente  zu  häufen,  was  die  verschieden« 


'^  Rom.  8.  210,  10  prima  pro  primo  Terentius  in  AdelphU  *in  prima 
fabnlä* ;  übt  /JeleniuM  Acron  *pro  in  primo*;  et  Maro  'uitümus  obtcvria 
primam  sub  uaHibus  urbeni*,  '*  es  bedarf  nur  eines  hinweiuec  darauf, 

dasz  Komanus  s.  120,  3  dio  worte  ueinur  vorläge  ani|^eändert  haben 
mutz,  vergleicht  man  Roraanus  quia  omniu  accusatiuus  pluraUi  excepiis 
nektralihut  et  mofioptotis  s  littera  finiri  debet  mit  cap.  15  quia  omnes  parte9 
ortäionit  quae  catna  habent  exeeptit  neutrix  et  monoptoti»  in  «  littera  aecw 
Mitiuo  piurali  defidunty  so  ist  es  liemlich  evident,  dasi  der  schiefe  aii8> 
druck  des  Romanos  einfach  infoige  der  auslasüung  von  partes  oraiioma 
quae  casus  habent  entstanden  ist. 


¥Böiim<  4ie  ximtüAetk  von  Ohariuni  I  a  imd  17. 


416 


heit  des  sprachlichen  ausdfU^ks  betriflt^  so  werden  die  oben  (»•  409  f.) 
g%gebe)l«h  zosamibetistellYm^en  füi^  sitäi  bbibst  sptetIhbXi.'*  eäiige 
bemerktmgen  finden  sich  im  feigenden  in  den  anmerkongen. 

2.  Kadid^ift  Wi)f  uns  auf  diese  Weise  den  weg  ge^hxit  fa«bM> 
können  wir  die  stellen  sammeln,  an  denen  beidB  capitel  ftberdhu^biüH'- 
men.  denn  bei  det  zusammenstelluag,  welche  ^chotfanüller  (s.  21  f%) 
gegeben  hiat,  Gössen  M^ir  tois  ftkcht  beruhigen;  sie  «nthält  vieles  was 
nicht  hierher  gehört,  indem  er  beide  capitel  als  ganze  behandelt,  es 
ist  nun  aber^i^^MUB  ndttg,  dmz  wir  hierbei  dt»  rendtate^etqtfdllen- 
alMiJyse  in  bdtmoiit  sieben,  ako  4iiiiaai  in  eap.  15  nur  dh%  absiolihütia 
berücksichtigen,  welche  der  dritten  quelle  angebilreli,  zweitens  diis 
fälle  ausscheüiii^  in  dBtteH  Bomanus  ans  Plil^s  <Bchl|)tt;  ich  mosz 
hierbei  die  resultate  des  fbl^[<amlen  abschnitts  diesto  öütersuchungen 
vorwegnehoMk  ** 


Born.  ls.  16 

s.  117,  18—23  aninuä^  iMt  l^t  ^-^li 
+  117,  24—28  Allecto  —  «»,  t6<->d0 

118,  8  —6  Aniiphonem  »  64,  31-65,6 

119,  20—23  +  27—120, 3  amboM 

^  6t^,  1^-26 
*120,  32  Aenea  ^  6^,  it 

196,  33^1»!^  6  aeribus  =  93^  IS^-tB 

IQU  «"-11  ^«  /^*<«  =■  ÖÄ,  11—22 
*121,  12—1^  aerem^^  «=  86,  11—12 
tl23>  'S  Atiäfis  »6-  itX),  9—13 
•^öe»*--?  amfattoky  *»  100,14-^16 


Rom.  c.  16 

fl^  10»ll  ßtiiSi  ^  68,  16—18 

*  1^,  1—4  Butmänm^  83,  30—84,  4 

*  les,  20^129, 8  fleM  —  96, 22—96, 6 
+  180, 36—131, 3  femini^  —  87, 2—7 

*  l3l,  1^—18  gtU  —  90,  3—4 
*U\,  19-^^7  gtuten  '^  87,  22—88,  4 
189,  8—9  homo^  —  «8,  46—17 
?132,  10—14  here9^  —  68L  2—6 
♦132,  2lr— 31  7rfc  —  «9,^- «0 
186,  7-^9  itt»*!!}»  ^  93,  18-^28 
?140v  11--13  ptHUB    ^    n,  38^88 


ri  I 


^  leb  iKBfct  sieh  kiicht  verkMrnefn,  dasz  Roi<i«nii8  es  ist,  der  die  ge- 
läufigen «ativdrUoke,  welche  er  in  seiner  quelle  fand,  durch  angewöha>- 
liche  ersetzte.  %o  finden  sich  hei  ihm  ganz  junge  constructionen,  welche 
sonst  nirgends  hei  den  lateinischen  gramm atikern  vorkomiAen,  zh.  capio 
tta.  ibf.,  äare.  ditdsfelhe  beweist  zh.  der  nmständ,  dasz  ein  So  g^f;  tmd 
glÄ>es  yrot\,  wie  ustti^  ftar  ^totnal  bei  ihm  vorkonMit.  ^  taatafgemiUa 
wäre  es  bei  diesei'  zasamibenetellang  von  den  nnzweilelhaften  fallen  ca 
den  minder  sichern  hinabzusteigen,  da  aber  eine  Übersicht  der  eon- 
gruenten  stellen  in  der  reiheufolge,  wie  sie  bei  Komanns  stehen,  weiter- 
hin nötig  sein  wird,  So  wtlhle  ibh  gleich  hier  divse  anotdnnng.  die 
ra^  ü/et  übefreinstimitfftttg^  Will  ich  duteh  vei<^en  4aiMdr&e^ken  t  *  evident, 
tttkt  di^  beiftpiele  etimmen  überein ,  ?  KWeifelh«ft.  ^  ßomanus  bat 
die  UDgewöhnliche  form  als  Stichwort  vorangesetzt,  dadurch  ist  der  satz 
unklar  geworden,  c.  15  bietet  das  logisch  richtige,  also  ursprüngliche  ; 
iMilMere  l^ssimg  k^na  ans  So^ianas  gar  nicht  'entstandelki  sein. 
^  die  Übereinstimmung  liegt  ntir  in  dem  Tibulloitnt;  dies  Wiegt  aber 
um  so  sohWeret*,  als  es  von  unserer  Tiballüberlieferung  gXnxlieh  »b* 
Xveicht.  ^  der  ansdruck  debiUa  bei  beiden  ist  singnlftr;  M  Pala«mon 
8.  64,  8  beruht  eir  auf  Überarbeitung.  Romanus  hat  eine  quelle  bemitzt, 
in  der  über  troknhia  auf  o  tm  allgemeinen  gehaadelt  war,  und  Irrtum- 
Hek  komo  nn«e¥  die  4tebiHä.  g«steUt,  während  es  doeh  wie  ardo  oaräd 
geht  <c.  16  s.  63,  12>.  o.  1^6  steht  «der  gemeinsamen  tfnelle  unffleioh  nfähev. 
'*^  die  bellen  entspreohen  einsinder  nicht,  scheinen  aber  auf  ein* 
MSder  ^cksidht  tm  ttetmen.  das  auffällige  ist,  dasz  bei  ReraanttS 
heredis  mit  Periokftis  Slräioc^tii  geglichen  wifd  vad  nicht  mit  mercedik 
locupletis  uä. 


416 


FBölte:  die  quellen  von  Cbarkius  I  16  und  17. 


Rom.  c.  16 

1 140,  14  palumbes  =-  106,  24—80 
•140,  16—16  pometa  =  109,  28—29 
?140,  17—18  pairis  -=  83,  8—10 
140, 19—141,  5  pubes^^  =  70,  19—24 
141,  6-7  Pataui^f^  =-  71,  1—7 
tl42,  3—7  gutes  ^^  =-  110,  1-2 
143,  30—31  senapi**  =  63,  6—7 
143,  32—144,  2  siremps  =-  93,  24—26 
?144,  9  strix        «=         109,  14—16 


Rom.  c.  16 

•  144, 13—16  suDellex  —  88, 10—15 
•146,  8—13  turben  =»  64,  26—30 
tl46,  26  testu  »  66,  31—83 
•146,  31-146,  2  tabis  »  93,  24—86 
•146,  3—9  tergum^   um    71,  20—26 

♦145,  12—15  ampHter  =  79,  10—14 
♦204,  22—24  large  —  101,  1—8 
t211,  29—81  plure    —    109,  10—13 


3.  Nun  finden  sich  Übereinstimmungen  zwischen  cap.  15  und  17, 
wo  Bomanus  den  Plinius  als  quelle  nennt,  ihn  also,  wie  oben  bemerkt, 
direct  benutzt  haben  musz : 

♦52,  17—21  =  143,  24—29  Satumalium 

♦55,  2—8  =  138, 18—139,  3  osse 

t62,  15—19  =  146,  31—36  uedigcdiarum** 

♦73,  12—16  =  125,  3-8  compluria 

t83,  3—7  =  134,  12—135,  2  i/ms« 

♦90,  5—10  —  141,  20—23  paniutn 
105,  4  =  139,  11-12  oscen 

♦107,  6—8  —  136,  22—26  mugü 
107,  9— 24  =  120,  8— 13  Äugustas 
Nach  dem,  was  ich  im  vorhergehenden  auseinandergesetzt,  wird 
man  nicht  annehmen,  dasz  cap.  15  hierbei  von  Romanus  abhängt, 
sondern  dasz  diese  abschnitte  durch  eine  andere  quelle  dem  cap.  15 
vermittelt  sind,  hieran  schlieszen  sich  fälle,  wo  Plinius  in  cap.  15 
direct  genannt  wird :  s.  77,  8.  77,20(V).  79,2.  85,9.  88,16.  106,20. 
auch  s.  106,  1 — 9  geht  auf  ihn  zurück,  wie  die  vergleichung  mit 
Pomp.  V  144,  17 — 31  zeigt,  alle  diese  Plinianischen  erörterungen 
sind  dem  cap.  15  doch  offenbar  durch  eine  quelle  zugeführt;  dasz  es 
dieselbe  war,  aus  welcher  auch  die  mit  Romanus  übereinstimmenden 
abschnitte  herrühren,  für  diese  annähme  spricht  die  beobachtung, 
dasz  auch  die  gemeinsame  quelle  von  cap.  15  und  17  aus  Plinius  ge- 
schöpft hat. 

Die  erörterung  des  anonjmus  de  analogiam  wie  ich  den  Verfasser 
der  gemeinsamen  quelle  der  kürze  halber  nennen  will  *,  über  die  decli- 
nation  von  ficus  haben  wir  Rom.  s.  128,  20  ff.  «=»  cap.  15  s.  95,  22  ff. 


^^  in  c.  16  ist  iuuentuiis  an  verkehrte  stelle  geraten:  vgl.  Keils  anm. 
die  Vergilbeispiele  sind  ausgelassen,  weil  vorher  (s.  70,  8—8)  aas  Pa- 
laemon  gegeben,  bei  Komanus  scheint  lanuginit  (s.  140,  19),  wo  man 
lanugo  erwarten  sollte,  stehen  gcblie))en,  weil  er  eine  construction  vor 
äugen  hatte  und  um&nderte,  welche  der  in  c.  16  erhaltenen  ähnlich 
war.  ^^  Komanus  hat  excerpiert.  -**  dies  Cicerocitat  kommt  sonit 
bei  den  grammatikern  nicht  vor.  ^*  aus  andern  quellen  Rom.  s.  144, 
10—12  und  c.  16  s.  107,  31—32.  ^  Romanus  hat  Fergüiug  beibehalten: 
vgl.  Christ  Piiilol.  XVIII  s.  122  unten.  **  nur  das  beispiel  aus  Asinios 
Polio  stimmt  überein.  *^  die  congmenz  beruht  nur  auf  dem  citat  ans 
Pacuvius.  *^  warum  ich  gerade  diese  bezeichnung  w&hle,  darüber  ver» 
gleiche  man  den  letzten  abschnitt  dieser  abhandlung. 


FBöIte:  die  quellen  yon  Charisios  1 16  nnd  17.  41T 

ich  machte  schon  oben  darauf  anfmerkiam ,  dasz  die  bemerkimg  des 
Plinius  8.  128,  30—31  zum  teil  mit  8.  128,  20  znsammeBf&llt  Pli* 
nins  nahm  die  zweite  declination  fttr  die  fraoht,  die  vierte  für  den 
bäum  in  anspruch.  dasz  er  auch  das  geschlecht  diffiDrenzierte,  wird 
nicht  angegeben,  ist  aber  wahrscheinlich,  ganz  dasselbe  ergibt  sieh 
aus  des  Bomanus  (z.  20)  wenn  auch  stark  zusammengezogenen  werten 
als  lehre  des  anonjmus.  wenn  es  in  cap.  15  den  ansc^ein  hat;  alt 
ob  das  femininum  nach  der  vierten  declination  überhaupt  abgelehnt 
würde,  so  dürfte  das  namentlich  durch  kflrzung  hineingekommen 
sein,  nun  will  das  epigramm  des  Martialis  sich  dieser  differenzierung 
gar  nicht  fügen :  denn  aus  ihm  wäre  zu  folgern,  dasz  ein  unterschied 
der  declination  zwischen  der  frucht  und  dem  Vitium  zu  machen  ist, 
im  widersprach  mit  z.  20.  man  kann  also  daraus  nur  die  zusatz- 
bestimmung  entnehmen,  dasz  auch  fious  als  vitium  der  zweiten  deoli* 
nation  folge,  demnach  ist  die  bemerkung  über  fious  als  vitium  erst 
durch  das  Martialepigramm  hervorgerufen  und ,  so  gut  es  gieng ,  in 
eine  bestehende  dififerenzierung  hineingefügt,  diese  stimmt  mit  Pli* 
nius,  wird  also  aus  ihm  entnommen  sein.  —  Dasselbe  ergibt  die  ver- 
gleichung  des  anonjmus  bei  Rom.  s.  145, 8 — 13  «»  c  15  s.  64, 27 — 31 
mit  Plinius  s.  144,  30  ff.  die  Übereinstimmung  zwischen  den  erstem 
beiden  stellen  ist  entschieden  gröszer  als  die  von  c.  15  mit  Plinius. 
man  musz  nur  im  äuge  behalten,  dasz  Bomanus  s.  115,  8  ff.  die 
differenzierung  der  genetive  fortliesz,  weil  er  sie  kurz  vorher  erst  aus 
Plinius  gegeben  hatte,  der  anonymus  wird  also  durch  cap.  15  besser 
repräsentiert,  mit  Plinius  stimmt  diese  Unterscheidung  von  Turbonis 
und  turhinis  vollständig,  wahrscheinlich  also,  dasz  aus  ihm  auch  die 
bemerkung  über  den  nominativ  stammt. 

Ist  es  demnach  sehr  wahrscheinlich,  dasz  der  anonymus  de  ana- 
logia  aus  Plinius  geschöpft  hat,  so  können  wir  auf  ihn  auch  diejenigen 
abschnitte  des  cap.  15  zurückführen,  deren  Plinianischer  ursprang 
entweder  ausdrücklich  bezeugt  ist  oder  sich  anderweitig  ermitteln 
läszt. 

4.  Das  sind  die  abschnitte  des  cap.  15,  welche  wir  teils  sicher, 
teils  mit  gröster  Wahrscheinlichkeit  auf  den  anon.  de  anälogia  zu- 
rückführen können,  eine  durchmusterung  derselben  lehrt,  dasz  weit- 
aus der  gröste  teil  der  dritten  quelle  dieses  capitels  aus  jenem  auctor 
entnommen  sein  musz.  der  anonymus  enthielt  auszer  der  behand- 
lung  einzelner  Wörter  auch  allgemeine  erörterungen  über  ganze 
endungen,  wie  dies  die  vergleichung  von  Bomanus  s.  121,  8 — 11 
=  c.  15  s.  66,  11—22,  Rom.  s.  132,  8—9  =  c.  15  s.  63,  16—17 
und  Rom.  s.  141,  6 — 7  =  c.  15  s.  71, 1 — 7  zeigt;  wir  werden  daraus 
den  schlusz  ziehen,  dasz  er  seinen  stoff  nach  den  endungen  disponiert 
hatte,  wenn  dies  richtig  ist,  so  folgt  weiter,  dasz  bemerkungen  wie 
c.  15  s.  93,  18—23  =  Bom.  s.  120,  33—121,  5  +  135,  7—9  und 
c.  15  8.  93,  24—26  =  Bom.  s.  143,  32—144, 2  +  145,  31—146,  2 
ebenso  anhangsweise  angefügt  waren  wie  in  c.  15.   danach  war  das 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  5  Q.  6.  27 


414  FB&lte:  die  quellen  von  ChariBius  I  Hb  und  17. 

wird  diese  bildung  mit  der  griechischen  touc  äjLiqHi)  verglichen, 
diese  anordnung  kann  nicht  ursprünglich  sein;  eine  nähere  unter* 
Buchung  wird  das  beweisen,  dasz  Romanus  mit  den  werten  qui 
atäem  cum  Helenio  faciunt  hanc  afferunt  causam  bemerkungen  an- 
führen sollte,  welche  er  bei  Acron  gefunden,  wäre  ohne  jede  parallele, 
der  sprachliche  ausdrnck  verlangt,  dasz  wir  diese  werte  einer  andern 
quelle  zuweisen,  diese  sätze  stehen  nun  auch  bei  Bomanns  an  einer 
ganz  unpassenden  stelle,  die  werte  indifferenter  und  uberiara  (z.  14) 
bekommen  efifenbar  erst  dann  einen  sinn,  wenn  ursprünglich  anch 
beispiele  für  amho  unmittelbar  folgten,  dasz  diese  beispiele  für  den 
schwankenden  Sprachgebrauch  der  altem  aucteren  aus  Acren  »tarn« 
men ,  daran  zu  zweifeln  gewährt  autem  (z.  14)  keinen  genügenden 
anlasz.  die  reihe  dieser  beispiele  ist  also  in  der  störendsten  weise 
durch  die  bemerkungen  z.  20—23  unterbrochen  ^  und  dies  bestätigt 
unser  urteil,  dasz  sie  nicht  aus  Acren  stammen  können,  da  nar  bei- 
spiele für  den  Sprachgebrauch  der  ueteres  angekündigt  sind,  so  wer- 
den wir  die  beiden  ersten  aus  Afranius  und  Terentius  unbedenklich 
dem  Acren  zuschreiben ,  aber  die  verse  aus  Vergilius  auf  Acron  zu- 
rückzuführen werden  wir  um  so  mehr  bedenken  tragen,  als  er,  öine 
stelle''  ausgenommen,  diesen  dichter  niemals  anführt,  und  dort  wird 
man  bei  einem  centaminater  wie  Romanus  sich  nicht  besinnen  diesen 
Vergilvers  für  angeschoben  zu  erklären,  wir  werden  also  die  zwei 
beispiele  aus  Vergilius  derselben  quelle  zuweisen  wie  119,  20 — 23, 
ebenso  die  schluszbemerkung  s.  120,  3.  demnach  haben  wir  bei 
Bemanus  zwei  quellen  zu  unterscheiden:  Helenius  Acren  s.  119, 
9— 19  +  23—26  und  einen  anonymus  s.  1 19, 20—23  +  27—120, 3. 
vergleicht  man  nun  hiermit  c.  15  s.  65,  16  —  25,  so  ist  kein  wei- 
terer nach  weis  dafür  nötig,  dasz  in  diesem  capitel  nur  jener  gram- 
matiker  benutzt  ist,  welchen  Romanus  mit  Acren  zusammengearbeitet 
hat. "  von  dem  was  Acren  eigentümlich  ist  findet  sich  keine  spur. 

Die  beiden  besprochenen  stellen  ergaben,  dasz  bei  Remanua 
zwei  quellen  centaminiert  waren  und  cap.  15  nur  mit  6iner  der  bei- 
den übereinstimmte,  dadurch  ist  eine  directe  oder  indirecte  be- 
nutzung  des  Romanus  von  selten  des  Verfassers  von  cap.  15  aoa» 
geschlossen ;  die  congruenzen  von  cap.  15  und  17  sind  nur  aus  der 
gemeinsamen  benutzung  derselben  quelle  zu  erklären,  die  beweis* 
kraft  dieser  beiden  stellen  scheint  so  vollkommen  ausreichend,  dasz  ich 
darauf  verzichte  weitere  argumente  zu  häufen,  was  die  verschieden« 


'^  Rom.  8.  210,  10  prima  pro  primo  Terentius  in  AdelphU  'in  prima 
fahula* ;  übt  /Jelenius  Acron  'pro  in  primo*;  et  Maro  'uitHmuM  oücuriM 
primam  sub  uallibus  urbem*.  "  es  bedarf  nur  eines  hinweisec  dnraof, 

dasz  Romanus  s.  120,  3  die  worte  seiner  vorläge  am^eändert  haben 
mutz,  vergleicht  man  Romanus  quia  omnU  accutaiiuut  pluralii  exceptis 
neutraHhuM  et  monoptotit  s  liitera  ftniri  Hebet  mit  cap.  15  quia  oume«  partes 
orationiM  quae  cama  habent  exceptis  neutrvt  et  monoptotis  in  •  littera  aeat- 
9atiuo  plurali  de/lciunt^  so  ist  es  liemlich  evident,  dasx  der  schiefe  aoa- 
druck  des  Romanus  einfach  infoige  der  auslassung  von  partes  oratiotn» 
quae  casus  habent  entstanden  ist. 


^FBöltt;-  4k  ximfji^ea  von  Ohariuni  I  tft  imd  17. 


416 


heit  des  sprachlichen  ausdfüeks  betrifft^  so  werden  die  oben  (s*  409  f.) 
gfegebetieb  zosatülbetiistelhili^en  &3it  siäi  bblbst  sptechbtt.**  eäiij^e 
bemerkongen  finden  sich  im  folgenden  in  den  aiimerkangen. 

2.  Kadid^ift  ^r  uns  auf  diese  Weise  den  weg  ge^hxit  fali^bM> 
können  wir  die  stellen  sammeln,  an  denen  beidB  capitel  ttbor^stitti'- 
men.  denn  bei  det  zusammenstelluag,  welche  ^chotfantUler  (s.  21  f%) 
gegeben  hiat,  ^ö«ion  M^ir  täis  ftkcht  beruhigen;  sie  onthält  vieles  was 
nicht  hierher  gehört,  indem  er  beide  capitel  als  ganze  behandelt  es 
ist  nun  aber^i^^WM  ndtig,  da«E  wit  hierbei  dt»  rendtate^etqtfellen- 
aiQftlyse  in  betmoiit  siehen,  also  ^inüiai  in  eap.  15  nur  dio  abedihitio 
berücksichtigen,  welche  der  dritten  quelle  mgebiteli,  tweiiens  diie 
fälle  ausscheipiüi^  in  deltieli  Boiaantis  ans  PlSniuk  <Bchl|)tt;  ich  musz 
hierbei  die  resultate  des  fblgt^nden  abschnitts  dieeto  oütersuchungen 
V  or  wegnehoMk  ** 

Rom.  t.  16 

s.  117,  18—23  anim<ä^  '*^  1^,  0—14 
f  117,  24—28  Allecto  —  0&,  t6<->d0 

118,  S  —6  Antiphonem  »  64,  31-66,6 

119,  20—23  +  27—120, 3  amboM 

^  6fe,  lfr-26 
*120,  32  Aenea  ^  6^,  it 

120,  33*-l»I^  6  aeribus  =  93^  18—43 
Ifil,  B^ll  Am  ftmU  a-  66t,  11^22 
*121,  12—13  aerem^^  «=  86,  11—12 
tX23>  'S  AttibiB  ^  100,  9-^13 
•<66»4'-7  (Hnfattaky  «=.  100,^4-^16 


Rom.  c.  16 

f  1^  10»11  BtliäU  ^  68,  16-18 
^  1^,  1—4  Butmänm^  83,  30—84,  4 
•  128,  20^129, 2  fieo9  «->  96, 22—96, 6 
t  ISO,  36—131,  d  fendni^  —  87, 2—7 
*l3l,  16—18  gtis  —  90,  3—4 
*U\,  19-^^7  gUiten  ^  87,  22—88,  4 
189,  8-9  kmö^  —  ^  46—17 
?132,  10—14  Aere#«8  —  68,  2—6 
♦132,  27—31  IH»  —  «9,^4-«0 
186,  7-^9  iufum  ^  93,  18-^88 
?140v  11—18  ptHUB    ^    «'4,  38-^38 


.1  *. 


<i  I 


^  «eb  IftBfct  ftieh  hicht  verk^Wnefn,  diusz  RoiiMii^tis  es  ist,  der  die  ^e* 
läufigen  "atis^rüoke,  welche  er  in  seiner  quell«  fand,  4urch  angew6ha>- 
liche  ersetzt»,  so  finden  sich  bei  ihm  ganz  junge  constructionen,  welche 
sonst  nirgends  bei  den  lateinischen  grammatikern  vorkomntien,  zb.  capiio 
te.  ibt.,  ääre,  dassdbe  beweist  zb.  der  nmstand,  dasz  ein  So  gS^g  tmd 
glÄ>es  woH  wie  Hsurpo  tmv  ^totnal  bei  ihm  yorkonMit.  ^  taatatgemüM 
wäre  es  bei  diesei'  zusamibeoBteHang  von  den  nnzweilslhaften  Tillen  cn 
den  minder  sichern  hinabzusteigen,  da  aber  eine  Übersicht  der  eon- 
gruenten  stellen  in  der  reibeufolge,  wie  sie  bei  Romanus  stehen,  weiter- 
hin nötig  sein  wird,  So  wftMe  Ich  gleich  hier  di«se  atiotdnang.  die 
ra^  ^i-  übeftreinstimitfftttg^  Will  ich  duteh  vei<^eYi  4aiM4r6c^keii :  *  evMent, 
titiY  dife  beiftpiele  etimttien  iSberein ,  ?  zweifelhaft.  ^  Romanus  hat 
die  ungewöhnliche  form  als  Stichwort  vorangesetzt,  dadurch  ist  der  satz 
unklar  geworden,  c.  16  bietet  das  logisch  richtige,  also  ursprüngliche  ; 
Malere  l^ssimg  k^na  avs  So^ianas  gar  nicht  'entstandeto  «ein. 
^^  die  <ib«reinstimmnng  liegt  nnr  in  dem  Tlbnlloitat;  dies  Wiegt  abelr 
um  so  sohWeret*,  als  e%  von  unserer  Tibullttberlieferung  g)texli«h  »b- 
XKreioht  ^  der  ausdruck  debilia  bei  beiden  ist  singulare  bei  Palaemott 
8.  64,  8  beruht  eir  auf  Überarbeitung.  Romaaus  hat  eine  quelle  beaatzt, 
in  der  tib«r  iroknhiB  auf  o  fitai  allgemeinen  gehaadelt  war,  und  irrtäia- 
Hek  homo  ante«'  die  ^tebiUä.  gastellt,  während  es  doeh  wie  ardo  oarä^ 
geht  (c.  16  s.  6^,  12>.  o.  1^6  steht  «der  gemeinsaiMn  qfaelle  anffleioh  nffthev. 
*^  die  bellen  entspreohen  einander  nicht,  iB<iheinea  aber  atif  ehi*> 
aiader  ^cksidlit  tm  üefbtaen.  'das  anff&Uige  ist,  dasz  bei  Reraanüft 
heredis  mit  PerioMis  8lräiaclBti$  gerglichea  wird  aad  nicht  mit  mercedik 
locupletia  uä. 


418  FBölte:  die  qaellen  yon  Charisius  I  16  und  17. 

werk  des  anonymus  fast  genau  so  angelegt  wie  die  dritte  quelle  von 
cap.  15.  wie  eng  diese  ihrer  quelle  sich  anschlosz,  kann  die  beobach- 
tung  des  sprachlichen  lehren,  wenn  ausdrücke  wie  aadar  firequenier 
magis  uarie  oder  die  wendung  ueteres  hoc  non  obseruauerunt  in  c.  15 
mehrfach ,  bei  Romanus  je  Einmal  (magis  zweimal)  vorkommen ,  so 
ergibt  sich  daraus,  dasz  diese  Wörter  der  gemeinsamen  quelle  ange- 
hören und  dasz  die  stellen,  wo  sie  in  c.  15  erscheinen,  alle  aus  dieser 
gemeinsamen  quelle  stammen,  wir  werden  also  kaum  fehlgehen, 
wenn  wir  fast  die  ganze  dritte  quelle  des  cap.  15  dem  anonymus  de 
analogia  zuweisen.  ^^ 

III.  ZU  DEN  QUELLEN  VON  CHARISIUS  I  17. 

Die  von  Schottmüller  (s.  32  ff.)  und  Neumann  (s.  18  ff.)  ge- 
machten versuche  die  quellenfrage  von  Charisius  1 17  zu  lösen  gehen 
beide  nur  darauf  aus ,  das  Plinianische  eigentum  festzustellen,  dasz 
jedoch  eine  definitive  entscheidung  nur  möglich  ist,  wenn  man  alle 
auctoren  im  äuge  behält,  welche  in  betracht  kommen  können,  liegt 
auf  der  band,  bedenken  musz  man  femer  auch  gegen  die  von  ihnen 
angewandte  methode  erheben,  sie  stützen  sich  nemlich  ausschliesz- 
lich  auf  die  beobachtung  der  congruenzen  in  der  grammatischen 
lehre  und  den  citierten  auctoren,  beobachtungen  welche  freilich  ein 
unentbehrliches  rüstzeug,  bei  einem  Schriftsteller  wie  Bomanus  aber 
keine  geeignete  basis  bilden,  denn  da  Romanus  die  worte  seiner 
quellen  nicht  nur  möglichst  ins  kurze  zieht ,  sondern  auch  die  ihnen 
eigentümlichen  Wendungen  und  ausdrücke  umändert,  so  müssen  die 
auszüge  aus  seinen  verschiedenen  gewährsmännem,  die  doch  inhalt- 
lich fast  alle  recht  starke  berührungen  aufweisen,  einander  äuszerst 
ähnlich  werden;  wie  nun  erst  gar,  wenn  ein  älterer  auctor,  Plinius« 
und  sein  benutzer,  der  anonymus  de  analogia ,  neben  einander  vor- 
liegen! unter  diesen  umständen  war  es  geboten  einen  weg  einzu- 
schlagen, welcher  im  wesentlichen  von  äuszerlichen  kriterien  aus- 
geht, und  auf  einen  solchen  scheinen  mir  sehr  einfache  er  wägungen 
hinzuführen. 

Wenn  Romanus  mehrere  quellen  ezcerpiert  hat,  wie  es  sicher 
der  fall  ist,  so  darf  man  voraussetzen,  dasz  er  unter  jedem  bueb- 

*''  eine  besondere  Herkunft  möchte  man  vielleicht  für  die  rein  ortho- 
fifraphischen  notizen,  welche  sich  durch  das  ganze  capitel  zerstreut 
finden,  annehmen,  weil  sie  an  einigen  stellen  (gruppenweise  auftreten, 
doch  kann  ein  abschlieszendes  urteil  nur  auf  grund  einer  genauen  rer- 
gleichung^  mit  den  orthog^raphen  des  zweiten  jh.  gej^ehen  werden,  es 
wäre  das  eine  lohnende  auff^abe.  so  viel  ich  sehe,  gehen  die  bezüg- 
lichen notizen  unseres  capitels  auf  eine  ältere  stufe  zurück  und  sind 
von  den  lehren  jener  unheeinflnszt.  —  Dasz  das  werk  des  anon.  nicht 
nur  das  nomen  behandelte,  läszt  sich  positiv  beweisen,  die  gelehrten 
abschnitte  in  Diomedcs  darstellung  des  verbnms  sind  zom  weitaus 
grösten  teil  aus  dieser  quelle  fi^eschöpft;  freilich  ist  der  anon.  auch  hier 
nur  indirect  benutzt,  nur  ein  argument  will  ich  hier  (rebeni  man  vgl. 
den  eigentümlichen  gehrauch  von  sed  fruitra  c.  15  s.  66,  4.  76,  16  und 
Diom.  319,  19.  381,  17. 


FBölte :  die  qaellen  von  Ghamius  1 15  and  17.  419 

Btaben  die  excerpte  aus  seinen  verschiedenen  gewfthrsmSnneni  nach 
einander  eintrug,  so  dasz  die  excerpte  der  einzelnen  anotoren  unter 
jedem  -buchstaben  schicbtenweise  auf  einander  folgen,  anders  hAtte 
sich  die  sache  nur  dann  gestalten  können,  wenn  etwa  Plinius  so  sehr 
die  bauptmasse  geliefert  hätte ,  dasz  aus  den  andern  grammatikem 
nur  ergänzungen  eingefügt  wären  (so  Neumahn  s.  10),  oder  wenn 
Bomanus  mit  absieht  die  auszüge  aus  den  verschiedenen  auctoren 
durch  einander  gemischt  oder  irgendwie  geordnet  hätte,  beides  ist, 
wie  sich  ergeben  wird ,  nicht  der  fall,  unsere  au^be  wird  es  also 
sein,  die  schicbtenweise  lagerung  nachzuweisen  und  mit  ihrer  hilfe 
die  herkunft  der  einzelnen  abschnitte  festzustellen,  eine  endgültige 
lösung  der  quellenfrage,  welche  für  jeden  abschnitt  seinen  auotor 
ermittelte,  wäre  nur  möglich,  wenn  jenes  postulierte  Verhältnis 
überall  ungestört  geblieben  wäre;  das  ist  aber  ganz  undenkbar,  hier 
müssen  also  Untersuchungen,  welche  von  anderer  seite  her  die  in 
unserm  capitel  benutzten  grammatiker  reconstruieren,  ergänzend  ein« 
greifen,  dafür  bedarf  es  aber  einer  andern  grundlegnng  als  sie  im  zu* 
sammenhang  dieser  Untersuchungen  möglidi  ist,  und  deshalb  wollen 
die  folgenden  auseinandersetzungen  auch  nur  als  ein  beitrag  zur 
quellenanalyse  des  capitels  gelten. 

1.  Ich  beginne  mit  den  abschnitten,  welche  aus  Plinius  stam« 
men.  Schottmüller  s.  34  £  machte  darauf  aufmerksam ,  dasz  unttr 
dem  buchstaben  Ä  die  artikel,  welche  den  namen  des  Plinius  tragen, 
nach  einem  ganz  bestimmten  prindp  geordnet  sind,  auf  zweifelhafte 
formen  des  nominativs  beziehen  sich  die  ersten  sechs  titel:  amicUies 
Amazon  aututnnal  aquoLium  ammal  (vgl.  Schottmüller  s.  40  anm.  1) 
aestifer^  auf  den  genetiv  der  folgende:  Äugtistas  (und  weiterhin 
ÄureUi  amantium),  auf  den  abl.  sing,  die  nächsten:  aedüe  agüe 
agreste  auxäiare*^  aplustre,  ar  lUteris  nomina  neutralia  terimnak^ 
amni,  auf  den  abl.  plur.  die  zwei  letzten:  aenigmatis  Arabis.  diese 
anordnung,  schlosz  Schottmüller,  kann  weder  durch  zufall  entstan- 
den noch  von  Romanus  gewollt  sein,  eine  zureichende  erklärung  für 
diese  erscbeinung  gewährt  nur  die  annähme,  dasz  diese  disposition 
die  des  Plinius  selbst  ist,  dasz  Plinius  die  zweifelhaften  fälle  der 
declination  nach  den  casus  geordnet  hatte,  machte  Bomanus  aus 
einem  so  angelegten  buche  auszüge ,  indem  er  zunächst  die  mit  dem 
buchstaben  Ä  beginnenden  worte  und  die  an  sie  angeknüpften  be- 
merkungen  aushob ,  so  muste  die  vorliegende  anordnung  entstehen. 
Schottmüller  bat  diese  beobachtung  nicht  weiter  verfolgt;  er  glaubte 
dasz  das  Verhältnis  bei  den  übrigen  buchstaben  gestört  sei.^'  es  wird 


*^  daez  dieser  titel  nicht  direct  mit  zu  den  Plininscitsten  gerechnet 
werden  darf,  wird  sich  unten  ergeben,  dadurch  tritt  zwischen  agretie 
und  Aurelii  eine  grosze  lücke  hervor,  wie  diese  zu  erklären,  darüber 
gleichfalls  unten,  vorläufig  will  ich  die  sache  so  behandeln,  als  ob 
unter  A  zwei  reihen  von  Pliniusexcerpten  ständen,  die  eine  bis  s.  120,  81 
reichend,  die  andere  mit  s.  122,  6  beginnend.  ^'  wodurch  dieser  Irr- 
tum vcranlaszt,  darüber  s.  unten  anm.  67. 

27* 


422  FBölte:  die  quellen  von  Charisius  I  16  and  17. 

keinen  aactor  namhaffc  zu  machen,  doch  steht  es  vor  dem  nom.  muffüj 
kann  also  nicht  Plinianisch  sein,  enter  N  gehören  die  drei  ersten 
titel  zu  den  ablativen  der  dritten  decl. ,  nenUnis  s.  138,  7  musz  sich 
der  nun  schon  oft  bestätigten  regel  fttgen.  mdi  s.  142,  8  gehOrt  za 
den  ablativen ;  rüde  s.  142,  10  ist  durch  einen  irrtnm  des  Bomanus 
aus  s.  143,  1  wiederholt,  aus  der  ablativschicht  stammen  das  erste 
bis  dritte  und  das  fünfte  lemma  unter  8,  in  dem  vierten  wird  der 
commentator  Paulus  genannt,  tristi  s.  144,  25  ist  den  ablativen  zu- 
zuweisen, s.  144,  27  musz  sich  der  regel  fügen,  für  F  und  0  ist  der 
beweis  überflüssig:  hier  trägt  das  erste  lemma  den  namen  des  Pli- 
nius.  demnach  läszt  sich  bei  den  elf  buchstaben  Ä  C  F  G  H I L 
MORS  der  beweis  erbringen ,  dasz  wir  vor  dem  ersten  artikel, 
welcher  den  namen  des  Plinius  trägt,  kein  excerpt  aus  ihm  zu  suchen 
haben;  und  weiter  können  wir  von  hier  aus  dasselbe  für  NPT  fol- 
gern; D  und  Fsind,  wie  gesagt,  gänzlich  verwirrt. 

Wenn  wir  bis  jetzt  gesehen  haben,  dasz  die  Pliniusexcerpte  von 
Bomanus  nicht  absichtlich  zerstreut  sind,  so  dürfen  wir  annehmen, 
dasz  alle  lemmata,  welche  ohne  angäbe  der  herkunfb  zwischen  den 
Pliniuscitaten  stehen,  auf  ebendenselben  zurückgehen:  denn  ur- 
sprünglich müssen  die  ausgezogenen  abschnitte  ja  eine  geschlossene 
reihe  gebildet  haben,  als  kriterium  werden  wir  die  einbaltung  der 
casusfolge  betrachten. 

Danach  können  wir  Plinius  zuweisen  unter  ^:  andpes  s.  120, 14^; 
aui  s.  120,  24^;  annälei  s.  120,  28.  unter  C  reihen  sich  ein:  cicatri- 
cum  s.  125,  1;  cofUinenti  s.  125,  13'^;  candenti  s.  125, 15;  unter  i^: 
fdiäum  s.  129,  3";  ferocior  s.  129,  31;  ferienteis  s.  130, 1**;  fagus 
s.  130, 5;  unter  Jschlieszen  sich  an  die  ablative  an :  innocente  s.  133, 23 
und  insequenti  s.  134,  3;  unter  L  sind  later  s.  135,  17  und  lacer 
s.  135,  20'',  beide  durch  ihre  prägung  eng  zusammenhängend,  durch 
diese  ebenso  mit  dem  voraufgehenden  laterale  verbunden,  Lar  s.  1 36, 1 3 
schlieszt  sich  an ;  unter  P  sind  panium  s.  141, 20**  und  poematorum 


^^  wenn  man  es,  wie  ich,  für  wahrscheinlicher  hält,  dasz  Plinius 
die  besprechung^  der  unregelmäszigkeiten  dieses  wortes  an  den  geneliv 
als  dasz    er  sie  an  den  ungebräuchlichen  nominativ  angoschlossen  hat. 

^*  von  Schottmüller  s.  88  mit  unrecht  verdammt,  vgl.  s.  120,  20 — ^21. 

^  vgl.  die  inhaltlichen  (rründe  bei  Öchottmüller  s.  37.  **  ich  sehe 
den  Widerspruch  mit  der  PHnianiscben  re^I  über  die  nomina  auf  x 
nicht,  welchen  Schottmüller  s.  41  behauptet,  vgl.  s.  124,  29  abique 
communibus.         «*  vgl.  SchottmUlIer  s.  .S9.         *'  vgl.  Schottmüller  8.  89. 

^  wenn  es  hier  heisst  neuirum  autem  puio  poue  dici  und  in  cap.  16 
s.  90,  8  f.  ego  autem  neuirum  probo  nee  puto  panem  plurali  manero  diel 
posse^  so  kann  man  daran  anstosz  nehmen,  dasz  an  beiden  stellen  die 
Worte  des  Plinius  in  dtrecter  rede  gegeben  sein  sollen;  dann  müste  man 
auch  den  artikel  bei  Romanus  dem  anon.  de  analogia  zuweisen,  übrigens 
benutze  ich  diese  gelegenheit,  um  darauf  hinzuweisen,  wie  auch  nier 
Romanus  wieder  gekürst  hat;  der  satz  mit  quia  schlieszt  sich  in  cap.  15 
weit  logischer  an.  Neumann  ao.  s.  15  anm.  hat  bei  Romanus  nuwtero 
tilgen   wollen   'quod   hoc   loco    sensu    caret\    aber   mit   unrecht,     vgl. 

S.     90,     9* 


FBölte :  die  qaeilen  Ton  Charirios  I  15  und  17.  423 

8.  141,  29  genetive  wie  die  beiden  citate  ans  Plinius;  ebenso  fügt 
unter  R:  radicium  s.  143,  14  und  unter  8:  auj^^HleetiUs  s.  148,  16* 
sich  ein. 

Ich  will  kurz  auf  die  ausnahmen  voniden  oben  aufgestellten  regeln 
hinweisen,  die  casusfolge  ist  gestört  unter  M:  hier  folgen  nom«  gen* 
abl.  acc,  zwischen  abl.  und  acc.  steht  der  voc.  JM^ßsis  b.  187,  21. 
einzelne  Pliniuscitate  sind  auch  abgesprengt:  so  frua  a.  130, 29«  iniber 
s.  135, 3,  der  nom.  an  letzter  stelle;  auch  s.  134, 12  halte  ich  fttr  Pli> 
nianisch.  endlich  sind  ohne  zweifei  excerpte  aus  andern  grammatikem 
in  die  Pliniusreihen  eingeschoben:  arbor  (?)  s.  119, 1,  gen.  zwisohen 
nominativen ,  ist  sicher  nicht  Plinianisch.  unter  C  stehen  cknUatkim 
s.  125,  16  und  canes  s.  125,  19  zwisohen  dem  abl.  sing,  und  plnr., 
stören  also  die  casusfolge.  mcHU  s.  136,  27  gehört  wcJiirscheinlich 
in  die  ablativreihe ,  ebenso  maiore  a.  137,  27  und  onmi  s«  139,  13. 
man  kann  sie  daher  nicht  ohne  weiteres  für  Plinianisch  erUftrwn, 
wie  dies  für  ciuitaiitMn  Schottmüller  that:  denn  das«  die  Pliniani- 
schen  artikel  confundiert  sein  sollen,  ist  weit  unwahrsoheinlioher 
als  dasz  excerpte  aus  andern  grammatikem  eingeeeboben  worden 
sind,  und  canee  ist  in  der  that  nicht  Plinianisch,  sondern  ans  Gaper 
geschöpft,  wie  die  vergleichung  mit  icrques  s.  145,  19  lehrt,  dasa 
in  ciuitatium  Cornutus  citiert  wird,  beweist  nichts.  Bomanus  kann 
ihn,  wie  so  viele  andere  commentatoren,  auf  welche  er  geradezu  jagd 
gemacht  haben  musz,  noch  direct  benutzt  haben,  s.  127, 19 — 21 
kann  von  Bomanus  angeschoben  sein,  und  in  dem  oap.  de  aduafWo 
benutzt  er  ihn  auch  (s.  201,  12).  auch  sollte  man  andernfalls  er- 
warten, dasz  Cornutus  durch  Plinius  Vermittlung  auch  bei  Priscian 
erschiene,  was  nicht  der  fall  ist. 

Man  sieht ,  wie  gering  die  zahl  dieser  ausnahmen  ist. 

2.  Bei  neun  buchstaben  finden  wir  vor  der  reihe  der  Plinius- 
citate ,  welche  mit  dem  nom.  oder  gen.  beginnt,  6inen  oder  mehrere 
titel,  in  denen  die  endung  des  abl.  sing,  der  dritten  decl.  besprochen 
wird;  bei  CNR  stehen  daneben  die  den  ablativ  behandelnden 
Pliniuscitate  an  ihrer  richtigen  stelle,  der  art  haben  wir  unter  0 
8. 124, 14—27  sieben  artikel,  6inen  unter  G  s.  131,  6,  H  s.  132, 15, 
zwei  unter  I  s.  133,  5.  9,  unter  JVdrei  s.  138,  1.  2.  4,  6inen  unter 
P  8.  141,  13,  Rs.  142,  8,  vier  unter  S  s.  143,  5.  7.  8.  11,  6inen 
unter  T  s.  144,  25.  gerade  auf  grund  dieser  Stellung  sind  wir  be- 
fugt die  genannten  titel  als  eine  besondere  schiebt  aufzufassen,  und 
können  von  hier  zu  zweifelhaftem  fällen  fortgehen,  unter  J^ geht  die 
Pliniusreibe  s.  130,  5  mit  dem  acc.  plur.  zu  ende,  s.  130,  13 — 28 
haben  wir  7  titel  über  den  ablativ  (s.  130,  25  bildet  zwei  lemmata). 
weiter  können  wir  bei  D,  wo  die  ursprüngliche  anordnung  durchaus 
gestört  ist,   die  drei  artikel  s.  127,  7.  9.  11  heranziehen,  obwohl 


^^  8.  144,  6  scheint  Palaemonisch,  s.  144,  13  stammt  aus  dem  anon. 

de  analogia. 


424  FBölte:  die  quellen  von  Charieius  I  15  und  17. 

ihnen  ein  Fliniuscitat  unmittelbar  folgt,  auch  die  vereinzelt  stehen* 
den  lemmata  unter  E  s.  127^  26,  Ms.  136,  27  und  s.  137,  27—29 
(an  den  Plinianischen  acc.  angeschoben),  0  s.  139, 13  wage  ich  hier- 
her zu  rechnen,  auch  unter  F,  wo  sonst  die  vorauszusetzende  ur- 
sprüngliche anordnung  aufs  ärgste  gestört  ist,  treffen  wir  doch  eine 
gröszere  zusammenhängende  reihe  von  (5)  abl.-titeln  s.  146, 15—23. 
Ton  diesen  titeln  wird  nun  der  vierte  ausdrücklich  dem  Plinius  zu- 
geschrieben, wie  dies  zu  erklären,  ergibt  sich  unter  Ä,  hier  ist  die 
Pliniusreihe  in  zwei  stücke  zerrissen,  die  ablative  stehen  in  ihr  s.  120, 
17—31  und  s.  122,  13.  16.  23.  dazwischen  haben  wir  s.  121,  14 
— 122,  2  vier  titel,  welche  den  abl.  sing,  der  dritten  decL  behandeln, 
und  hier  lesen  wir  nun,  wenn  wir  der  Merkeischen  emendation** 
folgen :  aux^üiare  per  e^,  ab  hoc  aimliare,  Kde}  [add.  Schottmüller] 
homine^  ut  idem  Plinius  (eodem  Ixbro  unde  exemplay  aliatiui  casus 
per  omne  specimen^  et  quidem  quando  «,  quando  e  terminari  debeai, 
coü^eda  exce^pimus.  diese  worte  lassen  keine  andere  erklärung  zn, 
als  dasz  Bomanus  bemerkungen  des  Plinius  über  den  abl.  sing,  der 
dritten  decl.  auf  ein  besonderes  blatt  notierte,  wahrscheinlich  nach- 
träglich ,  da  er  bemerkte  dasz  dieser  gegenständ  eine  ausführlichere 
behandlung  erfordere ,  als  er  sie  ihm  beim  ersten  excerpieren  hatte 
zu  teil  werden  lassen.*^  nun  konnten  wir  durch  das  ganze  capitel 
eine  schiebt  verfolgen,  welche  eben  diesen  punkt  behandelt;  zu  ihr 
gehören  auch  die  vorliegenden  titel  unter  Ä^  es  entspricht  also  diese 
schiebt  eben  jenen  secundären  Pliniusexcerpten.    eine  schlagende 


^  GL.  I  add.  s.  608.  unabhängig  von  Merkel  versachte  dann  Schott- 
müller 8.  36  f.  die  beiden  artikel  s.  121,  14  und  15  sn  verbinden,  eine 
entsprechende  ergäDzoDg  ist  notwendig»  da  sonst  s.  121,  16—16  voll- 
kommen sinnlos  ist.  die  Merkeische  emendation  schlieszt  sich  den 
tiberlieferten  worten  am  engsten  an.  ein  sabstantiv  wie  exempla^  von 
dem  der  gen.  ablaiiui  casus  abhängen  könnte,  scheint  notwendig  lu  sein« 
kann  aber  in  der  hs.  nicht  mehr  gestanden  haben,  fiel  es  etwa  vor 
excepimus  ans?  Schottmüller  bemerkt  s.  36  ganz  richtig,  dasz  derartige 
ändernnffen  wohl  Über  Cbarisins  hinansgehen.  *^  offenbar  weil  er 

dies  Verhältnis  verkannte  nnd  die  ablativschicht  mit  den  eigentlichen 
Pliniusreihen  zusammenwarf^  sah  Schottmüller  sich  auszer  stände,  seine 
glficklicbe  beobachtung  der  casusfolge  in  den  Plininscitaten  unter  A 
zur  basis  seiner  ganzen  Untersuchung  zu  machen,  die  mehrzahl  dieser 
artikel  hat  Schottmüller  s.  37  f.  auf  Plinius  zurückgeführt,  andere  aber 
auf  grund  von  inhaltlichen  bedenken  dem  Charisius  zugeschrieben,  einer 
Bolchen  ausflucht  bedürfen  wir  jetzt  nicht  mehr,  die  regeln  über  den  abl. 
sing,  der  dritten  decl.,  welche  in  der  Pliuiusschicht  gegeben  werden, 
sind  durchaus  klar,  und  leicht  ist  es  aus  ihnen  das  system  zu  recon- 
Btruieren.  alle  Schwierigkeiten  sind  in  der  fassung  der  notizen  in  der 
«bl.-scbicht  begründet,  es  zeigt  sich  hierbei,  dasz  Romanus  die  Plini- 
anische  doctrin  absolut  nicht  verstanden  hatte,  der  unterschied  zwi- 
schen der  Plinius-  und  der  abl.- schiebt  musz  damit  zuaammenhSngen, 
dasz  Romauus  für  diese  artikel  die  formnlierung  zum  teil  selbst  geben 
muste,  indem  er  bei  Plinius  nur  die  beispiele  fand,  dasz  man  da- 
nach die  lehre  des  Plinius  über  die  endung  e  oder  t  im  abl.  anders 
fundieren  musz,  als  lirambach  gethan  hat,  ist  klar,  doch  ist  das  ans* 
zuführen  hier  nicht  des  orted. 


FBölte:  die  quellen  von  Ghansias  I  16  und  17.  425 

bestäiigung  für  die  richtigkeit  des  von  mir  bei  der  quellenanaljae 
verfolgten  weges. 

3.  Die  excerpte  aus  dem  anonjmus  de  anälogia  gestatten  eine 
kürzere  darstellung.  wie  im  zweiten  abschnitt  dieser  Untersuchungen 
nachgewiesen  wurde ,  kann  cap.  15  nicht  von  Bomanus  abhttngen. 
läszt  sich  demnach  die  Übereinstimmung  beider  capitel  nur  aus  der 
benutzung  einer  gemeinsamen  quelle  erklären,  so  werden  wir,  so 
lange  nicht  andere  gründe  für  das  gegenteil  sprechen,  die  congruenten 
abschnitte  sämtlich  auf  6inen  gewährsmann  zurückführen,  ich  be- 
zeichnete diesen  eben  als  anon.  de  anaU>gia.  welche  erörterungen 
wir  demselben  auctor  auszerdem  noch  zuweisen  dürfen,  diese  frage 
wurde  für  cap.  15  oben  beantwortet,  dasz  auch  Bomanus  abschnitte 
aus  dem  anonymus  überliefert,  welche  in  cap.  15  fehlen,  ist  durch- 
aus vorauszusetzen :  muste  doch  jenes  buch  die  bände  dreier  gram- 
matiker  (des  Verfassers  der  dritten  quelle,  des  contaminators  von 
cap.  16  und  des  Charisius)  passieren,  ehe  es  die  vorliegende  gestalt 
erhielt  freilich  grosz  kann  der  Zuwachs  nicht  sein:  denn  6inmal 
haben  wir  nur  unter  wenigen  buchstaben  mehr  als  zwei  excerpte, 
können  also  auch  nur  selten  eine  schiebt  nachweisen ;  zweitens  fehlt 
es  uns  an  einem  Wegweiser,  wie  ihn  die  casusfolge  für  Plinius  bot. 
wohl  dürfen  wir  voraussetzen,  dasz  die  excerpte  aus  dem  anon.  nach 
der  endung  des  nom.  geordnet  erscheinen,  aber  genau  kennen  wir 
die  folge  nicht,  und  auszüge  aus  dem  zweiten  teil  des  capitels,  jener 
samlung  einzelner  notizen,  würden  sich  danach  nicht  einreihen  lassen. 
hier  ist  also  Zurückhaltung  geboten. 

Schichtenweise  treten  die  excerpte  aus  dem  anonymus  unter 
folgenden  buchstaben  auf:  A^^  s.  117,  18—118,  6  und  s.  120,  32 
—121,  5  +  8—13,  G  s,  131,  16— 27,  Hs.  132,  8— 14,  Ps.  140, 
11 — 141,  7,  unter  dem  letzten  sind  einige  zweifelhafte  fälle  mit  ge- 
rechnet, weiter  lassen  sich  auf  den  anonymus  zurückführen  folgende 
artikel.  unter  A  schlieszen  sich  Alcon  s.  118,  7  und  Argo  s*  118,  8 
der  endung  o  an,  der  die  vorhergehenden  titel  angehören;  für  Argo 
läszt  sich  auf  die  ähnlichkeit  mit  Aenea  s.  120,  32  s»  cap.  15  s.  66, 17 
verweisen,  unter  D  könnte  man  sich  auf  die  inhaltliche  berührung 
von  Bracontem  s.  126,  20  mit  AfUiphonem  s.  118,  3  stützen,  wenn 
derartige  kriterien  nicht  sehr  bedenklich  wären,  sicher  gehört  frag" 
mine  s.  131,  4,  welches  &\xf  fernen  folgt,  diesem  grammatiker.  unter 
P  kann  man  vielleicht  s.  140,  5 — 141,  7  ganz  dem  anonymus  zu- 


^  wie  die  excerpte  ans  PÜDias  unter  A  an  zwei  stellen  auftreten : 
8.  118,  15—120,  31  and  s.  122,  6  ff.,  so  ist  dasselbe  bei  den  aus  dem 
anon.  geschöpften  abschnitten  der  fall:  s.  117,  9 — 118,  6  ^-|- 7  —  8^ 
und  s.  120,  32 — 121,  13.  die  annähme  ist  unabweislich,  dass  hier  eine 
mechanische  Verschiebung  irgend  welcher  art  stattgefunden  hat,  durch 
welche  s.  118,  15—120,  31  und  s.  120,  81—122,  5  ihre  platze  tauschten, 
der  letztere  umfaszt  Vs  des  erstem,  vor  Charisius  liegt  diese  Umstel- 
lung jedenfalls. 


426  FBölte:  die  quellen  yon  CharieiuB  I  16  und  17. 

vf eisen  ]  pecua  s.  140,  8  und  penu  b.  140, 11  bttngen  eng  zusammen, 
und  für  letzteres  findet  sich  in  c.  15  eine  entsprechende  stelle  s.  74, 
28 — 33 ;  patris  s.  140,  17  berührt  sich  mit  s.  82,  8  ff.,  ein  abschnitt 
welcher  nicht  Falaemonisch  sein  kann,  endlich  bin  ich  geneigt 
Schema  s.  144,  18  dem  anonymus  zu  vindicieren  wegen  des  eigen- 
tümlichen ausdrucks  denotatur,  der  s.  71,  4  wiederkehrt. 

Alles  in  allem  können  wir  etwa  41  lemmata  dem  anonymus 
zuweisen,  und  aus  dieser  geringen  anzahl  erklärt  es  sich  sehr  ein- 
fach ,  wenn  beim  zusammenschreiben  der  verschiedenen  excerpte  die 
aus  unserm  grammatiker  genommenen  leichter  aus  einander  gerissen 
und  an  verschiedenen  stellen  untergebracht  wurden  als  die  mehr 
denn  doppelt  so  zahlreichen  Plinianischen. 

4.  Die  übrigen  grammatiker,  welche  im  ganzen  sechzehn  mal 
genannt  werden:  Asper  s.  140,  3,  Caper  s.  132,  6.  145,  20.  23, 
Comutus  s.  125, 16. 127,  20,  Helenius  Acron  s.  119, 12.  20.  126, 17. 
130,  12,  Paulus  8.  126,  31.  143,  9,  Fl.  Pomponianus  s.  145,  29, 
Scaurus  s.  133,  1.  136,  16,  Vindex  s.  117,  13,  können  für  unsere 
Untersuchung  nicht  in  betracht  kommen,  abgesehen  davon  dasz  es 
bei  mehreren  zweifelhaft  ist,  ob  sie  von  Bomanus  direct  benutzt 
worden  sind. 

Ebenso  sind  die  excerpte  aus  Palaemon  zu  wenig  zahlreich,  als 
dasz  bei  ihnen  eine  schichtenweise  lagerung  hervortreten  könnte, 
dennoch  will  ich  bei  dieser  gelegenheit  wenigstens  auf  die  unzweifel- 
haften Übereinstimmungen  zwischen  beiden  grammatikem  hin- 
weisen: ApoUo^  s.  118,  9—12  =  Pal.  s.  63,  31—64,  5  —  JEir 
syUaba  finita^''  s.  128,  7—11  =  s.  84,  12  flf.  —Esproduäa  finüa 
s.  128,  12—16  =  s.  68, 34  flf.  —  hehes^'  s.  132, 1—3  =  8.  70,  9  flF. 
—  lepus  8.  135,  10—12  =  s.  74,  9—15  —  supeüex^  s.  144,  6—7 
>»  8.  88,  24  ff.  wenn  also  Schottmüller  und  neuerdings  Neumann 
die  unter  Palaemons  namen  überlieferten  capitel  dem  berühmten 
grammatiker  absprechen ,  so  müssen  sie  doch  zugeben ,  dasz  schon 
im  zweiten  jh.  ein  ganz  ähnliches  werk  existierte. 

Zum  schlusz  gebe  ich  eine  zahlenmäszige  Übersicht  über  den 
anteil  der  verschiedenen  grammatiker.  das  capitel  enthält  246  lem- 
mata: davon  gehören  der  Fliniusschicht  93  an  (73  bezeugt  Bomanus), 

*'  genaue  Übereinstimmung  der  disposition.    vgl.  oben  anm.  12. 

^^  bei  Komanos  ist  infolge  des  kürzens  einige  confasion  entstanden. 

71  mit  ffector  s.  131,  28  ff.  vgl.  Pal.  r.  86,  1  ff.,  mit  habilü  s.  131,^  ff. 
Pal.  B.  89,  9  ff.  und  psendo-Palaemon  s.  41,  24  ff.,  mit  ffippocoon  s.  131,  33 
Pal.  s.  6i,  21  ff.  7'  bei  /mpellex  wird  der  gen.  -ctf  für  die  Wörter  aof 
'ex  als  regel  anerkannt:  vgl.  oben  anm.  23.  Palaemonisch  kann  teiiec 
8.  144,  3  deshalb  nicht  sein,  vielleicht  aber  einem  ähnlichen  exemplar 
entstammen,  wie  das  cap.  15  s.  88,  6  benutzte  war.  ich  kann  hier  nar 
die  allgemeine  bemerknng  anfügen,  dasz  die  Palaemonischen  excerpte 
bei  Uomanns  der  dem  cap.  16  zu  gründe  liegenden  recension  ungleich 
näher  stehen  als  der  welche  Charisius  und  der  anon.  Bob.  in  bänden 
hatten,     vgl.  oben  anm.  24  und  27. 


FBölte :  die  qaellen  von  Charisiiu  I  16  und  17.  427 

42  der  ablativschicht,  also  stammen  aus  Plinius  im  ganzen  136 ;  aus 
dem  anon.  de  analogia  sind  41  geschöpft;,  aus  Palaemon  etwa  10; 
andern  grammatikem  werden  zusammen  16  zugeschrieben;  unbe* 
stimmt  bleiben  45. 

IV.    DIE  EINLEITUNGEN  ZU  CHARI8IUS  I  16  UND  17. 

Ausgeschlossen  haben  wir  bis  jetzt  von  unserer  betrachtung 
die  einleitungen  zu  den  beiden  behandelten  capiteln.  je  seltener  uns 
erörterungen  über  die  principien  der  Sprachwissenschaft  bei  den 
lateinischen  grammatikem  entgegentreten ,  um  so  mehr  haben  wir 
anlasz  nicht  nur  dem  Ursprung  der  sjstemei  sondern  auch  den  wegen 
ihrer  Überlieferung  nachzuspüren,  suchen  wir  demnach  diese  ein* 
leitungen  mit  den  grammatikem  in  Verbindung  zu  bringen ,  welche 
in  den  beiden  capiteln  benutzt  worden  sind,  so  haben  wir  für  die 
vorrede  zu  cap.  15  die  wähl  zwischen  dem  anon.  de  Latimtate  und 
dem  anon.  de  analogia''*;  für  Bomanus  werden  die  auctoren  in  be- 
tracht  kommen ,  aus  denen  er  sicher  direct  und  in  gröszerm  masze 
geschöpft  hat,  also  Plinius  und  der  anon.  de  analogia. 

An  erster  stelle  will  ich  mich  mit  der  einleitung  zu  cap.  17  de 
analogia  beschäftigen. 

1.  Für  diese  auseinandersetzung  haben  wir  auszer  Charisius 
noch  eine  zweite  Überlieferung  in. einem  fragment,  welches  die  über«' 
schrift  trägt :  ars  grammatica  accepta  ex  auditoHo  DonaHam  GL.  VI 
8.  275—77  (vgl.  auch  die  wichtige  collation  des  Neap.  IV  A  11  GL. 
YII  s.  671);  wir  besitzen  es  in  einer  anzahl  von  jungem  abschriften 
aus  einem  alten,  für  uns  verlorenen  Bobbier  codex,  in  welchem,  wie 
wir  aus  der  Übereinstimmung  der  apographa  ersehen,  unser  bmch* 
stück  zusammen  mit  andern  teils  metrischen,  teils  grammatischen 
inbalts  zwischen  den  Schriften  des  Caesius  Bassus  und  des  Atilins 
Fortunatianus  stand  (vgl.  Keil  VI  s.  245  ff.),  das  fragmentum  Dona- 
tiani,  mit  dem  allein  wir  es  hier  zu  thun  haben,  behandelt  s.  275, 
13—276,  9  die  analogia,  s.  276,  10—277,  15  die  nomina  auf  .4 
(vgl.  oben  s.  404).  zur  bequemern  vergleichung  stelle  ich  Charisius 
und  Donatianus  hier  neben  einander. 


^^  bei  einer  erörterung,  welche  so  mit  Varronischer  lehre  getränkt 
ist,  kann  an  Palaemon  natürlich  nicht  gedacht  werden,  noch  weniger 
wo  möglich  an  Cominianus  (vgl.  Keil  zu  Char.  s.  50,  8  und  Morawski 
ao.  8.  352),  der  seinen  Charakter  hätte  verleugnen  müssen,  um  einen  so 
gelehrten  abschnitt  in  seine  grammatik  aufzunehmen,  ganz  abgesehen 
davon  dasz  er  in  dem  capitel  überhaupt  nicht  benutzt  worden  ist.  —  Eine 
befriedigende  emendution  der  einleitungsworte  s.  60,  8  zu  finden  ist 
mir  nicht  gelungen,  auch  quoque  erregt  anstosz.  ein  ut  dixinms  ist  aber 
ebenso  undenkbar  wie  ut  Cominianui  dixUi  denn  weder  bei  dem  auctor 
der  einleitung  kann  vorher  von  ähnlichem  die  rede  gewesen  sein  (es 
sind  die  eingangsworte  des  Werkes)  noch  bei  Charisius;  in  dem  ver- 
lorenen cap.  1  war  dazu  gar  kein  platz,  nehmen  doch  cap.  1  und  2  su- 
sammen  nur  einen  räum  von  8  Zeilen  des  codex  ein.  in  cap.  1  stand 
wahrscheinlich  in  kürzerer  fassung  dasselbe  wie  bei  Dosithens  8.  876. 


428  FBölte :  die  quellen  yon  Charisius  I  16  und  17. 

Donatianus :  Charisias : 

loquendi  facültatem  iisus  inuenit, 
ratio  comprohauit.  ratio  digeritur 
in  duas  species^  quarum  äUeram 
etymologiam^  aUeram  analogiam 
Graeci  dixerunt.  etymologia  est 
t^erhorum  in  usu  credibüis  enume- 
ratio,  ideoque  quasi  antölogia  dida 

est,    analogiam  sie  Graeci  defini-  anälogia  est,  ut  Chraecis  ptacet^ 

erunt,    avaXoyla   iaxl  övfiTtkoKri   CvunXoxii  Xöymv  axoXov^cnvj 
Xoycov  axoXov^tov,  id  est  conexus 

orationum  consequentium.  huiusce  eaque 

generalis  anaiogiaespedesquaedam  generalis  esL    specialis  uero  est 
speäantur  in  rebus,  quaedam  in  quae  speäatur  nuncin rebus  nunc 
rationibus.  hanc  analogiam  Graeci,  in  rationibus  occupata,  cui  Oraed 
quae  speäatur  in  diäionibus,  sie  modum  istius  modi  condiderunt^ 
definierunt,  avaXoyia  iaxlv  (Tvft-  ivaXoyla   iarlv  avfinXiniri   Xoymv 
TtXoTiri  Xöycav  axoXov^cDv  iv  Xi^si^  aTioXowcDv  iv  Xi^st, 
id  est  conexus  orationis  in  didione 
huic  uero  anälogiae,  quae  est  in  uer- 
bis ,  üla  quoque  anälogia  subieda 
est,  quae  procedü  per  simüium  com- 
parationem,  quae  sie  definitur  a 
quibusdam,  avaXoyla  hxlv  ovfi- 
TtXoKt]  XoyoDv  iiioXov^oDv  iv  nXidECi 
^egtav  Xi^ecogj  id  est  conexus  ora- 
tionum consequentium  in  dedina- 
tionibus   partium    orationis.     in 

(anälogia  Äristqphanesy  quinque  huic  Äristqphanes  quinque 

obseruationes  tradit,  per  quas  rationes  dedit  [ud,  ut  aliiputant^ 
possent  inueniri  simüia ,  ut  eius-  sex];prmouteiusdemsintgeneri8 
dem  sint  generis,  casus,  exitus,  dequibusquaerüur,deincasus,tum 
numeri  syllabarum,  soni.  Aristar-  exitus,  quarto  numeri  syttäbarum^ 
cJius,  auditor  eius,  adicit  differen-  item  soni.  sextum  Aristarchus,  dis* 
tiam,  id  est  ne  simplicia  cum  com-  cipulus  eius,  iUud  addidit ,  ne  um- 
positis  comparemus.  quam  simplicia  compositis  aptemus. 

Aus  der  unbestreitbaren  Übereinstimmung  scblosz  Keir\  dass 
das  fr.  Donatiani  aus  Cbarisins  abgeschrieben  sei,  und  wenn  nun  das 
fr.  Donatiani  mehr  bietet  als  Charisius,  und  zwar  bemerkungen, 
welche  nicht  beliebig  zugefügt  werden  konnten ,  so  erklärte  er  dies 

''*  Vi  8.  254:  'sed  ex  bis  excerptis  .  .  ea  pars  qaae  est  de  analog!« 
Donatiani  nomine  inscripta  .  .  cum  Charisii  arte  gprammatica  ita  con- 
sentit,  at  ex  hac  recepta  esse  videatar.  nam  primnm  de  nomine  ana- 
lo^riae  praeter  panca,  qaae  ab  initio  hie  nberius  scripta  sunt,  qaam 
nnnc  apud  Charisinm  leg^ntur,  eadem  ab  illo  auctore  Inlio  Romano 
tradita  sunt  p.  116,  30.  deinde  de  nominibns  A  littera  terminatis  omnia 
quae  bic  leguntur  apud  eundem  p.  52,  6  inreninntur.' 


FBölte:  die  quellen  von  CharidaB  1 16  und  17.  429 

damit,  dasz  in  unserer  Cbaridustlberlieferung  das  betreffende  ausge- 
fallen sei.  es  ist  dies  eine  anschauung,  welche  Keil  auch  sonst  wohl 
gelegentlich  ausgesprochen  hat  (und  Hagen  anecd.  Helv.  s.  CLJX.  ist 
ihm  gefolgt) ,  dasz  unsere  Charisius-hs.  sich  keineswegs  mit  der  ur- 
sprünglichen gestalt  des  Werkes  decke ;  begründet  worden  ist  sie  nie. 
wäre  nun  diese  anschauung  richtig,  wäre  wirklich  die  Überlieferung 
des  Charisius  eine  so  unzuverlässige ,  so  würde  allerdings  die  con- 
sequenz  sein ,  dasz  man  bei  allen  quellenuntersuchungen  in  diesem 
grammatiker  ein  x  in  die  rechnung  aufnehmen  müste,  welches  alle 
Sicherheit  der  resultate  aufhöbe,  ich  halte  es  daher  für  geboten  diese 
frage  einer  genauem  prüfung  zu  unterziehen. 

Die  einzige  vollständige  handschrift,  welche  wir  von  Charisius 
besitzen ^^,  ist  nicht  nur  sehr  nachlässig  geschrieben^,  sondern 
obendrein  noch  aufs  ärgste  beschädigt,  so  war  es  denn  geboten, 
um  diese  lücken  ergänzen  zu  können,  alle  grammatiker,  welche 
Charisius  benutzt  haben ,  namentlich  die  excerptoren  der  karolingi- 
schen  zeit  heranzuziehen ,  eine  aufgäbe  welche  Keil  in  musterhafter 
weise  gelöst  hat.  diese  excerptensamlungen  bieten  oft  eine  andere 
anordnung,  bei  aufzählungen  von  beispielen  oft  eine  vollere  fassnng 
als  der  Neapolitanus,  und  infolge  der  wenig  vertrauen  erweckenden 
beschaffenheit  dieser  hs.  erhielten  jene  Zeugnisse  ein  unverdientes 
gewicht;  so  dasz  man  sie  schlieszlich  als  eine  gleichberechtigte  Über- 
lieferung dem  Neapolitanus  gegenüberstellte. 

Wenn  nun  Keil  DLZ.  1886  n.  42  sp.  1490  hierbei  voraussetzt 
'dasz  die  Schriften  der  grammatiker  uns  zum  groszen  teil  nicht  mehr 
in  ihrer  ursprünglichen  gestalt,  sondern  in  einer  durch  den  gebrauch 
veränderten  form  vorliegen',  dasz  'die  erhaltenen  Schriften  solchen 
Veränderungen  ebensowohl  wie  die  verlorenen,  welche  von  ihnen  be- 
nutzt wurden ,  ausgesetzt  gewesen  sind',  so  musz  ich  die  richtigkeit 
dieses  Satzes  a  priori  baptreiten.  die  Umgestaltungen,  welche  die 
bücher  der  altern  grammatiker  fast  ausnahmslos  erlitten  haben ,  be- 
ruhen darauf,  dasz  sie  von  grammatikem  fortgepflanzt  wurden,  denen 
es  nicht  darauf  ankam  eine  genaue  copie  herzustellen ,  sondern  sich 
ein  handexemplar  für  den  eignen  Unterricht  zu  gestalten,  wobei  sie 
sich  denn  jede  ft'eibeit  gegenüber  ihrer  vorläge  nehmen  konnten  und 
nahmen,  aber  schon  mit  den  zeiten  des  Charisius,  also  in  der  zweiten 
hälfte  des  vierten  jh.  tritt  hierin  eine  änderung  ein :  denn  ein  zufall 
kann  es  nicht  sein,  dasz  Charisius,  Dositheus,  der  anon.  Bob.  alle 
gleichmäszig  denselben  cbarakter  bloszer  compilatoren  zeigen,  und 


iü 


für  8.  224,  24—264,  16  kommt  hinzu  das  Pariser  brachstück :  vgl. 
Keil  8.  XVI  f.  '^^  was  von  dem  Schreiber  des  Neapol.  zu  erwarten  ist, 
ergeben  seine  eignen  werte  anm.  zu  s.  296,  18  'item  sunt  bidiomata 
nominum  .  .  quae  nos  quasi  non  neoessaria  nunc  praetermisisse  lector 
agnoscat* ;  später  schlug  ihm  das  gewissen,  und  so  trägt  er  f.  81'  das 
ausgelassene  nach:  vgl.  Keil  s.  X  unten,  ich  will  bemerken,  dasz  ohne 
zweifei  alles,  was  auf  den  letzten  elf  blättern  des  Neapol.  steht,  dem 
Charisius  gehört,  es  ist  dringend  zu  wünschen,  dasz  diese  abschnitte 
einmal  publiciert  werden. 


430  FBölte:  die  quellen  von  ChanBius  I  16  und  17. 


Diomedes  unterscheidet  sich  von  ihnen  nur  dadurch,  dasz  er  sei] 

quellen  in  einzelne  sätze  zerpflückt,  diese  dann  aber  ebenso  unTC 

^  ändert  an  einander  reiht,    vollends  nun  in  der  folgenden  period 

^  wo  der  Unterricht  sich  um  die  grammatik  des  Donatus  concentriei 

treten  jene  altern,  gelehrtem  bücher  vollständig  zurück;  wennmi 
sie  nun  noch  abschrieb ,  so  wollte  man  eine  copie  haben ,  aber  nie 
eine  freie  Umgestaltung  zu  eignem  gebrauch,  deshalb  ist  es  fal» 
eine  parallele  zwischen  der  Überlieferung  der  altem  grammatiker  ui 
der  eines  Charisius  zu  ziehen,  letzterer  kann  gar  nicht  in  der  wei 
umgestaltet  sein ,  weil  dazu  die  bedingungen  fehlten. 

Prüfen  wir  nun  die  thatsachen  selbst,  so  ergibt  sich  schon  a 
dem  Neapolitanus,  dasz  auslassungen  —  nur  mit  diesen  werden  vi 
es  zu  thun  haben  —  einzelner  Wörter,  zb.  des  artikeU  in  paradigmen 
einzelner  beispiele  in  längern  aufzählungen  nicht  selten  vorg 
kommen  sind ;  in  gröszerm  umfang  ist  das  bei  den  paradigmen  d 
dritten  buches  und  im  fünften  der  fall,  dasz  es  aber  hinsichtlich  d 
Zuverlässigkeit  der  Überlieferung  etwas  ganz  anderes  ist,  wenn 
(  dieser  weise  einzelne  Wörter  oder  beispiele  ausgelassen  werden,  i 

wenn  die  zusammenhängenden  auseinandersetzungen  gekürzt  werde 
liegt  auf  der  band. 

Aus  denäelben  quellen  schöpfend  wie  Charisius  stimmen  d 
anon.  Bobiensis  und  Dositheus  in  einer  ganzen  reihe  von  capite 
mit  ihm  überein.  eine  genaue  vergleichung  ergibt  nirgends  anhall 
punkte  für  die  annähme,  dasz  unsere  Charisiusüberlieferung  lücke 
haft  wäre. 

Die  zahlreichen  citate,  welche  die  grammatiker  des  fünften  l 
neunten  jh.  aus  Charisius  genommen  haben ,  lassen  sich  alle  nac 
weisen,  und  wo  dies  nicht  der  fall  zu  sein  scheint,  ergibt  eine  g 
nauere  prÜfung,  dasz  der  fehler  auf  seilen  der  excerptensamlung< 
liegt.  ^    was  ferner  die  letztgenannten  sp^ell  betrifft ,  so  bieten  i 

^^  man  vgl.  Charisius  s.  21,  18—22,  1  mit  Clemens  Scotus  dt  bt 
barismo  (Keil  de  grammat.  quibiisdam  lat.  inf.  aetatis  corom..  Erlang 
1868,  8.  11)  cod.  Leid.  Voss.  4.  33  f.  164^—64*  et  colum  per  umtm 
fendnini  generis  in  secunda  decHnaiione  ui  coik  dirit.  »olent  errare  qiä  fecund 
decUnationis  feminina  esse  neganU  cum  plura  inueniantur  ueluti  est  haec  co 
huius  colif  haec  aluus  huius  aiui,  haec  humus  huius  humi.  ^  solche  citi 
hat  Hagen  anecd.  Holv.  zusammengeRtellt,  aus  der  ars  anon.  Beroeni 
s.  CLXIII— CLXVU,  vgl.  ferner  s.  96,  23.  107,  24.  26.  117,20;  aus  d 
excerpten  des  cod.  Bern.  123  s.  CLV — CLXII.  ein  stück  derselb 
excerptensamlun^  steht  auch  in  einer  Leidener  hs. ,  Voss.  4.  33  s. 
(vgl.  Keil  I  8.  XIX),  welche  ich  durch  die  liberalität  der  Leiden 
bibliothcksverwaltung  im  frühjahr  1887  auf  der  Bonner  universiU 
bibllothek  benutzen  konnte,  wofür  ii'h  ihr  hier  meinen  dank  aussprech 
möchte,  ich  will  wenigstens  an  zwei  beispielen  zeigen,  welchen  ei 
flusz  die  hcranziehung  dieser  zweiten  hs.  auf  unser  urteil  über  die 
excerpte  ausübt,  im  Bern,  anecd.  Ilclv.  s.  CLXI  wie  im  Voss.  f.  7 
folgt  auf  ein  Charisiusexcerpt  (s.  190,  8—13)  der  satzs  aduerbium  dict 
est  quod  uerbo  eohereat  nee  cum  altera  parte  orationis  potius  iatngatur» 
Voss,  steht  aber  auch  der  namc  des  auctors,  der  im  Bern,  fehlt,  nei 
lieh  sir  ^  Sergius.  —  Zwischen  zwei  excerpten  aas  Charisius,  vun  w 


FBölte:  die  quellen  Ton  ChanBiaB  I  16  and  17*  431 

oft  bedenteftid  mehr  beispiele  als  der  Neftpolitanns.  wollte  man  aber 
den  Charisius  damit  bereichem,  so  wftre  das  sehr  verkehrt,  man 
mache  nur  einmal  den  versuch  mit»  dem  material,  welches  Keil  in 
den  anm.  zu  Char.  s.  187  und  188  bietet. 

Eine  besondere  Stellung  nimt  ßeda  ein,  der  in  seiner  Orthographie 
Charisius  fleiszig  benutzt  hat,  insofern  er  seine  quellen  nicht  nennt, 
man  könnte  also  mit  seiner  hilfe  einen  ausfall  nur  in  einem  von  ihm  ex- 
cerpierten  abschnitt  nachweisen.^  ich  will  dies  kurz  ezemplifideren. 
in  den  47  lemmata,  welche  Beda  allein  aus  oap.  15  genommen,  finden 
sich  nur  drei  stellen,  wo  Beda  gegenüber  Charisius  einen  flborschusz 
aufweist  Bedas.  272, 30—31  uhi  rem^e»  aecleti^  fehlt  bei  Char.  s.71, 29 
nach  nauium ;  kann  ein  zusatz  Bedas  sein,  ebenso  steht  es  mit  dem 
beispiel  sed  Cicero  ait  ^fiUumque  ekta  impuberein*  Beda  s.  280,  11 
— 12,  welches  bei  Char.  s.  70,  25,  auch  bei  Bomanus  s.  141, 6  fehlt; 
dagegen  haben  es  Probus  s.  20,  5  und  Prise.  VI  s.  250,  3.  unbequem 
ist  ein  fall:  Beda  s.  266,  18  sed  auctoriias  utrumqite  wariai  fehlt  bei 

chen  das  erste  mit  8.  194,  17  ponatur  endet,  das  zweite  mit  s.  194,  tO 
Stoici  beginot,  steht  im  Bern,  anecd.  Helv.  8.  CLVI:  haee  ergo  ptm  apud 

ffrecoi  duo  nomina  habet  eperema  quoä  inierpretaiur  aduerbUim  epandaex 
.  quod  interpraetatur  omne  dietum^  quod  ui  gramatieu»  dbeii  <nmäs  oratio  qtumdo 
desinit  esse  quod  est  in  aduerbium  transit,  im  Voss.  f.  76'  fehlen  diese  werte, 
sie  passen  auch  absolat  nicht  in  den  zoaammenhang  bei  Charisias:  wir 
Bohlieszen  demnach,  dasz  selbst  bei  dem  Verfasser  dieser  samlnn^  jene 
werte  noch  nicht  standen,  sondern  data  sie  erst  später  interpoliert  sind* 
—  Schlieszlich  mosz  ich  noch  eine  stelle  aus  dem  grammatiker  Petros 
besprechen  anecd.  Uelv.  s.  167,  5 — 9:  haee  pars  de  uerbo  pendens  a  nomine 
magis  quam  a  uerbo  oriri  uidetur  et  a  grammaticis  dicitur  'omne  dictum*^  ut 
Cominianus  dicit:  partes  orationis  ubi  non  sunt,  in  aduerbium  transeunt^ 
sicuticum  dicimus  Uoruum  ammal*  'toruum  clamat*j  ' forte  tempus^  Pforte  egU*  et 
reliqua,  in  unserm  Charisius  steht  nichts  derartiges.  Hagen  s.  CLXU 
will  nun  in  diesem  falle  nicht  annehmen,  dasz  in  unserer  Charlsins-hs. 
etwHS  ausgefallen  wäre,  weil  ein  derartiger  defect  nirgends  bemerkbar 
sei,  sondern  glaubt  dasz  die  quelle  des  Petrus  direct  aus  Cominianus  ge- 
schöpft habe,  man  braucht  aber  doch  die  stelle  nur  etwas  genaaer  an- 
zusehen, um  zu  erkennen,  dasz  Petrus  oder  seine  quelle  weder  Charisius 
noch  Cominianus  benutzt  hat.  hiesze  es  wenigstens  noch  omni»  pars 
orationis  quando  desinit  esse  quod  est,  aduerbium  fit,  vgl.  die  vorhin  ans 
dem  Bern,  angeführte  stelle,  Sergius  anecd.  Helv.  s.  CXCIV  10 — 12; 
Servii  comm.  in  Don.  s.  439,  22;  bei  Petrus  ist  der  sprachliehe  aos- 
druck  so  barbarisch,  dasz  er  erst  einer  ganz  späten  zeit  entstammen 
kann,  diese  ganze  auffassung  von  dem  tibergang  anderer  redeteile  in 
das  adverbium  kommt  bei  Servius  zuerst  vor.  man  vgl.  nur  Diom. 
B.  403,  8  =*  Don.  s.  385,  26,  welche  Hagen  als  parallelen  anführt,  um 
den  ganzen  unterschied  zu  erkennen,  wie  Petrus  dazu  kam  den  Comi- 
nianus für  diese  sätze  verantwortlich  zu  machen,  läszt  sich  etwa  dnrch 
die  annähme  erklären,  dasz  er  excerpte  benutzte  ähnlich  denen  im 
Bern.,  wo  dann  eine  randnotiz  dem  Charisiusexcerpt  zugefügt  war. 

'^  auch  bei  Beda  beobachten  wir  eine  schichtenweise  lagerung  der 
verschiedenen  excerpte.  man  könnte  daher  zb.  gii  s.  274,  7 — 8,  weil  es 
auf  gluten  s.  274,  6—6  —  Char.  s.  87,  22  flf.  folgt  und  mit  Rom.  s.  131,  7  flf. 
grosze  ähnlichkeit  im  inhalt  zeigt,  aus  Char.  entnommen  und  im  Neap. 
ausgefallen  sein  lassen,  aber  so  lange  wir  nicht  positiv  beispiele  eines 
solchen  ausfalls  nachweisen  können,  ist  ein  derartiger  schlusz  in  die 
luft  gebaut. 


432  FBölte:  die  quellen  von  Charisius  I  15  und  17. 

Char.  8.  77,  15;  uariare  haben  wir  auch  Char.  s.  91,  IT;  auch  atic- 
toritas  im  sinne  von  CMCtoreSj  wie  es  hier  gebraucht  wird,  findet  sich 
in  cap.  15  mehrfach,  vgl.  s.  54^  9.  86,  14.  88,  10.  89,  27.  (105,  20 
[Plinius]  ist  anders.) 

Wenn  wir  also  in  diesem  falle  anzunehmen  haben,  dasz  jener 
satz  einmal  bei  Charisius  stand,  so  ist  dabei  nicht  zu  übersehen,  dass 
wir  in  diesem  falle  sicher  wissen,  dasz  Beda  an  der  betreffenden  stelle 
aus  Charisius  abgeschrieben  hat.  unsere  ganze  prüfung  dieser  frage 
drängt  nun  aber  zu  der  forderung,  dasz  die  abhängigkeit  eines  gram- 
matikers  von  Charisius  feststehen  musz,  damit  ein  überschusz^  wel- 
chen er  unserer  hs.  gegenüber  bietet,  durch  ausfall  in  ihr  erklttrt 
werden  könne,  so  lange  die  Übereinstimmung  sich  durch  benutzung 
einer  gemeinsamen  quelle  erklären  läszt,  ist  dieser  beweis  der  ab- 
hängigkeit nicht  erbracht. 

2.  Damit  sind  wir  auf  eine  genaue  vergleichung  der  einleitang 
zu  cap.  17  mit  dem  fr.  Donatiani  hingewiesen. 

Wenn  Keil  sagt  'praeter  pauca  quae  ab  initio  hie  uberius  scripta 
sunt'  sei  bei  Donatianus  dasselbe  wie  bei  Charisius  überliefert,  so 
hebt  das  den  äuszem  unterschied  doch  nicht  genügend  hervor,  denn 
die  erörterung  nimt  bei  Donatianus  einen  räum  von  18,  bei  Charisius 
von  772  Zeilen  ein,  und  der  ausfall  hat  nicht  nur  im  anfang,  sondern 
ebenso  in  der  mitte  stattgefunden,  es  wäre  in  der  that  schlecht  um 
Charisius  bestellt,  wenn  er  uns  so  unvollständig  überliefert  wäre. 

Die  ersten  sätze  des  fr.  Donat. ,  welche  bei  Charisius  nicht 
stehen,  beziehen  sich  nicht  auf  das  wesen  der  analogie,  sondern 
knüpfen  die  erörterung  über  sie  an  ein  System  der  Sprachwissen- 
schaft an,  indem  sie,  von  dem  Verhältnis  des  %is\as  zur  ratio  ausgehend, 
etymologia  und  analogia  als  Werkzeuge  der  ratio  bezeichnen  und  die 
etymologia  definieren,  soll  es  nun  ein  bloszer  zufall  sein,  wenn  wir 
in  der  einleitung  zu  cap.  17,  das  doch  aus  einem  liher  de  analogia 
(vgl.  Char.  s.  56,  4.  114,  1)  abgeschrieben  ist,  nur  sätze  finden, 
welche  das  wesen  der  analogia  behandeln?  oder  hält  man  es  fOr 
glaublich,  dasz  Charisius  diese  auswahl  getroffen?  um  von  seinen 
abschreiben!  ganz  zu  schweigen,  eine  genügende  erklärung  gewährt 
meines  erachtons  nur  die  annähme ,  dasz  Romanus  selbst  nur  jene 
orörterungen  aufnahm. 

Vergleichen  wir  weiter  die  auseinandersetzung  über  das  wesen 
der  analogie.  Donatianus  (s.  275, 16 — 21)  unterscheidet  zwei  species, 
je  nachdem  die  analogia  huf  res  oder  rationes  angewandt  wird;  von 
der  analogia  quae  spectatur  in  dictionibus  gibt  er  die  definition :  dva- 
XoTioi  ^CTiv  cu^TrXoKfi  Xötujv  äKoXouOuJV  i\  \ile\.  diese  erörterung 
ist  in  der  einleitung  zu  cap.  1 7  vollständig  verwirrt,  hier  wird  der 
analogia  generalis  eine  specialis  entgegengestellt,  welche  sich  bald 
mit  rcs^  bald  mit  rationes  befasse,  und  von  der  analogia  specialia 
wird  die  definition  gegeben ,  welche  doch  nur  für  die  auf  rationes 
oder  dictiones  angewandte  analogia  passt.  dasz  diese  Verdrehung  den 


FBölte :  die  quellen  von  CharisiuB  I  15  und  17.  433 

abschreiben!  des  Charisius  schuld  zu  geben  sei ,  wird  niemand  glau- 
ben, ja  nicht  einmal  das  ist  wahrscheinlich ,  dasz  sie  durch  Charisius 
verursacht  sei.  es  ist  durchaus  derselbe  fall,  den  wir  in  cap.  17 
mehrfach  beobachtet  haben,  dasz  Romanus  gekürzt  und  dadurch  con- 
fusion  angerichtet  hat. 

Schlieszlich  ist  auch  noch  darauf  hinzuweisen,  dasz  statt  des 

von  Romanus    auch   sonst   noch  gebrauchten  seltnem   ausdrucks 

.  aptare  s.  117,  5  bei  Donat.  s.  276,  8  das  gewöhnlichere  comparare 

steht,     es  wäre  auffallend,   wenn  ein  grammatiker,  welcher  aus 

Charisius  schöpfte,  diesen  Umtausch  vorgenommen  hätte. 

Die  angeführten  momente  liefern  den  bündigen  beweis,  dasz 
das  fr.  Donat. ,  so  weit  es  die  analogia  behandelt ,  nicht  aus  der  bei 
Charisius  vorliegenden  form  abzuleiten  ist^,  und  da  wir  deren  ur- 
sprünglichkeit zu  bezweifeln  keine  Ursache  haben,  im  gegenteil  gründe 
vorliegen  sie  dem  Romanus  zuzuschreiben,  so  kann  das  fr.  Donatiani 
selbst  von  Romanus  nicht  abhängen. 

3.  Um  nun  die  frage  beantworten  zu  können,  woher  Romanus 
die  einleitung  de  analogia  genommen  hat ,  ist  es  nötig  den  gram- 
matiker oder  wenigstens  den  kreis  festzustellen,  dem  die  vorge- 
tragene lehre  angehört. 

Wie  wir  vorhin  sahen,  sind  uns  bei  Donatianus  noch  einige  ein« 
leitende  satze  überliefert,  durch  welche  die  besprechung  der  analogie 
in  einen  weitern  Zusammenhang  gerückt  wird.  Donat.  beginnt  mit 
folgenden  Worten :  loquendi  facultatem  tisus  muenity  ratio  comproba- 
uit,  ratio  digeritur  in  duas  species,  qViarum  aUeram  etymologiam^ 
alteram  analogiam  Graeci  dixerunt,  den  hintergrund  für  diese  be- 
merkungen  bildet  ein  System  des  sermo  Latinum ,  welches  nur  noch 
bei  Quintilian  vorkommt  inst,  orat,  I  6, 1  sermo  constat  ratione  uetu- 
State  auctoritate  consuetudine,  rationem  praestat  praecipue  analogia, 
nonnumquam  et  etymologia^  vgl.  ebd.  IX  3,  3  .  .  uerum  auctoritate 
uetustate  consuetudine  plerumque  defenditur^  saepe  etiam  ratione 
quadam.  bei  beiden  erscheinen  also  analogia  und  etymologia  als 
componenten  der  ratio  ^  und  auf  grund  dieser  congruenz  dürfen  wir, 
wie  sich  bald  ergeben  wird,  beide  darstellungen  als  brechungen  6iner 
und  derselben  lehre  betrachten. 

Vergleichen  wir  hiermit  die  Varronische  lehrevom  sermoLatinus 
(Cbar.  s.  50,  25  =  Dion.  s.  439,16;  Varro  deserm.  Lat,  I  fr.  41  W.): 


'^  nur  ein  moment  läszt  sich  für  die  abhängigkeit  des  fr.  Donat. 
anführen,  wenn  mau  nemlicb,  wie  Christ  in  den  Münchener  gel.  anz.  1859 
8.  222,  annimt  dasz  rationibus  Char.  s.  116,  30  aus  dictionibus  verderbt 
sei:  denn  dann  wäre  es  freilich  auffallend,  dasz  auch  Donat.  s.  275,  19 
rationes  bat.  eine  corruptel  könnte  indessen  schon  auf  einer  weit  frühern 
stufe  eingedrungen  sein,  ich  halte  es  aber  für  wahrscheinlicher,  dasz 
hier  ein  misverständnis  des  gramraatikers  vorliegt,  der  das  ganze  System 
aus  dem  griechischen  ins  lateinische  übertrug  und  Xöfoi  falsch  über- 
setzte: vgl.  Uhlig  index  graecus  zu  Dion.  Thr.  s.  170  unter  irpöc  Ti  ^x^^ 
und  s.  156  unter  Xö^oc. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  5  u.6.  28 


434  FBölie:  die  quellen  von  Charisius  I  16  und  17. 

canstat  ergo  Latinus  setmo  natura  analogia  consuettidine  audarUat^ 
so  bemerken  wir,  dasz  diese  vier  principien  zwei  paare  bilden  m: 
respondierenden  gliedern:  natura  und  analogia^  consuetudo  nn 
auctarüas.  die  beiden  ersten  principien  enthalten  die  elemente  de 
spräche,  welche  qpuc€i,  die  beiden  letzten  jene  elemente,  welche  6^o 
entstanden  sind,  denn  die  spräche  ist  qpucci  entstanden ,  und  dei 
halb  ist  in  ihr  von  anfang  an  die  ratio  enthalten,  welche  die  analogi 
nur  ans  licht  zu  stellen  braucht.^'  consuetudo  und  auctorÜas  beruhe 
auf  der  zufUlligen  gewöhnung  vieler  oder  auf  dem  willkürliche 
Sprachgebrauch  eines  einzelnen. 

Von  diesem  Varronischen  System  weicht  das  zuerst  bei  Quii 
tilian  begegnende  in  wesentlichen  punkten  ab.  beachtet  man  zi 
nächst  nur  das  äuszerliche,  so  ist  die  kategorie  natura  verschwundei 
dafür  die  ueiustas  neu  hinzugetreten,  die  analogia  ist  aus  einem  seil 
ständigen  princip  zu  einem  Werkzeug  der  ratio  geworden,  dere 
zweites  öpTOivov  die  von  Yarro  wahrscheinlich  mit  der  natura  vei 
bundene  etymologia  bildet,  so  entstehen  hier  zwei  neue  gruppei 
ratio  und  consuetudo^  auäoritas  und  ueiustas.^  man  kann  demnac 
nicht  sagen^  dasz  Quintilian  'paucis  mutatis  eandem  de  sermone  ol 
servationem  profert'  wie  Yarro  (Wilmanns  de  Yarronis  libris  gran 
maticis  s.  80  f.),  geschweige  denn  dasz  es  statthaft  wäre  ihn  beliebi 
einige  Yarronische  principien  mit  andern,  man  weisz  nicht  woh< 
entnommenen  vertauschen  zu  lassen.  ^  dasz  jedoch  der  Verfasser  d( 
bei  Quintilian  überlieferten  Systems  das  Yarronische  vor  äugen  hatt 
ist  augenscheinlich,  bei  Yarro  ergibt  sich  die  vierteilung  aus  de] 
einfachen  grundgedanken  die  bestand  teile  der  spräche  zu  zerlege 
nach  ihrer  entstehung  durch  qpucic  oder  O^cic.  die  vierzahl  d< 
kategorien  bei  Quintilian  trägt  den  Stempel  des  zufälligen  an  di 
stim ;  der  urheber  des  Systems  wollte  aber  hierin  offenbar  nicht  vc 
seinem  vorbilde  abweichen. 

Eine  genauere  betrachtung  des  einzelnen  mag  uns  nun  den  kre 
zeigen ,  in  welchem  dies  System  entstanden  ist.  sein  urheber  zeif 
sich  gegenüber  dem  Sprachphilosophen  Yarro  deutlich  als  den  pral 
tischen  schulmann,  der  nach  normen  sucht,  mit  deren  hilfe  sich  d 
spräche  in  feste  gesetze  bringen  läszt.  die  spräche  selbst  nimt  er  a 


**'  Char.  8.  61,  3  ^  Diom.  s.  439,  20  analogia  sermonit  a  natura  prod 
ordinatio  ent;  Char.  s.  60,  21  (von  8.  60,  16  hu  bewegen  wir  uns  (Iure! 
aus  aaf  Varronischem  bodeu)  quae  ratio  adeo  cum  ipta  loquella  congen 
rata  est^  ut  hodie  nihil  de  muo  analogia  inferat;  Varro  bei  Plin.  Ch« 
8.  106,  2  analogia  in  naturalibu^  nominibus  tantum  seruatur^  in  uoiunian 
uero  neglegitur.  *>*  dasz   die   reihenfolge,   in   welcher  Quintilian  d 

principien  aufzählt,  nicht  maszgcbend  sein  kann,  ergibt  die  abweichai 
zwischen  I  6,  1  und  IX  3,  3.  bei  einem  manne  wie  Quintilian  ist  eii 
freiere  benutznng  der  vorlagen  selbstverständlich.  ***  Schady  de  Mai 
Victorini  libri  I  cap.  IV  s.  29.  den  tiefgreifenden  nntprsohied  zwisch« 
Varro  und  Quintilian  bat  znerst  Nettleship  ausge8prochen  im  joum 
of  philol.  XV  s.  202  flf.,  ihn  aber  nicht  richtig  anfgefanst.  seinen  w( 
tern  folgerungen  kann  ich  nicht  beistimmen. 


FBölte:  die  quellen  Yon  Charisini  1 16  und  17.  435 

ein  gegebenes:  so  wird  die  natura  überflflssig«  dafür  stellt  er  den 
gegensatz  von  ratio  und  cansuäudo  heraoB,  der  praktiaoh  so  bedeat- 
sam  ist.  deutlicher  noch  zeigt  sich  dieser  standpunjct  in  der  difife- 
renzierung  von  auäorUas  und  uekuias.  die  gelelurte  riöhtong  unter 
den  lateinischen  grammatikem  hat  ausnahmslos  nie  einen  prindpiel* 
len  unterschied  zwischen  &ltem  und  jungem  auctoren  gemacht,  sie 
hat  im  gegenteil  sich  der  schwierigen  ftltem  litteratur  immer  mit 
verliebe  zugewandt  und  in  deren  erklttrung  ihre  eigentliche  aufgäbe 
gesucht;  daher  denn  auch  die  beispiele  aus  ftltem  Schriftstellern  in 
ihren  werken  durchaus  überwiegen,  dagegen  in  den  fOr  den  Unter- 
richt bestimmten  Schulbüchern  wird  nur  eine  ganz  begrenzte  zahl 
von  schriftsteilem  citiert.  schon  SchottmttUer  s.  27  hat  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dasz  in  den  unter  Palaemons  namen  überlieferten 
capiteln  durchgehend  nur  Cicero  Sallustius  Terentius  Yergilius 
Horatius^  citiert  werden,  weit  entfernt  hierin  mit  Schottmüller  ein 
indicium  dafür  zu  finden,  dasz  diese  capitel  nicht  von  Bemmins 
Palaemon  herrühren,  behaupte  ich  dasz  es  durchaus  natürlich  ist» 
wenn  wir  diesen  typischen  zug  der  gesamten  schulgrammatik  schon 
bei  döm  manne  finden,  den  wir  mit  gutem  grund  für  den  Schöpfer 
dieser  richtung  halten,  wie  sehr  in  der  that  zu  den  Zeiten  des  Probus 
die  ganze  ältere  litteratur  zurückgetreten  war,  hat  JSteup  de  Frobis 
grammaticis  s.  64  ff.  hinlänglich  nachgewiesen,  in  dieselbe  Sphäre 
führt  uns  die  differenzierung  von  audorUas  xmduäusias,  diese  hat  nur 
dann  einen  sinn,  wenn  ein  solcher  begrenzter  kreis  ausgesondert  und 
im  Unterricht  als  mustergültig,  als  classisch  hingestellt  wird^,  dem 
gegenüber  die  übrigen  auctoren  als  nicht  bindend  betrachtet  werden, 
die  aufstellung  dieses  Systems  musz  in  die  zeit  zwischen  Augustus 
und  Nero  fallen ,  so  dasz  die  atictares  wirklich  einen  gegensatz  zu 
den  ueteres  bilden,  also  vor  das  auftreten  eines  Persius,  Lucanus  ua« 
die  betrachtung  des  grammatischen  Standpunktes ,  auf  welchem  das  ' 
jüngere  System  des  sermo  beruht,  scheint  also  darauf  hinzudrängen, 
Bemmius  Palaemon  als  den  zu  bezeichnen,  welcher  es  wenn  auch 
nicht  schuf  —  denn  es  ist  offenbar  griechischen  Ursprungs*  —  so 


^  dh.  Cicero  als  philosoph  und  redner,  und  je  ein  historiker  dra- 
matiker  epiker  lyriker.  ^^  ein  niederschlag  dieser  schnlinterpretation 
ist  zb.  das  capitel  über  die  singularia  und  pluraHa  tantum  bei  Char. 
B.  81,  26»35,  17  »  anon.  Bob.  s.  648,  1—561,  17  »  Diom.  8.  327,  16 
—328,  5  +  7  —  23  SB  Donat.  s.  376,  26 — 32  aus  einem  anon.  saeo.  III.  ver» 
gleicht  man  damit  Char.  cap.  15  s.  93,  3  ff.  und  die  übereinstimmenden 
stellen  bei  Romanas,  so  sieht  man  dasz  diese  znsammenstellang  schon 
im  zweiten  jh.  existierte,  sie  geht  auf  Remmins  zurück.  ^  das  lieft 
bei  Romanus  und  Donatianas  offen  zu  tage,  charakteristisch  ist  die 
fülle  der  definitionen:  vgl.  schol.  zu  Dion.  Thr.  zb.  s.  659 — 69.  die 
definition  der  etymologie  zeigt  diese  abhängigkeit  auch  noch  im  sprach- 
lichen ausdruck:  Donatianns  s.  276,  16 — 16  uerborum  in  usu  credibüis  enu- 
meraiio,  ideoque  quasi  antologia  dicta  est,  denn  uerborum  in  usu  ist  gans 
anlateinisch  =>  uerborum  quae  in  usu  inueniuniur,  hierfür  kenne  ich  eine 
entsprechende  griechische  wendnng  nicht,  wohl  aber  haben  wir  das  dem 
credibilis    entsprechende    iTi6av6c    schol.  Dion.  Thr.  s.  740,  3  (Steph.)» 

28* 


.  < 

i 


436  FBölte:  die  quellen  von  CharisiaB  I  15  und  17. 

doch  in  die  lateinische  grammatik  einführte,  wenn  ich  mich  dennoch 
nicht  zu  dieser  formulierung  entschlieszen  kann  ^  so  liegt  der  grund 
für  die  Zurückhaltung  darin ,  dasz  wir  noch  zu  wenig  tther  anläge 
und  inhalt  der  Palaemonischen  grammatik  wissen,  um  ihr  eine  solche 
theoretische  auseinandersetzung  zuweisen  können,  hier  musz  erst  die 
reconstruction  der  verlorenen  partien  seines  Werkes  das  feste  funda- 
ment  schaffen,  so  viel  ist  aber  sicher,  dasz  dies  System  aus  dem 
kreise  der  schulgrammatiker  stammt/^ 

Für  die  frage^  welche  uns  beschäftigt,  ergibt  sich  aus  diesen 
erörterungen  notwendig  das  negative  resultat,  dasz  Plinius  nicht  die 
quelle  gewesen  sein  kann,  aus  der  Romanus  die  einleitung  schöpfte. 
Plinius  steht  so  durchaus  auf  den  schultern  von  Varro  und  Verrius, 
bewegt  sich  so  ganz  in  den  von  ihnen  betretenen  bahnen,  dasz  eine 
solche  anlehnung  an  einen  schulgrammatiker  mir  unannehmbar 
scheint,  besonders  wo  die  gesamtanschauung ,  aus  welcher  diese  ein- 
leitung entsprossen  ist,  so  vollständig  mit  Plinius  eignen  principien 
im  Widerspruch  steht,  ein  punkt  der  meines  erachtens  keiner  weitem 
auseinandersetzung  bedarf. 

enumeratio  ist  auffällig,  kann  aber  nicht  in  enarratio^  wie  Keil  vor- 
8chlä(ift,  geUndert  werden,  denn  die  etymoloj^ie  ist  eine  cüpccic  Dion. 
Thr.  8.  6,  1  U.  oder  dvdirxuEic  schol.  s.  740,  8  (Steph.);  s.  740,  7  (Mel.), 
aber  nicht  ^S/iTiIcic.  die  Keusche  emendation  dAiiÖivoAcfia  ist  evident, 
vgl.  auch  oben  anm.  80. 

"'^  Nettleship  ao.  s.  20S  f.  hält  Plinius  für  den  Schöpfer  des  bei 
Quintilian  überlieferten  Systems  des  sermo.  er  glaubt  nemlich  nach- 
weisen zu  können,  dasz  Quintilian  I  6  aus  den  bücheru  tiubii  sermonit 
geschöpft  habe,  und  folgert  daraus,  dasz  auch  die  einleitung  zu  dem 
capitel  aus  Plinius  stamme,  dagegen  ist  zu  bemerkeu,  dasz  der  erstere 
nachweis  nicht  erbracht  ist:  denn  die  stellen  aus  den  spätem  gram- 
matikern,  welche  Nettleship  mit  Quintilian  vergleicht,  sind  teils  über- 
haupt nicht  Plinianisch,  teils  nicht  für  ihn  charakteristisch,  sondern 
ebenso  bei  Varro  oder  Palacmon  gegeben,  und  selbst  weun  sich  eine 
evidente  Übereinstimmung  mit  Plinius  aufzeigen  lieszo,  so  wäre  dennoch 
der  Rchlusz  nicht  stichhaltig,  dasz  nun  auch  die  einleitung  des  betr. 
capitels  aus  demselben  auctor  stammen  müsse,  die  anschauung  von 
Quintilians  arbeitsweise «  auf  welcher  dieser  schlusz  beruht,  ist  eine 
durchaus  irrige,  man  darf  doch  nicht  vergessen,  dasz  wir  es  in  Quintilian 
mit  einem  hochgebildeten  manne  zu  thun  haben,  dem  die  elemente  des 
grammatischen  Unterrichts  aus  langjähriger  praktischer  thätigkeit  g^läuSg 
waren,  und  nicht  mit  einem  jener  stumpfsinnigen  compilatoren,  welche 
am  köpfe  vorbei  von  einem  buch  ins  andere  schreiben,  vorläufig  ist  mbor 
der  beweis  noch  zu  erbringen,  dasz  Quintilian  Plinius  benutzt  hat.  daas 
nun  aber  ein  mann  von  der  grammatischen  richtung  eines  Plinins  der 
Schöpfer  dieses  sjstems  sein  sollte,  wird  nach  dem  eben  erörterten  nie- 
mand annehmen,  und  in  der  that  findet  sich  bei  ihm  keine  spnr  jenes 
gegensatzes  von  mictores  und  ueterex;  der  ausdruck  auctoriias  komoBt 
Einmal  bei  ihm  vor  Char.  s.  105,  20  im  gewöhnlichen  «iunc;  uetertM 
H.  118,  16.  Id,  häufiger  antiqui  s.  122,  25.  133,  15.  <188,  15.>  139,  19. 
dasz  Plinius  den  Varronischen  terminns  natura  gebraucht  hat,  wie  Servius 
s.  444,  3  und  Pomp.  s.  283^  18  es  allerdings  wahrscheinlich  machen, 
darauf  will  ich  gar  kein  gewicht  legen,  übrigens  will  ich  darauf  hin- 
weisen, wie  vorsichtig  man  in  der  benutzung  von  citaten,  welche  diese 
grammatikcr  geben,  sein  musz. 


FBölte:  die  quellen  Ton  Charitiiu  1 16  imd  17.  4S7 

Nftohst  Plinius  hat  die  gemeinsame  quelle  tob  cap.  15  und  17 
das  meiste  anrecht  darauf  als  fibermittlerin  der  einleitoog  betrachtet 
zu  werden. 

4.  loh  kehre  nun  zu  dem  fragmentum  Donatiani  zarfiok,  wie 
in  dem  ersten  abschnitt  dieser  Untersuchungen  gezeigt  wurde,  weist 
das  fr.  Don.  auch  in  der  behandlung  der  endung  Ä  einen  übersohnsz 
auf  gegenüber  Charisius^;  es  wftre  also  auch  hier  der  positive  naoh- 
weis  zu  liefern,  dasz  Donatianus  wirklich  von  Charisius  abhftngt,  be* 
vor  man  das  fehlen  jener  beiden  stttzchen  unserer  Chariainsfiber- 
lieferung  schuld  geben  dürfte,  dafür  könnte  man  eine  stelle 
anführen.  Char.  s.  52,  17—19  und  Donai  s.  276,  21—28  bieten, 
von  kleinem  ab  weichungen  abgesehen,  beide  folgende  werte:  nam 
neutra  quae  aemper  plurälia  sunt^  si  <mte  nouMmam  sffOäbam  i  Itf* 
teram  haheant  in  genetiuOy  datitsoper  1ms  ai/Ua^Hxm  fkhenkur.  unleug- 
bar enthalten  diese  werte  einen  schweren  aastosz.  yorher  ist  aus- 
drücklich gesagt  worden,  dasz  die  endung  des  gen.  schwanke,  wie 
kann  also  dieser  casus  hier  als  richtschnur  für  die  bildung  des  dativs 
benutzt  werden?  femer  ergibt  z.  19,  dasz  nicht  das  •  vor  der  endung 
des  gen.,  sondern  vor  dem  a  des  nom.  plur.  als  kriterium  gemeint  ist. 
deshalb  hat  Keil  die  ergftnzung  van  Putschens  aufgenommen  gmeHuo 
^per  umy.  allein  ist  damit  die  sache  wirklich  gebessert?  wenn  tcnt- 
her  der  genetiv  als  schwankend  bezeichnet  ist,  so  kann  er  hier  nioht 
fest  bestimmt  werden,  wenigstens  aber  mttsten  wir  dann  auch  z.  20 
eine  er  wähnung  des  gen.  erwarten,  doch  sollte  der  gen.  hier  über- 
haupt nicht  erscheinen,  denn  nach  dem  nam  z.  17  erwarten  wir  nur 
eine  regel  über  den  dativ.  also  auch  durch  Putschens  ergänzung  wird 
die  stelle  nicht  von  anstosz  frei ;  derselbe  bleibt,  so  lange  hier  über- 
haupt vom  gen.  gesprochen  wird,  dennoch  wird  niemand  die  radical- 
cur  anwenden  wollen,  in  genetiuo  hinauszuwerfen ,  denn  wie  wttre 
sein  eindringen  zu  erklären?  wir  müssen  demnach  zunächst  fest- 
stellen ,  dasz  man  nicht  das  recht  hat  in  diesen  werten  eine  einfache 
corniptel,  wie  sie  beim  abschreiben  vorkommt,  zu  suchen,  also  aus 
ihrem  auftreten  bei  zwei  grammatikem  auch  nicht  die  abhängigkeit 
des  einen  vom  andern  folgern  darf,  sieht  man  die  stelle  etwas  ge- 
nauer an,  so  musz  man  einräumen  dasz  Char.  s.  52, 14 — 17  und  52, 
17 — 21  sich  teils  decken  teils  ausschlieszen.  eine  ausführung  der 
regel,  dasz  die  neutra  plurälia  auf  -ia  im  dativ  »bu8  haben,  war  nach 
s.  52,  16  nicht  mehr  nötig,  und  wenn  z.  19 — 21  die  neutra  plurälia 
der  zweiten  decl.  vorkommen,  so  fällt  es  auf,  dasz  z.  14 — 17  von 
ihnen  gar  nicht  die  rede  war.  wir  haben  also  zwei  an  einander  ge- 
fügte stücke  anzuerkennen,  von  denen  das  letztere  aus  Plinius  stammt 
(Rom.  s.  143,  24 — 29).  unter  diesen  umständen  wird  man  mit  dem 
urteil  über  die  corruptel  s.  52,  18  zurückhalten,   wahrscheinlich  ist 


^  vgl.  oben  s.  404.    Char.  s.  52,  8  fehlen  die  worte,  welche  wir  bei 
Donat.  8.  276,  12  lesen. 


438  FBölte:  die  quellen  von  CharisiuB  I  16  and  17. 

sie  bei  dem  zusammenarbeiten  der  beiden  stücke  entstanden,  eine 
abhängigkeit  des  Donatianus  von  Charisius  läszt  sich  also  auch  hier 
nicht  nachweisen,  um  so  gröszeres  gewicht  erhält  damit  der  oben 
gelieferte  nach  weis,  dasz  die  bei  Char.  s.  52,  8  fehlenden  worte  die 
contamination  dieser  partie  noch  deutlicher  als  es  jetzt  der  fall  ist 
hervortreten  lassen  würden,  also  sehr  wahrscheinlich  von  dem  con- 
tamiitator  ausgelassen  worden  sind. 

Wie  wir  oben  nachgewiesen  haben,  stammt  diese  ganze  be- 
handlung  der  endung  Ä  bei  Charisius  aus  der  gemeinsamen  quelle 
von  cap.  15  und  17,  auf  sie  musz  notwendig  auch  der  zweite  ab- 
schnitt des  fr.  Donat.  zurückgehen. 

Nehmen  wir  nun  die  fäden  unserer  früheren  erörterungen  wie- 
der auf,  so  musz  die  einleitung  de  anälogia  von  Donatianus  und 
Bomanus  —  ob  und  durch  welche  Vermittlungen  bleibt  ungewis 
' —  aus  6iner  quelle  geschöpft  sein,  für  Donatianus  steht  also  fest, 
dasz  die  einleitung  aus  einer  (direct  oder  indirect  benutzten)  quelle 
von  Bomanus  stammt,  und  dasz  die  extremitas  Ä  aus  der  gemein- 
samen quelle  von  Bomanus  und  cap.  15  entnommen  ist.  also  wird, 
so  schliesze  icb,  Donatianus  beide  stücke  aus  einem  auctor  genommen 
haben:  aus  der  gemeinsamen  quelle  von  cap.  15  und  17.  Bomanus 
kann  die  einleitung  nicht  seinem  hauptgewtthrsmann  Plinius  entlehnt 
haben,  auch  ftlr  ihn  hatte  die  gemeinsame  quelle  von  cap.  15  und  17 
die  nächste  anwartscbaft.  wenn  wir  nun  aus  Donatianus  schlieszen 
können,  dasz  in  ibr  die  einleitung  wirklich  stand,  so  ist  es  damit 
sicher,  dasz  auch  Bomanus  ihr  die  einleitung  verdankt. 

Demnach  haben  aus  dem  anonym us  cap.  15  die  extremiiaa  A, 
Bomanus  die  einleitung,  Donatianus  beide  stücke  genommen. 

Man  könnte  diesen  combinationen  mit  dem  einwand  begegnen, 
dasz  die  einleitung  nicht  zu  dem  grammatischen  Standpunkt  der  ge- 
meinsamen quelle  von  cap.  15  und  17  passe,  insofern  nemlich  in  der 
ganzen  dritten  quelle  von  cap.  15  das  wort  anälogia  nicht  vorkommt, 
abgesehen  von  6iner  steUe  s.  106,  2,  die  als  eine  echte  ausnähme  — 
es  ist  ein  durch  Plinius  (vgl.  Pomp.  s.  144,  17)  vermitteltes  citat 
aus  Varro  —  die  regel  bestätigt,  in  der  that ,  wenn  die  einleitung 
nur  die  analogie  behandelte,  so  wäre  die  Zusammenstellung  selbst 
für  einen  contaminator,  wie  es  der  Verfasser  der  gemeinsamen  quelle 
ist,  höchst  anstöszig.  die  einleitung  behandelte  aber,  wie  Donatianas 
zeigt,  neben  der  analogie  auch  noch  andere  punkte,  mit  denen  der 
übrige  inhalt  des  capitels  sich  eher  in  Verbindung  setzen  läszt  ^ 
dann  ist  dies  zusammenfügen  einer  aus  Palaemonischen  kreisen  stam- 
menden einleitung  mit  einem  capitel,  welches  wesentlich  aus  Schrif- 
ten der  gelehrten  richtung  compiliert  ist ,  sehr  charakteristisch  ftür 
den  Verfasser  des  buches;  ein  argument  gegen  die  möglichkeit  jene 

<>*  es  wäre  deshalb  Angemessener  gewesen  die  gemeinsrnme  quelle 
von  cap.  16  und  17  nicht  ald  anonymus  de  anälogia  su  bezeichnen,  nur 
wollte  sich  mir  kein  anderer  gleich  bequemer  name  bieten. 


Ii'Bölte:  die  queUen  Yon  Cliariniu  1 16  und  17.  439 

beiden  bestandteile  zu  verbinden  kann  ich  darin  nicht  erblidEen.  in 
dieser  beziebung  müssen  die  oben  Torg«fthrten  erwSgimgen  ans« 
scblaggebend  sein. 

5.  Die  dritte  quelle  von  cap.  15  ist,  wie  oben  nachgewiesen 
wurde,  im  wesentlichen  nur  eine  kfirzere  absohrift  des  anonymus  de 
€in(üogia  gewesen,  in  ihr  kann  also  auch  nur  diese  einleitung  gestan- 
den haben,  ist  diies  richtig,  so  wäre  damit  zugleich  entschieden,  dasz 
die  einleitung  zu  cap.  15  aus  jenem  grammatiker  geschöpft  sein  musK; 
von  dessen  eigenartigem  werke  nur  im  anfimg  des  capitels  einige  frag- 
mente  enthalten  sind,  der  beweis  Iftszt  sich  aber  auch  direet  ftihreni 
und  zwar  in  diesem  falle  gerade  dadurch  dasz  dieselbe  eigentiimliöhe 
grammatische  betrachtungsweise  in  der  einleitung  und  in  den  frag- 
menten  des  anonjmus  de  LaiinUate  erscheint. 

In  der  einleitung  werden  als  prindpien  des  sermo  Laimu»  im 
anscblusz  an  Varro  naiwra  anahgid^  eonauehido  auoU>riia8  ao^ge« 
stellt  (s.  50,  25  ff.),  neben  diesen  erscheint  nun  ein  fünfter  factor, 
bei  dem  doch  erst  die  letzte  und  höchste  entscheidung  steht:  der 
wohllaui  charakteristisch  ist  es,  dasz  dies  prindp  nicht  formuliert 
noch  mit  den  übrigen  in  einklang  gebracht  ist  s.  61, 12 — 14  heisai 
es,  dasz  man  der  consuetudo  folgen  soll,  wenn  sie  für  die  schlechter 
klingende  regelmäszige  form  eine  wohlklingende  bietet  {horridior 
ratio  —  sanus  UancUar),  im  folgenden  satze  s.  61,  16 — 17  wird 
hingegen  gelehrt,  dasz  die  durch  die  analogie  gefordierte  form  vor» 
zuziehen  ist,  falls  die  übliche  hart  klingt  (H  aspere  . .  efmnHenhir*% 
darüber  also ,  ob  man  sich  durch  die  analogie  leiten  lassen  oder  der 
const^udo  folgen  soll,  entscheidet  der  klang ;  was  hart  klingt 
(Jwrridus^  asper),  ist  zu  meiden,  was  angenehm  {sanus  hlandior)^  zu 
wählen. 

In  den  qiuiestiones  erscheinen  die  Yarronischen  kategorien  durch- 
aus als  das  geläufige  rüstzeug.  daneben  tritt  auch  hier  jenes  irratio- 
nale element  auf.  s.  55,  21 — 56, 4  soll  zwischen  dem  gen.  amfarum 
und  amforarum  entschieden  werden;  die  analogie  verlangt  amfwxh 
rum ,  an  ihr  gemessen  ist  amforarum  Weäum\  amforum  *harbarum\  •* 
angenommen  aber  wird  die  form  amforarum  nur  deshalb ,  weil  sie 
nicht  minder  wohllautend  ist  als  die  andere  (stuiuüas  und  cum  aures 
simüi  pretio  reäa  düeäent),  s.  57,  4 — 7  wird  canüies  als  das  correcte, 
durch  die  ratio  geforderte  gebilligt  und  zwar  deshalb,  weil  es  nicht 
ahJiorride  klingt,   s.  57,  16 — 22  merula  oder  merulus?  die  analogie 


^"  als  synonym  mit  analogia  wird  ratio  gebrancht  8.  61,  10  (von  der 
auctoritas)  non  enim  quicquam  aut  rationis  aut  natwrae  aiU  consueiudim» 
habet,  vgl.  s.  51,  7.  14.  17.  ^^  s.  51,  16  si  tarnen  eadem  non  aspere  per 
analogiam  enuntientur  verstehe  ich  nicht,  analogiam  scheint  za  rationem  an 
den  rand  geschrieben  gewesen  zu  sein,  kam  dann  an  verkehrter  stelle  in 
den  text  und  per  wurde  aus  aspere  wiederholt.  ^  dasz  Morawski  dies 
=  ^griechisch'  faszte,  ist  ein  unbegreiflieher  irrtum,  vgl.  s.  51,  4.  57,  2, 
zumal  da  der  gegensatz  rectum  die  richtige  deutnng  geradezu  gebot. 


440  F Walter:  zu  TacituB  HiBtorien  [I  66]. 

kann  nichts  entscheiden,  da  die  namen  der  vOgel  teils  masc.,  teils 
fem.  sind.^  merula  klingt  aber  besser:  hoc  guoque  .  .  inpensiua^ 
in  ^a^,  merula  [potius],  quam  per  us^  merulMS^  enuntiabüur.  schliess- 
lich erscheint  die  suauitas  enuntiandi  auch  s.  61,  23,  wo  sie  freilich 
der  auctorüas  Vergüii  nostri^  unterliegt. 

Man  ersieht  hieraus ,  dasz  auch  in  den  quaestiones  neben  den 
Varronischen  principien  dies  irrationale  dement  hergeht,  ganz  in 
derselben  charakteristischen  weise ,  wie  wir  es  in  der  einleitung  be- 
obachteten, demnach  kann  kein  zweifei  darüber  bestehen ,  dasz  die 
einleitung  zu  cap.  15  aus  dem  anon.  de  Latinitate  stammt**,  dem  ich 
eben  nach  der  einleitung  diesen  namen  gegeben  habe,  auf  sein  werk 
beziehen  sich  also  auch  die  dispositionen  s.  51,  18 — 25. 

^^  8.  57,  18  f.  schlage  ich  vor:  quaedam  feminina  extremUate  ita  oiim 
consuetudo  possedit,  ut  (^adyrignata  potius  quam  usurpata  uidea(^nytttr, 
auch  diese  metaphem,  weiche  noch  ihre  ursprüngliche  kraft  ffihlen 
lassen,  sind  für  unsem  grammatiker  charakteristisch:  vgl.  s.  60,  8  ne 
ipsa  quidem  rerum  natura  tarn  finita  est  ut  nohis  .  .  nouünmum  tut  adsignei^ 
s.  50,  20  ülam  loquendi  licentiam  seruituti  rationit  addixit  (dies  bild  kann 
aus  Varro  stammen),  s.  51,  15  adsiduttas  et  consuetudo  uerha  quaedam  uel 
nomina  usque  ad  persuasionem  proprietatis  sufficient,  ^  inpentius  ist 

selten,  vgl.  Consent,  s.  825,  29,  deshalb  durch  potius  glossiert.  *^  hier 
handelt  der  grammatiker  wirklich  nach  der  Vorschrift  Varros  s.  51,  9 
namque  ubi  omnia  defecerint,  sie  ad  illam  quemadmodum  ad  aram  saeram 
decurritur,  **  dasz  aas  diesem  grammatiker  nnr  so  spärliche  reste 

erhalten  sind,  wird  sich  aus  seiner  sparsamen  anwendung  von  beispielen 
erklären,  spuren  seiner  (directen?)  benutzung  finden  sieh  bei  Diom. 
8.  439  nnd  492 ,  24—26  (—  Char.  s.  51 ,  21—23) ,  die  nächstfolgenden 
beispiele  Sisenna  bei  Char.  s.  51,  27  ff.,  moniie  s.  59,  1  ff. 

Frankfurt  am  Main.  Felix  Bolte. 


57. 

ZU  TACITÜS  HISTOMEN. 


I  66  tum  väustas  digniiasque  cöloniae  valwt^  et  verha  Fabi  salu^ 
tem  incdiumüaiemque  Viennensium  commendantis  aequis  t  saxuri^ 
"bus  accepta;  puUke  tarnen  armis  muUati,  privatis  etpromiscuis  copiis 
iuvere  müUem,  saxuribus  ist  verderbt  aus  sane  aurihus  und  der 
sinn  wie  folgt:  ^die  fürbitte  des  Fabius  fand  zwar  (jsane)  ein  ge- 
neigtes obr,  aber  sie  wurden  zur  strafe  entwaffnet.'  zu  sane  —  tarnen 
vgl.  ann.  VI  14  sane  is  (Rubrius  Fabatus)  repertus  apud  freium 
Sicüiae  räraäusque  per  centurianem  nuUas  prdhdbües  causas  longin" 
quae  peregrinationis  adferebat;  mansit  tarnen  incotumis,  zur  Stel- 
lung aequis  sane  aurihus  vgl.  Cic.  in  Verrem  V  80  amoeno  sane  et 
ah  arhitris  remoio  loco.  j 

München.  Friedrich  Walter. 


ERSTE  ABTEILUNG 

EÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlSGKEISBN. 


68. 

ZU  SOPHOKLES  OIDIPUS  TYRANNOS. 


Darf  man  in  wissenscbaftliohen  fragen  'mttdigkeit  ▼orsohütsen'  ? 
wenn  nicht,  so  möchte  ich  für  die  allerdings  viel  behandelte  *könig8- 
rede'  im  Oidipas  Tjrannos  eine  auffassung  and  gUedenmg  vorlegen, 
welche  in  wesentlichen  punkten  neu  scheint  —  immerhin  in  aller 
kürze  und  deshalb  ohne  alle  polemik.  ^ 

Oidipus  will  die  Vertreter  der  bttrgersohaft  darauf  vorbereiten, 
eine  unwillkommene  mitteilung,  die  ab  wehr  der  pest  betreffend^ 
willig  entgegen  zu  nehmen:  deshalb  faszt  er  sie  so  zu  sagen  bei 
ihrer  eignen  forderung  an  die  götter  (alreic,  S  b'  alreic),  stellt  sich 
nur  als  verkündiger  der  sache  dar,  dagegen  die  Eadmeier  als  die 
freiwilligen  vollbringer  einer  rettenden  that  im  dienste  der  gött- 
lichen heimsuchung  (rd^d  iiir\.  iäy  O^Xijc  b^x^cOai.  tQ  vöcqi 
äTriipeTcTv'),  und  verspricht  den  erfolg  mit  werten,  welche  zwar  nur 
mOglichkeit  aussprechen,  aber  den  eindruck  ruhiger  gewisheit  machen 
(Xdßoic  fiv)  —  V.  216—218. 

Insbesondere  bereitet  Oidipus  die  m&nner  darauf  vor,  dasz  sie 
als  landeseingeborene,  edle  alte  Eadmeier  jetzt  vor  ihm  wie  zeugen 
oder  gar  angeklagte  über  eine  altkadmeische  angelegenheit  zeugnis 


*  verglichen  sind  die  abhandlangen  oder  erklärangen  von  ORibbeek 
(1861.  1870),  Classen,  Todt,  Kyi6ala,  Wecklein,  Emil  Müller  (Orimmaer 
Programm  1884),  Jebb,  Naack,  Bellermann  (dritte  aafl.)  na.  *  öirr)peT^v 
heiszt  ^ einem  höhern,  zb.  dem  gott  zur  erreich nng  seiner  zwecke  dienste 
leisten',  vgl.  Plat.  Euthyphron  c.  16.  in  diesem  sinne  Soph.  Phil.  990. 
statt  der  gottheit  kann  ihr  wirken  oder  ihre  Offenbarung  genannt  sein, 
in  personificierender  weise,  vgl.  Herod.  VIII  41.  Fiat  Ges.  XI  s.  914*; 
bezeichnend  in  diesem  sinne  £1.  1306.  im  Oidipas  ist  die  pest  ein  wir- 
ken oder  eine  Offenbarung  der  götter,  sie  verfolgt  den  iweokden 
mord  des  Laios  zu  söhnen,  wie  leicht  gerade  vöcoc  personificiert 
wird,  zeigt  Aias  186.  Trach.  981.  1030. 

Jahrbücher  f&r  olass.  philol.  1888  hfl.  7.  29 


442        ThPlüss:  zu  Sophokles  OidipuB  Tyrannos  [y.  216—275]. 

oder  bekenntnis  ablegen  sollen  und  dasz  dr  im  gründe  voraussetit, 
Laios  sei  durch  Kadmeier  ermordet  worden:  darum  betont  er,  dasz 
gerade  hr  die  sache  offen  aussprechen  werde,  weil  er  ihr  als  voll- 
kommen fremder,  ebenso  unwissend  wie  unbefangen,  gegenüberstehe 
(ifd)  Eevoc  ^iv  toO  Xötou  loöb*  dSepüj,  E(^voc  bk  toO  trpa- 
XO^VTOc),  dasz  er  ja  auch  ohne  diesen  besondem  grund  nicht  erst 
auf  weiten,  verborgenen  spttrwegen  nach  dem  Sachverhalt  suchen, 
sondern  direct  und  offen  auf  das  ziel  losgehen  würde  (oä  fäp  &v 
ILiaKpdv  !xv£uov  auTÖ  ^f|  ouk  ^x^v  .  .)^  ^^^  &^®^  ^^^  nach  dem 
beireffenden  verfall  stadtbürger  geworden  sei  und  daran  eine  art  be- 
sonderer legitimation  besitze,  erst  recht  mit  ihnen  als  lauter  Alt- 
kadmeiem  offen  und  laut  von  der  sache  zu  reden  (ou  fäp  hw  ,  >  \ii\ 
OUK  ?x^v  Ti  cu^ßoXov•  vOv  b\  öcTepoc  tap  dcTÖc  elcdcroOc 
TcXd),  iijLiTv  Trpoqpujvuj  näcx  Kab^eioic  rdbe).^  vorbereitend  ist  hier 

'  iXvcOciv  bezeichnet  die  indirecten,  weitläufigen,  versteckten  wen- 
dangeif  spürender  Jäger  (vgl.  Curtius  etym.^  s.  135);  Aias  20  (Tgl. 
4  f.  19).  OT.  475  f.  Plat.  Ges.  II  654«.  —  fiaKpdv  in  einem  negativen 
satze  bedeutet  gewöhnlich  'zu  weit,  allzulange',  enger  mit  der  negation 
verbunden  litotesartig:  'nicht  allzuweit,  nicht  gerade  weit,  nicht  erst 
lange'  mit  subjectivcm,  ironischem  oder  verwerfendem  ton,  gern  in  der 
ablehnnng  unnötiger  Weitläufigkeit  im  gegensatz  zu  kurzer,  directer 
art  des  thuns:  Aias  1040.  EI.  1259.  Phil.  26;  bezeichnend  für  den  ver- 
werfenden ton  ist  auch  Trach.  817  'ich  fragte  ja  auch  gar  nicht  erst 
lange  danach.'  *  cufüißoXov  ist  das  besondere  beglaubigungsseichen 
für  einen  ansprach  zb.  auf  gastfreundschaft ,  auf  beistand:  Phil.  403 
^XOVTCC  \bc  £oiK€  cOfjißoXov  caq>ic  XOirnc  irpöc  i^M&c,  di  liyoxy  ircirAcOKOTC 
'ihr  habt  ein  untrügliches  beglaubigungszeichen  eures  anspruehs  (auf 
Philoktetes  freundschaf t ,  Sympathie)  in  der  kränkung,  welche  euch 
widerfahren  ist';  das  worauf  man  anspruch  macht  ist  wie  in  der  Oidipus- 
stelie  nicht  noch  besonders  genannt,  wohl  aber  das  worin  die  beglaa- 
bigung  besteht,  nun  ist  das  gedankengefügo  des  Oidipus  dieses:  'ich 
werde  offen  sprechen  als  fremder;  denn  ich  würde  keine  versteckten 
Umwege  machen,  wenn  ich  etwa  keine  besondere  beglaubignng  meines 
Anspruchs  hätte;  nun  aber,  da  ich  ja  erst  seit  späterer  zeit  stadtbürger 
bin,  rede  ich  erst  recht  laut  und  offen  zu  euch,  die  ihr  alle  Kadmeier 
seid.'  in  diesem  Zusammenhang  ist  1)  das,  worauf  ansprach  erhoben 
wird,  das  zweimal  erwähnte  offene  reden  (^ScpOO.  irpo(puivui) ,  2)  das, 
worin  die  beglaubigung  des  anspruehs  besteht,  eben  die  gleichfalls 
doppelt  oder  dreifach  genannte  eigenschaft,  dasz  Oidipus  dem  Vorfall 
gegenüber  ein  fremder,  ein  jüngerer  bürger  sei  (E^voc.  S^voc.  <icT€poc 
dcTÖc).  vgl.  das  ähnliche  Satzgefüge  984  ff.  KaXitic  dv  il€ipr\T6  coi.  ei  ^i\ 
VOpci  Zuic*  f\  TCKoOca*  vöv  b*  itiel  Zrj,  iräc*  dvdTKn  ökvciv,  wo  cl  iii\ 
*icup€i  tOiJca  unserm  ^i\  oOk  ^x^^  "^^  cu|üißoXov  entspricht,  itieX  If^  unserm 
ücTcpoc  ydp  tcXOli.  —  Dabei  ist  |üiV|  oOk  ^x^^  aufzulösen  im  sinne  von 
si  non  haberem^  nicht  von  nisi  haberem^  die  aussage  OÜK  dv  Tx'^cuov 
lüiaKpdv  gilt  nicht  allgemein,  für  alle  fälle  ausgenommen  den 
^inen,  dasz  er  einen  besondern  Anspruch  hätte,  sondern  die  aussage 
wird  speciell  für  den  dinen  fall  geltend  gemacht,  dasz  er  etwa  nicht 
hätte,  schon  das  oO  in  der  form  ^f)  oO  mit  particip  sollte  das  lehren, 
aber  eine  reihe  der  öfter  zusammengestellten  stellen  gewinnt  an  klar- 
hcit  und  energic  des  ausdracks  bei  dieser  erklärnng,  einzelne  geben  so 
allein  einen  sinn;  auch  OT.  13  bedeutet:  'ich  wäre  fühllos,  wenn  ich 
etwa  nicht  bemitleidete',  $i  non  mitererct;  möglich,  aber  matter  wäre: 
'ich   wäre  fühllos,   wenn  ich  nicht  etwa  mitleid  hätte',  nisi  miMererei, 


ThPlüss:  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannos  [y.  216—875].       443 

auch  die  art  des  Sprechers,  auf  thatsachen  sich  anspielend  zu  be- 
ziehen, an  welche  seine  zuhörer  augenblicklich  gewis  nicht  bestimmt 
denken  können  (toO  Xötou  ToGbc.  ToO  irpaxO^VTOC.  aÖTÖ),  und 
auf  die  Stimmung  wirkt  der  ton  liebenswürdiger  bescheidenheit  und 
vertrauender  Offenherzigkeit  im  persönlichen  und  unbefangener  leioh- 
tigkeit  im  sachlichen  (E^voc  TOO  Xötou  ToObc.  iScpiB,  irpoqHUVid. 
ou  fäp  &v  juaKp&v  Ixv€uov.  cöjißoXöv  ti.  8cT€poc  dcTÖc  elc  dcToOc 
TcXuj)*  —  219—223. 

Jetzt,  nachdem  Oidipus  so  vorbereitet  hat,  fordert  er  die  an- 
wesenden Eadmeier  offen  und  bestimmt  dazu  auf,  über  die  Urheber 
des  Laiosmordes  ihm  persönlich  alles  was  man  wisse  genau  anzu- 
geben (kcXcOu)  .  .  d|Lioi).  die  etwa  bereits  erregte  furcht  eines  an- 
wesenden schuldigen  beschwichtigt  er  mit  verstttndig  vertraulichem 

zureden  (kcI  ^^v  (poßeiTai  ..ir€(c€TaiToip-0-*  ^  d^^^  ^^11^  ^^i* 
ihm  selber  nach  dem  Orakel  und  seiner  eignen  Voraussetzung  der 
unwahrscheinliche  ist,  dasz  nemlich  jemand  einen  landfremden  als 
mörder  kennt,  heiszt  er,  mit  stiller  ironie  und  leicht  übertreibendem 
ausdruck  der  dankbarkeit,  eine  solche,  für  Theben  entlastende  an- 
zeige zwiefach  willkommen  (dXXov  Ü  iXkr]C  xOovöc.  jLif|  ciuiTidrui' 
TÖ  fäp  K^pboc  TcXuj  'tu)  X^  Xdpic  irpocK€(c€TOu).*  so  stftrkt  er 
den  angeklagten  Eadmeiem  durch  seine  milde,  gerechte,  persönlich 
teilnehmende  und  unbefangene  art  den  willen  zu  einem  selbstver- 
leugnungsvollen geständnis  —  224—232. 

Vielleicht  hält  hier  Oidipus  einen  augenblick  erwartend  inne 
und  sieht  die  ältesten  blicke  und  zeichen  austauschen;  er  fährt  jetzt 
in  strengerm  tone  fort,  und  für  den  fall,  dasz  man  die  willige  an- 
nähme seiner  persönlichen  mitteilung  wirklich  verhindern  werde, 


—  Ka6^€{olC  steht  im  gegensatz  zu  OcTCpoc  dcröc,  in  gewissem  sinne 
auch  zu  H^voc;  Kadmeier  sind  die  alten,  eingeborenen  bürger,  hier 
insbesondere  die  edelsten  Vertreter  derselben:  demg^mftsz  911  xibpac 
dvaKTcc,  1223  yf\c  ixiyicTa  Tf\ch*  d€l  Tt)Li(ii)Lievoi,  wonach  Kdb|yu)u  XaSc  144 
oder  dv6p€C  iroXlTai  513  zu  beurteilen. 

^  die  drei  letzten  Wendungen  namentlich  klingen  fast  scherzend,  die 
letzte  insofern,  als  clc  dcToOc  TcXetv  wie  ähnliche  wendangen  eine  art 
rangclasse  bezeichnet  und  OcTcpoc  dcTÖc  TcXdi,  durch  das  poljptoton 
noch  betont,  eine  Selbstherabsetzung  ausspricht;  dasz  er  seine  spätere 
aufnähme  eine  art  symbolon  nennt,  ist  sachlich  richtig,  im  ansdmck 
jedenfalls  charakteristisch;  vom  tone  des  oö  jJUXKpdv  ^vcuov  dv  war 
oben  die  rede.  ^  beiläufig:  es  dünkt  mich  sprachlich  einfacher  und 

dramatisch  charakteristischer  OircScXdiv  TÖ  liriicXrDJia  ainöc  KuO*  aÖToO 
zu  verstehen  'aus  den  werten  des  Sprechers  herausgreifen';  Oidi- 
pus würde  damit  eine  solche  anklage  als  seinerseits  nicht  beabsichtigtes 
thun  eines  anwesenden  darstellen,  was  für  die  kluge,  leise  ironische 
art  in  diesem  teil  der  rede  wohl  passte.  ^  die  letzten  werte  haben 

den  ton  einer  wette  auf  etwas,  an  dessen  eintreten  man  nicht  glaubt, 
ernst  sachlich  verstanden  wäre  das  anerbieten  von  anzeigerlohn  gegen- 
über den  'edlen  herren  des  landes'  auffällig  (vgl.  die  erklärer  za  OT. 
1004  ff.  Trnch.  190  f.),  und  warum  —  wenn  eben  nicht  still  ironisch  — 
für  den  gcwis  leichtern  fall  mit  einem  landfremden  die  dringlichere, 
prohibitive  wendung  ^i\  ciuiirdrui  statt  einer  positiven? 

29* 


444        ThPlüsB :  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannos  [v.  216—276]. 

der  thftter  von  den  Eadmeiem  wirklich  verhehlt  werden  solle ,  legt 
er  feierlichst  Verwahrung  ein  gegen  jede  art  gemeinscfaaft  und  ver- 
kehr der  landesbewohner  mit  dem  mörder,  und  zwar  fdr  den  ganzen 
bereich  seines  landes ,  kraft  der  hohem  autoritSt  des  königs  und  im 
namen  des  gottes  (ei  b*  ad  ciuJTTrjcecOe  Kai  nc  .  .  dTriiicei  toCttoc 
.  .  TÖbe.  TÖv  fivbp*  diTaubüj  toOtov  .  .  tflc  Tf\cb€  .  .  jinT*  clc- 
b^X^c^<^i  •  •  Tiva).  ^  durch  die  feierlich  umständlichen  worte  des  ein- 
gangs &  'k  Tujvbe  bpdcuj ,  TQUTa  XPH  kXu€IV  iixov)  und  die  im  Ver- 
hältnis zur  bedeutung  kurzen  worte  am  schlusz  der  Verwahrung  (die 
TÖ  TTuOiKÖv  660Ö  ^avT€Tov  .  .)  erregt  der  kOnig  das  religiöse  ge- 
wissen; er  betont  auch  hier  seine  person  (xpf|  kXuciv  ^oO.  yf^c  fic 
if\i).  iH(pr\y/€V  i^oi),  aber  hier  thut  er  es  als  Vertreter  des  laÄides 
und  beauftragter  der  gottheit:  als  solcher  eben  protestiert  er  und 
musz  er  für  die  unheilvollen  folgen  des  fortdauernden  verkehre  mit 
dem  mörder  die  einzelnen  verkehrenden  verantwortlich  machen*: 
dadurch  und  indem  er  die  furchtbar  vielseitige  und  ernste  Verpflich- 
tung sämtlicher  einzelner  bewohner  des  landes  an  der  fülle  von 
einzelheiten  in  voller  schwere  verspüren  läszt  (|liiit'  eicb^x^cOai 
jiilT€  .  .  |LifiT€  .  .  ^r)T€  .  .  ^f\Te  .  .  (I)6€iv  b'  dir'  oTkujv),  damit  drängt 
er  schuldige  und  wissende  zur  enthüllung;  wenn  die  einleitenden 
worte  vielleicht  empfinden  lassen,  dasz  Oidipus  nur  gezwungen  vom 


^  Toöiroc  TÖbc  entspricht  den  Tä  k}xä  ^nr]  216,  dirubcci  ist  ein  gegen- 
satz  zu  dem  kXOujv  b^x^cdai  217  (ähnlich  wie  €ic6^x^c6at  and  diOcIv  dir* 
oIku)v  238  und  241  entgegengesetzt  sind);  nar  schwebt  bei  dem  «ctivam 
diTUiOctv  zunächst  wohl  nicht  ein  'für  sich  und  von  sich  ein  zngemntete« 
handeln  zurückweisen'  vor,  sondern  gemeint  kann  sein  'das  wort  des 
königa  aus  seiner  richtnng  drängen,  von  seinem  ziel  zurück werfen% 
nnd  dieses  ziel  wäre  zunächst  die  gesamtheit  der  Kadmeier,  an  welche 
das  wort  gerichtet  ist  (sinnlich  anschaulich  ist  für  diTU)6€lv  Hom.  i  81) ; 
Oidipus  würde  also  noch  immer  voraussetzen,  dasz  die  gesamtheit  der 
Kadmeier  den  mörder  kenne  und  ihn  auch  nennen  würde,  wenn  nicht 
einzelne  diesen  erfolg  jenes  wertes  verhinderten.  —  (piXoc  ist  nach  tra- 
gischem Sprachgebrauch  eher  ein  angehöriger  als  ein  freund;  <p(Xou 
und  ^auToO  lieszen  sich  allenfalls,  auch  bei  dem  eben  angegebenen 
sinne  von  diruiOctv,  mit  diesem  construieren :  'das  wort  in  seiner  Wir- 
kung bei  der  gesamtheit  von  einem  ang^hörigen  oder  sich  selbst  ab- 
wehren': immerhin  mag  man  die  genitive  von  bcicac  abhängen  lassen« 
—  diraubOj,  gerade  in  dieser  personalform,  Phil.  1293  vom  feierlichen 
Proteste  gegen  ein  thun  das  man  nicht  hindern  kann,  unter  berufang 
auf  die  zeugenschaft  der  göttcr;  Aristoph.  Frö.  369  f.  als  relig^ons- 
tecbnischer  ausdruck  von  feierlich  protestierender  hinausweisung  der 
unreinen  oder  ungeweihten  aus  dem  heiligen  bezirk  des  mystischen 
chors  (s.  363  ff.  und  vgl.  Hör.  ca,  III  1,  1  odi  profanum  volgut  et  arceo). 
es  ist  weder  eine  straA  für  den  mörder  noch  ein  eigentlich  hinderades 
verbot,  aber  ein  protest,  mit  welchem  die  Verantwortung  für  das  bereits 
geschehende  und  für  etwaige  folgen  desselben  namens  der  götter  auf 
diejenigen  geworfen  wird,  welche  etwas  doch  thun  —  hier  auf  die  be- 
wohner des   landes,   welche  ja  subject  der  verba  clcb^x^cOot  usw.  aind. 

*  Tgl.  Aristoph.  Ri.  1014  das  pronomen  in  der  parodie  einer  orakel- 
ankündigung:  Akouc  hi\  vuv  Kai  irpöccxc  töv  voOv  4|io(  uä.  die  ein- 
zelnen im  ganzen  lande  sind  durch  ir^c  Tf\cb4  nva  und  irdvrac  be- 
zeichnet. 


ThPlüss:  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannos  [y/216— 275].       445 

persönlichen  wort  gütlichen  zusprachs  znr  amtlichen  that  Übergehe, 
so  mag  er  auch  damit  adelich  denkende  mSnner  verpflichten  wollen.  ^® 
aber  vor  allem :  sofort  mit  dem  act  des  protesies  tritt  ideell  die  Ver- 
antwortlichkeit ein ,  formell  mttste  sie  blosz  noch  durch  die  herolde 
des  königs  oder  aber  durch  die  Vertreter  der  bürgersohaft  weiter  in 
Stadt  und  land  kund  gegeben  werden'';  von  diesem  augenblick  an 
musz  also  in  stadt  und  land  ein  fragen  und  spttren  nach  dem  manne, 
ein  beargwöhnen  und  anklagen  aller  gegen  alle,  hasz  ond  wut  gegen 
den  unbekannten  schuldigen ,  der  irgendwo  und  überall  und  jeden 
augenblick  an  jedermanns  seite  stehen  kann ,  und  gegen  die  wissen- 
den entstehen ;  die  furcht  musz  alles  gemeinschaftsieben ,  vor  aUem 
gerade  den  götterdienst  stören,  das  ganze  land  steht  so  zu  sagen 
unter  einem  interdict.  in  den  äugen  des  königs  sind  die  edlen  des 
landes  am  morde  schuld :  auf  sie  l&szt  er  also  mit  dem  augenblick, 
wo  er  den  götterspruch  kundthut  und  die  Verantwortlichkeit  aller 
wissentlich  oder  unwissentlich  sich  befleckenden  ausspricht,  zwie- 
fache Verantwortung  fallen ,  für  die  fortdauer  der  pest  sowohl  wie 
far  die  neu  entstehende  religiöse  schuld  und  not  ihres  ganzen  volkes 
—  V.  223-243. 

Die  Zuschauer  im  theater  mögen  vorher  den  klugen,  gerechten, 
milden,  aber  seltsam  irregehenden  könig  bemitleidet  haben,  und  für 
den  mann,  der  in  königlich  priesterlicher  autoritftt,  aber  verhängnis- 
voll unwissend  um  seiner  selbst  willen  sein  land  und  seine  getreuen 
so  heimsuchen  musz ,  mögen  sie  die  schicksalsmacht  fürchten,  die 
edlen  des  thebanischen  landes  aber  müssen  mit  Spannung,  dann  mit 
Verwunderung  und  peinlichem  zweifei,  schlieszlich  mit  lebhaftem 
drang  zum  Widerspruch  und  doch  wieder  scheuer  Zurückhaltung  den 
könig  anhören:  ist  doch  jeder  mit  sich  selbst  einig,  dasz  6r  weder 
der  mörder  ist  noch  ihn  kennt ;  aber  ihre  gesamtheit  ?  wenn  der  könig 
so  sicher  und  so  feierlich  im  namen  der  gottheit  die  anklage  gegen 
6inen  oder  einzelne  von  ihnen  erhebt?  und  was  thun,  um  den  mörder 
von  stund  an  von  jeder  art  gemeinschaft  ausschlieszen  zu  können,  wenn 
man  ihn  nicht  kennt?  wie  ihn  suchen?  jedenfalls,  der  Sprecher  der 
Eadmeier  wagt  es  noch  nicht  im  namen  der  gesamtheit  der  edlen  zu 
sprechen. 

Während  sie  noch  schweigen,  fährt  jetzt  der  könig,  nachdem  er 
den  eindruck  seiner  protestation  und  Verantwortlichkeitserklärung 
an  das  land  einen  augenblick  abgewartet  hat,  wieder  in  anderm  ton 
fort:  mag  der  entschlusz  der  Eadmeier  nun  ausfallen  wie  er  will, 
jedenfalls  will  6r  für  sein  teil  die  consequenz  der  jetzt  neu  ge- 
scbafifenen  Situation  für  sich  ziehen:  mögen  sie  sich  dann  die  ihrige 
ziehen  {ifOj  juiv  oOv).  zunächst  bestimmt  er  mit  ruhiger  festigkeit 
seine  eigne  Stellung  zur  gegenwärtigen  läge;  er  erklärt  dreierlei: 

*®  TOÖTTOC  TÖ6€  und  6pdcu)  bilden  wohl  eine  art  gej^ensatz;  das  fntn- 
rum  bpdcu)  mag  entschlusz,  selbstttberwindnng  ausdrücken,  wie  irpocTp^- 
\(;ojüiai  neben  dem  präsens  dinCKf)irru)  OT.  1446  uä.  **  Teiresias  spricht 
von  einem  Ki\p\rf{ia  v.  350. 


446        ThPlüBs:  zu  Sophokles  Oidipus  TTrannoe  [v.  216— S75]. 

dasz  er  fttr  sein  teil  hiermit  bo  gut  wie  er  es  nach  Beinen  kr&ften  und 
mitteln  vermöge,  im  bunde  mit  dem  gotte  des  Bchickßalß  und  dem 
ermordeten  menschen  in  den  kämpf  um  die  räche  eingetreten  sei 
{ifw  ^€v  oöv  TOiöcl)€  iCj)  T€  bai^ovt  TOI  T*  ävbpi  Till  Oovdvn 
cu^^axoc  ireXuj) ",  dasz  er  fttr  sein  teil ,  um  zu  thun  was  in  seinen 
kräften  eei  und  jeder  Parteinahme  fttr  den  thäter  abzusagen .  diesen 
thäter  im  falle  der  Verborgenheit ,  ohne  rücksicht  auf  etwaige  ge- 
hilfen  der  Verborgenheit,  den  göttlichen  mächten  des  yerderbens 
weihe  {ifw  pev  oöv  Toiöcbe  .  .  cu^^oxoc  it€Xu),  Kareuxc^ai 
b€  TÖv  bcbpaKÖr',  €iT€  TIC  €ic  wv  XeXTjöcv  €!t€  irXciövuiv 
ixiia)  '^  und  dritteuB ,  dasz  er  für  sein  teil  zur  besiegelong  dessen 
sich  als  hehler  des  th&ters  der  gleichen  behandlung  weihe,  zu  welcher 
er  so  eben  die  leute  in  Stadt  und  land  hier  feierlich  verbindlich  ge- 
macht habe  (^if(b  ^€v  ouv  .  .  ^treuxo^ai .  .  irodeTv  änep  ToTcb^ 
äpTiu>c  T^pacä^iiv).  **   mit  dieser  dreifachen  erklftrung  will  Oidipus 

^'  TOiöcÖ€  kaiu  ebenso  gut  aasdruck  der  bescbeidenfaeit  wie  des 
«tolces  sein:  neben  öaifiuiv  mit  seinem  begriff  von  über  menschlich  er, 
übcrmäcbtig  ein}j:reifender  schicksalsgewalt  scheint  es  dms  erstere.  — 
Warum  kämpft  Oidipus  hier  nicht  sugleicb  auch  für  land  nnd  volk? 
weil  <5r  für  sein  teil  so  eben  noch  die  not  des  landes  hat  steigern  müssen, 
damit  der  gott  mit  der  pest  und  der  tote  Laios  ihr  kampfeiel  erreichen, 
alMo  weil  er  jetzt  in  etwas  auderm  sinne  selbst  thut,  was  er  von  den 
edlen  gewünscht  bat:  T^  vöcip  6irnp€Tetv.  anders  253  f.  *'  ^T^  m€v 
oOv,  vielleicht  auch  TOiOCÖc  in  dem  vorher  bet:prochenen  sinn  einer  ein- 
scbräukuug,  gehört  su  allen  drei  gliedern  mit  dominierendem  ton.  — 
KavcOxo^i  mit  acc.  verstehe  ich  gauc  wie  deviwco  aliquem;  Sophokles 
gebraucht  KaT€0xO)xai  von  der  weihuug  eines  tieropfers  (Trach.  764  , 
von  der  weihung  eines  sterbenden  zu  dem  zwecke,  die  todesgotter 
gnädig  gegen  den  toten  su  stimmen  (OK.  1575),  vod  einem  gebet,  durch 
welches  jemand  um  den  preis  einer  räche  sich  selber  dem  tode  weiht 
(Aiss  392);  cOxecOai  ist  nicht  ein  blosses  bitten,  dasz  die  götter  etwas  thun 
mögen,  sondern  es  ist  eignes  thun,  eine  zuversichtliche  bernfung 
auf  etwas,  was  man  ist  oder  geleistet  hat  oder  aber  leisten  wird,  zu  dem 
zweck  eine  gegenleistuug  von  der  gottheit  zu  erlangen,  und  wiederum 
ein  zuversichtliches  fordern  der  göttlichen  leistnng  auf  gnind 
eigner  leistungeu  oder  ansprüche:  daher  die  in6nitivconstructionen  so- 
wohl der  verba  dicendi  als  der  verba  des  wolleus  oder  des  bewirken«.  — 
hei  cTtc  TIC  .  .  beachte  mau,  dasz  sich  die  disjunction  auf  die  isolierung 
oder  aber  verbUnduug  des  verborgenen  mördtrrs  bezieht,  dagegen  die 
Verborgenheit  jetzt  bereits  als  bestehend  vorau^esetzt  ist:  Oidipus  hat 
es  aufgegeben  direct  die  nennung  zu  fordern.  *'  Toicöc  beziehe  Ich 

auf  die  leute  dieses  landes  {ff\c  Tf)CÖe  .  .  rivd  237),  sowie  toO  Xötou 
To06€  219  bedeutet  'was  man  hier  im  lande  erzählt'  oder  OK.  288 
dcTotc  loUbe  von  den  bürgern  von  ganz  Attika,  715  Tolcbe  dtuiOlc 
von  den  straszen  des  landes  Attika  gesagt  wird.  —  Die  grundbedeatung 
von  dpdo|iai  scheint  nach  allem  die  einer  festen,  bindenden  vereiobarong 
in  religiösem  sinne,  eines  religiösen  verbindlich-  nnd  verantwortlichmachens 
für  gutes  oder  böses,  durch  gebet,  gclübde  usw.  dpdo|ia(  Tivi  heiszt 
sonst  'mit  jemand,  besonders  einer  gottheit,  eine  solche  Vereinbarung 
abscblieszon,  jemand  durch  gelübde  zu  etwas  verpflichten';  im  accn- 
satlv  oder  aber  im  infinitiv  (in  der  regel  inf.  aor.)  steht  dasjenige,  wozu 
man  jemand  feierlich  verpflichtet,  das  gute  oder  das  böse,  das  geschehen 
oder  Jemandem  zu  teil  werden  soll  (Hom.  ß  135.  c  176.  V  194.209):  da- 
nach   hätte  Oidipus    vorher   die    lente   im  lande  heilig  verpflichtet  bo 


ThPlÜBB:  zu  Sophokles  Oidipiu  TjTBamOB  [▼.  216—875].       447 

mittelbar,  durch  seinen  Vorgang,  in  den  Eadmeiem  den  persönlichen 
willen  zu  einem  selbstverleugnongsvoUen  handeln  anregen ;  ahnungs- 
los musz  er  dabei  den  blitz  göttlicher  räche  auf  sein  eignes  haupt 
herabrufen,  und  der  thatkräftig  fromme  könig  als  hilfloser  gegen- 
ständ einer  ironio  des  Schicksals  erfOllt  einen  tragisch  empfäng- 
lichen Zuschauer  mit  mitleidsvoller  und  angstvoller  teilnähme  — 
244—251. 

Wenn  aber  Oidipus  angesichts  der  neuen  not-  und  Zwangslage^ 
in  welche  land  und  volk  durch  die  kundmachung  des  Orakels  und 
des  bindenden  protestes  gekommen  sind,  seine  eigne  Stellung  fest 
bestimmt  und  nach  seinen  mittein  die  lösung  der  heiligen  aufgäbe 
entschlossen  beginnt,  so  musz  er  —  der  sichtlichen  unentschlossen- 
heit  der  edlen  gegenüber  —  seinerseits  jedenfalls  auch  mit  aller 
kraft  seine  anspräche  auf  ihre  mitwirkung  aufrecht  erhalten;  in- 
dessen ohne  direct  eine  neue  forderung  an  sie  zu  stellen  —  die  neue 
läge  thut  das  selbst  —  rechtfertigt  er  nur,  dasz  6r  fttr  sein  teil  sie 
vor  den  göttem  feierlich  verpflichte  {tfih  ixiv  oOv  .  .  öjiTv  .  .  im- 
CKrJTrru)). ^^  wozu  er  sie  verpflichtet,  ist  dies:  alles,  was  eben  vor- 

gewissen  dingen,  und  eben  diese  dinge  (Aircp)  lu  erfahrea  (iraOdv) 
würde  jetzt  Oidipus  zuversichtlich  für  den  gedachten  fall  der  hehlerei 
fordern  (direOxofjiai  iraOelv).  nun  lag  ja  in  dem  proteste  dicau6(&  \ii\ 
€\cbix€cQai  Tiva,  üti6€tv  h^  irdvrac  eben  ein  verbindliehmaohen:  die  ein- 
zelnen bewohner  des  ganzen  landes  wurden  heilig  verpflichtet  und  be- 
schworen, den  mörder  yon  jeder  gemeinschaft  anszastossen,  vor  allem 
von  haus  und  herd;  insbesondere  diese  letztere  aasstosznng  verlang^ 
hier  Oidipns,  wie  die  auffällige  Stellung  und  betonnng  249  oiKOiciv  el 
Suv^CTioc  ^v  Totc  i^ioXc  andeutet  und  das  spätere,  wiederholte  verlangen 
817  ff.  1291  zeigt.  —  Weder  scheint  to1c&€  betont  —  es  ist  also  nicht 
im  gegensatz  zum  folgenden  öjLitv  gedacht  —  noch  hebt  Oidipus  hervor, 
dasz  ii^  als  hehler  sogar  die  strafe  leiden  wolle,  die  dem  thäter  be- 
stimmt sei:  der  protest  war  eben  keine  strafe  für  den  thäter;  dasz  ein 
solcher  hehler  so  gut  wie  der  thäter  ausgeschlossen  werden  muste,  war 
nach  der  lehre  vom  jLiiacfJia  selbstverständlich  (Rihbeok  epikrit.  bemer- 
kungen  s.  8  f.);  nur  kennen  muste  man  ihn  erst,  nnd  darum  fordert 
Oidipus  von  den  wissenden  göttern  (cöxoKUXt),  dasz  er  wirklich  er- 
leiden möge,  was  er  feierlich  vereinbart  habe;  iraOdv  und  i^pct- 
<&nr\y  sind  die  betonten  begriffe. 

*^  i^\b  )Li^v  oOv  kann  während  des  ganzen  letzten  teils  der  worte 
des  Oidipus  in  ton  nnd  sinn  dominieren;  erst  die  antwort  des  chors 
brächte  dann  den  ergänzenden  gegensatz,  den  Oidipus  eben  provooieren 
will,  so  läszt  Neoptolemos  Phil.  458  mit  ^df  i^  den  ergänzenden 
parallel gedanken,  den  Philoktetes  betreffend,  bis  466  erwarten,  und  mit 
468  bringt  ihn  in  selbständiger  form  dann  Philoktetes  selber;  in  den 
Worten  des  Neoptolemos  wechseln  dazwischen  reichlich  die  subjeote,  und 
es  treten  mehrere  andere  gegensätze  ein.  ähnlich  PbiL  512  ua.  zu 
dem  tf\h  ^iy  oOv  Lysias  g.  Eratosth.  §  3  geben  die  ergänsung  erst 
nach  der  ganzen  langen  rede  die  geschworenen  mit  ihrem  spmch.  hier 
im  Oidipus  ist  Ofjilv  H  452  nicht  parallel  dem  tf\h  (liv  oov,  sondern 
diesem  untergeordnet  und  parallel  zum  prädicate  von  tf\b  \xiv  oOv,  etwa 
in  dem  sinne  von  k^tb  fi^v  oOv  aÖTÖc  \iky  Toiöcbc  div  T(p  öoifAOVt  c^fA- 
^axöc  cljüii,  0)Li1v  hi.  —  ^incK/|irrui  bezeichnet  nicht  einen  befehl  oder 
auftrag  kraft  königlicher  oder  herschaftlicher  gewalt,  sondern,  wie  be- 
sonders die  anwendung  bei  sterbenden  nnd  die  Verbindung  mit  beschwö- 


448        ThPlüss:  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannos  [v.  216—276]. 

her  von  heiligen  Verbindlichkeiten  des  königs  und  der  leute  im  lande 
genannt  worden  ist,  zu  erfüllen  (laOia  nävT*  imcKf\Tnijj  xeXeiv)'*: 
aho  sie  würden  vorkommenden  falls  den  könig  selber  von  jedem 
haus  und  herd  im  land  forttreiben  mttssen,  sie  müssen  jetzt  schon, 
so  lange  der  mOrder  verborgen  ist,  überall  im  land  auf  ihn  fahnden, 
ihn  wo  möglich  von  aller  gemeinschaft  ausschlieszen  lassen,  wie  sie 
das  möglich  machen  sollen,  spricht  Oidipus  hier  nicht  aus;  wie  eres 
sich  möglich  denkt,  hat  er  früher  gesagt,  aber  in  wessen  namen 
er  sie  verpflichtet,  sagt  er:  nemL'ch  in  seinem  eignen,  als  des  beauf- 
tragten und  verpflichteten  der  götter,  im  namen  der  gottheit,  die  das 
orakelgebot  gesandt,  und  im  namen  des  landes,  das  man  so  schnöde 
nutzlos  und  so  freventlich  in  seiner  Zerrüttung  lasse  (^mcKtiirTui 
leXeTv  un^p  x*  ^^auTOö  loO  Geoö  xe  xficb^  xe  yflc  dib*  dKdpTtuic 
KdO^UJC  dqp6ap|Li^viic). ^^  dasz  aber  6r  seinerseits  ein  recht  habe,  sie 
im  namen  der  göttlichen  heimsuchung  und  des  heimgesuchten  landes 
für  die  endgültige  erledigung  der  sache  verantwortlich  zu  machen, 
dafür  beruft  er  sich  auf  zweierlei:  einmal  darauf,  dasz  es  schon  an 
sich  eine  unterlassungsschuld  sei,  wenn  sie,  die  edlen  und  ftltesten, 
die  ermordung  eines  mannes  von  edelstem  blut  und  höchster  ehren- 
Stellung  ohne  nachforschung  und  ohne  jede  sühne  hätten  hingehen 
lassen  (oöb'  ei  T^p  f{y  M^  OefjXaxov.  dvbpöc  dpicxou  ßaciX^uJc  X€. 
OUK  dKdOapxov  ujuac  ouxujc  iä\) ;  für  die  gegenwart  aber  beruft  er 
sich  auf  die  göttliche  fügung ,  welche  ihn  zum  nachfolger  und  erben 


mngsformeln  zeigen,  ein  feierliches  'anfs  gewissen  binden',  ähnlich  wie 
dpdojüiai,  ijiapöiOßaXf  im^apTOpo^ai ,  womit  es  schon  bei  Hesychios  za- 
sammengestellt  ist;  vgl.  OT.  1446. 

1«  Oidipus  hat  mit  TOiöcöe  seine  macht  als  eine  beschränkte  be- 
zeichnet: was  er  vorläaüg  konnte,  hat  er  gethan,  ncmlich  eine  pro- 
testation  und  Verantwortlichkeitserklärung  an  jedermann  im  lande  er- 
lassen, den  verborgenen  thäter  dem  verderben,  sich  selbst  eventuell 
dem  loose  der  aasstoszung  geweiht,  das  sind  aber  alles  nur  forderungen 
an  götter  und  menschen,  anerkennungen  einer  schuld,  Verpflichtungen t 
erfüllen,  vollziehen,  erledigen  im  dienst  von  gottern  und  menschen 
können  das  alles  nach  der  Überzeugung  des  Oidipus  die  hierin  mäch- 
tigern edlen.  raOra  irdvra  bezöge  sich  somit  hauptsächlich  und  gram- 
matisch passend  auf  das,  was  eben  mit  diT€p  dpriuic  ]^pacd^V)v  wieder 
in  erinnerung  gebracht  ist.  dem  TeXdv  ^incKif)iiTUi  entspricht  voraus- 
deutend das  wort  der  edlen  166  ff.  t(  \ioi  .  .  ^Eavuccic  XP^OC-  ''  ^m- 
CKf)irru)  dnip  wie  Phil.  1294  dircnj^u)  i)nip  'ich  protestiere  im  uamea 
jemandes\  —  Wenn  Oidipus  im  namen  des  landes  usw.  die  edlen  für 
die  erledigung  noch  schwebender  Verpflichtungen  verantwortlich  macht, 
müssen  sie  in  seinen  augcn  eine  schuld  gegenüber  dem  lande  usw. 
haben:  dazu  passt  die  genauste  erklärung  von  d6^u)c  im  sinne  von 
'gottlos,  gottvergessen,  frevelhaft'  (vgl.  KI.  1*24];  gerade  mit  dq>6ap^i6K>C 
ist  es  doch  wohl  im  gleichen  sinne  Kl.  1181  verbunden,  dann  moas 
dKdpiTUK  wohl  auch  eine  schuld  auf  Seiten  der  edlen  andeuten :  'fmeht- 
los,  nutslos y  erfolglos*  ist  die  Verwüstung  in  demselben  sinne,  in  wel* 
chem  Aischylos  ein  orakel,  das  sein  siel  nicht  erreicht,  nicht  in  er- 
füUung  geht,  'fruchtlos'  nennt:  die  Verwüstung  hat  den  sweck  den  mord 
des  Laios  su  sühnen,  durch  die  schuld  des  Kadmos  wird  dieser  iweck 
nicht  erfüllt,  die  Verwüstung  ist  also  schnöde  nutslos. 


ThPlQss:  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannot  [y.  2ie--276].       449 

des  ermordeten  in  so  wunderbar  einziger  yerflechtnng  auch  der 
familiengemeinschaft  gemacht  habe  (el  T^p  f|v  jLif|  OcifjXaTOV  .  .  vOv 
b'  itieX  Kupuj  t'  ifü)  ix^y  M^v  .  .  ^x^v  ht . .  koivuiv  t€  iraibujv 
KOiva  .  .)*'^  indem  ihm  also  diese  familiengemeinschaft  vor  äugen 
tritt^  fühlt  er  sich  Laios  gegenüber  als  söhn,  den  Labdakiden  gegen- 
über als  nachkomme:  er  musz  also  die  heilige  pfiioht  der  blutrache 
wie  ein  söhn  und  enkel  erfüllen,  und  er  will,  in  tiefster  seele. er- 
glühend für  diesen  heiligen  kämpf  um  das  recht,  auch  das  göttliche 
recht  eines  bluträchers  in  anspruch  nehmen,  und  er  nimt  es  jetzt 
auch  gegenüber  den  edlen  mit  so  gl&ubiger  gewisheit  und  so  heiliger 
thatkraft  in  anspruch,  dasz  er  ihnen  je  nach  ihrer  entschlieszung  von 
den  göttern  den  fluch  unseligsten  Verderbens  herabruft,  ja  schon  im 
voraus  ankündigt  (€{)xo^al  Oeoijc  ^f|  .  .  dvi^vai . .  dXXd  ..966- 
peTcOai),  oder  segen  und  steten  sieg  des  rechtes  in  aJlen  lebens- 
kämpfen  an  wünscht,  so  will  hier  Oidipus,  indem  er  für  sein  teil 
sich  das  recht  wahrt  den  beistand  der  Eadmeier  zu  fordern,  diese 
in  den  kämpf  für  den  ermordeten  und  gegen  den  mörder  mit  sich 
fortziehen,  der  znschauer  freilich  mag  mit  bebendem  erbarmen 
hören,  wie  der  held  mit  seinem  vorgttnger  erbarmen  hat  und  sich 
von  ahnungsvoll  ahnungsloser  kindesliebe  zu  seinem  yater  ergrififen 
fühlt;  es  mag  ihm  grausen,  wenn  er  den  mann  so  wunderlich  scharf- 
sichtig und  so  grausam  blind  seine  greuelhaften  Verhältnisse  zu  Laios 
darlegen  hört;  und  wenn  die  heilige  energie  des  beiden  den  Zuschauer 
vielleicht  entzückt,  so  erfüllt  es  ihn  vielleicht  vrieder  mit  schauem 
tragischen  entsetzens  zu  sehen,  wie  der  unselige  mann  menschen  und 
götter,  lebende  und  tote,  sein  volk  und  sich  selbst  nur  zu  seiner 
eignen  entsetzlichen  Vernichtung  antreibt  —  252 — 275. 

Ich  bin  methodischer  weise  von  der  Überlieferung  des  Wortlautes, 
der  verszahl  und  der  versfolge  ausgegangen  und  glaube  einheit  und 
zweckmäszige  Ordnung  gefunden  zu  haben,  das  logische  Schema, 
nicht  als  vorläge  des  schaffenden  dramatikers,  sondern  alß  controle 
des  analysierenden  kritikers ,  wäre  folgendes : 

*^  das  gedankengeHige  ist:  'ich  meines  teils  mache  euch  vor  den 
göttern  verantwortlich:  denn  auch  wenn  in  dem  falle  mit  Laios  nicht 
eine  besondere  göttliche  ftignng  wirksam  wäre,  hättet  ihr  den  mord 
rächen  und  sühnen  sollen;  nun  aber,  da  ich  persönlich  mit  Laios  in 
merkwUrdig  enger  gemeinschaft  stehe,  werde  ich  meines  teils,  nm  ihn 
zu  rächen,  auch  zu  den  äuszersten  mittein  greifen.'  in  diesem  gefüge  ist 
1)  die  besondere  enge  gemeinschaft  des  sprechenden  mit  Laios  identiseh 
mit  dem  beweis  einer  besondern  göttlichen  fügnng,  vgl.  oben  %n  221  f. 
jüii^  oOk  ^xwy  Ti  cOjüißoXov  .  .  OcT€poc  ydp  .  .  und  wegen  der  lockern 
periodenbildung  etwa  OK.  271  ff.,  wo  statt  unseres  nebensatzes  ohne 
hauptsatz  {kit£\  KUpui)  geradezu  ein  selbständiger  satz  eingetreten  ist, 
dann  aber  auch  unser  dvO*  div  sich  findet;  2)  ist  ärtX  irdvT*  d(p(SofJiai 
im  allgemeinen  entsprechend  dem  öfjitv  TuOra  irdvT*  ^incK/)irru)  T€X€tv; 
3)  ist  logischer  hauptgedanke  die  berechtignng  speciell  der  sprechenden 
person,  für  die  sühne  des  Laios  auch  pflicht  und  gewissen  der  edlen  in 
anspruch  zu  nehmen:  dann  allein  ist  in  den  gedanken  vOv  b' iircl  Kupd» 
t'  ky\h  .  .  dv6*  ibv  i^\h  . .  logische,  wenn  auch  nicht  grammatische  folge^ 
richtigkeit. 


460        TbPIflw:  211  Sophokles  Oidipiu  TyraanM  >.  *216—£7Sn. 

^. 

nehmet  williq  an,  was  ich  za  angen  habe, 

d;  weil  ihr  damit  erreicht,  was  ihr  «iberverijoigt: 
h)  weil  ich  mich  damit  zatnuimBvoll  an  eoch  edl» 
des  landes  selbst  wende. 

n. 

I.  nennet  den  m^rder  des  Laios, 

1 !  weil  ich  persönlich  euch  in  bester  absieht  xor  nwwmmg 
'  auffordere: 
2)  weil  ich  als  beauftragter  der  gfltter,  doreb  heiligai 
Protest  gegen  jede  gemeinsehaft  mit  dem  mdrder, 
das  ganae  volk  binde  und  banne,  bis  der  mflrder  ge» 
fanden  ist. 
II.  [l^^set  den  bann ,  indem  ihr  den  mdrder  findet:  denn] 

1;  ich   meinesteils  mache  mich  mit  schwerem  ftoek 

fttr  den  kämpf  gegen  den  verborgenen  mflrder  ^w> 

bindlich; 

2)  ich   meinesteils  mache  each  für  die  Idsnng  ▼on 

bann  and  Verbindlichkeiten  verantwortlich 

a)  im  namen  meiner  äelbst,  des  gottes  and  des 

laades, 
h)  mit  meinem  heiligen  recht. 
c;  vor  den  gerecht  vergeltenden  gOttem  gerechten 
kampfes. 

a 

[also  sprecht,  was  ihr  eaeraeita  thnn  wollt.] 

darin  ISge  die  logische  einheit  and  ordnong.  dramatisch  wür- 
den wir  haben:  eine  kinge  Vorbereitung  der  stimmang,  dann  den 
versDcfa  einer  gewinnenden  einwirkong  aof  den  willen  dnreli  ver- 
traolicben  zospmch,  einer  zwingenden  einwirknng  dorefa  eine  reli- 
g}(hB  bandlang,  einer  zorflckgebalten  leidenschaftlichen  einwirknng 
dorcb  die  fromme  energie  des  eignen  vorangehens;  ond  tragisch 
bitten  wir:  das  irren  des  vorsichtigen,  das  blinde  fehlgreifen  des 
besonnen  und  zielbewnst  bändelnden,  das  unentrinnbare  gGttliefae 
verbingnis  eines  beiden  ^  welcher  fBr  goit  nnd  recht  vorklmpft  das 
wire  die  dramatiscbe  energie  and  steigerang.  was  sich  dabei  etwa 
sonst  neues ,  zb.  fDr  den  dramatischen  Charakter  des  beiden  oder  für 
charakteristische  darstellongsweise  des  dichten  ergeben  könnte,  lasaa 
ich  dahingestellt. 

Basbl.  Theodor  PlOss. 


FEern:  zu  Sophokles  Antigone  [t.  892].  451 

(24.) 

ZU  SOPHOKLES  ANTIGONE. 


fivoH ,  ßpoTotctv  oi)biv  icT*  diribfiOTOv  • 
ipeubet  TÄp  i\  *iT(voia  Tf|V  tviI»m1V  *  inA 
890  cxoXq  iToG'  fiHciv  bcOp'  öv  Öiiöxouv  ifih 
raic  catc  direiXaic ,  alc  dx^tfidcGriv  töt€. 
dXX"  f|  TÖip  ^KTÖc  Kai  irap*  iXirfbac  xapä 

£01K€V  dXXq  ^f^KOC  oöbiv  f|bov4i 

fiKU) ,  bt'  öpKU)v  Kainep  £iv  dirui^oToc. 
in  diesem  anfiEuig  der  botenrede  hat  das  dicröc  in  v.  392  mit  recht 
schon  immer  grosze  bedenken  verursacht,  und  weder  eine  erklämng 
des  aberlieferten  noch  ein  änderungsversnch  hat  bisher  allgemeine 
billigling  gefunden,  oben  s.  159  fügt  ThBreiter  den  frOhem  ver- 
besserungSYorschlägen  einen  nenen  hinzu,  nemlioh  a\fpvr\Q  statt  iicrdc 
zu  lesen,  er  legt  dabei  groszes  gewicht  auf  den  umstand,  dasz  k  und 
q)  häufig  verwechselt  würden  (was  er  durch  anftthrung  der  Vermutung 
von  Bonitz  äxiibf^coi  statt  &q>€ibt)cot  in  v.  414  belegt),  Übersieht 
aber  den  andern,  sehr  groszen  ttbelstand,  dasz  das  ursprüngliche 
mit  dem  vermuteten  nur  in  einem  einzigen  buchstaben,  dem  letzten 
abereinstimmt,  trotzdem  bemängelt  er  Sejfferts  droTroc  nur  des- 
wegen, weil  es  von  den  schriftzagen  der  Oberlieferung  weit  abstehe, 
während  es  doch  die  beiden  letzten  buchstaben  mit  dem  aber- 
lieferten gemein  hat.  zeigt  sich  in  dieser  abweisung  der  fremden 
und  empfehlung  der  eignen  Vermutung  eine  unberechtigte  verliebe, 
so  erscheint  ein  ebenso  unberechtigtes  verurteil  in  der  von  Breiter 
vertretenen  Überzeugung,  dasz  auch  in  dem  ersten  attribute  zu  Xfxpä 
das  Qberraschende  des  freudigen  ereignisses  ausgedrückt  sein 
müsse,  diesem  verurteil  verdankt  a\(fyr\c  seine  erfindung,  wie  jener 
verliebe  seine  unzureichende  Verteidigung. 

Es  ist  doch  zweifellos  lediglich  ein  verurteil,  das  sich  ungemein 
schwer  begründen  läszt,  dasz  zwei  attribute  dasselbe,  ja  dasz  sie 
auch  nur  ähnliches  ausdrücken  müsten.  dasz  sie  diese  eigenschaften 
immer  haben  müsten,  kann  freilich  auch  kaum  gemeint  sein:  denn 
dem  widersprechen  die  thatsachen  zu  augenscheinlich;  aber  es  ist 
auch  gar  nicht  abzusehen,  warum  das  gerade  in  diesem  falle  so  sein 
müste.  und  so  lange  es  für  diesen  fall  nicht  bewiesen  ist,  musz  auch 
diese  annähme  für  nichts  anderes  als  ein  verurteil  gelten. 

Nun  ist  für  dKTÖc  von  mir  vermutet  worden  £vt6c  (vgl.  jahrb. 
1881  S.825  und  1884  s.495).  aus  liebenswürdiger  Schonung  wahr- 
scheinlich verschweigt  Breiter,  wo  er  diese  Vermutung  erwähnt,  den 
namen  des  Urhebers  derselben,  'weil  diese  leichte  änderung  ihm  am 
wenigsten  zusagt',  sein  misfallen  darüber  aber  begründet  er  so : 
«f)  dvTÖc  x^9^  würde  nur  das  innerliche  frohsein,  das  herzliche  ge- 
fühl  der  freude  sein;  f|  irap*  dXiriboc  x^pd  ist  aber  das  freudige  er- 
eignis,  welches  gegen  hoffen  und  erwartöi  eintritt,  man  mflsta  also 


452  FKern:  zu  Sophokles  Antigene  [y.  392]. 

Xopd  in  verschiedenem  sinne  bei  ivxoc  und  bei  irap*  ^Xiribac  fassen, 
was  ich  nicht  für  richtig  oder  zulässig  halte.»  wenn  nur  Breiter 
irgend  einen  grund  dafür  beibringen  könnte,  warum  f|  irap'  dXiriöac 
Xapd  hier  ein  unerwartetes  freudiges  ereignis  bedeuten  mttste,  und 
nicht  nach  gewöhnlichem ,  auch  hier  doch  zunächst  anzunehmendem 
Sprachgebrauch ,  eine  unerwartete  freude ,  eine  frohe  Stimmung  ^  die 
natürlich,  wie  in  der  regel  alle  dergleichen  innem  Vorgänge,  durch 
äuszeres  geschehen  zwar  hervorgerufen,  aber  dadurch  doch  nicht  zu 
einem  äuszern  wird,  für  den  gegenständ  oder  das  ereignis,  das  den 
innem  zustand  hervorruft,  wird  X^PM<x  recht  oft  gebraucht,  was  auch 
nach  der  bildung  des  wertes  erklärlich  ist ,  X^P^  jedenfalls  viel  sel- 
tener und  hier  sicherlich  nicht,  was  leicht  darzuthun  ist. 

Der  Wächter  vergleicht  seine  X<xpä  mit  jeder  andern  f|bovr):  also 
ist  f)bovii  hier  für  Xd^ä  der  übergeordnete  begriff,  er  vergleicht  sie 
in  bezug  auf  das  pf^KOC.  darunter  ist  also  das  grosze,  gewaltige  des 
innem  Vorganges,  die  durch  das  äuszere  geschehen  gänzlich  ver^ 
änderte,  höchst  erfreuliche  Stimmung  zu  verstehen,  diese  Stimmung 
hat  auch  die  ^TTivoia  hervorgerufen,  welche  den  frühem  entschlusz, 
die  YVUijiiYI  besiegt  hat.  natürlich  war  diese  YVUijüill  auch  durch  etwas 
äuszeres  entstanden,  nemlich  die  drohungen  (v.  391),  die  Kreon  auf 
ihn  hinabgewettert  hatte,  wie  durch  diese  von  auszen  kommenden 
drohungen  in  ihm  der  entschlusz  (tvuim^)  entstanden  war  nicht 
wieder  vor  Kreons  äugen  zu  kommen ,  so  ist  nun  durch  ein  anderes 
äuszeres,  ganz  unerwartetes  ereignis  (Antigenes  ertappung)  eine 
andere  Seelenbewegung  (xcxpd)  in  ihm  ganz  unerwartet  entstanden, 
welche  die  frühere,  den  aus  den  drohungen  entstandenen  entschlusz, 
aus  seinem  herzen  gänzlich  verdrängt  hat.  sein  inneres,  ihn  ganz 
erfüllendes  gefühl  der  unerwartet  über  ihn  gekommenen  freude 
stellt  er  nun  den  von  ihm  erwähnten  drohungen,  die  von  auszen 
auf  ihn  eingestürmt  waren,  eben  auch  als  etwas  inneres,  übermäch- 
tiges gegenüber,  als  einen  menschen  aber,  der  es  liebt  so  billige 
psychologische  betrachtungen  anzustellen ,  haben  wir  ihn  bereits  in 
seinem  ersten  gespräch  mit  Kreon  gewis  recht  deutlich  kennen  ge- 
lernt, sind  doch  auch  seine  letzten  worte  in  diesem  zweiten  gespräch 
eine  betrachtung  darüber,  wie  sich  freilich  in  seiner  seele  neben 
dem  selbstsüchtigen  freudegefühl  jetzt  auch  das  gefühl  des  mitleids 
mit  der  königstochter  rege ,  wie  es  aber  nun  einmal  seine  art  sei 
seine  eigne  Wohlfahrt  immer  in  den  Vordergrund  zu  stellen. 

Von  Seiten  des  sinnes  ist  also  gegen  iviöc  nichts  einzuwenden^ 
und  dem  überlieferten  steht  es  so  nahe  wie  nur  irgend  möglich, 
auch  sonst  sind  dvTÖc  und  diaöc  verwechselt  worden:  so  hält  Robert 
bei  Paus.  V  15,  4  ein  £ktÖC  statt  des  überlieferten  dvTÖC  für  das 
richtige  (vgl.  DLZ.  1888  n.  4  sp.  142);  bekannt  ist  die  Verwirrung 
von  fvTOcOev  und  ^ktocOcv,  £vto6€V  und  ^ktoOcv  bei  Hom.  i  235. 
239.  338. 

Wenn  ich  nun  aber  auch  durch  das  dargelegte  nachgewiesen  so 
haben  glaube,  dass  gegen  den  gedanken,  welcher  durch  die  annähme 


FKern :  zu  Sophokles  Anügone  [t.  856].  453 

der  yermutung  dvTÖc  in  den  yers  kommt,  nichts  stichhaltiges  ein- 
gewendet werden  kann,  wenigstens  bisher  nicht  eingewendet  worden 
ist,  so  bin  ich  doch  weit  davon  entfernt  zu  meinen,  dasz  dies  und 
nichts  anderes  dort  gestanden  haben  müsse,  vielmehr  ist  mir  bei 
erneuter  betrachtung  des  verses  und  des  Zusammenhanges ,  in  wel- 
chem er  steht,  noch  eine  andere  Vermutung  in  den  sinn  gekommen, 
welche  manchem  vielleicht  beifallswerter  erscheint  als  jene,  wieder 
durch  änderung  eines  einzigen  buchstabens  l&szt  sich  der  vers  auch 
so  gestalten:  dXX"  f|  f&p  ^k  toO  leal  irap"  dXiribac  X^^P^i»  ^^  ^^^^ 
seitdem  mir  gewordene  und  ganz  unerwartet  gewordene  freude/ 
das  ix  ToO  würde  dann  zurückweisen  auf  das  töt€  in  dem  unmittel- 
bar voraufgehenden  verse  tqTc  catc  dirciXak,  alc  £xcif^c9f|V  töt€. 
die  attribute  zu  X'^9^  wären  dann  beide  pri4?o^^^<>^^^'  Art,  und  durch 
das  demonstrative  wort  würde  eine  bessere  Verbindung  der  beiden 
verse  hergestellt ,  als  sie  gegenwärtig  vorhanden  ist. 

Dasz  gerade  Ik  toO  so  demonstrativ  gebraucht  sonst  bei  Sopho- 
kles nicht  vorkommt,  wird  dem  als  etwas  durchaus  zuftUiges  er- 
scheinen, welcher  bedenkt  dasz  auch  t^  in  solchem  sinne  bei  Sopho- 
kles nicht  nachweisbar  ist,  wohl  aber  Tf)c  und  ti^,  dasz  auch  toTc  in 
den  erhaltenen  tragödien  und  fragmenten  so  nicht  vorkommt,  wohl 
aber  t(!^  und  ol,  dasz  Aischylos  mehr  als  6inmal  Ik  toO  hat,  aber  nicfat 
^K  TiBv,  was  dagegen  bei  Sophokles  vorkommt,  auch  bei  Homer  ist 
Ak  toO  eine  bekannte  ausdrucksweise,  ich  möchte  es  darum  nidit 
empfehlen,  dasz  man,  um  das  auch  in  der  prosa  übliche  £k  ToOb€ 
hineinzubringen,  noch  weitere  änderungen  mit  den  werten  vornehme 
und  darum  das  sonst  sich  leicht  darbietende  dXX'  f|  T^  ^K  ToOb',  f| 
Ttap^  dXiTibac  XOLpa  in  den  text  setze,  obwohl  die  änderung  auch  in 
diesem  falle  nicht  gröszer  wäre  als  in  den  aufgestellten  Vermutungen 
äiOTroc  und  aiqpvTic. 

Ttpüßäc'  dir'  icxoTOV  Gpdcouc 

öipriXöv  ic  AiKttc  ßdOpov 
856  Trpoc^TTecec,  (b  t^kvov,  itoXuv. 

TraTpijjov  b*  ^KTiveic  tiv*  dGXov. 
wegen  des  sinnes  der  beiden  ersten  verse  und  meiner  auf  grund  des 
scholions  vorgeschlagenen  Vermutung  dir'  dcx<iTOU  Gpdcouc  zu  lesen 
verweise  ich  auf  diese  jahrb.  1879  s.  458  f.  LBellermann,  der  in 
der  vierten  aufläge  seines  common tars  zu  meiner  freude  diese  Ver- 
mutung in  den  text  gesetzt  hat,  gibt  von  den  beiden  versen  in 
Verbindung  mit  dem  dritten  folgende  Übersetzung,  die  den  sinn 
der  verse  nach  meinem  urteil  durchaus  treffend  wiedergibt:  Vor- 
geschritten mit  äuszerster  kühnheit  auf  die  hohe  schwelle  der  Dike 
stürztest  du  tief  hinab.'  es  ist  ein  ähnlicher  gedanke  wie  der  des 
Eumenidenchors  (Aisch.  Eum.  373  f.)  böEai  t'  dvbptüV  Ka\  ^dX' 
vn'  alO^pi  ce^vai  TaKÖ/üievai  Kard  ydc  jiivuOouctv  firi^oi,  nur 
dasz  dort  der  erhebung  zur  höchsten  höhe  nicht  mit  ähnlicher  an- 
erkennung  gedacht  ist,  wie  in  unserer  stelle  des  kühnen  empor* 


454  FEern:  zu  Sophokles  Antigone  [y.  856]. 

strebens  der  Antigene  zur  schwelle  der  Dike ,  sondern  mit  entschie- 
denem tadel. 

Mag  aber  auch  der  sinn,  der  in  den  worten  irpoc^irecec,  A 
T^KVOV,  TToXüv  mit  Sicherheit  zu  vermuten  ist,  richtig  wiedergegeben 
sein,  Bellermann  verkennt  natürlich  nicht,  dasz  das  wort  irpoc^TTCCec 
dazu  wenig  passen  will ,  und  findet  mit  gutem  gründe,  dasz  zb.  kot- 
^Tr€C€C  den  gedanken  viel  besser  ausdrücken  würde,  das  völlig  un- 
verständliche iToXuv  der  besten  hs.  hat  er  wie  andere  bgg.  aufgeben 
müssen  und  dafür  das  minder  beglaubigte  iroXü  gesetzt,  eine  lesart 
die  Wecklein  in  nicht  überzeugender  weise  durch  Vehementer  offen- 
disti'  erklärt,  die  Nauck  aber  geradezu  als  eine  sinnlose  bezeichnet, 
Bellermann  dagegen  mit  gröszerer  besonnenheit  als  jene  beiden  eine 
bisher  noch  nicht  ausreichend  erklärte  nennt. 

Ich  möchte  nun  zunächst  von  dem  ttoXuv  des  Laur.  ausgehend 
dafür  zu  lesen  vorschlagen  tö  vOv.  war  nemlich  ursprünglich  so 
geschrieben  und  von  dem  ersten  N  von  vCv  nur  6in  strich  verwischt, 
so  stand  TOAYN  da,  also  etwas  ganz  unverständliches,  aus  dem  sehr 
leicht,  um  doch  ein  griechisches  wort  zu  gewinnen,  ITOATN  werden 
konnte,  ganz  abgesehen  davon  dasz  auch  an  sich  die  form  des  T  dem 
Übergang  in  IT  sehr  leicht  ausgesetzt  war  und  umgekehrt,  so  steht 
V.  367  im  La.  tot^  ,  während  die  andern  hss.  ttot^  haben ;  v.  249 
ist  im  La.  tou  aus  ttou  gemacht;  v.  785  t*  dTPOVÖfioic  verbessert 
aus  TraTpovöjiotc. 

Aber  nun  das  irpoc^iT€C€C,  dessen  präp.  Ursache  geworden  ist^ 
dasz  man  statt  des  unverständlichen  ttoXuv  vorgeschlagen  hat  jiöpi|i, 
irdOet,  rdcpifj,  ttöXci,  ich  selber  früher  auch  ßu6(fi.  vielleicht  steckt 
der  fehler  aber  eben  in  dem  irpoc,  vielleicht  hat  Sophokles  nur 
£ir€C€C ,  das  ja  auch  als  simplez  genau  denselben  sinn  hat  wie  das 
von  Bellermann  hier  gewünschte  KaT^ir€C€C  und  auch  in  der  ähn- 
lichen oben  aus  Aisch.  Eum.  angeführten  stelle  jenen  worten  folgt 
V.  377  iriTTTUiv  V  ouk  olbev  usw.  das  überlieferte  irpoc  aber  denke 
ich  mir  entstanden  aus  d)C,  das  HOC  ursprünglich  geschrieben,  in 
ein  unverständliches  TTOC  übergegangen  und  aus  demselben  gronde 
in  ITPOC  verändert  sein  konnte,  wie  jenes  TOAYN  in  das  fehler- 
hafte TTOAYN.   ich  schlage  also  vor  den  v.  855  zu  schreiben 

d)C  £lT€C€C,  (b  T^KVOV,  TÖ  VÖV. 

der  sinn  *wie  bist  dU;  mein  kind,  jetzt  gefallen'  ist  der  hier  dorchana 
zu  vermutende^  die  ausdrucksweise  schlicht  und  ohne  jeden  anstosi, 
die  angenommene  ursprüngliche  lesart  so  beschaffen ,  dasz  man  be- 
greifen kann,  wie  aus  ihr  die  gegenwärtige  Überlieferung  entstan- 
den ist. 

Berlin.  Franz  Kbrk. 


:  zu  Pindaroa  [Pyth.  6,  37  «'.]. 

59. 

Zu  FIND  ABOS. 


Pyth.  6,  37  ff.  lautet  die  Überlieferung;  XOMameT^c  b'  &p'  fnoc 
ovK  dnepiuiev  aOioO-  |  p^viuv  b'  6  SeToc  öviip  |  npiaTO  ptv  öavö- 
TOtO  KOjilbäv  irarpöc  naw.  der  parapbraBt  erklärt  oü  ndiaiov  bi. 
TÖv  X6tov  lauToO  fppmiev.  er  hielt  also  für  das  anbject  von 
£ppii|i£V  den  Nestor,  (auf  gmnd  dieser  auffassung  wurde  in  der  editio 
Komana  airtoö  in  aCiTOÖ  geändert.)  nun  ist  es  aber  klar,  dasz  ?tioc, 
wenn  Nestor  subject  ist,  unmögtich  den  zuaatz  qutoO  erhalten  kann, 
daher  hat  Hejne  die  interpunction  geändert,  das  kolon  nach  än^pi- 
l((EV  gesetzt  und  aÜTOG  als  adverbium  zum  folgenden  gezogen,  da- 
gegen spricht  aber  einmal  die  thatsache  dasz  Pindaros  sich  dea  ad- 
Terbiums  aOroO  niemals  bedient,  und  sodann  die  Stellung  von  bi. 
denn  bi  steht  bei  Pindaros  —  abgesehen  von  der  mit  ÖJav  bi  auf 
gleicher  stufe  stehenden  Verbindung  töi'  äv  bi  Ol-  6,  67  —  an 
dritter  stelle  blosz  dann ,  wenn  das  erste  wort  der  artikel  oder  eine 
Präposition  ist.*  Ol.  10,  99  ist  b'  von  Mosobopulos  fSlsohlieh  hinzu- 
gefügt; die  scbluszsilbe  von  ipa-zöv  ist  durch  den  metrischen  ictus 
verlängert  (vgl,  Bergk  zu  Pyth.  3,  6),  und  das  nsjndeton  ist  durch- 
aus angemessen,  da  das  fi^Xm  Kaxaßp^x^iv  der  Lokrer  eben  in  der 
abfassung  des  siegesliedes  auf  Agesidamos  besteht,  auf  verfehlte 
conjecturon  oder  interpunctionsänderungen  anderer  stellen  brauche 
ich  nicht  einzugehen. 

Das  richtige  hat  ein  Grieche  des  fünfzehnten  Jahrhunderte  ein- 
gesehen, in  dem  jungen  von  TyMommsen  mit  Z  bezeichneten  codex 
Vindoboneusis ,  oiner  der  aus  dem  Pariainus  V  stammenden  ab- 
BCbriften,  die  fUr  die  constituierung  des  teites  ohne  jede  urkund- 
liche bedeutung  sind  (Abel  in  den  Wiener  Studien  IV  s.  255),  findet 
Bich  zu  aÜToO  die  glossc  nOTpöc.  der  urheber  derselben  hatte  also  die 
richtige  erkenntnis,  dasz  nicht  Neator,  sondern  Antilochos  subject 
von  &T\ipt\\ii.v  ist.  die  worte  bedeuten:  'und  nicht  verachtete  Änti- 
locbos  den  hilferuf  seines  vaters,  so  dasz  derselbe  ein  XOMOl^tttc 
Snoc  gewesen  wtire',  dh.  er  handelte  seinem  vater  nicht  zuwider,  der 
subjects Wechsel,  der  bekanntlich  von  den  Griechen  vielfach  sehr  frei 
gehandbabt  wird,  ist  hier  um  so  weniger  bedenklich,  da  iratba  6v 
unmittelbar  vorhergeht.  dnoppirrTElV  von  den  mit  Verachtung  auf- 
genommenen,  nicht  befolgten  werten  eines  andern  findet  sich,  wenn 
auch  nicht  in  gleicher,  so  doch  in  sehr  ähnlicher  weise  Sopb.  El. 
1018  KaXüJc  b'  f[br]  c'  diroppitpoucav  äiiTiTTtXXöfiviv.  vgl.  auch 
Find,  Ol.  9,  35  dtrö  fioi  Xötov  toOtov,  CTÖfia,  ptitiov,  sowie  ditö- 
ßXr]TOV  ^noc  II.  B  361  und  bei  spätem,  von  worten  schlimmen 
Inhalts,  die  gegen  einen  andern  geschleudert  werden,  gebraucht 

ait   annaiime   der  EGyneBchen   interpunction,    bi 


i 

f 


f 

r 


456  EHiller:  zu  den  griechischen  florilegien. 

äTTOppiTTTCiv  allerdings  Herodotos;  aber  diese  bedeutung  hat  mit 
unserer  stelle  nichts  zu  thun,  und  sollte  diroppiiTTCiv  ^ttoc  auch  den 
weitern  sinn  ^ein  wort  aussprechen'  gehabt  haben,  so  war  hier  jeden- 
falls eine  Zweideutigkeit  durch  das  pronomen  aÖToC  ausgeschlossen. 
Halle.  Eduard  Hilleb. 


60. 

ZU  DEN  GRIECHISCHEN  FLORILEGIEN. 


Die  Vermutung,  dasz  Clemens  Alezandrinus  einen  teil  der  zahl- 
reichen Sentenzen  aus  der  profanlitteratur ,  die  sich  bei  ihm  finden, 
weder  eigner  lectüre  der  betreffenden  werke  noch  gelegentlichen 
citaten,  sondern  einem  florilegium  verdanke,  ist  so  naheliegend,  dasi 
sie  sich  gewis  bei  der  benutzung  des  Clemens  schon  manchem  als- 
bald aufgedrängt  hat.  eine  nicht  ganz  unerhebliche  zahl  von  Sen- 
tenzen hat  Clemens  mit  Stobaios  gemein,  da  nun  durch  Diels  (rhein* 
mus.  XXX  s.  172  ff.)  erwiesen  ist,  dasz  eines  der  florilegien,  die  den 
poetischen  samlungen  des  Stobaios  zu  gründe  liegen,  bereits  im 
zweiten  jh.  nach  Ch.  existiert  hat,  so  ist  die  mGglichkeit  nicht  in 
abrede  zu  stellen,  dasz  ein  von  Clemens  und  ein  von  Stobaios  be- 
nutztes florilegium  entweder  identisch  waren  oder  unter  einander  in 
einem  abhftngigkeitsverhältnis  standen  oder  auf  eine  gemeinsame 
quelle  zurückgiengen.  diese  annähme  erhält  eine  grosze  Wahrschein- 
lichkeit durch  folgenden  umstand,  ström.  V  §  11  lesen  wir  folgen- 
des: -rfiv  TTicTiv  Toivuv  oök  dpT^lv  Kol  MÖVTlv,  dXXä  CUV  ZriTi^ei 
b€iv  7rpo9aiv€iv  9a|i^v.  oö  totp  toOto  Xifw  ixr\h*  öXuic  Ziyreiv, 
li\T^\  fäp  Ka\  €upi^c€ic  X^T^i.  tö  hi,  ZriTOUjüicvov  dXuiTÖv, 
dK9€UT€i  hi,  TäfA€Xoü^€vov  kotA  töv  Coq)OKX^a  (OT.  111). 
TOI  h*  ÖMOia  Kai  M^vavbpoc  ö  kujmiköc  Xctci*  irdvTaTaZriTOÖ- 
)üi€va  beicGai  luiepiMViic  9aclv  o\  co9U)TaTOu  die  werte 
aus  Menandros  sind  offenbar  fCLr  den  Zusammenhang  wenig  passend : 
denn  in  ihnen  wird  nicht,  worauf  es  hier  ankommt,  zum  2^i]T€tV  anf- 
gefordert,  sondern  über  die  richtige  art  des  Iryriiy  gesprochen, 
nun  steht  aber  bei  Stobaios  in  dem  capitel  Trepl  9iXo7rov(ac  (flor. 
29, 47 f.)  die  Menandrosstelle  unmittelbar  vor  der  Sophokles- 
stelle, liegt  es  nicht  nahe  anzunehmen,  dasz  dies  auch  in  dem- 
jenigen florilegium  der  fall  war,  aus  welchem  sich  Clemens  excerpte 
gemacht  hatte*,  und  dasz  die  ttbereinstimmung  in  der  zusanmien- 
Stellung  der  beiden  Sentenzen  hierauf  zurückzuführen  ist? 


*  über  die   bereits  in  den   altem  florilegien  hertchende  stoffUeh« 
anordnnng  vgl.  Diels  ao.  s.  179. 

Hallb.  Eduard  Hillbs. 


EBasche:  zu  Euripides  Andromache.  457 

61. 

ZU  EURIPIDES  ANDROMACHE. 


Die  Andromache  ist  von  jeher  von  den  Euripideserklärem  etwas 
vernachlässigt  worden,  ein  umstand  der  wohl  hauptsächlich  in  der 
nicht  geringen  schwäche  der  composition  begründet  ist,  welche  schon 
von  den  alten  erkannt  und  gerügt  wurde,  allein  trotz  seiner  mängel 
verdient  auch  dieses  stück  teils  wegen  des  einblicks,  den  es  uns  in 
das  gemüt  des  dichters ,  in  seine  tiefe  Verbitterung  gegen  die  Spar- 
taner gewährt,  teils  wegen  der  meisterhaften  Schilderung  der  frauen- 
charaktere,  der  guten  wie  der  schlechten,  ein  eingehendes  Studium, 
und  eine  gute  erklärende  ausgäbe  wäre  nach  den  veralteten  bearbei- 
tnngen  von  Körner,  Lenting  und  Pflugk-Elotz  durchaus  am  platze, 
zuletzt  hat  F  WSchmidt  im  zweiten  bände  seiner  Studien  zu  den  griech. 
dramatikern  auch  aus  der  Andromache  eine  gröszere  anzahl  von  stellen 
behandelt,  einige  mit  glück,  nicht  wenige  aber  so,  dasz  seine  ausfüh- 
rungen  zum  Widerspruch  anlasz  geben,  die  folgenden  bemerkungen 
v^oUen,  zum  teil  im  anschlusz  anNaucks  und  Schmidts  Studien,  einige 
v^eitere  beitrüge  zur  kritik  und  erklftrung  des  dramas  liefern. 

Ich  beginne  mit  einer  schon  vielfach  behandelten  stelle  des  pro- 
logs.    V.  26  f.  sagt  Andromache: 

Kai  TipiV  jLl^V  dv  KttKOTci  KCljül^VTlV  ÖjülUÜC 

dXTtic  \i*  dei  TipociiYe  usw. 
die  erklärung  Reisigs  (zu  Soph.  OK.  s.  242)  *spes  me  adduxit  ad 
credendum  me  praesidium  inventuram',  welche  Hermann  und  Pflugk 
für  richtig  hielten ,  wird  von  Nauck  (Eurip.  Studien  II  s.  87)  mit 
recht  verworfen,  denn  abgesehen  davon  dasz  eine  ähnliche  ellipse 
bei  7TpocdT€iv  sich  sonst  nirgends  findet,  ist  auch  der  gedanke  'die 
hoffnung  beweg  mich  zu  glauben,  dh.  zu  hoffen,  dasz  ich  hilfe  finden 
werde'  ungeschickt  und  unpassend,  das  subject  dXTiic  fordert  durch- 
aus, dasz  der  gegenständ  der  hoffnung  von  ihm  abhänge  und  das 
verbum  absolut  stehe,  daher  haben  schon  ältere  kritiker  an  7rpocfiY€ 
anstosz  genommen.  Pierson  wollte  dafür  TTpoödlve,  Musgrave  Tiap- 
flXe,  Jacobs  pC  dei  ttot'  eixe,  Elmsley  Ttpoc^e  schreiben,  Vermutungen 
die  Nauck  ao.  mit  recht  teils  für  ungriechisch,  teils  für  dem  sinn  der 
stelle  nicht  entsprechend  hält.  Nauck  selbst,  gestützt  auf  das  nicht 
selten  vorkoaimende  dXTticiv  dpfteic  vermutet  IXttic  p*  dei  TTlüC  fjp€. 
mit  demselben  rechte  könnte  man  mit  noch  leichterer  änderung 
iXmc  )i*  dei  ttujc  fj-fe  schreiben:  vgl.  Plat.  Phaidon  68*  uttö  TauTiiC 
dfö^evoi  xfjc  eXTriboc.  allein  da  beide  Wendungen  nur  passivisch 
vorkommen  (Ipb.  Aul.  392  ist  das  von  Nauck  aufgenommene  f\f€  b* 
dXTcic  coDJectur  von  Matthiä  für  x]  be  t'  ^Xiric)),  ist  vielleicht  dXmc 
)i*  dei  T*  f  ßocKe  herzustellen,  eine  Wendung  die  sich  für  unser 'die 
hoffnung  hält  mich  aufrecht*  auch  sonst  bei  den  tragikern  findet:  vgl. 
Phoin.  396  ai  b*  eXiribec  ßöcKOuci  qpuTdbac,  ibc  Xötoc.  Bakchai617. 
Soph.  Ant.  1246. 

Jihrbr;cfH-r  für  class.  philol.  1888  hft   7.  30 


458  KBusche:  zu  Euripides  Andromache. 

120  ff.   Der  cbor  sagt  der  Andromache: 

€1  Ti  coi  buvaifiav 

Skoc  tuüv  bucXuTUiv  TTÖvuJV  TcpcTv, 

0*1  ci  Kai  *€pMiövav  fpibi  CTurepqi  cuv^KXqcav, 

xXd^ov'  dpcpi  X^KTpiüv 

bibujüiuiv  ^TiiKOivov  doOcav  • 
126  dpcpi  Traib*  *AxiXX^u)c. 
auffallend  ist  hier  zunächst,  dasz  der  prädicative  accusativ  diriKOivoV 
in  y.  124  sich  nur  auf  eines  der  beiden  vorangehenden  objecto  be- 
zieht, und  zwar  auf  das  erste,  eine  construction  die,  so  frei  sie  in 
grammatischer  hinsieht  ist,  vom  sinn  der  stelle  durchaus  verlangt 
wird,  für  TXdjüiov'  (rXdjüiova  bieten  ABCE)  wollten  ältere  hgg. 
tXSmov  schreiben,  allein  ebenso  wie  diriKOtvov  kann  sich  auch  TXd- 
fiov'  auf  c^  beziehen ,  und  deshalb  faszt  es  Hermann  richtiger  als 
apposition  zu  c^.  derselbe  erklärt  die  werte  dM9l  X^KTpwv  bibu^uiv 
diriKOivov  doOcav  'quam  communicare  torum  cum  Hermionaoporteat'. 
mit  dieser  erkläruüg  haben  sich  die  neuem  kritiker  zufrieden  ge- 
geben; allein  einer  nähern  betrachtung  offenbaren  sich  auszer  dem 
erwähnten  hyperbaton  noch  andere  sachliche  und  grammatische 
Schwierigkeiten,  welche  die  Wahrscheinlichkeit  einer  Verderbnis  un- 
serer stelle  nahelegen,  zunächst  kann  ich  Hermanns  erklärung  der 
Worte  dKiKOivov  .  .  ^oCcav  nicht  billigen,  dieselben  bedeuten,  wört- 
lich übersetzt :  'gemeinschaftlich  seiend  in  bezug  auf  ein  doppeltes  ehe- 
lager.'  einem  doppelten  ehelager  gemeinschaftlich  ist  aber  der  natür- 
lichsten auffassung  zufolge  derjenige,  welcher  mit  zwei  personen  ver- 
heiratet ist,  in  unserm  falle  also  nicht  Andromache,  sondern  Neopto- 
lemos  als  gemahl  der  Andromache  und  Hermione.  ^iriKQivoc  hat  also 
an  unserer  stelle  die  bedeutung  'teilhaftig',  und  man  sollte  deshalb 
erwarten,  dasz  es  nach  analogie  der  ausdrücke  des  teilhaftigseins  an- 
statt mit  dem  überhaupt  äuszerst  seltenen  djitqpi  c.  gen.  vielmehr  mit 
dem  einfachen  genitiv  verbunden  wäre;  dp9i  mit  dem  genitiv  ist 
hier  um  so  auffallender,  als  gleich  darauf  dieselbe  präposition  mit 
acc.  folgt.  ^  der  inhalt  des  satzes  weist  uns  durchaus  daraufhin,  in 
£oOcav,  welches  auch  der  form  nach  einzig  bei  Euripides  dasteht, 
die  corruptel  zu  suchen,  ich  glaube  die  auf  den  ersten  blick  schwierig 
erscheinende  änderung  von  doOcav  in  övto,  welches  durch  die  nach- 
gewiesene beziehung  des  diriKOivoc  auf  Neoptolemos  gefordert  wird, 
rechtfertigen  zu  können,  wenn  mai^nemlich  bedenkt,  dasz  bibufiunr 
X^KTpuiV  zu  £tt(koivov  in  einem  gewissen  gegensatze  steht,  dasi  die 
tragiker  aber  einen  solchen  gegensatz  näher  zu  präcisieren  pflegen 
(vgl.  V.  178.  Hei.  571.  Her.  328),  so  ist  es  nicht  unwahrscheinlich. 


^  wie  ich  Dachträglich  sehe,  nimt  auch  Schumacher  ^de  praeposi- 
tioDum  cum  tribus  casibus  coniunctarum  usu  Euripideo  pari.  I'  (Bonn 
1884)  an  6^q>i  mit  genitiv  anstosz  und  will  aus  dieaem  gründe  den- 
selben gedanken  herstellen,  den  auch  ich  verlange;  er  schreibt  d^<pl 
X^KTpwv  6t60fiuiv  t6v  ^övt*  ^TriKOivov,  was  allerdings  formell  noch  nicht 
genügt. 


EBusche:  zu  Euripides  Andromacbe.  459 

dasz  fiövov  hinter  bibO^UüV  ausgefallen  ist.  die  nrsprflngliche  leß- 
art  war  also  äixq>\  X^KTpiuv  bibii^uiv  ^övov  övi*  ^irtKOtvoVi  so 
dasz  die  in  v.  125  anaphorisch  wiederholte  prttp.  zn  ^övov  dvT*  inU 
KOtvov  gehört,  der  aasfall  des  ^öVbv,  welcher  nach  der  endsilbe 
MQN  leicht  geschehen  konnte,  wird  zur  herstellung  dee  metrums  die 
weitere  Veränderung  des  teztes  nach  sich  gezogen  haben,  so  erh&lt 
auch  TXd^ov'  seine  richtige  erklftrung:  das  a4jecti?  implur.  nentr. 
steht  wie  häufig  adverbiell:  vgl.  Bakchai  126.  157.  Hipp.  1861. 
136.   In  der  zweiten  strophe  der  parodos  singt  der  chor: 

Tvu»ei  b'  oöc'  inX  g^vac 

b^wXc  in*  dXXoTpiac  iröXcoc  usw. 
an  dieser  stelle  scheint  ein  glossem  in  den  text  geraten  zu  sein:  denn 
dir!  £^vac  hat  fast  genau  dieselbe  bedeutung  wie  dir'  äXXoTpCctc 
iTÖXeoc,  und  eine  solche  Wiederholung  des  gleidhen  gedankens  inner- 
halb zweier  auf  einander  folgender  verse  wird  man  nicht  eben  schön 
finden  können,  höchst  wahrscheinlich  ist  tn\  E4vac  als  erklärung 
über  dXXoTpiac  geschrieben  und  hat  später  in  v.  136  das  richtige 
wort  verdrängt,  das  letztere  ist  vielleicht  d^t'jxctvoc  'hilflos'  ge- 
wesen, welches  auch  Herakl.  329  dei  iro6'  f^bc  faxa  TOtc  d^rixdvotc 
CUV  Tqj  biKttiip  ßoüXcTat  7rpocu)9€X€tv  und  ebd.  472  die  lf\JJif* 
&lxf\xavoQ  xpricfiujv  dKOUcac  eijil  Kai  9dßou  irX^wc  in  derselben  be- 
deutung von  personen  gebraucht  wird,  während  es  Hipp.  643  und 
Med.  408  im  gegensatz  zu  coqxk  steht  und  sonst  wohl  nur  sächlich 
in  der  bedeutung  'des  rates,  der  hilfe  entbehrend'  bei  Eur.  vor- 
kommt, ich  würde  hinter  djui^jx^VOC  ein  komma  setzen ,  so  dasz  die 
folgenden  worte  b^mc  .  .  cüüv  gew isser maszen  eine  erläuterung  des 
adjectivums  bilden. 

In  der  zweiten  gegenstrophe  der  parodos  sagt  der  chor  y.  142  ff. 

qpößu)  J)' 

ficuxiav  fiTo^ev , 

TÖ  bk  cöv  oiKTiiJ  qp^pouca  TUTXdvu) , 
145  \xf\  TTaTc  Tolc  Aiöc  KÖpac 

CGI  |i'  €Ö  (ppovoöcav  Tbq  (elb^i  Musgrave). 
in  diesen  werten  steht  der  finale  nebensatz  jiif)  iraTc  usw.  in  keinem 
logischen  zusammenhange  mit  dem  vorangehenden  hauptsatze.  denn 
da  der  chor  in  dem  nebensatz  die  absieht  ausspricht,  sein  mitleid  vor 
Hermione  geheim  zu  halten,  so  musz  in  dem  direct  übergeordneten 
hauptsatze  eine  möglichkeit,  welche  zur  erreichung  dieses  Zweckes 
dient,  jedenfalls  aber  doch  eine  hindeutung  auf  den  inhalt  des  neben- 
Satzes  enthalten  sein,  eine  solche  hindeutung  liegt  aber  in  den  werten 
TÖ  bk  cöv  oiKTiu  qp^pouca  TUTXdvu)  durchaus  nicht  daher  wollte 
Wecklein  XavGdvuJ  für  TUTXdvu)  schreiben,  wodurch  allerdings  haupt- 
und  nebensatz  logisch  in  ein  richtiges  Verhältnis  gebracht  werden» 
aber  diese  Vermutung  entfernt  sich  zu  weit  von  der  Überlieferung, 
um  auf  Wahrscheinlichkeit  anspruch  zu  haben,  überhaupt  scheint 
es  nicht  angebracht,  in  dem  TUTXdvuJ,  in  welchem  der  fehler  zweifel- 
los steckt,  ein  verbum  von  der  bedeutung  des  XavOdvciv  zu  suchen^ 

30* 


460  KBusche:  zu  Euripides  Andromache. 

da  sonst  der  Inhalt  dieses  Satzes  ziemlich  derselbe  wäre  wie  der  des 
vorangehenden  hauptsatzes  9Ößiu  b*  f)cuxiav  dfOMCV  und  somit  die 
beide  sätze  verbindende  adversativconjunction  hi  nicht  am  platze 
wäre,  ursprünglich  scheint  vielmehr  der  satz  )üif)  naic  usw.  von  dem 
hauptsatze  f)CUxiotv  äfo^ev  abhängig  gewesen  zu  sein,  und  v.  144  eine 
weitere  ausführung  dieses  satzes  in  form  einer  participialconstruction 
enthalten  zu  haben,  dazu  passt  dasz  tö  cöv  eine  etwas  unbestimmte 
ausdrucksweise  ist :  man  erwartet  zu  oiKTqj  9^pouca  eher  einen  be- 
stimmtem begriff,  wie  ^dein  Unglück'  oder  dgl.  ich  glaube  deshalb 
das  richtige  getroffen  zu  haben,  wenn  ich  vermute:  TÖbe  cöv 
oiKTijj  (pipouca  bucTux^c,  jüifi  usw.  bucTux^c  wird  nicht  selten 
substantivisch  gebraucht:  vgl.  Hei.  27.  285.  Her.  561.  Hik.  483. 
Hipp.  637.  Iph.  Aul.  1342.  dasz  das  hinweisende  TÖb€,  nachdem 
kurz  zuvor  die  leiden  der  Andromache  vom  chor  genannt  sind ,  sehr 
passend  ist,  bedarf  keines  beweises. 

192  ff.  Andromache  hält  in  bittem  werten  ihrer  feindin  Her- 
mione  ihre  ungerechte  handlungsweise  gegen  sich  vor,  zu  der  sie  in 
keiner  weise  veranlassung  gegeben  habe :  denn  sie  habe  weder  den 
willen  noch  die  mittel  die  gemahlin  des  Neoptolemos  aus  ihrer  Stel- 
lung zu  verdrängen: 

etiT*,  (b  veSvi ,  tiu  c'  dx€TTutu  XÖTip 

7r€lc9€Tc*  äTTU)6uJ  TVTICIIüV  VU|Ll(p€U|üldTUIV; 

übe  fj  AdKaiva  tujv  OpuTWV  pciujv  tröXic, 
195  Tuxij  9'  uTtepeei  käjh'  ^XeuG^pav  öpqlc; 
der  erste  einwurf ,  den  Andromache  der  Hermione  macht,  ist  klar 
und  verständlich,  ^sollte  ich  etwa  glauben,  dasz  Sparta  geringer  an 
macht  sei  als  meine  (längst  zerstörte)  heimatstadt?'  desto  gröszere 
Schwierigkeiten  bereitet  v.  195  der  erklärung.  die  altem  hgg.  setzen 
fast  sämtlich  an  stelle  des  überlieferten. dativs  Tuxi]  den  nominativ, 
gehen  jedoch  in  der  erklärung  aus  einander.  Matthiä,  Heath  und 
Reiske  bezogen  die  tOxt]  auf  das  geschick  Trojas ,  allein  mit  recht 
weist  Hermann  diese  erklämng  durch  die  bemerkung  zurück ,  dasz 
sich  nur  aus  dem  subject  des  vorhergehenden  satzes  der  genitiv  er- 
gänzen lasse,  also  CiräpTTic,  diese  ergänzung  aber  dem  sinn  der  stelle 
völlig  widerspreche.  Hermann,  Pflugk  und  Klotz  verstehen  also  das 
Schicksal  Androroaches  selbst,  indem  sie  f|  i\xr\  aus  dem  folgenden 
ergänzen,  aber  so  richtig  es  ohne  zweifei  ist,  dasz  in  diesem  verse 
Andromache  sich  selbst  mit  ihrer  gegnerin  vergleicht,  so  unmöglich 
ist  doch,  zumal  da  es  sich  um  einen  scharf  zu  präcisierenden  gegen- 
satz  handelt,  die  ergänzung  des  pronomens  aus  dem  folgenden, 
falsch  vergleicht  Pflugk  v.  126  tViJüOi  Tuxoiv  sc.  Tf)V  crjv:  denn  hier 
kommt  ein  gegensatz  nicht  in  frage,  und  die  ergänzung  des  pro- 
nomens ergibt  sich  leicht  aus  dem  imperativ.  Lenting,  der  die  Un- 
möglichkeit dieser  ergänzung  einsah ,  hatte  schon  früher  in  seiner 
ausgäbe  seine  conjectur  TÜxq  0*  uircpOei  Tfijüi',  dXeuBcpöv  6*  6p^c; 
aufgenommen ,  deren  erster  teil  allerdings  den  sinn  im  allgemeinen 
trifft,  deren  zweiter  jedoch  matt  und  unklar  ist.   völlig  entspricht 


KBusche:  zu  Enripides  Andromache.  461 

auch  der  erste  teil  dem  erwarteten  gedanken  nicht,  da  Andromache 
nur  von  sich  spricht  und  die  beziehung  auf  ihre  gegnerin  uns  ei^ 
raten  läszt.  wir  können  daher  nicht  umhin  uns  dem  urteile  Naucks, 
der  die  worte  tüx'J  ö*  uircpGei  'graviter  corrupta*  nennt,  wenigstens 
teilweise  anzuschlieszen.  einen  versuch  zur  herstellung  der  stelle  hat 
Yon  den  neuern  kritikem  meines  Wissens  nur  Herwerden  gemacht, 
welcher  auTf)  b'  iiip&Qr\c  conjicierte.  aber  von  einem  verkauftwerden 
kann  Andromache  unmöglich  sprechen,  da  sie  ja  selbst  dem  Neopto- 
lemos  als  f  ^pac  zuerteilt  ist.  es  ist  Oberhaupt  kaum  anzunehmen, 
dasz  das  seltene  ÖTiepOei,  welches  Hesychios  anscheinend  gerade  aus 
unserer  stelle  in  sein  lezikon  aufgenommen  hat  (I  s.  1459  ÖTrepOei' 
ÖTTcp^X^i) ,  nicht  vom  dichter  selbst  herrühre,  fassen  wir  nunmehr 
zusammen,  v^as  wir  im  verlauf  unserer  Untersuchung  Über  die  stelle 
dargelegt  haben,  so  ergibt  sich  1)  dasz  in  v.  195  Andromache  ihre 
eigne  läge  derjenigen  ihrer  glücklichem  nebenbuhlerin  gegenüber- 
stellt ;  2)  dasz  der  gegensatz  eine  ausdrückliche  hinweisung  auf  An- 
dromache und  Hermione  verlangt;  3)  dasz  uirepGcT  wahrscheinlich 
ursprünglich  ist;  4)  dasz  der  nachsatz  dXcuG^pav  6*  öpäc  matt  und 
schleppend  ist.  der  sitz  des  fehlers  wird  also  vorzugsweise  in  tüxij 
und  öpäc  zu  suchen  sein,  an  zwei  versstellen  also,  die  in  erster  linie 
der  Verstümmelung  und  der  nachfolgenden  ergftnzung  von  Seiten  der 
abschreiber  ausgesetzt  waren  (vgl.  Nauck  £urip.  Studien  II  s.  103). 
um  die  richtige  lesart  zu  finden,  müssen  wir  vor  allem  Kfifi*  zu 
ÖTTepGei  ziehen,  also  mit  Lenting  T&p^  schreiben,  sodann  glaube  ich 
dasz  Andromache  im  gegensatz  zu  sich  selbst  ihre  nebenbuhlerin  mit 
Ta  cd  bezeichnet,  also  tu)V  coiv  9*  UTiepOei  rfip'  sagt  und  mit  scharf 
pointierter  frage  fortfährt:  dXeuG^pa  T*  if\b\  vers  195  dürfte  also 
gelautet  haben:  tOüv  cujv  6*  UTiepGei  Tfijii*,  ^XcuG^pa  t*  ^Tili; 
so  allein  ergibt  sieb  der  geforderte  sinn  und  der  richtige  anschlusz 
an  den  vorhergehenden  satz:  'sollte  ich  glauben,  dasz  Sparta  geringer 
ist  als  Troja,  dasz  meine  läge  besser  sei  als  die  deine,  dasz  ich  die 
freie  sei?' 

248.  Als  im  verlaufe  des  mit  v.  245  beginnenden  stichomythi- 
sehen  Wortwechsels  Hermione  in  v.  245  ihren  festen  entschlusz  aus- 
spricht Andromache  zu  töten,  weist  diese  auf  das  sie  beschützende 
bild  der  Thetis  hin,  worauf  Hermione  höhnisch  erwidert:  jiiicoOv  T€ 
Traxpiba  cfjv  'AxiXX^uJC  qpöviu.  jene  entgegnet:  '€X^vii  viv  diXcc*, 
OUK  ifii)^  M^i^^P  ^^  ^n-  A^  diesen  werten  hat  man  mit  recht  anstosz 
genommen:  denn  nach  dem  vorausgegangenen  '€X^vr|  verliert  der 
gegensatz  ^iiTiip  bi.  crj  vollständig  seine  Wirkung;  auch  wenn  man 
mit  Hermann  aus  der  Aldina  fe  für  bi  schreibt,  klingt  der  nachsatz 
matt,  dazu  kommt  dasz  in  der  antwort  zu  dem  vorangehenden 
TTttTpiöa  cr)v  keine  beziehung  sich  findet.  Hartman  (Mnem.  n.  s.  X 
8.  126)  vermutete  Kuirpic  viv  ujXec*,  ouk  tf^y  \xT\Tr\p  t€  cr|.  allein 
durch  diese  Vermutung  wird  der  gegensatz  zu  dem  vorangehenden 
verse  eher  verringert  als  verschärft:  denn  da  Aphrodite  auf  Seiten 
der  Troer  stand,  enthielte  die  antwort  Andromaches  gewissermaszen 


462  EBuBche:  zu  Euripides  Andromache. 

eine  bestätigung  der  meinung  Hermiones ,  welche  jene  doch  gewis 
nicht  geben  will.  FWScbmidt  (krit.  Studien  II  s.  34)  schlägt  daher 
vor  'Q^vri  viv  ujXcc',  übe  djüioi ,  firJTiip  T^  crj.  leichter  kommt  man 
jedoch  zum  ziel  und  erreicht  zugleich  eine  genauere  bezieh ung  zu 
dem  TraTpiba  ciiv,  wenn  man  schreibt  *€XXdc  viv  oiXec'*  ouk  ifdi^ 
)üiifJTTip  bk  crj,  so  dasz  die  letzte  hftlfte  des  verses  eine  erlftutening  der 
ersten  enthält.  '€XXäc  wird  nicht  selten  personificiert  gebraucht, 
vgl.  El.  1082.  Her.  221.  Iph.  Aul.  411.  Or.  1365.  Iph.  Taur.  338. 
1175.  1180. 

321  ff.   Andromache  sagt  mit  beziehung  auf  Menelaos: 

eÖKXeia  b*  olc  ptv  fcx'  äXriOeiac  ötto, 

€Ubai|LlOvi£u)  •  TOUC  b*  öitö  l|l€ubUüV  ^x^iv 

OUK  dSiuiCU)  TrXfiv  xuxij  cppoveTv  boKcTv. 

den  anfang  des  zweiten  satzes  kann  man  nur  mit  Matthiä  erklären : 
TOUC  b*  UTTÖ  ipcubujv  fxovTQC  OUK  dEiüGcuj  cCKXeiov  ^X€iv.  eine 
gleiche  gedrängtheit  der  construction  ist  mir  bei  Euripides  nicht  be- 
kannt, nur  annähernd  läszt  sich  etwa  Med.  216  touc  ixky  öf^idruiV 
diTO  sc.  Y€TtüTac,  oder  —  diese  stelle  allerdings  in  anderer  art  — 
Phoin.  714  vergleichen;  ob  man  aber  deshalb  mit  FWSchmidt  Stu- 
dien III  s.  12  eine  dreifache  entstellung  des  teztes  annehmen  und 
€ubaiM0vi2[uj  t'i  8c  b'  dirö  i|i€ubuüV  fx^i,  ouk  d£iai  C9€  schreiben 
darf,  erscheint  mir  mehr  als  zweifelhaft,  sicherer  ist  die  corruptel 
im  schlusz  des  satzes.  schon  Dobree  fand  den  gedanken  Mie  durch 
Idgen  berühmten  erkenne  ich  nicht  an,  sondern  meine,  dasz  sie  durch 
Zufall  weise  sind'  anstöszig,  und  mit  recht:  denn  der  dichter  würde 
ja  so  auch  den  durch  ungerechte  mittel  berühmt  gewordenen  einen 
Vorzug  zuerteilen y  was  doch  gewis  nicht  seine  absieht  ist.  und 
wie  läszt  sich  auszerdem  der  begriff  Tuxq  mit  9pov€Tv  vereinigen? 
Dobree  wollte  daher  irXfiv  Tuxq  bOKeiv  juiövov  schreiben.  Nauck  ao. 
s.  101  hält  nicht  nur  9pov€Tv,  sondern  auch  Tuxq  für  verdorben  und 
schreibt  n\i\v  Scov  bOKeiv  mövov.  FWSchmidt,  der  Naucks  ansieht 
über  die  Verderbnis  der  stelle  teilt,  will  hier  wie  an  andern  Euripi- 
deischen  stellen  das  sonst  bei  den  tragikem  nur  in  Aisch.  Eumeniden 
vorkommende  cuOevcTv  herstellen ,  indem  er  vorschlägt  iTXf|V  rdx* 
euOcveiv  bOKCiv.  ob  dies  verfahren  an  den  übrigen  stellen  gerecht- 
fertigt ist,  soll  hier  nicht  untersucht  werden;  an  unserer  stelle  er- 
regt die  einführung  dieses  verbums  deswegen  gerechte  bedenken, 
weil  die  partikel  rdxoi  dh.  Vielleicht'  neben  bOKcTv  vollkommen 
überflüssig  ist.  einen  angemessenen  sinn  würde  die  conjectur  nur 
haben,  wenn  Tdxa  *eine  kurze  zeit  hindurch'  bedeuten  könnte ,  aber 
diese  bedeutung  der  partikel  läszt  sich  bei  Eur.  nirgends  nachweisen, 
sie  heiszt  entweder  ^in  kurzer  zeit,  bald'  oder  'vielleicht'.'  Schmidts 


'  man  yergleiobe  die  stellen,  wo  Tdxa  sich  findet;  ^in  kurzer  leit* 
heiszt  88  Andr.  263.  Bakchai  282.  646.  660.  687.  1194.  Hek.  1269.  UeL451. 
£1.  226.  Hipp.  9.  182.  Herakl.  74.  462.  Her.  600.  871.  1084.  Hik.  651. 
Ipb.  Aal.  311.  461.  970.  Ipb.  T.  782.  Kykl.  61.  210.  422.  618.  689.  691. 


sowohl  wie  Xucfcs  itmänJ^mi  bsäUt  wmt 


TUXQ  nnhallbar  «i,  «ad  zwar  ivwiigB,  wvQ  '« lir  ^  cJbi^lO^ 
wenig  T6ffBdb]age,  ob  äe  cöw  gpha  dn  g^lckai  tn  ote  niiiiiit  «tf 
eignem  Tvdieiitt  bcfwW.  nbvirtdnvgiiBd  wirklidieliMihlalttitY 
können  wir  nidit,  wonaf  dv  a  dEwiicui  gefcftmide  llxtiv  kiaw%iik 
den  mit  irXifv  begimeadea  talz  anf  die  cOkUcmi  eelbil  «atltll  ml 
die  euöaipovia  bendaa  aad  mm  die—  geduüna  «wigfb^wl  Mr 
q)pov€iv  ein  sa  TÜxg  t*— '  »<^'i'  ^)vlMim  «achea»  w«)cImm  im  mIk 
TrXf|v  usw.  «DgemeaKa  aa  dea  TOtaagebaadoi  gtdbatea  MMttbltM«!^ 
meines  erschteas  will  der  diditor  sagen:  *die  daf«h  «iga«  WI<e>KU|f» 
keit  berOlmiten  preise  ich  glllcklioh,  den  rahtt  d«^«a^pM  ^\m\ 
welche  ihn  ohne  persOnlidieB  Terdieast  aar  iwnk  fe0lMiAmi)f[MI  j|M- 
nieszen,  werde  ich  nicht  saerkenneni  soadtMra  mtrtaiA^  tUuM  it«  tMH 
nar  durch  die  ftgnng  des  glfickes  sdieinbar  bMituMl«*  ^  \vÄt\m}i^i 
Tiixq  eii^^  angemessenoi  sinn:  denn  das  gltlok  UteKl  Jd  «Wm  \\\^  ^ 
bSrmlichkeit  dieser  menschen  nicht  offin  itt  tegift  tr«l«ll  ^  «^  \\\m  iin 
in  den  angen  der  menge  als  eöicXccte  geltta.  tiMI  dl«IK»  Htm^whllH 
dem  dichter  nicht  als  €Öbai)üi0V€C  gelten ,  YMltoht  «Itttl  ¥l)H  HI»IIÜi^; 
es  dfirfte  daher  genOgen  (p^pctv  flir  (ppOVitv  NM  Mhi^th^H)  ttW 
einen  des  dichtere  wardigen  gedanksn  htriHiitollMli 

350.  Andromache  weist  darauf  hin,  dAM  N^tttoluftHbM  ftftl  Ihf 
von  Menelaos  und  dessen  tochter  sogsfttgts  unfUdbt  «yf^h  ^ifüliHMMi 
der  letztem  rftchen  werde ,  nnd  dasi  tf sflslttOM  diHIH  ¥if tfttbtMti  Vim 
einer  andern  passenden  heirat  fttr  sein  bind  NUiittlH  Wt/if^n  * 

Tttjuei  bfe  t(c  viv;  fl  ccp*  dvavbti^v  <v  M^m\t 
Xiipav  KttG^Eeic  iroXiöv;  J;  tXrjMwiV  ÄV^ih 
KQKÜjv  TocouTUiv  oOx  bpßc  iTTippoÄr  i 
360  TTÖcac  fiv  eüvdc  6utaT^p'  t^bmriü^vtiv 
ßouXot'  &v  eöpeiv  f|  iraecTv  dYW  X^Y^'  i 

die  hgg.  bemerken  richtig,  dasz  ßoiiXccOai  in  V.  HAI  wIm  tltiftll:  M»i|f,HH 
den  sinn  von  jüiäXXov  ßoüXEcOat  habe,  doch  knlnur  tmli  tiliihi«*-  n»- 
kannt,  dasz  in  v.  350  noch  ein  fehler  enthalten  Int.  wIn  hilttH  iImHN 
Andromache  sagen:  wie  yiele  eben  mOohteiit  i\\\  wtihl  iltttHM  ||n 
kränkte  tocbter  lieber  finden  lassen  als  das  orduldnn  wmn  IiiIi  Nii|fn| 
nemlich  x^P^v  KaO^Seiv  ttoXiöv,  nachdem  sie  kurz  KU  vor  Iti  v.  MI 
ihren  zweifei  geäuszert  hat,  ob  überhaupt  jemand  diu  Uorttilniii*  wIsiImi- 
heiraten  werde?  offenbar  enthalten  diese  beiden  |  anbsn  slnsn 
Widerspruch,  unrichtig  würde  es  sein  den  fehler  in  CUf  /  lu  sueben 
und  dafür  etwa  ein  verbum  des  aufsuchens  sobstituier  zu  wollen  i 
denn  dann  dürfte  nicht  Hermione,  sondern  müste  laoi  i      lub- 

ject  desselben  sein,   der  richtige  gedenke  wird  Tiei      hr  dl         die 
leichte  Änderung  von  Tröcac  in  iroiac  hergestellt,  i       O] 
^eine  wie  beschaffene  (dh.  hier  natürlich  wie  gerittgaj 
du  deine  tochter  lieber  finden  lassen  als  erleiden  i 


610.  Or.  133.  1289.  Med.  107.  835.  Tro.  1278.   Phoin.  !      • 
325,  1.  RbesoB  561.  995.     die  bedentiing  ^yielleichl*  Ihm  • 
Hek.  1247.  Hei.  1082.  Med.  789.  Iph.  Aul.  987.  I4t9*  Sh^ 


464  EBuBche:  zu  Euripides  Andromache. 

357  ff.  Andromache  sagt  dem  Menelaos,  dasz  sie  sich  in  gegen- 
wart  des  Neoptolemos  freiwillig  gegen  die  beschuldigong  Hermione 
durch  zaubermittel  unfruchtbar  gemacht  zu  haben  verantworten 
werde:         ^k6vt€C  oök  äKOVTec  ovbk  ßuijüiiot 

TTlTVOVXeC  aUTOl  T^lV  blKTlV  U(p^£0|ül€V 

^v  coTci  T^lißpoic,  olciv  ouK  dXdccova 
360  ßXdßriv  Ö9€iXuj  TrpocTiOeic*  dTtaibiav. 
weil  man  zu  Tf)V  biKiiv  uqpäojiiev  die  bezeichnung  der  person  ver- 
miszt,  welcher  die  genugthuung  zu  leisten  ist,  schlug  Eirchhoff  aOiQ 
für  auTol  vor.  gegen  diese  Vermutung  wendet  Nauck  Studien  11 
s.  103  ein ,  dasz  sich  die  prftp.  iy  in  den  werten  dv  coia  tOMßPOic 
nicht  erklären  lasse,  dasz  dieser  ausdruck  also  nicht  ftir  irapövroc 
ToC  NeoirToXdjiOU  stehen  könne,  er  hält  deshalb  an  auroi  fest  und 
will  in  V.  359  TOic  coict  TttjLißpoiC  lesen,  allein  in  erster  linie  ist 
doch  Andromache  der  Hermione  selbst,  nicht  dem  Neoptolemos  fdr 
die  gegen  sie  erhobene  anklage  eine  Verantwortung  schuldig ;  ausser^ 
dem  ist  auToi  nach  dKÖVTCC  überflüssig,  wir  werden  daher  nicht  um- 
hin können  Eirchhoffs  Vermutung  als  richtig  anzuerkennen.  Andro- 
mache will  offenbar  sagen :  'ich  werde  freiwillig  der  Hermione  genug- 
thuung geben,  aber  nur  vor  dem  richterstuhl  des  Neoptolemos,  der 
ja  selbst  von  dem  schaden,  den  ich  Hermione  zugefügt  haben  soll, 
mitbetroffen  wird  und  deshalb  gewis  nicht  ohne  weiteres  zu  meinen 
gunsten  urteilen  wird.'  in  diesem  gedankengange  ist  aber  die  präp. 
Iv  keineswegs  unmöglich,  wie  Nauck  meint,  sondern  sehr  wohl  pas- 
send :  vgl.  Soph.  Ant.  459  iw  Gcoici  T^v  Mktiv  btibceiv.  Eur.  Hipp. 
1320  cu  V  Iv  t'  dK€(vifj  Kdv  dfiol  <paiv€i  kqköc.  fr.  349,  3. 

434.  Nachdem  Menelaos  Andromache  durch  hinterlist  bewogen 
hat  ihren  Zufluchtsort  zu  verlassen,  Iftszt  er  sie  fesseln  und  sagt  zum 
schlusz:       dXX'  üpn*  de  oTkouc  toucV,  W  eic  dXeuO^pouc 

bouXri  T^T^ca  imrJTToG'  ußpiZeiv  fidGijc. 
die  Vermutung  Herwerdens  jiriKdO"  für  prJTroG*,  welche  Naucks  adn. 
crit.  erwähnt,  erscheint  mir  überflüssig,  da  Menelaos  sich  nicht  ana- 
drücklich  auf  die  voraufgehenden  werte  der  Andromache  zu  beziehen 
braucht ,  sondern  ihr  nur  den  allgemeinen ,  nach  seiner  ansieht  stets 
in  gleicher  weise  gültigen  satz  einschärft:  gegen  freie  darfeine  Sklavin 
unter  keinen  umständen  sich  übermütig  benehmen. 

699  ff.  Im  eingang  seiner  erwiderung  auf  die  in  v.  645 — 690 
enthaltene  rede  des  Menelaos  tadelt  Peleus  die  bevorzugung  der  feld- 
herm  vor  den  Soldaten:  während  diese  die  gleichen  mühen  und  ge- 
fahren zu  bestehen  hätten,  ernteten  jene  allein  rühm  und  ehre.  dMui 
heiszt  es  von  v.  699  an  weiter: 

ccjivol  V  dv  dpxaic  fijuicvoi  KOid  tttöXiv 
700  9povoOci  brJMOU  )üi€i2Iov ,  6vt€C  oubdvcc  * 

o^i  b'  eidv  aÜTUiv  lutupiifj  coqmiTepoi , 

cl  TÖXjLia  iTpocTdvotTO  ßouXiicic  G'  fifio. 
an  diesen  worten  hat  FWSchmidt  ao.  U  s.  42  begründeten  anston 
genommen,   er  hebt  hervor,  dasz  doch  nicht  allen  in  amt  und  würden 


^^SobBBIBS  Sl  fiBXDDttljBi  -JDiOEDOHOSlB*  ^lOO 

hglMiegJaMciitiHmiiiiiiiiiliiiii  wiiirtwiijdhnwjiitevflgiifai^ghrtt;; 

dem  Mi  £e  mkt^jplhmg mit  in  bim  t.  701  «jfar  tingUMihidfct,  ^ ^ 

ach  fafmell  Tka  tftiBr  mnf  faiBC  pfitecc  Jb  ggf  W^^ 

er  hm»  moek  bomMgan  kfimm^  div  «oh  der  WBi^[«ii|g»Mte  üft 

T.  708  lo^Bok  fldbknht  m  den  -vonBi|>ahBDdflB  ^eiyiertt  Mnclilieit,u 

Sdunidt  vcnncbt  die  rteOe  n  Ihübb,  »deai  er<J6|m9(d«rdk  iTöKX^rf 

eiBetit  «ad  ▼.  701  bd  ■ifaraibi::  dK  cidv  dem  mM^  cOfxibt^MM. 

aDeiB  dieee  gevrfttennaii  ipderiiHgiB  nd  oftrtitat  «^Ikt  «in  »&t> 

behdf  ab  cme  vaMulie  hmhmg^  vmä  «im  «bkibe  wird  «lA  wsliint 

finden  iHKa.  dam  i3agBBBhBn  tc»  di»  f  «niitwi  nnmttngikMreiten 

ist  die  iteUe  hmmöart  dadsndi  ^mMmg^  dest  ew  gint  «mmmM^ 

dee  ■■■■!■  fhMgii  Btebt,  da  t.  TOS  C,  imirdektn  Men«  d«n  MtM- 

laoe  «nd  Iilibmiiibhi  ab  bei^iiele  Ür  die  ^ettgte  beTOrtng«ing  dMr 

feldhefnaiifilDiHSxiisnBitUbaranT«6ManM^  lritti«tMrtl 

daber  aDen  gnmd  t.  699—703  fllr  eine  inter^alion  M  Mten,  di« 

in  nngeedoekter  weise  dem  gedenken,  weMmi  der  ehot  im  letttMi 

staaifliOB  ▼.  479  C.  amgeaprocb»  hal^  wiederhollv   neeh  evistthM- 

diiDg  dar  Tier  Tcne  erinlten  wir  fUr  die  rede  dee  Peleus  eitte  Rhtl- 

Hebe  sjnmietneefae  gliedening,  wie  eie  HBinel  *de  Sttrip.  in  «om- 

ponendis  diTerbiie  arte*  (Leipiig  1862)  e»  69  ff»  (ttr  die  tolrengetielliltt 

rede  dee  Menelaos  nadigewieeen  hat   die  rede  mrnilU  liettiHeb  J(§tet 

in  drei  teile,  deren  erster  ana  6  yereen  beeteht^  deren  t weitet  tttid 

dritter  je  12  verse  umfassen,  der  erste  teil  etithRlt  die  eitlleiitttig 

der  rede,  im  zweiten  spricht  Peleu«  bittem  tadel  gegen  MeneUos 

und  dessen  tochier  ans,  im  dritten  tröstet  er  Andromaä)e  wwA  deretl 

söhn«  höchst  wahrscheinlich  haben  wir  übritfen«  euch  in  det-  etilen 

rede  des  Peleos  von  v.  590 — 641  eine  ühmiehe  gtiederting  MtW- 

erkennen,   denn  aoszer  den  Tersen  fi9i— 001^  welnhi!  Bchtnt^t  Hb. 

s.  40  als  unecht  bezeichnet  hat,  scheint  a\ii)h  t.  ri()0  |Lltc6dV  t(  briVttt 

^frrroT*  elc  oTkouc  XaßeTv  nicht  ¥0m  dichter  nelbsl  hi^t-K^iVliht-nti.  Ap^Y 

vers  nimt  nemlich  in  ungeschickter  weine  dM  ¥«irwi*ti  WHhIHf  t^^intlil 

erst  in  v.  627  ^Xu)V  bk  Tpoiov,  cT^i  Y^ip  KAvroOMi  tiH  mif,  nhnvtvHbk- 

lieh  präcisierter  wendung  kommt;  wAhrend  er  \w  v.  rtOI  (f.  Mt<ni*lilHM 

tadelt,  weil  er  der  Helene  wegen  den  krletf  |t«itft»H  ttnje  Httini-MHHl 

men  habe,  kommt  er  erst  in  Y.  627  KU  dem  nm\  nt^bwumn  IH^^Hft^^ 

dasz  er  nach  der  einnähme  Trcjas  die  u»wtlrt1i|(e  |ti»mikhilH  MtMk  iH 

tötet,  sondern  in  gnaden  wieder  angenummeH  bAbHi   itMH  kHWM 

dasz  der  gedanke  'die  du  niemall  wieder  in  dlil  klil  MMw  Mv- 

nehmen  dürfen,  indem  du  noch  geld  lumkll^ 

gesebmackt  ist.   wenn  wir  also  ¥.  601*<-ft01  *" 

erhalten  wir  folgende  gliederung  der  redtl  ^ 

—608  und  610—613),  dann  sweimel  5  m 

von  V.  627—638  wieder  12  veno  und  end* 

833  ff.  Nach  dem  dritten  stasimon  tri' 

auf,  um  dem  chor  ihre  angst  um  die  berr*^ 


466  KBusche:  zu  Euripides  Andromache» 

erscheint  Hermipne  selbst,  voller  yerzweiflungüber  ihr  unrecht,  und  es 
erhebt  sich  jetzt  zwischen  beiden  franen  ein  strophischer  klagegesang, 
dessen  metrum  vorwiegend  dochmisch  ist.  das  zweite  strophenpaar 
lautet : 
CTp.  ß.  €P.  Ti  hi  fLi€  bei  cT^pva  KaXüiriciv  tt^tiXcic; 

bf^Xa  Kai  ä)i(pi(pavf)  Kai  dKpunTa  bebpdKafiev  iröctv. 

TP.  dXT€ic  cpövov  ^dqiaca  currdinui  c^Sev; 
dvT.  ß.  €P.  Kard  jiAfcv  oöv  ct^vuj  batac  TÖXjiiac, 

&v  f peE*  d  KaidpaTOC  ifü)  Kaidpaioc  äv6pdiiroic. 

TP.  cuTTVu>c€Tai  coi  xrivb*  djuapTiav  ttöcic. 
dasz  diese  Überlieferung  sehr  corrupt  ist,  zeigt  ein  blick  auf  das 
metrum.  es  haben  sich  daher  auch  die  kritiker  seit  Musums  be- 
müht das  versmasz  in  Ordnung  zu  bringen,  wir  können  jedoch  alle 
versuche  bis  auf  Nauck  übergehen ,  da  man  sich  früher  lediglich  da- 
mit begnügte  den  dochmischen  rhythmus  in  mehr  oder  weniger  ge- 
zwungener weise  herzustellen ,  dagegen  nicht  beachtete ,  dasz  in  der 
Strophe  auch  der  gedanke,  den  die  hss.  bieten,  anstöszig  ist.  erst 
Nauck  ao.  s.  107  erkannte,  dasz  zwischen  der  frage  'warum  soll  ich 
meine  brüst  verhüllen  ?'  und  den  folgenden  werten  'nicht  zu  ver- 
bergendes habe  ich  meinem  gatten  angethan'  kein  vernünftiger  Zu- 
sammenhang besteht,  und  dasz,  um  diesen  zu  gewinnen,  anstatt 
CT^pva  vielmehr  die  accusative  hf\\a  Kai  d)Liq)iq>av{)  Kai  dKpuirra 
von  KaXuTTTeiv  abhftngig  gemacht  werden  müssen,  er  scheidet  daher 
CT^pva  aus,  auszerdem  die  werte  bebpdKafuev  iröciv  und  in  der  gegen- 
strophe  TÖXfiac  dv  £p€E',  so  dasz  der  erste  vers  der  strophe  und  gegen- 
strophe  nunmehr  aus  einem  dochmius  und  creticus ,  der  zweite  vers 
aus  einer  daktylischen  tetrapodie  besteht,  richtig  ist  ohne  zweifiel 
Naucks  annähme,  dasz  cr^pva  als  Wiederholung  aus  dem  vorher- 
gehenden verse  zu  tilgen  sei ,  und  femer  dasz  die  werte  bf^Xa  .  . 
dKpuTTTa  und  d  KardpaTOC  ^t^  Kardparoc  sich  genau  entsprechen 
sollen ;  also  ist  auch  das  überflüssige  dvOpioTTOtc  hinter  dem  zweiten 
KaTdpaTOC  mit  recht  gestrichen,  mit  den  übrigen  tilgungen  Naucks 
kann  ich  mich  dagegen  nicht  einverstanden  erklttren.  einmal  scheinen 
mir  die  werte  bebpdKafuev  iröciv  für  den  Zusammenhang  notwendig 
zu  sein.  Hermione  ist  ja  nicht  aus  innerer  reue  über  ihr  verbreche- 
risches vorhaben,  sondern  aus  furcht  vor  der  räche  ihres  gemahls  in 
Verzweiflung  geraten,  dasz  sie  also  ihre  schuld  ausdrücklich  als  eine 
an  ihrem  gatten  begangene  hinstellt ,  ist  psychologisch  durchaus  be- 
gründet, auch  weist  hierauf  die  trOstung  der  amme  cuTTVuiceral 
CGI  Tr)vb'  dfnapTlav  ttöcic  deutlich  genug  hin.  in  der  gegenstropbe 
läszt  sich  die  Streichung  des  Wortes  TÖXfiac  aus  innem  gründen  in 
keiner  weise  rechtfertigen,  da  das  alleinstehende  batoc  keine  be- 
ziehung  hat;  auch  gibt  Nauck  selbst  die  mOglichkeit  zu,  dasz  hierin 
noch  ein  fehler  stecke,  wenden  wir  uns  wieder  der  stropbe  zq,  so 
meint  Nauck ,  dasz  die  drei  a^jectiva  bf^Xa  .  .  fiKpuirra  direct  von 
KaXuirreiv  abhftngig  seien,  wftre  dies  der  fall,  so  würden  die  werte 
bebpdKafiCV  ttöciv  allerdings  zusammenhangslos  sein,  da  ihnen  daa 


KBuBche:  m  Eoripidet  AndroauMbt«  40T 

innere  object  fehlte,  aber  können  dieee  werte  ai4bt  uriprUntfliuh 
Tor  den  genannten  adjectiyen  geelaaden  baben^  und  kftnn  uiobli 
nach  der  Umstellung  das  den  soeamnienbaiig  vennittolndi  und  von 
xaXthrreiv  abhtfngige  pronomen  &  hinter  Acpunro  aiMgefallim  mIn  V 
ich  schreibe  also  zogleich  mit  leichter  ecbon  von  Kirebbolf  vor* 
geschlagener  Terftndemng  des  bAfiäucmv  in  der  stropbe  i  ti  btf  fii 
bei  xoXuiTTetv  Tr^irXotc  &  bibpaK*  d|i6v  nöctv  M|Xa  Nol  dfiij^upavf) 
xod  fiKpuirra.  um  die  responiion  benmeteUetti  braoeben  wir  in  der 
g^enstropbe  nur  zwischen  boSac  nnd  röXfioc  den  ausfall  von  Afrtfp 
anzunehmen,  wie  denn  auch  Ipb«  Anl«  470  KaTOCTl(v<IV  mit  tinifi 
c.  gen.  constmiert  wird,  so  erhalten  wir  %u  aufanK  der  Nlru|ibe 
und  gegenstrophe  je  drei  sich  genan  entsprechende  doobiiiieu  i  deren 
zweiter  die  form  der  anaklasis  zeigt,  wie  %b,  Or#  IM), 

Auch  in  den  folgenden  Tersen  llUzt  «ich  an  einseinen  stellen 
durch  unbedeutende  ftnderungen  dae  rersmaex  berste) lenf  v*  Nil  ist 
wohl  als  eine  logaOdische  tetrapodie  mit  anakrusis  ansuselient  Vi  MIH 
besteht  ans  zwei  dochmien;  dasselbe  versmaes  bal/en  wir  tilTenbai' 
auch  in  dem  vorhergehenden  Terse  anzuerkennen!  der  freiiieb  niubt 
ganz  unyerdorben  erhalten  ist,  nach  den  meisten  bss.  lautet  v.  HAIi 
diröboc,  (b  q>\k\  dTröboCi  V  dvraiav  usw.  nur  C  und  wabrsolMto- 
lieh  B  haben  tZi  (piXoc  fttr  tZi  (piX\  Mauck  wollte  hieraus  dureb  auM- 
scheidung  der  werte  tZi  iptk'  äniboc  tv'  einen  doebmius  berstelieni 
jedoch  liegt  far  die  annähme  einer  Interpolation  dieser  werte  kein 
stichhaltiger  grund  Tor«  ansprechender  ist  JJergks  Vermutung .  der 
mit  umstellang  der  mittlem  werte  nnd  im  aoscblusz  an  C'jjij  liest; 
diTÖboc  äiTÖboc,  d)  q)iXoC;  V  dvraiav,  ein  Vorschlag  den  ilermann 
und  Klotz  billigen,  vielleicht  ist  es  jedoch  nocb  geratener,  bei  den 
besten  hss.  stehen  zu  bleiben  und  vor  tv'  den  aus&U  des  auf  Kipoc 
bezüglichen  pronomens  viv  anzunehmen ,  also  zu  lesen :  dnöboc ,  iL 
q)iX',  dTTÖboc  viv,  tv*  dvraiav. 

846  ff.  sucht  Hermione  verzweifelnd  nach  einem  auiweg  aus 
ihrer  not:  oImoi  TTÖTfiOU. 

TToG  fioi  TTupöc  q)(Xa  q)XöE; 
TioG  b*  elc  TT^rpac  dcpOdf ; 
in  der  ersten  frage  ist  das  fragewort  noG  durchaus  am  platze ;  da* 
gegen  erwartet  man  in  v.  848  statt  der  frage  *wo  kann  ich  mich  zu 
felsen  erheben?'  vielmehr  die  partikel  'wie',  auszerdem  ist  die  Ver- 
bindung beider  verse  durch  bi  nicht  sehr  passend ,  da  ja  der  Her* 
mione  die  eine  todesart  ebenso  recht  ist  wie  die  andere,  vermutlich 
ist  das  zweite  ttoO  aus  dem  anfang  von  v.  847  durch  das  versehen 
eines  abschreibers  in  den  nächsten  vers  geraten  und  hat  hier  das  ur- 
sprÜD gliche  f^  Ttüac  verdrftngt;  die  beiden  verse  lauteten  wohl  iroO 
iToG  MOi  TTupöc  (piXa  (pXöE;  i^  ttuic  elc  n^rpac  depGui;  so  erhalten 
wir  in  jedem  verse  einen  dochmius,  dem  eine  katalektische  iambische 
dipodie  folgt;  die  werte  olfiot  TrÖTfiOU  sind  schon  von  Hermann  und 
Nauck  als  proodos  dem  System  vorangeschickt.  —  In  v.  861  ist  wohl 
mit  Hermann  f  aiac  für  tdc  zu  schreiben  und  im  folgenden  verse  fltr 


468  EBusche:  zu  £uripide8  Andromache. 

das  bei  <t>6idboc  Ik  faiac  unpassende  eiO'  är\v  mit  Seidler  depOctf^v. 
die  drei  letzten  verse  des  kommos  scheinen  gleiohfalls  ans  vier  doch- 
mien  bestanden  zu  haben;  nur  hat  man,  um  den  dritten  dochmius  su 
vervollständigen,  für  ^ir^pac*  das  compositum  buir^pac*  herzustellen, 
welches  nach  der  silbe  AC  leicht  zu  dem  einfachen  ^ir^pac*  werden 
konnte,  diese  verse  lauteten  also,  wie  ich  glaube :  f\  TteuKaev  CKdq>0C)  | 
Sl  (oder  vielleicht  wegen  der  auflösung  der  zweiten  länge  mit  Kloti 
8)  bid  Kuav^ac  |  bienipac*  dKidc  |  irpiüTÖnXooc  TtXdra. 

946  ff.  Hermione  warnt  die  ehemänner,  ihren  gattinnen  den  ver- 
kehr mit  andern  frauen  zu  gestatten: 

aiJTQi  tdp  bibdcKaXoi  KaKÜav  * 
f\  ixiv  Ti  K€pbaivouca  cuMcpOcipei  X^xoc, 
fl  b*  d^TiXaKoCca  cuvvoceTv  aur^  S^Xci  usw. 
fUr  K€pbaivouca  in  v.  947  hat  Nauck  ao.  s.  119  richtig  Kcpbavoöca 
vorgeschlagen,    auch  den  bedenken  desselben  gelehrten  gegen  die 
präp.  CUV  in  cufucpGefpei  wird  man  zustimmen  müssen,  da  in  diesem 
verse  nur  6ine  verderberin  des  Xe'xoc  in  frage  kommt,   vermutlich 
ist  CUV  aus  dem  cuwoccTv  des  folgenden  verses  entstanden  und  da- 
für diTO  herzustellen,  also  zu  schreiben  f^  fi^v  Ti  KCpbovoOc*  diro- 
q>i6€ip€i  X^xoc. 

980.  Orestes  erzählt,  wie  Neoptolemos  seine  bitte  ihm  die  hand 
der  Hermione  abzutreten  mit  bittem  vorwürfen  über  den  matter* 
mord  beantwortet  habe,  und  föhrt  dann  fort: 

980  fjXrOUV  fitv  fiXtOUV,  CUfiCpOpdc  5*  1^V€IXÖ|LH1V, 
CU»V  bk  CT€pT]8€lC  ibX^MnV  ÄKUIV  TdflU)V. 

dasz  V.  981  zu  den  freilich  nicht  seltenen  interpolationen  der  Andro- 
mache gehöre,  wie  FWSchmidt  ao.  II  s.  46  nachzuweisen  sucht,  kann 
ich  nicht  glauben,  denn  das  wort  dKU)V  rechtfertigt  meiner  ansieht 
nach  nicht  die  bedenken,  die  Schmidt  dagegen  geltend  macht,  der 
gedankengang  des  Orestes  ist  offenbar  folgender :  'ich  empfand  swar 
groszen  schmerz  über  die  kränkungen ,  doch  ertrug  ich  ihn  im  be- 
wustsein  meiner  schuld  stillschweigend;  dennoch  verliesz  ich  den 
ort,  wo  ich  geschmäht  wurde  ohne  mich  verteidigen  zu  kOnnen,  un- 
gern ,  da  du  (Hermione)  nicht  mit  mir  gehen  konntest,  darum  nun' 
fährt  er  fort  Verde  ich  dich  jetzt,  wo  es  zeit  ist,  mit  mir  nehmen.' 
so  erklärt  sich  auszer  der  Verbindung  der  verse  980  nnd  981  durch 
bi  auch  die  partikel  oGv  in  v.  982 ,  welcher  bei  ausscheidung  von 
981  die  beziehung  fehlen  würde. 

1005  ff.  Orestes  sagt,  er  werde  sich  an  Neoptolemos  mit  bilfe 
Apollons  rächen : 

dXX'  iK  T*  ^Kcivou  biaßoXaic  t€  rate  dfiatc 
KaKu»c  öXcTrai  •  TViÄccrai  b*  f x^pctv  i\xf\v» 
^X^pt^v  tdp  dvbpOjv  fioipav  clc  dvacrpoqrfiv 
baifiujv  5ibu)Ci  kouk  i^  q)pov€iv  v^ifa. 
dxOpi&v  in  V.  1007  ist  von  den  neuern  kritikem  fibereinstimmend 
verworfen  worden,   denn  da  f x^pav  ^fLif|V  vorangeht,  musi  man  das 
adjectivum  auf  die  persönlichen  feinde  des  Orestes  beliehen,  wäh- 


KBuBohe:  2U  Euripides  Andromaohe.  469 

rend  es  sich  doch  offenbar  am  froTler  gegen  den  gott  handelt.  Her- 
werdens conjeotar  C€fivaiv  ist  von  Schmidt  ao.  s.  48  wegen  des 
zweiten  Satzgliedes  koök  i^  (ppovelv  fi^a  mit  recht  zurttckgewiesen. 
man  erwartet  jedenfalls  den  begriff  'gottlos'  oder  'sohlecht',  ob  aber 
nun  akxpiX^v  oder  dOediv,  wie  Schmidt  Torschlftgt  —  cadpöc  scheinen 
die  tragiker  nicht  von  personen  gebraucht  zn  haben  —  oder  vielleicht 
aach  äceßdiv  die  ursprüngliche  lesart  war,  wird  sich  kaum  entschei- 
den lassen,  wenn  jedoch  Schmidt  auszer  den  genannten  Vermutungen 
auch  daran  denkt,  das  kraftvolle  fioipav  durch  das  weit  schwttchere 
fiippova  fäfi  dvbpuiv  Ttetpav  zu  ersetzen,  wird  er  kaum  Zustimmung 
finden. 

1171  ff.  Als  die  leiche  des  Neoptolemos  gebracht  wird,  äussert 
der  eher  sein  mitgefühl  fttr  dies  unglttck,  das  Peleus  betroffen,  in 
einem  anapftstischen  sjstem,  dessen  zwei  letzte  verse  lauten: 

aÖTÖc  T€  KaKoTc  TT^ifLiaci  xOpcac 

€ic  Iv  fioipac  cuv^Kupcac. 
gegen  Klotz'  schwachen  verteidignngs-  oder  vielmehr  beschOnigungs* 
versuch  der  hsl.  lesart  weist  Nauck  s.  1 23  ff.  in  ausführlicher  darlegung 
unwiderleglich  nach,  dasz  das  homoioteleuton  Kupcac  und  cuv^Kupcac 
unhaltbar  sei  und  die  beiden  verse  anszerdem  an  andern  unzuträg- 
lichkeiten leiden,  die  wohl  kaum  anzuzweifelnden  resultate  Naucks 
sind  folgende:  1)  entweder  Kupcac  oder  cuv^Kupcac  ist  unrichtig ; 
2)  wahrscheinlich  ist  KUpcac  durch  den  ausgang  des  folgenden  verses 
veranlaszt  worden,  da  sich  KupcTv  mit  dem  einfachen  dativ  sonst  nicht 
nachweisen  läszt;  3)  statt  der  Verbindung  elc  &v  fioipac  cuv^Kupcac 
erwartet  man  zu  cuv^KUpcac  einen  dativ ;  4)  eic  Sv  fioipac  ist  ohne 
nähere  bestimmung  unklar,  die  schaden  hat  also  Nauck  richtig  erkannt, 
die  heilung  derselben  ist  ihm  jedoch  nur  halb  geglückt,  er  schreibt 
nemlich:  auTÖc  t€  (oder  fiXXoic  re)  KaKOic  irriiLAaci  tiXtitcIc  |  kqiv^ 
jucipa  cuveKupcac.  obwohl  für  den  ersatz  des  unechten  tcupcac  ein 
sicherer  anhält  fehlt,  kann  man  sich  doch  mit  TTXr)T€lc,  worauf  auch 
Herwerden  gekommen  ist,  einverstanden  erklären,  da  es  sehr  wohl  zu 
TTrjjLiaci  passt.  anders  verhält  es  sich  mit  Kaiv^  Moipqi,  von  dem  man 
nicht  einsiebt,  wie  es  aus  eic  Sv  fioipac  entstanden  sein  soll,  denn  den 
eindruck  einer  groben  interpolation  macht  die  letztere,  auch  Hei.  742 
in  der  form  eic  tv  Tuxiic  vorkommende  Wendung  durchaus  nicht, 
man  wird  also  zusehen  müssen ,  ob  sich  nicht  ein  von  cuv^Kupcac 
abhängiger  dativ  finden  läszt,  der  zugleich  die  bedeutung  des  eic  &V 
jLioipac  klar  stellt,  dieser  forderung  nun  wird  meines  erachtens  ge- 
nügt, wenn  wir  in  v.  1171  fürKaKOic,  welches  sehr  wohl  als  glossem 
zu  TTr^aci  in  den  text  gedrungen  sein  kann,  V€Kpijj  schreiben  und 
dies  mit  cuv^Kupcac  verbinden,  eic  Sv  tritt  hierdurch  in  eine  etwas 
entferntere  beziehung  zu  cuv^KUpcac,  es  bedeutet  'in  bezug  auf,  hin- 
sichtlich',  wie  zb.  Or.  542  TiÖTiixTlC€V  elc  T^Kva.  der  gedanke  ist 
nunmehr  klar,  der  chor  sagt:  'du  begegnest  dem  toten  in  bezug  auf 
dasselbe  gescbick,  db.  dein  eignes  geschick  ist  ebenso  traurig  wie  das 
des  toten.' 


470  EBuBche:  zu  Euripides  Andromache. 

1184  f.  Der  chor  stimmt  in  den  wünsch  des  Peleas,  Neopto- 
lemos  möchte  vor  Troja  gefallen  sein ,  mit  folgenden  werten  ein : 
oÖTÖc  T*  Sv  die  ^K  Tu»v5*  ^TijLiaT'  äv ,  T^pov , 
Gaviüv ,  TÖ  cöv  b*  fjv  dbb*  Sv  curux^CTCpov. 
an  den  werten  ibc  ^k  Tujvb*  hahen  Nauck  und  Wilamowitz  (anal. 
Eurip.  8. 248)  gerechtfertigten  anstosz  genommen :  denn  bezieht  man 
Ik  TUÜvbe  mit  dem  scholiasten  auf  die  Troer,  so  fehlt  der  begriff  *im 
kämpfe',  der  nicht  fehlen  darf,  wenn  anders  das  TifiäcOai  begründet 
sein  soll ;  faszt  man  aber  Ik  TOivb'  mit  Pflugk- Klotz  sSchlich  und  er- 
klärt 'isto  rerum  statu',  so  wird  das  part  6avu)V  vollkommen  Über- 
flüssig; auszerdem  vermiszt  man  ungern  eine  nähere  bestimmungzu 
^TifiäT*  äv.  Wilamowitz'  conjectur  ouTU)  f*  (so  schon  Hermann)  fiv 
d)C  ''CKTUip  ^TijLiaT'  äv,  T^pov  ist  freilich  von  FWSchmidt  s.  51  als 
unhaltbar  nachgewiesen.  Schmidt  selbst  bietet  zwei  vorschlage,  deren 
zweiter  önuic  fi  viv  6  t€ku)V  t*  ^TifbiäT'  fiv,  T^pov  usw.  ihm  am 
meisten  zusagt,  er  belegt  allerdings  im  einzelnen  die  verschiedenen 
metrischen  und  sprachlichen  licenzen  dieses  verses,  jedoch  erscheint 
es  bedenklich  dieselben  in  6inem  verse  zu  vereinigen,  da  dieser  ein 
zu  holpriges  gepräge  erhält,  der  erste  verschlag  Schmidts  0UTU)Täp 
ibc  fjpuiC  T*  ^TijLAäT'  fiv ,  T^pov  verdient  daher  bei  weitem  den  Vor- 
zug f  nur  ist  die  Veränderung  von  {ipu)C  zu  ^k  Tuavb'  paläographisch 
nicht  eben  wahrscheinlich,  ich  möchte  eher  glauben,  dasz  die  ^k 
TUJvb'  aus  iKKpiTÖv  y  entstanden,  also  zu  lesen  ist:  outui  t'  Sv 
(oder  fäp)  fKKpiTÖv  t'  ^TiinäT*  fiv,  T^pov  usw.   vgl.  Tro.  1241 

ipOia  T€  TTÖXeUJV  fKKplXOV  fbllCOUM^VT]. 

1186  ff.  Peleus  verwünscht  die  ehe  seines  enkels  mit  Hermione 
als  die  Ursache  seines  tedes: 

05  irSfioc ,  05  TSfioc ,  8c  r&be  buifiora 

kqI  TTÖXiv  djXecac 

alai  aiai  *  05  Trat , 

juriTroTC  cOüV  Xex^uiv  tö  bucübvufiov 
1190  JjcpcX*  iixöv  T^voc  €lc  T^Kva  Kai  bÖfiOV 

fijLKpißaX^cOai 

'Cpfiiövac  *Aibav  ln\  coi ,  t^kvov  , 

dXXd  Kcpauvqj  TtpöcOev  öX^c6ai  usw. 
die  teztesgestaltung  dieser  verse  von  Hermann,  welcher  in  v.  1190 
ujq)€X'  l[io\  T^pac  schreibt  und  demgemäsz  cOav  Xex^UiV  auf  Andro- 
mache bezieht,  ist  mit  recht  von  Nauck  stillächweigend  übergangen, 
denn  dasz  Peleus  der  Andromache,  als  deren  freund  nnd  beschützer 
er  vorhin  auftrat,  jetzt  die  schuld  an  dem  tode  seines  enkels  zu- 
schreibt, ist  ganz  unglaublich;  auszerdem  ist  Hermanns  erklftmng 
der  werte  *€pMiövac  'Aiöav  'necem  ab  Hermiona  desünatam'  schwer- 
lich zu  rechtfertigen,  wir  müssen  daher  an  Pflugks  erklärung  ^de 
Atridis  lequitur,  quibus  et  Achillis  et  Neoptolemi  mortem  impuiat^ 
jedenfalls  festhalten,  zugleich  aber  Bergks  conjectur  i^ol  für  das  un* 
verständliche  djiiöv  aufnehmen  und  dies  als  dativus  ethicus  fassen. 
nur  in  6inem  punkte  weiche  ich  entschieden  von  Pflugk  ab,  darin 


FRMfiller:  in  I^yttM  [II  8  S5].  471 

nemlieh,  dasi  ich  den  geniiiT  *£ppiövac  niebt  für  riohtig  haltea  kuui* 
denn  eiimud  ist  das  wort  Ton  ctBv  Xex^uiv »  woiu  es  ds  apiM>siti<m 
gehdren  soll,  zu  weit  entfernt,  und  dann  ist  diese  apposition  fiber- 
hanpt  ungemein  matt  und  nttchtem.  dasn  kommt  noch  der  hiatos 
zwisehen  dfuptßaX^ctat  und  *€p^idvac.  ich  glaube  daher  dass  "Cp- 
^i6vac  eine  in  den  tezt  gedrungene  erklSrung  ist.  was  dafür  ein- 
zQsetien  ist,  iSszt  sich  natürlich  nicht  mit  Sicherheit  angeben;  nicht 
ganx  unwahrscheinlich  ist  es  jedoch,  dass  der  dichter  loVToXibdv 
sehrieb,  womit  eine  wenn  auch  nicht  notwendige,  so  doch  gana  pas- 
sende erlftntenmg  des  ganzen  ausdrucks  buci(lvu^0v  T^oc  cu^v  Xex«u>v 
g^ben  und  zugleich  das  hjperbaton  erheblich  gemildert  würde,  firei- 
lieh  können  wir  auch  hier,  wie  in  so  Tielen  f&llen,  die  entstellung  des 
ursprUnglichen  teztes  nur  beklagen,  ohne  bei  der  unsollnglichkeit 
unserer  hilfsmittel  jemals  auf  eine  sichere  heilung  hoffen  zu  dürfen. 
Ilfeld.  Karl  Busobb. 

(48.) 

ZU  LYSIAS. 


Nachdem  der  Sprecher  der  dnoXciria  bu)pobOK(ac  (21)  seine 
yerdienste  um  die  stadt  aufgezählt  hat,  fkhrt  er  §  26  fort:  dvO*  div 
d^ac  dTtaiTd)  vOv  Tf)v  x&piv^  kolx  d£tui,  iv  toic  KivbOvotc  d/ytoO  TOi- 
aim\v  TT€p\  äfiüav  TviIiMnv  ^XOvtoc,  öfiäc  vuvl  iy  T(p  OoppoX^tp 
dvrac  iyii.  Kai  touc  iraibac  toutouc  Ttepl  ttoXXoO  Troii^cac6ai, 
flYOUfi^vouc  usw.  wenn  es  auch  bei  der  selbstbe wüsten  spräche  der 
Verteidigung  (zb.  §  15  und  §  22)  yielleicbt  nicht  auffällig  wäre,  dasz 
der  Sprecher  yon  den  ricbtem  verlangte,  dasz  sie  ihm  'bocbachtung 
erwiesen'  (Baur),  so  würde  es  doch  unpassend  sein  diese  hoohacbtung 
für  seine  noch  sehr  jugendlichen  kinder  (§  24  öpq)avouc  Kai  irarpöc 
dTr€CT€pr])Lidvouc  auTOuc  KaTaXeiqiuü)  zu  beanspruchen ,  von  denen 
sonst  nirgends  etwas  verlautet  vergleicht  man  nun  ganz  ähnliche 
stellen,  wo  —  namentlich  gegen  ende  einer  rede  —  um  freisprechung 
gebeten  wird ,  wie  18  §  27  fi|Li€ic  TOivuv  .  .  diraiToOfiev  öfiäc  vuvl 
TauTT]v  ifiv  x&pxv ,  Kai  d£ioG|Li€v  [xi\  dbiKUüC  fmdc  dTtoX^cai,  dXXd 
TTcXu  jLiäXXov  ßoriGeiv  toTc  tujv  aÖTujv  fiCTacxoOci  cufiq)0pujv, 
ferner  19  §  54  ßouXecOe  fifuäc  biKaiioc  cujcai  fnäXXov  f\  dbiKioc 
dTToXecai,  und  berücksichtigt  man  13  §  63  o\  V  auTdiV  irepi- 
T€v6|LA€voiKaicui6^VTec,  oöc  outoc  jbifcv  dn^KTeivc v  d)\x&c  Kai 
GdvaTOc  auTtuv  KaieTViwcGT] ,  f]  hk  vjxx]  Kai  6  baifiiwv  TrcpiCTrOl- 
T]C€  usw.,  so  wird  sieb  ergeben  dasz  der  ursprüngliche  tezt  lautete 
i^k  Kai  Touc  Tiaibac  toOtouc  Tr€pi7roif)cai,  fiTOU|Li^vouc  usw. 
schon  der  gegensatz  diri  TOiauTatc  alTiatc  dTiMOi  f^v^cOai,  Kai 
CT€pTi0^VT€c  Tiüv  UTiapxövTiwv  7t€VT]T€C  clvai  .  .  zeigt,  dasz  TTCpl 
iToXXoO  TTOiiicacOai  hier  nicbt  gestanden  haben  kann. 

Merseburg.  Paul  Richard  MI^llbr. 


472     OCrosius:  zu  den  Aristophanesscholien  und  paroemiographen. 

62. 

ZU  DEN  ARISTOPHANESSCHOLIEN  UND  PAROEMIO- 
GRAPHEN. 


Schol.  zu  Ar.  Wespen  603  hat  EZacher  jahrb.  1887  s.  532  ff. 
einleuchtend  zergliedert  und  erklärt;  in  der  erklftrung  des  irpuiKTÖC 
XouTpoO  Tr€piTiTVÖ^€VOC  schlieszt  er  sich  mit  recht  der  ansieht  des 
Euphronios  an.  dagegen  beurteilt  er  s.  532  die  paralleltradition  bei 
den  paroemiographen  und  in  den  lezika  nicht  richtig,  die  betreffen- 
den erklärungen  des  sog.  Zenobios  und  Diogenianos  stehen  in  einer 
artikelreihe ,  die  aus  einem  1  e  x  i  k  o  n  interpoliert  ist ;  aus  derselben 
quelle,  nicht  aus  Aristophanesscholien,  haben  Photios  und  Suidas 
geschöpft,  was  Zacher  s.  532  anm.  3  über  die  'angebliche  epitome 
des  Diogenianos'  sagt,  ist  dem  unterz.  nicht  recht  yerstSndlich.  sie 
soll  mit  dem  Bodleianus  des  Zenobios  Wiel  näher'  verwandt  sein, 
näher  als  mit  wem?  mit  Diogenian?  aber  der  ps.-Diogenian  selbst 
ist  ja  thatsächlich  eine  sonderrecension  des  vulgär-^Zenobios',  and 
von  dem  archetypos  dieser  handschriftengruppe  hängt  sicher  auch 
der  Wiener  'Diogenian'  ab.  man  wird  fürchten  müssen,  dasz  Zacher 
über  diese  fragen  keine  bessern  aufschlüsse  geben  kann  als  FBrach- 
mann  in  den  'quaestiones  ps.-Diogenianeae'  (jahrb.  suppl.  XIY  [1885] 
s.  341  ff.),  die  er  wohl  ebenso  wenig  eingesehen  hat  wie  die  andern 
arbeiten  über  die  paroemiographen. 

Schol.  Aid.  Ar.  Fri.  152  steht  zum  yerse  Kdrui  xdpa  ß(\|iac  fic 
ßouKoXr|C€Tai :  Kai  ßouKÖXr)fLia  tö  G^XtriTpov.  fiic  tö,  kqI  öttiüc  f x^J 
Ti  ßouKÖXriMOt  TT^c  XuTrr]C  usw.  die  ansieht  von  Dindorf ,  dasz  Ma- 
surus  dies  scholion  aus  Suidas  entlehnt  habe,  scheint  Zacher  s.  536 
'noch  zweifelhaft',  aus  Suidas  stammt  es  jedenfalls,  wie  das  ange- 
schlossene Babriosfragment  (138,  5  Ebb.)  zeigt:  denn  die  fabelndes 
Babrios  (mit  den  angehängten  jiiuOiKd)  hat  von  allen  lexikographen 
nur  Suidas  ausgibig  excerpiert.  die  auf  der  band  liegende  richtige 
erklärung  der  stelle,  welche  Zacher  vertritt *,  konnte  er  auch  *de 
Babrii  aetate'  (Leipziger  Studien  II)  s.  199  finden. 

Die  frage,  ob  'Musurus  nicht  von  eignem  zu  den  ihm  vorliegen- 
den alten  scholien  binzugethan  habe',  läszt  Zacher  s.  531  unentscbie* 
den.  jedenfalls  finden  sich  in  den  Zusätzen  der  Aldina  spätbjzanti- 
nische  bzw.  neugriechische  reim-  und  accentverse ,  wie  schon  Haupt 
opusc.  III  8.  505  geltend  gemacht  hat:  vgl.  rhein.  mus.  XLU  s.  417 
anm.  1. 


*  s.  636,  15  ist  diroiraTii|iidTU)v  für  diraTT)|iidTUiv  zu  corrigieren. 
Tübingen.  Otto  Crusius. 


PTrenkel:  die  begrfindang  der  «id<m»  gegen  TheoüniiiMk     478 

es. 

DIE  BEOBÜNDÜNO  DEB  ENDEIXIS  QEOEN  THEOEEINES. 


Theokrines  hat  gegen  den  sohiffMigentttmer  Mikon  eine  phaeis 
angestellt,  die  klage  aber  doroh  ausbleiben  bei  der  Tonmtersaofaung 
verfallen  lassen  ([Dem.]  58,  8).  nach  dem  §  6  oitierten  geaett  ver- 
f&llt  er  dafür  in  eine  strafe  von  1000  dradimen.  die  £in)Li€Xi)Tcd 
ToO  ^fiTTOpiou,  vor  deren  fonim  die  klage  gehört,  haben  aber  die 
eintraguDg  in  die  liste  der  staatsaohuldner  nicht  bewirkt,  wahr* 
scheinlich  auch  die  basze  überhaupt  nicht  ausgesprochen«  diese 
pflichtversäumnis  ist  die  Ursache,  weshalb  sie  nur  widerwillig  (§  26) 
ihr  Zeugnis  ablegen,  als  grund  der  endeixis  ist  in  der  klageschrift 
nur  diese  6ine  schuld  aufgeführt,  nicht  etwa  noch  die  beiden  andern 
§  14 — 21  besprochenen  Schuldposten  (§  22).  ebenso  wenig  stfitit 
sich  die  klage  auf  das  §  11  angeführte  gesets',  welches  redner  auf 
Theokrines  nur  in  d6m  falle  anwenden  kann,  wenn  Mikon  die  aus- 
fuhrgesetze  überhaupt  nicht  übertreten  hatte  (§  12).  da  aber  jene 
phasis  nicht  zum  austrag  kam,  kann  eine  derartige  sykophantie 
eben  nur  vermutet,  nicht  aber  bewiesen  werden. 

Es  erhebt  sich  nun  die  frage,  ob  die  in  der  regel  nur  gegen 
notorische  atimoi  angewandte  endeixis  auch  gegen  nicht  eingeschrie- 
bene staatsschuldner  zulässig  ist.  diesem  einwände  setzt  redner  §  49 
das  gesetz  entgegen  öq)€iX€iv  dq)'  fjc  fiv  6q>\f]i  f\  iropaßl)  TÖv  vö^ov 
f\  TÖ  qiriqpicfbia.  dasselbe  enthält  dem  anschein  nach  zwei  besüm- 
mungeU;  von  denen  die  eine  die  andere  ausschlieszt:  die  Verschul- 
dung tritt  ein  1)  vom  tage  der  Verurteilung,  2)  schon  vom  tage  der 
gesetzesübertretung  an.  die  angeknüpfte  bemerkung  über  die  prak- 
tische geltung  dieses  gesetzes  macht  die  Sache  nicht  klarer:  §  49 


^  als  inhalt  wird  angegeben  äirXübc  dirctirc  TOtc  toioOtoic  tiI»v  dv- 
Gpiiüiriuv  |iif|  <paiv€iv,  el  in^  iriCT€U€i  Tic  aöT$  öciHciv  iy  ()\xXy  T€T€v»)- 
)i^va  irepl  Oüv  TroiclTai  Tf|v  9dciv.  ^dv  bi  Tic  irap*  a(nä  iroiQ  Titiv  cuko* 
(pavToOvTUJv ,  fvbciEiv  aCiTuiv  cTvai  xal  diratuJTi^v.  Lipaius  su  Meier  u, 
Schömanns  att.  process  s.  281  bezieht  dieses  gesetz  auf  sarttcksiehang  der 
phasis,  wobei  er  die  worte  €l  |iif)  .  .  q)dav  als  amschreibung  für  €t  ^f| 
cirdEciciv  auffaszt.  aber  redner  setzt  §  12  dies  gesetz  dem  die  Zurück- 
ziehung mit  1000  drachmen  bedrohenden  direct  entgegen,  die  wieder- 
holung  der  worte  cuK09avTCl  ToOc  vauxXripouc  in  §  10  a.  12,  des  bloszen 
cuKocpavTel  in  §  11  und  13  ae.  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dasz  dieser 
ausdruck  wörtlich  aus  dem  gesetze  citiert  ist.  der  sinn  des  gesetzes 
musz  also  doch  der  sein,  dasz  gegen  den  ansteller  einer  phasis,  wenn 
er  verloren  h ritte,  eine  klage  cuKoqpavTlac  in  der  form  der  endeixis  oder 
apaß^oge  zulässig  war.  redner  läszt  diese  sykophantie  §  12  in  dem  an- 
stellen einer  falschen  und  ganz  grandlosen  klage  bestehen  (€l  irXcOcavra 
aÖTÖv  öiKa{ujc  oT  TTpocf)K€v  q)a(v€i  xal  irpocKaXclTUi),  §  18  sogar  in  dem 
bewusten  anbringen  einer  solchen  (cuvciöibc  dauTi)»  cUKOqNXVToOvTl). 
die  worte  §  11  €l  )Lxf|  .  .  q>dciv,  welche  nur  vom  aufgeben  eines  zweifel- 
haften processes  reden,  müssen  demnach  verdorben  sein,  worauf  auch 
die  schlechte  Verbindung  des  allgemeinen  aasdrucks  TOtc  toioOtoic  mit 
dem  bestimmten  el  ni\  Tic  hinweist. 

JahrbQcher  für  class.  philol.  1888  hn.  7.  31 


474     PTrenkel:  die  begründung  der  endeizis  gegen  Theokrines. 

TToXXaxdic  Kai  öqpeiXouci  tuj  bT]jyioci({j  Kai  ^ktivouciv  ol  ßouXÖMCVoi 
TOic  vöjLioic  7T€i6€c6ai,  Ka\  toOt*  Ö  aÜToO  toO  vöfiou  5f|Xov.  wenn 
von  staatsschuldnern  gesagt  wird  öqpeiXouci  TiD  biijyiociqj ,  so  ist  das 
einfach  tautologie;  um  überhaupt  einen  sinn  zu  erzielen,  musz  dafür 
geschrieben  werden  dqpicTavTai  twv  bii|Liociu)V.  aber  sonderbar 
bleibt,  dasz  redner  nur  zu  behaupten  wagt,  das  fragliche  gesetz  werde 

0  f  t  befolgt,  die  zweite  bestimmung  nun  erklärt  Meier  de  bonis 
damnatorum  s.  140:  «ab  eo  die^  quo  apparet,  cognoscitur,  eum 
TTapaßf^vai  tö  i|ir)q)icfbia»',  eine  erklärung  die  weder  dem  Wortlaut 
entspricht  noch  den  Widerspruch  löst.  Böckh  staatsh.  I'  s.  458  be- 
zieht die  erste  bestimmung  auf  vergehen  die  nicht  erwiesen  sind 
oder  erst  einer  Schätzung  bedürfen ,  die  zweite  auf  solche  die  klar 
und  mit  einer  bestimmten  busze  bedroht  sind,  aber  einen  solchen 
unterschied  zwischen  unmittelbar  klaren  und  erst  zu  erweisenden 
Übertretungen  kennt  die  attische  gesetzgebung  nicht,  allerdings 
wird  die  Strafbestimmung  in  den  meisten  gesetzen  und  beschlüssen 
mit  der  formel  öq)€iX^TU)  eingeführt,  besonders  in  fällen  wo  beamt« 
eine  gesetzliche  Vorschrift  nicht  zur  ausführung  bringen;  aber  nur 
wenige  solcher  pflichtversäumnisse  können  als  unmittelbar  klar  be- 
zeichnet werden,  zb.  im  gesetz  Dem.  wTimokr.  22  iäy  o\  irpurdvetc 
jLif)  TTOiuüCi  KttTd  Td  T€TP<KMM^va  Tf)v  dKKXnciav  i^  ol  irpöebpoi 
)Lif)  xPHM^'^ic^ci  KaTd  Td  T€TpGiMM^va,  ö<p€(X€iv  .  .  ebenso  CIA. 

1  37  f— m  17  ff.,  ebd.  II  578,  25  ff.   gerade  in  einem  solchen  klaren 
fall  steht  CIA.  I  37  f— m  25  die  formel  eöeuv^cOu),  die  überhaupt 
in  voreukleidischen  Urkunden  ]!nit  öq)€iX^Ti)ü  wechselt,    bei  andern 
mit  ö(p€iX^Ti)ü  eingeführten  buszen  ist  zur  erkenntnis  der  schuld  eine 
gerichtsverhandlung  unumgänglich,  zb.  bei  KaKr)TOpia  (LjsiaslO,  12. 
Isokr.  20,  3)  oder  wenn  jemand  auszer  zu  bestimmten  zwecken  Öl- 
bäume ausgegraben  hat  ([Dem.]  wMakart.  71).   in  den  bezüglichen 
gesetzen  kann  öqpeiX^TUJ  nichts  weiter  bedeuten  als  ^dv  dXip,  dTto- 
TicdTU).    es  ist  kaum  denkbar,  dasz  eben  dieselbe  formel  bei  jenen 
von  Böckh  angenommenen  klaren  vergehen  identisch  sein  soll  mit 
fiTifioc  fcTU),  £ujc  &v-^kt(ci).   CS  ist  femer  hervorzuheben,  dasz  wir 
kein  einziges  beispiel  einer  solchen  ohne  richterlichen  spruch  ipso 
facto  eintretenden  atimie  kennen,  während  doch  Übertretungen  bei 
dieser  classe  von  gesetzen  gewis  nicht  minder  häufig  waren  als  bei 
der  andern,    demnach  wäre  eine  oft  geringfügige  pflichtversäumnis 
mit  dem  tode  bestraft  worden:  denn  wenn  der  beamte  nicht  unmittel- 
bar nach  der  Übertretung  sein  amt  niederlegte,  so  begieng  er  das  todes- 
würdige verbrechen  dpX€iv  öq)€iXovTa  tuj  5T]^oduj,  und  dieser  strafe 
zu  entgehen  gab  es  kaum  eine  möglichkeit :  denn  während  der  Privat- 
mann für  seine  Übertretung  straflos  bleibt,  wenn  sich  kein  klaget 
findet ,   wird  der  beamte  für  seine  vergehen  von  der  rechenschafts- 
behörde  ex  officio  belangt. 


*  ähnlich  KFHermann-Tbalbeim  griech.  rechtMltertümer  s.  17  anm.l: 
'die  atimie  begann  mit  dem  augenblick,  wo  die  schuld  comtatiert  war.' 


PTrenkel:  die  begrfindiiiig  der  eadciiie  g^goi  TheoknMK.    475 

Meier  alt.  proc  8. 242  (288  L.)  findet  eine  bedfitign«  dM  von 
B9ekh  angenommepen  rechtssatiee  in  de«  geeete  Dem*  mTimekr.  M, 
welches  dem  8trm£batz  (öqieiXctv  xJSac  • .  ö^fäkhm  rtiwpiaovwa 
hpojUi&c)  die  Terordnimg  hininfllgt:  lood  €vb€iEic  nöiAir  fem  «pic 
Touc  dcgioO^Toc,  Ka6dir€p  £dtv  Tic  dpXQ  Ö9cOUinf  t^i  ti|iodi|i. 
aber  schon  die  thataache,  dass  ontcr  der  gnwien  ahl  •^«K^fc**'  gn- 
aetie  nur  dies  6ine  jenen  znsaiz  enthiltp  Iftui  annehmen  daes  es  sich 
nm  eine  Tcrschirfende  ansnahmfheatimmnng  handelt  Meier  findet 
darin  dm  sinn:  endeixis  soll  stattfinden  gemftaz  dem  geaetSt 
welches  dies  Terüshren  g^gen  staateachnldner,  die  ein  Mentlidbea 
amt  bekleiden,  festsetst;  staaUechnIdner  aber  werden  jene  hf  mten 
im  angenblick  der  fibertietnng«  wertgetranrnr  acheini  mir  dia  Ibcr- 
aetcimg:  endenw  wie  g^gen  stnatasdknldner«  dh.  das  sirangs  tcr- 
fiihicn  sowohl  wie  die  sdiwers  stnfe,  weidm  dieaan  drairten,  aollan 
aneh  die  prjtanen  and  pfoedroi  traCai«'  andera  bemerimngnn  Ibcr 
daa  Terüshren,  wie  der  i^dkuiw  n  verfelgai  sei«  finden  sich  in 
andern  geM^tzen:  CU.  I  77,  18  C  ö^cOcim  xdUoK  bfM«i&C  Ittic 
tQ  'AOifvoiqi  lat  Zrvuovvninr  abmt  ik  ^vificä|icvoi  toS  tcssipionL 
peeph.  des  KephiKf»hon  vom  >  32^4  (Bfidüi  seenL  a.  4fi6)  d^e- 
htiiu  . .  US  ö  eG>9woc  neu  ol  nopdpoi  Imkmtmtc  crinAvnstnik 
TirvmcKoyruiy  fj  a^ot  A^oidirinnr«  pwph.  des  Poljrenklen  (cbdL 
s.  ^7  C  j  Boa  vsobmcx  ferm  • « tiic  ßoiAeikanc .  •  dvo  bl  nd 
TcAietv  cic  rryi  ßovJüfiv.  dudb  diese  nttüae  bcraneclMn  die 
Steuer  die  rerf olgcng  des  sUnliklhigen  n  etlfiihiii%  me 
nic&u  daTcoä,  da^  ^Sc;  beqnenuir  art  der  YciffiJgnng,  dnrdi 
lo  rfftii  betr^i^i.  icncr  kcnnca  wtder  Pato^Vleidf  ^  der  n 
de»  ULX«%-*u«»'äeiavu  ti«  j.  402^,  nMh  Andctk^dm  in  der  teifirt«hnaig 
dScsfCf  ij-iria^cr.  veldtie  li»de  ^Moad  umf§mda  macl«n  iiiwrlliAe 
da»»«»  1  c^i  £T  JLci  trbtii^4M  aaisaaJäilen.  eine  atnae  «ftme fidbler* 
Hdicn.  t'p.n<ii.  ^J£  i'jim«fI>T  gnisd  ^^tgm  Bü^üdm  dnrtsa^^  de»  img' 
Ikti»  ^«ttruitrt  ajtgt  nuJjMfjjtdi  ^nrjb,  daiz  ue  müt  de» 
ötar  « c>r  ^'jn  '^"ujttrii«;  irt«vi>t:  idd^  jn  «sniüiag  üleirL  wtna 
T^n  oer  ul  ^tiii»':xit^  n^;  <i9ieäe7v  iKQf*  f|C  «nr  ^«fdbg  51r  cane  W 
üt.:«  TT  r>  t^fabw:  Tigt  T9:^»ii«i  «13*  wfflfrii^pnie  gtwnnrig  wuden  sc^ 


'  t.U£X^-' u' {.»-ir^^ia  «joai  ^uvx  &t  jel  j:««ü  mAurm  ^lertleei  3B«r 
ivf^t  t.»-r  1.-^11  i^  t.4»i!i     wTjsuuls.  y\f  4iffw  i  u^Atifw  mSnvc  mmff^ 

Uv:  «•»M    i'i.u    r^*.  ir.»r  «iUKiWfrUl  ÜMOS..  -VM   v^MlffWSWÜbblii  «Oft 
trrt..'»   V'tv  '>'4*'  i'i^*^   Zfvn^  wMauUlMiii  «ju»  «iMan  «««  «mdca 


476     PTrenkel:  die  begründung  der  endeixis  gegen  Theokrines. 

so  kann  diese  unmöglich  mit  f{  angeknüpft  werden,  in  diesem  falle 
wäre  nur  bi  am  platze  in  Verbindung  mit  einer  genauen  anfzählnng 
der  hierher  gehörigen  vergehen,  wir  müssen  demnach  die  zweite 
bestimmung  auf  die  gesamtheit  der  mit  bestimmter  busze  belegten 
Übertretungen  beziehen,  dann  ergibt  sich  folgender  inhalt:  die 
schuld  an  den  fiscus,  welche  die  atimie  in  sich  schlieszt,  tritt  in 
kraft  vom  tage  der  Verurteilung  oder  Übertretung  an,  je  nachdem 
nemlich  die  höhe  der  geldstrafe  erst  vom  richter  festzusetzen  oder 
schon  im  gesetz  bzw.  beschlusz  bestimmt  war.  es  ist  klar  dasz  ein 
gesetz  dieses  inhalts  mit  aller  attischen  rechtsübung  in  Widerspruch 
steht. 

Ehe  ich  den  versuch  mache  eine  andere  deutung  aufzustellen, 
will  ich  erst  zeigen,  in  welcher  weise  redner  die  Unterlassung  der 
einschreibung,  den  kernpunkt  der  rechtsfj'age^  überhaupt  behandelt, 
es  ist  auffallend,  dasz  diese  Versäumnis  in  der  erzählung'(§  10)  mit 
keinem  worte  erwähnt  wird,  kein  wort  des  tadeis  für  die  pflicht- 
vergessenheit der  hafenbehörde,  keine  andeutung  des  so  naheliegen- 
den Verdachts,  dasz  Theokrines  selbst  sie  dazu  veranlaszt  haben 
könnte,  allerdings  wird  schon  §  21  unser  gesetz  verlesen,  aber  in 
der  abgekürzten  form  öqpeiXeiv  dqp'  fjc  &v  2q)Xr)  wiederholt, 
woraus  sich  ergibt  dasz  redner  dasselbe  hier  nur  auf  den  eben  vor- 
getragenen dritten  schuldposten  bezieht,  am  schlusz  der  beweis- 
führung§26  wird  nochmals  die  berechtigung  der  endeixis aosschliesz- 
lich  auf  die  Unanfechtbarkeit  der  Zeugnisse  gestützt,  die  frage  der 
unterlassenen  einschreibung  nicht  berührt,  auffallend  ist  femer, 
dasz  die  übrigen  zahlreichen  und  durch  Zeugnisse  belegten  fftlle,  in 
denen  Theokrines  eine  öffentliche  klage  zurückgezogen  hat,  nar  bei- 
läufig §  32  und  35  bei  der  Schilderung  von  Theokrines'  leben  und 
Charakter  erwähnt  werden,  ohne  dasz  ihre  notwendige  folge,  die 
strafe  der  1000  drachmen  und  weiterhin  die  atimie  behauptet  wird, 
während  in  der  beweisführung  noch  zwei  schuldposten  anderer  art 
ausführlich  behandelt  werden ,  die  schon  sehr  veraltet  und  unsicher 
sind.  *  dasz  Theokrines  in  jenen  fällen  die  bezahlung  der  strafsumme 
unterlassen  bat,  wird  zwar  nicht  ausdrücklich  gesagt,  folgt  aber  not- 


^  die  suhald  an  den  eponjmos  §  14—18  wird  aus  einem  ehrendecret 
der  phyle  nachgewiesen,  diese  scbald  soll  von  einer  bei  der  rechen- 
Bchaftsablage  entdeckten  unterschlagan^  herrühren,  die  entweder  Th. 
selbst  oder  sein  gleichnamij^er  groszvater  verübt  habe,  in -beiden  fällen 
wäre  Th.  rechtlich  zam  ersatz  verpflichtet,  wenn  aber  die  phyle  ihn  für 
seine  bereitwilligkeit  zur  Zahlung  lobt,  so  wird  sie  schwerlich  eineverpflich- 
tung  angenommen,  sondern  die  Zahlung  als  eine  freiwillige  angesehen 
haben,  redner  hatte  schon  vor  einiger  zeit  versucht  von  dieser  schnld  eine 
abschrift  zu  nehmen,  offenbar  um  darauf  eine  endeixis  zu  gründen,  bat 
aber  damals  die  Sache  hierzu  nicht  geeignet  gefunden,  bemerkenswert 
ist  die  dreistigkeit,  mit  der  er  zweimal  (§  14  und  15)  behauptet,  Th. 
selbst  habe  die  Unterschlagung  begangen,  während  er  §  16  zugibt,  die 
schuld  könne  auch  vom  groszvater  herrühren,  und  endlich  ans  der  Ur- 
kunde nachweist,  dasz  Th.  für  sich  und  seinen  bruder,  also  anerkannter- 
maszen  als  erben  des  groszvaters,  zahlong  versprochen  bat.    die  vor- 


PTrenkel :  die  begründung  der  endeiziB  gegen  Tbeokrines.    477 

wendig  ans  der  geringfdgigkeit  der  snmmen  (300  nnd  90  dr.),  mit 
denen  die  gegn^  die  zurücknähme  bezahlt  haben  sollen. 

Warum  wird  nun  ein  wesentlicher  nunkt  des  thatbestandes  Ter* 
schwiegen  ?  warum  werden  die  gleichartigen  Tcrschuldungen  nicht  nur 
für  die  anklage  unbenutzt  gelassen,  sondern  sogar  nicht  einmal  als 
solche  bezeichnet?  warum  wird  die  Widerlegung  des  einwandes  oök 
£cnv  fvb€iEic  TOUTWV,  öcoi  fif|  dTT€TP<XMM^vot  eictv  bis  §  48  au%e* 
spart?  der  grund  kann  nur  d^r  sein,  dasz  redner  wohl  wüste,  wie  sehr 
die  atimie  der  nicht  eingeschriebenen  zweifelhaft  war.  darum  rflckt 
er  mit  diesem  punkt  erst  dann  heraus,  nachdem  er  durch  eine  grosze 
menge  von  anklagen  ßui  ToG  TrpdrMaTOC  bei  den  richtem  erbit^ 
terung  gegen  Theokrines  hervorgerufen  zu  haben  glaubt. 

Er  musz  ferner  selbst  zugeben,  dasz  der  nicht  eingeschriebene 
auf  manigfache  andere  art  belangt  werden  konnte, %idem  er  §  52 
sagt  6  vöfioc  (nemlich  das  gesetz  Über  anwendung  der  Tpct(pf|  ^pa- 
q)tou)  IvbeiEiv  KcXeuet  xal  fiXXac  TifiUjpiac  cTvat.  das  wort 
KcXeuei  darf  uns  hier  nicht  irreführen:  natürlich  ist  diese  behaup* 
tung  nur  eine  folgerung  des  redners  aus  jenem  gesetz  über  tP<><P^ 
äTP<x<piou.  ein  gesetz,  welches  ausdrücklich  die  endeixis  auf  nidit 
eingeschriebene  anwendet,  ist  nicht  angeführt  worden,  redner  macht 
aber  keines  dieser  verfahren  namhaft  und  geht  mit  einer  nichts* 
sagenden  wendung  über  diesen  punkt  hinweg,  um  nicht  das  unge* 
wohnliche  der  von  ihm  gewfthlten  klage  noch  deutlicher  zu  machen, 
nur  von  der  Tpct<pf)  difp(iq>\o\)  hat  er  nachzuweisen  versucht ,  dass 
sie  auf  Theokrines  nicht  anwendbar  sei.  das  betreffende  gesetz, 
welches  verlesen  und  wörtlich  citiert  wird ,  lautet :  iäv  hi  Tic  tüjv 
öcpeiXövTUJV  Tqj  öt]|laoc(uj  |Lif|  ^KTicac  tö  öcpXima  t^  rröXei  äaX€iq>6^, 
eTvai  Kar"  auroC  töic  Tpotcpac  toO  dTpaq)iou.  thatsächlich  haben 
aber  noch  andere  gesetze  über  die  anwendung  dieser  klage  existiert, 
wie  aus  den  freilich  teilweise  verdorbenen  stellen  der  lezikographen 
hervorgebt  (vgl.  M.-Sch.-Lipsius  att.  process  s.  447 — 449).  es  ist 
schlechtweg  unmöglich^  dasz  die  bezeicbnung  dYp<xq)(ou  für  das  ver- 
fahren gegen  unrechtmäszig  getilgte  Schuldner  erst  erfunden  worden 
ist;  vielmehr  kommt  dieser  name  ursprünglich  nur  den  klagen  zUy 
welche  sieb  gegen  den  nicht  einschreibenden  (vgl.  die  fthnlioh  gebil- 
deten ausdrücke  aXoticu,  dvaufiaxiou  ua.)  oder  gegen  den  nicht 
eingeschriebenen  (vgl.  dTTpocTaciou)  richten,  es  bleibt  also  nur  die 
annähme  übrig,  dasz  diese  klagform  durch  unser  gesetz  auf  den  un- 
rechtmäszig getilgten  Schuldner  (und  den  dafür  verantwortlichen 
beamten)  übertragen  wird;  in  dem  gebrauch  des  bestimmten  artikels 
ist  die  bezugnahme  auf  ein  älteres  gesetz  deutlich  genug  ausgedrückt, 
aus  dem  plural  xpacpdc  Iftszt  sich  schlieszen,  däsz  schon  jenes  eine  dop- 
pelte bedeutung  hatte,  da  nun  redner  nicht  beweist,  dasz  die  tP^V^ 


bringuDg  veralteter  schulden  an  den  Bscus  galt  für  sjkophantisch  (vgl. 
[Dem.]   wNeaira  6),  so  dasz   redner  sich  deshalb   entschuldigen  moss 

(§  19  aa.). 


478     PTrenkel :  die  begründung  der  endeixis  gegen  Theokrines. 

äxptt^piou  in  der  ersten  bedeutang,  die  einmal  bestanden  haben 
musz,  aufgehoben  sei,  so  ist  seine  Widerlegung  des  d^m  gegner  in  den 
mund  gelegten  einwurfes  hinfällig ,  wenn  nicht  gar  eine  absichtliche 
Unterschlagung  jenes  gesetzes  vorliegt,  unbefriedigend  ist  auch  die 
Zurückweisung  des  einwurfs  §  50.  der  sinn  desselben  kann  nur  der 
sein,  dasz  die  gesetzlichen  Vorschriften  über  tilgung  von  schnldposten 
eine  einschreibung  als  notwendig  ftir  die  constAtierung  des  öq)€(X€iv 
voraussetzten  (so  Rohdewald  im  progr.  v.  Burgsteinfurt  1878  s.  11). 
redner  entgegnet  nur,  dasz  die  betreffenden  gesetze  auf  Theokrines 
keine  anwendung  fänden,  was  selbstverständlich  ist;  auf  die  haupt- 
sache ,  die  etwa  aus  denselben  zu  ziehenden  Schlüsse ,  Ittszt  er  sich 
nicht  ein. 

Es  steht  also  fest,  dasz  ein  gesetz  über  endeixis  gegen  nicht 
eingeschriebetfb  Schuldner^  welches  die  atimie  derselben  ausdrücklich 
anerkannte,  nicht  existiert  hat;  dasz  dieselben  vielmehr  sonst  durch 
klagen  verfolgt  wurden,  in  denen  ihre  bürgerliche  ehre  nicht  in  frage 
gestellt  war.  es  geht  ferner  aus  der  matten  bemerkung  §  49  hervor, 
dasz  selbst  gute  bürger  eine  nicht  aufgezeichnete  schuld  für  gewöhn- 
lich nicht  bezahlten,  das  gesetz  öq>€iX€iv  ä(p'  f\c  fiv  öqpXq  ist  dem- 
nach zur  zeit  unserer  rede  nicht  mehr  im  gebrauch  gewesen,  von 
der  zweiten  bestimm ung  öcpeiXeiv  dqp'  f\c  &v  napaßQ  töv  vöfiov  f\ 
t6  qirjqpiCjLia  ist  schon  oben  gezeigt  worden ,  dasz  sie  nicht  nur  den 
gesetzgebem  dieser  zeit,  sondern  schon  im  j.  403  dem  Patrokleides 
unbekannt  war.  wenn  es  noch  eines  weitem  beweises  bedarf,  dasz 
auf  dies  gesetz  eine  klage  gegen  einen  nicht  eingeschriebenen  staats- 
schuldner sich  nicht  begründen  liesz,  so  liefert  ihn  Demosthenes 
selbst,  indem  er  dem  ankläger  für  diesen  process  seinen  mächtigen 
beistand  verweigerte ,  während  er  sich  vorher  bereit  erklärt  hatte, 
zur  Unterdrückung  des  berüchtigten  sykophanten  Theokrines,  zu- 
gleich seines  erbitterten  politischen  feindes,  die  band  zu  bieten. 

So  sind  wir  zu  der  annähme  gezwungen ,  dasz  unser  gesetz  g^r 
nicht  die  bedeutung  hatte ,  welche  redner  ihm  zuschreibt,  erhält 
sich  an  den  zu  seiner  zeit  geltenden  gebrauch,  dem  zufolge  öqpeiXeiV 
(tuj  brifiociiu)  die  atimie  in  sich  schlieszt  und  6q)Xq  mit  KOTOrvui- 
c6^  gleichbedeutend  ist.  hätte  er  aber  das  gesetz  nicht  auf  den  vor- 
liegenden rechtsfall  angewandt,  so  würde  wohl  schwerlich  jemand 
auf  den  gedanken  gekommen  sein  es  in  diesem  sinne  auszulegen, 
wobei  ergänzungen  angefügt  werden  musten,  die  dem  Wortlaut  mehr 
oder  weniger  widersprechen,  bei  der  allgemeinheit  der  ausdrücke 
ist  folgendes  wahrscheinlich,  wenn  die  zweite  bestimmung  von  der- 
jenigen Veränderung  des  rechtszustandes  handelt,  welche  aus  der 
Übertretung  eines  gesetzes  bzw.  Volksbeschlusses  entsteht,  so  musz 
die  mit  f{  gegenübergestellte  erste  bestimmung  auf  diejenige  bezogen 
werden,  welche  aus  der  Verletzung  der  bedingungen  eines  fiscaliscben 
kauf-  oder  pachtgeschäfts  erwächst,  in  dieser  bedeutung  ßndet  sich 
(Lq)Xov  in  der  bei  Dem.  wPantainetos  eingelegten  klagformel :  22  fßXa- 
i^i  )Li€  NiKÖßouXoc  . .  ä(p€X^c6ai  KcXeOcac  . .  tö  äppjpiov  toO  ^oO 


PTrenkel:  die  begründnng  der  endeizis  gegen  Theokrinet.     479 

ok^TOu ,  ö  f (pcpe  KaraßoXfiv  tQ  iröXet  toO  jutetdXXou  . .  Kod  alrtoc 
£|iol  T€vöfLi€voc  ^TTP<K<P^vai  tö  SmXoOv  Tip  bimoc(i(i.  26  Kol  iir€i- 
bf|  (Ziq)Xov  ^T^  T^i  ÖTifioctq!.  worin  jene  mit  öq)€(X€iv  beseiohnete 
Terftnderang  des  rechtsznstandes  bestand,  Uszt  sich  freilich  nur  ver- 
maten.  sobald  der  pächter  oder  kftofer  von  Staatsgut  seinen  eah- 
hmgstermin  nicht  innehielt,  konnte  gegen  ihn  jederzeit  die  iqM>grapha 
eingeleitet  werden.  Yielleicht  war  in  einer  frühem  periode  das 
nemliche  verfahren  zulässig  gegen  den  Übertreter  einer  gesetzlichen 
Vorschrift,  auf  deren  Verletzung  eine  bestimmte  geldstrafe  stand,  und 
die  clause!  in  dem  beschlusz  über  masz  und  gewicht  aus  späterer  zeit 
(Böckh  staatsh.  11'  s.  318  fif.)  öcpeiX^TUi  .  .  Kai  iS^crui  f|  dTüOTpcKpfj 
irp6c  toGto  tö  äpfvpiov  t([)  ßouXofii^vifi  ist  ein  nachklang  aus  dieser 
zeit,  die  atimie  der  staatsschuldner  war  keineswegs  eine  uralte 
attische  einrichtung.  dasz  sie  vielmehr  erst  im  laufe  des  fünften  jL 
aufkam ,  musz  aus  dem  amnestiedecret  vom  j.  403  geschlossen  wer- 
den: denn  in  dem  gleichartigen  volksbeschlusz  aus  den  Perser- 
kriegen, auf  den  der  Verfasser  sich  bezieht,  war  diese  dasse  von 
atimoi  noch  nicht  enthalten. 

Noch  einige  bemerkungen  über  die  einschreibung  des  zu  einer 
geldstrafe  verurteilten,  der  name  desselben  und  die  höhe  der  summe, 
wahrscheinlich  auch  das  vergehen,  wurden  vom  geriohtsvorstand 
aufgezeichnet  (Lysias  9,  6.  Andok.  1,  79),  worauf  das  document 
zur  abschrift  an  die  finanzbeamten  gieng.  diese  Übertragung  ist  es, 
welche  mit  dTTP<i<p€iv^  seltener  mit  iinTP<i(p6tv  (Andok.  1,  77. 
Aischines  1 ,  35)  bezeichnet  wird ,  nicht  etwa  die  von  den  schätz« 
beamten  selbst  bewirkte  eintragung  in  ihre  listen,  für  letztere  gilt 
der  ausdruck  ^KTpäqpeiv  (Andok.  1 ,  77  {^  €l  Tic  fif)  iiCfp&xpr] :  die 
hier  vorgeschlagenen  änderungen  sind  nicht  notwendig).  Böckh  ao. 
I'  s.  189  und  Schömann  att.  process  s.  743  (960  L.)  halten  nun 
diese  Übertragung  an  die  schatzbeamten  für  eine  pflicht  des  gerichts- 
Vorstandes,  bei  genauer  prüfung  der  einschlägigen  stellen  erscheint 
diese  meinung  nicht  als  haltbar. 

[Dem.]  wTbeokr.  19  f.  Theokrines  vaterist  in  einer  klage 
äq)aip^c€UJC  verurteilt  und  hat  daher  an  die  staatscasse  die  gleiche 
summe  zu  bezahlen  wie  an  den  privatkläger.  es  ist  ihm  aber  gelungen 
den  Vertreter  der  gegenpartei,  den  logographen  Etesikles  zur  Unter- 
lassung der  dTTP^^pn  zu  bestimmen,  redner  findet  etwas  unrecht- 
mäsziges  nur  in  dieser  Verabredung ,  durch  welche  dem  Staat  eine 
busze  entgieng;  daran  dasz  die  einschreibung  von  der  obsiegenden 
partei  vollzogen  wurde  hat  er  nichts  auszusetzen. 

Dem.  wBoiotos  vom  namen  14  f.  Mantitheos  bestreitet  seinem 
halbbruder  das  recht  zur  führung  des  gleichen  namens  und  führt 
aus,  wenn  derselbe  in  einer  öffentlichen  klage  verurteilt  sei,  könne 
man  nachher  aus  der  eintragung  in  die  schuldnerliste  nicht  ersehen, 
welcher  bruder  gemeint  sei.  der  einwand,  dasz  alle  wüsten,  wer  den 
process  verloren  habe,  sei  nicht  stichhaltig,  denn  diese  erinnemng 
vf^erde  mit  der  zeit  schwinden,    selbst  bei  einer  btiO)  i£o!6kt\c^  wo 


480     PTrenkel:  die  begründung  der  endeizis  gegen  TheokrineB. 

der  kläger  öffentlich  erkläre,  dasz  er  sich  nicht  gegen  den  echten 
Mantitheos  wende ;  werde  er  doch  durch  Vollziehung  der  dTTpot^ii^ 
vielleicht  bewirken,  dasz  dieser  als  Schuldner  angesehen  werde. 

[Dem.]  wNikostr.  14  f.  (NiKÖCTpatoc)  iTTpa<P€i  Tiji  biifLtociuj 
dTTpöcKXiiTOV  il  djLiq}avüjv  KaTacrdceiüc  dTTißoXriv.  die  folge  einer 
biKT]  dTTpöcKXiiTOC ,  Welche  Apollodoros  verlor,  war  die,  dasz  er  so- 
wohl an  den  fiscus  wie  an  den  kläger  die  summe  von  610  drachmen 
zu  zahlen  hatte  (§  15).  wahrscheinlich  ist  die  annähme  von  Lipsius 
(att.  process  s.  1016 — 1019) ,  dasz  die  Verurteilung  zu  dieser  busze 
(dTTißoXr))  in  einem  förmlichen  process  eic  dfiqpavtJüv  KardcTaciv 
erfolgte. 

Aus  den  angeführten  stellen  ergibt  sich,  dasz  bei  dqpaipccic, 
dEcuXr]  und  überhaupt  in  privatklagen,  in  welchen  zugleich  auf  eine 
busze  an  die  staatscasse  erkannt  wurde,  die  dTTP<x<pn  sache  des 
k  lägers  war.  es  wäre  aber  unrichtig  anzunehmen,  dasz  dies  deshalb 
geschah,  weil  in  civilklagen  überhaupt  die  ezecution  dem  kläger  zu- 
kam, jene  vergehen  können  allerdings  nur  vom  benachteiligten  ver- 
folgt werden,  aber  sie  verletzen  ebensowohl  Staats-  wie  Privat- 
interesse, die  berechtigung  jener  zusatzstrafe  begründet  Demosthenes 
wMeidias  44  f.  in  folgender  weise:  TTdv6'  6ca  Tic  ßia2[öfi€V0C  irpdrrci, 
Koivd  dbiKrijuaia  kqi  KOid  tujv  ßiw  toö  TrpdTMOTOc  övtiwv  f|T€i8* 
6  vojLioedTTic  Kai  TÖv  jufcv  ireicGdvia  Ibiac,  töv  bk  ßiacOdvra 
briiLiociac  beicGai  ßorideiac.  wenn  also  die  dTTpoKpr)  überhaupt 
pflicht  des  gerichts  vor  Standes  war,  muste  sie  es  auch  in  diesem 
falle  sein. 

Aber  nur  in  einem  vereinzelten  falle  wird,  so  viel  uns  bekannt, 
die  einschreibung  der  behörde  als  Verpflichtung  auferlegt,  das  betref- 
fende gesetz,  einlage  in  der  rede  gMakartatos  71,  handelt  von  der 
ausgrabung  von  Ölbäumen,  es  heiszt  darin:  ÖTOU  b*  dv  KaTaTVUicGQ, 
dTTpa^övTWV  o\  fipxovxec,  npöc  oOc  dv  ^  f|  biicii,  toTc  irpdKTopciv, 
ö  Tip  bTijLiociui  TiTveTOi-  5  W  ttj  Gctjj  titvctoi,  toTc  TOfiiaic  tuiv  ti)c 
GeoO.  ddv  bi  ju^  dTTpdq}UJCiv ;  auTol  6q)€iXövTU)V.  der  grund  ist 
klar,  es  wird  nemlich  für  den  kläger  zugleich  eine  hohe  belohnung 
ausgesetzt,  es  war  daher  leicht  möglich ,  dasz  jemand  zur  klage 
schritt,  dem  nur  an  dem  gewinn  der  prämie  lag,  die  bestrafung  des 
Übertreters  aber  gleichgültig  war.  ein  solcher  mochte  wohl,  wenn  er 
seinen  gewinn  eingestrichen  hatte,  sich  um  die  einzeichnung  der 
fiscalischen  busze  nicht  weiter  kümmern,  um  nun  auf  jeden  fall  der 
staatscasse  ihre  ansprüche  zu  sichern,  müssen  die  beamten  selbst 
die  einschreibung  ausführen. 

Aischines  1,  35:  gesetz  über  das  verfahren  gegen  unbotmftszige 
redner  im  rat  und  in  der  volksversamlung.  die  pro^droi  sind  be- 
rechtigt solche  mit  einer  epibole  bis  zu  50  drachmen  zu  belegen; 
falls  härtere  strafe  nötig  erscheint,  haben  sie  auszerdem  die  sache 
dem  betreffenden  plenum  vorzulegen.  Kai  iäv  KaTaTVUicOi)  aOtoO 
KpußÖTiv  i)iri<pi2[ofLtdvuJv,  dTTP<XH^dvTUJV  ol  npöebpoi  toic  irpdKTopciv. 
dieses  auszerordentliche  verfahren  bei  Strafverhandlungen  in  rat  und 


PTreukel:  die  begründang  der  endeuds  gegen  Theokrines.     481 

ekklesie  beweist  nichts  für  die  praxis  bei  regelrnftssigem  prooess  vor 
einem  gerichtshof. 

[Dem.]  wAristogeiton  1,  28.  der  beklagte  hat  der  bypoihesis  sn« 
folge  drei  geldstrafen  verwirkt :  die  eine  fdr  den  verlast  einer  TP<3U(rfk 
iropavöfiUJV,  die  andere  fttr  den  einer  nicht  näher  bezeichneten  klage, 
die  dritte,  weil  er  wie  Theokrines  einen  prooess  nicht  za  ende  ge- 
führt hat.  zwei  dieser  buszen  sind,  da  sie  nicht  bezahlt  waren,  nach 
der  neunten  prytanie  verdoppelt  in  die  listen  der  Schatzmeister  der 
göttin  eingetragen  worden,  redner  sagt  daher  von  Aristogeiton : 
äir€€XoiviCM€VOc  iraci  toic  dv  t^  iröXct  biKaioic,  ifvwccci  biKacni- 
piuav  Tpidiv,  ^TTpoKPTl  O^CfioOeTuiv,  ^T^pqi  irpoKTÖpuiv.  wollten  wir 
mit  Böckb  staatsb.  I'  s.  459  die  £TTpct<pf|  6€CM08€TU)V  für  einen 
bloszen  vermerk  derselben  in  ihren  aoten  ansehen,  so  wftre  sie  mit 
der  Yvuicic  biKacTTipfou  identisch ,  die  wichtige  einschreibnng  bei 
den  Schatzmeistern  aber  gar  nicht  erwähnt,  nach  dem  oben  belegten 
gebrauch  des  aasdrucks  dTTP<i<p€tv  musz  die  erste  iTfpa^f{  die  über* 
gäbe  von  dem  gerichtsvorstand  an  die  praktoren,  die  zweite  die  ttbex^ 
Schreibung  von  den  letztem  an  die  Schatzmeister  bedeuten,  der  rhetor 
scheint  also  die  ^TTpo^PH  ^ür  ein  geschäft  der  beamten  zu  halten, 
richtig  ist  das  für  den  dritten  schuldposten,  wo  kein  kläger  vorhanden 
war.  aber  wir  würden  den  unbestimmten  und  ungenauen  ausdrücken 
des  rbetors  zu  viel  gewicht  beilegen,  wollten  wir  dasselbe  für  die 
tpaq)f)  irapavöfiu)v  annehmen/ 

Es  ergibt  sich  also,  dasz  es  mit  ausnähme  einiger  gesetzlich  be« 
stimmter  fälle ,  unter  die  vielleicht  die  phasis  zu  rechnen  ist,  sache 
des  obsiegenden  klägers  war,  nach  fäUung  des  Urteils  die  einschrei- 
bung  bei  den  praktoren  zu  vollstrecken,  der  dem  angeklagten  un- 
parteiisch gegenüberstehende  beamte  konnte  weit  eher  bewogen 
werden  diese  handlung  zu  unterlassen,  als  der  ankläger,  dessen  trieb- 
feder  doch  in  den  meisten  fällen  persönliche  oder  politische  feind* 
Schaft  war.  bei  der  epibole  sowie  bei  der  strafe  von  1000  drachmen 
für  Zurückziehung  einer  klage  war  natürlich  die  behörde  allein  zur 
£YTP<^9n  berechtigt,  dasz  diese  im  letztern  fall  sehr  häufig  unter- 
blieb (wTheokr.  10.  32.  34),  beweist,  wie  wenig  verlasz  auf  die 
beamten  war. 

^  entschieden  unrichtig  ist  es,  wenn  vom  urteil  dreier  gerichtshöfe 
die  rede  ist,  während  doch  im  dritten  fall  ein  solcher  gar  nicht  zu- 
sammengetreten war. 

Zerbst.  Paul  Trenkel. 

64. 

ZU  CICERO  DE  NATURA  DEORÜM. 


II  31  praesertim  cum  is  ardor,  qui  est  mündig  non  agüatiM  ah 
alio  neque  externo  pulsuy  sed  per  se  ipse  ac  sua  sponte  moveabuir.  nam 
quid  potest  esse  mundo  välentius ,  quod  peüat  atque  moveat  cährem 
eum^  quo  iUe  teneatur?   der  ablativ  mundo  ist  unverständlich,  wäh- 


482  AGoethe:  zu  Cicero  de  natura  deomm. 

rend  im  allgemeinen  über  den  sinn  der  ganzen  stelle  kein  zweifei 
obwalten  kann.  Baibus  sagt:  'der  reine  feuerstoff  der  weit  bewegt 
sich  selbst,  er  bedarf  zu  seiner  bewegung  keines  äuszem  anstoszes: 
denn  das  was  diesen  anstosz  geben  könnte  mttste  stärker  sein  ak 
jener  welterbaltende  feuerstoff;  dergleichen  aber  kann  es  in  der  weit 
unmöglich  geben.'  wir  haben  im  groszen  und  ganzen  dieselbe  argu- 
mentation  wie  II  44.  der  gedanke ,  dasz  die  weit  den  feuerstoff  be- 
wegt, ist  offenbar  verkehrt  in  einer  beweisfQhrung ,  welche  darthun 
will,  dasz  sich  letzterer  selbst  bewegt,  man  musz  deshalb  annehmen, 
dasz  entweder  in  vor  mundo  ausgefallen  ist  oder ,  was  viel  gröszere 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat,  dasz  Cicero  seinen  griechischen  ge- 
währsmann  falsch  übersetzt  hat.  derselbe  scheint  gesagt  zu  haben : 
Ti  Toö  KÖCfLtou  IcxupÖTepöv  dcTiv;  Cicero  machte  den  genitiv  toO 
KÖcjiOU  von  dem  comparativ  IcxupÖTcpov  abhftngig,  wlübrend  doch 
der  sinn  der  stelle  die  abhängigkeit  des  genitivs  von  dem  fragepro- 
nomen  Ti  verlangte :  'was  in  der  weit  ist  stftrker',  nicht  aber  *was 
ist  stärker  als  die  weit'. 

Aus  Schwenkes  verdienstvoller  mitteilung  und  vortrefflicher 
bearbeitung  der  Ciceroexcerpte  des  Hadoardus  ergeben  sich  für  den 
text  von  Cicero  de  natura  deorum  einige  notwendige  ttnderungen. 

I  10  hatte  ich  in  meiner  ausgäbe  (Leipzig  1887)  die  lesart  der 
A-classe  auäares  aufgenommen ;  die  lesart  von  B  und  F  audorüaies 
verdient  offenbar  den  vorzug.  auch  Hadoardus  fand  in  seinem 
ezemplar  auäoritates.  dieses  wort  bietet  einen  bessern  gegensatz 
SU  raiionis  momenta  als  das  concrete  audores;  im  folgenden  satze 
wird  es  durch  audoritas  wieder  aufgenommen;  endlich  sieht  man 
leichter  ein  ,  wie  aus  auäoritates^  der  lesart  des  archetypus,  auctores 
entstehen  konnte,  als  das  umgekehrte. 

II  147  ex  quo  videlicä,  quid  ex  quibusque  relms  effieiatur  .  . 
idque  ratione  conduditnus  usw.  billigt  man  die  lesart  der  A-classe 
videlicd^  so  ist  der  satz  nur  dann  verständlich,  wenn  man  mit  Vahlen 
nach  effieiatur  eine  Ittcke  constatiert  und  annimt,  dasz  ein  wort  wie 
cognoscimus,  itidicamus  oder  etwas  ähnliches  ausgefallen  sei.  dessen 
wird  man  ül}erhoben,  wenn  man  statt  viddicd  die  lesart  der  B-classe 
(BFM)  videmus  aufnimt,  welche  auch  Hadoardus  bietet,  videre  hat 
ja  bekanntlich  oft  die  bedeutung  von  cognoscere^  intMegere.  es  fragt 
sich,  wie  die  differenz  in  der  Überlieferung  der  beiden  hs8.-clas8en 
hat  entstehen  können,  und  diese  erwägung  scheint  uns  darauf  zu 
führen,  dasz  Cicero  geschrieben  hat:  ex  quo  scilicet  videmus.  der 
Schreiber  von  A  fand  in  seinem  ezemplar  scUicd  über  videmus  ge- 
schrieben ,  hielt  dasselbe  für  eine  correctur  von  videmus  und  machte 
daraus  viddicd,  während  der  Schreiber  von  B  das  übergeschriebene 
scüicd  entweder  ignorierte  oder  scüicd  in  seinem  ezemplar  überhaupt 
nicht  vorfand. 

Glooau.  Alfred  Ooethe. 


HlCagnas:  in  CatnUiB  [e.  119].  48$ 

65. 

ZU  CATULLUS. 


MiiiUushcmu)  68^  N(Mo^  nequeteeummMush(nM  €8^2^ 
descendü:  Naso,  müUus  es  et  paihicus. 
80  ungefähr  lautet  Catulls  epigramm  (112)  auf  einen  nnbekanntm 
Naso  nach  der  besten  Überlieferung:  in  t.  1  ist  es  statt  est  eTidente, 
est  gut  wahrscheinliche  besserung  der  Itali  (ob  im  alten  Veronensis 
der  h^ameter  mit  hämo  abbrach  oder  mit  uBTerstttndlichem  homoque 
schlosz,  mag  als  unwesentlich  dahin  gestellt  bleiben),  was  diese  bei- 
den Zeilen  bedeuten  sollen,  wissen  die  erklSrer  heute  ebenso  wenig, 
wie  vor  Jahrhunderten  Mnret,  der  ehrlich  erklftrte:  *boc  epigrammate 
turpem  aliquam  libidinem  Nasoni  obiid  constat:  quae  tarnen  cuius- 
modi  Sit  non  intelligere  me  ingenne  fateor/  was  dem  Naso  Tor- 
geworfen  wird,  sagt  ja  paüiicus.  wenn  aber  dieses  obscene  wort 
als  äTrpocbÖKliTOV  an  den  schlusz  gestellt  ist,  so  sehen  wir  hierin 
gerade  einen  fingerzeig,  dasz  im  yorhergehenden  nicht  eine  unT er- 
hüllte zote,  sondern  nur  eine  Zweideutigkeit  stecken  kann  — 
andernfalls  würde  ja  der  dichter  die  Wirkung  des  schluszwortes 
pathicus  selbst  zerstören,  schon  darum  darf  man  descendü  nicht 
obscen  fassen,  noch  weniger  schreiben  qui  ie  scmdU  oder  quin  te 
scindat  (wie  bestechend  diese  conjectur  Haupts  auch  ist),  dasz  jene 
Zweideutigkeit  und  damit  die  spitze  des  epigramms  yielmehr  in 
muUtiS  steckt^  zeigt  die  dreimalige  affectvoUe  Wiederholung,  aber 
worin  besteht  diese  pointe?  die  reichen  samlungen  der  neuern  inter- 
preten  sagen  uns  genau,  wie  das  gedieht  nicht  erklärt  werden  darf. 
ein  positiver  ertrag  fehlt  fast  ganz,  ich  wenigstens  finde  hier  nur 
zwei  brauchbare  notizen.  1)  fin/uÜus  kann  von  jemand  gesagt  werden, 
der  seinen  mitmenschen  ^zu  viel,  dh.  Iftstig'  wird  —  besonders 
durch  geschwStigkeit:  vgl.  Afranius  202  B.  muUa  ac  mdesta.  Plau- 
tus  Men.  315  (313)  haminem  muUum  et  od%os%Mn  (mehr  bei  Baehrens 
comm.  in  Cat.  s.  602.  Kühner  gr.  II  177).  allerdings  tritt  an  allen 
diesen  stellen  zu  muU%is  eine  nähere  bestimmung;  aber  eine  solche 
ist  möglicherweise  auch  hier  in  dem  kolon  neque  .  .  descendü  vor- 
banden. 2)  descendere  hiesz,  auch  ohne  jeden  zusatz  'auf  das  forum 
hinabsteigen'  und  allgemein  *in  publicum  prodire'  (Bentlej  zu  Hör. 
epist,  I  20,  5 ;  Baehrens  ao.  citiert  noch  Gronovius  obs.  III  12).  zu 
dem  collectiven  muUus  homo  descendü  genügt  es  auf  Kühner  gr.  11 
47  f.  zu  verweisen:  der  Singular  war  ja  hier  wegen  des  scharf 
pointierten  gegensatzes  müUus  homo  —  negue  muUus  homo  absolut 
notwendig,  so  weit  wäre  alles  in  Ordnung:  Naso,  du  bist  ein  un- 
ausstehlicher Schwätzer,  und  nicht  viel  leute  mögen  dir  auf  der 
strasze  das  geleite  geben  (denn  du  marterst  jeden  begleiter  durch 
dein  endloses  geschwätz:  man  denke  an  des  Horatius  schreckliches 
abenteuer,  als  er  auf  der  sacra  via  lustwandelte;  vgl.  Cat.  98,  5  si 
nosomninovisomnesperdereyVetti,hi8cas).  aber  nun  weiter,  dasepi 


484  HMagnns:  zn  Catullus  [c.  112J. 

gramm  schlieszt :  multm  es  etpathicus.  hier  muUus  wieder  =»  loquax 
fassen;  so  dasz  in  dem  distichon  nur  der  simple  gedanke  steckte 
^Naso )  du  bist  ein  greulicher  schwStzer  und  zugleich  ein  ekelhafter 
lustknabe'  heiszt  dem  dichter  ein  epigramm  zutrauen,  das  gar  keins 
ist.  es  fehlt  jede  witzige  pointe,  denn  zwischen  muUus  und  pathicus 
gibt  es  keine  innere  logische  Verbindung,  und  doch  wird  in  den 
schluszworten  offenbar  das  eine  durch  das  andere  ntther  bestimmt, 
auf  die  richtige  spur  fUhrt  eine  versprengte  notiz  von  BBurj  in 
Bezzenbergers  beitragen  VIII  (1884)  s.  329:  ^es  liegt  nahe  zu  ver- 
muten, dasz  uns  hier  ein  altes  participium  von  malere  vorliegt,  das 
in  frühern  zeiten  in  nichtgebrauch  geraten  ist,  aber  sich  ausnahms- 
weise in  obscenem  sinne  <=»  fututus  erhielt.'  aber  weder  hat  jemand 
diesen  wink  beachtet,  noch  hat  der  Verfasser  seinen  einfall  begründet, 
noch  hat  er  angegeben,  an  welcher  stelle  dieses  obscene  muUus  ein- 
zusetzen wäre,  prüfen  wir  also  das  einzelne,  die  bildung  müUus 
B»  mölüus  ist  offenbar  im  einklang  mit  den  Sprachgesetzen:  vgl. 
colo  —  cuUwm^  adolesco  —  aduUum  —  aduUus^  addUo  —  aduUum, 
weiteres  material  bei  Kühner  gr.  I  75  f.  493.  ist  nun  mvUus  neben 
molitus  in  allgemeinerm  gebrauche  gewesen  und  nur  zufällig  sonst 
nicht  bezeugt?  oder  hat  Catullus  die  form  neu  gebildet?  diese 
fragen  lassen  sich  natürlich  nicht  mit  Sicherheit  beantworten,  ich 
würde  mich  am  liebsten  für  die  zweite  möglichkeit  entscheiden,  der 
witz  wird  so  drastischer  und  Iftszt  sich  etwa  mit  der  Wirkung  ver- 
gleichen^  die  in  modernen  komischen  gedieh ten  auffallende,  durch 
ungewöhnliche  formen  und  Wortbildungen  erzielte  reime  ausüben. 

Wurde  aber  Catullus  von  seinen  lesem  verstanden,  wenn  er 
muUus  «=  fututus  setzte?  eine  kurze  musterung  des  Sprachgebrauchs, 
die  uns  leider  in  etwas  unsaubere  regionen  führt,  läszt  darüber  keinen 
zweifei.  Petronius  Sat,  23  B.  cinaedua  .  .  super  inguina  mea  diu 
muUumque  frustra  moluit.  Ausonius  epigr,  67  (Schenkl)  Orispa 
tarnen  cunäas  [sc  vener es\  exercet  corpore  in  uno:  deglubü^  fdUUy 
molitur  per  tUramque  cavemam.  ebd.  93,  3  cum  dabü  uxori 
molitor  tuus  et  tibi  aduUer,  Hör.  sat.  I  2,  34  non  äliemis  per- 
meiere  uxores.  ebenso  bei  den  Griechen:  Theokr.  4,  58  tö  T€pöv- 
Tiov  f\  f>*  in  juuXXei  (vgl.  schol.  dazu),  es  war  im  altertum  nicht 
anders  als  heutzutage :  in  den  ehrbarsten  und  unschuldigsten  Wörtern 
fand  man,  wenn  man  nur  wollte,  die  bösartigsten  zweideutigkeitA. 
eine  sehr  erbauliche  blumeniese  gibt  Cic.  epist.  IX  22.  interessant 
für  unsem  fall  sind  besonders  in  §  4  die  worte  in  verbis  honesHs 
ohscena  ponimus  .  .  *hattuit\  inquit,  inpudenter;  ^depsü*  muUo  in- 
pudentius:  atqui  neutrum  est  ohscenum,  dasz  hattuo  und  depso  (dieses 
übrigens  mit  molere  zusammengestellt  von  Varro  sat,  331  B.  ied  tibi 
fortasse  alius  mdit  et  depsit)  einen  sehr  unanständigen,  allgemein  be- 
kannten nebensinn  hatten ,  wissen  wir  nur  aus  der  Cicerostelle  und 
aus  Catullus  74, 3  patrui perdepsuit  ipsamuxorem  (vgl.  dolo  Mart. 
VII  67,  3.  dedolo  Apul.  met,  IX  c.  7.  ähnlich  caedo^  percido  ua.). 

über  die  stelle,  wo  dieses  doppelsinnige  muUus  einzusetten  wäre, 


HMagnas:  ta  GatnUns  [e.  11t].  485 

scheint  kein  zweifei  gestattet,  denn  einerseits  ist  bis  sn  der  zweiten 
anrede  Naso  alles  klar,  anderseits  soll  in  den  schloszworten  muttus 
durch  pathious  offenbar  seine  erklSrang  and  n&bere  bestimmnng  er- 
halten, also:  Naso  ist  mtdttM  als  loqwMß^  er  ist  mMus  auch  als 
patMous*  durch  das  dazwischen  tretende  kolon  neque  .  •  descendU 
sollte  znnftchst  ein  misverstBndnis  des  ersten  muUus  Terhtttet  wer- 
den, anszerdem  benutzte  aber  der  witzige  dichter  die  gute  gelegen- 
heit  und  brachte  ganz  nebenbei  durch  den  gegensatz  muUtsa  hämo  es 
—  neqtie  muUus  homo  est  eine  neue  hübsche  pointe  an.  ich  halte 
meine  deutung  für  ganz  sicher,  sie  erst  macht  aus  den  beiden  rfttsel** 
haften  zeilen  ein  wirkliches,  ja,  wenn  man  den  blossen  wortwitz  als 
berechtigt  anerkennt,  ein  gutes  epigramm.  auf  ähnlichen  Wort- 
spielen beruhen  übrigens  viele  epigramme  Martials.  so  ist  ein  lieb- 
lingsthema  der  doppelsinn  von  ficiM  'feige'  und  'geschwflr'  (I  65. 
VII  71),  von  gaUus  'bahn',  'Ghtllier',  Wersohnittener  priester  der 
magna  mater'  (XI  74.  ni  24, 13.  Xm  63,2).  vgL IE  67, 10.  VU  7ö. 
Xn  39  ua. 

Ein  kleines  bedenken  bleibt  noch  zu  erledigen,  die  schlusz- 
worte  fnuUus  es  etpcUhicus  haben  nach  obigem  den  sinn:  Naso,  du 
bist  muUiis  'und  somit,  das  heiszt'  eiik  pathieus.  nun  ist  ja  sol- 
<;hes  ety  das  einen  ausdruck  alsepezegesean  den  vorhergehenden 
anknüpft,  nicht  unerhOrt;  es  ist  sogar  bei  Ovidius  sehr  beliebt  (vgl. 
fnet.  III  204  domum  et  regälia  tecta.  IV  757  Änäromedan  et  ttmti 
praemia  facti.  IX  92  iotm/m  aidumwwm  ei  mensas  secundas  usw.). 
aber  Catullus  kennt  einen  derartigen  gebrauch  sonst  nicht  (vgl.  auch 
Cat.  83,  6  hoc  est),  dieser  anstosz  schwindet,  das  verbttltnis  von 
multus  zu  pathictis  wird  noch  klarer,  die  ganze  pointe  des  epigramms 
tritt  noch  schärfer  hervor,  wenn  wir  annehmen ,  Catullus  schrieb : 
MuUus  homo  es^  Naso^  neque  tecum  muUtis  homo  est  qui 
descendit:  Naso^  mültüS  es:  ES  pathious! 

Berlin.  Huao  Mäonus. 

66. 

ZU  DEN  FRAGMENTEN  DES  LIVIUS. 


KEGeorges  war  der  ansieht,  man  könne  die  bei  Nonius  s.  194, 20 
erhaltenen  worte  auratae  vaginae^  aurata  haUea  UUs  erant  bei  Livius 
IX  40, 2  hinter  den  worten  duo  exercUus  erant  einsetzen,  da  Nonius 
ausdrücklich  Livius  Villi  citiert  und  die  worte  in  das  40e  capitel 
des  9n  buches  hineinzupassen  scheinen ,  so  habe  ich  mich  in  der  zs. 
f.  d.  gw.  1884  jahresb.  s.  106  dahin  ausgesprochen,  dasz  diese  an- 
nähme einiges  für  sich  habe,  sie  hat  aber  doch  wohl  mehr  gegen 
sich,  die  Scheidung  der  müUes  in  aurati  und  argentati  (§  3)  ist, 
wenigstens  nach  der  uns  vorliegenden  Überlieferung,  nur  von  den 
mit  gold  oder  silber  ausgelegten  Schilden  hergenommen;  daher  sollte 
man  meinen,  dasz  dieses  hauptunterscheidungsmerkmal,  welches  der 
Schriftsteller  selbst  durch  die  genaue  beschreibung  der  schildform 


486  JHMüller:  zu  den  fragmenten  des  LWius. 

hervorhebt  und  auf  das  er  nach  erwfthnung  der  übrigen,  wie  man 
doch  wohl  annehmen  musz,  bei  allen  kriegern  gleichen  waffenstttcke 
zurückkommt,  nicht  an  zweiter  stelle  genannt  wurde,  sondern  an  der 
spitze  stand,  und  umgekehrt  sollte  man  nicht  meinen,  dasz  gerade 
vagmae  und  haUea,  die  unwichtigsten  stücke  der  rüatung,  voran- 
gestellt oder,  wenn  sie  bei  allen  kriegern  Suszerlich  gleich  waren, 
von  den  übrigen  armaturstücken  überhaupt  getrennt  worden  seien» 
die  ebenfalls  bei  allen  kriegern  gleich  waren,  man  müste  denn 
glauben ,  es  habe  hier  der  begriff  Vergoldet'  hervorgehoben  werden 
sollen,  so  dasz  eine  gradatio  ad  minus  stattfände:  1)  etwas  was  bei 
allen  vergoldet  war;  2)  etwas  was  bei  den  einen  von  gold,  bei  den 
andern  von  silber  war ;  3)  etwas  was  weder  golden  noch  silbern  war. 
das  wäre  gesucht  imd  unnatürlich,  zumal  vaginae  und  haUea^  weil 
vom  Schilde  bedeckt,  sehr  wenig  in  die  äugen  fielen,  war  es  einmal 
auf  äuszern  glänz  abgesehen,  so  konnte  mit  den  helmen  und  bein- 
schienen  eine  ganz  andere  Wirkung  erzielt  werden,  und  da  die  argen" 
tati  sogar  weisze  rocke  trugen ,  so  läszt  sich  annehmen ,  dasz  auch 
vaginae  und  haUea^  wenn  dieselben  eine  besondere  Verzierung  hatten, 
bei  ihnen  eher  argentcUa  als  aurata  waren,  endlich  ist  nicht  zu  über- 
sehen ,  dasz  das  fragment  sich  eine  änderung  gefallen  lassen  müste : 
auf  duo  exercUus  erant  könnte  nur  auraiae  .  .  iis  erant  (nicht  Ulis 
erani)  folgen ;  ja  bei  der  voranstellung  würde  man  sogar  omntbus 
{amnium)  oder  utrique  {utritisque)  erwarten,  nach  dem  gesagten 
musz  ich  es  ernstlich  bezweifeln ,  dasz  Oeorges  dem  fragment  im 
texte  des  Livius  den  richtigen  platz  angewiesen  hat,  obwohl  sich 
gerade  hier  ein  äuszeres  merkmal  (homoioteleuton)  für  den  ausfall 
der  Worte  anführen  liesz. 

MHertz  in  diesen  jahrb.  1862  s.  710  nahm  das  fragment  für 
Livius  Andronicus  in  anspruch,  und  Lucian  Müller  ebd.  1866  s.  566  f. 
pflichtete  ihm  darin  bei.  später  änderte  der  letztere  seine  ansieht 
und  bewirkte  durch  die  entschiedenheit  seiner  spräche ,  dasz  auch 
Hertz  wankend  wurde  und  die  möglichkeit  zugab,  dasz  die  worte 
dem  T.  Livius  als  eigentum  angehörten  (s.  LMüUer  der  satumische 
vers  s.  110;  MHertz  opusc.  Oell.  s.  91  anm.).  Hertz  hatte  schon 
früher  auf  eine  stelle  in  dem  genannten  40n  capitel  des  Livius  hin- 
gewiesen ,  wo  die  Worte  vielleicht  eingefügt  werden  könnten ,  eben- 
dieselbe stelle  wählte  dann  auch  LMüller ;  und  zwar  schlug  Hertz 
mit  einer  ergänzung  vor:  .  .  adderent,  auraiae  vaginae y  aurata 
haltea  iUi$  erant,  (jargentatae  vaginae^  argentata  haUea  his^y  tttnicae 
usw.;  LMüller  mit  einer  ergänzung  und  unter  hinznfügung  eines  zweiten 
fragments :  . .  adderent.  ^sed  maxime  eguitum  fades  oculos  m  se 
convertUcy  auraiae  vaginae  ^  aurata  haltea  Ulis  erant  et  equarum 
aurata  tapeta,  tunicae  usw.  an  dem  umstände,  dasz  beide  gelehrte  einen 
ergänzenden  zusatz  gemacht  haben,  ist  gewis  kein  anstosi  zu  nehmen ; 
im  gegenteil,  es  wäre  ein  höchst  auffallender,  höchst  merkwürdiger 
Zufall,  wenn  einzig  und  allein  jene  sechs  Wörter  zugleich  in  den  hss. 
des  Livius  ausgelassen  und  bei  Nonius  erhalten  wären,  ja  man  kann 


JHMüUer:  zu  den  fragmenten  des  Lmoe.  487 

sagen,  dasz  die  annähme  einer  Ificke  an  wahraoheinliehkeit  gewinnt^ 
je  gröszer  sie  gewesen  sein  musz;  ist  doch  VUU  23»  2  von  Madvig 
und  IX  39|  4  von  Hertz  eine  solche  Ittcke  ttberzeugend  nachgewiesen 
und  sehr  glaubwürdig  auf  den  ausfiftll  eines  blattes  im  arohetjpns 
zurückgeführt  worden,  aber  freilich  eine  gröszere  Ittcke  ist  in  dem 
40n  capitel,  um  das  es  sich  allein  handeln  kann,  gewis  nicht  anzu- 
nehmen; indicien  fttr  eine  Ittcke  sind  in  dem  Liviustext  Überhaupt 
nicht  Torhanden;  so  wird  durch  die  Torgenommenen  ergftnzungen 
meines  erachtens  jede  hoffiiung  beseitigt,  den  platz,  an  welchem 
jene  worte  einst  gestanden  haben,  und  ct.  die  fitssung  der  stelle, 
an  die  sie  gehören,  auch  nur  mit  einiger  Sicherheit  zu  bestimmen. 

Gegen  die  Ton  Hertz  Yorgeschlagene  ergSnzung  spricht  am  lau* 
testen,  dasz  das  pronomen  Ms  von  dem  ihm  unzweifeUbaftgebtthrenden 
platze  just  an  den  entgegengesetzten  pol  verschlagen  ist.  nun  liesze 
sich  ja  der  ergänzte  teil  auch  voranstellen,  in  dieser  fassung: 
«  •  adderent.  (his  argefUatae  vagtnae^  argeiüata  haUea^y  auratae 
vaginae,  aurata  haUea  iüis  eraniy  iunicae  usw. ;  aber  dasz  die  argmiaii 
Yoranstehen,  ist  dem  tenor  der  stelle  zuwider,  auch  fühlt  jeder,  dasz 
so  das  wOrtchen  HUs  ganz  unangemessen  gestellt  ist.  ein  aufmerk- 
samer leser  erkennt  ja  aus  dem  in  der  bedeutung  liegenden  gegen- 
satze  zwischen  argentaius  und  aiwratua^  dasz  hinter  dem  ersten  tiattea 
eine  cllsur  stattfindet;  aber  der  schriftsteiler  würde  sich  die  mOglich- 
keit  einer  Unklarheit  vorzubeugen  gewis  nicht  haben  entgehen  lassen, 
wenn  es  auf  so  einfache  weise  geschehen  konnte,  indem  er  Hdia  vor 
auratae  stellte  oder  wenigstens  beide  male  ein  d  hinter  vaginae  ein- 
fügte, und  nicht  weniger  spricht  der  umstand  gegen  die  ergSnzung, 
dasz  Ms  und  iUis  keine  klare  beziehung  auf  das  vorhergehende  haben, 
die  sie  übrigens  auch  entbehren  würden,  wenn  man  das  fragment  mit 
der  angegebenen  ergänzung  hinter  duo  exercUus  erant  einsetzen  wollte. 

Die  ergänzung  LMüllers  ist  noch  weit  mehr  zu  beanstanden. 
ich  will  kein  groszes  gewicht  darauf  legen,  dasz  man,  wenn  hinterher 
die  equites  besonders  hervorgehoben  werden,  vorher  eine  erwfthnung 
der  pedites  erwartet;  auch  nicht,  dasz  der  Schriftsteller  neben  den 
Pferdedecken  an  den  reitem  selbst  gar  zu  unbedeutende  waffenstücke 
hervorgehoben  hätte;  auch  nicht,  dasz  im  verlaufe  der  Schlacht  von 
samnitischer  reiterei  gar  keine  rede  ist.  wichtiger  ist,  dasz  auch  hier 
die  änderung  von  iUis  in  iis  notwendig  wfire  und  dasz  die  Verbindung 
(His  erant  equorum  aurata  tapeta  wenigstens  etwas  auffallendes  bat ; 
natürlicher  wäre  jedenfalls  et  eguis  aurata  tapeta^  wie  denn  das  zweite 
fragment  in  seiner  Originalfassung  erafht  et  equorum  waiwrata  tapeta 
eine  weit  bessere  form  des  ausdrucks  zeigt,  als  ihm  Müller  durch  die 
zusammenschweiszung  mit  dem  andern  verliehen  hat.  aber  das  ver- 
fahren selbst,  zwei  von  verschiedenen  Schriftstellern  überlieferte 
fragmente  ohne  weiteres  zu  verbinden  und ,  da  das  eine  mit  eramt 
schlieszt,  das  andere  mit  erafht  beginnt,  eines  dieser  beiden  erant  aus- 
zulassen, erscheint  mir  so  willkürlich,  dasz  die  darauf  gebaute  hjpo- 
tbese  mit  allen  aus  ihr  gezogenen  folgerungen  als  hinflülig  gelten 


488  JHMüller:  zu  den  fragmenten  des  Livias. 

musz.  dasz  zwei  schriftstell  er  ^  welche  angeblich  dieselbe  stelle  ex- 
cerpieren,  jeder  gerade  nur  die  eine  hälfte  der  fraglichen  Wörter  aus- 
wählt, mag  mit  dem  verschiedenen  zwecke  erklärt  werden,  den  sie 
verfolgten  (der  eine  wollte  ein  beispiel  fttr  haUea^  der  andere  für 
tapeta) ;  dasz  aber  der  eine  bei  erant  schlosz ,  der  andere  mit  erani 
begann,  ist  unwahrscheinlich,  weil  der  zweite,  wie  gesagt,  mit  der 
irrtümlichen  loslösung  des  erant  aus  der  construction ,  in  welche  es 
gehörte,  die  form  des  ausdrucks  verbesserte,  ftlr  die  anfügung  läszt 
sich  tlberhaupt  nichts  weiter  vorbringen,  als  dasz  auch  hier  das  wort 
aurata  (oder  vielmehr  inauratüy  denn  so  ist  überliefert)  st^ht  und 
in  unserm  40n  capitel  von  aurati  müttes  die  rede  ist.  wenn  es  durch- 
aus ein  fragment  des  Livius  sein  sollte ,  dann  sind  doch  wahrhaftig 
bücher  genug  verloren  gegangen,  in  denen  die  wort-e  irgendwo  ge- 
standen haben  könnten. 

Ich  glaube,  dasz  weder  das  eine  noch  das  andere  fragment  dem 
Livius  gehört,  nirgends  hat  Livius  bei  beschreibung  der  kriegeri- 
schen ausrUstung  eines  der  drei  stücke  genannt,  der  ausdruck  haUea 
kommt  bei  ihm  gar  nicht  vor;  vagina  findet  sich  Einmal  in  einem 
prodigium  (XXI  62,  5);  ebenso  hat  er  einmal  tapetibus  (XL  24,  7); 
Sättel  oder  pferdedecken  werden  an  keiner  stelle  erwähnt,  ob  Livius 
hältea  und  nicht  vielmehr  haUei  gesagt  hätte,  kann  zweifelhaft  sein 
{hältei  bei  Tacitus,  Fronto,  Vitruvius,  Trebellius;  bäUea  bei  Varro, 
Plinius,  Florus);  aber  aus  tapetibus  kann  geschlossen  werden,  dasz 
er  nicht  tapeta^  sondern  tapetia  gesagt  haben  würde,  und  liegt  nicht 
(mit  änderung  von  inaurata  hinter  eguorum  zu  aurata)  in  den  worten 
-  s^  -  v^  erant  et  equorum  aurata  tapeta  ein  makelloser  hezameter- 
ausgang  vor?  wenn  also  von  den  drei  hss.  die  eine  dieses  fragment 
dem  Livius ,  die  zweite  dem  Vergilius ,  die  dritte  dem  Lucilius  zu- 
schreibt und  notorisch,  wie  L Müller  selbst  hervorhebt,  die  beiden 
namen  Livius  und  Lucilius  in  den  hss.  wer  weisz  wie  oft  mit  einander 
verwechselt  sind,  dann  war  wohl  kein  grund  vorhanden,  HKeil  einen 
Vorwurf  daraus  zu  machen,  dasz  er  in  seiner  ausgäbe  der  GL.  IV 
8.  129,  39  und  542,  ö  den  namen  Lucilius  in  den  tezt  gesetzt  hat, 
auf  den  das  metrum,  dünkt  mich,  deutlich  hinweist,  und  so  glaube 
ich  denn  auch,  dasz  sich  Hertz  durch  L Müller  in  seiner  ansieht  nicht 
hätte  sollen  wankend  machen  lassen,  ich  unterschreibe  und  wieder« 
hole,  was  er  ao.  s.  710  gesagt  hat:  Won  einer  solchen  lücke  ist  bei 
Livius  nirgend  eine  spur  zu  entdecken,  und  der  epischen  färbung  der 
werte  entspricht  ihr  satumisches  masz,  das  bei  einer  kleinen  Umstel- 
lung durchaus  untadelhaft  ist: 

aurdtaS  taginae,  bdltea  aüräta 
Ulis  erant,* 
Summa  summarum,  ich  bin  fest  überzeugt,  dasz  ich,  auf  Hertz* 
Untersuchung  fuszend,   die  beiden  stellen  mit  fug  und  recht  nicht 
unter  die  fragmente  des  T.  Livius  aufgenommen  habe. 

Berlin.  Hermann  Johannes  Müller. 


MKiderlin:  su  Qirintalianmu  499 

67. 

ZU  QUINTILIANUS. 


m  6, 2  qtu>d  fu>8  statum^  id  quidam  constitutionem  uocamif 
alii  quaestionem^  älii  quod  ex  quaestione  appareat^  Theo* 
dorus  Caput t  idestxBgxxlaMvyBvixdxcnovy  adquodreferanturamma. 
das  vor  K€(pdXaiov  Y^viKidrarov  stehende  id  est  berechtigt  entechie- 
den  zu  der  erwartung,  dasz  eine  lateinische  Übersetzung  der  von 
Theodorus  gebrauchten  griechischen  benennong  yorausgehe.  durch 
Caput  ist  jedoch  nur  KcqpdXaiov,  nicht  aber  TCVtKtbTOTOV  ttbersetzt« 
dieses  bedenken  hat  man  teils  dadurch  zu  beseitigen  versucht,  dasz 
man  generale  capui  schrieb,  teils  dadurch  dasz  man  t€VtK(£iTaTOV 
strich,  obwohl  es  in  allen  hss.  steht,  dasz  weder  das  eine  noch  das 
andere  das  richtige  heilmittel  ist,  läszt  sich  aus  Qnint.  selbst  mit 
bestimmtheit  nachweisen.  LSpengel  hat  sich  (de  artium  scriptoribus 
8.  184)  mit  groszer  entschiedenheit'  ftlr  Streichung  des  monstrOsen 
T€ViKU)TaTOV  als  einer  glosse  erklttrt.  aber  wegen  seiner  monstrosität 
braucht  man  das  wort  nicht  zu  entfernen :  HMejer  hat  schon  darauf 
hingewiesen ,  dasz  es  bei  den  griechischen  rhetoren  mehr  als  Einmal 
vorkommt,  dasz  die  Superlativbildung  selten  und  aufiallend  ist, 
macht  es  gerade  unwahrscheinlich ,  dasz  ein  leser  das  wort  hinzu- 
gefügt habe,  nun  kommt  aber  noch  hinzu,  dasz  es  wirklich  rhetoren 
gab,  welche  das,  was  Quint.  siaius  nannte,  durch  K€q>dXaiov  {capud) 
allein  nicht  genügend  bezeichnet  glaubten,  es  läszt  sich  dies  schlieszen 
aus  §  21  id  (sc.  statum)  si  quis  generalem  quaestionem  ud  caput 
generale  dicere  malet ^  cum  hoc  mihi  non  erU  pugna,  dasz  auch 
Theodorus  Status  nicht  durch  KeqpdXaiov  {capui)  allein  bezeichnet 
bat,  geht  unwiderleglich  hervor  aus  folgenden  stellen:  III  6,  51 
Theodorus  quoquCy  ut  dm,  isdem  generalibus  capüibus  utüur:  an 
Sit?  quid  sit?  quäle  sit?  quantum  sit?  ad  aliquid;  Hl  11,  3 
has  (sc.  summas  quaestiones uocat)  Theodorus^  utdixi^  capita  gene- 
ralia,  sicut  Utas  minores  aut  ex  iUis  pendentes  specialia  und 
III  II,  27  Theodori  schola^  ut  dixiy  omnia  refert  ad  capita.  his ptura 
intelleguntur :  uno  modo  summa  quaestio^  item  ut  Status,  aUero  ceterae^ 
quae  ad  summam  referuntur  usw.  die  letzte  stelle  beweist  zunächst, 
dasz  Theodorus  Status  und  summa  quaestio  nicht  identificiert  hat. 
so  erklärt  sich  auch,  wie  Quint.  6,  36  denselben  unter  denjenigen 
aufführen  konnte,  welche  nur  zwei  Status  annahmen,  und  doch  6,  51 
schreiben  konnte:  Theodorus  quoque,  ut  dixi,  isdem  generalibus  capi" 
tibiis  utitur:  an  sit?  quid  sit?  quäle  sü?  quantum  sit?  ad  aliquid, 
unter  generale  caput  ist  eben  nicht  der  Status,  sondern  die  summa 
quaestio  zu  verstehen,  aus  den  drei  stellen  zusammen  im  zusammen- 
hält mit  in  11,  1  f.  ergibt  sich  dasz  Theodorus  auch  nicht  etwa  das 
caput  generale  und  das  caput  speciale  als  species  des  Status  angesehen, 
sondern  dasz  er  den  Status  als  etwas  drittes  neben  jene  beiden  ge- 
stellt bat.   er  unterschied  also  nach  Quint.  dreierlei:  den  stattM  (wel** 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft  7.  32 


490  MEiderlin:  zu  Quintilianus. 

eher  sich  aus  der  summa  quaestio  ergibt) ,  die  summa  quaestio  und 
die  minor  quasstio,  alle  drei  nannte  er  capüa  (KeqpdXaia).  wenn  er 
nun,  wie  aus  11,  3  hervorgeht,  die  minor  quaestio  mit  cap\d  speddU 
(KeqxiXaiov  eibiKÖv) ,  die  summa  quaestio  mit  caput  generale  (Kcqpä- 
Xaiov  T^viKÖv)  bezeichnet  hat,  so  kann  er  doch  nicht  das  dritte,  den 
statuSy  durch  K€q}äXaiov  allein  bezeichnet  haben;  es  bleibt  für  sto^iis 
also  nichts  anderes  ttbrig  als  Keq)dXaiov  T€ViKUiTaTOV.  an  eine  Strei- 
chung von  T€ViK(JüTaTOV  ist  also  nicht  zu  denken.  —  Aus  meinen 
bisherigen  ausführungen  dürfte  bereits  klar  geworden  sein ,  warum 
ich  auch  den  von  Begius  gemachten  verschlag  generale  caput  zu 
schreiben ,  welchen  viele  von  den  frühem  hgg. ,  auch  noch  Burman, 
Gesner,  Spalding  und  Wolff  befolgten,  für  unannehmbar  halte.  Theo- 
dorus  verstand  ja  unter  generale  caput  nicht  den  staJtus ,  sondern  die 
summa  quaestio,  —  Was  zu  caput  hinzuzusetzen  ist,  steht  schon  in 
den  hss.,  aber  an  falscher  stelle,  was  sollen  denn  die  werte  ad  quod 
referantur  omnia  bedeuten?  zu  der  griechischen  benennung  des 
Theodorus  können  sie  natürlich  nicht  gehören,  an  der  stelle,  an 
welcher  sie  stehen ,  können  sie  aber  auch  nicht  einen  teil  der  latei- 
nischen Übersetzung  bilden,  auch  einen  causalen  relativsatz  kann 
man  nicht  in  ihnen  sehen,  und  doch  müssen  sie  in  irgend  einer  be- 
ziehung  zu  der  benennung  des  Theodorus  stehen,  ich  halte  eine  Um- 
stellung für  notwendig,  wenn  wir  schreiben:  Theodorus  caput ^  ad 
quod  referantur  omnia^  id  est  xBtpaXaiov  ysvnuixaxov ^  so  kann 
man  die  werte  als  eine  Umschreibung  von  T^viKUiTaTOV  betrachten.  * 
Quint.  hatte  Y€ViK(£iTaTOV  zu  übersetzen ;  zu  einem  Superlativ  genera- 
lissimum  aber  konnte  er  sich  nicht  entschlieszen.  was  sich  nicht 
übersetzen  läszt,  musz  umschrieben  werden,  dasz  die  werte  aber 
eine  zutrefifende  Umschreibung  von  T^ViKoiTaTOV  sind ,  geht  hervor 
ans  6,  21  Uermagoras  statum  uocat  .  .  ad  quem  prohationes  etiam 
partium  referantur  und  11,  8  ^edf  siciU^  cum  sintpiures  quaestiones 
omnesque  suos  Status  habeant^  causae  tamen  Status  unus  sit^  ad  quem 
referuntur  omnia,  —  Bei  der  bisherigen  Unklarheit  über  die  anf- 
fassung  von  generale  caput  haben  den  erklärem  die  verschiedenen 
ut  dixi  Schwierigkeiten  gemacht,  ihre  beziehung  ist  aber  klar:  ut 
dixi  von  6,  51  bezieht  sich  auf  6,  36,  wo  Quint  dem  Theodorus 
bereits  die  nemlichen  fünf  hauptfragen  zugeschrieben  hat;  ut  dixi 
von  11,  3  auf  6,  51;  ut  dixi  von  11,  27  auf  11,  3. 

III  6,  25  f.  alii  nouem  dementa  posueruni:  personam^  in  qua 
de  animOy  corpore^  extra  posUis  quaeratur,  quodpertinereadconieäurae 
et  qualUatis  instrumenta  uideo:  tempuSy  quod  ^^vov  uocant^  ex 
quo  quaestio ,  an  t5,  quem^  dum  addiäa  est^  maier  p^pert/,  seruus  Bit 
natus:  locum^  unde  controuersia  uidetur^  an  fas  fuerit  t^annum  in 

^  Qernhard  ist  bereit«  auf  diesen  gedanken  gekommen,  ohne  jedoch 
an  eine  Umstellung  zu  denken;  an  ihrer  bisherigen  stelle  aber  können 
die  Worte  unmöglich  ro  aufgefaszt  werden,  durch  das  komma,  das 
Zumpt  zwischen  KcqxiXatov  und  TEViKUbraTOV  gesetzt  hat,  wird  gar  nichts 
gewonnen. 


MKiderlin:  zu  Quintiliamif.  tf  1 

templo  occidere^  an  exulauerü  gut  dornt  kduü:  tempus  Uerum^  quod 
TuciQov  appeUant:  hanc  autem  uideri  uciunt  spedem  ülius  tempariSy 
ut  aestatem  wH  hiemem^  huic  subi&iur  Hk  in  pesHknüa  camisatar: 
actum  j  id  est  nQu^iv^  quod  eo  referuni^  sciens  oammiaeriianinsciens^ 
necessüate  an  casu^  et  täUa  usw.  im  Jahrgang  1886  dieser  zeitechrift 
s.  126  habe  ich  nachzuweisen  versucht,  dasz  qwdam  zwischen  uideri 
und  uölunt  eingesetzt  werden  musz.  es  scheint  mir  aber  noch  ein 
anderer  fehler  in  diesem  satze  zu  stecken.  Quint.  begnügt  sich  nicht 
mit  einer  bloszen  aufzShlung  der  von  manchen  rhetoren  aufgestellten 
neun  grundbegriffe,  sondern  er  sucht  uns  durch  hinznfttgung  von 
begri^erklärungen  und  beispielen  klar  zu  machen,  was  unter  jedem 
derselben  zu  verstehen  sei;  nur  bei  dem  letzten  —  guod  est  a/per^m^ 
quam  ut  nd  interpräandum  ud  exemplo  sü  demonstrandum  —  h&lt 
er  dies  für  überflüssig,  die  werte  sciens  commiserU  an  insdens^ 
necessitate  an  casu  geben  nun  offenbar  zwei  beispielOi  die  uns  klar 
machen  sollen,  was  unter  actus  oder  irpäEic  zu  verstehen  ist»  können 
aber  diese  beispiele  durch  die  werte  j^immI  eo  re/erMH^  eingeführt  wer- 
den? Baur  übersetzt  sie  ^worunter  sie  verstehen',  das  kOnnen  sie 
aber  nicht  bedeuten,  übersetzen  wir  sie  aber  *wa8  sie  darauf  be« . 
ziehen'  oder  Vas  sie  dahin  rechnen',  so  sieht  man  dasz  sie  nicht 
hierher  passen,  ich  glaube  dasz  entweder  guod  zu  streichen  oder 
^t40  re/erun^  zu  schreiben  ist:  dahin  rechnen  sie  die  fragen% 
ob  jemand  es  absichtlich  begangen  hat  oder  unabsichtlich,  ob  not* 
gedrungen  oder  zuflülig,  undfthnliche.  wenn  wir  so  schreiben, 
so  schlieszt  sich  auch  et  üüia  besser  an  als  bei  dem  bisherigen  texte. 
III  6,  36  idem  Theodorus^  qui  de  eo  an  sit  et  de  accidentibus 
ei,  quod  esse  constat^  id  est  ne^l  ovalag  Kai  avfißsßtinovfov  eoßisti- 
mat  quaeri,  es  scheint  mir  beachtenswert  zu  sein,  dasz  A  nicht  cuji- 
߀ßriKÖTUJV,  sondern  cujußeßriKÖciv  gibt,  die  buchstaben  civ  stehen 
allerdings  auf  einer  rasur,  wie  auch  die  buchstaben  ouciacKaicu,  aber 
es  ist  alles  von  der  ersten  band  geschrieben,  mag  der  Schreiber 
griechisch  verstanden  haben  oder  nicht,  in  beiden  fHUen  wäre  es  auf* 
fallend ,  wenn  er  civ  statt  tu)v  geschrieben  hätte,  aber  auch  an  un- 
serm  texte  ist  etwas  auffallend,  irepl  cujißeßriKÖTUJV  ist  durch  de 
accidentibus  vollkommen  ausreichend  übersetzt:  vgL  §  56  quam  per 
accidentiaj  id  est  xara  aviißeßfiTwg  uocoit.  warum  hat  Quint.  ei,  quod 
esse  constat  beigesetzt?  diese  werte  weisen  deutlich  daraufhin,  dasz 
Theodorus  zu  cujLißeßriKÖTUJV  einen  dativ  hinzugefügt  hat.  welcher 
es  war,  wird  sich  schwerlich  mit  bestimmtheit  feststellen  lassen,  die 
Überlieferung  von  civ  durch  A  läszt  an  oOciv  denken,  dieses  wort 
würde  auch  zu  der  einteilung  des  Theodorus  passen,  denn  nach  der 
ansiebt  desselben  ist  gegenständ  der  Untersuchung  entweder  das  sein, 
dh.  ob  etwas  ist  oder  nicht  ist  {status  conieäurälis)  oder  das  dem 

*  man  könnto  anch  denken  an  ^uo  ea  re/emn/ (worunter  sie  solche 
fragen  rechnen):  vgl.  §  36  de  eo  an  sil,  aber  ein  solches  auf  die  fol- 
genden fragen  hinweisendes  pronomen  scheint  mir  hier  doch  überflUssig 
zu  sein. 

32* 


492  MEiderlin:  zu  Quintilianus. 

fieienden  zukommende,  dh.  wesen,  qualität,  quantität  und  beziehung 
von  seiendem  {quid^  qualCy  quantum^  ad  aliquid) :  vgl.  §  56  hac  inter- 
pretatione:  an  iUi  accidat  uiro  hono  esse  uel  malo,  wer  oOciv  ins 
lateinische  übersetzen  will,  ist  zu  einer  Umschreibung  genOtigt,  weil 
es  ein  part.  praes.  von  esse  nicht  gibt,  in  den  worten  ei  quod  esse 
constat  kann  man  eine  Umschreibung  jenes  part.  sehen,  auch  nepl 
ouciac  hat  Quint.  umschrieben  (durch  de  eo  an  sit),  weil  der  lat. 
spräche  ein  ihm  zusagendes  subst.  von  esse  fehlte:  vgl.  §  23  ovalav, 
quam  Plautus  essentiam  uocat  {neque  sane  aliud  est  eitM  nomen 
kUinum)^  sed  ea  quaeritur  an  sit,  wenn  Theodoms  wirklich  oöciv 
geschrieben  hat,  so  hat  Quint.  allerdings  bei  seiner  Übersetzung  den 
numerus  geändert,  dies  hat  er  sich  jedoch  auch  in  §  56  erlaubt, 
wenn  er  Kard  cufißeßnKÖc'  übersetzt  durch  per  accidentia.  wer 
jedoch  auf  die  beibehaltung  des  numerus  wert  legt,  wird  ÖVTi  statt 
oSciv  einsetzen  müssen. 

III  6;  37  in  duo  et  Posidonius  diuidit^  uocem  et  res.  in  uoce 
quaeri  putat  'an  significet^  quid^  quam  mulia^  quo  modo*:  rebus  con- 
iecturam^  quod  xar  aia&rjaiv  uocat  ^  et  qualitatem  et  finitionem^  cui 
nomen  dat  xar  swoiav^  et. ad  aliquid,  die  ed.  Gryph.  hat  zuerst  in 
auch  vor  rebus  gegeben ,  wie  es  vor  uoce  bereits  in  den  hss.  steht, 
seitdem  hat  sich  die  präp.  vor  rebus  in  den  ausgaben  erhalten;  nur 
HMeyer ,  Halm  und  Meister  haben  sie  beseitigt ,  weil  sie  hsl.  nicht 
beglaubigt  ist.  es  ist  aber  der  blosze  ablativ  hier  doch  etwas  auf- 
fallend, ich  habe  aber  noch  ein  anderes  bedenken :  es  scheint  mir 
nemlich  auch  das  verbum  quaeri  gar  nicht  zu  conieduram  zu  passen, 
ich  glaube  daher,  dasz  zu  schreiben  ist:  rebus  contineri  con- 
ieduram usw.  (vgl.  §  42  ^t^  diam  cderi  Status  contineri  dicuniur 
und  §  44  contineri  putat).  contineri  konnte  leicht  ausfallen,  weil 
man  von  dem  ersten  con  auf  das  zweite  con  leicht  abirren  konnte. 

III  6,  45  f.  itaque  dixerunt  coniecturalem,  legalem^  turi- 
dicialem^  qui  d  Verginio  placent,*  horum  deinde  fecerunt  species^ 
ita  ut  legäli subicerent  finitionem  d  alios^  qui  ex  Script o  ducuntur^ 
legum  contrariarum,  quae  avxivofiia  dicitur^  d  scripti  d  sen- 
tentiae  uel  uoluntatis^  id  est  xara  ^rjxov  %al  dicrvoMrv^,  d  luxd- 
XrjilfiVy  quam  nos  uarie  translatiuam^  transumptiuam^  trans- 
positiuam  uocamuSy  avUcytafcdv*,  quem  accipimus  ratio cinati- 


'  80  steht  in  den  hss.  die  ed.  Stoeriana  hat  zuerst  cufißcßnKÖra 
gef^ehen.  wenn  überhaupt  eine  änderang  notwendig  wäre,  so  würde  ich 
lieber  accidentia  in  accidens  ändern,  denn  während  in  §  36  unter  acci- 
dentibus  mehreres  zu  verstehen  ist  {gnidy  quäle ^  quantum^  ad  atiquid)^ 
handelt  es  sich  hier  nur  um  t^ines,  die  quaiiias.  *  auch  dem  auctor 

ad  Herennium:  vgl.  1  11,  18  coniecturalis  y  legitimay  iitridicialüt.  *  hier 
ist  in  den  ausgraben  von  Halm  und  Meister,  jedenfalls  aus  versehen,  die 
interpunction  wegi^cblieben.  auch  in  §  103  fehlt  in  beiden  ausgaben 
das  vor  et  praeterea  notwendige  komma.  *  wie  hier,  so  wird  auch  in 
§  48  tyllogismoft  mit  griechischen  buchstabcn  zu  schreiben  sein  (in  den 
hss.  sind  ja  oft  griechische  Wörter  lateinisch  geschrieben),  dafür  spricht 
sowohl  id  esif  was  Quint.  gewöhnlich  gebraucht,  wenn  es  sich  um  eine 


MKiderlin:  zu  Qnintilianiii«  493 

uum  uel  collecHuumy  amhiguitatia^  ^^ioe ififp^ßoHa  nominahir* 
beim  ersten  lesen  des  §  4Ö  Mit  es  auf,  dasz  Ton  den  fünf  arten, 
welche  von  manchen  rhetoren  als  legtües  quaesHones  bezeichnet  wur- 
den, die  drei  ersten  durch  et  yerbundeUi  die  beiden  letzten  aber  ohne 
conjunction  angereiht  sind,  warum  diese  unregelmäszigkeit?  dazu 
kommt  ein  anderes  bedenken,  horum  bezieht  sich  offenbar  auf  cofi- 
ieäurälem,  legalem,  itmdicialem.  es  flUlt  nun  auf,  dasz  in  dem  mit 
ita  ut  angeknüpften  satze  nur  von  6inem  staitus^  dem  legdUs^  die 
species  angegeben  werden,  von  den  beiden  andern  aber  nicht, 
warum  hat  Quint.  nicht  legalis  deinde  fecenmt  species y  Ua  iä  ei 
usw.  geschrieben,  wie  §  66?  es  ist  wohl  zu  beachten ,  dasz  iianU 
nicht  bedeutet  ^so  zum  beispieP,  sondern  *in  der  weise  dasz';  wir 
sind  also  wohl  berechtigt  zu  erwarten,  dasz  uns  in  diesem  satze 
species  von  allen  drei  Status  mitgeteilt  werden,  es  drftngt  sich  da-* 
her  der  gedanke  auf,  ob  nicht  vielleicht  die  zwei  letzten  ohne  et  an- 
geknüpften arten  als  species  der  beiden  andern  Status  anzusehen  sind. 
aus  §  43  {amhiguitatem  uero  semper  coniectura  expUcari  neeesse 
sü)  geht  hervor,  dasz  manche  rhetoren  die  ambiguitas  unter  dem  Status 
conieäurälis  begriffen  haben;  aus  §  88  (et  aii^ißoXbx^  quae  semper 
coniectura  explicatur)  sehen  wir,  dasz  auch  Quint.  selbst  die  ambi- 
guitas  mit  dem  st.  conieäurälis  in  Verbindung  gebracht  hat.  es  wird 
also  vor  amhiguitatis  einzusetzen  sein  coniecturali.  —  Wenn  wir 
ferner  VII 10,  3  lesen:  scriptum  et  uduntas  de  eo  disputat  ture^  quod 
est  in  lege^  Syllogismus  de  eo,  quod  non  esty  so  werden  wir  uns 
nicht  wundern,  wenn  manche  rhetoren  den  syÜogismus  nicht  unter 
den  Status  legalis  rechneten,  wo  sollen  sie  ihn  aber  dann  unter- 
gebracht haben  ?  das  ^können  wir  schlieszen  aus  §  62 :  ALhutius 
eadem  diuisione  (sc.  qua  Hermagoras)  usus  därahü  translationem^^ 
subiciens  eam  iurididali.  in  legdtibus  quoque  quaestionibus  nulOMm 
putat  esse,  qui  dicatur  ratiocinaiiuus.  hierzu  spricht  Spalding  die 
Vermutung  aus,  dasz  Albutius  den  syUogismus  dem  Status  scripti  et 
uoluntatis  zugerechnet  habe,  ich  halte  es  für  viel  wahrscheinlicher,  dasz 
er  ihn ,  wie  die  translatio ,  unter  dem  iurididälis  begriffen  hat.  be- 
stätigt wird  diese  Vermutung  durch  §  88  syUogismos^  qui  est  maxime 
qualitatis  und  §  103  qualitas  in  syUogismo.  der  Status  iuridiciaiis 
und  der  Status  qualitatis  wurden  ja  von  manchen  rhetoren  identi- 
ficiert,  wie  aus  §  62  (hier  steht  iurididali  für  den  §  56  gebrauchten 
aasdruck  qualitas)  und  §  34  (hier  tritt  qualitatem  für  den  vorher  ge- 
brauchten ausdruck  iuridiciaiis  ein)  mit  bestimmtheit  hervorgeht, 
auch  diejenigen,  von  welchen  in  unserm  satze  die  rede  ist,  yerstan- 
den  unter  dem  iuridiciaiis  den  Status  qualitatis:  denn  sie  nannten 


Übersetzung  aus  dem  griechischen  handelt,  als  auch  die  enduDg  os,  §  88 
(vgl.  et  dfi(pißoX£a)  und  99  ist  das  wort  in  A  griechisch  geschrieben, 
was  bisher  mit  unrecht  nicht  beachtet  wurde.  VII  3,  11  and  IX  2,  103 
steht  das  wort  auch  in  den  aasgaben  bereits  in  griechischer  schrift. 

7  Hermagoras  bat  nemlich  die  translatio  als  Status  rationaU»  aufge- 
führt neben  der  coniectura,  proprietas  and  qualitas. 


494  MKiderlin:  zu  Quintilianus. 

das,  was  M.  Antonius  durch  iusiniuria  bezeichnete,  legalis^  dasjenige 
aber,  was  er  durch  honum  mälutn  (quälitas)  bezeichnete,  iuridicialis. 
es  dürfte  also  in  unserer  stelle  iuridiciali  vor  cuXXoTiCfiöv  ein- 
zusetzen sein.  —  So  sind  die  fünf  species  unter  die  drei  Status  ver- 
teilt. Quint.  selbst  hat  allerdings  in  früherer  zeit  (nach  §  66)  diese 
species  dem  legälis  allein  zugeteilt;  aber  damals  hat  er  nicht  drei, 
sondern  vier  allgemeine  Status  aufgestellt,  später  aber ,  als  er  nur 
noch  drei  allgemeine  Status  annahm,  hat  auch  er  sie  unter  diese  drei 
verteilt  (vgl.  §  88  f.). 

III  6,  77  et  similiter  in  translatione :  *non  hahes  ius  ahdicandi^ 
quia  ignominioso  non  est  actio\'  ^habeo  ius^  quia  ahäkatio  actio  non 
est*:  quaentur^  quid  svt  aäio:  finiemus  ^non  licä  ahdkare  filium*  syU 
logismo,  Halm  und  Meister  haben  nach  A  syUogismo  geschrieben,  man 
wird ,  glaube  ich ,  hierbei  nicht  bleiben  können,  ich  will  zugeben, 
dasz  Quint.  sagen  konnte :  wir  werden  schlieszen  ^es  ist  nicht  erlaubt 
einen  söhn  zu  verstoszen'  durch  einen  Syllogismus,  aber  man  ver- 
miszt  die  angäbe  des  aus  der  frage  quid  sit  actio  sich  ergebenden 
Status]  aus  dieser  frage  ergibt  sich  j&  nicht  der  Status  syUogismi,  son- 
dern der  Status  finitionis.  diesem  einwände  entgehen  diejenigen,  welche 
nach  den  übrigen  hss.  syllogismos  oder,  wie  Spalding,  syüogismus 
schreiben ;  sie  können  finiemus  mit  dem  vorhergehenden  verbinden 
und  in  diesem  worte  die  angäbe  des  aus  der  frage  quid  sit  actio  sich 
ergebenden  Status  sehen,  aber  erstens  wäre  es  etwas  auffallend, 
wenn  Quint.  nicht,  wie  sonst,  so  auch  hier  einfach  den  namen  des 
Status^  finitio^  angegeben  hätte,  weit  bedenklicher  aber  scheinen 
mir ,  wenn  finiemus  mit  dem  vorhergehenden  verbunden  wird ,  die 
Worte  ^vion  licet  abdicare  filium*  syllogismos  zu  sein,  man  könnte 
sich  diese  kürze  gefallen  lassen ,  wenn  in  *non  licet  abdicare  filium* 
wirklich  ein  Syllogismus  enthalten  wäre,  da  die  worte  aber  nur  den 
schluszsatz  eines  solchen  enthalten ,  so  scheint  mir  die  kürze  uner- 
träglich zu  sein,  daher  vermute  ich  dasz  Quint.  geschrieben  hat: 
quaerüur,  quid  sit  actio:  finitio;  si^  finiemus  *non  licet  abdicare 
filium*^  syUogismos  (oder  cuXXoTicjuöc) ,  -dh.  es  wird  die  frage  aufge- 
worfen, was  eine  actio  ist:  also  Status  die  finitio ]  schlieszen  wir  mit 
dem  Satze :  ^es  ist  nicht  erlaubt  einen  söhn  zu  verstoszen',  so  liegt 
als  Status  ein  Syllogismus  vor.  derjenige  redner,  welcher  für  das  be- 
strittene recht  auf  die  abdicatio  eintritt,  wird  actio  so  definieren,  dasz 
die  abdicatio  nicht  darunter  fällt ;  er  reicht  also  mit  dem  Status  fini- 
tionis aus.  derjenige  aber,  welcher  dieses  recht  bestreitet,  wird  actio 
80  definieren ,  dasz  die  abdicatio  darunter  fällt,  und  dann  den  Status 
syUogismi  anwenden:  ignominioso  non  est  actio;  abdicatio  est  species 
actionis;  ergo  iUi  non  licet  abdicare  filium.  —  Dasz  finitio  und  syU 
logismos  ohne  verbum  stehen ,  stimmt  ganz  überein  mit  der  übrigen 
spräche  des  abschnittes:  vgl.  §  73  Status  coniectura^  §  74  quaestio 
et  Status,  §  75  quaestiones  et  Status^  §  76  ita  qualitas. 

^  man   konnte   beim  abschreiben  leicht  von  finitio  anf  finiemus  ab- 
irren. 


MEiderlin:  zn  Qnintiliaiiafi.  495 

ni  6,  81  f.  his  infinitM  quaestumea.  Ms  finUae  amünrntur: 
herum  cUiqua  in  demonstratiuay  deUberoHua^  iudiciaU  materia  utique 
tractatur:  liaec  tv/rsus  fudidoMs  causas  et  raiwnaU  parte  et  kgaU  ctm- 
tinent:  negue  enim  uUa  iwris  disc^piatio  nist  finUionej  quäUtatej  caH- 
iectura  potest  eapUcari.  vor  Halm  schrieb  man  allgemein  traetantur» 
ivenn  dies  richtig  wäre,  so  hätte  Quint  gesagt,  da  harum  sich  nur 
auf  an  sü,  quid  sü^  qucde  eit  (§  80)  beziehen  kann :  von  diesen  drei 
Status  kommen  jedenfalls  einige  (also  mindestens  zwei)  bei  einem 
epideiktischen ,  beratenden  nnd  gerichtlichen  Stoffe  zur  behandlong. 
diese  ansieht  ?nirde  aber  weder  von  Quint  noch  von  andern  ver- 
treten ;  es  kommt  ja  in  einfachen  föllen  nur  6iner  von  den  drei  stahu 
zur  an  Wendung  (vgl.  §  91  und  94  hoc  inter  omnes  canuenU^  in  causis 
simplicihus  singutos  Status  esse  causarum  .  .  in  ooniundis  uero  passe 
dtAOS  et  tris  inuenifi).  nun  kommt  noch  dazu,  dasz  A,  Bn  und 
N  nicht  tractantur^  sondern  tractatur  geben,  folgen  wir  nun  aber 
mit  Halm  diesen  hss.,  so  entsteht  ein  anderes  bedenken.  aMg[ua  musz 
dann  als  femininum  angesehen  werden,  gegen  die  annähme  eines 
fem.  spricht  aber  das  neutrum  harum ,  und  welches  subst.  sollte  zu 
(üiqua  hinzugedacht  werden?  an  materia  Iftszt  sich  nicht  denken 
(vgl.  n  1, 2  intra  deUhertäiuas  iudiciaMsquematerias',  ebenso  11 10, 1. 
lU  4;  16.  V  13, 6.  XI  1,48),  ebenso  wenig  an  quaestio:  denn  in  dem 
vorhergehenden  satze  ist  quaestiones  in  einem  ganz  andern  sinne  ge- 
braucht, man  wird  sich  also  wohl  dazu  entschlieszen  müssen,  dUgua 
in  aliquid  zu  verändern,  einen  ganz  ähnlichen  fall  haben  wir  1 10,3. 
dort  steht  in  allen  ausgaben  vor  Meister:  scire  quemadmodum  in 
data  linea  constitui  triangüla  aequis  laterihus  possint.  Faber  hat  zuerst 
darauf  aufmerksam  gemacht  (programm  von  Aschaffenburg  1875) 
dasz ,  da  auf  einer  gegebenen  linie  nur  6in  gleichseitiges  dreieck  er- 
richtet werden  kann,  trianffukim  . .  possit  geschrieben  werden  müsse, 
diese  Vermutung  wird  dadurch  unterstützt,  dasz  A  und  S  wirklich 
possit  geben,  in  beiden  fällen  weist  der  umstand,  dasz  das  prädicat 
im  Singular  überliefert  ist,  darauf  hin,  dasz  auch  das  subject  in  den 
Singular  zu  setzen  ist.' 

III  6,  102  aUer  enim  dicä,  ahdicatum  quoque  interUberos  esse^ 
et  argumentum  du>cet  ex  ipsa,  qua  r^eUUur,  lege:  superuacu/um  emm 
fuisse  prohiheri  patriis  honis  ahdicatum ,  si  esset  nufnero  cUienorum: 
nuncy  quia  filii  iure  fuiurus  fuerit  intestati  heres^  oppositam  esse 
legem,  quae  tamen  non  id  efficiat,  ne  ßius  sit^  sed  ne  heres  sU.  sttxtus 
finitiuus:  quid  sit  ßius,  obwohl  auch  nach  heres  in  allen  beachtens* 
werten  bss.  sit  steht,  so  bat  Spalding  dennoch  in  Übereinstimmung 
mit  einigen  schlechten  hss.  und  vielen  alten  ausgaben  dieses  wört- 
chen weggelassen  als  ^parum  elegans',  und  Bonneil  ist  ihm  hierin 
gefolgt,  man  wird  auch  nicht  leugnen  können,  dasz  die  Wieder- 
holung von  sit  mit  dem  lat.  Sprachgebrauch  nicht  übereinstimmt. 

^  nachdem  ich  dies  geschrieben,  sehe  ich  dasz  Wolff  bereits  be- 
merkt bat:  ^facilins  legeretnr  aliquod^  i.  e.  homm  aliqaod  (vel  an  sit^ 
vel  quid  sit,  vel  quäle  sity    warum  aber  das  adjectivische  aHquod^ 


496  MEiderlin:  zu  Quintilianas. 

wie  ist  aber  das  zweite  sit  in  die  hss.  gekommen?  dasz  es  ans  din 
zwei  ersten  buchstaben  von  Status  entstanden  sei,  wie  Spalding 
meinte,  ist  möglieb,  aber  nicht  gerade  wahrscheinlich,  vielleicht  hat 
Quint.  geschrieben:  fit  Status  finitiuus:  vgl.  §  98  fit  stcUus  scripti 
et  uoluntatis  und  notho  duplex  fit  quaestio^  §  101  quod  ex  una  lege 
duo  Status  fianty  §  92  eum  statum  esse  faciendum,  bei  der  be- 
sprechung  von  III  6,  77  habe  ich  allerdings  ähnliche  stellen  ange- 
führt ,  wo  Qnint.  kein  verbum  gesetzt  hat.  sie  sind  aber  doch  von 
der  unsrigen  etwas  verschieden:  dort  folgt  nicht  eine  frage  wie  hier 
(quid  Sit  filius),  §  98,  wo  auch  eine  frage  folgt  (an  uUo  modo  capere 
possit  usw.) ,  steht  fit. 

IV  1,  1  f.  quod  principium  latine  ud  exordium  dicüury 
maiore  quadam  ratione  Graeci  uidentur  TCQoolfiiov  nominassey  quia 
a  nostris  initium  modo  significatur ,  iUi  satis  dare  partem  hanc  esse 
ante  ingressum  rei^  de  qua  dicendum  sit^  ostendunt.  nam  siueprop- 
terea ,  quod  ofyri  cantus  est  et  citharoedi  pauca  iUa ,  quae  ante  quam 
legitimum  certamen  inchoent  emerendi  fauoris  gratia  canunt^  pro- 
oemium  nominauerunt  ^  oratores  quoque  ea,  quae  prius  quam  causam 
exordiantur  ad  conciliandos  sibi  iudicum  animos  praetocuntuTy  eadem 
appeUatione  signarunt  usw.  obwohl  die  hss.  prohoemium  geben ,  so 
steht  doch  in  allen  ausgaben  mit  recht  irpcoi^iov.  der  gegensatz 
(latine  —  Graeci)  macht  es  zweifellos ,  dasz  Quint.  das  wort  grie- 
chisch geschrieben  hat.  aber  auch  in  §  2  wird  die  griechische  form 
hergestellt  werden  müssen :  denn  es  handelt  sich  auch  hier  um  einen 
griechischen  namen,  der  von  einem  griechischen  worte(ol^r)) 
abgeleitet  und  von  den  kitharöden,  also  Griechen  gebildet  worden 
ist.  dasz  die  hss.  auch  hier  alle  prohoemium  geben,  darf  hiervon 
nicht  abhalten,  es  kommt  ja  (s.  oben  anm.  6)  in  den  Quintilian-hss. 
sogar  dieses  häufig  vor,  dasz  rein  griechische  Wörter,  welche  in  die 
lateinische  spräche  gar  nicht  aufgenommen  worden  sind,  doch  mit 
lat.  buchstaben  geschrieben  sind,  so  gibt  im  vorigen  capitel  in 
§  5  A ,  in  §  6  A  und  ß  aiiion  statt  aiTiov ,  in  unserm  cap.  gibt  in 
§  3  A  hdmon  statt  oT^ov  und  §  49  A  prolempsis  und  Bn  prolemsis 
statt  iTpöXrmiic.  anders  liegt  die  sache  in  §  3 :  denn  hier  ist  nicht 
von  dem  namen,  sondern  von  dem  begriff  die  rede,  hier  ist  also 
die  lat.  form  prooemium  ganz  am  platze. 

IV  1, 24  nam  üle  non  hoc  didtj  sed  ad  poteniissimas  guaestiones 
iudicem  praeparandum:  in  quo  uitii  nihil  eraty  nisi  in  uniuersum  id 
praeciperety  quod  nee  omnis  quaestio  patitur  nee  omnis  causa  desiderat, 
nam  protinus  a  petUore  primo  loco,  dum  ignota  iudid  lis  est^  quo  modo 
ex  quaestionihus  ducemus  sententias?  nimirum  res  erunt  indicandae 
prius,  demus  aliqucis  {nam  id  exigd  ratio  nonnumquam):  etiamne 
potentissimas  omnis,  id  est  totam  causam?  sie  erit  in prooemio  per- 
ada  narratio,  seit  Zumpt  schreibt  man  omnis  quaestio  nach  A. 
obwohl  auch  N  hierfür  zeugt,  was  sehr  beachtenswert  ist,  so  möchte 
ich  mich  doch  für  die  lesart  von  Bn  omnis  actio  entscheiden,  es 


MEiderlin:  zu  QnintiUäniiB«  497 

• 

kommt  manchmal  vor,  dasz  A  und  N,  bss.  verschiedener  gmppen, 
die  gleiche  falsche  lesart  geben ,  wfthrend  6n,  obwohl  zu  der  nem- 
lichen  gruppe  wie  N  gehörig,  das  richtige  hat.  so  geben  III  3,  7 
A  und  N  inuentwnemy  Bn  richtig  t»  inuenUonem;  III 10, 4  A  und  N 
id  si  idy  Bn  richtig  id  si  ä'^  lY  2,  12  A  und  N  ratio^  Bn  richtig 
narratio,^^  der  Zusammenhang  spricht  entschieden  an  unserer 
stelle  für  actio.  Quintilian  hat  in  §  23  die  Vorschrift  gegeben :  wenn 
die  Sache  uns  stoff  gibt  den  richter  zu  gewinnen,  so  musz  man  hieraus 
besonders  einiges ,  was  am  meisten  gunsterweckend  zu  sein  scheint, 
fUr  den  zweck  des  eingangs  herausgreifen,  hieran  knüpft  er  eine 
kurze  polemik  gegen  Yerginius  und  Theodorus.  von  dem  erstem 
wird  es  als  irrig  bezeichnet,  wenn  er  Theodorus  die  Vorschrift  zu- 
schrieb, dasz  von  jeder  frage  je  ein  gedanke  für  die  einleitung  ver- 
wendet werden  solle.  Theodorus  habe  nur  gesagt,  der  richter  müsse 
durch  die  einleitung  auf  die  wichtigsten  fragen  vorbereitet  werden, 
mit  dieser  Vorschrift  wäre  Quini  einverstanden,  wenn  sie  nicht  im 
allgemeinen  gegeben  wftre.  in  den  §§  24  und  25  gibt  er  dann 
die  gründe  an,  warum  dieses  verfahren  nicht  unter  allen  umstftnden 
eingehalten  werden  könne,  der  §  25  soll  offenbar  nachweisen,  dasz 
nicht  jeder  fall  dieses  verfahren  wünschenswert  macht  {amnis  causa 
desiderai).  was  wird  nun  in  §  24  durch  die  werte  nam  praUnua  •  . 
peraäa  narratio  nachgewiesen?  dasz  nicht  jede  frage  (quaesHo) 
dieses  verfahren  zuläszt?  oder  dasz  nicht  jeder  vertrag  vor  ge- 
ric ht  (aäio)  dieses  verfahren  zuläszt?  für  diese  frage  ist  entschei- 
dend, was  wir  unter  äliqtUiS  und  poteniisaimas  omnis  verstehen,  die- 
jenigen hgg.,  welche  quaestio  geschrieben  haben,  scheinen  quaestiones 
hinzugedacht  zu  haben;  auch  Spalding  hat  sich  hierfür  erklärt,  ob- 
wohl er  actio  schrieb,  ich  halte  dies  aber  für  unmöglich ,  weil  die 
ausführung  mit  den  werten  schlieszt:  sie  erU  in  prooemio  perada 
narratio.  die  erzählung  hat  ja  nicht  die  wichtigsten  fragen 
(quaestiones)  vorzuführen,  sondern  die  wichtigsten  thatsachen 
{res),  die  gedankenentwicklung  scheint  mir  folgende  zu  sein:  'wie 
können  wir  gleich  anfangs ,  wenn  wir  an  erster  stelle  als  ankläger 
auftreten ,  solange  dem  richter  der  rechtsstreit  noch  unbekannt  ist, 
von  den  fragen  gedanken  hernehmen?  «freilich  (so  läszt  sichQuint. 
einwenden)  werden  die  thatsachen  vorher  angegeben  werden  müssen.» 
wir  wollen  dies  von  einigen  (thatsachen)  zugeben,  sollen  wir  es 
aber  auch  von  allen  wichtigen  zugeben?  dann  wird  in  der  einleitung 
die  ganze  erzählung  abgemacht  sein.'  so  aufgefaszt  enthalten  die 
Worte  keine  begründung  dafür,  dasz  nicht  jede  frage  das  von  Theo- 
dorus empfohlene  verfahren  zuläszt,  sondern  dafür  dasz  mancher 
Vortrag  vor  gericht  dieses  nicht  zuläszt.  die  begründung 
spricht  also  für  aäio,   aber  auch  das  vorhergehende.  Theodorus 

'^  nuch  III  3,  7  haben  Halm  und  Meister  nach  Bn  quintamque  ge- 
schrieben, während  A  und  N  quintam  quoque  geben,  da  aber  die  letz- 
tere lesart  anch  möglich  ist,  so  möchte  ich  mich  hier  für  diese  ent- 
scheiden: vgl.  blätter  f.  d.  bayr.  gw.  1886  8.  872. 


498  MEiderlin:  zu  Quintilianas. 

hat  nach  Quint.  die  Vorschrift  gegeben ,  man  solle  in  der  einleitong 
den  richter  auf  die  wichtigsten  fragen  vorbereiten,  nun  kann  dieser 
doch  nicht  fortfahren:  ^aber  nicht  jede  frage  gestattet  es,  dasz  man 
die  richter  auf  die  wichtigsten  fragen  vorbereitet.'  wohl  aber  kann 
er  Theodorus  entgegnen :  ^nicht  jeder  gerichtliche  Vortrag  l&szt  dies 
zu;  wenn  dem  richter  die  rechtssache  noch  unbekannt  ist,  so  kann 
man  nicht  von  den  fragen  gedanken  fttr  die  einleitnng  hernehmen.' 
vgl.  %  ^  sed  in  foro  quoque  contingere  istud  principtamm  genus  secun- 
dis  actionibus  potest^  primis  quidem  raro  umquamy  nisi  forte  apud 
eum^  cui  res  iam  aliunde  nota  sit^  dicitnus. 

IV  1,  33  fiducia  ipsa  solet  opinione  adrogantiae  laborare.  fadunt 
fauorem  et  iUa  paene  communia ,  non  tarnen  omittenda ,  uei  ideo  ne 
occupentur:  optare,  ahominariy  rogare^  söüicüum  agere:  quia  ptertim- 
que  attentum  iudicem  facit,  si  res  agi  uidetur  noaa^  magna  ^  atrox^ 
pertinens  ad  exemplum,  praecipue  tarnen^  si  iudex  aut  sua  uice  aut  rei 
puUicae  commouetur^  cuius  animus  spe^  metu,  admanUume^  precibuSy 
ua/nUate  denique^  si  idproftäurum  credemuSy  agitandus  est,  in  §  5  hat 
Quint.  als  die  hauptaufgaben  der  einleitung  bezeichnet:  den  richter 
wohlwollend  (heniuöltis) ^  aufmerksam  {atientus)^  empfftng- 
lich  (docüis)  zu  machen,  in  §  6 — 33  handelt  er  von  der  gewin- 
nung des  Wohlwollens,  in  §  33  f.  von  der  erregung  der  aafmerk- 
samkeit  und  in  §  34  —  36  von  der  herbeiführung  der  empfang- 
lichkeit.  obwohl  nun  der  satz  fadunt  fauorem  .  .  soüicUum  agere 
offenbar  zu  der  behandlung  der  ersten  aufgäbe  gehört,  so  beginnen 
doch  die  neuem  hgg.  teils  mit  den  worten  fiducia  ipsa,  teils  mit 
fadunt  fauorem  einen  neuen  abschnitt,  hierzu  wurden  sie  dadurch 
veranlaszt,  dasz  an  den  satz  fadunt  fauorem  . .  söflidtum  agere  durch 
quia  ein  gedanke  angeknüpft  ist,  der  sich  zweifellos  auf  die  zweite 
aufgäbe  bezieht,  ist  denn  aber  diese  anknüpfung  möglich?  ich 
kann  dies  nicht  annehmen  aus  zwei  gründen,  erstens  glaube  ich 
nicht,  dasz  sich  die  behandlung  der  zweiten  aufgäbe  in  dieser 
w  e  i  s  e  an  die  behandlung  der  ersten  anknüpfen  Iftszt  (vgl.  hierüber 
meine  ausftihrung  in  diesen  jahrb.  1885  s.  114  f.).  zweitens  gibt  der 
mit  quia  beginnende  satz  keinen  grund  an  für  den  in  dem  vorher- 
gehenden satze  enthaltenen  gedanken.  die  anknüpfung  durch  quia 
hat  schon  in  frühern  zeiten  bedenken  erregt;  dies  geht  hervor  aas 
den  abweichungen  in  jungen  hss.  und  alten  ausgaben,  in  den  einen 
steht  qua  statt  quia^  in  den  andern  quaep.  a,  i.  fadwni,  auch  Begius 
hat  so  geschrieben,  er  hielt  jedoch  auch  noch  die  einsetzung  von 
quoque  nach  attentum  für  notwendig,  diese  verbesserungsversuche 
können  aber  aus  verschiedenen  gründen  nicht  befriedigen,  auch 
den  von  mir  gemachten  (ich  schlug  ao.  vor  mit  quia  pHerumgue  einen 
neuen  satz  zu  beginnen  und  zwei  Zeilen  weiter  unten  huius  statt 
cuius  zu  schreiben)  halte  ich  für  verfehlt.  —  Den  stein  des  anstoszes 
bilden  die  worte  quia  pkrumque.  nicht  nur  die  anknüpfung  durch 
quia  ist  unmöglich,  auch  plerumque  ist  anpassend,  wenn  der  richter 
seinetwegen  oder  um  des  Staates  willen  in  aufr^gang  gebracht  wird» 


MKiderlin :  f  a  Qointilianiifi.  499 

so  erregt  dies  seine  auf merksamkeit  immer,  nicht  nur  meistens 
(plerumqtie).  wenn  diese  zwei  Wörter  fehlten,  so  wftre,  was  wohl 
niemand  bestreiten  wird,  alles  in  Ordnung,  die  behandlang  der 
ersten  aufgäbe  würde  schlieszen  mit  den  Worten  sotUdium  agere^  die 
behandlung  der  zweiten  würde  beginnen  mit  den  werten  oHenium 
iudicem  facit^  si  res  usw.,  wie  sie  bei  Julius  Victor  beginnt  mit  den' 
Worten  attentum  iudicem  facies^  H  res  usw.,  und  wie  die  behandlung 
der  dritten  aufgäbe  in  §  34  beginnt  mit  den  werten  docüem  sine 
dubio  et  haec  ipsa  praestat  attention  sed  e^  iHud^  si  usw.  dennoch  wage 
ich  nicht  eine  Streichung  der  beiden  Wörter  yorzuschlagen.  wie  sollen 
sie  in  die  hss.  gekommen  sein,  wenn  sie  nicht  von  Quint.  geschrie* 
ben  worden  sind?  ihre  entstehung  wäre  schwer  zu  erklären,  viel- 
leicht standen  sie  anfänglich  an  einer  andern  stelle,  es  ist  nicht 
unmöglich,  dasz  Quint.  geschrieben  hat:  e^  iUa  paene  cammuniat 
quia  pHerumque  et  aduersarius  iis  utitur,  non  tonnen  (vgl.  §  71 
quo  et  aduersarius  utipotest^  commune  appetlatur).  fielen  die  werte 
et  aduersarius  iis  lUitur  durch  irgend  einen  zufall  aus,  so  waren  die 
zwei  übrig  bleibenden  völlig  sinnlos,  und  dies  konnte  ihre  Versetzung 
zur  folge  haben,  auf  diesem  wege  können  die  werte  quia  pierumque 
an  die  stelle  gekommen  sein ,  an  welcher  sie  jetzt  stehen,  dasz  ich 
diese  Vermutung  nicht  für  sicher  halte ,  brauche  ich  wohl  nicht  erst 
zu  sagen,  für  sicher  halte  ich  nur,  dasz  die  hsl.  Überlieferung  fehler- 
haft ist;  vielleicht  gelingt  es  einem  andern  dem  schaden  durch  ein 
leichteres  mittel  abzuhelfen.* 

lY  1,  62  ridendi  uero^  qui  u^elut  legem  prooemOs  omnihus  dede- 
runty  ut  inira  quattuor  sensus  terminarentur.  nee  minus  euitanda 
est  inmodica  eius  longüudo,  ne  in  captU  excreuisse  uideatur  et  quo 
praeparare  debet  fatiget.  Schwierigkeit  machten  den  erklärem  die 
werte  ne  in  caput  excreuisse  uideatur,  Tumebusfneinte,  der  bild- 
liche ausdruck  sei  hergenommen  von  den  pflanzen  mit  knolliger 
Wurzel  *quae  in  caput  crescere  solent',  oder  von  den  zwergen ,  bei 
denen  der  köpf  unverhältnismäszig  grosz  sei;  für  das  subject  des 
Satzes  hielt  er  oratio ,  was  kaum  möglich  sein  dürfte.  Spalding  ver- 
weist auf  III  8,  10,  wo  das  prooemium  selbst  als  eine  art  von  caput 
bezeichnet  wird ;  auch  er  ist  genötigt  oratio  als  subject  anzusehen, 
welches  wort  er  am  liebsten  einsetzen  würde.  HMejer  erklärt  'ne 
maius  sit  prooemium  quam  ceterae  orationis  partes'.  Baur  übersetzt 
nach  Henke  in  Übereinstimmung  mit  der  erklärung  von  Gemhard: 
'damit  er  nicht  zum  hauptteil  anwachse.'  alle  diese  erklärungen  halte 


*  correctarbemerknng.  wahrscheinlicher  ist  wohl  die  annähme,  dasz 
ein  leser  zur  erklärnng  von  paene  communia  an  den  rand  geschrieben 
hat:  guia  pierumque  et  aduersarius  iis  utitur^  und  dasz  dann  die  ersten 
beiden  Wörter  dieser  randglosse  in  den  text  geraten  sind,  einen  ähn- 
lichen fall  haben  wir  VI  3,  48.  dort  hat  Halm  mit  recht  die  unerklär- 
lichen Worte  non  hoc  modo  aasgeschieden,  wie  sind  aber  diese  worte 
entstanden?  vielleicht  hat  ein  leser  zar  erklärung  von  quare  an  den 
rand  geschrieben:  quia  non  hoc  modo  adiuuatur. 


500  MKiderlin:  zu  Quintilianus. 

ich  für  ungenügend,  mir  scheint,  dasz  capiU  hier  in  einer  bedeutung 
zu  nehmen  ist ,  in  welcher  es  die  alten  medicin^r  gebraucht  haben. 
Celsus  VIII  9  (si  nusquam  caput  se  ostendit)  gebraucht  das  wort  von 
einer  angeschwollenen  beule,  und  bei  Plinius  bedeutet  caput  facere 
^hocb  aufschwellen',  ich  übersetze  daher:  ^ebenso  sehr  ist  aber  auch 
eine  unmäszige  Iftnge  der  einleitung  zu  vermeiden,  damit  sie  nicht 
einem  beulenartigen  aus  wüchse  gleiche.'  für  die  annähme  dieser  be- 
deutung spricht  auch  excreuisse^  welches  wort  besonders  von  krank- 
haften auswüchsen  gebraucht  wurde,  so  sagte  Celsus:  coro  in  eo 
(sc.  ulcere)  excrescU;  Plinius :  carnes  excrescentes  cohibere,  excrescentia 
sind  'auswüchse,  gewächse  am  körper'  (Plinius  XX  §  93).  an  den 
teilen  eines  gesunden  körpers  zeigen  sich  keine  ungewöhnlichen 
anschwellungen.  diesen  vorzug  haben  auch  die  teile  einer  richtig 
angelegten  rede,  wenn  ein  teil  derselben  einen  übermäszigen  um- 
fang annimt,  so  erscheint  dies  als  ein  krankhafter  auswuchs.  vgl. 
das  ähnliche  bild  §  61  cum  uitiosum  prooemium  possü  uideri  cicatri- 
cosa  facies,  wenn  so  principium  als  subject  von  uidedtur  anzusehen 
ist,  so  können  die  worte  quo praeparare  debet  (Ab)  nicht  richtig  sein. 
aber  auch  die  lesart  von  B  und  N  {quo  praeparari  debet)  kann  nicht 
angenommen  werden,  denn  gegen  die  erklärung  'und  damit  nicht 
das ,  wodurch  vorbereitet  werden  soll ,  ermüde'  spricht,  dasz  sowohl 
debet  als  fatiget  ein  subject  nicht  wohl  entbehren  könnte,  ich  würde 
am  liebsten  mit  Badius  schreiben :  quos  praeparare  debety  weil  so  das 
subject  {principium)  beibehalten  werden  kann,  aber  auch  quod prae- 
parare debet ^  was  Spalding  lieber  will,  ist  möglich. 

IV  I,  64  interim  tarnen  et  est  prooemio  necessarius  sensw  ali' 
quis,  et  hie  acrior  fit  atque  uehementiar  adpersonam  deredus  aüerius, 
quod  si  accidatf  quo  iure  aut  qua  tanta  superstitione  prohibeamur  dare 
per  hanc  figurap  sententiae  uires?  manche  wollten  die  figur  der 
apostrophe  von  dem  jprooemeum  gänzlich  ausgeschlossen  wissen,  weil 
es  unnatürlich  sei ,  wenn  man  sich  in  der  einleitung ,  welche  die  be- 
Stimmung  habe  die  richter  zu  gewinnen^  von  denjenigen  abwende, 
welche  man  zu  gewinnen  suche.  Quint.  ist  mit  der  gänzlichen  aus- 
schlieszung  nicht  einverstanden,  über  den  grund,  warum  er  bisweilen 
auch  in  der  einleitung  eine  apostrophe  für  zulässig  erachtet,  soll 
offenbar  der  mit  interim  tarnen  beginnende  satz  aufschlasz  geben« 
es  wird  nun  gewis  jeder  überrascht  sein ,  wenn  er  liest :  'bisweilen 
jedoch  ist  auch  für  die  einleitung  irgend  ein  gedanke  notwendig,  und 
dieser  wird  kräftiger  und  feuriger,  wenn  er  an  eine  dritte  person 
gerichtet  ist.'  die  erklärer  versuchten  das  bedenken,  welches  dieser 
gedanke  erregt,  dadurch  zu  beseitigen,  dasz  sie  dem  ^orie  sensus 
eine  besondere  bedeutung  beilegten;  es  soll  hier  das  bedeuten,  was 
wir  unter  'sentenz'  verstehen,  aber  erstens  ist  es  nicht  wahrschein- 
lich, dasz  das  wort  hier  eine  andere  bedeutung  habe  als  in  §  62.  zwei- 
tens gewinnt  gerade  eine  sentenz  am  wenigsten  dadurch ,  dasz  sie 
an  eine  dritte  person  gerichtet  wird,  femer  zeigt  auch  das  §  67  an- 
geführte beispiel  aus  Ciceros  rede  für  Ligarius,  dasz  es  sich  hier  nicht 


MKiderlin:  zu  QaintiliaiiuB.  501 

um  Sentenzen  handelt.  —  Die  firflher  gemachten  yerheBsenrngsver- 
suche,  welche  zum  teil  weit  von  der  hsl.  flherlieferting  ahgehen,  haben 
mit  recht  keinen  anklang  gefanden,  ich  glaube  dasz  sich  durch  Snde- 
rung  6ines  buchstabens  ein  dem  Zusammenhang  entsprechender  ge- 
danke  herstellen  läszt.  wenn  wir  hocprooemio  schreiben,  was  läle 
hss.  auszer  A  geben,  und  necessarius  in  necesstmimm  Sndem,  so  haben 
wir  den  gedanken:  'bis  weilen  jedoch  hat  dies  (sc.  sermonem  auertere) 
die  einleitung  nötig;  mancher  gedanke^'  gewinnt  ja  auch  hier  (in  der 
einleitung)  an  kraft  und  feuer,  wenn  er  an  eine  dritte  person  ge- 
richtet wird,  wenn  dies  der  fall  ist,  welches  recht  oder  welcher  arge 
aberglaube  sollte  uns  daran  hindern  dem  gedanken  durch  diese  figur 
kraft  zu  verleihen.'  necessarius  wurde  geschrieben ,  weil  das  wort 
fälschlich  mit  sensus  verbunden  wurde;  darauf,  dasz  in  jflngem  hss« 
bereits  necessarium  steht,  ist  kein  gewicht  zu  legen.  HMeyer  wollte 
et  est  in  est  et  ändern,  worin  ihm  übrigens  Burman  bereits  voran- 
gegangen war.^'  vielleicht  ist  statt  et  (^  blosz  est  zu  schreiben;  in 
Bn,  unserer  ftltesten  quelle,  steht  est  unter  der  zeile. 

IV  2, 4  f.  sunt  enim  ante  amnia  guaedam  tarn  hreues  causae^  ut 
propositionem  potitis  haheant  quam  nairrationem*  id  acädU  aUquando 
uirique  partim  cum  uet  nuHa  expasUio  est^  udäere  oonstat^  de  nire 
quaeritur,  ut  apud  centumuiros:  ^ßius  an  fraier  debeat  esse  intestaiae 
h€res\  ^puhertas  annis  an  corporis  habUu  aestimäur*:  out  cum  est 
quidem  in  re  narrationi  locus  ^  sed  aut  ante  iudici  nota  sunt  omma 
aut  priore  loco  recte  exposUa,  Halm  bemerkt  zu  dieser  stelle:  'fort. 
constat  et.*  nun  stehen  aber  die  werte  de  re  constat  und  de  iure 
qu^eritur  im  gegensatz  zu  einander,  was  hindert  also  die  annähme 
eines  adversativen  asjndetons?  die  stelle  scheint  mir  aber  an  einem 
andern  schweren  schaden  zu  leiden,  worauf  bezieht  sich  id?  es 
kann  nichts  anderes  darunter  verstanden  werden  als  ut  propositionem 
potius  haheant  quam  narrationem,  nach  unserm  texte  würde  also 
Quint.  den  satz  aufstellen :  'manchmal  sehen  beide  teile  von  einer 
erzäblung  des  tbatbestandes  ab,  wenn  entweder  keine  darlegung  des 
tbatbestandes  stattfindet  oder  die  Sache  feststeht,  nur  das  recht  in 
frage  kommt,  oder  wenn  zwar  die  sache  veranlassung  zu  einer  er- 
zäblung gibt;  aber  dem  richter  schon  vorher  alles  bekannt  ist  oder 
bei  einer  frühem  gelegenheit  richtig  dargelegt  wurde.'  es  ist  nun 
ißicbt  einzusehen ;  dasz  nuUa  expositio  est  und  de  re  constat  j  de  iure 
quaerüur  nicht  durch  uel  —  uel  verbunden  oder  getrennt  sein 
können;  die  werte  stehen  vielmehr  in  einem  solchen  Verhältnis  zu 
einander,  dasz  man  eher  erwarten  würde:  'wenn  entweder  keine 
darlegung  des  tbatbestandes  stattfindet,  weil  die  sache  feststeht, 
nur  das  recht  in  frage  kommt,  oder  wenn  zwar'  usw.  ich  komme 
aber  nun  nicht  etwa  zu  dem  Schlüsse,  dasz  quia  statt  ud  zu  schrei- 

^'  auch  Quint.  hat  aliquis  manchmal  in  dieser  bedentang  gebraucht: 
vgl.  zb.  I  10,  8.  II  17,  9.  X  1,  94.  "  derselbe  wollte  nemlich  schrei- 
ben: Interim  tarnen  est  et  hoc  prooemio  necessarium,  sensus  hinc  aUquU^ 
et  is  acrior  fit  atque  iiehementior^  si  ad  personam  directus  allerius. 


502  MEiderlin:  zu  Quintilianus. 

ben  sei.  die  änderuDg  wäre  sehr  stark,  und  6in  bedenken  bliebe 
doch.  Quint  bezeichnet  den  zweiten  teil  der  gerichtlichen  rede  bald 
durch  narratio,  bald  durch  exposüiOj  ohne  einen  unterschied  zu 
machen.  '^  die  werte  unseres  textes  kämen  also  auf  folgende  tauto- 
logie  hinaus :  'manchmal  unterbleibt  bei  beiden  teilen  die  erzfthlnng, 
wenn  keine  erzählung  stattfindet,  ich  glaube  daher,  dasz  die  worte 
ud  nuUa  expositio  est  auszuscheiden  sind,  wir  haben  dann  den  ge- 
danken :  'manchmal  ist  dies  bei  beiden  teilen  der  fall,  wenn  entweder 
die  Sache  feststeht ^  nur  das  recht  in  frage  kommt,  oder  wenn  zwar 
die  Sache  Veranlassung  zu  einer  erzählung  gibt,  aber  dem  richter' 
usw.  ud  —  aut  findet  sich  auch  §  15  und  IX  2,  18;  aut  —  ttel 
III  6,  72  und  VIII  6,  68  f.  die  interpolation  mag  dadurch  veran- 
laszt  worden  sein,  dasz  man  nicht  erkannte,  dasz  aut  cum  est  quidem 
usw.  das  zweite  glied  zu  uel  de  re  constat  usw.  bildet,  und  dasz  man 
deshalb  das  erste  glied  hierzu  einsetzen  zu  müssen  glaubte." 

Noch  etwas  anderes  ist  vielleicht  einer  erwähnung  nicht  unwert. 
Francius  wollte  in  dem  schluszsatze  von  §  4  ante  amnia  streichen. 
Spalding  bemerkte  dagegen :  'haec  forma  frequens  est  in  enumeran- 
dis  argumentis  vel  capitibus,  cum  primum  ponitur.'  wenn  aber  dieser 
satz  das  erste  argumentum  oder  caput  angibt,  wo  sind  dann  die  fol- 
genden ?  da  Quint.  mit  §  9  zu  einer  andern  frage  übergeht,  so  mflsten  , 
sie  in  den  §§  5 — 8  enthalten  sein,  diese  enthalten  aber  weiter  nichts, 
wie  die  worte  id  accidit  deutlich  zeigen,  als  die  angäbe  der  f&lle, 
in  welchen  die  gerichtlichen  reden  so  kurz  sind ,  dasz  sie  statt  der 
narratio  nur  eine  proposüio  enthalten,  der  gedanke  von  Francius 
scheint  mir  also  beachtung  zu  verdienen,  es  ist  nicht  unmöglich, 
dasz  ante  omnia  durch  dittographie  aus  untenim  entstanden  ist.  be- 
merkenswert ist ,  dasz  enim  ante  amnia  in  A  von  erster  hand  auf 
eine  rasur  geschrieben  ist.  dasz  im  vorhergehenden  satze jpZtiri- 
hus  steht,  spricht  nicht  gegen  die  Streichung;  die  §§  5 — 8  geben  ja 
die  gründe  an,  warum  manchmal  die  narratio  wegf&llt  wenn  ante 
omnia  gestrichen  wird ,  so  übersetze  ich :  'es  gibt  nemlich  manche 
gerichtliche  reden  {causae)  von  solcher  kürze,  dasz  sie  statt  einer 
erzählung  nur  eine  aufstellung  enthalten,  dies  ist  manchmal  der  fiEÜl 
bei  beiden  teilen ,  wenn'  usw. 

IV  2,  9  sed  ut  has  non  narrandi  causasputo^  sie  ah  iUis  dissentio^ 
gui  non  existimant  esse  narrationem,  cum  reus^  quod  ohicUur^  tanium 
negat,  Baur  übersetzt:  'wie  ich  aber  einerseits  der  ansieht  bin,  dasz 
bisweilen  solche  gründe  da  sind  keine  erzählung  zu  machen,  so  weiche 
ich  anderseits  von  denen  ab,  die  es  für  keine  erzählung  halten,  wenn 
der  angeklagte  die  anschuldigung  nur  in  abrede  zieht.'  wenn  die 
worte  keine  andere  auffassung  zulieszen^  so  mtlsten  sie  geändert  wer- 

1»  expoüUio  «b.  IV  1,  76.  78.  79.  2,  2.  «.  8.  11.  14.  22.  29.  42.  47. 
60.  59.  63.  69.  75.  88.  101.  104.  >*  eine  ähnliche  interpolation  haben 
wir  IV  3,  5  in  A.  nachdem  das  erste  (^lied  {uel  quasi  finü  narrationiM) 
durcli  das  versehen  eines  abschrcibers  ausgefallen  war,  wurde  egressio 
nach  uel  eingeschoben. 


MEiderlin:  bu  Quintiliann«.  503 

den :  denn  das  blosze  leugnen  des  angeklagten  h&lt  audi  Qaint.  flELr 
keine  erzählong,  wie  die  worie  'non  cceidi  hommem*  nMa  narraäo 
estf  conuenit  deutlich  zeigen,  es  sind  denn  auch  wirklich  bessenmgs- 
versuche  gemacht  worden,  als  einen  solchen  haben  wir  es  wohl  an- 
zusehen, wenn  Par.  1.  2.  5,  Gk>th.  und  Voss.  2  und  viele  alte  ausgaben 
narrandum  statt  narraUonem  geben;  Bondam  schlug  vor  (var.  lect. 
s.  366)  prodesae  statt  esse  zu  schreiben,  alle  Snderungen  sind  aber 
überflüssig,  wenn  wir  übersetzen:  'aber  wenn  ich  glaube,  dasz  dies 
gründe  sind,  welche  dafür  sprechen,  manchmal  von  einer  erzählung 
abzusehen,  so  bin  ich  mit  jenen  nicht  einverstanden,  welche  der  an^ 
sieht  sind,  dasz  eine  erzählung  nicht  stattfinde,  wenn  der  angeklagte 
die  ihm  zur  last  gelegte  that  nur  leugnet.'  dies,  meint  Quint.,  ist 
kein  grund  von  einer  erzählung  abzusehen,  ebenso,  wie  hier  esse^  ist 
§  12  erU  gebraucht  ('aber  es  wird  irgend  eine  erzählung  stattfinden 
von  dem  vorleben'  usw.).** 

IV  2,  12  f.  *non  ocddi  hominem*  nuUa  narraHo  es^,  conuemt: 
sed  erit  oliqtM,  et  intertm  etiam  longa^  contra  argumenta  eius  cnminiSi 
de  ante  acta  uUa^  de  causis^  propter  guas  innocens  in pertcyimn  de- 
ducatüfj  aiiis^  qib&HM  incredibüe  id  quad  obicUur  fiat,  neque  enim 
accusator  tantum  hoc  dicU  *occidi8ti\  sed  quibtM  id  probet  narratf  ut 
in  tragoedüs^  cmn  Teuoer  UUxen  reum  faeU  Aiads  ocdsi  dioens,  Hin 
uentum  cum  in  sölitudine  iuxta  examme  corpus  immui  cum  gladio 
cruento^  non  id  modo  UUxes  respondet^  non  esse  aseid  facmus  ad" 
missumj  sed  sibi  nuUas  cum  Aiace  ininUcitias  fuisse:  de  laude  inter 
ipsos  certatum:  deinde  sübiungitf  quo  modo  in  eam  scUtudinem 
uenerit^  iacentem  exanimem^^  sit  conspicattts^  gladium  e  uulnere  extra- 
xerit.  his  suhtexitur  argumentatio.  nach  der  in  fast  allen  ausgaben 
zur  anwendung  gebrachten  interpunction  *^  müste  man  annehmen, 
dasz  der  satz  ut  in  tragoediis  usw.  dafür  ein  beispiel  geben  soll,  dasz 
der  ankläger  sich  nicht  darauf  beschränkt  zu  sagen  'du  hast  getötet', 
sondern  eine  erzählung  hinzufügt,  um  hierdurch  dies  zu  beweisen, 
das  ist  aber  nicht  der  fall,  die  Wortstellung  macht  es  unmöglich  ein 
adversatives  Verhältnis  anzunehmen  zwischen  den  werten  Teucer 
Ulixen  usw.  und  non  id  modo  usw.  es  bleibt  also  nur  übrig  zu  verbin- 
den :  ut  in  tragoediis  non  id  modo  Ulixes  respondet  und  den  satz  cum 
Teucer  als  einen  Zwischensatz  anzusehen,  die  werte  ut  in  tragoediis 
non  id  usw.  liefern  aber  ein  beispiel  dafür ,  dasz  der  angeklagte  den 
beweisgründen  des  anklägers  gegenüber  eine  erzählung  hinzufügt 
über  das  vorleben ,  über  die  gründe  welche  ihn  in  den  process  ver- 
wickelt hätten,    auf  das  vorleben  beziehen  sich  die  werte  sil>i  nuUas 


^^  §  10  würde  ich  nicht  mit  Halm  und  Meister  nach  A  eontineat 
schreiben,  sondern  continet  nach  Bn.  der  relativsatz  enthält  nicht 
einen  gedanken  des  Celsns;  dieser  nahm  ja  nicht  zwei  arten  von  er- 
zählnng^en  an,  wie  Qnint.  also:  'denn  er  hält  für  eine  erzählang  nur 
diejenige,  welche  .  .  enthält'  (nicht  'enthalte').  ^^  in  der  Halmsohen 
ausgäbe  sieht  hier  der  druckfehler  examinem,  ^^  Bonneil  allein  hat 

eine  ausnähme  gemacht,  indem  er  nach  narrat  ein  punctum  setzte. 


504  MKiderlin:  zu  Qaintilianos. 

.  .  cetiatum  (ich  würde  daher  vor  de  laude  kein  kolon ,  sondern  nur 
ein  komma  setzen),  auf  die  gründe  des  processes  die  worte  quo  modo 
.  .  extraxerii,  bei  diesem  gedankenverhältnis  nun  darf  man  mit 
neque  enim  nicht  einen  neuen  satz  anfangen,  wie  dies  bisher  allgemein 
geschehen  ist,  sondern  die  worte  neque  enim  .  .  narrat,  welche  zur 
erklärung  der  worte  contra  argumenta  eius  criminis  dienen,  werden 
als  eine  parenthese  zu  bezeichnen  sein ,  so  dasz  sich  ut  in  tragoediis 
unmittelbar  an  §  12  anschlieszt. 

IV  2, 15  aut  qui  repetundarum  insimulabitur,  non  et  ante  actam 
uitam^  et  quihus  de  causis  prouinciam  uniuersam  ud  accusatorem  aut 
festem  offenderit^  non  inuiiliter  exponet?  die  hss.  geben  per  pro- 
uinciam, da  per  unmöglich  ist,  hat  Regius  ud  daraus  gemacht,  was 
in  viele  ältere  ausgaben  aufgenommen  worden  ist;  in  andern  aber, 
zuerst,  wie  es  scheint,  in  der  Aldina  ist  per  gestrichen,  mit  recht  hat 
man  seit  Spalding  dem  letztern  Verbesserungsversuche  den  vorzog 
gegeben ;  es  ist  leichter  anzunehmen ,  dasz  per  vor  prouinciam  durch 
dittographie,  als  dasz  es  aus  ud  entstanden  ist.  für  noch  wahr- 
scheinlicher aber  halte  ich ,  dasz  per  aus  pr, ,  der  gewöhnlichen  ab- 
kürzung  i^v  prador^  entstanden  ist:  'oder  wenn  einer  der  erpressung 
beschuldigt  wird,  wird  er  da  nicht  sein  früheres  leben ^  und  aus 
welchen  gründen  er  als  prätor  die  ganze  provinz  oder  den  anklftger 
oder  den  zeugen  beleidigt  hat,  mit  nutzen  darlegen?'  bei  einer  er- 
pressungsklage  dachte  man  in  Bom  unwillkürlich  an  einen  prätor. 
besonders  scheint  mir  d  ante  adam  uitam  für  die  einsetzung  von 
prador  zu  sprechen;  der  angeklagte  wird  sowohl  sein  früheres 
leben  als  auch  sein  verhalten  während  seiner  amtsführung 
darlegen. 

IV  2, 17  aliae  quoque  sunt  pertinentes  ad  causam^  sed  non  ipsius 
causae  narrationes ,  ud  exempli  gratia ,  ut  in  Verrem  de  L.  Domitio 
usw.  Halm  und  Meister  haben  hier  eine  conjectur  von  Qesner  auf- 
genommen, indem  sie  statt  illae^  was  A  gibt  (Bn  gibt  duae)^  aiiat 
schrieben,  von  der  notwendigkeit  dieser  änderung  kann  ich  mich 
nicht  überzeugen ;  ich  übersetze :  ^auch  jene  sind  erzählungen,  welche 
auf  die  sache  nur  bezug  haben *^  aber  nicht  erzählungen  der  sache 
selbst,  welche  gemacht  werden,  entweder  um  ein  beispiel  beizubrin- 
gen, wie  in  der  rede  gegen  Verres  die  erzählung  von  L.  Domitins' 
usw.  allerdings  steht  quae  fiunt  nicht  da,  aber  es  läszt  sich  leicht 
hinzudenken.  §  14  werden  die  worte  sed  ne  illud  quidem  sine  nar- 
ratione  est^  diccntc  accusatore:  ^fuisti  in  eo  loco,  in  quo  tuus  inimicus 
occisus  est*  ^non  fui*  übersetzt  werden  müssen :  'aber  auch  das  ist 
nicht  ohne  erzählung,  wenn  auf  den  vorhält  des  anklägers:  «du  bist 
an  dem  orte  gewesen,  wo  dein  feind  getötet  worden  ist»,  der  ange- 
klagte antwortet:  «ich  bin  nicht  dagewesen».'  auch  hier  müssen  die 
worte  'wenn  der  angeklagte  antwortet'  hinzugedacht  werden. 

***  §  11    läszt  an  pertinentium  (statt  pertinentes)  denken;  notwendig 
ist  die  änderung  jedoch  nicht. 


MKiderlin:  zu  Qnintilianpt.  605 

IV  2 ,  19  qtMe  amnia  eo  perUnent^'  td  apparetd  non  uH^^  tum 
narrare  eum  qm  negat^  sed  iSBmA  ij^mm  narrare  quod  negai.  mit 
diesen  Worten  blickt  Qaint.  offenbar  zurück  aaf  %9äb  üUs  dissenUOf 
qui  non  existimant  esse  narrationem^  eum  reus,  ^uod  ohküwr^  tantmm 
negat  '*  es  ist  daher  wahrscheinlich,  dasz  er  auch  hier  nanwre  reum 
geschrieben  hat  (IV  1 ,  28  hat  uns  A  allein  das  richtige  reormm  er- 
halten, während  die  übrigen  hss.  falsch  eKnvm  geben),  da  aber  das 
überlieferte  ewm  auch  möglich  ist,  so  wird  kaum  geändert  werden 
dürfen. 

ünverstttndlioh  sind  mir  die  worte  sed  tSMi  ipsum  narrare  quod 
negat,  man  hat  es  schon  früher  mit  ftnderungen  versucht,  die  ed. 
Camp,  gibt  itta  ipsa  narrare  ^  quae  negai  (den  plural  würde  man 
allerdings  erwarten).  Turnebus  hat  non  vor  narrare  eingesetzt,  was 
Capperonnier  aufoahm.  Spalding  tadelt  dies  und  erkISrt:  'quo  modo 
id  ipsum ,  quod  aliquis  negat,  possit  narrari,  hisoo,  quae  adhuc  trac- 
tavit ,  videmus  exemplis:  narrantur  yidelicet,  unde  fidsa  obiici  appa- 
reat.  est  vero  sententia,  ex  illis  acribus  et  acutis  (cf.  11  4,  31),  in 
hisce  verbis  Qnintiliani  narrare  quod  negat.*  ich  gestehe  dasz  ich 
die  schärfe  und  spitze  dieses  gedankens  nicht  begreife,  wenn  der 
des  mordes  angeklagte  von  seinem  frühem  leben  erzfthlty  von  den 
gründen  welche  ihn  in  diesen  process  verwickelt  hätten,  von  anderm' 
was  die  ihm  zur  last  gelegte  that  unglaublich  machen  soll,  wenn  ein 
der  amtserschleichung  angeklagter  erzählt,  welche  eitern  er  gehabt, 
wie  er  selbst  gelebt ,  auf  welche  Verdienste  sich  stützend  er  sich  be- 
worben habe,  wenn  ein  der  erpressung  angeklagter  von  seinem 
frühem  leben  und  von  seinem  verhalten  während  seiner  amtsftthrang 
erzählt,  so  erzählen  sie  doch  nicht  gerade  das,  was  sie  leugnen,  auch 
die  erklärung  von  Wolff  'operosius  dictum  est  pro  narrat  ea,  oh  quae 
crimen  negat*  befriedigt  mich  nicht,  vielleicht  ist  oh  vor  iUud  einzu- 
setzen (vgl.  X  1,  80  uel  oh  hoc  memoria  dignum^  quod).  dann 
hätten  wird  den  gedanken:  ^dies  alles  soll  zum  beweise  dienen,  dasz 
es  nicht  notwendig  ist,  dasz  derjenige  welcher  leugnet  nicht  erzählt, 
sondern  dasz  er  gerade  deshalb  erzählt,  weil  er  leugnet.'  weil  er  die 
that  selbst  leugnet,  deshalb  erzählt  er  dinge,  welche  geeignet  sind 
seine  Unschuld  wahrscheinlich  zu  machen,  res  ad  causam  pertinentes,. 
non  ipsam  causam  (§  11).*® 

lY  2,  27  erunt  quaedam  causae,  neque  id  raro^  crimine  quidem^ 
de  quo  cognUio  est,  facües  ad  diluendum ,  sed  muUis  ante  actae  uUae 
flagitiis  et  grauihus  onerataCy  quaeprius  amouenda  sunt^  ut  prqpUius 
iudex  defensionem  ipsius  negotii,  cuiusprqpria  quaestio  est^  audiat. 
ut  si  defendendus  sit  M.  Caetius^  nonne  optime  patronus  oocurrat 


^^  mit  §  19  einen  neuen  abschnitt  zu  beginnen  empfiehlt  sieh  daher  nicht. 

'^  §  21  würde  ich  schreiben:  quare  etiam,  $i  (nicht  quare,  eiiamii); 
zum  zweiten  gliede  (sed  aliquo  modo  adficiendus)  passt  nur  si,  nicht 
etiamsu  statt  aliquo  modo  gibt  Tnr.  falsch  aliquando;  den  nemlichen 
fehler  haben  meiner  ansieht  nach  alle  hss.  II  10,  6  (vgl.  blätter  f.  d. 
bajr.  gw.  1886  s.  215. 

Jahrbücher  für  clasf:.  philol.  1888  hfL  7.  83 


506  MKiderlin:  zu  Quintilianuii. 

prifis  conuiciis  luxuriae,  petvHantiae y  inpudicUiae  quam  ueneficii? 
in  quihus  sölis  omnis  Ciceronis  uersatur  oratio:  tum  deinde  narret  de 
honis  PaUae  totamque  de  ui  explicet  causam ,  quae  est  ipsius  actione 
defensa?  Spalding  schlag  die  einsetzung  von  crimini  oder  aceusa- 
tioni  nach  ueneficii  vor.  auch  ich  halte  diese  stelle  für  fehlerhaft 
überliefert,  aber  das  von  Spalding  vorgeschlagene  heilmittel  scheint 
mir  nicht  das  richtige  zu  sein,  ich  glaube  dasz  de  ui  vor  defendendus 
einzusetzen  und  quam  vor  ueneficii  zu  streichen  ist.  qtuim  fehlt  ja  auch 
in  mehreren  bss. ,  auch  in  6  N ;  de  ui  konnte  vor  defendendus  leicht  aas- 
fallen. Quint.  sucht  in  diesem  abschnitt  nachzuweisen,  dasz  in  man- 
chen fällen  von  der  regel,  auf  die  einleitung  unmittelbar  die  erzShlang 
des  falles  folgen  zu  lassen ,  abgewichen  werden  musz.  nach  unserm 
§  musz  dies  auch  dann  geschehen,  wenn  das  vorleben  des  angeklagten 
durch  schändliche  thaten  belastet  ist;  in  solchen  fällen  empfiehlt  es 
sich  nach  der  einleitung  zuerst  den  vorwürfen  entgegenzutreten, 
welche  hieraus  für  denselben  erwachsen ,  und  dann  erst  aaf  die  dar^ 
legung  des  eigentlichen  Verhandlungsgegenstandes  einzugehen,  es 
wird  dies  deutlich  gemacht  durch  folgendes  beispiel:  Venu  M.  Caelius 
wegen  der  von  ihm  begangenen  gewaltthat  {de  ui)  verteidigt  werden 
müste ,  würde  da  nicht  der  Verteidiger  am  besten  zuerst  den  vor- 
würfen wegen  schwelgerei,  frecbheit,  Unzucht  und  giftmordes  ent> 
gegentreten,  mit  denen  allein  sich  die  ganze  rede  Ciceros  beschäftigt, 
und  dann  erst  von  den  gutem  Pallas  erzählen  und  den  ganzen  fall 
der  gewaltthat  darlegen ,  über  den  er  sich  in  seiner  eignen  rede  ver- 
teidigt hat?'  das  durch  A  vertretene  und  in  allen  ausgaben  stehende 
quam  (vor  tieneficii)  scheint  mir  ganz  verkehrt,  wie  die  worte  totam- 
que de  ui  explicet  causam  zeigen,  setzt  Quint  den  fall,  es  handle  sich 
um  eine  Verteidigung  des  Caelius  de  ui  (vgl.  XI  1,  51  M.  Caelius  in 
defensione  causae,  qua  reus  de  ui  fuit).  der  giftmord  gehört  also 
auch  zu  den  flagüia  ante  actae  uitae ,  über  welche  der  Verteidiger 
sprechen  soll ,  bevor  er  den  eigentlichen  fall  erzählt,  auch  der  sich 
anschlieszende  relativsatz  spricht  gegen  quam*^  Ciceros  rede  beschäf- 
tigt sich  ja  mit  den  Jugendsünden  des  Caelius  und  der  giftmischerei| 
deren  er  beschuldigt  wurde.  —  de  ui  kann  vor  defendendus  nicht 
fehlen.  Caelius  hat  sich  so  viel  zu  schulden  kommen  lassen,  dan 
mehr  als  eine  anklage  gegen  ihn  möglich  war.  da  es  nun  hier  gerade 
darauf  ankommt  nachzuweisen,  dasz  in  manchen  föllen  der  Ver- 
teidiger, bevor  er  auf  den  eigentlichen  fall  eingeht,  Ober  frühere 
Verschuldungen  des  angeklagten  zu  sprechen  habe,  so  musz  uns 
angegeben  werden ,  was  wir  uns  als  den  eigentlichen  verhandlangs- 
gegenstand  denken  sollen. 

IV  2,  28  sed  nos  ducU  sdiolarum  consuetudo^  in  quüms  certa 
quaedam  ponuntur^  quae  themata  dicimuSy  praäer  guae  nihü  est  dt- 
luendum^  ideoque  prooemio  narratio  semper  subiungiiur.  inde  liberias 
dedamatoribus  y  ut  etiam  secundo  partis  suae  loco  narrare  uideantur. 
zu  den  It^tzten  worteu  bemerkte  Gesner:  wenn  zwei  anwälte  ftlr  die 
neraliche  partei  auftreten,  so  gibt  nur  der  zuerst  sprechende  eine 


MKiderlin:  ca  Qmniüiaiuu.  607 

erzählung,  der  andere  nieht.  die  schnlredner  aber  enfthlen  aaobi 
wenn  sie  in  der  rolle  eines  Bolchen  zweiten  anwaltes  auftreten,  ich 
kann  diese  erklärung  nicht  fttr  richtig  halten,  erstens  glaube  ich 
überhaupt  nicht,  daaz  die  schulredner  sich  eine  solche  rolle  aus- 
wählten, und  dann  was  berechtigt  zu  der  annähme,  dass  bei  gericht* 
liehen  Verhandlungen  solche  zweite  anwälte  niemals  erzählten?  war 
es  denn  nicht  möglich,  dasz  die  beiden  anwälte  die  aufgäbe  in  d6r 
weise  unter  sich  teilten,  dasz  der  erste  das  vorleben  des  angeklagten 
behandelte  und  erst  der  zweite  den  fall ,  um  welchen  es  sich  eigent* 
lieh  handelte,  erzählte?  es  wird  also  nur  folgende  auf&ssung  übrig 
bleiben :  dasz  sie,  auch  wenn  ihre  parte!  an  zweiter  stelle  zum  werte 
kommt,  zu  erzählen  scheinen,  aber  auch  bei  dieser  auffossung  er- 
regen die  Worte  bedenken,  erstlich  würde  man  einfach  narrent  w* 
warten  statt  narrare  uideaniur.  und  dann  müste  man  aus  diesen 
werten  schlieszen,  dasz  bei  gerichtlichen  Verhandlungen  nur  die  an 
erster  stelle  zum  werte  kommende  partei  erzählt  habe,  dasz  dem  nicht 
so  war,  geht  aus  mehrem  stellen  dieses  cap.  mit  bestimmtheit  her<> 
vor,  und  es  liegt  dies  auch  in  der  natur  der  sache.  wenn  zb.  jemand 
des  mordes  angeklagt  wird,  aber  zn  seiner  entschnldigung  vorbringt, 
er  habe  aus  notwehr  gehandelt,  so  werden  beide  parteien  den  fall 
erzählen,  der  ankläger  in  einer  den  beschuldigten  belastenden,  der 
Verteidiger  in  einer  denselben  aitlastenden  weise,  aber  noch  ein 
anderer  unterschied  wird  zwischen  den  beiderseitigen  erzählnngen 
bestehen,  der  ankläger  musz  von  der  Voraussetzung  ausgehen,  dasz 
dem  richter  der  thatbestand  noch  unbekannt  ist;  er  wird  also  den 
fall  nach  seinem  ganzen  verlaufe  ausführlich  darlegen,  der  vertei- 
yliger  aber,  der  an  zweiter  stelle  spricht,  wird,  schon  um  wieder* 
nolungen  zu  vermeiden ,  bei  seiner  erzählung  nur  diejenigen  punkte 
hervorheben ,  welche  geeignet  sind  seinen  Schützling  als  unschuldig 
oder  wenigstens  als  minder  schuldig  erscheinen  zu  lassen,  anders 
der  schulredner,  wenn  er  eine  solche  Verteidigungsrede  hält  da 
seinem  Vortrag  eine  anklagerede  nicht  vorangeht,  so  musz  er  seinen 
Zuhörern,  welche  die  sache  noch  nicht  kennen,  den  ganzen  fall  aus- 
führlich erzählen ;  er  wird  also,  auch  wenn  die  partei  die  er  vertritt 
erst  an  zweiter  stelle  zum  werte  kommt,  so  erzählen,  als  ob  er  an 
erster  stelle  spräche,  ich  glaube  daher,  dasz  zu  schreiben  ist:  narrare 
priore  (oder  primo?)  uideanhur.  dann  ist  auch  uideantur  am  platze. 
wir  haben  dann  den  gedanken:  dasz  es,  auch  wenn  ihrer  partei  die 
zweite  stelle  zukommt,  den  anschein  hat,  als  ob  sie  an  erster  stelle 
erzählten.*' 

IV  2,  64  nam  praeterguam  planam  et  hreuem  ei  credi* 
bilem  uuU  esse  euiäentem^  moratam  cum  digniiate*  sedin 
oratione  mof'ata  debent  esse  amnia  cum  dignUate^  quae  poterunt» 

'^  §  29  liest  man  seit  Zampt  se  exerceat\  ich  würde  nach  Bn  bloss 
exerceat  schreiben,  was  soll  subject  zu  $e  exerceat  sein?  in  den  vorher- 
gehenden Sätzen  war  von  dectamaiores  die  rede;  die  declamatio  aber,  der 
•chulv ortrag,  übt  nicht  sich,  sondern  den  vortragenden. 

83* 


508  MEiderlin:  zu  Quintilianus. 

euidentia  in  narratione,  quantum  ego  inteUegOf  est  quidem  magna 
uirtus^  cum  quid  ueri  non  dicendum,  sed  quodammodo  etiam  astenden- 
dum  esty  sed  suhici  perspicuitati  potest:  quam  quidam  etiam  canira- 
riam  Interim  piUauerunty  quia  in  quihusdam  causis  ohscuranda  uerüas 
esset ,  quod  est  ridiculum.  warnm  Halm  und  Meister  das  in  den  frü- 
hcm  ausgaben  stehende  komma  zwischen  moratam  und  cum  dignitate 
gestrichen  haben  ^  ist  schwer  einzusehen,  ich  halte  nicht  nur  hier 
eine  interpunction  fttr  notwendig,  sondern  auch  an  einer  andern 
stelle,  wo  bisher  von  keinem  berausgeber  eine  solche  gemacht  wurde. 
Quint.  hat  drei  eigenschaften  als  notwendig  fflr  die  erzählung  be- 
zeichnet: perspicuitas  ^  hreuitas  und  credibilitas,  Cicero  hat  in  den 
Topica  drei  weitere  fttr  nötig  erklärt:  denn  c.  26  liest  man:  utpHanae 
sinty  ut  breues^  iä  euidentes,  ut  credibilcs^  tU  moratae,  ut  cum  dignitate. 
mag  man  dort  moratae  oder  moderatae  schreiben ,  so  viel  steht  fest, 
dasz  Cicero  mit  den  werten  cum  dignitate  eine  besondere  eigenschaft 
bezeichnen  wollte.  Quint.  gibt  dann  die  grttnde  an ,  warum  er  mit 
Cicero  nicht  übereinstimmt,  sondern  nur  drei  eigenschaften  annimt. 
er  sagt:  'in  der  rede  musz  alles  (nicht  nur  die  erzählung)  morata 
sein  (es  ist  dies  also  eine  eigenschaft,  welche  die  erzählung  mit  den 
übrigen  teilen  gemein  hat ,  wie  die  iucunditas  §  63) ;  cum  dignitate 
musz  dasjenige  sein,  was  eine  dignitas  zuläszt  (nicht  für  jeden  stoff 
eignet  sich  dieselbe,  ebenso  wenig  wie  die  magnificenOa  §  61);  die 
euidentia  aber  kann  als  ein  teil  der  perspicuitas  angesehen  werden, 
es  wird  also  auch  zwischen  omnia  und  cum  dignitate  ein  komma  zu 
setzen  sein.  —  quam  darf  nicht  mit  HMeyer  &uf  perspicuitati  bezogen 
werden,  denn  von  der  perspicuitas  war  in  §  36 — 39  die  rede;  hier 
aber  handelt  es  sich  um  die  euidentia ,  wie  auch  euidentissima  §  65^ 
zeigt,  von  ihr  fügt  Quint.  noch  die  bemerkung  bei :  'manche  meinten 
sogar,  sie  sei  bisweilen  nachteilig,  weil  in  manchen  fällen  die  Wahr- 
heit verdunkelt  werden  müsse,  dies  ist  aber  lächerlich :  denn  wer* 
usw.  man  wird  also  am  besten,  wie  in  den  ausgaben  vor  Znmpt,  Tor 
quam  ein  punctum  machen;  jedenfalls  darf  nicht  mit  Bonnell  ein 
komma  gesetzt  werden. 

V  9 ,  3  priora  Uta  sunt  quae  aliter  habere  se  non  possunt ,  quae 
Oraeci  rettfiiJQia  uocanty  quia  sunt  alvra  arifisia,  quae  mihi  uixper- 
tinere  adpraecepta  artis  uidentur:  nam  ubi  est  Signum  inschibiie^  ibi 
ne  lis  quidem  est.  das  neunte  cap.  des  fünften  buches  handelt  von 
den  Signa,  sie  zerfallen  nach  §  3  in  Signa  necessaria  und  signa  man 
necessaria.  jene  werden  besprochen  in  §  3 — 7,  diese  in  §  8 — 11.  ein- 
geführt wei-den  die  erstem  durch  die  eben  angeführten  werte.  Halm 
hat  quia  sunt  geschrieben  statt  des  hsl.  quae  sunt,  ich  kann  aber 
diesen  Verbesserungsversuch  nicht  für  glücklich  halten,  deshalb, 
weil  diese  Signa  äXvia  cimeia  sind,  sollen  sie  von  den  Griechen 
TCK^ripia  genannt  worden  sein?  ich  kann  nicht  einsehen,  wie  der 
umstand,  dasz  sie  fiXura  cimeia  sind,  die  Griechen  gerade  auf  den 
namen  TCKjLirjpia  gebracht  haben  soll,  aber  auch  die  hsl.  flberliefening 


MEiderlin:  zn  Quintilianns.  509 

wird  sich  nicht  festhalten  lassen,  die  vier  auf  einander  folgenden 
qtme  fallen  sofort  unangenehm  ins  äuge;  man  kann  unmöglich  an- 
nehmen, dasz  Quint.  an  die  worte  priora  iüa  suni  Tier  solche  relatiy- 
sfitze  angehängt  hai  es  wftre  auch  eine  sonderbare  Ordnung  der  ge- 
danken,  wenn  zuerst  angegeben  würde,  was  für  siffna  die  Signa 
necessaria  sind  {quae  aiüer  habere  se  non  po8Suni\  dann  mit  welchem 
namen  sie  von  den  Griechen  bezeichnet  wurden,  und  dann  wieder 
was  für  Signa  sie  sind  {quae  sunt  SXvta  atifuüi).  ich  glaube,  dasz 
der  mit  nam  sich  anschlieszende  satz  einen  fingerzeig  für  die  Ver- 
besserung der  steUe  gibt,  er  erklärt,  in  wie  fern  der  umstand,  dasi 
die  Signa  necessaria  SKxna  CT)|i€ia  sind,  ein  grund  sein  kann,  sie  von 
der  behandlung  in  der  rhetorik  auszuschlieszen.  daraus  dürfen  wir 
entnehmen,  dasz  Quint.  im  vorhergehenden  satze  diesen  umstand  als 
grund  der  ausschlieszung  bezeichnet  hat,  dasz  er  den  gedanken  aus- 
gesprochen hat:  weil  diese  signa  fiXura  cimcia  sind,  scheinen  sie 
mir  kaum  in  das  gebiet  der  rhetorik  zu  gehören,  ich  vermute  also, 
dasz  zu  schreiben  ist:  . .  uocani:  quae  quia  sunt  Slwa  atnuta,  mihi 
uix  pertinere  ad  praecepta  artis  uidentur.  das  causale  gedanken- 
Verhältnis  liesze  sich  freilich  durch  eine  viel  leichtere  änderung, 
durch  die  hinzufttgung  eines  einzigen  buchstabens  herstellen,  wenn 
wir  schrieben:  quae  sunt  Slvta  aniiuia:  quare  mihi  uix  usw.  aber 
erstlich  fügt  sich  in  der  erstem  fassung  der  gedanke  viel  besser  in 
den  Zusammenhang  ein,  und  dann  scheint  mir  auch  die  form,  in 
welcher  unten  die  zweite  art  eingeführt  wird  (§  8  . .  uocani:  quae 
etiam  si  .  .  nan  suffidunt^  tarnen  • .  ualent\  dafür  zu  sprechen,  dasz 
Quint.  quae  quia  usw.  geschrieben  hat. 

V  9,  7  quare potest  et  coisse  cum  uiro,  quae  non peperü^  et  non 
esse  uentus  in  mari^  cum  est  fluctus^  neque  utique  cor  eius  uuineratum 
essCy  quiperit.  von  den  signa  necessaria  bemerkt  Quint.  unter  anderm 
folgendes:  'manche  haben  umgekehrt  die  gleiche  geltung,  zb.  der- 
jenige welcher  atmet  lebt  und  (umgekehrt)  derjenige  welcher  lebt 
atmet,  bei  andern  ist  dies  nicht  der  fall,  zb.  diejenige  welche  ge- 
boren hat  musz  mit  einem  manne  gemeinschaft  gepflogen  haben; 
aber  auch  eine  solche  welche  nicht  geboren  hat  kann  mit  einem 
manne  gemeinschaft  gepflogen  haben,  wenn  ein  groszer  stürm  auf 
das  meer  sich  gestürzt  hat ,  so  musz  es  wellen  geben ;  aber  es  kann 
auch  windstille  auf  dem  meere  sein,  wenn  wellen  zu  sehen  sind. 
derjenige,  dessen  herz  verwundet  worden  ist,  musz  sterben ;  aber  es 
musz  nicht  notwendig,  wenn  einer  stirbt,  auch  sein  herz  verwtmdet 
worden  sein.'  die  gedanken  sind  klar;  es  scheint  mir  aber  doch  in 
unserm  texte  ein  fehler  zu  stecken,  wenn  wir,  wie  alle  hss.  und  aus- 
gaben geben,  lesen :  neqtie  utique  cor  eius  uütneratum  esse^  so  müssen 
wir  zu  diesen  werten ,  dem  dritten  gliede  des  satzes ,  potest  hinzu- 
denken, nun  vertragen  sich  aber  utique  und  potest  hier  durchaus 
nicht  mit  einander,  es  ist  dies  leicht  einzusehen,  zum  zweiten  gliede 
des  Satzes,  zu  den  werten  non  esse  uentus  in  mari^  läszt  sich  recht 
wohl  potest  hinzudenken.  Quint.  hätte  auch  schreiben  können :  neque 


510  MKiderlin:  zu  Quintilianus. 

utique  est  uefäus  in  mari,  aber  er  konnte  nicht  schreiben:  neque 
utique  esse  uentiAS  in  mari.  §  9  lesen  wir:  non  utique^  q%ii  uesttm 
cruentam  hahuerit^  homicidium  fecerit.  Quint.  hätte  auch  schreiben 
können :  potest ,  qui  uestem  cruentam  habuitj  non  homicidium  fedsse. 
aber  er  konnte  nicht  schreiben:  potest  .  .  non  utique  homicidium 
fecisse.  ebenso  wenig  verträgt  sich  in  unsern  Worten  utique  mit 
potest.  ich  glaube  daher,  dasz  zu  schreiben  ist :  neque  utique  cor  eius 
uulneraium  est,  einen  ganz  ähnlichen  fehler  haben  die  hss.  auf  der- 
selben zeile.  A  und  Bn  geben  cum  esset  fluctus^  erst  die  zweite 
'  band  hat  in  A  esset  in  est  corrigiert.  Spalding  hat,  ohne  diese  cor- 
rectur  zu  kennen,  bereits  das  richtige  vermutet. 

Y  9,  8  f.  älia  sunt  Signa  non  necessaria,  quae  Bkora  Chraeci 
uocant:  quae  etiam  si  ad  toUendam  dubitationem  sola  non  sufficiunt^ 
tarnen  adiunäa  ceteris  plurimum  ualent.  Signum  uocatur^  ut  dtxi, 
örifietov,  quamquam  id  quidam  indicium^  quidam  uestigium 
nominauerunt,  per  quod  alia  res  inteUegitur,  ut  per  sanguinem  caedes. 
ich  nehme  anstosz  an  dem  worte  eUöra.  nicht  deshalb,  weil  in  keiner 
der  auf  uns  gekommenen  griechischen  Schriften  über  rhetorik  die 
Signa  non  necessaria  so  benannt  werden,  auch  nicht  deshalb ,  weil 
Aristoteles  (analy t.  pr.  II  29)  ausdrücklich  sagt :  eixöc  Kai  cimeTov 
oi)  TQUTÖv  dcTiv.  Quint.  könnte  ja  diese  benennung  aus  quellen  ent- 
nommen haben,  die  uns  unbekannt  sind,  bedenklicher  ist  schon, 
dasz  im  nächsten  cap.  (§  15)  einer  gewissen  art  von  argumenta  dieser 
name  gegeben  wird,  es  ist  nicht  wohl  anzunehmen  dasz  Quint.,  der, 
wie  aus  9, 1  f.  hervorgeht,  zwischen  den  Signa  und  argumenta  genau 
unterschied,  im  9n  cap.  Signa y  im  lOn cap.  argumenta ^  ohne  irgend 
eine  bemerkung  beizufügen,  mit  dem  gleichen  namen  bezeichnet  hat. 
am  entschiedensten  aber  spricht  gegen  elxÖTa  der  sats  Signum 
uocaiur  .  .  nominauerunt.  da  die  erklärung  dieses  satzes  von  ent- 
scheidender bedeutung  ist,  so  müssen  wir  denselben  scharf  ins  äuge 
fassen,  vor  allem  müssen  wir  uns  darüber  klar  sein,  was  als  subject 
des  Satzes  anzusehen  ist.  manche  erklärer  und  auch  der  übersetier 
Baur  betrachteten  Signum  als  subject«  es  ist  jedoch  die  unmöglich* 
keit  dieser  auffassung  leicht  nachzuweisen.  Signum  ohne  nähere  be- 
stimm ung  durch  ein  pronomen  oder  ein  attributives  a^jeciivum  kann 
nur  das  Signum  im  allgemeinen  bezeichnen,  nicht  eine  bestimmte  art. 
was  soll  aber  hier  an  dieser  stelle  eine  bemerkung  darüber,  wie  die 
Griechen  das  Signum  im  allgemeinen  benannt  haben?  eine  solche 
angäbe  wäre  am  platze  gewesen  da,  wo  Quint.  von  den  signa  im  all- 
gemeinen  spricht,  nicht  aber  in  unserm  abschnitte,  der  nur  von  den 
Signa  non  necessaria  handelt  wollte  man  aber  auch  hiervon  absehen, 
die  Worte  per  quod  alia  res  inteüegitur  und  was  sich  daran  anschliesit, 
lassen  gar  keinen  zweifei  darüber  zu ,  dasz  auch  im  ersten  teile  des 
§  9  nicht  von  dem  Signum  im  allgemeinen,  sondern  nur  von  dem 
Signum  non  necessarium  die  rede  sein  kann,  man  könnte  daher  aof 
die  Vermutung  kommen,  dasz  vielleicht  vor  ^ni«m  ein  pronomen 
{hoc  oder  id)  ausgefallen  sei.  bei  dieser  annähme  entstünde  aber  ein 


MEidarlin:  zu  QointiliaaQs.  511 

Deues  bedenken,  wo  hat  denn  Qnint.  schon  gesagt,  dasa  dieses  »g» 
num  CTiiLieTov  genannt  wird?  auf  die  worte  dXura  cimeta  in  §  3 
darf  man  sich  nicht  bemfen :  denn  aus  ihnen  liesze  sich  eher  ent* 
nehmen ,  dasz  Qnint.  unter  dem  CT))üi€iov  das  Signum  im  allgemeinen 
verstanden  wissen  will,  sollen  wir  etwa  auf  den  Vorschlag  von 
Regins  zurückkommen,  der  in  §  3  schreiben  wollte:  necessorta  su/iü^ 
quae  Oraeci  uoccmt  xsTifAiJQucy  älia  non  necessaria^  qttae  ai^fietcr? 
dieser  verschlag  ist  deshalb  unannehmbar,  weil  Qnint.  erst  in  §  8 
den  griechischen  namen  für  die  Signa  nan  necessaria  angibi  am 
besten  aber  beweist  der  coneessive  nebensatz  {quamquam . .  nomkuh 
uenmt) ,  dasz  Signum  nicht  snbject  des  satzes  sein  kann,  aus  dem 
inhalt  dieses  satzes  geht  ja  ganz  klar  hervor,  dasz  es  sich  auch  im 
hauptsatze  nicht  darum  handeln  kann ,  welchen  griechischen  namen 
griechische  rhetoren  für  einen  begriff  gebraucht  haben,  sondern  nur  um 
eine  von  lateinischen  rhetoren  ausgegangene  Itteinische  benennung. 
w  ir  dürfen  also  nicht  wie  Baur  übersetzen :  «das  sig/Mm  nennen  sie,  wie 
gesagt,  CTi|Li€Tov»9  sondern  wir  müssen  übersetzen:  *^num  wird,  wie 
gesagt,  das  CTi|üi€iov  genannt,  obwohl  dieses  (das  cnjüieiov)  manche 
indidum^  manche  uestigtum  genannt  haben.'  was  ist  nun  aber  unter 
dem  subjecte  CTi|ieTov  zu  verstehen?  die  worte  j>er  quod  älia  res 
inteliegitur  und  das  folgende  lassen  keine  wähl,  es  kann  nur  das« 
jenige  darunter  verstanden  werden,  was  Qxnni.  Signum  non  neeeS' 
sarium  genannt  hat.  diese  bedeutung  hat  ja  auch  das  wort  bei  den 
griechischen  rhetoren.  bei  dieser  anffassung  von  cii)i€fov  bekommen 
wir  denn  auch  einen  dem  zusammenhange  angemessenen  gedanken. 
aus  dem  concessivsaize  dürfen  wir  schlieszen,  dasz^  es  lateinische 
rhetoren  gegeben  hat,  welche  den  namen  Signum  nur  für  das  Signum 
necessarium  beibehielten,  das  Signum  non  necessarium  aber  indicium 
oder  uestigiufn  genannt  wissen  wollten  (also  TeK|Liifjpiov  =  Signum, 
CTiJLicTov  °»  indicium  oder  uestigium).  ihnen  gegenüber  bemerkt 
Quint. ,  dasz  er  auch  das  CTi|Lieiov  Signum  genannt  habe  und  nach 
dem  bisherigen  gebrauche  dazu  berechtigt  sei.  selbstverständlich 
musz  aber  dann  der  leser  vorher  irgendwo  Über  diese  bedeutung  von 
CTiiüieTov  verständigt  worden  sein,  wo  ist  dies  geschehen?  dasz  §  3 
eine  solche  Verständigung  nicht  enthält  und  auch  nicht  enthalten 
haben  kann ,  ist  schon  oben  erwähnt,  es  kann  also  nur  in  §  8  ge- 
schehen sein,  und  deshalb  glaube  ich,  dasz  hier  zu  schreiben  ist: 
alia  sunt  signanon  necessaria^  quae  arffista  Oraeci  uocant.  wie  sollte 
aber  aus  a\\kti(x  geworden  sein  elKÖTtt,  während  doch  in  §  9  richtig 
CHMION  überliefert  ist?  zunächst  ist  zu  beachten,  dasz  in  keiner 
hs.  wirklich  eiKÖTa  zu  lesen  ist,  während  die  hss.  10,  12  das  wort 
richtig  überiiefert  haben,  hier  gibt  A  €1K0A*<,  Bn  aber  €1  KOI A, 
was  doch  von  CHM6IA  nicht  so  sehr  verschieden  isi  dann  aber  musz 


*'  so  nach  der  augabe  Halms,    hr.  prof.  Iwan  Müller  hatte  die  eüte 
mir  mitzuteilen,  dasz  er  aach  in  A  bei  einer  neuen  vergleichnng^  €llvOIA 

gefanden  habe. 


512         JRichter:  zu  Demosthenes  olynthi&clien  reden  [1  §  1]. 

besonders  darauf  hingewiesen  werden,  dasz  in  den  Quintilian-hss. 
gerade  die  griechischen  Wörter  vielfach  auf  die  seltsamste  weise 
depraviert  sind,  übrigens  leugne  ich  gar  nicht,  dasz  die  vorgeschla- 
gene Änderung  keineswegs  leicht  ist,  aber  der  Zusammenhang  scheint 
sie  mir  durchaus  zu  fordern,  nur  wenn  man  cil|Ll€Ta  liest ,  Iftszt  sich 
dem  §  9  ein  vernünftiger  sinn  abgewinnen.  —  Schlieszlich  möchte 
ich  noch  beifügen ,  dasz  ich  vor  den  werten  per  quod  cUta  res  usw. 
stärker  interpungieren  würde,  mit  diesen  werten  beginnt  Quint.^ 
wie  oben  (§  4)  mit  den  werten  id  atäem  accidüj  näher  aus  einander 
zu  setzen,  was  unter  der  bezeichneten  art  von  signa  zu  verstehen  ist. 
München.  Mobiz  Kideblin. 


68.  ' 
Zu  DEMOSTHENES  OLYNTHISCHEN  BEDEN. 


Wer  des  Demosthenes  unvergleichliche  redekunst  bewundern 
will,  der  braucht  nur  die  ganz  kurze  einleitung  zur  ersten  olynthi- 
schen  rede  zu  lesen ;  geschickter  und  wirksamer  als  es  hier  geschehen 
ist  kann  man  sich  nimmermehr  der  ungeteiltesten  anfmerksamkeit 
seiner  zuhörer  versichern;  nur  erscheint  es  gegen  das  ende  dieser 
einleitung  aus  grammatischen  und  logischen  gründen  geboten  die 
Worte  §  1  Tfic  ufier^pac  tuxtic  t&TroXa|Lißdvu)  parenthetisch  zu  fassen 
und  etwas  weiterhin  das  übliche  direXBeiv  in  diT^XOoizu  verwan- 
deln ;  es  lautet  dann  der  letzte  absatz  des  einleitenden  gedankens  in 
deutscher  Übersetzung  also :  ^denn  so  könntet  ihr  nicht  blosz  etwaige 
vorbereitete  redner  hören  und  manchen  nützlichen  rat  bekommen, 
sondern  —  in  Würdigung  eurer  glücklichen  beanlagung  (Ol.  3  §  15 
Kai  Top  ciTTcTv  xd  b^ovia  nap*  ufiiv  elciv,  i5  ävbpcc  'ASi^vaToi, 
buväjüievoi  Kai  Tvwvai  irdviuiv  ufieic  öEÜTaroi  xd  prfiiyTa)  nehme 
ich  es  an  —  etlichen  würden  auch  ohne  Vorbereitung  vielerlei  not- 
wendige bemerkungen  zur  sache  glücklich  einfallen,  so  dasz  ihr  aus 
allem  eine  leichte  aus  wähl  dessen  hättet,  was  zweckdienlich  ist.' 
mit  andern  werten:  Athener,  als  aufmerksame  zuhörer  (irpoOujiuiC 
dO^XovTec  dKOueiv)  braucht  ihr  nicht  allein  passiven  anteil  an  den 
gegenwärtigen  Verhandlungen  zu  nehmen,  sondern  auch  activen,  ihr 
könnt  nicht  blosz  receptive  (toGt'  dv  dKOUcavT€C  XdßoiTe),  sondern 
auch  recht  productive  (TToXXd  dv  diT^XOoi  elTreiv)  berater  des  Vater- 
landes sein  und  so  mithelfen,  den  Schleier  zu  lüften,  welcher  zur  zeit 
des  Vaterlandes  zukünftige  wahre  Wohlfahrt  unsem  äugen  verhüllt 
(qpavepöv  t^v^cGai  tö  m^XXov  cuvo(ceiv  t^  iröXei);  fürwahr  eine 
überaus  packende  captatio  benevolentiae !  die  Überlieferung  läszt  die 
von  dem  doch  vorbereiteten  (dcKepfi^voc  Tic)  Demosthenes  jeden- 
falls beabsichtigte  antithese  nicht  scharf  genug  hervortreten. 

Nakbl.  Johannes  Richter. 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOeiE 

HERAU8GEOEBBN   VON  ALFBED  FlBCKBIBSN. 


(13.) 

ZUR  GESCHICHTE  UND  C0HP08ITI0N  BEB  ILIAS. 


VI.    ÜBER  DAS  ACHTZEHNTE  BUCH  DER  ILIAS. 

Dasz  die  bücber  N — P,  wenigstens  ihrem  gnmdsiocke  nach,  sur 
alten  fif^ic  'AxiXf)oc  gehören,  ist  ebenso  gewis  wie  dasz  sie  daroh 
spätere  Zusätze  erweitert  sind ,  Aber  deren  zahl  und  umfang  ieh  in- 
dessen an  dieser  stelle  keine  behanptungen  aufstellen  will,  die  erste 
hälfte  des  buches  C  (v.  1—367)  ist  ebenfalls  ein  teil  der  alten 
epopöe  vom  zome  des  Achilleus,  während  die  zweite  hälfte  das  werk 
des  zweiten  bearbeiters  ist. 

Was  die  erste  bälfte  des  buches  C  betrifft,  so  hat  im  gegensatz 
zu  der  so  eben  aufgestellten  behauptung  CRothe  (jahresber.  des 
Berliner  philol.  Vereins  1887  s.  281)  die  ansieht  vertreten*  dasz 
diese  partie  den  spätesten  teilen  der  Ilias  angehöre,  diese  ansieht 
halte  ich  jedoch  für  falsch  und  gedenke  sie  ausführlich  zu  wider- 
legen, sie  beruht  zunächst  auf  der  ebenfalls  irrtümlichen  meinung 
desselben  gelehrten,  dasz  die  älteste  Ilias  nichts  davon  wisse,  dasz 
Patroklos  von  Hektor  getötet  wird  und  Achilleus  jenen  rächt.  Bothe 
sagt  hierüber  (ao.  s.  291):  'wenn  Zeus  Achilleus  versprochen  hat  ihn 
zu  ehren ,  wenn  Achilleus  erst  dann  wieder  am  kämpfe  teilnehmen 
will,  wenn  die  Griechen  in  der  grösten  not  sind,  dann  musz  er  wirk- 
lich in  dieser  not  eingreifen  und  nicht  erst  durch  den  tod  seines 
besten  freundes  dazu  gebracht  werden.'  allein  in  der  alten  fif)vic 
sagt  Achilleus  nirgends ,  dasz  er  in  der  äuszersten  not  der  Achaier 
wieder  in  den  kämpf  eingreifen  will,  sondern  in  dem  späten  buche  I, 
und  wenn  er  es  sagte,  ist  denn  die  entsendung  des  freundes  und 
der  Myrraidonen  nicht  eine  sehr  nachdrückliche  Unterstützung  der 
Achaier?  ferner  kann  Bothe  den  tod  des  Patroklos  nur  als  strafe 
für  die  hartnäckigkeit  des  Achilleus  in  I  ansehen,  I  aber  gehöre  zu 
den  spätesten  teilen  der  Ilias.   allein  Patroklos  fftUt  einfach,  weil  es 

Jahrbücher  für  class.  philol.  18S8  hft  8.  d4 


f)14        KBrandt:  zur  geecbichte  und  composition  der  Ilias.  VI. 

sein  geschick  ist,  weil  er  die  wamung  des  Acbilleus  TT  89  £f.  in  den 
wind  geschlagen  hat  und  weil  der  dichter  hierdurch  das  folgende 
aufs  schönste  zu  motivieren  beabsichtigte. 

Den  hinfälligen  gründen  Bothes  gegenüber  bezeugt  nun  1)  X  331, 
dasz  Acbilleus  den  Patroklos  rächt.  2)  ist  ohne  den  tod  des  freundes 
wohl  erklärlich ,  dasz  Acbilleus  die  äuszerste  not  von  den  Achaiem 
abwehrt,  etwa  so  wie  er  es  in  C  202  £f.  thut,  aber  nicht  dasz  er  bis 
unter  die  mauern  von  Ilios  vordringt,  nicht  dasz  er  den  Hektor 
tötet.  3)  die  unbändige  wut  des  beiden  ist  nur  zu  erklären,  wenn 
ein  grund  für  diese  auszerordentliche  erbitterung  vorlag.  4)  für  den 
hasz  des  Acbilleus  gegen  Agamemnon  ist  es  überaus  charakteristisch, 
dasz  der  grollende  Peleüde  nur  durch  die  heiszen  thränen  des  freundes 
bewogen  wird  die  Myrmidonen  zu  entsenden ,  und  dasz  er  auch  da 
noch  sich  nicht  überwinden  kann  selbst  mit  in  den  kämpf  zu  ziehen, 
sondern  den  freund  als  führer  seiner  mannen  ausschickt.  5)  mit  der 
unmenschlichen  grausamkeit  des  Acbilleus  werden  wir  dadurch  ver- 
söhnt, dasz  die  schönste  und  erhabenste  freundestreue  das  motiv  für 
dieselbe  ist.  wahrlich^  stammte  die  Patrokleia  von  einem  Über- 
arbeiter, so  wäre  dieser  ein  genialer  meister,  der  ursprüngliche 
dichter  ein  mittelmäsziger  stümper  gewesen. 

Betrachten  wir  nunmehr  auch ,  was  eine  zum  teil  sehr  wunder- 
liche hyperkritik  an  einzelbeiten  gegen  die  erste  hftlfte  von  C  heraus- 
gefunden hat.  die  verse  9—11  sollen  mit  P  410  f.  in  widersprach 
stehen,  aber  wenn  Thetis  auch  früher  einmal  gesagt  hat  (nOT^ 
C9),  dasz  vor  dem  tode  des  Acbilleus  der  beste  Mjrmidone 
fallen  werde,  so  braucht  sie  ihm  deshalb  jetzt  (P  401  ff.)  noch 
nicht  gesagt  zu  haben,  dasz  Patroklos  schon  gefallen  sei.  übri- 
gens ist  P  400 — 411  eine  verdächtigte  partie.  vorzüglich  passen  die 
verse  C  9  --  1 1 ,  nach  denen  Acbilleus  wüste ,  dasz  vor  seinem  tode 
der  beste  der  Myrmidonen  fallen  werde,  zu  TT  89  ff-,  wo  der  PeleYde 
den  freund  allerdings  ziehen  läszt,  um  die  Achaier  von  dem  äuszer- 
sten  zu  erretten,  aber  dafür  auch  seinen  geführten  warnt  sich  ja 
auf  das  notwendigste  zu  beschränken  und  nicht  gegen  Ilios  vorzu- 
dringen. 

Am  schlimmsten  ist  es  der  partie  148 — 238  ergangen,  diese 
soll  mit  dem  buche  P  in  Widerspruch  stehen  und  auch  an  und  fUr 
sich  nichts  taugen,  welches  ist  denn  nun  die  Situation  am  ende 
von  P?  Menelaos  und  Meriones  tragen  den  leichnam  des  Patroklos, 
die  beiden  Aias  schützen  ihn,  Aineias  und  Hektor  greifen  ihn  an. 
die  kämpfe  um  die  leiche  des  Menoitiaden  sind  entschieden,  die 
Achaier  fliehen  und  haben  zum  teil  schon  den  graben  überschritten: 
irepi  t'  dfiqpi  T€  Tdqppov  760.  was  wunder,  wenn  es  C  160  heisit, 
dasz  sie  nunmehr  schon  vf)dc  T€  Kai  '€XXrjciTOVTOV  erreicht  haben? 
während  so  die  übrigen  Achaier  schon  über  den  graben  zu  den 
schiffen  gelangt  waren  und  sich  somit  den  geschossen  der  Troer  ent- 
zogen hatten,  war  dies  denjenigen,  welche  den  leichnam  des  Patro- 
klos trugen  und  schützten,  nicht  gelungen,  diese  befanden  sich  noch 


KBrandt:  zur  gescbiehie  and  compofiiiion  der  Iliu.  VL       515 

jenseit  des  grabens.  natürlich,  wer  eine  schwere  last  tu  tragen  hrt» 
kann  nicht  so  schnell  laofen ,  wie  wer  vielleicht  gar  noch  scbild  und 
Speer  fortwirft  (P  760  f.  iToXXä  bk  TCiix^a  KoXdt  ir^cov . .  (pcutövTWV 
Aavaujv).  besonders  der  Obergang  über  den  graben  nraste  für  die 
träger  des  leichnams  schwierig  sein,  überhaupt  laofen  beiden  w4e 
die  beiden  Aias  und  Menelaos  nicht  so  schnell  fort  wie  irgend  welche 
andere,  zumal  wenn  sie  von  beiden  wie  Aineias  und  Hektor  snrück* 
gebalten  werden,  die  Troer  waren  natürlich  auch  noch  nicht  über 
den  graben  gegangen :  vor  einem  so  geffthrlichen  unternehmen  pflegt 
man  sich  erst  zu  bedenken  und  zu  sammeln,  auch  153  OÜTIC  top 
bf|  TÖv  T^  Kixov  Xaöc  T6  kqI  Imroi  ''öauip  T6  stimmt  vorzüglich  sa 
P  725—34.  bald  blieben  die  Troer  erschrocken  stehen ,  bo  dasz 
Menelaos  und  Meriones  den  leichnam  ruhig,  weiter  tragen  konnten, 
bald  stürmten  sie  wieder  auf  den  toten  Patroklos  ein.  so  auch 
C  153:  wieder  einmal  erreichten  sie  den  leichnam.  (gegen  Hentze 
anhang  zur  II.  VI  s.  109.) 

In  den  versen  171  ff.  sagt  Iria,  dasz  um  Patrokloe  der  kiimpf 
vor  den  schiffen  rast,  dasz  die  einen  ihn  retten,  die  andern  ihn  bin* 
wegschleppen  wollen ,  und  dasz  in  diesem  kämpfe  viele  fallen,  was 
hiervon  sollte  wohl  zu  dem  Schlüsse  von  P  nicht  stimmen?  (gegen 
Hentzeao.)  femer  soll  das  dpijccacdai  und  ^K^^eyai- 152.  156.  165. 
174.  176.  232  sowie  das  iTOb<!iv  Xdßc  155  beweisen,  dasx  Patroklos 
am  boden  lag.  an  einem  getragenen  leichnam  kann  man  aleo  nicht 
ziehen  und  zerren?  womit  soll  man  solche  gründe  widerlegen? 
(ge^en  Hentze  ao.)  sodann  sollen  die  werte  157  f.  beweisen,  dasz 
die  beiden  Aias  ihren  posten  verlassen  haben,  das  nicht,  sie  sind  eben 
einen  augenblick  von  Hektor  zurückgedrängt,  (gegen  Hentze  ao.) 
KpOßba  Aide  dXXuiV  Te  Oetiav  (168)  soll  dem  widersprechen,  dasz 
Zeus  auf  dem  Ida,  nicht  auf  dem  Olympos  ist.  aber  konnte  Zeus 
vom  Ida  aus  die  Iris  nicht  besser  zu  Achilleus  gehen  sehen  als  vom 
Olympos  aus?  (gegen  Hentze  ao.  s.  118.)  mit  recht  schickt  femer 
Here  die  Iris  heimlicb.  denn  nach  der  auffassung  der  alten  jLlf)viC 
weisz  sie  nicht,  dasz  Zeus  nichts  will  als  dem  Achilleus  genugthuung 
verschaffen,  und  dasz  also  das  wiedereingreifen  desselben  in  den 
kämpf  ganz  nach  dem  willen  ihres  gatten  ist;  vielmehr  denkt  sie, 
dasz  derselbe  jetzt  seinem  lieblingsvolke  endgültig  sieg  geben  will  und 
deshalb  durchaus  keine  einmischung  wünscht,  (gegen  Hentze  ao.) 
das  auftreten  der  Athene  in  203  ff.  bedarf  keiner  besondem  erklS- 
rung :  denn  diese  göttin  ist  überall  zur  band,  wo  es  gilt  den  Achaiem 
zu  helfen,  (gegen  Hentze  ao.)  wenn  sodann  Athene  204  die  aigis 
trägt,  welche  P  593  Zeus  hatte,  so  ist  das  nicht  besonders  merk- 
würdig. Zeus,  der  seinen  scbild  0  229  dem  Apollon  gegeben  hatte^ 
um  Achilleus  zu  ehren,  hat  ihn  hier  zu  demselben  zwecke  der  Athene 
überlassen,  der  dichter  brauchte  dies  nicht  genau  zu  erzählen,  er 
berichtet  ja  auch  nicht  dasz  Apollon,  nachdem  er  die  aigis  genug  ge- 
braucht hatte ,  dieselbe  dem  Zeus  wiedergab,  und  doch  hat  dieser 
sie  in  P  wieder  und  benutzt  sie.    weil  eben  die  götter  alles  leicht 


516        EBrandt:  zur  gcecliichte  und  composition  der  11ia8.  VI. 

und  obne  mttbe  tbun,  dispensiert  sich  der  dichter  oft  von  einer 
genauen  erzfthlung  der  ereignisse  in  der  gOtterwelt.  so  auch  in  A, 
wo  nichts  davon  erzfthlt  ist,  dasz  Apollon  aufhört  zu  schieszen  und 
sich  in  den  Olympos  zurückbegibt,  von  dem  er  mit  so  schrecklichem 
gerassei  herabgekommen  war.  (gegen  Hentze  ao.)  wenn  nun  Athene 
die  aigis  umhängt,  den  Acbilleus  durch  eine  wunderbare  flammen- 
erscheinung  furchtbar  macht  und  ihre  stimme  mit  der  des  PeleYden 
vereint,  so  erblicke  ich  hierin  nicht  eine  Verwirrung,  sondern  eine 
wirkungsvolle  summierung  der  motive.  auch  kann  ich  nicht  finden^ 
dasz  die  verse  233 — 38  kurz  bis  zur  Unklarheit  seien.  Acbilleus 
folgt  nicht  dem  sich  in  bewegung  setzenden  leichenznge,  sondern 
den  sich  um  die  bahre  versammelnden  geffthrten. 

Wenn  femer  239  Helios  noch  nicht  mtlde  i&t,  so  mag  das  wohl 
nach  dem  jetzigen  gange  der  Ilias  wunderbar  erscheinen,  da  ja  schon 
A  86  der  tag  weit  vorgeschritten  ist;  dagegen  keineswegs  nach  dem 
ursprünglichen  gange  der  alten  Mf)vic,  in  welcher  die  'Atc(|li^|liV0V0C 
äpiCTcia  (A)  von  der  TeixoMOtxia  (M)  durch  eine  nacht  getrennt  war. 
schier  unglaublich  ist  es  auch,  wenn  behauptet  wird,  dasz  die  nieder- 
geschlagenheit  des  Pulydamas,  die  sich  in  dem  ersten  teile  seiner 
rede  ausspricht,  dem  zuversichtlichen  tone  am  Schlüsse  derselben 
widerspreche.  Pulydamas  fürchtet  eben  eine  o£fene  feldschlacht  sehr, 
dagegen  hofft  er  viel  von  der  Verteidigung  der  mauern  und  türme 
von  Ilios.  (gegen  Hentze  ao.  s.  120  f.)  sodann  heiszt  es  314  f.  dasz, 
während  die  Troer  das  mahl  einnahmen,  die  Achaier  den  Patroklos 
die  ganze  nacht  beweinten,  damit  steht  nicht  in  Widerspruch,  wenn 
wir  355  lesen,  dasz  die  Mjrmidonen  in  der  Umgebung  des  Patroklos, 
nachdem  sie  den  leichnam  gewaschen  und  ins  leichentnch  gehüllt 
hatten ,  die  ganze  nacht  hindurch  mit  dem  Peletden  jammerten  und 
klagten,  hierdurch  ist  nur  ausgedrückt,  dasz  alle  Griechen  um 
Patroklos  weinten ,  besonders  aber  das  gefolge  des  Acbilleus. 

Endlich  musz  ich  mich  sogar  zum  Verteidiger  der  verse  356 — 67 
machen ,  welche  allgemein ,  aber  meist  indicta  causa  verurteilt  wer- 
den, das  wiedereingreifen  des  Acbilleus  und  der  schlieszliche  sieg 
der  Achaier  ist  ganz  nach  dem  sinne  des  Zeus,  welcher  ja  dem  Pe- 
lelfden  genugthuung  verschaffen  will.  Here  aber  bildet  sich  ein,  dan 
Zeus  die  Achaier  überhaupt  ganz  vernichten  wolle  und  dasz  sie  das 
wiederauftreten  des  Acbilleus  gegen  den  willen  des  Zeus  durch* 
f^esetzt  habe,  dieser  läsxt  nun  seine  gemahlin  bei  ihrem  glauben 
und  spendet  ihr  ironisch  lob:  ^nun  hast  du  es  doch  durchgesetit.' 
und  neckend  fügt  er  hinzu:  Jährlich,  die  Achaier  sind  doch  wohl 
<leine  eignen  kinder.'  anstö^zig  ist  nur  da^  öine,  dasz  dies  gesprftch 
y. wischen  Zeus  und  Uere  doch  offenbar  im  Olympos  stattfindet  und 
dasz  von  einer  rückkehr  des  Kroniden  in  den  gOttersitz  nichts  gesagt 
ist.  aber  diese  Schwierigkeit  bliebe  bestehen,  auch  wenn  366 — 67 
unecht  wären,  auch  dann  ist  nicht  erzählt,  dasz  Zeus  vom  Ida  lu- 
rückkehrte.  oder  verweilte  er  dort  die  ganze  nacht?  allein  wir  haben 
schon  oben  gesehen ,  dasz  die  ereignisse  in  der  götterweit  nicht  mit 


K Brandt:  zur  gesohichte  und  eompoftition  der  lliat.  VI.       617 

absoluter  genauigkeit  geschildert  werden,  der  dichter  hielt  es  eben 
für  selbstYerstftndlicb ,  dasz  jeder  sich  denken  würde,  dasz  mit  dem 
untergange  der  sonne ,  wo  alles  sich  schlafen  legte ,  auch  Zens  sich 
zur  ruhe  begab,  und  dasz  Zens  nach  diesen  schmeichelnden  Worten 
sanfter  neben  seiner  herschenden  gemahlin  ruhte,  als  wenn  er  sich 
vorher  mit  ihr  gezankt  hätte,  liegt  auf  der  hand. 

Demnach  darf  man  es  wohl  als  erstaunlich  bezeichnen,  dasz  emer 
so  scharfen  und  eingehenden  kritik  die  erhabene  Schönheit  dieser 
partie  entgehen  konnte,  die  der  feinsinnige  Lehrs  mit  so  treffenden 
Worten  gepriesen  hat.  gewaltig,  unbändig  und  wahrhaft  heroisch  ist 
die  klage  des  Achilleus  um  den  getuteten  freund,  rührend  die  traner 
der  in  ihren  schönsten  mütterlidien  hoffoungen  geteuschten  Ihetis, 
süsz  und  schmeichelnd  die  anrede  an  ihren  söhn,  und  wer  erinnerte 
sich  nicht  bei  der  folgenden  scene  zwischen  mutter  und  söhn  jenes 
gesanges  von  Hermann  und  Dorothea,  welcher  dem  dichter  selbst 
immer  thränen  ins  äuge  lockte  und  welche  der  letzte  und  gröete 
Homeride  aus  dem  tragischen  und  heroischen  des  Homeros  ins  idyl- 
lische und  bürgerliche  übersetzte?  gewaltig  ist  das  letzte  ringen 
um  den  leicbnam  des  Patroklos,  übermenschlich  das  erscheinen  des 
Achilleus,  übermenschlich  auch  die  Wirkung  dieses  erscheinens.  einen 
bedeutsamen  ausdruck  findet  diese  in  den  Worten  des  Puljdamas, 
und  trotz  der  kecken  gegenrede  des  Hektor  ahnt  man  wohl,  dasz  die 
befürcbtungen  des  klugen  PanthoYden  gegründet  sind,  rührend  end- 
lich ist  auch  die  fürsorge  für  den  leichnam  des  Patroklos. 

Aber  nicht  nur  schön,  sondern  auch  alt  ist  die  erste  hälfte  von  C 
die  erste  erweiterung  der  alten  epopöo  vom  zome  des  Achilleus, 
B  42 — H  312,  eine  verhältnismäszig  frühe  und  von  einem  wirklichen 
dichter  herrührende  partie,  ist  später  als  C  1 — 367.  denn  verschie- 
dene verse  und  versteile,  welche  in  C  ein  originales  gepräge  tragen, 
finden  sich  in  jener  partie  wieder,  allerdings  keineswegs  ungeschickt 
verwendet,  aber  doch  so,  dasz  etwas  ursprünglich  bedeutungsvolles 
abgeblaszt  und  rein  als  phrase  oder  als  epitheton  omans  erscheint, 
so  ist  in  dem  €i3p€  AuKäovoc  xAöv  ä|Liu|iOvd  t€  Kparepöv  T€  (A  89. 
€  169)  das  ä|üiu|Liovd  t€  Kparepöv  re  nichts  als  eine  formelhafte 
redensart,  fQr  die  ebenso  gut  etwas  anderes  hätte  stehen  können, 
dagegen  in  C  54  ff.  wird  das  oxymore  bucapiCTOTÖK€ia  erklärt,  und 
zwar  zunächst  das  dpiCTOTÖKeia  durch  ^t'  £iTel  &p  T^KOV  ul6v 
dfiufiova  T€  Kparepöv  re  usw.,  sodann  das  buc*  durch  röv 
V  oux  uTTob^Hofiai  aÖTic  olKabe  vocrrjcavro,  böfiov  TTtiXtiiov 
ekuj.  öcppa  be  fioi  Ivjei  Kai  öp$  qpöoc  i^€X(oio,  dxvurai.  man  sieht 
dasz  dfiu^ovd  re  Kparepöv  re  hier  das  Schwergewicht  des  gedankens 
trägt  und  durchaus  nicht  ausgelassen  oder  durch  irgend  etwas  an- 
deres ersetzt  werden  konnte. 

Sodann  betrachte  man  H  163  ff.  r(jj  b'  in\  Tubeibnc  dIpTO 
Kparepöc  Aio^rjbiic,  roici  b*  dir'  Aiavrec  Goöpiv  diruifi^voi 
dXKii  V,  roici  b'  in*  usw.  es  ist  klar,  dasz  OoCpiv  £iTi€i|Lidvoi dXxt^v 
zwar  nicht  unpassend,  aber  doch  nur  ein  epitheton  omans  ist.   ganz 


518        KBrandt:  zur  geschieh te  und  composition  der  Ilias.  VI. 

anders  passen  dagegen  diese  worte  C  157,  wo  in  schwieriger  sitnaiion 
mit  Übermenschlicher  ausdauer  von  den  beiden  Aias  die  wütenden 
und  immer  wiederholten  angriffe  Hektors  abgewehrt  werden. 

Der  yers  B  385  lautet:  ujc  k6  TravTHi^pioi  CTutepiij  KpiV((;|Li€0' 
"April,  der  krieg  heiszt  CTUTCpöc,  weil  jeder  krieg  schrecklich  isL 
aber  in  ganz  anderm  sinne  wird  in  C  209  der  krieg  CTUTCpöc  genannt, 
denn  wenn  die  be wohner  einer  stadt,  die  auf  ferner  insel  liegt  und  des- 
halb an  fremder  hilfe  schon  fast  verzweifelt,  tags  kämpfen  und  nachts 
hellflammende  Scheiterhaufen  entzünden,  um  durch  den  nächtlichen 
feuerschein  vielleicht  doch  noch  die  umwohner  auf  ihre  not  aufmerk- 
sam zu  machen ,  so  musz  man  gestehen ,  dasz  die  Situation  der  be- 
lagerten eine  verzweifelte  ist ,  dasz  dieser  krieg  im  besondern  sinne 
CTUTCpöc  genannt  werden  musz. 

In  €  29  heiszt  es  iräciv  öpivOr)  6u)üi6c,  nachdem  die  söhne  des 
Dares ,  zwei  unbekannte  gröszen ,  besiegt  waren ;  und  zwar  war  der 
eine  getötet,  der  andere  in  die  flucht  gejagt  worden,  eine  ganz  andere 
veranlassung  zu  dem  iräciv  öpivQr)  Oufiöc  war  in  C  223,  wo  Achil- 
leus,  durch  Athene  mit  schrecken  und  leuchtendem  glänze  umgeben 
und  mit  mächtiger  stimme  begabt,  in  den  kämpf  wieder  einzugreifen 
droht. 

Endlich  ist  der  vers  B  139  dXX'  äjeff,  ibc  fiv  ^T^v  elirui,  tt€1- 
6(Jb|Li€6a  TrävT€C  ja  gewis  nicht  zu  tadeln,  aber  fdr  C  297  ist  er  offen- 
bar zuerst  gedichtet  worden,  denn  hier  ist  das  djubv  dem  Vorredner 
Pulydamas,  das  iT€i6u)|Li€6a  dem  dirmeiceTai ,  das  irdvTec  dem  oö 
"i&p  TIC  entgegengesetzt 

Aber  noch  mehr:  es  finden  sich  in  der  ersten  hälfte  von  C 
andeutungen  über  einen  verlauf  der  erzählung,  welcher  von  dem 
gange  unserer  jetzigen  Ilias  abweicht,  diese  andeutungen  weisen 
darauf  hin,  dasz  die  erste  hälfte  von  C  für  einen  ursprünglichem 
verlauf  der  erzählung  gedichtet  wurde,  so  ist  bereits  von  Lachmann 
bemerkt  worden ,  dasz  nach  C  75  Achilleus  sich  nicht  der  Tbetis  als 
fürsprecherin  bediente,  sondern  selbst  zu  Zeus  betete,  auch  habe 
ich  schon  dargethan ,  dasz  dies  der  gang  der  erzählung  in  der  alten 
fif^vic  war,  und  dasz  der  bittgang  der  Thetis  und  alle  stellen,  welche 
diesen  erwähnen,  zu  den  spätesten  teilen  der  Ilias  gehören. 

Interessant  ist  auch  das  iterativum  xcx(p€CKOV  (259).  haben  die 
Troer  mehr  als  6inmal  in  der  ebene  gelagert?  nach  unserer  jetzigen 
Ilias  allerdings  nur  einmal,  nemlich  am  ende  des  zweiten  sohlaäii- 
tages.  aber  die  gestaltung  der  alten  fif^vic  war  eine  andere,  wie 
schon  erwiesen  wurde,  lag  ursprünglich  zwischen  den  kämpfen  der 
*ATa|üi^|Livovoc  dpiCTcia  (in  A)  und  denen  um  die  mauer  (M)  eine 
nacht,  und  diese  wurde  von  den  Troern  im  freien  felde  zagebracht. 
aber  auch  in  der  nacht,  welche  den  creignissen  des  buches  A  vorans- 
gieng,  dh.  in  der  nacht  vor  denjenigen  kämpfen,  welche  nach  der  alten 
fif^Vic  die  ersten  waren  und  unmittelbar  dem  träume  in  8  folgten, 
müshcn  die  Troer  nach  der  ursprünglichen  gestaltung  der  dich- 
tung  in  der  troischen  ebene  campiert  haben,    dies  kann  man  noch 


EBrandt:  zur  geschichte  und  composition  der  Iliaa.  VI.       519 

jetzt  deutlich  aus  dem  an&nge  von  A  erkennen,  hier  wird  der 
auszug  der  Achaier  aus  dem  schlffiriager  genau  geschildert,  da* 
gegen  lesen  wir  nichts  Ton  einem  auszug  der  Troer  aas  der  stadt, 
vielmehr  wird  nur  gesagt,  dasz  sie  sich  auf  der  Jböhe  der  ebene 
wappneten,  sie  hatten  eben  bivouakiert  und  brauchten  daher  nidit 
auszurücken,  eine  andere  frage  ist,  wie  die  handlung  in  der  alten 
|Lif)vic  gestaltet  war,  wenn  die  Troer  schon  Tor  der  erOfihung  des 
kampfes  in  der  ebene  lagerten,  dies  können  wir  jetzt  nicht  mehr. 
mit  bestimmtheit  sagen,  da  das  verloren  ist,  was  ursprünglich  zwi* 
sehen  A  346  und  B  1  stand,  wahrscheinlich  hatten  die  Troer  berdts 
von  dem  grolle  des  Achilleus  gehört  und  wagten  sich  schon  ani  abend 
desselben  tages  in  die  ebene  hinein. 

Dagegen  mit  dem  verse  C  369  beginnt  eine  völlig  anders  ge* 
artete  partie.  das  verweilen  der  Thetis  bei  Hephaistos  und  die  6ir)U>* 
TTOiia  hat  der  dichter  sidi  offenbar  gleichzeitig  mit  den  in  148-*  868 
geschilderten  ereignissen  gedacht;  doch  hat  er  nicht  beachtet ,  daas 
der  gang  der  Thetis  zu  Hephaistos  an .  dieser  stelle  so  onglttoklioh 
eingefügt  ist,  dasz  man  nicht  weiss,  ob  man  sich  als  die  zeit  dieses 
ganges  die  nacht  oder  den  folgenden  tag  denken  soll,  denn  die 
sonne  ist  längst  untergegangen  (239  f.),  und  nacht  lagerte  über  den 
schiffen  der  Achaier,  über  dem  lager  der  Troer  und  über  den  woh? 
nungen  der  seligen  götfer :  s.  hierüber  Bekker  Hom.  blfttter  11  s.  232.f. 

In  382  ist  Xdpic  als  singularis  aufflKllig,  sonst  lesen  wir  in 
Ilias  und  Odyssee  nur  von  XdpiTCC,  und  zwar  in  dem  erstem  ge- 
dichte  sowohl  in  den  teilen  welche  der  alten  liftvic  zuzurechnen  sind 
(Z  267.  275.  P51),  als  auch  in  denjenigen  welche  ich  als  die  erste 
erweiterung  bezeichne  (€  338). 

Die  verse  385  f.  sind  offenbar  den  versen  e  87  f.  nachgebildet, 
als  aiboToc  bezeichnet  in  der  Odyssee  Kalypso  den  Hermes  mit  recht, 
denn  diesem  als  einem  abgesandten  des  Zeus  war  die  nymphe  ehr- 
furcbt  schuldig  und  folgte  demgemäsz  dem  befehle  des  götterboten, 
ohne  sich  zu  weigern ,  so  schwer  es  ihr  auch  werden  mochte,  auch 
zu  dem  worte  (piXoc  hatte  Kalypso  besondere  veranlassung.  wer>so 
weit  von  menschen  und  göttem  entfernt  wohnt  wie  die  nymphe,  dem 
musz  wohl  in  der  that  ein  besuch  sehr  angenehm  sein,  auch  das 
iräpoc  T€  M^v  oü  ti  6a|Lii2[€ic  ist  der  Situation  sehr  angemessen,  trotz 
günstigsten  windes  ist  doch  eine  ununterbrochene  Seefahrt  von  mehr 
als  17  tagen  und  17  nachten  nötig,  um  von  Ogygie  nach  Scherie 
zu  gelangen,  kein  wunder,  dasz  Kalypso  nur  selten  besuch  erhielt, 
wenn  dagegen  Charis  die  Thetis  aiboiTi  T€  qpiXr)  Te  nennt,  so  scheint 
hierzu  eine  besondere  veranlassung  zunächst  nicht  vorhanden  zu  sein. 
erst  nacbträglich  erfahren  wir  von  den  Verdiensten  der  Thetis  um 
Hephaistos,  welche  diese  anrede  vielleicht  rechtfertigen  könnten,  und 
was  das  Träpoc  fe  ji^v  ofi  ti  OojiiZeic  betrifft,  so  hatte*  Thetis,  die  so 
oft  auf  dem  Olympos  war,  jedenfalls  häufig  gelegenheit  dazu,  ihren 
frühem  Schützling  zu  besuchen,  während  Hermes  sicher  doch  nur 
auszerordentlich  selten  nach  Ogygie  kam.   das  schlimmste  aber  ist, 


520       EBrandt:  zur  gescbichte  und  composition  der  llias,  YJL 

dasz  Cbaris  eine  antwort  auf  ihre  frage  gar  nicht  abwartet,  so  dasz 
diese  gänzlich  unnütz  ist  und  lediglich  als  eine  phrase  erscheint. 
V.  390  kommt  sonst  nur  in  späten  teilen  der  Odyssee  Tor. 

Auf  die  Unklarheit  der  ganzen  scene  hat  EBembardt  'beitrag 
zur  Homerkritik'  (Verden  1873)  s.  16  £f.  sehr  richtig  aufmerksam 
gemacht.  Tbetis  findet  den  Hepbaistos  und  kommt  ihm  nahe  (372 
und  381),  redet  ihn  aber  nicht  an,  wird  auch  von  ihm  weder  gesehen 
noch  angeredet,  vielmehr  tritt  ganz  unnötig  und  unerwartet  die 
Cbaris  dazwischen,  diese  führt  Tbetis  hinein,  aber  man  weisz  nicht 
wohin,  man  sollte  denken  in  den  räum,  wo  Hepbaistos  arbeitet, 
wenn  Tbetis  nicht  schon  in  demselben  war.  aber  nein ,  Hepbaistos 
wird  erst  in  das  zimmer  hereingerufen,  in  dem  Tbetis  sich  befindet 
dann  verschwindet  Cbaris  spurlos  in  ganz  unerklärlicher  weise  auf 
nimmerwiederseben.  die  ganze  bandlung  ist  der  des  späten  bitt- 
ganges  der  Tbetis  ziemlich  ähnlich,  dort  verwendet  sich  Tbetis  fttr 
ihren  söhn  bei  Zeus,  hier  bei  Hepbaistos.  dort  bat  sie  sich  Ver- 
dienste um  jenen  erworben ,  hier  um  diesen,  dort  wird  der  erwach- 
sene Hepbaistos  von  Zeus,  hier  das  kind  von  Here  aus  dem  Oljmpos 
geworfen,  man  sieht  dasz  der  gott  der  esse  saubere  eitern  hatte. 
Bernhardt  will  382 — 422  auswerfen,  aber  weder  das  vorhergebende 
noch  das  folgende  ist  besser  als  diese  partie.  auch  scblieszt  sich  423 
nicht  an  381  an.  dasz  Tbetis  sich  setzt,  kann  nicht  fehlen,  und  dasx 
sie  Verdienste  um  Hepbaistos  hat,  ist,  wenn  nun  doch  eüimal  der 
gang  der  Tbetis  zu  Hepbaistos  genau  erzählt  werden  sollte,  eine  ganx 
angemessene  erfindung. 

In  den  versen  4*24  —  27  bat  unser  dichter  noch  einmal  die 
verse  6  87 — 90  nachgebildet,  auch  an  dieser  stelle  läset  sich  die 
Priorität  der  Odysseeverse  deutlich  erkennen,  die  freundliohkeit,  mit 
der  Kalypso  den  Hermes  zum  reden  auffordert  und  die  erfQllung 
seines  begebrens  schon  im  voraus  zusagt,  steht  in  einem  fein  be- 
rechneten  contraste  zu  der  peinlicbkeit  des  auftrage,  es  wird  des» 
halb  dem  Hermes  ganz  besonders  schwer  mit  der  spräche  berausxu- 
rücken.  er  beginnt  daher  nicht  ohne  Umschweife :  *da  da  mich  nun 
einmal  fragst  und  es  doch  wissen  willst,  so  will  ich  es  dir  sagen,  ich 
komme  übrigens  nicht  aus  eignem  antrieb  und  wäre  lieber  des  auf* 
trags  überhoben  gewesen,  aber  Zeus  hat  es  nun  doch  einmal  be* 
fohlen.'  dies  alles  ist  von  wunderbar  feiner  kunstwirkung.  dagegen 
sind  die  verse  426  f.  zwar  nicht  anstöszig,  entbehren  aber  jeder  be- 
sondem  feinbeit  und  drücken  die  gedanken  des  Hepbaistos  eben  nur 
ganz  schlicht  aus. 

Die  verse  437—43  sind  nicht  besonders  geschickt  ans  66—62 
entnommen,  denn  wenn  man  die  verse  436—39  liest,  sieht  man 
zunächst  nicht  ein ,  inwiefern  die  geburt  eines  so  treflflichen  sohnes 
ein  zweites  leid  für  die  mutter  sein  kann,  und  wird  erst  durch  440 1 
hierüber  aufgeklärt,  dagegen  bei  der  lectüre  von  56 — 68  ist  man 
durch  das  bucapiCTOTÖKeia  darauf  vorbereitet,  dasx  selbst  die  gebart 
des  trefflichen  sohnes  für  Tbetis  zu  einem  grenzenlosen  onglfick  wird. 


KKrandt:  zar  geschiohie  und  compotition  der  Ilias.  VI.       &S1 

sodann  beiszt  es  t.  62 :  ^er  jammert^  und  ich  kann  nicht  halfen,  wenn 
ich  jetzt  zu  ihm  gehe;  aber  ich  will  doch  zu  ihm  geben.'  in  443  da- 
gegen hat  das  loOca  keinen  sinn,  die  inhaltsangabe  Bodann,  welche 
in  den  versen  444—56  enthalten  ist,  bietet  manchen  anstosz  nnd 
hat  eine  auf&lligey  schon  von  Aristonikos  bemerkte  fthnlichkeit  mit 
A  366—392,  deren  unwert  ich  an  anderer  stelle  genttgend  dargelegt 
habe,  man  ist  auch  hier  schnell  bei  der  band  gewesen  die  Terse 
444 — 66  zu  streichen,  mit  unrecht  die  ganze  partie  taugt  nichts  und 
wird  durch  auswerfung  dieser  verse  n^  scUechter.  schon  Hejne 
bemerkt,  dasz  diese  verse  nicht  ohne  weiteres  ausfallen  können,  und 
Düntzer  Aristarch  8.  128  gibt  zu,  dasz  Tofiv€Ka  (457)  sich  durchaus 
nicht  an  v.  448  anschlieszt.  allerdings  musz  Thetis,  wenn  sie  Hephai* 
stos  um  eine  rüstung  ftlr  Achilleus  bittet,  ihm  auseinandersetzen,  wie 
es  kam  dasz  dieser  jetzt  keine  hat  und  dasz  Patroklos  mit  der  rttstung 
des  freundes  auszog,  nun  ist  444  f.  -■  TT  56.  58.  die  verse  448  ff. 
beziehen  sich  auf  die  der  dritten  schiebt  angehOrige  Presbeia  zurück, 
die  verse  451  f.  klingen,  als  ob  Patroklos  in  veranlassung  der  Pres- 
beia ausgezogen  wSre.  das  näv  1\jxap  (453)  ist  ttbertrieben.  v.  456 
ist  aus  T  414  entnommen  und  drttckt  nicht  aus,  was  eigentlich  be- 
absichtigt war,  nemlich  dasz  Hektor  die  rflstung  des  Achilleus  er- 
beutete. V.  457  kommt  nur  noch  in  der  Odyssee  vor  ■»  y  92  und 
b  322.  das  TofiveKa  dieses  verses  ist  infolge  der  Unklarheit  dee  vor- 
hergehenden nicht  ganz  deutlich,  die  naohtrSgliohe  bemerkung,  dasz 
Patroklos  die  waffen  oder  vielmehr  nur  den  panzer  des  Achilleus 
verloren  hat,  ist  ungeschickt,  bzw.  falsch,  auch  hat  Thetis  nicht  aus- 
gedrückt, dasz  Achilleus  jetzt  in  den  kämpf  will  und  also  der  waffen 
bedarf,  auch  v.  463  kommt  wörtlich  nur  noch  in  der  Odyssee  vor: 
V  362.  TT  436.  U)  357. 

Hephaistos  verläszt  nun  Thetis,  holt  alles  gerät,  welches  er  so 
eben  bei  seite  gepackt  hatte ,  wieder  herbei  und  schmiedet  schild, 
panzer ,  heim  und  beinschienen.  Thetis  mag  sich  inzwischen  schön 
gelangweilt  haben :  denn  sie  sieht  nicht  etwa  dem  schmieden  zu,  son- 
dern bleibt  allein  zurück,  die  Verfertigung  von  panzer,  heim  und 
beinschienen  wird  nur  ganz  flüchtig  erwShnt ,  die  des  scliwertes  ist 
gänzlich  vergessen ,  dagegen  werden  der  des  Schildes  130  verse  ge* 
widmet,  die  bild werke  auf  dem  Schilde  haben,  wie  schon  Lesage 
im  'hinkenden  teufel'  richtig  bemerkt,  keine  beziehung  sei  es  auf 
Achilleus  sei  es  auf  die  Situation,  die  rückkehr  der  Thetis  aus  dem 
Olympos  ist  ebenso  flüchtig  erzählt  wie  die  anfertigung  von  panzer, 
heim  und  beinschienen.  die  göttin  hat  es  so  eilig,  dasz  sie  nicht  ein- 
mal zu  einem  \vorte  des  dankes  zeit  hat. 

Im  gegensatz  zu  dieser  auszerordentlich  mangelhaften  erzäh- 
lung  ist  die  beschreibung  des  Schildes ,  an  und  für  sich  betrachtet, 
ohne  tadel,  wenn  sie  auch,  wie  die  nachahmung  mehrerer  Odyssee - 
verse  beweist,  einer  späten  zeit  angehört,  es  ist  daher  nicht  wohl  mög- 
lieb, für  die  erzählung  des  ganges  der  Thetis  zu  Hephaistos  und  die  be- 
schreibung des  Schildes  einen  und  denselben  Verfasser  anzunehmen. 


522  WHRoacher:  der  kykeon  des  Hipponax. 

Dagegen  dürfte  es  nicht  richtig  sein,  wenn  man  mit  Zenodotos 
die  verse  483 — 608  ausscheiden  wollte,  denn  die  ganze  zweite  hälfte 
von  C  scheint  doch  hauptsächlich  nur  zu  dem  zwecke  an  dieser  stelle 
der  Ilias  eingefügt  zu  sein,  um  die  heschreibnng  des  Schildes,  dieses 
^griechische  lied  von  der  glocke',  hier  anbringen  zu  können. 

Während  somit  C  1—367  der  alten  fif^vic  angehört,  musz  ich 
C  368  —  617  für  eine  eindichtung  des  zweiten  bearbeiters  halten, 
denn  in  dieser  partie  finden  wir  eine  zurückbeziehung  auf  das  späte 
I  (C  448  f.),  in  ihr  ist  sogar  schon  die  Telemachie  benutzt  (C  457 
*=*  f  92,b  322),  und  ihre  ähnlichkeit  mit  dem  bittgang  der  Thetis 
zu  Zeus  (A  349 — 611)  liegt  auf  der  band,  überhaupt  sind  die  verse 
C  368 — 477.  609 — 617  ganz  in  jener  ungeschickten  und  unklaren 
nachahmermanier  geschrieben,  welche  wir  als  charakteristisch  ftlr 
den  zweiten  bearbeiter  erkannt  haben. 

Königsberg  in  der  Neuhark.  Karl  Brandt. 


69. 

DER  KYKEON  DES  HIPPONAX. 


Fr.  43  Bgk.  KttKoTci  biöcu)  Tf|v  ttoXüctovov  ipuxi^v, 

i^v  |Lif|  dTT07r^|Lii|Jijc  die  räxicrd  jioi  xpid^uiv 
M^biMVOV,  dic  &v  äXqpiTUJV  iTOincu)|Liai 
KUKeOüva  irivuüv  qpdpiiaKOV  iroviipiiic. 
"gewis  mit  recht  behauptet  Diels  (Hermes  XXIII  s.  280),  dasz  itiviuv 
unhaltbar  sei,  aber  die  bisherigen  besserungs versuche  (s.  Bergk  zdst.) 
nicht  genügen  können .  er  selbst  schlägt  mit  beruf ung  auf  Hippokrates 
IT.  biainic  bd.  I  s.  674  K.,  der  drei  verschiedene  arten  des  iaiK€U)V 
(£qp'  ubaTi,  ^  IT  *  ol  V  ip ,  ^ttI  jueXin)  unterscheidet,  vor  zu  lesen  kukcuiv* 
in'  oivip,  indem  er  voraussetzt,  dasz  dem  Hipponax  nur  ein  mit  wein 
bereiteter  kuk€((;v  wünschenswert  erschienen  sei.   ich  gestehe  daax 
mir  diese  Vermutung  gleich  von  vom  herein  wenig  einleuchtete;  eine 
genauere  Untersuchung  hat  mich  überzeugt  dasz  sie  sogar  vOllig  un- 
haltbar ist. 

Offenbar  gehört  das  vorstehende  bruchstück  zu  derjenigen  claase 
von  fragment^n,  in  welchen  sich  der  dichter  als  in  der  höchsten 
not  befindlich  darstellt,  vgl.  zb.  die  flehentlichen  bitten  um  kleidong 
fr.  16 — 19,  namentlich  die  worte 

dfiol  Yop  ouK  IbujKQc  oöre  ku)  xXaivav 
baccTav,  dv  x^tfi^vi  qpdpjLiaKOv  ^itcuc, 
gut'  äcKdpi]ci  Touc  iTÖbac  bacciijciv 
fKpuvpac,  (bc  jLirj  ^oi  xiM^^Xa  ^rJTVurai, 
femer  fr.  36  ouk  ärraTac  re  Kai  Xatibc  KaraßpuKuiv  usw.,  welche 
verse  nur  dann  verstftndlich  sind,  wenn  wir  annehmen  dasz  sie  ein 
darbender,  hungernder  dichter  geschrieben  hat  (vgl.  auch  fr.  20.  38 
und  39).   genau  dieselbe  schreckliche  not  verraten  aach  die  werte 


WHRoschers  der  kykeon  de«  fiipponaz.  523 

unseres  bruchstücks.  wenn  der  dichter  (v.  1)  sa^  KOKOlct  b({»cui 
Tf)V  iToXucTOVOV  qivxiiv,  60  kann  das  nur  heiazen  *ioh  werde  vor 
not  und  elend  sterben' :  denn  t|iuxf|v  boOvat  oder  TaXefv  f  Atbt]  ist 
ein  ganz  gewöhnlicher  ansdrack  fQr  'sterben'  (vgl.  II.  €  654.  A  446. 
TT  625.  Find.  Isthm.  1,  100.  Eor.  Phoin.  998),  und  qpdpjyuxKOV  irovri* 
piTic  (v.  4;  vgl.  qpdp^oxov  ^(t€VC  fit'.  19)  bedeutet  'faeilmittel  gegen 
not  und  elend',  dh.  in  diesem  &lle  gegen  hanget  (Hesjchioa  u. 
7T0VT]pöv*  dmTTovov.  KaKOTiaOf).  n.  iroviipia*  iiTtirov(a:  vgL  auch 
TTÖvoc  in  der  bedeutnng  ^not,  elend'),  hierzn  stimmt  andb,  dasz  der 
KUK6U)V ,  dh.  der  aus  verschiedenen  flttssigkeiten  (wasser  oder  wein 
oder  milch  oder  honig  oder  aT^a  laOpou)  und  geriebenen  festen  Sub- 
stanzen und  ge  würzen  (£Xq)iTa,  Tupöc,  tMx^v,  fopaoer  usw.)^  zu* 
sammengesetzte  mischtrank  namentlich  dann  genossen  wurde,  wenn 
es  galt  durch  hunger,  durst  und  anstrengung  ermattete  und  herab- 
gekommene, notleidende  (KODCOiraOoOvTCC,  K€K^t)ic6Tec)  su  aiftrkan 
und  zu  erfrischen,  vgl.  zb.  schol.  IL  A  624  ScTt  hk  bitpouc  \oi\JSt  6 
KUKeuiv  £k  biaqpöpujv  eibi£iv  ckcuoZö^cvoc  . .  Totc  KaKOiraOoOct 
Tap  liriTfjbetoc  ö  kukcUiv  TpO(pf|v  fifia  icaliroTÖv  ^xuiv.  [TTop- 
(pupiou]:  TÖ  Toic  KeKfit)KÖci  ckcdoÜmcvov  itotöv.   Eustath.  n. 

8.  872,  38  CUV/jOnC  f)  TOiaUTTl  TpO(pf|  TOk  f^pUlCIV  f|  TOO  KUK6UIV0C 

br)Xabf)  Kai  mövov  dir\  dvatpOEei  Xafmßavoji^vii  (oö  pf|v  im  Ocpa* 
7T€ia),  die  eTvai  xaKOiraOeiac  aÖTf|v  tropajüiOOiov.  schol.  Nik. 
Alex.  130  jüiopöcv  hk  itotöv,  tö  £v  KaKOiraOeiqi  boO^v.  so  liszt 
sich  Nestor ,  als  er  mit  dem  leichtverwundeten  Maohaon  erschöpft, 
durstig  und  hungrig  aus  der  Schlacht  zurttckkehrt,  von  Hekamede 
einen  aus  wein,  Ziegenkäse  und  gerstenmehl  bereiteten  kukcuiv  vor- 
setzen (II.  A  624  ff.  638  ff.) ;  so  bittet  die  durch  hunger,  durst  und 
kunimer  ermattete  Demeter  (vgl.  hy.  a.  Dem.  200  fiTraCTOC  dbi^Tlioc 
i\h^  TTOTfJTOC  ficTO  ttöBi}!  füiivOOouca  ßaOuZdJVOio  Ourcrrpöc),  nach- 
dem sie  den  ihr  zunächst  kredenzten  wein  zurückgewiesen,  die  Meta- 
neira  um  einen  nur  aus  äXq)i,  Cbuip  und  yXifJxuiv  bereiteten  kukciAv 
(ao.  208;  vgl.  schol.  Nik.  Alex.  130);  so  setzt  endlich  Kirke  den  von 
anstrengung,  kummer  (Od.  k  143)  und  hunger  (k  155.  176  ff.)  ent- 
kräfteten gefäbrten  des  Odjsseus  zunächst  einen  aus  wein,  mehl, 
käse  und  bonig  gemischten  kukciIiv  vor  (k  234  ff.),  offenbar  weil 
man  solchen  trank  in  der  regel  hungrigen,  durstigen  und  ermüdeten 
Wanderern  zur  Stärkung  und  erfrischung  darzubieten  pflegte,  somit 
war  der  kuk6ujv  ein  mittelding  zwischen  speise  und  trank,  weil  er 
beides  zugleich  enthielt ,  daher  er  in  der  Odyssee  (k  235  u.  290}  als 
speise  (ciTOC),  in  der  Ilias  aber  (A  641  ff.)  und  auch  sonst  (schol. 
A  624.  Apoll.  Soph.  lex.  Hom.  s.  105,  3  Bk.  Erot.  expl.  voc.  Hippocr. 
Hesych.  u.  kukcOüv)  als  iTÖina  bezeichnet  wird  (vgl.  auch  Festus  ep.  u. 
cocetmn  genus  edulii  usw.  und  KOMüller  zdst.  schol.  A  630  kukcA 

^  vgl.  auszer  den  schon  angeführten  und  noch  anzuftihrenden  stellen: 
Orpb.  Arg.  323  ff.  Plut.  sjmpos.  VII  1,  4.  Hippokr.  bd.  II  8.  450.  638  K. 
die  hauptsache  bei  der  bereitung  des  kukcOjv  war  übrigens  das  gersten- 
mebl,  das  wie  es  scheint  nie  fehlen  durfte. 


524  WHBoBcher:  der  kykeon  des  Hipponaz. 

ä|Lia  iTOTiu  KQt  dvpov  6vTa  usw.  Eust.  II.  s.  607,  6  und  870,  65 
|Li€Ta£ii  ßpiuToO  Kai  itotoG  ö  KUKeuJv  eTvai  bOKCi.  ebd.  872,  38 
cuvr|9Tic  f\  TOiaÜTTi  Tpoqpf)  xoic  f^ptüciv  usw.  ebd.  Od.  s.  1656,  65 
kqI  ßpuiTÖv  kqO*  *'O^Tipov  ö  . .  KUK€U)v  fjv  USW.).  dasz  der  icuK€d[iv, 
auch  der  aus  wasser  bereitete,  infolge  des  gröszern  oder  kleinem  Zu- 
satzes von  äXqplTa  (vgl.  kuk€U)V  Xctttöc  und  Traxuc  bei  Hippokr.  bd.  I 
s.  466.  578  Fo6s)  mehr  oder  weniger  nährkraft  besasz,  bezeugt 
ausdrttcklich  Hippokr.  bd.  I  s.  674  K.  KUKCUiV  bk  ^övov  dqp*  äbaii 
M^v  v|iux€i  Kai  Tp^qpei,  dir'  oivip  bk  Oeppaivei  Kai  Tp^qpei  xal 
ktriciv*  Im  jüi^Xiti  bi  9epjLiaiv€i  jii^v  f^ccov  Kai  Tpdqpei  usw. 

Haben  wir  somit  gesehen ,  dasz  auch  der  blosz  aus  wasser  be- 
reitete KUK€tüV  vermöge  der  den  dXqpiTtt  eigentümlichen  nährkraft 
vorzugsweise  ein  den  hunger  stillendes,  stärkendes  und  erfrischendes 
getränk  für  arme',  notleidende  und  entkräftete  war,  so  werden  wir 
schwerlich  mit  Diels  annehmen  dürfen,  dasz  der  offenbar  mit  den 
bittersten  nahrungssorgen  kämpfende  dichter,  welcher  sich  zur  be- 
reitung  eines  nahrhaften  KUKeuüv  nur  einen  (für  eine  reihe  von  tagen 
ausreichenden)  scheffel  gerstenmehl  wünscht,  die  dem  entsprechende, 
nicht  unbedeutende  quantität  wein  vergessen  haben  würde,  wenn 
ihm,  wie  Diels  meint,  nur  an  einem  aus  wein  bereiteten  trank  ge- 
legen gewesen  wäre,  wir  haben  vielmehr  allen  grund  anzunehmen, 
dasz  es  dem  fast  verhongemden  dichter  lediglich  darauf  ankam  für 
eine  reihe  von  tagen  sein  leben  zu  fristen ,  und  dazu  genügte  eben 
der  |Lidbi|Livoc  KpiOduiV,  welchen  er  durch  zusatz  irgend  eines  wild- 
wachsenden gewürzes  (etwa  yXrJxuiv')  schmackhaft  machen  konnte, 
so  ergibt  sich  aber  leicht  das  richtige  wort,  welches  statt  des  unver- 
ständlichen ITIVUJV  einzusetzen  sein  wird,  um  den  hunger  des  dich- 
ters  recht  deutlich  zu  bezeichnen,  nemlich  ireivuiv  (oder  itetv^uiv?)« 
was  ja  um  so  leichter  in  mvuiV  verderbt  werden  konnte,  als  lu  einer 
gewissen  zeit  graphisch  zwischen  iretvuiv  und  TrivuiV  kein  unter- 
schied bestand  (vgl.  GMejer  gr.  gr.  §  113).  hinsichtlich  der  bei  den 
iambographen  neben  einander  vorkommenden  participia  auf  -wv  und 
-dujv  s.  Renner  in  Curtius  Studien  zur  gr.  u.  lat.  gr.  I  2  s.  41  u.  43. 
ich  lese  also: 

die  &v  dXqpiruiv^  Trotiicu)|üiai 

KUKCoiva  1T61VUIV,  qpdpjLiaKov  Trovriptiic. 
dasz  diese  le^ung  aus  graphischen  und  sachlichen  gründen  auch  der 
Ahrensschen   sonst  dem  Zusammenhang  einigermaszen  genügenden 
conjectur  irivetv  vorzuziehen  ist,  dürfte  klar  sein. 

'  wtgen  seiner  einfachlieit,  nührkraft  und  weil  er  schnell  bereitet 
werden  konnte  (Plat  IStant  s.  406^],  war  der  kukcuüv  das  stehende  {be- 
trank der  dYpoiKOi:  v^I  Theophr.  char.  4.  '  vgl.  ausser  hy.  a.  Dem.  209 
noch  scliol.  Ar.  Fri.  712  und  schol.  Nik.  Alex.  lä.  *  vgl.  Ober  diesen 
f^en.  materiae  Krüger  gr.  spr.  47,  8,  3  und  namentlich  dinl.  syntax  47,8,3. 
Thuk.  VI  5,  1  usw. 

Würzen.  Wilhelm  Heinrich  Rosohhr. 


OCrusius:  Dionysios  Periegeies  und  der  imbrische  Uermeadieiut.      526 

70. 

DI0NY8I0S  PEBI£0ET£8 
UND  DER  IMBBISCHE  HEBMESDIENST. 


Die  von  GLeue  (Philol.  XLII  s.  175  fF.)  in  der  periegesis  des 
Dionysios  entdeckten  akrosticha  sind  neuerdings  in  diesen  blättern 
(1887  8.  53 — 61)  von  GFÜnger  behandelt  worden,  durchweg  im 
gegensätzlichen  sinne,  in  die  biographischen  und  litterarhistorischen 
Streitfragen  will  der  unterz.  hier  nicht  unmittelbar  eingreifen',  son« 
dem  lediglich  die  kflhne  religionsgeschichtliche  hypothese  prttfen, 
von  der  ünger  s.  55  ausgeht. 

Die  anfangsbuchstaben  von  v.  513 — 582  ergeben  die  worte 
6eöc  '€p^f)c  ^TTt  'AbptavoO.*  Leue  übersetzt:  'gott  Hermes 
^bat  dieses  werk^  unter  Hadrian  ^entstehen  lassen^':  wobei  der 
hauptbegriff  ergänzt  werden  musz  und  der  dichter,  weldier  sonst  die 
Musen  als  fQhrerinnen  nennt,  sich  selbst  untreu  wird  (vgl.  die 
treffenden  bemerkungen  von  ünger  s.  55  f.). 

ünger  s.  56  meint,  eine  andeutung  von  Leue  weiterführend, 
wie  das  aus  v.  107 — 134  gebildete  akrostichon  mit  0äpou  auf  v.  115 
<t>apiiiv  &Xa  bezug  nehme ,  so  müsse  auch  dieses  sich  an  einen  der 
verse  anlehnen,  welche  zu  seiner  entstehung  beigetragen  haben. 
der  dichter  schreibt  522  ff.  lv6€V  Kai  Af)^VOC  Kpovaöv  TT^bov 
*H(patcToto  ir^TTTarat  diTvrtii  t€  6dcoc  Atifii^Tepoc  dicr/i, 
"'IjLißpoc  OpriiKiii  T€  Cdpoc  KopußdvTiov  äcTu  usw.  auffällig 
sei  hier  einerseits  dasz  Dionysios  bei  den  einzelnen  inseln  auch  den 
hauptcultus  angebe^  anderseits  dasz  er  es^ei  Imbros  nicht  thue. 
das  versäumte  hole  er  in  einer  'anmerkung'  nach,  deren 
stelle  das  akrostichon  vertrete;  diesen  ^besondem  weg' habe  er 
bei  Imbros  eingeschlagen ,  weil  hier  die  Verhältnisse  nicht  so  ein- 
fach gewesen  wären,  sondern  im  laufe  der  zeiten  Veränderungen  ein- 
getreten seien ,  deren  datum  er  angebe,  aus  v.  524  sei  also  zu  er- 
gänzen (^v  "'IjLißpuj)  Oeöc  *€p|Lific  inx  'AbptavoO,  und  dazu  weiter 
(T€T0V€):  'auf  Imbros  ist  Hermes  gott,  ist  das  aber  erst 
unter  Hadrianus  geworden.'  weiter  sucht  ünger  dann  8.57  ff. 
nachzuweisen ,  dasz  Heimes  in  dem  culte  von  Imbros  und  den  nach- 
barinscln  bald  die  Stellung  eines  dienere  der  eigentlichen  götter, 


<  beiläufig  sei  nur  bemerkt,  dasz  die  parallelformen  Dion  und  Dio- 
nysios neben  einander  (wie  in  den  meisten  bss.  des  ßioc  8.  427  M.)  als 
namen  zweier  brüder  in  einer  alexandriniscben  gelebrtenfamilie  vor- 
kommen bei  Plutarch  de  prov.  Alex.  29  8.  15,  1.  2  m.  a.  (Leipzig  1887). 

*  Unger  s.  56  schreibt:  'wie  sauer  [die  herstellung  des  akrostichons] 
dem  dichter  geworden  ist,  lehrt  die  betrachtung  .  .  von  v.  617 — 521, 
welche  nicht  6PMHC  sondern  €PM€C  ergeben  (v.  520  beginnt  mit 
CöptÜTTi^c),  trotzdem  aber  .  .  jenen  gottesnamen  darstellen  sollen.'  die 
älteste  hs.,  der  Parisinus  A,  hat  v.  520  'Htoi  5*  6(ipiOirr|C  (vnlg.  €üpiil- 
irric  b*  ^TOi):  was  natürlich  beibehalten  werden  mnss,  wie  auch  Leut 
gesehen  hat. 


526      OCrusius:  DionysioB  Periegetes  und  der  imbrische  fiermesdienst» 

bald  die  eines  gottes  eingenommen  habe,  letztere  aber  erst  in  'spft- 
terer  zeit'. 

Leider  musz  der  unterz.  die  gelehrten  ausfübrungen  üngers  hier 
schritt  für  schritt  bekämpfen. 

Erstens:  in  dem  Kabeirencultkreise,  zu  welchem  Imbros 
wie  Lemnos  und  Samothrake  gehören,  hat  Hermes  von  uralter 
zeit  her  als  gottheit  neben  Demeter  die  hauptrolle  gespielt, 
ünger  operiert  s.  57  £f.  immer  nur  mit  den  schielenden  deutungen 
des  Mnaseas  und  Varro  und  läszt  dabei  den  clussischen  zeugen,  Hero- 
dotos  II  51,  überhaupt  nicht  zu  worte  kommen:  ToO  bi  'Gp^^u)  ra 
dTdXjLiaTa  6p6d  ^x^iv  Tot  aiboia  .  .  liejLUxOrJKaci .  •  dirö  TTeXac- 
Tiüv  .  .  'AGrivaToi .  .  öctic  bk  xd  Kaßeipuiv  6pf\a  ^e^iirirm,  xd 
CaMo6pr|iK€C  dTTixeX^ouci  irapaXaßövxec  irapd  rTeXacTuiv,  ouxoc 
djvnp  oTbe  xö  X^T^  . .  ol  b^  TTeXacTOi  (die  historischen  Inseltyrsener, 
die  Herodotos  nach  ausweis  der  lemnischen  inschrift  ganz  richtig  fflr 
barbaren  erklärt  bat)  Ipöv  xiva  Xötov  nepi  aOxoG  (*€pfi^ui)  £Xe£av, 
xd  dv  xoici  iv  CaiioGpriiKij  liucxripioici  bebr|Xuixat.  also  Hermes  — 
mag  er  nun  im  spätem  culte  selbst  als  ^^TQ^  ^^öc  angerufen  oder  nur 
als  dius  quidam  administer^  betrachtet  sein  —  gehörte  als  gott- 
heit neben  Demeter  zum  alten  kerne  dei  Kabeirengruppe:  in  wel- 
chem sinne,  das  ist  sehr  schön  bereits  von  KOMüller  und  HDMüUer 
(myth.  dergr.  stamme  II)  ausgeführt  worden;  vgl.  auch  des  unterz. 
'beitrage  zur  myth.'  s.  14  f.  18  fi.  dasz  man  den  Hermes  in  dem  ver- 
wandten imbrischen  dienste  degradiert  habe ,  um  ihn  später  wieder 
zu  erhöhen,  ist  an  sich  höchst  unwahrs^cheinlich  und  könnte  nur  durch 
die  klarsten  Zeugnisse  glaubhaft  gemacht  werden,  die  von  ünger 
s.  58  f.  zusammengestellten  notizcn  zeigen  lediglich,  dasz  es  solche 
Zeugnisse  nicht  gibt,  da  sie  sonst  dem  gelehrten  vf.  schwerlich  ent- 
gangen  wären. 

Zweitens  :  ungerechtfertigt  ist  die  einschränkung  der  notiz  auf 
Imbros.^  wenn  dieser  insel  kein  besonderem  epitheton  beigelegt 
wird,  so  wird  sich  das  einfach  dadurch  erklären,  dasz  der  dichter  sie 
mit  dem  benachbarten  Samothrake  als  Kopußdvxiov  dcxu  auf  ^ine 
stufe  stellte;  und  in  der  that  scheint  der  mysteriendicnst  in  Imbros 
dem  samothrakischen  im  ersten  grade  verwandt  gewesen  zu  sein.* 
aubzerdem  ist  der  Hermesdienst  in  der  ganzen  Kabeirencultreihe  von 
Theben  bis  Samothrake  nachweisbar  (vgl.  'beitrage'  s.  13),  insbeson- 

^  80  Varro  de  f.  tat,  VII  34.  Un^^cr  führt  diese  stelle  mit  sam  be- 
weise dafür  an,  dasz  HcrmeR  nicht  pott  gewesen  sei  —  was  soll  dann 
aber  diu*  lieiseen?  die  von  Varro  vertretene  anffassang  des  Hermet 
{adminitter  diU  magnU)  entspricht  schwerlich  dem  alten  religiösen  ge- 
danken,  sondern  wird  nichts  anderes  sein  als  eine  umdeutung  im  an- 
schliisz  an  die  viilj^äre  dichterniythologie.  *  Uhnlich  schon  Leoe. 
*  vgl.  lamblichos  v.  Pyth.  151  irapA  Tf|c  TcXcrfjc  iv  '€X€Uclvi  T€VOfi^VT)c 
iv  'iMßpw  T€  Kai  CaMo6pdKi]  Kai  AnXcu.  die  Titanen  auf  der  nenerdings  vom 
unters,  im  rhein.  mus.  XLIII  .'i05  f.  behandelten  imbrischen  mysterien- 
instihrift  deuten  auf  korvhantisch-kurctische  elementc  des  oaltus:  vgl. 
allg.  encycl.  'Kal>ircn*  2e  sect.  XXXII  s.  23. 


OCruBiuB :  Dionysios  Periegetet  ^d  der  imbriiohe  Uermesdientt     527 

dere  auf  den  in  der  periegesis  genannten  inseln  Lemnos  nnd  Santo* 
tbrake.  wollte  also  der  dichter  beilftafig  von  Imbros  eine  derartige 
einzelnotiz  mitteilen,  so  durfte  er  das  akrostiohcm  doch  niebt  so 
anbringen,  dasz  es  der  leser  ebenso  gat  nnd  besser  auf  Lemnos  oder 
Samotbrake  beziehen  konnte,  vor  auUem  aber:  wie  kam  der  dichter 
dazu  das  akrostichon  'alsanmerkung'zu  benutzen  und  darin  eine 
für  den  text  bedeutsame,  ja  im  texte  nach  ünger  zu  vermiasende 
notiz  nachzutragen?  warum  setzte  er,  zumal  wenn  ihm  die  her- 
stellung  des  akrostichons  so  'viel  mtthe  madite',  nicht  lieber  einen 
hexameter  zu?  für  diese  Verwendung  des  akrostichons  wird  ünger 
schwerlich  belege  beibringen  können. 

Drittens:  auch  ünger  ergänzt  die  hauptbegriffe,  nicht  nur  die 
logische  copuia',  wenn  er  6€6c  *€pfif)c  iiA  *AbpiavoO  übersetzt 
'^auf  Imbros^  ist  Hermes  gott,  ^ist  das  aber  erst^  unter  Hadrianus 
^geworden^'.  in  der  that,  wenn  der  dichter  diesen  gedanken  mit  diep- 
sem  akrostichon  hfttte  ausdrücken  wollen,  könnte  man  mit  Erasmus 
fragen:  'quorsum  attinet  anxie  disquirere  quid  senserit  is,  qui  data 
opera  curavit  ne  posset  intellegi?'  aber  müssen  denn  überhaupt 
diese  werte  einen  einheitlichen  satz  ausdrücken,  wie  auch  ünger 
mit  Leue  annimt?  können  die  beiden  ftuszerlich  verbindungsloeen 
und  innerlich  so  schwer  zu  verbindenden  bestandteile  teöc  *€p^f)c 
—  ^m  ^AbptovoC  nicht  wirklich  von  einander  unabhftngig  sein? 
ich  denke ,  diese  noch  gar  nicht  in  erwägung  gezogene  möglichkeit 
wird  sieb  mit  nutzen  in  anschlag  bringen  lassen. 

Ehe  wir  aber  selbst  einen  versuch  machen  die  vier  rfttselworte 
zu  deuten ,  wollen  wir  uns  vor  allem  an  die  üblichen  erscheinungs- 
formen  und  aufgaben  des  akrostichons  erinnern,  bei  kleinern  epi- 
grammatischen gedicbten  deutet  das  akrostichon  oft  auf  den  behan- 
delten Vorwurf  hin ,  oft  gibt  es  aber  auch  den  namen  des  Verfassers 
an;  das  gedieht  bat  nicht  mehr  verse  als  in  dem  akrostichon  unter- 
gebracht werden  können  (beispiele  bei  Teuffei- Schwabe  BLO.  §  26, 6). 
bei  gröszern  gedichten  vertreten  die  meist  am  anfang  oder  schlusz 
angebrachten  akrosticba  geradezu  den  titel;  der  dichter  hat  dabei 
die  nebenabsiebt  sich  die  autorschaft  an  dem  gedichte  zu  sichern,  so 
dasz  man  das  akrostichon  mit  der  C9paYic  der  alten  hjmnen  verglei- 
chen kann ,  in  welcher  der  sänger  seinen  namen  nannte  oder  höchst 
persönliche  themata  besprach,  vgl.  La.  Diog.  VIII  d,  78  Kai  Trapa- 
CTixibia  dv  Toic  TiXeicToic  täv  uTTO^vii)idTUJV  itenoiiiKev  (Bpichar- 
mos),  olcbiaca9€i,  ÖTiauTOÖ  icxi  id  cuTTpä^^ara  fvgl.  aber 
Lorenz  'Epicharmos'  s.  66).  Cic.  de  divin,  II 111  ea  quae  €e%(^uxCg 
dicitur,  cum  deinceps  exprimis  versuum  litteris  aUquid  conedUuff  ut 
in  quihusdam  Ennianis  ^Q.  Ennius  fecit*  (LMüller  *Q.  Ennius' 
8. 251).  in  diese  gruppe  gehört  sicher  das  erste  akrostichon  109 — 134 
djLifl  Aiovuciou  T&v  dvTÖc  <t>äpou  (Traxplc),  wie  Leue  s.  176  ent- 
wickelt, sollte  das  zweite  akrostichon  nun  wirklich  einem  ganz  an- 
dern zwecke  dienen,  einem  zwecke  dem  es  sonst  nicht  zu  dienen 
pflegt?   schwerlich:  sondern  wir  werden  in  ihm  naturgemftsz  eine 


528      OCrusiuB:  DionyBios  Periegetes  und  der  imbrische  Hermesdienit. 

ergänzung  des  ersten  suchen,  eine  solche  bieten  nun  in  der  that 
nach  Leues  anscbauung  die  worte  im  'Abptavoö:  es  wird  damit 
die  zeit  angegeben ,  in  welcher  der  Verfasser  gelebt  und  seine  peri* 
egesis  geschrieben  hat:  wie  man  bei  dramen  die  erste  anfftthrong 
mit  im  äpxovTOC  toC  beivoc  notierte  und  heutzutage  auf  buchtiteln 
die  Jahreszahl  hinzusetzt,  freilich  dasz  der  Hadrianos  des  akro- 
ätichons  nicht  der  rOmische  kaiser,  sondern  irgend  ein  obseurer 
magistrat  gewesen  sei,  wie  der  propraetor  von  Asia  C.  Fabins 
Hadrianus  (ünger  s.  60  f.),  davon  wird  man  sich  unter  dieser  Vor- 
aussetzung schwerlich  zu  überzeugen  vermögen. 

Aber  was  sollen  wir  nun  mit  den  isolierten  worten  G€dc  'Cp^f^c 
anfangen  ?  Rühl  hat  im  rhein.  mus.  XXIX  86  die  feine  bemerkung 
gemacht,  dasz  unser  Dionysios  ein  dvf)p  b€tctbai)iOV^CT€pOC  ge- 
wesen Bei.  denn  'bei  der  beschreibung  von  Europa  und  Africa  wird 
nichts  historisches  erwähnt . .  dagegen  werden  überall  die  tempel  der 
götter  hervorgehoben,  und  zwar  mit  absoluter  ausschlieszlichkeit, 
und  alle  berühmten  göttersitze  .  .  werden  in  dieser  ihrer  eigenschaffc 
gefeiert,  so  dasz  man  sieht,  dasz  dem  periegeten  die  religiösen  Inter- 
essen in  erster  linie  stehen.'  wie  eine  reminiscenz  aus  einem  reli- 
giösen hymnos  klingen  die  vertue  604  f.  Tok  Toip  äXirpoic  €lv  dXi 
Kai  TCtiQ  KaKd  jiupia  Oi^KaTO  baiMUJV :  vgl.  zb.  Theokr.  26  (Lenai), 
32.  Kallim.  3  (Art.),  255.  da  nun  femer  der  dichter  in  so  auff&Uiger 
imd  doch  versteckter  weise  auf  die  Kabeirenmysterien  der  von 
ihm  erwähnten  inseln  hindeutet,  so  ist  wohl  die  Vermutung  erlaubt, 
dasz  er  an  jenen  weit  berühmten,  gerade  in  Hadrianischer  zeit  glttn- 
zend  wieder  aufblühenden  geheimculten  als  myste  teil  genom- 
men hatte;  also  den  'sogen  spendenden'  Hermes  als  schutzgott  ver- 
ehrte, die  Worte  Oeoc  'Gpfific  sind  nichts  als  ein  anruf 
an  den  gott,  ein  abgekürztes  gebet,  wie  es  der  bcicibaiMUJV  bei 
jeder  handlung  spricht,  so  steht  auf  inschriften  als  einleitung  der 
verschiedenartigsten  Urkunden  9€oi  (Dittenberger  sylloge  n.  6.  23  f. 
42.  49.  120.  135—358.  3«i6),  Geöc  Tuxn  (lö7.  222.  317.  324.  443), 
Gcöv  Tiixn  «Taeri  (322.  377),  (Geöv)  Tuxav  draedv  (67.  446), 
Oeoi  (Geöc)  |  ^ttI  AuciCTpdTou  dpxovTOC  (71),  Öeoi  |  tn\ 
XapiKXetbou  dpxovTOC  (74,  ähnlich  163.  186  ff.  207.  313.  365. 
438  USW.)  G6ÖC  TUXT]  dTCiGri  |  ßaciXcuovTOC  'AXeEdvbpou 
It€i  dvbCKdTiu  (114),  G€oi  tuxij  dyctG^  |  €7t*  dpxövTiuv  Kpa- 
Tivou,  rToXu2!rjXou  usw.  (373);  und  in  handschriften  und  alten 
drucki*n  Ut  neben  dem  datum  meist  G€Ui  böEa,  cuv  Geui,  iv  övö^aTl 
TT^c  dyiac  rpidboc  und  ähnliches  zu  lesen,  diese  analogien  zeigen 
deutlich,  dusz  auch  bei  Dionysios  jene  ganze  (offenbar  officiellen  ur« 
künden  nachgeahmte)  formel  der  datierung  des  Schriftwerkes 
dienen  sollte. 

Tübingen.  Otto  Csuaius. 


GFOnger:  der  Hyakinihieiimonat  52^ 

71. 

DER  HYAKINTfflENMONAT. 


Der  lakoniäcfae  monat  Hekatombeas ,  Ib  welehem  dato  grosse 
Hyakinthienfest  gefeiert  wurde*,  ist  Philol.  XZXVII  s.  17  ff.  (der 
Isthmientag  und  die  Hyakinthien)  dem  attischen  Thargelion,  also 
ungefähr  dem  mai  gleichgesetat  worden;  um  eine  stelle  spfttefi 
gleichzeitig  mit  dem  att.  Skirophorion  seteen  ihn  Latisoheff  'flb^r 
einige  äolische  und  dorische  kalender'  (russisch)  s.  183,  Ernst 
Bischoff  Me  fastis  Oraecorum  antiquioribns*  (Leipziger  Studien  VII 
8. 369  ff.)  und  ßusolt'zur  Chronologie  und  geschichtederPerserkriege' 
(Jahrb.  1887  s.  36);  noch  spftter,  in  die  zeit  des  juli  (Hekatombaion) 
fällt  er  nach  Nissen*  'über  tempelorientierung'  (rhein.  mus.  XLII 
[1887]  8.  46  ff.),  die  ermittlung  der  läge  dieses  monats  ist  von 
Wichtigkeit  fOr  die  Zeitbestimmung  der  Thermopylenschlacht  und 
der  mit  ihr  zusammenhängenden  ereignisse,  und  deswegen  hat  sich 
Busolt  mit  ihr  beschäftigt;  durch  Nissen  hat  sie  au^  eine  bedeu- 
tung  für  die  wflrdigung  Xenophons  gewonnen ,  welehem  er  Ittcken* 
hafte ,  aus  leichtfertigkeit  zu  erklärende  darstellung  schnldgibt.  idi 
habe  mich  weder  von  der  trifligkeit  dieses  vorwürfe  noch  von  der 
notwendigkeit  dem  monat  eine  andere  läge  als  die  des  Thargelion 
anzuweisen  überzeugen  können;  die  gründe,  welche  gegen  beidö 
sprechen ,  werden  im  nachstehenden  dargelegt. 

Auszer  dem  Hekatombeus  sind  noch  fünf  lakonische  monats- 
namen  auf  uns  gekommen ;  unbestritten  ist  die  läge  des  Eameios, 
entsprechend  (natürlich  nur  ungefähr)  dem  august,  zu  hoher  Wahr- 
scheinlichkeit von  Böckb  gebracht  die  des  Artemisios  und  Gerastios^ 
jener ^  dem  märz,  dieser  dem  april  zu  gleichen;  entspricht,  wie 
Latisoheff  und  Bischoff  mit  mir  annehmen,  der  Herasios^  dem  juli, 
so  kann  es  sich,  da  in  den  Phliasios  die  getreidereife ^  verlegt  wird 

1  Hesychios:  '€KaT0|üi߀i!ic*  )Lif|v  irap&  AaK€6(Ufiov(oic  £v  (|>  rd  TaKiv- 
6ta.  '  er  rügt  s.  64,  dasz  ich  'Zeitrechnung  der  Gr.  and  R.'  §  43  im  text 
die  von  ihm  beigebrachten  stellen  Plutarchs  benatze,  während  in  der 
anmerkang  gegen  ihn  polemisiert  werde,  hätte  aber  aas  dem  philol.  ans. 
XIV  (1884)  8.  609  wissen  können,  dasz  ich  seiner  1886  erschieneoen 
samlung  nicht  bedurfte;  sie  würde  mir  auch  wegen  ihrer  anyollständig* 
keit  ebenso  wenig  dienste  geleistet  haben  wie  aus  demselben  gründe  die 
von  AMommsen  (1883).  ^  nach  Nissen  dem.  april,  blosz  deswegen 

weil  dies  seine  läge  in  den  andern  dorischen  kalendern  sei.  in  Wirk- 
lichkeit besitzen  wir  aber  nur  für  zwei  von  ihnen  anhaltspankte  der 
bestimmung:  in  Kerkyra  fieng  das  jähr  mit  dem  Artemisios  an,  was  für 
gleichung  mit  april  spricht;  anderseits  setzt  eine  inschrift  (Ball,  de 
corr.  Hell.  VIII  s.  22)  den  Artamitios  auf  Astypalaia  dem  amorginischen 
AnthesterioD  (wahrscheinlich  wie  in  Athen  februar)  gleich,  was  nur  bei 
sonstiger  gleichheit  mit  dem  attischen  Elaphebolion  (märz)  erklärlich 
ist.  *  Nissen,  welcher  den  Hekatombeus  dem  juli  gleicht,  läszt  sich 
über  den   Herasios   nicht   aus.  >  Steph.  Byz.  OXtoOc]  AoK€6Qt)Liövtoi 

Ttjv  fjiTivujv  ^va  0Xidciov  xaXoOciv,  iv  «Ji  toOc  Tfjc  tflccapitoOc  dK^d2^€tv 
cujußdßriKev.     schon  KFHermann  aa.  haben  ihn  dem  juni  gleichgesetst« 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hfU  8.  86 


530  GFÜDger:  der  fiyakinthienmonat. 

und  der  Hekatombeus  sicher  dem  Kameios  vorausgeht,  nnr  frageiii 
ob  (was  meine  ansieht  ist)  auf  mai  und  juni  der  Hekatombeus  and 
bzw.  der  Phliasios  treffe  oder  in  umgekehrter  folge  dieser  dem  mai, 
jener  dem  juni  zu  gleichen  sei. 

Den  Phliasios  für  gleichzeitig  mit  dem  attischen  Thargelion 
(mai)  zu  erklären  hat  sich  Bischoff  durch  zwei  gründe  bewogen  ge- 
funden,  welche  Busolt  für  durchschlagend  hält,  erstens  durch  den 
angeblich  von  Vömel  Me  quo  anni  tempore  in  Attica  dK^&2[0VT0C 
ToO  CITOU  dicatur'  (Frankfurt  1846)  erbrachten  beweis,  dasz  in 
Attika  die  reife  des  getreides  im  Thargelion  stattfand,  das  attische 
datum  kann  jedoch  keinen  beweis  für  das  lakonische  liefern:  Attika 
ist  und  war  in  dieser  beziehung  den  meisten  gegenden  Griechenlande 
voraus,  eine  specialbestimmung  für  Attika,  schreibt  AMommsen 
'mittelzeiten'  (Schleswig  1870)  s.  7  f.  (wo  auch  die  andern  citate 
zu  finden  sind),  musz  auf  ein  früheres  datum  lauten  als  die  allge- 
meine ,  weil  die  ebenen  um  Athen  und  bei  Eleusis  früher  ernten  als 
viele  gegenden  Griechenlands ;  in  derPeloponnesos  reift  nach  Dodwell 
das  getreide  25  tage  nach  dem  attischen  ^  die  ebene  von  Elis  erntet 
nach  Curtius  14  tage  später  als  die  attische,  mitte  juni  greg.  btils  ist 
dort  das  körn  reif;  durchschnittliche  anfangszeit  des  gerstenschnittes 
(welcher  der  weizenernte  vorausgeht)  ist  nach  AMommsen  der  greg. 
15  mai  9  während  als  allgemeine  normalzeit  desselben  in  der  ebene 
Griechenlands  das  ende  des  greg.  mai  anzusehen  ist.  nach  juliani- 
schem Stil ,  auf  welchen  die  antiken  data  gestellt  werden,  entfallen 
diese  data  für  die  classische  zeit  von  Hellas  um  7—6  tage  später 
(sonnwende  greg.  21  juni  =  jul.  28,  dann  27  juni),  so  dasz  schon 
für  Attika  regelmäszig  der  anfang  des  Skirophorion  als  emtezeit  der 
gerate  anzusehen  ist,  wenn  auch  vor  337,  zb.  während  des  Archida- 
mischen  krieges  wegen  der  mangelhaftigkeit  der  oktaSteris  sie  öfters 
dem  Thargelion  (zweite  hälfte)  zufallen  konnte;  in  unserm  fidle, 
hinsichtlich  Lakoniens,  kann  von  dieser  um  so  weniger  die  rede  sein, 
weil  sich  das  zeugnis  des  Stephanos  nicht  blosz  auf  die  gerste,  son* 
dern  auf  alles  getreide  überhaupt  bezieht,  neugriechische  bezeich- 
nung  des  juni  ist  emtemonat  (Öeptcrrjc) ,  und  dasz  wir  recht  thun 
die  modernen  Verhältnisse  auf  die  antiken  zu  übertragen,  lehrt  unser 
locus  classicus,  Theophrastos  bist,  plant.  VIII  2,  7  irepi  Tf)V  'GXXdba 
KpiOai  jLi^v  ^v  TOI  dßööjiiu,  TTopd  bi  ToTc  nXetCToic*  ÖTböip  (}ir\y\ 
TeXeioCviai),  Trupol  bk  in  TrpoceTTiXajißavouci.  Theophrastos  denkt 
bei  Hellas  in  erster  linie  an  Athen,  seinen  wohnsitz ;  die  aussaat  der 
gerste  fand  nach  bist,  plant.  VI  5,  1.  VIU  1,  2  f.  frühestens  xu 
winters  anfang  (gegen  mitte  november),  etwas  später  die  des 
Weizens  statt,  dessen  reife  und  ernte  durch  verschiedene  umstände 
noch  mehr  verlangsamt  wurde,  s.  Philol.  XLIV  s.  649. 


^  TT€XoTTOwr)ciotc  scheint  Plioius  n.  h.  XVIII  60  geleien  zu  haben: 
in  Hellade  septimo  {mente  metitur)  hordeum^  in  Peloponneto  octanoj  et 
frumenta  etiamnum  tardiut. 


GFÜnger:  der  Hjakinthienmonat  531 

In  der  lakonischen  colonie  Thera  —  damit  kommen  wir  znm 
andern  beweise  Bischof  -^  sollten  laat  CIQ.  11  2466  s.  1066  tan, 
5n  tage  des  Artemisios  und  des  Hyakinthios  (offenbar  «**  lakon. 
Hekatombeus)  gewisse  erstlinge  nnd  zwar  am  5n  Hyakinthios  einige 
Scheffel  gerste  und  weizen  der  gOttermutter  geopfert  werden,  hier- 
nach hatte  EFHermann  den  Hyakinthios  dem  Skirophorion  oder 
Hekatombaion  gleichgesetzt,  nnd  da  letzterer  dem  oben  gesagten  zu- 
folge wegfällt,  so  scheint  es  in  der  that,  als  ob  nur  die  dentung  auf 
den  Skirophorion  zulftssig  sei.  es  ist  jedoch  eine  irrige  Voraussetzung, 
dasz  zu  den  erstlingen  reifes  frisches  getreide  habe  genoounen  wer- 
den müssen,  wenn  wir  über  die  läge  des  attischen  Thargelion  eben* 
falls  kein  anderes  zeugnis  besftszen  als  die  angäbe  über  die  erstlinge, 
welche  am  7n  tage  desselben ,  an  den  Thargelien  geopfert  wurden, 
so  würden  wir  auf  jenen  grund  hin  auch  diesen  monat  dem  juni 
oder  dem  juli  gleichsetzen  müssen,  s.  Hesychios:  9opTi^Xia]  £v  bk 
Toic  6apTT]Xioic  rdc  dTiapxäc  ti£iv  qKXivofi^vuJV  irotcOvrat  Kcd  nept- 
Ko^iZ;oucl .  .  Kai  ö  OdpTilXoc  x^poc  icAy  dvdnXeuic  circpfidruiv. 
Etym.  M.  6apT/|Xta  ^op-rfi  'A6iiVT|civ  övcfidZeTat  dnd  tujv  Oapipi- 
Xiu)v,  OapTrjXta  bk  Trdvrec  o\  änö  Tf)c  t^c  KopTioi,  ähnlich  Aneed. 
Bekk.  8.  263^;  und  doch  wissen  wir,  dasz  der  Thargelion  vielmehr 
dem  mai  entsprach,  in  Rom  begann  die  ernte  mit  der  sonnwende; 
aber  schon  am  7n  9n  lln  13n  Mains  lasen  die  Vestajungirauen  die 
ähren  vom  speit,  dörrten  und  schroteten  sie  und  brachten  das  mehl 
gesalzen  am  9n  Junius  der  Vesta  dar;  am  27n  Mains  feierten  die 
Arvalenbrüder  das  hauptfest  der  göttin  Dia,  an  welchem  sie  fruges 
aridas  (vom  vorjabr)  et  virides  (unreife) ,  darunter  auch  ähren  dar- 
brachten, auch  die  Juden  dörrten  und  schroteten  grüne  erstlings- 
äbren ,  um  sie  zu  ostern  zu  opfern.  ^ 

Die  Hyakintbienfeier  von  Amyklai  hat  eine  ähnliche  bedeutung 
wie  die  Thargelien  in  Athen  (s.  Philol.  XXXVII  s.  20  ff.):  beide 
gelten  dem  eintritt  des  sommers:  am  7n  Thargelion  wurde  zu  Dolos 
die  geburt  Apollons  gefeiert;  Hyakinthos  der  jugendliche  Sonnen- 
gott des  lenzes,  welchem  die  vom  anfang  des  frühlings  bis  zu  seinem 
ende  blühende  Hyakinthosblnme  heilig  ist,  wird  von  dem  altersreifen 
Apollon,  dem  gotte  der  sommersonne,  getötet. 

Unter  den  bekannten  einzelfUllen  sind  zwei,  deren  geschieht» 
einen  tiefern  einblick  in  die  Jahreszeit  der  Hyakinthien  verstattet, 
der  eine  gehört  in  der  that  dem  juni  an;  aber  aus  einem  einzigen 
geschicbtlicben  beispiel  läszt  sich  kein  sicherer  schlusz  auf  die  nor- 
male läge  eines  festes  oder  monats  ziehen,  weil  infolge  der  monat- 


^  mit  recht  hat  Meursius  auch  Porphyrios  de  abstin.  II  7  i^  *A6i^- 
vTiciv  ?Ti  Kai  vüv  öpiwfidvii  iTo^Trfi  *HXiou  t€  kqI  *Öp(&v  tro^TreOci  fdp 
elXuciTÖa  dTptJCTtc  ^ttI  irupiiviuiv  fiipipiac,  Öcirpta,  bpOc,  ^i^aiicuXo, 
KpiOaC,  irupoi,  TraXdeii  i^TiTnipia,  dXcOpuiv  Trup(vujv  kqI  KpiBiviuv 
(pBoic  usw.  hierher  bezogen  wegen  scbol.  Ar.  Ri.  729  TTuavciiiioic  kqI 
0apimX(oic  'HXiip  Kttl  "öpaic   öOouciv  'AOiivatoi.  ^  Hartmann   röin. 

kaleuder  s.  141  f. 

35  • 


532  GFUnger:  der  Uyakinthienmonat. 

Schaltung  und  der  abhängigkeit  des  kalenders  vom  monde  die  lege 
jedes  monatsanfangs  um  vier  wochen  bin  und  ber  scbwankte;  nicht 
zu  gedenken  der  noch  gröszem  Verspätung,  welche  beim  bestehen 
der  okta^teris  eintreten  konnte,  entweder  10  volle  monate  oder  im 
laufe  des  lOn  monats  nach  Athens  einnähme  durch  Xerzes  zog 
Mardonios  in  Athen  ein  (Herod.  IX  3  f|  ßaciX^oc  atpectc  ic  Tf|v 
ucT^pTlv  Tf|v  Mapboviou  iiTiCTpaTT]inv  b€K6)itivoc  iT^V€TO);  in 
Lakonien  feierte  man  damals  das  Hjakinthosfest  (Her.  IX  6—11). 
Nissen  setzt  die  erste  einnähme  in  den  September  (Boödromion)  und 
kommt  von  da  mit  10  vollen  monaten  in  den  juli  (Hekatombaion), 
gibt  aber  nicht  an ,  warum  jene  nicht,  wie  ich  gethan  habe ,  in  den 
august  (Metageitnion)  gesetzt  werden  dürfe,  auch  Busolt  läszt  Xerzes 
erst  im  Bo^dromion'  nach  Athen  kommen,  nimt  aber  daftlr  den 
lOn  monat  unvollendet  und  bringt  dadurch  die  Hjakinthien  in  den 
juni.  ich  bleibe  dabei ,  dasz  Xerzes  Athen  in  der  zweiten  hälfte  den 
Metageitnion  eingenommen  hat^  setze  aber  jetzt  das  ereignis  noch 
einige  tage  früher,  als  ich  seinerzeit  angenommen  habe. 

Als  die  Hellenen  erfuhren,  dasz  Xerzes  in  Pierien  angelangt 
war,  verlieszen  sie  den  Isthmos  und  schickten  eilig  (Korrd  Täx^O  ^^® 
flotte  nach  Artemision,  einen  heeresteil  unter  Leonidas  an  die  Ther* 
mopylen  (Her.  VII  177  f.);  nach  den  Olympien  und  Kameien  sollte 
die  hauptmacht  in  eile  (Kard  Tdxoc)  zu  diesem  stoszen  (Her.  VII 206). 
die  olympischen  spiele  wurden  am  11 — 15n  tag  des  Metageitnion 
(normal  »»  15—19  august  480)  gefeiert,  nicht  des  Hekatombaion; 
darüber  ist  Busolt  und  (aus  besondem  gründen)  Nissen  mit  mir 
einig;  ob  die  Kameien  auf  den  7 — 15n  tag  des  Earneios,  wie  ge* 
wohnlich  angenommen  wird,  oder  einige  tage  spftler  fielen,  ist 
mir  ungewis  (Philol.  XLIII  s.  637  f.).  aus  Herodotos  VII  206  ist 
nicht  deutlich  zu  ersehen,  ob  die  zwei  feste  damals  schon  gefeiert 
wurden  oder  die  feier  demnächst  stattfinden  sollte;  aus  andern  an- 
gaben geht  aber  hervor,  dasz  sie  geraume  zeit  später  anfieng. '"  drei 
tage  dauerten  die  kämpfe  von  Thermopylai  und  die  mit  ihnen  gleich- 
zeitigen vor  Artemision  (Her.  VIII  15.  19 — 21.  Busolt  s.  48);  am 
vierten  früh  fuhr  die  persische  flotte  nach  Artemision,  mittags  nach 
llistiaia,  von  wo  die  mannschaften  nach  Thermopylai  übersetzten, 
um  sich  das  Schlachtfeld  zu  besehen;  am  fünften  brach  Xerzes  mit 
dem  landheer  auf  (Her.  VIII  23  —  25).  auf  den  schlusz  von  c.  25 
Ol  bi  d|Li9l  E^pEt]v  ^c  öböv  öpii^aTO  folgt  mit  c  26  fJKOv  bi  ap\ 
auTÖjLioXoi  dvbpec  usw.  die  erzählung  von  den  arkadischen  über- 

*  um  den  10  September  480  (iiormiil  ^  7  hue^lromion  ol.  75,  1). 
^^  eine  leise  andeutiiiifi^  davon  lünzt  sioli  VII  2U€  in  den  worteu  oOkuiv 
boK^ovTcc  Kaiä  Tdxoc  oOtuj  biaKpi6if)C€c6ai  t6v  £v  OepMomjXqct  nöXcfiov 
{iT€MTrov  ToOc  Trpoöpöfiouc  finden,  dasz  die  Olympien  mindestens  un- 
mittelbar bevorstHoden  und  die  Kameien  eben  gefeiert  werden  soll- 
ten oder  bereits  bef^onuen  hatten,  wir(t  von  Herodotos  weder  gesagt 
noch  augedeutet,  es  handelte  sieh  nicht  bloss  nm  die  spiele  selbst, 
sondern  auch  um  die  Vorbereitungen,  vgl.  Thuk.  VIII  7—10.  Pkilol. 
XLIII  s.  639. 


GFÜnger:  der  HyiÜdiithienmonat.  683 

Iftufem,  welche  die  erkandigong  des  kö&igs  naoh  dein:  treiben  der 
Hellenen  mit  der  nachricht  Iraantworteten,  dass  sie  zur  zeit  die  oljm* 
pischen  spiele  feierten,  auf  die  frage,  ob  diese  erzShlang  aaf  erfin- 
düng  beruht  oder  nicht,  kommt  nicht  viel  an;  die  hanptsacbe  ist« 
dasz  der  geschichtschreiber,  der  doch,  was  niemand  bestreitet,  die 
kalenderdata  der  ereignisse  kannte,  den  Vorgang  während  des  mar- 
sches  der  Perser  von  den  Thermopylen  nach  Athen  spielen  listt.  er 
wüste  also,  dasz  während  desselben  die  Olympien  gefeiert  worden, 
auf  den  gedanken  zu  Xerxes  überzugehen  waren  jene  Arkader  ver^ 
mutlich  erst  durch  die  nachricht  vom  fall  des  Leonidas  gebraclvt 
worden;  ihr  eintreffen  bei  den  Persern  setzen  wir  daher  in  die  letzten 
tage  des  marsches,  als  sich  Xerxes  bereits  in  der  nähe  von  Eleosia 
befand. 

Die  olympischen  spiele  waren  noch  nicht  vorbei,  ja  nicht  ein-* 
mal  in  gang  gesetzt,  als  die  nachricht  vom  fall  des  Leonidas  in  der 
Peloponnesos  eintraf:  denn  zu  dieser  zeit  hatten  die  Peloponnesier» 
welche  gleich  naoh  beendigong  der  spiele  autrficken  wollten ,  noob 
keine  anstalten  dazu  gemacht:  sie  saszen  in  ihren  stttdten,  und  jene 
meidung  war  es ,  welche  sie  veranlaszte  auf  den  Isthmos  zu  eilen 
(Her.  Vin  71  die  ^ttuOovto  Toifc  i}k(f\  Acuivibiiv  T€T€XeuTif)K^vat, 
cuvbpa^övT€c  ^K  TÜJV  iToXiuiv  ic  TÖv  1c8^öv  f£ovTO).  dort  ontev 
dem  könig  von  Sparta  Kleombrotos  versammelt  machten  sie  zuerst 
die  skironische  felsenstrasze  (unmittelbar  vor  Megara)  unwegsam; 
dann  folgte  eine  beratung ,  in  welcher  beschlossen  wurde  6ioh  auf 
die  Verteidigung  des  Isthmos  zu  beschränken;  zu  diesem  zweek  be- 
gannen sie  quer  über  denselben  eine  mauer  zu  ziehen,  erst  nachdem 
Herodotos  von  dem  guten  fortgang  dieses  Werkes  gesprochen  und 
die  an  ihm  teilnehmenden  contingente  aufgezählt  hat,  bemerkt  er 
c.  72:  'OXu^TTia  bk  Kai  Kdpveta  ndpoixtbKee  fibr)."  die  nachricht 
von  Thermopylai  konnte  über  Eirrha  und  den  korinthischen  bösen 
in  17}  tagen  nach  Acbaia,  in  3 — 4  nach  Sparta,  der  könig  Kleom- 
brotos mit  den  ersten  mannschaften  3 — 4  tage  später  auf  den  Isthmos 
gelangen;  etwa  eine  woche  danach  liesz  sich  vom  glücklichen  fort- 
gang der  befestiguDg  reden,  die  olympischen  spiele  mögen  also 
1—2  tage  nach  dem  einlauf  der  nachricht  von  Thermopylai  be- 
gonnen haben. 

In  Widerspruch  mit  diesen  und  mit  andern ,  später  zu  erwäh* 
nenden  angaben  Herodots  steht  seine  meidung  VUI  40,  die  helle- 
nische flotte  habe  auf  andringen  der  Athener  die  rückfahrt  von 
Artemision  bei  Salamis  beendigt  (anstatt  sie  bis  zum  Isthmos  auszo-» 
dehnen) ,  mit  rücksicht  darauf  dasz  damals  wider  das  erwarten  der 
Athener  das  peloponnesische  landheer  nicht  in  Boiotien  aufgestellt, 
sondern  mit  dem  isthmischen  mauerbau  beschäftigt  gewesen  sei. 
wenn  die  flotte,  wie  aus  Her.  VIII 18 — 22  hervorgeht,  am  tage  nach 


'^  Busolt  bezieht  diese  worie   auf  den  Zeitpunkt,  in  welchem  die 
nachricht  von  dem  fall  des  Leonidas  ankam. 


534  GFÜnger:  der  Hyakinthienmonat. 

dem  letzten  kämpfe  von  Artemision  und  Thermopylai  die  rückfabrt 
angetreten  hatte,  so  kam  sie  zwei ,  spätestens  drei  tage  nach  diesem 
kämpf  in  Salamis  an;  da  sie  sich  auf  der  flucht  befand,  so  hat  sie  zu 
der  fahrt  vielleicht  kürzere ,  sicher  nicht  längere  zeit  gebraucht  als 
die  persische  flotte^*,  welche  von  Histiaia  ausfahrend  am  dritten 
tage  den  hafen  von  Athen  erreichte  (Her.  VIII  66);  die  entfemung 
von  Artemision  bis  Salamis  beträgt  nicht  mehr  als  etwa  45  meilen. 
an  jenem  tage  waren  aber,  wie  aus  VIII  71  (oben  s.  533)  erhellt, 
die  Lakedaimonier  noch  nicht  einmal  am  Isthmos  angelangt,  nnd  zur 
befestignng  desselben  schritten  sie  erst  geraume  zeit  nach  ihrer  an< 
knnft.  wie  die  auf  den  schiffen  befindlichen  Athener  zu  der  m einung, 
das  peloponnesische  beer  stehe  in  Boiotien,  gekommen  sind,  läszt 
sich  erklären,  den  plan ,  mit  dem  hauptheer  erst  nach  ablauf  der 
Olympien  und  Karneien  nach  norden  zu  ziehen,  hatte  der  kriegsrat 
der  Peloponnesier  wahrscheinlich  im  stillen  gefaszt,  nicht  öffentlich 
verkündigt:  denn  die  botschafter,  welche  in  Phokis  und  Ostlokris 
zum  zuge  mit  Leonidas  nach  Thermopylai  einluden,  erklärten  wahr- 
heitswidrig ,  das  hauptheer  folge  in  kürzester  frist  nach  ( VII  203  ol 
be  XotTTol  Tuiv  cujLijLiäxuJV  TrpocbÖKtjLiGi  TTdcdv  eici  i\iiipr\y),  dem- 
gemäsz  konnten  auch  die  attischen  flottenftthrer  erwarten,  dasz  das 
peloponnesische  beer  bereits  ausgerückt  sei,  und  da  sie  wüsten,  dasz 
es  am  letzten  schlachttage  noch  nicht  dort  angekommen  war,  so 
durften  sie  vermuten ,  dasz  es  auf  die  naohricht  vom  ausgang  des- 
selben in  Boiotien  Stellung  genommen  habe,  nachdem  sie  in  Salamis 
erfahren  hatten ,  dasz  dem  nicht  so  sei ,  Attika  also  im  augenblick 
beim  nahen  des  Xerzes  auf  keinen  schütz  von  Seiten  der  bundes- 
genossen  zu  rechnen  habe ,  so  baten  sie  um  aufenthalt  in  Salamis, 
damit  sie  ihre  angehörigen  aus  Attika  fortschaffen  und  zugleich  an- 
gesichts ihrer  jetzigen  läge  rat  halten  könnten,  so  weit  ist  der  be- 
richt  Herodots  VIII  40  in  Ordnung;  die  nachricht  dagegen  von  der 
befestigung  des  Isthmos",  welche  er  gleichzeitig  eingehen  läszt,  ist 
anachronistisch ,  sie  kann  erst  geraume  zeit  später  eingelaufen  sein, 
zur  bestätigung  dient  ein  wahrscheinlich  aus  Kleidemos  (Flut. 
Them.  10),  Phanodemos  (Plut.  Them.  13)  oder  einer  andern  Atthis 
geflossener  bericht  Plutarchs.  als  Xerzes  die  städte  der  Phoker  ver- 
wüstete, schreibt  er  Them.  9,  zogen  die  Hellenen  ihm  nicht  ent- 
gegen, obgleich  sie  von  den  Athenern  gebeten  wurden  in  Boiotien 
einzurücken,  vielmehr  begannen  sie  ihre  ganze  macht  hinter  dem 
Isthmos  zusapnmenzuziehen  und  diesen  zu  befestigen,  die  künde  von 
jenen  Verwüstungen  können  aber  die  Athener  erst  ein  paar  tage  nach 
der  ankunft  der  schiffe  in  Salamis  erfahren  haben:  denn  Xerzes  ver- 
liesz  Thermopylai  einen  tag  nach  deren  abfahrt  von  Artemision. 


*'  diese  wollte  nicht  tu  bald  in  Phalcron  ankommen,  dh.  nicht  vor 
dem  einziig  des  landheers  in  Attika,  nnd  fuhr  deswef^en  erst  drei  tage 
nach  dem  aufbruch  des  Xerzes  ab.  *'  sie  würde  roraussetien ,  dati 
die  spiele  schon  beendigt  waren  oder  wenif^stens  za  ende  giengen,  nnd 
wird  in  ersterm  sinne  von  Busoit  benutzt. 


GFUnger:  der  Hjakinthienmonat.  535 

Aus  der  in  anm.  10  behandelten  stelle  Herodota  VII 206,  im  lu- 
sammenhalt  mit  der  angäbe  dasK  die  am  Isthmos  stehenden  Hellenen 
auf  die  nacbricht  von  der  an  Wesenheit  des  Xerxes  in  Pierien  Korrdi 
Tdxoc  (VII  178)  nach  Thermopylai  und  Artemision  abgiengen,  will 
Busolt  folgern,  dasz  Leonidas  eine  woche  nach  der  meidung,  etwa 
fünf  tage  vor  den  olympischen ,  6inen  tag  vor  den  kameiischen  spie- 
len, um  den  10  august  aus  Sparta  abgegangen  sei.  Leonidas  gieng 
aber  laut  Her.  VII  178  nicht  von  Sparta,  sondern  vom  Isthmos  ab, 
also  nicht  7,  sondern  1 — 2  tage  nach  einlauf  der  nacbricht.  die  künde 
von  der  an  Wesenheit  des  Xerxes  in  Pierien  muste ,  wie  Busolt  be- 
merkt, spätestens  in  einer  woche '^  am  Isthmos  sein,  der  böte  würde 
also  nach  seiner  rechnung  12 — 14  tage  vor  ungefähr  dem  10  august^ 
um  27/29  juli  Pierien  verlassen  haben,  dazu  stimmt  wenig,  dasz 
Busolt  die  ankunft  des  Xerxes  in  Therme  erst  ende  juli  setzt,  noch 
weniger,  dasz  er  die  'vielen  tage'  welche  Xerxes  in  Pierien  zubrachte 
(Her.  VIII  131)  auf  mindestens  14  veranschlagt  und  seinen  auf- 
bruch  von  da  gleichzeitig  mit  dem  des  Leonidas  um  den  14  august 
setzt,  um  so  weniger  als,  wie  Busolt  richtig  bemerkt,  nach  Her.  VII 
183. 188 — 191  Xerxes  von  Therme  bis  nach  Malis  14  tage  gebraucht 
hat.  Pierien  war  nicht,  wie  Busolt  anzunehmen  scheint,  das  land  in 
welchem  Therme  lag ;  das  war  Mygdonien ,  von  wo  Xerxes  durch 
Bottiaia  nach  Pierien  kam;  kostete  der  ganze  weg  14  tage,  so  kann 
der  aufentbalt  in  Pierien ,  die  entfemung  der  andern  strecken  in  be- 
tracbt  gezogen,  nicht  mehr  als  höchstens  7 — 8  tage  gedauert  haben. 

Hätten  die  kämpfe  von  Thermopylai  und  Artemision,  wie 
Busolt  mittels  der  eben  besprochenen  rechnung  findet,  etwa  10  tage 
nach  ablauf  der  Olympien,  um  den  29  august  begonnen,  so  müste 
dem  plane  der  pelopounesiscben  ftthrer  entsprechend  das  hauptheer 
schon  vor  jenen  kämpfen  in  Thermopylai  eingetroffen  sein;  dies  ist 
nicht  der  fall  gewesen:  aus  Her.  VIII  71  ersehen  wir  sogar,  dasz 
noch  beim  eintreffen  der  nacbricht  von  dem  unglücklichen  ausgang 
der  landkämpfe  an  den  auszug  des  groszen  aufgebots  nicht  gedacht 
worden  war.  hieraus  geht,  wie  schon  bemerkt,  hervor,  dasz  die 
spiele  noch  nicht  gefeiert  oder  wenigstens  noch  nicht  beendigt  waren. 
Busolt  vermutet,  die  Peloponnesier  hätten  jenen  plan  aufgegeben, 
weil  sie  grundsätzlich  ihre  kräfte  zur  Verteidigung  des  Isthmos  zu- 
sammenhalten wollten,  wenn  dies  grundsatz  gewesen  wäre,  so  würden 
sie  von  vorn  herein  jenen  plan  nicht  gefaszt  haben,  richtig  ist,  dasz 
sie  ihn  aufgaben ,  aber  nicht  wegen  dieses  angeblichen  grundsatzes, 
sondern  weil  sich  die  Voraussetzung  des  planes  als  irrig  erwies:  es 
gab,  was  sie  damals  noch  nicht  ge wüst  hatten,  noch  einen  andern 
weg  in  das  herz  von  Hellas  als  denjenigen  auf  dessen  beschaffenheit 
sie  die  boffnung  gegründet  hatten,  dasz  ihn  eine  kleine  schar  auf 
Wochen  hinaus  (oben  anm.  10)  dem  mächtigen  feinde  verlegen  könne. 


1^  wenn,  wie  wahrscheinlich,  tag  and  nacht  gefahren  wurde,  konnte 
ein  schiff  von  Methone  die  nacbricht  am  dritten  tage  überbringen. 


536  GFUnger:  der  Hyakinthienmonai 

yor  der  meldung  Ton  dem  Untergang  des  Leonidas  den  plan  zu 
ändern  hatten  sie  keinen  anlasz ,  Herodotos  weisz  auch  nichts  von 
einer  frühern  änderung  desselben:  er  betont  VII  206  das  bestehen 
der  absieht  gleich  nach  den  spielen  auszuziehen  (f^eXXov  und 
^v^vuiVTO,  dann  oOrot  jli^v  bf|  oÖTUi  biev^vujVTO  iroirjcctv),  womit 
er  im  stillen  andeutet,  dasz  es  bei  der  bloszen  absieht  geblieben  sei; 
die  unglücksnacbricht,  nicht  das  ende  der  spiele  führte  zur  änderung 
des  beschlusses  (VIII  71);  auch  dann  aber  wird  derselbe  noch  nicht 
auf  Verteidigung  des  Isthmos  gerichtet,  sondern  fem  von  diesem, 
nördlich  von  dem  korinthischen  gebiet  machen  sie  den  felsenweg  vor 
Megara  unwegsam ;  erst  in  einer  beratung,  welche  nachher  stattfand, 
wurde  beschlossen  den  Isthmos  zu  befestigen  und  damit  sich  auf  die 
Peloponnesos  zu  beschränken  (VIII  71). 

Wir  besitzen  noch  zwei  Zeugnisse  über  die  naturzeit  der  in  rede 
stehenden  Vorgänge,  ein  unmittelbarem  und  ein  mittelbares :  das  erste 
steht,  bis  jetzt  noch  nicht  benutzt,  bei  Herodotos  VIII  12,  wo  es 
von  dem  nächtlichen  ungewitter  bei  Aphetai  zwischen  dem  ersten 
und  zweiten  scblachttag  der  flotte  heiszt:  d)C  bk  eucppövr)  ^T^TÖvcc, 
fjv  jLitv  TTjc  dlpTic  jLi^cov  G^poc,  iT^vcTO  bi  öbujp  T€  fiiiXeTOV  bxä 
irdcTic  Tffc  vuKToc  Kai  cxXiipal  ßpovral  dnö  toG  TTiiXtou  .  .  d^ßpoc 
T€  Xdßpoc  Kai  ^eufiaTa  icxupd  ^c  ddXaccav  \hp\xr\ixiya  ßpovrai  t€ 
CKXiipai,  vgl.  über  dieselbe  nacht  bei  Euboia  c.  13,  wo  der  stürm 
auf  dem  meere  noch  viel  heftiger  wütete,  'mitten  im  sommer' 
sagte  man  auch  bei  weitester  ausdehnung  des  begriffes  doch  nicht, 
wenn  von  dieser  den  alten  17 — 18  wochen  dauernden  Jahreszeit  nur 
noch  zwei  wochen  übrig  waren,  die  spätgrenze  desselben  läszt  sich 
aber  für  diese  stelle  ziemlich  bestimmt  angeben,  aus  dem  orte,  an 
welchem  die  werte  fjv  jLi^v  rfic  djpiic  jLi^CDV  O^poc  stehen,  geht  her- 
vor, dasz  sie  nicht  blosz  der  datierung  wegen  angebracht  sind :  sonst 
würden  wir  sie  nicht  in  der  Schilderung  einer  zwischen  zwei  kämpfen 
liegenden  nacht,  noch  dazu  inmitten  jener,  sondern  am  anfang  der 
geschichte  des  ersten  Thermopylentages  oder  nach  der  des  letzten 
gefechtes  von  Artemision  lesen,  die  werte  sollen  anzeigen,  dasz  bei 
der  damaligen  Jahreszeit  man  ein  solches  wetter  eigentlich  nicht 
hätte  erwarten  sollen :  }xiv  heiszt  'zwar'  und  Herodot  sagt  demnach : 
als  es  finster  geworden,  ergosz  sich,  obgleich  mitten  im  sommer, 
endloser  regen  und  vom  Pelion  her  wütete  ein  arges  donnerwetier 
die  ganze  nacht  hindurch,  solche  Witterung  war  man  sonst  erst  imans- 
gang  des  sommers  gewohnt:  Thuk.  VII 79  £tuxov  ßpovrat  TiV€€  T€VÖ- 
)i€vai  Kai  öbujp,  ota  toö  fiouc  irpöc  ^€TÖTru)pov  övtoc  qpiXciTiTVC- 
cOai.  Eudoxos  bei  Geminos  16  und  bei  Ptolemaios  q>äc€i€  diiXavuiv 
verzeichnet  im  sommer  weder  regen  noch  gewitt«r  bis  zum  17august; 
von  diesem  schreibt  er  bei  Gem.  Xupa  diüoc  büvei  Kai  ^nicriMaivet **, 
bei  Ptol.  ^TTicimatvei  (Bonav. i>Zui/);  dann  vom  22  aog.  bei  Ptol.  ßpov- 

>^  Euktemon  bei  Gem.  12  aup.  XOpa  bOcTQi  Kai  Cti  (ki  kgI  £TT)dat 
nauovTQi  kqI  Vttttoc  ^TTiTdAXei.  rtolemaiud  läszt  die  iterophaien  überall 
weg.    £iitcima{v€i  bezcichuet  jeden  Witterungswechsel. 


GFÜnger:  der  HjakinthieiimoAat.  687 

Täv  €Tuj9€v;  24  aug.  Gem.  u.  Ptol^  4tri€iiMa{v€i';  25  auglfiAhhcxc^^ 
^aiv€i;  29  aug.  Ptol.  tkrioi,  ßpovrai^  ^Tiidai  TroüovTat;  Blangi 
Gem.  SvejLioc  ^^t^c  iTV€t  xai  iirtßpovT^,  Ptol.  dv€Moi  ^eTarriirrav«' 
T6c;  3  sept.  Fiel.  dv€MOC,  ßpovTri,  bucaepia;  4  sept  Ptol.  (HETtSc^ 
ßpovTai,  dv€MOC  MeTairiTrruiv  «-  6  sept.  Gem.  öeTÖc,  ßpövrai,  dvc-* 
^oc  ji^TOtc  TTVCt;  folgt  14  sepiGem. ,  12  sept.  PtoL  herbstanfang, 
wegen  dieser  und  anderer  im  herbst  nnd  winter  hKofiger.  -ericliei-« 
nungen  wurde  der  Spätsommer  oder  vorherbst  von  H^odos  und 
manchen  schriftsteilem  der  Bömerzeit  bereits  als  herbst  bezeichnet 
(Philol.  XLin  8.  659)  und  sein  an&ng  von  vielen  an  den  frttkonter-i 
gang  der  Lyra  um  mitte  august  geknüpft;  Hess  man  mit  Hesiodos 
^Kf).  661  den  sommer  50  tage  nach  der  wende  zu  ende  gehen,  ao  er^ 
hielt  man  für  4130  den  17  oder  18  august.  viele  neugriecfaisohe 
Sprichwörter  bei  AMonunsen  'grieoh.  Jahreszeiten'  s.  23.  24«  75.  77 
lassen  den  winter  (im  weitesten  sinne)  mit  dem  (julianischen)  at^gust 
beginnen,  dessen  erster  tag  für  die  zeit  des  Perserkriegs  dem 
20  august  entspricht,  die  achlachten  von  Thermopylai  und  Arte«* 
mision  sind  demnach  spätestens  zu  anfang  der  olympischen  spiele 
(c.  15 — 19  august),  wahrscheinlich  aber  vor  ihnen  geschlagen  wor- 
den: denn  an  einem  zwar  vor  der  jahreszeitgrenze  liegenden ,  aber 
ihr  nahen  tage  würde  der  eintritt  des  gewittere  weniger  anffallend 
erschienen  sein.  i 

Nach  Her.  VIII  51  verbrachten  die  Perser  am  Helleepcmt 
einen  monat^^  in  dessen  lauf  der  Übergang  über  den  Hellespont  be^ 
werkstelligt  wurde,  in  drei  weiteren  langten  sie  in  Attika  an,  unter 
dem  archonten  Ealliades  (480/79);  der  aufbruch  von  Sardeis  hatte 
äfüia  TUJ  ^api  stattgefunden  (VII 37).  wäre  die  einnähme  Athens,  wie 
Nissen  und  Busolt  wollen^  im  September,  nach  Busolt  um  den  10  Septem- 
ber, sein  einzug  in  Attika  also  um  den  8  September  geschehen,  so 
würde  die  ankunft  in  Abydos  um  den  13  mai  (Busolt:  mitte  mai) 
fallen,  den  weg  von  Sardeis  dahin  mit  Busolt  zu  etwa  50  meilen, 
14  tagem&rschen  genommen,  würden  wir  den  auszug  auf  den  29  april 
bringen,  damit  aber  das  letzte  drittel  des  frühlings  erhalten,  nicht,  was 
d^a  Tifi  fapi  besagt,  den  anfang  (im  weitesten  sinne  gefaszt)»  dh.  das 
erste  drittel,  die  ersten  16-— 17  tage  (vgl.  Philol.  XLIII  s.  601. 605. 
622.  628.  643);  dasz  Herodotos  in  der  that  den  anfang  meint,  lehrt 
VII  37  u)c  T(4  T€  Toiv  f€(p\)pi{jjv  KaT€CK€ÜacT0  Kttl  rd  trepl  töv 
"AGuüv  .  .  Kai  aörfj  fj  biuipuH  TiavTeX^ujc  Tr€7T0tii|i^vii  dTTcXro, 
^vGauTa  xe\ii€p\cac^  djna  ti^  fopt  napccKcuacM^voc  ö  crparöc 

'^  die  wähl  der  ankunft  in  Abydos  statt  des  anfbraohs  von  Sardeis 
zum  anfangspuukt,  die  des  einaugs  in  Attika  statt  ia  Athen  zur  sp&t- 
grenze  der  rechnang  läszt  vermuten,  dasz  mit  diesen  grenzen  genau 
ganze  monate  erzielt  wurden;  nur  folgt  ans  der  präposition  {tv  Tpicl 
Ir^potci  Mr]V€Ct),  dasz  der  rierte  nicht  schon  abgelaufen,  sondern  sein 
letzter  tag  im  gange  war,  als  die  grense  von  Attika  überschritten 
wurde,  unter  monat  ist  die  dauer  eines  solchen  (abwechselnd  29  nnd 
30  tage)  von  irgend  einem  kaleudertag  ab  zn  verstehen,  im  ganzen 
also  117  tage. 


538  GFUnger:  der  Hyakinthienmonat. 

Ik  tuüv  Capb(u)v  ibp^äTO.  da  Xerxes  den  winter  in  Sardeis  zuge 
bracht  hatte  und  die  erwähnten  bauten  noch  im  winter  geschehen 
waren,  auch  zu  den  Vorbereitungen  fUr  das  beer  zeit  genug  gewesen 
war,  80  ist  nicht  einzusehen,  was  den  aufbruch  bis  zum  29  april 
hätte  verzögern  können,  hätte  aber  gleichwohl  eine  so  starke  Ver- 
zögerung stattgefunden ,  so  würden  wir  bei  Herodotos  nicht  fima  Tifi 
fapi  lesen. 

Nehmen  wir  gemäsz  dem  s.  533  gesagten  an,  dasz  die  olym- 
pischen spiele  drei  oder  vier  tage  nach  dem  tode  des  Leonidas  be- 
gonnen haben,  so  entfllllt  dieser  bei  vier  tagen  Zwischenzeit  auf  den 
11  august'^,  der  aufbruch  des  Xerxes  auf  den  13  august.  in  Phokis, 
wo  alle  Städte  verwüstet  wurden,  scheint  er  sich  längere  zeit  aufge- 
halten zu  haben:  sonst  hätten  die  Peloponnesier  nicht,  wie  das  an- 
sinnen  der  Athener  (s.  534)  voraussetzt,  zeit  gehabt  ihm,  wenn  sie 
wollten ,  in  Boiotien  in  den  weg  zu  treten,  ich  rechne  daher  nicht 
7 — 8,  sondern  8 — 9  tage*^  auf  den  zng  von  Thermopylai  bis  Athen, 
13 — 20  oder  21  august,  so  dasz  er  am  18  oder  19  august  die  attische 
grenze  erreichte,  mit  117  tagen  von  da  zurück  erhalten  wir  ftlr  die 
ankunft  in  Abydos  am  Hellespont  den  23  oder  24  april ,  mit  etwa 
14  tagen  für  den  aufbruch  von  Sardeis  den  9/10  april,  bei  3  tagen 
zeit  zwischen  Leonidas  fall  und  dem  anfang  der  Olympien  den 
10/11  april;  also  13 — 15  tage  nach  frühlings  anfang,  der  nacht- 
gleiche, der  grund,  warum  nicht,  was  doch  wie  es  scheint  leicht  ge- 
wesen wäre  (s.  537) ,  der  eintritt  des  lenzes  selbst  gewählt  worden 
ist,  lag  vielleicht  in  dem  weit  verbreiteten  und  bei  den  Persem  des- 
wegen, weil  ihnen  der  mond  die  zukunft  vorbei;  bestimmte  (Her. 

VII  37),  anzunehmenden  aberglauben^  dasz  wichtige  Unternehmun- 
gen nicht  bei  abnehmendem  mond  begonnen  werden  dürften,  am 
8  april  480  einige  stunden  vor  mitternacht  ereignete  sich  der  neu- 
mond ,  der  erste  bei  zunehmendem  monde  beginnende  lichttag  war 
also  der  des  9  april;  sichtbar  wurde  der  mond  wohl  erst  am 
10/11  april,  aber  unter  den  magiem  in  der  Umgebung  des  königs 
(Her.  VII  37.  43. 113. 191),  welche  zum  teil  Chaldaier  gewesen  sein 
dürften,  befanden  sich  ohne  zweifei  auch  astrologen  und  andere 
sternkundige  männer^  welche  den  eintritt  des  wahren  neumondes 
genau  oder  mit  geringer  abweichung  bestimmen  konnten. 

'^  genaue  Ubereiiistimmuiig  des  eleischen  lln  ApoUonios  (Metü- 
gettnion)  mit  dem  mond,  dh.  gleicbzcitigkeit  mit  dem  16  august  voraut- 
geRetst.  *''  nach  Her.  VIII  67  scheint  Xerxes,  als  die  flotte,  welche 

drei  tap^e  später  als  der  könig  und  das  landheer  aufbrach,  am  dritten 
tage  der  fahrt  in  Phaleron  eintraf,  schon  in  Athen  gewesen  zu  sein,  so 
dasz  der  zug  zu  lande  kaum  «echs  tage  gedauert  hätte,  dies  ist  au  sich 
nicht  wahrscheinlich  und  wird  dadurch  noch  unwahrscheinlicher,  dass 
die  ao.  gemeldete  Zusammenkunft  am  tage  vor  der  Schlacht  von  Salami« 
stattgefunden,  die  belagerung  von  Athen  aber  lange  gedauert  hat  (Her. 

VIII  62.  Busolt  s.  49).  es  mu^z  also  entweder  in  der  eraähliing  oder 
im  texte  Herodots  (VIII  67)  eine  Verwirrung  angenommen  werden,  um 
so  mehr  als  der  ansatz  der  Salamisschlacht  um  den  20  BoSdromion  ■■ 
28  September  von  seiner  eignen  darstellung  (VlII  66)  unterstützt  wird. 


GFÜnger:  der  Hjakinthienmonat.  539 

Demgemäsz  setzen  wir,  eine  fehlerweiie  von  einigen  tagen,  bei 
den  spielen  von  6inem  tag  vorbehaltend:  23  jnli  anfbrnoh  des  persi- 
schen heeres ,  3  augnst  der  persischen  flotte  von  Therme ;  6  angnst 
ankunft  des  heeres  in  Malis,  7  ang.  der  flotte  bei  Aphetai ;  9 — 11  ang. 
kftmpfe  von  Thermopylai  nnd  Artemision;  12  aug.  rftck&hrt  der 
griech.  flotte;  13  aug.  ihre  ankunft  in  Salamis,  aufbruch  des  Xerxes; 
15 — 19  aug.  olympische  spiele;  16  aug.  aufbmch  der  pers.  flotte; 
18  aug.  ankunft  derselben  in  Phaleron,  des  heeres  in  Attika;  20  aug. 
einnähme  Athens. 

Vom  20  august  480,  normal  o»  16  Eameios  (Metageitnion), 
kommen  wir  mit  der  eigentlichen  dauer  von  10  vollen  mondmonaten 
auf  den  16n  tag  des  gewöhnlich  dem  attischen  Skirophorion  ent* 
sprechenden  lakonischen  monats  (normal  11  jnni  479);  es  hindert 
aber  nichts  anzunehmen^',  dasz  im  herbst  480  ein  schaltmonat  ein- 
gelegt und  infolge  dessen  479  der  Hekatombeus  jene  läge  gehabt 
habe,  fielen  die  mindestens  elf  tage  dauernden  Uyakinthien,  wie  ich 
angenommen  habe,  in  die  erste  hftlfte  desselben,  so  hat  Herodots 
bcKd^iivoc,  da  dieser  zeitranm  um  den  anfang  derselben  ablKuft,  eine 
dauer  von  etwa  9%  monaten. 

Im  j.  390  entspricht  der  Hekatombeus  entschieden  dem  Thar- 
gelion.  vier  tage  nach  dem  opfer  der  Isthmienfeier  vernichtete  Iphi« 
krates  die  mora,  welche  den  wegen  der  bevorstehenden  Hyakinthien 
beurlaubten  Amyklaiem  eine  strecke  weit  das  geleite  gegeben  hatte 
(Xen.  Hell.  lY  5).  demnach  haben  die  Hyakinthien  entweder  in  dem- 
selben monat  stattgefunden  wie  die  Isthmien  (nur  an  einem  spfttem 
tage)  oder  in  dem  darauf  folgenden,  dasz  letzteres  der  fall  ist,  geht 
aus  der  läge  des  IsthmAnmonats  hervor,  nach  Nissen  sind  meine 
ausfdhrungen  über  die  Isthmien  im  einzelnen  grOstenteils  verfehlt*®; 


1^  während  desArchidamischen  krieges  wurde  nicht  in  dem  oktaeterisch 
entsprechenden  herbst  424,  sondern  im  herbst  423  geschaltet;  aber  die 
passende  naturzeit  des  lakonischen  kalenders,  während  die  meisten  neu- 
jähre  des  attischen  schon  nm  vier  wochen  za  spät  eintraten,  läset  ver* 
muten,  dasz  die  hie  und  da  nötige  ansmersong  eines  schaltmonats  der 
okta'eteris  in  der  zeit  zwischen  479  nnd  424  voUsogen  worden  war; 
durch  sie  muste,  wenn  die  bisherige  frühgrenze  des  neujahrs  festgehalten 
werden  sollte,  die  schaltfolge  eine  andere  werden.  *®  er  gibt  weder 

an  welche,  noch  warnm,  und  entzieht  dadurch  das  urteil  einer  prüfong 
auf  seine  berechtigung;  dasselbe  summarische  verfahren  wird  auf  meinen 
ansatz  der  Hyakinthienfeier  angewendet^  derselbe  sei  mit  einer  reihe 
von  aufstelluDgen  verbunden,  welche  sich  mit  dem  griechischen  kalen- 
der  nicht  vereinbaren  lassen,  die  von  mir  verworfene  behanptung  des 
CurtiuB  IV  5,  11,  der  beschlasz  der  Hellenen  Alexandros  zum  siege  von 
Issos  zu  beglückwünschen,  sei  bei  den  isthmischen  spielen  (von  332)  gefaszt 
worden,  hält  Nissen  mit  Verweisung  auf  Diodoros  XVII  48  aufrecht; 
nur  iisdem  ferme  diehut  (dh.  als  Alexandros  von  dem  eroberten  Tyroa 
gegen  Gaza  zog,  im  Hekatombaion  oder  Metageitnion  o1.  112,  1  «■  882) 
sei  unrichtig,  er  übersieht,  dasz  Diodoros  den  beschlusz  genau  in  die 
von  Curtius  angegebene  zeit  versetzt,  also  nicht  iüdem  diebus^  sondern 
die  Verlegung  desselben  in  die  zeit  der  spiele  das  unrichtige  ist:  nicht 
die  dort  versammelte  menge,  sondern,  wie  Diodoros  anadrüoklioh  angibt, 


540  QFÜDger:  der  Hyakinthienmonat. 

er  setzt  sie  aber  doch  auf  den  von  mir  gefundenen  tag  und  monat, 
den  8n  tag  des  korinthischen  monats,  welcher  dem  attischen  Munj- 
chion  entspricht,  und  man  sollte  demnach  glauben,  dasz  er  sich  auch 
hinsichtlich  des  Hyakinthienmonats  mir  angeschlossen  hätte;  er 
glaubt  aber  erkannt  zu  haben ,  dasz  Xenophon  'eine  jener  flflchtig- 
keiten,  an  denen  seine  geschichte  ttberflusz  hat',  begangen  habe, 
indem  er  als  einen  einzigen  feldzug  darstelle ,  was  den  bessern  be- 
richten des  Diodoros  und  Pausanias  zufolge  zwei  gewesen  seien,  der 
eine  zur  zeit  der  I&thmien  und  blosz  dieser  spiele  wegen  unter- 
nommen ,  der  andere  einige  monate  später  auf  die  erwerbung  von 
Peiraion  gerichtet;  während  des  zweiten  sei  die  mora  vernichtet 
worden. 

Von  den  gründen ,  welche  Nissen  beibringt ,  wttrde  der  schla- 
gendste der  sein,  dasz  nach  §  13  des  citierten  capiteld  (Hell.  IV  5) 
*die  Athener  Eorinth  besetzt  halten,  während  nach  §  1  die  Argeier 
im  besitz  geblieben  sind',  wenn  die  zwei  angaben  einander  aus- 
schlössen, dh.  wenn  ein  die  (vermeintliche)  besitzänderung  erklären- 
der Vorgang  in  der  mitte  läge,  von  welchem  Xenophon  nichts  meidet, 
das  ist  aber  keineswegs  der  fall :  die  Athener  lagen  schon  vor  den 
spielen  und  während  derselben  in  Korinth,  ond  die  Argeier  befanden 
sich,  wenn  man  das  eigentümliche  Verhältnis,  in  welchem  damals 
Korinth  zu  Argos  stand,  so  nennen  darf,  im  besitz  der  Stadt  noch 
während  und  nach  der  Unternehmung  gegen  das  Peiraion,  brauchten 
auch  zur  ausübung  desselben  keine  besatzung.  nach  der  revolution, 
welche  393  (Hell.  IV  4.  6.  8,  15)  die  anhänger  Spartas  aus  Korinth 
trieb,  vereinigten  die  zurückgebliebenen  die  stadt  mit  Argos  zn  einer 
einzigen  politischen  gemeinde,  welche  deniiamen  Argos  führte;  die 
grenzsteine  zwischen  beiden  bisher  getrennten  gebieten  wurden  aus- 
gehoben, die  einwohner  von  Korinth  waren  und  hieszen  jetzt  bürger 
von  Argos  (Xen.  Hell.  IV  4,  6).  später,  als  die  grossen  feldzüge 
aufhörten,  schickten  beide  kriegführende  parteien  besatsungen,  der 
spartanische  bund  nach  Sikjon,  der  korinthische  nach  Korinth  (Hell. 
IV  4,  14).  die  hier  liegende  stellte  aber  nicht  Argos,  sondern  Athen 
(IV  4,  15  f.  18);  argeiische  truppen  könnten  allenfalls  in  geringer 
zahl  anfangs  dabei  gewesen  sein ,  sicher  aber  nicht  mehr  nachdem 
391  die  btadt  Argos  selbst  von  Agesilaos  bedroht  worden  war  (IV 
4,  19).  wenn  also  in  §  1  gesagt  ist  ol  'ApTcToi  auToO  (auf  dem 
Isthmos)  ^TUTXavov  ttoioövtcc  t^v  Ouclav  Tip  TToceibdivi  die 
"'ApTOUC  TT^c  Kop(v6ou  dvTOC ,  so  sind  unter  ol  'ApT€ioi  auch  die 


das  synedrion  des  Helleuenbundet  fasite  den  beschlots;  dieses  tagte, 
wie  ich  ^ezeifirt  liHbe,  auf  dem  Isthmos,  hatte  aber  mit  den  spielen  nichts 
sa  schaffen,  trat  nicht  sn  deren  seit  cusammen,  und  es  gab  fSr  dasselbe 
keinen  periodisch  wiederkehrenden  tcrmin  (s.  Pbilol.  XXiVII  s.  11  f.).  — 
Dasa  die  isthmischen  spiele  von  196  nach  Polybios  dem  frfibliDg  ange- 
hören, ist  nicht  so  selbstverständlich,  wie  es  Niseen  erscheinen  l&ast; 
KF Hermann  hatte  sie  eben  nach  Polybios  in  den  sommer  gatettt,  ond 
erst  Philol.  XXXVII  s.  6  ff.  ist  die  wahre  Jahreszeit  aofgeseigt  worden. 


GFÜnger:  der  Hjakinthieamoiuit.  64  t 

Korinther  mit  zu  verstehen,  and  den  letzten  werten  liegt  nidit,  wie 
Nissen  zu  glauben  scheint,  ''ApTOUC  i\  Köpiv6oc  fiV|  sondern  ''AptOC 
f)  KöpivOoc  fjv  zu  gründe:  vgl.  IV  4,  6  ''Aprfoc  dvtl  KoplvOou  Tf|v 
iraTpiba  qutujv  övofidZecOat.  ebd.  ircipu>|i^vouc  x^v  nctrpibo  i&circp 
fjv  Kai  dS  äpxv^c  KöpivOov  Tcoif)cat.  8 ,  34  Tf|V  KöpivOov  ''ApTOC 
^TreTToiiivTO.  16  Tf|v  KöpivOov  dic  ''Aproc  ^X^iv. 

'£ine  wunderliche  kriegftthrangy  welche  xnanBsehaften  va& 
Lakonien  nach  Korinth  marscäieren,  drei  tage  den  sfMielen  zuschauen 
und  dann  wieder  nach  hause  rttcken  Iftsit:  eine  taktisGbe  fonnation 
konnte  bei  dieser  ein-  und  aasmostening  nicht  eben  gewinneo.? 
gewis  wäre  eine  solche  kriegfühmng  wimderlich|  das  wftre  i^ber 
auch  der  zweck,  welchen  der  erste  von  den  zwei  feldzttgen  die  Nissen 
annimt  verfolgt  haben  soll:  die  betranung  der  korintldsch^n  flflcht* 
linge  mit  der  isthmischen  agonothesie  jenes  Jahres,  ein  zweck  den 
man  nicht  einmal  ganz  erreidit  haben  würde:  denn  nach  dem  abzog 
des  beeres  kehrten  die  ^Argeier'  zurück  und  hielten  die  spiele  noch 
einmal  ab.  wenn  Agesilaos  blosz  jenen  zweck  verfolgt  hfttte,  eo 
wttrde  er  entweder  mit  dem  beere  längere  zeit  auf  dem  Isthmos  gcr 
blieben  sein  oder  wenigstens  eine  besatzung  zurückgelassen  haben* 
von  einem  solchen  zweck  wird  aber  ttberhaapt  nichts  gemeldet^  tt|i4 
Xenophon  sagt  §  1  ausdrücklich,  dasz  der  ganze  zog  dem  Peiraion 
gegolten  habe;  da  dieses  nördlich  vom  Isthmos  lag,  m>  moate  er 
dahin  über  den  Isthmos  ziehen  und  fand  hier  zufällig  die  Argeier 
mit  dem  festopfer  beschäftigt  (aÖToO  ItuTX<XVOV  t6t€  TlOtoOvTec  Tf|V 
Ouciav);  er  hatte  also  beim  auszog  aus  Sparta  gar  nicht  an  die 
Isthmien  gedacht,  auffällig  oder  vielmehr  fUr  moderne  leser  einer 
erklärung  bedürftig  ist  allerdings  der  umstand ,  dasz  Agesilaos  die 
Amyklaier  mitnahm  und  gleich  wieder  heimschickte,  statt  sie  beim 
auszug  zu  hause  zu  lassen,  wo  ihre  anwesenbeit  bei  den  Hyakinthien 
notwendig  war.  den  lesem ,  auf  welche  Xenophon  seine  erzählung 
berechnete,  konnte  dies  nicht  auffallend  erscheinen,  weil  sie  dae 
datum  der  Isthmien  und  das  der  Hyakinthien  kannten:  jene  fielen 
in  den  Munychion,  diese  in  den  Thargelion,  also  war  beim  auszug 
aus  Sparta  die  Hyakinthienfeier  noch  lange  nicht  zu  besorgen,  und 
es  konnten  die  Amyklaier  noch  mindestens  zwei  bis  drei  wochen 
hindurch  das  beer  verstärken ;  nachdem  weder  bei  dem  heranzug  des 
Agesilaos  noch  bei  seinem  eintreffen  in  Lechaion  die  verbündeten 
sich  gerührt  hatten,  also  keine  schlecht  zu  erwarten  war,  bedurfte  er 
ihrer  nicht  mehr  und  liesz  sie  in  Lechaion  zurück;  entlassen  aber 
wurden  sie  so  frühzeitig  nicht  von  ihm ,  sondern  von  dem  dortigen 
befeblshaber,  der  sich  stark  genug  fühlte  auch  ohne  sie  den  platz  zu 
behaupten  (Hell.  IV  5,  11).  ob  die  taktische  formatiou  darunter 
viel  gelitten  bat,  wissen  wir  nicht,  bezweifeln  es  aber;  sicher 
ist,  dasz  diese  Umänderung  auch  sonst  oft  stattgefunden  hat  (ol 
*A|LiuKXaToi  del  ttotc  dir^pxovTai  ic  rd  TaxivGia  Im  töv  iraifivo, 

^dv  TC   CTpaT07r€Ö€UÖ|Ll€V0l  TUTX^VUICIV  i&V  T€  fiXXuiC  1TUIC  dTTObll- 

jLlOÖVTec). 


542  GFÜDger:  der  Uyakinthienmonat. 

'Ein  heerführer  gar,  der  anüang"  april  seine  truppen  mit 
bloszer  sommergarnitur  ausgerUätet  (§  4)  in  die  berge  schickt, 
gebort  ins  tollhaus.'  Peiraion,  von  vielen  als  ort  au fgefaszt,  hiesz 
der  landstrich  an  der  küste  des  korinthischen  meerbüsensjenseit  des 
Isthmos  bis  zur  megarischen  grenze,  welcher  die  kürzeste  überfahrt 
(Xen.  Ages.  2,  18)  nach  und  von  Ereusis  in  Boiotien  darbot:  Xen. 
Ages.  2,18  KopivOiouc  ttuv  tö  TTcipaiov  CTTeipovTac  kqI  KOpirou- 
jA^vouc.  19  aipei  id  Tcixn  &  dv€T6T€ixiCT0  (itu  TTeipaiip).  Hell.  IV 
5,  3  elc  t6  TTeipaiov  f\fe  Kai  KUTd  Td  Oep^d  irpoqei.  5  ol  ^v  tu^ 
TTeipaiip  eic  t6  ''Hpaiov  (eines  von  den  castellen  des  Peiraion)  kqt^- 
qpuTOv  KQi  dvbpec  kqI  x^vaiKec  kqI  boOXoi  Kai  ^XeuOcpot  kqI  twv 
ßocKiijLidTujv  Td  TiXeiCTQ  .,i\bk  jLiöpa  KaTaßaivouca  dnö  ti£iv  fiKpuJv 
Olvönv  t6  £vT€T€ixiC|Li^vov  TCixoc  alp€i.  Agesilaos  zog  die  küste 
entlang  (Hell.  IV  5,  5),  nur  die  höhe  über  den  thermen  wurde  wäh- 
rend der  ersten  nacht  von  einer  mora  be;<etzt,  und  diese  litt  anfangs 
von  der  kälte ,  welche  auf  regen  und  hagel  gefolgt  war,  aber  nur  so 
lange  bis  feuer  gemacht  werden  konnte :  der  fehler,  welcher  begangen 
worden  war,  bestand  darin  dasz  die  troszknechte  kein  feuer  mit  hinauf- 
gebracht hatten  (§  4  tujv  t^  jiiöpqi  q)€p6vTUJV  Td  ciTia  oubevöc  Tiup 
€ic€V€TK6vT0c) ;  ihm  wurde  von  Agesilaos  bald  abgeholfen. 

Nissen  zieht  dem  angeblich  oft  leichtfertigen  erzähler  Xenophon 
betreffs  dieser  geschichte  zwei  anerkannt  leichtfertige  vor ,  Diodoroa 
und  Pausanias.  letzterer  hat  in  der  that  aus  dem  6inen  feldzng  zwei 
gemacht,  indem  er  III  10  Agesilaos  nach  der  Isthmienfeier  heim  und 
später  wieder  gegen  Korinth  ausziehen  läszt:  ou  iroXXtfi  hi,  ucTCpov 
(nach  der  Schlacht  von  Koroneia,  fast  vier  jähre  nach  ihr)  TÖv  dfuiva 
^BriKav  TUJV  IcOjiiiujv  ol  ^tti  XaKUiviCjiiuj  q>€UTOVT€cKopiv6iOL  oi6^  £v 
T^  TTÖXci  TÖTE  jLifev  Ttü  'AtiiciXdou  beijLiaTi  f]cuxa£ov  •  dvaZeuEavTOc 
bk  de  Tf|v  CndpTiiv  outuj  kqi  auToi  jiieTd  'Apteluiv  Td  'IcOfiia 
dTOuciv.  äq)iK€TO  bk  Kai  auGic  ^ttI  Köpiv6ov  CTpoTi^*  küI  (iirqei 
Tdp  TaKiv0ia)  dcpinci  touc  'AjiiuKXaieTc  . .  touttiv  Tf|v  fioipav  imdi- 
ficvoi  KoO'  6b6v  *A9iivaioi  Kai  IqpiKpdTnc  bidq>0€tpav.  Pausanias  läsit 
die  Korinther  und  Argeier  erst  nach  dem  abzug  des  Agesilaos  an  die 
abhaltung  der  spiele  gehen,  während  in  Wirklichkeit  sie  durch  dessen 
ankunft  in  derselben  gestört  wurden  und  ihre  spätere  thätigkeit  nur 
eine  fortsetzung  der  frühem  war;  er  verwechselt  femer  die  mora  mit 
den  Amyklaiern,  welchen  sie  das  geleite  gegeben  hat,  und  Xenophona 
iTToiiicav  bi.  Kai*ApT€ioi  dTreXeövTOc  'AtnciXacu d£ äpxf)c irdXiv 
"'IcOjLiia  oder  ein  ähnlicher  ausdruck  seiner  vorläge  hat  ihn  zu  dem 
misverständnis  verleitet,  Agesilaos  sei  nach  Sparta  zurück  gezogen; 
infolge  dessen  nahm  er  aus  der  fortsetzung  (Xen.  dTTCXU'pilce  TCpöc 
t6  ficTU  die  TTpobibojLi^viic  TTic  TToXcuJc)  aulasz  Agesilaos  wieder  von 
Sparta  herbei  gegen  Korinth  ziehen  zu  lassen. 

Diodoros,  nach  dessen  Vorgang  Nissen  in  die  zeit  zwischen  den 


"  vielmehr  mitte  april :  der  12  Mnnychion  ol.  97,  2  entspricht  normal 
dem  16  april  390. 


GFÜnger:  der  Hyakintiiieiiiiionftt  Ö43 

zwei  yon  ihm  angenommenen  feldzttgen  einen  misglflckien  hand- 
streich  der  verbannten  auf  Korinth  setzt,  hat  dieses  sonst  nirgends 
genannte  ereignis  ebenso  anachronistisoh  behandelt  wie  die  andern 
vorg&nge  des  boiotisch  -  korinthischen  kriegee.  die  sohlaoht  von 
Haliartos,  geschlagen  herbst  395,  setzt  er  ol.  96,  1  <■»  396,  das  ihr 
vorausgegangene  bündnis  der  Athener  nnd  Boioter  mit  Korinth  und 
Argod  dagegen  läszt  er  auf  sie  folgen  und  setzt  es  in  das  nSohste  jähr 
ol.  96,  2  sa  395;  im  dritten  jähre  ol.  96,  3  ■»  394  vereinigt  er  die 
ereignisse  aus  drei  verschiedenen  jähren :  die  schlacht**  von  Koroneia 
(august  394),  die  kämpfe  von  Leohaion  und  die  Vertreibung  der 
spartanisch  gesinnten  Eorinther  (ol.  96,  4  «3  393/2),  endlich,  als 
gleich  (euOuc)  nach  diesen  gefeiert,  die  oben  besprochenen  isthmi- 
schen spiele  des  j.  390;  ebenso  im  vierten  jähre  oL  96,  4  <-■  393 
den  anscblag  der  verbannten  auf  Korinth  und  ^erd  Tivac  f)fi^poc 
die  390  geschehene  Vernichtung  der  mora,  den  sieg  des  Iphikrates 
über  die  Phliasier  (erfochten  zwei  jähre  frttber  392,  Xen.  IV  4,  15), 
einen  andern  über  die  Sikyonier  und  ein  ereignis  des  j.  389,  das  ein« 
schreiten  der  Argeier  gegen  die  particularistischen  absichten  des 
Iphikrates  in  Korinth,  welchen  die  Athener  deswegen  abberufen 
musten.  erst  nach  seinem  abgang  läszt  0iodoros  Korinth  in  Argos 
aufgehen  (XIV  92  Tf|v  nöXiv  Tf|V  Kopivdiuiv  x^P<^v  'ApTctav 
dTToiiicav),  indem  er  irrig  voraussetzt,  dasz  sich  das  mit  dem  au£- 
enthalt  einer  attischen  besatzung  in  Korinth  nicht  vertragen  haben 
würde,  anlasz  zu  dem  misverständnis  gab  der  von  Xenophon  IV  8, 34 
bei  der  erzäblung  des  ereignisses  von  389  gebrauchte  ausdruck  itiA 
Ol  'ApT€ioi  Tr|v  K6piv9ov  "ApToc  direiroinvTO,  otbky  fqpacav  aöroiv 
(nemlich  tujv  Mq)iKpdT0uc  ireXTacTUüv)  beicOai. 

Bei  Xenophon,  sagt  Nissen,  ist  entweder  im  text  vor  IV  5, 3  t1}  b^ 
T€TäpTr]  f)|i^p(;i  ein  stück  ausgefallen,  oder  der  schriftsteiler  hat 
leichtfertiger  weise  die  rückkehr  des  Agesilaos  nach  Sparta,  seinen 
erneuten  ausmarsch  nebst  den  übrigen  ereignissen  übergangen  und 
zwei  zUge  zu  einem  verschmolzen;  er  selbst  entscheidet  sich  für  das 
zweite,  vermutlich  wegen  jener  flüchtigkeiten,  an  welchen  nach  ihm 
Xenophons  gescbichte  überflusz  hat;  beispiele  solcher  hat  er  nicht 
angeführt,  dasz  die  abscbreiber  keine  auslassung  begangen  haben, 
sondern  nach  Xen.  Agesilaos  390  einen  einzigen  feldzug  unter- 
nommen hat,  lehrt  §  1  ol  AaK€baijLiövioi  dKOuovTec  £ti  . .  c(|j2[oivto 
^v  Till  TTeipaiijj,  ttoXXoi  bk  Tp^qpoiVTO  auTÖGev,  CTpareucuci  iräXiv 
eic  Tr)v  KöpivÖov :  die  Unternehmung  gegen  das  Peiraion ,  welche 
dem  angeblich  zweiten  feldzug  angehört,  ist  hier  als  ziel  des  angeb- 
lich ersten  feldzuges  bezeichnet,  demgemäsz  auch  mit  der  fort» 
Setzung  §  1  Kai  iipuüTOV  jii^v  fjXOev  eic  NcOjliöv  usw.  die  agonothesie 
der  flüchtlinge  auf  dem  Isthmos  als  eine  episode  des  zuges  in  das 
Peiraion  bezeichnet;  dem  irpuiTOV  jiiiv  entspricht  das  5i  in  §  3  tIJ  bi 
T€TdpTij  fijLi^pa  ö*At.  ?iT€  Tipöc  TÖTTeipmov,  und  gemeint  ist  der  vierte 

**  die  bei  Korinth  am  Nemeabach  hat  er  gans  übersehen. 


644  PBegell:  zu  DionysioB  tod  Halikamasos. 

tag  seit  dem  isthmischen  opfer.  dasz  Xenophon  selbst  keine  leiobt* 
fertigkeit  begangen  hat,  lehrt  die  durchsichtige  klarheit  und  einheit* 
lichkeit  seiner  darstellung ,  ohne  deren  besitz  wir  über  die  Vorgänge 
dieser  jähre  völlig  im  nebel  umhertasten  müsten.  und  da  dieser  dar* 
Stellung  zufolge  die  Hyakinthien  nicht  in  einen  spätem  monat  als  ia 
den  nächsten  nach  den  Isthmien  gefallen  sein  können,  so  bleibt  es 
auch  dabei,  dasz  der  lakonische  Hekatombeus,  welchem  sie  ange- 
hören, dem  attischen  Thargelion  entspricht. 

Wurzburg.  Georg  Friedrich  Umger« 


72. 

Zu  DI0NYSI08  VON  HALIKARNASOS. 


1.  Ant.  Rom.  II  6  töt6  V  oöv  6  'PuifiöXoc  ^Treibf)  lä  irapd 
ToC  baijLiOviou  ß^ßaia  TTpoc^Xa߀,  cuTKoX^cac  töv  bfiiLiov  elc  dKKXri- 
ciav  Kai  rot  jLiavreia  bnXuücac  ßaciXeuc  dirobeiKvuTai  irpöc  aÖTuiv 
kqI  KarecTricaTO  dv  £9€i  toTc  )li€t'  qötöv  äiraci  )Lii^T€  ßaciXeioc  fiiiT€ 
dpxdc  Xajißdveiv,  ddv  }ir\  Kai  tö  baijLiöviov  auTOic  iiriOecTricri;  bi^- 
fieiv^  T€  M^XPi  TToXXoG  qpuXarröjLievov  öttö  'PuijLiaiuiv  tö  nepi  touc 
oiujviCjLiOuc  vö|Lii|Liov,  DU  fiövov  ßaciXcuojLi^vTic  TJ^C  TTÖXeoic,  dXXd 
Kai  )Li€Td  KOTdXuciv  Tüüv  fiovdpxujv  iy  üiTraTuiv  Kai  CTpaniTilLiv  Kai 
Ttüv  fiXXujv  Ttüv  Kaid  vöjiouc  dpxövTuiv  alp^cei.  Tr^iraurai  b*  iv 
ToTc  Ka9'  fipdc  xP<ivoic,  ttXtiv  olov  eUiJüv  Tic  auToO  XemcTai  Tfjc 
öciac  auTTic  £v€Ka  T^vofi^vii.  dirauXiZovTai  jli^v  Tdp  o\  Tdc  dpxdc 
)Li^XXovT€C  Xajißdveiv  Kai  TTcpi  töv  öpOpov  dvicrdMCVOi  irotoOvTai 
Tivac  euxdc  UTraiGpioi,  tüüv  bi.  irapövTUJV  tiv^c  öpviOocKÖTriuv 
MicOöv  dK  TOG  biijLiodou  q)€p6)üi€V0i  (die  puüarii  versteht  hierunter 
Bubino  unters.  I  s.  G7  anm.  1).  dcTparr^iv  auTOic  firivuctv  £k  tüjv 
dpiCT€ptüv  qpaciv  Tf|v  oü  Ttvofi^vnv.  ol  bi  töv  ^k  tiic  qpuivfic 
oiujvöv  XaßövTec  dnepxovTai  Tdc  dpxdc  TrapaXiiMiöfiCvoi  o\  juiiv 
ouTÖ  T0Ö9'  iKavöv  tjnoXaMßdvovTec  elvai  tö  füiiib^va  Tcv^ctai  tiüv 
^vavTiouju^vujv  T€  Kai  kujXuövtuüv  oIujvOüv,  ol  bk  Kai  napd  tö  ßoO- 
XniLxa  ToO  6€ou  KiüXuovToc,  icii  Tdp  ötc  ßia£ö)uievoi  xai  Tdc  dpxdc 
dpTidZovTec  judXXov  fj  Xa)LißdvovT€C,  bi*  oOc  Kai  iroXXai  fiiv  iy  jfji 
CTpaTiai  TuüjLiaiuJv  dirtüXovTO  TravubXeOpoi,  iroXXoi  b'  iv  OaXdm] 
CTÖXoi  bi€q)6dpiicav  aÖTavbpoi,  dXXai  t€  )Li€TdXai  Kai  b€ivai  irepiird- 
T€iai  Tf)  TTÖXci  cuv^Tiecov,  ai  jiiiv  ^v  öOveioic  iroX^jiioic,  a\  hk  KOTd 
Tdc  f  )Liq)uXiouc  bixocTaciac,  £)Liq)av^CTaTai  bl  Kai  fidTicTai  KaTd  Tf|V 
i^r\\  fiXiKiav ,  ÖT6  AiKivvioc  Kpdccoc  ävf)p  oubcvöc  beuTcpoc  twv 
KoG*  dauTÖv  fiTCjiövujv  CTpaTidv  titcv  im  tö  fldpOuiv  fOvoc,  dvav- 
Tioupevou  ToO  baijLioviou  iroXXd  x^ipeiv  q)pdcac  toic  dTroTp^Trouct 
Tf)v  ^Eobov  oiujvoTc  jiiupioic  öcoic  Tevcfievoic.  dXX'  uirip  piv  ttic 
€ic  TÖ  bai|u6viov  öXitujpiac,  rj  xpu)VTai  tivcc  iv  toic  koO'  f)MOC  xpo- 
voic ,  TToXu  f pTOV  dv  €\r\  X^yciv.  diet*e  tirade  Ober  misbrauch  und 
verfall  einer  abstrusen,  nur  Römern  ganz  verständlichen  superstition 
nimt  sich  im  munde  eines  griechischen  scbriftstellerä  wunderlich 


PBegell:  zu  Dionysios  yod  Halikarnaaos.  Ö4& 

genug  aus.  vergleicht  man  dieselbe  mit  Cioeros  ftaaseroiigeii  über 
denselben  gegenständ,  so  möchte  man  das  ganse  f&r  einen  geschickt 
componierten  cento  aus  den  büchem  de  divmaüane  halten,  wir 
stellen  im  folgenden  diejenigen  partien  aus  Cicero,  welche  in  ans- 
druck  und  Inhalt  besonders  an  Dion.  anklingen,  xoeammen.  Dion. 
öi^jLieiv^  T€  jLiexpi  iToXXoC  qpuXarröjLievov  .  •  dpxövruiv  alp^cct. 
Cicero  1 3  ptincipio  huius  urbis  parena  Bomülua  non  9ok»m  au^Hcßto 
urhem  condidisse^  sed  ipse  äiamoptimus  augwr  fume  tradikir,  demde 
auguribus  et  rdigui  reges  i4si  et  exaäis  regibus  nOUl  puUice  sine 
auspidis  nee  domi  nee  müUiae  gerebahur.  —  Dion.  ir^irauTat  V  Iv  toIc 
Kttd'  f)jLiäc  xpövoic,  TTXf)v  oTov  elK(li V  TIC  aÖToO  XetircTat  Tf)c  öciac 
auTfic  SveKa  TWOfi^vri.  Cic.  II  71  etenim  tU  8int  oiMrptcta,  guae  nuOa 
stmt^  haec  certe  guibus  utimursive  tr^^udio  8we  de  cadOj  simulaera 
sunt  auspidorum,  au^^ida  nuUo  modo.  vgL  I  105  rdigionis  sntm- 
lacra,  im  folgenden  gibt  dann  Dion.  eine  kurze,  aber  zutreffende 
Schilderung  dos  zu  seiner  zeit  ttbliohen,  teils  leichtfertigen,  teils 
blasphemischen  verfahrene  in  den  auspioien:  viele  magistn^te  be- 
gnügen sich  mit  der  constatiemng  des  ^iZenttuffi^  (aÖTÖ  ToOO'Vcavöv 
u7ToXa|LißdvovT€c  eTvai  tö  fiiib^va  TCv^cOai  tiI^v  lvavnou|i^vuiv  tc 
Kai  KUüXuövTUJV  oluivdiv),  ohne  das  sMai^/miwm  abzuwarten;  andere 
scheuen  sich  nicht  dasselbe  sogar  zu  erzwingen  (ßtatöfievoi, 
coactum  duspicmn  Cic.  I  27.  II  73)  oder  zu  erpressen  (äpird- 
Z0VT6C,  expressum  auspidum  II  73).  diese  Schilderung  der  eoefe* 
stia  aurspida  schlieszt  sich  im  gedankengang  and  selbst  in  einzelnen 
ausdrücken  eng  an  die  analoge  Schilderung  der  p%dlaria  auspicia  bei 
Cicero  II  71 — 73.  endlich  findet  sich  auch  das  von  Dion.  erwähnte 
beispiel  für  die  unheilvollen  folgen  dieser  doctrina  deos  spemens 
(Livius  X  40,  10)  bei  Cicero  I  29  vor:  sed  quid  vetera?  M.  Orasso 
quid  acciderü  videmi^  dirarum  obnuntiatione  neglecta. 

Diese  auf  den  ersten  blick  auffallende  Übereinstimmung  beweist 
natürlich  durchaus  nicht ,  dasz  etwa  Dion.  die  Schriften  Ciceros  {de 
divinatione  oder  de  auguriis)  benutzt  oder  auch  nur  aus  derselbian 
quelle  mit  diesem  geschöpft  habe,  selbst  scheinbar  so  charakteri- 
stische von  Dion.  getreu  übersetzte  ausdrücke ,  wie  simulaera  auspi- 
dorum^ coada^  expressa  au^ida  waren  in  den  groszen  parteikämpfen 
der  untergehenden  republik  sicherlich  zu  vielgebrauchten  Schlag- 
wörtern einer  bestimmten  politischen  richtung  geworden,  so  viel. 
aber  wird  mau,  glaube  ich,  mit  ziemlicher  Sicherheit  folgern  dürfen, 
dasz  der  ganze  passus  des  Dionysios  nichts  ist  als  eine 
nahezu  wortgetreue  Übertragung  aus  einem  lateini- 
nischen  original,  denn  einem  schriftsteiler, -der  nicht  einmal 
augurn  und  haruspices^  genau  zu  unterscheiden  wüste,  kann  man 


I  Festus  s.  351*  19  sinistrum  in  auspicando  significare  ait  Aieius 
Capito  laetum  et  prosperum  auspidum,  at  tUentium^  ubi  duniaxat  vaeat  vUio» 

'  DioD.  II  22,  wo  dpoOciriKa  nicht  mit  Qrosser  (de  spect.  et  nant. 
[Breslau  1851]  tbeses),  Mercklin  (coopt.  8.  96),  Lange  (KA.  I*  8.  334 
aom.  2}  iu  aöcTTiKa  zu  ändern  ist. 

JahrbQchcr  für  class.  philol.  1888  hft.  8.  36 


546  FRegell:  zn  DioDjsios  yon  HalikarnasoR. 

unmöglich  eine  so  eindringende  kenntnis  der  römischen  disciplin 
und  80  klare  Yorstellungen  ttber  die  schwierigsten  begriffe  der- 
selben (siUntium)  zumuten ,  wie  sie  seiner  darstellung  der  cadesiia 
auspicia  zu  gründe  liegen,  diese  klarheit  erstreckt  sich  hier  bis  auf  die 
einzelnen  ausdrücke,  die  an  schärfe  nichts  zu  wünschen  übrig  lassen. 
zu  den  schon  erwähnten  beispielen  noch:  dmOcciriZeiv  «»  addicere] 
KiüXii€iv,  dTTOTp^Treiv  ■=»  veiare^  prohihere,  ahdicere.^  —  In  ganz 
anderm  lichte  zeigt  sich  derselbe  autor^  wo  er  es  wagt  eigne 
theorien  vorzutragen,  wie  II  5  in  der  ganz  unklaren  erklärung  des 
fulmen  sinistimUtn  (KaT&  TOiövbe  Tivd  djc  i'jOj  TTciOofiai  XoTiCfnöv). 
hier  verrät  sich  seine  Unklarheit  schon  in  der  wähl  möglichst  viel- 
deutiger Worte,  wie  Ti|Lii({)T€poc ,  f)T€)LiOViKU)T€poc.  dasi  übrigens 
Dion.  einen  perüissimus  auctor  benutzt  hat,  geht  auch  aus  der  nur 
bei  ihm  sich  findenden  erwähnung  einer  dreiteilung  der  augural- 
zeichen  hervor  (II  64):  TuüjLiaToi  KaXoöciv  aÖTÖpac,  f))Li€ic  b' &v 
€T7roijLi€v  oiujvoTTÖXouc,  äTTdcnc  TT^c  jAavTiicfic  irap'  aÖToTc  övtqc 
dTriCTrjfiovac  Tf]C  t€  nepi  rd  oupdvia  kqI  rd  ^erdpcia  kqI  rd  ^TriYcia. 
vgl.  II  5  Td  KpdTiCTQ  Tuiv  oupaviwv  Kai  jLiCTapciujv  ciifi€iu)v.  eine 
anspielnng  auf  diese  (natürlich  nicht  dem  auguralarchiv  entnom- 
mene) theorie  findet  sich  yielleicht  noch  bei  Seryius  zu  Aen,  IX  20 
nubes  atäem  in  media  sunt. 

2.  Der  besprochene  ezcurs  schlieszt  sich  an  den  beriebt  ttber 
die  inauguration  des  Bomulus,  welche  Dion.  folgendermaszen  erzählt 
(II  5):  (bc  bk  KdK€ivoic  fjv  ßouXofi^voic  ^  iTpoeiTTuJV  fifidpav,  dv  i^ 
5iajLiavT€ucac6ai  nepl  Tf]c  dpxf^c  ffieXXev,  dTieibf)  Ka6f)K€v  ö  xpövoc 
dvacTdc  Ticpl  töv  öpGpov  Ik  if^c  cktivAc  npo^XGc  cxdc  b^önai- 
Opioc  dv  KaOapiu  x^P^H^  Kai  irpcOucac  &  vö^oc  fjv  edx^TO  Ai(  t€ 
ßaciXei  Kai  toTc  dXXoic  OcoTc,  ot)c  dTroirjcaTO  Tf)c  dTroiiciac  f)T€MÖ- 
vac,  ei  ßouXofidvoic  auToTc  dcTi  ßaciXeuecOai  TfiVTiöXiv  öq>*  dairroö, 
cimeia  oupdvia  q>f\yax  KaXd.  ^erd  bi  Tf|v  €Öx^v  dcTpanf|  bif^XOev 
dx  tOuv  dpiCTcpujv  dni  Td  beSid.  dieser  bericht  weicht  in  wesent- 
lichen Zügen  ab  von  den  in  der  hauptsacbe  Ül>erein8timmenden  er- 
zäblungen  des  Livius  und  Plutarch.  jener  berichtet  von  der  ersten 
inauguration  (eines  königs)  I  18,  6 — 10  folgendes:  aceUtu^  sicul 
Eomulus  augurato  urhe  condenda  regnum  adtptus  est^  de  se  quoque 
deos  consuli  iussü.  inde  ab  augure,  cui  deinde  honoris  ergo  pübHicum 
id  perpäuumque  sacerdotium  fuit^  dedudus  in  arcem  in  lapide  ad 
meridiem  versus  consedit,  augur  ad  laevam  eius  capite  vdato  sedem 
cepitj  dextra  manu  haculum  sine  nodo  aduncum  tenens,  [quem  lUuum 
appeUarunt],   inde  uhi  prospectu  in  urbem  agrumque  capto  deos  pre- 

'  auch  der  ausdruck  TOlc  kqO*  i^^Ac  xP<^votC  liUzt  aaf  einen  seit- 
genöBsischen  autor  scbliessen;  jedenfalls  klingt  er  nach  verlaaf  von  20 
— 80  jähren  etwas  wunderlich.  Messall a  wenigstens  gebraucht  denselben 
ansdruck  von  dem  was  er  selbst  (handelnd)  miterlebt  hat  (bei  Oellint 
XIII  15,  4):  no9  his  temporibus  praetore  praetorei  creanie  veierum 
auctoritatem  iumus  secuti  neque  his  comiiiis  in  auspieio  fubm». 


PRegell:  zu  DionyBios  Ton  Halikarnasog.  547 


catiis  regiones  ah  Oriente  ad  occasum  däermmami^  [dextras  ad 
fneridiem  partes,  laevas  ad  septemtrUmem  esse  dmi^  sigmim  eatUra^ 
quoad  longissime  can^äum  oculi  ferebant^  ammo  finivU;  tum  Utuo 
in  laevam  manum  transkUo  dextra  in  eaput  Numaeimpasita  preoaius 
ita  est:  ^luppiter  pcAer^  si  est  fas  hunc  Numam  Pampüium,  emus  ego 
Caput  teneo^  regem  Eomae  esse^  uti  tu  Signa  nohis  certa  addarassis 
inter  eos  fines,  quos  feci.*  tum  peregü  verUs  auspida  quae  müH 
veUet:  quibus  missis  dedaratus  rex  Numa  de  templa  descendU. 

Ähnlich,  wenn  auch  keineswegs  vollkommen  gleioh,  Iftotet  der 
bericht  des  Plotarch  (Numa  7):  TrapaXaßdiv  bk  fidvreic  xal  kpetc 
dv^ßaivev  €lc  tö  KaTTiTuiXiov  Tapmfiiov  aörd  XÖ90V  o\  TÖre  *Pui- 
jLiaToi  7TpociiTÖp€uov.  £vTa06a  tuüv  jLidvT€uiv  6  irpurreOuiv  töv  \iky 

€iC  |Ll€C11JLlßpiaV  Tp^ipaC  dTKCKOXufifi^VOV,  auT&c  bi  ITOpOCTdc  ££diii- 

c6€V  KQi  T^  bdEiä  Tf)c  K€q>aXf)c  d<paTrrd^€voc  aÖToO  KonitiEaTO  ical 
7r€pi€CKÖ7T€i  Td  TTopd  Tu)v  OcuJV  £v  oluivoic  i^  CUjißÖXoiC  ITpOqKIt- 
vöfi€va^  7ravTax6c€  Tdc  di|i€ic  irepKp^puiv.  cvxi\  b'  diricroc  £v 
nX/jOci  TOcoiiTq)  Tf)v  dropdv  Karetxc  Kapo&OKoOvTuiv  xal  cuvm- 
(jüpouM^vujv  Tiij  jLi^XXovTi ,  M^xpic  0^  iTpouq>dvncav  dpviGcc  dtadol 
Kai  bcEiol  dTT^Tpeipav.  oötuü  öi  Tf)v  ßaciXiKf|v  dvaXaßJjv  £c6i)Ta 
xaT^ßaive  No^dc  eic  tö  TcXf)6oc  dirö  Tf)c  dKpac.  Plntareh  hat  den 
ihm  vorliegenden  bericht  in  einigen  leicht  erkennbaren  sflgen  aas 
eigner  phantasie  umgeändert,  so  ist  der  vors t eher  des  aognrn- 
colleginms  (Tütrv  jLidvTCUiv  6  TTpurreOuiv),  von  dem  sonst  absolut 
nichts  bekannt  ist,  wohl  als  passende  staffiige  fdr  diese  kdnigliche 
inauguration  von  Plutarch  erfunden,  so  kann  femer  die  bemerkung 
iravTaxöce  Tdc  öipeic  TT6piq)^puiv  nicht  wohl  richtig  sein,  da  der 
augur  unbeweglich  zu  sitzen  pflegte,  was  auch  Livius  hier  aus- 
drücklieb bemerkt  (augur  .  .  sedem  cepit).  vgl.  Servius  zur  Äen. 
IX  4  sed  secundum  augures  sedere  est  augurium  captare:  namque  .  . 
a  sedeniihus  captahantur  auguria.  VI  197  ad  captanda  auguriapost 
preces  inmohiles  vel  sedere  vd  stare  consuerant,  Plutarch  hat  den 
auguralausdruck  circumspicit  (Cic.  de  div.  II  72)  dahin  misverstanden 
(TT€pi€CKÖiT€i),  als  ob  der  augur  sich  umschauend  nach  allen 
Seiten  (navTaxöce)  gewandt  habe,  während  er  doch  nur  ttber  das 
vor  ihm  liegende  beobachtungsfeld  ausschau  hielt,  daher 
sagt  der  sachkundige  Livius  pro^edu  .  .  capto  und  inter  eos  fines 
quos  feci.  nach  der  Vorstellung,  die  sich  Plutarch  von  der  ausschau 
des  augur  gemacht  hatte,  konnte  er  sich  denselben  auch  nicht  capüe 
velato  denken ,  worunter  er  sich  ofifenbar  ein  vollständiges  einhüllen 
des  kopfes  vorstellte,  er  corrigierte  daher  seinen  autor  stillschwei- 
gend  dahin,  dasz  er  die  Verhüllung  dem  könig  zulegte:  ^TKCKaXu^- 
pevov.  auch  musz  er  wohl  in  dem  sitz  des  augur  zur  linken 
des  königs  etwas  despectierliches  gefunden  haben;  die  königliche 
würde  bleibt  besser  gewahrt,  wenn  er  hinter  demselben  steht,  so 
wird  aus  ad  laevam  .  .  sedem  cepit:  napacTdc  ÖöiricGev.  der  feier- 
liche eindruck  des  bedeutungsvollen  actes  wird  wesentlich  verstärkt 
durch  eine  im  tiefsten  schweigen  am  fusze  des  burgfelsens  ehrfurchts- 

86» 


548  PRegell:  zu  DionysioB  yon  Halikamasos. 

voll  verharrende  menge,  dieser  theatralische  coop  dürfte  also  wohl 
ebenfalls  auf  die  recbnung  der  fruchtbaren  griechischen  phantaaie 
Plutarchs  zu  setzen  sein,  endlich  scheinen  auch  die  dpviOcc  dYCxOol 
Ka\  beEioi  derselben  quelle  ihr  dasein  zu  verdanken ,  als  eine  mis- 
deutung  der  vorher  genannten  oluüvol  f|  cujiißoXa.  denn  der  bericht 
des  Livius,  obwohl  er  nur  von  signa  certa  spricht,  läszt  norden 
gedanken  an  caelestia  signa  zu;  dies  ergibt  sich  sowohl  aus  der 
Orientierung  nach  süden  wie  aus  dem  charakteristischen  aasdruck  uii 
tu  Signa  nohis  certa  adclarassis  (zuleuchten,  zuflammen). 

Entkleidet  man  den  bericht  dea  Plutarch  der  von  diesem  her- 
rührenden phantasievollen  ausschmückungen ,  so  stimmt  er  in  den 
wesentlichen  zügen  mit  Livius  überein.  diese  wesentlichen  züge 
erblicke  ich  in  folgenden  punkten:  1)  dasz  der  inaugurationsact  auf 
dem  Capitolium  stattfindet,  und  nicht  auf  dem  forum  oder  eamüium, 
wie  Dionysios  gedacht  zu  haben  scheint  (irpociiruiv  f)fidpov);  2)  dasz 
die  ausscbau  und  die  weihe  vom  augur,  nicht  vom  könig  selbst 
vollzogen  wird;  3)  dasz  die  erste  königsinauguration  auf  Nnma, 
nicht  auf  Bomulus  zurückgeführt  wird. 

Was  jene  beiden  ersten  punkte  anbelangt,  so  gehören  ort  und 
namentlich  person,  Capitolium  und  augur,  als  wesentliche  merk- 
male  zum  begriff  der  inauguration.  inaugurare  wie  augurare  — 
denn  auch  dies  wird  in  demselben  sinne  gebraucht ,  zb.  Cic  de  leg. 
II  21  —  kann  eben,  wie  sich  von  selbst  versteht,  nur  der  augnr. 
daher  kann  vor  der  ezistenz  des  collegiums  von  einer  inauguration 
im  strengen  sinne  des  wertes  nicht  die  rede  sein,  dies  ist  wohl  der 
grund  gewesen,  weshalb  die  inauguration  der  könige  auf  das  prototjp 
des  Numa,  nicht  des  Romulus,  der  das  collegium  erst  geschaffen 
haben  soll,  zurückgeführt  wurde. 

Kurz,  der  Vorgang,  den  Dion.  II  5  aa.  beschreibt,  ist  gar 
keine  inauguration,  trotz  seiner  ausdrücklichen  bemerkung  iy 
f)  bia^avTcOcacdai  irepl  tt^c  dpx^lc  fficXXev,  ein  ausdrack 
der  allerdings  nur  von  der  inauguration  gebraucht  werden  kann,  wie 
die  entsprechenden  worte  des  Livius  zeigen:  de  se  quoque  deos 
consuli  iussü.  vielmehr  beschreibt  Dion.  die  inauguration  des 
Romulus  genau  so  wie  im  folgenden  capitel  (U  6)  das  antritts- 
auspicium  der  magistrate,  mit  dem  einzigen  unterschiede 
dasz  bei  jener  in  ermangelung  von  augurn  oder  deren  Stellvertretern 
Romulus  selbst  die  spedio  ausübt,  man  musz  also  entweder  an- 
nehmen ,  dasz  Dion.  sich  den  inauguratioubact  in  der  that  so  vorge- 
stellt hat,  wie  er  ihn  bebcbreibt,  oder  nbor  dasz  er  den  text  des  ihm 
vorliegenden  autors  {de  se  deos  constdere)  mis verstanden  hat.  beide 
annahmen  stellen  der  imperitia  rerum  auguralium  des  Dionysios  ein 
glänzendes  zeugnis  aus. 

HiRSOHBERO  IN  SCHLESIEN.  PaUL  ReOILL. 


LSadde:  su  Dionysios  Ton  Halikarnaaot.  549 

1.  Von  den  historikem  vor  Herodotos  und  ThQkydides  sagt 
Dionjsios  VI  s.  819,  1  fP.  Bsk.:  oiSroi  irpoaip^cet  T6  ö^oiqt^XPn* 
cavTO  TT€p\  Tf)v  ^kXot^v  tujv  öiro0^ceu)v  ical  buvdfieic  oö  troXö  n 
5ia(p€poiJcac  fcxov  dXXf^Xuiv,  oi  jüiiv  t&c  '6XXiivtK&c  dvaTP<i<povTCC 
\cTopiac,  ol  bi.  Totc  ßapßapiKdc*  Kai  aördc  b€  TaiiTOc  oö  oivdirrov- 
T€c  dXXiiXaic,  dXXä  Kar'  fOvri  xal  KüTd  iröXctc  biaipoöVTCC  ical 
Xuipic  dXXnXuüv  dKqp^povTCc,  Sva  ical  töv  aöröv  q>uXdTTOVTCc  aco^ 

7TÖV,  ÖCai   bl€CU^OVTO  TtOpd  TOIC  ilTlXUlplOIC  fAV^fiOl  KttTd  iOVt\ 

T6  Kai  KaTd  TTÖXcK,  cIt*  dv  Upotc  cIt*  iw  ßcßVjXoic  dlTO- 
K€i)Li€vai  Tpocpai,  joxnac  eic  ri\y  KOivfjv  dirdvTuiv  xvi&civ  iH- 
V6TK61V  oTac  napAaßoVy  \xf}[ie  irpocnO^vrec  aörafc  ti  fufpr^  dqiat- 
poOvTCC  asw.  die  henrorgehobenen  worte  haben  in  venchiedener 
hinsieht  anstosz  erregt.  Sjlborg  wollte  die  |yivf)|iai  nioht  als  jpouipal 
bezeichnet  haben  und  verlangte  deshalb  "fpatpaic,  Beiske  schrieb 
weiter  i€patc:  sie  verstanden  also  unter  |üivf)^ai  ttberliefemngen, 
die  in  heiligen  oder  proÜEuien  büchem  aufbewahrt  ?mrdea.  Krflger 
zog  Tpcicpci^c  zu  €ic  Tf|v  dirdvTUJV  Tv«£)civ  dS6V6TK€?v  *  mir  schdnt 
dieser  zusatz  müszig  zu  sein,  da  dSevcTKetv  an  sich  schon  deutlich 
die  schriftliche  festhaltnng  und  Verbreitung  bezeichnet,  üsenjsr 
endlich  (in  Schaefers  abrisz  der  quellenkunde  der  griech.  gesch.*  s.  9) 
hat  die  worte  Kard  fOvTi  T€  Kai  KaTd  iröXeic  gestrichen  und  den  . 
relativsatz  so  geschrieben:  dcat  bi€cd)ZovTO  TTopd  TOic  imxuipioic 
füivfiiLiai  Kol  cIt"  ty  Upaic  cTt*  dv  ßeß^Xotc  dTroKcifACvoi  ypaxpaif 
ToOrac  usw. ;  er  versteht  also  unter  fAV^fiai  und  ypoupai  mttndliohe 
und  schriftliche  traditionen.  soviel  ich  sehe,  ist  bei  beurteilung 
dieser  stelle  öins  auszer  acht  gelassen:  die  angeführten  Vermutungen 
geben  alle  von  der  Voraussetzung  aus,  als  handle  es  sich  irgendwie 
um  eine  schon  in  feste  form  gebrachte ,  ja  aufgezeichnete  Überlie- 
ferung sei  es  sacraler,  sei  es  profanlBr  art:  man  denke  an  die  Upeiai 
al  dv  ""ApTei  des  Hellanikos,  die  '0Xu)li7T10VUCujv  dvaTpa9f^  des 
Hippias  von  Elis  oder  die  vielfechen  geschlechtsregister.  es  ist  aber 
sieber,  dasz  Dionjsios  daran  gar  nicht  gedacht  hat.  die  thfttigkeit 
der  von  ihm  angeführten  historiker  besteht  nicht  darin,  neben  münd- 
lichen Überlieferungen  andere  schon  niedergeschriebene  in  ihre  werke 
aufzunehmen,  gleichsam  archivalische  forschungen  anzustellen,  son- 
dern das  ist  ihr  verdienst,  dasz  sie  die  in  ganzen  landschaften  wie 
in  einzelnen  städten  umlaufenden  mündlichen  Überlieferungen,  wie 
sie  die  väter  auf  die  söhne  und  diese  wieder  auf  ihre  nachkommen 
vererbten ,  der  Vergessenheit  entrissen  und  durch  die  aufnähme  in 
ihre  werke  zum  gemeingut  machten,  freilich  achteten  die  besitzer 
solcher  traditionen  genau  darauf,  dasz  dieselben  von  jenen  histori« 
kern  so  niedergeschrieben  wurden,  wie  sie  ihnen  von  ihren  vorfahren 
überliefert  waren,  dh.  ausgeschmückt  mit  dem  manigfachsten  mär- 
chenhaften beiwerk.  das  sind  die  gedanken,  welche  Dion.  an  einer 
spätem  stelle  s.  823,  4  fif.  unter  ausdrücklicher  bezugnahme  auf 
die  hier  behandelte  ausspricht,  wenn  er  sagt:  dv  diraci  ydp  dvOpdl- 

TTOIC  KQl  KOIV^  KQTd  TÖTTOUC  KOl  KOTd  TTÖXctC  \bl(f  )LlVf)fia(  TVV€C  dC((l- 


550  LSad^e:  zu  DioDyBioa  von  Halikamasos. 

JOVTO  Ka\  TUüV  TOIOUTUJV  dKOUCjudllUV  (sc.  TUlV  JLIUOIKUIV  TlXaCfidTUIV 

z.  3),  uJCTTcp  £ q)r| V*  &c  biaöexö|Li€voi  naibec  irapä  naT^poüv  dm- 
jLi€X4c  diTOioOvTO  Trapaöiöövai  toTc  ^ktövoic  kqi  tovic  ßouXofidvouc 
auTCic  €lc  TÖ  KOlvöv  £Kq)^p€iv oÖTUJC i^Eiouv  cuTTpdq)€iv,dic  nopd 
Tuiv  dpxoiiujv  ibi^avio.  meines  erachtens  ergibt  sich  aus  dem  ge- 
sagten, dasz  die  worte  eiT*  dv  i€poTc  €!t'  iv  ßeßrjXoic  diroK€i)Li€vai 
Xpaq)ai  nicht  von  Dion.  herrühren,  dagegen  sehe  ich  keinen  grand 
mit  üsener  die  werte  Kard  lQyr\  T€  Ka\  Kard  TiöXeic  zu  streichen, 
um  so  weniger  als  die  worte  öcai  bi€C({)2!ovTO  Trapd  toTc  dTTixujpiotc 
|Livf\|Liai  KQTd  iQvx]  T€  KOI  KQTd  7t6X €1  c  vollstfindig  durch  jene 
späteren  ly  dnaci  ydp  dvOpuiTTOic  kqi  koivQ  Kard  töttouc 
Kai  Kard  ttöXcic  ibia  juvriiiiai  tiv€c  dcübZovro  . .  djcirep  i(pr\y 
geschtttzt  werden. 

2.  Ebenso  wenig  möchte  ich  mit  Usener  gleich  im  folgenden 
s.  819,  15  flf.  lesen  X^Hiv  T€  dic  ini  tö  ttoXv!  -rfiv  auTf|V  fiiravTCC 

d7TlTTlb€UCaVT€C   (statt  dTr6Tiib€ucav)   8coi   TOÜC  aUTOUC    TlpO- 

eiXovTO  Toiv  biaX^KTUJV  x<xp<XKTf)pctc ,  so  dasz  d7riTiib€ucavT€C  den 
vorhergehenden  participien  |Lir|T€  npocTiöevTCC  auraic  Ti  \iT\Te 
dqpaipoCvTCC  (z.  12)  gleich  stände,  wenn  ich  nicht  irre,  verdankt 
diese  Vermutung  der  lesart  des  Ambrosianus  M  dTTiTf'jbcucav  ihre 
entstehung;  indes  scheint  mir  dieser  offenbare  Schreibfehler  (der 
Palatinus  P  hat  dircTiibeucav)  nicht  danach  angethan,  um  die  lesart 
der  ausgaben  zu  verlassen :  X^Siv  ii\v  auTf)V  direTiibeucav  ist  nicht 
minder  wichtig  als  TTpoaipdcei  b^olq.  dxprjcavTO  z.  1  und  buvdfieic 
QU  TToXu  Ti  biaq)€poucac  dcxov  dXX/jXujv  z.  2  f. 

3.  Dasz  Thukjdides  in  seiner  geschieh te  die  einteilung  nach 
sommer  und  winter  anwandte,  hat  nach  Dion.  urteil  zur  folge  ge- 
habt, dasz  seine  erzählung  beträchtlich  zerstückelt  wurde,  als  be- 
weis führt  er  die  im  dritten  buche  behandelten  ereignisse  an  (s.  828, 
8  ff.) :  iv  xoOv  Ttji  Tplxri  ßißXiu  —  lauiq  ydp  dpK€c6ificofiai  fiövq 
—  Td  Trepl  MuTiXiivaiouc  dpEdfievoc  xpdqpeiv,  irplv  öXf)v 
dKTiXripiücai  -rfiv  birJTnciv,  im  xd  AaK€baijLiov(ujv  ä7T€iciv  ipfa,  Kai 
oub^  raura  cuTKopuq)(jücac  Tf]C  TTXaTai^ujv  fi^^vriTai  iroXiopKfac. 
dq)€ic  bk  Kai  TaOniv  dT€Xf^  toö  MuTiXnvaiKoO  fidjiviiTai 
TT  0  X  ^  ji  0  u  usw.  weil  zum  zweitenmal  die  Vorgänge  in  Mytilene  be- 
rührt werden,  vermiszt  man  ungern  gerade  diese  angäbe  der  Wieder- 
holung; unter  vergleichung  von  s.  829,  10  CiKcXiac  finrcTai  iräXtv 
möchte    ich    vorschlagen    toC   MuTiXnvaiKOÖ    fLid^vriTai   <7rdXtv^ 

TTOX^jLlOU. 

4.  Thukjdides  verdient  nicht  durchaus  ungeteiltes  lob  in  der 
ausfübrung  der  einzelnen  partien  heines  werkes  (eScpYacia  Tiuv 
K€q>aXa(uJv),  indem  er  wichtige  thatsachen  zu  kurz  und  oberflächlich, 
unwichtige  mit  ungerechtfertigter  ausführlichkeit  behandelt  (s.  839, 
1  ff.),  dies  urteil  begründet  Dion.  durch  einige  beispiele.  unter 
anderm  hält  er  dem  Thukjdides  vor,  wie  ungleich  er  die  gesandt^ 
Schäften  behandelt  habe ,  welche ,  die  eine  von  den  Athenern  nach 
Sparta  (Thuk.  II  59),  die  andere  von  hier  zu  jenen  (Thok.  IV  15  ff.), 


LSad^e:  zu  Dionyaios  von  Halikaroasos.  651 

beide  in  der  absiebt  den  frieden  herbeizuftlfaren,  gesebickt  waren» 
er  sagt  s.  842,  10  ff.:  T^vofbi^vuJV  öi  irep)  T&c  iröXeic  dMq)OT^pac 
euOOc  i\  dpxQ  ToO  iroX^fiou  fbiCTdXun^  cu|yi90p(&v,  bi'  Sc  £iT€6ufir)cov 
d|Li(pÖT€pai  Tfjc  elpfjvTic,  iT€pi  fbiiv  Tf)c  TrpoT^pac,  ÖTC^AOnvatoi 
TeT^iDLi^vnc  jLi^v  aÖToic  rf^c  x^P^^i  oUcMpOopiiM^viic  b^  Tf)c  nöXeuic 
UTTÖ  XoijLioO,  TTäcav  diTOTVövTCc  ßof)6€iav  fiXXnv  dTc^cTCiXay  trpe- 
cßeiav  clc  Cirdpuiv  eiprjviic  Tuxetv  bcdficvoi,  oöxe  touc  dirocToX^v- 
TQC  dvöpac  etpHKCv  oCre  toöc  ^iiG^VTac  Ik€i  Xötouc  öir'  ainSiv  o(St€ 
TOUC  dvavTitüO^vTac . .  qpaüXuic  bi  iruic  Ka\  ^Oujliuic  die  irepl  jiiticpiX^v 
Kai  dööEuüv  TTpaTfbidTUüv  raCra  €lpr)K€*  cfbicTd  bk  Tf|v  .  .  dirpoucrot 
£t€vovto>  (II  59).  7r€p\  bk  Tf)c  öcT^pac,  ÖTC  AaKcbatfiöyiot 
TOUC  nepi  TTuXov  dXövrac  Tpiaxociouc  KO^icacOai  irpoG^ievot  irpc- 
c߀iav  (Trpccßeia  P,  Trpecßeiac  M)  dTT^cxeiXav  ek  rdc  'AOi^vac,  Kai 
TOUC  XÖTOUC  eTpiiK€  touc  öirö  toO  Aax€baifbiov(ou  {uffiivrac  töte 
Kai  Tdc  alT(ac  ^ireXVjXuOe ,  bi'  de  oök  iTTCteX^cBiicav  al  CTrovbai. 
was  ist  mit  7r6pi  ixkv  Tf]C  irpOT^pac,  ircpl  bk  Tf)c  äcT^pac  anzufan- 
gen, oder  genauer:  was  ist  zu  ergänzen?  Hudson  meint,  jenes  gebe 
auf  Athen,  dieses  auf  Sparta.  Beiske  schwankt:  vielleicht  sei  im 
ersten  gliede  fivncOeic  oder  fbiCfbivim^^oc  ausgefallen,  oder  es  sei 
cu|Liq)0pdc  oder  irpecßefac  zu  ergänzen.  Krüger  hält  die  stelle  fihr 
lückenhaft  und  will  hinter  eipfjvTlc  etwa  d[icT€  Kai  irpccßeiac  diro- 
CT^XX€iv  einschieben.  Heller  im  Philol.  XXTII  554  schreibt  ircpl 
^^v  TTfc  TTpoT^pac  Trpccßctac  und  streicht  im  folgenden  irpecßeiov« 
nach  meinem  dafürhalten  ist  alles  in  bester  Ordnung,  und  zu  irpo- 
T^pac  und  ucT^pac  ist  cujLiqpopdc  zu  ergänzen,  nur  beachte  man, 
dasz  der  eingang  der  angezogenen  stelle  nur  heiszen  kann :  'beide 
Staaten  hatten  gleich  im  anfang  des  krieges  je  einen  schweren  Un- 
glücksfall zu  erleiden  gehabt'  (vgl.  Krüger  spr.  §  44,  3);  von  meh- 
reren kann  bei  der  folgenden  vergleichung  nicht  füglicb  die  rede 
sein,  weiter  ist  in  Trepl  jii^v  tt^c  npoT^pac  und  ircpl  bk  Tf)c  uCT^pac 
die  Präposition  in  freierer  anknüpfung  gebraucht:  vgl.  Krüger  spr. 
§  68^31,  3  und  aus  Dion.  selbst  zb.  s.  766,  7  ff.  iT€pl  bk  'HpObÖTOU 
KOI  — €voq)0üVTOc ,  ^ßouXrjGric  jnaOeiv  Tlva  nepi  auTuiv  u7röXT)i|itv 
f  XUi  Kai  Tpdipai  jiie  iT€pi  auTujv  dßouXrjOnc.  wir  werden  daher  weiter 
übersetzen:  Vas  den  ersten  Unfall  angeht,  damals  nemlich  als*  usw.; 
und  ebenso  weiter  unten,  es  folgt  also  auf  die  jedesmalige  ankündi- 
gung  der  zeitlichen  folge  durch  ÖT€  eingeleitet  die  angäbe  des  Un- 
falles ,  der  jeweils  zur  Sendung  einer  friedensgesandtsohaft  die  Ver- 
anlassung gab. 

Noch  sei  eine  bemerkung  erlaubt  zu  der  form  olKOq>6opr)fi^vr)C9 
auf  welche  Sjlburg  aufmerksam  macht.  Krüger  schreibt  4>KOq|>8o* 
piljLi^vnc.  ich  glaube  dasz  die  mit  Ol  anfangende  bildung  die  richtige 
ist.  der  grund  den  ich  vorzubringen  habe  berührt  eine  für  Dionyaios 
wichtige  frage,  es  ist  unzweifelhaft  und  sehr  begreiflich,  dasz  Dion« 
die  von  ihm  litterarhistorisch  und  ästhetisch  behandelten  autoren  in- 
folge seiner  eingehenden  beschäftigung  mit  ibnen  häufig  sei  esbewust 
oder  unbewust  in  ganzen  Wendungen  wie  einzelnen  ausdrücken  nach- 


552  LSadäe:  zu  Dionyeios  von  Halikarnasos. 

geahmt  hat.  das  hat  jüngst  Jacobj  in  diesen  jahrb.  1888  8.  841  ff. 
für  eine  ganze  reihe  von  fällen  überzeugend  und  schön  nachgewiesen, 
für  Herodotos  hat  sich  mir  bei  gelegentlicher  lectüre  eine  offenbar 
bewuste  nachahmung  einzelner  werte  ergeben ,  und  so  zweifle  ich 
nicht  dasz  Herodotische  bildungen  wie  V  29  oiKOqpOopiifi^vouc, 
Vni  144  oiKoq)6opim^vuüV ,  142  oiKoq)6öpric9€  geeignet  sind  die 
form  oiKOq)6opim^viic  an  unserer  stelle  als  echt  zu  erweisen. 

5.  Ehe  Dion.  zum  zweiten  hauptteil  seiner  gröszem  schrift 
über  Thuk.  übergeht ,  nemlich  zur  beurteil ung  seiner  darstellungs- 
weise, hält  er  es  für  nötig  einen  kurzen  überblick  über  die  ein- 
teilung  der  darstellung  zu  geben  und  zugleich  von  den  goten  eigen- 
schaften  (dpCTai)  derselben  zu  sprechen  (s.  861,  16  ff.  de  iröca  T6 
liipr\  biaipeicOai  7T^q)UK€V  f)  \ii\c  kqi  tivqc  Tr€pi€iXfiq>€v  dp€Täc). 
in  bezug  auf  diese  äp€Tai  sagt  er  weiter  unten  s.  862,  17  ff.  (vgl. 
auch  Volkmann  rhetorik  der  Or.  und  R.'  s.  395)  ÖTi  Tuiv  KoXOufi^vuJV 
dpcTUJV  al  jLi^v  eiciv  ävoTKaiai  Ka\  ^v  äiraciv  öqpetXouci  Trapcivm 
TOic  XÖTOic,  a\  b*  ^TiiecTOi,  kqI  ötqv  öirocTujciv  ai  irpi&Tai,  t6t€ 
•rf|V  teuTiöv  Icxuv  Xa^ßdvouciv ,  elpriTai  ttoXXoic  irpörepov  (nem- 
lich von  Theophrastos  nepi  X^Ecujc).  die  grundlegenden  äpcTai, 
TrpuJTai  oder^  weil  sie  in  allen  reden  vorhanden  sein  müssen,  auch 
dvaxKaiai  genannt,  sind  den  accessorischen  (diriOcTOi)  entgegen- 
gesetzt, indes  ist  dieser  gegensatz  nur  in  dem  ersten  gliede  ort  .  . 
iTitOcTOi  ausgedrückt^  im  zweiten  ist  von  den  grundlegenden  dpCTal 
nach  dem  Wortlaut  der  Überlieferung  ausgesagt,  wenn  sie  Yorhanden 
seien ,  dann  kämen  sie  erst  recht  zu  ihrer  geltung ,  ein  gedanke  der 
offenkundig  widersinnig  ist.  man  verlangt  vielmehr  wie  im  ersten 
gliede  so  auch  im  zweiten  einen  gegensatz,  mag  er  gegenüber  irpuirat 
nun  b€OT€pai  oder  sonst  wie  heiszen.  ich  glaobe  dasz  eine  spätere 
stelle  den  richtigen  weg  der  ergänzung  zeigt:  Dion.  sagt  nemlich 
8.  937 ,  8  ff.  ÖTi  Tfjc  GouKublbou  X^EcuiC  Kpotricni  ixiv  dcnv  f|  ^€- 
Tptujc  ^KßeßiiKuia  Td  cuvrjGri  Ka\  Tdc  npiLrac  Kai  dvaTKaiac 
dperdc  qpuXdccouca,  x^ipujv  bk  f)  Xajiißdvouca  7roXXf)v  dKTponfiv 
iK  Tdiv  KoivOuv  övofidTUJV  T€  kqI  cxiiM<iTU)V  elc  Td  iiva  Ka\  ßcßia- 
C)Li^va  kqI  dvaKcXcOOTiTa,  b\*  f^v  o\)bi  tujv  dXXuivdpCTuivoä- 
b€jLi(a  Tf)v  ^auTf^c  iTriÖ€iKVUTai  buvafiiv.  ich  schlage  dem- 
nach vor  an  unserer  stelle  zu  schreiben :  6Tav  öirocTwciv  a\  irpurrat, 
TÖT6  Tfiv  dauTuiv  Icx^v  (a\  äXXai>  Xafißdvouciv. 

6.  Dasz  Piaton  gewisser  geschmacklosigkeiten  in  seinem  Phai- 
dros  sich  selbst  wohl  bewust  gewesen  sei,  davon  ist  Dion.  vollständig 
überzeugt  (vgl.  s.  968,  6  auTÖc  auTuj  ^niTi^^  und  s.  970,  3  ön 
ipöqpoi  tqCt'  eicl  Ka\  biOupa^ßoi . .  qutöc  ^p€i).  zum  beweise  dienen 
ihm  die  werte  des  Phaidro»  s.  237*  äycre  brj  .  .  ToG  fiijOou.  daran 
schlieszt  sich  die  auf  die  worte  desselben  dialogs  238  ^'  i\  xdp  fiv€U 
b6lr\c  . .  fpuiC  dKX/jOii  gehende  bemerkung  s.  970,  9  ff.  KOl  TOCauniv 
JKjLiiiKuvac  7rep(q)paciv  öXitoic  toic  övö^aci  buvafi^vou  irepiXfiq)- 
Of^vai  irpdTMaTOc  ^mXaMßdverai  ttic  dKaipiac  TficaÖTÖcaÖToO; 
so  MP,  die  ausgaben  auTÖc  auToO  ohne  Tfic.   ich  glaube  dasz  die 


LSadäe:  za  Dionysios  yon  HalikamMOB.  558 

Umstellung  der  hsl.  lesart  zu  Tf)c  dicaiptac  aÖTÖc  rf^c  aÖToQ 
sieber  ist;  aÖTÖc,  das  ich  früher  streichen  woUte,  ist  durch  s.  968, 6 
und  970,  3  geschätzt. 

7.  Unmittelbar  auf  diese  bemerknng  folgen  die  worte  des 
Pbaidros  s.  238^^  ciT^  Toivuv . .  T&  vOv  T^p  oökIti  iröppu)  biOupd^- 
ßujv  qpOeTTOjLiai.  durch  sie  gerade  glaubt  Dion.  den  beweis  su  lie- 
fern, dasz  Piaton  sich  selbst  wegen  des  leeren  wortschwallaa  an  dieser 
stelle  tadle,  der  gedanke  des  Dion.  ist  nur  Ittokenhaft  Überliefert: 
nach  einem  räum  fflr  9 — 11  buchstaben  heiszt  es  in  M :  ir*  äXXuiv, 
iWä  Toic  aÖTiltiv  XoTOtc  dXtCKÖfieOa  4—6  buchst  &v  bat|uiovtt(rraT€ 
irXdTUJV,  öiOupdfißtüv  i|iÖ90UC  koI  Xrjpouc  fVi^rmiKÖTec.  P.hat  räum 
für  13 — 14  und  7  buchstaben,  Ittszt  aber  das  wichtige  dXXd  weg. 
dem  sinne  würde  etwa  diese  ergflnzung  genügen:  ^^vraCOa  ydp 
oux  ä>7r'  dXXtüV ,  dXXd  toic  oötuuv  Xötoic  dXiCKÖ^eOa  ^<pov€pi&c> 
brj,  öai)LioviuiTaT€  TTXdrwv ,  biGupd^ßuiv  . .  l^TCtrrriKdTec.  die  Ände- 
rung von  dv  in  br\  ergibt  sich  aus  dem  fehlen  yon  (b  vor  baifioviid- 
TaT€ :  denn  Dion.  befolgt  in  der  anrede  das  gesetz  des  histus,  soviel 
ich  sehe,  ohne  ausnähme,  es  ist  keine  änderung,  wenn  wir  s.  1 128, 17 
schreiben  Tauf",  d)  KpdTtcre  'A^^au  für  raOra  der  hss. 

8.  Nur  die  vergleichung  des  besten,  was  Piaton  und  Demo- 
sthenes  geschrieben  haben,  kann  zu  einer  richtigen  Würdigung  ihrer 
Schöpfungen  führen ;  eine  auswahl,  die  neben  mittelmttssige  leistungen 
Piatons  das  vorzüglichste  Demosthenischer  kunst  stellte,  wftre  be- 
greiflicherweise lacherlich,  das  ist  der  gedanke  der  worte  s.  1026, 5  ff.« 
die  ich  so  zu  lesen  vorschlagen  möchte:  TÖ  ixiy  o6v  £kX^€IV  ii 
dTidvTUJV  auToO  idiv  Xötujv,  cTxiva  KdKicTO  (ti  KdKtCTOV  die  hss.) 
etpriTtti,  ö  Troioöciv  ^Tcpoi  Tivec,  K&nevm  toutoic  dviiirapaii- 
O^vai  Tf)v  KpdTiCTa  Ix^^cav  AriMocO^vouc  X^Siv,  oök  ^boKifioZcv 
t6  b'  £k  tuiv  Trap'  dfiq)OT^p(p  (djLiq)OT^puiv  die  hss.)  jLidXiCTa 
euboKijLioiJVTUüv  —  TaOxa  irap'  dXXriXa  Geic  —  iEexdZciv  td  Kpelr- 
Tuj ,  toöt'  ibola  (f  bo£6v  die  hss.)  clvai  biKaiov  •  %a\  dir*  aurö  b#| 
<TOÖTO>  Tp^ipo^ai  TÖ  jLidpoc.  fttr  Ti  KdKiCTOV  ZU  Schreiben  xivo 
KdKicra  bestimmt  mich  toutoic  und  KpdTiCTa  im  folgenden,  zu 
nap'  djLiq>OTdpuj  für  djiiqpoTepujv  vgl.  zb.  s.  1000,  16  Tdc  dptCTa 
boKOucac  ix^iy  nap'  dKardpui  tuüv  dvbpuiv  \iiexc  iTpox€ipicdii€VOC. 

wo  freilich  P  ^KQT^pu;  ,  M  ^KaT^piDV  hat.  ibola  scheint  mir  durch 
Geic  gefordert.  toOto  schlieszlich  möchte  ich  nicht  gern  bei  TÖ  jLi^pOC 
vermissen. 

9.  s.  1066,  3  ist  das  überlieferte  toutt]  iT€ipdco)Liai  X^y^tv, 
^KeTva  iTpo€iiT(JUV  in  den  ausgaben  zu  TatÜTi]  usw.  geworden,  VTfthrend 
das  richtige  TauTi  ist.  das  deiktische  i  kommt  bei  Dion.  nicht 
selten  vor,  am  häufigsten  zeigt  es  sich  in  der  schrift  de  comp,  verb., 
aus  der  ich  folgende  formen  notiert  habe :  TOUTOVi  TauTllv(  TOUTl 
TQUTi  Toubi  TOiauTi  ouTUJc(  vuv(  oöxi.  TttUTl  —  dKCtvo  findet  sich 
zb.  s.  608,  8  —  609,' 12. 

10.  Ein  wesentlicher  zug  der  Demosthenischen  redeweise  ist 
nach  Dion.  der  häufige  und  dem  Charakter  der  einzelnen  reden  sich 


554  LSadäe:  zu  Dionysios  Ton  Halikamasos. 

anschmiegende  wecbsel  im  ausdruck:  so  viel  Stimmungen,  so  viel 
Schattierungen  der  diction,  biaqpopai,  wie  er  sie  nennt,  über  sie  be- 
merkt er  8. 1099,  3  ff.  ncXuc  bv  ör\  XÖYOC,  el  rdc  biaq)Opdc  diräcac 
ßouXo(|Lir|v  X^T^iv,  öcac  £k€Tvoc  6  baijiiövioc  dvf|p  öpd»v  Kai  irpöc 
Xpilijua  Skqctov  dei  cxnMCiTiZiujv  töv  Xötov  ;  dv^cei  tc  kqI  iiriTdcet 
TajLiieuöjLievoc  t6j\  dpjLioviujv  ^KUT^pav  touc  koXouc  dKcivouc 
XÖTOUC  dv^TiXacev.  hier  weisz  ich  mit  XPUJMCi  nichts  anzufangen, 
ebenso  wenig  mit  XPHM^  ^^^  verschlag  von  Sylburg.  eher  mOcbte 
ich  glauben  dasz  XP^M^  ^^^  dittographie  entstanden  ist,  indem  es 
nemlich  zu  cxnMOiTilwv  die  Variante  xP^M^^tiZujv  gab;  jedenfalls 
verschwindet  nach  tilgung  von  XPUJMOI  jeder  anstosz. 

11.  Von  Demostbenes  heiszt  es  s.  1112,  10  ff.  {iibpa)  TOU- 
TOUC  TOUC  daujuoZojLidvouc  im  coqpiq  xai  KpaTicTuiv  Xöyuiv  iroiirrdc 

V0fil2^0JLl^V0UC    IcOKpdTTlV    KQI    FIXaTUiVa   T^UITTOIC    Kai  TOpeUTOlC 

doiKÖTOC  dKqpepovTQC  XÖTOUC.  nicht  das  ist  das  wichtige,  dasz 
Isokrates  und  Piaton  schöpfer  von  ganz  vortrefflichen  reden  waren, 
sondern  dasz  sie,  bewundert  wegen  ihrer  Weisheit,  zugleich  die  treff- 
lichsten bildner  der  prosarede  waren,  welche  sie  fast  dichtelisch  ge- 
stalteten, denn  mit  rücksicht  darauf  ist  eben  der  ausdruck  iTOir)T/jc 
gewählt;  so  heiszt  es  auch  von  Isokrates  s.  539, 1,  seine  diction  habe 
sich  nicht  viel  entfernt  toO  ttoiiitikou  jLi^Tpou.  für  Piaton  sei  statt 
alles  andern  auf  eine  äuszerung  von  Zeitgenossen  des  Dion.  hinge- 
wiesen s.  1024,  11  ff.:  i\br\  bi  tivujv  fJKOuca  tfih  Xctövtujv,  die  et 
Kai  napd  Oeoic  bidXcKTÖc  dcTiv,  Q  tö  tuiv  dvOpibiruiv  k^xP^toii 
T^voc ,  ouK  fiXXujc  ö  ßaciXeuc  ihv  auTtüv  biaX^xcTai  6eöc  fj  die 
TTXdTUiv,  ein  gedanke  übrigens,  der  nicht  etwa  erst  damals  ent- 
standen sein  kann.  Cicero  bemerkt  wenigstens  im  Brutus  §  121: 
quis  enim  uherior  in  dicendo  Piatone?  lavem  sie  aiunt  phüoßophif  si 
Crraece  loquatur,  loqui.  aus  den  angeführten  gründen  mOohte  ich 
an  der  vorliegenden  stelle  KpaTiCTOUC  XÖTuiv  TTOiiiTdc  schrei- 
ben: vgl.  noch  s.  459,  13  £cTi  TroiTiTf)C  KpdTiCTOc  XÖTuiv,  XcXujli^vt^c 
dK  ToO  jLi^Tpou  XeEeujc. 

12.  Welchen  vertrag  die  Demosthenischen  reden  verlangen, 
das  geben  dem  aufmerksamen  leser  fast  von  wort  zu  wort  die  ge- 
danken  selbst  an  die  band  (aurf)  f]  \ii\c  bibdcKCi  TOUC  fx^VTOC 
i|iux^v  euKivriTov,  jiieO'  oTac  ttic  uTTOKpiceuic  ^Kqp^pecOat  bcf^cei 
8. 1118,  13  ff.),  beispiele  dafür  bringt  Dion.  aus  der  dritten  Philippi- 
schen rede  bei.  auf  die  worte  Kttl  ou  ypdqpei  jii^v  TauTa  .  .  dvOpib- 
1T0U  §  27  folgt  die  bemerkung  s.  1121,  11  ff.  TOUTtt  fvcCTi  Trpoq)^- 
pccOai  f)bov^  iy  napipbiKO  ic  fueXcciv  djcircp  IcTopiav ;  ou  KaToßo^i 
Kai  bibdcK€i,  TTiIic  auTd  bei  X^t^cOai  fiövov  ou  q>uivf)v  äq>i^VTa* 
dvTaOGa  dcTeiov  fjxov  usw.  sehr  schön  hat  Cobet  'observationea 
criticae  et  palaeographicae  ad  Dionjsii  Hai.  antiquitates  Rom.' 
s.  188  verbessert  ouk  auTd  ßoqi  [koI  bibdcK€i]  nuic  auTd  usw.  nur 
(iin  bedenken  mCchte  ich  äuszcrn.  ist  wohl  anzunehmen,  dasz  auf 
das  starke  oÖK  auTd  ßoa  das  in  seiner  Wirkung  jetzt  abfallende 
jiövov  QU  q)u;vf)V  dq)idvTa  mit  recht  folgt?    Cobet  vergleicht  Mar- 


LSadäe:  zu  Dionysioa  yon  Halikamasos.  555 

kellinos  leben  des  Thuk.  §  43  6  Xop<XKTf)p  ^ÖVOV  OÖxl  ßo$-  er  tiber- 
sah ,  dasz  unsere  stelle  eine  nachabmung  von  Demosth«  Olynth.  I 
§  2  ist:  6  |i^v  oGv  irapdiv  Kaipöc,  A  Ivbpec  'AOnvatoi,  ^övov 
ouxi  \ife\  q)uivf)v  äq)i€(c,  eine  thatsache  auf  welche  schon 
Behdantz  im  index  I  zu  den  neun  Philipp,  reden  unter  äTTÖicpiciC 
hingewiesen  hat.  es  kann  aber  nicht  zweifelhaft  sein,  dasz  in 
ähnlichen  Wendungen  wie  die  vorliegende  der  nachdruck  auf  dem 
mit  jLiövov  oä  eingeleiteten  gliede  ruht:  ßo^  yertrftgt  sich  mit 
dieser  Steigerung  jiiövov  ou  q)U)vf|V  ä(pi^VTa  schlechterdings  nicht. 
dazu  beachte  man  folgende  Wendungen  bei  Dion.:  s.  1023,  8  £ 
auTOi  (oi  XÖTOt)  bibdcKOuci,  ttuüc  aÖTOÖc  ÖTroKpivecOat  bei 
s.  1119,  6  f .  f|  \a\c  auTfi  bibdcKCi,  rivoc  diroxpiceuic  bet 
auT^.  s.  1118,  13  adrfi  f|  X^Sic  btbdcKCt  .  .  ^eO'  olac  Tf)c 
tiTTOKplc€U)c '£Kq)^pec6ai  bet^cet.  so  viel  geht  aus  diesen  stellen 
hervor,  dasz  in  dem  hsl.  ou  KttTaßo^  Kai  btbdcKCt  das  zweite 
verbum  richtig  ist,  ebenso  dasz  Cobet  sehr  glücklich  oAk  aärd  ßo^ 
geschrieben  hat;  nur  möchte  ich  die  klammem  anders  setzen  als 
er:  oiiK  aärd  [ßo$  Kai]  btbdcKCt  mAc  aörd  hei  X^TCcOat  ^övov 
DU  q)ujvf|v  dq)i^vTa; 

Dasz  in  den  folgenden  werten  dvraCOa  dcTetov  Jixov  irgend 
ein  fehler  vorliegt,  hat  schon  Sylburg  gesehen,  der  f\x^\  oder  fixilCOV 
für  fjxov  vorschlug.  Beiske  vermutete  alp€  töv  Jix^v ,  ihm  folgend 
Eiessling  im  rhein.  mus.  XXIII  252  dpov  TÖV  f)xov.  vielleicht  liegt 
noch  näher  dvTcTvov  oder  sogar  Tropevretvov  töv  f)xov,  wie  Dion. 
kurz  vorher  gesagt  hat  s.  1119,  9  f.  oöxl  TaOr*  oöv  €lpiiüV€UÖ|üi€VOV 
bei  X^TCiv  .  .  Kttl  TTap€VT€ivovTa  TÖV  fJxov; 

Freiburo  im  Breisoau.  Leonard  Sad]£e. 


73. 

Zu  THÜKYDIDE8. 


Für  das  deutsche  wort  'weihen'  gebraucht  der  Grieche  bekannt- 
lich dvariO^vai,  wenn  es  sich  darum  handelt  weihgeschenke  in  einem 
tcmpel  aufzuhängen  oder  aufzustellen,  so  TpiiToba  Thuk.  I  132,  2. 
dvbpidvTttc  buo  I  134,  4.  fTrmXa  HI  68,  3.  CKuXa  HI  67, 1.  ßuijüiöv 
VI  54, 6.  Gricaupöv  Xen.anab.V  3,5.  6.  CT€(pdvouc  Ages.  1,27.  Hell. 
III  4,  18.  Piaton  Ges.  943«.  dKpoOiviov  ebd.  946«.  ^ovöEuXov  ebd. 
956'.  dva6r|jLiaTa  Staat  362«.  Ges.  955  ^  Aischines  3,  21.  ^VflM^ia 
PL  Kritias  120^  GaXXöv  Ges.  943«.  drrapxfiv  cocpiac  Prot.  343*. 
TpdjLijLiaTa  Charm.  164«.  165».  tö  KißbfiXeuO^v  Ges.  917**.  tö  TVÄvai 
^auTov  Alk.  I  129*.  cpidXfiv  Kritias  120»».  Hjp.  Eux.  3, 1.  elKÖva 
PI  Phaidros  235«.  önXa  Staat  469«.  Tpöiraia  Dem.  15,  35.  (13, 26.) 
Xpr||LiaTa  kpd  22,  71.  dciribac  Aischines  3,  116.  wenn  es  nun  bei 
Thuk.  II  84,  4  und  II  92,  5  heiszt  vaOv  dvaTiO^vai,  so  kann  dies 


556  AWeiske:  zu  Thukydides  [I  IS,  6.  III  104,  2]. 

fttglicb  wohl  nicht  im  innern  des  tempels  geschehen  sein,  sondern 
die  Sieger  haben  offenbar  das  erbeutete  schiff  nur  an  das  land  in  den 
tempel bezirk  gezogen  und  daselbst  festgekettet,  hieraus  erklärt  sich 
das  verfahren,  welches  Poljkrates  bei  der  weihung  der  insel  Bheneia 
einschlug,  denn  wenn  Thuk.  I  13,  6  sagt  *Pr|V€iav  dXuiv  dv^OT)K€ 
Tilu  'AttöXXüüvi  ti!^  AnXiifJ  und  diesen  worten  dXucci  bi\cac  irpdc  Tf|V 
AfiXov  m  104,  2  zufügt,  so  bedarf  angesichts  obiger  beispiele  äva- 
TiO^vai  in  diesem  falle  einer  erklttrung,  weil  man  dem  sonstigen 
sprachgebrauche  gem&sz  KaOiepoGv  hier  erwarten  sollte. 

Während  nemlich  icpoGv  bei  der  weihe  von  personen  gebraucht 
und  daher  bei  der  Seltenheit  des  Vorkommnisses  selten  (Thuk.  V  1, 1. 
PI.  Ges.  771  ^)  gelesen  wird,  so  tritt  KaOiepouv  ein,  entsprechend  der 
grundbedeutung  der  präp.  Kard,  wenn  es  sich  um  die  weihung  liegen- 
der gründe  handelt  (PI.  Oes.  745"*.  Dem.  18,  149.  49,  66.  Aisch. 
3,  21.  3,  109),  abgesehen  davon  dasz  es  auch  bei  der  weihe  sonstigen 
besitztums  PI.  Ges.  909  ^  914  ^,  von  geldern  Isaios  4, 9.  Lysias  19, 3 
und  als  der  allgemeinste  ausdruck  auch  bei  der  weihe  von  dTdX^orra, 
ßuj|ioi  und  vaoi  PI.  Ges.  738 S  dpxn^ic  799 »,  xopcia  667  \  id  vöjüit^ov 
839%  CT^q)avoc  Aisch.  3,  46  angewandt  wird. 

£s  hätte  also  Thuk.  den  besondem  ausdruck  dvomO^vai  1 13,  6 
und  III  104,  2  vermeiden  und  den  allgemeinem  Ka6t€po0v,  beson- 
ders da  derselbe  von  zu  weihendem  lande  gebraucht  wird,  benatzen 
müssen,  wenn  Polykrates  Bheneia  nicht  mit  einer  kette  an  Delos  be* 
festigt  und  somit  sinnbildlich  aufgehängt  hätte,  wie  es  sonst  mit  der 
kriegsbeute  zu  geschehen  pflegte,  dieses  anketten  nötigte  den  Tbak. 
zu  dem  verbum  dvanO^vat. 

Die  gegenstände  aber,  von  deren  weihung  die  Griechen  dvorri- 
O^vai  sagen ,  gehen  förmlich  in  den  besitz  der  betreffenden  gottheit, 
der  sie  geweiht  werden,  über,  und  darum  scheint  Aischines  3,  108 
Tf)V  x^pctv  auTÜüv  dvaOeivai  t^  'AttöXXujvi  geschrieben  zu  haben 
statt  des  bei  X^P^  gewöhnlichen  KaOiepoOv,  welches  jedoch  den 
besitztitel  nicht  immer  mit  ausspricht,  sondern  zuweilen  nur 
'unter  obhut  eines  gottes  stellen'  bedeutet:  vgl.  PI.  Ges.  657**. 
799^^  und  besonders  914^.  diese  Unsicherheit  und  Zweideutigkeit 
musten  die  Amphiktyonen  bei  der  weihung  des  gebietes  von  Kirrha, 
muste  Polykrates  bei  der  weihung  von  Bheneia  vermeiden,  underyoll- 
zog  diese  weihe  nicht  durch  KaOiepoOV;  sondern  durch  dvortO^vat. 
es  möchte  demgemäsz  zu  dXucei  br^cac  Thuk.  III  104,  2  nicht  mit 
ECurtius  gr.  gesch.  I  ^  s.  579  die  erklärung  hinzugefQgt  werden  dür- 
fen :  'zum  sinnbildlichen  ausdruck  unauflöslicher  Verbindung',  son- 
dern die  deutung  'zum  sinnbildlichen  ausdruck  dafür,  dasz  Bheneia 
gleichsam  als  weihgeschenk  aufgehängt  und  demnach  in  den  danem- 
den  besitz  des  gottes  übergegangen  sei'. 

Halle.  Albxahder  Weiskc. 


EGraf :  za  Platarchs  Symposiaka.  667 

74. 

ZU  PLDTABCHS  8TMP08IAKA. 


V  7  bandelt  vom  bösen  blick.  Plutarch  erklftrt  seine  Wirkungen 
€.  3  dadurch ,  dasz  der  neid  als  innerer  zustand  »ich  dem  vom  ange 
ausgebenden  TTveujua  mitteilt  und  ihm  fachftdlicbe  Wirkung  verleiht. 
Soklaros  (c  4)  hält  die  frage  damit  nicht  für  erledigt,  da  ja  die  be- 
treffenden oft  nicht  nur  ihre  eignen  freunde  und  kinder,  sondern  durch 
Spiegelung  im  wasser  auch  sich  selbst  ruinierten.  Plutarchs  erwide- 
rung  (c.  5)  trennt  die  beiden  einwürfe,  das  behexen  der  eignen  an- 
gehörigen  erklftrt  er  daraus ,  dasz  der  böse  blick  durch  vielfiaohe  an- 
wendung  schlieszlich  zu  einer  dauernden  eigenschaft  werde,  die  ihre 
Wirkungen  auch  ohne  den  willen  des  behafteten  geltend  mache,  was 
aber  das  sichselbstbehezen  betrifft,  so  folge  bekanntlich  oft  auf  einen 
zustand  allerhöchsten  Wohlbefindens  unmittelbar  der  verfall.  ÖTav 
CUV,  fährt  er  fort  (682«),  diriboctv  äOpöav  Xdßuici  Ka\  ß^Ttov  fk 
7Tpoc€bÖKu;v  ^xovrac  daurodc  dtrißk^uiciv,  i&ct€  Oau^dZciv  xal 
KaracKOTTeiv ,  tö  ciX)|ia  Tf)c  ^€TaßoXf)c  dippk  icn  Kai  <p€pö^6vot 
Taic  ^Seci  Tipöc  TÖ  x^^P^v  ^auTOuc  KoroßacKaiveiv  [X^TOvrai]. 
toCto  bi.  TivcTat  fiiäXXov  äirö  tujv  trpöc  öbaciv  t\  nctv  fiXXotc 
dcÖTTTpoic  iiq)icTap^vu)v  ^eujüidruiv  *  dvatrvct  t^P  ^^'  aöroOc  toOc 
öpuivTac,  (jJCTe  olc  ^T^pouc  IßXoirrov,  aÖTo(»c  icaicoOcOat.  toOto  b* 
icujc  Ka\  TT€p\  TÖt  Tiaibia  tivd^evov  KaTaipeöberm  iroXXdnac  Tf|V 
aiTiav  TÜav  dvopuiVTUJV.  der  vorletzte  satz  steht  in  gar  keinem  Zu- 
sammenhang mit  dem  vorhergehenden,  da  er  eine  ganz  andere  er- 
klärung  deä  Vorgangs  enthält,  es  hilft  auch  nichts  mit  BFranke 
(Jahrb.  suppl.  I  [1856]  s.  415)  eine  lOcke  etwa  des  inhalts:  Icuic  b* 
oub'  oiiTUJC  ^x^^  TOUTO  bk  Tiv€Tat  usw.  anzunehmen :  denn  auch  so 
steht  der  letzte  satz  wiederum  ohne  Zusammenhang  da,  während  er 
sich  an  den  drittletzten  vortrefflich  anschlieszt  (kinder,  die  auffallend 
gut  aussehen,  werden  bewundert;  erkranken  sie  unmittelbar  darauf, 
so  miszt  man  dem  bewundernden  die  schuld  bei),  ein  sicheres  zeichen, 
Uasz  der  vorletzte  von  einer  andern  stelle  hierher  verschlagen  ist. 
im  folgenden  (c.  6)  zieht  Oaios  die  Demokritischen  €lbu)Xa,  die,  mit 
bosbeit  behaftet,  von  dem  menschen  ausgehen,  zur  erklärung  heran. 
Plutarch  erwidert:  Trdvu  juiv  oflv,  dXXd  Gau^dZui,  truic  ?Xa6ov 
ujLiäc  oubev  fiXXo  tOüv  ^£U|idTU)V  toütuiv  f\  tö  ?|lii|iuxov  dcpeXibv 
Kai  TTpcaipeiiKÖv.  der  ausdruck  tuiv  ^cu^druiv  toi3tu)V  läszt  er- 
warten ,  dasz  Gaios  bereits  selbst  fUr  den  flusz  der  eTbuiXa  den  aus^ 
druck  peujuaia  gebraucht  habe,  (nach  Theophrastos  TT.  aicOt^ceuic  sagte 
Demokritos  selbst  in  bezug  auf  das  sehen:  diravTCC  det  fivecOai 
Tiva  dTTopporiv ,  vgl.  effigiarum  assidutis  creberque  repulsus  speci/h 
lorum  ex  aequore  Lucretius  IV  103).  dies  ist  der  fall,  wenn  wir  an- 
nehmen, dasz  er  nach  den  das  Demokritcitat  abschlieszenden  werten 
ouTuj  Yctp  oTjiai  iruic  töv  dvbpa  t^  bö£ij,  tQ  hk  Xiiex  baijüioviuic 
X6Y61V  Kai  jLi6TaXoTTp€TTWC  (688*)  als  eignen  zusatz  die  worte  toOto 


558  EGraf :  zu  Plutarchs  Symposiaka. 

bk  T^vcrai  jiiaXXov  usw.  hinzuftlgte.  auch  ist  dies  die  einzige  stelle 
des  gesprftcbs,  an  der  dieser  satz  unterzubringen  ist  und  fast  er- 
wartet wird,  dasz  Plut.  nicht  noch  einmal  wegen  des  selbstbebezeDS 
seinen  besondern  Standpunkt  geltend  macht,  sondern  nur  auf  die 
hauptsache  erwidert ,  ist  nur  passend,  fj  heiszt  natürlich  'oder'  und 
httngt  nicht  von  pdXXov  ab,  wie  Franke  gegen  die  Xylandriscbe 
Übersetzung  richtig  bemerkt. 

YII  8  ist  von  der  sitte  die  rede,  Platonische  dialoge  bei  tisch 
von  knaben  aufführen  zu  lassen,   es  heiszt  711^:  irpöcecTi  bi  Öttö- 

KplClC   TTp^TTOUCa  Till  fjOci  TUlV  äTTOKClfll^VUlV  1TpOCUITTU)V  KQI  (puivfic 

TrXdcfLia  kqi  cxniia  xal  biaO^ceic  £TTÖ|i€vai  toic  XeTOjLi^votc.  (puivf^c 
cxT^lia  neben  TrXdcjLia  ist  unverständlich ,  2>ia6^C€ic  ohne  zusatz  un- 
klar; es  wird  wohl  cxTiM^TUiv  biaO^ceic  zu  schreiben  sein,  Tgl. 
747  *  *ATröXXu)voc  f\  ITavöc  fj  tivoc  BdtKxnc  cxf\}xa  bta6^VT€C.  Ath. 
XIV  25  e!  TIC  dfii^Tpuic  biaOeifi  Tf|V  cxTlMO'fOTTOiiav. 

VIII  6  c.  5  zählt  Lamprias  eine  reihe  lateinischer  werte  auf,  die 
aus  dem  griechischen  abzuleiten  seien,  zum  schlusz  heiszt  es  727*: 
TÖ  bi.  Kaip€  bcpc  Kai  A^vttic  touc  öbövTac  kqI  Adßpa  rd  x^^^^  ^& 
ToO  Xa|Lißdv€iv  Tf]V  ßopdv  bi*  aÖToiv  (sc.  Tic  oök  fiv  cTiroi  *€XXitvi- 
Kilic  X^T^cOai ;).  die  worte  tö  bk  Kaipe  b€pe  sind  nach  Wjttenbach 
'vexata  emendantium  coniecturis'.  dieselben  kOnnen  nicht  weit  her 
gewesen  sein,  da  die  einzige  die  Wjttenbach  mit  'forte'  anführt,  die 
Xylandriscbe  tö  bk  b^p€iv  xaibcpe,  aus  mehreren  gründen  durchaus 
verkehrt  ist.  erstens  heiszt  caedere  nicht  b^p€iv ,  zweitens  sind  die 
andern  etymologien  zwar  kühn ,  aber  so  thOricht  wie  diese  ist  doch 
keine;  drittens  werden  nur  Wörter  aufgezählt,  die  in  unmittelbarem 
Zusammenhang  mit  essen  und  trinken  stehen:  coena  prandium 
stratncUa  vinum  mel  oleum  gustare  prapinare  camessatum  miscere 
mensa  panis  corona  .  .  dentes  lahra.  in  diese  reihe  passt  caedere 
nicht  hinein ,  wohl  aber  ein  verbum ,  das  in  der  Überlieferung  be- 
reits blank  vorliegt,  £b€p€,  dessen  erwähnung  im  Zusammenhang 
mit  öbövTec,  das  ja  die  alten  von  Aovt€C  ableiteten,  zu  nahe  lag, 
um  hier  übergangen  zu  werden,  bedenkt  man,  dasz  das  compendium 
für  ouv  dem  buchstaben  p  zum  verwechseln  ähnlich  sieht  (Bast 
comm.  pal.  tab.  V  1  ist  KaXoOvTec  kaum  von  KaXpT€C  tu  unter- 
scheiden), so  ist  es  wohl  nicht  zu  kühn,  als  ursprüngliche  lesart  statt 
TÖ  bi.  Kaipe  bepc  zu  vermuten:  tö  b*  {<b€iv  d>KdXouv  {b€p€. 
das  praeteritum  findet  sich  auch  oben:  TÖ  b*  dpiCTOV  £KXil0r|  TTpdv- 

blOV  sc.  UTTÖ  T&V  TÖ  ÖVO|ia  Tl9^VTU)V. 

IX  2.  warum  das  A  den  ersten  rang  unter  den  buchstaben 
einnimt,  wird  (737«)  schrittweise  gezeigt:  tq  . .  (puivi^€VTa  • .  irpui- 
TcOeiv  TUüv  d(p(()VU)V  xai  f)|Liiq)uivu)V.  iv  bk  toutoic  tuiv  jül^v  jüiaKpuiv 
ÖVTUiV ,  Ttüv  bi  ßpax^uiv ,  Ttüv  V  d)Li(poT^puiv  kqI  btxpövwv  Xexo- 
fii^vuiV,  TauT*  eUÖTUic  t^  buvdjiici  biaqp^peiv  usw.  in  welchem  sinne 
bei  der  quantität  der  vocale  eTvai  und  X€T€c9ai  einander  gegenüber- 
stehen, lehrt  Dionysios  von  Halikamas,  wenn  er  de  c.  ▼.  s.  161  dem 
ü)  als  (puc€i  jLiaKpöv  das  ä  als  (pu)vf)€v  jüiaKpuic  Xefö^evov  entgegen- 


EGraf :  zu  Plaiarolu  Sympotiaka.  559 

stellt  (ebenso  ist  s.  85  ^aKpdlc  X€TÖ^€VOV  jp64iixa  wechselftoadniok 
fttr  Mxpovov,  ÖTav  jüiaKpdic  bapißtXTai).  Plutarch  fichrieb  wahr- 
scheinlich TOIV  b*  d^CpOT^pUÜC  X€TO|Ül^VUIV. 

IX  4  (738^).  die  sieben  yocale,  acht  balbvocale,  nenn  conso- 
nanten  bilden  eine  arithmetische  proportion.  iwia  jap  dvTUiv  xal 
ÖKTU)  <Kal  injäy  oötui  töv  fi^cov  dptO^dv  ÖTtep^xciv  Kai  t&irep* 
^X^cOai  cu|Liß^ßiiK€.  selbstverständlich  ist  statt  o&nu  za  schraben 
T  a  ö  T  (fi ,  denn  darin  liegt  erst  das  wesen  der  arithmetisehen  proportion. 
TauTiD  M^pei  sagt  Piaton  Tim.  86  *  in  demselben  sasammenhang. 

1X4  (7380  ^^^^T^  ^i'*  ^^^  M^v  6  irdvTUiV  dptO^ÜJV  irpATOC 
T^Xeioc  f)  M^v  Tpiäc  die  dpxfjv  xal  fi^cov  ^x^vca  Ka\  t^oc,  f|  bk 
Öde,  d)c  teil  '^oTc  a(nf\c  |i^p€ci  TWOfi^vr)  bf)Xdv  icn.  dies  ist  kein 
vernünftiger  satz.  tt  hat,  wie  so  oft,  Tt  verschlangen:  es  ist  zn 
schreiben:  xal  |if|v  ÖTt  irdvTUiv  dptO^i&v  irpi&TOC  m^v  TdX€ioc  f| 
Tpidc  .  .  f)  b^  d£dc  (sc.  T^Xcidc  icn)  .  .  bf)Xdv  icru  znr  sache  vgl. 
744  ^  Tpidboc  xal  ädboc,  fiv  ^Kdrepoc  xal  t^Xciöc  icnv. 

IX  12  (741  ^)  bemerkt  Sospis  za  den  Akademikern,  die  darüber 
disputieren ,  ob  die  zahl  der  gestime  gerade  oder  ungerade  sei,  ToCrc 
fii^v  Traibac  dcTpatdXotc  6pui,  Toiic  V  'AxobimaiKoiic  XÖTotc  dpnd- 
2^ovTac.  oub^v  tdp  oi  TOtoOrot  CTÖ^axot  btaq)^pouct  tiüiv  £puiTi()V- 
TUiv,  TTÖTepov  fipTia  T^  x^xpi  cuv€iXiiq>ÖT€C  f\  treptTTd  cuvtcCvoüciv. 
CTÖpaxoi  ist  corrupt,  Wjttenbachs  crui^OXot  oder  cxia^oxtei  be- 
friedigt nicht,  ebenso  wenig  Döhners  Xoto^dxot  (vindiciae  Plnt. 
1864),  wir  erwarten  ein  participiam  und  statt  des  persönlichen 
TOiouTOi  vielmehr  das  neutrum.  ich  glaube,  dasz  o\  TOtoiÜTUiv 
CTOX<x2l6|Li€VOi  die  ursprüngliche  lesart  ist. 

IX  14.  die  tischgesellschaft  singt  mit  einander  die  Hesiodidchen 
verse  von  der  geburt  der  Musen,  darauf  sagt  der  rhetor  Herodes : 
dKou€T€  upelc  ol  Tf)v  KaXXiÖTTiiv  dTTOCTTwvrec  f||i«fiv,  cüv  Totc  paci- 
Xeöciv  auTfjv  Trapeivai  (paav,  oöx  dvoXüoDCt  bi^Trou  cuXXoTic^odc 
otib'  ^pujTiiJci  jLi€TaXXdTT0VTac,  dXXd  TcOra  npdirouciv  S  ^n'^öpujv 
dcTi  xai  TToXiTixujv  fpTOt.  TiapeTvai  ciiv  tw*  ist  schwerlich  richtig, 
denn  wenn  YIII  716**  steht  djuiaGiac  xa\  djLiouciac  ciiv  oivip  Ttapoü- 
CTic,  so  ist  das  nur  ein  Schreibfehler  fürtv  ofvip.  die  betreffende 
stelle  bei  Hesiodos  lautet  theog.  80 :  f)  tdp  xal  ßactXeOctv  &|i*  aiboi- 
oiciv  ÖTTTibeT.  das  umschrieb  der  rhetor  mit  C€|üivotc  ßactXcöciv 
Trapeivai,  und  fügte  hinzu,  dasz  diese  c€|üiv6tiic  sich  nicht  in  pseudo- 
pbilosophischen  künsten  geäuszert  habe,  zur  sache  vgl.  an  seni  resp. 
gerenda  788*  C€|iv6v  dcTi  GfojLia  7rp€cßuTr]c  X^tu)V  ti  xal  TrpdTTUiv 
.  .  6  jLifev  Tdp  N^CTUjp  CTpaT€uö|Lievoc  iv  Tpoi^  cc^vöc  fjv  . .  6  bfc 
TTriXeiic  xal  6  Aaepiric  olxoupoOvTec  .  .  xaTcqppovrjOiicav.  statt 
qpaciv  ist  wohl  9T1CIV  (sc.  'Hcioboc)  zu  schreiben. 

Wenige  zeilen  weiter  743®  sagt  derselbe  rhetor:  ifü)  bk  ^€Ta- 
TTOioOjLiai  Ti  xai  rfic  eÖT^pirfic*  elrTCp,  fflc  cpiici  XpuciinTOc,  aM\ 
(wohl  auTTi)  TÖ  Trepi  tdc  öpiXlac  dtniepTTk  efXrixc  xal  xexopi- 
cjLi^vov  •  Ö)liiXt]tixöc  Tdp  oubtv  fJTTOV  f\  bixavixdc  6  ^ifJTU)p  xal  cu^- 
ßouXeuTiKÖc.  ai  tdp  ^^€ic  ^x^uct  xaleäjLieveiac  xal  cuvriTOpiac  xal 


560  EGraf:  zu  Plutarchs  Symposiaka. 

diToXoTiac*  TiXeiCTip  bi.  t(\>  diraiveTv  xP^M^Ga  xal  tijj  ip^TCiv,  dv 
TOUTOic  oö  9auXtüv  .  .  tutxovovtcc,  fiv  tcxvikoic  touto  irpdTTUi- 
p6V  usw.  diu  Worte  al  YOtp  ^^€ic  usw.  geben  keinen  sinn.  Wytten- 
bach  notiert:  «fort.  \iEe\c  Ixouci  Kai  cufiißouXiac»,  womit  ancb  nichts 
anzufangen  ist.  ^Scic  bat  er  mit  unrecht  verworfen,  denn  es  iat 
allerdings  von  einer  ^Sic  des  redners  die  rede,  der  ö|üiiXf]TlKf|  lElc 
(ö)LiiXTiTiKf)  sc.  T^XVTl  oder  imcTr\\ir\  findet  sieb  II  1,  629  0^  ebenso 
ist  €iifi^V€ia  am  platze,  in  dem  öinne,  wie  weiter  unten  der  vers  (b 
TTÖTTOi,  (bc  öbe  Tiäci  (piXoc  xai  T(|iiöc  icnv  dvOpuiTTOic  anf  die 
redner  als  TÖ  irept  Täc  ö^iXiac  eädp|iOCTOV  ^xovrec  angewendet 
wird ;  nur  kann  sie  natürlich  nicht  der  cuvriTopia  und  dTToXotlot  so 
coordiniert  sein,  wie  es  in  der  Überlieferung  der  fall  ist.  das  aber 
fühlt  Wyttenbach  richtig,  dasz  wir  nach  dem  vorhergehenden  btxa- 
viKÖc  KQi  cufLißouXeuTiKÖc  neben  cuvriTOpiac  Kai  diroXotlac  aach 
eine  erwähnung  des  zweiten  genus  erwarten,  zumal  gleich  darauf 
auch  das  dritte  besprochen  wird.  cuvriTOpiac  Kai  diroXoTiotc  selbst 
ist  aber  eine  ganz  unnötige  detaillierung ;  schreiben  wir  bimflTO* 
piac  Kai  dTroXoTiac,  so  sind  beide  anstOsze  beseitigt  befremdend 
ist  auch  der  ausdruck  6  ^^JTUjp  biKaviKÖc  Kai  cufiißouXeuTiKÖc  £cTi. 
die  ursprüngliche  lesart  mit  evidenz  herzustellen  wird  wohl  nicht 
gelingen ,  ein  versuch  ihr  nahe  zu  kommen  wäre :  ö/buXriTlKfic  T^ 
oub^v  fJTTOv  f|  biKaviKvf c  ö  pr\T{jjQ  Kai  cufußouXeuTiKfjc  ££€wc  befTai 
TTapexouciic  eujuievcTc  dKpoaTdc  Kai  bn^nTOpiac  xai  diroXoTictc. 
darauf  statt  TrXeiCTiu  bi.  t(jj  diraiveTv  xpui|i€8a  schreibe  man  TrXeicng 
b*  iv  TU)  dTTaiveiv  XP^M^Oa,  denn  es  kommt  ihm  nicht  darauf  an  zu 
sagen ,  dasz  bie  das  genus  demonstrativum  besonders  hftufig  gebrau- 
chen ,  sondern  dasz  in  diesem  vor  allem  die  ö)LiiXr|TlKf|  Sic  zur  Ver- 
wertung kommt. 

IX  14  (744  ^)  sind  vrJTTi,  \xicr\  und  UTidni  genannt  oi  Td  btacTrj- 
fLiara  Tiap^x^VTCC  öpoi.  es  musz  heiszen  Tr€pUxovT€C:  vgl.  zb. 
Nikom.  Ger.  I  25  (Meibom). 

IX  14  (746 '^).  die  acht  Seirenen,  die  bei  Piaton  sich  mit  den 
acht  Sphären  bewegen,  werden  mit  den  Masen  identificiert,  und  um 
deren  neunzahl  zu  behalten,  wird  behauptet,  die  neunte  behersche 
den  räum  zwischen  mond  und  erde,  wenn  es  nun  heiszt:  MoCcai  hi 
eiciv  ÖKTU)  Kai  cu^TrepiTToXoOci  TaTc  öktw  cqHxipaic,  \xUi  hk  töv  mpl 
TT^v  etXrixe  tÖttov,  so  können  die  ersten  worte  unmöglich  richtig 
sein.  Herwerdens  ciciv  öktu)  ai  cufiiTTepm.oXoOcai  ist  dem  sinne  nach 
befriedigend,  leidet  aber  an  einem  unerträglichen  hiatus.  bei  Platon 
(Staat  X  617*')  heiszt  es:  im  bk,  Ti&v  kukXuiv  aÜTOÖ  fivui9€V  d<p' 
dKdcTOu  ßeßriK^vai  Ceipffva  cuMTrepiq)€po)Li^viiv.  ich  glaube  daher, 
dasz  hier  zu  schreiben  ist:  Moucai  b'  ^Tieiciv  öktui  koI  cujüiTrcpi- 
TToXoOci  TaTc  ÖKTU)  cqpaipaic,  acht  Musen  stehen  auf  den  acht  Sphären 
und  bewegen  sich  mit  ihnen  herum. 

IX  15  (748  '*).  die  orchestik;  früher  eine  edle  knnst,  ist  jetzt  ge- 
sunken und  befriedigt  nur  noch  das  unvernünftige  theaterpublicum, 
Tf)v  bk  irapd  loTc  voOv  ^xouci  Kai  Gciotc  dvbpdctv  die  dXiiOdic 


EGraf:  su  Platarchs  Sympodaka.  561 

TiMf|v  äTroX(()X€K€V.  wer  sich  tlber  die  dvönra  G^crrpa  erhebt,  tot 
deshalb  noch  nicht  gleich  ein  6€?0€  ävffp.  Plat«  edirieb  gewii  ical 
äcT€ioic  dvbpdciv.  6  dcTctoc  dem  d^ctd/jc  entgegengeaetst  auch 
de  aud.  poetis  25^. 

Verkürzte  yergleichssätse  sind  oft  darch  abschreiber,  die  die 
construction  nicht  verstanden,  verwässert  worden,  derartige  verbin* 
düngen  wie  (£)ciT€p  Iv  iröXci  Tip  Cili^arti  i&cirep  tK  6€dTpou  ToO 
biKacTTipioü ,  olov  ÖTid  TTXirrtc  Tf^c  cuvtövoü  (puivf)Cy  oder  ol  fiiv 
€ii9uc  ä)cix€p  a  dKpac  TreXatiou  irpdEcuic  ^TrupovoOc  .  .  dpovrcc 
d9fiKav  im  Tf|V  TtoXiTciav  (praec.  ger.  reip.  804^)  sind  ungemein 
häufig  bei  Piutarch.  wenn  wir  im  *€pumKÖc  761*  lesen  (KiC7r€p  £k 
l&\r\c  Kai  x€iM^voc  Ka\  tOjv  iraibtKi)^  £pu»Tuiv  Iw  Tivt  ToXifjvq  tI) 
TTcpl  TdMOv  Kai  q)iXocoq)iav  6^fi€V0C  t6v  ß(ov,  so  kann  gar  kein 
zweifei  sein,  dasz  das  zweite  Kttl  za  streichen  ist.  (ein  verwässerndes 
Kai  ähnlicher  art  findet  sich  de  exilio  601 '  ^X^^V  bei  irpöc  TOÜTOtC 
voCv  Kai  XoTic|iöv,  Aorep  dtKupav  Kcd  Kußepvi^v,  Iva  icavrl 
XpncGai  Xi|i^vi  TTpocopiüiicOck  bOviiTcn,  wo  zn  schreibun  ist  i&cii€p 
dYKupav  TÖv  KußepvrJTYiv.)  wenn  es  daher  8jmp.  IX  14  (746*)  bei 
einer  Übertragung  des  Seirenenmjrthos  anf  getotiges  gebiet  von  der 
seele  des  ungebildeten  (denn  diese  vielmehr  ids  Td  diTa  ist  als  sabjeot 
zu  denken)  heiszt  ircpiöx/iXtirrai  Kai  KaTOTr^irXacTat  copKtvotc  i^- 
q)pdTMaci  Kai  TidOeciv,  so  ist  auch  hier  statt  Kai  irdOectv  su  schrei- 
ben ToTc  TrdOeciv. 

In  anderer  weise  verwässert  ist  die  construction  S7mp.I4  (621  ^ 
öcai  V  dv€u  cTTOubfic  diT€tCKU)|üidZouci  Totc  cu^iTodoic  Traibioi, 

TaUTOC    ^TTljLieXuJC    biaK€X£UC€Tat    (sc.    6    CU^7T0dapX0C)    TOIC   CU|i- 

TTÖTaic  euXaßcTcGai,  jiif)  XdOuiciv  ößpiv  Kai  dc^Xteiav  KaGdirep  öoc- 
KuajLiov  djLißaX6vT€C  oTvu)  toTc  Xctom^voic  irpocidTMöciv  dSußpiZuici, 
7rpocTäTTOVT6C  dbciv  i|i€XXoTc  usw.  Stephanus  schrieb  d£ußpi£ovT€C 
statt  d£ußpi21ujci,  Wyttenbach  schob  Kai  nach  ofvif)  ein;  auch  so  ent- 
steht kein  rechter  sinn,  denn  die  ößpic  wird  nicht  in  den  wein  ge- 
than,  sondern  sie  ist  eine  verschärfende  zuthatzn  den  irpoCTdriuiaTa, 
gleichwie  der  iJ0CK\ja|i0C  zum  wein.  dEußpiZuDCt,  nach  6ßpiv  an  sich 
anstöszig,  ist  zu  tilgen  und  entweder  zu  schreiben  KaddiT€p  Öoc- 
KiiaiLiov  otviij  ToTc  XetOM^voic  TTpocidTHaciv  dMßaXövT€c  oder  KoOd- 
TT€p  uGCKÖaiLiGv  d^ßaXövT€C  ToTc  XetOfidvotc  TtpocrdTliaav  mit  weg- 
lassung von  oivuj. 

Derselbe  fall  ungeschickter  hinzufügung  eines  verbums  liegt 
vor  im  anfang  der  kleinen  schrift  de  singulari,  populari  et  pancorum 
in  re  p.  regimine.  werden  nemlich  dichterstellen  zu  Vergleichssätzen 
der  oben  besprochenen  art  benutzt,  so  fällt  die  vergleichnngspartikel 
weg.  solche  fälle  sind  zb.  de  sanitate  praec.  122^  ZrircTv  Kai  |iav- 
Gdveiv  «ÖTTi  TOI  dv  ixeyäpoxcx  KaKÖv  t*  dtaSöv  T€  T^TUKxau  Tt|i 
ciujLiaTi,  adv.  Col.  1108**  «ÖTi^p  fe  |i^vTOi  TravTÖc  *£XXrivu)v  cxpa- 
Tou»  Tüüv  dXXujv  9iXocöq)U)V,  de  superstit.  169  •  «ttöXic  b*6no0  fifev 
eu)Liia|LidTUJv  T€)Liei ,  6^ou  bk  Tiaidviuv  t€  Kai  CTCvatfidTuiv»  i\  ^ux^l 
ToO  b€icibai)Liovoc  uam.    wenn  wir  daher  de  sing.  pop.  usw.  826* 

Jahrbücher  für  class.  phitol.  1888  hft.  8.  37 


562  AThimme:  zwei  festvorlesangen  des  Lukionos. 

lesen :  «KCKpÖTTirai  xp^cca  KptiTrlc  iepaiciv  doibatc»  6  npoTpetrö^e- 
voc  Kai  biaipiüv  ^ttI  TToXireiav  ß^ßXriTai  Xötoc,  so  werden  wir  ohne 
bedenken  ß^ßXi]Tai  hinauswerfen. 

Plutarch  pflegt  citate  so  umzugestalten,  dasz  sie  sich  an  die 
satzconstruction  anschlieszen ,  abschreiber  haben  sie  oft  dieser  zum 
trotz  wieder  dem  original  genähert,  so  Sjmp.  I  1  (614^)  f|  'Q^VTi 
TTivouciv  aOioTc  biTiteiTai  ncpi  toO  *Obücc^ujc  «olov  töV  f peEc  Kai 
£tXii  Kaprepöc  dvrjp» ,  wo  die  hss.  zum  teil  dXX'  vor  olov  anfügen, 
de  mult.  amicorum  95  '^  f|  qpiXia  cuvdiTei  kqI  cuvicnici .  .  Täte  ö\i\» 
Xiaic  Kai  q)iXoq)pociJvaic  «wc  V  8t*  öitöc  T^Xa  XeuKÖv  ^TÖ^cpuiccv 
Kai  fbfice»  Kar'  *£MTT^bOKX^a.  das  b^,  jedenfalls  dem  original  an- 
gehörend, ist  hier  zu  streichen,  quo  modo  quis  se  ipse  sine  inv. 
landet  539^  öfiioiujc  6  TTivbapoc  9r|cac  «Kai  tö  KauxäcOai  irapä 
Kaipöv  Maviaic  uttokp^k€iv»  ou  TraücTai  |LirfaXT)Yopa»v  irepl  rric 
dauToC  buvdpewc.  bei  Pindaros  Ol.  9,  37  steht  tö  Xoibopf)cat  Gcoipc 
ixBpä  coq)ia  Kai  tö  KOuxäcOai  Tiapd  KOipöv  juiaviaictv  öncKp^KCt« 
an  unserer  stelle  ist  das  Kai  zu  streichen,  eine  unberechtigte  ergftn- 
zung  gleicher  art  liegt  Symp.  IX  15  (747*)  vor:  . .  övo|LiaTOTTOi(atC 
XpOüVTai  Kai  ^€Taq)opaic  «K€Xapu2^€iv  Kai  KaxXdZeiv»  Td  KXui|üi€va 
Tuiv  ^eufiidTwv  X^TOVTCc  Kai  Td  ß^Xr)  q)^p€c6ai  «XiXaidjüieva  xpoöc 
Scai»,  Tf|V  icöpponov  fidxnv  «^tcac  ucfiiivii  K€q)aXdc  ^X^v».  die  letz- 
ten Worte  stehen  so  Hom.  A  72,  Plutarch  aber  schrieb  nur  Tcac 
K€q)aXdc  ^X^iv.   nach  dcai  scheint  ein  Kai  ausgefallen  zu  sein. 

Mbiszen. Ernst  Graf. 

76. 

ZWEI  PE8TV0RLE8ÜNGEN  DES  LÜKIAN08. 


In  der  TTpoXaXia  6  Aidvucoc  erzählt  Lukianos  zwei  kleine  ge- 
schichten,  die  sich  auf  den  Dionysoscult  beziehen,  die  zweite  der- 
selben lautet  etwa  so:  (c.  6)  'in  Indien  ist  ein  von  Bakcbisehem 
epheu  und  weinlaub  umgebener  hain ,  darin  drei  quellen,  die  quelle 
der  Satjm,  des  Pan  und  des  Seilenos.  nur  6inmal  im  jähre,  am 
Dionjsosfest,  dürfen  die  Inder  diesen  hain  betreten,  nur  Einmal  im 
jähre  aus  diesen  quellen  trinken ,  und  zwar  die  jUnglinge  ans  der 
Satjmquelle ,  die  männer  aus  dem  brunnen  des  Pan ,  die  greise  ans 
dem  des  Seilenos.  (c.  7)  was  die  Jünglinge  und  männer  treiben, 
wenn  dieser  heilige  zauber  sie  treibt,  will  ich  heute  nicht  erzähleni 
es  ist  ohnehin  bekannt  genug ;  wie  es  aber  den  greisen  geht  nach 
dem  trunke,  das  will  ich  berichten,  es  passt  so  recht  für  meinen 
zweck,  also  wenn  ein  greis  getrunken  hat,  so  ist  er  eine  weile 
sprachlos  wie  ein  trunkener,  dann  wird  er  sehr  lebhaft  und  ge- 
schwätzig und  fängt  an  lange  reden  zu  halten,  munter  wie  eine 
grille  I  bis  zum  späten  abend,  wenn  aber  die  begeisterung  verflogen 
ist,  wird  er  wieder  stumm  wie  zuvor,  aber  nun  gebt  acht,  nun 
kommt  das  allermerk  würdigste,  wenn  ncmlich  der  greis  seine  rede 
hat  unvollendet  lassen  müssen,  da  die  sinkende  sonne  ihn  hinderte 


AThimme :  zwei  festrorleBaBgen  des  LakiaaoB.  66S 

seinen  schlasz  zu  machen,  so  iKhrt  er  im  nftohsien  jähre,  wenn  er 
wieder  aus  der  quelle  getrunken  hat,  genan  an  der  stelle  fort  za 
reden,  wo  er  im  vorigen  jähre  aufhörte,  (c.  8)  dieser  spott  soll  sich 
auf  mich  selbst  beziehen,  und  ich  brauche  wohl  die  moral  von  der 
geschieh te  nicht  erst  auszusprechen:  ihr  seht  ja  schon  selbst,  wie 
weit  die  £abel  auf  mich  passt.' 

Soweit  Lukianos.  aus  dieser  erzählung  ist  zunächst  mit  Sicher- 
heit zu  schlieszen,  dasz  Luk.  ein  greis  war,  als  er  sie  vortrug,  aber 
das  hat  er  schon  vorher  zu  verstehen  gegeben  (c.  5),  wo  er  seine 
Zuhörer  an  seine  blUtezeit  und  seine  damaligen  vortrftge  erinnert: 
dva|iVTic6uiciv  oi  TraXaiol  cu^trörai  Ktbfiuiv  Kotvuiv  tuuv  töt€  koi- 
pOüv.  was  sollen  nun  die  schluszworte  des  c.  7,  die  Luk.  mit  Worten 
einleitet;  wie  sie  bei  ihm  recht  häufig  sind,  wenn  er  auf  etwas  be- 
sonders wichtiges  hinweisen  will:  TÖ  fidVTOt  TrapaboSöraTOV  oöb^TTUi 
elTTOV?  so  wendet  er  diese  werte  auch  Her.  8  gerade  da  an,  wo  er 
auf  sich  zu  sprechen  kommt;  vgl.  auch  Jacobitz  zu  Timon  14, 
Sommerbrodt  zu  Charon  23  u«  Nigr.  4. 

Aber  gerade  diese  werte,  welche  somit  die'hauptsache  der  selbst- 
ironie  enthalten  müssen,  hat  man  stets  Übersehen,  weil  man  nichts 
mit  ihnen  anzufangen  wüste,  ist  es  denn  aber  unmöglich  dieselben 
auf  Luk,  selbst  in  vollem  umfange  zu  beziehen?  wir  müssen  dann 
aus  ihnen  schlieszen :  1)  dasz  Luk.  als  greis  einen  vertrag  gehalten 
hat;  ohne  an  den  schlusz  gelangt  zu  sein;  2)  dasz  er  denselben  Vor- 
trag nach  genau  einem  jähre  an  der  stelle,  wo  er  aufgehört  hatte, 
wieder  aufgenommen  und  zu  ende  geführt  hat;  3)  dasz  er  in  der 
Zwischenzeit  geschwiegen,  dh.  keine  vortrftge  gehalten  hat;  4)  viel- 
leicht auch ,  dasz  beide  vortrftge  an  einem  Dionysosfeste  gehalten 
worden  sind. 

Ad  1.  Um  die  Wahrscheinlichkeit  dieser  annähme  zu  prüfen, 
kommt  es  darauf  an  zu  erfahren,  welche  art  von  vertrag  Luk.  hier 
meint,  wir  wissen,  dasz  er  vor  seinem  vierzigsten  jähre  freie  sophi- 
stische declamationen  gehalten  hat,  darauf  sich  entschieden  von 
dieser  art  der  rhetorik  abgewandt;  und  spftterhin  seine  zahlreichen 
komischen  dialoge  und  briefe  vorgetragen  dh.  vorgelesen  hat  (vgl. 
Apol.  c.  1  TÖ  cuTTPctMliCt  dv  TToXXi^  TrXriGei  bcixÖ^v).  das  wort 
dTTibeiEic,  welches  er  Her.  7  von  seinen  vortragen  gebraucht,  be- 
zeichnet, und  zwar  ganz  besonders  bei  Luk.,  alle  arten  von  öffent- 
lichen vortragen ,  also  ebenso  wohl  freie  reden  als  auch  Vorlesungen 
(Pisc.  6.  Prom.  in  yerbo  2)  und  musikalische  vortrftge  (Harm.  2) 
und  anderes,  dasz  nun  Luk.  nach  seinem  40n  jähre  wiederum  freie 
vortrage  nach  art  der  wanderredner  gehalten  habe,  ist  eine  voU- 
ständig  aus  der  luft  gegriffene  behauptung,  welche  gleichwohl  6in 
biograph  des  Luk.  immer  dem  andern  nachgesprochen  hat  (vgl.  noch 
Croiset  'essai  sur  Lucien'  [1882]  s.  38) ;  in  seinen  Schriften  findet  sich 
davon  kein  wort',  ja  seine  entschiedene  abkehr  von  dieser  art  im  reifen 

^  ebenso    wenig   von  einem   aufenthalt   des  Luk.  in  Antiocheia  in 
Syrien,   von  dem  äuidas  berichtet:   fjv  hi  oOtoc  tö  irpiv  bucriiföpoc  ^v 

37* 


564  AThimme:  zwei  festvorleaungen  des  Lokianos. 

mannesalter  verbietet  uns  es  anzunehmen,  wir  dürfen  uns  also 
unter  den  dTiibeiEcic  desLuk.in  seinem  spätem  leben  nur  vorlesangen 
denken. 

Ad  2.  Wenn  es  nun  eine  schrift  war,  die  Luk.  vortrug,  und 
nicht  eine  freie  rede ,  so  ist  daran  schon  nichts  wunderbares  mehr, 
dasz  der  greis  im  folgenden  jähre  genau  bei  dem  worte  fortfahren 
konnte,  wo  er  im  vorigen  aufgehört  hatte,  nur  ist  die  frage,  ob  zwei 
Vorlesungen  überhaupt  denkbar  sind,  die  zwei  unmittelbar  zusammen- 
gehörige bücher  oder  capitel  einer  und  derselben  schrift  enthalten, 
aber  durch  den  Zeitraum  eines  Jahres  getrennt  sind,  dies  scheint  mir 
allerdings  auch  nur  dann  möglich,  wenn  der  erste  Vortrag,  das  erste 
buch  enthaltend,  innerhalb  des  betreffenden  Jahres  in  den  buch- 
handel  kam  und  somit  der  Schriftsteller  voraussetzen  konnte ,  dasz 
sich  dasselbe  in  den  bänden  seiner  zuhörer  befand :  denn  dasz  Lnk. 
beide  male  vor  demselben  publicum  sprach,  kann  nicht  bezweifelt 
werden,  sonst  hätte  die  fabel  überhaupt  keinen  sinn. 

Nun  findet  sich  unter  sämtlichen  Schriften  des  Lnk.  nur  eine 
einzige,  die  in  zwei  bücher  geteilt  ist ,  an  welche  wir  hier  also  allein 
denken  können :  das  ist  die  'AXil9f|C  icTOpia.  ein  grund  für  die  Zwei- 
teilung gerade  dieser  schrift  liegt  nicht  etwa  in  ihrer  ausdehnung,  da 
sie  in  dieser  hinsieht  vom  Hermotimos  und  von  den  totengesprächen 
erheblich  übertroffen  wird,  ich  finde  in  der  that  keine  andere  er- 
klärung  hierfür  als  die  annähme,  dasz  der  erste  teil  als  monobiblos 
zuerst  allein  vom  Verfasser  herausgegeben  ist.  ABaar  (zs.  f.  d.  Ost. 
gymn.  1885  s.  95)  hat  sich  freilich  gegen  diese  ansieht,  die  ich  im 
wesentlichen  bereits  in  meinen  'quaestionum  Lucianearnm  capita  IV' 
(Göttingen  1884)  entwickelt  habe,  ausgesprochen,  er  klammert  sich 
dabei  an  einzelne  worte  und  meint;  ein  buch,  welches  mit  den  worten 
TaCra  jii^v  TOt  Karä  Tf)v  vtico^axiav  T€vö|i€va  schlieszt,  könne 
nicht  als  monobiblos  herausgegeben  sein,  ganz  recht,  aber  ich  be- 
haupte auch  nicht,  das/,  dasselbe  in  unserm  jetzigen  Luk.-tezte  auch 
noch  als  monobiblos  vorliege,  selbstverständlich  hat  das  erste  buch 
der  'AX.  icT.  eine  gewisse  redaction  erlitten,  als  das  zweite  daza 
kam.  wenn  aber  bei  dieser  redaction  in  den  schlusz  des  ersten 
buches  auch  nur  jenes  fii^v  gelangte,  welches  Baar  durch  gesperrten 
druck  hervorhebt,  so  steht  in  den  übrigen  worten  nichts  mehr  im 
wege  an  eine  monobiblos  zu  denken:  denn  der  schlusz  auch  des 
zweiten  buches  ist  dann  um  nichts  befriedigender,  wenn  es  heiszt: 
TauTtt  iLifev  oöv  TOI  M^XPi  Tfjc  ii^pac  ff\c  cuv€V€xWvTa  jülOl  4v  Tfl 
OaXdiTij  .  .  Tct  b'  im  ttJc  yf\c  iv  toTc  Öfic  ßißXioic  bifiT^cofiat. 

*AvTiox€{q(.  diese  worte  beruhen  Icdif^licli  auf  einer  verwecbslong  mit 
LukiunoH  Martyr,  dem  prcsbyter  in  Antiocheia.  und  um  das  quid  pro 
quo  vollständig  zu  machen«  lUszt  Suidas  anderseits  den  Lakianos 
Martyr  aus  Samosata  stammen,  diesem  Schlüsse  konnte  Snidat  nicht 
widerstehen,  da  ja  sowohl  der  prleichnamij^e  spötter  als  auch  der  vor- 
(^ängor  des  Luk.  Martyr,  Paulos,  aus  Samonata  waren,  die  übrif^ea 
fünf  kirchenschriftsteller,  welche  den  Luk.  Martyr  erwähnen,  berichten 
davon  nichts. 


AThimme:  zwei  festvorlesungen  des  LukUnoe,  665 

diese  worte  sehen  vielmehr  so  aus ,  als  habe  Luk«  gehofft  vielleicht 
€ic  v^uüTa  noch  mehr  Münchhaasiadexi  zu  erzählen,  femer  verlangt 
Baar,  dasz  dann  doch  dem  zweiten  buche  ein  orientierendes  Vorwort 
hätte  vorausgeben  müssen,  ganz  recht:  dasselbe  ist  auch  vorhanden, 
nur  nicht  vor  buch  II,  sondern  es  muste,  wenn  beide  bttcher  heraos- 
gegeben  waren ,  vor  buch  I  zu  stehen  kommen,  es  sind  die  4  ersten 
capitel,  die  Luk.  nach  meiner  ansieht  erst  mit  der  gesamtansgabe 
der  'AXii6f)c  icTopia  verfaszt  hat.  in  diesen  4  capiteln  wendet  sich 
Luk.  auch  nicht  an  zuhörer,  sondern  an  einen  leser  im  allgemeinen 
(vgl.  c.  2.  4). 

Es  diente  also  die  prolalie  Dionysos  als  einleitung  des  zweiten 
buches  der  'AX.  icT. ,  wttbrend  das  erste  genau  ein  jähr  früher  vor- 
gelesen war,  ohne  dasz  andere  Vorlesungen  dazwischen  gelegen 
hätten. 

Ad  3.  Dies  letztere  klingt  vielleicht  besonders  widersinnig,  da 
es  doch  scheint,  dasz  Luk.  die  gewohnheit  hatte  seine  Schriften 
öffentlich  vorzulesen,  allein  eine  andere  steUe  belehrt  uns,  dasz  er 
in  der  that  bei  beginn  seines  alters  den  Vorlesungen  völlig  entsagt 
hatte ,  vgl.  Her.  7  ^.jioi  bk  f|viKa  iT€pl  rfic  beOpo  TTOpöbou  TaÜTfic 

dCKOTTOUjLlllV   TTpÖC  djLiaUTÖV ,  cf  jÜlOt  KaXuUC  ^X^l  TT)XlKl{^b€  dvTt  Kttl 

TTdXai  Tüav  dTiibciEeuiv  TTeTraufi^vqi  aOOic  imip  ifiauToO  i|if)90v 
bibövai  TocouTOic  biKacTQic.  zugleich  entnehmen  wir  diesen  werten, 
dasz  er  an  eben  dem  tage,  an  welchem  er  diese  prolalie  Herakles  sprach, 
zum  ersten  male  seit  langer  zeit  wieder  mit  einer  Vorlesung  auftrat. 
wie  aber  aus  der  vorhin  behandelten  stelle  des  Dionysos  zu  wenig, 
so  hat  man  aus  dieser  zu  viel  geschlossen,  man  hat  geglaubt,  diese 
worte  deuteten  an,  dasz  Luk.  wieder,  wie  in  der  zeit  vor  seinem 
40n  jabre ,  als  wandernder  sophist  umhergezogen  sei.  man  hat  sich 
eben  mit  der  landläufigen  bedeutung  des  wertes  dtribeiEiC  begnügt 
und  nicht  beachtet,  dasz  hier  nur  von  Vorlesungen  die  rede  sein 
kann ,  denn  solche  hat  Luk.  in  der  that  vorher  gehalten,  aber  auch 
dasz  er  sich  etwa  von  nun  an  wieder  häufiger  öffentlich  habe  hören 
lassen,  ist  aus  den  werten  aOOic  ÖTT^p  djiauToC  Hif)q)OV  bibövai  nicht 
zu  entnehmen;  im  gegenteil  weisen  die  worte  lT€pi  Tf)c  bcCpo 
TTapobou  TauTTic  durchaus  nur  auf  das  'jetzige,  heutige'  auf- 
treten hin.* 

Wir  haben  also  nachricht  von  zwei  Vorlesungen  des  Luk.  in 
seinem  greisenalter.  von  diesen  beiden  ist  diejenige,  welche  durch 
den  Herakles  eingeleitet  wurde,  nach  seinen  unzweideutigen  werten 
jedenfalls  die  erstere  gewesen,  in  der  zweiten,  mit  dem  Dionysos 
verbundenen  Vorlesung  aber  weist  Luk.  auf  eine  frühere  hin  und 
gibt  zu  verstehen,  dasz  er  in  der  einjährigen  Zwischenzeit  nicht 
öffentlich  gesprochen  habe,  ich  ziehe  daraus  den  schlusz,  dasz  die 
andeutuDgen  des  Dionysos  sich  auf  den  Herakles  direct  beziehen  und 

'  dieser  gebrauch  von  oi3TOC  nach  dem  nomen  ist  dem  Luk.  eigen- 
tümlich und  hat  ganz  besonders  die  bedeutung  eines  hinweises  auf  den 
vorliegenden  fall:  vgl.  Jacobitz  zu  Timon  6. 


566  AThimme:  zwei  festvorlesungen  des  LukianoB. 

dasz  also,  wie  dem  Dionysos  das  zweite  buch,  so  dem  Herakles  das 
erste  buch  der  'AXiiGf)c  icTopia  als  Vorlesung  nachfolgte. 

Ad  4.  Luk.  trat  also  nur  ausnahmsweise  an  einem  bestimmten 
tage  zweier  auf  einander  folgender  jähre  auf.  die  bisherige  an- 
nähme;  dasz  der  alte  Luk.  wahrscheinlich  arm  geworden  und  des- 
halb des  erwerbs  halber  wieder  aufgetreten  sei ,  fällt  damit  in  sich 
zusammen,  damit  ist  aber  von  vom  herein  wahrscheinlich,  dasz 
jener  wiederkehrende  tag  ein  festtag  war,  und  ich  glaube  denselben 
aus  verschiedenen  stellen  als  Dionysischen  festtag  zu  erkennen, 
schon  die  angäbe ,  dasz  die  indischen  greise  an  einem  Dionjsosfeste 
(£opTä2^ovT€C  Tqj  Ocui)  aus  jener  quelle  tranken ,  weist  darauf  hin, 
auszerdem  aber  zahlreiche  andeutungen,  die  sich  in  der  prolalie 
Dionysos  finden,  es  sind  freilich  solche  anspielungen  schon  deshalb 
natürlich,  weil  die  ganze  kleine  schrift  über  den  Dionysos  handelt; 
aber  in  solcher  anzahl  würden  sie  abgeschmackt  sein ,  wenn  nicht 
auch  die  zuhörer  des  Luk.  gerade  ein  Dionysosfest  feierten,  so  wSre 
ohne  diese  feine  beziehung  ein  ganz  müsziger  zusatz  die  parenthese 
in  c.  1  KUüXüei  Totp  otib^v,  ol^ax,  Kai  pCOcv  u^Tv  biiiTr)cac8ai  Baicxi- 
k6v.  vgl.  c.  5  dXXd  ti  rrpöc  töv  Aiövucov  6  Aiövucoc  outoc;  cTttoi 
TIC  fiv.  ferner  die  aufforderung  an  die  zuhörer  in  c.  5  £KßaKX€U€iv 
KQi  auTOUC  usw.  was  sollten  endlich  die  werte  c.  6  dO^Xui  xat  dXXo 
u^iv  biTiTT|cac9ai  ti  tujv  ^kcTGcv,  ouk  äTTpocbiövucov  oöb* 
auTÖ,  oöb'  (Lv  TTOioG|i£v  dXXÖTptov.  dieses  irotoG|i€V  kann 
sich  hier  nicht  auf  den  redenden  allein  beziehen,  da  der  singular 
dOAui  unmittelbar  vorhergeht,  es  kann  also  nur  heiszen:  'die  ge- 
schieh te  handelt  auch  von  Dionysos  und  passt  also  zu  dem  was  wir 
heute  treiben.' 

Vielleicht  also  war  Luk.  von  einem  angesehenen  manne  oder 
den  Studenten  veranlaszt  worden  bei  feierlicher  gelegenheit  diese 
proben  seiner  komischen  erfindung  und  eleganten  darstellung  zu 
geben,  dann  würde  sich  die  formelle  Sonderstellung  erklären,  welche 
sowohl  ^Dionysos'  und  ^Herakles'  als  besonders  auch  die  'AXr)Of|C 
icTOpia  unter  den  Schriften  des  Luk.  einnehmen.  Dionysos  und 
Herakles  nur  in  sofern ,  als  sie  die  einzigen  XaXial  des  Luk.  sind, 
welche  zu  der  Überschrift  in  den  hss.  die  ausdrückliche  bezeicbnung 
TrpoXaXia  setzen;  die  'AX.  icT.,  weil  dies  die  einzige  nicht  rhetorische 
schrift  von  Luk.  ist;  die  weder  in  dialog-  noch  in  briefform  abge* 
faszt  ist.  diejenigen  nicht  rhetorischen  stücke ,  welche  nicht  unter 
diese  beiden  kategorien  gehören ,  sind  nemlicb  sämtlich  ohne  frage 
unecht  es  sind:  1)  Trepi  TOÜ  jiif)  pcjtbiuic  TTiCTCueiv  biaßoX^.  2)  irept 
Tf)c  Cupinc  OcoO.  3)  ATmocG^vouc  i-fKibynov.  4)  irepl  Oucii&v. 
5)  Tiepi  dcTpoXoYinc.  6)  Trepi  tt^vGouc.  7)  Aoukioc  f\  dvoc.  dazu 
kommt  noch  AimiÄvaKTOC  ßioc,  welche  schrift  ebenfalls  in  der  er- 
haltenen form  keinesfalls  von  Luk.  herrührt,  diese  Sonderstellung 
der  'AX.  icT.  ist  ein  anzeichen  dafür,  dasz  sie  bei  besonderm  anlasz 
verfaszt  und  vorgelesen  worden. 

Verden  an  der  Aller.  Adolf  Thimme. 


GFaltin:  sn  Horatins  efnsteln  [1 11].  567 

76. 

ZU  HORATIÜS  EWSTELN. 


Im  j.  1863  schrieb  Lehrs  in  diesen  jahrb.  s.  640:  'die  elfte 
epistel  [des  Horatius]  zu  verstehen  Quid  tibi  visa  Qdas  —  wird 
nimmermehr  gelingen.'  in  seiner  ausgäbe  des  diehters  (1869) 
wiederholt  er  den  satz  und  die  begrttndong  und  anterwii:ßi  dieselbe 
einer  nach  prüf ung;  aber  er  bleibt  dabei,  dass  der  vorliegende  Zu- 
sammenhang und  die  üblichen  auffassungen  unsinnig  seien,  nach 
bekanntem  recept  hat  er  das  gedieht  auf  17  yerse  beschrftnkt  und 
erklärt;  dasz  der  torso  für  sehr  hübsch  zu  halten  sei.  dasi  man  nun 
für  diese  ausgeburt  der  Lehrsschen  kritik  sich  nicht  begeistert 
hat,  ist  wohl  natürlich ;  dasz  man  aber  sonst  für  seine  ausfiUmingen 
sehr  wenig  Verständnis  gezeigt  hat,  darf  man  doch  bedauern, 
wenn  man  auch  die  epistel  für  recht  wohl  verständlich  und  gar 
nicht  schwer  zu  fiissen  hält,  so  musz  man  gleichwohl  Lehrs  recht 
geben ,  dasz  man  bei  der  üblichen  erklärung  von  Voraussetzungen 
ausgeht,  die  notwendig  zu  Widersprüchen  führen,  diese  Voraus- 
setzungen bestehen  1)  darin  dasz  die  verse  7 — 10  von  Hör.  dem 
gedanken  nach  aus  einem  briefe  des  Bullatins  entnommen  seien; 
2)  dasz  Bullatius  verbannt  und  es  ihm  nicht  vergOnnt  sei  die  heimat 
wieder  zu  sehen,  beide  Voraussetzungen  sind  ganz  wiUkttrlich  und 
führen  nur  zu  Verwirrung. 

Zunächst  die  frage:  was  soll  wohl  der  brief  enthalten  haben, 
aus  dem  Her.  die  vier  genannten  verse  ihrem  sinne  nach  entnommen 
hat?  hat  ihm  Bullatius  mitteilungen  über  seine  reisen,  seine  erfah- 
rungen  und  seine  Stimmung  gemacht,  so  sind  die  fragen,  durch  welche 
unser  brief  eingeleitet  wird,  sinnlos :  denn  Hör.  mttste  sich  dieselben 
aus  den  mitteilungen  des  freundes  selbst  beantworten  können,  diesem 
briefe  aber  einen  andern  inhalt  zu  geben  verbieten  die  verse,  die 
nach  seinen  angaben  gedichtet  sein  sollen,  die  annähme  also  eines 
briefes  des  Bullatius  an  Hör.  widerstreitet  der  anläge  der  epistel. 
indes  wir  wollen  den  zahlreichen  und  nicht  unbedeutenden  Ver- 
tretern dieser  ansieht  doch  noch  einen  schritt  entgegenkommen  und 
einen  solchen  brief  voraussetzen,  was  gewinnen  wir ,  indem  wir  die 
bezeichneten  verse  (7 — 10)  als  aus  dem  sinne  des  Bullatius  geschrie- 
ben glauben,  für  das  Verständnis  der  epistel?  nichts  als  Verwirrung. 
auf  die  frage  des  Hör.  'oder  findest  du  an  Lebedus  gefallen  aus  über- 
drusz  an  der  seefahrt?'  würde  Bullatius  antworten:  *du  weiszt,  was 
Lebedus  ist :  ein  ort  Oder  als  Oabii  und  Fidenae ;  gleichwohl  wollte 
ich  (veUem)  dort  leben  und  der  meinen  vergessend  und  von  ihnen 
vergessen  fern  vom  festland  dem  toben  der  see  zuschauen.'  ich  will 
keinen  äugen  blick  damit  verlieren  darzulegen,  wie  mattherzig  der 
gedanke  eingeleitet  ist,  er  bringt  uns  sogleich  in  Verlegenheit  wegen 
des  Sinnes,  es  ist  nicht  überflüssig  zu  erinnern,  dasz  vettern  einen 
durch  die  Verhältnisse  unerfüllbaren  wünsch  bezeichnet:  denn  selbst 


568  GFaltin:  zu  Horatius  episteln  [I  11]. 

ein  mann  wie  Lebrs  war  im  stände  za  schreiben  (ausgäbe  s.  CLXVI), 
BuUatius  habe  Hief  melancboliscb  geklagt,  er  sei  des  sacbens  und  des 
reisens  so  müde,  dasz  er  in  dem  neste  Lebedus  wolle  sitzen  bleiben'. 
diese  aus  dem  j.  1863  stammende  ausfUbrnng  hat  er  1869  zwar 
nicht  verbessert,  aber  doch  in  der  neuen  auseinandersetznng 
(s.  CLXIX)  das  bewustsein  der  richtigen  deutung  gezeigt,  der  sinn 
wäre  nun  also:  'ich  Bullatius  hätte  wohl  lust  in  dem  elenden  Lebedus 
aus  furcht  vor  seestürmen  zu  bleiben,  aber  die  umstände  gestatten 
es  nicht.'  soll  uns  aber  die  vorliegende  epistel  für  ein  kunstwerk 
gelten  —  wir  müssen  sie  doch  wohl  dafür  halten,  bis  uns  das  gegen- 
teil  sich  als  notwendig  erweist  —  so  müssen  wir  billig  nach  den  um- 
ständen fragen,  die  den  wünsch  des  Bullatius  untersagen,  indes 
darauf  gibt  uns  die  epistel  keine  antwort.  nehmen  wir  an^  dasz 
Bullatius  aus  eignem  entschlusz  reiste,  so  bleibt  uns  diese  unmög- 
lich keit  unerklärlich ;  folgen  wir  selbst  der  üblichen  erklärung,  dasz 
er  verbannt  war,  so  erfahren  wir  auch  kein  wort,  dasz  er  an  einen 
bestimmten  ort  gewiesen  war,  sondern  aus  den  fragen  des  Her. 
(v.  1 — 5)  geht  deutlich  hervor,  dasz  seine  wähl  frei  und  unbe- 
schränkt war.  doch  das  ist  nicht  die  einzige  Verlegenheit,  in  welche 
uns  dieser  unerfüllbare  wünsch  des  Bullatius  bringt.  Hör.  ist  in  den 
folgenden  versen  (11 — 16)  eifrig  bemüht  den  gedanken  in  Lebedus 
zu  bleiben  seinem  freunde  auszureden,  man  begreift  nicht  warum, 
die  verse  sind  unter  gedachter  annähme,  dasz  Bullatius  zwar  in  Lebedus 
zu  leben  wünsche,  aber  nicht  dürfe,  ganz  überflüssig,  damit  ergibt 
sich  die  annähme  selbst  als  verfehlt  und  verwerflich. 

Die  zweite  Voraussetzung ,  die  sich  bei  vorurteilsfreier  prflfung 
als  Irrlicht  zeigt,  ist  die  dasz  Bullatius  verbannt  gewesen  sei,  ein 
falscher  schlusz  aus  v.  17  {incolumi)  und  v.  20  (dum  licet  ac  vcUum 
servat  Fortuna  henignum).  er  wird  widerlegt  durch  die  nicht  mis- 
zuverstehenden  verse  22 — 30.  Hör.  rät  dem  freunde,  wo  er  auch 
immer  sei ,  dankbar  den  augenblick  zu  genieszen.  er  belehrt  ihn, 
dasz  Vernunft  und  besonnenheit  die  sorgen  vertreiben,  nicht  berliche 
aussichtsplätze ,  dasz  man  durch  reisen  wohl  die  gegend,  nicht  aber 
die  seele  ändere,  vor  allem :  er  nennt  das  reisen  des  Bullatius  einen 
geschäftigen  müsziggang,  er  tadelt  das  streben  auf  schiff  und  Vier- 
gespann dem  glück  nachzujagen,  das  glück  sei  überall  zu  finden^  in 
Rom  y  in  Ulubrae ,  wenn  es  nur  am  Seelenfrieden  nicht  fehle,  wie 
könnte  der  dichter  das  reisen  des  Bullatius  einen  geschäftigen 
müsziggang  nennen,  wenn  Bullatius  verbannt  wäre?  wie  könnte  er 
ihm  vorhalten,  dasz  man  durch  reisen  die  gegend,  aber  nicht  die  seele 
ändere?  wie  ihn  auf  Seelenfrieden  als  die  einzige  quelle  des  gl  Ucks 
verweisen,  wenn  die  bürgerliche  Stellung  des  Bullatius  er^httttert 
wäre?  nein,  Bullatius  leidet  an  der  krankheit  des  von  genttssen  and 
Ireuden  übersättigten,  an  Pflichtgefühl  und  Charakter  verarmten 
Zeitalters,  die  Seneca  {de  tranq.  animi  2,  12  f.)  beredt  zu  schildern 
weisz:  proprium  acgri  est  nUiil  diu  pati  et  muiationibus  ui  re9i^üs 
uti.   inde  percgrinationes  suscipiuntur  vagae  ei  miüe  orae  pererraniyr^ 


GFaltin:  zu  Horatiiii  epiiteln  [1  11].  569 

et  modo  tnari  se  modo  terra  experU/wr  «emfier  praeseniihuB  infesta 
levitas,  nunc  Campaniam pektmua*  tarn  ddkaia  fasHdio  amU:  tfi- 
cuUa  videantur,  Bruttios  et  Lucaniae  saUus  pene^numiur  nsw*  wenn 
wir  von  diesem  gesichtsponkt  bei  der  erklärung  ausgehen,  werden 
wir  finden  dasz  die  verse  17 — 21  gerade  anfe  gegenteil  zu  deuten 
sind,  sie  besagen,  dasz  BuUatius  in  seiner  bttrgerlidien  Stellung  un- 
angetastet und  in  seinen  entschlttssen  nur  von  seinem,  freilich  kran- 
ken ,  gemüt  abhängig  sei. 

Der  dichter  schreibt  also  an  seinen  freund  Bullatius,  den  sein 
unruhiges  und  unzufriedenes  gemttt  in  die  ferne ,  in  die  herliohen 
landschaften  Eleinasiens  getrieben  hat,  um  dort  das  glück  der  er- 
holung  und  Zufriedenheit  zu  finden,  es  ergibt  sich  somit  folgende 
gedankenreihe:  'welchen  eindruck  hat  Chios,  das  berühmte  Lesboe, 
das  elegante  Samos,  Smyma  und  Eolophon  auf  dich  gemacht? 
stehen  sie  über  oder  unter  ihrem  ruf?  Terechwinden  sie  alle  vor 
dem  Marsfeld  und  dem  Tiberisstrom  oder  scheint  dir  doch  6 ine  von 
den  Attalischen  stftdten  Wunsches  wert?'  das  heiazt  doch,  wenn  ich 
recht  verstehe:  ^sehnst  du  dich  nach  Rom  zurück  oder  hast  da  etwaa 
besseres  gefunden?'  dasz  Hör.  letzteres  glaube«  klingt  nicht  gerade 
heraus,  sein  Unglaube  verrftt  sich  noch  deutlicher  durch  folgende 
frage :  'oder  findest  du  an  Lebedus  gefollen  aus  überdrusz  an  der 
Seefahrt?'  hier  stocken  wir  allerdings,  wie  sind  die  verse  7 — 10 
aufzufassen?  jedenfalls  als  werte  des  Hör.,  doch  nicht  in  der  weise 
wie  es  bisher  üblich  war:  denn  die  ist  allerdings,  wie  I^hrs  sagt, 
keiner  berücksichtigung  wert.  Hör.  kann  nicht  geschrieben  haben : 
'du  weiszt,  Bullatius,  was  Lebedus  ist,  ein  ort  öder  als  Oabii  und 
Fidenae;  gleichwohl  wollte  ich  dort  leben  und  der  meinen  vergessend 
und  von  ihnen  vergessen  fem  vom  sichern  Strand  auf  die  tobende 
see  schauen.'  diese  ansieht  gäbe  wieder  nur  wirrsal.  denn  wie 
käme  denn  Hör.  zu  dem  wünsche  in  dem  Oden  Lebedus  leben  zu 
wollen?  wie  käme  er,  der  sich  in  der  heimat  befindet  und  keinen 
fusz  gerührt  hat  und  rühren  will,  dazu  für  seine  person  den  seesturm 
^.fi^**thten  und  vor  demselben  in  Lebedus  schütz  zu  suchen?  und 
in  welcher  absieht  sollte  er  dies  bekenntnis  an  Bullatius  machen, 
dessen  reisen  er  als  einen  geschäftigen  müsziggang  bezeichnet? 
überdies  wie  würde  sich  dieser  wünsch  zu  der  folgenden  abmahnung 
reimen  ?  nein ,  sowohl  im  sinne  des  Hör.  als  im  sinne  des  Bullatius 
musz  der  wünsch  in  Lebedus  zu  leben,  um  selbst  auf  kosten  jeder 
Verbindung  mit  den  seinen  vor  den  gefahren  der  see  bewahrt  zu 
bleiben,  als  ein  Widersinn  erscheinen  und  —  er  musz  auch  vom 
dichter  als  ein  widersinniger  und  unbegreiflicher  hingestellt  worden 
sein,  es  kostet  in  der  that  wenig  mühe  diese  auffassung  zu  gewinnen, 
indem  man  hinter  furentem  ein  fragezeichen  stellt  und  ebenso  sds 
als  frage  faszt.  *    durch  die  erste  frage  wird  die  unpassende  voraus- 

^  den  rat  dazu  hat  Lehrs  8.  CLXXIII  schon  yor  swaniig  jähren 
gegeben,  er  selbst  bat  seinen  gedanken  nicht  ausgeführt,  der  freilich 
die  Voraussetzungen  seiner  'sehr  hübschen  epistel'  yollständig  aufhebt. 


570  GFaltin:  zu  Horatins  episteln  [I  11]. 

Setzung  beseitigt,  dasz  Bullatios  Lebodns  kennen  gelernt  habe,  was  Hör. 
nicht  voraussetzen  konnte,  denn  y.  1 — 5  zeigen  an  daszBnllatius  sinn 
nur  nach  dem  interessantesten  stand;  auch  v.  26  lehrt,  dasz  nur  das 
schönste  und  bedeutendste  ihn  angezogen ,  ein  ort  wie  Lebedus  aber 
nicht  zu  seinen  zielen  gehört  habe,  die  zweite  frage  stellt  den  wünsch 
in  Lebedus  zu  bleiben  als  eine  seltsame  verirrung  hin,  und  um  den  ton 
des  Vorwurfs,  der  darin  liegt,  zu  mildem,  stellt  Hör.  in  seiner  höflichen 
weise,  in  der  er  sich  öfter  als  mit  den  fehlem  und  mlingeln  seiner 
freunde  behaftet  darstellt  —  vgl.  v.  28  strenua  nos  exercet  inertia 
—  die  frage  in  der  ersten  person,  meint  aber  selbstverständlich 
Bnllatins.  wir  können  also  übersetzen:  Veiszt  du,  was  Lebedus  ist? 
ein  ort  öder  als  Oabii  und  Fidenae;  gleichwohl  sollte  ich  dort  zu  leben 
wünschen  und  vergessend  die  meinen  und  von  ihnen  vergessen  fem 
vom  lande  auf  das  toben  der  see  schauen?'   die  Ungeheuerlichkeit 
sich  in  Lebedus  aus  angst  vor  der  see  zu  verkriechen  wird  durch  die 
grösze  des  opfers,  sich  von  allen  lieben  für  immer  zu  trennen,  nach- 
drücklich hervorgehoben,    wenn  wir  noch  einmal  den  sinn  kurz  zu- 
sammen&ssen,  so  schlieszen  die  verse  5 — 10  sich  an  1 — 4  in  fol- 
gendem Zusammenhang  an:  'hast  du  das  ziel  deiner  wünsche  in  den 
glttnzenden  städten  Asiens  gefunden  oder  sehnst  du  dich  nach  Roms 
herlichkeit  zurück?   oder  hat  dich  die  see  so  mürbe  gemacht,  dasz 
du  selbst  die  rückkehr  zu  den  deinen  vergessen  willst?'   die  reise- 
Unlust,  meint  also  Hör.,  halte  Bullatius  nicht  blosz  ab  nach  der 
bessern  heimat,   in  der  die  sorgen  ruhe  finden  sollten,  weiter  zu 
suchen,  sondern  treibe  ihn  dazu  auch  jede  beziehung  zur  alten  abzu- 
brechen, beide  möglichkeiten  beklimpft  Hör.  und  insofern  vor  allem 
den  gedanken  sich  in  eine  menschenleere  einöde  mißvergnügt  zurück- 
zuziehen, was  ihm  als  das  allerschlimmste  loos  erscheint,  dem  der 
freund  anheimfallen  könnte,  indem  er  ausführt  (v.  11 — 16):  'doch 
wer  von  Capua  nach  Rom  geht,  wird  nicht,  wenn  er  sich  vor  Un- 
wetter in  einem  kruge  geborgen  hat,  in  ihm  leben  wollen;  ebenso 
wenig  lobt;  wer  sich  erkältet  hat,  warme  Öfen  und  bttder  als  die 
sichersten  mittel  des  glucks ;  darum  also  (iddrco)  darfst  d u ,  sollte 
dich  ein  kriiftiger  süd  auf  der  see  geschüttelt  haben,  dein  schiff  nicht 
jenseit  des  ägäischen  meeres  verkaufen.'     das  erste  beispiel  weist 
deutlich  auf  das  ersehnte  reisezieh  die  schlnszfolge  auf  die  heimkehr. 
denn  diese  worte  sind  kein  beispiel,  wie  zuletzt  noch  Krüger,  Schütz, 
Orelli-Hirschfelder  meinen,  sondern  die  nutzanwendung  der 
beidengleichnisse  {idcirco)  auf  Bullatius,  eine  wamung  die  rück- 
kehr sich  unmöglich  zu  machen,  es  klingt  daraus  der  wünsch  hervor, 
der  freund  möge,  wenn  er  keine  lust  habe  dem  ersehnten  ziele  nach- 
zugehen, doch  wenigstens  zurückkehren.    *war  deine  reise  umsonst, 
nun  so   komm  wenigstens  zurück,    und'  so  ffthrt  Hör.  fort  'wen 
nicht  das  Schicksal  in  die  ferne  hinaustreibt,  der  bleibe  lieber  daheim.' 
oder  mit  seinen  worten  (17 — 21):  'für  den,  der  seine  heimat  nicht 
verloren  hat,  hat  freilich  die  Schönheit  von  Rhodos  und  Mjtilene 
nicht  mehr  zu  bedeuten  als  ein  pelzrock  im  sommer,  der  schürz  im 


GFaltin:  zu  Horatins  epistdn  [1 11]«  571 

Schneesturm ;  ein  Tiberisbad  im  winter ,  der  ofen  im  joli.  so  lange 
man  in  Bom  sein  darf  und  das  sohioksal  doh  freundlich  zeigt ,  soll 
man  in  Bom  aus  der  ferne  Samos,  Chios  and  Bhodos  preisen.'  es  ist 
klar ,  dasz  BuUatius  vorgehalten  wird ,  er  habe  es  gar  nicht  nOtig  in 
die  ferne  zu  gehen;  er  der  keine  neue  heimat  za  suchen  habe,  weil 
er  seine  alte  nicht  verloren,  solle  heitern  mates  in  der  fbme  von  der 
herlicbkeit  Eleinasiens  reden,  sie  könne  ihm  persönlich  nicht  mehr 
bieten  als  die  heimat.  da  finde  er  auch  alles  was  er  zum  glttck  brauche, 
damit  ist  der  erste  teil  der  epistel  (1 — 21)  abgeschlossen,  man  kann 
seinen  inhalt  kurz  zusammenfassen  in  die  worte :  'in  der  ferne  findest 
du  das  glück  nicht.'  der  zweite  teil  (22 — 30)  spricht  den  andern 
gedanken  aus :  ^suche  es  in  dir  selbst.'  er  tritt  so  bestimmt  und 
deutlich  hervor,  dasz  nach  den  oben  gebotenen  erörterungen  der 
nfthere  nachweis  wohl  nicht  erforderlich  ist. 

Nur  noch  ein  wort  der  ab  wehr  ftlrHoratius  gegen  Lehrs,  derllber 
V.  25-— 28  bemerkt  (s.  CLxvu):  \  ^  sollen  wir  endlich  noch  in  den 
kauf  nehmen  eine  sentenz  wie  diese:  €wenn  vemnnft  und  klngheit 
die  sorgen  nimt,  nicht  ein  weit  ttber  das  meer  schauender  ort,  so 
ver&ndern  ja  diejenigen ,  die  ttber  das  meer  schiffen ,  den  himmel, 
nicht  ihren  sinn».'  der  satz  ist  gewis  kein  logisches  muster,  doch 
wem  sollte  es  schwer  fallen  die  verkttrzung  in  sinnentsprechender 
weise  auszufüllen?  Venn  vemunfb  und  klugheit  die  sorgen  nimt, 
nicht  ein  herlicher  blick  auf  die  see,  was  hilft  es  solche  stellen  aufra- 
suchen  und  gar  ttber  das  meer  zu  eilen,  weil  die  heimat  ihrer  nicht 
genug  oder  nicht  die  schönsten  bietet?  nur  den  himmel;  nicht  die 
seele  verändern,  die  ttber  das  meer  in  solcher  absieht  eilen.'  wie 
gering  ist  aber  dieser  logische  mangel  gegenttber  der  schneidenden 
unlogik,  mit  der  Lehrs  die  frage  auf  wirft:  'musz  man  denn,  um 
einen  das  meer  überschauenden  ort  zu  finden;  ttber  das  meer 
fahren  ?' 

Unser  ergebnis  ist  also  in  kttrze  folgendes:  Hör.  schreibt  an 
seinen  freund  BuUatius,  der  verstimmt  aus  der  heimat  nach  den 
schönen  städten  Eleinasiens  gezogen  ist,  um  sich  seine  sorgen  zu 
vertreiben.  Hör.  glaubt  nicht  an  einen  guten  erfolg  seiner  reise,  er 
fürchtet  im  gegenteil,  dasz  ihm  die  reise  bald  leid  werden  wird,  und 
dasz  er,  statt  in  jenen  herlichen  stttdten  sein  seelenglttck  zu  finden, 
bald  aus  überdrusz  in  dem  elendesten  flecken  sich  vergraben  und 
selbst  die  beimkehr  aufgeben  wird,  er  warnt  ihn  vor  diesem  extrem, 
drängt  ihn  zur  heimkehr;  denn  ihm,  einem  manne  dem  das  Schicksal 
die  heimat  nicht  geraubt,  könne  die  fremde  nicht  geben,  was  ihm 
nicht  auch  die  heimat  biete,  wenn  er  nur  für  sein  unruhiges  herz 
den  frieden  gewinne. 

Neu  BuppiN.  Gustav  Faltin. 


572  CJohn:  zum  dialogus  des  Tacitus. 

77. 

ZUM  DIALOGÜS  DES  TACITÜS.* 


c.  28  nam  pridem  suus  cuique  ßius  ex  casta  parente  fuUus  nan 
in  ceUuta  emptae  nutricis^  sed  gremio  ac  sinu  mcUris  educabatur^ 
cuiiLS  praecipua  laus  erat  iueri  domum  et  inservire  liberis.  digebatur 
autem  maior  aliqua  natu  propinqua^  cuius  probatis  spedatisg^ 
fnoribus  omnis  eiusdem  famüiae  suboles  cammitteretur,  caram  qua 
neque  dicere  fas  erat  quod  turpe  dictu  neque  facere  quod  inhonestum 
factu  videretur;  ac  non  studia  modo  curasque,  sed  remissiones  etiam 
lususque  puerorum  sanäitate  quadam  ac  verecundia  temperabat,  sie 
Corneliam  Gracchorum^  sie  Äurdiam  Caesaris^  sie  Atiam  Äugusti 
[matrem]  praefuisse  educationibi^  ac  produxisse  prindpes  liberos 
acc^imu^.  wie  wenig  die  erklärung  und  Überlieferung  dieser  classi- 
schen  stelle  feststeht,  davon  legen  die  kritischen  und  commentierten 
ausgaben  des  dialogus  beredtes  zeugnis  ab.  es  ist  die  rede  von  der 
republicanischen  kindererziehung,  der  als  bester  und,  wie  mir  scheint, 
nicht  gebührend  berücksichtigter  commentar  in  c.  29  das  bild  der 
monarchischen  gegenübertritt,  zwar  werden  nur  die  grundzüge  ent- 
worfen, aber  sie  genügen  vollkommen  zur  grellsten  beleuchtung 
jener  gegenstttze ,  die  das  wort  neglegentia  parentum  wie  in  ihrem 
brennpunkt  zusammenfaszt.    auf  der  einen  seite  die  pflege  und  er- 

*  von  den  in  meinem  programm  (Urach  1886)  veröffentlichten  emen- 
dationen  zam  dialog^us  nehme  ich  zwei  zu  g^onsten  der  äberlieferong 
zurück:  13,  20  (Halm)  habe  ich,  an  der  möglicbkeit  örtlicher  bedeotoni: 
von  Sacra  zweifelnd,  den  ausfall  von  loca  vermutet,  indes  ist  doch  die 
auffassung  'cultstätten'  im  allgemeinsten  sinne  wenigstens  ffir  die  ge- 
hobene spräche  zulässig  und  durch  den  begriff  des  gottgeweihten  betitz- 
tums  vermittelt:  vgl.  gegen  Cic.  de  har,  resp»  6,  9  loca  »aera  et  religiosa 
profana  haberi  zb.  Tac.  ann.  I  51,  4  profana  nmul  et  Sacra  (dh.  heilige 
haine)  .  .  solo  aequantur,  —  Faszt  man  ferner  c.  16  ae.  tos  ipsi  steigernd 
iH  'sogar  ihr  kunstredner,  geschweige  ich  und  andere  praktische  redner 
der  gegenwart',  so  wird  man  bei  der  Überlieferung  vos  .  .  recessistts 
stehen  bleiben  können.  —  Leider  hat  eine  reihe  traditioneller  text- 
fälscbungen,  deren  bekämpfung  ich  mir  ao.  angelegen  sein  liesz,  auch 
wieder  in  der  neuen  recension  von  Job.  Müller  aufiuihme  gefunden,  ich 
bin  dadurch  an  der  berechtigung  meiner  rettungen  nicht  irre  geworden, 
so  steht  mir  vor  allem  die  richtigkeit  der  Überlieferung  von  5,  11  et  ego 
und  die  notwendigkeit  einer  negativen  wendung  des  causalsatzet  (ver- 
mutlich quatenus  ar biter  .  .  inveniri  non  potuit)  auszer  allem  zweifei. 
Aper,  der  seinerseits  keinen  Schiedsrichter  begehrt  hat,  konnte,  selbst 
wenn  er  wirklich  die  ablehnung  des  Secundus  nicht  gelten  lassen  wollte, 
unmöglich  sagen  arbitrum  invenif  sondern  höchstens  intfentmus,  noch 
weniger  konnte  er  nunmehr,  nachdem  denn  doch  Secundus  onsweideotig 
und  entschieden  abgelehnt  hatte,  ohne  weiteres  seine  bereitwilUgkett 
als  selbstverständlich  {quatenus  ■»  quoniam)  voraussetzen,  am  allerwenig- 
sten aber  hieraus  das  recht  ableiten  selbst  {ego  enim)  in  die  tnstmctioQ 
des  processes  einzugreifen.  —  Auch  die  in  jabrg.  1887  dieser  zs.  s.  627  f. 
vorgetragenen  conjecturen  halten  vor  einer  genauem  prQfnng  des  zu- 
sammenhangd  nicht  stich:  vgl.  zu  den  beiden  ersten  meine  erörterungen 
im  corresp.-blatt  f.  d.  gelschulen  Württ.  1886  s.  360  und  666. 


CJohn:  zum  dialogns  des  Tadtos.  573 

Ziehung  der  kinder  in  der  hand  und  anfeicht  (tu  gnmo)  der  mutter, 
deren  rühm  es  ist  selbst  die  nationale  Bitte  und  zncht  auf  das  janjgfe 
geschlecht  fortzupflanzen,  auf  der  andern  in  den  h&nden  des  anwttr- 
digen  und  gewissenlosen  gesindes,  der  griechischen  wftrterin  und 
des  griechischen  pttdagogen;  dort  die  zielbewuste  erfQllung  der 
doppelten  erziehungsanfgabe,  ohr  und  äuge  der  kinder  vor  unsauber- 
keiten  zu  schützen  und  ihr  eignes  treiben ,  arbeit  sowohl  als  spiel, 
unter  die  zucht  einer  sittlichen  autorität  zu  stellen;  hier  die  schnöde 
Versäumnis  dieser  beiden  Verpflichtungen,  die  preisgäbe  der  kind- 
lichen Unschuld  und  die  gewöbnung  an  ungehorsam  und  dreistigkeit; 
dort  endlich  die  glänzenden  erziehungserfolge:  in  letzter  absii^t  die 
höchste  staatsmttnnische  und  rednerische  tttchtigkeit  und  zunächst 
jene  sittliche  festigkeit  und  Schwungkraft  der  seele,  welche  die  Vor- 
aussetzung ist  für  die  begeisterte  hingäbe  an  irgendwelches  ernste 
Studium;  und  hier  die  sittiiche  Vergiftung  und  die frtlhreife  blasiert- 
heit,  der  es  für  idealere  bildungszwecke  ebenso  sehr  am  können  wie 
am  wollen  gebricht,  aus  diesem  durchgeführten  parallelismus  ergibt 
sich  zuvörderst  m.  e.  unzweifelhaft,  dasz  jener  schütz  der  kinder  vor 
schlechtem  beispiel ,  auf  den  sich  der  satz  eoraim  qua  .  .  viäeretwr 
und  anderseits  die  werte  c.  29  nee  quisquam  in  Ma  domo  penH 
habet,  quid  coram  infante  domino  aui  dicat  aui  fadat  beziehen,  als 
ein  wesentliches  stück  der  erziehungsthStigkeit  erscheinen  soll. 
offenbar  soll  die  schuld  an  der  ungünstigen  Veränderung^  die  in 
diesem  punkte  eingetreten  war,  nicht  auf  diehausgenossen  und  deren 
gröszere  Schamlosigkeit  fallen,  sondern  auf  die  pflichtversäumnis  der 
eitern ,  die  einst  die  kinder  durch  sittliche  scheu  (sanctitcUe  quadam 
ac  verecundia)  erzogen  und  zugleich  vor  befleckung  behütet  hatten, 
jetzt  sie  der  sittenlosigkeit  untauglicher  Sklaven  überlieszen,  ja  sogar 
selbst  durch  ihr  beispiel  zu  ihrer  Verderbnis  beitrugen,  somit  muste 
in  jenem  Zusammenhang  die  achtunggebietende  gegenwart  der  er- 
zieberin ,  nicht  die  selbstverständliche  der  kinder  erwähnt  werden, 
dh.  coram  qua  kann  sich  nicht  &nf  suholes  beziehen. 

Ebenso  wenig  ist  es  möglich  diese  negative  seite  der  erziehungs- 
thätigkeit  von  der  im  nächsten  satz  ac . .  temperdbat  berührten  posi- 
tiven zu  scheiden,  also  durch  u mstellung  die  beiden  sätze  räumlich . 
zu  trennen  oder,  wie  fast  allgemein  geschieht,  sie  an  verschiedene 
Personen  zu  verteilen,  wer  die  eine  Obliegenheit  erfüllte,  dem  flel 
selbstverständlich  zugleich  die  andere  zu.  und  da  die  ganze  darstel- 
lung  augenscheinlich  darauf  abzielt,  die  sittenstrenge  mutter  als 
die  hüterin  der  altrömischen  zucht,  die  ehrfurcht  vor  ihr  als  die 
Wurzel  der  frühern  sittenreinheit  und  tüchtigkeit  erscheinen  zu  lassen, 
so  musz  bei  den  beiden  bethätigungen  des  sittigenden  einflusses  weib- 
licher autorität  {coram  qua  .  .  temperahat)  jedenfalls  auch  und 
schlieszlich  vorhersehend  an  die  mutter  gedacht  sein,  alsdann  kann 
sich  der  satz  sic%.  .  accepimi^,  der  die  glänzenden  beispiele  mütter- 
licher erziehung  einführt ,  ohn^  anstosz  an  der  stelle ,  wo  er  Über- 
liefert ist,  anschlieszen. 


574  CJobn:  zum  dialogus  des  Tacitus. 

Wie  verhält  es  sich  nun  aber  mit  jener  aasgewttblten  ftltem 
verwandten  und  dem  ihr  geltenden  satze,  der  das  über  die  mntter 
gesagte  in  so  störender  weise  zu  unterbrechen  scheint?  ist  sie  nnr 
eine  untergeordnete  wächterin  der  kinder  oder  die  stellvertreterin 
der  mutter?  offenbar  nur  das  letztere,  untergeordnetes  personal 
kannte  ja  auch  schon  die  gute  republicanische  zeit,  die  rOmische 
Wärterin  und  den  römischen  custos,  der  mutter  selbst  fiel  in  der 
regel  nur  die  leitung  und  controle  {praeesse  educationi)  zu.  wenn 
nun  an  der  stelle  jener  sklaven  oder  daneben  noch  eine  angehönge 
des  hauses  bestellt  worden  wäre  von  so  unbedingter  Vertrauens- 
würdigkeit, dasz  man  ihr  sogar  den  ganzen  nachwuchs  einer  mehr- 
fach verzweigten  familie  (vgl.  Marquardt  röm.  privatalt.  I  s.  56 
anm.  286)  anvertrauen  konnte,  was  wäre  denn  alsdann  für  die 
mutter  zu  thun  übrig  geblieben  ?  und  würde  nicht  ihr  verdienst  ge- 
flissentlich wieder  herabgesetzt,  wenn  hier  mitgeteilt  werden  sollte, 
dasz  doch  auch  schon  die  republicanische  mutter  sich  ihre  aufgäbe 
zu  erleichtem  verstanden  habe?  wie  nahe  lag  dagegen  die  berück- 
sichtignng  des  falles,  dasz  die  mutter  selbst  gehindert  war  das  er- 
ziehungswerk  zu  leiten,  und  wie  geschickt  liesz  sich  damit  ein  hin- 
weis  verknüpfen  auf  die  alte  cinfachheit  im  gegensatz  zur  neozeit, 
wo  das  einzelne  herrenkind  {infans  dominus)  sein  besonderes  per- 
sonal zu  ausschlieszlicher  dienstleistung  zugewiesen  erhält  und  doch 
dabei  so  schlecht  behütet  ist  I  soll  nun  diese  lediglich  stellvertretende 
bedeutung  der  mütterlichen  erzieherin  zu  unzweideutigem  ansdruck 
kommen,  so  ist  Meisers  leichte  emendation  und  Umstellung  aut 
digehatiMT  schwerlich  abzuweisen,  denn  mag  man  auch  die  über- 
lieferten Worte  eligebatur  atUem  pressen  und  entweder  deuten: 
^anderseits  kam  es  auch  vor  dasz'  oder:  'wählte  man  aber,  so  nahm 
man',  jedenfalls  bleibt  das  raisverständnis  möglich,  dasz  es  sich  nur 
um  eine  gehilfin  der  mutter  handle,  der  autor  dagegen  hält  offenbar 
auch  im  folgenden  an  der  Vorstellung  des  ansschlieszenden 
gegensatzes  fest  und  fuhrt  deshalb  im  sing,  fort  in  der  weise,  dasz 
er  bei  caram  qua  und  temperabat  sowohl  an  die  natürliche  ala 
eventuell  an  die  bestellte  erzieherin  denkt,  die  freiere  beziehung  von 
caram  qua  und  die  Verschiedenheit  der  beiden  relativsätze  ist  deut- 
lich genug  durch  den  Wechsel  des  modus  und  den  mangel  copulativer 
Verbindung  angedeutet. 

c.  33  nee quisquam  percipere  tot  aut  reconditas  tarn  varia$ 
res  potest.  wenn  an  der  eben  besprochenen  stelle  der  grund  zur  Ver- 
änderung der  Wortfolge  in  falscher  lesung  der  conjunction  zn  Sachen 
sein  mag ,  so  ist  anderswo  die  Verwirrung  vermutlich  durch  nach- 
trägliche ein-  oder  anfUgung  ausgelassener  werte  entstanden,  an 
auslassungen  ist  ja  der  archetjpus  des  dialogus  ganz  auffallend 
reich ;  da  wäre  es  wunderbar,  wenn  nicht  die  eine  oder  andere  vom 
Schreiber  selbst  noch  bemerkt  worden  wäre,  so  erklärt  sich  zb.  die 
textverderbnis  in  c.  2 ,  wo  anstatt  in  iudiciis  non  utrosque  modo  mit 
Nipperdey  zu  lesen  sein  dürfte :  non  in  iudiciis  modo  uirosque ;  so 


CJohn:  sam  dialogoB  des  TadtiiB.  575 

vermatlich  auch  die  in  c.  41 ,  wo  die  gelindeste  heilnng  der  woiie 
vüas  ac  vestra  tempora  der  yorsehlag  Haaeee  ist,  pesira  nach  tempara 
zu  stellen,  aaf  diesem  wege  ist  nun  m.  e.  auch  an  der  citierten 
stelle  zu  helfen.  Baehrens  begnflgt  sich  mit  der  Umstellung  von 
aut  und  tarn,  ich  glaube,  die  entstehung  der  Verderbnis  wird  ein- 
leuchtender, wenn  auch  noch  die  adjectiva  vertauscht  werden  und 
gelesen  wird:  tat  tarn  varias  aut  reeonditas  res.  auch  ans 
Innern  gründen  empfahl  sich  diese  Stellung,  nachdem  einmal  wegen 
der  negation  auf  das  übliche  bindewort  (vgl.  diäl.  8,  26.  39,  16) 
nach  tot  verzichtet  und  so  tat  um  einen  teil  seiner  Selbständigkeit  ge- 
bracht war.  vgl.  auch  Cic.  Tuse.  Y  72  tat  tarn  variisgue  virtuHbus; 
p.  Sestio  46  causas  tot  tamque  varias. 

c.  35  at  nunc  adulescentuU  noslri  deduauntur  in  sMtaSy  ^in^ 
quihus  nan  facüe  dixerim  uirumne  locus  ipse  an  candiseipuU  an 
genus  studiorum  plus  maU  ingenUs  adferant.  nam  in  loco  nihil  reve* 
rentiae^  sed  in  quem  nemo  nisi  aeque  imperUus  intrat;  in  oondUscipuUs 
nihü  profeäus^  cum  pueri  inter  pueras  et  adulescentuU  inier  aduks- 
centuhs  pari  securitate  et  dicani  et  audianiur;  ipsae  vero  eacercitationes 
magna  ex  parte  cantrariae.  nempe  emm  usw.  nachdem  Messalla  die 
besondere  rednerische  Vorbildung  der  frühem  seit  geschildert,  wo 
als  sttttte  des  unterrichte  das  forum ,  als  Vorbilder  die  proben  frem- 
der tüchtigkeit,  als  Übungsstoff  die  präzis  des  tages  gedient  hat, 
wird  nun  das  moderne  verfahren  unter  denselben  gesichtspunkten 
behandelt,  in  allen  drei  stücken  hat  die  rhetorensohule  ein  schäd- 
liches neues  an  die  stelle  des  bewährten  alten  gesetzt,  wenn  nun  bei 
den  zwei  letzten  punkten  beidemal  dem  verdammenden  urteil  die  be- 
gründung  nachfolgt,  so  wird  es  wohl  beim  ersten  auch  so  sein:  der 
relativsatz  in  quem  .  .  intrcU  soll  begründen,  warum  der  ort,  wo  die 
redekunst  jetzt  gelernt  wird ,  nichts  imponierendes  an  sich  hat.  es 
fehlt  daselbst  jene  ^immer  za)ilreiche,  immer  neue,  aus  gegnem  und 
gönnem  bestehende  Zuhörerschaft',  jene  Vertretung  der  verschieden- 
sten geschmacksrichtungen  und  bildungsgrade,  die  den  redner  des 
forums  zur  höchsten  kraftentfaltung,  den  redeschüler  zum  höchsten 
fieiöze  angespornt  hatte,  was  in  den  rhetorenschulen  ein-  und  ausgeht, 
steht  einschlieszlich  des  lehrers  alles  auf  dergleichen  stufe  schülerhafter 
Urteilslosigkeit,  somit  ist  nach  Taciteischer  ausdrucksweise  zu  schrei- 
ben :  in  loco  nihil  reverentiae^  ut  in  quem  nemo  nisi  aeque  in^^eritus 
intrat.  Acidalius  vermutet  scUicetj  aber  für  scüicet  g^  fehlen  belege. 
mit  t^  qui  verträgt  sich  auch  der  überlieferte  indicativ,  für  den  ein  un- 
anfecb  tbares  beispiel  bietet  Qerm,  22, 2  lavantur  saepius  caUda^  ut  apud 
quosplurimum  hiems  occuptxt.  auch  ebd.  17, 6  u^  quibus  nuUus  per  com" 
mercia  cultus  wird  von  Halm  mit  recht  für  diesen  modus  in  anspruch 
genommen,  in  allen  diesen  fällen  handelt  es  sich  um  eine  noch  be- 
stehende thatsache ,  deren  gültigkeit  für  die  gegen  wart  zu  betonen 
an  unserer  stelle  besonders  nahe  lag.  bei  vergangenen  handlungen 
konnte  diese  nüance  im  tempus  (conj.  perf.  statt  impf,  oder  plsq.) 
zum  ausdruck  kommen,    vgl.  hist.  I  37,  10  mit  III  25,  5.  ann.  11 


576  CJohn:  znm  dialogus  des  Tacitus. 

10,  13.  lY  62,  8.  die  lesung  sed  (Nipperdej  opusc.  s.  339)  oder  et 
(Seebode)  verträgt  sich  weder  mit  dem  indicativ  noch  mit  der  form 
des  Satzes,  auch  Halm  erreicht  mit  der  doppelten  correetnr  est  und 
intret  die  zwingende  deutlichkeit  meiner  emendation  nicht. 

c.  36.  den  ttnderungen  im  Bildungsgang  des  redners  tritt  als 
zweiter  hauptgrund  für  den  verfall  der  beredsamkeit  der  umschwnng 
der  politischen  Verhältnisse  an  die  seite.  die  geordneten  zustände 
der  monarchie  bieten  der  redekunst  nicht  mehr  jene  lohnenden  aas- 
sichten {praemia),  deren  sich  die  republicanischen  redner  erfreut 
haben,  'sie  waren  die  vielumworbenen  Vertreter  ganzer  nationen, 
ihnen  empfahlen  sich  die  Statthalter  vor  dem  abgang  in  die  provinz^ 
ihnen  warteten  sie  nach  ihrer  rückkehr  auf,  ihnen  fielen  die  höch- 
sten Staatsämter  nur  so  in  den  schosz,  ja  sie  waren  auch  ohne  amt 
nicht  ohne  amtsgewalt,  da  ihr  rat  und  ihre  stimme  sowohl  volk  als 
Senat  beherschte.'  quin  immo  sihi  ipsi  persuaserant  neminem  sine 
eloquentia  aut  adsequi  posse  in  civüate  aut  tueri  conspicuum  et  emi- 
nentem locum,  so  lautet  einstimmig  die  Überlieferung,  nur  der 
codex  Leid.,  der  die  correcturen  des  gelehrten  Pontanus  wiedergabt, 
läszt  ipsi  weg.  an  einen  subjects Wechsel  kann  gleichwohl  niemand 
denken,  und  doch  ist  die  subjectsgleichheit,  die  beziebung  des  satzes 
auf  die  redner  durch  sinn  und  Zusammenhang  absolut  ausgeschlossen, 
denn  dasz  den  rednem  ihre  kunst  für  unentbehrlich  galt,  um  im 
bürgerlichen  leben  eine  rolle  zu  spielen,  ist  ja  selbstverständlich, 
von  der  unentbehrlichkeit  (necessUas)  der  redekunst  ist  nur  die  rede, 
um  darzuthun  dasz  einst  neben  den  materiellen  vorteilen  auch  das 
ehrgeftthl  {rubor)  ein  sporn  war  für  die  Übung  der  beredsamkeit 
dies  erklärt  sieh  aus  dem  schimpf,  der  sich  in  der  öflfenüicben  meinung 
an  den  mangel  der  redegewandtheit  knüpfte,  und  dieser  schimpf  hin- 
wiederum war  eine  natürliche  folge  ihrer  vorausgesetzten  and  that- 
sächlichen  unentbehrlichkeit  für  jedermann,  besonders  aber  für  den 
Staatsmann,  jene  Voraussetzung  musz  also  notwendig  eine  allgemeine 
gewesen  sein,  völlig  sinngemäöz  vermutet  hiemach  Halm  quin 
omnes  sibi  perstuiserant ^  aber  diese  Verderbnis  wäre  unwahrschein- 
lich, auch  wenn  sonst  bloszes  quin  in  diesem  sinne  bei  Tacitas 
üblich  wäre,  ich  suche  das  vermiszte  allgemeinere  sabject  im  an- 
schlusz  un  das  unmittelbar  vorhergehende  und  finde  in  dem  mit 
unrecht  verworfenen  pronomen  ipsi  die  bestätigung  dafür,  dasz  hier 
dem  autor  ein  gegensatz  der  regierenden  und  regierten  (ü  gm  ara" 
torum  consüio  et  audoritate  regebantu/r)  vorschwebte,  somit  ist  in 
freier  anknüpfung  an  die  objecte  et  populum  et  senatum  zu  lesen:  qui 
(^{  V)  quin  immo  sibi  ipsi  persuaserant.  die  lücke  vor  quin  immo  steht 
ohnedies  auszer  zweifei,  da  Tacitus,  wie  quin  etiam  meistens  (aus- 
nähme  nur  diaL  29,  6.  ann.  XII  61,6),  so  quin  immo  und  in  gleicher 
bedeutung  bloszes  itiinio  sonst  rcgelmäszig  nachstellt:  vgl.  dtoZ. 
6,  8.  34,  25.  39,  9.   Germ.  14,  16.   ann.  XV  21,  10. 

Urach.  Constaiitin  John. 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKRAU80E0EBEN   VON  ALFRED  FlECKBISEN. 


78- 

DIE  HEXAMETRISCHEN  ÜBEBSCHßlFTEN 
Zu  DEN  ACHTÜNDVIERZIG  HOMERISCHEN  RHAPSODIEN 


Als  ich  vor  etwa  einem  jabre  damit  bescbliftis^t  war,  die  hexame- 
triscben  ^Triypaqpai  zur  Odyssee,  deren  völlig  ungenügende  überlief emng 
in  WDindorfs  ausgäbe  der  Odjsseeseholien  ja  tehon  längst  keinem 
Zweifel  unterliegen  konnte,  nach  zwei  Ambrosianisehan  und  Bwei  Mar- 
cianischen  hss.  herauszugeben,  und  den  sehr  bedeutenden  unterschied, 
der  zwischen  diesen  ^triYpaqpai  und  den  zur  Ilias  überlieferten  obwaltet,  zu 
erklären  versuchen  wollte,  wurde  ich  durch  Arthur  Ludwiohs  Königs- 
berger festschrift  'Homeri  Iliadis  et  Odjsseae  periochae  metrieae  ab 
A.  L.  editae  ad  celebrandam  .  .  memoriam  virorum  illustrinm  •  .'  (druck 
von  Härtung  in  Königsberg  1887)  überrascht,  gleich  der  erste  blick 
führte  mir  auch  zur  Odyssee  eine  solche  fülle  des  materials  vor  die 
au^en,  dasz  zwei  von  Ludwich  für  diesen  zweck  nicht  benutzte,  von 
mir  collationierte  hss.  (Ambr.  B  99  sup.  und  Marc.  cl.  IX  4)  dagegen 
nicht  ins  gewicht  fallen  konnten,  ein  eingehendes,  sunlichtt  zum  zweck 
einer  anzeige  bzw.  besprechung  unternommenes  Studium  verschiedener 
sich  auf  grund  des  reichen  materials  ergebender  fragen  hat  einen  sol- 
chen nmfang  und  einen  so  selbständigen  Charakter  angenommen,  dasz 
die  resultate  desselben  für  den  ursprünglich  beabsichtigten  zweck  nicht 
mehr  verwendbar  erschienen. 

Wenn  ich  also  die  folgenden  blätter  als  einen  selbständigen  auf- 
satz  der  Öffentlichkeit  übergebe,  erfülle  ich  eine  pflicht  der  dankbar- 
keit,  wenn  ich  bemerke  dasz,  wenn  es  mir  vielleicht  gelungen  ist  einige 
neue,  sei  es  sichere  sei  es  wahrscheinliche,  resultate  zu  gewinnen,  mir 
dieses  ohne  das  von  Ludwieh  in  leichter  Übersichtlichkeit  gebotene  in- 
veutar  der  hsl.  lesarten  niemals  möglich  gewesen  sein  würde. 


Die  in  den  hss.  überlieferten  l)Li)LieTpoi  dTTitpoi<poii  der  24  rhap- 
sodien  der  Odyssee  sind  jungem  Ursprungs  als  die  der  Ilias;  von 
den  zu  diesem  gedichte  vorhandenen  sind  die  auf  den  grammatiker 
Stephanos  zurückzuführenden  älter  als  die  sich  neben  diesen  oder  an 
stelle  derselben  in  manchen  Iliascodices  vorfindenden;  die  ihrerseits 

Jahrlidcher  Tür  class.  philol.  1888  hA.  9.  38 


578  HSchrader:  die  hexanietr.  überscbriften  zu  deu  48  Hom.  rhapsodien. 

wiederum  nicht  sämtlich  einer  und  derselben  zeit  angehören  können, 
die  verschiedenen,  somit  in  gewissem  sinne  über  einander  abge- 
lagerten schiebten  haben,  und  zwar  in  hervorragendster  weise  die 
jüngsten,  sowohl  in  den  Kuszerlichkeiten  ihrer  Überlieferung  als  aach 
in  ihrer  spräche  und  besonders  in  ihrer  yerstechnik  eigentttmlich- 
keiten  aufzuweisen,  die  eine  annähernde  fixierung  ihres  Ursprungs 
gestatten  und  zugleich  zum  teil  für  die  entwicklung  des  byzantini- 
schen hexameters  nicht  ohne  bedeutung  sind,  der  für  die  erreichong 
des  letztern  Zweckes  einzuschlagende  weg  wird  freilich,  da  der  direet 
in  frage  kommenden  verse  nur  wenige  sind ,  das  für  die  beurteilung 
derselben  oder  die  aus  ihnen  zu  ziehenden  folgerungen  unerläszliche 
material  in  beträchtlichem  masze  auf  scheinbar  entlegenen  und  znm 
teil  bis  jetzt  wenig  betretenen  gebieten  zu  suchen  haben. 

I. 

Die  schon  längst  aus  der  Anthologia  Palatina  (IX  385)  als 
CTeqpdvou  tpömmcitikgO  dKpöcTixa  elc  ifjv  IXiäba  Kaiä  ^ai|i(|)biav 
bekannten  verse' 

^'AXqpa  XiTOtc  Xpiicou,  Xcijuiöv  CTpaioO,  fxöoc  dvciKTUiv 
BfiTtt  b'  öveipov  fx€i,  dTOpriv,  kqi  vfiac  dpi6)Li€i 
rdjuijLia  b'  dp'  djuiq)'  *6X^vtic  oioic  juiöGoc  icilv  dKoiraic 
A^Xtu  Geiüv  dYopri,  öpKUJV  x^cic,  "Apeoc  dpxrj 
61  ßdXXei  KuG^peiav  "Apr^d  t€  Tubeoc  uiöc 
Zf]Ta  b*  dp*  'AvbpOjLidxric  kqi  "6ktopöc  ^ct'  öapicxuc 
^Hia  b'  Aiac  7toX^jlii2[€  jliöviu  juiövoc  "GKTopi  biip 
Qf\Ta  Geiüv  dtopri,  Tpiuujv  Kpdioc,  *'6ktopoc  euxoc 
'eHeciTi  b'  'AxiXf^oc  dTT€iG^oc  kiiv  1uiTa 
Kdirna  b*  dp'  djucpoieptüv  CKomoCeiLiev  fjXuGov  dvbpec 
Adjuißba  b*  dpicifjac  AavaÄv  ßdXov  "6ktopoc  dvbpec 
MO  Tpiüujv  TTaXdjuiqci  KaTripme  tcTxoc  'Axaiiliv 
N  0  bi  TToceibdiüV  AavaoTc  Kpdroc  lÜTrace  XdGpri 
El  Kpovibriv  Xex^ecci  kqi  öttvuj  fi7raq)€V  "Hpii 
Ofl  Kpovibric  K€xöXujTO  TToceibduivi  Kai  *'Hpq 
TTi  TTdTpoKXov  fnecpvev  dprjiov  *'€ktopoc  alx|iil 
Tiü  Aavaoi  Tpiü^c  t€  v^kuv  n^pi  x^ipctc  f)LiicTOV 
CiTM«  0^Tic  'AxiXfli  Trap*  'HqpaicTOu  qp^pev  ÖTiXa 
Tau  b'  diT^XriYe  xö^o^o  ^ai  fKGope  bioc  'AxiXXeüc 
T  jLiaKdpujv  f pic  üüpTO ,  q)€p€i  b'  ^TTi  KdpToc  'Axaioic 
Ol  Kpaiepiüc  Kaid  X€i3)LiaT'  ebdjiivaTO  Tpujac  'AxiXXeüc 


*  ich  halte  es  der  Vollständigkeit  und  Übersichtlichkeit  wegen  für 
geboten  sie  anzuführen,  obwohl  ich  mich,  ahgi sehen  von  dem  mit  dem 
cod.  Palat.  üliereinstimmenden  C(T|Lia  (OtM^i  iJübner),  an  den  Dübner- 
sehen  text  anschliesze,  bis  auf  Hie  ^triYpctcpH  ZQ  H,  welche  bei  DUbner 
£1  Kpovibriv  ÜTCvip  Xcx^ccci  koI  i^nacpcv  "Hpr|  lautet,  das  oben  von  mir 
gegebene  ist  auch  von  Ludwioli  au.-i  einigen  Ilias-hss.  fua.  Marc.  AbS) 
anstatt  der  lesart  «les  Pakt.  Et  KpoviÖT^v  Xcx^ccci  T€  öirvui  niraq>€v 
*'Hpr|  vorgezogen  wurden. 


HSchrader:  die  hexametr.  überEchiiften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien.  579 

X  i  b'  öpa  Tpk  7T€p\  T€Txoc  ät^wv  Kxdvcv  *'€ktop*  'AxiXXciic 
VT  AavaoTciv  dTwva  bibouc  ^T^Xeccev  ^AxiXXeüc 
'Q  TTpidjuiiu  v^Kuv  uTa  Xaßdiv  t^P«  buiiccv  'AxiXXcuc 
sind  in  eine  beträchtliche  anzahl  von  Iliascodices  übergegangen,  teils 
allein ,  teils  neben  den  weiter  unten  anzuführenden  £iTitpoeq>ai. 

Nur  die  verse  des  Stephanos  haben ,  wie  sich  aus  der  zu- 
sammenstellung  bei  Lud  wich  ergibt,  der  cod.  Yen.  A  (saec.  X), 
Ambr.  L  116  sup.  (saec.  XIII),  Riccard.  30  (saec.  XIV)',  sowie 
der  von  mir  in  diesem  sommer  zu  allen  rhapsodien  (von  Lndwich 
nur  zu  A — A)  verglichene  Harl.  5693  (saec.  XV)  und  der  frei- 
lich nur  teile  des  gedichts  (A — H)  enthaltende  Laur.  XXXII  31. 
auch  aus  Ambr.  F  101  sup.  (saec.  XIII)  and  ans  Ozon.  298  (saec?) 
teilt  Ludwich  wenn  auch  aus  ersterm  nur  zu  H  und  I — V,  ans  letz- 
ter m  nur  zu  A — 6,  K — T,  X  und  Y,  lediglich  diese  dmtpoipai  mit. 
da  sich  die  hauptanzahl  der  sonst  überlieferten  erst  von  K  an  findet, 
ist  die  thatsache,  dasz  der  nur  A — K  enthaltende  cod.  Vratisl.  24 
(12,  14;  vgl.  La  Boche  Hom.  textkritik  s.  469,  73),  de^  Eduard 
Meyer  gütiger  weise  ftür  mich  eingesehen  hat,  nur  Stephanos  wieder- 
gibt^, sowie  dasz  aus  Monac.  111  (saec.  ?),  den  Lndwich  nur  zu 
A — 6  verglichen  hat,  keine  andere  Überschrift  bekannt  ist,  von  keiner 
bedeutung. 

Dasz  die  diritpotcpai  der  Iliascodices  manche  Varianten  der  les- 
arten  des  cod.  Palatinus  der  Anthologie,  die  zum  teil  als  einfiEU^he  ver* 
Schreibungen  aufzufassen  sind,  aufzuweisen  haben,  ist  selbstverständ- 
lich; es  genügt  für  sie  auf  die  Zusammenstellung  bei  Ludwich  zn 
verweisen,  bemerkenswert  ist  auszer  dem  anm.  1  zu  H  bemerkten 
nur  der  umstand ,  dasz  die  im  Pal.  überlieferte  lesart  (B)  Kttl  \f\ac 
dpiGjuieiv  sich  auch  im  Biccard.  findet  (Ludwich  ist  mit  recht  der 
autorität  des  Ven.  A  usw.  gefolgt),  dasz  zu  A  viele  hss.  (ua.  der  ge- 
nannte Venetus)  A^Xia  GeüüV  dTopfjV  8pKU)V  x^civ  "Apeoc  dpxHV 
und  zu  0  deren  drei  (2  Ambr.  und  der  oben  erwähnte  Oxon.)  Öfjia 
0€UJV  dTOpfjV  usw.  darbieten  (Ludwich  entscheidet  sich,  wie  durch- 
aus zu  billigen,  für  den  nominativ),  dasz  zu  I  im  Ambr.  J  4  sup.  der 
vers  durch  die  Umstellung  lujia  b*  ilecix]  'AxiXfjoc  dneiGtoc  icriv 
den  übrigen  äuszerlich  gleich  gemacht  ist,  dasz  das  zuO  im  Palat. 
fehlende  xpaiepiüc,  das  nach  Jacobs  'ex  codice  Homeri  Vratislav. 
accessit',  in  allen  den  vers  enthaltenden  Ilias-hss.  vorhanden  ist, 
so  wie  dasz  zu  Q  auch  die  autorität  dieser  hss.  die  oben  aus  dem  Pal. 
gegebene  form  der  dTritpciqpri  empfiehlt:  die  von  Ludwich  wohl  der 
bessern  Übereinstimmung  der  verseinschnitte  mit  dem  sinne  zu  liebe 
vorgezogene  form  'ö  TTpiajLioc  v^Kuv  ula  Xaßuiv  t^pabulKev  'AxiX- 
Xci  ist  hsl.  sehr  schwach  gestützt. 

Die  zeit  und  die  persönlichkeit  des  grammatikers  Stephanos  zu 

2  auszer  den  ^TTiTpaqpai  zu  A  und  Q,  was  darin  seinen  grond  bat, 
dasz  die  ersten  68  verse  and  der  scbhisz  des  g^edichts  (von  V  403  an) 
von  einer  sehr  viel  Jüngern  band  ergänzt  sind,  vg^l,  Hermes  XXII  s.  306. 

^  dio  iiiifpacpr]  zu  A  fehlt. 

38* 


580  HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapBOdien. 

fixieren  ist  bis  jetzt  nicht  gelungen,  die  Bergksche  yermatang  (GL6. 
I  s.  910,  69);  es  könne  der  scholiast  des  Dionjsios  Tbrax  sein,  wel- 
chen jetzt  niemand  mehr,  wie  noch  vor  15  jähren  Michaelis  (griech. 
bilderchronik  s.  85),  für  einen  ^alexandrinischen  gelehrten'  halten 
wird,  ist  mit  recht  von  Lud  wich  s.  3,  1  als  liaszerst  unsicher  be- 
zeichnet worden.  Lud  wichs  eignes  urteil  Wersus  ipsi  satis  seram 
aetatem  mihi  prodere  videntur'  wird  cum  grano  salis  zu  verstehen 
sein,  ausdruck  und  constructionen  zeigen  nichts,  das  für  eine  nftbere 
bestimmung  zu  verwenden  wäre;  auffallend  und  aus  der  griechischen 
litteratur  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen  ist  nur  (zu  A)  das  öpKUiv 
Xucic  im  sinne  von  CUYX^^^C,  von  welchem  weiter  unten  noch  die 
rede  sein  wird,  ein  zeichen  gewissenhafter  beachtung  des  wertes  der 
Silben  ist  es,  dasz  Stephanos  es  (zu  I)  vorgezogen  hat  das  richtig 
gemessene  idira  ans  ende  des  verseszu  stellen,  anstatt,  wie  die 
im  cod.  Ambr.  J  4  sup.  überlieferte  ummodelung^  derselben  diTt- 
Tpaqpri*  Mtüia  ö'  dHeciii  'AxiXnoc  dTreiO^oc  ictiv,  den  vers  mit  einem 
z  w  ei  silbigen  jota^  anzufangen,  die  sich  zu  B  A  Z  und  Z  findenden 
hiate  sind  teils  durch  den  verseinschnitt  (vgl.  zu  E  zb.  II.  B  262), 
teils  (zu  Z)  durch  Homerische  beispiele  wie  dm  "GiCTOpa  (X  206) 
und  ÖTi  ''EKTOpa  (Q  593)  entschuldigt,  die  länge  der  zweiten  silbe 
von  6^Tic  in  CiYjiOi  6^Tic  'AxiXf^i  usw.  ist  nach  dem  bekannten  tiittc 
6^Ti  TavuTTenXe  (C  385.  424)  nicht  auffallend,  und  nur  die  Verkür- 
zung der  ersten  silbe  in  ATac  (zu  H)  steht  bis  jetzt  vereinzelt  da,  ent- 
behrt jedoch  nicht  gewisser  analoga  (s.,um  von  den  vonBzach  Wiener 
sitzungsber.XCY  s.  729  angeführten  sibjllinischen  versen  abzusehen, 
Hartel  Hom.  Studien  III  s.  18  £f.  und  Anth.  Pal.  VII  200,  3  X€ipa  tap 
eic  dpoTiäv  iraiböc  tt^cov).  dagegen  zeigt  sich  in  allen  24  versen 
kein  verstosz  gegen  die  feinere  verstechnik:  die  Hilbergschen  und 
Scheindlerschen  gesetze  sind  nirgends  verletzt,  nur  dasz  die  übrigens 
sehr  unzuverlässig  überlieferte'  dTTitp<)iq>rj  zu  E  gegen  ein  special- 
gesetz  des  Nonnos  (Hilberg  s.  168)  und  einiger  sich  ihm  anschlieszen- 
der  dichter  verstöszt ;  der  molossus  *H(paiCTOU  im  vierten  und  fünften 
fusze  hat  die  regelrechte  betonung  (vgl.  Ludwidh  Arist.  Hom.  text- 
kritik  II  s.  252  flf.)- 

Dasz  es  trotzdem  möglich  sein  würde  die  verse  bis  ins  vierte 

*  auch  zu  A  und  P  «ribt  es,  wenn  auch  geschicktere,  ummodelangeu  der 
verse  des  Stephanos  (x.  588).  ^  die  von  Hartel  ao.  s.  23  für  älioliche 
Vorgänge  an};efUhrteii  lieispiele,  ein  dreisilbiges  'louXlou  (Arist.  Hi.  407) 
und  MöXaoc  ^Kur.  Hcraklei'lai  30  usw.)t  so  wie  ein  sweisilbiges  'Idcuiv 
(auf  dem  kästen  den  Kypselos,  nnch  Taus.  V  18,  3),  die  auazerdem  sehr 
zweifelhaft  sind  (in  letzterwähntem  verse  dürfte  eher  Mf)6ciav  oder 
Mr)&€av  'Idciüv  ya}iU\  zu  lesen  sein,  v<;l.  Fick  Hom.  Ilias  nat-h  ihrer 
entsteliunir  s.  Vll),  haben  dorn  betr.  versiiicator  natürlich  nicht  vorge- 
schwebt; dagegen  konnten  ihm  beispiele  wie  ein  dreisilbiges  'loüXtoc 
(Kaibel  epigr.  gr.  n.  629,  ans  dem  ersten  jh.  nach  Cb.)  and  ein  vier- 
HÜbigcs  Moßiavöc  (ebd.  n.  1060,  ungefähr  »63  nach  Ch.).  die  sieh  aas  der 
lateinischen  spräche  erklären,  wohl  bekannt  sein.  *  die  Überlieferung 
einiger  anderer  hss.  (vgl.  Lud  wich)  El  Kpoviönv  ünvvii  X€X^€Cc(v  T*  f)Traq>cv 
"Hpr\  verstöszt  gegen  da.^  zehnte  Hilbergsche  gesett  (H.  s.  112). 


HScbrader:  die  hezametr.  Überschriften  sn  den  48  Hom.  rhapsodien.  581 

oder  fünfte  jh.  herabzurttcken,  ist  nicht  zn  leugnen,  obwohl  es  mir 
bei  der  von  Michaelis  ao.  s.  86  ff.  gut  hervoigehobenen  neigung,  die 
das  zweite  und  dritte  jh.  für  öiT06^C€ic  verschiedener  art  zeigt, 
näher  liegend  scheint  sie  dieser  zeit  zuzuschreiben,  was  sich 
auch  vielleicht  auf  andere  hier  allerdings  nicht  zum  abschlusz 
zu  bringende  weise  wahrscheinlich  machen  läszt. 

Die  äbnlichkeit,  welche  die  durch  ihr  geschmackloses  metrum 
mehr  als  sie  es  an  sich  verdienen  bekannten  beischriften  der  tabula 
Sartiana  zu  IL  A— H  (B  bei  Jahn-Michaelis,  vgl.  das.  s.  85;  Eaibel 
epigr.  gr.  n.  1095)  mit  den  kurzen  prosaischen  ttberschriften  der 
betr.  bücher  haben,  ist  bereits  von  Michaelis  s.  85  anm.  438  hervor- 
gehoben worden,  dasz  auch  zu  den  versen  des  Stephanos  gewisse, 
wenn  auch  beim  ersten  anblick  weniger  hervortretende  beziehungen 
vorliegen,  ist  bei  der  beschränkten  answahl  der  zu  erwähnenden 
dinge  keineswegs  auffallend ;  auffallen  musz  es  hingegen ,  dasz  die 
beiden  oben  als  ungewöhnlich  bezeichneten  erscheinungen  in  den 
versen  des  Stephanos  auch  in  zwei  versen  der  tafel  vorzuliegen 
scheinen  (die  eine  ist  leider  nicht  ganz  sicher  zu  constatieren). 

Zu  H  ist  in  der  tabula  sicher  überliefert:  ^Hra  Alac  "€KTopt 
|uio\JVO|uiaxT  Ka\  vuS  aÖToOc  biaXüet  (KaraXüei  Eaibel),  also  eben- 
falls mit  iambischer  oder  (nach  Eaibel)  anapftstischer  messung  eben 
desselben  wertes  Alac:  denn  die  zu  €  und  Z,  wo  übrigens  die  Lud- 
wichsche  conjectur  s.  6  Zfiia  b*  öfiiXcT  T€  irpdc  *AvSpo)LiäxT|V  Kai 
ic  X^PM^v  TTäpiv  SXk€1  sehr  beachtenswert  ist,  ebenfalls  überlieferten 
versanfänge  verlangen  einen  Choriambus  vor  dem  hexameter,  so 
dasz  die  an  sich  nicht  ausgeschlossene  molossische  messung  '^Ht' 
Aiac  zurückzuweisen  ist.  leider  ist  die  andere  eigentümlichkeit,  dasz 
nemlich  zu  A  sich  auch  in  diesen  versen  das  sonst  auszer  bei 
Stephanos  nicht  nachweisliche  X^CIC  öpKUJV  im  sinne  von  CUTX^CIC 
öpKUJV  findet,  nicht  mit  derselben  Sicherheit  zu  constatieren,  doch 
ist  für  die  lückenhafte  und  unklare  (Uitterarum  vestigia  ante  x^civ 
omnia  incerta'  sagt  Kaibel  s.  495)  Überlieferung  bis  jetzt  keine 
dem  sinne  und  dem  metrum  mehr  entsprechende  ergänzung  als 
Michaelis'  allerdings  zweifelnd  vorgetragene  (s.  63):  A^Xra  öeuJV 
bofna  x  v3  c  i  V  9*  öpKUJV,  imTruiXeiTai  b*  'ATa|i^|iVUJV  vorgeschlagen 
worden. ' 

Sollte  eine  ad  hoc  vor  der  tabula  vorzunehmende  Untersuchung 
auch  nur  die  Wahrscheinlichkeit  ergeben,  dasz  daselbst  x^cic 
und  nicht  cuTX^^^c  oder  das  zunächst  als  eine  viel  zu  wenig  gewalt- 
same thätigkeit  bezeichnend  zurückzuweisende  XOcic  gestanden  hat, 


^  der  Yorsehlag  Henzens  (annali  XXXV  s.  414)  A^Xtu  6*  ^x^t 
cuTX^civ  öpKUiv  usw.  oder  A^Xra  OcOtiv  MtmOi  cOtX"^*^  öpKUiv  usw., 
sowie  das  von  Lebrs  vorgeschUgene  A^Xra  b*  ^x^i  cOfX^'C^v  dpKUlv 
üjc  t'  ^TTiTTUiXelTai  *ATa|Lil|Livujv  (Lad wich  s.  ö)  verstoszen  gegen  das 
metrum.  Ludwichs  ebenfalls  nur  zögernd  vorgeschlagene  lesart  AlXra 
b'  'ABnvdv  T€  x^civ  6'  öpKU)V  usw.  enthält  ebenfalls  das  in  frage 
kommende  wort. 


582  HSchrader:  die  bexametr.  überbcbriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien. 

so  würde  ein  zusammenbang  zwischen  der  genannten  tabula  und  den 
Versen  des  Stepbanos  gesichert  und  die  frage,  wer  von  der  andern 
quelle  beeinfluszt  ist,  nicht  zweifelhaft  erscheinen. 

Die  läng  er  n  verse  würden  dann  ohne  frage  als  den  kürzern , 
wenn  auch  mit  binzuziehung  der  prosaischen  ^TTif paq>ai ,  nachge- 
bildet aufzufassen  sein,  nicht  umgekehrt:  die  letztern  sind  in  jeder 
beziehung  nicht  nur  correcter^  sondern  auch  —  um  von  dem  gekün- 
stelten metrum  völlig  abzusehen  —  schwungvoller,  eben  dieses,  viel- 
leicht (vgl.  gegen  Michaelis  Kaibel  s.  495)  auch  in  dem  brachstück 
(zu  Q)  einer  hier  absichtlich  auszer  betracht  gelassenen  andern 
Homerischen  tafel  (F  bei  Jahn-Michaelis)  vorkommende  metrum 
macht  den  eindruck ,  als  ob  der  Choriambus  dem  hexameter  voraus- 
geschickt wäre,  um  so  zu  sagen  das  Stichwort  anzugeben  oder  anzu- 
fangen, auf  welches  die  eigentliche  inhaltsangabe  folgen  sollte:  ein 
für  Unterrichtszwecke  (der  magister  fieng  zb.  mit  einem  Aikja 
6€iüV  an  und  erwartete  den  anschlusz  des  bÖYMCt  usw.  seitens  der 
Schüler)  nicht  unpraktisches,  wenn  auch  unschönes  mittel. 

Auch  Michaelis  (s.  85)  kommt  zu  einem  ähnlichen  resultate,  in- 
dem er  für  die  tabula  Sartiana  eine  copie  von  nicht  erst  für  sie 
gemachten  versen  annimt.  sollte  die  hier  nach  dem  vorliegenden 
material  nur  zweifelnd  zu  äuszernde  ansieht,  dasz  die  verse  durch  die 
des  Stepbanos  beeinfluszt  sind,  richtig  sein,  bO  würde  also  die  frage, 
wann  die  tabula  Sartiana  entstanden  ist,  eine  zeitgrenze  nach  unten 
für  Stepbanos  abgeben.^  auch  in  dieser  hinsieht  kann,  wenn  über- 
haupt ,  nur  a  u  1 0  p  s  i  e  etwas  lehren,  nach  der  wiedergäbe  der  In- 
schrift bei  Jahn -Michaelis  scheint  es  mir  nicht  wohl  möglich,  sie 
unter  etwa  das  jähr  200  nach  Ch.  herabzurücken ;  doch  musz  ich  hier 
das  urteil  andern  überlassen,  sicher  hingegen  ist,  dasz  die  24  verse 
des  Stepbanos  nicht  als  zusammenhängendes  gedieht  und  auch  nicht, 
um  hinter  einander  aufgesagt  zu  werden,  entstanden  —  in  dem 
einen  wie  in  dem  andern  falle  würden  die  sich  von  K  an  wiederholt 
findenden  identischen  versausgänge  vermieden  sein  —  sondern  als 
selbständige  Überschriften  der  einzelnen  rhapsodien 
von  dem  grammatiker  verfaszt  worden  sind. 

IL 

Seit  dem  elften  jh.  lassen  sich  zu  fast  allen  büchern  der  Ilias 
von  denen  des  Stepbanos  unabhängige  ^TTitPüqKxi  nachweisen,  von 
denen  einige  eine  in  hieb  geschlossene  reihe  zu  bilden  oder  Überreste 

*"  äbnlicl)  durch  die  verse  über  die  tliaten  des  Herakles  auf  dem 
relicf  der  villa  Albani  (J  bei  Jahn -Michaelis)  fUr  das  bekannte  epi> 
grunim  irpOjTa  p^v  ^v  NcM^r)  unw.  (Anth.  Plan.  IV  92)  vg^l.  Michaelis  s.  85. 
sclion  liicrdurch  wird  die  iii)cr8chrift  des  cod.  Mooac.  237  der  Planadea: 
KoivTou  C|Liupvaiou  ircpl  tuiv  iß'  'HpaKX^ouc  dOXuiv  hioflUli^.  der 
sitdi  in  ähulicher  weise,  wenn  auch  zweifelnd  äussernde  Joh.  Tsetses 
(chil.  II  488  ff.)  hnt  offenbar  einen  ähnlichen  codex  einer  anthologischen 
Biimlunjr  vor  sich  gehabt  (anders  Ch.  Härder  de  Tsetzae  histor.  fontibas, 
Kiel  188G,  s.  64). 


HSchrader :  die  hexametr.  übenchriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodieii.  583 

einer  solchen  zu  sein  scheinen,  ihrer  ersten  spar  begegnen  wir  im 
cod.  Yen.  B  (453),  der  zu  den  bttchem  A — P  die  verse  des  Stephanos, 
zu  C — fi  hingegen  folgende  hat*: 

CiTjua  bk  T€iix€a  t€0&  Kajyidiv  *'H<paiCTOC  'AxtXXet 
Tau  (piXinv  Hüv^ecvTO ,  ir^Trauio  bk  jyi/jviboc  dpx/j 
T  jLiaKdpuiv  ivoni\  Kai  q>uXomc  Oöpaviuivuuv 
01  jLiöOoc  AtaKibao  Ttap'  ^lövac  irora^oio 
Xi  9^Tiboc  ifövoc  \bK\)c  äTTUiXecev  *'€icTopa  biov 
Vi  TTötpokXov  KXaie  Ka\  iEerAccccv  dtiövac 
^ö  v^Kuv  "GKTopa  Traipl  iröpev  *AxiX€uc  Iv  bidpoic. 
der  ^^^r  wenig  jüngere  cod.  Laur.  XXXII 3  (vgl.  Hermes  XXUs.  283)| 
der  zu  Ob&i  meisten  büchem,  wenn  auch  zum  teil  von  sptttem  händen 
eingetragen,  die  dmTpaq>a{  des  Stephanos  aufweist,  hat,  j^d  zwar 
von  erster  band,  zu  <t>  und  V  die  diritpa(pa(  des  Yen.  6  und  anszer- 
dem  zu  Z  und  M  die  früher  nicht  nachweisbaren  Zf\Ta  b*  tpef  '€Kdßn 
*A9Tivac  ^TTi  Toüvaci  6f^K€V  und  MO  bk  yi&xr\  irpöc  tcixoc,  ö  b 
^KOope  qpaibijioc  ''Ektuüp,  so  wie  zu  6  von  der  bei  Ludwich  mite*'® 
bezeichneten,  vermutlich  nicht  yiel  jungem  band :  6f)Ta  b*  fiiraVTac 
^Tpeipev  'Axaiouc  ''Cicropoc  alxjnt^.  zu  M  und  0  sind  diese  anstatt 
der  ^TTiTpaqpai  des  Stephanos  vorhanden,  während  diese  zu  6  und 
V  von  späterer  band  nachgetragen  sind. 

Einem  teile  der  neuen  Imtpoupat  und  einigen  vorher  nicht  nach- 
' /eisbaren  begegnen  wir  etwa  ein  Jahrhundert  später.  Enstathios, 
welcher  zu  A — I  E—  P  T  und  Y  nur  die  ttltem  verse  anftlhrt,hatzu  M 
denselben  vers,  wie  er  uns  aus  dem  Laur.,  zu  C  Y  0  X  Q  dieselben, 
wie  sie  uns  aus  dem  Yen.  B  bzw.  diesem  und  dem  Laur.  bekannt 
geworden  sind,  zu  0  in  der  form  0T  jiÖTOC  AiaKibao  usw.,  zu  Q: 
^Q  v^KUV  "EKTOpa  Ttarpl  Xürpiüv  Tröpev  ujköc  *AxiXX€\5c.  neu  sind 
die  sich  bei  ihm  zuerst  findenden : 

KotTTTia  'Prjcou  Tfjv  KcqpaXfjv  ?X€  Tub^oc  ulöc 
AdjLißba  b'  ivi  TTpOjLidxoici  juitii  ßaciXeuc  'ATajui^juivuiv 
Nu  b'  im  yn\vc\  judxij  Aavaoic  fjjLiuvs  TToceibuJV. 
zu  C  und  Y  führt  er  auch  den  vers  des  Stephanos  an,  indem  er  an 
ersterer  stelle  d i  e s en ,  an  letzterer  den  andern  vorausgehen  läszt  und 
zwischen  beiden  einKa\SXX(Jücb^  einfügt. 

Es  ist  nicht  anzunehmen,  dasz  diese  13  verse  erst  in  oder  auch 
kurz  vor  der  zeit  entstanden  sind,  in  der  sie  uns  zuerst  begegnen: 
sie  würden  sonst  mehr  spuren  der  spräche  und  verskunst  dieser  zeit, 
als  es  thatsächlicb  der  fall  ist,  aufweisen,    auszerdem  ist  zu  Q,  wo 

^  kleine  versehen  des  Schreibers  überg^ehe  ich.  das  zu  Q  anstatt 
der  verkehrten  Überlieferung  ^vbuipa  hergestellte  ^v  6((»poic  (vgl.  8.  584) 
beruht  iia.  anf  der  autorität  des  cod.  Ambr.  A  181  sup.  das  £v6aipa 
findet  sich  übrigens  auch  in  dem  dem  Yen.  B  verwandten  cod.  Townl.^ 
welcher  auszerdem  noch  die  hier  in  frage  kommenden  Überschriften  zu 
M  C  Y— M'  bat;  doch  ist  seine  autorität  hier  von  geringer  bedentung 
und  demnach  auszer  betracht  gelassen,  da  diese  Überschriften  in  ihm 
erst  von  spätem  händen  (saec.  XV)  eingetragen  sind.  '°  ich  selbst 

habe  seiner  zeit  die  ^Trifpaqpal  dieses  codex  nicht  verglichen. 


584  HSchrader:  die  hezametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapeodieiu 

die  ftlteste  ttberlieferong  (cod.  Yen.  6)  in  dem  iröpev  'AxiXeuc  £v 
bübpoic  eine  den  Byzantinern  geläufige  anwendang  der  prftp.  dv 
neben  einer  auch  für  die  bessern  unter  ihnen  fehlerhaften  messong 
aufweist  ^\  ohne  frage  die  bessere  und  ursprüngliche  fassung  in  der 
bei  Eustathios  (dann  auch  im  Harl.  5600  und  Laur.  XXXII 11, 
vgl.  unten)  sich  findenden  form  des  verses  erhalten,  und  der  schlechte, 
fas>t  ametrisch  scheinende  vers  des  Laur.  XXXII  3  Zf^ra  b*  ipci* 

*€Kdßii  'A0Tiväc  (wahrscheinlich  'AGctvac,  vgl.  s.  594)  in\  toüvaci 
6f]K€V  dürfte,  ebenso  wie  die  (s.  580)  besprochene  ummodelung  des 
verses  des  Stephanos  zu  I,  als  eine  verballhomisierung  eines  uns 
vielleicht  verlorenen,  vielleicht  aber  auch  in  der  bis  jetzt  hsl. 
nicht  belegten  ^Tiiif paqprj  bei  Bames :  ZfJTa  Geäc  '€Kdßr]  iiii  touvaci 
tt^ttXov  €6riK€V  erhaltenen  altem,  aber  auch  hier  zufällig  in  der 
ältesten  hs.  nur  in  der  erwähnten  schlechten  form  vorhandenen 
verses  aufzufassen  sein. 

Diese  und  andere  unten  zu  erwähnende  Variationen  musten 
nemlich  den  Schreibern  selbst  der  ältesten  unserer  Iliascodices  aus 
der  scbulinterpretation  ihrer  zeit  bekannt  sein  und  konnten 
ihnen  anstatt  der  altern  und  correctern  formen  auch  gelegentlich 
näher  liegen. 

Zu  dieser  annähme  berechtigt  uns  eine  bemerkung  in  dem  cod. 
Harleianus  1771  (chartaceus  saec.  XV),  in  welchem  nach  dem  verse 
des  Stephanos,  der  hier  lautet :  KdirTra  b'  &p  dMq>OT^poic  CKOTTiaZd- 
|Li€V  f]Xu6ov  dvbpec,  die  uns  schon  bekannte  Überschrift  KaTina 
Trjcou  Tf|V  K€q)aXf|V  ?X€  Tub^oc  ulöc  mit  den  worten  eingeleitet 
wird:  i]  7TpaYMOT€iiübTic  (-Titübric  cod.)  )Liiv  diriTpaq)^  icxxv 
auTri.  für  das  Verständnis  dieses  ausdrucks  ist  von  stellen  auszu- 
gehen wie  Proklos  comm.  zu  Plat.  Farm.  I  s.  488  Stallb.  (IV  s.  30 
Cousin)  vöv  bk  tocoOtov  ÖTT0)Li€jLivric9ui . .  ÖTi  M^  bei  ifjv  twjLivaciav 
7TpoTi0tc0ai  X^T€iv  auToTc  üüc  ckottöv,  dXXd  irpatMaTdUübi} 
TTpöOeciv  Tiva  toö  biaXÖTou  ZIiiTeTv,  f^v  ol  |Litv  . .  ircpl  toO  övtoc 
elvai  biaTcivovTai  usw.,  wo  der  betr.  ausdruck  geradezu  unserm  *prak- 
tischer  zweck'  entspricht,  ebenso  sind  in  den  scholien  zu  Plat. 
Gorgias  s.  492  "=  (vgl.  zu  i^.  493  '^)  die  den  IvboEa  gegenübergestellten 
7TpaYjLiaT6iujbicT€pa  inixcipriiLiaTa  dem  täglichen,  prakti- 
schen leben  entnommene  beweise ^  bei  Eustathios  opusc.  13,  29 
(s.  95,  7  Tafel)  die  TrpaTMQT€iiI)bTic  dXiiGüüC  Aptifj  Kai  cirouba- 
^Ojui^vii  Kard  ndvia  Tpörrov  die  praktische,  thatsächlich  zur  aus- 
übung  kommende  tugend,  bei  dems.  12,  10  (s.  78, 10)  ist  TÖ  irpat- 
paroeibec  jui^Xi  der  wirkliche  honig  (im  gegensatz  zu  bildlichem 
sinne),  und  mit  dem  ausdruck  ^Keivriv  (Tf|V  olKiuq>€Xiav)  ou  q>iX€i 

I*  ül»er  (Hc  vorstechnik  s.  unten,  dan  instnimcntAle  £v  in  ^v  6i0poiC 
findet  sio'.i  zb.  hei  Tzctzes  PII.  22  Ti^v  6*  ö  Y^puiv  TTp{a|ui0C  KOT^pulcv 
^olc  iyi  &ii)poic,  Hom.  43  toO  bi  Oöac  AitwXöc  ^v  dopt  Ou^öv 
dirnOpa,  ebd.  63  TTdvöapoc  aö  Aio^i^bcoc  CtiMOv  xpaOcev  *v  t4i,  und 
unserer  stelle  noch  ühnlichvr  Hom.  169  xal  yr]fSjy  Cpufia,  m^pfouc,  iroificav 
'Axaiol  N^CTOpoc  ^v  ßouXalciv. 


HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  m  den  48  Hom.  rhaptodien.  585 

'Obucceuc,  TÖ  bt  6q>i\\ecQa\  oTkov  <ptX€i  irpaTliaT€iU)b(&c 
(-iDubOuc  cod.)  bezeichnet  derselbe  (zu  S  223  ff.  s.  1762 ,  5)  genau 
dasselbe ,  was  wir  'aus  praktischen  gründen'  nennen  würden. 

Es  ergibt  sich  demnach,  daez  f|  iTpaYfiC(T€tubbr]c  dntTpa<pi^ 
die  zu  praktischen  zwecken  dienende  Überschrift  bezeichnet,  im  gegen* 
satze  zu  einer,  um  mit  dem  Platon-scholion  zu  reden,  £vboEoc  oder 
'gelehrten',  unter  diesen  'praktischen'  zwecken  ist  aber  sicherlich 
nichts  anderes  zu  verstehen  als  der  zweck  des  Unterrichts,  und  zwar 
dürfen  wir,  da  nicht  von  einer,  sondern  von  der  irpaYfioreidibilc 
iiTiTpGKprj  die  rede  ist,  eine  zu  eben  diesem  zwecke  verfaszte  oder  zu- 
sammengestellte reihe  solcher  Inhaltsangaben  voraussetzen,  ob  die 
im  cod.  Laur.  XXXII 3  zu  H  dem  yerse  des  Stephanos  von  zweiter 
band  beigeschriebene  bemerkung  firoxoc  f|pU)tKifiöi|i€l  imYpOKp^ 
(fthnlich  im  cod.  Lips.  1275  f|  jül^v  fvoxoc  Ti|)  f|pu)lKifi  fielet  dm* 
Ypaq)f|  TOiauTT))  einen  gegensatz  zu  der  TrpaT|LiaT€iubbr]C  ausdrücken 
oder  nur  auf  das  heroische  versmasz  aufmerksam  machen  soll,  wage 
ich  nicht  zu  bestimmen;  ich  halte  ersteres  für  nicht  unwahrschein- 
lich, denn  obgleich  die  verse  des  Stephanos  dem  f|pu)tKÖv  Shioc 
wahrlich  fem  genug  stehen,  sie  haben  trotz  alledem  etwas  mehr 
Homerisches  geprftge  als  die  oben  zusammengestellten,  denen  sich 
bald  noch  einige  andere  an  die  Seite  stellen  werden :  man  vgl.  zb.  zu 
N  das  AavaoTc  KpdToc  diirace  mit  dem  Aavaoic  fifiuve,  zu  X  das 
Tpic  TTCpl  TeTxoc  &f\üv  Kidvev  *'€ktop*  'AxiXXcüc  mit  dem  farb- 
losem 6^Tiboc  TÖvoc  djKÖc  dirüLiXecev  ''€KTopa  biov  und  vor  allen 
dingen  zu  K  das  *Pr)COU  ttjv  KeqxxXfjv  IXc  Tub^oc  ulöc  mit  dem  frei- 
lich etwas  ganz  anderes  hervorhebenden  ä|üiq)OT^pu)V  CK0tTia£^|Li€V 
fiXuGov  ävbpec,  und  man  wird  nicht  zweifeln,  welcher  seite  der  Vor- 
zug zu  geben  ist.  das  für  die  Situation  in  M  gänzlich  unpassende 
6  b'  ^KOope  qpaibijLioc  ''Ektwp  (von  Bames  der  sacbe  entsprechend, 
aber,  so  viel  wir  wissen,  gegen  alle  hss.  in  £v6op€  verwandelt)  ist 
auszerdem  eine  ungeschickte  nachahmung  des  für  T  durchaus 
passenden  Kai  lK6op6  bioc  'AxiXXcuc  des  Stephanos,  und  den  correc- 
ten  Versen  des  letztem  steht  der  schlecht  gebaute  KdTTTra  b^  *Prjcou 
Tfiv  |]  K€(paXf)V  ä\e  Tub^oc  v\6c  gegenüber,  wenn  auch  nicht  diese 
beiden  zuletzt  erwähnten  misst&nde,  so  ist  doch  eben  die  plattheit 
und  gewöhnlichkeit  des  ausdmcks  dieser  (und  der  weiterhin  zu 
besprechenden  ihnen  ähnlichen)  TrpaTMOlT€l((ib€lc  imTpCKpoti  den 
für  sie  vorauszusetzenden  lehrhaften  zwecken  gerade  besonders  ent- 
sprechend. 

Die  sicher  anzunehmende  , nachahmung  des  Stephanos^',  die 
uns  das  ungeschickte  ^KGope  gelehrt  hat,  liefert  die  6ine  zeitgrenze 
für  die  bisher  angeführten  verse:  ihre  entstehung  der  zeit  dieses 
mannes  näher  zu  rücken  als  der  zeit,  in  welcher  sie  zuerst  vor  uns 

*'  auch  der  s.  583  angeführte  vers,  der  sich  auszerdem  im  Vindob. 
176  (Hom.  II.  ed.  Alter  II  s.  452)  findet,  Gf^ra  b*  diravrac  ^TpCH^ev 
'Axaiouc  "GKTOpoc  alxMr)  dürfte  darch  die  ebenso  aaslautende  im- 
Ypaqpn  des  Stephanos  zu  TT  beeinfluszt  sein. 


586  HSchrader:  die  hezametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rbapBodien. 

auftauchen,  veranlassen  uns  die  verhältnismäszig  sehr  unbedeutenden 
spuren  schlechter  oder  byzantinischer  verstechnik  und  spräche,  die 
wir  s.  584  zusammengestellt  haben,  wohlverstanden  ihre  ent- 
steh ung:  denn  die  schon  ftlr  das  elfte  jh.  nachgewiesenen  fehler- 
haften ummodelungen  nehmen  später  ihren  fortgang:  im  dreizehnten 
jh.  (im  Ambr.  A  181  sup.^  wird  die  ^TTiTpacpr)  zu  X  umgeändert  in 
Xi  TTpöfiov  "EKTOpa  Tpoiac  ^tX^'^  Tr^q>V€V  'AxiXXeOc,  einen  gegen 
das  dritte  Hilbergsche  gesetz  verstoszenden ,  ausserdem  cäsurlosen 
vers,  wie  sich  deren  Tzetzes  wohl  zu  schulden  kommen  läszt.  im 
vierzehnten  jh.  ist  dann  gar  aus  der  nicht  gerade  schönen  £TriTpaq)rj, 
wie  sie  zu  N  zuerst  Eustathios  darbietet,  im  cod.  Harl.  5600  ein 
NO  "EKTOpoc  €Öxoc,  AavaoTci  b'  iirrijLiuve  TToceiboJV,  und  vermut- 
lich um  dieselbe  zeit  (im  Vindob.  176  von  zweiter  hand)  aus  dem 
KdiTira  (bi.)  *Pr)Cou  Tf]V  KeqpaXfjv  usw.  ein  KdTTTra  b*  äpä  K6q)aXf|v 
*Pncou  IXe  Tub^oc  ulöc  geworden,  Verschlechterungen  die  keines- 
wegs mit  notwendigkeit  einer  nachlässigkeit  oder  willkttr  der 
Schreiber  der  betr.  hss.  zuzuschreiben  sind. 

Unter  solchen  umständen  ist  es  notwendig  den  angefangenen 
historischen  gang  der  Untersuchung  fortzusetzen  und  zugleich 
die  frage  aufzuwerfen,  ob  die  betr.  hss.  die  früher  nicht  nachweis- 
lichen ^TTiYpacpai  neben  solchen,  die  wir  schon  aus  Yen.  B,  Laur. 
XXXII  3  und  Eustathios  kennen,  aufweisen  oder  nicht. 

Ersteres  ist  der  fall  bei  dem  im  dreizehnten  jh.  geschriebenen 
Ambr.  A  181  sup.;  er  enthält  abgesehen  von  den  dtTiTpaq)a(  des 
Stephanos,  die  er  zu  A  — M  und  zu  0  hat,  auszer  den  hier  zu  K  N" 
C  T  Y.0  X  (vgl.  oben  z.  7)  V  Q  (vgl.  anm.  9)  bereits  angeführ- 
ten Versen  folgende  neue: 

Ei  Kpovibnv  KoJjLiiC€V  '*  düGpovoc  elc  öpoc  *'HpTi  und 

'Pdi  TTCpl  cujjLia  GavövToc  f ßn  MevAaoc  djLHJjiiiwv. 
ebenso  enthält  der  gleichfalls  dem  dreizehnten  jh.  angehörende  Laur. 
XXXII  8  neben  den  versen  des  Stephanos  zu  B  — Q  auszer  den  hier 
in  betracht  kommenden  diriTpacpai  zu  K  (ohne  das  bi)  A  T  (mit  der 
lesart  qpiXiav  anstatt  qpiXinv)  Y  O  X  Q  (in  der  form  '^Q  v^KUV 
"EKTOpoc  TTOTpöc  TTÖpcv  'AxiXcuc  fvbuüpa)  eine  neue  zu  f: 

rdjLijLia  bk  jLiouvo^dxiiccv  *AX^Havbpoc  MeveXdip, 
freilich  von  zweiter  hand,  also  vielleicht  in  einer  etwas  spätem 
zeit,  etwa  dem  vierzehnten  jh.  geschrieben. 

Nicht  vor  diesem  jh.  begegnen  wir  den  von  Stephanos  ab- 
weichenden ^TTiTpctqpai  zu  H  I  0  TT,  sowie  zweien  von  den  bisher  an- 
geführten abweichenden  zu  Z  und  6 : 

Der  im  j.  1366  von  Johannes  Presbyter  aus  Kreta  geschriebene 
cod.  Harl.  5600  hat  (abgesehen  von  den  ^TriTpOKpoci  des  Stephanos, 
die  er  auszer  zu  O  sämtlich  enthält)  nicht  nur  die  schon  im  elften 


*^  in  der  form  NO  b'  iiii  vriucl  fuidxilCt  Aavooia  b*  djuiuvc  TToccibtfhr. 
^*  mit  dem  HiiJigrangc  "HcpmcToc  *AxiXf)i.         '^  Laur.  XXXII  88  hat 
Koi^riccv. 


HSchrader:  die  hexametr.  übenohriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien.  587 

bis  zwölften  jh.  nachweisbaren  neuern  Überschriften  zu  K — N  and 
C — Q  '^  nebst  den  zuerst  im  dreizehnten  erscheinenden  zn  E  und  P^^, 
sondern  neu'^ 

OO  Zeuc  Tpu)d  ndXiv  kqI  ''Cktopi  KÖboc  £bu)K€V  und 
rii  TTdTpoKXoc  7T^q)V€v  CapiriTÖöva  Kai  Odvev  aöröc, 
sowie  zu  demselben  buche 

TTi  bi  veOüv  iTupa  Tp(I)U)v  (pita  q)övoc  TTarpoKXei. 
die  beiden  ersten  verse ,  und  zwar  genau  in  der  als  überliefert  er- 
wähnten form,  enthält  auch  der  ebenfalls  dem  vierzehnten  jh.  ange* 
hörige  cod.  Laur.  XXXII 11,  welcher  aUszer  den  versen  des  Stephanos 
(zu  A— Y  und  V)  zu  K  A  =  P— Q  das  bekannte  KdiTTra  bfe  "Pf\co\) 
usw.  '^  aufweist,  der  aus  derselben  zeit  stammende  Laur.  XXXII  38 
bringt  zu  den  bereits  bekannten  (K — M  H  Y — X**)  den  vers  Zffia 
Tub^oc  u\öc  djueivpaTO  TcOxea  fXaOKip  hinzu ,  mehr  der  Yratisl.  26, 
eine  pergament-hs.,  jedoch  jung:  denn  es  ist  ein  palimpsest,  und  der 
text  des  Homer  ist  über  einen  tezt  kirchlichen  inhalts  geschrieben '\ 
so  dasz  ich  der  äuszerung  La  Roches  (Hom,  teztkritik  s.  469,  72)  'die 
hs.  scheint  dem  13n  oder  14n  jh.  anzugehören'  kein  groszes  gewicht 
beilege,  trotzdem  läszt  sich,  da  beide  hSnde,  welche  in  diesen 
Überschriften  thätig  gewesen  sind,  zu  K — N  C  <t> — Q  die  uns  seit 
dem  elften  oder  zwölften  jh.,  so  wie  zu  Z  0  TT  die  aus  andern  hss. 
des  vierzehnten  jh.  bekannten  £mTpotq)ai  in  guter  form*'  überliefert 
haben  (dasselbe  gilt  von  den  versen  des  Stephanos) ,  das  neu  hinzu- 
kommende nicht  ohne  weiteres  vernachlässigen,  es  ist  folgendes : 
'Hia  bk  djLiaTÖeic*'  lev  dvrioc  "Cktopoc  ATac 
efiia  b'  ^v  "Ibij  ZeOc,  Aavaoiic  "EKTUip**  icpößrice 
'lOüia  bi  dXXiTdveucav**  'AxiXX^a  ndviec  'Axoioi. 

1'''  zu  K  ohne  das  auch  bei  Eustathios  fehlende  6^,  za  N  in  der 
oben  8.  586  erwähnten  fehlerhaften  form,  zu  Y  in  der  form  dEcT^Xccccv 
dYuivo,  zu  ß:  '*ß  v^kuv  "EKTopa  iraTpl  Xörpuiv  ir6p€v  d)Ki)C  'AxiXX€i3c 
mit  oberhalb  der  Knie  hinzugefügtem  TP'  iröpcv  'AxiXXcOc  £v6uipa. 

1^  zu  —  mit  Koijüiicev,  zu  P  in  der  form  *P(£i  ircpl  cubfia  ekxvövTOC 
^ßr]   EavOöc  Mev^Xaoc.  ^^  die   beiden  ersten   verse   gebe  ich  nach 

Lud  wichs  änderung,  der  codex  hat  Tp\b€C\  uudtTrdqpvc.  in  dem  dritten 
verse  scheint  mir  ein  TTaTpoKX€l  dem  iraTpÖKXei  des  codex  näher  zn  liegen 
als  L.8  TTaTpÖKXoio  oder  TTaTpÖKXou.  '*  auch  hier  ohne  das  hi^  zu 

£  Kcijuiicev,  zu  P  ebenfalls  ^ßr)  EavOöc  Mev^Xaoc,  zu  C  in  der  form 
ciYiaa  bä  T€iix€a  xaXd  £t€uE€  KOfidiv  *'Hq>aiCToc,  zu  Q  ebenso  wie  der 
nnm.  16  erwähnte  Harl.  6600.  "*  zu  K:  Kdirira  bä  Tf|v  K€q>aXif|V  usw. 
(ohne  Pricou),  zu  O  mit  ^öOcoc  anstatt  juiöOoc,  zu  X  mit  diröXecev  an- 
statt dTruüX€C€v.  2*  ich  verdanke  diese  mitteilung  so  wie  die  collation 
der   betr.   verse   der  gute  Eduard  Meyers.  **  zu  M  lautet  der  vers: 

MO  bä  luicixnv  Trpöc  tcIxoc,  ö  b*  l6op€  9.  **€.,  zu  N:  Aavaotci  flMUVC,  «u 
V:  dYuJva.  zu  ß,  wie  es  scheint:  "ß  v^Kuv  "GKTopa  noTpl  iröpe  *AxtX- 
Xeuc  ^v  öiüpoic  (daneben  der  des  Stephanos:  'ß  TTpidfiqi  V€Kp6v  uta 
Xaßibv  ÖOüpa  6iük€  ^AxiXXcOc).  —  Die  ^iriYpaqpai  zu  Z  0  und  TT  lauten: 
Zr\Ta  bi  Tub^oc  uiöc  d)ui€iij;aTo  T€Ox€a  fXaOKifi,  Oö  Tptifccci  irdXiv  xal 
"€KTopi  Kööoc  ?öujK€v,  TTi  TTdTpOKXoc  €iT€q)V€  Ccpitrjböva  Kai  ödvcv 
auTÖc.  *^  das  aljutaröeic  von  zweiter  band  überschrieben.  •*  der 

codex  "GKTOpoc.  ^^  unsichere  Vermutung;  in  der  hs.  scheint  zu  stehen: 
lOüxa  bi  XiTf)ci  dxiXX^o  Trdvxec  dxatoi. 


588  HSchrader :  die  hezumetr.  übersclirifteD  zu  den  48  Hom.  rbapeodien. 

Von  der  sich  somit  stückweise  zusammenfügenden  reibe  anszu- 
scblieszen  scheinen  dagegen  die  beiden  verse  A  Ära  Ocüüv  dropfl 
Ktti  TTdvbapoc  6pKia  Xuei  und  *Pui  Aavaoi  Tpuicc  T€  Tr€pi  v^kuv 
djLicpijLidxovTai.  ersterer  ist  nur  aus  dem  cod.  Vind.  241  durch  Alter 
(app.  ad  Hom.  Od.  s.  1007)  bekannt  geworden,  und  da  diese  übri- 
gens nur  vier  bücher  enthaltende  hs.  zu  f  den  vers  des  Stepbanos 
(sonst  keine  ^TriYpotcprj)  hat,  dürfte  der  hier  in  frage  kommende  als 
eine  Variation  des  ähnlichen  verses  eben  desselben  zu  A  aufzufiEtssen 
sein,  dasselbe  gilt  von  dem  verse  'Pui  Aavaoi  Tpdi^c  T€  usw.,  den 
wir  dem  Ambr.  J  4  sup.  und  in  fast  identischer  gestalt  dem  Vind.  .^9 
(in  der  Iliased.  Alter)  verdanken :  denn  wenn  beide  Codices  auch  sonst 
einige  der  sog.  iTpaTlLiaT6iuüb€ic  diriTpacpai  aufzuweisen  haben'*,  so 
ist  hier  die  ähnlichkeit  mit  dem  verse  des  Stephanos  noch  grösser 
als  bei  dem  zu  A  gehörigen. 

Diehss.  vom  elften  jh.  an  bieten  uns  also  neben  denen  des  Stepbanos 
fast  zu  allen  büchem  der  IHas  gut  beglaubigte  ^TTiTpaqMxi;  sie  fehlen 
nur  zu  A  B  A  und  €,  während  uns  zu  Z  6  und  TT  deren  je  zwei  über- 
liefert sind  '^ :  zu  Z  und  6  die  eine  zuerst  im  elften,  die  andere  zuerst 
im  vierzehnten  jh.,  zu  TT  beide  aus  demselben  (vierzehnten)  jh.  und 
Einmal  (vgl.  s.  587)  auch  in  einer  und  derselben  hs.  da  zu  den  übri- 
gen büchem  sich  in  den  zahlreichen  von  Ludwich  verglichenen  hss.** 
nur  je  eine  dieser  ^iriTpacpai  findet,  und  zwar,  wie  schon  die  obige 
historische  behandlung  derselben  gezeigt  haben  wird,  für  den  grösten 
teil  der  bücher  von  K  an  seit  dem  elften  und  zwölften  jh.  in  constan- 
ter  Wiederkehr,  so  finde  ich  auch  durch  diese  thatsache  das  oben  aus 
dem  ausdruck  des  cod.  Harl.  1771  f)  7TpaYlLiaT€iajbr)c  ^TriYpacprj  ge- 
folgerte, dasz  wir  in  ihnen  Überreste  einer  geschlossenen, 
dort  näher  charakterisierten  reihe  vor  uns  haben,  bestätigt. 

Die  uns  erst  nach  dem  zwölften  jh.  begegnenden  sämtlich 
als  spätere  ergänzungen  des  schon  früher  nachweisbaren  aufzufassen 
verhindert  mich  nemlich  der  umstand,  dasz  sie  zum  teil  denselben 
Charakter  wie  jene  haben,  und  sich  die  wenigen  in  ihnen  vorhan- 
denen spuren  schlechter  verstechnik  bei  den  durch  die  autorit-ät  ihrer 
Überlieferung  geschützten  ohne  weiteres  beseitigen  lassen. 

Für  das  zu  E  in  drei  bss.  überlieferte,  der  technik  etwa  des 


••  Ambr.  zu  K— M  und  C— Y,  Vind.  nur  zu  K  und  0.  "  den  im 
cod.  Ambr.  A  181  sup.  lu  X  überlieferten  vers  haben  wir  oben  alt 
Variante   der  gewöhnlichen   fansung  bezeichnet.  ***  ich   kann   nar 

unbedeutendes  hinzufUf^en:  der  cod.  Leid.  Voss.  64,  der  zu  allen  übrigen 
büchern  nur  die  4niTpci<pci(  des  Stephanos  hat,  hat  zu  A  und  P  ansier 
diesen  auch  die  irpaTM^^^ciii/beic.  die  editio  princeps  Homeri  (Florens 
1488)  gibt  zu  0  die  Überschrift  0t  ^löOoc  AiaKiöao  usw.,  zu  allen  ubri- 
fren  büchern  die  des  Stephanos.  der  cod.  Vrat.  25  (bei  La  Roche  ao. 
s.  469,  74  mit  d  bezeichnet),  der  nur  N— Q  enthUlt,  hat  an  C  Y  nnd  0 
die  ^iriTPOcpai  C(T)üia  bi  T6ux€0  T€0E€  usw.,  T  MOKÖpuiv  iyoni]  oaw.,  01 
|üiö9oc  AiaKibao  usw.,  zu  den  übrigen  büchem  die  verse  des  Stephanos. 
unter  diesen  hat  er  in  dem  zu  Q  gehörigen  die  lesart:  *fi  TTp(0|toc 
v^KUV  uTa  Xaßdjv  bwpa  6üjk€v  *AxiXX€l  (vgl.  oben  t.  579). 


HSchrader:  die  bezametr.  Überschriften  za  den  48  Hom.  rhapsodien.  589 

Tzetzes  entsprechende  Koijüiicev  gibt  nemlich  eine  hs.  des  vierzehnten 
jh.  selbst  (vgl.  anm.  15)  Koi^Ticev,  was  schwerlich  eine  correctar 
ist ;  das  zu  TT  in  allen  hss.  fiberlieferte  TTi  TTdrpOKXoc  n^(pv€  Cäp' 

TTiiböva  ist  von  Lud  wich**  in  TTi  FTäTpOKXoc  ni(pv€y  Capmiböva 
hergestellt  worden,  dagegen  dürfte  das  zweisilbige  ii&ra  in  der  im- 
Tpacpr)  zu  I  ebenso ,  wie  es  mit  dem  verse  des  Btephanos  geschehen 
(s.  580)  ist,  auf  eine  ungeschickte  umftnderung  einer  ftltem  iassang 
zurückzuführen  sein ,  wenn  man  es  nicht  vorzieht  den  sich  nnr  Ein- 
mal und  erst  spftt  vorfindenden,  auszerdem  schlecht  überlieferten 
vers  für  eine  ungeschickte  Improvisation  eines  copisten  zu  halten, 
ebenso  wie  sicher  der  gleichfalls  nnr  Einmal  vorkommende,  an  den 
klang  der  verse  des  Tzetzes  erinnernde,  gegen  das  dritte  Hilbergscbe 
gesetz  verstoszende  vers  TTt  hk  V€iXiV  irupa  Tpiliwv  q>()la  q)övoc 
fTaTpoKXeT  zu  beurteilen  ist.  ähnlich  könnte  die  thatsache,  dasz  sich 
zu  Z  und  6  im  vierzehnten  jh.  von  den  im  elften  jh.  nachweisbaren 
^TTiTpacpai  unabhängige  (Zf)Ta  hk  Tub^oc  v\6c  usw.  und  6f)Ta  b'  £v 
^Ibr)  Zeuc  usw.)  finden,  zu  erklären  sein;  wenn  sie  nicht  in  der  präzis 
schon  seit  älterer  zeit  neben  den  andern  im  gebrauch  waren  (was 
ja  möglich ,  aber  nicht  zu  entscheiden  ist) ,  sind  sie  für  improvisa- 
tionen,  und  zwar  in  diesem  falle  für  nicht  ungeschickte,  eines  der 
Schreiber  der  Codices  zu  halten,  da  bei  erste rer  eventualität  sich 
nicht  behaupten  läszt,  dasz  die  ältere  quelle  das  ursprüngliche  be- 
wahrt hat  (vgl.  oben  s.  584),  nehme  ich  in  der  folgenden  zasammen- 
stelluDg  der  reconstruierten  reihe  zu  Z  und  6  bei  d e  Überlieferungen 
auf.  ein  dem  verse  vorgesetztes  ^  bezeichnet ,  dasz  es  aus  andern 
gründen  zweifelhaft  ist,  ob  er  überhaupt  dieser  reihe  einzufügen  ist.  ich 
gebe  die  verse  in  der  für  sie  vorauszusetzenden  ursprünglichen  form : 

A 

B 

rdjLifia  b^  jLiouvofidxTicev  'AX^Havbpoc  MevcXdifj 

A 

e 

*  Z  n  T  a  Geäc  '€Kdßn  ^ttI  toü vaci  tt^ttXov  ?8tik€V  (vgl.  s.  584) 

—  be  Tub^oc  uWc  d^eiipaTO  reüx^ct  rXaiiKüJ 
'H  T  a  bt  aljuaiöeic  Tev  dviloc  *'€KTopoc  Atac 

9  fi  T  a  b'  airavTac  f Tpevpcv  'Axaiouc  "eKTopoc  aixMrj 

—  b*  ^v  "Ibr)  Zeuc,  Aavaoilc  *'€ktujp  iq>6^r\cev 
*'la;Ta  be  ^XXiidveucav  *AxiXX^a  irdviec  'Axaioi  (vgl.  s.  587) 

KdTTTra  be  Tr|cou  Tf)v  K€(paXf|v  ?Xe  Tub^oc  uWc 

A  d  |u  ß  b  a  b'  ^vi  TTpojLidxoici  MiTr)  ßaciXeüc  'ATttjüi^^vuJV 

M  0  be  judxn  TTpöc  reixoc ,  6  b'  f KOope  q)aibi)iOC  *'€ktujp 

N  u  b*  ^TTi  VTiuci  jLidxri  Aavaoic  fjjiiuve  TToceibtuv 

E  i  Kpovibriv  KCijuncev  ^üGpovoc  elc  öpoc  "Hpri 

0  u  Zeuc  Tpwcl  TidXiv  kqI  "Ektopi  Kuboc  ^wkcv 

<>  derselbe   citiert  a  i.  Straton  in  Anth.  Pal.  XTI   217,   6   Toiqi   iy\ 

KXicir]  TepTTÖ/ievoc  TTaxpÖKXqj. 


590  HSchrader:  die  bezametr.  Überschriften  zu  dea  48  Hom.  rhapsodieo. 

m  TTdipOKXoc  TT^qpvev  Capirriböva  Kai  8(iv€V  auTÖc 
'Pol  7T€pi  cujjLia  9av6vTOc  Ißn  Mev^Xaoc  dmjfiiwv 
CiTM«  ^^  T€ux€a  T€ÖHe  Kajuibv  "HqpaiCTOc  'AxiXXeT 
Tau  qpiXiTiv  EuveöevTO,  TT^irauTO  bi,  jiiriviboc  dpxn 
*Y  juaKoipiüV  dvoTif)  Kai  cpOXomc  Oupaviübvujv 
01  jLi69oc  AlaKibao  irap'  r^iövac  TTOTajiioio 
XT  0^Tiboc  TÖvoc  uiKuc  diriiXccev  "EKTOpa  biov 
VT  ndipoKXov  KXaie  Kai  dHeieXeccev  dTÄvac 
'Q  v^KUv  "€KTopa  Tiaipi  XuTpujv  Tiöpev  iwküc  'AxiXXeOc. 
Die  bevorzugung,  welche  die  bücher  von  K  an  in  hinsiebt  der 
zahl  und  der  sichern  Überlieferung  der  ^TTiTpacpai  vor  den  vorher- 
gehenden büchern  aufzuweisen  haben ,  ist  schwerlich  ein  zufal) ;  die 
sich  gerade  von  K  an  auffallend  wiederholenden  versausgänge  bei 
Stephanos  (vgl.  s.  582)  musten  es  wünschenswert  erscheinen  lassen, 
anstatt  ihrer  andere  versus  memoriales  benutzen  zu  können,   für 
manche  der  übrigen  bücher  —  ja,  es  würde  nach  der  oben  gegebenen 
Zusammenstellung  nicht  ausgeschlossen  sein  zu  sagen:  für  alle  — 
mag  man,  da  ein  solcher  misstand  nicht  vorlag,  zunächst  darauf  ver- 
zichtet haben  neue  zu  ersinnen. 

III. 

Zur  Odyssee  mögen  hier  die  ^TTiTpacpai  mit  kritischem  material 
versehen  folgen,  nicht  sowohl  weil  ich  in  nicht  wenigen  lesarten  von 
dem  Lud  wichschen  texte  abweiche,  als  besonders  deshalb,  weil  ich 
das  von  demselben  zusammengestellte  material  noch  durch  drei  hss., 
auf  deren  Varianten  von  dem  von  mir  gegebenen  texte  ich  mich  be- 
schränke, vermehren  kann,  nemlich  den  Ambr.  B  99  sup.  (ungefähr 
1300),  Marc.  cl.  IX  4  (saec.  XIV)  und  Vindob.  133  (saec.  XIII).  über 
den  ersten  (Ambrosianus),  der  die  dTTiTpaqpol  zu  a — <p  enthält, 
habe  ich  auf  grund  einer  neuen  vergleichung  näheres  im  Hermes 
XXII  s.  338  mitgeteilt;  über  den  Marcianus,  der  nur  a — Z,  hat, 
desgleichen  im  philol.  anz.  XVII  s.  44B,  1 ;  über  den  wichtigen  €  45 
—  u)  extr.,  und  also  die  diriTpacpai  von  l  an  bis  zu  ende  enthaltenden, 
bisher  nicht  nach  gebühr  gewürdigten  und  benutzten  Vindo- 
bonensis,  den  ich  durch  die  seitens  der  k.  k.  hofbibliothek  gütigst 
bewilligte  Übersendung  an  die  Hamburger  stadtbibliothek  hier  habe 
vergleichen  können,  bemerke  ich,  weiteres  einem  andern  platze  vor- 
behaltend, hier  nur  das,  dasz  er  nachweislich  das  original  dos 
Ambr.  K  ht  und  also  die  scholien  desselben,  die  bekanntlich  —  um 
von  den  .spätem  ergänzungen  abzusehen  —  mit  8  385  aufhören, 
von  daselbst  an ,  sowie  auch  an  den  stellen  der  bUcher  Z  r\  und  0 
(vgl.  Hermes  XXII  s.  346),  wo  die  verlorengegangenen  blätter  des 
Ambr.  eine  spätere  ergänzung  gefunden  haben,  auf  das  will- 
kommenste ergänzt,  die  sei  es  auf  grund  anderer,  von  Lud  wich 
angeführter  hsl.  lesarten,  sei  es  nach  conjectur  von  mir  vorge- 
nommenen änderungen  werden  unten  am  gegebenen  platze  ihre  be- 
^M'ün<lung  finden,    die  dmTpocpai  lauten  also: 


HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien.  591 

äXqpa  9€i£)V  äTOprj,  'Obuccibqi  rToXXdbi  Odpcoc 
ßnt'  dropfjv  Ix^Xj  f{\a  TPn^c,  ttXoOv  fiCT*  'AOdvac 

T<i]Lm'  ÖTTÖ  N^CTUüp  b^KTO,  CUVUUpTO  b*  8c  ull,  0€&  b'  ilTVf] 

beXra  jiidO*  djucpi  irarpöc  nap'  'ATpeiba  XoxubM€VOC  ulöc 
.  el  TiXei  dirl  cxebiric  'Obuccuc  KeaOeiciic  növrcji  5 

^IfiTa  b^  NauciKda  köjliic'  iv  Cxcplq  'Obucfia 
fjia  b'  ^uqppov^ouc'  'ObuceT  Cxepiiic  ßaciXf)€C 
Gfita  b'  öGXoic  0a{TiK6c  'Obuccfioc  ircipiiGev 
.  iOüTa  Td  AiüTOcpdTiwv,  Kikövuuv  cuv  KijkXuii|i*  dciiv 
K  d  TT  TT  a  b'  f  x'  AiöXou ,  AaicipuTÖvuiv  kqI  Ktpicrjc  ?pTa         lO 
XdjLißba  b*  €v  'Aibeu)  vpuxaTc  dv^Tuxev  'Obucccöc 
ixv  Ceipnvac  ix^x,  FIXaTKidc  t'  Ibi  ßoöc  'AeXiou 
V  0  19dKTic  ini^Y]  OairJKCüv  tto^tt^  'Obucccuc 
E  T  b'  'Obucf^a  Heivicev  €ö|üiaioc  drpjf»  öcpopßöc 
ou  ^TT^ßn  MGdKiic  'Obuccibric  ^k  Aakebai^ovoc  16 

TTi  b'  dpa  TriX^inaxoc  dvatviupCZei  irax^p*  iov 
^\jj  ßdXec,  atiTÖXe  t€  jüivtictiip  t€,  kOuiv  8v  dv^TVU) 
citm'  fpiv  "Ipou,  €Öxoc  'Obucc^uic  bdjpd  t'  dvdKTUiv 
Tau  b'  dvttTvuüpiJei  dE  ouXfic  tP^Oc  'Obucfja 
u  ßpoviaic  Zcuc  Gdpcuv*  'Obuccda  Kai  cx^G*  *Axaiouc  20  ♦ 

(pxbk  ßiöv  TTpoTiGric'  dGXov  euvfjc  TTtivcXöncia 
X  i  'Obuceuc  juvriCTT^pac  dKalvuTO  yr\Ki\  xaXxtP 
v|i  i  b'  dvaTVUjpi jei  ttöciv  8v  ttot€  TTiiV€XÖTr€ia 
iL  b'  'Obuceuc  CUV  Traipl  Kai  xAix  ii&xei'  'AxaioTc. 

1  a  eeOüv  dr.  B  (Ambr.)  |  ö6uccii(&<Ji  M(arc.),  ö6uccT|(bi  B  |  2  ß"  b'  dTopi?|V 
^Xei  B,  ßf^xa  b"  Afop.  ^x*  ^  I  3  öirov^CTiup  BM  |  uli  e  codice  b  Ludwichii 
(Vat.  24)  dedi  (v.  infra);  uTic  BM  |  Gcd  b'  luTT]  B  |  6  ^.  (una  litt,  erasa) 
M  I  K€  .  .  6e(cr]C  (vac.  spat.  int.  €  et  6  rel.)  B,  öbucceOc  K€o9€(ct]C  M  | 
6  ööuccf^a  B  I  7  ^  ö'  ducppov^ouc'  B  |  b'  supra  lin.  add.  V(ind.)  |  9  xd 
om  B  I  11  Xdßba  V  I  12  deXCoio  V,  irXaTKTdc  \bi  ßoOc  dX(oio  B  |  13  ini^r\ 

.  airjKUJV    (una    litt,    erosa)    V  |  14  EO   B  |  66ucf^  .  EcCvic ßoc 

(plurima  evan.)  V  |  17  aliröXc  ^VT^CTrip  T€  B  |  ßdX  .  .  (duae  litt,  erosae) 
alTTÖXe  re  V  I  18  ciTHa  ö'  äpiv  ipou  BV  |  ööucc^oc  B  |  öOöpa  T*  dv.  BV  | 
19  öbuccna  V  I  20  B  alteram  iiriTpaq)i?|V  habet,  v.  infra  |  21  q>l  B  |  dO ... 
€uvfic  H,  deXov  eOvfJc  V  I  22  x(  ööucccOc  V  |  24  Co  b'  (supra  lin.  add.)  | 
uUi  |ua (rel.  avuls.)  V;  constat  de  versa  e  Ludwichii  codicibus. 

N  u  r  zu  u  gibt  es  noch  einq  andere  inxypa(pf\ :  ij  bk  6€OkXi3^€VOC 
KOKa  bf|  jLiavT€U€T'  'Axaioic,  welche  sich  in  B  an  stelle  der  oben  an- 
geführten (mit  der  lesart  jLiavT€U€  T*)  und  in  V  nach  dieser,  mit  der 
Überschrift  ?T€poc,  findet  (auszerdem  in  zwei  Vaticanischen  Codices, 
ebenfalls  nach  obiger). 

Von  diesen  21  versen  sind  nur  sehr  wenige  ohne  metrische  und 
sprachliche  Sonderbarkeiten  bzw.  —  wie  es  wenigstens  zunftchst 
scheint  —  fehlem,  diese  anstosz  erregenden  verse  für  ummodelungen 
älterer  und  correcterer  formen  zu  halten,  wie  ein  solcher  Vorgang 
bei  mehreren  dTTiYpacpai  der  Ilias  bemerkbar  ist,  hindert  uns  die, 
abgesehen  von  lischt  in  betracht  kommenden  kleinigkeiten,  ein- 
stimmige Überlieferung  der  hss.:  es  fehlt  an  jeglicher  spur  einer 
correctein  form  der  betreflfenden  verse,  wie  wir  einer  solchen  zudem 


592  HScbrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien. 

erstem  epos  selbst  bis  zu  viel  spätem  bss. ,  als  es  die  ftltesten  der 
Odyssee  sind,  begegnen,  auch  Eustatbios  —  und  darauf  ist  be- 
sonderes gewicht  zu  legen  —  kennt  keine  Ijüi^erpoi  ^mTPOtqMxi  zur 
Odyssee:  entweder  existierten  deren  noch  nicht,  oder  wenn  die  uns 
bekannten  existierten,  hielt  er  sie  für  unter  dem  niveau  seines 
Werkes,  das  einen  für  seine  zeit  höchst  anzuerkennenden  wissen- 
schaftlichen Charakter  hat. 

Auch  diese  ^iriTpacpai  sind  nemlich  ohne  zweifei  in  dem  oben 
besprochenen  sinne  als  7TpaTM0tT€lUüb€lc  zu  bezeichnen,  freilich  als 
solche ,  die  einer  viel  spätem  zeit  angehören  als  die  zur  Ilias.  das 
metrum  derselben  nach  der  norm  besserer  muster  beurteilen  bzw. 
regeln  zu  wollen,  wie  es  in  altem  ausgaben,  zum  teil  auch  noch 
von  Lud  wich,  mit  der  herstellung  eines  AuJTOq)dTUiv ,  KiKÖVU)V  CUV 
KukXu)tt6cciv  iüüTa  oder  ou  V  i'ni^r\  lOäiciic  AaKebaijüiovoc  l£ 
'Obuceibnc  geschehen  ist,  t^eruht  auf  einem  falschen  gesichtspunkte. 
da  sie  sich  im  dreizehnten  jh.  zuerst  nachweisen  lassen  und  deutliche 
spuren  der  verstechnik  des  diesem  vorausgehenden  Jahrhun- 
derts verraten,  sind  sie  nach  dem  maszstabe  der  hexametrischen 
poesie  eben  dieses  Zeitraums,  also  der  des  Theodoros  Prodro- 
mos  und  des  Johannes  Tzetzes  zu  beurteilen  und  nur  nach 
diesem  vielleicht  zu  verbessern. 

Die  hexameter,  die  des  Tzetzes  compendium  und  ergftnzung 
der  Ilias  bieten,  sind  bekannt  genug  und  zb.  auch  in  Hilbergs 
'princip  der  silbenwägung'  als  abschreckende  beispiele  jenes  princip 
verletzender  'stümperhafter'  verse  angeführt  worden,  zu  ihnen 
hinzu  kommen  die  einleitenden  und  abschlieszenden  verse  des  lehr- 
gedichts  TTCpi  fi^Tpwv  (anecd.  Oxon.  III  s.  302  ff.),  9  hexameter  die 
das  vierte  buch  der  chiliaden  beschlieszen,  17  den  an  bang  des  genann- 
ten Werkes  eröffnende  toG  auToO  CTixoi  f)pu)iKoi  und  andere,  ungleich 
ungünstiger  hat  sich  bis  jetzt  die  Überlieferung  der  hexameter  des 
Prodromos  gestaltet:  für  die  reiche  fülle  des  im  cod.  Yat.  gr.  305 
enthaltenen  materials  sind  wir  bis  jetzt  noch  fast  ausschlieszlich  auf 
die  spärlichen  mitteilungen  von  de  la  Porte  duTheil  in  den  ^notices  et 
extraits'  bd.  VI — VIII  angewiesen,  nur  für  die  auch  in  dieser  hs. 
(not.  et  extr.  VI  s.  519;  VIII  2  s.  208)  enthaltenen  iambi^chen  und 
hexametrischen  tetrnsticha  auf  die  erzähl ungen  des  alten  und  neuen 
testaments  Uäw.  steht  uns  eine  153G  in  Basel  erbchieuene  ausgäbe *'\ 


^  KupoO  0€o6i(>pou  ToO  TTpobpöjüiou  ^niTpdmuiaTa  die  iroXaiöraTa, 
oÜTUj  Kai  cOccßdcTara,  ^v  oTc  ndvra  rnc  ^Kor^pac  bia6nKr|c  KCipdXaia 
iJüc  ÖXßiuÜTara  cuXXaMßdvovrai ,  kqI  t'  dXXa  tiv6,  &  irivaE  t^  ^iro^^vi] 
ccXibi  iöia  br)Xol.  Haftileao  iipnd  loannem  Rebelinm.  1586.  8.  diese 
dXXa  Tivd  Hiurl,  was  die  daktylischen  gewichte  (»etrifft,  toO  aÖToO  TCTpd- 
CTixa  laußela  xal  r)pu)a  €lc  touc  6tiouc  xpcic  Icpdpxac  (Oref^orio.^,  B«si- 
leios,  Chrysostomus),  ToO  aÜToO  iTpocq>u)VTiTpol  clc  t6v  fi^ov  dnöCToXov 
TTaöXov  ^ili'jric),  öfioioi  €lc  töv  OcoXötov  fpnT^piov,  6^0101  clc  Töv  fi^Tov 
BaciX€iov,  ÖMOioi  €(c  töv  XpucöCTO^ov,  0|ioioi  €(c  TÖV  rpr)T<^piov  Nucc^a, 
€k  TÖV  dxtov  NiKÖXaov  öfioioi.  ich  eitlere  (zb.  a  S')  nach  der 
bogcusignat iir  eben  dieser  leider  nicht  paginierten  aatf  abe. 


HSchrader :  die  hexametr.  überBchriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien.  693 

welche  auf  einer  nach  einem  Yon  Simon  Orjüttas  aus  England  mit- 
gebrachten codex  von  Johannes  Honter  genommenen  abschrift  be- 
ruht, zu  geböte,  deren  entstehung  und  beschaffenheit  eine  neue ,  auf 
dem  Vat.  fuszende  ausgäbe  des  in  mehr  als  6iner  hinsieht  interessan- 
ten Werkes  erst  recht  wünschenswert  erscheinen  läszt*  kritisch  ge- 
nügend ediert,  aber  dem  umfange  nach  verschwindend'*  sind  die 
in  dem  poetischen  roman  des  Prodromos  rd  Karä  Tobäv6r)V  Kai 
AociKX^a  sich  findenden  9  hezameter  eines  Orakels  {TS.  196 — 204). 
Die  von  Hilberg  in  seinem  für  diese  Studien  hoch  bedeutungs- 
vollen aufsatze  'kann  Theodoros  Prodromos  der  Verfasser  des  XpiCTÖC 
Träcxuiv  sein?'  (Wiener  Studien  YIII  s.  283  fif.)  für  den  iambischen 
senar  des  genannten  und  anderer  ungei&hr  zeitgenössischer  dichter 
aufgestellten  gesetze  finden  sich,  wenn  auch  weniger  streng  gehand- 
habt und  durch  manche  freiheiten  vermehrt,  auch  in  den  daktylischen 
Versen  des  Prodromos  und  in  noch  freierer  handhabung  in  denen  des 
Tzetzes  (vgl.  den  excurs).  da  kurzes  a  t  und  u  im  Inlaut  (wie  auch 
im  anlaut)  bei  beiden  ohne  weiteres  als  längen  gebraucht  werden, 
liegt  nicht  der  geringste  grund  vor  in  unsem  dniYpOKpcii  das  tvi- 

TÜxev  (X)  oder  jnäxeT'  'AxQioTc  (u))  in  frage  zu  ziehen,  ebenso  wenig 

umgekehrt  das  9€ä  V  f tttt]  (t)  ,  AaicrpÖTÖVuiv  (k)  und  Gdpcuv'  (u) 
mit  kurzem  a  und  u :  denn  die  kürzung  des  langen  i  und  u  ist  un- 
eingeschränkt; die  des  ä  allerdings  an  gewisse  einschränkungen  ge- 

bunden ,  denen  Oeä  jedoch  nicht  unterworfen  ist.  die  kürze  des  a  in 
dem  durch  krasis  entstandenen  fiOXoic  (6)  und  dOXov  (q))  ist  freilich 
hart  und  durch  kein  beispiel  aus  den  oben  genannten  gedichten  zu 
belegen;  doch  nimt  Hilberg  ao.  s.  289  an  dem  senar  der  Amicitia 
exsulans  des  Prodromos  225  ^fioi  KaTCTTpäHavTC  Touc  TÖcouc  dOXouc 
nur  wegen  der  Stellung  im  sechsten  fusze  anstosz  und  räumt  selbst 

für  Prodromos  ein  KaYU)  für  den  zweiten  versfusz  ein  (vgl.  Horcher 
erotici  Script,  graeci  II  s.  LI),  so  dasz  an  der  Überlieferung  kein 
anstosz  zu  nehmen  ist.^'  dagegen  bedarf  die  frage,  ob  zu  b  das 
überlieferte  'Arpeiba  und  zu  jii  das  von  mir  hergestellte  'AcXiou 
(oder  das  äXioio  der  hss.)  mit  kurzem  a  zu  gestatten  ist,  einer 
weitem  auseinandersetzung. 

^^  dasselbe  ^ilt  von  den  im  dritten  buche  des  Niketas  Eugenianos 
(tOüv  KUTd  ApöciXXav  Kai  XapiKX^a)  v.  263  S.  erhaltenen  hexametern, 
die,  weil  überhaupt  mit  der  tcchnik  des  Prodromos  in  den  bauptsachen 
übereinstimmend,  liier  bei  seite  gelassen  werden  konnten,  in  zweiter 
linie,  dh.  wo  die  genannten  keine  analoga  darbieten,  werden  deren  in 
einigen  der  von  Cramer  in  den  anecd.  Paris.  IV  s.  266  ff.  edierten, 
freilich  der  zeit  nach  nicht  sicher  genug  zu  fixierenden  gedichte,  über 
deren  Zusammenhang  mit  der  Palatinischen  anthologie  CDilthej  vor 
dem  index  schol.  Gott,  somnier  1887  zu  vergleichen  ist,  za  sacken  sein. 

'^  auch  der  im  vergleich  mit  Prodromos   freilich    sehr   incorrecte 

Ephraemios  hat  v.  3365  uOXouc.  Ladwich  beruft  sich  auf  das  bei  Greg. 
Naz.  (Anth.  Pal.  VIII  166,  3)  überlieferte  äeXf^iaxa  und  äeXTjxalc. 

Jalirbücher  für  clasg.  philol.  1888  hft.  9.  89 


594  HSchrader :  die  bezametr.  überscliniteD  zu  den  48  Hom.  rhaptodien, 

'Dasz  Tbeodoros  Prodromos  bisweilen  aus  metrischem  bedürf- 
nis  die  accentaation  und  ortbographie  änderte,  auch  bie  undda 
von  dialektformen  gebrauch  machte'  (Wiener  Studien  VIII 
S.290, 9),  findet  sich  auch  durch  seine  hexameter  bestätigt,  für  welche 
ihm  die  Verwendung  dorischer  oder  vermeintlich  dorischer 
formen  um  so  näher  liegen  muste,  als  er  deren  auch  sonst,  ohne  prak- 
tische gründe  dieser  art,  zum  aufputz  seiner  verse  gebraucht"  und 
in  seinen  hexametem,  um  eine  kurze  silbe  mehr  zur  Verfügung  zu 
haben,  nicht  selten  die  epischen  genitive  auf  -dwv  und  -ao  mit 
kurzer  pänultima 'Verwendet,  in  scheinbar  dorischen  formen 
wie  tetr.  in  ludd.  (b  ß^)  (b  TdXav,  übe  Kpabiriq)iv  öq)iv  bieO^p- 

jLiävac  oöXov  und  in  Exod.  (t  2')  5c  T^uKävq  kqkItic  |üi€poTr€ir]C 
vdjLiaTa  TTiKpd  braucht  freilich  keine  bewuste  substituierung  einer 
dialektischen  form  angenommen  zu  werden":  denn  ein  iOipixava 
wenigstens  wird  schon  von  Phrjnichos  als  napa  Tf)V  dpxoiloiv  XP^^^V 
getadelt  (s.  24  Lob.)*  dagegen  gehört  ohne  frage  hierher  tetr.  in 
Levit.  (t  3^),  wo  es  von  der  ausstaffierung  Aarons  heiszt  ZuiVT)  6* 

ÖTTobuTTic  TC  ^TTWjLiic  T*,  ^v  bfe  XoTcTov  |  brjXujcic  T*  dXäOetd  T€ 
xal  TT^TaXov  fieid  jiiiTpnv,  in  Numer.  (y  6*"),  wo  der  esel  desBileam 
angeredet  wird:  oö  ttot^  fioi  Kpamvfiv  dm,  bucTdve,  Tflpwv 
deiceic,  in  los.  (t  8')  Ü(pe\  cibap^iu  ttpiLtuüc  }xk\  'Aßpdjüi  7T€pi- 
T^fAvei  I  ulac  douc",  in  der  elegie  auf  den  h.  Chrysostomos  der  vers, 
wo  Prodromos  diesen  ua.  als  bÖTjuaroc  euciTÖpou  K(6apiv  eöjüieXto 
verherlicht. 

Hat  aber  ein  in  der  verstechnik  keineswegs  zu  den  schlechtesten 

>'  zb.  Rbod.  et  Dos.  IX  196  ff.  in  den  orakelversen  (n.  201  bei 
Hendess)  2IuüOTp6q>ov  norl  vdcov  und  dXuKTOii^bgci  aödpou,  tetr.  in 
Genesin  (ß  S")  övaro,  in  Kxodam  (ß  8')  ab*  iy\h  ä  Muicftoc  iboO  irdXiv 
^XuOa  ^dßboc,  in  ludd.  (b  2')  TXaf£ov  'AbuivißeZ^K,  in  ev.  loannis  (6  8') 
XcXäOÖTac,  in  Acta  apost.  (t  6 ')  l(pa.  eine  atrophe  aaf  den  heil.  BiiBileios 
(k  6^)  nimt  soear  den  anlauf  zu  kühnem  dorismen:  di  x^^P^^^^^  P^d, 
Cupav  KoX^ovTi  c€  irdvTCC  |  fixav  ßapßapixdv.  *6XXav{bi  b*  uiötöc  ^icku» 
usw.  (das  folgende  scheint  corrupt).         ^*  zb.  tetr.  in  Gregor,  theol.  (k  1 "] 

6€&U)v,  epigr.  in  Paul.  (X  6')  ^iriCToXduiv,  wiederholt,  ua.  tetr.  in  Chrjsost. 

(X  20)  T&UJV,   in   einem   pentameter   des  not.    et  extr.  VII  8.  267  ver^ 

öffentlichten  gediclits  sogar  äjuiCT^pujv  x^pdwv  JIcOtoc,  tetr.  in  Regg.  III 
(r  V)  irOp  KQl  dir*  *HX{äo  riiXUiTdo  bdiov  flcpön,  in  ev.  Matth.  (6  2') 
'Aibdo  ^K  iTuXcUivwv ,  epigr.  in  Gregor.  (X  6^)  iTf)^a  CaßcXXiöo,  irf)fia 
MaKcboviou.  '^  über  tetr.  in  ludd.  (iamb.  6  3')  oö  Tf)c  <p&vaCTic  Xa^- 
irdöoc,  6€oO  pövou  ist  das  urteil  schwieriger:  schon  in  den  LXX  teigen 
sich  in  den  zweiten  aorist  hinüberspielende  formen  von  (paCvui  (t.  bopho- 
cles  Grcek  lex.  of  the  Roman  and  Byzantine  periods  udw.),  wie  aach 
Prodromos  sonst  noch  (not.  et  extr.  VIII  2  s.  184)  in  einem  hexameter 
die  form  fKq>dv€  hat.  *'  ebenso  tetr.  in  ev.  loannis  (6  8')  cibäp^i[|C 

X6TX13CI.  auch  der  geometer  Johannes,  der  in  seine  litanei  bei  Gramer 
an.  Par.  IV  s.  314  ein  KuiTvoc  d)C  T€vö|iav  und  irpdc  ßuMv  txpa- 
nöfiav  als  unschuldige  arabesken  verflochten  hat,  gebraucht  in  dem 
freilich,  wie  es  scheint,  nicht  fehlerfrei  überlieferten  verse  bei  Cramcr 
s.  294,  2  (vgl.  Dilthcy  ao.  s.  22,  1)  ciö&poc  mit  fi. 


HScbrader:  die  hexametr.  Überschriften  sa  den  48  Uom.  rhapsodien.  595 

byzantinischen  dichtem  gehörender  Theodoros  Prodromos  —  die 
hier  besprochene  freiheit  nimt  sich  Tzetzes,  der  sich  auf  andere 
weise  zu  helfen  weisz^  nicht  —  kein  bedenken  getn^n  den  er- 
wähnten kunstgrifif  zu  benutzen,  so  ist  sicherlich  kein  gnmd  vor- 
handen das  irap'  'Aipclbä  Xoxtüjüicvoc''  ulöc  der  b-£inTpaq)fj  zu 
beanstanden,  freilich  läszt  sich  sonst  kein  aus  metrischen  gründen 
hervorgerufenes  eintreten  eines  -a  für  das  -ou  des  genitivs  nach- 
weisen, doch  halte  ich  trotzdem  diese  lesart  für  wahrscheinlicher  als 
das  nicht  unbedeutendem  bedenken  unterliegende  'ATpeföqi  (vgl. 
Hercher  erot.  Script,  gr.  II  s.  LII),  das  aber  seinerseits  wieder 
weniger  anstöszig  als  'ATpeibi)  und  also  ebenso  gut  mit  bedacht  ge- 
wählt sein  würde,  in  beiden  flülen  verstehen  wir  jetzt  die  sonst 
schwer  verständliche  häufung  der  dorismen  gerade  in  den  ersten 
£iTiTpaq)ai:  'Obuc€ib(;i  (ohne  zweifei  die  richtige  lesart,  vgl.  s.  600), 
ttXoOv  fiET"  'AOdvac  und  'Arpeibo.  ^ist  dies  schon  tollheit,  hat  es 
doch  methode."® 

Mich  entschieden  für  ein  an  und  für  sich  mögliches  ^0  Cetpf)- 

vac  lx€i;  nXatKTdc  t'  (om.  Ambr.  B)  \bk  ßoOc  *ÄXloiO  auszu- 
sprechen würde  ich  kein  bedenken  tragen,  wenn  nicht  die  nicht 
deXioio  darbietenden  hss.  die  form  dXfoio  (mit  spir.  lenis)  auf- 
wiesen, da  es  näher  liegt  dies  aus  einem  viersilbig  verstandenen 
deXioio  als  aus  einem  verschriebenen  dXioio  abzuleiten,  und  bei 
einem  ursprünglich  vorhandenen  dcXioto  die  in  allen  hss.  sich 
findende  einschiebung  des  tb^  oder  t'  ib^  anstatt  des  vorauszu- 
setzenden jLiO  Ceipfivac  fx^i  TTXaTKidc  ßoOc  'A£Xioto  (vgl.  betr.  das 
asyndetoD  ^TTi^pacpf)  ß)  schwer  verständlich  ist,  so  scheint  die  zu 
versuchende  lösung  dieser  Schwierigkeiten  auf  ein  ^0  Ceipf^vac  ^x^^ 
TIXaTKidc  t'  ibi.  ßoöc  'AeXiou  zu  führen;  ein  hieraus  verdorbenes 
deXioio  wurde  dann  für  des  versmaszes  bis  zu  einem  gewissen 
grade  kundige  abschreiber  die  veranlassung;  die  von  ihnen  voraus- 
gesetzte synizesis  von  de  auch  direct  in  der  schrift  durch  ein  dXioio 
auszudrücken. 

Betreffs  der  behandlung,  welche  in  diesen  ^TTiTpcxcpat  die  vocale 
e  und  0  gefunden  haben,  bedarf  das  zu  TT  vor  einem  haupteinschnitte 
des  Verses  stehende  TriXefAaxöc  mit  langer  ultima  vor  folgendem  vocal 
keiner  weitern  rechtfertigung  (vgl.  ezc.  s.  604) ;  dagegen  musz  der  zu 
demselben  buche  überlieferte  versausgang  dvaifVUjpiZei  iraT^p*  döv 
mit  trocbäisch  zu  messendem  döv  schweres  bedenken  erregen,   bei 

^^  sachlich  wohl  begründet  erscheint  das  yXixu(>M€voc  des  Ambr.  £  89 
sup.,  in  welchem  die  ^iTiTpU(pr)  yon  zweiter,  nach  Lud  wich  von  dritter, 
hand  eingetragen  ist,  unter  der  yoraussetzung,  dasz  eine  form  yXlxdoiiai 

:=  Y^iXO^cxi  anzunehmen  ist.  ein  fXixÖfievoc  würde  ein  neues  metrisches 
bedenken  hinzufügen.  '^  derselben  methode  folgt  der  Synkellot  Elias 
(bei  Christ  und  Paranikas  anth.  carm.  Christ,  s.  47),  wenn  er  die  verse 
der  siebenten  Strophe  seines  'AvaKp€6vT€iov  xaTavuKTiKÖv,  wo  ein 
Y]  in  erster  silbe  unmöglich  sein  würde,  mit  a  anfangen  läszt:  d6pa- 
yfi]c  iKil  buvdcxric,  dtpav^ic  ö  ßactXcOuiv  usw. 

39* 


596  HScbrader :  die  hezametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien. 

Tzetzes  findet  sich  an  dieser  so  gewichtigen  stelle  des  verses  auszer 
dem  eigennamen  AeX^yuüV  nur  ttövujv  und  XÖTOi,  bei  Prodromos 
auszer  einigen  Wörtern,  denen  leicht  nach  Homerischem  muster 
durch  Verdoppelung  eines  c  abzuhelfen  ist,  nur  ein  vöcouc,  also 
Überall  Wörter,  in  denen  die  längung  des  kurzen  vocals  durch  die 
beschafifenheit  des  folgenden  consonanten  (vgl.  exe.  s.  606)  oder 
durch  den  accent  unterstützt  werden  kann,  da  sich  die  vorausza- 
setzende,  aber  weder  aus  dem  einen  noch  aus  dem  andern  gründe 
zu  rechtfertigende  messung  des  i6\  auch  aus  den  hexametern  anderer 
Byzantiner  nicht  beweisen  läszt,  würde  es  nahe  liegen  die  Über- 
lieferung mit  Ludwich  in  iraT^pa  öv'^  oder  vielleicht  auch  in  naT^p* 
elo  oder  selbst  nur  irarep'  So  zu  ändern ,  wenn  es  nicht  möglich 
wäre,  mit  beibehaltung  des  in  der  in  frage  kommenden  zeit  sehr 
beliebten  £6v  den  vers  als  boXixöoupoc  zu  messen ,  wie  dies  ohne 
frage  mit  dem  zu  o  gehörigen  zu  geschehen  hat. 

Zu  0  haben  alle  neuem  hgg.  an  der  Überlieferung  oC  ^Tr^ßr) 
MddKT^c  "Obuceibnc  Ik  AaKebai)iOVOC  anstosz  genommen  und  nach 
Barnes'  Vorgang  AaKebaijLiovoc  IH  'Obuceibr^c  geschrieben;  für,  wie 
vorauszusetzen,  im  zwölften  jh.  entstandene  hexameter  ohne  grund. 
denn  die  Überlieferung  findet  nicht  nur  ihre  analoga  bei  Tzetzes  — 
bei  Th.  Prodromos  nicht  —  sondern  auch  ihre  rechtfertigung  aus 
der  theorie  der  Byzantiner,  man  vgl.  zb.  Tzetzes  Antehom.  78  ^k 
TTapiou  jLioXTrqciv  dxiveov  ic  Tpoinv  FTotpiv  (de  gestrichen  von  Hilberg 
silbenwUgung  s.  16),  woselbst  IBekker  andere  verse  dieser  art  citiert, 
denen  Posthorn.  878  Atv€iac  b*  fipa  ßaiöc,  didp  iraxüc,  €Öctt]8oc 
7T^X€,  chil.  V  193  a\  bk  ju^v  icTopiai  nevniKÖciai  mcupujv  fiicp 
(oder  ÖV6U?)  und  aus  den  in  dem  anhange  zu  den  chiliaden  stehen- 
den CTixoi  f)puüiKoi  der  vers  beibia  V  aivuüc  |  }xi\  Kp^a  iipöjüieva 
fvoin  ^rJTWp  ö  XoTOTpdcpoc  hinzuzufügen  sind,  dasz  wir  hier  nicht 
eine  fiücbtigkeit  des  Tzetzes,  sondern  eine  bewuste  verstechnik  des- 
selben vor  uns  haben,  zeigen  die  in  seinem  lehrgedicht  Trepi  ^€TpU)V 
'(Gramer  anecd.  Oxon.  III  s.  302  ff.)  über  das  f|pu)iKÖV  fi^rpov  sich 
findenden  angaben  (s.  314,  23  fit.): 

TÖ  JU^ipOV  TÖ  baKTuXlKÖV,  ÖTT€p  dcilv  f)plUOV, 

xpeTc  ixi\  Totc  biacpopdc  tpiccüjc  fäp  kqx  KaXenar 

baKTuXiKÖv,  aioXiKÖv  xai  XoTaoibiKÖv  t€. 

dqp'  OüVTTcp  TÖ  baKTuXiKÖv  Tipöc  Trdcav  x^pav  f  x^* 

bdKTuXov,  TraXijLißdKXCiov,  djuqpijLiaKpov ,  CTrovbciov 

€ic  bk  Tf)v  ?KTTiv  b^x^iai  juövnv  Ktti  TÖv  TpoxaTov. 

dXXd  TÖV  iraXijLißdKxeiov  jucTd  toö  djLiq)i)idKpou 

öcpeiXeic  cu  jiioi  KaOapouc  baKTuXiKOuc  (lies  -Oüc)  Xajüißdvetv, 

€ic  jLiepn  Kai  (puüvnevTa  Tdc  X^Heic  K€KTr))bi^vouc  usw. 

^*  das  von  llcrcher  ao.  i.  LVI  dem  Prodromos  und  den  übrigen  Bjian- 
tinern  abgesprochene  pronoroen  possessivum  öc  f\  Öv  findet  Bich  nicht  nar  an 
der  ao.  in  zweifei  (gezogenen  stelle  (Rhod.  et  Dos.  VIII  366],  sondern 
auch  epijfr.  in  Chrysost.  (X  6*)   äXXoTp(T|  M  X^P»3»  ^^Ap  cO  T«  oö  Xiircc 

f^1TT)C  I  Öv   epÖVOv')Tv   T€    TTÖXlV   ßoClXibOC   1T0X(u»V   ^?). 


HSchrader:  die  hexametr.  überBchriften  zu  den  48  Hom.  rhapBodien.  597 

Da  sich  in  einem  ua.  von  Znr  JacobsmOhlen  mit  dem  psendo- 
Hephaistion  de  metris  (diss.  Straszburg  1886)  herausgegebenen  metri- 
schen tractate  (I  §  4  s.  42)  ein,  abgesehen  von  der  richtigen  abson- 
dernng  des  sechsten  faszes  von  den  möglichkeiten  der  fünf  vorher- 
gehenden, 80  sehr  übereinstimmender  abschnitt^®  findet,  dasz  er  oder 
seine  quelle  für  eine  vorläge  des  Tzetzes  zu  halten  sein  dürfte,  so 
würde  freilich  die  Vermutung,  dasz  dieser  ihn  aus  misverst&ndnis *^ 
geändert  habe^  nahe  liegen,  wenn  nicht  einerseits  die  angeführten 
verse  in  den  gedichten  des  Tzetzes  selbst  vorlftgen  und  anderseits 
die  gleichsetzung  des  sechsten  fuszes  und  der  vorhergehenden  mit 
einer  auch  sonst  nachweisbaren  byzantinischen  theorie  über  den  sog. 
boXixöoupoc  oder  ^aKpoCK€Xr)C  zusammenhienge. 

Ich  beschränke  mich  darauf  aus  den  zahlreichen  compendien  der 
genannten  zeit,  welche  unter  den  TrdGr)  des  hexameters  auch  den  so 
eben  erwähnten  anzuführen  und  nach  ihrer  gewohnheit  (vgl.  zuletzt 
Hörschelmann  im  Philol.  n.  f.  I  s.  1  ff.)  mit  fast  immer  denselben 
beispielen  (bes.  häufig  f  237  KdcTopd  6*  iiritöbajüiov  Kai  irOg  äxa- 
6ÖV  TToXub€UK€a)  zu  belegen  pfiegen ,  nur  die  für  die  hier  berührte 
frage  wichtigen  äuszerungen  anzuführen,  in  erster  linie  schol.  B 
Hepb.  §  16,  wo  es  im  anschlusz  an  den  so  eben  angeführten  yers 
heiszt  (s.  21,  24):  toöto  bä  TIV6C  oö  (pactv  ctvai  cuviZriciv, 
dXXd  bidXuciv  TTic  TeXeuraiac  toO  cTrovbeiou  fiaKpäc. 
ähnlich  sagt  Helias  Monachos  (Studemund  anecd.  varia  s«  184) 
mit  anführung  des  verses  K\jkXu)V|i,  if^  7Ti€  olvov,  itttX  q>&f€C 
dvbpöjuea  Kp^a  (i  347):  6  iy  xAei  ttoOc  TpicuXXaßoc,  öirep 
dXXÖTpiov  CTixou,  Kai  bid  toOto  ^aKpocKeXrjc,  ibc  öirfep  büo  cuXXa- 
ßdc  fx^v  TÖv  TcXcuTaiov  Tiöba,  kürzer  der  Verfasser  des  metri- 
schen traetats  des  cod.  Marc.  483  (s.  189  ebd.)  über  denselben  vers: 
ibou  fi  €KTr|  x^P^»  fJTOUv  xö  b€UK€a  bdKTuXoc  dcTiv,  und  Tricha 
TTepi  |Li€Tpujv  (s.  269, 14  ff.  Westphal)  unterscheidet  katalektische  und 
akatalektische  hexameter,  führt  als  beispiele  letzterer  aus  seinem 
bymnos  auf  die  heil.  Jungfrau  die  Variation  vUa  iTamül€b^0VTa  XÖTOV 
KÖCjLiOu  TCVCTnpd  ye  (t€?)  und  aus  Homer  das  bekannte  KdcTopa 
usw.  an,  und  bemerkt  dann  (z.  24):  bld  ToGto  Kai  TÖ  baKTuXlKÖV 
dEdjueTpov,  €1  ju^v  dKatdXiiKTÖv  den,  bdKTuXov  f{  d^q)i|üiaKpov 
TÖV  TeXeuTaTov  b^x^^ai  iröba,  ibc  tö  «KükXujijj,  xfi  nie  olvov,  direl 
qpdT€c  dvbpöjLica  Kpea»  •  toO  t^P  «Kpto»  tö  ä  jüiaKpöv  dK  Kpdcewc. 
selbst  den  Iliasscbolien  scheint  diese  auffassung  nicht  fern  zu  liegen : 
vgl.  die  von  GBauscher  'de  scholiis  Homericis  ad  rem  metr.  perti- 

^^^  TÖ  i^piwiKÖv  in^Tpov  ^5djüi€Tpöv  icTiv '  il  faß  x^P^^  ^X€ii  tAc  jut^v 
TrdvTe  cuTKei|ui^voc  ?k  t€  öaKTuXou  xal  cirovöclou,  dvioTC  bi  xal  iraXifi- 
ßdKX€iov  Kai  d)ui(p()uiaKpov  b^x^'^^i^  KaOapoOc  jui^vtoi  xal  iv  rdSei  batcrOXou 
K€i|ui^vouc  .  .  1^  bi  äKTX]  xübpa  CTTOvbelov  Ö^X^TQi,  ^v(oT€  b^  Kai  Tpoxalov. 

^*  ein  irrtum  des  Tzetzes  liegt  jedenfalls  vor,  wenn  er  der  sechsten 
stelle  auch  einen  palirobaccbius  zoschreibt;  der  amphimacer  läszt  sich 
in  gewissem  sinne  rechtfertigen:  vgl.  das  unten  anzuführende  dv6p6^€a 

Kpea. 


598  HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  flom.  rhapBOdien. 

nentibus'  (diss.  Straszburg  1886)  s.  19  und  43  zu  M  381  (oöb^ 
K^  mv  ^^a)  und  0  187  (oöc  t^keto  'Pte)  angeführten  schol.  B 
und  A;  freilich  trage  ich  bedenken  Herodian  (11  1  s.  93  Lents) 
oder  gar  Aristarch  mit  Bauscher  dafür  verantwortlich  zu  machen, 
und  glaube  eher  ein  schlechtes  excerpt  der  betr.  Codices  annehmen  za 
müssen. 

Ist  somit  die  Überlieferung  des  versausganges  dx  AaKCbai^ovoc 
zu  0  mit  der  praxis  speciell  des  Tzetzes  und  der  theorie  der  Bjzan* 
tiner  keineswegs  im  Widerspruch,  so  ist  in  betracht  zu  ziehen,  dasz 
auch  zu  TT  die  messung  der  dTnTpotq)rj  als  boXixöoupoc  die  oben 
8.  595  f.  erwähnten  Schwierigkeiten  beseitigen  würde:  m  b*  äpa  Tr]- 

X^jLiaxoc  dvaTVU)pi2[€i  narep'  eov,  insofern  die  Ittngung  des  6  mit  der 
tonsilbe  zusammenföUt  und  das  a  in  irar^p',  dessen  Verwendung  als 
länge  ohne  weiteres  vorauszusetzen  ist,  sich  auch  thatsächlich  als 
solche  nachweisen  läszt,  zb.  bei  Prodromos  tetr.  in  evang.  Matth. 
{l  370  beiTTVOV  dir*  djLißpöciov,  t6  cgi  ic  tomov  äpruvc  TTcmfip.  die 
unmittelbare  nachbarschaft  zweier  verse  der  genannten  art  hat  ftlr 
von  einander  unabhängige  verse  weniger  auffallendes  als  für  ein  zu- 
sammenhängendes gedieht;  und  selbst  in  einem  solchen  hat  ein 
Tzetzes,  dessen  verskunst  immerhin  noch  etwas  höher  steht,  sich 
an  sechs  stellen  nicht  gescheut  zwei  versus  spondiaci  unmittelbar 
neben  einander  zu  setzen  (Ludwich  Me  hexametxis  spondiacis'  [Halle 
1866]  s.  22).-** 

Ein  beispiel  einer  kürzung  der  von  den  sorgfältigem 
byzantinischen  dichtem  stets  lang  gebrauchten  vocale 
ri  und  uj  bieten  die  Odyssee-dmTpciq)a(  nicht  dar,  dagegen  zwei 
kurz  gebrauchte  diphthonge:  EC^äioc  (zu  E)  und  AtöXdu(zuK).  für 
ersteres  bieten  die  von  Prodromos  selbst  in  seinen  iamben  gewagten 
kürzungen  des  ai  in  'EXiccaioc  und  des  £i  in  BadXetoc  analoga  (vgl. 
excurs)^',  so  dasz,  da  das  fehlen  der  cäsur  versen  wie  dem  Tzetziani- 
schcn  xpuceov  ou  kukXov,  ou  ju^t«  r^piov  ^ktcXüitcucui  (an.  Ox.  III 
8.  303,  11)  und  ähnlichen  entspricht,  die  durch  keine  spur  der  h»i. 
empfohlene  Ludwichsche  conjectur  Hl  V  *Ob\Kf\  Eciviccev  dxpip 
ECuaioc  ucpopßöc  nicht  notwendig  ist.  härter  und  nach  dem  masz- 
stabo  der  verstechnik  des  Tzetzes  wie  des  Prodromos  bedenklich  ist 
das  AlöXou  mit  kurzer  endsilbe  (vgl.  exe.  s.  609).  eine  corruptel  dürfte 
schwerlich  anzunehmen  sein:  es  ist  laxere  technik,  wie  ihr  viel- 
leicht Prodromos  an  einer  einzigen  stelle  (vgl.  ao.),  jedenfalls  aber 
der  geomoter  Johannes  folgt,  der  (Cramer  an.  Par. IVs.  288,13* 
204, 3)  nicht  allein  TiiK6bavai  t€  ji^pifAvai  KaxcO  ßiÖTOu  jbieXebulvat, 

**  hinzu  kommen  anccd.  Oxon.  III  8.  303,  17  f.  neben  einander  die 
versauBgüDfre  ircpiaXXa  cOv  aOTatc  MoOcai  und  baKpOouct  dfy  oÖTcAc 
XÖTOi.  *^  die  kürie  mit  der  Einmal  in  der  OdjMee  (u  879)  •ich  finden- 
den messung  f^irdioc,  die  an  und  für  sich  betrachtet  ebenfalls  ein 
€0^(^loc  schützen  könnte,  in  Verbindung  in  bringen  würde  dem  versi*^ 
ficator  zu  viel  ehre  erweisen. 


HSchrader:  die  hexametr.  Überschriften  su  den  48  Hom.  rhapsodien.  699 


sondern  auch  Ov\xt  rdXav,  ri  ir^novOac;  dv^Tpco,  fiif)  nou  n  xXcicq 
oiipaviouc  OaXdjüiouc  vu^q)ioc  dSairiviic  zu  scandieren  wagt. 

Haben  wir  somit  die  basis  gefunden,  anf  welcher  die  25  dm- 
Tpotcpai  der  Odyssee  metrisch  zu  beurteilen  bzw.  zu  emendieren  sind, 
so  ist  ohne  weiteres  einleuchtend  dasz ,  abgesehen  von  der  zuletzt 
besprochenen  irregularität,  der  Verfasser  derselben  schon  dnrch  die 
h  ä  u  f  u  n  g  mancher  in  der  genannten  zeit  zwar  gestatteter,  aber  doch 
immerhin  seltener  licenzen  unter  der  verstechnik  der  zum  vergleich 
herbeigezogenen  beiden  dichter  steht,  ein  urteil  welches  die  anzu- 
erkennende  Schwierigkeit,  in  dem  engen  rahmen  je  6ines  verses  einen 
im  groszen  und  ganzen  gegebenen  und  von  oft  schwer  zu  verwerten- 
den eigennamen  nicht  leicht  zu  trennenden  inhalt  zum  ausdrnok  zu 
bringen,  nur  bis  zu  einem  gewissen  grade  modificieren  kann,  zu  den 
erwähnten  licenzen  kommt  aber  noch  hinzu  nicht  nur  das  zweisilbige 
iujTa  in  der  ^TTiTpoicpyj  des  betr.  bucheS|  sondern  auch  (zu  e)  die  dem 
verse  zu  liebe  anstatt  KCacOetaic  gewählte  form  KCateioic  und  die 
synizesis  von  utic  oder,  wie  wahrscheinlich  zu  schreiben  ist,  ult  in 
der  zu  y  gehörigen,  über  ersteres  ist  oben  anm.  5  das  nötige  be- 
merkt worden;  das  K€a8€icr)C  gehört  zu  den  von  Hercher  ao.  II 
s.  XLYI  fif.  zusammengestellten,  aus  eben  dem  angegebenen  gründe 
von  den  byzantinischen  dichtem  willkürlich  geänderten  wortformen 
und  ist  speciell  mit  dem  von  Ephra^mios  (v.  4975)  gebrauchten 
und  von  Hilberg  (Wiener  Studien  X  s.  67)  selbst  für  diesen  nach- 
lässigen dichter  notwendig  gehaltenen  TavuOcic  zu  vergleichen,  viel 
auffallender  ist  die  einsilbige  messung  des  bei  Tzetzes  und  Prodro- 
mos  sehr  beliebten,  aber  stets  zweisilbig  gebrauchten  ulic  (oder  uli), 
um  so  auffallender,  als  die  in  frage  kommende  litteratur  die  synizesis 
überhaupt  kaum  in  anwendung  bringt:  aus  Tzetzes  ist  mir  nur  6in^ 
beispiel  bekannt,  aus  Prodromos  nur  6in  sicheres^  und  sehr  viel 
leichteres:  tetr.  in  los.  (t  8^)  o!ii  dir'  ^K  KaKÖTTiTOC  'Paäß  q)i}T€V 
€E  äfxa  TrdvTUJV.  das  oben  in  den  text  aufgenommene  ult  ist  viel- 
leicht etwas  leichter  als  einsilbige  form  aufzufassen  denn  das  besser^ 
überlieferte  uiic,  doch  hat  es  nicht  aus  diesem  gründe  diesen  Vorzug 
erbalten,  sondern  weil  nur  bei  dem  dativ  ull  das  den  vers  so  er- 
schwerende Sc  —  in  einem  einfachen  cuvaipTO  V  ulic*'  würde  das 
m,  wie  zuweilen  in  dem  Homerischen  ulöc  (vgl.  Hartel  Hom.  Studien 

^^  an.  Ox.  III  8.  303,  1  Kp^ccov  d)uiol  i^cXiou  q>a€Ct)uißp6T0U  i\bi 
C6\r)vr]C  ist  schwerlich  richtig  tiberliefert,  dagegen  hat  8.  303,  28  xal 
'P6&0C  ou  c^o  |ivf]|ia,  cO  b*  aO  'Pdbou  £cc€ai  }xyf\ixa  kein  bedenken,    ebd. 

8.  302,  10  Ti]v  QiTo  v^pTcpa  boipa  *lu;dvvT)C  *lcääK((fi  ist  ohne  frage  Tfiv 
6^To  v^pTCpa  6u)p'  'luidvvr)c  *lcaaK{qi  zu  lesen.  *^  denn  io  den  iamben 
tetr.  in  Gen.  (ß  5*)  ö  ydp  Miüc^iq)  T€pfiaTi(£iv  CDU  t6v  Xöyov  |  cuvevTQ- 
(pidt2l€i  ce  Tok  cotc  uaTpäciv  ist  zweifelsohne  T€pfiaTti&v  zu  lesen  (vgl. 
Const.  Manass.  comp,  chron.  2564).  *^  es  scheint  nur  der  von  Lndwich 
eingesehene  Vat.  24  zu  haben;  Hamburg,  und  Ambr.  E,  auf  die  sich 
L.  ebenfalls  für  diese  lesart  bemft,  haben  uttc.  ^^  nur  cod.  Monac. 
519 '^  läszt  nach  Ladwich  das  b*  6c  ans,  was  sicherlich  nicht  auf  alter 
tradition  beruht. 


600  HSchrader:  die  hexametr.  fiberschriften  zu  den  48  Uom.  rhapsodieiu 

m  s.  11),  als  kürze  genommen  sein  —  das  auszerdem  bei  uTic  auch 
für  den  byzantinischen  gebrauch  sehr  auffallend ^^  ist,  seine  sach- 
liche erklärung  findet,  freilich  würde  ein  cuvÜJpTO  V  8c  (dh.  Nestor) 
uli  nur  eine  ungenaue  wiedergäbe  von  f  34  o*i  («=»  N^CTUip  CUV 
uldciv)  b*  übe  oCv  ^civouc  ibov,  dOpöoi  ^X6ov  äiravTCC  enthalten; 
doch  ist  hierauf  schwerlich  groszes  gewicht  zu  legen ,  besonders  da 
bei  Homer  unmittelbar  darauf  das  auftreten  des  einen  (Peisistratos) 
hervorgehoben  wird,  auch  in  dem  einsilbigen  uli  zeigt  sich  übrigens 
der  verfertiger  dieses  verses,  um  mit  Ludwich  zu  reden,  als  ein 
^poetaster  semibarbarus'. 

Nachdem  so  in  längerm  gange  die  aus  dem  brauche  der  ent- 
stehungszeit  der  diriTpaqpai  zu  erklärenden,  zu  entschuldigenden  und 
zu  verurteilenden  eigentümlichkeiten  der  verstechnik  derselben  ihre 
erledigung  gefunden  haben,  bleibt  noch  übrig  sie  in  grammati- 
scher hinsieht  in  derselben  weise  zu  prüfen,  in  dieser  bieten  sie 
sehr  viel  weniger  auffallendes  und  der  erklftrung  bedürftiges:  ausser 
dem  so  eben  besprochenen  cuvÜJpTO  ö'  5c  ulic  oder  uli  der  epi- 
graphe  zu  T  i^^i^  zu  a  in  der  besten  form  der  Überlieferung  die  werte 
dXqpa  OciJüV  dToprj,  'Obuccibqi  TTaXXdbi  Gdpcoc,  an  denen  in  keiner 
weise  anstosz  zu  nehmen  ist.^'  der  durch  die  vorhergehende  ent- 
wicklung  der  spräche  zweifellos  vorbereitete  (dem  sofort  anzufüh- 
renden sehr  ähnlich  ist  zb.  Soph.  Ant.  1218)  dativ  findet  sich,  da 
'Obuceibqi  TToXXdbi  Odpcoc  ohne  weiteres  einem  'Obuceibric  öirö 
TTaXXdboc  OapcuvcTai  gleich  zu  setzen  ist,  ganz  ebenso  bei  Theo- 
doros  Prodromos  tetr.  in  Regg.  I  (b  8  ^),  wo  es  über  den  von  Samuel 
vernommenen  ruf  Jav^hs  heiszt:  öp^c  öpdccic  Ca|Liouf)X  toö  ttqi- 
blou;  öeiij  KttXeiTai,  irpöc  töv  'HXel  hi  xp^x^i»  iwiOcv  elvm 
iTpocboKricac  töv  Xöyov,  Kai  (k&v  die  ausg.)  ficTCpov  b^bopK€  töv 
kckXtikötq,  oder  in  Gen.  (ß  5^),  wo  Jakob  angeredet  wird:  OÖTUIC 
laKibß  euXoTeTc  toüc  dTTÖvouc.  .  .  ibc  n^XoTi^Onc  'IcadK  i^ 
iTttTpi  CDU.  ebenso  steht  in  der  Überschrift  zu  einem  tetrastichen- 
paar  zu  Regg.  I  (e  1^):  €lc  TfjV  cqxurtv-  "Ayot,  5v  ctüO^vra  Tij> 
CaoöX  TTopd  Tf]v  Geiav  KeXeuciv  dir^KTCive  CajLiGurjX.  vgl.  auch 
Rhod.  et  Dos.  VIII  323  TToiijj  bfe  |invOcavTi  Tdc  ^Mdc  Tiixac 
liaGuiV  ö  TTttnip; 

^'>  ein  den  folgenden  numen  Ankündigendes  Öc  findet  sich  bei  Tseties 
Anteliom.  99  6c  Mcv^Xaoc  Tolo  (TTpidMOu)  öcöCTM^voc  Afkaä  6dipa» 
doch  geht  hier  im  verse  unmittelbar  vorher  der  name  des  Menclaos  schon 
voraus,  so  dasz  es  sich  dnrch  ein  ^ut  (Menelmi»)  cum  accepUtet  iUhu 
dona  wiedergeben  liesze.  ebd.  230—32  vu|Li(p(ov  die  T^  dKOUCC  (Lao- 
dameia)  xaXöv  trcc^civ  irapä  vriuciv,  x^ipcciv  dvnndAoiav  4v  dÄMan 
Toto  Oavövra  €0(pöpßou  'Axdrou  f\  ''GKTopoc  dvöpoipövoio  scheint  die 
Verbindung  mit  dX|LiaTi  nnd  also  rückbeziehung  auf  vuM<p{ov  nicht  ant- 
geschlossen  zu  sein.  ^*  Ludwich  conjiciert:  dXq>a  0€UüV  dtopi^ 'Obucf^ 
Sid,  TTaXXdöi  6dpcoc- 


HSchrader:  die  hexametr.  überschrifton  za  den  48  Hom.  rhapsodien.  601 

EXCURS. 

Eine  studie  über  die  daktylischen  verse  des  Theodoros 
ProdromoB  und  des  Johannes  Tzetzes. 

Eine  vergleichung  der  daktylischen  verstechnik  des  Theodoros 
Prodromos  und  des  Johannes  Tzetzes  mit  den  von  Hilberg  in  dem 
für  diese  studien  grundlegenden  aufsatze  *kann  Theodoros  Prodro- 
mos der  Terfasser  des  Xpicrdc  irdcxuiv  sein  ?'  (Wiener  Studien  YIU 
s.  282  £f.)  für  den  senar  der  ^classiker,  epigonen  und  stümper'  unter 
den  byzantinischen  dichtem,  speciell  des  zur  mittlem  gruppe  zu 
rechnenden  Prodromos ,  gefundenen  gesetzen  kann  bis  jetzt  nur  als 
eine  studie  zu  dieser  aufgäbe  bezeichnet  werden»  zu  der  aus  der 
höchst  unvollständigeu  und  mangelhaften  Überlieferung  der  dakty* 
lischen  gedichte  des  Prodromos  (vgl.  oben  s.  592)  erwachsenden 
Schwierigkeit  und  dem  durch  die  form  der  tetrasticha  desselben  ge- 
botenen zwangt  in  je  vier  versen  einen  gegebenen  stoff  zum  aus- 

^^  auch  in  der  verstechDik  der  iambisehen  tetrasticha  macht  sich 
dieser  zwang  geltend,  insofern  sich  einige  abweichongen  yon  dem  darch 
Hilberg  constatierten  branche  des  Terfasser«  zeigen,  zum  grossen  teil 
sind  sie  unvermeidlich  und  beruhen  auf  der  anhellenischen  natnr  vieler 
der  in  betracht  kommenden  namen.  ich  stelle  hier  die  hauptsaohen  aa- 
sammen  (einzelnes  wird  gelegentlich  im  verlaufe  dieses  excnrses  ange- 
führt)   und  lasse   es  zum  teil  unentschieden,    ob  hier  oder  dort  etwa 

durch  eine  Umstellung  zu  helfen  wäre.  Prodromos  miszt  CSbojiia  und 
Cobö|iiU}v  (tetr.  in  Gen.  a  8^  und  ß  1'),  'EXcdZop  (in  Num.  T  5')»  To- 
BövinX  (in  ludd.  5  2^),  Teöeibv  (ebd.  63'),  C€|iil€l  (in  Regg.  II  €  8')^ 
N€?|Lidv  (in  Regg.  IV  l  6^,  Zcßebaicu  (in  ev.  loann.  6  6^),  *€in9av(4i 

mit  langem  €  (in  Chrysost.  X  3*^),  ferner  von  appellativen  TrpufTOTÖKUJV 
(iu  £xod.  f  10»  äpxiepia  (in  Regg.  16  8'))  i^jüCT^puiv  (in  Acta  apost. 
i  0^).  das  9paYT^^^HJ  (}^  ®^-  Matth.  r)  6^)  dürfte  in  (ppaYY^XXd^  zn 
ändern  sein,  in  dem  verse  ö&poiriK^,  tTp6c€X6€  tCD  G€i|)  Xdftp  (in  ev. 
Luc.  6  2^)  ist  vielleicht  öbpwiTiK^  zu  lesen,  oder,  da  in  den  folgenden 
bexametern  die  form  mit  o  am  platze  ist,  die  überlieferte  form  als  zu 
den  gewisse  freiheiten  gestattenden  kunstausdrücken  (Hilberg  s.  286) 
gehörig  zu  rechtfertigen,  tetr.  in  ev.  Marci  (6  2^  ist  anstatt  des  über- 
lieferten (pQ^fÜTÖ  TIC  selbstverständlich  (pO^T^aiTO  zu  schreiben,  nnd 
in  Chrysost.  (k  7^  ist  in  dem  unvollständigen  verse  (b  CTpo(pdXuJV  usw. 
ein  TÜJV  einzusetzen.  —  Auffallender  und  zahlreicher  sind  die  kür- 
zungen  der  diphthonge  und  des  r]  (nicht  des  U))  und  die  ver- 
nachlässigung  der  position.  gegen  die  Herchersche  beobaohtung 
(erot.  Script,  gr.  II  s.  LIV),  dasz  bei  den  byzantinischen  iambographen 
ein  diphthonß:  vor  einem  folgenden  vocal  nicht  gekürzt  wird,  verstoszen 
wiederholt  mit  kurzer  pänultima  und  zwar  sogar  im  sechsten  fusze  ge- 

brauchte  formen  wie  BaciXctou  udgl.  in  den  diesen  verherlichenden 
tetrastichen,  ebenso  der  vers  (in  Regg.  IV  t  7')  VCKpoOc  dviCTfll  Kai 
6avübv  *€Xiccatoc.  in  anderer  hinsieht  schlechte  verse  sind  (tetr.  in  Indd. 
b  2  0  Tou  b"  NncoO  GavövToc,  MoObac  jii^vci  und  not.  et  extr,  VIII  2 
s.  163  'AXeH(ou  iralc  Ko)Livt)voO  ßactX^UJC,  während  tetr.  in  ev.  Luc.  (0  3') 
dpa  YHP^t^  M^  TT€C€iTat  t6  ßp^q)oc  durch  t^P^xi^  zu  bessern  und  dem 

unerhörten  AimriTptoc  K^xpay^v  ö  CKÖXoip  TTouXou  durch  die  Umstellung 
Aii|LXir)Tpioc  K^KpaT€  TTaOXou  ö  CKÖXoip  aufzuhelfen  ist.  —  Die  Vernach- 
lässigung der  Uoppelconsonanz  ist  ohne  alle  frage  vorhanden  in  dem 


602  HSchrader:  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhaptodien. 

druck  zu  bringen ,  wodurch  der  Verfasser  naturgemäsz  gezwungen 
war  sich  in  anderer  hinsieht  freier  zu  bewegen,  kommt  die  bewuste 
oder  unbewuste  nachahmung  des  altern  oder  altepischen  branches, 
welcher  die  kttrzung  langer,  die  Ittngung  kurzer  silben,  die  Vernach- 
lässigung der  Position  in  den  äugen  der  dichter,  welche  darüber ,  ob 
diese  erscheinungen  bei  ihren  Vorbildern  in  der  beschaffenheit  der 
Silben  begründet  waren  oder  nicht,  ja  selbstverständlich  nicht 
orientiert  waren,  rechtfertigen  konnte,  so  dasz  zwischen  dieser 
directen  Übertragung  oder  der  nachahmung  eines  solchen  falles  und 
selbständiger  willkür  oft  nicht  zu  unterscheiden  ist;  manche  der  in 
den  trefflichen  abhandlungen  Bzachs  (Wiener  sitzungsber.  XCV  n.  C) 
dem  Tzetzes  —  Prodromos  ist  nicht  berücksichtigt  —  vorgeworfenen 
nachlässigkeiten  (zb.  C  s.  426)  erklären  sich  freilich  ohne  weiteres 
aus  der  der  genannten  zeit  eigentümlichen  behandlung  der  vocale. 

Um  also  mit  der  behandlung  der  doppelzeitigen  vocale  an- 
zufangen ,  so  gilt  für  beide  hier  in  betracht  gezogene  dichter  ohne 
einscbränkung  das  gesetz  der  'epigonen',  dasz  'langesaiu  nach 
belieben  auch  als  kürzen  verwendet  werden  können,  während  kurzes 
a  i  u  im  an-  und  inlaut  ohne  jede  beschränkung  auch  als  längen  ge- 
braucht werden'  (Hilberg  ao.  s.  292).  beispiele  anzuführen  ist  über- 
flüssig, ein  aus  krasis  oder  contraction  entstandenes  a  sowie  ein  qi 
kommen  nur  als  länge  vor  (vgL  Horcher  erot.  Script,  gr.  II  s.  LI), 
auszer  bei  Tzetzes  Hom.  142  oTci  Kdji^  Ka\  dKUJV  öeibicKCTO  oCXioc 
ävrip ,  wo  die  häufung  der  abweichungen  von  der  regel  jedoch  die 
Jacobssche  änderung  oTci  KdjLi'  ä^KUiv  usw.  notwendig  zn  machen 
scheint,    über  das  dorische  a  vgl.  oben  s.  594. 

Der  längung  von  &  i  0  im  auslaute  gegenüber  ist  Tzetzes 
weniger  streng  als  Prodromos,  der  sich  abgesehen  von  durch 
den  einschnitt  in  der  mitte  des  pentameters '*  und  durch  die  pen- 
themimeres^  entschuldigten  fällen   die  dehnung  nur  in  den  sog. 

namen  Mujdvvvic,  zb.  tetr.  in  ev.  Matth.  (r)  5^  öpBdtic  CXcEac*  oiibi  y6p 
•luidvvnc  (vi?l.  Auszerdem  k  7%  k  8'.  X  8'.  X  4';  not.  et  extr.  VIII  S 
8.  163),   eine  licenz  zu  welcher  unten  analoga  ansaffihren  sein  werden, 

sowie  in  dem  verse  (tetr.  in  Num.  f  b'')  ö^i&c  t6v  uI6v  *AapdiV  "CXcäZop, 
wahrend  tetr.  in  Oen.   (a  8^)  b\'  f|v  6  Aüjt  irapf^KC  Tf|v  EuvauXiav  | 

ToO  irarpa&^Xqpou ,  Kai  irpöc  CöboMO  rpix^i  in  Trp6c  bi  C6bo^  Tp^X^t 
nnd  in  ev.  Matth.  {x]  5^)  KaXoOjiievoc  hl  TT^rpöc  cO  vp\br\y  CC^uiv  in 
6  Trpiiiviv  Ci^iuv  zu  ändern  ist.  in  den  versen  (tetr.  in  Chrjsott.  Xi') 
MujdvvTiv  ydp  ^xßoXövrcc  toO  Opövou  |  t6v  f|5uv  clirdv,  Tf|v  XplcToO 
XcXiööva  hat  vielleicht  ursprünfi^Uch  GeoO  gestanden  (ygl.  die  ähnliche 
corruptcl  bei  Dilthey  ind.  schol.  Oott.  1887  s.  21,  1). 

^^  zb.  eleg.  in  Basil.  (X  60  irvcO^aTi  iraTxpaT^t  Xuccav  dcipdficvov. 
bekanntlich  int  dies  keine  nenerung  der  Byzantiner  (vgl.  Spitsner  de 
versu  Or.  heroico  s.  269  ff.;  Rzach  XCV  8.  735;  C  8.  319.  22).  ^  tetr.  in 
Gen.  (a  6')  cfjc  rdbc  iTa|yi|Li^'  dva  iToXu|yi/)xava  6/|vca  t^x^HC  (vielleicht 
auszerdem  als  interjection  aufzufassen),  in  Reg(r.  II  (€  6*^)  t/|^  Xa6«bv 
c^  q)(Xu  vOv  diTÖ  KapnoT*  dp^pcci.  auch  das  von  mir  hergestellte  TaOrd 
coi  'Aßpd|i  £naeXa  ||  «piXardSoio  ^€voivf)c  (in  Gen.  ß  l'j  ist  dorch  die 
diäresis  gerechtfertigt  (vgl.  anm.  62). 


HSchrader :  die  hexametr.  überacbriften  su  den  48  Hom.  rhapsodien.  603 

freien^'  Wörtern  gestattet  (im  iambuB  ist  dies  der  brauch  der  'epi- 
gonen':  Hilberg  ao.  s.  292);  denn  tetr.  in  ludd.  (b  4^)  T(&v  (jUiCXtc- 
ctjüv)  &nö  X^pc'i  q>iXi)ci  ixikx  baicaro  Ca|yii|ii(iv  ist  ohne  frage  cormpt 
und  wohl  durch  ein  nadi  q>iXi]Civ  einzusetzendes  i^c  zn  heilen. 

Tzetzes  hat  hingegen  einige  nicht  durch  die  cKsur  entschul- 
digte^^ fälle  von  längungen  der  genannten  endyocale  in  nicht  freien 
Wörtern:  zb.  Antehom.  111  KdXX€i  ifi€pÖ€VTt  mpiirpcndi  Tdvöuicav, 
219  T€ux€ci  Xa|üiTT6|i€Voi  napa  ^tfri^Tvä  Kor^ßaivov,  279  fipjuiaTt 
|iapva|i^vr|y  'lepf|v  böpaTi  ircpovificac,  Hom.  357  0q>pa  £  TUfißeii- 
cuüci,  jLi^Töt  TT€p\  cJiiLia  ßoXövTCC,  463  irdvTii  dir€CTpoß^ovTO,  dru- 
ZÖM€vä  TÖip  ävbpwVy  Posthorn.  258  Ka\  TÖT€_Tpiuiäc  i^b*  'Apdßicca 
XaTpev  'Gvuüü,  524  fjXuOev  'ApTcioici,  ji^T«  b'  tx&QOVto  IbövTec, 
753  K61V0C  toCt'  dp^gciv  äWjp,  tXwccä  V  fip'  djüiefo,  an.  Ox.  m 

s.  302,  31  aurdp  tf\iiy  Kac(TViiT€  tXukü  cpdoc  Icadtae,  s.  303,  19 
jiopcpQ  dv  dvbpOM^ij  TT€pl  Kfjpi  botKpuxdovTCC.  einige  dieser  verse, 
wie  auch  PH.  106  TTrJTvuciv  öbora  Xeuxd  Kai  ic  x(ova  |ui€Taß(!^X€t 
sind  wegen  Homerischer  analoga,  Hom.  24  dcTf|p  Trajyiqmvöiuv,  cf)|Uiä 
TroXdjioio,  KOjüiriTiic  ist  wegen  des  Homer.  irroX^jüioio  wohl  etwas 
günstiger  zu  beurteilen;  dem  T€pTTÖ|Ui€VOi  Xaotci  Ka\  f|T€|üiöct  mvu- 
ToTci  (AH.  188)  könnte  durch  ein  f|T€|Uiöciv  abgeholfen  werden 
(AH.  52  und  PH.  539  ist  zb.  ein  v  als  iSngungsmittel  sicher  über- 
liefert). 

In  der  behandlung  der  kurzen  vocale  €  und  o  huldigt  Theo- 
doros  Prodromos  in  seinen  iamben  nach  Hilberg ,  der  freilich  an 
nicht  wenigen  stellen  von  den  hss.  abweicht  (vgl.  ao.  s.  285  ff.^  auch 
oben  s.  601),  strenger  Observanz,  insofern  er  die  genannten  laute  nur 
in  eigennamen  und  sonst  schlechterdings  nicht  zu  verwendenden  ter- 
mini  teebnici  gelegentlich  als  längen  verwendet,  in  den  dak- 
tylischen Versen  bewegen  er  und  noch  mehr  Johannes  Tzetzes  sich 
erheblich  freier. 

Vor  den  hauptverseinschnitten  gebrauchen  beide  die 
endungen  e  6V  o  ov  oc  auch  vor  folgendem  vocal  als  längen,  Pro* 
dromos  jedoch  bis  auf  6inen  fall^  nur  in  arsi,  Tzetzes  auch  in  thesi. 


^3  icl)  behalte  trotz  der  von  Scheindler  (zs.  für  d.  öst.  gymn. 
8.  430)  geäuszerten  bedenken,  und  obwohl  mir,  wenn  man  diese  Zwei- 
teilung beliebt,  die  umgekehrte  anwendung  ('unfrei'  e»  keine  oder  nur 
geringe  freie  auswahl  gestattend)  viel  passender  erscheinen  würde, 
inibergs  bezeicbnung  der  Übereinstimmung  mit  seiner  betrachtnng  der 
verse  des  Prodromos  zu  liebe  bei.  **  durch  die  penthemimeres  ent- 

schuldigt AH.  139  (freilich  dem  sinne  nach  ohne  gewicht),  H.  31.  169. 
469.  490.  PH.  474.  683.  769;_vor  der  diäresis  nach  dem  dritten  fusxe 
H.  413  TTUKvci  KÖmiv  TiXXouca  Ijrolov  iirioxe  möBov,  app.  ad  chil.  (s.  266 
ed.  Kasil.)  ouk  ibov,  oö  &€&dv)Ka  ||  j>f|Topoc  6pTia  MoOcilc,  vor  der  heph- 
themimeres  AH.  72  tqc  6*  dpa  fiV|V  viKncacä  ||  OiX(v),  "A<ppoMTT|,  389  q>äc 
Oavdeiv  Töv  edv|iavTa  |  xal  dxXaucTov  €C€tc6at,  PH.  617  oöroi  'Oftucc^a 
olba  cdqpä  ||  ttötc  TpüJ€C  iir^cxov,  767  dXXd  xd  n^v  Kar^XeSa  kOkXq  I 
ILieYdXujv  ^viduTuiv  (wo  auch  das  ji  zu  berücksichtigen  ist).  ^^  in  dem 
gedieht  auf  Alexios  Aristcnos  (not  et  extr.  VU  s.  266,  7)  KOi  T*  öp<povo- 
Tpöqpoc  Huvöv  ^cöXöv,  ||  £c6X6v  dirdvTUJV. 


604  HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien. 

bei  ersterm  lesen  wir  zb.  tetr.  in  Num.  (t  6  ^)  iL  Oedc  dviiaciv  R 
oiib'  dXXoqpüXiü  tcToüjti,  in  Regg.  I  (e  l'')  KOipaviriv  KupiöcJ 
"Atot  ö*  öX^cei€  CajiouriX,  ebd.  (€-2^)  dv^pa  jüiouvojidxov  |  €ö 
eibÖTa  briiOTfiTOC ,  in  dem  gedieht  cic  dxeipa  vcKpöv  (not.  et  eitr. 
VIII 2  8. 184)  djüicpiu  baiTU]Li6v€C  Q  (b  itöttoi  ä|iq>OT^piuv,  desgleichen 
mehrfach  in  den  elegien  auf , den  h.  Basileios  usw.  und  in  dem  nur 
aus  Pentametern  bestehenden  loblied  auf  den  protekdikes  und  nomo- 
phjlax  Alexios  Aristenos  (ebd.  VII  2  s.  255),  ans  dem  ich  nur  y.  10 
oö  McvAaoc  öb€  y  oöb*  6  Tubfloc  ?riv  und  v.  24  xctip'  öpq)avo- 
Tpöqpe  II  XCi^PC  vöjLioio  q>i3Xa£  anführe.  Tzetzes  dagegen  hat  nicht 
nur  zb.  AH.  5  Aucirapiv  ouXö|i€vov  B  dpxf|V  iroX^jioio  KaxoTo,  258 
Tpuüd  xopiZöjuievöc  ||  fJTeipc  M^Xnv  ^tt'  'Axaioic ,  H.  42  ^k  hk  ßfou 

Aavaöv  0  diröepce  Aiübpca  TTcipwc,  141  {^  ßodc  f\  6ioc  Q  f\  6pvi6oc 
>Ji€X€€cciv,  168  o\  bi  Tab'  ouK  ^OcXöv  II  djüicpu)  bi  vexpouc  KTcp^iSav, 

194  Kai  TÖTE  TÖv  II  dTceTTauce  Köwv  ||  bopi  x^ipct  xopricac,  297 
"GKTOpa  |uiup6ji€vöv  ||  i^uv  tövov  dcTudvaKxa,  471  öcTorioic  T€T«- 
|i€V  II  dvi  fjjLiaci,  T^pjuiaci  köc|liou,  PH.  32  bf|  tot'  dOiupnS  |  Xaouc 
Tpiiujv  T€  Kai  auTHC,  102   rrdv  b'  dpa  veKpüjv  JttXt]0€  |  töt6 

Tpuüiov  odbaC;  63  irpöc  bi.  cdKOC  ßpiapov  ||  in4.r]y  Xaif|V  KOTd  X^H^^ 
539  auTdp  ine\  bdKpuccv  ||  £9uc^v  Te  tiu  öcca  di[jK€i,  620  aOxdp 

iixl  y  boXöecca  Twvf|  IcaaKioio",  645  KdXxac  TcÖKpöc  t€  |  Ka\ 
NecTopibnc  6pacu|ir)br)C,  an.  Ox.  III  s.  302, 19  KcTpav  MaKcbövec  1 
'HqpaiCTiuJVi  OavövTi,  sondern  auch  vor  der  diäresis  nach  dem  dritten 
fusze  zb.  AH.  14  qppdZeo  b*  AiaKibaö  H  irÖTjiov  baKpuÖ€VTa,  H.  55 
Toiic  Upflac  ''OjLiripöc  ||  'Hq)aicToio  KiKXrjcKCi,  82  Kai  vii  k€  Kai 

Mev^Xaöv  ||  dvTiöiuvTa  KaT^KTa ,  89  Atac  b'  "A^^iov  ulov  ||  iHvä- 

pi£€  CeXdTOu,  140  dv^pac  f||Lii0^ouc  be  H  Toioic  t(€T€  biftpoic,  184 
dXX'  6t€  touc  dTT€Trauc€  ||  vüH  dvbpoKTaciduiv,  309  aiJTdp  irtA 
TOÖujVT€C  H  ?pK€a  Tdqppou  Jßncav,  446  Tfic  b*  aÖTC  TTpOTrdpoidev  j| 
uleec  ?vb€Ka  ßaivov,  454  jLiup6|Li€voi,  toöiuvtIc  |  dv^pec  f\bk  tuvoI- 
K€C,  PH.  675  TOub€  0üpT]v  KXr|ic€,  Q  ^{yia  b'  etbCTO  ?pTO,  und  ausser- 
dem vor  der  bukolischen  cäsur  zb.  PH.  704  X€i|ülUüV0C  jiCcdTOlO  iÖV- 
TÖc,  II  WQ  dpecivuü.  dem  an  vorletzter  stelle  angeführten  verse  würde 
freilich  durch  ein  KXrjiccv  abzuhelfen  sein  (wie  zb.  H.  184  der  cod. 
Paris.  diT^Traucev  hat),  desgleichen  PH.  32  und  102  durch  ein 
dOiüpTiHe  V  und  £TTXr]6€V,  doch  scheint  dies  der  theorie  des  Tzetze« 
(s.  anm.  61)  zu  widersprechen,  und  es  würde  den  sonstigen  Ittngangen 
der  betr.  vocale  gegenüber  dadurch  nichts  gewonnen  sein. 

Bei  eigennamen  gebraucht  Prodromos  nur  in  den  dennamen 
selbst  bildenden  silben  €  und  o  gelegentlich  als  längen,  nicht  in  den 
flexionsendungen  derselben,  Tzetzes  auch  in  diesen,  und  zwar  nicht 

M  auch  PH.  488  (pdvTCC  öir^p  AlavTa  XutpA  Tpidccav  dvdMWt  icheint 
Auf  die  Wirkung  der  trithemimeres  surückgeführt  werden  in  mÜMen,  ob- 
wohl die  stttrkcre  cäsur  nach  Alavra  liegt  (anders  Rsach  C  s.  426). 


HSchrader:  die  heiamatr.  Überschriften  zu  den  48  Uom.  rliapsodieu.  6(J5 

nur  da,  wo  aie  durch  eine  hauptcäsur  oder-diSrese  geschützt  sind, 
bei  ersterm  findet  sich  tetr.  in  Gen.  {ß  2')  iSic  Ttip  TaOxa  T^Xecce 
öeöc  irepippujv  xe  'Pi&im,  in  ludd.  (b  3')  SnXuTe'pti  fäp  äiraciv 
'loubaEoiC  Acßöipa  |  dpEc  (falls  nicht  'loubaioici  -/.u  lesen  ist),  in 
Kegg.  I  (e  3'')  oioc  6b'  fipTi  irpöceici  ti^i  'Aßiji^Xex  tepni,  in  Acta 
opost.  (i  2")  riap^iiväv  rt  0i\iitnöv  Te  CT*<pav6v  le  ötoubii,  epigr, 
in  Baail.  (\  5")  ■nf\)ia  CaßeXXiao,  nfma  MaKeöoviou."  Tzetzes  da- 
gegen bat  niclit  nur  AH.  11*2  '€puiTUJV  (so  ist  ohne  zweifd  zu  Bcbrei- 
bea)  ßeX^ecci  TrupitpXettetciv  ^nXi'itTi,  359  iv  öi  Müvhtoc  fr|v  Tuvf) 
6c  ßaciXEuE  AeXtTUJV  (so  der  cod.  Paris.),  H.  88  TTpLÜra  Mevecöriv 
TC  Kttl  'AtxiaXov  ctpapÖTlCCev  (wo  für  das  von  Tryllitsch  unstatt 
des  re  vorgeschlagene  efia  kein  genügender  grund  vorliegt),  PH. 
182  'Gkötii  'AfX'MÖxn  t€  koi  'AvSponäxi  ßaciXeio,  389  flpxeTO 
noXXäKi  TTouXuSevric  (P^r.,  vulg.  TToXu£^vric)  e'iveKO  viincpnc*', 
sondern  auch  ^  um  von  den  hauptcäsuren  hier  abzusehen- —  AH,  59 
Ei£i^oiTo  b'  aJ)  TTdpiov  Tiiitj  TTäpiböc  So  Tiaitiöc,  201  'Apr^nitöc 
l^peiav  TaupoTTÖXoio,  ctXiivTic  H,  448  'Innööoöc  'Atüöiuv  t€  ITo- 
Ximc  Atitpoßöc  re,  PH.  579  tue  "CXevöc  ^p^eivt  6eöiipoiioc,  o\  b' 
iri\i\ov,  zuiM  teil  allerdings  durch  Homerische  usw.  anatoga  ent- 
schuldigt. 

Abgesehen  von  den  eigennamen  finden  sich  bei  Tzetzea 
und  Theodoros  Prodromos  manche  iHngungen  von  e  oder  o  enthal- 
tenden Silben,  die  sieb  nicht  auf  die  Wirkung  eines  b au ptein Schnittes 
des  veraes  zurückführen  lassen,  von  freien  Wörtern  (vgl.  anm.  53) 
gebraucht  Tzetzes  in  der  arsis  des  ersten  fuszes  so  öc  (PH.  40), 
6  (PH.  690),  TÖv  (H.  61),  öie  (H.  31),  in  der  des  zweiten  fuszes 
öv  (AH.  81),  le  [AH.  272.  PH.  577),  bi  (H.  302.  PH.  54),  ^tv 
(PH.  571,  Tu!g.  miv),  4v(PH.  74;,  äiT6{PH.  99)",oca  (an.  Oi. 
III  s.  303,  32),  an  derselben  stelle  des  vierten  fuszes  bk  (H.  712), 
dKÖ  (H.  258),  TOio  (PH. 638),  ifit  (Käufe  PH.  701),  fiXXo  (AH.  378), 
des  fünften  fuszes  Öc(PH.  282),  TE  (H.  220),  bk  (H.  431),  oco 
(an.  Ox.  s.  302, 8).  der  d  ritte  fusz  hat  diese  licenz  (abgesehen  von 
den  haupteinscbnitten)  ebenso  wenig  aufzuweisen  wie  der  sechste 
(in  dem  wir  oben  den  eigennamen  AeXe^tuv  gefunden  haben),  und 
ebenso  wenig  ßndet  dieselbe  sich  (wieder  von  derselben  einscbrttn- 
kung  abgesehen)  in  Ihesj.  —  Auch  hier  ist  Prodromos  strenger :  in  der 
ersten  arsia  hat  er  ein  St'  (tetr,  in  Exod.  ß  5"),  in  der  vierten 
6c  (\XacTT|pioc  £ic  Xpicröv  not,  et  estr.  VIII  2  s.  164  Küpi«  nan- 
MeWoiv,  ÄiraXöxpooc,  öc  tiirö  eopKÖc)'",  in  der  fünften  ein  töv 

"  nicht  dca  verKeä,  jondern  deB  wortlaQts  wegen  iit  »n  tetr.  in 
Chrjsost,  (X2'')  6t|XuTipii  TS  irdcic  Tt  MOKsbovIou  vdCöv  dutpuj  |  irdcxov 
aiiBtosz  zu  nehmen.  '"  Hber  H.  68  cex^Jiovo  oder  'Cxfmiova)  ».  unten 
nnm.  64.  "  über  den  sicher  corrupt  überlieferten  vers  oUi  xilli  kbI 
ÖKUiv  öeibicKero   oüXioc   dvi^p   (H.  H2)  vgl.  oben  e.  6Ü2.  ">  für  dai 

zireitnal  in  vierter  Braia  sieb  fiodende  gelängte  e  in  CTcpov  (tetr.  in  Gen. 


606  HSchrader:  die  bexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rbapsodien. 

(inBegg.  I  b  8''),  daneben  nach  der  Überlieferung  freilieb  auch  zwei- 
mal ähnliche  Ifingungen  in  thes  i ,  doch  dürfte  in  dem  gedieht  auf  den 
mönch  loannikios  not.  et  extr.  YIII  2  8.  185  crjc  dTavoq>pociWllC  * 
Fj  Totp  djLXoC  XeXaOofjiTiv  ein  &v  vor  djiioC  einzufügen,  und  tetr.  in 
Regg.  I  (€  1 ')  Koipavoc  'Gßpahic  ö  b '  ^ttXcto  ,  X(pCT€,  T€V^8Xtic  die 
heilung  noch  zu  suchen  sein. 

In  unfreien  Wörtern  gebraucht  T z e t z e s  abgesehen  von  den 
durch  einflusz  eines  baupteinschnittes  im  verse  entschuldigten,  oben 
erwähnten  fällen  ein  €  und  o  als  länge  in  der  ersten  arsis  in 

CT^vaEav  (Hom.  460),  in  der  zweiten'*  in  8uT0tT€p€C  "'Apfjoc 
(AH.  23),  WbianvTO  (AH.  171),  elböv  (H.  303),  fjXeöv  (PH.  362), 

XuTpöv  (an.  Ox.  III  s.  302,  17),  i^puiic  (ebd.  z.  20),  in  der  vierten 

vielleicht  in   irece  (PH.  180,  so  der  Paris.,  vulg.  ir^cce),  in  der 

fünften  intiTTrov  (PH.  713),  in  der  sechsten  in  ttovwv  (PH. 266), 

in  XoTOi  (an.  Ox.  UI  s.  303,  18),  daneben  in  thesi  des  vierten 
fuszes  KtttepuHev  (H.  284),  giroviö  (PH.  175),  Yttttöv  (PH.  703),  des 
fünften  dTT^ßaivov  (PH.  226)  und  dKOue  (PH. 492),  an  allen  diesen 
thesislängen  freilich  durch  sehr  schwache  diäresen  von  dem  folgen- 
den getrennt.  —  Prodromos  hat  (um  auch  hier  von  denselben 
oben  bereits  erwähnten  fällen  abzusehen)  die  genannten  vocale  als 
längen  in  erster  arsis  in  juieXiTpäcpoic  (tetr.  in  ev.  loannis  6  6"^), 

KeXrira  (in  ev.  Matth.  116"^),  in  zweiter  vielleicht  in  iroXuKdpTiv* 
(in  S.  Basil.  k  2"^,  wo  es  wichtig  ist,  dasz  edit.  Bas.  iroXXuKopriv* 
hat,  vgl.  unten),   in  dritter  inlce  (in  Gen.  ß  1^;  Bas.  £n€CC€), 

KeX€T*  (in  Acta  apost.  i  4^^,  wo  edit.  Bas.  k^XXct*  hat),  in  vierter 
T^pev  (in  Gen.  ß  4"^,  wo  im  folgenden  ^tti  bdKpua  €l߀V  zu  lesen 

ist),  in  fünfter  (pXe^e  (in Gen.  ß  1  ^),  in  qppidv  (in  Regg.  III  l  2^), 

in  sechster  vocouc  (in  Gregor.  k1^).  in  thesi  findet  sich  bei 
demselben  vielleicht  tetr.  in  Regg.  I  (6  8^)  ouvcKO  Ouctduiv  dno- 
baivuvTOy  KpidTpnv  |  X^'fpn<P^  TpiöbovTa  xadeiÖTec  dOXiot  dvbpulv 
(wenn  man  nicht  vorzieht  Kpedtpiiv  und  ähnlich  wie  im  folgenden 
beispiel  dTTObaivuvTO  zu  lesen),  ferner  in  den  cx€TXiacnKoi  (not.  et 
extr.  VIII  2  s.  195)  ttiXoO  dTioCKibdZei,  dxdp  Ouji^Xgct  |üi€6Ul€t 

und  Kai  Tdxa  bucßöpouc  köcmou  iTpo9UTi)C  ^eXebuicac,  also  im 
zweiten  und  vielleicht  im  fünften  fusze. 


a  5^  Töv  6'  ^T€pov  00  Ti  iTiu  16^€V,  und  not.  et  eitr.  YIII  S  8.  206  jiicO* 
^Tcpov  £TpaTT€C  dcTu)  ist  Vielleicht  nach  dem  Vorgänge  Herchert  in  dem 
verse  de  Rhod.  et  Dos.  amor.  VI  176  drcpov  su  schreiben  (vgl.  erot. 
Script,  gr.  il  s.  LUI). 

^'  auch  AH.  3  dpxiiOe  b*  indixbe  kqI  ic  liXoc  iEcp^etvc,  da  das  von 
Tzetzes  selbst  herrührende  scholion  des  codex  Aagnst  (ed.  Schirach,  Halle 
1770):  dpxf^Oe  6(xa  toO  v  dies  aasdrUcklich  (wegen  des  folgenden  con- 
sonanten)  hervorhebt,  der  cod.  Vat.  hat  Übrigens  dpx^Oev  (vgl.  AH.  213 
oOpavöOcv  und  s.  603). 


HSchrader:  die  hexametr.  Überschriften  %u  den  48  Hom.  rhapsodien.  607 

Einiges  entschieden  corrupt  überlieferte'*  ist  hier  übeit^angen 
worden,  ebenso  die  wortformen,  die  ohne  weiteres  nach  dem  vor- 
gange der  altem  poesie  durch  Verdoppelung  eines  consonanten  zn 
längen  zu  machen  sind.^  die  meisten  der  übrigen  formen  sind 
aber  ebenso  wenig  als  metrische  licenzen  aufzufassen,  sondern  wie 
manche  andere  der  unten  zu  besprechenden  scheinbaren  vemachlftssi- 
gungen  der  position  als  neue  belege  der  seiner  zeit  schon  von  Tzetzes 
selbst  (vgl.  die  stellen  der  scholien  zu  Lykophron  und  zu  Hesiodos 
bei  GHart  ^de  Tzetzar.  nomine'  usw.  s.  73)  und  neuerlich  von  Horcher 
erot.  Script,  gr.  II  s.  XLYI  hervorgehobenen  freiheit  der  Ver- 
doppelung der  einfachen,  sowie  anderseits  der  einfachen 
Setzung  der  doppelten  liquida  aufzufassen,  den  von  Horcher 
angeführten  beispielen  sind  völlig  entsprechend  oder  wenigstens  sehr 
ähnlich  nicht  nur  formen  wie  TToXXuKdpiiv*  (von  H.  selbst  angeführt), 
K^Xrira,  M€XXiTp(i<poic,  k^XXct'  («»  K^X€Tai)  bei  Prodromos,  ct^v- 
vaHav,  itövvuüv,  '€x^|i|iOva  (vgl.  anm.  58)*^  bei  Tzetzes,  sondern 
auch,  was  mir  unzweifelhaft  scheint,  formen,  in  denen  sich  eine 
doppelconsonanz  eines  p,  das  ja  ohne  weiteres  zu  den  von  Tzetzes 
mit  dieser  föhigkeit  ausgestatteten  d|Ui€TdßoXa  gehört,  oder  selbst 
eines  c  geltend  macht,  wie  bucßöppouc,  vöccouc,  q>p€cdv  hei  Pro- 
dromos, OuTttT^ppec  ""ApTioc  und  rrdcce  bei  Tzetees,  wobei  es  un- 
entschieden bleiben  mag,  ob  in  allen  diesen  fWen  die  fixierung  des 
doppellautes  durch  die  schrift*^  notwendig  ist. 

Es  würden  also  in  den  hexametem  des  Prodromos  und  des 
Tzetzes  von  nicht  entschuldigten  Iftngungen  eines  €  und  o 
in  unfreien  Wörtern  folgende  übrig  bleiben:  bei  ersterm  in  arsi 

lepev,  9X€Tei  in  thesi  vielleicht  KpcäTpnv  und  äTTOCK6bd2l€i**,  bei 
letzterm  in  arsi  brt^riVTÖ,  elböv,  fjXGöv,  firnöv,  XÖTOi,  in  thesi 
KOTepuHev ,  Sttovtö  ,  ittttöv  ,  dir^ßaivöv,  dKOui,  so  dasz  also  auch  in 
diesem  falle  Prodromos  der  sorgfältigere  ist. 


^2  tetr.  in  Gen.  (ß  i'^)  ToOrd  cot,  'AßpaÄfi,  ^iraOXa  ipiXatdOoto  (ed. 
qpiXoYdOoio)  |LX€voivf)c  wird  *Aßpd|bi  ftraOXa  zu  lesen  und  die  länge  des  a 
durch  die  diäresis  zu  entschuldigren  sein  (vgl.  oben  anm.  52};  iu  Deut. 
(t  7  0  atjiaToc  Ik  jüicOOcvra  Kp€Ö9dTou  t€  fioxaipvic  ist  KpciuqH&You  zu 
lesen;  in  Acta  apost.  (i  3^)  Kai  col  |Lidv,  T0|Li(i},  tÜKOraTOV  ^TTCTO  dp^a 
musz  es  6tTT€T0  oder  ^cir€TO  heiszen;  in  dem  gedieht  auf  Alexios 
Aristeuos  (not.  et  extr.  VII  2  s.  256,  16)  iroXXd  ^^v  dp*  ^T^XCCCCV 
aiv^cijLxa  Ip^a  ßactXeuc  ist  nicht  etwa  ir^Xecc*  alv^ci|yia,  sondern 
^vaictjLxa  mit  heibehaltung  des  ^t^Xccccv  zu  schreiben,  über  tetr.  in 
ludtl.  b  4^  öaicttTÖ  8.  oben  s.  603.  •'  Prodr.  tetr.  in  Exod.  (t  1') 
Miüuc^tjc  -fowvujv  b*  ^inXd2:€To  dKptö'  öXkcat,  ebd.  (t  2')  koI  rdx'  Äv 
€uxoc  (5poi|ni,  Cardv  dirö  Kdproc  öX^ccac,  in  Gregor,  (i  8*^  oö5'  £jLiirr|c 
t66'  ^Tpeccac,  käc  b"  dvd  x^^potc  dcipac  |  XpiCTÖv  ovaKTa  KdXcccac  usw.; 
an  allen  diesen  stellen  hat  die  ed;  Basil.  nur  ^in  sigma.  hei  Tzetzes 
variieren  die  hss.  ^  diese  form  des  namens  entspricht  dem  Homer. 

^^  über  spuren  solcher  Schreibung  in  der  Überlieferung  des  Prodro- 
mos und  Tzetzes  s.  s.  606.  ^  oder  sollte  dtT0CK€M)d2^€i  zu  schreiben 
und  diese  unform  als  eine  rein  äuszerliche  nachahmang  des  £ö5ctC€V, 
döbc^c  ndgl.  der  Homerischen  hss.  aufzufassen  sein? 


608  HSchrader :  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien. 

Der  gang  dieser  Untersuchung  hat  uns  von  selbst  auf  die  frage 
nach  der  Vernachlässigung  der  position  in  den  bexametem 
der  beiden  byzantinischen  dichter  geführt,  eine  nicht  unbedeutende 
anzahl  der  sich  bei  Prodromos  findenden  fälle  (aus  Tzetzes  ist  mir 
kein  beispiel  dieser  art  bekannt)  hängt  mit  der  berührten  Proteus- 
natur  der  liquidae  zusammen,  ich  lasse  sie,  ohne  mich  betreffs  der 
Schreibung  zu  entscheiden,  nach  maszgabe  der  Überlieferung  folgen : 
tetr.  in  ev.  Matth.  {r\  7^)  CeuTca  b'  d|i|iiv  ?ppoi,  b&fxap  Odvoi, 
dtpoi  öXoiVTO,  in  Begg.  I  (e  1^  *A|ui|LiaviTriv  V  diröXXuci  rroXuv 
KQi  direipova  Xaöv,  in  ludd.  (b  3^)  5v  febediv  jiiv  f  piipe  Katd 
XOovöc  auov  dövxa ,  in  Regg.  II  (C  n)  i^i  t  p  i  c  o  i  c  XuKdßaci  ßin 
XijioTo  iraXaicm,  in  ev.  Marci  (0  3')  dTreXci,  d|uiTT€TdvuT€  in 
oupaviouc  TTuXeiüvac ,  in  Greg,  (k  1  ^)  irajuiiicb^ovO*  IXdovro  Kai  tc 
TTÖXov  djLiTT€TdvuvTO,  in  Acta  apost.  (i  4^)  6  kXutöc  IdKUißoc 
öXujLievoc  d|LX9i  fiiaxoeipr).  ferner  in  einigen  eigennamen:  tetr.  in 
Gen.  (ß  5')  'G9paijLi  Ka\  Mavdccfic  buo  fjcTTiv  iraibe  luicriq),  in  Exod. 
(t  1  ^)  KQi  ßa9tv  TTiKpöxujuia  Meppnc  TroTipiicaTO  ^eiOpa ,  not  et 
extr.  VIII  2  s.  185  Xüüct€  IwdvviKie",  KÖboc  (lies  KÜboc)  T€V^8Xf|C 
|Li€pOTT6ir|C.  —  Dagegen  ist  demselben  kaum  zuzutrauen  die  Vernach- 
lässigung der  Position  von  cji  in  den  versen  TTaCXov  deibiU^€C6a 
0€oö  CTÖjLia  alfev  Wvtoc  |  dKXoYinc  ckcuoc  »oipuKa  TratKÖCjüiiov 
(epigr.  in  Paul,  apost.  X  4^)  und  X^^P^  ßpoTÜüV  ßiÖTiiTOC  in*  eÖTio- 
pov  oIjLiov  l9i3vTop  (ed.  IGuvtoc),  j  Tilpooc  €UKOC|ilT],  x<^^vi  KOU- 
pocuVTic  (in  Basil.  X  C),  doch  wüste  ich  nicht,  wie  abbilfe  zu  schaffen 
wäre.  —  Über  die  verschiedenen  stellen  des  bexameters,  welche  für 
die  Vernachlässigung  oder  beobachtung  der  schwachen  position 
neigung  oder  abneigung  haben  (vgl.  über  den  trimeter  Hilberg 
s.  290) ,  zu  urteilen  würde  bei  der  unzuverlässigkeit  der  Überliefe- 
rung verfrüht  sein. 

Tzetzes  kann  sich  für  ein  lepnd  CKajixdvbpou  (H.  61),  TTCpö- 
ujVTd  CKajLxdvbpou  (H.  253)  usw.  auf  den  Vorgang  Homers  berufen, 

während  PH.  384  töv  b'  'AxiXeüc  KQT^Trecpve  irapal  CKajudvbpoto 
^oQciv  vielleicht  mit  Jacobs  EdvOoio  einzusetzen  und  AH.  127  6pi£iv 

dXixpucoici  KapnKOjLXÖuJV  uirep  ndviac  mit  Bekker  Tr€pi  ndvTac  her- 
zustellen ist;  an.  Ox.  III  s.  302,  17  ist  ohne  zweifei  Mvfijüia  XuifpÖV 
^Tdpou  Hav6dc  diT^Keipav  dOeipac  anstatt  drapoio  EdvOdc  zu  lesen. 
Im  trimeter  der  'epigonen'  sind  die  dipbthonge  sowie  die 
vocalü  r\  und  uj  stets  lang;  auch  das  durch  contraction  oder 
krasis  entstandene,  sowie  das  mit  i  subscriptum  versebene  a  bleiben 
in  der  regel  lang  (Hilberg  s.  291).  diese  rogel  befolgt  Tietzes  in 
seinen  hexametern  streng*";   denn  H.  142  olci  K&^i  kqI  dxiuv  ist 

^'^  vp:l.  anm.  50  dns  Muiawric.  ,  *^  ausgenommen  sclbstvcritändlich 
vor  unmittelbar  folgendem  tocaI, 'worin  der  bjznntiuidche  hexameter 
(anders  als  der  trimeter,  vgl.  Herchcr  erot.  Script.  Or.  II  •.  LIVj  alt- 
epischem  herkommen  folgt,  hierher  gehört  auch  das  oben  (anm.  44) 
hergestellte  ti^v  6^X0  v^pTcpa  btiip'  *lujdvviic  Mcaaxitv. 


HSchrader:  die  hexametr.  Überschriften  zu  den  48  Hom.  rhapsodien.  609 

Kdjüi'  ä^KUiV  zu  lesen  (vgl.  oben  s.  602) ;  weniger  sorgfältig  ist,  wenn 
der  Überlieferung  glauben  zu  schenken  wftre,  Prodromos;  doch 
ist  nicht  nur  in  dem  oben  schon  erwähnten  gediohte  auf  Alezios 
Aristenos  TToXXd  m^v  dp'  £t^X€CC€v  £va(ci|ia  (anstatt  alvtofia) 
^pya  ßaciXcuc  (not.  et  extr.  VII  2  s.  255,  16),  sondern  auch  tetr. 
in  Num.  (y  4"")  c5  qpöövc,  kqköv  djüiaxov  direipiTOV  (anstatt  ärrefpii* 
Tov),  in  ev.  Matth.  {r\  6^)  &q>ek€c  (b  TrXoöae  Tr€v^CT€poc  iixixey 
dTrdvTUüV  (anstatt  ^injuevai  irdvriuv)  zu  lesen,  und  in  ev.  Luc. 

(6  4^)  TrXf]v  KOI  T*  ö  öbpoiTiKdc  ttotI  TOCT^pi  ühara  Odipe  das  f*  zu 
streichen.  ••  der  vers  tetr.  in  Begg.  I  (e  1 '')  iv  b'  "Ayat  äecduicac 
'AMaXTiKiTTiv  ßaciXf^a  dürfte  durch  den  eigennamen  entschuldigt 
sein,  wenn  man  nicht  die  Schreibung  'A^aX€KiTT)V  vorzieht  (vgl. 
über  uü  und  o  Horcher  ao.  II  s.  XL  VII).  nur  an  6iner  stelle  scheint 
eine  nachlässigkeit  vorzuliegen :  tetr.  in  Qen.  (ß  3  ^),  wo  es  von  dem 
träume  Josephs  heiszt:  IvbCKtt  bpdTMCtT*  £r)V  Kuvdovra  bpdTMO 
1ujcri9,  I  jLieTvov  öcpp*  ?vb€K*  tbqc  KaciTVifiTouc  eTvoi  icuvcOvrac, 
obwohl  es  schwer  einzusehen  ist,  weshalb  Prodromos  nicht  ein 
KuveOvTac  elvai  dbeXqpouc  vorgezogen  haben  sollte;  die  einfache 
beseitigung  des  ja  allerdings  überflüssigen  eTvai  würde  wegen  der 
unschönen  häufung  der  spondeen  ihre  bedenken  haben. 

Über  die  von  den  hier  besprochenen  beiden  verskünstlem  des 
zwölften  jh.  den  cäsuren  und  diäresen  der  daktylischen  yerse  sowie 
den  in  diesen  möglichen  oder  unmöglichen  hiaten  gegenüber  geübte 
tecbnik  zu  handeln  wird  erst  dann  möglich  sein ,  wenn  einmal  die 
hexametrischen  gedichte  des  Prodromos  und  —  zum  teil  wenigstens 
ist  auch  hier  dieser  wünsch  gerechtfertigt  —  die  des  Tzetzes  in 
kritisch  sicherer  Überlieferung  vorliegen:  für  jetzt  dn^X^M^^* 

^^  das  O&poirtKÖc  ist  als  eine,  wenn  aach  irrige,  doch  in  den  mittel- 
alterlichen hss.  nicht  seltene  form  beizubehalten,  über  das  tbflömKi 
der  vorhergehenden  iamben  s.  oben  anm.  60.  auch  tetr.  in  Basil. 
(X  6^)  o<)bä  öaclc  q)6öv€cac  ^k  ^cpöirccct  (pdvat  ist  die  Überlieferang 
richtig,  und  nicht  etwa  der  vers  durch  ein  «pOövfJcac  zu  verschlechtern, 
vgl.  LXX  Tobit  4,  7.  16  Kai  |bii^  <p9ov€cdTUJ  cou  6  ö(p6aX^6c  iy  t^  noi&v 
C€  ^X€?i|iocOviiv. 

Hamburg.  Hericanm  Sohradeb. 


79. 

DE  HIATÜ  DEBILI  QUI  DICITÜR  HOMERICO. 


Inter  hiatus  maximam  dubitationem  movet  is  qui  vocatur  de- 
bilis ,  qui  fit  debilitata  sjllaba  finali ,  quem  ab  Homere  ceteri  poetae 
reeeperunt,  Latini  ut  fit  etiam  imitati  sunt,  scilicet  si  consona  aliqua 
initiali  evanescente  non  eliditur  vel  si  in  arsi  aut  ante  caesuram  yoc^es 
coneurrunt,  id  minus  mirum  videtur  quam  iUud,  longam  vocalem  esse 
pro  brevi :  quam  rem  ut  cognoscamus ,  Homeri  consuetudinem  hia- 
tus qua  huius  quae  fuerint  leges  accuratius  perspiciamus.  fieriautem 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  9.  40 


610  HDraheim:  de  hiatu  debili  qui  dicitur  Homerico. 

solet  hiatus  hie  plerumque  in  syllabis  quae  in  ai  €i  Ol  qi  g  qj  exeunt, 
cum  in  declinationibus  prima  altera  tertia  tum  in  coniugatione :  buc 
adde  pronomina  adverbia  particulas  ut  jiöi  X^M^^  ^^^^  ^^i*  quoram 
omnium  si  circumspicio  copiam,  fieri  non  potest  quin  mazimi  esse 
momenti  i  illud  terminale  credam ,  sive  id  ipsum  elidi  sive  in  con- 
sonae  quae  est  j  naturam  transire  malis:  igitur  cCxOMOei  clvai  ut 
videtur  aut  est  euxojiia'  clvai  aut  cöxojLiajeTvai  —  quod  in  mediis 
Yocibus  non  minus  observatur,  ut  oloc  vM  ä|i9iTuoc  vel  d|Liq)iTuioc 
similia  leguntur  correpta  paenultima  (N  275.  0  244.  C  105  al.). 
quae  si  fuit  rei  natura,  facile  ea  consuetudo  transibat  cum  in  sjl- 
labas  contractas  ut  dK9av€T  T  104,  neip^  Q  390  tum  in  alias,  quae 
synizesin  passae  erant,  ut  xp^c^i|J  A  15.  374,  bcvbp^qj  f  152,  vel 
consonam  abiecerant,  ut  Yv3vai  Z  441.  Q  300  —  cuius  rei  similis  est 
elisio  sjllabae  contraotae  iruiX^'  inei  b  811. 

Euge,  optime  sane,  dummodo  ne  in  aliis  vocalibus  idem  fiat: 
üeri  autem  notum  est.  admittuntur  in  biatum  debilem  bi\  irou  ^Yui 
iixev  alia  plurima.  brevis  quidem  esset  in  bis  quoque  excusatio 
fuisse  illud  i,  de  quo  diximus,  rei  prineipium,  quod  re  ipsa  obsca- 
rata  aliae  vocales  secutae  essent:  sed  ne  labefiat  illa  explicatio  aut 
coniectura  potius  quam  doctrina  videatur  esse,  aliam  rationem  in- 
eundam  esse  censeo. 

Sunt  quidem  longae  syllabae  finales,  quae  diaeresi  ut  ita  dicam 
et  elisiono  in  brevem  vocalem  reduci  possunt,  ut  genetivus  bouXou 
qui  est  bouXocio  scribi  potent  boiiXo',  accusativus  aibö*  pro  alböa 
aibüü ,  imperfectum  dTt^a'  pro  iii^ae  ^Tijixa.  praeiit  Abrensius  qui 
X  2 ,  ut  exemplum  afferam ,  pro  \bpdi  dTT6\puX0VT0  posuit  ibpö'  dir- 
eipuxoVTO.  .in  eodcm  libro  babemus  206  fa,  236  £^€0,  347  Kp^a 
quod  i  162  pro  pyrricbio  est,  440  böjLXOu:  quae  sie  mutari  possunt 
^a',  ^jLi^',  Kp^a',  SöjLio*.  similia  proferam ,  quorum  non  deest  copia : 
'Aciuj  B  461,  kX^q  I  189.  524,  buCKXte  A  115.  I  22,  t€u  t  348, 
diT6q)pdcu)  0  410,  quae  eodem  ego  iure  commuto  atque  ii  qui  a  129 
fTXt'  'Obuccfioc  scribunt  pro  ?TXn»  A  2  äkfe*  £Oiik€,  a  340  diro- 
TTQue'  doibfic ,  alia. 

Adiungenda  illis  vocibus,  de  quibus  primo  loco  disputatum  est, 
censui  alias  non  multas,  in  quibus  differunt  editores:  ndvTr),  ijlb€\ 
similcs,  quas  TrdvTr],  ffix]  alii  scribunt,  quibus  accedit  r\  pro  el  posi- 
tum.  bis  voro  vocabulis,  quae  contractionem  passa  esse  exposuimus, 
sine  dubitatione  adicimus  ttou  dXXou  auToC  niXoC  inpoO:  quin 
etiam  uj  littera  in  duali  numero  videtur  anceps  fuisse  si  non  ubique 
at  in  voce  ö]Liq)Ui  si  comparos  buo. 

ßestat  ut  de  ceteris  vocabulis  disscratur  quae  in  vocales  longas 
desinunt:  de  quorum  exitu  etsi  adbuc  dubitant  Graecae  linguac  per- 
scrutatores ,  tamen  quis  est  qui  r\  vel  u)  litteras  terminales  eandem 
semper  formam  et  naturam  babuisse  affirmet  atque  ex  aliis  vocalibus 
urtas  esse  neget?  nee  vero  minus  illud  fieri  potuit  quod  supra  dixi- 
mus, ut  pro  vetere  etnaturali  illo  hiatu,  quam  potius  elisionem  fuisbe 
oensemus,  licentia  quncdam  oreretur,  qua  ubique  debilitare  poste- 


HDraheim:  de  hiatu  debili  qui  dicitur  Homerioo.  611 

riores  au^erent  syllabas  longas  in  hiatu  collocatas.  qnod  atnunque 
quoniam  obscurum  est  neque  Omnibus  locis  illnd  fieri  videmus  neque 
omnis  generis  vocabula  admitti,  haec  omnia,  quorum  paucitatem  for- 
tasse  sunt  qui  mirentur,  eo  ordine  percenseamus,  ut  et  ipsorum  voca- 
bulorum  naturam  et  versus  locos  ubi  posita  sunt  contemplemur. 

Ex  bis  quae  in  iambum  desinunt  post  syllabam  longam  poni  non 
possunt  nisi  pro  pyrricbio :  eandem  igitur  excusationem  habent  quam 
trium  brevium  syllabarum  voces  pro  dactylo  vel  anapaesto  positae 
eamque  maximam  in  diaeresi  bucolica  A  180.  259.  B  383.  A  88. 
e  12.  Z  261.  394.  H  431.  477.  668.  K  113.  N  782.  0  88.  401. 
TT  300.  835.  C  68.  X  147.  256.  V  125.  a  352.  ß  146.  195.  411. 
T  421.  b  293.  €  471.  l  329.  r\  166.  321.  0  284.  X  544.  578.  tt  264. 
301.  p  103.  463.  c  173.  T  168.  175.  384.  478.  596.  ip  103.  181. 
cu  255.     in  eadem  diaeresi  occurrunt  b^  I  245.  C  20.  Q  398  et  i\ 

0  113. 

Succedunt  voces  spondiacae  pro  tertio  trocbaeo  positae,  quarum 
non  minor  excusatio  videtur  esse,  H  411.  I  385.  K  293.  A  624.  668. 
TT  340.  C  565.  T  30.  ß  43.  b  250.  €  323.  1 20. 138.  218.  r\  291.  333. 
e  205.  465.  502.  X  373.  425.  429.  o  180.  268.  361.  p  76.  c  265. 
T  128.  409.  497.  v  100.  eodem  loco  babemus  T\t)  TT  149,  rrui  T  383. 
TT  192,  fj  b  714.  X  58. 

Rarius  in  altero  trocbaeo  similia  inveniuntur  H  172.  0  163. 
Y  338.  V  724.  a  290.  294.  b  602.  ß  378.  k  358.  X  121.  }x  309. 

1  406.  526.  0  423.  p  30.  185.  256.  u  63.  237.  q)  202.  207.  x  6.  463. 

Longe  plurima  in  primo  pede  occurrunt,  cuius  quae  sit  licentia 
dudum  constat:  hiatum  et  post  trocbaeum  et  post  dactylum  babemus. 
neque  me  fugit  pro  trocbaeo  illo  posse  per  synizesin  spondeum  legi 
ut  KipKn  'uTrXÖKajLioc ,  quod  Y  220  necessarium  est,  sed  quoniam 
dubia  res  est,  omnia  enumerabo.  post  trocbaeum  biatus  extat  A  61. 
139.  184.  341.  398.  523.  B  156.  218.  261.  313.  327.  T  374.  A  180. 
484.  e  215.  312.  680.  Z  75.  98.  375.  H  106.  0  91. 132.  218.  K  292. 
368.  A  50o.  M  292.  321.  345.  358.  N  141.  553.  777.  E  268.  0  17. 
123.  171.  251.  TT  314.  322.  437.  639.  700.  P  182.  204.  232.  334. 
630.  C  364.  T  122.  Y  291.  O  145.  545.  548.  V  106.  155.  491.  541. 
610.  734.  Q  57.  595.  715.  a  2.  217.  256.  370.  t  315.  382.  b  503. 
614.  819.  e  308.  427.  437.  r\  29.  120.  i  141.  456.  530.  k  136.  X  8. 
143.  IX  150.  330.  V  259.  400.  2  403.  o  12.  114.  128.  276.  TT  12. 
103.  391.  458.  471.  p  25.  c  348.  u  191.  286.  qp  161.  227.  x  287. 
ip  242.  267.  uj  51.  327.  529:  post  dactylum  A  29.  358.  T  201.  207. 
€  201.  Z  69.  377.  H  75.  286.  0  286.  I  377.  K  115.  324.  A  222. 
M  145.  0  496.  TT  8.  32.  76.  C  36.  290.  T  173.  189.  Y  303.  307. 
349.371.  086.92.  X 76. 103.300.428.445.  V84.553.  Q59.  a276. 
427.  ß  149.  154.  b  377.  408.  €  139.  161.  X]  300.  305.  6  255.  519. 
1228.468.  K  132. 164.  X  191.  452.  ji  390.  H  151.  o  336.  396.  TT  275. 
p  384.  506.  573.  t  571.  u  309.  x  351.  395.  i|i  150.  U)  123.  495.  hoc 
loco  oportet  Bekkeri  verba  afferre  (Homerische  blätter  I  p.  173  sqq.): 
'ungleich  häufiger  ist  dasz    vocal   oder  diphthong  vor  vocal  oder 

40* 


612  HDraheim:  de  hiatu  debili  qui  dicitur  Homerico. 

diphtboDg  gekürzt  wird  dh.  unterbrochen  und  voll  auszutönen  ver- 
bindert .  .  wenn  nun  ein  rbapsode  in  Atben  auftrat  und  wollte  zn- 
börem  gefallen  denen  woblklang  bedUrfnis  war,  altertttmlicbkeit  aber 
läcberlicb  oder  zum  mindesten  gleicbgttltig,  wird  er  da  nicbt  auf  die 
farbenpracbt  seines  kleides  und  den  goldscbimmer  seines  kranzes 
wenig  gerechnet  haben ,  desto  eifriger  aber  sich  beflissen ,  soweit  ee 
ohne  schaden  des  rhythmus  irgend  angieng,  dem  hexameter  mistOne 
zu  ersparen,  die^  in  landüblichen  versmaszen  für  unleidlich  galten? 
oTvijj  ^v  oder  oiKip  dv  wird  er  so  ungern  geboten  haben  wie  Foivi|i 
oder  Fokiu,  aber  wohl  otvip'  V  und  oIkw'  V.  weder  dF^KOVTC  noch 
ä^KCVTC,  aber  dKOVTC.  blieben  docb  jedenfalls,  allen  ektblipsen 
sjnäresen  sjnalöphen  krasen  zum  trotz,  dissonanzen  genug  und  über- 
genug übrig  .  .  so  gewinnen  wir ,  für  hunderte  holperiger  daktjlen, 
die  gleiche  zahl  stattlicher  spondeen  . .  vornehmlich  fällt  der  gewinn 
auf  die  erste  stelle  des  hexameters.' 

Satis  iam  multa  locuti  sumus  de  primo  pede,  de  trochaeo  teiüo, 
de  dactylo  quarto :  quae  restant  ea  tarn  pauca  sunt,  ut  illas  veras  et 
sollemnes  hiatus  eius,  qui  debilis  dicitur,  fuisse  sedes  appareat.  quin- 
quiens  in  Iliade,  bis  in  Odjesea  in  medio  pede  quinto  hiatum  debi- 
lem invenimus:  e\  ^r\  C  454  et  V  792,  xp€Uü  A  606,  ßf^  T  397,  bi\ 
Q  243,  auTrj  ji  390,  xaraOrjcuj  t  572.  reliqui  hiatus  in  extremis 
dactjlis  fiunt,  in  altero  fi  H  236,  brj  A  733,  i\ixipr\  N  828  et  w  514, 
q>€pTdpr)  0  488,  b\Kr\  X  218  et  t  43,  ttuj  ip  315,  in  tertio  TToOifi 
A  240  et  E  368,  KttTW  P  136,  bd|iii  r  90,  fj  k  574  et  w  430,  Tuv/j 
X  237,  in  quinto  lari  A  118.  578.  C  91 ,  T€uü  €  230  et  237,  ttcttvu- 
lidvuj  H  276  et  c  65,  ttw  A  497.  X  161.  373.  481,  bi^  A  624. 
n  763.  T  345.  Y  23.  a  26.  2  24,  v^mr\  A  561,  ndpeui  Y  484, 
^TiiTappöeui  0  289,  iyd)  Q  59.  l  218.  0  391.  n  170,  Itui  Q  148 
et  177,  xopiccTdiTi  Q  348  et  k  279,  ji€|iviiMdvii  a  343,  T€Tiii|i^vii 
b  804,  fßn  l  253,  i^TTin  V  314,  öikti  l  59,  cIkäti  q)  411  et  x  240, 
TTOTibcTlii^vuj  X  ^^Of  aici^n  ip  14,  ßaciXeu^TU)  u)  483. 

Vidimus  certis  locis  rariu^  debilitari  syllabam  finalem  librosqae 
quoädam  prorsus  illa  licentia  vacare,  nullam  autem  omnino  offen- 
sionem  praebuit  quartus  trochaeus.  siquis  vero  rem  esse  obscnratam 
pulet  excipiendis  iis  sjUabis,  quae  aut  in  i  desinant  ant  contractione 
coaluerint:  hoc  cogitato,  nisi  tum  illas  exclusissemos,  nunc  fuisse 
excludendas.  sed  hoc  concedo:  Graecos  ignorasse,  quae  syllabae 
Homeri  temporibus  nondum  contractionem  passae  essent,  atque 
ipsos  rhapsodos  elisionem  quae  ex  linguae  natura  orta  esset  pro 
licentia  metrica  habuisse.  neque  hoc  mirum  est.  nam  Homeri  car- 
mina  antiquissima  non  eodem  tempore  neque  eodem  loco  conscripta 
sunt,  quo  ficta  erant:  alia  fuit  prima  ingenuaque  pronuntiatio ,  alia 
posterioruro  conscriptio,  cuius  ne  Htterae  quidem  vetus  pronuntiandi 
genus  adaequabant.  alia  denique  fuit  recentiorum  hominum  recitatio, 
quippe  qui  antiquam  scriptionem  suorum  temporum  conenetudine 
interpretarentur.  sie  factum  est  ut  maxiroa  cum  in  aliis  vocibua 
tum  in  contractis  serperet  licentia. 


GZippel :  zu  DiodoroB  [XXXIV  86].  613 

Neque  vero  ego  is  sum ,  qni  omnia  in  antiqnissimtim  statum 
vindicanda  esse  censeam  aut  ubicomque  licenüae  suspido  oriator 
coniectura  et  commntatione  mederi  andeam:  qaa  in  re  Nattckios,  vir 
vere  ingeniosus ,  qui  diligentissime  de  sjllabis  contraoids  dissermt, 
mihi  non  probatur.  quo  accedit,  qnod  Homeri  carmina  ab  Atticis 
etsi  polita  quodam  modo  tarnen  nbi  metrum  obstabat  cnm  cura  et 
pietate  conservata  ac  tradita  sunt,  qnamobrem  ea  quidem  verba, 
quae  ex  recentiore  scriptione  in  antiqoius  scribendi  genas  redacta 
cum  elisione  legi  possunt,  scribenda  etiam  cum  elisione  esse  dicerem, 
nisi  incertum  plerumque  esset,  utrum  vetustior  versus  esset  an  ab 
Homeri  epigono  aliquo  ortus.  satis  equidem  babui  eiponere  biatus 
qui  debilis  dicitur  originem :  quam  ad  elisionis  naturam  et  ad  caesurae 
consuetudinem  et  ad  vocabulorum  in  iambum  desinentium  impor- 
tunitatem  referendam  esse  censeo,  quibus  rebus  neglectis  licentia 
quaedam  in  primum  versus  pedem  admissa  esse  atque  inde  in  alternm 
tertium  quintum  transisse  videtur. 

Berolini.  Ioannbs  Dbaheim. 


80. 
ZU  DIODOROS. 


Das  Fragment  des  Diodoros  XXXIY  36  Ddf.  lautet:  ön  Kov- 
TUJViaTÖCTicö  ßaciXcuc  Tflc  FaXaTiKflc  ttöXcujc  t^c  oötuj  koXou- 
ji^vric  lovTu&pac  cuv^cei  Kai  CTpatriTi?  bidq)opoc  fjv,  q>iXoc  b^ 
Kai  cu|u)Liaxoc  'Pcüjixaiwv,  übe  Sv  dv  toic  ^jünrpocGev  xpövoic  bia- 
TeTpiq)ibc  iv  'Piijuij  Kai  K€KOivuiVT]KUiC  dpexfic  koi  dTuiTflc  vo|i(|üiou, 
biä  'PujjLxaiuiV  bk  TTapeiXri^ujc  rfiv  dv  FaXaTiqi  ßaciXeiav.  es  steht 
in  der  Eonstantinischen  excerptensamlung  Trepl  dpcrfic  Ka\  KQKiac 
s.  386  Val.  8.  607  Wess.  nach  dem  gröszern  fragment  33 — 35,  das  an 
den  tod  des  consuls  Nasica  anknüpft,  also  dem  j.  111  angehört,  und 
vor  38,  das  von  Marius  als  legaten  des  Metellus  spricht,  also  der  ge- 
scbicbte  des  j.  109  oder  wahrscheinlicher  108  entnommen  ist.  weder 
Kontoniatos  noch  die  stadt  lontora  sind  sonst  irgendwie  bekannt, 
und  so  steht  diese  notiz  ohne  Vermittlung  neben  den  andern  nach- 
ricbten  aus  dieser  zeit,  bei  dem  namen  Kontoniatos  liegt  es  nahe 
an  Congormetiacus  (die  lesart  der  ed.  Romana  CongerUiaius  findet  in 
den  bekannten  bss.  keine  Unterstützung)  zu  denken ,  den  söhn  des 
Arvernerkönigs  Bituitus  (Livius  per.  61),  wie  schon  Wesseling  zu 
Diod.  s.  607  anm.  87  gethan  hat.  wir  haben  keinen  grund  an  der 
namensüberlieferung  in  der  periocha  zu  zweifeln,  auszer  dasz  der 
name  vielleicht  richtiger  Conconnetiacus  lautete  (vgl.  den  Camuten- 
f (ihrer  Conconnetodttmnus  bei  Caesar  hO-.  VII  3,  1);  sehr  möglich 
ist  es  aber,  dasz  der  Eonstantinische  excerptor  den  unbekannten, 
für  die  griechischen  Schreiber  besonders  fremdartigen  namen  bereits 


614  GZippel:  zu  Diodoroa  [XXXIV  36]. 

in  verderbter  gestalt  las  und  ihm  vielleicht  bereits  die  im  cod.  Pei- 
rescianus  überlieferte  gestalt  gab.  die  Verderbnis  von  KoTKOWn* 
TiaKÖc  in  KovTUJViaTÖc  konnte  besonders  in  der  cursivschrift  des 
siebenten  bis  neunten  jh.  leicht  entstehen. 

Die  änderung  wird  empfohlen  dadurch,  dasz  der  aufenthalt  eines 
gallischen  fürsten  in  Bom  damals  jedenfalls  noch  eine  Seltenheit  war. 
zudem  wird  mit  UJC  &V  .  .  biaT€Tpi9UüC  der  frühere  aufenthalt  des 
Contoniatus  in  Rom  als  etwas  bekanntes,  also  früher  bereits  bespro- 
chenes angedeutet,  und  die  Wahrscheinlichkeit,  dasz  zwei  gallische 
fürsten  mit  ähnlichen  namen  in  jener  zeit,  wo  die  römischen  be* 
Ziehungen  zu  dem  jenseitigen  Gallien  noch  so  jung  waren,  sich  ziem- 
lich gleichzeitig  in  Bom  aufgehalten  hätten,  ist  doch  sehr  gering. 
man  könnte  daran  anstosz  nehmen,  dasz  hier  mit  dem  Tic  Contoniatus 
als  eine  unbekannte  persönlichkeit  bezeichnet,  und  dasz  an  seine  her- 
kunft  mit  keinem  wort  erinnert  wird;  allein  dabei  ist  zu  bedenken« 
dasz  die  excerpte  keineswegs  den  text  durchweg  unverkürzt  wieder- 
geben, und  dasz  besonders  die  eingänge  oft  ziemlich  selbständig  ge- 
halten sind,  so  kann  eine  hinweisung  auf  die  Vergangenheit  sehr  wohl 
bei  Diod.  gestanden  haben,  und  dasz  Conconnetiacus  dem  excerptor, 
der  Diodors  werk  für  seinen  zweck  durchblätterte,  eine  unbekannte 
Persönlichkeit  war ,  ist  auch  nicht  weiter  zu  verwundem. 

Bituitus  wurde  im  j.  121  vor  Gh.,  nach  der  niederlage  an  der 
Isöre,  von  Cn.  Domitius  gefangen  genommen  und  vom  Senat  nach 
Alba  verwiesen  (Liv.  per.  61.  Val.  Max.  IX  6,  3).  sein  söhn  Con- 
connetiacus nahm  an  seiner  gefangenschaft  teil  und  konnte  so 
römische  bildung  genieszen.  Bituitus  wird  von  unsem  quellen 
ohne  ausnähme  könig  der  Arverner  genannt:  Liv.  per.  61.  Orosius 
V  14,  1.  Val.  Max.  IX  6,  3.  CIL.  I  s.  460.  in  Caesars  zeit  ist  von 
einer  königsherschaft  bei  den  Arvernern  nicht  die  rede,  und  wir 
hören  von  Celtillus,  dem  vater  des  Vercingetorix ,  dasz  er  die  her- 
vorragendste Stellung  in  ganz  Gallien  inne  hatte,  aber  von  seinem 
Volke  getötet  wurde ,  weil  er  nach  der  königsherschaft  strebte  (((?. 
VII  4,  1).  was  wir  aus  der  Kimbemzeit  über  die  Arverner  hören 
{hG.  VII  77,  12 — 14),  gestattet  keinen  schlusz  auf  den  politischen 
zustund  des  Volkes ,  wenn  auch  vielleicht  die  nennung  eines  königs 
nahe  gelegen  hätte,  falls  ein  solcher  damals  vorhanden  gewesen 
wäre,  jedenfalls  gibt  es  für  die  abschaffung  der  königswürde  bei 
den  Arvernern  keinen  passendem  Zeitpunkt  als  die  niederlage  und 
wegführung  des  Bituitus  und  seines  sohnes.  wenn  also  damals  die 
königsherschaft  bei  den  Arvernern  aufhörte,  so  ist  es  durchaus  nicht 
auffallend  und  entspricht  dem  sonstigen  gange  der  römischen  politik, 
wenn  die  Bömer  einige  jähre  später  dem  Conconnetiacus,  der  in- 
zwischen römische  cultur  kennen  gelernt  hatte  und  unter  römischen 
einfluäz  gekommen  w^,  ein  kleines  clientelfürstentnm  in  Gallien 
gaben,  hier  half  er  ihren  einflusz  befestigen,  und  sie  konnten  ihn 
gelegentlich  als  prätendenten  für  die  Arvemerherschaft  aufstellen, 
falls  diese  ihnen  wieder  einmal  gefährlich  erscheinen  sollten,    auf 


GZippel:  zu  DiodoruB  [XXXIT  d6}.  615 

eine  künstliche  Schöpfung  des  fürstentnms  weist  anszerdem  hin,  dasz 
es  nicht  eine  gallische  Völkerschaft}  sondern  eine  Stadt  ist,  über  die 
Contoniatus  nach  dem  fragment  von  den  Römern  die  herscfaaft  er- 
halten hat. 

Wo  lag  nun  aber  dieses  fürstentum?  eine  Stadt  lontora  kommt 
sonst  nirgend  vor.  hier  wird  jedoch  der  Zusammenhang  mit  unserer 
sonstigen  kenntnis  durch  eine  weit  leichtere  änderung  hergestellt  als 
bei  dem  personennamen ,  indem  wir  fdr  'lovTibpac  schreiben  Aok- 
T  u)  p  a  c.  es  durften  nur  ein  paar  verbindungsstriche  vernachlässigt 
oder  undeutlich  geworden  sein,  um  eine  solche  verschreibung  her- 
beizuführen f  und  zwar  konnte  hier  der  fehler  sehr  leicht  entstehen 
in  der  etwa  hundertjährigen  zeit  zwischen  der  abfassung  der  excerpte 
und  der  Schreibung  des  cod.  Peirescianus  (vgl.  das  facsimile  einer 
Seite  desselben  bei  HOmont  'catalogue  des  manuserits  grecs  des  d6- 
partements'  tf.  4).  Lactora  ist  das  heutige  Lectoure  nordwestlich 
von  Toulouse.  Tolosa  gehörte  zur  narbonensischen  provinz  nach 
Caesar  IG,  YII  7,  4  und  Strabon  IV  1,  4  s.  189.  dasz  die  Stadt 
aber  bereits  vor  dem  Eimbemeinfall  unter  römischer  hoheit  stand, 
zeigt  Dion  fr.  90  Ddf.  6ti  TöXocav  TipÖTcpov  jüihf  ivcTTGVbov  oöcav 
Toic  Tcüiiaioic ,  cracidcacav  bfe  irpöc  tAc  tuiv  K(jüißpu)V  iXiribac, 
ibc  KCl  Touc  qppoupouc  beOfjvai,  TTpoKaT^qcov  usw.  (vgl.  Herzog 
Gallia  Narbonensis  s.  48).  danach  ist  anzunehmen,  dasz  gleich  nach 
dem  Arvernerkriege  die  römische  macht  sich  bis  hierher  ausdehnte, 
indem  die  gesamte  clientel  der  Arvemer  zwischen  den  Cevennen 
einerseits  und  dem  Mittelmeer  und  den  Pyrenäen  anderseits  (vgl. 
Strabon  IV  2,  3  s.  191)  unter  römische  botmäszigkeit  kam.  es  war 
also  hier  die  geeignetste  gegend;  in  der  die  Römer  ein  solches  cliefftel- 
fürstentum  errichten  konnten,  und  wo  ein  solches  ihren  interessen 
diente ,  indem  es  an  seinem  teile  ihre  neue  colonie  Narbo  und  damit 
die  land Verbindung  mit  Hispanien  sichern  half. 

Auch  anderweitige  spuren  von  der  existenz  eines  solchen  dientel- 
fUrstentums  fehlen  nicht  ganz,  über  den  spätem  zustand  Lactoras 
erfahren  wir  nur  weniges  durch  die  von  Chaudruc  de  Chazannes  in 
den  ^memoires  de  la  soci6t6  des  antiquaires  de  France'  bd.  XIII 
(nouv.  ser.  bd.  III)  s.  121 — 180  herausgegebenen  inschriften  von 
Lectoure.  gröstenteils  stammen  dieselben  aus  dem  dortigen  heilig- 
tum  der  göttermutter  und  beziehen  sich  auf  die  daselbst  vorgenom- 
menen Taurobolien.  die  datierten  sind  aus  den  jähren  176  (n.  5. 
22.  27,  wahrscheinlich  auch  n.  11  und  um  dieselbe  zeitn.  15.  19.  21), 
239  (n.  7)  und  241  (n.  2.  3.  6.  10.  13.  14.  16.  18.  20).  wir  finden 
darin  erwähnt  die  r{es) p{ublica)  Lactorat{ium)  (n.  1),  die  allgemeine 
lormel  d{ecurionum)  d{ecreto)  (n.  30),  und  besonders  erfahren  wir, 
dasz  der  ordo  Lad{oratium)  im  j.  241  ein  Taurobolium  veranstaltete 
für  das  kaiserliche  h2k\x^proq{ue)  statu  civitat(is)  Lactor(atitm)  (n.  14). 
die  Ladorates  finden  wir  als  Völkerschaft  verzeichnet  in  der  Peutinger- 
sehen  tafel  und  früher  wahrscheinlich  in  den  Latusates  bei  Plinius 
IV  108  (vgl.  Desjardins  'g6ographie  de  la  Gaule'  s.  28).  eine  eigen- 


616  GZippel:  zu  Diodoros  [XXXIV  36]. 

artige  Stellung  von  Lactora  ist  bezeugt  durch  die  Inschrift  des  C.  Mi- 
nicius  Italus  aus  Aquileja  vom  j.  105  CIL.  Y  875^  der  jprocuro^or^ 
jpravinciarum  Lugdunensis  et  Äquitanicae^  item  Ladorae  war.  er  hatt« 
vorher  von  Yespasian  militärische  ehrenzeichen  erhalten^  war  dam 
procurator  des  Hellespontus  geworden ,  dann  procorator  von  Asien 
das  er  in  Vertretung  des  verstorbenen  proconsuls  verwaltete,  nacl 
der  gallischen  procuratur  war  er  praefeetus  annonae  und  praefedui 
Aegypti  geworden,  seine  gallische  procuratur  gehört  demnach  wahr 
scheinlich  in  die  spätere  zeit  Domitians. 

Mommsen  bemerkt  zu  dieser  inschrift,  dasz  in  dieser  pro- 
vincia  Lactora  der  Ursprung  der  spätem  Novempopulana  zu  suchei 
sei.  dasz  aber  das  gebiet  von  Lactora  am  ende  des  ersten  jh.  ah 
besonderer  Verwaltungsbezirk  aufgeführt  wurde,  kann  nur  in  be- 
sondern  geschichtlichen  Verhältnissen  seine  erklärung  finden,  unc 
als  beste  erklärung  bietet  sich  hier  das  ehemalige  vorhandenseil 
eines  clientelstaates ,  der  nach  seiner  einziehung  zunächst  noch  gans 
oder  teilweise  eine  gesonderte  Verwaltung  behielt,  diese  jprot^tfiac 
Lactora  hat  mithin  eine  ähnliche  Stellung  wie  die  Alpes  Cottiae,  das 
*regnum'  Noricum,  der  Pontus  Polemoniacus,  Eommagene,  Jndaei 
usw.,  welche  eine  zeit  lang  clientelfürstentttmer  gewesen,  dann  ii 
römische  Verwaltung  übergegangen  waren  und  hier  teils  besondere 
bezirke  bildeten,  teils  als  besondere  abteilungen  andern  bezirken  tu- 
geteilt  waren,  wie  lange  ein  solches  fttrstentum  bestanden  hat,  läszi 
sich  natürlich  nicht  beurteilen ;  nur,  dasz  wir  Lactora  mit  Aquitanii 
und  der  Lugdunensis  vereinigt  finden,  weist  darauf  hin,  dasz  es  nocl 
über  Caesars  zeit  hinaus  vorhanden  gewesen  ist,  weil  das  gebiet  sonsl 
woHl  mit  der  Narbonensis  vereinigt  worden  wäre. 

Für  die  geschichte  der  zeit  könnte  sich  aus  der  richtigstellung 
des  Ortsnamens  noch  eine  weitere  folgerung  ergeben,  es  ist  kaum 
anzunehmen,  dasz  Conconnetiacus  von  Diodoros  an  dieser  stelle  ein- 
fach seiner  selbst  wegen  erwähnt  sein  sollte,  sondern  er  mnsz  wohl 
bei  einem  gröszern  ereignis  irgendwie  eine  rolle  gespielt  haben,  alc 
solches  bietet  sich  in  den  zeitgrenzen,  welche  wir  für  das  fragment 
fanden,  nur  die  niederlage  des  Silanus  im  j.  109  (Liv.  per.  65.  Vell 
II  12,  2.  Florus  III  3,  4),  für  welche  uns  jede  nähere  ortsbeseich- 
nung  fehlt,  die  nennung  Lactoras  an  dieser  stelle  weist  uns  daranl 
hin,  dasz  der  ort,  an  dem  die  Kimbern  mit  den  Römern  in  Gallien 
zuerst  zusammenstieszen,  eher  im  südwestlichen  als  im  südöstlichen 
Oallien  zu  suchen  ist. 

Königsberg.  Gustav  Zippel. 


ELammert:  zu  Polybios.  617 

81- 

ZU  POLYBIOS. 


Xapiv  ToC  mit  Infinitiv  findet  sich  bei  Polybios,  wenn  ich  richtig 
gezählt  habe,  73 mal',  Ivexa  ToC  c.  inf.  nur  6 mal',  das  finale  toO 
c.  inf.  daneben  noch  8 mal',  indessen  erscheint  es  zweifelhaft,  ob 
Poljbios  bei  seiner  Vorliebe  für  präpositionen  wirklich  das  einfache 
ToO  c.  inf.  noch  gebraucht  hat,  zumal  es  auch  bei  den  Attikern  eine 
verbältnismäszig  seltene  erscheinung  ist.  ^  an  sechs  von  jenen  acht 
stellen  spricht  auszerdem  der  sonstige  Sprachgebrauch  des  Polybios, 
an  drei  bzw.  vier  der  unverkennbar  gestOrte  gedankenzusammen- 
bang  für  die  annähme  unrichtiger  Überlieferung. 

n  34,  1  fcireucav  o\  öiraTOi  .  .  toO  ^i\  curx^PYl^vm  Tf|v 
eipriVTiv  auToTc.  cireubeiv  'sich  eifrig  bemühen'  wird  wie  das  gleich- 
bedeutende CTT0ubd2:€iv  von  Pol.  niemals  absolut  gebraucht,  sondern 
stets  mit  einem  infinitiv  als  ergftnzung  verbunden,  dreimal  steht 
nach  diesen  verben  auch  der  acc.  c.  inf. :  III  70,  7.  XXVII  18,  2. 
XXXU  9,  5  (?).  in  den  wenigen  fftllen,  in  denen  auf  sie  ein  satz 
mit  iva  oder  u)c  folgt,  hängt  dieser  nicht  unmittelbar  von  ihnen  ab, 
sondern  es  tritt  zu  ihnen  regelmäszig  erst  ein  Substantiv  mit  einer 
präp.  zur  ergänzung  des  verbalbegrififes  hinzu :  V  104,  9  ciT0ubd2l€lV 
Tiepi  TOÜTOU  ToO  li^pouc,  W  ixVi  T#|V  äouciav  'daher  solle  er 
die  Streitigkeiten  und  kriege  mit  den  Griechen  auf  die  Zeiten  der 
ruhe  verschieben  und  hierauf  (dh.  auf  diese  Verschiebung)  sehr 
bedacht  sein,  damit'  usw.;  VI  33,  4  t#|V  yäp  biaTptßfjV  •  .'ol  ttXci- 


»  I  12,  9.  20,  8.  27,  8.  39,  8.  49,  8.  II  14,  2.  61,  10.  III  4,  10.  34,  3. 
38,  4.  42,  4.  50,  6.  101,  4.  IV  8,  12.  9,  5.  21,  10.  31,  3.  V  74,  9.  88,  6. 
103,  2.  VI  42,  5.  49,  5.  52,  11.  64,  8.  VIII  26,  6.  27,  8.  28,  1.  IX  20,  2. 
25,  6.  31,  1.  41,  9.  X  12,  7.  42,  4.  45,  10.  XI  18,  7.  26,  9.  XU  12«  2. 
XIII  3,  2.  XIV  1,  13  2,  12.  3,  6.  XV  4,  4.  16,  4.  36,  6.  XVI  8,  3.  XVIII  3, 7. 
11,  8.  28,  12.  30,  3  XX  5,  8.  10,  14.  XXI  44,  4.  44,  7.  XXII  3,  6.  19,  2. 
XXIV  9,  10.-  11,8.  12,  6.  12,  13.  XXVII  7,  5.  16,  4.  XXIX  7,  4.  9,  12. 
XXX  5,  l.  XXXI  20,  8.  25,  2.  XXXII  7,  16.  XXXIII  18,  2.  XXXVII  9,  7. 
XXXVIII  9,  2.  10,  3.  XXXIX  12,  11  (die  citate  beziehen  sich  auf  die 
ausgäbe  von  Hultsch).  —  FKrebs  'die  präpositionellen  adverbien  bei 
Pol/  (Kcgensburg  1882]  s.  21  berechnet  die  f^esamtzahl ,  ohne  die  be- 
lef^ötellen  zu  ^el)en,  auf  76.         *  die  belegsteilen  auch  bei  Krebs  s.  17: 

VI  37,   10.  XII  25«  3.  XVIII  18,  1.  XXIX  27,  1.  XXX  1,  2.  XXXI  26,  8. 

3  II  34,  1.   XVIII  35,  3.  V  102,  6.  XII  28«  3.  I  12,  6.  XXVIII  8,  6. 

VII  16,  7.  IV  18,  11.  [V  31,  2.  X  46,  3?]  *  bei  Thukydides  findet 
es  sich  nach  Behrendt  'über  den  gebrauch  des  inf.  mit  art.  bei  Thuk.' 
(Berlin  1886)  s.  15  nur  11  mal  (lv€Ka  ToO  c.  inf.  nur  Imal,  xdptv  ToO 
noch  gar  niclit) ;  in  Xenophons  anabasis  findet  es  sieb  meines  Wissens 
nicht,  aus  der  Kyrupaideia  habe  ich  2  beispiele  angemerkt:  I  3,  9  und 
I  6,  40  (^v6Ka  ToO  steht  3  mal  in  der  Kyrup.:  I  2,  1.  I  2,  11.  V  1,  10). 
bei  Demosthcnes  zählt  Stix  ''zum  gebrauch  des  inf.  mit  art.  bei  Dem.' 
(Kottweil  1881  j  s.  26  nur  7  beispiele  (keins  bei  Isokrates),  für  lv€Ka 
ToO  c.  inf.  dagegen  9  (bei  Isokrates  2). 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  9.  41 


618  ELammert:  zu  Pojybios. 

CTOi .  .  dv  TaÜTij  TTOioövTai  Tq  7TXaT€i(jf  biÖTTcp  dei  CTT0Ubd2l0UCt 
TTepliaÜTTic,  ibc  ^aivTiiai  'daher  verwenden  sie  auf  dieselbe  viele 
mühe,  damit  sie  rein  sei';  XII  22,  1  qprici  yäp  töv  *AX^Havbpov 
CTTOubdCeiv  Kard  rfjv  idHiv,  iva  Kaid  töv  AapeTov  auTÖv  ttoi- 
rjcTiiai  ifiv  lidxTiv,  'AI.  sei  auf  (eig.  in  betreff,  aber  nicht  bei)  die 
richtige  wähl  seines  platzes  in  der  Schlachtordnung  eifrig  bedacht 
gewesen,  damit  er'  usw.;  IV  öl,  2  CTr€ub0VT€C  uirfep  ToO  TipdT- 
littTOC,  'iva  .  .  uTToxpeuJV  aiiiöv  iroirjciüVTai  irpöc  ttSv  tö  KoXotj- 
)i€VOV  'sie  beschlossen  die  freilassung  des  Andromacbos  zu  erbitten, 
was  sie  schon  früher  beiläußg  gethan  hatten,  jetzt  aber  mit  allem 
ernst  betrieben,  damit  sie  sich  den  Achaios  verpflichteten';  X  17,  5 

btÖ   bei   TTCpt  jLlTlb^V  OUTU)  CTT0Ubd2^€lV  KQI  TTpOVOCTcOm  .  .  UJC  Tr€p\ 

ToOTOTÖjLi^poc,  Kva  . .  urrdpxij  'daher  müssen  die  feldherren  auf 
diesen  punkt  (dh.  auf  die  im  vorhergehenden  besprochene  Verhinde- 
rung des  persönlichen  beutemachens)  ein  ganz  besonderes  augenmerk 
richten,  damit  jeder  soldat  aussieht  habe'  usw.  ebenso  wenig  wie 
\va  oder  ibc  läszt  sich  nun  auch  das  gleichbedeutende  toö  c.  Inf.  un- 
mittelbar mit  CTTCÜbetv  verbinden,  statt  eines  Substantivs  kann  der 
substantivierte  inflnitiv  als  object  eintreten:  XXII  4,  4  ^CTT0ub€t2l€ 
TTcpi  TÖ  KaTaTTopeuGfivai  töv  ZeuHiTrirov  elc  Tf|v  Botu)Tiav.  XVI 
17,  10  CTroubd2l€iv  vnkp  toO  beövTUJC  ^EaTT^XXeiv,  wie  auch  cttoü- 
b#|v  TTOieTcGai  irepi  toö  Troificai  XII  26  **  4  und  urrip  toO  ^EeXeiv 
V  99,  6  gesagt  wird,  demnach  ist  an  unserer  stelle  entweder  (nach 
ni  70,  7  und  XXVII  18,  2)  toG  zu  tilgen  und  acc.  c.  inf.  anzuneh- 
men, oder  (nach  XVI  17, 10)  UTT^p  toC  zu  lesen,  auf  keinen  fall  das 
finale  toG  c.  inf.  zu  belassen. 

XVin  36,  3  jLiapTupiac  bfe  X^Piv  ö|ioXoTOUjLieva  5u*  övöjüiaTa 
♦  ♦  *  TOÖ  ixi\  boKcTv  dbuvQTa  X^t^iv  *  AeuKioc  [xiv  fäp  usw.  Beiske 
ergänzt  hinter  övöjuiaTa  als  verbum  finitum  7Tapa9r|CO^ai  oder 
7Tap^Ho|iai.  beide  verba  sucht  man  indessen  in  ähnlichen  Verbin- 
dungen bei  Pol.  vergebens,  vermutlich  ist  eine  ganze  zeile  ausge- 
fallen und  dadurch  oder  dabei  auch  die  aufeinanderfolge  der  übri- 
gen Zeilen  gestört  worden,  toö  jutf)  bOKcTv  gehört  begrifflich  eng  mit 
^apTuptac  X&piv  zusammen  und  steht  daher  am  Schlüsse  des  satses 
schwerlich  am  rechten  platze.  VIII  26^  6  und  XIV  2,  12  kehrt  das- 
selbe TOÖ  iii\  boKCiv  in  Verbindung  mit  xdpiv  wieder,  also  wird  auch 
wohl  an  unserer  stelle  die  prüp.  ursprünglich  nicht  gefehlt  haben. 
sie  lag  eben  mit  in  dem  ersten  X^P^^*  ^^^^  ^^i^  stelle  scheint  folgender- 
maszen  gelautet  zu  haben: 

liapTupiac  bk  xdpiv  <Kal> 

TOÖ  ixi\  boKcTv  dbüvttTa 

X^Y€w  ö|ioXoYou|i€va  bu' 

<dpK0ÖVT'  f CTttl  ^ri9^VT*> 

övöjLiaTa  usw. 
'zur  bekräftigung  dessen  und  um  den  schein  zu  vermeiden ,  als  ob 
ich  unmögliches  behauptete,  wird  die  anfUhrung  zweier  allgemein 
anerkannter  namen  genügen.'     vgl.  VI  54,  6  £v  b*  dpKOÖv  £cTai 


ELammert:  zn  Polybio«.  619 

TTpöc  TÖ  TTttpöv  dir'  övöjLiaTOC  ^Ti8^v  ÖTTobeltMöToc  icai  it(ct€Uk: 
Sv€Kev.  KökXtiv  t^P  ^^^'  zur  Verbindung  von  x&piv  mit  einem 
Substantiv  und  infinitiv  vgl.  VI  42,  5  öiroji^veiv  aipoOvrat  X<^^V 
TTic  €ux€p€iac  Ka\  Toö  TViÄpijiOv  Kai  jiCav  ^x^iv  .  .  irapcjußoXf^v, 
aucb  XXXIV  3,  8  bid  TÖ  jn^TeSoc  toO  Ei<pouc  xal  rd  Tf|v  äK|if)V 
cuatpOübr]  cTvai.  derselbe  gedanke  wird  IV  8,  12  durch  X&piV  ToO 
jüif)  btaTTiCTcTv  ausgedrückt. 

Vor  demselben  toG  ^i\  bOKcTv  wird  nun  nach  analogie  von 
Vin  26, 6.  XIV  2, 12  und  der  eben  besprochenen  stelle  auch  V  102, 6 
Xdpiv  zu  ergänzen  sein.*  auch  VII 16,  7  toO  bfe  jLi#|  T€V&9ai  ^ri- 
bejLiiav  uTTOipiav  Tf]c  äXri8€iac  findet  seine  analoga  in  x^^P^v  toO 
revdceai  V  88,  6.  XXXVIII  9,  2  und  formell  sowohl  wie  inhaltlich 
in  xapiv  bi  ToO  7TiCT€U€c9ai  t#|V  äxT^Xiav  XI  2ö,  9.  vgl.  auch  die 
verwandten  bereits  oben  erwähnten  redensarten  X<^piV  ToC  )if|  bia- 
TTiCTcTv  und  x<ipiv  toO  jLif|  böEai  irapacTTOvbcTv. 

Formelhaft  wie  X<^Piv  ToC  bOKCtv  erscheint  auch  die  Verbindung 
u7ro|idv€iv  Ti  x<ipiv  ToO,  vgl.  I  49,  8.  IV  31,  3.  VI  ö2,  11.  42,  5. 
54,  3.  daher  dürfte  XII  28  '^  3  öiTO)i€)Li€VTiKdvai  baTrdvTiv  xal  koko- 
7rd0€iav  (xoLpwy  toO  cuvaxaYeiv  usw.  zu  lesen  sein,  wie  XYili 
46,  14  Trdcav  urro^eivai  bandvriv  Kai  Trdvra  Kivbuvov  X<ipiv  ific 
.  .  dXeuOepiac.   vgl.  femer  XXIX  7,  4.  9,  12. 

Ebenso  wird  I  12,  6  ävabpa^6vT€c  £ti  toTc  xP^^voic  ToO 
liTib^v  dTTÖpTijLia  KaTaXiireTv  nach  xpövoic  <Xopiv>  ergänzt  werden 
müssen,  dieselbe  formel  X<ip^v  ToO  |i#|  KaraXiTTClV  steht  XXXVH 
9,  7.    vgl.  ähnliche  Wendungen  mit  X&pw  HI  34,  3.  38,  4. 

Auch  XXVIII  8,  6  6  bfe  RvOioc  oök  dbÖKci  jLiiv  dXXörpioc  eTvai 
Tfic  Tipöc  TÖv  TTepc^a  qptXiac,  dcKriTrT€TobfeToO|üifi  Trapaxpf^Ma 
cuTKaTttTiGecGai  toic  dEioujLidvoic  t#|v  dxoprrmdav  Kai  jli#|  büva- 
c0ai  x^plc  XP^MOTWV  dvabdHacOai  idv  npöc  'Puj^oiouc  TröXcjiOV 
ist  xdpiv  ausgefallen,  dies  ergibt  die  analogie  von  VIII  28,  1  6  bfe 
TrdXai  iLiev  dTieTTÖpiCTO  CKf^vpiv  ibc  dppujCTiüV  X<ipiv  toO  jLif|  8au- 
|id2:€iv  dKOÜovTac  touc  'Pu)|iaiouc,  und  XXXIX  12,  11  8c  ck?]- 
ipd|Li€voc  dc0^v€iav  eic  ©rißac  dv€xwpric€  x^ip^v  toO  |if|  |i€Ta- 


^  dasz  wir  es  bei  xdpiv  ToO  c.  inf.  fast  durcbgäDgig  mit  stehend 
gewordenen  und  daher  unveränderlichen  redewendnngen  zu  thun 
haben,  zeigt  die  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  sieh  ergebende 
thatsache,  dasz  X^P^^  ToO  c.  inf.  bei  Pol.  in  der  hälfte  aller  stellen  au 
bestimmte  Wortverbindungen  geknüpft  ist:  elp/|c6ui  xdpiy  ToO  III  38,  4. 
IV  8,  12.  IX  31,  1.  XV  36,  6  -  dvaTKttiov  x.  T.  XVIII  28,  12.  II  14,  2. 
IX  20,  2  —  0Tro6€xö|bi6voc  und  ^6^€T0  x-  t.  XXIX  7,  4.  9,  12  —  X-  T. 
TUX€lv  VI  52, 11.  54,  3  —  öxroM^veiv  x-  t.  I  49,  8.  IV  31,  8.  6, 42.  V  62, 11. 
54,  3  —  X  T.  jUT?)  ÖOK€iv  VIII  26,  6.  XIV  2,  12  —  x-  T.  öiaXOciv  IV  9,  6. 
XXII  19,  2.  XXIX  7,  4  —  X.  T.  TCV^cGm  V  88,  6.  XXXVUI  9,  2  —  X-  T. 
XaMßdveiv  I  12,  9.  XV  4,  4.  XXIX  9,  12  —  x-  t.  kuiXOciv  III  42,  4. 
XXVII  7,  5  —  X-  T.  TT^fTcOecGai  IV  8,  12.  XI  26,  9  —  x-  T.  irpocö^HocGai 
IV  31,  3.  V  74,  9  —  X'  T.  K0jüitt:€iv  I  39,  8.  XXI  44,  4  —  X-  T.  jmoectv 
II  14,  2.  XXVII  15,  4  —  X.  T.  cuvoOHciv  XIII  3,  2.  XIV  1,  18.  noch 
auffallender  würde  sich  jedenfalls  dies  Verhältnis  gestalten,  wenn  das 
ganze  werk   orhalten  wäre. 

41* 


620  ELammert:  zu  Polybioä. 

cxeiv  ToG  Ktvbuvou.  an  letzterer  stelle  gehört  X<^P^v  ToG  logisch 
und  daher  auch  grammatisch  zu  CKriv|;d|i€VOC ,  nicht  zu  dv€Xu>PnC€: 
denn  nicht  durch  die  abreise  nach  Korinth,  sondern  durch  das  vor- 
schützen von  krankheit  konnte  Aulus  Postumius  seine  absieht  dem 
bevorstehenden  kämpfe  fern  zu  bleiben  mit  einigem  anstände  er- 
reichen, vgl.  auch  qpaviaciav  eTvai  x&piv  toG  töv  wapövra  icaipöv 
dKqpuTCiv  'es  sei  ein  vorwand,  um'  XVIH  11,  8  und  cicrjqieic  elc- 
q)€pö|i€voc  xopiv  ToG  irpocbeHacGai  V  74,  9. 

unsere  stelle  ist  übrigens  auch  sonst  noch  mehrfach  verderbt. 
§  3  ist  bid  TÖ  bucepTOuc  iroificai  logisch  unrichtig.  Reiske  s.  693 
bemerkt  daher:  «bid  TÖ  imo  X^P^v  ToG»,  ohne  anzudeuten,  wie  er 
sich  den  fehler  entstanden  denkt,  unmögliches  aber  behauptet 
Schweighäuser  s.  638:  «bld  t6  idem  valet  ac  ^vexa  vel  xdpiv  ToG»: 
denn  btd  tÖ  c.  inf.  bedeutet  immer  nur  eo  quod.  so  wie  die  stelle 
jetzt  lautet,  verlangt  der  sinn  allerdings  X^P^v  TOG.  aber  bld  t6 
braucht  trotzdem  nicht  geändert  zu  werden,  wenn  man  ^ßou- 
X€c0ai>  vor  TToificai  einfügt  (vgl.  bid  tö  ^i\  ßouXecOai  ^eracxcTv 
I  70,  9).  dies  hat  hier  um  so  weniger  bedenkliches,  als  in  dem- 
iselben  §  mit  Gronov  auch  Kai  MaKcboviav  und  §  7  mit  Schweig- 
häuser GUY  ergänzt  werden  musz. 

Verstümmelt  ist  dasselbe  fragment  endlich  auch  in  den  schwer 
zu  erklärenden  werten  des  §  6  Kai  [xi]  buvacOai.  Hultsch  schlägt 
vor:  <bid>  Tf|V  dxopriTnc'ov  [Kai]  juif)  buvacGai.  aber  nach  dem 
oben  angeführten  CKrm;d|ievoc  dcO^veiav  XXXIX  12, 11  dürfte  wohl 
an  dcKr|TrT€TO  Tf]V  dxopTiTTlciav  festzuhalten  sein.  Dindorf  vermutet 
(wohl  nach  Herod.  VII  28)  KOi  <TÖ>  MH  öGvacGai,  was  aber  bei  Poly- 
bios  nicht  zu  belegen  ist.  der  Polybische  stil  läszt  an  stelle  von  ical 
eher  ein  erläuterndes  participium  wie  qpdcKUJV  erwarten,  das  auch 
weiter  unten  (cap.  9,  2)  noch  einmal  wiederkehrt,  wo  die  gesandten 
in  ihrem  berichte  die  antwort  des  Genthios  mit  den  Worten  um- 
schreiben: xPHM^^'i'^v  bk  qpdcKOVTa  XP^i^^v  ^X^iv.  Wendungen  wie 
zb.  TTpocqp^pujv  XÖTOV  qpdcKUJV  U  2,  8  finden  sich  bei  Pol.  fast  auf 
jeder  seite  (auch  Xenophon  liebt  qpdCKUJV ,  vgl.  anab.  V  8,  1  KOTfl- 
YÖpricdv  Tivec  qpdcKOVTec  ua.).  über  das  nachdrücklich  beteuernde 
jüif)  nach  q)dcKU)V  besonders  bei  handgreiflichen  lügen  statt  des  ge- 
wöhnlichem QU  vgl.  XII  25,  4.  XXII  17,  9.  XXXIV  10.  5.  11,  19. 
ferner  öjLAVUvai  |ifi  III  11,  7;  umcxveTcGai  Mf)  IV  23,  G. 

Wie  das  sinnlose  Kai  andeutet,  ist  auch  IV  18, 11  oi  bk  Aouciärai 
vouvexOüC  b6vT€C  iivd  Td»v  KaiacKeuacjuidTOJV  ttJc  ScoG,  naprinj- 
cavTo  TTiv  tOüv  AlTU)Xa)v  dceßeiav  Kai  toG  \ir\bty  naOcTv  dvr|K€CTOV 
—  entweder  ein  ursprüngliches  ^V€Ka  von  den  Schreibern  in  KOl 
verstümmelt  worden,  oder  aber  vor  diesem  Kai  ein  Infinitivsatz  etwa 
des  iiihalts  ausgefallen:  X^^P^V  ToG  )i€V€lV  dx^paiOl  oder  X^plV 

ToG  TU  t'  dXXa  id  xrepi  töv  vaöv  dKepaia  ^^veiv  (II  10,2. 
61,  4).  der  sinn  der  stelle  würde  dann  sein:  'die  einwohner  von 
Lusoi  wandten  die  ihnen  von  stMten  der  Aitoler  drohende  tempel- 
plünderung  dadurch  ab,  dasz  sie  einen  teil  der  tempelscbitze  gut- 


ELnminert :  zn  Poljbios. 

willig  opferieD,  damit  wenigstens  das  Übrige  tempelgut  unversehrt 
bleibe  und  keinen  unheilbaren  scfaadeti  erleide.' 

V  31,  2  aipoOfitvoi  bk  t#|v  totavTiiv  ^nicTCiciv  koi  bia(pECiv 
Tf^c  dvecTiiiciic  biriTr|C€iuc.  toO  (itv  T^p  i^f]  tfic  tiDv  kotö  ji^poc 
KOipuiv  CtKpißEiac  bianapTciveiv  Toiic  (ÜKOiiovrac  iKovriv  xoTc  cpiXo- 
^aSoOci  n€ir«ic(i€ea  tiapacKeuäCeiv  CMitetpiav  ^k  toö  .  .  Trapuiro- 
^iMvrjcK€iv  ,  .  Tö  b'  eüirapaKoXoueriTOv  .  .  T'Vtceai  Tf|v  biriTriciv 
oöbfev  dvcrfKOiÖTtpov  .  .  riToOneÖ'  eEvai  qsw.  toO  könnte  hier  un- 
gezwungen als  ein  von  ^fintipia  abhUngiger  gen.  obj.  betrachtet 
werden,  vgl.  III  1,  6  TtapacKtuüeeiv  ikov^jv  tvvoiav  xfic  SXric  ^tti- 
ßoXf^C.  da  aber  dann  der  entsprechende  inf,  ^^  b'  eüirap.  TiVEcflai 
dem  sonstigen  sprachgebraiiehe  des  Pol.  zuwider  als  aec,  des  bezuges 
aufgefaszt  werden  muiz  —  der  einschub  einer  präp. ,  wie  ihn  zfe. 
Casaubon  vorschlug  mit  npöc  b€  tö,  scheitert  hier  an  dem  zwischen 
artikel  und  twap,  entstehenden  hiatua  —  ao  dürfte  der  fehler  im 
ersten  gliede  zu  suchen  und  hier  eine  präp.  zu  ergänzen  sein ,  die 
man  sich  auch  auf  das  zweite  glied  noch  fortwirkend  denken  kann, 
nach  II  46,  2.  IX  1«,  2.  XTI  2ö'  1  bzw.  XXXIII  20,  1.  XIV  14,  4 
empfiehlt  sich  eic  oder  npöc,  die  sich  beide  gern  mit  iKavÖC  verbin- 
den; nur  ist  die  Verbindung  von  dvatKCtioc  mit  tlc  oder  npöc  frag- 
lich, dagegen  ist  dvaTKOioc  xäplv  toö  c.  inf.  eine  dem  Pol,  gelSu- 
fige  Wendung,  vgl.  IX  20,  2,  XVm  2R,  12.  II  14,  2.  da  auszerdem 
dem  von  alpoü^cvoi  eingeleiteten  gedanken  der  rechte  abschlusz  zu 
fehlen  scheint,  so  läszt  sich  auch  hier  der  ausfall  einer  lexle  vermuten 
und  in  folgender  weise  ergänzen:  alpoO)jevoi  tt  .  .  (biä  TiXtiovac 
aiTiac  eic>  fjev  fäp  xö  —  oder:  <biä  TiXeiovac  alTiaC 
Xäpiv^  Jitv  Top  TOÖ,  letzteres  natürlich  mit  der  entsprechen- 
den Snderung  im  zweiten  gliede  toG  b'  eiiirap  über  das  aus  dem 
ersten  gliede  auf  das  zweite  noch  fortwirkende  X^piV  vgl.  IV  21, 10. 
XXIX  9,  12. 

An  den  beiden  stellen  XXIX  8,  5  fJTCi  TOÜ  piv  f|CU)tiav  fx«>v 
KOI  (jri  cucTpaTeu€c9ai  toTc  'PuMotoic  . .  iitVTaKÖcia  xäXavTa,  und 
III  96,  13  Xaßdjv  xpilMOTO  xoü  p^  nopöticai  ttiv  xiüpav  ist  toO 
c.  inf.  nicht  final,  sondern  genetivus  pretii. 

Endlich  könnte  noch  in  frage  kommen  X  4fi,  3  tö  l)€  ßäBoc  üjc 
dvbpöpiiKec  (sc.  TiapciTTetppäxOai  bei),  tö  toüc  nupcoöc  aipoji^vouc 
fi£v  rrapä  TaÜTo  ttjv  cpöciv  dKpißfi  noieiv,  KOÖaipoupevouc  be  t»iv 
Kpi3i+rtv.  Hullüch  lieft  sinngemäsz  ToO  Toiic  TTUpCOiic,  was  nach 
unserer  ansiclit  in  X^^P'V  ToO  zu  vervollständigen  sein  würde,  in- 
dessen scheint  die  lesart  Ca^aubons  ic  TÖ,  richtiger  nach  Dindorf 
eic  TÖ,  aus  graphischen  gründen  —  ävbpöfitiKtC  eic  —  einfacher 
und  auch  in  grammatischer  bezit-hucg  durch  den  üprnehge brauch 
des  Pol.  hinlänglich  geschützt  zu  sein,  alh'rdings  verwendet  der- 
selbe gleich  den  Attikem  eic  tö  c.  inf.  verhältnismäszig  selten  und 
zwar  nieihtenteils  (22  mal)  nach  verben,  subst&ntiven  und  adjectiven, 
die  den  begriff  einer  geistigen  bewegung  enthalten,  um  das  ziel  dieser 
bfwegung  zu  bezeichnen:  irpotin^vouc  tic  tö  pEfäXlv  XEiP'i  koto- 


J 


622  ELammert:  zu  Polybios. 

CK€udcac9at  Kapxn^oviouc  II  13,  4;  forner  nach  dmppuücOfivat 
I  42,  2;  dp)Li6C€iv  IX  19,  1;  dTTiCTräcGai  Kai  TiapaKaXeTv  III  49,  9; 
irapopjLiäv  XXVII  7,  13;  cuYKaiaßaiveiv  XXXVI  3,  2;  KaOriKeiv 
V  31,  1;  dHouciav  XaßeTv  VIII  27,  4;  cTioubfiv  TToieicGai  V  49,  2; 
6p)if|  XXX Vn  7,  7;  dqpopiiai  V  63,  6  und  XXVIII  17,  8;  lf\\oc 
XII  26 «^  4  (Geel  ujctc);  dvacxpocpfiv  bibövai  I  66,  3.  IV  61,  4»; 
irdvia  TTOieTv  XVIII  3,  7 ;  euXaßecT^pouc  uirdpHeiv  XXVII 8,  3  (vgl. 
I  18,  1  irpöc  TÖ);  7Tpöeu)iOC  XXII  18,  8;  Ixavöc  II  46,  2.  IX  16,  2. 
XII  25*  1.  in  einem  kurzen  Fragmente  IX  9, 11  fehlt  ein  derartiges 
regierendes  verbum  und  ist  nach  III  49,  9  zu  ergänzen:  vaüapxoc 
<dTriCTrac0€ic)>  €ic  tö,  entsprechend  dem  folgenden  Kai  }xr\bk 
buVTiGeic:  vgl.  Livius  XXVI  20, 7  Punica  dassis  ex  Sicüia  Tarentum 
accita  ad  arcendos  commeatus  usw.  an  einer  stelle  aber  hängt  eic 
TÖ  c.  inf.  von  einer  relativen  maszbestimmung  ab:  II  68,  7  dic 
d viüidTU)  C7T€\jbovT€c  XaßcTv  Touc  unevavTiouc  €lc  tö  Tf|v  q)uirtv 
iTi\  TToXu  KaTaqpepfi  Kai  KpruLtvOübri  T^vdcOat  toic  TToXcjLiioic.  diese 
stelle  zeigt  überraschende  ähnlichkeit  mit  Xen.  anab.  VII 8,  20  dEdyct 
VUKTUJp  TTdV  tö   CTpdT€U)LAa,    Sttuüc  ÖTI   liaKpOTttTriV  ?X9oi  TTfjC 

Aubiac  elc  tö  juifi  bid  tö  dTTuc  eTvai  cpoßeTcOai,  dXX'  dq)uXaKT€iv. 
hier  heiszt  eic  tö  uicht,  wie  man  gewöhnlich  erklärt,  'damit',  son- 
dern es  drückt  ebenfalls  ein  geistiges  ziel,  nemlich  den  höchsten 
grad  des  erstrebten  maszes  aus,  gerade  so  wie  in  cic  TÖ  £cxaTOV 
'bis  zum  äuszersten',  cic  Td  jLieTiCTa  'bis  zum  höchsten  grade'  und 
ähnlichen  ausdrücken,  die  Xenophonstelle  ist  also  zu  übersetzen: 
'er  bricht  nächtlicher  weile  mit  dem  ganzen  beere  auf,  uro  eine  roög- 
liehst  grosze  strecke  in  Ljdien  vorwärts  zu  kommen ,  und  zwar  s  o 
weit,  dasz  man  sich  wegen  der  nähe  des  feindes  nicht  mehr  zu 
fürchten  brauchte,  sondern  ohne  alle  sorge  sein  konnte.'  dieselbe 
bcdeutung  hat  eic  tö  auch  an  der  andern  mir  bekannten  Xenophon- 
stelle, Kyrup.  1  4,  5  ouK  dTiebibpacKev  ^k  toö  firräcBai  elc  tö  jüif| 
TTOieTv  ö  f)TTiüTO.  man  vgl.  dazu  Dem.  kranzrede  40  Xaßujv  eic  tö 
^Tib*  ÖTioGv  TTpoopdv.  in  diesem  »inne  iht  eic  TÖ  auch  an  der  zuletzt 
angeführten  Polybiosstelle  aufzufassen  und  zu  übersetzen:  *sie  such- 
ten die  gegner  möglichst  hoch  oben  auf  dem  berge  zu  fassen ,  und 
zwar  bis  zu  einer  solchen  höhe,  dasz  die  flucht  für  die  feinde 
auf  eine  weite  strecke  hin  über  abschüssiges  und  steiles  gelinde 
gehen  musto.'  nun  wird  auch  an  der  in  frage  stehenden  stelle 
X  46,  3  für  die  zu  errichtende  holzplanke  mit  JiC  dvbpö^YlKCC  eine 
nur  annähernde  höhenbestimmung  gegeben ;  das  maximum  aber,  das 
nicht  überschritten  werden  darf,  wenn  die  einrichtung  nicht  ihren 
zweck  verfehlen  soll,  wird  passend  durch  eic  TÖ  .  .  noieiv  hinzu- 
gefügt: 'nach  oben  macht  man  die  planke  ungefähr  mannshoch  (dh. 
nicht  zu  niedrig,  aber  auch  nicht  zu  hoch,  sondern)  bis  zu  einer 
solchen   höhe,    dasz  man  die  fackeln   deutlich  erscheinen  und 

^  mit  TTpöc  TÖ  c.  inf.  Btclit  dvacTpoq>i^v  öibövai  VIII  26,  7,  auffallen- 
der weise  mit  bloszem  iDfinitiv  II  35,  3. 


ELammertr  xa  PolybiöB,  623 

wieder  verschwinden  lassen  kann.'  die  bedeutung  von  tic  lö  c.  inf. 
geht  also  ab  diesen  stellen  in  die  von  Sujc  toö  c,  inf,  über,  das 
bei  Polybios  ebenfnUs,  aber  verhältnismäszig  selten  erscheint,  vgl. 
T  109,  2.  IS  36,  1.  X  22,  7, 

Oröszere  Störungen  des  teates  sind  durch  ergönsiung  ausge- 
fellener  Zeilen  an  folgenden  stellen  zu  beseitigen. 

V  14,  11  ol  hk  Tiepi  töv  tAtfoKiav  Kai  Aeöviiov  &ucx6piüc 
^(pepov  .  .  fjf)  buvdnevoi  bfe  toOto  iroieiv,  äWä  tlDv  irpaYM^TUJv 
oOtoic  kotö  Touvaviiov  npoxuipoijvTiuv.  ♦  •  •  äW  1\köv  te  npöc 
TÄ  öeiTTVOV.  der  im  Vaticanus  nach  TTpoxujpouvimv  leer  gelassene 
räum  einer  zelle  ist  von  zweiter  band  durch  döufioOvTEC  (i£v  nur  un- 
vollkommen ausgefüllt  worden.  Pol.  hat  jedenfalls  geschrieben  npo- 
XUipoüvTuJv  dÖufioOvTec  oö  pfiv  iW  —  so  dasz  döufiouviec  (oder 
ÖabuvaxoOvrec ?)  dorn  jxt]  buvanevoi  entsprach,  vgl.  oü  buvä|j£Voc 
KttTOTaxeiv,  "i^Xö  .  .  ßiaCÖMtvoc  IX  18,  3,  auch  I  42,  2  ua.;  buc- 
XtpiIiC  jitv  ^cpepov  .  .  oü  ixi]v  6.\\ä  usw.  X  14,  6;  |i^v  .  .  oü  (i^v 
dX\ä  . .  T€  X  12,  11. 

IV  59,  3  Trpoc^K£iTO  toTc  noXenIoic  dnaWaiTOM^voic,  £vep- 
TÖxepov  b'  ♦  *  ^MTiecüJv  eic  ^v^bpav  ^c(pq;Xti  Kai  ttoXXoüc  ÖTi^ßaXe 
TLÜv  dvbpiiiv.  Gronov  und  Reiske  schrieben  äIraX^aTTO^£VOlC  ivep- 
TÖiepov.  4(iTi€CLÜv  ö' eIc  usw.  'nini  pOBt^vepTÖiepov  tife  aliud  inter- 
cidit  partieipium'  Schweighäuser,  letzterer  dürfte  das  richtige  ver- 
mutet haben,  denn  der  in  dvepfÖTepov  'alku  energisch'  liegende 
begriff  der  unvoraiebtigkeit  enthält  die  erklärung  des  folgenden  ifim- 
CÜJV  eic  dvebpav  und  nichts  nnerwartetes ,  wie  es  durch  die  lesart 
^HHECibv  hk  angedeutet  werden  wtirde,  auszerdem  ist  bk  nun  einmal 
vor  ^MTieciuv  überliefert,   vielleicht  hat  Pol.  geschrieben;  ^vepTÖie- 

POV  b'  ^dTTlKEllJEVOC  TOlC  (pEUfOUClv))  ^(ITTeCÜJV  USW.    vgl.  im 

voraufgöhenden  capitel  (58,  8)  fvepTÜJc  ^tt^keito  Kai  KaiauXriKTi- 
KÜJC  TOtC  noXCMioic,  ferner  V  85,  11,  nach  II  67,  5  iv^ßaXe  ToTc 
TToXeMtOiC  To\jiT|pii)C  wird  aber  besser  ergänzt  werden  ^vepTÖTEpOV 
b'  <£nßa\(Juv  toOtoic  KciTTeiT'^  ^HTtecüjv  — ,  wobei  das  dop- 
pelte ifi-  auch  den  irrtum  des  Schreibers  erklUren  würde,  vgl, 
IX  5,  2  OeujpticavTEc  ■  .  KäTreiia  biaipaii^VTEC ,  ferner  V  56,  12. 
IX  19,  1  uam. 

IX  17,  1  "Apaioc  .  -  cuvETdEoTO  .  .  fm^pav,  iv  ^  töv  m^v 
'Apaiov  ^bei  vuktöc  iropafEvriö^vTa  npöc  töv  ätiö  Kuvaiöric 
pEovia  noTauöv  litc  ^ni  *  •  •  npeniou  ^i^VEiv  ivtxoXdcavta 
fiETQ  Tflc  buväMEiuc.  die  erkISrung  des  sinnlosen  npETTiou  mislang 
bisher,  weil  man  in  ihm  dnrchaus  ein  einziges  wort,  vor  allem  einen 
eigennamen  finden  zu  münaen  glaubte.  Aenp^OU  oder  'Hpeiou  Reiske ; 
ÜJC  ^7t'  dpemiujv  Oronov;  ibc  ^iri  äpKTOU  Buttmann,  zu  diesen  von 
Schweighäussr  angeführten  und  zurückgewiesenen  Vermutungen  ge- 
sellt sich  noch  eine  von  Campe  (anm.  zur  Übersetzung  der  stelle) : 
'in  der  corrupten  iesart  diri  irpETiiou  erkenne  ich  den  namen  des 
Süsses  Erasinus.'    das  gelingen  des  anschlags  auf  die  stadt  Kynaitha 


624  ELammert:  zu  Polybios. 

hieng  wesentlich  von  einer  genauen  bestimmung  der  für  den  hinter- 
halt  geeigneten  örtlichkeit  ab.  die  Ortsbestimmung  npöc  TÖv  dird 
KuvaTOric  ß^ovra  7TOTa|i6v  ist  wegen  ihrer  dehnbarkeit  offenbar  un- 
zureichend und  bedarf  einer  schärfer  gefaszten  ergttnzung.  diese  hat 
Pol.  jedenfalls  mit  den  Worten  (bc  ^tti  TTpemou  auch  gegeben,  und 
Beiske  sowohl  als  Gronov  haben  in  diesem  sinne,  wenn  auch  sacb- 
lieh  unzutreffend  y  den  schaden  zu  heilen  versucht,  dagegen  bringt 
weder  Campes  noch  Buttmanns  Vorschlag  etwas  brauchbares :  denn 
der  flusz  war  auch  ohne  angäbe  des  namens  nicht  zu  verfehlen  und 
die  nördliche  himmelsrichtung  für  den  ortskundigen  Peloponnesier 
durch  die  worte  dirö  Kuyai6r)c  ßeovTa  (dh.  unterhalb  der  Stadt,  also 
nach  norden  zu)  gegeben,  auf  die  richtige  spur  führen  die  worte 
des  §  3  Trpö  Tflc  TTÖXeujc  iiii  töv  cuviaxO^via  rdcpov,  in  denen,  wie 
der  bestimmte  artikel  töv  beweist,  auf  eine  bereits  früher  gegebene 
Ortsbestimmung  bezug  genommen  wird,  zerlegt  man  dad  sinnlese 
TTpeiTiou  in  seine  bestandteile  Tip  —  inX  —  ou  und  denkt  man  sich 
dieselben  als  die  zusammengezogenen  reste  zweier  verstümmelter 
Zeilen,  so  lUszt  sich  folgendermaszen  ergänzen:  d)C  in\  ^TÖv^  Tcp^o- 
K€in€VOV  Totqpov  ific  Tr6X<€U)C>  ^TT  i  <TÖTr>ou  jLi^vciv  —  nach  II 14, 5 
TÖ  TTpOK€i|i6VOV  dKpuJTTiptov  Tfic  'iTaXiac.  den  ersten  anlasz  zur 
Verwirrung  können  die  kurz  auf  einander  folgenden  lautgruppen  die 
^ttI  t6v  und  TTÖXeuJC  ^ttI  töttou  gegeben  haben,  zu  in\  töttou 
^^V€tv  'ruhig  an  ort  und  stelle  bleiben'  vgl.  IV  72,  5  uam.  zur 
häufung  der  Ortsbestimmungen  rrpöc  —  die  im  vgl.  IV  II,  5  ua. 

VI  39,  6  ö|ioiujc  bi  Kai  touc  uircpacTTicavTac  Kai  cuicavräc 
Tivac  Tiüv  TToXiTÜüv  f\  cu|i|idxu)v  6  T€  cxpaTTiTÖc  ^TTicrmaivcTai 
biupoic ,  Ol  T€  xi^icipxo*  TOUC  cwGevTac,  ia\  jLifev  dKÖvxcc  ttoi^jcciv, 
*  *  *  el  bfe  jurj,  KpivavTCC  cuvavatKdCouci  töv  coicavxa  CT€q)avoöv. 
aus  dem  im  Urbinas  überlieferten  TTOiriciv  hat  üultsch  anstatt  der 
vulgata  TTOtuüctv  die  unzweifelhaft  richtige  lesart  iroirjceiv  herge- 
stellt, über  die  folgenden  worte  herscht  streit.  Hultsch  ergänzt 
^TraTT^'XXuivTat,  TrapaKaXcOciv.  Keiske  ».  456  «post  ttoiuiciv  omis- 
sum  est  ex  more  noto  Graecorum  subaudiendum  €U  TOÜTÖ  ^CTl,  wA 
TÖ  b^ov  YiTV€Tai»;  Schweighäuser  VI  s.  380  ^turbata  utiqu«  oratio 
videtur;  et  vix  satiä  est,  si  post  ^dv  |i^v  .  .  cum  Reiskio  •  .  aub- 
intelligamus  €U  toGtÖ  ^cti  .  .';  Bothe  s.  47  'recte  Reiskiuä  hupplet 
cu  icTX.  ellipsis  nota,  quam  non  debebat  addubitare  Schweighaeuser*. 
Kälker  'quaest.  de  eloc.  Pol.'  (Lpz.  st.  III)  s.  223  'quamquam  vir  doctus 
(Hultsch)  interdum  non  satis  caute  in  hac  re  egit.  velut  580, 8  poat 
TTOtiicctv  addit  verba  minime  idonea  ^TraTT^^^üivrai,  TrapaKaXoOciv, 
qua  in  re  videtur  valde  errasse.  de  aposiopesi  quae  inest  in  verbis  tra- 
ditis  cf.  Thuc.  III  3,  3.  IV  13,  3;  uti  omittitur  Jiciv,  ita  cicv  43,31. 
80,  20.  [lüciv  20i>,  19.]  €Tvai  193,  8.  fjv  248,  10.  327,  23.  ficav 
489,31.  fcTOi  lin,29.'  im  Sprachgebrauch  derAttiker  ist  die  ellipae 
im  erdten  gliede  des  bedingungssatzes  etwas  sehr  gewöhnlichem  und 
bedarf  keiner  belege,  glaubt  man  ihrer  aber  zu  bedürfen,  ho  liegt  die 
bekannte  stalle  in  Piatons  Protagoras  (325  *')  am  nächsten,  die  man 


ELammert:  zu.  PolyMos.  625 

wegen  ihrer  ähnlichkeit  für  das  unmittelbare  Vorbild  der  unsrigen 
zu  erklären  versucht  sein  könnte:  xal  iäy  jiiv  iKibvireidTiTat  — , 
ei  bk  ixf\ .  :  euOiJvouciv  dneiXaic  xal  irXiiTatc  aber  auch  bei  P0I7- 
bios  selbst  finden  sich  zwei  beispiele ,  die  von  den  erklärem  unserer 
stelle  bisher  übersehen  worden  sind :  XVIII  63,  8  dT€tV  aÖTÖV  IkI- 
Xeuov,  iäv  ixiv  dKibv  ßouXriTat  tretOapxefv  — ,  cl  bk  M^i,  ^erd 
ßiac,  und  XXI  5,  8  kSv  \iiy  ^TTiiutxdvwct  ircpl  täv  dftouji^vuiv  — , 
€1  bi  jLirj,  ToTc  Katpoic  ^q>€bp€0€iv.  an  allen  drei  Poiybiosstellen  er- 
scheint indessen  die  annähme  einer  ellipse  bedenklich^  denn  es  stehen 
erhebliche  stilistische  Schwierigkeiten  im  wege.  überall  wird  durch 
die  ergänzung  einer  unpersönlichen  redensart  das  snbject  gewechselt 
und  dadurch  nicht  nur  das  ebenmasz  des  periodenbaus,  sondern  auch 
aller  sinn  und  Zusammenhang  gestört,  sollte  Pol.  wirklich  seinen 
lesern  zugemutet  haben  zu  construieren :  ^sie  befahlen  ihn  zu  holen, 
wenn  er  gutwillig  gehorche^  (so  sei  es  gut),  wenn  nicht,  mit  gewalt' ; 
oder :  'die  Athener  rieten  den  Aitolem  eine  gesandtschaft  nach  Born 
ZU  schicken,  und  wenn  sie  ihre  wünsche  erreichten,  (so  sei  es  gut), 
wenn  nicht,  den  verlauf  der  begebenheiten  abzuwarten';  oder  end- 
lich: ^die  tribunen  zwingen  die  geretteten,  wenn  sie  es  freiwillig 
thun,  (so  ist  es  gut,)  wenn  nicht,  durch  ihren  Urteilsspruch  ihren 
retter  mit  einem  kränze  zu  beschenken'  ?  besonders  im  letzten  falle» 
wo  nicht  nur  das  subject,  sondern  auch  dae  object  durch  voranstel- 
lung  deutlich  als  beiden  bedingungssätzen  gemeinsam  gekennzeichnet 
wird,  würde  eine  eingeschobene  unpersönliche  redensart  unerträglich 
sein,  es  müsten  also  irgend  welche  persönliche  verba  vom  leser  hin- 
zugedacht werden  (vgl.  Sauppe  zu  Plat.  Prot.  311**);  nur  ergeben 
sich  dieselben  hier  aus  dem  texte  nicht  so  ohne  weiteres  und  so  un- 
fehlbar, dasz  man  ihre  ergänzung  unbedenklich  dem  leser  überlassen 
könnte.  Poljbios,  der  IV  32,  ö  auch  die  leicht  zu  ergänzende  un- 
persönliche redensart  dTiv€TO  TÖ  b^ov  gewissenhaft  hinzufügt,  bat 
die  lösung  derartiger  probleme  seinen  lesern  sicher  nicht  zugemutet, 
am  unwahrscheinlichsten  wird  dies  an  unserer  stelle  dann,  wenn 
man  statt  des  früher  angenommenen  TTOldictv  die  lesart  des  ürbinas 
TTOirjceiv  als  richtig  anerkennt,  denn  dann  müste  auszer  dem  be- 
dingungsnachsatze  auch  noch  das  verbüm  des  Vordersatzes  in  gestalt 
von  ujciv  ergänzt  werden,  bei  Poljbios,  der  in  seinem  streben  nach 
Verständlichkeit  die  auffälligsten  tautologien  und  umständlichsten 
Perioden  nicht  scheut,  musz  die  auslassung  so  wichtiger  teile  6iner 
und  derselben  periode  als  eine  stilistische  Ungeheuerlichkeit  gelten. 
seine  ellipsen  beschränken  sich  auf  die  copula  im  indicativ.  ein  con- 
junctiv  von  cijui  ist  sonst  nirgends  von  ihm  weggelassen  worden; 
man  vgl.  beispielsweise  unter  zahlreichen  andern  fällen  UI  63,  9. 
X  9,  8.  IX  19,  7.  III  22,  12.  die  drei  stellen,  an  denen  clev  und 
eivai  fehlen ,  beweisen  wenig,  hier  liegt  die  annähme  von  Schreib- 
fehlern näher  als  die  einer  ellipse.  endlich  heiszt  ^KUiV  eljit  wohl 
niemals  ^ich  bin  bereit  etwas  zu  thun';  dafür  gebraucht  der  Grieche 
fe'Toi|uöc  oder  7Tp60u|iöc  €l|ii  TTOiciv  Tl.   bei  Pol.  wird  ^Kiliv  über- 


626  ELammert:  zu  Polybios. 

haupt  nicht  mit  eijuil,  öfter  aber  als  prädicat  mit  andern  verben  ver- 
bunden, wie  das  oben  angeführte  £ku)v  iretOapxeTv  XYin63,  9: 
vgl.  I  14,  12.  X  12,  7.  XVn  4,  2.  XX  12,  1.  XXXH  8,  10.  12,  9. 
XXXI  18,  2.  27,  5.  der  ergänzungs versuch  von  Hultsch  war  abo 
durchaus  berechtigt,  nur  TrapatvoOctv  erregt  bedenken,  da  dies  ver- 
bum  von  Pol.  nur  dann  gebraucht  wird,  wenn  schwankende  gemüter 
zu  einem  bestimmten  entschlusse  gebracht,  aber  nicht  wenn,  wie  an 
unserer  stelle,  bereits  gefaszte  beschlüsse  nur  gebilligt  werden  sollen, 
in  diesem  falle  ist  dTratveiV  stehender  ausdruck.  auszer  diraxT^^- 
XecOat  wird  auch  qpdcvai  häufig  mit  einem  inf.  fut.  verbunden,  ttoi- 
Tictv  im  Urbinas  und  irotuüctv  der  andern  hss.  lassen  an  die  zwie- 
fache zusammenziehung  zweier  Wörter  denken:  iroiii^cetv  (puü^tv 
und  TTOt<^rjc€tv  (p)>ujciv.  die  lautlich  gleichen  endungen  -c€iv  und 
-civ  machen  den  Schreibfehler  erklärlich,  infolge  derselben  endung 
Civ  ist  die  näch]iite  zeile  vollständig  Übersprungen  worden,  und  Pol. 
wird  vielleicht  geschrieben  haben :  Troir|<  c  €  i  v  qp  Ä  >civ,  <d  TT  a  l  V  ^  - 
cavT€c  biaq)iäciv>.  vgl.  III  63,  14  tujv  bfe  ttoXXäv  .  .  Xajißa- 
vövTiüv  6pjuf|v  Ktti  TTapdcTaciv,  otav  6  irapaKaXuJV  dcTioübacc,  töt€ 
^^v  ^Tiaiv^cac  auTOUc  biaqpfiKC  (die  stelle  zeigt  zugleich  den  unter- 
schied von  TiapaKaXeTv  und  inaiveiv);  femer  LEI  111,  11  toutouc 
biaXexOeic  .  .  ^Traiv^cac  Kai  b€Ed|i€voc  aurdiv  Tf|v  öpjütfjv  dq)fiK€. 
zu  cpujciv  vgl.  (prj  XXXIV  11,  20.  —  Auch  XXI  5,  8  (s.  oben)  hebt 
die  annähme  eines  zoilenausfalles  die  Schwierigkeit  in  einfachster 
weise:  man  kann  an  äTTaXXatf^vai  tOüv  vCv  KaKUüV  (ttövuüv)  oder 
dnaXXaTfivai  Tidviiüv  kokujv  denken  nach  III  111,  9;  desgl.  er- 
gänze man  XYIII  53,  8  (s.  oben)  eine  redonsart  wie  Trpcjiuic  Ka\ 
qpiXavOpiüTTUJC  nach  I  72,  3  oder  dveu  becjiujv  Kai  q)uXaKf)c  dh.  ohne 
die  bei  einer  regelrechten  Verhaftung  übliche  fesselang  und  bestel- 
lung  verantwortlicher  Wächter,  nach  XXXII  7,  6  bid  T#|V  ^TOi^öniTa 
Kai  TTpoOujuiav  dveu  becjuujv  f\xQr]  Kai  cpuXaKfic. 

X  43, 2  f.  Td»v  bk  Tipöc  ToöTO  cuvaTU)Vic|idTU)V  nXelciriv  ^xo^ci 
biiva/aiv  o\  TTUpcoi*  *  *  *  dpTi  id  |i^v  t^tov€,  Tivd  b*  dK^fjv  ^€p- 
Yeiiar  Kai  buvaTÖv  ^cti  tivu)CK€iv,  &  jLi^Xei  usw.  Hultsch:  'hie 
aut  nonnulla  interciderunt  aut  alio  modo  verba  scriptoris  corrupta 
sunt.'  dasz  etwas  ausgefallen 'ist,  lehrt  der  hiatus.  der  logische  za* 
sammenhang  verlangt  ydp,  das  vor  dprt  leicht  ausfallen  konnte,  vor 
Ydp  wird  Kai  und  vor  diesem  eine  der  bereits  mehrfach  vermiszten 
Übergangsformeln  ausgefallen  sein,  ergänzt  man  in  dieser  weise 
und  beseitigt  auszerdem  hinter  £v€pT€iTai  das  kolon,  so  ist  die 
stelle  klar: 

<bid  Tauxriv  Tf|v  alxiav  Kal> 

<Ydp>  dpTi  id  jLiiv  T^TOve,  xivd 

b'  dK|if|V  ivepTeTiai  Kai  usw. 
nach  dpTi  und  dK^f)V  hat  das  letzte  Kai  die  bedeutung  des  cum  in- 
versum.   das  Kai  vor  ^dp  beiszt  natürlich  hier  nicht  'auch',  sondern 
etenim,  wie  II  70,  3.   vgl.  Xen.  Kyr.  II  1,  10  cxeböv  t€  (rd  £irXa) 
^TOi|ia  i^v  Kai  tuüv  TTcpcdiv  ol  öfiÖTijüioi  Trapfjcav.  zu  dxfifiv  .  .  xal 


ELammert:  zn  Polybioi.  627 

vgl.  Pol.  XI  30,  1  dKjifiv  bk  laOf  i\efe.  %(A  loiicXifi  jifev  ol  crpa- 
TiuJTQi  cuV€V|;6q)ricav  'noch  sprach  er  dh.  kaum  hatfce  er  so  gespro- 
chen, als  auch  schon',  danach  würde  zu  übersetzen  sein :  *denn  eben 
ist  etwas  geschehen ,  noch  ist  man  mit  irgend  einem  unternehmen 
beschäftigt,  da  ist  es  auch  schon  dem  bekannt,  der  interesse  daran 
hat ,  und  wäre  er  drei  bis  vier  tagereisen  entfernt.' 

VI  10,  6  f.  AuKoOpToc  .  .  TTdcac  öjiioO  cvYffipoiCe  rdc  dper&c 
Kai  Tdc  ibiÖTTirac  tuüv  dpicTU)V  TToXireujüidTwv,  Iva  junib^v  adEavö- 
jLievov  uTifep  TÖ  b^ov  elc  rdc  cu|i<pu€ic  öcrp^TtriTai  icaK(ac,  dvTi- 
cTTUjjLi^vric  bk  Tfic  dKdcTOu  buvä)i€U)c  all'  dXX/jXuiv  ^YibajLioO  veOn 
)ir]b'  im  TToXu  KttTapp^Trij  ^iib^v  aörolv,  dXX*  IcopponcOv  xat 
CuTOCTaToü|üievov  [im  ttoXu]  bia^^vq  Kaxd  töv  iflc  dvTiTrXoiac 
XÖTOV  dei  TÖ  TToXiTeujLia  usw.  *Ljkurgos  verschmolz  in  seiner  (ge- 
mischten) Verfassung  die  den  (drei)  besten  Staatsformen  (dh.  dem 
€lboc  ßaciXiKÖv,  dpiCTCKpartKÖv  und  bimOKpaTtKÖv)  eigentümlichen 
Vorzüge  mit  einander  aufs  engste,  damit  keine  derselben  die  Über- 
macht bekomme  und  infolge  dessen  in  die  ihr  verwandte  schlimme 
regierungsform  umschlage  (dh.  das  königtum  in  gewalt herschaft,  die 
aristokratie  in  Oligarchie,  die  demokratie  in  Ochlokratie),  sondern  da- 
mit die  macht  einer  jeden  von  den  andern  wechseis  weise  (in*  dXXif)- 
Xujv)  gehemmt  werde  und  infolge  dessen  keine  derselben  anf  irgend 
einer  Seite  (des  wagebalkens)  sich  senke  (dh.  schwerer  werde)  und 
tief  nach  unten  abschlage  (dh.  schlieszlich  das  entschiedene  Über- 
gewicht bekomme),  das  Staatswesen  aber  im  gleichgewicht  schweben 
bleibe  nach  art  der  —  gegenfahrt.'  Reiske  sucht  das  wort  zu  recht- 
fertigen und  erklärt  es  als  'fahrt  gegen  wind  und  wellen',  dasz  ein 
derartiger  begriff  hier  gänzlich  ungereimt  ist,  fühlt  man.  zudem  weisz 
man  nicht  einmal,  ob  es  das  wort  Überhaupt  gegeben  hat,  denn  man 
sucht  es  in  der  ganzen  griechischen  litteratur  vergebens.  Beiske  stellt 
nun  daneben  auch  die  scharfsinnige  Vermutung  auf,  dasz  dvTmXoiac 
aus  dvTiTTaOeiac  verschrieben  sei.  Dindorf  hat  dies  in  den  text  auf- 
genommen und  (Steph.  thes.  u.  dvTmXota)  mit  den  werten  begründet: 
'recte  Reiskius  dvTiTraGeiac ,  cuius  de  coniectura  ne  dubitatnm  qui- 
dem  fuisset,  si  idem  apud  Strabonem  III  p.  172  vitium^  ubi  pro  dvii- 
TrXoiav  Xylander  quod  mox  sequitur  dvTlTrd9€iav,  sublatnm  novissent 
oditores.'  Naber  Mnem.  VI  s.  226  vergleicht  noch  ein  fragment  des 
Arcbytas  bei  Stobaios  anth.  s.  269 :  bei  TÖV  VÖjLlOV  jifj  ^ÖVOV  dtCtGdv 

Kai  kqXöv  fjiLiev,  dXXd  xai  dvTiTreTrovG^vai  toic  gutu)  ficp^ecciv . .  tö 
b'  dvTiTTeTTOvG^vai  X^t^  aÖTUü  Kai  dpxciv  Kai  fipx€c9ai  rdv  aöidv 
dpxdv.  trotz  alledem  bleiben  gegen  die  Beiskesche  Vermutung  man- 
cherlei bedenken  bestehen,  wenn  bei  Strabon  dvTinXoiac  aus  dvTt- 
TraOeiac  verschrieben  worden  ist,  so  folgt  daraus  noch  nicht  mit  un* 
umstöszlicher  gewisheit,  dasz  dasselbe  auch  an  unserer  stelle  ge- 
schehen sein  müsse,  es  kann  doch  hier  auch  ein  anderes  ähnliches 
wort  in  dvTiTrXoiac  verschrieben  worden  sein,  zn  dieser  annähme 
führt  aber  folgende  erwägung.  an  sich  kann  ja  das  gegenseitige  Ver- 
hältnis  der  drei  demente  8es  Ljkurgischen  Staatswesens  als  eine 


628  ELammert:  zu  PolybioB. 

ävTirrddcia  gedacht  werden,  denn  wie  bei  Pol.  XXI  28, 9  cu^ndOcia 
die  natürliche  eigenschaft  dasselbe  wie  irgend  etwas  anderes  zu  er- 
leiden bezeichnet;  so  würde  ävTiTrdOcta  umgekehrt  den  einem  dinge 
unzertrennlich  anhaftenden  zustand  des  entgegengesetzten  leidens 
bedeuten,  dies  ergibt  sich  auch  aus  [PlatonsJ  Axiochos  s.  370*  Xuirci 
Tctp  TÖv  CT€pö|i€VOv  TÄv  dYaeüJV  f|  dvTiTraGeia  t&v  koucuüv  'es  be- 
trübt den  des  guten  beraubten  das  diesem  entgegengesetzte  erleiden 
des  widerwärtigen',  sowie  aus  den  von  Strabon  an  der  oben  ange- 
fahrten stelle  wiedergegebenen  werten  des  Polybios:  (pr\c\  hk  6 
noXußioc  KprjVTiv  dv  Tip  ^HpaKXciuj  tuj  iv  fabeipoic  dvai  ttöti^ov, 
ßa0|iujv  öXiTUiv  Kttiaßaciv  fxo^cav  eic  tö  öbujp,  f^v  raic  TToXip- 
poiaic  Tflc  0aXdTTT]c  dviiTraOeiv,  xaid  jLitv  xdc  TrXrj^ac  dicXei- 
TTOucav,  Kaid  bk  xdc  d|i7TU)T€ic  tiXtipcum^vtiv.  an  unserer  stelle 
könnte  man  nun  die  dvTtTidOeia  der  drei  Staatselemente  vielleicht 
nach  dem  angeführten  Archjtasfragmente  in  dpxciv  und  dpx€ctei 
finden,  aber  von  einem  solchen  gegensatze  ist  hier  nirgends,  weder 
im  vorhergehenden  noch  im  folgenden  die  rede,  die  begründung, 
die  Pol.  auf  seine  behauptung  Kaid  TÖV  xfic  dvTiTtXoiac  XÖTOV  fol- 
gen läszt,  lautet  nemlich:  'weil  das  königtum  von  Übermut  fern- 
gehalten wird  durch  die  furcht  vor  dem  volke,  da  auch  diesem  ein 
genügender  anteil  am  staatsieben  vergönnt  worden  ist,  das  volk 
aber  hinwiederum  nicht  wagt  seine  könige  gering  zu  achten,  aus 
scheu  vor  den  geronten  (dh.  der  aristokratie),  die  sich  als  sorgftltig 
nach  verdienst  und  Würdigkeit  auserlesene  männer  immer  dem  zu- 
neigen werden ,  auf  dessen  Seite  das  recht  ist.'  hier  handelt  es  sieb 
also  nicht  um  den  gegensatz  von  regieren  und  regiertwerden ,  son- 
dern lediglich  um  das  regieren,  und  zwar  um  das  nebeneinander- 
regieren dreier  gleich  starker  gewalten,  dem  dadurch  dauer  verliehen 
wird ,  dasz  gewaltsame  Übergriffe  der  einen  in  die  machtbefugnisse 
der  andern  und  das  übermäszige  anwachsen  der  einen  auf  kosten  der 
andern  durch  das  rechtzeitige  eingreifen  der  dritten  verhindert  wer- 
den, das  bild,  das  bei  dieser  erörterung  von  anfang  bis  zu  ende  fest- 
gehalten wird,  ist  das  de<  wagebalkens,  an  dem  sich  immer  je  zwei 
gewalten,  vor  allen  königtum  und  volksherschaft  'die  wage  halten*, 
bei  eintretenden  gewichtsverschiebungen  und  Schwankungen  aber 
die  dritte  durch  hinneigen  und  druck  nach  der  bedrohten  (wegen  ai 
leichten  gewichtes  in  die  höhe  gehenden)  seite  hin  (irpocKXicei  kqI 
^OTTi^  §  10)  'den  ausschlug  gibt',  man  lese  daher  KaT&TÖv  rdVTl- 
TT d X o u  XÖTOV  'dem  gegengewichte  gemäsz',  db.  dem  Verhältnis 
der  im  staute  sich  gegenseitig  hemmenden  und  aufhebenden  gleich 
starken  kräfte  entsprechend,  die  bedeutung  von  TÖ  dvTiTraXov  ver- 
anschaulicht am  deutlichsten  Cassius  Dion  XXXVII  56,4:  (Crassns) 
^c  dvTiTiaXov  auTOuc  dXXr|Xoic  KQTacTficai  i^O^Xiicev,  finuic 
|iTib^T€pöc  C(pu)V  (Pompejus  und  Caesar)  uir^pcxi]«  npocbOKrjcac 
iK€ivouc  TC  dvxaTUJViCTdc  icoKpaTCic  £c€c8ai.  vgl.  Thuk.  VII 13 
ic  dvTiTraXa  KaGecrdvai,  IV  117  dvTiTraXa  KadiCTdvat,  III  49 
^nÖ€ica)v  bi  tOüv  TViüjLiaiv  toutujv  ^dXiCTa  dvTiirdXuiv  npdc  dXXi^- 


ELammert:  zu  Folybios.  629 

Xac  'da  diese  ansichten  so  vorgetragen  waren,  dasE  sie  sich  in  hohem 
grade  die  wage  hielten'  (Classen);  I  3,  3  dvTtTraXov  ic  %y  6vo|Uia 
äTT0K€Kpic9at  'als  gegenge  wicht  in  einen  gemeinsamen  namen  be- 
griffen worden  sein'  uam.  dieselbe  bedeatung  Iftszt  sich  anch  Pol. 
III  8,  11  noch  erkennen:  ovlb^v  dftöxpcuiv  odV  ävrdraXov  etäpibv 
TaTc  cq)€Tepaic  dirißoXaic.  —  Schliesslich  sei  noch  darauf  hinge- 
wiesen, dasz  Dindorfs  lesart  jüiribo^AGi  nicht  statthaft  ist.  es  soll  nicht 
gesagt  werden  'damit  keine  derselben  (der  drei  gewalten)  nach 
irgend  einer  seite  hin  sich  senke':  denn  jede  derselben  kann  sich 
wie  das  gewicht  am  wagebalken  überhaupt  nur  nach  ihrer  seite 
senken ;  Pol.  will  mit  ^T)öa)ioO  nur  eine  nähere  erklärung  zu  jüiTib^v 
geben:  'keine  auf  irgend  einer  seite  (des  wagebalkens).' 

VI  5,  4 — 8.  dasz  die  ausdrucksweise  an  dieser  stelle  von  der 
unbekannten  quelle  beeinfluszt  worden  ist ,  aus  der  Pol.  seine  Philo- 
sophie geschöpft  hat,  erkennt  man  aus  den  &nü£  dprui^va  cuv- 
aT€Xd2:ec9ai,  dboHoTroiriTOC  und  6  Xötoc  a\p€i.  vielleicht 
kann  auch  töt€  br|  irou,  das  sonst  nirgends  bei  Pol.  vorkommt  — 
er  begnügt  sieb  immer  mit  TÖT€  br\  —  und  die  Verbindung  TÖT6  bf\ 
TTOu  dvdTKTi,  statt  deren  sonst  überall  entweder  das  einfache  dvdTKr| 
oder  bfiXov  ibc  und  qpavepöv  ön  dvdipcii  steht,  auf  fremde  rech- 
nung  gesetzt  werden,  aber  so  weit  wird  man  schwerlich  gehen,  die 
gänzlich  überflüssige  Wiederholung  von  TÖT€  bi\  (neu)  vor  einem 
und  demselben  nachsatze,  von  örav  vor  einem  nebensatze,  der  dem 
voraufgehenden  ÖTttV  f\  biä  usw.  logisch  zu  coordinieren,  aber  nicht 
durch  TÖT6  br|  von  ihm  zu  trennen  war ,  und  ein  und  desselben  Ver- 
gleiches KaOdTTep  ^TTi  TUJV  dXXu)v  libiJJV  neben  ein  und  demselben 
bauptgedanken  (dvdTKTi  TÖv  biacp^povra  f|Y€ic9ai)  etwa  ebenfalls 
dem  stilistischen  Ungeschick  der  quelle  zur  last  legen  zu  wollen,  der 
besserungsversuch  Eeiskes  s.  440  (Kaid  TÖ  iräv  CtjJOV  uiC  TÖ  6jLi6- 
9uXov  usw.)  hebt  die  Schwierigkeiten  nur  unvollkommen,  der  aus- 
fall  mebrerer  zeilen,  der  eintrag  einer  derselben  an  falscher  stelle 
und  eine  reihe  unglücklicher  versuche  den  gestörten  Zusammenhang 
wiederherzustellen  haben  eine  Verwirrung  erzeugt,  deren  beseitigung 
einer  energisch  durchgreifenden  band  bedarf,  die  erste  spur,  die  auf 
den  richtigen  weg  zu  leiten  vermag,  enthält  der  ürbinas  in  v TIC  vor 
fiYOUjLievouc ,  dem  unverkennbaren  reste  eines  gen.  part.  fem.  gen. 
(TToijuvrjC  dürfte  wegen  seiner  engem  bedeutung  hier  nicht  zulässig 
sein);  hierdurch  ist  der  ausfall  einer  zeile,  etwa  dT^Xr|C  ttou  CUV- 
r|0poic)LA€(vr|c)  (vgl.  §  9  Cujriböv  cuva0poi2oM^vu)v)  oder  Tf|c  dx^Xric 
Tnc  Ti6poic|ae(vr|c)  oder  if\c  cuTir€VO|i^(vTic)  deutlich  erwiesen,  das 
erste  KaGdirep  im  .  .  gehört  zwei  zeilen  tiefer  hinter  öirep  cIköc 
Kaid  TOUTO  dh.  kqt'  auTÖ  toOto,  wie  auch  sonst  oft  6  aÖTÖc  einem 
KaOdTTep  entspricht  (vgl.  XI  26,  2  KttOdirep  —  TÖV  aÖTÖv  TpÖTrov). 
vor  ÖTT€p  ciKÖc  dagegen ,  dessen  Verbindung  mit  cuvaOpoiZo^^vuJV 
eine  auffallende  härte  ergibt,  ist  ein  verbum  finitum  ausgefallen, 
dessen  conjunctiv  das  dritte  glied  zu  dem  die  periode  einleitenden 
ÖTUV  bildete  und  durch  KdTT€iTa  angeknüpft  war,  das  nach  Wegfall 


630  ELammert:  zu  PolybioB. 

deä  verbums  in  Kam  (Kai  ^m)  umgeändert  wurde,  folgerichtig  mäste 
dann  auch  noch  töt€  bf\  ttou  eingeschoben  werden,  weil  nunmehr 
der  nachsatz  bereits  hier  zu  beginnen  schien,  das  erste  t6t€  bf\  ist 
aus  misyersländnis  verschrieben  aus  tot€  bk  'bisweilen  aber',  welches 
das  zweite  glied  zu  örav  einleitete,  eic  vor  TÖ  öfiöq)uXov  ist  nach 
der  analogie  von  d6poi2[€c6ai  €ic  Ti  (X  16,  6.  27,  13)  aus  dem  ur- 
sprünglichen distributiven  dei  hergestellt  worden;  dei  TÖ  öfi6q>uXov 
cuvaT€Xä2[€c6at  aber  bildete  die  erklärende  fortsetznng  zu  dem  durch 
KaöÖTrep  usw.  von  ihm  getrennten  Kai*  auxd  toöto;  der  zum  in- 
finitiv  gehörende  artikel  TÖ  mit  einem  begründenden  und  ergftnzen- 
den  fk  'insofern  nemlich'  ist  nach  toOto  ausgefallen,  nparrov  in 
§  4  ist  irrtümlich  zum  vorhergehenden  q)Ü€c6ai  gezogen  worden; 
der  anstöszigü  pleonasmus  wird  vermieden,  wenn  man  es  als  npuiTOV 
^jLi^v^  zum  folgenden  zieht,  so  dasz  es  dem  ^ireibdv  b^  in  §  10  ent- 
spricht, die  Periode  würde  also  ungefähr  in  folgender  gestalt  her- 
zustellen sein:  TTpuüTOV  <Cm^v^i  ^"^^"^  ^  ^^^  KaTaKXuCfioOc  .  .  q>6opd 

T^VTlXai  .  .  TOlfe  bfe  CU]LAq)6€ipO]LA^VU)V  irdVTWV  TUJV  £mTTlb€UfAdTUIV 

Kai  T6XVUÜV  [ßiav]  ^k  tujv  TrepiXewpö^vxwv  oiovei  cirepiiAdTuiv  aOOic 
auEriö^  CUV  XP^^viu  ttXtiöoc  dvöpüüTruiV,  [töt€  brj  nou]  KdireiTa 
TOUTUiV  cuvaOpoi2Io|Li^vujv 

<7rdXiv  T^VTixai  cucTr|MaO',> 

ÖTrep  eiKÖc  Kai'  auxö  toOto, 

KaOdirep  ^tti  tuiv  dXXuiv  Zibuiv, 

<t6  T*>  Ä€i  TÖ  öfiöcpuXov  cuv- 

aTcXdZIecOai  bid  Tf|v  iflc 

qpuceujc  dcö^veiav,  dvdTKTi  usw. 
zu  Kai*  auTÖ  TOÖTÖ  —  TÖ  c.  inf.  vgl.  XII  25 '^  7  Kai*  <outö  toöto> 
Xdpiv  ?X€i  TÖ  )Lif|  T€v&6ai.  zu  tö  fe  c.  inf.  vgl.  VI  16,  6  xai  fifjv  tö 
t'  dTTiieXeic  T^vecöai.  die  gliederung  tot^  bk  —  Käireixa  kehrt 
wieder  X  IG,  4;  vgl.  auszerdem  Kdv  TT0T6  bi  XU  25^  2.  Verbin- 
dungen wie  ^Treibfj  —  Kai  —  bk  —  töt€  bi\  zb.  III 115, 4;  öxav  — 
Kai  —  KdrretTa  —  töt€  bf\  zb.  IV  45,  7  haben  an  unserer  stelle  die 
falsche  Schreibung  tÖT€  brj  veranlaszt.  die  einschiebung  von  irdXiv 
T^VTiTai  cucTrjjLiaTa  empfiehlt  sich  deshalb,  weil  in  §  10  der  begriff 
cuCTTJjLiaTa  etwas  unvermittelt  auftritt,  vielleicht  ist  auch  §  8  TCViuv 
zu  tilgen  und  durch  den  jetzt  fehlenden  artikel  zu  ersetzen  nach 
analogie  von  IV  45,  6  tüüv  dXXu)V  tüüv  TrapeTTOjLA^vujv  tui  noX^fiifi 
KaKÜüV,  vgl.  V  ,')8,  7  uam.  ein  charakteristisches  beispiel  von  Zeilen- 
Verschiebung  s.  V  80,  3  f. 

XIV  1,  15  ist  die  von  Krebs  ao.  s.  67  besprochene  anakoluthie 
durch  einschiebung  von  TTapacK€ud2l€iv  Tdc  CKT]vdc  (vgl.  §  6) 
hinter  ffic  zu  heben.  II  35,  G  dagegen  scheint  es  mir  nicht  der  er- 
gänzung  einer  ganzen  zeile  zu  bedürfen,  sondern  nur  der  Umstellung 
von  UTTOjLi^vouci.  man  let^e  TOic  uirofi^vouci  TÖ  q>OXov  auTuiv, 
[KatJ  Trdcac  dEeX^tX^^^*  ^^®  einschiebung  von  xai  und  die  schrei* 
bung  ^EeX^YXOuci  wurde  durch  die  naheliegende  annähme  veranlasst, 
dasz  letzteres  dem  part.  uttojli^vouci  parallel  stehe,   aus  dem  nomi- 


ELammert:  zu  Polybios.  631 

nativ  TÖ  qpCXov  auTUüV  ist  das  object  ain6  zu  önojüi^voua  in  ge« 
danken  zu  ergänzen,  wenn  man  letzteres  nicht  in  absoluter  baden- 
tung  ^ftir  standhafte  mSnner'  (vgl.  II  63,  4)  fassen  will. 

Einzelne  Wörter  scheinen  an  folgenden  stellen  verschrieben  oder 
ausgelassen  zu  sein :  VI  10,  3  ist  statt  des  neben  bt'  (Iiv  unerträg- 
lichen pleonasmus  im*  aÖTtxiv  als  notwendiger  gegensatz  zu  ££u)6€V 
zu  lesen  uTTOKttTwOev  auidiv.  vgl.  III 55,  2  öiroKdru).  —  ^HE  8,  6 
TÖ  T^Xoc  TT^c  KaTacTpoq>fic  *das  ende  des  Sturzes'  ist  unsinn ;  nicht 
minder  Td  äTUxrJMCtTa  tt^c  KaTacTpoq>f)c  Mie  unglücksf&lle  bei  dem 
Sturze';  auch  Beiskes  erklfirung  s.  410:  <dTOxilM<^  pi'o  improbitate, 
vita  criminosa,  sceleribus»  (vgl.  Schweighäuser  u.  driix^M^^  °^  djiiap- 
Tia)  vermag  die  Schwierigkeiten  nicht  zu  heben.  Td  dTUX^M^'TA  '"^ 
calamitates  ist  nur  ein  anderer  ausdmck  fttr  KaTacTpoq>t^.  lies  [tö] 
TcX^uic  .  .  Tf)v  KaTacTpoq>ifiv:  tcX^uic  bezieht  sich  auf  irapa- 
TiXriciov,  das  hier  wie  auch  sonst  oft  zweier  endungen  ist;  vgl.  T€X^u)C 
CUV6TTWC  II  27,  3;  tcX^uüc  ei)r\6kc  ko\  irapanXificiov  XII  25  •  7  und 
zu  dem  nachgestellten  TeX^uic  V  74,  3  iT€piq>oßot  TcX^uJC  fjcav.  — 
n  18,  3  T€vo|Li^vou  V  dvTicTTdc|LiaTOC  xal  tiöv  OÖ€V^tu)V  elcßoXöv- 

TUJV  lies  T€V.  b'  dVT.  öld  TUJV  OueV^TUIV  <TUJV>  clcßoXövTUJV.  — 

I  37,  8  TTOT^  bk  Kai  tiraviujc  lies  noik  b*  ei  koI  ctt.  —  VI  9,  11 
f|  TToG  )Li€TacTrjc€Tat :  Schweighäuser  fragt  unter  dem  texte  «iroi?», 
erklärt  aber  in  den  annot.  VI  s.  323  nicht  ganz  richtig:  ^quisnam 
gradus  sit  is,  ad  quem  ubi  pervenerit,  consequetur  mutatio.'  der 
sinn  der  worte  ist :  wer  den  kreislauf  der  Verfassungen  richtig  ver- 
standen hat,  der  kann  sich  bei  der  beurteilung  der  zukünftigen  ge- 
staltung  eines  Staates  vielleicht  in  bezug  auf  die  zeit  irren  (dh.  wann 
die  zu  erwartende  Staatsumwälzung  eintritt),  aber  selten  dürfte  er 
sieb  wohl  irren  in  bezug  auf  die  stufe,  auf  der  ein  Staat  in  seinem 
Wachstum  oder  sinken  steht,  und  in  bezug  auf  die  rieh  tung,  nach 
welcher  die  Umwälzung  erfolgen,  dh.  zu  welcher  neuen  staatsform 
sie  führen  musz.  Casaubon  bemerkte  also  richtig:  ^in  quam  formam 
sit  immutanda';  nur  hätte  er  dann  auch  IT  Ol  lesen  müssen.  — 
XXXII  14,  13  dvG*  Oüv  TipÖTcpov  diT^cx€TO  tOüv  iTpox€(pu)V  f|bo- 
vüüv  ist  TUüv  zu  tilgen  und  attraction  anzunehmen,  was  Krebs  ao. 
s.  33  über  dvTi  ToO  c.  inf.''  und  dvO'  liv  bemerkt,  ist  unzutreffend, 
an  den  vier  stellen,  die  er  für  dvö*  liv  anführt,  bewahrt  dVTi  voll- 
ständig seinen  präpositionellen  Charakter:  IX  36,  5.  XVIII  14,  8. 
1 6,  2  heiszt  es  =  dvTi  TOUTUiV  *dafür,  zum  danke  dafür' ;  an  unserer 
stelle  müste  es  dem  attischen  Sprachgebrauch  entsprechend  in  der 
bedeutung  von  dvTi  TOUTUJV,  S  oder  dvTiTOiiTOU,  8ti  —  genommen 
werden ;  diese  ist  aber  für  Polybios  nicht  zu  erweisen.  —  X  22,  9 
erg.  bh.  nach  cu)Li7r€piCT^XXovT€C.  —  I  4,  2  erg.  fe  vor  T^TOV€  nach 


'  dvTl  ToO  c.  inf.  kommt,  beiläufig  bemerkt,  bei  Pol.  nirgends  vor. 
die  stelle,  die  Krebs  als  beleg  anführt,  hat  er  misverstanden :  hier  ge- 
liört  dvTl  ToO  zu  bi'c  und  nicht  zum  infinitiv. 


632  ELammert:  zu  PolybioB. 

XII  26**  2  KQi  iiidiXiCTa  xauTTiv  T€.  —  HI  8,  10  erg.  t'  hinter  ri, 
um  den  hiatus  zu  beseitigen,  nach  11  61,  8  Tiva  fe  xprj-  —  II  68,  9 
ist  statt  des  widersinnigen  Tf|V  KttTdcTaciv  zu  lesen:  Tfjv  xard 
<[Kopuq)f)v]>  CTdctv  im  gegensatz  zu  Tf)v  uttö  iröba  sc.  crdctv  nach 
IV  41,  4.  Vm  9,  3.  XVIII  30,  3.  —  II  4,  9  ist  nach  näcav  statt 
ffiv  richtiger  zu  ergänzen  iTapaX(av:  denn  hier  ist  von  dem  See- 
kriege der  Illjrier,  nicht  wie  XXX  11,  2  von  den  landkriegen  der 
Aitoler  die  rede. 

Die  eigentümlicbkeit  des  Polybischen  Stiles,  im  interesse  der 
deutlichkeit  und  concinnität  jedem  gliede  der  periode  sein  eignes 
verbum  regens  zu  geben  —  man  vgl.  beispielsweise  eine  reihe  wie 

IX  15  —  fordert  an  folgenden  stellen  entsprechende  ergftnzongen: 
IV  25,  7  dem  part.  npocbtacacpoGvTec  entsprechend  erg.  bibdSov« 
T€C  hinter  irapaTrXiiciuiC  bt  Kai:  vgl.  XXIV  10,  4  a.  7.  XXXII  7,  4. 

—  VI  4,  4  ebenfalls  nach  TrapaTrXrjctuic  erg.  ^tit^ov  hinter  briMO- 
KpaTiav.  —  VI  17,  5  lies  hinter  boOvai  einfach  bOvarai,  nicht, 
wie  Reiöke  s.  447  vorschlägt,  toTc  uTT€pii]LA€puici  buvarau  —  VI  16,8 
erg.  ?x€i  TfjV  Kupiav  OÖTOC  hinter  dviiKÖVTU)V.  —  IV  24,  1  ist 
vor  im  iTGtciv  ausgefallen  €7tt€V.  wiederaufgenommen  wird  das- 
selbe §  4  mit  ö  Tdp  OiXittttoc  fcpricev;  statt  dessen  lies  TOiTCtp« 
CUV  6  O.    über  das  epanaleptische  TOiTapoOv  vgl.  III  22,  1  nam. 

—  VI  18,  8  ist  ebenfalls  TOiTapoCv  an  stelle  von  tdp  zu  setzen, 
denn  hier  handelt  es  sich  nicht  um  eine  begründung,  sondern  um 
eine  folgerung,  wie  in  allen  schluszsätzen  der  voraufgehenden  ent- 
sprechenden abschnitte:  VI  12,  10  UJCT€;  13,  9  ö  bf|  xai;  14,  12 
iäcT€  TrdXtv;  15,  11  djCT€;  16,  5  und  17,  8  biö.  dasz  die  stelle  be- 
schädigt ist ,  zeigt  das  überlieferte  unpassende  ndv  des  Urbinas  und 
iToO  des  Regius.  lies:  irdvTa  TOiTOipoOv  imxivei.  die  beweis- 
führung  kehrt  damit  zu  der  in  §  1  aufgestellten  these  zurück.  — 
XI  6,  3  erg.  eUöc  hinter  dKcivuiV  nach  XV  1,14.  III 109,  3  uam. ; 
hinter  dem   ersten  iav  T€  auszcrdem  fdp  nach  XV  14,  2  ua.  — 

X  45,  8  erg.  bei  hinter  7Tap€CK€udc6at  wie  §  7  vor  Xapßdvovrac. 

—  V  88,  6  empfiehlt  auszer  den  oben  angeführten  gründen  auch 
(las  zeugma,  das  durch  die  Verbindung  von  rdXavra  mit  dv^6cc(IV 
entsteht,  TrpoceGecav  vor  xdptv  einzuschieben  (vgl.  XXI  34,  13), 
wenn  nicht  wie  oben  XVIII  35,  3  eine  ganze  zeile  etwa  des  inhalta 
zu  ergänzen  ist:  fiXXa  b€Ka  X^tP^v  <[Tfic  £Triq>dc€UJC  £bu)Kav 
Kai)  Tou  .  .  T€V^c6ai  nach  IX  20,  6. 

Leipzig.  -        Edmund  Lammeet. 


TbMaurer:  su  VergilioB  Aeneis.  633 

(21.) 

Zu  YEBGILIÜS  AENEIS. 


I  108  tris  Noiu3  abre$ias  in  sasca  latenUa  iorguet 

{saxa  vocant  Iküi  mediis  qua»  in  fliwitbus  araa, 
dorsum  inmane  mari  summo)  .  .  . 
wie  die  alten  grammaüker^  sogar  Quintilianus  VIII  2, 14;  den  y.  109 
wegen  seiner  construction  zu  rügen  fanden,  von  denen  Charisios  IV 
s.  275  (Keil)  die  worte  dentet:  Ms  noius  ahreptas  in  saxa  tcrqud^ 
quae  saxa  medUs  fkuiübus  Jatentia  ItdU  aras  {Aras?)  vocant^  so 
stieszen  sich  an  dem  sinne  sowohl  Heyne  (*8altem  yalde  alienum  est 
a  poetae  iudicio  in  medio  tempestatis  aesta  interponere  observationem 
grammaticam')  als  auch  Peerlkamp  (*et  plane  sapit  glossam  gramma- 
ticam  eamque  inficetam').  während  darum  beide  wie  auch  Brjant 
den  vers  als  von  fremder  band  trotz  der  beglaubigung  durch  Quin- 
tilianus tilgen  möchten,  scheint  Heyne  noch  mit  sich  reden  zu  lassen 
unter  6iner  bedingung:  ^suppetit  forte  ratio  aliqua,  qua  labes  poetae 
si  non  elui  at  dilui  saltem  potest,  si  Aras^  ut  fecimus,  scribas,  non 
aras :  ita  ut  sit  certus  in  mari  locus' ;  überdies  verlangt  er  änderung 
der  herkömmlichen  interpunction :  saxa  (inquam)  vocaint  Itäli  mediis 
qiiae  fluäibus  Aras ,  dorsum  usw.  aber  auch  so  noch  bleibt  er  bei 
dem  urteil  Meiuna  tamen  vel  sie  exit  oratio,  et  indignus  tanto  poeta 
versus',  inzwischen  hat  Wagner  sich  anders  entschieden:  *sustuli 
asteriscos  ab  Hejnio  huic  versui  appositos;  quem  genuinum  esse 
patet  ex  verbis  v.  110  adiectis:  dorsum  immane  mari  summo,  quae 
versui  108  non  possunt  commode  adnecti,  sed  talem  sententiam  quae 
est  V.  109  requirunt.'  die  Schreibweise  Aras  statt  aras  hat  auch  er 
gebilligt,  dagegen  »ich  bei  der  landläufigen  interpunction  saxa  vocant 
Italic  mediis  quae  in  fludibus^  Aras  beruhigt,  während  nun  Bibbeck 
aras  wiederherstellt,  mit  tilgung  der  den  relativsatz  einschlieszenden 
kommata,  hat  Heyne  nicht  nur  mit  seiner  fassung  des  Aras  als  eigen- 
name  bei  Gossrau^  Ladevvig*  und  auch  Weidner  nachfolge  gefunden : 
alle  drei,  Gossrau  mit  leisem  vorbehält,  wollen  mit  ihm  genauer  die 
bei  Plinius  n.  h,  V  7,  7  erwähnten  Aegimuri  Arae  von  dem  dichter 
damit  bezeichnet  sehen :  so  heiszt  es  bei  Weidner  kurzer  band :  *2ur 
Sache  vgl.  Plin.  n,  h.  V  7,  7  contra  Carthaginis  sinum  duae  Aegimuri 
arae^  scopuli  verius  quam  insuLaCy  interSicUiam  maxime  et  SardiniamJ* 
dieselbe  stelle  finden  wir  auch  bei  den  beiden  andern  genannten  ab- 
gedruckt, nachdem  zuerst  Heyne  in  seinem  vierten  excurs  zu  unserm 
buche  darauf  scheint  aufmerksam  gemacht  zu  haben,   nur  erstaun- 

^  nach  Ladewig  soll  gar  in  saxa  die  den  ^Italern*  eignende  benen- 
nung  entdeckt  werden,  im  gegensatz  zu  der  mit  insulae  für  den  geogra- 
phisch feststehenden  begriff  Arae;  er  sagt  wörtlich:  'die  epanaphora 
{in  saxa  —  saxa  vocant)  dient  hier  zur  rechtfertigung  des  vorhin  gebrauch- 
ten ausdrucks;  klippen  sage  ich,  denn  so  (nicht  iuseln)  nennen  die 
Italer  die  mitten  in  der  flut  liegenden  Arae.' 

Jahrbücher  für  clnss.  philol.  1888  hfU9.  42 


634  ThMaurer:  zu  Vergilius  Aeneie. 

lieh,  dasz  nicht  ein  einziger  die  anschlieszenden  worte  inter  Sicüiam 
maxime  et  Sardiniam  weiterer  erwägung  wert  gefunden  hat.  Heyne 
belehrt  uns  bezüglich  jener  Äegimuri  Arae  ausdrücklich :  ^erant  autem 
ex  adverso  Carthaginis,  CCXXX  ab  urbe  stadiis,  inter  Apollinis  et 
Mercurii  promontoria' ,  indem  er  zugleich  auf  Livius  XXX  24  ver- 
weist, wo  wir  lesen :  onerariae  pars  maxima  ad  Äegimurum  —  instda 
ea  sinum  ah  aUo  cLaud/Uy  in  quo  »Ua  Carthago  esty  triginta  ferme  müia 
ab  urhe  —  . .  ddatae  sunt,  danach  ist  entweder  bei  Plinius  maxmae 
zu  schreiben  oder,  wenn  maxime  richtig,  dann  zielt  es  auf  das  httofige 
vorkommen  jener  arae  gerade  zwischen  den  genannten  inseln;  keinen- 
falls  aber  schränkt  sich  die  mit  scopuli  anhebende  appoäition  auf  duae 
Äegimuri  arae  ein ,  sondern  illustriert  den  appellativen  begriff  arc^ 
überhaupt.'  bestätigung  liefert  die  bei  Servius  mitgeteilte  bemer- 
kung  aus  Varro  de  ora  maritima  lih,  I:  ut  faciunt  ü^  g^i  ab  Sardinia 
Sidliam  aut  contra  petunt.  nam  si  utramque  ex  conspedu  amiserunt^ 
sciunt  periculose  se  navigare  ac  verentur  in  pdago  latentem  «fMu^am, 
quem  locum  vocant  aras  (der  sinn  des  relativsatzes  ergibt,  dasz  Äras 
zu  schreiben  ist,  wie  auch  Heyne  thut).  was  ergibt  nun  ein  vergleich 
beider  stellen?  einmal  da^z  arae  offenbar  ursprünglich  appellativ 
eine  gewi.sse  erscheinungsform  von  inseln  bezeichnet,  dieser  gattung 
gehört  zb.  als  kleineres  exemplar  auch  die  meta  des  Schiffsrennens 
am  Eryx  V  124  ff.  an,  von  der  es  heiszt:  est  proctd  in  pdago  saxum 
spumantia  contra  litora,  quod  tumidis  subnhersum  tundüur  dim  flue- 
tibus,  hibemi  condunt  ubi  sidera  Cori;  tranquiUo  silet  immotaque 
attoUiiur  unda  campus  et  apricis  statio  gratissima  mergis ,  eine  stelle 
die  zugleich  die  Streitfrage  entscheidet,  die  sich  in  den  werten  bei 
Servius  kundgibt:  saxa  latentia  modo  propter  tempestaiem^  non  ut 
quidam  tradunt  tranquiUo  mari.  infolge  dessen  kann  das  wort  durch 
attribute  specificiert  werden,  wie  eben  Äegimuri  arae.  endlich  aber 
wird  damit  für  sich  allein  offenbar  in  specie  eine  art  inselflur  collectiv 
bezeichnet  zwischen  Sicilien  und  Sardinien ,  zu  der  auch  jene  oben 
erwähnte  meta  gehörig  zu  denken  sein  wird,  nach  der  örtlichkeit 
unseres  Sturmes  nun ,  bei  der  nennung  des  Notus  als  des  hier  wirk- 
samen windes,  liegt  es  durchaus  nahe  an  unserer  stelle  das  wort  in 
diesem  letztem  sinne  zu  verstehen,  also  dasz  wir  es  nicht  so  sehr  mit 
einer  von  Heyne  wie  Peerlkamp  beanstandeten  grammatischen  notiz 
zu  thun  hätten,  vielmehr,  wie  auch  Heyne  versuchsweise  annahm, 
mit  einer  geographischen,  womit  der  schein  grösserer  glaubwürdig- 
keit  für  das  erzählte  als  factum  gewonnen  würde,  den  zu  sparen  der 
dichter  trotz  aller  erregtheit  der  scene  gewis  keine  Ursache  hatte, 
danach  wäre  das  wort  an  unserer  stelle  eigenname  und  grosz  zu 
schreiben:  ^die  Altäre',  und  doch  bei  wiederholter  erwägung,  wie 
die  verschlagenen  schiffe  allesamt  nachher  in  kurzer  frist  wohlbehal- 


'  in  dem  bei  Plinius  anschlieszenden  satze  auctoret  svnt  et  ha*  quon» 
(htm  hnhUiUwt  »ubsediHxe  wird  et  wolil  iiiif  Siciliam  et  Sardininm^  da*  hat 
aut'  die  gesamthcit  Mer  insclflnr  der  Arae  gehen. 


ThMaurer:  zu  VergilioB  Aeneia.  635 

ten  an  der  karthagischen  küste  anlaufen  (v.  8dO.  399.  584),  wird 
man,  wie  die  weite  entfemung  hindert  das  ayrtis  v.  111  im  engem 
geographischen  sinne  zu  verstehen,  mag  auch  der  dichter  bei  der 
wähl  des  ,ausdrucks  daran  gedacht  haben,  so  auch  aus  demselben 
gründe  das  gleiche  bezüglich  des  arae  annehmen ,  wozu  ja  die  stelle 
des  Plinius  doppelt  berechtigt,  dann  stellt  sich  die  sache  so  dar,  der 
dichter  habe  eine  so  aufföllige  benennung,  welche  sich  gerade  in 
jenen  italisch  -  karthagischen  gewässem  localisiert  hatte,  bei  der 
Schilderung  dieses  sturmes  in  denselben  nicht  übergehen  wollen;  so 
dasz  man  wohl  recht  hatte  darin  einen  zng  der  epischen  objectivität 
zu  erkennen,  wie  er  gerade  in  der  höchsten  erregung  der  darstellung 
am  charakteristischsten  wirkt,  erinnernd  an  den  meisterhaften  zug 
Schillers,  womit  er  den  alten  Walter  Fürst  zeichnet,  wenn  derselbe  in 
dem  entscheidenden  moment  des  entschlusses  zur  abschüttelung  des 
tyrannenjoches  es  nicht  unterlSszt  die  dort  noch  viel  mehr  ^gram- 
matische' notiz  bezüglich  des  ^Bütli'  einflieszen  zu  lassen  *weil  dort 
die  Waldung  ausgereutet  ward',  das  ItaU  dürfte  andeuten ,  dasz  der 
dichter  auch  von  andern  bezeichnungen  weisz:  so  hat  Servius  die 
notiz :  älii  dicunt  Oraecos  haec  saxa  ßmiwig  appeMare.  irrig  erscheint 
die  deutung,  von  der  ebenfalls  Servius  vermerk  nimt:  Itaias  auiem 
äliqui  non  qui  in  ItaMa  nati  sint^  $ed  qui  Latine  loquantur  aeaiphmi. 
die  erstere  auffassung  empfiehlt  sich,  weil  jene  speciell  Arae  ge* 
nannte  inselflur  gewissermaszen  als  natürliche  grenze  der  italischen 
und  karthagischen  gewttsser  erscheint,  wie  die  notiz  des  Servius 
verrät :  saxa  oh  hoc  ItaU  Aras  vocanty  quod  Un  Afri  et  Bomani  foedus 
inierunt  (natürlich  verkehrt)  et  fines  imperii  sui  üUc  esse  voUienmt, 
nach  dem  festgestellten  sinne  hat  unsere  stelle  völlig  die  gestalt,  wie 
wir  sie  bei  Bibbeck  lesen,  und  wir  übersetzen :  Mrei  entführt  der  süd 
im  Wirbel  auf  versteckte  klippen  —  es  nennen  sie,  die  mitten  in  der 
Strömung,  die  Italer  altäre,  ein  rücken  rohen  gesteins  im  Spiegel 
der  see',  ganz  entsprechend  der  deutung  des  Charisius. 

I  113  unam,  quae  Lydos  fidumque  vehebat  Oronten, 
ipsim  ante  ocidos  ingens  a  vertice  pontus 
in  puppim  ferit:  excuiiiur  pronusque  magister 
volvüur  in  caput;  ast  iUam  ter  ftudus  ibidem 
torquet  agens  circum ,  et  rapidus  vorat  aequore  vortex. 
wir  fragen,  wer  ist  v.  114  mit  ipsiiM  gemeint?   Aeneas?  Orontes? 
die  commentatoren  schweigen  sich  über  die  frage  aus.   Voss  über- 
setzt:   ^eines,  das  Lycierfreund*  hertrug  und  den  treuen  Orontes, 
faszt  ihm  selbst  vor  den  äugen  ein  hoch  anrauschender  meerschwall' ; 
Binder  getreulich  folgend :  ^eins ,  das  lycische  scharen  geführt  und 
den  treuen  Orontes,  schlägt,  ihm  selber  vor  äugen*  usw.  wir  fragen 
wieder,  wer  soll  mit  ^ihm  selbst',  mit  *ihm  selber'  gemeint  sein? 
die  übliche  construction  würde  bei  beiden  die  deutung  auf  Orontes 
ausscblieszen :  es  wäre  nemlich  sonst  ein  demonstrativ,  nicht  das 
Personalpronomen    zu   erwarten,     weitere   Schwierigkeit:    wie  ist 

42* 


636  TbMaurer:  zu  Vergilius  Aeueis. 

magister  zu  verstehen?  ist  damit  der  capitftu  Orontes  gemeint  oder 
ein  namenloser  Steuermann?  dasz  magister  bei  Verg.  den  Steuer- 
mann bezeichnen  kann,  lehrt  V  867,  ebenso  VI  313,  als  beidemal 
von  Palinurus,  dem  Steuermann  der  Ida ,  der  Äeneia  puppis^  gesagt, 
dasz  bei  Verg.  das  wort  aber  auch  für  den  capitän  steht,  ja  als  ter^ 
minus  technicus  dem  Steuermann  (rectar)  gegenübertritt,  zeigt  V  176. 
Gjas  hat  den  Steuermann  Menoetes  über  bord  geworfen ;  dann  heiszt 
es  von  ersterm :  ipse  guhernado  rector  suhit ,  ipse  magister  hortatur- 
que  viros  davomque  ad  litora  torquet ,  wobei  offenkundig,  chiastisch 
geordnet,  das  davom  torqttet  auf  den  dienst  des  Steuermanns,  das 
hortatur  mros  auf  den  des  capitäns  zielt  bestätigend  kommt  hinzu 
ebd.  V.  224  cedit^  quoniam  spoliata  magistro  est,  das  schiff  des  Gyas 
unterliegt  dem  des  Mnestbeus ,  weil  Gyas,  gebannt  ans  Steuer ,  dem 
amte  des  magister ,  das  der  gegner  so  glänzend  versehen  {at  media 
sodos  incedens  nave  per  ipsos  hortatur  Mn€stheus)y  nicht  gleich  wirk- 
sam obliegen  kann,  wie  Verg.  an  unserer  stelle  das  wort  gemeint 
hat,  verrät  zum  glück  die  stelle  VI  333  ff.  cemü  ibi  maestos  et  mortis 
Jumore  carentis  Leucaspim  et  Lyciae  duäorem  dassis  OrofUefi,  quos 
simul  ah  Troia  ventosa  per  aequora  vedos  obruit  Auster  aqua  invol- 
vens  navemque  virosque.  dasz  nemlich  der  bei  der  erwähnten  gelegen- 
heit  unseres  Sturmes  umgekommene  Leucaspis  keiner  der  fürsten,  son- 
dern nur  ein  dienstmann  war,  erhellt  aus  1584,  wo  es  bezüglich  dieses 
Schiffbruches  heiszt:  unus  (sc.  Orontes)  dbest^  media  in  fludu  quem 
vidimus  ipsi  suhmersum;  didis  respondent  cetera  mairis  (sc  Veneris). 
und  die  bezüglichen  worte  der  mutter  lauten  v.  390:  namque  tibi 
reduces  socios  dassemque  relatam  nuntio  d  in  tutum  versis  aquiloni- 
bus  actam\  vgl.  v.  ^^^ puppesque  tuae  pubesque  tuorum  aut  partum 
tend  aut  pleno  subit  ostia  velo,  danach  unterliegt  keinem  zweifei 
mehr  die  richtigkeit  des  Wortes  'h%\^Qv\\\ismagister\ Leucaspis \  damit 
wird  aber  auch  zugleich  das  ipsius  im  gegensatz  wohl  auf  Orontes 
gehen:  ist  doch  durch  die  verse  106—112  der  sonst  in  frage  kom- 
mende Aeneas  einigermaszen  dem  gesichtskreis  entrückt;  wiewohl 
das  epitheton  fidus  zu  Orontes  ihn  könnte  für  den  dichter  zur  stelle 
beschworen  haben,  wodurch  die  deutung  des  ipsius  auf  Aeneas  durch- 
aus nicht  jeder  berechtigung  entbehrte,  jedenfalls  will  die  deutung 
des  ante  oculos  bei  Sevvius :  ad  maiorem  dolorem  besser  auf  den  pius 
Aeneas  passen  als  auf  den  unmittelbar  von  demselben  Schicksal  ereilten 
Orontes.  geht  aber,  wie  ich  allerdings  vorziehe,  ipsius  auf  Orontes, 
dann  scheint  es  bich  auch  zu  empfehlen  zu  excutitur  als  subject  den 
nemlichen  ipse  zu  fassen,  nicht  den  magister,  dem  vielmehr  allein 
das  2>fonus  völvitur  in  caput  gilt,  scheint  es  doch  schicklicher,  wir 
erfahren  zuerst  das  besondere  Schicksal  des  mit  namen  genannten, 
unserm  iuteresse  durch  fidus  empfohlenen  dudor^  dann  das  des  un- 
genannten magister^  endlich  das  Schicksal  deä  beider  persönlichkeiten 
beraubten  schiffes,  als  dasz  gerade  die  hauptperson  in  der  masse  ver- 
schwindet, damit  gewinnt  -aber  auch  da»  ante  octdos  eine  andere 
deutung,  als  nicht  ad  dolorem  gesagt,  sondern  ad  terrorem. 


ThMaurer:  zu  Yergilins  Aeneis.  637 

Obige  stelle  gibt  uns  noch  zu  einer  weitem  erörternng  anlasz. 
entgegen  der  einzig  beglaubigten  lesart  ast  tüam  v.  116  bekennt 
sich  Weidner  zu  Bibbecks  yerbesserung  ast  aMam  mit  folgender  recht- 
fertigung:  *die  zahl  der  schiffe  des  Aeneas  betrug  zwanzig  (I  381). 
davon  rettete  er.  aus  dem  stürme  sieben  (I  170).  es  giengen  also 
dreizehn  zu  gründe,  folgt  man  nun  der  hsl.  lesart  tBam^  so  wUrde 
nur  der  Untergang  von  zwölf  schiffen  beschrieben',  worauf  der  hin- 
weis  auf  Ribbecks  proleg.  s.  68  folgt,  nun  dort  lesen  wir:  <que- 
ritur  V.  381  sqq.  Aeneas  ex  ^bis  denis'  quibus  Phrygium  aequor  con- 
scenderit  navibus  ^vix  Septem'  convolsas  undis  euroque  superesse. 
et  re  vera  ^Septem  collectis  navibus  omni  ez  numero'  portum  subire 
traditus  est  v.  170.  sed  in  ipsius  nauiragii  descriptione  duodecim 
tantum ,  non  tredecim  navium  ruinas  descripsit  poeta  vv.  102  sqq. 
frangitur  enim  primum  ipsius  Aeneae  navis,  tum  tres  noto  abreptae 
in  aras  torquentur,  tres  euro  in  syrtes;  octava  est  quae  Ljcios 
fidumque  vehebat  Oronten ;  nona  Ilionei,  decima  Achati  navis,  unde- 
cima  ^qua  vectus  Abas',  duodecima  ^qua  grandaevus  Aletes'.  ergo 
aut  neglegenter  unam  omisisse  statuendus  erit  Vergilins  aut  con- 
iectura  diligentiae  eins  succurrendum.  possis  enim  conicere,  eins,  in 
qua  cum  Lyciis  Orontes  vehebatur,  navis  interitum  cum  magistri 
casu  Vi  115  (^excutitur  pronusque  magister  volvitur  in  caput')  ab- 
solutum  esse,  sequi  deinde  alius  memoriam,  ut  v.  116  (Uiam  pro 
iUam  correcto  legendum  sit: 

ast  äliam  ter  fluctus  ibidem 
torquet  agens  circum  et  rapidus  vorat  aequore  vortex. 
quod  etiam  vocabulo  ^ibidem'  commendari  videtur :  nam  ibidem,  ubi 
magister  deeiderit,  navem  quoque  undis  vorari  non  erat  profecto  cur 
adfirmaretur.  'ast'  particulam  cum  pronomine  'alius'  coniunctam 
habes  II467.  IV  488.  VI  316.  VII  395.  1X727.»  also  dreizehn 
schiffe  giengen  zu  gründe?  von  zwölf  schiffen  wird  der  Untergang 
beschrieben?  beschrieben  wird  in  Wahrheit  der  ^Untergang'  nur  von 
einem  einzigen,  dem  des  Orontes.  *zu  gründe  geht',  worüber  man 
die  oben  citierten  stellen  v.  390.  399.  584  vergleiche,  ein  einziges, 
das  des  Orontes.  und  dasz  auch  Aeneas  angesichts  des  mit  eignen 
äugen  gesehenen  nicht  an  den  Untergang  von  dreizehn  schiffen  glaubt, 
zeigt  V.  170  f.  huc  Septem  Aeneas  coUeäis  navibus  omni  ex  numero 
subit  verglichen  mit  v.  180  ff.  Aeneas  scopulum  interea  conscendit 
et  omnem  prospeäum  lote  pelago  petita  Anthea  si  quem  iadaium  vento 
videat  Fhrygiasque  hiremis  aut  Capyn  aut  cetsis  in  puppibus  arma 
Calci,  endlich,  wollten  wir  mit  Bibbeck  aliam  lesen,  um  so  die  zahl 
der  angeblich  'zu  gründe  gegangenen'  zu  füllen,  welches  ist  denn  die  so 
zu  erzielende  maximalsumme?  wirklich  13,  wie  Weidner  mit  Bibbeck 
zählt?  prüfen  wir  doch  das  obige  additionsexempel.  da  heiszt  es  zu- 
nächst :  'frangitur  primum  Aeneae  navis'.  aber  Aeneas  Ifiuft  ja  selbst 
in  den  hafen  ein,  sein  schiff  befindet  sich  also  unter  jenen  '7  aus  dem 
Sturm  geretteten'  Weidners,  des  Aeneas  schiff  ist  also  auf  keinen 
fall  'zu  gründe  gegangen',  wie  das  'einzige'  des  Orontes.   und  was 


638  ThMaurer:  zu  Vergilius  Aeneis. 

von  dem  schiffe  des  Aeneas  gilt,  gilt  auch  von  Bibbecks  'decima 
Achati  Davis' :  denn  auch  Achates  befindet  sich  unter  den  mit  Aeneas 
y.  170  einlaufenden,  wofür  man  v.  312  vergleiche:  ipse  (Aeneas)  uno 
graditur  comiiatus  Acliate,  die  irrige  deutung  des  'ibidem'  bei  Bib- 
beck  'ubi  magister  deciderit'  hat  Weidner  richtig  zurückgewiesen: 
ibidem  ist  zu  verbinden  mit  circum  agens.  wie  sollte  übrigens  der 
dichter  seinem  leser  zumuten  die  bei  jenem  stürme  genannten  schiffe 
hinterdrein  zusammenzuzählen  ?  drei  zahlen  sind  es  die  uns  allein 
interessieren  können :  die  zwanzig  mit  denen  Aeneas  in  see  sticht, 
die  sieben  mit  denen  er  persönlich  an  der  karthagischen  küste 
landet;  endlich  die  zahl  der  im  stürme  wirklich  verlorenen:  unus 
abest.  wir  denken  damit  ebenso  die  überlieferte  lesart  iäam  gegen 
die  änderung  aliam  geschützt  wie  den  oben  auf  gnind  jenes  tOam 
von  Ribbeck  gegen  Verg.  erhobenen  Vorwurf  der  'neglegentia' 
zurückgewiesen  zu  haben. 

Zu  VI  640  largiw  hie  campos  aether  et  luwine  vestit  purpureo 
meint  Peerlkamp :  'mallem :  largior  hie  aether y  et  campos  lumine  vestU 
purpureo\  Gossrau  kühn:  'iungas:  et  largior  hie  aether  campos  vestU 
lumine*  .  .  bei  Ladewig  heiszt  es  besonnener:  ^et  lumine  vestU.  voll- 
ständig: largior  aether  hie  campos  vestit  et  vestit  campos  lumine  pur- 
pureo, die  reinere  luft  aether  ist  hier  weit  ausgebreiteter  als  aaf 
der  erde.'  offenkundig  huldigen  auch  Peerlkamp  und  Oossran  der- 
bclben  auffassung.  was  aber,  fragen  wir,  soll  für  die  elysinms- 
be wohner  gewonnen  werden  mit  einer  solchen  'weitem  ausbreitung 
des  reinern  äther',  wenn  sich  darunter  noch  immer  ein  a(^  befindet, 
den  sie  zu  atmen  haben?  man  bat  bei  dieser  deutung  völlig  die 
dichterische  diction  übersehen,  zur  Verbindung  welcher  begriffe  soll 
denn  das  et  dienen?  doch  offenbar  dem  vestit  mit  lumine  purpureo 
noch  eine  weitere  bohtimmung  zu  geben  neben  einer  in  dem  voraus- 
gehenden enthaltenen,  und  wo  birgt  sich  diese  letztere?  eben  in 
dem  nicht  attributiv,  sondern  ptädicutiv  gemeinten,  ebenfalls  mit 
lumine  vestit  zu  verbindenden  largior.  der  sinn  unserer  stelle  ist 
also  in  prosa  so  wiederzugeben :  hie  campos  aether  largiore  et  pur- 
pureo lumine  vestit^  'reichlicher  kleidet  hier  der  äther  mit  licht,  mit 
purpurnem ,  die  flur'. 

Die  freie  weibe  des  Vergilius  durch  et  zwei  formell  als  verschiedene 
Satzglieder  auftretende,  einander  nebengeordnete  begriffe  zn  ver- 
binden ,  in  unserni  falle  das  pr&dicative  largior  mit  dem  adverbialen 
purpureo  lumine,  ist  offenbar  schuld  geworden  an  einer  teztver- 
derbnis,  die  sämtlichen  commentatoren  bisher  eine  noch  nicht  be- 
wältigte crux  aufgebürdet  hat.  ich  meine  die  stelle  VI  725.  hier 
lautet  der  beglaubigte  text  bei  Ribbeck  lucentemque  glohum  lunae 
Tiianiaque  astra.  dazu  heiszt  ci«  bei  Servius:  lucentemque  glohum 
lunae]  idco  usus  est  participio,  ut  ostendat  eam  suum  turnen  n&n 
habere:  nam  lucens  est  quod  aliunde  ifüuminatur^  lucibäe  quod 
per  sc  lucety  ut  patulum  quod  semper  patet^  paiens  quod  et  aperi' 


TbMaurer:  sn  VergiliuB  AeneU.  639 

tur  et  cLaudUur^  ut  ooiüiy  08.  wer  an  diese  belehrung  über  luoms 
glauben  will,  dem  können  wir  allerdings  nicht  helfen,  der  conser- 
vative  Ladewig  schreibt:  ^Tüania  astra  sind  eigentlich  die  sonne 
und  der  mond,  denn  Sei  und  Lnna  waren  kmder  des  Titanen 
Hyperion;  da  der  mond  hier  aber  bereits  genannt  ist,  so  hat  man 
nur  an  die  sonne  zu  denken ,  die  auch  sonst  von  den  dichtem  Öfter 
durch  Titan  bezeichnet  wird,  vgl.  Am.  IV  119.'  den  frühem  stand 
der  frage  erfahren  wir  kurz  durch  Peerlkamp:  ^lucenlemque  . .  astril. 
Trappius  et  Wakefieldus  emendaverunt  Tüanaque  et  asira.  Heynios 
astra  Titania  interpretatur  Solemj  Wagnerus  Lunam  cum  8016,  per 
quandam  epexegeseos  speciem.  ego  ex  verbis,  ut  nunc  leguntnr, 
nihil  amplius  officio  nisi  Lunam  d  sidera\  8ol  autem  deesse  non 
potest.  locum  iam  mature  fuisse  corruptum  suspicor,  nam  landavit 
Hieronymus  t.  lY  p.  362  et  vidit  TUania.  TITANU  non  moltum 
abit  a  MICANTIA.  si  scribas:  lucmtemque  gloibumt  Lunamque,  miean- 
tiaque  astra  ^  habes  versum  Virgilio  dignum.  glohus  lucens  est  soly  a 
quo  luna  lucem  accipit.  astra  mkanüa  nominavit  CatuUos  epithal. 
205.'  darauf  folgen  zwei  citate  aus  Ambrosius:  1)  geniües  hommeSj 
quod  caekim  ac  terras^  lunae  quaque  steUarumgue  mkantium  glohas 
Spiritus  intus  äUxt^  suis  versibus  indiderufU;  2)  ghhos  mioanHum 
siderum.  aufgrund  derselben  urteilt  Peerlkamp:  Widisse  Ambrosiom 
micantia  astra  fere  dicas.'  doch  fügt  er  das  eingestftndnis  bei:  *Yir- 
gilium  autem  liberius  expressit.  nam  et  mare  et  sclem  omisit.'  wenn 
nun  Gossrau  sich  zu  der  letztem  annähme  Peerlkamps  bekennt  mit 
einem  ^unde  illum  (sc.  Ambrosium)  quod  coniecit  Peerlk.  legisse 
admodum  est  verisimile' ,  so  erscheint  dies  doch  obenhin  geurteilt. 
oder  sagt  nicht  Peerlkamp  selbst,  dasz  es  sich  hier  nicht  um  ein 
wörtliches  citat  handelt?  es  konnte  aber  eben  darum  die  dichterische 
bezeichnung  Titania  am  allerwenigsten  berücksichtigung  erwarten. 
so  stellt  sich  denn  auch  bei  näherem  zusehen  das  micofUium  bei 
Ambrosius  nur  als  eine  freiere  wiedergäbe  des  lucentem  zu  globum 
an  unserer  stelle  heraus;  es  Iftszt  vielmehr  die  übergehung  des  $ol 
mit  Sicherheit  darauf  schlie^zen,  dasz  in  der  that  Ambrosius  genan  so 
gelesen  hat,  wie  noch  heute  unser  text  liefert.  —  Im  übrigen  heiszt 
es  bei  Gossrau  zu  unserer  stelle  also :  *Tüaniaque  astra  Solem  signi- 
ficare  videntur;  Titan  enim  apud  poetas  Sol  est,  cf.  IV  119  sqq. 
astra  autem  de  una  Stella  non  minus  recte  dici  potest  quam  sidera 
solis  apud  Ov.  met.  XIV  172.  sie  sidera  Val.  II  361  unam  stellam 
signat.  offensi  tarnen  sunt  plures ,  quod  in  onmium  rerum  ennmera- 
tione  omisit  Stellas.'  dann  folgen  die  erwähnten  besserungsversuche. 
wenn  nun  bezüglich  derjenigen  Peerlkamps  mit  seiner  deutung  des 
lucentem  glöhum  als  ^sonne'  Gossrau  urteilt  ^et  satis  est  pingue, 
solem  dicere  lucentem  globum  neque  aliud  quid  addere  ad  enm  slg- 
nandum',  so  scheint  mir  das  gegenüber  einem  so  scharfsinnigen  köpfe 
wie  Peerlkamp  mindestens  etwas  gewagt,  auch  fehlt  es  keineswegs 
an  jener  von  Gossrau  vermiszten  anderweitigen  bezeichnung;  es  hat 
dieselbe  vielmehr  Peerlkamp  ganz  richtig  in  der  gegenüberstellnng 


640  ThMaurer:  zu  Vergüius  Aeneie. 

von  luna  gefunden,    und  dies  trifft  noch  mehr  zu  bei  der  nunmehr 
von  mir  vorzuschlagenden,  wie  ich  glaube  evidenten  conjectur. 

Ein  vierfaches  verlange  ich:  1)  die  erwfthnung  der  sonne; 
2)  desgleichen  der  sterne;  3)  die  reihenfolge:  sonne,  mond,  steme; 
4)  leichtigkeit  der  vorzuschlagenden  conjectur  —  dinge  von  denen 
mindestens  eines  bei  jeder  der  seitherigen  deutungen  oder  conjec- 
turen  zu  vermissen  war.  setze  man  getrost  nach  glohum  ein  et ^  das 
aber  ausfiel ,  weil  man  ganz  richtig  die  abhängigkeit  des  lunae  von 
jenem  forderte  und  zugleich  die  dichterische  bezeichnung  des  sei  als 
lucens  ghhus  nicht  verstand,  letztere  gewinnt  aber  nunmehr  ihre 
volle  berechtigung  eben  durch  den  klaren  gegensatz  zu  hmae,  von 
demselben  wiederholt  zu  denkenden  regens  glohum  abhftngig.  das 
Titaniaque  astra  ist  nun  so  zu  verstehen,  dasz  damit  zu  dem  bereits 
genannten  besondern  das  allgemeine  hinzugefügt  wird,  worin  ersteres 
nochmals  so  sehr  mit  enthalten  erscheint,  dasz  es  sein,  wie  uns  Lade- 
wig belehrt,  streng  genommen  ihm  allein  gebührendes  mythologi- 
sches epitheton  auf  den  gesamtbegriff  ausdehnt.  Über  den  hier  vor- 
liegenden gebrauch  des  que  bemerkt  Weissenbom  zu  Livius  I  2,  3: 
^das  allgemeine  wird  nicht  selten  durch  que  oder  et  ohne  reliqui  an- 
geknüpft.' demnach  ist  unser  vers  lucentemque  glohum  d  lunae  Tita- 
niaque astra  deutsch  wiederzugeben:  *und  den  leuchtenten  ball,  auch 
den  des  mondes ,  überhaupt  die  Titanischen  gestime.' 

Um  der  intention  seines  Werkes  entsprechend  sich  darin  ^die 
ganze  römische  geschieh te  reflectieren'  zu  lassen ,  macht  Verg.  be- 
kanntlich im  sechsten  buche  gebrauch  von  der  seelenwanderungs- 
lehre.  Aeneas  hat  die  animas  superum  ad  lumen  ituras  erschaut, 
woran  sich  als  einleitung  zu  der  anschlieszenden  theorie  v|.  710 
— 723  ein  wechselgesprftch  zwischen  Aeneas  und  Anchises  reiht. 
dasselbe  eröffnet  sich  mit  der  mitteilung:  horrescü  visu  suhito 
caumsque  requirit  inscius  Aeneas^  quae  sint  ea  flumina  usw.  darauf 
folgt:  tum  pater  Anchises:  animac  usw.  den  abschlusz  bilden,  auf 
die  frage  de.s  erstaunens  über  das  in  kürze  von  Anchises  mitgeteilte, 
aus  dem  munde  des  Aeneas  die  werte :  dicam  .  .  suscipU  Anchises 
usw.  wir  sehen,  es  hegleitet,  enti<prechend  dem  allgemeinen  epischen 
brauch,  die  jedesmalige  rede  ein  vermerk,  wer  der  Sprecher  ist.  wie 
äteht  es  dagegen  bezüglich  jenes  auüdruckes  des  erstaunens  seitens 
des  Aeneas V  da  heiszt  es,  ohne  jede  Vermittlung  an  Anchises  vor- 
ausgehendes wort  anschlieszend : 

0  pater,  anne  aliquas  ad  cadum  hinc  ire  putandum  est 

720  suhlimis  animas  itcrumquc  ad  tarda  reverti 
Corpora?  quae  luds  miseris  tam  dira  cupido? 
dann  folgt  jenes  obige  dicam  usw.  mit  seinem  regelrechten  suscipU 
Anchises,  durfte  man  sich  hier  wirklich  etwa  bei  dem  gedanken  be- 
ruhigen, aus  dtm  o  pater  erfahre  der  leser  ja,  dasz  der  eprecber 
Aeneas  sei?  wir  glaubten  hier  der  mahnung  Bentleys  eingedenk  sein 
zu  sollen:   ^noli   itaque  librarios  solos  venerari,  sed  per  te  sapere 


ThMaurer:  zu  YergiliixB  Aeneis.  641 

aude.'  sehen  wir  uns  den  tezt  nnserar  stelle  genauer  an:  opakr^ 
anne  aliquas  ad  caelum  hinc  treptäandum  est  suibUmia  animas  Uerum- 
que  ad  tarda  reverti  corpara?  nun,  das  anne^  an  sieh  nicht  gerade 
häufig,  begegnet  bei  Yerg.  auszer  an  der  unsem  nur  noch  an  einer 
einzigen  stelle,  VI  864.  und  richtig ^  auch  dort  folgt  unmittelbar 
das  indefinite  aliquis:  guis,  paier^  tZfe,  virum  ^  sie  camiiaiur 
euntem?  ßius  anne  aUguis  magna  de  stirpe  nepcftwm?  aber  freilich 
mit  ganz  anderm  rechte:  steht  es  doch  dort  in  seinem  ursprünglich- 
sten sinne  als  alius  quis.  wie  aber  an  unserer  stelle?  gilt  är  sie 
nicht  Eilend t-Seyffert  §  308  anm.  1:  ^da  die  frage  mit  an  eine 
rhetorische  ist  .  .  und  .  .  negativen  sinn  hat,  so  müssen  in  ihr  die 
pronomina  und  adverbia  indefinita  gebraucht  werden ,  welche  sonst 
nach  einer  negation  folgen  ^  also  quisguam^  til^usw.'?  oder  wo 
soll  der  grund  gefunden  werden,  dasz  von  den  subUmes  amrnae  (über 
diese  Verbindung  nachher)  nur  aUquae  jene  für  Aeneas  befremdliche 
luds  dira  cupido  empfinden?  wozu  werte  verlieren?  man  setze,  in 
kommata  eingeschlossen,  an  stelle  von  anne  aUguas  vielmehr 
ÄeneaSj  in  gedenken  dazu  zu  ergänzen  aU.  der  kluge  abschreiber 
verband  es  mit  o  pater  und  half  dem  resultierenden  unsinn  ab  durch 
ein  kühn  conjiciertes  anne  aU^MS. 

Nun  noch  ein  wort  über  siublimis.  auch  hier  erscheint  es  mir 
rätselhaft,  wie  im  chorus  ein  Heyne,  Ladewig,  Oossrau  die  nächst- 
liegende, zugleich  dem  sinne  nach  vortreffliche  Verbindung  mit 
animas  verschmähen  konnten  zu  liebe  der  mit  tre. '  ist  das  wort  bei 
dieser  letztern  Verbindung,  wo  das  ire  bereits  seine  bestimmung  durch 
ad  caelum  erhalten  hat,  völlig  müszig,  so  verliert  gleichzeitig  durch 
seine  abtrennung  von  animas  das  erstaunen  des  Aeneas ,  wie  es  sich 
in  der  partikellosen  frage  (s.  Ellendt-Seyffert  §  306*^  anm.  3)  verrät, 
die  so  wünschenswerte  sofortige  begründung.  sublimis^  mit  cmimas 
verbunden,  ist  eben  der  dichterisch  gemodelte  gegensatz  zu  dem 
epitbeton  tarda  bei  corpora,  vgl.  etwa  Schillers  'die  schwarzen  und 
die  heitren  loose'.  zu  der  bedeutung  des  wertes  an  unserer  stelle 
vgl.  Ov.  ex  Pento  III  3,  103  mens  tua  suhlimis  supra  genus  eminet 
ipsum ;  auch  Aen,  XII  788  gehört  hierher. 

In  den  versen  zu  ehren  des  Augustus  VI  792 — 806,  für  die 
Heyne  das  bewundernde  wort  bat  'in  Augusto  vero  repraesentando 
se  ipsum  superavit  poeta',  stört  noch  immer  eine  reihe  von  Unklar- 
heiten oder  misverständnissen  den  vollen  genusz  der  dichtung.  so* 
viel  ich  sehe,  hat  man  bisher  allgemein ,  als  npuDrov  vpcOboc,  das 
Latio  V.  793,  sei  es  als  ablativ  sei  es  als  dativ,  mit  condet  verbun- 
den, ohne  zu  beachten,  dasz  damit  eine  ganz  zweckwidrige  ein- 
scbränkung  des  zu  feiernden  Verdienstes  des  Augustus  gemacht  wird, 

^  auch  Serviiis  verbindet  sublimis  mit  animas.  wie  gegen  desselben 
deutuDg  ^  animas  subtimium  Koch  mit  recht  erinnert,  dasz  dadurch  'die 
allgemeine  frage  beeinträchtigt'  wird,  so  übersieht  er,  dasx  von  dem- 
selben vorwürfe  auch  das  von  ans  nun  beseitigte  aUqua$  betroffen  wird. 


642  ThMaurer:  zu  Vergilius  Aeneis. 

während,  wie  sich  zeigen  wird,  das  wort  gerade  der  entgegengesetz- 
ten absieht  dienen  soll,  schon  die  cäsur  hätte  davor  behüten  sollen, 
mit  Umgehung  nemlich  der  natürlichsten ,  der  männlichen ,  hat  man 
sich  für  die  dreigliedening  des  verses  durch  hephthemimeres  und 
trithemimeres  entschieden ,  obgleich  der  letztem  doch  der  sinn  in 
jedem  falle  schnurstracks  zuwiderläuft,  setze  man  yielmehr  zu  leich- 
terem Verständnis  nach  rurst^  komraa  und  verbinde  LcUio  statt  mit 
condet  mit  regnata  als  dativus  commodi  oder  ethicus,  was  der  fassang 
als  ablativus  loci  vorzuziehen  sein  wird;  beziehe  regnata  nicht,  wie 
allgemein  irrig  geschehen ,  auf  arva  sondern  auf  aurea  saecula ,  und 
verbinde  endlich  das  super  et  Garamantas  et  Indes  nicht ,  wie  trotz 
eingestandener  daraus  resultierender  zweifei  ausnahmslos  beliebt 
worden  ist,  mit  proferet  imperitim^  sondern  vielmehr  mit  dem  vor- 
ausgehenden, und  nun  sehe  man  zu,  wie  viel  damit  gewonnen 
worden. 

Nicht  nur  hat  Caesar  Augustus  das  goldene  Zeitalter  unter  Satur- 
nus  erneut :  rurstis  condet ,  nein ,  der  segen,  dessen  unter  jenem  sich 
nur  Latium  erfreute  (vgl.  VIII  319 — 325),  unter  Augustus  werden 
dessen  teilhaftig  auch  die  Garamanten  und  Inder,  ein  deutlicher  hin- 
weis  auf  die  wiederholte  schlieszung  des  Janustempels  im  j.  730/24/ 

Zugleich  wird  damit  eine  weitere  Schwierigkeit  gehoben,  erst 
jetzt  tritt  das  wort  Heynes  in  sein  recht:  'iam  debebat  sequi  profert 
Imperium  —  et  super  (?)  eam  terram^  quae  iacet  extra  sdis  vias.  sed 
inversio  facta  entbusiasmum  adiuvat.'  nun ,  diesem  'enthusiasmus' 
war  seither  ein  arges  hemmnis  bereitet,  so  lange  das  super  et  Gara- 
mantas et  Indos  ?n  proferet  gezogen  den  sinn  schlosz  und  nun  das  iacet 
extra  sidera  tellus  gar  kein  unterkommen  mehr  hatte,  so  hielt  denn 
auch  Peerlkamp  trotz  der  Hejneschen  Versicherung  statt  des  iacet  die 
conjectur  quaque  geboten,  wie  anders  steht  nun  diesache!  hebt  der 
satz  an  mit  proferet  imperium^  dann  ist  die  einzige  sich  meldende 
frage  die  des  wohin?  und  ist  es  nun  nicht  der  lebendigkeit  der 
dicbteririchen  darstellung  entsprechend,  wenn  Verg.  statt  nüchtern 
fortzufahren  in  tellurem^  quae  .  .  abbricht,  um  einzusetzen:  iacet 
extra  sidera  tellus ,  nemlich  in  quam  proferet  imperium  —  ? 

Was  den  sinn  dieser  worte  und  der  anschlieszenden  betrifft,  so 
erscheint  erstaunlich,  dasz  Ladewig  meint:  ^der  ganze  satz  ist  nur 
poetische  ausscbmUckung  des  gedankens,  dasz  Augustus  die  faer- 


*  hier  mit  Hcyne-Wagner,  denen  auch  Gossraii  beipflichtet,  an  die  in 
d.'is  j.  734  20  fallende  gcBandtschaft  der  Inder  wahrend  der  anwesenheit 
des  Augustus  in  Syrien,  oder  an  die  auslieferung  der  römischen  feldzeichen 
durch  Phraatcä  in  demseli'cn  Jahre  zu  denken  (gegen  letzterei  streitet 
auch  huius  in  adventum  tarn  nunc  Caspia  regna  horrent^  womit  das  Parther- 
rcicli  gemeint  ist),  oder  mit  Gossrau  an  den  sieg  des  L.  Cornelias  Balbos 
über  die  Garamanten,  wegen  dessen  derselbe  den  17  mHra  786/19  triom- 
phierte,  scheint  sich  um  deswillen  zu  verbieten,  weil  kaum  ansonehmen 
ist,  dasz  obige  stelle  nicht  bereits  gedichtet  war,  ah  Vvrg.  unser  bnch 
dem  Augustus  vorbis,  also  a.  731/2S  oder  732/22.  das  et  vor  GmrammUaa 
steht  im  sinne  von  'auch',  vgl.  I  200.  201.  203  na. 


ThMaurer:  sn  Yergilins  Aeneie.  64S 

Schaft  Roms  über  die  grenzen  der  den  Bömem  bekannten  weit  im 
Osten,  Süden  und  westen  ausdehnen  werde',  nachdem  bereits  Heyne- 
Wagner  ,  wie  im  anschlusz  Oossrau  die  zu  suohende  nShere  bezug- 
nahme  richtig  erkannt  hatten,  im  gegensatz  zu  des  Servius  sigmfir 
cot  autem  Maurorum  Äähiopiam  heiszt  es  bei  Heyne  'respioi  autem 
a  Marone  Candacen  victam  et  Aethiopiam  supra  Aegyptum  a 
C.  Petronio  copiis  peragratam  (a.  730/24)  probabile  fit.'  während 
nemlich  zu  jener  deutung  des  Servius  in  der  Zeitgeschichte  jeder 
erforderliche  anhält  fehlt  (vgl.  Weidner  zu  I  19  f.  'natürlich  Mau- 
retanien konnte  Verg.  überhaupt  noch  nicht  erwähnen,  da  es  erst 
unter  dem  kaiser  Claudius  römische  provinz  wurde') ,  musz  es  für 
den  dichter  durchaus  zulässig  erscheinen,  wenn  er  eine  besonders 
pathetische  bezeichnung,  die  eigentlich  nur  einem  teile  zukommt, 
hier  der  Maurarum  Äähiqpia  (vgl.  IV  180  ff.),  als  periphrase  des 
ganzen  gebraucht ,  das  selbst  wieder  der  sache  entsprechend  einen 
andern  teil  vertritt ,  hier  die  Äethiopia  supra  Aegifphim.  der  name 
also,  der  unserm  dichter  auf  den  lippen  schwebt,  den  er  mit  iacd 
extra  sidera  teUus  usw.  periphrasiert,  er  heiszt  AetMapia.^ 

Bei  beanstandung  der  verse  802  u.  803  hat  man,  an  den  Wort- 
laut tantum  teUuris  obivU  sich  klammernd,  die  parallele  zwischen 
Augustus  einer-  und  Hercules  und  Liber  anderseits  eben  nur  auf 
das  damit  markierte  tertium  comparationis  eingeschränkt,  während 
mindestens  gleich  wichtig  die  verwandte  bedeutung  der  beider- 
seitigen Züge  in  ihrer  tendenz  erscheint,  was  auch  Ladewig,  bezüg- 
lich des  wie?  allerdings  wenig  glücklich,  auszuführen  versucht  hat. 
während  darum  auf  jenes  tantum  teUuris  an  sich  nur  das  fixerü  aeri- 
pedem  cervam  licet  (^mochte  er  die  erzhufige  binde  bannen',  indem  er 
sie  nemlich  einholte)  zu  beziehen  ist  —  soll  dies  doch  erst  im  lande 
der  Hyperboreer  geschehen  sein  —  so  verlegt  der  dichter  im  folgen- 
den den  Schwerpunkt,  der  nun  einmal  auf  das  pacarü  fällt,  zielend 
auf  den  sieg  über  die  Cantabrer  (vgl.  Hör.  ca.  lU  14,  1  ff.  HercuUs 
riiu  modo  diduSy  o  plebs^  tnorte  venalem  petiisse  kmrum  Caesar 
Hispana  repetit  penates  victar  ah  ora  a.  730/24) ,  zum  andern  auf 
das  tremefecerit  (vgl.  huius  in  adventmn  horreni  Oaspia  regna  usw.). 
der  vergleich  mit  Liber  endlich  zielt,  wenn,  wie  wir  wahrschein- 
lich fanden,  schon  732  gedichtet,  auf  die  vorerst  geplante  reise  des 
Augustus  nach  Asien  (wofür  ebenfalls  d&%  huius  in  <idventumgeltenä 
gemacht  werden  mag),  nach  den  umständen  muste  sich  dieselbe 
durchaus ,  worauf  ich  das  viäor  in  Verbindung  mit  pampineis  iuga 


^  es  mag  bei  dieser  gelegenheit  auf  eioe  weit  gröszere  freiheit  im  ge- 
brauch der  periphrase  aufmerksam  gemacht  sein,  deren  sich  Schiller  in 
seinem  'berglied'  bedient,  die  ^königin  hoch  und  klar'  ist  keine  andere 
als  die  ^seit  #n'igkeit  verschleierte  Jungfrau'  im  Teil,  die  der  dichter 
zur  krönung  seines  landschaftlichen  gemäldes  hier  ebenso  frei  wider 
die  geographische  Wirklichkeit  znr  stelle  beschwört,  wie  bekanntlich 
im  'grafen  von  Habsbnrg'  wider  die  historische  den  ^weinachenkenden 
Böhmen'. 


644  ThMaurer:  zu  Vergilius  AeoeiR. 

fledit  hahenis  usw.  beziehe ,  'als  zu  einem  triumphzng  des  Caesar 
Augustus  anlassen. 

In  dem  et  duhiiamus  adhuc  virtute  (ich  ziehe  vor  virtuti)  exten- 
dere  vires,  wogegen  das  virtutem  extendere  f actis  gar  matt  erscheint, 
erkenne  ich  dieselbe  beabsichtigte  paronoraasie  wie  in  1 117  e^  rapidus 
vorat  aequore  vortex  (sonst  bei  Verg.  üblich  die  form  veriex\  wie  ich 
in  verwandtem  sinne  an  anderm  orte  die  inschrift  auf  dem  Abasschild 
hergestellt  habe  Aeneas  haec  de  Danais  vidoribu{s)  (beabsichtigter 
archaismus)  vidor  (nicht  arma). 

Mag  zum  schlusz  das  gewonnene  resultat  durch  abdruck  der 
ganzen  stelle  ins  licht  treten : 

hie  vir,  hie  est,  tibi  quem  protnitti  sa^us  audis, 

Augustus  Caesar,  divi  genus,  aurea  condet 

saecüla  qui  rursus ,  Lotio  regnaia  per  arva 

Saturno  quondam,  super  et  (raramavUas  et  Indes; 

proferet  imperium  —  iacet  extra  sidera  teüus ,  796 

extra  anni  sölisque  vias ,  uhi  cadifer  Allans 

axem  umero  torqud  stellis  ardentihus  aptum. 

huius  in  adventum  iam  nunc  d  Caspia  regna 

responsis  horrent  divom  d  Maeotia  teOMS 

et  septemgemini  turhant  trepida  ostia  NiU,  800 

nee  vero  Aleides  tantum  teUuris  öbivit, 

fixerit  aeripedem  cervam  licd  aut  Erymanthi 

pacarit  nemora  et  Lernam  tremefecerit  arcu , 

nee  qui  pampineis  vidor  iuga  fledit  hahenis 

Liher,  agens  celso  Nysae  de  vertice  tigris,  805 

d  duhitamus  adhuc  virtuti  extendere  vires  ^ 

aut  mdus  Ausonia  prohihet  consistere  terra? 

Zu  den  worten  am  schlusz  des  sechsten  buches  v.  898  his  ibi 
tum  natum  Anchises  unaque  Sibyllam  prosequitur  didis  lesen  wir  bei 
Peerlkamp  (derselbe  folgt  der  lesart  uhi  st&it  ibi):  ^quibus  dictia? 
ultima  Anchisae  dicta,  quae  hnec  appellari  possunt,  fuere  fungar  inani 
munere,  sed  post  ea  locutus  est  alia  multa,  quae  ipsa  Vergilius  non 
retulit,  sed  brevi  scntentia  niemoravit.  \vdSi  aliquem  didis^verhis pnh 
sequi  d  emittere  significat  aliquem  postremum  sälutare,  eumqoe  verbis 
compellatum  dimittere.  his  didis  Aenean  prosecutus  est,  omnino 
requirit  ipsa  dicta,  quibus  Anchises  usus  fuisset.'  dem  billigen  ver- 
suche Peerlkamps  selber,  jene  berechtigte  frage  'quibus  dictis?'  fein 
zu  umgehen  durch  ein  conjiciertes  hie,  uhi  tum  natum  Anchises  una- 
que Sibyllam  prosequitur  didis,  portaque  emittit  ehuma:  Hie  viam 
secat  ad  naves  sodosque  revisit  —  dieser  conjectur  hat  bis  jetzt  noch 
niemand  beipflichten  wollen,  ebenso  wenig  freilich  ist  es  gelungen 
die  befriedigende  antwort  auf  Peerlkamps  frage  zu  finden,  oder  wer 
möchte  sich  etwa  bei  der  Ladewigs  beruhigen :  'das  his  didis  recapi- 
tuliert  die  hauptsacbe,  die  vorhergehenden  gespräche'?  dssprasequi 
verbis  gibt  jenen  fraglichen  worten  einen  ganz  bestimmten  Charakter, 


ThMaurer:  zn  VergiliuB  AeneiB.  646 

was  bereits  Peerlkamp  betont  hat  und  die  stelle  Cio.  m  Oai.  11 1  be- 
stätigt: Catüinam  . .  vd  eiedmus  vd  emisimus  vd  ipBum  egredie9ikm 
verhis  prosecuti  sumus.  dazu  wollen  die  Vorhergebenden  gesprftcbe' 
durchaus  ungeeignet  erscheinen,  nein,  unter  allen  umst&nden  mflssen 
wir,  was  ich  auch  Peerlkamps  ooi^ectur  entgegenhalte,  Yon  dem 
dichter  für  diese  begegnung  seines  beiden  mit  der  seele  seines  yaters 
Anchises  in  der  unterweit  irgend  ein  bestimmtes  sobluszwort  for- 
dern ;  womit  entweder  der  söhn  vom  yater  oder  umgekehrt  abschied 
nahm,  unsere  stelle  zeigt,  welchem  yon  beiden  der  dichter  dieses 
schluszwort  zugedacht  hatte ,  wie  das  prasequi  dasselbe  zugleich  als 
ein  geleitswort  charakterisiert,  fragen  wir  uns  selbst,  welcher  art 
jenes  abschlieszende  geleitswort  billigerweise  sein  mnste.  entweder 
konnte  es  sich  an  das  persönliche  yerhftltnis  anschlieszen,in  dem  yater 
und  söhn  zu  einander  stehen,  entsprechend  dem  begrttszungsworte 
V.  687  venisti  tandem  usw.  mit  derartiger  sentimentalitftt  würde  der 
dichter  hier  entschieden  hint-er  sich  selbst  zurückgeblieben  sein :  gilt 
doch  gerade  für  unsem  gesang  jenes  bewundernde  wort  Nägelsbaohs 
über  Vergilius  ^die  ganze  Aeneide  ist  das  geistreichste  yaticinium 
post  eventum,  ein  reflez  der  gesamten  grOsze  Boms,  ein  nachhall 
seiner  ganzen  geschichte'.  ja,  gerade  diesen  als  einzige  anderweitige 
möglicbkeit  sich  darbietenden  Charakter  des  patriotischen  pathos  muste 
am  zweckentsprechendsten  das  geforderte  geleitswort  zeigen,  ent- 
weder also  haben  wir  anzunehmen,  ein  solches  wort  sei  durch  irgend- 
welchen Zufall  yerloren  gegangen,  oder  aber  es  sei  an  unrichtige 
stelle  geraten,  nun  gibt  es  in  der  that  in  unserm  gesange  in  un- 
mittelbarer nähe  ein  wort  des  Anchises,  das  zu  einem  solchen  geleits- 
wort in  dem  angedeuteten  sinne  wie  gemacht  scheint,  und  noch  mehr, 
dasselbe  begegnet  zugleich  an  einer  stelle,  an  der  es  dermalen  nur 
höchst  befremdlich  und  störend  erscheinen  musz.  Verg.  läszt  die  auf- 
zählung  der  beiden  Boms  durch  Anchises  mit  der  das  interesse  seiner 
nächsten  leser  am  unmittelbarsten  berührenden  nennung  des  sohnes 
der  Oetavia,  des  jungen  M.  Claudius  Marcellus  schlieszen,  den 
Augustus  zu  seinem  nachfolger  bestimmt  hatte,  und  der  zu  den 
schöusten  boffnungen  berechtigend  kaum  19  jähr  alt  in  Bajae  ge- 
storben war.  der  einführung  dieses  nachrufes  dient  der  preis  seines 
ahns  M.  Claudius  Marcellus,  des  siegers  über  die  iusubrischen  Gallier 
wie  über  Hannibal.  nun  leitet  der  dichter  diese  ganze  partie  ein 
mit  den  werten  sie  pater  Anchises  cUque  haec  miratUünts  addit, 
oöenbar  zielt  doch  jenes  sie  auf  dasselbe,  was  anlasz  zu  dem 
mirari  wird,  dem  dann  ein  verwandtes  durch  unser  addit  angereiht 
werden  soll,  angereiht  aber  wird  ein  held  der  römischen  ge- 
schicbte :  was  darum  billigerweise  als  vorausgehend  zu  erwarten  wäre, 
das  ist  die  aufzählung  römischer  beiden,  diese  aufzählung  erscheint 
aber  dermalen  in  unserm  texte  ganz  unvermittelt  unterbrochen  durch 
das  berühmte  wort  v.  847  —  53  excudent  <üii  usw.,  während  die  auf- 
zählung der  römischen  beiden  schlosz  mit  der  nennung  des  groszen 
Fabius  Cunctator  und  dem  anachronismus  aus  "RnmM^  wms  gm  nohis 


646  ThMaurer:  zu  Vergüius  Aeneie. 

cunctando  restiiuis  rem.  wie  ferner  jene  herlichen  worte  über  die 
mission  des  Bömertums  in  ihrem  unvermittelten  anschlusz  an  die 
aufgezählten  beiden  dermalen  jeder  sie  ins  gehörige  licht  stellenden 
folie  entbehren ,  so  machen  sie  so  sehr  den  eindruck  eines  schlasz- 
wortes ,  dasz  der  anschlieszende  nachruf  auf  Marcellus  wie  ein  hors 
d'oeuvre  erscheint,  hat  man  doch  im  Widerspruch  mit  den  ausdrück- 
lichen Zeugnissen  des  Servius  und  Donatus  denselben  als  erst  nach- 
träglich hinzugedichtet  annehmen  wollen,  wie  Heynes  wort  lehrt 
'videri  potest  totus  locus  reliquo  iam  carmine  absolute  insertus  esse; 
nee  tamen  video,  unde  viri  docti  hoc  tamquam  exploratum  satis 
tradere  possin  f.  wenn  es  sich  endlich  auf  der  einen  seite  empfahl, 
für  die  einführung  des  brennenden  zeitinteresses ,  des  todes  des 
jungen  Marcellus,  neu  anzuheben,  wie  es  mit  dem  sie  pater  Änchises 
atque  haec  mirantihus  addü  geschieht,  so  wurde  wieder  der  za- 
sammenhang  am  besten  gewahrt,  wenn  auf  Fabius,  den  schild  Roma 
gegen  Hannibal,  unmittelbar  das  schwort  desselben  M.  Claudias 
Marcellus  genannt  ward,  die  frage  wäre  jetzt:  wo  ist  unserm  ent- 
deckten geleitswort  seine  stelle  anzuweisen  ?  hätten  wir  es  mit  einem 
Prosaiker  zu  thun,  so  bliebe  nichts  übrig  als  dasselbe  hinter  v.  898 
einzureihen,  so  dasz  his  didis  prosequüur  ankündigend  voraosgienge. 
ich  gestehe,  es  geschähe  damit  der  bedeutsamkeit  jenes  wortes,  die 
doch  in  erster  linie  unserm  dichter  selber  wird  zu  gemüt  gegangen 
sein ,  wie  es  den  lesenden  Jahrhunderten  geschehen ,  schwerer  ein- 
trag;  sie  giengen  im  ruhigen  flusse  des  epischen  tones  einfach  ver- 
loren ,  statt  sich  nach  ihrer  natur  als  markstein  hervorzuheben,  ein 
wort  von  solchem  gewichte  wollte  durchaus  auf  den  rhetorischen 
leuchter  gestellt  sein,  wir  geben  ihm  die  stelle  nach  ▼•  892.  der 
dichter  hat  des  Anchises  preiäende  aufzählung  der  gr^^szen  der  römi- 
schen geschichte  im  ton  des  berichtes  zusammenfassend  abgeschlossen 
mit  den  werten  exitn  hetta  viro  memorcU  .  .  et  quo  quemgue  modo 
fugiatque  feratque  lahorem.  da  läszt  er,  ohne  uns  zunächst  zu  sageo, 
wo  wir  uns  befinden,  unter  welchen  umständen  es  gesagt  wird,  den 
alten  mit  emphase  das  scbluszwort  anheben ,  dem  söhne  damit  die 
parole  des  Römertums  auf  den  weg  gebend :  excudeni  aiii . .  tu  regere 
imperio  populosy  Romane^  memento  usw.  im  tone  der  parenthese  folgt 
dann  das  wo?  sunt  geminae  Somni  portae  usw. ,  worauf  mit  kräftig 
anhebendem  his  ibi  tum  v.  897  in  richtiger  abstufung  das  bis  jetzt 
noch  ausstehende  gedankenverhältnis  nachgeholt  wird,  mit  dem  his 
didis  prosequiiur  eben  auf  das  obige  emphatische  geleitswort  ver- 
weisend, es  bliebe  noch  die  frage,  was  etwa  schuld  gewesen,  daat 
unser  wort  an  unrechte  stelle  geraten,  man  könnte  an  das  oben 
eitler te  wort  Heynes  erinnern,  fand  wirklich  eine  solche  nachträg- 
liche einschiebung  statt,  dann  läszt  sich  recht  wohl  denken,  wie 
zugleich  ein  stück  des  bereits  zuvor  vollendeten  bei  dieser  ein- 
schiebung mitgieng.  dann  schlosz  ursprünglich  v.  889 — 93  unmittel- 
bar an  V.  847;  daran  weiter  unser  geleitswort  v.  848—54;  endlich 
daran  mit  v.  893  der  schlusz  des  gesanges.  eingeschoben  wurden  dann 


ThMaurer:  zn  Vergilias  Aeneis.  647 

später  V.  855 — 88,  wobei  durch  zufall  irriger  weise  v»  848 — 54  mit- 
gieng.  doch  gestehe  ich  dieser  annähme  um  deswillen  mich  zu  Yersagen, 
weil  auch  ich  bezüglich  der  berichte  über  die  Wirkung,  welche  der 
dichter  gelegentlich  der  Vorlesung  unseres  buches  im  j.  731  oder  732 
mit  der  auf  unsem  Marcellus  bezüglichen  stelle  bei  Angustus  und 
Octavia  hervorgerufen  habe,  es  mit  Peerlkamp  halte  *et  cur  Servius 
et  Donatus  talia  finzissent?'  vielmehr  vermute  ich,  man  las  nur  mit 
dem  äuge  und  verstand  so  nicht  das  rhetorische  pathos',  meinte 
darum  die  werte  des  Anchises ,  in  der  oratio  recta  gesprochen ,  der 
V.  846  endigenden  rede  desselben  als  schluszwort  anreihen  zu  sollen. 
die  daraus  erwachsenden,  oben  aufgezeigten  unzuträglichkeiten  liesz 
man  in  der  freude  der  gefundenen  sohlimmbesserung  einfach  auszer 
betracht.  dem  Verfasser  wolle  man  zu  gute  halten ,  wenn  er  in  der 
freude  über  den  nunmehr  in  seiner  vollen  Schönheit  hergestellten 
schlusz  unseres  gesanges  sich  an  einer  metrischen  Übertragung  des- 
selben versucht  hat,  die  er  hier  vorzulegen  wagt: 

80  der  vater  Anchises.    sie  staunen  noch,  da  er  jetzt  fortfährt:         864 

^sieh,  wie  im  spolienscbmack ,  dem  stolzesten,  held  Maroellos  855 

schreitet,  in  schatten  sie  stellend  die  Sieger,  die  übrigen  allel 

er  isfs,  der  dem  römischen  Staat  aas  kriegen  nnd  anfrahr 

wieder  zu  stand  hilft,  nieder  die  Poener ,  den  meuternden  Galler 

reitend,  als  dritter  die  wAffen  des  feinds  weiht  vater  Qoirinus.' 

und  Aeneas  anjetzt  —  eine  Jünglingsgestalt  von  seltner  860 

schöne  SHh  er  geben  zumal,  in  glänzenden  waffen, 

aber  die  stirn  umwölkt,  gesenkten  blickes  das  äuge  — 

^wer  doch,  vater,  ist  der  im  geleit  des  wandelnden  beiden? 

ist  es  ein  söhn?  ist*s  einer  vom  hohen  stamme  der  enkel? 

welch  ein  stattlich  gefolge!  welch  bild  von  groszheit  er  selber!  865 

aber  es  schlägt  ihm  ums   haupt  mit  nächtlichen  schwingen  die  traaer.' 

da  ^beginnt  mit  entquelleudeu  thränen»  vater  Anchises: 

^o  mein  söhn,  lasz  schweigen  zu  herben  web's  mich  der  deinen! 

nur  ihn  zeigen  will  das  geschick  —  doch  länger  auf  erden 

dasz  er  verweile,  verbeut^s.     zu  grosz  each  war*  er  erschienen,  870 

götter,  der  römische  stamm,  nennt*  ihn  er  dauernd  sein  eigen. 

welches  klagen  des  volks  wird  einst  bei  der  Stadt,  der  gioszen, 

steigen  von  Mavors  plan!     wirst  schauen  du,  Tiberinas, 

welch  ein  begängnis,  nun  du  dem  frischen  hügel  vorbeifliesztl 

nie  wird  ein  söhn  vom  ilischen  stamm  den  latinischen  ahuherm         875 

schwellen  das  herz,  das  hoffende,  so;  mit  gröszerem  stolze 

bat  niemals  das  Komnlische  land  den  pflegling  getragen. 

ach,  der  frommheit!  der  vätertreu!  des  kriegerischen  armes! 

straflos  war*  ihm  keiner  zum  kämpf  entgegen  getreten 

je,  sei's  dasz  er  zu  fusz  anschritt  zu  begegnen  dem  feinde,  880 

mocht*  in  die  weichen  den  sporn  er  dem  hengst,  dem  schänmenden,  bohren. 

^'  bezüglich  dieser  gefahr  des  lesens  mag  hier  an  ein  bedeutsames 
wort  JGFichtes  erinnert  werden:  'das  schreiben  ist  bei  den  alten  er- 
funden worden,  lediglich  um  die  mündliche  mitteilang  denen  zu  er- 
setzen, die  zu  ihr  keinen  zagang  haben  konnten;  alles  geschriebene 
war  zuerst  mündlich  vorgetragen  and  war  abbildung  des  mündlichen 
Vortrags;  nur  bei  den  neuem,  besonders  seit  erfindung  der  baohdracker- 
kunst  hat  das  geschriebene  begehrt  für  sich  etwas  selbständiges  zu 
sein,  wodurch  unter  anderm  auch  der  stil,  dem  das  lebendige  oorrectiv 
der  rode  entgieng,  in  solchen  verfall  geraten.' 


648  Albert  Müller :  zu  Aristopbanes  [Acb.  988]. 

armer  knabe,  gäb^  es  ein  wie,  zu  brechen  das  fatam! 

du  wirst  unser  Marcellus  sein!     reicht  lilien  mit  vollen 

bänden!  laszt  rosen  micb,  purpurne,  streun,  die  seele  des  enkeli 

dasz  icb  mit  solchen  f^aben  sie  ehre,  des  nichtigen  dienstes 

waltend!'  —  also  schweifen  sie  rings  in  der  gegend  hierhin, 

dorthin,  durch  das  gefild  der  schattenweit,  alles  durchmusterod. 

da  Anchises  den  söhn  vom  einen  zum  andern  so  führte 

ihm  entflammend  den  sinn  mit  begier  zukünftigen  rnhmes, 

lehrt  er  anjetzt  den  helden  die  kriege,  die  fürder  zu  führen,  MO 

lehrt  ihn  Laurentums  Völker,  die  Stadt  des  königs  Latinus, 

wie  so  mancher  gefahr  er  entrinne ,  andre  bestehe.  89t 

^lebensvoller  gebild  aus  erz  zu  schmieden  verstehen  —  S47 

sei^s  drum  —  andere,  so  lebendige  züge  dem  marmor 

es  zu  entlocken;  des  redners  kunst  handhaben  sie  besser; 

zeichnet  die  bahnen  des  himmels  ihr  stift;  sie  kennen  die  Sterne  —  850 

du,  zur  weltlierschaft,  o  Römer,  dich  wisse  berufen  — 

dazu  ward  dir  die  gftbe  zu  lehren  frieden  und  sitte; 

Schonung  besiegten!    zu  boden  die  hoffart !    dies  deine  losung!' 

zwei  sind  der  titore  des  traums:  das  eine  aus  hom,  so  heiszt  es, 

wo  sich  der  handliche  ausgang  beut  wahrhaftigen  schatten; 

blendendes  elfenbein  ist  der  stoff  des  schimmernden  andern, 

durch  doch  lassen  die  manen  nur  tenschende  träume  nach  oben. 

hier  war^s,  wo  mit  solchem  geleitRwort  jetzo  Anchises 

söhn  und  Sibylle  zugleich  eutläszt  durch  die  elfenbeinpforte. 

jener  nimt  seinen  weg  zu  den  scliiffen ,  die  freunde  zu  finden: 

bald  dann  trUgt's  ihn  die  küste  entlang  zum  hafen  Gactas.  900 

Mainz.  Theodor  Mauber. 


(35.) 

ZU  ARISTOPHANES. 


Aub  einer  von  mir  vor  mehreren  jähren  aus  altem  intere8ee*an 
längst  verlassenen  Studien  vorgenommenen  vergleichung  des  codex 
Bavennas  mit  dem  gerade  zur  Verfügung  stehenden  Leipziger  dmck 
der  Elmsleyschcn  ausgäbe  der  Acbarner  teile  ich  hier  anlftszlich  des 
aufsatzes  von  WPökel  oben  k.  247  das  folgende  mit,  da  es  bei  der 
höchst  auffallend(>n  thatsache,  dasz  Acb.  988  die  einen  Ka(  T*  oder 
Tai  T*  in\  TÖ  bemvov  im  Bavennas  gefunden  haben,  wfthrend  Her- 
werden aus  derselben  quelle  d7TT€pu)Tai  t*  im  TÖ  bemvov  anführt, 
interessieren  wird  den  Sachverhalt  kennen  zu  lernen,  beide  be* 
hauptungen  sind  berechtigt,  in  der  that  beginnt  die  fragliche  zeile 
mit  Tai  t\  und  zwar  so  dasz  diese  silbe  ohne  bezeichnung  eiser 
lücke  genau  unter  den  übrigen  zeilenan fangen  steht,  hierin  ist  also 
die  ursprüngliche  lesart  der  hs.  zu  erkennen,  vor  dem  läi  stehen 
aber  am  rande  die  buchstaben  ^TTTep*  von  anderer  band  and  in  der 
weise  mit  neuer  tinte  überzogen,  dasz  nur  das  zweite  e  noch  als  alt 
zu  erkonnen  ist.  es  folgt  dann  am  rande  das  wort  ^TTT^pujTC  als  an* 
fang  eines  scholions,  das  zu  entziffern  mir  bei  der  kürze  der  zu  ge- 
böte !<tebenden  zeit  nicht  gelungen  ist. 

Flknsburg.  Albert  Müller, 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISOHE  PHILOLOGIE 

HBRAU8GEGEBBN  VON  ALFBBD  FlBCKBISXN. 


82. 

Zu  DEN  GBIECHI80HEN  TBAOIKEBN. 


Sophokles  El.  636 

^Traipe  bi\  cu  OujüiaO"  f|  ircepoOcd  fioi 

635  TldTKapTT*,  äVQKTl  Tl^b*  ÖTTIüC  XUTnpfouC 

eix&c  dvdcxuj  beijüidruiv  &  vOv  ix<ai. 
Nauck  hält  dvdcxu)  'ohne  zweifei  für  fehlerhaft' :  denn  die  redens- 
art  euxdc  dvacxeiv  lasse  sich  weder  durch  die  annähme  rechtfer- 
tigen, dasz  an  das  x^^P^c  dvacxciv  der  hetenden  (II.  f  318  Xao\  b* 
^pr)cavTO,  OeoTci  bk  x^^P^c  dv^cxov)  gedacht  werde  noch  durch  die 
berufuDg  auf  die  redensart  öpKta  T^jüiveiv,  welche  so  viel  bedeute 
wie  TTOieicOai  öpKia  tili  cqpdria  t^jüivciv.  Nauck  hält  es  also  für  un- 
möglich, dasz  euxdc  dvacxcTv  heiszen  könne  'unter  bitten  die  hSnde 
erbeben',  und  schlägt,  um  einen  passenden  ausdruck  zu  bekommen, 
die  gewaltsame  änderung  vor:  ävaicra  TÖvb'  öirwc  Xuniptoic  edxottc 
dxriXu).  doch  ist  an  unserer  stelle  überhaupt  nichts  zu  ändern:  denn 
die  von  Nauck  in  abrede  gestellte  bedeutung  der  redensart  eöxäc 
dvacx€iv  =»  'betend  die  bände  erheben'  findet  sich  allerdings:  bei 
Kaibel  epigr.  gr.  add.  241»  v.  19  f.  lesen  wir: 

oiivcKa  Kai  npöc  t^kvq  Kai  dv^pac,  oTciv  dv^cxov 

€  U  X  1?|  V  Ö  ÖCIOU ,  T^PjÜl*  ilT^ßT]V  ßlOTf)C. 

auch  Kaibel  findet  diese  redensart  merkwürdig;  er  sagt:  «oTcci 
dv^cxov  traditur.  mirum  est  cöx^v  dv&X^V  (i.  e.  €ÖXO^^  X^^pOiC 
dv^cxov),  non  tarnen  ultra  poetae  artem.»  man  wird  mir  jedoch  zu- 
geben, dasz  die  Sophoklesstelle  und  das  aus  Kaibels  samlung  an- 
geführte opigramm  sich  gegenseitig  stützen ,  und  dasz  femer  Kaibel 
nicht  nötig  hat  das  überlieferte  oTcct  (bzw.  oTciv)  dv^cxov  zu  ändern 
in  Die  ^tt'  dv^cxov,  damit  es  so  viel  sei  wie  iliv  (hrep:  denn  der  dativ 
oici  entspricht  dem  dvaKTt  TUJÖe  bei  Sophokles,  man  vgl.  auch  Eur» 
El.  592  öv€X€  x^pöc,  fiv€X€  XÖTOV,  tei  Xirdc  de  touc  6€odc. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft  10.  48 


650  OHöfer:  zu  den  griechischen  tragikern. 

Oid.  Tyr.  7 

diTU)  öiKaiojv  |Lifi  nap'  ätT^Xidv,  T^Kva, 

dXXuüv  dKOueiv  aÖTÖc  iLb'  dXrjXuOa. 
vergebens  hat  man  versucht  dXXiüV  durch  hinweis  auf  stellen  wie 
Eur.  Or.  532  ti  {iiapTupujv  äXXwv  dKoueiv  bei  ^\  &  t'  eicopdv  näpa; 
Xen.  Kyrup.  I  6,  2  öttuüc  pf)  bi'  äXXuJV  ^PMT]V^UJV  tqc  tuiv  Ocuiv 
cujLißouXiac  cuveirjc,  dXX'  auTÖc  tiTViI)Ckoic  zu  rechtfertigen:  sie 
gehören  nicht  hierher,  ebenso  wenig  lassen  sich  heranziehen  stellen 
wie  Xen.  anab.  I  5,  5.  Thuk.  VII  61.  Od.  a  132.  ß  412.  l  84.  6  40. 
i  193.  367.  Herod.  IV  179:  denn  an  allen  diesen  stellen  werden 
immer  zwei  gegenstände  einander  gegenübergestellt;  an  unserer 
stelle  aber  kann  Oidipus  den  grund  der  opfer  und  des  Wehklagens 
eben  nur  durch  boten  oder  durch  eigne  anschauung  erfahren ;  schliesz- 
lich  verbietet  auch  die  Wortstellung  die  worte  dTY^XuJV  .  .  dXXuiv 
aufzufassen  «=  Won  anderen,  nemlich  von  boten'.  dXXujv  ist  also 
fehlerhaft;  doch  scheinen  die  bis  jet^t  gemachten  Verbesserungsvor- 
schläge den  schaden  noch  nicht  geheilt  zu  haben.  Meineke  schlng 
vor  djLiuiv  «=  djLiuüV ,  Wecklein  dTTÜJV ,  Moriz  Schmidt  schrieb  £cui 
böjLiuüV  für  T^Kva,  dXXuJV,  ORibbeck  endlich  (in  seinem  interpre- 
tationscolleg  über  Soph.  CT.)  vermutete  dXXiuc  ■*  'aufs  geratewohl' 
mit  bezug  auf  v.  333.  1151.  —  Warum,  fragen  wir,  will  Oidipus  sich 
persönlich  nach  den  wünschen  der  hilfeflehenden  und  nach  dem  zweck 
ihrer  versamlung  erkundigen,  nicht  aber  durch  boten  darüber  unter- 
richtet werden  ?  einzig  und  allein  doch  nur  deshalb,  weil  er  in  person 
alles  genauer  und  wahrheitsgetreuer  erfahren  kann  als  durch  die  be- 
richte der  boten,  die  oft  ungenau  und  unzuverlässig  sind:  vgl.  Eur. 
Herakl.  389  fif.  fiKCi  cipdicujn'  'ApTCiov  EiipucGcuc  t*  äva£.  ifib 
viv  auTÖc  elbov  dvbpa  ydp  XP^wv,  öctic  CTpaniTCiv  q^nc*  iwl- 
CTac6ai  KaXuic,  ouk  dtT^^oici  touc  dvavTiouc  öpav.  ich  ver- 
mute daher,  dasz  in  dXXuüV  ein  auf  dyT^^^^v  bezügliches  adjectivam 
stecke,  das  diesem  gedanken  ausdruck  gibt,  und  schlage  für  AAAQN 
vor  AAAQN:  denn  derjenige,  der  geschwätzig  ist,  der  nimt  es  mit 
der  Wahrheit  nicht  genau,  setzt  oft  etwas  hinzu  und  entstellt  die 
thatsachen:  vgl.  Eur.  Hik.  458  ff.  KXaiu)V  t'  &v  fjXOcc,  cl  C€  }ii\ 
*Tr€jLmi€V  TTÖXic  TTcpiccd  cpwvujv  töv  tdp  ÖTTtXov  xpcuiv 
X^EavG*  8c  fiv  idEr)  Tic  ibc  idxoc  naXiv  xu)p€^v  •  tö  Xoittöv  b*  etc 
i\ii\v  nöXiv  Kp^tüv  ficcov  XdXov  cou  nejLiTr^Tiü  tiv*  ättcXov. 
Kjkl.  315  KO|Lii|iöc  T€vrjc€i  Ka\  XaXicTaTOC.  Galenos  II  66  (Kühn) 
'AcKXriTTidbiic  dv|jeucaTO  TTapanXiiciujc  olK^Taic  XdXoic  fiiv 
TÖ  iTpöc6€  ToO  ßiou  Kai  noXXd  noXXdKic  dyicXripaTa  biaXuca^^voic 
unö  iT€piTTf)C  TravoupTiotc  ähnliche  vorwürfe  wie  gegen  die 
boten  werden  oft  auch  gegen  die  ihnen  verwandten  herolde  erhoben: 
Eur.  Hik.  426  ko)liv|jöc  y'  ö  KTipuE  Kai  irapcpTdiiic  Xötiuv.  Herakl. 
292  f.  Tiäci  ydp  oütoc  KrjpuEi  vöjlioc  bic  TÖca  nupToOv  twv  TiTVO- 
fi^vujv.   fr.  1001  del  ttot'  ^ti  CTT^pjiia  KiipuKUJV  XdiXov. 

Euripides  Hek.  449.    der  cbor  der  gefangenen  Troerinnen 
fragt,  ungewis  über  sein  weiteres  Schicksal: 


OHöfer:  zu  den  grieobiaohein  tragikem.  661 

TTOi  1L16  Tdv  jüieX^av  iTop€äc€ic ; 

Tuj  bouXöcuvoc  irpöc  oTkov 

KTii6€Tc'ä9(£o^ai; 
niemand  hat  bis  jetzt  an  dem  aoristns  pass.  KTTiOetca  aastosi  ga« 
nommen ,  trotzdem  sich  kein  einziges  beispiel  dieses  gebrauchea  bei 
den  tragikern  findet  und  anch  die  flbrigen  schriftsteiler  den  aor.  paas« 
von  KTäcOai  gemieden  zu  haben  scheinen,  wenigstens  habe  ich  ihn 
nur  an  zwei  stellen  bei  Thukydides  finden  können  (1 123, 1  od  T^ 
biKaiov  &  Tfji  dTTopicji  ^kti^Ot],  tQ  iTCpiouciqi  diroX^cOai  and  II  86,  4 
Td  jLi^v  KttTd  noX^^ouc  £pTa  oTc  Sicacra  ^icnfjOii).  ich  stehe  daher 
nicht  an  KTTideic'  ftlr  verderbt  zu  halten;  den  weg  zur  emendation 
zeigt  das  scholion  des  cod.  Marcianos :  lifi  bouXöcDVOc]  t(vi  boOXr| 
övo^acOeTca  npöc  töv  oIkov  dupiBo^oa;  der  seholiast  las  also 
kX  Ti  6  e  T  c' ,  und  auch  wir  werden  kein  bedenken  tragen  diese  lesart  in 
den  text  zu  setzen:  vgl.  v.  480  ifü)  b*  iv  Scivqi  x6ov\  bflK^KXrmai 
bouXa.  ebd.  552  öoOXt]  K€KXf)c6ai  ßociXlc  oik' aicx^vo^ai. 
Ion  309  ToO  eeoö  KaXoCjüiai  boCXoc  zu  tcX^eek  s.  Hik.  1226 
'eTTiTOVOi  b'  äv'  '€XXdbo  KXnWvrec  Hei.  22.  Her.  160.  Alk.  629. 
Hipp.  860  f.  Theseus,  der  die  schreibtafel  in  der  band  der  toten 
Pbaidra  bemerkt,  fragt: 

Ti  brj  TToO'  f{be  bikioc  Ik  (piXnc  X^P^c 

i^pTTiiLidvTi ;  O^Xei  Ti  dumf^vot  v^ov; 

dXX'  fj  X^xouc  ^01  kqÜ  Täcvuiv  iirtCToXdc 

f  Tpctipev  t\  böcTiivoc  ^EaiTOUjüi^vii ; 
860  Odpcet,  TdXaiva*  X^KTpa  ydp  rd  6nc^uuc 

ouK  fcTi  bOü^d  8'  fiTic  elceiciv  f\m\. 
so  liest  man  in  den  ausgaben,  während  die  codd.  A  und  C  für  buifid 
6'  TiTic  bieten  biupaO'  iiTic,  was  sich  als  lemma  des  scholion  A  findet: 
OUK  fcTi  bu)^a9']  OUK  fcTiv  fiiiCTuvfi  clc  Touc  böjioucelcÄöoi 
bid  Td  XcKTpa  Tou  6tic^ujc.  es  ist  klar  dasz,  wenn  bui^aO'  die  rich- 
tige lesart  ist,  im  vorhergehenden  verse  X^KTpa  fehlerhaft  sein  mosx^ 
und  es  wäre  auch  wunderbar,  wenn  Theseus  auf  die  kräftige  Ver- 
sicherung 'mein  lager  wird  kein  weib  mehr  teilen'  das  matte  *mein 
haus  wird  kein  weib  mehr  betreten'  folgen  lassen  wollte:  denn  wenn 
sich  eine  frau  dem  manne  vermählt,  so  betritt  sie  doch  wahrlich 
auch  sein  haus,  die  Ursache  der  Verderbnis  ist  leicht  einzusehen: 
über  biü^a6'  ward  zur  erklärnng  —  vgl.  das  scholion:  eic  TOÖC 
bö^ouc  eic^XOoi  bid  Td  X^KTpa  —  X^KTpa  geschrieben,  diesea 
drang  in  den  text  ein  und  verdrängte  das  echte  wort,  ein,  wie  ich 
gleich  hier  bemerken  will,  auf  bi())üia6'  bezügliches  ac^ectivum;  natttr- 
lieh  muste  nun,  um  die  construction  zu  ermöglichen,  büb^aO*  ver- 
wandelt werden  in  buijud  6*.  zur  richtigen  ergänzung  des  verdrängten 
adjectivs  scheint  mir  Eur.  Alk.  862  den  weg  zu  zeigen:  hier  ruft 
Admetos ,  der  nach  Verlust  seiner  gattin  sich  in  gleicher  läge  wie 
Theseus  befindet,  klagend  aus:  i\b,  CTUTval  npöcoboi,  CTUfval  b' 
6ip6ic  xnP^v  jLieXdOpiuv.  hiemach  schlage  ich  vor  an  unserer 
stelle  zu  schreiben : 

4S* 


652  OHöfer:  zu  den  griechiBchen  tragikern. 

9dpc€i,  xdXaiva-  xf\pa  fäp  tci  Giiceiwc 

ouK  fcTi  bu))Lia6*  f^Tic  eiceiciv  T^vr). 
vgl.  auch  Kaibel  epigr.  gr,  224,  ö  ttSc  Top  ijLioO  q>6ifi^viic  X^POC 
bö^oc.  ebd.  406,  13  öpqpavä  T^Kva  XmoiTO;  x^pov  ßiov,  otxov 
fpriMOV.  ebd.  1046,  12  ujc  oi  Zeuc  djKTCipev  öbupöjüicvov  irapa- 
KOiTTiv  TnP<Ji  €V  dCaX^tü  xnpi)  nepiKeijiicvov  eöv^.  Anth.  Pal.  Vn 
517,  6  TÖv  6ÖT6KVOV  x^lpov  Iboöca  böjiov.  Soph.  fr.  858  kot^ 
öpqpavöv  T^P  oTkov  dvbpöqppujv  Tuvrj.  Eur.  Or.  664  Bavtbv  T^P 
oTkov  öpqpavöv  Xeiipu)  ttqtpöc. 

Hek.  489.  der  herold  Talthjbios  ruft  beim  anblick  der  unglflck- 
lichen  Uekabe,  gleichsam  am  walten  des  Zeus  verzweifelnd,  aus: 

(L  ZeC,  t(  \iiijj;  irÖTepd  c'  dv6p(J[)TTouc  öpfiv, 

f|  böEav  dXXiüC  xrivbc  KCKTiicGai  judiriv 
490  ipeubn,  boKoövxac  baijuöviwv  elvai  t^voc, 

TuxTiv  bk  ndvia  rdv  ßpoioic  ^mcKOTiciv; 
mit  recht  hat  Nanck  den  v.  490,  der  ganz  unvermittelt,  während  bis 
jetzt  einzig  und  allein  von  Zeus  die  rede  war,  das  ganze  götter- 
geschlecht  einführt,  gestrichen:  er  ist  das  mach  werk  eines  inter« 
polators,  der  das  vorausgehende  böEav  Trjvbe  noch  nfther  ausführen 
zu  müssen  glaubte,  man  vgl.  auch  den  ähnlichen  vers  des  Kritias 
fr.  1 ,  42  (s.  599  Nauck)  OviiTOUC  vojLiiZeiv  baijüiövujv  elvai  t^voc.  aber 
auch  V.  489  leidet  an  mangeln :  zuerst  an  der  allerdings  nötigenfalls 
erträglichen  Verbindung  von  dXXuüC  und  |LidTT]v;  vor  allen  dingen  aber 
fehlt  diesem  verse  das  subject,  und  dieses  aus  dem  vorhergehenden 
object  dvOpuiTTOUC  zu  ergänzen  ist  doch  allzu  hart,  deshalb  schlug 
Heimsoethvor:  f\  böEav  dXXiuc Tr)vb6  K€KTfic6ai  ßpoTOUC,  einecon- 
jectur  die  wegen  des  unmittelbar  folgend'en  ßpoTOic  wenig  ansprach 
auf  Wahrscheinlichkeit  hat.  den  richtigen  weg  zeigt  das  scholion: 
dpa  öpäv  ce  xd  lOuv  dv9pai7TU)v  *  f{  jndniv  Tfjv  öitöXt]I|iiv  TauTT|v 
K6KTf]c6ai  f^dc.  f)  Tuxn  be  ndvTa  CKoneT.  man  sieht,  die  para- 
phrase  des  scholiasten  schlieszt  sich  eng  an  die  werte  des  Euripides: 
dpa  öpdv  c€  Td  tujv  dvGpüüTiujv  =  nÖTepd  c*  dv6pumouc  6päv 
f|  judniv  Tfjv  UTTÖXriniiv  KeKTflcOai  fijuäc  =  i\  böEav  äXXtuctVjvbc 

K€KTf)c6ai  )üidTr)v 
f^  TuxTi  bfe  Tidvia  CKOTiei  =  tuxtiv  bfe  ndvia  rdv  ßpoTok  dm- 

CKoireiv. 
sollte  bei  dieser  groszen  ähnlichkeit  zwischen  der  paraphrase  des 
scholiasten  und  dem  texte  des  Euripides  das  von  letzterm  in  der 
Wiedergabe  des  v.  489  gebrauchte  wort  f))üiäc  nicht  auch  ein  Eori- 
pideisches  und  daher  folgendermaszen  zu  schreiben  sein: 

iL  Zeö,  Ti  \(,iuj;  irÖTCpd  c'  dv8pu)Trouc  öpdv, 

f\  böEav  fiMdc  xrivbe  KCicnicOai  Mdniv, 

TUXTIV  bfe  Tidvia  Tdv  ßpöToTc  iniCKOTTcTv; 
Alk.  321.  Alkestis,  den  tod  unmittelbar  vor  äugen  sehend,  klagt: 

bei  ydp  9aveiv  iie  *  Kai  TÖb'  oük  ic  aCptov 
321  oub'  eic  Tpirriv  poi  mhvöc  fpxcrat  kqköv, 

dXX*  auTiK*  iy  toTc  ouk^t*  ouci  X^o^ai. 


OHöfer:  zu  den  griechischen  tragikem,  653 

dasz  jLiTivöc  V.  321  verderbt  ist,  wird  wohl  allgemein  zugegeben, 
und  es  sind  verschiedene  verbeseemngsvorschlSge  gemacht  worden: 
KTipöc  oder  ^fiKOC,  oder  anch  Cjüi^voc  fpX€Tai  kokc&V.  Jnlins 
Schneider  (Philol.  XLII  s.  185)  wollte  schreiben:  oöb*  eic  TptTTlV 
cotpriTpöc  fpxerai  kuköv.  ich  vermnte^  dass  ^iivöc  ein  zu  koköv 
gehöriges  adjectivum  verdrftngt  hat,  und  schlage  vor:  VT]Xic  Spxcrai 
KQKÖv,  eine  phrase  die  unwillkürlich  an  das  Homerische  vr|X€ic  ^^ap 
erinnern  muste;  das  wort  viiXi^c  (wiXet^c)  findet  sich  bei  den  tra* 
gikem  an  folgenden  stellen:  Aisch.  Prom.  42.  243.  Cho.  234.  Soph. 
OT.  180.  Ant.  1197.  Eur.  Kjkl.  369. 

Alk.  898.    wenn  Admetos  in  seinem  schmerz  um  die  dahin* 
geschiedene  gattin  dem  chor  vorwirft: 
Ti  jüi*  dKdiXucac  ^iipai  TUjüißou 
Tdqppov  elc  KoiXT]V  Kai  )üi€t'  £k€(vt]c 
Tf\c  iLi^T*  äpicTiic  KCicOat  (p6i)üi€vov; 
so  fragt  man  sich:  was  soll  hier  die  hohle  grabesgruft?  sollte  Ad- 
metos nicht  vielmehr  verlangen  der  gattin  in  ein  gemeinsames  grab 
(also  KOivf)  v)  zu  folgen?  man  vgl.  die  folgenden  verse  biio  b'  ävrl 
piäc  "AibT]c  ipuxdc  TÄc  mcTOTdrac  Eöv  Äv  &X€V  6no0  x^oviav 
XijLivTiv  biaßdvTC.  Hik.  797  naic  fiv  öXo(^t]V  Eöv  TOicbc  t^kvoic 
Kö  i  V  ö  V  ^c  ''Aibriv  Karaßäco,  femer  die  ganz  entsprechenden  stellen 
Alk.  365  f.  382.  Hik.  1007.  1020.  1040.  1063.  Hipp.  837.   Andr. 
510  ff.  Hek.  418.  896.  Her.  1363.  Or.  1058.  1067.  Phoin.  1659. 
fr.  362,  33.  Aisch.  Cho.  887. 

fr.  154  TÖ  ü\v  dq)dvT€c  TÖ  Kaid  t^v  tijüiüüci  coO. 

K£vöv  t'*  ÖTav  Tdp  Ifji  Tic,  cötuxcTv  xpewy 
(so  mit  Musgrave  für  €ÖTUX€t,  Kp^ov).  Nauck  erklärt  v.  1  d(p^VT€C 
für  verderbt,  doch  bedarf  es  nur  einer  geringen  änderung,  um  die 
stelle  zu  heilen:  der  gedanke  in  v.  1  ist  doch  offenbar:  ^erst  dem 
toten  erweisen  die  menschen  ehre'  (vgl.  Aisch.  Sieben  686  X&pxc 
b'  dq)'  fmüüv  öXoiLi^vu)v  6au^d2IeTai.  Mimnermos  fr.  1  [s.  645 
Nauck]  beivol  Tdp  dvbpl  trdvTCC  dc^fev  cÖKXcei  Cävti  (p6ovf\cai, 
KaTOavövTab'aiv^cai),  woran  sich  v.  2  die  forderung schlieszt, 
dasz  der  lebende  glücklich  sein  müsse  (vgl.  Eur.  fr.  536  touc  2Iu)V- 
Tttc  €u  bpdv  KaiGavujv  bk  träc  dvf|p  yfl  kqi  CKid"  tö  ^Tib^v  de 
oubev  ^^TT€i.  es  wird  daher  v.  1  zu  lesen  sein:  TÖ  lf{y  dqp^VTOCTÖ 
Kaid  Tflv  Tijuwci  CDU.  dasz  tö  2f)v  dqpeivai  so  viel  ist  wie  6av€iv, 
zeigen  stellen  wie  Or.  1171.  Tro.  1135.  Hei.  1431  Hiux^iv  äq>€ivai. 
Hek.  571  dqpfiKe  TTveOpa  Oavacijüiip  cqpax^.  ebd.  367.  schol.  Aisch. 
Sieben  686  f]\xe\c  lf\v  dqp^VTCc . .  cökX^q  töv  GdvaTOV  ^€TabiuiEo^€V. 

Schlieszlich  seien  noch  einige  belegstellen  für  fragmente  des 
Euripides,  die  sich  bei  Nauck  nicht  finden^  angeführt,  auf  fr.  15,  2 
TTpiuTOV  ^^v  eiboc  dEiov  Tupavviboc  nimt  Anna  Eomnena  I  294^ 
bezug:  b\'  S7T€p  dgiov  Tupavviboc  tö  elboc  aöroO  ^vo)üi(2[€TO 
usw.  fr.  722,  1  CTrdpTTiv  fXax€C,  K€ivT|V  KÖcp€i  findet  sich  ebd.  I 
445  ^  in  folgender  fassung:  KOTdTÖv  clTTÖVTa'  CirdpTav  ?Xax€C' 
TauTQv  KÖcpei.    fr.  1071  dXXiuv  iaTpöc  aÖTÖc  SXxeciv  ßpuuuv 


654  OHöfer:  zu  den  griechischen  tragikem. 

steht  bei  Tzetzes  zu  Lyk.  805.  zu  fr.  178  Tf)V  Cq)(TT<x  6  Aiövucoc 
iTrejuipe  toic  Gnßaioic,  ujc  iy  'AviiTÖvr)  X^yci  (so  nach  Ungar  Theb. 
parad.  s.  386  für  übe  dvavTOta  X^t^^v)  ist  hinzuznfdgen  schol.  Eur. 
Phoin.  934  äXXaxoö  bi  q>r]c\  raCra  unö  Aiovucou  iT€irov0^vai 
Tf|V  TTÖXiv.  zum  argument  der  'Avtiöttt)  ist  nachzutragen  schol.  Enr. 
Phoin.  102 ,  zu  dem  des  MeXeaxpoc  Libanios  I  234  und  Georgios 
Kedrenos  I  248,  9  Kai  6  CupiTTibric  bk  bpoipa  Trepl  MeXeärpou 
ÜElQeio.  zur  MeXaviTTTTr)  coqprj  vgl.  schol.  Eur.  Phoin.  1134.  aaf 
den  6tiC€UC  bezieht  sich  wohl  Luk.  Hermot.  47  tö  toC  6r)C^uic 
^KeTvo  |Lii|Liiicö|Lie6a  Kai  ti  Xivov  Trapä  rfic  TpatiKf^c  'Apiäbviic 
Xaßövxec  etcijiicv  ic  töv  XaßupivGov  ^Kaciov ,  ibc  t%ew  dnpaTjiö- 
vu)C  jLirjpwöjLievGi  auTÖ  Hxivax'  man  vgl.  Libanios  I  298  dvreödev 
bfe  Geuiv  TIC  x^ipa  uTiep^cxev  d&CTicp  iv  bpdpaTi .  .  toö  jitv  Tap 
6tic^ujc  Tf)v  ujpav  'Apiäbvr)  6au^dcaca  t^  junpivOiu  toO  XaßupivÖou 
TÖV  veavicKOV  ^E^ciuce.  auf  die  doppelte  redaction  des  'IttitöXutoc 
scheint  hinzudeuten  Themistios  or.  XXXII  s.  362^  Eöpiniboubi 
dKOueT€  iv  TaTc  TpaTqjbiaic  da  KaTeüHacOai  X^yei  6nc^a  xiu 
iraTpi  TToceibtüVi  KaTd  toO  naiböc  iTrTToXuTOu  usw.  fr.  1013 
q)9e(pouctv  f\Br\  xpilcO'  öpiXiai  KOKai  scheint  Chorikios  yon 
Oaza  s.  293  im  äuge  gehabt  zu  haben:  (p6£tpouctv  fiQr\  C€)üivd 
jueipaKiiuv  oux  outuüc  ol  irapotveiv  eiuüOÖTCC,  öcov  Tic  elc  dKOCjüiüiv 
iK  TtaXaidc  ciuqppocuviic  jLi€TaßaXu)v.  *  bei  fr.  698  tttujx*  d^q)(- 
ßXriTa  cofjLiaTGC  Xaßujv  (xikt]  möchte  ich  aufmerksam  machen 
auf  Hei.  1079  Tab'  dpqpißXriCTpa  cüüpaTOC  ^dKT].  —  fr.  adesp. 
157  und  158  (s.  679  Nauck)  dTd)Linc€V  'EX^VTi  TÖv  OeoTc  ctu- 
YoujLievGV  und  TajiieT  b'  ö  niv  br\  Tuvbdpeuj  KÖptiv  piav scheinen 
zurückzuführen  zu  sein  auf  Eur.  Or.  19  f.  TGi^€ib*ö)üiivbf|Tf|V 
Oeoic  CTUTOUfi^VTiv  Mev^Xaoc  *6X^vt]v.  zu  fr.  adesp.  378 
(s.  709)  Xaxd)  ßlov  lf\c  b  Tiplv  dTpo^oc  Xduiv  vgl.  anecd.  Paris. 
IV  343,  3XaTU)ßiujv2:iuv,  T^ojTTa  Kai  TOCTfip  jiövov.  folgende, 


*  Joh.  Malchin,  der  in  seiner  diis.  Me  Ghoricii  Qaiaei  Teterom  grae- 
coram  scriptorum  stadiis'  (Kiel  18B4)  8.  46 — 60  auch  'de  Ghoricii  stadio 
Euripidio'  handelt,  bat  diese  stelle  übersehen,  wie  ihm  überhaupt  nicht 
weniger  als  folfirendo  beziehuugen  des  Gborikios  aaf  Enripides  entgangen 
sind:  s.  13  bucdpccTOv  y^P  ol  vocoOvtcc  vgl.  Or.  232  6ucdpccTov 
ol  vocoOvTCC  dnopCac  ütto.  s.  96  ^av(a  y^P  dXYclv  o(i  <ptXc1  vgl. 
Med.  48  v^a  Y^p  q>povTlc  oOk  dXYCtv  (piXet.  s.  127  dpxatöc  fic 
XÖYoc  ic  t6Ö€  TTponYQYC  Opdcouc  .  .  oO  rd  cluBÖTa  ^^ouctv  al  m^Tcii: 
YdXa  bi  1T0U  TÖ  iibwp  kqI  ji^Xi  iroicl  tqIc  d|i(p*  aOröv  T^vaiElv  6  Ai6- 
v\jC0C  vfrl.  Bakchai  710  f.  s.  240  KOivd  bi  rä  (piXuiv  i^  irapoiM^a 
vo|Lioe€T6i  vjfl.  Or.  7.S5  Koivd  Ydp  Td  tuiv  «piXuiv.  ■.  268  i\  jap 
€05oE(a  tOliv  £pYUJv  ini  touc  KpaxoOvrac  aCiToiioXcl'  dTOirov  oiW  ^^pou 
^^v  cTvai  TOUC  Tiövouc,  ^T^pou  bi  TOUC  KapnoOc  vgl.  Androm.  696  ff. 
8.  271  f\viKa  TÖ  xpwcoOv  ^CTffXOc  fe^pac  'Idcuiv  vfjl.  Med.  5  f.  ol  Tö 
irdYXPUcov  bipoc  JlMq.   ^CTf^XOov.     s.  286  irpöc  jAp  Tolc  dXXoic 

KQKOlC     iCTl    KOl    GCTTOXÖC,    otc    dlTlXlOpldC    iCTlV    1^    dlTlCTfa,     WObci 

nach  Malcbin  8.  16  dem  Chorikios  die  stelle  bei  Demo8th.  Ol.  I  16,  16 
vorgfeschwebt  haben  soll:  .  .  Td  tuiv  OcttqXuiV  raÜTa  T^  diriCTa 
p^v  ^v  bfiTiou  (pOcct  usw.,  kann  sich  ebenso  gut  beliehen  auf  £ar.  fr.  426 
iroXXol  irapfjcav,  dXX*  ÄiriCTa  dcccaXOiv. 


FBlass:  sa  Tyrimioi.  066 

wohl  nicht  nur  zufHUige  iamben  scheinen  der  trtgödie  zu  entstam- 
men :  Lukianos  Alk.  1  Bpvtc  dXicudfV  ivo^cHopai^  noX^r|voc  xal 
TToXubaKpuc,  iT€pi  fjc  bf|  iraXatöc  dvOpübirotc  |i€^06€UTai 
XÖTOC.  Prokop.  ep.  36  ae.  b^x^u  TÖv  ftvbpa,  <pr|ci,  xal  töv 
dpviv  ToO  6€oC.  ebd.  135  ö\^i  irore  Td  ti&v  ipiIiTuiv  iiav- 
6dv€ic  ToE€t3)üiaTa.  Theophyl.  8im.  ep.  29  ireviqi  öucvouOe- 
Ti^Tip  9iipi(p  xal  bucKÖXqi.  unklar  ist  mir,  worauf  Eustathios 
de  capt.  Tbessal.  s.  504  (ed.  Bonn.)  bezug  nimt:  |Uiaxap(ZoVT€C  •  . 
TÖV  GdvaTov  Kard  toöc  dirö  fabcipuiv,  irap*  otc  6  'Aibiic  ^ict€t(- 
^TiTo,  ei  iLif|  jLiiibc^iav  x^^^P^v  oTb€  9dvaToc  xard  töv  Tpatipböv* 
sollte  es  Soph.  El.  356  sein:  I&CT6  T^  T€6vttt(ÖTi  Tt^dc  irpocdirreiv, 
€1  TIC  f  CT'  iKcT  xdpic  —  ? 

Drbsden-Nbustadt.    Otto  Höfsr. 

83. 

ZU  TTBTAI08. 


Aus  Tyrtaios  Eunomia  bringt  Bergk  als  drittes  fragment: 
d  (piXüXpriMOtTia  CirdpTav  öXet,  äXXo  bk  oöb^v. 

}((  «  4k  ^c  ♦  4e 

d)b€  Tdp  dpTupÖToEoc  dvoE  i^KdepTOc  'AnöXXwv 
XpucoKÖjLiiic  ^XP^I  it(ovoc  ii  dbikou. 
das  steht  so  in  den  ezcerpten  aus  Diodoros  (VII  14,  5  Ddf.),  jedodi 
ist  dort  dem  ersten  verse  Yorausgeschickt:  ön  ö  aÖTÖC  AuKOOpTOC 
fjveTKe  xPncMÖv  in  AeXqpi&v  irepi  Tf^c  9iXapTup(ac  töv  ^  irop- 
oijiiac  |Li^p€i  )üivii)üiov€UÖ)üi€VOV ,  und  dem  zweiten :  f|  TTuOia  ^Xpvfce 
Tuj  AuKOÜpTif)  iT€pl  Tübv  iToXiTiKÜtiv  oötwc  (was  man  mit  unreoht 
streicht) ,  und  nach  dem  dritten  folgt  in  unmittelbarem  anschlusz : 
dpX€iv  \xk\  ßouXf\c  usw.,  8  verse  über  die  Verfassung,  von  denen 
die  4  ersten  auch  Plutarch  im  Ljkurgos  c.  6  bringt,  dasz  nun  Bergk 
in  ab  weichung  von  Schneidewin  und  den  andern  früheren  jenes  erste 
Orakel  überhaupt  dem  Tyrtaios  zuweist,  und  dasz  er  y.  2.  3  hiermit 
in  einen  selbstverständlich  nicht  einmal  unmittelbaren  Zusammen- 
hang bringt  und  von  der  fortsetzung  losreiszt,  kann  unmöglich  ge- 
billigt werden,  die  Schwierigkeit  ist  aber  die,  dasz  Plutarch  dem 
die  Verfassung  enthaltenden  delphischen  Orakel  eine  andere  einlei* 
tung  gibt : 

Ooißou  dKoucavTec  TTuOujvöOev  oTKab'  fvetKav 
jLiavTelac  t€  GeoO  xal  tcX^cvt*  fnca* 

dpx€iv  jLi^v  ßouXf\c  usw. 
dieser  Schwierigkeit  ist  auch  Schneidewin  nicht  herr  geworden ,  der 
die  schlechteste  auskunft  ergriff,  die  verse  0o(ßou  dKoOcocVTCC  •  . 
^TTca  für  untergeschoben  zu  erklären,  wir  mflssen  vielmehr,  wie 
mir  scheint,  einen  ganz  andern  ausgangspunkt  nehmen.  Plutarch 
schickt  seinem  citate  voraus:  es  sei  zu  der  Lykurgischen  rhetra 
später  durch  die  könige  Theopompos  und  Polydoros  ein  zuaatz  ge- 
macht worden;  fneicav  bk  xal  auTol  (gleichwie  Lykurgos)  Tf|V 


656  FBlass:  zu  Tjrtaios. 

TTÖXiv,  übe  ToO  6€o0  laOia  npocTdccovToc,  die  nou  Tuptaioc  dm* 
fid|LiVT]Tat  bid  TOÜTiüV  *  Ooißou  äKOUcavT€C  usw.  also  nach  Plutarchs 
Worten  sind  zu  oiKab'  £v€iKav  (was  Amiot  mit  Sicherheit  aus  0%  Tdb€ 
ViKäv  hergestellt  hat)  subject  die  könige  Theopompos  und  Polydoros; 
die  ganze  anfUhrung  hätte  sonst  auch  gar  keinen  sinn,  da  in  den 
citierten  versen  von  einem  gemachten  zusatze  nichts  gesagt  wird, 
nun  wird  Theopompos  thatsächlich  in  einem  anderweitigen  citate 
aus  Tjrtaios  genannt^  Paus.  IV  6,  2: 

f)|Li€Tdpiu  ßaciXfii,  OeoTci  qpiXifj  GeoiröjiiTTUj , 
5v  bid  Meccriviiv  eiXoMev  cupuxopov. 
diese  verse  sind  von  Buttmann  mit  einem  daitten ,  beim  scholiasien 
des  Piaton  erhaltenen  verknüpft  worden:  Meccrjvriv  äT0t6f|V  jüiiv 
dpoOv ,  dyaOfiY  hk  qpuTeueiv ,  und  Bergk  hat  fünf  weitere  verse  aus 
Strabon  (Pausanias)  angeschlossen:  dpcp'  auTf)v  b'  djiidxovT'  usw. 
der  anschlusz  ist  beide  male  so  vortrefflich^  dasz  man  die  richtigkeit 
der  Vermutungen  nicht  bezweifeln  wird,  nun  combiniere  ich  alles 
dies  ferner  mit  den  versen  bei  Diodoros : 

*bf|  Tdp  (so  die  hs.  verdorben)  dpTupÖToEoc  äyai  ^KdepTOC 

*AiTÖXXuJV 

XPUCOKÖ^nC  iX9^  TTIOVOC  il  dbUTOU 

fljLieT^piAj  ßaciXfji,  OeoTci  qpiXif)  OeoTTÖ^Trqi  usw. 
die  Sache  würde  also  die  sein ,  dasz  Diodoros  (oder  sein  excerptor) 
eine  anzahl  verse  ausliesz^  die  eine  amplification  des  Orakels  aus  der 
person  dessen,  dem  es  gegeben,  enthielten;  auszerdem  ist  falsch  die 
angäbe  des  excerpts,  dasz  dies  dem  Ljkurgos  geweissagt  sei.  das 
ende  besagter  amplification  ist  nun  nicht  erhalten.  Strabon  und 
Pausanias  citieren: 

djucp'  auTf|v  b*  dMdxovT'  ivv€aKa(b€K*  ivi] 
vujXeM^ujc  aiei;  TaXaciqppova  Oujiiöv  ^x^vtcc, 

aixjLiilTOtl  TTaxdpujv  f^eT^pujv  naidpcc  • 
eiKOCTiu  b'  ol  jLifev  Kaid  niova  fpxa  Xinövrcc 

qpeuTOV  l6u)|Liaiujv  ^k  peTdXwv  öp^iuv. 
es  muste  folgen :  *die  andern  blieben  als  unsere  unterthanen  zarück% 
und  es  können  hier  immerhin  die  verse  gestanden  haben,  die  Paa- 
sanias  über  die  läge  der  unterdrückten  Messenier  anführt  (fr.  6.  7 
Bgk.).  am  ende  aber  kam  der  dichter  auf  Theopompos  (und  Poly- 
doros?) zurück  und  führte  nun  das  Orakel  an,  mit  den  einleitenden 
versen  Ooißou  dKOUcavTCC  usw.,  diePlutarch  gibt;  subject  zu  fveiKav 
werden  wohl  die  von  Theopompos  gesandten  Pythier  (Herod.  VI  57) 
gewesen  sein.  —  Es  ist  übrigens  höchst  auffällig,  dasz  bei  Tyrtaios 
somit  Theopompos  ganz  an  die  stelle  Lykurgs  tritt,  von  dem  er 
offenbar  überhaupt  nichts  gesagt  hat;  hätte  er  das,  dann  würde  uns 
schon  jemand  dieses  zeugnis  über  Lykurgos,  wie  es  auch  lautete,  auf- 
bewahrt haben,  aber  auch  Heilanikos  hat  den  Lykurgos  nicht  er- 
wähnt und  die  spartanische  Verfassung  auf  Prokies  und  Eurysthenes 
zurückgeführt  (Busolt  gr.  gesch.  I  134). 

Kiel.  Friedeich  Blabb. 


JOeri :  die  grosxe  responnon  im  Bhetos.  657 

84. 

DIE  GBOSZE  BESPONSION  IM  BHES08 
UND  EINIOES  ANDERE. 


In  meiner  sebrift  über  *die  grosze  responsion  in  der  spätem 
Sopbokleiscben  tragödie'  (Berlin  1880)  glaube  ich  den  nachweie  er- 
bracht zu  haben,  dasz  im  Oidipus  Tyrannos,  in  der  Elektra  und  dem 
Philoktetes  jeweils  das  vorletzte,  in  den  Trachinierinnen  das  dritt- 
und  das  vorletzte  epeisodion  von  zwei,  was  die  zahl  der  dialogischen 
verse  betrifft ^  genau  gleich  langen  partien  umschlossen  sind,  deren 
erste  immer  das  längste  epeisodion  des  Stückes  ist,  während  die  zweite 
—  ich  nenne  sie  ezodoscomplez  —  sich  aus  dem  letzten  epeisodion 
und  der  ezodos  zusammensetzt,  ich  bin  mit  dieser  entdeckung  eines 
Sophokleischen  verszahlenkanons  teilweise  mit  höhn  zurückgewiesen, 
nicht  aber  widerlegt  worden  und  habe  dabei  die  erfahrung  gemacht| 
dasz  manche  sonst  tüchtige  philologen  einer  anforderung,  welcher 
ein  naturforscher  sich  nie  entziehen  dürfte,  nicht  gerecht  zu  werden 
vermögen,  der  anforderung  nemlich,  dasz  man  eine  richtig  con- 
statierte  erscbeinung  anerkennen  soll ,  auch  wenn  man  ihre  gründe 
nicht  weisz.  dafür  aber,  dasz  ich  richtig  constatiert  habe,  bietet 
sich  mir  jetzt  folgende  bestätigung. 

Ich  vermesse  mich  nicht  den  Verfasser  des  Bhesos  zu  kennen. 
im  altertum  ist  aber  behauptet  worden ,  TÖ  bpfijLia  TÖV  Coq>6KX€tov 
^äXXov  uTToqpaiveiv  xotpaKTf)pa,  und  GHermann,  der  das  stück  sonst 
erst  in  alexandrinische  zeit  setzt,  will  ein  zeichen  der  nachahmung 
des  Sophokles  in  den  rein  gebauten  trimetem  finden  (opusc.  III 
287  f.).  es  liegt  nun  doch  sehr  nabe,  wenn  hier  die  metrische  form 
in  bat  rächt  kommt,  das  Sophokleische  in  der  äuszem  form  über» 
haupt  und  somit,  die  Symmetrie  der  verszahlen  einmal  vorausgesetzt, 
auch  in  dieser  zu  suchen  —  und  richtig:  die  mesodische  composi- 
tion  ergibt  sich ,  so  schön  wir  es  nur  wünschen  können ,  indem  das 
letzte  epeisodion  von  zwei  gleich  langen  partien  umschlossen  ist 
und  nur  der  6ine,  unwesentliche  unterschied  gegenüber  den  Sopho- 
kleischen stücken  besteht,  dasz  die  erste  statt  der  zweiten  partie  die 
zusammengesetzte  ist,  also  ein  complez  von  zwei  epeisodion  der 
exodos  gegenübersteht,   die  umstehende  tabelle  mag  dies  darthun. 

Hierzu  ist  bezüglich  der  verszählung  nur  das  6ine  zu  bemerken, 
dasz  ich  ein  volles  recht  zu  haben  glaube,  die  trochäischen  septenare 
730  f.  und  den  ihnen  vorangehenden  vers,  welche  vorgetragen  wer- 
den, ehe  der  wagenlenker  auf  der  bühne  sichtbar  wird,  noch  der 
epiparodos  beizuzählen,  die  das  trochäische  metrum  schon  683 — 91 
ausgibig  verwendet ,  und  dieselben  somit  von  der  folgenden  respon- 
sionspartie  auszuschlieszen.  kritische  Schwierigkeiten,  um  derent- 
willen athetesen  oder  lückenannahmen  notwendig  wären,  finden  sich 
in  den  betreffenden  partien  nicht. 


658 


JOeri:  die  grosze  responsion  im  Rhesos. 


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CDHAOOC0CÖ00&0tCC;«l^l^09C0&0^0>(O0>V«00i^0) 

Cco«a>i(^c;i0tco90i(^'^c;«ooa>090«o«^^i^00fe0i^ 

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COCOH*OOCOOOOO&Oi-AO«i^i^O>0909^0)lOO>0«OOl(^ 


JOeri :  die  grosse  responrioa  im  Bhesoft.  060 

Was  nun  die  responsion  betrifil;,  so  sind  also  zwei  gfrosze  parliaii 
von  je  204  trimetem,  deren  erste  Ton  der  anktmft  des  Bhesos  handelt, 
während  die  zweite  die  auf  die  katastrophe  folgenden  soenen  nmfasst, 
um  eine  kürzere  mittelpartie  gruppiert,  welche  uns  die  feinde,  von  ihrer 
göttin  geführt,  auf  dem  wege  zum  morde  zeigt  dasz  die  responsion  der 
verszahlen  keine  zufällige  ist,  ergibt  sich  hauptsächlich  aus  dem  vor* 
handensein  einer  nebenresponsion;  das  erste  der  beidbn  verbundenen 
epeisodien  und  der  letzte  compacte  verscomplez  der  ezodos  enthalten 
nemlich  beide  je  78  verse,  so  dasz  wir  es  genauer  mit  den  verszahlen 

78.  126  —  110  —  126.  78 
zu  thun  haben,  ich  gebe  nun  zwar  gern  zu,  dasz  diese  nebenrespon- 
sion etwas  äuszerliches  hat,  insofern  die  verse  der  auftretenden  Muse 
890 — 94  und  die  chorverse  904. 905  dabei  von  der  folgenden  Musen- 
scene  getrennt  erscheinen,  mit  der  man  sie  gern  verbunden  sähe, 
finde  aber  doch  auch,  dasz  ein  starker  einschnitt  am  ende  der  Musen- 
arie wohl  darf  angenommen  werden;  eine  pause  machte  hier  die 
Muse  doch  jedenfalls ,  ehe  sie  zu  der  trimeterrede  übergieng.  und 
übrigens  findet  sich  auf  unserer  tabelle  noch  ein  zweites  beispiel  da- 
für, dasz  eine  ganze  scene  nur  mit  der  compacten  trimeterpartie 
einer  folgenden  scene  respondiert.  in  das  dritte  epeisodion  ist  eine 
Strophe  und  in  die  ezodos  die  antistrophe  dazu  eingelegt,  es  wird 
nun  doch  kaum  zufia.ll  sein ,  dasz  beiden  Strophen  unmittelbar  par- 
tien  von  je  66  versen  vorangehen,  und  auch  hier  erscheinen  die 
zwei  mal  zwei  in  die  anapSste  des  wagenlenkers  eingelegten  chor- 
trimeter  der  folgenden  wegenlenkerscene  nicht  beigezählt,  um  end- 
lich zu  erschöpfen,  was  mir  von  Bbesosresponsionen  bekannt  ist,  so 
bemerke  ich,  dasz  auch  im  ersten  epeisodion  eine  strophe  (131 — 36) 
von  ihrer  antistrophe  (195 — 200)  getrennt  ist,  und  dasz  die  jener 
vorangehende  Aineias-Hektor- scene  und  die  dieser  vorangehende 
Dolonscene  je  46  verse  enthalten  (86 — 130=»  149 — 194);  doch  ist 
diese  responsion  nicht  ganz  sicher ,  weil  die  verse  85.  86  auch  dem 
vorhergebenden  könnten  beizuzählen  sein. 

Nun  mag  man  ja  immerhin  sagen,  das  sei  ein  entsetzlich  mecha- 
nischer Schematismus:  mich;  der  ich  nur  darauf  ausgehe  das  con- 
stante  vorkommen  einer  erscheinung  festzustellen ,  und  der  ich  es 
für  unwissenschaftlich  halte ,  wenn  sich  die  leute  über  einzelformen 
und  gründe  dieser  erscheinung  ereifern,  ehe  sie  die  äugen  recht  auf- 
gethau  haben ,  um  sie  zu  sehen,  rühren  diese  gefühlsexpectorationen 
nicht  im  mindesten,  was  ich  aber  aus  dieser  Ehesosresponsion  ge- 
lernt habe,  das  will  ich  hier  noch  kurz  angeben. 

Wir  sehen  aus  der  tabelle,  dasz  die  trimeter  736  f.  und  745  f., 
womit  der  chorführer  die  anapäste  des  verwundet  aus  dem  zelte 
stürzenden  wagenlenkers  unterbricht,  mitgezählt  werden  müssen. 
nun  gibt  es  auch  in  den  Sophokleischen  responsionspartien  eine 
stelle ,  wo  ein  vereinzelter  trimeter  des  chors  auf  die  anapäste  eines 
verwundet  hervorkommenden  folgt :  es  ist  dies  der  vers  Oid.  Tjr. 
1312  ^c  beivöv  oöb'  dKOUCTÖv  oub' iiTÖi|iiMOV.  diesen  vers,  welcher 


660  JOeri :  die  grosze  respopsion  im  Rheeos. 

zwischen  einer  anapästischen  partie  und  einem  dochmisch  iambischen 
kommos  steht;  ignorierte  ich  früher  bei  der  Zählung  der  verse,  haupt- 
sächlich deshalb,  weil  er  syntaktisch  mit  dem  unmittelbar  vorher- 
gehenden zusammenhängt,  seit  ich  aber  die  Bhesospartien  kenne, 
glaube  ich  nicht  mehr  dasz  dies  angeht,  und  erkläre  mir  die  sache 
folgendermaszen. 

Überall ,  wo  solche  versprengte  trimeter  anapästen  gegenüber- 
stehen, ist  ein  beabsichtigter  contrast  in  der  Vortragsweise  anzu- 
nehmen :  denn  wie  käme  der  dichter  sonst  dazu  vom  anapästischen 
metrum  abzugehen?  findet  sich  ein  solcher  trimeter  also,  wie  an 
unserer  stelle,  zwischen  den  gesungenen  oder  jedenfalls  parakata- 
logisch  vorgetragenen  anapästen  und  dem  sicher  gesungenen  kommosi 
so  wird  man  für  ihn  an  nicht  musicalischen  vertrag  zu  denken  haben; 
er  bildet  die  scheide  zwischen  den  zwei'affectvoUem  und  darum  musi- 
calischen Partien  und  ist  also  bezüglich  des  Vortrags  und  somit  auch 
der  Zählung  nicht  anders  zu  beurteilen  als  ein  beliebiger  trimeter  des 
dialogs. 

Wenn  nun  v.  1312  mitzuzählen  ist,  so  bedarf  es  keiner  atheteae 
mehr,  um  die  genaue  Übereinstimmung  des  groszen  epeisodions  mit 
dem  exodoscomplexe  im  Oidipus  herzustellen,  und  dies  ist  mir  sehr 
lieb :  denn  während  ich  nach  wie  vor  bestimmt  und  ohne  scrupel  im 
Philoktetes  an  die  unechtheit  der  zwei  verse  zwischen  cuXuJVT€C  und 
elra  in  1365,  an  die  von  1443  f.  und  an  die  lücke  nach  1251  glaube, 
musz  ich  zugestehen  dasz  meine  athetese  hier  verse  getroffen  hat,  die 
mehr  nur  entbehrlich  und  nicht  schlechter  sind  als  andere  die  ich 
stehen  lassen  musz. ' 

Und  nun,  meine  herren  kritiker,  rechnen  wir  einmal  zusammen 
nach! 

Es  gibt  sieben  Sophokleische  stücke  und  ein  stück,  dessen 
Coq)6KX€ioc  x^pOKTiip  im  altertum  von  kennem  behauptet  wurde. 
von  diesen  acht  stücken  zeigen  nicht  weniger  als  fünf  die  erschei- 
nung,  dasz  zwei  grosze,  von  einander  getrennte  scenische  partieni 
deren  eine  die  scbluszpartie  ist,  sich  in  der  zahl  der  dialogischen  verse 
entsprechen,  gezählt  werden  hierbei  von  mir  alle  trimeter,  so  weit 
sie  nicht  einem  kommos  angehören  ^  alle  trochäisohen  tetrameter 
(auszer  in  der  epiparodos  des  Bbesos)  und  die  fünf  singulären  allOo- 

*  wer  von  mciDem  haaptresnltate  überzeugt  ist,  wird  allerdings  die 
nebenrespoDtioDen  nicht  aufgeben  wollen,  die  jetst  auf  beiden  selten  die 
Streichung  von  drei  vcrseu  (darunter  gerade  1312)  su  bedingen  scheinen. 
gleichwohl  möchte  ich  nicht  mehr  von  interpolation  reden;  ich  denke 
vielmehr  lieber  an  eine  leise  Überarbeitung  des  Stückes  durch  den  dichter 
oder    eine    diesem    noch   nahe  stehende  hand.  '  eine   Schwierigkeit 

macht  höchstens  die  abgrcnzung  des  kommos  Trach.  871 — 896.  vor 
dem  auftreten  der  amme  kann  er  nicht  beginnen;  die  verse  863 — 70 
gehören  also  noch  nicht  dasu;  ihm  aber  die  8  trimeter  bis  878  schon 
beizuzählen  wird  sich  nicht  jedermann  leicht  entschlieszen.  dast  es  ta 
geschehen  hat,  lehrt  der  umstand,  dasz  nach  v.  878  ein  inhaltlicher 
einschnitt  nicht  besteht,  ich  bin  aber  froh  mich  für  meine  abgreniang 
auf    das   von    responsionsrücksichten    ganslich   ungetrübte    nrteil  von 


JOeri :  die  groBze  responBion  im  BheMs.  661 

metrischen  verse  El.  1161.  62.  Trach.  1081.  85.  86;  nicht  gezfiUt 
werden  die  interjectionen  und  die  blossen  interjectionellen  Terbin- 
düngen  wie  \ifijj  n',  die  anapftste  nnd  alle  eingeschalteten  lyrisoben 
Partien,  hierzu  kommt  noch  die  eine  kritische  prftmisse,  dasz  in  der 
exodos  des  Philoktetes  die  zahl  der  Überlieferten  verse  nm  drei  m, 
kürzen  ist.  die  zahlen  aber,  in  denen  sich  diese  partien  entsprechen, 
sind  folgende^: 

für  Bhesos  264—526  —  733—996  :  204 

oder  78  +  66  +  60  —  2  +  2  +  66  +  49  +  5  +  2  +  78 
für  Trachinierinnen  225—496  —  863—1278  :  272 

oder  272  =  6  +  51  +  215 
für  Elektra  516-822  —  1098—1510  :  307 

oder  307  =  133  +  96  +  6  +  6  +  66 
für  Oidipus  Tjrannos  518—862  =  1110—1530  :  310 

oder  136  +  9  +  165  =  76  +  74  +  1  +  159 
für  Philoktetes  219—675  —  865—1441  :  432 

oder  171  +  104  + 157  —  216  +  191  (statt  192)  +  25  (statt  27). 

Dasz  ich  nun  diejenigen  pbilologen,  welche  sich  das  athetieren 
zur  aufgäbe  gemacht  haben,  Ton  diesen  groszen  responsionen,  welche 
ein  correctiv  der  subjectiTität  sein  nnd  die  sogenannte  nnbefEingene 
kritik  unmöglich  machen  könnten ;  je  überzeugen  werde,  glaube  ich 
jetzt  so  wenig  wie  früher: 

^denn  zu  tief  schon  hat  der  hasz  gefressen 
und  zu  schwere  thaten  siod  geschehn, 
die  sich  nie  vergeben  nnd  vergessen; 
noch  hab*  ich  das  ende  nicht  gesehn  — ' 


Hense  (studien  zu  Soph.  s.  198)  nnd  von  FSchabert  (in  seiner  ansgabe) 
berufen  zu  können. 

'  von  vorn  herein  konnte  ich  natürlich  nicht  sagen,  ob  interjectionen 
und  kurze  Verbindungen-  —  die  längste  ist  Phil.  219  Id)  Eivoi  —  zu 
zählen  seien  oder  nicht,  die  probe  aber  ergab  durchweg  ein  nnd  das- 
selbe resultat,  dasz  sie  nicht  zu  zählen  sind,  und  das  war  anch  das 
natürlichere,  ein  einzelner  iambus  wie  OK.  816  ri  9dl;  kann  nur  in  musi- 
calischer Umgebung,  nicht  zwischen  den  trimetem  als  vers  betrachtet 
werden;  geht  dies  aber  nicht  an,  so  wird  auch  Trach.  866  und  OT.  1471 
t{  q)r)|Li{  und  alles  ähnliche  nicht  als  solcher  anzusehen  sein,  das  vor- 
kommen von  tetrametern  und  allöometrischen  versen  lehrt,  dasz  absolute 
metrische  gleichheit  nicht  verlangt  wurde,  demgemäsz  dürfte  die  an- 
nähme nicht  viel  gegen  sich  haben,  dasz  diese  Verbindungen  sich  ge-^ 
wissermaszen  enklitisch  (Trach.  866)  oder  proklitisch  (Traoh.  868]  an 
die  benachbarten  verse  anschlieszen.  es  sind  ihrer  in  unsem  stücken 
im  ganzen  sieben;  auch  wenn  sie  mitzuzählen  wären,  brächten  sie  die 
responsion  nicht  zu  falle.  *  es  fallen  also  für  Sophokles  nicht  in  reoh- 
nung:  Trach.  866.  868.  871—896.  947—1043.  1269—1278.  Elektra  1160. 
1232—87.  1384—97.  1404—21.  1428—41.  1608— IMO.  Oidipus  Tjrannos 
649—68.  678—97.  1186—1222.  1297—1811.  1813-68.  1468.  1471.  1476. 
Phil.  219.  391-402.  507—18.  1081—1217,  die  zwei  seit  Bmnck,  worauf 
ich  der  controle  wegen  noch  besonders  aufmerksam  machen  will,  in  den 
ausgaben  nicht  mitgezählten  aus  v.  1366  ausgeschiedenen  verse,  1408 — 17. 
1443—44.  1445—71.  nach  Phil.  1261  nehme  ich,  wie  gesagt,  den  aasfall 
eines  verses  an. 


662  JOeri :  die  grosze  respoxiBion  im  Bheeos. 

sage  ich  mir  mit  dem  chor  in  Schillers  braut  von  Messina  von  ihrem 
kriege  gegen  die  armen  verse;  sie  können  mir  höchstens  so  weit 
entgegenkommen,  dasz  sie  annehmen,  in  byzantinischer  oder  in  sonst 
irgend  einer  argen  zeit  sei  über  den  echten  Sophokles  ein  unhold 
gekommen ,  der  durch  seine  zuthaten  die  von  haus  aus  nicht  vor- 
handene responsion  herbeigeführt  habe,  den  ernsthaften  geistern 
dagegen,  welche  zwar  eigentlich  eine  freude  daran  hätten,  wenn  der 
groszen  versestreicherei  im  Sophokles  ein  ende  mit  schrecken  bereitet 
würde ,  welche  aber  meine  resultate  mit  ihrer  Vernunft  nicht  in  ein- 
klang  bringen  können  und  deshalb  einen  begreifliehen  Widerwillen 
dagegen  haben ,  möchte  ich  nochmals  die  frage  vorlegen :  findet  sich 
in  der  art,  wie  ich  die  verse  zähle  oder  nicht  zähle,  die  geringste 
Willkür? 

Wenn  mir  diese  frage  nicht  bejaht  werden  kann,  so  habe  ich 
gewonnenes  spiel:  denn  eine  erscheinung,  deren  gründe  man  nicht 
kennt,  mag  ja  immerhin  eine  schwer  verdauliche  sache  sein:  einen 
sehr  viel  bessern  magen  verlangt  die  annähme,  dasz  sich  diese  er- 
scheinung in  fünf  von  acht  stücken  aus  bloszem  zufall  wiederholt 
habe,  verfahre  ich  aber  willkürlich  in  der  Zählung,  so  bitte  ich  dass 
man  mir  einmal  genau  sage,  wo  dies  geschieht,  wenn  ich  ein  recht 
auf  die  beantwortung  dieser  frage  nicht  habe,  so  haben  es  doch  wohl 
diejenigen ,  die  sich  bisher  von  mir  haben  überzeugen  lassen,  wo 
liegt  bei  meiner  Zählung  die  willkür? 

Die  responsion  des  längsten  actes  mit  zwei  kurzem  acten  in 
den  fünf  Sophokleischen  bzw.  Sophoklesartigen  tragödien  ist  in 
meinen  äugen  der  stärkste  beweis  dafür,  dasz  es  eine  zeit  gab,  in 
welcher  die  alten  dramatiker  auf  die  verszahl  im  groszen  achteten. 
sie  bildet  das  eigentliche  centrum  meiner  position  in  den  responsions- 
fragen,  ist  sie  zufall,  so  mag  es  auch  zufall  sein,  dasz  in  der  Elektra 
drei  scenen  von  je  144  versen  auf  einander  folgen  und  dasz  das 
zweite  epeisodion  des  Oidipus  Tyrannos  die  Zahlengruppen 

13.  26.  39  —  19  —  39.  26.  13 

die  exodos  der  Trachinierinnen  die  gruppen 

43.  25.  17.  17  —  II  —  17.  17.  26.  43 

zeigt;  dann  mag  überhaupt  das  kunstvolle  gebäude  der  das  ganze 
Stück  umfassenden  responsion  in  den  Trachinierinnen*  auf  znfallbe- 

^  ich  erlaube  mir  dieselbe  in  deo  baaptzügen  hier  naeh  meiner 
Schrift  'interpolation  und  responsion  in  den  iambischen  partien  der 
Andromache'  s.  23  f.  zu  wiederholen,  weil  sie  in  der  'grofien  reepoB* 
sion'  noch  nicht  vollständig  darj^elegt  ist.  unter  der  f^ewit  eriaabten 
kritischen  prämisse,  dasz  das  cic  TÖv  OcTcpov  von  r.  80  io  einem  Ter» 
loren  (gegangenen  folgenden  verse  seine  beziehung  hatte  y  ergeben  sich 
für  die  sieben  acte  folgende  zahlen: 

94.  64.  272.  102.  168.  67.  216. 

nimt  man  hier  auszer  dem  ezodoscomplex  noch  eine  verbindanf  der 
beiden  anfangsscenen  an,  so  haben  wir  die  reihe: 

168.  272  —  102  —  168.  27«. 


HStadtmüUer:  zu  EuripidcB  Ipliigeneia  in  Aolis  [919—974]. 


ZU  EDBIPIDES  IPHIQENEIA  IN  AÜLIS. 

In  der  Euripideiscben  tragödie,  welche  noch  so  viele  ungelöste 
Probleme  bietet,  iat  eine  der  setr  verschieden  behandelten  partien  die 
Igngere  rede  des  Achilleus  (919^974),  die  erwiderung  auf  Klytai- 
mestras  bitte  Iphigeneia  gegen  den  vater  zu  schätzen,  wollte  mtui 
freilich  mit  Dindorf  v.  938 — 974  streichen  und  für  den  vorher- 
gehenden teil  eine  Interpolation  annehmen  in  dem  umfang  der 
Bauchen ateinschen  athetese  (jahrb.  1671  b.  163  f.),  so  würde  die  län- 
gere rede  zu  einer  kurzen  erwiderung  von  wenigen  versen  zu- 
sammenschrumpfen; keineswegs  aber  wäre  das  um  diesen  preis  ge- 
wonnene, kaum  ein  viertel  von  der  Überlieferten  zahl  der  verse, 
nun  durchaus  tadellos,  und  Kljtaimestraa  krltik  (y.  990)  ä\A'  eS 
jiev  üpxäc  eirrac,  eu  bk  xal  7i\r\  würde  höchst  seltsam  klingen. 
wenn  nun  umgekehrt  ein  kritiker  wie  HWeil  die  ganze  rede  bis 
auf  einen  einzigen  vers  für  echt  hält  und  Über  die  umfänglichste 
athetese  dies  urteil  spncbt:  'retrancber  un  morceau  qui  caract6rise 
si  bien  l'Achille  grec  et  les  moeurs  de  l'antiquitä,  c'est  pousser  la 
critique  trop  loin*,  so  ergibt  sich  aus  solchem  Widerspruch  der  An- 
sichten die  berechtigung  einer  erneuten  prDfung,  die  hier  versucht 
werden  soll. 

I.  In  der  einleitung  gibt  der  held  eine  Belbatcharakteristik.  der 
Euripideische  Achilleus,  welcher  dem  Homerischen  verwandt  und 
doch  ein  wesentlich  anderer  ist,  spricht  von  eich  (v.  919 — 931): 
ü(tJT]X6cppujv  ^01  6u^6c  alpcTM  npöcui' 
dnicTaTai  bt  xoTc  kokoIcI  t"  dcxaXäv  920 

^ETptiuc  Te  xfiipEiv  TOtciv  ££urrKtup^voic. 
XeXoticm^voi  t&p  ol  ToioU)'  elclv  ßporiilv 
äpöüjc  hiaCnv  TÖv  ßiov  TVLÜfiqc  \iixa. 
fcTiv  ufev  ouv  iv'  f|bij  fjfi  Xiav  q>pov£iv, 
fcTiv  bfe  )(.(i)-nou  xpnciMov  TViiMnv  ^X^tv.  «ß 

i-xOi  b'  ty  övbpöc  eiiceßecTäTou  xpacpeic 
Xetpmvosgferöov  tq{ic  Tpönouc  dnXoOc  ^x^iv. 
ta\  TofcJilKliaic,  fy/  ^ikv  fiTÜivrai  KaXtüc, 

dXX'  £v««&  Tpr  •sfptT-        -v  9W 

Ttap^uiv,  "ApTI  Tl  'I  >(. 

nachdem  man  920—938  ala  ■  ijehn^ 

Hennig  t.  925,  um  t.  9S4  nü  <• 

nimis  magnonimnm  eaae'  u  t. 

will  mit  Hennig  v.  936  ■ 

weitere  tilgung  von  t.  934  1 

Bau  eben  stein ,  ist  v- 9?'' 

allerdings  wttrde  £t^ 

an  V.  919  äipr)Xdq>pun 

JibrbUdier  tOi  eluc  lAilo. 


\ 


> 


666     HStadtmüller:  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Aulis  [919—974]. 

(etwa  yfiocb^  i\  dvbpöc  €uc€ß€CT(iTOU  Tpaqpeic?),  so  müsse  v.  92G 
fallen  und  damit  die  fünf  zunächst  folgenden  verse.  so  wttre  denn 
von  den  ersten  dreizehn  versen  genau  ein  dutzend  über  bord ge- 
worfen und  6in  vers,  der  freilich  den  meisten  emendationsbedttrftig 
erscheint,  glücklich  gerettet,  ich  bin,  um  dies  gleich  vorauszuschicken, 
der  meinung,  dasz  dieser  teil  der  rede  keine  Interpolation  erfahren 
hat,  dasz  die  13  verse  sämtlich  echt  sind,  zunächst  sollen  v.  920  f. 
iTricTaiai  hk  toTc  KaKOici  t'  dcxaXfiv  ^erpiujc  t€  x^^P^^v  toiciv 
iiujfK[D^4.y/o\c  entbehrliche ,  ja  ungehörige  reflexionen  sein,  daraus 
dasz  die  Euripideischen  figuren,  vom  beiden  bis  zur  amme,  sich  gern, 
nach  unserm  geschmack  manchmal  zu  gern  in  philosophischen  be- 
trachtungen  ergehen ,  daraus  soll  die  existenz  dieser  verse  nicht  er- 
klärt werden:  die  Charakteristik  des  beiden,  der  Zusammenhang  des 
dialogs  und  der  verlauf  der  handlung  gewähren  den  versen  ihre  volle 
existenzberechtigung.  dieselben  besagen:  ^Acbilleus,  der  hoch- 
herzige, mit  dem  hochstrebenden  mut,  versteht  es  gleichwohl  sich  zu 
mäszigen,  hat  mäszigung  gelernt  im  schmerz  und  im  unmnt  Aber 
schlimmes  so  wie  in  der  freude  an  dem  was  man  hoch  stellt,  was 
gegenständ  des  preises,  der  bewunderung  ist' ;  dh.  der  Euripideiscbe 
Achilleus  gleicht  dem  Homerischen,  aber  er  ist  doch  wieder  ein  ganz 
anderer  als  dieser.  Achilleus,  dessen  name  Agamemnon  willkürlichst 
misbraucht,  ist  schwer  gekränkt  in  seiner  ehre:  der  Homerische 
würde  leidenschaftlich  aufbrausen  und  sofortige  genugthuong  von 
Agamemnon  fordern ;  nicht  so  der  Euripideiscbe :  dieser  ist  nur  ent- 
schlossen die  tötung  derjenigen ,  die  einmal  die  seine  genannt  war, 
nicht  zu  dulden,  zu  Iphigeneias  rettung  will  Achilleus  das  schwert 
ziehen,  aber  nur  im  notfall,  wenn  eine  andere  lösung  ausgeschlossen 
ist.  der  Euripideiscbe  Achilleus  will  dasz  Überredung  und  bitte 
zuerst  angewandt  werde  (Trei9uj]Li€v  a\)Tf\c  naiipa  ß^XTiov  (ppoveiv 
V.  1011  vgl.  1015)  und  wünscht  dasz  dieser  weg  zum  ziele  führe: 
denn  Achilleus  empfindet  wohl  die  seiner  ehre  widerfahrene  krän- 
kung  (tö  V  d]Li6v  ou  q)ai3Xu)C  qp^pu)  v.  897) ,  aber  auch  der  schwer 
verletzte  versteht  es  sich  im  schmerz  zu  mäszigen,  weisz  selbst- 
beherschung  zu  üben  (KaKoTciv  äcxaXäv  juerpiuic).  Achilleus  ist  bei 
Euripides  in  seinem  reden  und  thun  ebenso  besonnen  wie  hoch- 
herzig :  der  Homerische  ist  stürmisch  aufbrausend ,  in  seinem  zom 
und  schmerz  leidenschaftlich,  unerbittlich,  wenn  nun  Euripides  den 
Charakter  seines  beiden  so  wesentlich  modificiert,  soll  er  dann  nicht 
berechtigt  sein  das  eigentümliche  seiner  auffassung  anzudeuten,  um 
das  Verständnis  der  dem  Achilleus  zugedachten  rolle  zu  erleichtern? 
bei  Achilleus  war  eine  derartige  aufklärung  den  griechischen  Zu- 
schauern gegenüber  geradezu  geboten :  denn  in  der  seele  des  Grie- 
chen hatte  sich  das  bild  des  Homerischen  Achilleus  bestimmt  und 
unauslöschlich  festgesetzt,  man  könnte  nun  das  zweite  glied  des 
Satzes  ]Li€Tpiujc  re  x^tipc^v  toiciv  iiujfKU}}xivo\c  aus  der  neigung 
der  alten  zu  antithetischer  entwicklung  eines  satzes,  namentlich 
gnomischen  inhalts  erklären ;  allein  auch  diese  werte  haben,  wie  ich 


HStadtmüller:  za  £aripideB  Iphigenda  in  AoHb  [919—^4].     667 

meine,  ihre  specielle  beziehung  im  Zusammenhang  der  stelle  nnd 
dienen  zugleich  zur  beleuchtung  der  contrastierenden  Charaktere  des 
Stückes,  in  dem,  was  Elytaimestra  von  Achilleus  erbittet,  liegt 
(vgl.  namentlich  v.  914 — 916)  zugleich  das  ansinnen  ausgesprocheii| 
dasz  Achilleus  zur  befreiung  Iphigeneias  seinen  einflusz  auf  das  beer 
geltend  mache,  dh.  der  gedanke,  dasz  der  söhn  der  göttin  mit  dieser 
auflehnung  gegen  Agamemnon  die  Oberleitung  des  heeres  erringen 
könne,  erringen  solle,  wenn  nun  AchiUeus  erklSrt,  dasz  seine  frenda 
an  den  ehren  und  gütern ,  welche  in  der  Schätzung  der  menschen 
hoch,  zu  hoch  stehen  (roTctv  ££u)Yku)^^voic) ,  eine  nicht  unmSszige 
sei ,  so  ist  damit  jenes  ansinnen  Elytaimestras ,  das  den  ruhmsflch- 
tigen  locken  würde,  zurückgewiesen;  er  wird  nichts  unternehmen 
um  den  rang  zu  erlangen,  den  zu  behaupten  Agamemnon  vor  der 
höhe  keines  preises,  vor  der  schwere  keines  Opfers  zurückschreckt* 
und  nicht  minder  treffen  die  werte  den  Charakter  Elytaimestras. 
das  vermeintliche  glück  den  Thetissohn  zum  eidam  zu  haben  hat  sie 
nicht  maszvoU  zu  tragen  verstanden ;  in  ihrem  stolz ,  ihrer  freude 
(v.  628  f.)  denkt  sie  nicht  an  den  neid  der  götter,  es  gebricht  ihr  an 
der  cujqppocuvri 9  der  bedingung  eines  richtigen,  vemunftgemftszen 
handelns.  —  So  seltsam  also  die  Terse  klingen  würden  im  munde 
des  Homerischen  Achilleus,  so  natürlich  lauten  sie  bei  Euripides 
und  entspringen  dem  bedür&is  desselben  den  zuhörer  über  seine 
Umgestaltung  des  Charakters  zu  belehren;  nur  das  Unvermögen  an 
stelle  des  Homerischen  Achilleus  den  Euripideischen  treten  zu  lassen 
hat  zur  beseitigung  der  verse  und  zum  zweifei  an  der  richtigkeit  der 
folgenden  vier  verse  geführt,  diese  enthalten  eine  kurze  rechtfertigung 
des  von  Achilleus  vertretenen  Standpunktes  mit  der  Widerlegung 
eines  einwandes,  welcher  gegen  denselben  erhoben  werden  kann. 
ich  habe ,  sagt  Ach. ,  jenes  maszhalten  gelernt  (diricTaTai) ,  mich  an 
dasselbe  gewöhnt :  denn  dies  ist  die  unentbehrliche  grundlage  eines 
richtigen,  der  Vernunft  folgenden  lebens.  dies  drückt  Eur.  (y.  922  f.) 
so  aus:  'nur  solche  (welche  jenes  masz  zu  halten  verstehen)  besitzen 
die  Überlegung,  sind  geistig  gerüstet  (XeXoTiCjii^VOl  elclv) 
richtig,  der  Vernunft  gemäsz  zu  leben,  sich  weder  durch  leidenschaft 
noch  durch  verkehrte  Wertschätzung  der  guter  des  lebens  irre  führen 
zu  lassen.'  so  stellt  Euripides  also  auch  hier  die  cuicppocOvri  seines 
Achilleus  der  nicht  beherschten  leidenschaft  des  Homerischen  holden 
einerseits  und  der  schwer  gebüszten  ruhmsucht  Agamemnons  ander- 
seits entgegen,  man  kann  einwenden,  fährt  der  dichter  v.  924  fort, 
dasz  es  manchmal  wonne  gewährt  nicht  besonnen  zu  sein  (aus  den 
werten  jiir)  Xiav  q)pov€Tv  hört  man  den  einwand  des  gegners:  'man 
darf  nicht  allzu  besonnen  sein'):  darauf  erwidert  er,  dasz  anderwärts 
besonnenheit  heilsam,  gewinnbringend  ist,  also  er s atz  bietet  für 
die  entsagung,  zu  welcher  sie  auffordert,  man  würde  diese  beiden 
verse  nicht  vermissen,  wenn  sie  fehlten;  etwas  fremdartiges  oder 
störendes  aber  enthalten  sie  nicht  und  finden  ihre  bestätigung  auch 
in  der  anknüpfung  des  folgenden  satzes  mit  ifib  bi,   diese  hervor- 


668     UStadtmüUer :  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Aalie  [919—974]. 

hebung  des  subjects  läszt  annehmen ,  dasz  die  allgemeine  betrach- 
tung ,  welche  zwischen  das  über  Achilleus  speciell  gesagte  (v.  919 
— 921  und  926  f.)  tritt,  etwas  umfänglicher  art  sein  muste,  und 
Euripides  mochte  diese  gelegenheit  gern  ergreifen  zur  Suszenmg 
über  die  frage,  ob  das  f)bu  oder  das  xpil^^MOV,  das  x<^(p€W  oder 
9poveiv  erstrebenswert  sei/ 

II.  Anders  als  über  den  ersten  teil  der  rede  denke  ich  Ober  den 
nächsten,  der  (v.  932 — 947)  überliefertermaszen  so  lautet: 

ckb\  (b  cx^iXia  iraGoöca  irpöc  tiuv  9iXTdTUiV,       982 
S  bi\  KttT*  fivbpa  TiTverai  veaviav, 
tocoOtov  oIktov  TiepißaXuJv  KaiacTcXu», 
ko{}ttot€  KÖpT]  ci\  TTpöc  TTaipöc  cq)aTr)C€Tai  986 

i^ii]  qpaTicGeic'  •  oü  fäp  ^ilatiX^kciv  nXcKdc 
ifd)  TrapeSuj  ciu  ttöcci  tou^öv  biixac. 
ToCvopa  TdPi  ci  Kai  ^i\  cibripov  fjpaTO, 
Toöpöv  q)ov€uc€i  TTttiba  cf\v,  TÖ  b'  atnov 
TTÖcic  cöc  •  dtvöv  h*  ouk^t'  icfi  ciöp*  i^öv,  940 

ei  bi'  €p'  öXeirai  bid  t€  touc  £^ouc  Tdjiouc 
f\  beivd  iXäca  kouk  dvexid  TrapG^vcc, 
GaupacTd  b'  ibc  dvdEi'  ^Tipac^^vr). 
ifd)  KdKiCTOC  fjv  dp'  'ApTeiuüV  dvrjp, 
ifuj  TÖ  ixr\biy/ ,  Mev^XeuJc  b*  dv  dvbpdciv ,  946 

ibc  ouxi  TTtiX^ujc,  dXX'  dXdcxopoc  T^T^c, 
öcTTcp  (poveuei  tou^öv  6vo^a  C(|)  iröcei. 
alle  interpretationskünste  können  hier  über  die  beiden  letzten  versa 
nicht  hinweghelfen,  v.  947  ist,  wie  man  erkannt,  aus  bestandteilen 
der  kurz  vorhergehenden  verse  937 — 939  zusammengesetzt;  der  vers 
(bc  ouxi  TTtiX^ujc,  dXX'  dXdcTopoc  t^T^c  ist  an  seiner  jetzigen  stelle 
unmöglich,  mag  man  eine  grammatische  beziehung  derselben  auf 
^TUJ  TÖ  iir]bi\  für  zulässig  halten  (man  müste  in  dem  falle  Meväeuic 
b*  dv  dvbpdciv  als  eine  auszer  dem  grammatischen  Zusammenhang 


^  zur  recbtferti^piDg  von  Trp6cuj  in  v.  919  CFi[fr)X6g)puiv  fioi  6u|iÖ€ 
atperai  irpöcui  y  er  weist  Hennig  auf  Sopb.  Trmcb.  647;  diese  itella  ist 
mit  andern  schon  von  Firnhaber  (s.  170)  angeführt,  trotzdem  hat  man 
an  der  richtigkeit  von  irpöcui  gezweifelt,  der  jüngste  verbesserungs- 
versuch  zu  der  stelle :  6\|ir)Xöq>puiv  fioi  6u^6c  oö^öc  aTpcTCU  (von 
FWSchmidt)  entbehrt  aller  Wahrscheinlichkeit;  immerbin  wird  man  sieh 
bei  der  Überlieferung  nicht  beruhigen,  denn  so  bezeichnend  irpöcui  in 
der  genannten  Sophoklesstelle  ist  (irpöcui  CTcixeiv  im  gegensats  sn 
q)G(v€iv],  80  wenig  läszt  sich  das  wort  in  der  Euripidesstelie  in  scharf 
präcisicrter  bedeutung  fassen  oder  in  eine  bestimmte  beziehang  bringen, 
ich  dachte  an  6i|;TiX6q>puiv  fnoi  Gufiöc  atpcrai  qpOcci  :  <pOc€i 'von  natar* 
im  gegensatz  zu  diricTarai;  das  hochherzige  wesen  ist  ihm  angeboren, 
das  maszhalteu  ist  die  frucht  der  Überlegung  oder  erziehnng.  aaeh  kam 
ich  auf  <)i[fTiX6q>pujv  ^oi  GufLiöc  aTperai  Opdcci.  durch  Opocci  gewinnt 
man  einen  innigem  Zusammenhang  mit  den  nächsten  versen,  indem  die- 
jenige kraft  des  Oufiöc  genannt  ist,  welche  nicht  frei  walten  soll,  son- 
dern sich  der  leitung  der  im  folgenden  gemeinten  cu;<ppocOvn  in  OBter» 
werfen  hat. 


HStadtmüller:  za  Earipidea  Iphigeneia  in  Aulia  [910—974].     669 

stehende  parenthese  fassen):  inhaltlioh  ist  jedenfalla  der  yers  hier 
unhaltbar,  unmittelbar  vorher  t.  944  und  945  klagt  Achillena  dass 
Agamemnon  an  ihm  so  gehandelt,  als  ob  er  der  geringsten  einer  sei, 
dasz  er  ihn  fttr  gar  nichts  geachtet  habe ;  dazu  passt  nun  keineswegs 
die  bezeichnung  äXdcTopoc  T^T^c :  denn  nicht  misaohtet  wird  der 
alastor  oder  der  söhn  desselben,  sondern  man  erkennt  seine  macht 
und  zittert  vor  derselben,  anderseits  ist  dieser  vers  an  sich  tadellos 
und  erinnert  nicht  an  das  machwerk  eines  interpolators.  also  hat 
man  es  mit  Umstellung  versucht,  mit  einer  doppelten,  bei  Weil  steht 
er  nach  943  Gau^acra  b'  übe  ävdSi'  i^Tt|iidcji€9a:  nach  dem  ge- 
sagten kann  diese  änderung  nicht  genügen ,  da  sie  nur  der  zuerst 
berührten  grammatischen  sdiwierigkeit  rechnung  trägt,  noch  unbe- 
greiflicher ist  der  versuch  den  vers  zwischen  944  ifib  KäKiCTOC  fjv 
äp'  'ApT€iuJV  dvi^p  und  945  ifti)  TÖ  jiiiib^v  unterzubringen,  auf  die 
stelle ,  für  welche  nach  meiner  meinung  der  vers  wie  geschaffen  ist, 
hat  man  merkwürdigerweise  noch  nicht  geachtet,  als  ein  alastor  oder 
ein  dämon  ähnlicher  art  musz  Achilleus  sich  in  der  that  vorkommen 
bei  der  erwägung,  dasz  sein  bloszer  name  todbringend  sei,  dasz  dieser 
einem  vater  die  möglichkeit  zum  morde  der  tochter  biete;  und  dem 
interpolierten  verse  947  verdanken  wir  wenigstens  das  6ine,  dasz  in 
den  elementen  desselben  ein  Zeugnis  erhalten  ist,  welches  den  von 
unserm  verse  ursprünglich  eingenommenen  platz  angibt,  die  werte 
ibc  ouxi  TTriX^ujc,  äXX'  dXdcTopoc  T^T^c  standen  nicht  über  Scirep 
(poveuei  Toupöv  dvopa  ct^  iröcei,  sondern  zwischen  v.  937 
ifil)  irap^Euj  cifi  iröcei  toö^öv  bi\iac  und  v.  938  Tofivo^a  fäp 
.  .  TOU|idv  q)OV€iJC€i,  also  zwischen  den  versen,  welche  der  inter- 
polator  zur  bildung  seines  Werkes  benutzt  hat.  der  dichter  schrieb 
nach  meiner  meinung  folgendermaszen: 

DU  Tdp  £^ttX^k€iv  TrXoKdc  9d6 

ifih  Tiap^Hu)  c\\}  TTÖcei  toö^öv  b^fiac,  987 

ujc  ouxi  TTtiX^ujc,  dXX'  dXdcTOpoc  tcTüic*  946 

TOÖvoMa  Tdp ,  €l  Kai  ^f|  cibripov  f^paro ,  988 

TOU|iöv  qpoveucei  iraiba  ct^v. 
man  könnte  nun  vermuten,  dasz  v.  937  vielmehr  ^ub  irap^ui  toö- 
jLiöv  övCfLia  ciu  TTÖC61  ZU  Schreiben  sei,  dasz  also  der  interpolierte  vers 
wenigstens  noch  ein  echtes  versglied  bewahrt  habe,  und  wirklich 
ist  jene  fassung  des  verses  von  Nauck  vorgeschlagen;  bei  der  bis* 
berigen  aufeinanderfolge  der  verse  würde  sich  dann  an  TOÖjiöv  dvojyia 
cuj  TTÖcei  unmittelbar  TOÖvo^a  —  toö^öv  (938.  939)  anschlieszen. 
auf  das  anstöszige  eines  solchen  Zusammentreffens  hat  man  bereits 
aufmerksam  gemacht  (vgl.  FWSchmidt  krit.  Studien  II  s.  256); 
mit  der  von  mir  vorgeschlagenen  einfügung  von  v.  946  zwischen  die 
gleichklingenden  Satzglieder  dürfte  jener  anstosz  vermindert,  viel- 
leicht beseitigt  sein ;  trotzdem  möchte  ich  937  in  der  überlieferten 
form  mit  bejiiac  halten,  nicht  darum  weil  dieses  b^jiiac  bei  Eur.  oft 
zu  einer  ^völlig  beziehungslosen  Umschreibung  der  person'  (Schmidt 
ao.)  entwertet  erscheint,  sondern  weil  der  ansdruck  in  seiner  eigenV 


670     HStadtmüUer:  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Aulie  [919—974]. 

liehen  bedeutung  die  bestfttigung  durch  die  folgenden  verse  erhftlt« 
es  heiszt  nemlich  im  anschlusz  an  das  oben  angeführte  folgender- 
maszen : 

xd  b'  alTiov 
TTÖcic  cöc*  dtvöv  b'  ouK^T*  iciX  CUJ^*  i^iöv,  940 

€l  bi'  €|Li'  dXeiTai  bid  xe  xouc  ipoüc  td^ouc 
f]  b€ivä  xXäca  kouk  dvcKxd  TrapG^voc. 

der  sinn  der  stelle  ist :  'dem  Agamemnon  kommt  allerdings  die  Ur- 
heberschaft des  mordes  zu;  aber  im  fall  der  Opferung  Iphigeneias 
wird  an  meiner  person  (mag  die  seele  auch  noch  so  rein  sein)  blui- 
schuld  haften':  und  dieser  gedanke  entspricht,  wie  bekannt,  durch- 
aus der  antiken  anschauung.  wollte  also  Achilleus  dem  Agamemnon 
nicht  entgegentreten ;  so  hätte  er  ihm  in  der  that  gestattet  nicht 
blosz  den  namen  zu  misbrauchen,  sondern  ihn  selbst  in  einer  der 
stthne  bedürftigen  weise  mit  blutschuld  zu  beladen:  darum  sagt 
Achilleus  ifd)  TiapeHuj  ct^  iröcci  xoÖ]liöv  b^^ac.  —  Wie  steht  es  nun 
mit  der  nachbarschaft  der  beiden  verse,  von  denen  der  eine,  wie  wir 
gesehen,  unecht,  der  andere  an  falsche  stelle  geraten  ist?  die  ihnen 
vorangehenden  drei  und  die  folgenden  vier  verse  lauten  folgender- 
maszen : 

Gaupacxd  b'  d)c  dvd£i'  i^Tijiiacp^vri.  943 

Iffh  KdKiCTOc  fjv  dp'  'Aptelujv  dviip , 

tfOj  xö  M^b^v,  Mev^Xeujc  b'  iv  dvbpdciv.  946 

jLid  xdv  bi'  UTpOüV  KUjLidxujv  xeGpajuiii^vov  948 

Nrjp^a,  qpuxoupYÖv  e^xiboc  f^  jn'  ^Tcivaxo, 

oux  dvpcxai  cfic  Gutaxpöc  'ATajbi^jiivuiv  äva£,  960 

oub'  elc  dKpav  x^ip*,  iSjcx€  TrpocßaXeiv  ir^nXctc. 

wie  der  erste  dieser  verse  (943)  überliefert  ist,  steht  er  im  anschlusz 
an  f]  beivd  xXdca  kouk  dvcKxd  TrapG^voc  (942)  und  soll  also  zur 
weitern  Charakterisierung  des  der  Iphigeneia  gewordenen  looses 
dienen,  es  klingt  aber  nach  den  eben  angeführten  Worten  jenes 
dvdSi"  i^xi^acji^vr)  nicht  blosz  wie  ein  unerwarteter,  nachschleppen- 
der Zusatz:  das  i^xipdcGai  ist  in  beziehung  auf  Iphigeneia  durch- 
aus unzutreffend,  unpassend  gesagt,  von  einer  dxipia  ist,  wie  Achil- 
leus denkt,  nicht  Iphigeneia  betroffen,  sondern  nur  er  selbst,  dies 
zeigen  die  folgenden  verse  (944  f.);  dies  beweist  der  ganze  gedanken- 
gang  der  rede,  zuerst  nemlich  ist  Ach.  empört  bei  vergegenwftrtigung 
des  Zieles,  zu  welchem  der  misbrauch  seines  namens  schliesziich  nach 
Agamemnons  absieht  führen  sollte ;  träte  er  dieser  nicht  entgegen, 
so  müsto  er  sich  selbst  vorkommen  wie  ein  böser  dämon.  zum  zwei* 
tcn  beschäftigt  ihn  ein  wesentlich  verschiedener  gedanke,  der  dasx 
die  AtrcYden  ihn  nicht  h<5eh  genug  achteten,  um  ihr  falsches 
spiel  nicht  auf  kosten  seines  namens  zu  spielen,  v.  943  kann  sich 
also  jedenfalls  nicht  in  der  überlieferten  weise  an  942  anschliesien. 
bringt  man  den  vers  durch  die  änderung  von  f^xtpacM^vii  in  iVnftä- 
C|ii€9a  (Monk)  in  die  einzig  mögliche  beziehung  auf  Achilleus ,  dann 


HStadtmüUer:  zu  Euripides  Ipbigeneia  in  Aolis  [919^974].     6T1 

geben  eine  weitere  ausführung  dieser  än^ta  die  beiden  folgenden 
verse  (944  f.) : 

dtu)  KcxKicToc  fjv  fip*  *ApTeiiUV  dv/jp, 
ifuj  TÖ  mbiVy  Mev^euic  b'  iv  dvbpdcw. 
so  passend  tö  iir\bi.v  als  Steigerung  des  Torhergehenden  xdKiCTOC 
erscheint ,  so  verkehrt  ist  die  folgende  antithese  Mev^XeuiC  b'  £v 
dvbpdciv.  man  weisz  dasz  das  griechische  drama  dem  MenelaoB 
vielfach  die  stelle  des  mattherzigen  Schwächlings  zugewiesen  hat. 
dieser  Vorwurf  —  und  er  kommt  hier  im  ton  der  ironie  zum  schärf- 
sten ausdruck  —  ist  an  unserer  stelle  in  Achilleus  munde  unberech- 
tigt und  unbegreiflich,  was  ist  vollbracht  von  dem  einen  oder  dem 
andern ,  dasz  Ach.  hier  fragen  kann :  'einen  Menelaos  zählt  man  zu 
den  männern,  während  man  mich  misachtet'  ?  mit  vollem  recht  hat 
FWSchmidt  neuerdings  diesen  vers  verworfen,  und  eine  bestätigung 
der  unecbtheit  findet  sich  im  weitem  verlauf  der  rede,  wo  esheiszt: 
vOv  V  oub^v  elpi  Trapd  fe  toic  cxpaniXdTaic  (v.  968);  unmöglich 
kann  in  derselben  rede  eine  derartige  dublette  stehen,  unser  ihter- 
polator  aber  hat  sich  mit  der  6inen  antithese  nicht  begnügt:  wie  er 
die  beiden  vergleicht,  in  derselben  weise  und  zu  demselben  ende 
stellt  er  die  herkunft,  die  heimat  derselben  gegenüber,  diese  zweite 
antithese  lautet  V.  952 — 954: 

f\  CiTTuXoc  fcrai  iröXtc ,  Spicjiia  ßapßdpuiv , 
ö0€v  TTCcpOKac*  ol  crpaTTiXdTm  t^voc, 
OGia  bk  Toö^öv  T*  cöbajüioö  KetcX^cerai. 
ob  der  interpolator  selbst  mit  dem  mittlem  verse  den  commentar  ge- 
geben hat  zu  dem  fein  ersonnenen  CinuXcc  (Argos  oder  Sparta 
konnte  er  nicht  gebrauchen,  da  er  dem  gefeierten  Phthia  einen  gerin- 
gen ,  namenlosen  ort  gegenüberstellen  muste),  oder  ob  eine  jüngere 
band  das  werk  des  altern  interpolators  erweitert  hat,  wer  möchte 
dies  entscheiden  ?  jedenfalls  ist  der  höhnische  hinweis  auf  den  ahnen- 
sitz der  Atreüden  ebenso  wenig  der  gesinnung  des  redenden  ange- 
passt  wie  die  vergleichung ,  welche  des  Pelelden  und  Atrelden  an- 
sprüche  auf  die  dvbpeia  einander  gegenüberstellt,  dem  ungehörigen 
des  inhalts  entspricht  das  Ungeschick  des  ausdmcks.  man  findet 
TTÖXic^  auffällig,  ändert  öpic^a  in  £p€ic^a,  mit  welchem  gewinn? 
ebenso  zwecklos  hat  man  an  der  construction  des  folgenden  verses 
corrigiert  (80€V  7T^q)UK€  TOic  CTpaniXdTaic  t^voc  hat  zuerst  Beiske, 
dann  Hennig  noch  einmal  in  verschlag  gebracht) ;  im  dritten  verse 
hält  man  meist  Jacobs'  ändemng  <t>9iac  bk  Touvojii'  für  notwendig. 


'  verlohnt  es  sich  an  dieser  stelle  eine  änderung  vorzunehmen,  so 
möchte  ich  kXutöc  für  it6Xic  einsetzen;  die  gefi^ensätzliche  beziehung 
zwischen  f\  CdruXoc  ^crai  kXutöc,  öpic^a  ßapßdpuiv  und  v.  954  06(ac 
bt  Toövo|Li*  oOöaiLioO  K€KX/|C€Tai  tritt  dann  schärfer  hervor:  'Sipjlos 
im  harharenlande  wird  gefeiert,  Phthia  dagegen  nirgend  genannt  sein.' 
in  Verbindung  mit  Ortsnamen,  localen  begriffen  findet  sich  kXutöc  nicht 
blosz  häufig  bei  Homer,  sondern  auch  bei  den  tragikern,  zb.  Ant.  1119 
kXutAv  öc  d|LA(p^Tr€ic  'iToXiov.    OT.  172.    Iph.  Aul.  863. 


672     HStadtmfiller:  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Aulis  [919—974]. 

kurz,  diese  zweifache  antithese  in  v.  945  und  v.  952 — 954  trägt  im 
wesen  so  offen  den  Stempel  der  gleichartigkeit ,  dasz  ich  mich  nur 
wundem  musz ,  wie  man  zwar  mehrfach  sich  von  der  unechtheit  der 
verse  überzeugte,  dagegen  die  Verwandtschaft  derselben,  die 
gemeinsame  tendenz  und  manier  der  interpolation  noch  nicht  er- 
kannte. —  Da  nun  von  den  drei  versen  945 — 947  zwei  unecht  sind 
und  der  mittlere  umzustellen  ist,  so  würde,  wollte  man  der  Über- 
lieferung im  übrigen  folgen,  der  mit  948  beginnende  schwor  sich 
unmittelbar  an  944  anschlieszen  und  von  940 — 950  sich  folgende 
gedankenreihe  ergeben:  1)  auf  mir  lastet  blutschuld,  wenn  die  durch 
den  vorwand  der  Vermählung  geteuschte  Iphigeneia  jetit  durch  die 
band  des  vaters  den  tod  finden  wird ;  2)  in  unbegreiflicher  weise  bin 
ich  misachtet;  und  der  niedrigste  der  Griechen  galt  mehr  als  ich ; 
3)  ich  schwöre  es  bei  Nereus,  dasz  Agamemnon  an  seine  tochter  nicht 
band  anlegen  wird,  man  sieht  ohne  weiteres,  dasz  die  im  innig- 
sten Zusammenhang  stehenden  gedanken,  der  erste  und  der  dritte^ 
durch  eine  fremdartige  erwägung  auseinandergerissen  werden,  dh. 
dasz  die  verse  943  und  944  nicht  zwischen  942  und  948  stehen 
können,  es  ist  schon  oben  hingewiesen  auf  die  ähnlichkeit  zwischen 
dem  auf  V.  944  folgenden  ifix)  tö  ^r\bkv  und  v.  968  vOv  b'  oub^v 
eipi  Trapd  fe  toTc  CTpaTriXaiaic  sollte  etwa  der  interpolierte  vers 
(945)  für  die  richtige  einreihung  der  beiden  vorangehenden  verse 
denselben  dienst  leisten,  der  von  dem  verkehrten  verse  947  geleistet 
wird  für  die  richtigstellung  von  v.  946?  bringt  man  v.  943  f.  vor 
968,  dh.  vor  diejenige  stelle,  welche  die  auffällige  ähnlichkeit 
mit  V.  945  aufweist,  so  erhält  man  unter  combinätion  des  tadel- 
losen teiles  von  v.  945  {Ifih  tö  )LiTib^v)  und  des  verses  968  (vCv  b* 
ovbiv  eijui  Trapd  fe,  toic  CTpaiTiXdTaic)  folgende  versgruppe,  welcher 
niemand  einen  correcten  Zusammenhang  absprechen  wird : 

Gau^acTd  b'  übe  dvdEi'  i^Ti)Lidc]Li€9a '  94» 

ifüj  KdKicTOC  fjv  dp*  'ApTciuJv  dvrjp,  944 

ir(\h  TÖ  jLiTibiv  irapd  fe  toic  CTpaTiiXdTaic,       945-(-968 

dv  eufnapeT  Te  bpav  t€  kq!  \ii\  bpdv  KaXuK.  909 

Jetzt,  wo  die  verse  943 — 947  zum  teil  beseitigt  sind,  lum  teil 

ihre  richtige  stelle  erhalten  haben,  ist  endlich  der  anschlusi  von 

948  ff.  an  die  zugehörigen  verse  gewonnen ;  dasz  man  nicht  früher 

auf  denselben  aufmerksam  geworden ,  ist  mir  fast  rätselhaft  bei  der 

offenbaren  Zusammengehörigkeit  der  folgenden  verse: 

dtvöv  b'  ouk^t'  dcTl  ciijp'  ipöv ,  940 

€l  bi'  fjLi'  dXeiTai  bid  t€  touc  djiioöc  td^ouc 
f|  beivd  TXaca  koük  dvcKTd  itapG^voc  942 

)Lid  TÖv  bi'  \)^p6jv  KUjLidTujv  TcGpamii^vov  948 

Nrjp^a,  qpuTOupTÖv  e^Tiboc,  f\  p'  dTeivaTO, 
oux  äM;€Tai  cfic  GutOTpöc  'Atap^^vuiv  dvoE,         950 
oüb*  €lc  dKpav  X€ip'»  ^ÖCTC  TrpocßaXciv  tt^ttXoic. 
man  erkennt  die  Wechselbeziehung  der  sätze  nach  Inhalt  und  form: 
dem  futurum  öXciTai  (941)  entspricht  &i[i€Tai  (960),  der  annähme 


HStadtmüUer:  zu  Euripidee  Iplugeneia  in  Anus  [91»-974].    678 

ei  öXelrai  die  yersicherang  odx  &Mi€Tai«  und  es  ist  durolwnt  begreif- 
lich und  natürlich ,  wenn  Achillens  hier  nnter  dem  banne  der  yor- 
stellung,  dasz  Jphigeneias  blot,  wfirde  es  vergossen,  seinen  namen» 
seine  person  mit  blutschuld  beflecken  mflste,  wenn  er  hier  die  anf 
Iphigeneias  yerteidigang  bezfigliohe  erklftmng  dnroh  einen  feierlichen 
schwur  bei  dem  erzeuger  der  Thetis  bekriftigt. 

m.  Da  T.  952 — 954  wegfallen,  so  folgen  anf  AohiUens  be- 
teuerung,  Iphigeneia  gegen  den  vater  zu  verteidigen,  unmittelbar 
die  gegen  Ealchas  und  die  seherkunst  gerichteten  werte  (▼•  956 
-958): 

iTiKpoOc  bk  irpoxtirac  x^pvißdc  t*  ivdpEerai 
KdXxac  6  jidvTtc.  Tic  bk  ii&vnc  Icf  ävf^p, 
8c  öXir"  äXriefl,  iroXXä  bk  ^f€obi\  Xifti 
Tux^v,  öxav  bfe  |iif|  Tiixq,  bioixcroi; 
den  letzten  dieser  yerse  hat  man  mehrfach  getilgt,  meist  misver- 
standen,  der  sinn  der  stelle  ist  folgender:  *wie  kann  man  d6n 
einen  seher  nennen ,  der  wenig  wahres  und  viel  falsches  sagt  au  f  s 
gerate  wohl,  wie  es  der  zu  fall  will  (n^x^v),  und  der  tuende 
ist,  dh.  dessen  kunst  zu  ende  ist,  dessen  rühm  dahin  ist,  wenn 
er  es  nicht  trifft,  wenn  ihm  der  zufall  nicht  wohl  will?'  TUXibv 
steht  demnach  in  allgemeinerer  bedeutnng  als  das  nur  den  günstigen 
fall  bezeichnende  vix^  ^i^d  bezieht  sich  nicht  bloss  auf  öXlt*  dXr|9f)y 
sondern  auf  beide  eventualitftten,  so  dasz  iroXXd  bk  t|i€ubf|  keines- 
wegs eine  parenthetische  beiftlgung  des  freier  gestalteten  gegensatzes 
ist.  der  dichter  will  sagen :  ob  er  die  Wahrheit  sagt  oder  das  gegen- 
teil,  beides  ist  zufall  (m.  vgl.  wegen  dieser  doppelten  beziehung  von 
TUYX^veiv  zb.  Hom.  6  429  twv  fiXXoc  jii^v  äirocpOicdui,  äXXoc  bk 
ßiCüTUJ,  öc  K€  tOxi))*  unser  yers  bezeichnet  also  die  mantik  aus- 
drttcklich  als  spiel  des  zufalls,  Iftszt  dieselbe  nicht  als  kunst,  nicht 
als  ausflusz  göttlicher  eingebung  gelten ,  und  ich  sehe  keinen  zwin- 
genden grund  den  vers  zu  streichen,  wofern  man  die  übrigen  auf 
Kalcbas  bezüglichen  verse  halten  will,  manche  verwerfen  nemlich 
nicht  blosz  den  vierten ,  sondern  diese  vier  verse.  eine  dritte  mög- 
lichkeit,  an  die  man  noch  nicht  gedacht,  will  ich  hier  anführen,  man 
könnte  versucht  sein  nur  den  ersten  der  vier  verse  zu  halten  und 
diesen  an  951  anzuschlieszen,  vielmehr  an  stelle  dieses  verses  zu 
setzen,  der  ja  auch  schon  verdächtigt  und  durch,  wie  ich  meine, 
unnütze  conjecturen  umgestaltet  worden  ist.  es  würde  dann  heiszen: 
oux  äi|i€Tai  cfic  GuTaxpöc  'Atom^MVUIv  fiva£,  960 

TTiKpouc  bk  Trpoxöiac  x^pvißäc  t*  ivdpEerat.  966 

danach  würde  Agamemnon  die  dem  opfer  vorangehenden  heiligen 
handlungen  vorzunehmen  haben,  in  Übereinstimmung  mit  dem  zb. 
v.  1518 gesagten:  eöbpocot iratal  irarpiipai  p^voucicc  x^pviß^c 
T€.  der  interpolator  aber,  müste  man  annehmen,  hfttte  dies  amt 
lieber  in  der  band  des  priesters  gesehen  als  in  der  des  kOnigs  und 
aus  dem  gründe  die  folgenden  verse  hinzugefügt,  indes  vermag  ich 
das  ungehörige,  das  in  dieser  rede,  in  diesem  Zusammenhang  die  er- 


674     HStadtmüUer:  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Aolis  [919—974]. 

wähnung  des  Ealchas  haben  soll,  nicht  zu  erkennen,  meine  also,  dan 
alle  vier  verse  zu  halten  sind,  man  könnte  ja  allerdings  einwenden, 
dasz  sie  der  erinnerung  an  jene  häufigen  ausfalle  gegen  die  manük 
zu  verdanken  seien ,  in  welchen  das  damalige  drama  den  kämpf  der 
aufklttrung  mit  dem  aberglauben  spiegelte;  allein  mit  demselben 
rechte  darf  man  behaupten,  dasz  ein  teilnehmer  dieses  kampfes  und 
ein  der  reflexion  zugeneigter  dichter  wie  Euripides  eine  ihn  tief  be- 
wegende frage  auch  da  berühren  mochte,  wo  der  Zusammenhang  dazu 
nicht  unmittelbar  aufforderte,  aber  sollten  jene  vier  verse  wirklich 
nur  ein  äuszerlicher  zusatz  sein,  durch  kein  motiv  der  dichtang,  durch 
keine  forderung  der  composition  begründet,  ausschlieszlich  ver- 
anlaszt  durch  die  Skepsis  des  dichlers  und  seines  Zeitalters?  der  alte 
diener  Klytaimestras  erklärt  in  Achilleus  gegenwart  den  unnatür- 
lichen entschlusz  Agamemnons  durch  hinweis  auf  die  orakel  des 
Ealchas  878  f.  wenn  nun  der  stimme  des  Orakels  zuwider  Achilleoa 
Iphigeneia  retten  will,  so  ist  eine  darlegung  seines  Standpunktes  der 
mantik  gegenüber  nicht  blosz  zulässig ,  sondern  es  scheint  geradezu 
geboten,  dasz  er  zur  rechtfertigung  des  die  orakel  nicht  anerkennen- 
den Verfahrens  sich  über  sein  mistrauen  gegen  die  kunst  der  seher 
äuszere.  entbehrlich,  aber  darum  noch  keineswegs  verwerflich  wür- 
den die  vier  verse  dann  sein,  wenn  in  der  vorausgehenden  Unter- 
redung des  Orakels  nicht  gedacht  würde;  so  erscheinen  sie  zur  moti- 
vierung  von  Achilleus  auftreten  notwendig  und  gewähren  zugleich 
dem  dichter  einen  weitern  zug  in  der  gegensätzlichen  Charakterisie- 
rung seiner  haupthelden. 

Nach  dem  angriff  auf  Ealchas  lauten  der  Überlieferung  gemäsi 
die  verse  bis  zum  schlusz  der  rede  folgendermaszen  v.  959 — 974: 
DU  Tiliv  YciM*wv  ?KaTi  —  ^upiai  KÖpai 

ÖTlpÜüCI  X^KTpOV  TOÖILIÖV  —  cTpllTai  TÖbC  *  960 

dXX'  ößpiv  de  f|M&c  ößpic'  'ATaMdjuvujv  ävoE. 
XPnv  b'  auTÖv  alieiv  tcümöv  6vo]li'  i^ov  ndpa, 
eripajLia  iraiböc,  el  KXuTaijiiricTpa  t*  d^ol 
jiciXicT'  dneicBTi  GuTCtidp*  dKboOvai  ttöcci. 
fbujKa  tSv  "GXXticiv  ,  el  Tipöc  ''IXiov  965 

dv  Tqjb*  iKajuve  vöcxoc  •  ouk  i^pvouMeO*  fiv 
TÖ  Koivöv  aöE€iv  6jy  ^di'  dcTpateuöiLiTiv. 
vöv  b*  oubdv  eljLii  Tiapä  t€  toTc  CTpaTTiXarmc 
dv  eujLiapei  t€  bpav  t€  kq!  ^f)  bpäv  KaXÜJC. 
xdx*  €ic€Tai  cibnpoc,  6v  irpiv  de  OpuTac  970 

dXGeiv,  cpövou  KTiXiciv  aijLiaTi  xpctvd», 
e\  TIC  jLie  Tf|v  cf|v  Gutaidp'  dHaiprjceTai. 
dXX'  ficiixote  •  öcöc  dtib  Trdqprivd  coi 
]Li€TiCTOC,  OUK  ujv,  dXX*  öpoic  Ttvrjcopai. 
manche  halten  diese  verse  alle  für  unecht,  manche  verwerfen  keinen 
einzigen,  andere  sind  für  ausscheidung  einiger  verse,  ohne  jedoch  in 
der  wähl  der  auszuscheidenden  mit  einander  Obereinzustimmen,   als 
offenbare  interpolation  aber  erweisen  sich  die  verse  962— 967,  deren 


HStadtmüller:  zu  Euripidee  Iphigenda  in  Aiilis  [919*974].    676 

Unmöglichkeit  auch  yon  andern  behauptet  ist  Achilleus  hat  oben 
erklärt,  dasz  er  bei  Cheiron  ein  gerades,  offonea  weaen  gelernt  habe 
(v.  927),  er  wird  darum  nimmermehr  zugeben,  daaz  »ein  name 
einer  teuschung,  einem  falschen  spiele  diene:  dies  behauptet  er  aus- 
drücklich Y.  936  ff.  jetzt  soll  derselbe  Achilleus  erkUren,  er  würde 
seinen  namen  dem  betrüge  geliehen  haben,  wenn  nur  Agamemnon 
ein  wort  der  bitte  an  ihn  gerichtet  hfttte,  v.  962.  oben  beteuert  Aohfl^ 
leus  feierlichst,  er  werde  das  opfer  Iphigeneias  nicht  zulassen,  damit 
nicht  der  tod  der  durch  seinen  namen  nach  Aulis  gelockten  Jungfrau 
blutschuld  über  ihn  kommen  lasse:  und  jetzt?  *er  sei  bereit  gewesen 
zur  ermöglichung  eben  dieses  opfere  und  den  Griechen  zu  liebe  den 
misbrauch  seines  namens,  die  Torspiegelung  der  ehe  zuzulassen,  wo- 
fern Agamemnon  sich  zu  einem  darauf  bezüglichen  gesuch  yerstan- 
den  hätte.'  der  interpolator  meint:  ^Agamemnon  hfttte  Achilleus 
bitten  sollen,  und  dieser  würde  der  bitte  willfahrt  haben' ;  bei  etwas 
mehr  Verständnis  für  die  rede  und  den  Charakter  des  Achilleus  würde 
er  gesagt  haben:  ^Agamemnon  hat  aus  gutem  gründe  unterlassen  den 
Achilleus  um  seinen  namen  zu  bitten:  denn  er  wüste,  dasz  Ach.  zu 
einem  betrüge,  wie  er  ihn  beabsichtigte,  seinen  namen  nie  hergeben 
würde.'  dazu  kommen  sprachliche  anstOsze :  KXuraiiiifjcrpa  direicOr] 
anstatt  ci)  ^ireicGiic,  wie  wenn  der  interpolator  yergessen  hfttte  dasz 
Klytaimestra  angeredet  ist,  Ofjpajyia  in  einer  sonst  nicht  nachweislichen 
bedeutung ,  der  ganze  satz  ei  KX.  T*  d^ol  jiiäXtCT'  £iT€ic6n  OuTCtT^p' 
dKboOvai  TTÖC61,  welcher  eine  mehrfache,  aber  keine  befriedigende 
interpretation  zuläszt.  darum  ist  es  mir  rätselhaft  und  wird  es  auch 
andern  sein ,  dasz  noch  in  ausgaben  jungem  datums  die  verse  962 
— 967  gehalten  werden,  die  absieht  des  machwerks  ist,  meine  ich, 
leicht  zu  erkennen:  der  interpolator  wollte  dasjenige,  worin  nach 
seiner  meinung  die  Verunglimpfung  des  Achilleus  und  der  fehler 
Agamemnons  bestand,  deutlichst  ausgedrückt  sehen;  ftuszerlich 
knüpft  er  an  stellen  wie  v.  910.  937  f.  an  und  erhebt  sich  in  seiner 
auffassung  nicht  über  die  gewöhnliche  scholiastenweisheit.  mit  be« 
seitigung  der  interpolation ,  mit  der  oben  vorgeschlagenen  Umstel- 
lung der  verse  943  und  944,  mit  der  Verbindung  von  v.  945  und  968 
erhalten  wir  nunmehr  folgendes : 

DU  tOüv  Tci^wv  ?KaTi  —  jiiupiai  KÖpoi  959 

Gnptöci  X^Kipov  Toöpöv  —  elprjTat  TÖbe*  960 

dXX'  ößpiv  de  f||Liac  ößpic*  'AraM^MVuiv  fivol ,  961 

OauMacTä  b' übe  dvdSi' ^TiMdc|ii€9a'  948 

ifOj  KctKiCTOC  fjv  fip*  'ApTciuJv  dvi^p,  944 

^T^  TÖ  jiTibiv  Ttapd  T€  toTc  CTpaniXdTaic,       946+968 
h  euMapei  t€  bpäv  t€  Kai  iii\  bpdv  KaXoic.  969 

Tax'  cTceiai  cibripoc,  8v  irpiv  ic  4>p\iTCtc  970 

dX0€iv,  qpövou  KrjXtciv  aX^cni  xpoviö,  971 

€1  TIC  ixe  Tf|v  cf|v  OuTaT^p'  ££atpif)C€Tat.  972 

so  schwerwiegende  gründe  wie  gegen  die  eben  behandelten  verse 
lassen  sich  allerdings  gegen  die  drei  ersten  der  hier  stehenden  verse 


676     HStadtmüller:  zu  Euripidee  Iphigeneia  in  Aulis  [919—974]. 

959—961  nicht  geltend  machen;  unbegründet  aber  sind  die  be- 
denken keineswegs,  welche  man  gegen  dieselben  erhoben  hat.  die 
Worte  ^upiai  KÖpai  9r)puici  X^KTpov  tcö^öv  haben  etwas  anstösziges, 
yerletzendes  nicht  blosz  für  das  moderne  empfinden,  man  bemft 
sich  zur  rechtfertigung  derselben  auf  Hom.  I  395  TroXXal  ^Axaiibcc 
ddv  öv'  *€XX(iba  t€  OGitiv  t€  ,  KoOpai  äpicrriuiv ,  et  t€  TrroXieOpa 
^öovTar  xdujv  fjv  k'  46Äuü]lii  cpiXtiv  iroiiico^*  äKOiTtv.  jedermann 
sieht,  dasz  ein  nicht  unwesentlicher  unterschied  ist  zwischen  obigen 
werten  und  der  Homerstelle :  jene  zeigen  in  der  unzarten  steigerong 
dieser  nicht  die  kunst  des  Euripides ,  sondern  einen  trivialen  versi- 
ficator,  dem  das  wort  elc  t'  <ivf|p  Kpeiccujv  T^vaiKurv  )iup(u)v  öpdiv 
qpdoc  Torschweben  mochte,  und  dem  das  bild  des  in  fast  befan- 
gener Schüchternheit  der  Eljtaimestra  entgegentretenden  Achilleat 
entschwunden  war.  die  Verwahrung  aber,  die  in  den  versen  ausge- 
sprochen wird  gegen  eine  fälsche  auffassungsweise  von  Achilleoa 
handeln  und  be weggründen,  ist  sehr  überflüssig;  gerichtet  an  Ely* 
taimestra,  welcher  durch  die  begrüszung  des  Ach.  als  ihres  eidame 
eine  für  die  königin  wie  für  die  mutter  gleich  empfindliche  demflti- 
gung  widerfuhr,  sind  die  worte  um  so  auffallender,  als  Ach.  das  be- 
schttmende  jener  entteuschung  mit  empfunden  und  Kljtaimestra 
darüber  zu  trösten  versucht  hat.  ich  weisz ,  zu  welchen  Ungereimt- 
heiten die  nichtachtung  des  Unterschieds  zwischen  modemer  und 
antiker  ästhetik  geführt  hat;  hier  aber  wird  man  schwerlich  irre 
gehen,  wenn  man  die  beiden  verse  als  eine  versificierte  scholien- 
paraphrase  betrachtet. 

Wahrscheinlich  hat  man  ihr  auch  den  folgenden  vers  in  ver- 
danken: äXX'üßpiv  £cfmäc  ößpic"ATa]Li^pvuivfiva£.  der  erste  versteil 
enthält  eine  nicht  seltene  Euripideische  formel  (vgl.  Hik.  512.  Her. 
741.  Herakl.  18.  Hei.  785.  Phoin.  620),  der  zweite  wiederholt  in 
lästiger  weise  die  clausel  eines  in  der  nähe  befindlichen  verses  (950), 
und  das  ganze  ist  nichts  als  eine  Variation  des  folgenden  versea 
GaujLiacTd  b*  übe  dvdgi'  i^TijiiäcpeOa.  dieser  aber  bildet  nach  meinem 
dafürhalten  den  geeigneten  Übergang  zu  dem  letzten  teil  der  rede. 
im  vorhergehenden  ist  namentlich  der  gedanke  ausgeführt,  dasz  das 
Opfer ,  weil  ermöglicht  durch  den  misbrauch  von  Achilleus  namen, 
den  Achilleus  als  mitschuldigen  an  Iphigeneias  tod  erscheinen  Iftszt, 
dasz  darum  Achilleus  das  opfer  nicht  zulassen  darf,  jetzt  bedenkt 
Ach.,  dasz  Agamemnons  verfahren,  die  willkürlich  zugesprochene 
tochter  ihm  ebenso  willkürlich  zu  entreiszen,  eine  völlige  gering- 
Schätzung  seiner  person  voraussetze,  dasz  Iphigeneia,  die  einmal  die 
seine  genannt  worden,  ein  anrecht  auf  seinen  schütz  habe,  dasz  eine 
Verweigerung  dieses  Schutzes  das  misachtende  urteil  Agamemnons 
rechtfertigen  würde,  es  gipfelt  diese  erwägung  für  Achilleus  in  dem 
gedanken:  Verteidige  ich  nicht  das  leben  Iphigeneias,  so  bedeutet  dies 
eine  art  von  Selbsterniedrigung,  durch  welche  ich  mich  zum  guten  teil 
der  mannesehre  und  manneswürde  begebe.'  dieser  gedanke  ergreift 
Achilleus  am  mächtigsten  und  veranlaszt  (v.  970—972)  die  onum- 


HStadtmQller:  zu  Euripidea  Ipbigeneia  in  Aulia  [919— ST4J.     677 

■Wündene  erklSrung,  er  werde,  falls  man  ihm  Iphigeneia  enlreisieii 
wolle,  das  schwert  ziehen  und  ohne  bedenken  blut  der  bundes- 
genossen  noch  auf  griechischer  erde  vergieszen.  es  ist  die  reinste 
laune,  wenn  man  die  verae  970—972  ak  eine  entbehriicho  wieder- 
iolung  von  950  f.  entfernen  wollte;  sie  enthalten  im  vergleich  zu 
dieser  steile  mit  der  positiven  erklärung  des  bewaffneten  eintretens 
fUr  Iphigeneia  eine  Steigerung  des  empfindens  und  des  ouadrucka, 
welche  in  der  gedankenfolge  die  psychologische  begründung  vollauf 
findet,  nur  ist  der  eine  vers  971  ^Xfleiv  (pövou  ktiXiciv  aV'^'  XPOVili 
unrichtig  überliefert,  a'inaii  ist  nattlrlicb  unmöglich;  auch  hat  man 
wohl  richtig  gefühlt,  dasz  der  dafür  e  in  nu  setzende  begriff  eine  gegen- 
sätzliche beziehuDg  ausdrücken  muaz  zu  irplv  ic  'Ppvfac  iXQtXv. 
ansprechender  als  Her  wer  den  s  (pövou  KT]\klv  "GXXiiVOC  xpavüi  ist 
Eaucbenateins  cp.  x.  ivQ&b'  w\  XP'^ViIi  und  Weils  aÜTÖGev 
Xpavut.  befriedigend  aber  sind  auch  diese  beiden  conjecturea  nicht: 
in  der  einen  klingt,  abgesehen  von  der  palgograpbi sehen  unwahr- 
scheinlich k  ei  t,  das  part.  uJV  überaus  matt  und  als  ob  es  sein  dasein 
nur  dem  verszwange  verdanke ;  mit  aÜTÖÖev  aber  wird  ein  von  Euri- 
pidea nirgend  gebrauchtes  wort  durch  conjectur  eingeführt,  nach 
meinem  dafürhalten  bat  durch  a^aTl,  vielleicht  ein  gloasem  zu 
(pövou  KTjXiciv,  der  bereits  lückenhaft  gewordene  vers  eine  ergSn- 
zung  gefunden;  lUcken  aber  entstehen,  wie  man  weisz,  in  den  aller- 
meisten f&llen  dadurch  dasz  von  zweinach  einander  kommenden  ähn- 
lich geschriebenen  Wörtern  das  eine  übersehen  wird,  ich  denke,  dasz 
vor  xpovüj  das  mir  in  der  bnchstabensteüung  verschiedene  x^pav 
ausgefallen  ist ;  dies  hatte  den  Wegfall  der  verherguhendeti  präp.  &v& 
oder  KCiTä  zur  folge.  Eur.  schrieb  nach  meiner  meinung: 
x&x'  eicETOi  cibrjpoc,  8v  itpiv  ^c  <t>pOTac 
dXeeiv,  ipövou  KtiXici  kotö;  x^pav  xP^vCü. 
ich  verweise  auf  Aristoph.  Ei.  1354  oütoc,  ti  KÜmeic;  oüx'i  Kord 
Xiiipav  pevEic;  wo  sich  der  ausdruck  an  gleicher  versstelle  findet 
(m.  vgl.  ausserdem  Aisch.  £um.  787  ßpoToq>6öpauc  KtiXibcic  i\ 
XLÜpa  ßaXei.  auch  an  unserer  ittelle  wäre  Kt]XTciV  £v  X*^p(ji  ^^^ 
lässig,  dies  zeigt  ua.  Xen.  Kyrup.  VII 1,  23  fit]KeTi  fivuj  nopeüecGai, 
6.\\'  aÖTOÖ  ^V  X*^??  CTpaipiivai.  wollte  man  aber  övö  Xiwpav 
vorziehen,  so  könnte  man  sich  berufen  auf  Eur.  Hik,  604  tpövoi 
^ctxai  cTepvoTUTTeic  t"  övöi  TÖnov  näXiv  «paviicovTOi  ktüttoi).  — 
Es  bleiben  noch  die  letzten  verse: 

&\\'  ficüxa££'  öeöc  ^fiu  ir^qjtivd  coi 
H^T'CToc  oiJK  LUV,  &\k'  Ö/jwc  TEViicofxai. 
die  rätselhaften  worte  haben  vielfache  behandlung  erfahren :  man  hat 
sie  entweder  gestrichen  oder  zu  erklären  oder  zu  verbessern  gesucht, 
das  erste  verfahren  ist  das  bequemste;  nur  ISszt  sieb  liagegen  sagen, 
dasz  ein  direct  an  Elytaimestra  gerichtetes,  beruhigendes  wort 
nicht  blosz  einen  passenden,  sondern  den  einzig  befriedigenden 
Ecblusz  der  rede  bildet,  dasz  ohne  jenes  die  rede  nicht  abgeschlossen, 
sondern  abgebrochen  erscheint,  dasz  endlich  dXX'  f|Ci3xa£e  vortreS- 


678     HStadtmüUer:  zu  Euripides  Ipbigeneia  in  Aulis  [919—974]. 

lieh  passt  zu  dem  vorhergehenden  cf)V  OuTttT^p'  £Satp/jc€Tai.  die 
tilgung  der  beiden  verse  also  scheint  mir  nicht  berechtigt,  noch 
weniger  begreiflich  dies,  dasz  man  den  zweiten  vers  gestrichen,  den 
ersten  gehalten  hat.  Achilleus  soll  danach  seine  rede  enden  mit  dem 
Worte  6€ÖC  ifth  TT^cptivd  cot.  will  man  dem  dichter  nicht  jeden  ge- 
schmack  absprechen,  so  kann  man  an  die  richtigkeit  von  Ocöc  nicht 
glauben;  Klytaimestra  könnte  allenfalls  sagen:  'du  bist  mir  wie 
ein  gott  erschienen' ;  Achilleus  selbst  kann  jenes  attribut  sich  nicht 
beilegen,  ohne  in  einem  grade  anmaszend  zu  erscheinen,  welcher  mit 
der  sonstigen  Charakteristik  des  beiden  in  ojfenbarem  Widerspruch 
steht,  so  sind  auch  die  zur  vergleichung  beigezogenen  stellen  sämt- 
lich derart,  dasz  sie  zu  jenem  als  mOglich  bezeichneten  gedanken 
parallelen  enthalten ,  dagegen  für  die  richtigkeit  der  werte ,  um  die 
es  sich  handelt,  nichts  beweisen.  GHermann  hat  folgende  fassung 
der  verse  vorgeschlagen:  dXX"  f)CUxaZe'  cpuic  iffh  n^qpTivd  coi, 
cujTrjpioc  bk  CUV  OcoTc  T€Viico|Liai.  das  sind  allerdings  keine  gerin- 
gen änderungen  im  zweiten  verse,  und  der  durch  dieselben  ge- 
wonnene gcdanke  ist  nicht  einmal  befriedigend :  denn  cujTrjpioc  ist 
nur  eine  matte  wiederholuug  von  qpüjc  oder  erklärung  zu  demselben, 
und  CUV  OeoTc  T€vr|C0|iai  klingt  wie  eine  nachträgliche  Verbesserung 
des  zu  selbstbewusten  cpuüc  rr^cpiivd  coi.  aber  darin  musz  man 
Hermann  entschieden  beistimmen,  dasz  mit  der  einsigen  Bndemng 
von  Ocöc  nicht  geholfen  ist :  Vitelli  begnügt  sich  mit  dem  Hermann- 
sehen  cpuüc  und  der  dann  notwendigen  Verwandlung  von  ^^xtcroc  in 
ILieTiCTOV,  aber  man  wird  zugeben ^  dasz  eine  Sprechweise  wie  diese: 
cpüüc  ^T^  TT^cptivd  cot  iLi^TiCTOV  ouK  UJV;  dXX'  öixwc  T€viico|Ltai  fast 
noch  weniger  möglich  scheint  als  die  der  Überlieferung,  glücklicher 
ist  Heimsoeths  änderung  von  Ocöc  in  qpiXoc,  durch  welche  des 
Achilleus  worte  eine  passende  beziehung  erhalten  auf  Kljtaimestras 
klage,  dasz  von  den  eignen  verwandten  ihr  keiner  zur  seite  stehe,  v.  912 
oub^  cpiXoc  oubeic  tt^Xqc  jlioi.  aber  mit  cpiXoc  ist  in  der  langen 
kette  der  Irrtümer  nur  ein  einziges  glied  geheilt,  ich  kam  anf  fol- 
gende fassung  der  verse,  in  welcher  man,  hoffe  ich,  den  der  steUe 
angemessenen  gedanken  und  ausdruek  finden  wird: 

dXX'  f|cuxa2€'  cpiXociTWiOu  ir^qpnvd  coi 
T^vei  TrpocrJKUJV,  dXX'  öjiujc  c*  dvrico|Li€v. 
*nicht  als  ein  durch  abstammung  angehöriger  freund,  verwandter 
bin  ich  dir  genaht,  aber  dennoch  werde  ich  dir  beistehen.'  so  er- 
halten auch  in  Kljtaimestras  erwiderung  die  worte  derselben:  dXX* 
CUV  fxci  TOI  cxniLia,  kSv  dirwOc  v  fj  dv^p  ö  xphctöc,  bucTuxoOvrac 
djqpcXcTv  eine  bedeutsamere  beziehung,  wie  man  auch  fiTTUlOev  auf- 
fassen mag.  obige  gestaltung  der  veräo  (eine  änderung  von  ir^q>liva 
in  TT^qpUKa  ist  dabei  nicht  nötig)  setzt  allerdings  eine  reihe  von 
fehlem  im  überlieferten  texte  voraus;  aber  einzeln  ist  keines  der  ver- 
sehen derartig,  dasz  es  nicht  häufig  in  den  hss.  begegnete,  war  ein- 
mal T€vr|co|Liai  aus  c'  övrjcoiiiev  geworden,  ouk  ujv  aus  rjicuiv,  so 
mag  zur  entstohung  von  jn^T^CTOC  aus  T^vci  irpoc  auch  die  ftlschnng 


HStadtmüller:  zu  Euripides  Iphigeneia  in  Anlis  [919—974].    679 

eines  correctors  mitgewirkt  haben,  wegen  der  Jambischen  messong 
von  ^TU)  ou  brauche  ich  nicht  zu  verweisen  auf  zahlreiche  stellen, 
wie  Ant.  458  toOtudv  ivh  OÖK  ^pcXXov.  der  nnmeruswechsel 
n^cpuKa  —  öviico|i€V  ist,  wie  bekannt^  etwas  sehr  gewOhnlicheSi 
vgl.  zb.  Tro.  904  od  biKduiC,  i^v  Odvu),  OavotifieOa  nnd  die  beispiel- 
samlung,  wie  sie  uns  FWSchmidt  (krit.  Stadien  11 448)  gibt.  t^V€t 
TrpocrJKUJV,  welches  den  begriff  q>iXoc  prttcisiert,  so  dasz  hier  nnr 
^der  verwandte'  verstanden  nnd  eine  irrige  anffieuBsong  ansgeschlossen 
wird,  findet  sich  zb.  Med.  1304  o\  npocf^KOVT€C  T^VCi,  Isokr.  an 
Demon.  §  10  jiäXXov  d6au^a£€  toöc  nepl  aöröv  cnoubdZovrac  {^ 
Touc  T^V€i  TTpoc/JKOVTac,  auch  vgl.  m.  £ur.  fr.  831  Ddf.  noOet  irfic 
TIC  baKpuuJV  TOUC  irpocfJKOVTac  q>(Xouc,  wegen  dXX*  öjiiuic  c^ 
övrjco|Li€V  endlich  erinnere  ich  an  die  werte  dXX'  8pu)c  &pf\ioiiiy  coi 
(v.  1358),  welche  gleichfalls  von  Achilleos  an  Eljtaimestra  ge- 
richtet werden. 

Vielleicht  ist  mir  der  beweis  gelungen,  dasz  die  kritik,  welche^ 
drei  viertel  der  rede  streicht,  ungründlich  ist^  dasz  jene ^  welche  in 
derselben  kaum  6ine  Änderung  von  belang  für  nötig  erachtet,  eine- 
zu  niedrige  Vorstellung  hat  von  dem  werte  der  Euripideischen  dich- 
tung.  mehr  als  durch  wortverderbnis  hat  die  rede  durch  umstellung^ 
und  interpolation  gelitten :  eine  gruppe  von  nicht  zusammengehörigen. 
Versen  (943 — 947)  ist  an  falsche  stelle  geraten;  in  derselben  befin* 
den  sich  zwei  unechte  verse  (945  nnd  947),  welche  in  ihren  aua 
andern  partien  der  rede  entlehnten  bestandteilen  den  ursprünglichen 
sitz  der  echten  verse  verraten,  dazu  kommt  noch  eine  dreifache^ 
interpolation.  v.  952 — 954  stellt  die  Vaterstadt  des  Pelelden  der 
heimat  der  Atre!fden  gegenüber  und  hat  die  gleiche  tendenz  wie  der 
eingeschobene  v.  945.  ebenso  tragen  die  beiden  paraphrasen  (959  f. 
und  962 — 967)  den  gleichen  Charakter:  die  zweite  beschäftigt  sich 
mit  einem  verfahren,  welches  Agamemnon  nicht  eingehalten  habe, 
die  erste  mit  einem  motiv,  welches  für  Achilleus  handlungsweise 
nicht  maszgebend  sei. 

Achilleus  rede  lautet  also  von  v.  935  an  nach  der  gestaltung, 
die  sich  mir  als  die  ursprüngliche  ergeben,  folgendennaszen : 

KOÖTTOTC  KÖpn  cf|  TTpöc  iiaTpdc  cqpaxi^ccTai  985 

djifi  cpaTicGek*'  oö  x^p  d^TrX^KCiv  TrXoKäc 
ifijj  TTapßw  cÄ  TTÖcci  Toöfiöv  bd|Liac,  98T 

djc  ouxi  TTtiX^uJc,  dXX'  dXdcTopoc  TCTific*  946 

Toövojia  TdP;  €l  Kai  fif|  c(bT]pov  f^paTO,  988 

TOÖjLiöv  cpoveiicci  iraiba  ci\y.  tö  V  afTiov 

TTÖCIC  CÖC ,  QTVÖV  b*  OÜK^T*  dcrl  Cdifl*  djLlÖV ,  940- 

el  bi'  f |i'  öXeiTai  bid  t€  touc  d|Liouc  Tdfiouc 

f|  beivd  TXäca  koök  dveKTd  TrapGdvoc;  942 

jLld  TÖV  bl'  ÖTPWV  KUjidTUJV  T€0pa|Li|Lidvov  948 
Nripda  ^  cpuTOupTÖv  SdTiboc  fi  jii*  dTclvaTO , 

oux  äii;€Tai  cflc  GirfaTpdc  ^Axctfidfivwv  dvoH,  950 

oub*  de  ÄKpav  xetp*,  ficrc  TipocßaXetv  irdTiXcic.  951 


680  FBlass:  zu  Archilochos. 

TTiKpoüc  bk  irpoxuTac  x^pvißdc  t*  dvapHerai  966 

KdXxac  ö  jidvTic.  t(c  bi  jidvTic  &t*  dv/jp, 

6c  öXiT*  dXnef^ ,  TToXXd  bi  ipeubfi  \ife\ 

ivx^y^,  öiav  bk  |Lif|  Tuxq,  bioixexai;  968 

GaujLiacTd  b*  ibc  dvdSi'  i^TijiidcjieOa  *  94S 

iffl)  KdKicTOC  fjv  dp*  *ApT€iujv  dvrjp,  944 

ifOj  TÖ  jiTibfev  Trapd  t€  toic  cxpaTTiXdTaic,       946-|'968 
dv  eujLiapei  re  bpdv  Te  Kai  |Lif)  bpdv  KaXuic.  969 

idx'  ekeiai  cibripoc,  6v  irplv  de  0puTOC  970 

dXGeiVy  cpövou  KnXTci  Kardxutypav  XP<xvuj, 
et  t(c  ji€  -rfiv  cr\\  GuTax^p'  Öaiprlcexai. 

dXX'  f|cuxa2€*  cpiXocdxwJOU  Tiiqir\v&  coi 
Tdvci  irpocrJKujv,  dXX*  öjliuüc  c'  övifjcoMev.        974 
Heidelberg.  Hugo  Stadtm6llbb. 


87. 
Zu  ARCHILOCHOS. 


Bereits  im  Jahrgang  1884  dieser  Jahrbücher  (b.  496)  habe  ich 
dem  Archilochos  zwei  bei  Aristeides  (II  s.  51  Ddf.)  erhaltene  Ter86| 
wie  ich  denke  überzeugend,  zugewiesen,  indes  passt  hier  leider 
auf  mich  das  Homerische  dxdp  oö  TeXoc  Tk€0  ^u6u)V.  das  gedieht 
selber  liesz  und  läszt  sich  ausmitteln,  und  das  habe  ich  damals  nicht 
gesehen,   die  verse  beziehen  sich  auf  die  seherkunst: 

ZeOc  dv  GeoTci  iiidvTtc  dipeub^craroc, 
Ka\  tAoc  auTÖc  ix^Xy 
dh.  Zeus,  der  die  zukunft  selber  bestimmt,  weisz  sie  auch;  andere 
götter  und  vollends  menschen  wissen  weniger  davon,   nun  richtete 
sich  eine  epode  des  Archilochos  gegen  den  seher  Batusiades ;  die  an- 
fangsverse  sind  von  Hephaistion  erhalten  (fr.  104  Bergk): 

€\j  TOI  Trpöc  deGXa  bf^jiioc  t^GpotZICTO, 
dv  bk  BaTOucidÖTic. 
der  anfang,  wo  auch  eO  Ti  überliefert  ist,  wird  angefochten,  ich  weisx 
nicht  ob  mit  recht;  mir  kommt  es  auf  das  metrum  an,  welches  iden- 
tisch ist.  da  nun  Aristeides  anderswo  (II  s.  380)  von  des  Archilochos 
angriffen  auf  töv  beiva  töv  jiiävTiv  spricht  (wie  auch  Bergk  an- 
merkt): was  soll  man  da  zweifeln,  dasz  die  von  ihm  citierten  verse 
diesem  gedichte  und  keinem  andern  angehören? 

Kiel.  Friedbich  Blass. 


HSchütz :  kritische  bemerkungen  zn  Aristoteles  rhetorik.      681 

88. 

KRITISCHE  BEMERKUNGEN  ZU  ARISTOTELES  EHETOEIK.  • 


I  5  (1361^  18)  ^€T^eouc  bk  dperfi  Td  öircp^xciv  KOrd  juifKOC 
Kai  ßdOoc  Kai  irXdTOC  tujv  ttoXXi&v  tocoiJti}!  ^eiZovi  d&CT€  jLifj 
ßpabuT^pac  iToteiv  Tdc  Kivncetc  bid  Tf|v  öircpßoXt^v.  der  sinn  ist 
völlig  klar,  aber  was  soll  ^eiZovi?  die  vergleicbong  ist  bereits  in 
UTiep^X^iv,  der  grad  derselben  in  TOCOiiTip  gegeben:  'die  tüchtig- 
keit  der  grösze  (des  menschlichen  körpers)  besteht  darin ,  nach  den 
drei  räumlichen  dimensionen  vor  der  menge  so  weit  hervorzuragen, 
dasz  nicht  wegen  des  übermaszes  diebewegangen  langsamer  werden.' 
wollte  man  selbst  dem  tocoi3t({j  noch  einen  comparativ  hinzuftlgen, 
um  dadurch  noch  einmal  auf  diTCp^X^iv  zurückzuweisen,  so  müste 
CS  ttX^ov  heiszen  oder  |Liei2[ov,  bzw.  juefZcva,  falls  man  es  auf  fiffKOC, 
ßdOoc,  TTXäTOC  beziehen  will,  zu  fieCovi  könnte  nur  jiiCT^dci  ergänzt 
werden;  dh.  abgesehen  von  dem  pleonasmus  würde  die  definition  den 
zu  bestimmenden  begriff  selbst  wieder  enthalten,  ich  glaube,  jiieiZovt 
ist  zu  streichen  oder  mit  einem  allerdings  erklärlichen  pleonasmus 
in  |Li£T2!ov  (jueiZova)  zu  verwandeln. 

I  6  (1362  •  24)  Kai  8ca  ö  voOc  Sv  ^KäcTi|i  diroboCii,  Kai  8ca  ö 
nepl  ?KacTov  voOc  dirobibwciv  ^KdcTifi^  toOtö  dcTiv  ^Käcnu  draOöv. 
die  vorhergehende  definition  des  guten  beginnt  mit  £crui  bi\  äyaMv 
usw.  und  scblieszt  mit  Kai  oö  dcpfexai  TrdvTa  fj  Trdvra  xd  alcOiictv 
^XOVTa  f\  voCv ,  fj  €l  Xdßoi  voGv.  nachher  wird  in  derselben  weise 
fortgefahren  Kai  o  u  TTapövTOC  eO  bidKCtrai  usw.  in  dem  einschiebsei 
ist  zunächst  auffällig  der  Übergang  in  den  plur.  Kai  6ca  und  sofort 
wieder  die  rückkehr  zum  sing,  in  toOtÖ  dcTiV  ^KdcTip  djaGöv;  so- 
dann die  völlig  müszige  Wiederholung  in  diesen  letzten  Worten  nach 
dem  zu  anfang  gesetzten  fcTUJ  bf)  dTOtOöv;  endlich  aber,  dasz  die 
bestimmung  selbst  teils  in  sich  eine  Wiederholung  enthält,  teils  mit 
ei  Xdßoi  voCv  sich  nicht  wohl  vereinigen  läszt.  oder  welch  ein  unter- 
schied sollte  bestehen  zwischen  öca  ö  voOc  Sv  ^KdCTijj  dTTOboiTi  ^^^d 
5ca  ö  7T€pi  ^'KacTOV  voGc  dTTobibujav  ^KdcTW?  man  könnte  sagen, 
in  jenem  sei  die  allgemeine  Vernunft  gemeint,  die  jedem  einzelnen 
sein  dYaOöv  verleibe ,  in  diesem  die  jedem  einzelnen  innewohnende 
besondere;  es  ist  aber  kaum  denkbar,  dasz  hier  eine  so  spitzfindige 
Unterscheidung  gemacht  sein  sollte,  nun  ist  aber  unter  voOc  in  €l 
Xdßoi  voöv  ohne  zweifei  die  subjective  Vernunft  als  bewustsein  ver- 
standen: denn  gut  wird  dasjenige  genannt^  wonach  alles  trachtet 
oder  alles  was  empfindung  oder  vemunft  hat,  oder  (wonach  es 
trachten  würde,)  wenn  es  Vernunft  erhielte,  danach  wäre  das  um- 
springen in  die  objective  Vernunft,  die  das  gute  dem  einzelwesen 
gibt,  an  sich  unwahrscheinlich  oder  gar  widerspruchsvoll :  das  einzel- 
wesen würde,  wenn  es  voOc  bekäme,  das  begehren,  was  ihm  der 
voOc  doch  selber  gewährt;  ist  das  letzte  der  fall,  so  wird  das  be- 

Jalirbüclier  Tür  class.  philol.  1888  hfl  10.  45 


682       HSchütz:  kritische  bemerkungen  zu  Aristoteles  rhetorik. 

gehren  damit  ausgeschlossen,  es  ist  daher  schwerlich  zuföllig,  dabz 
cap.  7  aa.,  wo  die  bestimmungen  des  guten  recapituliert  werden, 
nach  oij  TTdvT*  dcpieiai  und  ö  voOv  fiv  Kai  cppövTiciv  Xaßövra  SXoiTO 
sofort  Ka\  TÖ  TTOir]TiKÖv  usw.  folgt,  von  diesem  zusatze  aber  keine 
spur  zu  finden  ist.  kurz,  ich  glaube  dasz  dieser  ganze  satz  als  ein- 
schiebsei zu  streichen  ist ;  es  ist  eine  weitere  ausführung  des  gedan- 
kens,  die  an  ei  Xdßoi  voOv  anknüpft,  aber  durch  andere  auffassung 
des  voCc  zu  ihm  in  Widerspruch  tritt,  nach  beseitigung  der  werte 
steht  alles  im  besten  zusammenhange:  Vonach  alles  trachtet  und 
durch  dessen  anwesenheit  (oG  irapövTOc)  es  sich  wohl  befindet' 
will  man  aber  so  weit  nicht  gehen ,  so  würde  wenigstens  eines  der 
beiden  glieder,  entweder  Kai  öca  ö  voOc  &v  dKCXCTip  dirobodi  oder  Ka\ 
äca  ö  TTepi  ^KacTOV  voOc  dTTObibujciv  dKdcTiu ,  nebst  der  müszigen 
Wiederholung  toOtö  dcTiv  dKdcTi}j  dtaOöv  zu  tilgen  sein. 

I  7  (1363  ^^  8)  fcTUj  br\  vnepixov  jiifev  tocoötov  Kai  fii,  öircp- 
exöjiCVOV  bi  TÖ  dvuTrdpxov.  es  handelt  sich  um  die  vergleichung 
des  guten  und  nützlichen  nach  der  grösze ,  und  dazu  wird  von  dem 
begriff  des  uirep^x^^v  ausgegangen :  es  überragt  das,  was  über  eine 
gegebene  grösze  hinausgeht;  es  wird  überragt,  was  in  ihr  enthalten 
ist.  das  letzte  ist  tö  dvuirdpxov,  gerade  so  wie  weiter  unten  TÖ  bk 
dvundpxov  vnepix^Tai.  das  erste  ist  bezeichnet  durch  tocoOtov 
Kai  iii  'so  grosz  und  noch  dazu'  =  irpoc^Tt.  es  scheint  aber,  dasz 
vor  tocoCtov  ebenso  ein  tö  einzuschalten  ist,  wie  es  vor  dvuirdpxov 
steht ;  der  artikel  lä&zt  sich  hier  schlechterdings  nicht  entbehren,  nnd 
dasz  er  vor  tocoütov  leicht  ausfallen  konnte,  liegt  auf  der  hand. 

Im  folgenden  (z.  18)  wird  aus  der  bestimmung  des  guten  ge- 
schlossen, Td  TrXeiu)  toO  dvöc  Kai  tüüv  dXarrövujv  .  .  ^eiZov  dxcrOdv 
elvai.  hier  sieht  im  text  nach  t&  ein  fehlerhaftes  le,  das  zu  streichen 
sein  wird ,  wenn  nicht  etwa  vor  dXaiiövujv  ausgefallen  ist  id  ^ciZui 
und  man  demnach  lesen  musz  Td  Te  TrXeiiü  toO  dvöc  Kai  id  ficiZui  Tiijv 
dXaTTÖvuJV.  denn  mit  k  a  i  tuiv  dXaTTÖvwv  kann  natürlich  id  T€  TrXeiui 
nicht  correspondieren;  ebenso  wenig  aber  mit  dem  spätem  Kai  iäv 
TÖ  ji^TiCTOV  usw. ,  was  eine  weitere  folgerung  aus  |Li€l2Iov  dtCt6öV| 
nicht  aber  dem  nXeiU)  parallel  gesetzt  ist.  der  ganze  an  bich  selbst« 
verständliche  schlusz  findet  auf  die  relative  wertbcätimmung  der 
djaGd  seine  an  Wendung:  wenn  daä  eine  gröste  das  andere  grOsie 
überragt,  so  auch  allgemein  das  eine  daä  andere;  folglich  wenn 
beibpielttwuise  das  gröste  geistige  gut  dai>  gröste  körperliche  gut 
überragt,  so  sind  auch  allgemein  die  geistigen  guter  gröszer  als  die 
körperlichen. 

ebd.  1364'*  10  kSv  fj  aiTiov,  tö  b*  oük  aiTiov.  es  unterliegt 
wohl  keinem  zweifei,  dasz  auch  das  zweite  glied  mit  TÖ  b^,  wie  in 
allen  vorangehenden  und  nachfolgenden  stellen  (vgl.  k&v  1}  TÖ  ixiy 

T^OC,  Tu  bl  juf]  T€X0C  —  ÖTaV  TObC  jitv  fiV€U  TOÖbC  |i^  j  .  .  6dT€- 

pov  b€  dveu  TouTou  —  köv  q  dpxn,  tö  bi,  jif|  dpxn  —  Kai  tdp  el 
dpxrj;  TÖ  bi.  jif)  dpxri),  ebenfulU  von  £dv  abhfingt  und  daher  tö  bk 
jlf)  aiTiov  zu  schreiben  ist. 


/ 


HScbatz:  kritüche  berDerkangen  z 

ebd.  1365*36x01x0  qOti^  Ka\  änXüic.  es  handelt  eicL  noch 
immer  daTum,  welchtiä  gut  unter  zweien  vorzuziehen  sei.  die  letzte 
beatimmung  dafür  war  tö  ^fT'Jttpov  ToO  t^Xouc,  also  das  dem  zweck 
nfiber  stellende,  was  aber  dem  zweck  näher  kommt,  besteht  durch 
sich  selbst,  weil  es  den  zweck  in  sich  selber  hat,  und  es  besteht  ein- 
fach (dTcXüic),  weil  es  zu  seiner  erfütlung  nicht  eines  andern  bedarf. 
demnach  ist  011114)  notwendig  in  aÜTÖi  um^uwandeln.  das  lehrt 
auch  das  folgende:  das  mächtige  (buvaröv)  ist  dum  unmSchtigoD 
TOrznziehen,  weil  es  aÖTip  ist,  also  des  fremden  nicht  bedarf. 

I  12  (1373'  16)  Koi  olc  xapioüvTai  f^  cpiXoic  fl  0c(unaCofi4voic 
f\  ^puip^voic  1^  KUpioiC  t\  öXiuc  Tip6c  oOc  Ziiüciv  auToi.  es  könnte 
auff&llig  erscheinen,  dasz  der  ungerechte  gerade  an  seinen  freunden, 
herren  uew.  sich  vergreifen  soll;  aber  es  ist  zu  beachten,  dasz  auch 
im  vorigen  wiederholt  zwei  entgegengesetzte  classen  von  menschen 
zusammengestellt  werden,  die  am  meisten  beeintrilcbtigungen  aus- 
gesetzt seien,  so  sind  zuerst  genannt  die  besitzenden  und  von  ihnen 
sowohl  oi  TTÖppuj  wie  o\  ^"pfOc,  weil  die  einen  luicht  zu  erreichen 
sind,  die  andern  sich  nur  Inngeam  rücben  können,  insbesondere 
werden  dann  die  feinde  und  freunde  zusammengestellt,  weil  die 
einen  zu  beeinträchtigen  angenehm,  die  andern  leicht  sei.  es  folgen 
dann,  um  einige  andere  classcn  zu  übergehen,  die  ^biKf^KÖTEC  oder 
nenoitiKÖTEC  KaKÜjc  f\  ßouXtiÖ^VTec  ij  ßouXd^ievoi  Fi  iTOiiicovT€C, 
weil  räche  an  ihnen  bDsz  sei  and  beinahe  kein  unrecht  zu  sein  scheine. 
ihnen  gegenüber  stehen  nun  freunde  (die  schon  vorher  genannt  sind), 
hochgeschätzte,  geliebte  und  herren,  überhaupt  solche,  mit  denen 
man  in  engurn  beziehungen  steht,  der  ungerechte  denkt  nemltcb  bei 
seinem  vorgeben  gegen  sie ,  dasz  er  es  leicht  werde  gutmachen 
können  durch  spätere  geMligkeiten  und  Uebesdienste  (daher  X^pt- 
oOVTat),  und  dasz  er  bei  ihnen  am  ersten  eine  nachsichtige  beurtei- 
lung  (^itieiKEia),  also  Verzeihung  finden  werde. 

I  15  (1377''  9)  üpäc  ntv  dSioOntv  ifutivtw  ok  ÖMÖcavrec 
blKdi^Eie,  aÜTOi  b'  oÜk  ^pnevoOfiev.  ohne  Zweifel  musz  hier  zum 
schlusz  ein  fragezeichen  stehen;  der  gedanke  hat  die.form  des  be- 
kannten fragenden  enthymems. 

n  2  ( 1378 ''  23)  l'cTi  TÖp  iißpic  TÖ  ßXäiTTeiv  Ko'i  Xuneiv  iip'  olc 
aicxövTi  £ctI  tiL  näcxovii,  (ifj  i'va  xi  t^viitoi  ain(^  äX\o  f\  öti 
^T^veto,  ä\\'  Attujc  i\zQij[.  die  im  ersten  teile  gegebene  definition 
ist  klar;  aber  der  zweck,  den  der  mishandelnde  hat,  bedarf  einer  er- 
läuterung.  er  handelt  so  aus  bloszer  freado,  weil,  wio  es  sofort 
heiszt,  er  durch  beschimpfung  des  andern  an  ansehen  zu  gewinnen 
meint;  auch  hat  er  nicht  ein  ihm  vorher  angethanes  unrecbt  zu  ver- 
gelten, dh.  nicht  räche  (n^mpia)  T.a  üben,  demnach  ist  zuerst  deut- 
lich, dasz  äTTUJC  ficö^  auf  den  i^piZww  selbst  zu  beziehen  ist.  aber 
auch  die  vorangehenden  werte?  man  könnte  sagen,  wenn  dos  der 
fall  wäre,  so  moste  aÜTliJ  statt  aüti+i  gesetzt  sein,  die  änderung 
wäre  leicht,  aber  nicht  einmal  nCtig,  da  selbst  die  olassiscbesten 
Schriftsteller,  geschweige  Aristoteles,  die  refleiion  ohne  bedenkao 


684      HSchütz:  kritische  bemerkungen  zu  Aristoteles  rhetorik. 

vernachlässigen,  beziehen  wir  es  auf  den  äßpüluiv,  so  würde  der 
sinn  entstehen:  ^nicht  damit  ihm  (selber)  etwas  anderes  geschehe 
(widerfahre)  als  dasz  es  geschehen  ist,  sondern  damit  er  seine  freude 
daran  habe.'  was  ist  ihm  nun  geschehen,  neben  dem  er  nichts  anderes 
beabsichtigt?  ofiPenbar  nichts:  denn  sonst  würde  er  ja  ein  dvTiTrotijJV, 
demnach  nicht  ein  ußpiZIiav,  sondern  TtjiUjpou^evoc  sein,  er  hat  bei 
seiner  mishandlung  nur  seine  eigne  freude  vor  äugen ,  und  diese  ist 
grund  seines  handclns  nicht  als  Ursache ,  sondern  als  zweck  und  ziel 
desselben,  wäre  jene  auffassung  möglich,  so  würde  man  nicht  öiruic 
f)C8Q ,  sondern  äri  f^cOr]  erwarten,  es  bleibt  nichts  übrig  als  auTifi 
auf  den  leidenden  (iräcxujv  oder  ußpiZöjievoc)  zu  beziehen;  der 
Wechsel  in  der  person ,  ohne  dasz  er  durch  ein  Personalpronomen, 
zb.  auTÖc  bei  f)c8Q ,  bezeichnet  wäre ,  hat  bei  Aristoteles  durchaus 
kein  bedenken,  er  mutet  dem  richtigen  Verständnis  des  lesers  noch 
viel  mehr  zu.  also  er  mißhandelt,  'nicht  damit  dem  leidenden  etwas 
anderes  geschehe,  als  dasz  es  geschehen  ist',  damit  kommen  wir 
freilich  noch  nicht  weit  von  der  stelle;  nur  das  erhellt,  dasz  fiXXo  n 
t€V^c6ai  nichts  anderes  sein  kann  als  (um  dies  wort  zu  bilden) 
6vTiT€V^c9ai,  entsprechend  dem  folgenden  activen  dvTiTTOieiv :  'nicht 
damit  ihm  vergolten  werde  mit  etwas  anderem ,  als  —  d  a  s  z  es  ge- 
schehen ist.'  die  letzten  werte  sind  auch  bei  der  beziehung  von 
auTijj  auf  den  üßpi2[ujv  unverständlich :  durch  'nicht  etwas  anderes 
als  dasz'  wäre  ja  eine  thatsacho  als  grund  bezeichnet ,  die  hier  doch 
schlechterdings  weder  von  Seiten  des  ußpUlujv  noch  des  irdqcuJV 
vorliegt,  es  kann  nur  gemeint  sein  'etwas  anderes  als  was',  dh.  eine 
von  der  angenommenen  Vergeltung  verschiedene  handlung,  auf  die 
sich  aber  die  den  ganzen  sinn  bedingende  negation  \xi\  ebenfalls 
noch  erdtreckt,  setzen  wir  nun  6  Tt  statt  öti,  so  schwindet  jede 
dunkelhcit:  dem  ußpi2[ujv  ist  eben  nichts  widerfahren,  wofür  er 
durch  eine  andere  handlung  sich  zu  rächen  hätte;  und  fiXXo  f\  S  n 
ifi\eTO  ist  nichts  anderes  als  dvii  ToO  T^VOji^vou  oder  dv9*  06 
€TToiric€V.  damit  stimmt  völlig;  was  (1379 '^  31)  als  oifieTa  fißpeuiC 
hingestellt  ist:  dvdTKTi  b^  ToiaOia  elvai  S  juriTC  dvT(  Tivoc  ^^ 
u/(piXi|Lia  ToTc  TTOioOciv:  der  ußpi2[u)V  hat  weder  ein  ihm  wider- 
fahrenes unrecht  zu  rächen  noch  von  seiner  missethat  einen  nutzen, 
sondern  nur  freude  an  der  demUtigung  des  schwachem. 

II  2  (1379**  8)  KaiacppoveTv  Tdp  irdviec  ol  toioötoi  9a(vov- 
TQi,  Kai  Ol  }xiy  ujc  fiTTÖvujv  o\  V  ibc  nap'  firrövujv.  der  sinn  dieser 
Worte,  für  sich  betrachtet,  kann  nur  sein:  die  einen  verachten 
perbonen,  die  geringer  sind  als  sie,  die  andern  Sachen,  die  sie  von 
solchen  erhalten  haben ,  welche  sie  für  geringer  ansehen,  das  passt 
auch  sehr  wohl  auf  den  Zusammenhang  der  ganzen  stelle;  nur  dürfen 
wir  es  nicht  auf  den  zuletzt  vorangegangenen  satz  (Kai  TOic  TdvavTia 
TTOioOciv  auTok,  ddv  i^TTOuc  (üctv)  allein,  sondern  anch  auf  den 
diesem  vorangehenden  (Kai  ToTc  jif)  dvTmoioOciv  €0  ixvibk  Tf|V  Icr|V 
dvTaTTObiboOciv)  beziehen,  es  handelt  sich  um  den  zorn  gegen  die, 
von  welchen  man  sich  verachtet  glaubt,  die  Verachtung  äussert  sich 


HScbütz:  kntisclie  bemerkungen  %n  Aristoteles  riietorik.      686 

auszer  vielen  andern  föllen ,  die  vorher  und  nachher  aöfgesählt  wer- 
den, auch  im  undank  für  empfangene  wohlthaten^  die  entweder  gar 
nicht  oder  nicht  gebührend  belohnt  werden,  sodann  in  der  ttnderung 
der  handlungs weise  gegen  solche,  welche  geringer  sind,  bei  den 
letzten  i^  mithin  vom  vorherigen  empfang  einer  wohlthat  nicht  die 
rede ;  sie  haben  vielmehr  selbst  dieselben  personen,  als  sie  höher  ge- 
stellt waren,  mit  hochachtung  behandelt,  thun  aber  jetzt,  da  sie 
heruntergekommen  sind,  das  gegenteil;  also  sie  scbfttzen  sie  ge- 
ring UJC  f)TTÖvujv.  wer  aber  wohlthaten  empfängt  und  sie  nicht 
oder  nicht  gebührend  vergilt,  beweist  damit  seine  geringschfttzung 
der  wohlthaten  selbst:  er  verachtet  sie,  weil  sie  irap'  f|TTÖVU)V  sind: 
denn  wären  sie  trapd  KpeiTTÖvu)V ,  so  würde  er  sie  hoch  aufiiehmen, 
auch  wenn  sie  an  sich  noch  so  geringfügig  sein  sollten,  die  bezie- 
hung  von  f)TTÖvu)V  und  irap' fjTTÖvujV  auf  die  beiden  vorangestellten 
classen  von  menschen  ist  demnach  chiastisch.  vielleicht  ist  TiBv  vor 
Trap"  f)TTÖvuJV  einzuschalten;  aber  für  nötig  halte  ich  es  nicht,  da 
nicht  bestimmte  wohlthaten  genannt  werden. 

II  3  (1380»  31)  öXuJC  b"  dK  Töv  dvavTiiüV  bcT  CKOireiv  tA 
TTpaüvTiKd.  der  ganze  abschnitt  handelt  von  der  irpaörric,  die  das 
gegenteil  vom  zorn  sei,  so  dasz  sie  auch  aus  den  entgegengesetzten 
quellen  abgeleitet  werden  müsse,  es  werden  daher  die  kategorien 
von  menschen  aufgezählt,  denen  gegenüber  man  versöhnlich  gestimmt 
sei.  zuletzt  oi  |Lif)  OßptCTal  }xr\bk  xkevacjaX  }ir\V  6\lf{x)poi  usw., 
worauf  nach  der  Unterbrechung  durch  die  oben  angeführten  worte 
die  aufzählung  jener  classen  durch  oOc  qpoßoCvTai  f|  aUxövovTai  — 
ToTc  bi'  öpT^jv  7T0ir|caciv  —  toTc  alcxuvo|Lidvoic  aÖToijc  in  derselben 
structur  fortgesetzt  wird,  es  kann  nicht  zweifelhaft  sein ,  dasz  jene 
Worte  öXujc  b'  dK  . .  TrpaüVTiKd  an  dieser  stelle  ein  einscbiebsel  sind : 
denn  wenn  man  sich  selbst  das  überflüssige  der  bemerkung  mitten 
in  der  aufzählung  gefallen  lassen  wollte,  so  würde  sie  hier  sogar  einen 
falschen  sinn  geben,  weil  ja  auch  vorher  und  nachher  von  der  be- 
schafiPenheit  nicht  der  öpTiCTiKa,  sondern  der  TTpaüVTiKd  gesprochen 
ist,  dK  TU)V  dvavTiujv  aber  nicht  den  gegensatz  zu  npaüVTiKd  be- 
zeichnet, sondern  die  den  vorigen  entgegengesetzten  quellen,  vgl. 
zb.  dK  Tuuv  dvavTiuiv  Gewpeiv  (1382»  1),  dK  tujv  dvavriwv  eöiropt^- 
cojLiev  (1385"^  14)  und  sonst  oft.  stände  also  vorher  TOic  ijßpiCTQic 
(nicht  ToTc  ixx]  ößpiciaTc)  Kai  x^euaciaTc  Kai  öXiTwpoic  usw.,  und 
wäre  dies  nicht  von  einem  Tipdoi  elciv  (oder  irpaOvovTai) ,  sondern 
von  öpTi^ovTai  abhängig  gedacht,  so  wäre  der  ausdruck  dK  Tuuv 
dvavTiiüv,  der  nicht  gleich  Kaid  td  dvavxia  (gemäsz,  nach)  ist,  son- 
dern die  fundgruben  (töttoi)  bezeichnet,  aus  denen  rd  irpaüVTiKd 
hergeholt  werden,  wenigstens  correot;  so  aber  nicht,  man  könnte 
dies  einschiebsei  aus  einer  randglosse  erklären,  die  dieser  ganzen  be- 
trachtung  beigefügt  und  dann  durch  versehen  in  den  tezt  hinein- 
geraten wäre ;  allein  die  worte  sind  an  sich  doch  zu  sachgemäsz  und 
zu  gut  Aristotelisch,  als  dasz  man  sie  ganz  verwerfen  möchte,  und 
es  kommt  nur  darauf  an  ihnen  den  gehörigen  platz  anzuweisen,   da 


686       HSchütz:  kritischo  bemerkungen  zu  Aristoteles  rhetorik. 

die  bemßrkung  allgemein  dem  begriff  der  Trpdüvcic  gilt^  so  sebeint 
sie  aucb  dabin  zu  geboren^  wo  allgemein  die  definition  der  irpdüvcic 
im  gegensatz  zur  bpfr\  gemaobt  wird ;  und  das  gescbiebt  zu  anfang 
dieses  capitels.  dort  ist  im  ersten  satze  bis  bid  tivujv  TrpaCvovrai 
gesagt,  dasz  npauvecOai  das  gegenieil  von  öpYi2[€c6at  sei;  im  zweiten 
folgt  die  dem  entsprecbendo  deßnition  der  npäüvcic  als  KaräCTactC 
Kai  i^p^jiTicic  öpyfic;  dann  kommt  die  vergleicbung  der  öpTiCTtKd 
und  TrpaüVTiKd,  indem  die  bescbaffenbeit  der  personen  betrachtet 
wird,  gegen  die  man  entweder  zornig  oder  versöbnlicb  gestimmt  ist, 
und  dazu  gebort  der  allgemeine  satz,  dasz  man  durchaus  (ÖAujc)  die 
Untersuchung  über  die  TrpaüVTiKd  aus  den  entgegengesetzten  fund- 
gruben  ableiten  müsse,  schieben  wir  also  hier,  dh.  nach  t^p^füir)ctc 
öpTf)c,  die  fraglichen  worte  ein,  so  schlieszt  sich  das  folgende  mit 
el  ouv  völlig  sprach-  und  sachgemäsz  als  folgerung  und  ezemplifi- 
cation  an  sie  an. 

II  4  (1381"  19)  Ka\  Trpöc  oOc  oötwc  fxouciv  dicTC  ixf\  aiqcü- 
V€c9ai  xd  Trpöc  böEav,  inf)  KaiacppovouvTec-  Kai  irpöc  oOc  aicxu- 
vovTai  Td  Trpöc  dXr|6€iav.  ^man  liebt  diejenigen,  zu  welchen  man 
in  einem  solchen  Verhältnis  steht,  dasz  man  sich  nicht  scheut  vor 
dem,  was  den  ruf  angeht,  indem  man  sie  nicht  verachtet;  und  die- 
jenigen, denen  gegenüber  man  sich  scheut  vor  dem,  was  die  Wahr- 
heit betrifft.'  wenn  von  einer  scheu  oder  schäm  vor  etwas  die  rede 
ist,  so  musz  selbstverständlich  der  gegenständ,  der  den  affect  er- 
regen könnte,  an  sich  ein  alcxpöv  sein ;  folglich  sind  hier  handlungen 
gemeint,  die  entweder  einen  schlechten  ruf  bringen  können  oder  die 
in  Wahrheit  schimpflich  sind,  demnach  ist  das  zweite  glied  klar, 
und  es  bedarf  nicht  einer  änderung  von  aicxuvovrai  in  ixi\  aicxO- 
vovTai,  wie  ich  anfänglich  angenommen  habe:  als  wenn  der  freund 
dem  freunde  gegenüber  sich  nicht  vor  der  Wahrheit  scheue,  weil 
zwischen  ihnen  ein  ganz  offenes  und  vertrauliches  Verhältnis  statt- 
findet, auch  das  erste  glied  ist  so  gefuszt  tadellos:  der  freund  ichent 
sich  dem  freunde  gegenüber  nicht  vor  dingen,  die  ihm  einen  schlech- 
ten ruf  bringen  könnten,  natürlich  weil  er  weisz,  dasz  er  ihn  leicht 
von  der  Wahrheit  überzeugen  wird,  aber  was  soll  fif)  KOTCuppo« 
voOvTCC?  weil  er  sie  (die  freunde)  oder  gar  ihn  (den  ruf)  nicht  ver- 
achtet? wer  den  ruf  nicht  verachtet  (und  nach  Aristoteles  gehört 
allerdings  auch  der  ruf  je  nach  seiner  bescbaffenbeit  zu  den  dxaOä 
oder  KQKd),  der  wird  sich  auch  vor  ihm  scheuen;  und  wer  einen 
menschen  nicht  verachtet,  dem  wird  es  auch  nicht  gleichgültig  sein, 
in  welchem  rufe  er  bei  ihm  steht,  so  ergibt  sich  dasz  ^f|  Karacppo* 
voCvT€C  in  diesem  sinne  hier  unmöglich  ist  einen  um  so  bessern 
gibt  es  im  folgenden  gliede,  nach  dXr|9€tav  zugesetzt:  man  schämt 
sich  dem  freunde  gegenüber  vor  dingen ,  die  in  Wahrheit  schimpf- 
lich sind ,  weil  man  sie  nicht  verachtet,  es  bleibt  aber  noch  eine 
andere  auffassung,  ich  denke  die  richtige,  von  ^f)  KaTQqppovoöVTCC 
übrig,  nemlich  concessiv  ^  'obgleich  sie  ihn  (den  ruf)  nicht  ver- 
achten' oder  'ohne  ihn  zu  verachten' ;  und  diese  auffassung  scheint 


HSchütz :  kritische  bemerknngen  to.  Aristoteles  rhetorik.      687 

auch  Bekker  dadurch  anzuerkennen,  dasz  er  böEav  von  fif|  KOta* 
<ppovoGvTec  durch  ein  komma  getrennt  hat. 

II  8  (1385^  29)  auToO  t€  Top  laOra  Kai  ota  iradeiv  xd  dpr)- 
fjidva.  zum  mitleid  geneigt  (also  ^XcilTtKOf)  sind  diejenigen,  welche 
glauben  dasz  sie  selbst  in  leid  geraten  können ;  also  of"T€  TOirov- 
OÖTCc  f\br]  Ka\  biairecpeuTÖTCC  xai  o\  irpccpOrepoi . .  xal  otc  öirdp- 
Xouci  TOveTc  f|  T^Kva  f\  TUvaiKCC.  die  letzten  deshalb ,  weil  sie  die- 
selben für  einen  teil  von  sich  selbst  ansehen  und  somit  auch  deren 
leiden  für  ihre  eignen,  dasz  dies  der  allein  mögliche  sinn  ist,  liegt 
auf  der  band ;  aber  der  ausdruck  dafür  ist  befremdlich,  zunächst  ist 
es  zwischen  allen  diesen  pluralen  nicht  denkbar,  dasz  plötzlich  da- 
für der  Singular  eingetreten  sein  sollte,  allerdings  heiszt  es  so  (ti&v 
auToC)  auch  s.  1386*  2;  aber  dort  ist  überhaupt  in  den  singolar 
übergegangen:  6  olö^evoc.  aÖToO  wird  wohl  in  aÖTiDv  oder  gar 
auTiüV  (wegen  der  reflezion  auf  dieselbe  person)  zu  verwandeln 
bein.  sodann  gäbe  re  —  Kai  ein  wunderliches  hjperbaton,  weil  doch 
nicht  die  person  in  aÖToC  mit  der  sache  in  ola  correspondieren  kann ; 
ich  denke,  Te  ist  zu  streichen,  und  aÖToC  T€  ist  eben  aus  aÖTi&v 
verdorben,  endlich  ist  auch  oTa  Tradctv  unrichtig,  weil  die  genann- 
ten (Ta  eiprifidva  wiederaufnähme  von  raOra,  nemlich  >»  yoVcTc  fi 
T^Kva  f\  TUvaiKCc)  noch  nichts  erlitten  haben ,  sondern  nur  erleiden 
können;  das  Ut  aber  oI'  &v  iraOcTv,  gerade  so  wie  kurz  vorher  die 
^X€r]TiKoi  selbst  bezeichnet  sind  als  olot  vo^(2[€iv  Tiadefv  fiv.  ans 
dieser  stelle  erklärt  sich  zugleich  die  gedrungenheit  des  ausdruoks 
mit  dem  bloszen  infinitiv  nach  oTa.  vgl.  auch  ebd.  8  k&v  aördc 
7TpocboKr|cei€v  Sv  TraGeiv  und  toioOtov  olov  otecOai  iraOeiv  äv. 

ebd.  1386*^  2  ToiaOta  cujißeßnKÖTa  f\  aöxiji  f\  twv  aÖToO,  t[ 
^XTTicai  Tev^cGai  f\  auiqj  f|  Tiöv  aöroO.  die  werte  bilden  eine  voll- 
ständige erklärung  zu  der  vorigen  stelle,  und  es  ergibt  sich  daraus 
die  leichtigkeit,  mit  der  an  jener  auTUiV  durch  auToO  verdrängt  wer- 
den konnte,  der  genitiv  t6j\  aäroO  musz  von  einem  aus  aÖT(!p  zu 
ergänzenden  Tivi  abhängig  gedacht  werden,  ob  eine  solche  ergän- 
znng  grammatisch  möglich  ist,  lasse  ich  dahingestellt  sein ;  ich  würde 
es  vorziehen,  wenigstens  im  ersten  gliede  nach  tujv  dies  Tivl  ein- 
zuschalten, der  aorist  jev^cOai  statt  des  füturs  nach  iXirfcat  ist 
nicht  ohne  beispiel  selbst  bei  classischen  schriftsteilem  wie  Thuky- 
dides ;  allein  mit  rücksicht  auf  das  obige  vo^ületv  naOciV  äv  möchte 
ich  auch  hier  fev^cOai  fiv  vorschlagen. 

II  9  (1386*»  28)  oTov  touc  TraTpaXoiac  koI  ^iaiq)6vouc,  ötov 
Tuxujci  TijLiujpiac,  oub€ic  fiv  XuTTTiöeiTi  XP^CTÖC.  wie  das  mitleid 
eine  betrübnis  ist  über  unverdientes  misgeschick  des  andern,  so  das 
V€|Li€cäv  über  unverdientes  Wohlergehen  (XuncTcOai  in\  xaTc  dvaSiaic 
euTipaYiaic).  es  ist  also  nicht  misgunst  oder  neid,  sondern  ein  ge- 
rechter Unwille  darüber,  dasz  es  dem  schlechten  gut  geht,  und  daher 
ebenso  wie  das  mitleid  das  irdOoc  f\Qo\)C  xpilCToO.  in  dieser  ganzen 
schönen  und  eigentümlichen  entwicklung  fällt  auf,  dasz  in  dem  oben 
bezeichneten  beispiel  XuTretcOai,  das  hier  sonst  stets  mit  ivA  und 


688      HSchütz:  kritische  bemerkungen  zn  AristoteleB  rhetorik. 

dem  dativ  verbunden  ist,  plötzlich  den  acc.  regiert,  man  konnte  das 
durch  das  schema  Oropicum  erklären,  insofern  als  öiav  TUX^^i  ^^^^^ 
durch  das  part.  tuxÖvtqc  ersetzen  Ifiszt;  und  ich  würde  nichts  da- 
gegen haben ,  wenn  nicht  eine  Änderung  in  den  dativ  toTc  irarpa- 
Xoiaic  kqV  jniaicpövoic  so  sehr  nahe  Ifige  und  durch  das  unmittelbar 
darauf  folgende  x^tip^iv  ini  TOic  toioutoic  fast  geboten  schiene, 
der  nominativ  wSre  eine  gewaltsamere  Verbesserung  und  wflrde 
sich  auch  dadurch  nicht  empfehlen ,  dasz  dabei  die  echt  griechische 
attraction  aufgehoben  würde:  ^ich  betrübe  mich  nicht  über  den  m6r- 
der,  wenn  er  strafe  erleidet'  statt  ^ich  betrübe  mich  nicht,  wenn  der 
mörder'  usw. 

11 12  (1389*  29)  Ka\  alcxuvTnXoi '  ou  T^p  ttuj  KaXd  ?T€pa  öiro- 
Xa|Lißävouciv,  dXXä  TreTraibeuvTai  uttö  toO  vö^ou  jliövov.  der  Jüng- 
ling ist  schamhaft,  weil  er  sich  vor  allem  scheut,  was  nicht  edel 
(KaXöv)  ist :  denn  er  ist  bisher  nur  vom  gesetz ,  nicht  vom  leben  er- 
zogen und  hat  durch  dasselbe  gelernt  nichts  anderes  für  KOiXöv  za 
halten  (natürlich  als  Td  KaXd  selbst) ,  insbesondere  nicht  das  blosi 
nützliche ,  auf  das  erst  die  im  leben  gewonnene  erfahrung  hinweist, 
dasz  dies  die  richtige  erklärung  ist,  beweist  die  vergleichung  mit  der 
entsprechenden  stelle  in  der  entgegengesetzten  Charakteristik  der 
greise  s.  1389  ^  36  ff.  Ka\  Trpöc  tö  cujicp^pov  2[ujciv,  dXX*  oö  irpöc  tö 
kqXöv,  jiöXXov  i^  bei,  bid  tö  cplXauTOi  elvar  tö  ixiy  fäp  cu^qxfpov 
auTijj  dyaSöv  icTi  (ein  relatives  gut,  wo  vielleicht  besser  aÖTip  zu 
lesen  wäre,  weil  man  sonst  eher  auTOic  erwarten  sollte),  TÖ  bk  KaXöv 
dirXuüC  (ein  absolutes  gut,  dh.  ohne  beziehung  auf  ein  einzelnes  sub- 
ject).  Kai  dvaicxuvTOi  jiäXXov  f\  alcxuvTiiXoi •  bid  tdp  tö  \xf\ 
q)povTi2[eiv  öjioiujc  toC  KaXoO  Kai  toO  cujucp^povTOC  (also  gerade 
das  gegenteil  vom  jUngling)  öXiTUjpoOci  ToG  bOKeiv. 

11 13  (1389»»  34)  Kai  oö  bk  dvbeeic,  toutou  jidXicra  dmeuiiciv. 
der  greis  liebt  das  leben,  weil  die  begierde  sich  auf  das  fehlende 
richtet  und  man  das  am  meisten  begehrt,  was  man  entbehrt,  daa  ist 
ganz  klar,  aber  in  Kai  ou  bi.  liegt  ein  unleidlicher  pleonasmus;  es 
würde  heiszen  'und  auch  was  man  entbehrt',  als  wenn  das  ganze 
nicht  eine  blo8ze  folgerung  aus  dem  vorigen  wäre,  entweder  xai 
oder  bi ,  am  besten  Kai ,  musz  fallen. 

II  18  (1391  »^  28)  TTdci  Top  dvoTKaiov  Td  nepl  toO  buvorroO 
Kai  dbuvdTOu  rrpocxpficOai  iy  toTc  Xötoic.  die  Verbindung  von 
Trpocxpfic6ai  mit  acc.  möchte  wohl  ohne  beispiel  sein,  dennoch 
stehe  ich  an  Td  in  toTc  zu  verwandeln,  wodurch  zugleich  eine  grosse 
unbeholfenheit  des  ausdrucks  entstehen  würde,  da  ein  ganz  verschie- 
dener dativ  nicht  nur  in  Trdci  vorangeht,  sondern  auch  in  Xötoic 
folgt,  ich  denke,  Td  nepl  ToO  buvaTOu  ist  das  subject  zu  dvcrncaTov, 
dies  aber  ist  in  dvaTKaia  zu  ändern,  worauf  dann  TrpoqcP^^^i 
epczegetisch  angeknüpft  ist:  'alle  brauchen  die  kategorien  des  mög- 
lichen und  unmöglichen,  um  sie  in  den  reden  anzuwenden.' 

II  19  (1392«»  12)  Kai  cl  tö  ömoiov  buvaTÖv,  Kai  tö  Smoiov. 
es  musz  natürlich  heiszen  Kai  TÖ  dvö^oiov.  die  entgegengesetzten 


HSchütz :  kritdsche  bemerkongen  sü  Aristoteles  rhetorik.      689  < 

begriffe  haben,  insoweit  sie  entgegengesetzt  sind,  dieselbe  möglioh- 
keit ;  das  soll  durch  beispiele  belegt  werden. 

II  23  (1400*  5)  äXXoc  ^K  täv  boKOuvTUiv  \xky  TiTvecOai 
ÖTTicTUJV  b^,  ÖTi  oÖK  Sv  fboEav,  €l  ^f|  fjv  t\  dtTÖc  fjv.  Kai  ön 
ILiaXXov  f\  T&p  Tä  6vTa  fj  Tä  ciKÖTa  öiroXafißdvouciv  *  ci  oSv 
äTTiCTOv  Kttl  |Lif|  elKÖc ,  öXtfikc  fiv  ilx] '  oö  T&P  öiÄ  T€  xd  cIköc  Kai 
TTiOavöv  boKCt  ouTiüC.  zunächst  ist  in  dieser  schwierigen  stelle  wohl 
fboSav  in  fboSev  zu  verbessern;  es  ist  wenigstens  gegen  den  ge- 
brauch  des  Aristoteles ,  auf  den  pluralis  des  neutrums ,  zumal  eines 
so  allgemeinen  wie  Td  boKoOvTa  jii^v  äTTtcra  b^,  das  verbum  im 
pluralis  folgen  zu  lassen,  und  so  haben  wir  auch  sofort  wieder  fjv, 
auf  dasselbe  bezogen,  klar  ist  es,  was  dfTiic  f^V  bedeutet:  wie  oöb' 
iffvc  ^nicht  einmal  nahe  daran',  dh.  *weit  gefehlt',  so  iipfOc  ^nahe 
daran',  nemlich  dem  in  rede  stehenden  begriff,  dh.  hier  tff^^  ToO 
eTvai;  also  ^es  würde,  weil  es  eben  unwahrscheinlich  (äTTicra)  ist, 
nicht  zu  geschehen  scheinen  (man  würde  nicht  glauben ,  dasz  es  ge- 
schehen könne);  wenn  es  nicht  wftre  oder  beinahe  wäre.'  somit  liesze 
sich  iffvc  j^v  auch  durch  f^cXXev  cTvai  ersetzen,  schwieriger  ist 
KQi  ÖTi  jiäXXov,  jedoch  nur  wegen  der  kurzen  und  abgerissenen  aus- 
drucks weise.  Aristoteles  sagt:  eine  andere  fundgrube  (töttoc)  der 
dvOujiiiiiaTa  als  des  einen  und  wichtigsten  der  allen  drei  redegattun- 
gen  gemeinsamen  mittel  der  beweisftthmng  (napabeiTMaTO,  yvilffiai, 
dv6u|ir|jiaTa)  liegt  in  dem  Verhältnis,  zum  teil  g^ensatz  der  erschei- 
nung  und  der  Wahrscheinlichkeit,  vieles  scheint  nemlich  zu  ge- 
schehen (dh.  wir  nehmen  seine  erscheinung  wahr),  was  in  Wahrheit 
doch  unwahrscheinlich  ist,  was  wir  also  rationell  nicht  zu  begreifen 
vermögen;  wir  würden  an  seine  ezistenz  nicht  glauben,  wenn  es 
nicht  wirklieb  existierte  oder  beinahe  existierte,  dafür  wird  nachher 
ein  passendes  beispiel  aus  der  natur  angeführt,  dessen  sich  Androkles 
von  Pitthos  in  einer  rede  bediente ,  als  er  die  Verbesserung  der  ge- 
setze  beantragte  und  man  seine  werte  ^die  gesetze  bedürfen  eines 
verbesserers'  durch  lärmen  unterbrach:  *ich  habe  recht,'  sagteer; 
^denn  auch  die  fische  brauchen  salz,  obgleich  es  nicht  wahrscheinlich 
und  glaubwürdig  ist,  dasz  sie,  die  im  meere  ernährt  werden,  salz 
brauchen;  ebenso  brauchen  die  ausgepressten  oliven  öl,  obgleich  es 
unwahrscheinlich  ist,  dasz  das,  woraus  öl  entsteht,  öl  braucht'  ich 
habe  bei  der  wiedergäbe  dieser  stelle  in  den  werten  des  Androkles 
beoviai  ol  vöjLioi  toO  biopOijQcovTOC  stillschweigend  vö^ou  weg- 
gelassen ,  weil  es  nicht  nur  überflüssig  ist ,  sondern  auch  durch  das 
für  die  behauptung  angezogene  beispiel  widerlegt  wird,  wenn  die 
gesetze  ein  gesetz  brauchen,  das  sie  verbessern  soll,  so  würden  dem 
entsprechend  auch  die  fische  nicht  salz,  die  ausgepressten  oliven 
nicht  öl,  sondern  jene  einen  fisch,  diese  eine  olive  brauchen,  es  ist 
unzweifelhaft,  dasz  unter  dem  biopOijQcujv  Androkles  sich  selber  ver- 
steht und  gerade  diese  anmaszong  ihm  den  Unwillen  der  zuhörer  zu- 
zieht, wenn  es  also  richtig  ist,  dasz  die  thatsächliche  erscheinnng 
oder  Wirklichkeit  mit  dem  rationell  wahrscheinlichen  (das  shad  die 


690       HScbütz:  kritische  bemerkuDgen  zu  AristoteleB  rhetorik. 

ekÖTa  und  TriOavd  im  gegensatz  zu  den  boKoCvra  TiTV€c6ai)  oft  im 
Widerspruch  steht ,  so  fragt  sich ,  welchem  von  beiden  der  redner  in 
seiner  beweisfUhrung  einen  grOszern  wert  beilegen  wird :  er  wird  sich 
fQr  das  crstere  entscheiden,  selbstverstfindlich  weil  bei  praktischen 
Streitfragen ,  die  ihm  doch  fast  allein  vorliegen ,  die  thatsachen  ent- 
scheidender sind  als  noch  so  gute  gründe,  die  den  thatsachen  wider- 
sprochen, somit  kann  die  ergänzung  zu  xai  ÖTX  jiäXXov  nur  sein: 
dK  T&v  bOKOuvTUJV  ji^v  T^TvecGai  dTTiCTUiv  bk  (f\  TOiivavTiov>.  man 
musz  sich  also  hüten  dies  ÖTi  mit  dem  vorhergehenden  begründenden 
in  ÖTi  OUK  &v  IboHev  auf  gleiche  stufe  zu  stellen ;  es  gibt  nicht  einen 
grund  zu  der  vorigen  behauptung,  dasz  eine  andere  fundgrube  in 
den  boKoOvTa  ju^v  TiTvecOai  ärncTa  bi.  zu  suchen  sei,  sondern  fügt 
dieser  behauptung  die  notwendige  folgerung  hinzu :  'dasz  die  fund- 
grube mehr  liege  in  den  thatsächlichen  dingen'  als  umgekehrt  in  den 
eiKÖTQ  ji^v  jLif)  boKoOvTa  bk  TiTV€c6ai.  wenn  dafür  nur  ein  ^oXXov 
beansprucht  wird ,  so  ist  auch  das  in  der  Ordnung,  es  werden  ja  die 
gemeinsamen  mittel  jeder  beweisfUhrung  untersucht,  und  da  kOnnen 
wohl  einmal  fälle  eintreten,  in  denen  der  redner  dem  cIkÖc  und 
Tri6avöv  mehr  gewicht  beilegen  wird  als  der  thatsache.  so  nament- 
lich in  der  epideiktischen  rede,  in  welcher  das  cIkÖc  mit  dem  dm- 
eiK^C  zusammenfällt;  oft  auch  in  der  UTTÖOectc  bei  einem  fingierten 
streitfalle,  und  wenn  Demosthenes  in  seiner  rede  für  den  kränz  er- 
klärt, die  Athener  hätten  den  krieg  gegen  Philippos  aufnehmen 
müssen,  auch  wenn  sie  bestimmt  ihre  niederlage  vorhergesehen 
hätten,  so  scheint  auch  er  den  mit  ÖTi  jiiäXXov  ausgesprochenen 
grundsatz  nur  mit  der  in  ihm  liegenden  einschränkung  anzuerkennen. 
—  Nun  bleibt  noch  der  dem  ÖTi  jiäXXov  beigegebene  grund  zu  be- 
sprechen, er  ist  recht  sonderbar:  'entweder  nimt  man  die  Wirklich- 
keit an  oder  das  wahrscheinliche,  ist  nun  eine  sache  unglaubwürdig 
und  nicht  wahrscheinlich^  so  würde  sie  wahr  sein :  denn  nicht  wegen 
des  wahrscheinlichen  und  glaubwürdigen  scheint  sie  ja  so  (nemUch 
wahr).'  das  i^t  ein  augenscheinliches  sophisma:  einmal  sind  die 
boKOÖVTa  iLifev  TiTV€c9ai  ÖTTiCTa  bi.  ohne  weiteres  zu  övia  gemacht, 
wozu  nach  der  begründung  durch  ouK  &v  IboSev,  ei  ^f)  fiv  fj  ^TT^ 
fjv  wenigstens  noch  ein  teilweises,  aber  auch  nur  ein  teilweises  recht 
vorliegt;  dann  aber  wird  für  tö  6v  sogar  der  stärkere  begrifif  TÖ 
dXr^O^c  untergeschoben,  unter  dem  also  nicht  die  rationelle  Wahr- 
heit, sondern  nur  die  erfahrungsmäszige  Wirklichkeit  zu  verstehen 
ist.  vollends  aber  ist  die  proposition  für  den  schlusz  durchaus  trü- 
gerisch; es  ist  ein  dilemm<r  aufgestellt,  das  nicht  alle  mOglichkeiten 
erschöpft,  da  neben  Toc  6vTa  ja  auch  TQ  |Lif|  6vTa,  neben  Tä  ekÖTa 
auch  rd  dTiiCTa  oder  jur)  elKÖra  in  betraebt  zu  ziehen  waren,  ferner 
ist  die  entgegen.iot/ung  von  rd  6vTa  und  rd  eUÖTQ  allgemein  ge- 
faszt  überhaupt  unstatthaft :  denn  einerseits  kOnnen  Td  dvTQ  sowohl 
elKÖra  als  jiif)  eUöra  sein,  anderseits  rd  cIköto  sowohl  övra  als  ^f| 
6vTa.  so  gewinnt  Aristoteles  allerdings  den  überraschenden  schlnsz: 
ist  die  sache  unwahrscheinlich,  so  ist  sie  wahr  oder  könnte  doch  wahr 


HSchütz :  kritische  bemerkungen  sn  AristoieleB  rhetorik.      691 

sein ;  umgekehrt  ist  sie  wahr,  so  wSre  sie  unwahrscheinlich,  dasz  er 
diesen  groben  trugschlusz  im  ernst  gezogen  haben  sollte,  wird  nie- 
mand annehmen,  und  selbst  für  den  bedarf  des  redners  kann  man 
ihn  nicht  zugeben,  da  in  diesem  ganzen  abschnitt  doch  von  den  wirk- 
lichen arten  des  ^v6lj|Liimot,  sowohl  dem  beweisenden  (beticTiKÖv)  als 
dem  widerlegenden  (^XcTKTtKÖv),  gehandelt  wird,  erst  im  folgen- 
den capitel  werden  die  scheinbaren  (q>aivöp€va)  ^vOu^ififiora  be- 
trachtet und  mit  den  paralogismen  der  logik  zusammengestellt,  will 
man  also  nicht  annehmen,  dasz  Aristoteles  mit  diesem  töttoc  Ik  T(&v 
boKOuvTUJV  ji^v  diTiCTUJV  bi  der  folgenden  betrachtung  vorgegriffen 
habe ,  so  werden  wir  ihn  von  dieser  stelle  entfernen  und  ihm  in  der 
nächsten  Untersuchung  seinen  platz  anweisen  müssen,  das  kriterion 
für  den  richtigen  platz  finden  wir  darin ,  dasz  dort  ebenfalls ,  nem- 
lich  cap.  24  (1402»  2)  von  In  ificircp  dv  toTc  dptcTtKOic  an,  über 
das  öv  und  |Lif)  dv,  ihr  Verhältnis  zum  cIkÖC  und  |Lif)  cIkÖC  und  die 
daraus  sich  ergebenden  trugschlüsse  gehandelt  wird,  dort  also  wer- 
den wir  diesen  abschnitt  einzuschalten  haben  und  zwar  vorher,  weil 
nachher  die  fortfUhrung  der  ent Wicklung  durch  ein  kurzes  fiXXoc, 
mit  dem  diese  stelle  beginnt^  nirgends  mehr  statthaft  ist,  so  aber 
dies  SXXoc  an  die  vorher  genannten  töttoi,  die  alle  gleichfalls  durch 
äXXoc  eingeführt  sind,  sich  sprachlich  wie  sachlich  völlig  angemessen 
anscblieszt. 

n  25  (1402*»  26)  direl  T^p  6  ^kv  KatriTOpuiV  b\*  cIkötuiv  diro- 
beiKvuciv,  f CTi  hk  oö  tqötö  XOcai  f|  Sri  oök  cIköc  f\  öti  oök  dvaTKatov, 
dei  b'  ^\e\  fvcraciv  tö  Jjc  £itI  tö  itoXO.  in  dem  ganzen  capitel  han- 
delt es  sich  um  die  aufhebung  (Xucic)  oder  entkräftung  der  dv6u|Liy]- 
jLiaTa  des  gegners,  welche  auf  zweierlei  art  geschehen  kOnne,  entweder 
durch  gegenschlüsse  (dvTicuXX0Y(2[€c9ai)  oder  durch  erhebung  eines 
einwurfes  (^vCTacic).  ist  das  dv6u|iTi|ia  selbst  aus  dem  eiKÖc  ge- 
nommen, so  ist  die  aufhebung  desselben  durch  einwurf  immer  mög- 
lich, weil  das  eiKÖc  nicht  das  stets,  sondern  das  gewöhnlich  (d)C  in\ 
TÖ-7ToXu)  sich  verhaltende  bezeichnet,  mithin  ein  anderssein  immer 
möglich  sein  läszt.  dadurch  ist  der  Verteidiger  dem  ankläger  gegen- 
über, der  seine  beweisgründe  aus  wahrscheinlichem  zieht,  im  vorteil ; 
allein  er  stöszt  durch  seinen  einwurf  nicht  die  Wahrscheinlichkeit 
der  behauptung  des  klägers  um ,  sondern  nur  deren  notwendigkeit, 
und  der  richter  macht  in  seinem  urteil  leicht  den  trugschlusz,  dasz 
er  damit  zugleich  die  Wahrscheinlichkeit  für  beseitigt  ansieht«  die 
weitere  deduction  können  wir  uns  ersparen;  hier  soll  nur  auf  einen 
fehler  in  der  citierten  stelle  hingewiesen  werden:  das  b^  bei  dci  im 
nachsatz  ist  ohne  zweifol  zu  streichen. 

III  1  (1404»  4)  direi  tö  t^  blKttiov  }xr\hkv  TiXeiuj  lr\r€\v  ncpl 
TÖv  XÖTOV  f\  ujc  juilT€  XuireTv  juriTC  €Öq)pa(v€iv.  die  gerecbtigkeit 
hat  es  nur  mit  der  Wahrheit  zu  thun ;  herschte  sie  allein  in  der  rede, 
so  bestände  die  aufgäbe  der  rhetorik  hinsichtlich  des  ausdrucks  nur 
darin,  dasz  man  keinen  unangenehmen,  aber  auch  keinen  angenehmen, 
also  zur  bestechung  der  richter  geeigneten  eindruck  mache,  wie  soll 


692      HSchütz:  kritische  bemerkuDgen  zu  Aristotelefi  rhetorik. 

man  aber  ixr\biy  mit  irXelui  verbinden?  etwa  'in  nichts  mehr'?  das 
wäre  möglich,  ist  mir  aber  nicht  wahrscheinlich,  näher  Iftge  es 
nXeiov  zu  schreiben ;  aber  es  ist  kaum  glaublich ,  dasz  dies  neben 
ixr\biv  so  natürliche  wort  verdorben  sein  sollte,  und  überdies  ist  der 
plural  richtiger ,  weil  ja  wirklich  zwei  aufgaben  der  gerechtigkeit, 
die  freilich  aus  derselben  quelle,  nemlich  tö  bnXuücai,  flieszen,  sa-> 
gestanden  werden,   ich  würde  daher  am  liebsten  firibeva  lesen. 

ebd.  z.  12  dK€ivn  jLitv  oöv  öiav  fXGij  lauTÖ  noiricei  t^|  dTroxpi- 
tikQ.  'über  den  rhetorischen  ausdruck  (die  X^Eic)  sind  bisher  wenige 
regeln  aufgestellt;  er  wird  aber  dasselbe  ausrichten  wie  die  Schau- 
spielkunst, ÖTav  fXOr).'  es  kann  doch  wohl  nur  heiszen  irpo^XOq» 
wie  vorher  (s.  1403  ^  36)  inei  Kai  tö  ircpl  xfjv  X^Eiv  di|ifc  irpofiXOev : 
'sie  hat  erst  spät  (im  Verhältnis  zu  andern  kUnsten)  fortschritte  ge- 
macht.' vgl.  auch  zu  anfang  dieses  cap.  Kai  fäp  €(c  Tf|V  TpaTiltf|V 
xai  ^ai|iiijbiav  öip^  irapf^Xdev,  wo  es  aber  nicht  nötig  ist  nun  auch 
irpofiXOev  zu  schreiben. 

III  2  (1404*»  20)  dic  Top  irpöc  dTTißouXeuovTa  biaßdXXoviai, 
KaOäirep  irpöc  touc  oivouc  touc  ^€)iiT)i^vouc ,  xal  olov  f|  6€0- 
biupou  (piüvfi  TT^TTOvGe  TTpöc  TfjV  TÜöv  fiXXuiv  ÖTTCKpiToiv.  *man 
merkt  absieht  und  ist  verstimmt',  nemlich  gegen  die  gesuchten 
Schönredner,  als  wären  ihre  worte  vergiftet  gleich  zaubertrftnken 
oder  verfälschten  weinen,  damit  hört  aber  die  vergleichung  auf,  and 
mit  olov  wird  nur  ein  beispiel  eingeführt:  'des  Theodoros  stimme 
steht  in  diesem  Verhältnis  zu  der  der  andern  Schauspieler;  sie  scheint 
die  (natürliche)  des  redenden  zu  sein,  die  andern  aber  (offenbar  durch 
exaltation  oder  künstelei)  fremdartig.'  es  ergibt  sich  daraus |  dasz 
Kai  vor  olov  gestrichen  werden  musz. 

III  3  (1406  »>  3)  f|  )iCTa(popd  bk  TOic  la^ßefoic*  toutoic  T^p 
vCv  xp^VTai,  ÜJCTTcp  eipriTai.  die  prosaische  spräche  wird  frostig 
(ipuxpä),  wenn  sie  die  schmuckmittel  der  poesie  gebraucht,  zumal 
im  übermasz,  nemlich  erstens  bmXa  övöjiaTa  (ungewöhnliche  wort- 
compositionen),  zweitens  TXuJTTai  (veraltete,  fremdartige  Wörter), 
drittens  unnötige  epitheta  ornantia.  das  erste  mittel  geziemt  am 
meisten  dem  ditbyrambos,  das  zweite  dem  epos ;  das  dritte  ist  keiner 
besondern  dichtungsart  zugewiesen,  das  ist  um  so  auffälliger,  als 
sofort  nach  den  oben  angeführten  werten  fortgefahren  wird :  Ka\  ix\ 
T^TapTOV  TÖ  ipuxpöv  usw.  es  ist  kaum  denkbar,  dasz  dem  nicht 
eine  angäbe  über  die  epitheta,  von  denen  bei  weitem  am  längsten 
gesprochen  ist,  vorangegangen  wäre,  etwa  dasz  deren  gebrauch  allen 
arten  der  poesie  ziemlich  gleichmäszig  zukomme,  am  meisten  aber 
für  die  lyrik  geeignet  sei.  statt  dieser  verloren  gegangenen  worte 
haben  wir  nun  eine  andere  bcmerkung,  die  an  sich  nicht  recht  deut- 
lich ausgedrückt  ist  und  hier  an  völlig  unpassender  stelle  steht:  *die 
metapher  ist  am  geeignetäten  für  die  iamben ;  diese  nemlich  gebrau- 
chen sie  jetzt,  wie  gesagt  ist.'  das  ist  natürlich  eine  beziehong  auf 
III  1  (1404*  31),  wo  gesagt  ist,  dasz  die  tragiker  aus  den  (troch.) 
tetrametem  zum  iambischen  metrum  übergegangen  seien,   vgl.  da* 


HSchütz :  kritische  bemerkungen  zu  AristoteleB  rhetorik.      693 

mit  poetik  c.  4  ae.  allein  wie  konnte  hier  Tpcrfuiboi  zu  XP^^^^vrai 
ausgelassen  werden  ?  und  ist  es  denn  richtig^  dasz  die  metapher  dem 
tragischen  dialog  mehr  geziemt  als  den  ttbrigen  arten  der  poesie? 
aber  dies  alles  zugegeben ,  wie  durfte  hier  die  bemerkung  ttber  die 
metapher  vorweggenommen  werden ,  während  wir  nunmehr  erst  er 
fahren^  dasz  die  vierte  art  des  frostigen  in  dem  unpassenden  gebrauch 
der  metaphern  liege?  jene  bemerkung  über  die  iamben  kann  nur 
aus  einem  glossem  entstanden  sein ,  und  wir  können  auch  genau  be- 
zeichnen, wo  dasselbe  gestanden  haben  musz.  nemlich  Aristoteles 
lehrt  sofort,  metaphern  seien  unpassend,  teils  wenn  sie  lächerlich 
(wie  in  der  komödie) ,  teils  wenn  sie  gar  zu  feierlich  und  tragisch 
seien,  damit  ist  natürlich  nicht  im  mindesten  gesagt,  dasz  die  meta- 
phern sich  am  meisten  für  das  drama  eignen :  denn  nur  das  lächer» 
liehe  an  sich  wird  der  komödie,  das  feierliche  der  tragödie  zuge- 
schrieben, allein  der  glossator,  der  ohne  zweifei  die  yerloren  ge- 
gangene bemerkung  über  die  dritte  art  des  frostigen  noch  hatte, 
wollte  die  Übersicht  über  die  dichtungsarten  vervollständigen  und 
wurde  durch  die  bemerkung  biä  TÖ  TporfiKÖV  zu  dem  Irrtum  ver- 
leitet, dasz  Aristoteles  die  metapher  dem  drama  zuweise,  daher 
seine  notiz,  bei  der  er  nunmehr  zu  xptX^VTQi  des  Zusatzes  o\  Tpcrfipboi 
natürlich  nicht  bedurfte,  diese  randglosse  ist  zuerst  zu  der  bemer- 
kung über  die  epitheta  hinzugeschrieben  und  hat  sie  schlieszlich  ver- 
drängt. 

III  7  (1408^  9)  iäy  oöv  xd  \idkaKä  CKXiipuöc  xal  rd  ocXiipd 
jnaXaKUJC  X^tyitoci^  dTTiOavov  T^TVCTm.  die  rede  ist  von  dem  schick- 
lichen und  unschicklichen,  das,  allen  redearten  gemein,  darin  be- 
stehe, jedem  den  ihm  entsprechenden  ausdruck  zu  geben,  und  dabei 
soll  man  sich  auch  nicht  in  der  an  Wendung  des  entsprechenden  (t& 
ävd  Xöfov)  erschöpfen,  indem  man  alles  auf  einmal  ausschüttet,  zb. 
das  herbe  auch  mit  der  stimme  und  dem  gesichtsausdruck  usw.  be- 
zeichnet; denn  dadurch  tritt  die  absieht  zu  grell  ans  licht,  während, 
wenn  man  das  eine  thut,  das  andere  nicht,  unvermerkt  derselbe  zweck 
erreicht  wird,  hieran  schlieszen  sich  nun  die  oben  angeführten  werte 
an,  die  doch  zu  dieser  regel  durchaus  keinen  beleg  geben,  wohl  aber 
zu  dem  s.  1408*  36  ff.  aufgestellten  gesetze:  TÖ  bVcÖKafpiuc  f{  |lf| 
€iiKaipu)c  xpflcGai  koivöv  dTidvTwv  tujv  elbujv  dcxiv.  setzen  wir  sie 
dorthin,  so  ist  an  unserer  stelle  der  weitere  Zusammenhang  voll- 
kommen gewahrt:  denn  nun  geht  der  Schriftsteller  mit  rd  bk  övö- 
juaia  TU  binXd  usw.  zu  andern  iJTTCpßoXai  über,  zunächst  den  früher 
als  frostig  bezeichneten  ausdrucksweisen. 

III  9  (1410^30)  ihrjencav  aÖTÖv  iTaiMov  xeTOK^vai,  dXX* 
aiiToO  aiTiov  TCTOV^vai.  sollten  in  diesem  beispiel  eines  homoio- 
teleuton  nicht  auTÖv  und  auToC  mit  einander  zu  vertauschen  sein? 
warum ,  liegt  auf  der  band. 

III 12  (1413^  16)  aiTiov  V  öti  ^v  tiü  dTÜJVi  dpfiörrer  biö  Ka\ 

td  lITTOKplTlKd  d(pripT]|bl^VT]C  TTIC  ÖTTOKp(C€UJC  OÖ  TTOloOVTa  TÖ  ttÖTÖV 

^PTOV  cpaiveiai  curjOr].   der  stil  in  einer  geschriebenen  abhandlung 


694      HSchütz:  kritische  bemerkungen  zu  Aristotelee  rhetorik. 

musz  anders  sein  als  der  in  einer  gesprochenen  rede ;  oft  nehmen 
sich  reden ,  die  groszen  erfolg  gehabt  haben ,  wenn  man  sie  in  den 
bänden  hat ,  recht  läppisch  aus.  der  grund  ist ,  dasz  e  s  im  rechts- 
streite  passt.  was  denn?  etwa  die  rede?  aber  einmal  gieng  der 
plural  voran  (o\  Toiv  ^TiTopiüv);  sodann  ist  dasja  schon  gesagt,  und 
hier  soll  der  grund  dafür  gegeben  werden,  nehmen  wir  aus  dem 
folgenden  satze  Td  ÖTTOKpiTiKd  vor  oder  nach  dpfiörrei,  so  ist  alles 
in  Ordnung:  'in  der  öffentlichen  rede  (dTU)v)  ist  das  schauspieler- 
hafte an  der  stelle;  daher  thut  es  auch,  wenn  die  declamation  oder 
action  (uiTÖKpicic)  weggenommen  ist ,  nicht  seine  Schuldigkeit  und 
wird  albern.' 

m  13  (1414*'  4)  dXX'  6  dTrlXoTOC.  iu  oöbfe  biKaviKoO  iravTÖc. 
die  notwendigen  teile  jeder  rede  sind  irpöOecic  und  irtcTic  wie  TTpö- 
ßXr^a  und  dTTÖbeiEic.  die  erzählung  (birJTn^i^)  ^^  eigentlichen  sinne 
ist  der  epideiktischen  und  volksrede  abzusprechen,  ebenso  die  Wider- 
legung des  gegners  und  der  epilog  der  beweisfdhrung.  dagegen 
finden  prooimion  und  vergleichung  (dvTiirapaßoXi^)  und  iirdvoboc 
(recapitulation)  dann  in  der  volksrede  statt,  wenn  eine  gegenrede 
vorliegt:  denn  oft  hat  sie  es  auch  mit  anklage  und  Verteidigung  za 
thun  und  nicht  mit  einem  rate,  'aber  der  epilog.  dazu  gehOrt  er 
auch  nicht  für  jede  gerichtsrede.'  dasz  dies  letzte  sinnlos  ist,  bedarf 
keines  beweisen,  es  ist  leicht  zu  helfen,  wenn  man  iix  streicht  and 
das  übrige  zu  (;incm  satze  zusammenfaszt :  'aber  der  epilog  gfil)firt 
auch  nicht  für  jede  gerichtsrede.'  dasz  er  nemlich  den  beiden  andern 
arten  der  rede  fremd  ist,  haben  wir  bereits  erfahren;  es  wird  nnn 
weiter  gesagt,  welche  gerichtsreden  keines  epilogs  bedürfen. 

III  17  (1417 »»  26)  ujcauTUJC  xai  el  irepl  toO  TCV^cGai  toOto  f| 
d^(picßrJTr]cic.  jLif)  XavOav^TUi  b'  öti  usw.  es  handelt  sich  um  die 
vier  arten  von  rechtsfälien,  die  sogenannten  stattis  causae :  im  ersten 
wird  die  that  bestritten,  im  zweiten  der  durch  dieselbe  verübte  schade, 
im  dritten  die  grösze  (ÖTi  ou  TOCÖvbe),  im  vierten  die  gerechtigkeit 
derselben,  offenbar  ist  der  erste  derselben  der  von  den  Lateinern 
sogenannte  Status  conicäuralis ,  der  vierte  der  iuridieialis^  wfthrend 
die  beiden  mittlem  sich  mit  den  lateinischen  Status  definühms  und 
qualitatis  nicht  genau  zu  decken  scheinen,  es  wäre  möglich,  daax 
Aristoteles  deu  defhütiims  mit  dem  ersten  verschmolzen  hfttte,  wie- 
wohl das  seine  bedenken  hat.  ist  die  that  zugestanden,  so  fragt  ea 
sich  um  die  qualität,  die  durch  ÖTl  OUK  fßXai|i€V  bezeichnet  sein 
künnte,  und  die  quantität  (t6  TOCÖvbe).  indessen  ich  möchte  für 
TOCÖvbe  lieber  TOlövbc  vermuten,  so  dasz  hiermit  die  definition 
der  that  bezeichnet  sein  könnte,  wie  ja  auch  bei  den  lateinischen 
rhctoren  der  Status  qualitatis  dem  dcfinitivus  (das  quäle  dem  quid) 
nahe  steht,  wie  man  sich  auch  darüber  entscheide :  es  kommt  nicht 
viel  darauf  an,  da  Aristoteles  ja  nicht  an  die  fixierung  von  rhetoren 
oder  rechtsgelebrten  gebunden  ist,  die  nach  ihm  gelebt  haben,  auf- 
föllig  ist  nur  der  schlus/.  von  uJcauTUiC  an:  als  hfttte  Aristoteles  den 
vier  rccbtslngen  noch  eine  fünfte  hinzufügen  wollen,  die  er  für  so 


UScbüfz:  kritieche  bemerkuugeD  zu  AriatoteleB  rhetorilt.       695  1 

wichtig  gehalten,  dasz  er  dag  dM<picßT]Tei  vom  anfange  des  satzes  in 
f|  äfi(picßr|TriciC  Überflüssiger  weise  wiederholte  und  doch  ist  mit 
dem  Tr€pl  toG  T*vec&ai  TOÖTO  durchaus  Dichts  anderes  gemeint  ah 
der  er=te  fall  Ön  oi  T^TOVev.  sehen  wir  nun  den  folgenden  satx 
an  nfl  Xavöav^Tiu  b'  ÖTl  usw. ,  so  entsteht  eine  neue  Verlegenheit : 
'es  soll  nicht  entgehen,  dasz  in  diesem  streite  allein  notwendig  der 
andere  schlecht  sein  mnsz:  denn  nicht  Unwissenheit  ist  die  Ursache, 
wie  wenn  man  über  das  gerechte  streitet.'  wer  ist  der  andere,  der 
jedenfalls  ein  wissender  ist?  offenbar  nur,  wer  die  von  ihm  ge- 
schehene tbat  ableugnet:  denn  Über  den  schaden  oder  die  grSsze 
oder  die  gerecbtigkeit  kCnnte  er  Ja  irren,  ohne  darum  schlecht  zu 
sein,  alio  kann  oütt]  fi  iiti<picpr|TtiCic  jjövii  unbedingt  nur  den  ersten 
Streitfall  bezeichnen,  in  welchem  der  ableugnende  lUgt  und  sich  nicht 
mit  unkundo  über  die  beschaffenheit  oder  die  folgen  seiner  hand- 
luug  entschuldigen  kann,  ist  das  aber  so,  so  mu&te  natürlich,  nach- 
dem drei  andere  Streitfälle  aufgeztthlt  waren,  der  erste  wiederholt 
werden,  wenn  durch  aÖTTi  fj  äfi<picßr|TTiciC  auf  ihn  hingewiesen  wer- 
den sollte,  mit  andern  Worten !  durch  Ktti  et  Titpi  toO  TtV^cÖai  ToOto 
fl  <ifiq)ießriTr]ClC  wird  nicht  ein  letzter  fünfter  fall  hinzugefügt,  son- 
dern auf  den  ersten  zurückgegangen,  um  von  ihm  etwas  besonderes 
auszusagen,  der  vorige  satz  ist  demnach  mit  üjchi^tujc  abgeschlossen, 
das  dem  toOtou  (sc.  bei  ti^V  lÜTröbeiBv  ^e'ptiv)  des  zweiten  gliedea 
vollkommen  entspricht,  wir  setzen  also  ein  punctum  und  fuhren 
nun  fort:  koI  €i  nepl  toö  T^vecöai  toüto  fi  dfjtpicßriTticic,  ni^  \av- 
6av£TUJ  ÖTl  usw.,  wobei  das  einzige  b'  vor  ÖTl  hat  fallen  müssen. 
Potsdam.  Hebmann  Schütz. 


89. 
ZUR  ÄNTHOLOGIA  LATINA. 

In  dem  codex  Dresdcnsis  De  ISSsaec.  IX — X  fol.  31 '' sind  zwei 
gedichte  überliefert,  welche  von  Riese  in  der  Anlh.  latina  hd.  11  als 
679  und  678  und  von  Baehrens  in  den  PLM.  bd.  V  als  LVÜI  4 
nnd  3  herausgegeben  wurden,  beiden  bgg.  ist  jene  hs.  unbekannt 
geblieben,  die  wegen  ihres  altera  und  wegen  einiger  nicht  unwichtigen 
abweichungen  bzw.  Übereinstimmungen  ans  licht  gezogen  zu  werden 
verdient. 

I  (Biese  679). 
Die  Überschrift  im  Dresd.  (D)  hat  ursprünglich  gefehlt  und  ist 
von  einer  etwas  Jüngern  band,  welche  auch  das  ganze  gedieht  corri- 
gierthat(M),  mit  blasserer  tinte  hinzugefügt:  JCpUhoTtie  Phoenomcno» 
Prisciani  Gram  ,  vgl.  bei  Riese  cod.  M.  ich  stelle  die  lesarten  zn^am- 
men  (die  in  klammern  beigesetzten  buchstaben  bedeuten  die  mit  D 
Übereinstimmenden  hss.  bei  Riese  bzw.  Baehrens). 


696  MManitiuB:  znr  Anthologia  latina. 


e 


1  horeas       atioi  superscr.  M       2  astofilax  (arctoßax  CM) 
3  lira  (ON,  bei  Baehrens  V)       casiaphea  {casiophea  C)       4  andre- 

V 

mede  {androniedf  0)      5  aquüenensque  ^  corr.  M      7  Hmcy  corr.  M 

(NO)         8  scorpiu^,  corr.  M        arquUenens      uma  (CVM) 

10  procion  (VM)  11  Ydn^  cyrontur  ribulum^  corr.  M  12  Äeri- 
danique  (MN).  dann  folgen  jene  vier  verse  welche  nach  Biese  allein 
noch  der  cod.  Paris.  12117  (N)  fol.  172  überliefert,  da  nun  nach 
den  oben  angeführten  lesarten  D  und  N  durchaus  keine  enge  Ver- 
wandtschaft zeigen,  so  kann  N  unmöglich  aus  D  abgeschrieben  seiOi 
und  beide  hss.  müssen  auf  verschiedene  quellen  zurückgehen,  letz- 
tere aber  oder  deren  vorlagen  müssen  auf  gemeinsamer  quelle  be- 
ruhen, in  jenen  vier  versen  finden  sich  bei  D  folgende  abweichungen 
von  N:  (2  Luna  etmer  curii^)  venus  sol  3  sidera]  desinit  versus, 
sequens  verbum  erasum  est. 

n  (Riese  678). 

Dieses  gedieht  ist,  wie  anderwärts,  auch  hier  sehr  fehlerhaft 
überliefert,  eine  Überschrift  fehlt,  die  lesarten  von  D  sind  folgende : 
1  signifere  spere  (bei  Baehrens  B)  2  Ferque  planete 
3  Pölluri  6  foetontia  {fetontia  B)  flama  7  atque  quadranUm 
{adde  S)  8  Ter  senas  ter  partes  citharea  retorquens  (Bieses  P» 
Baehrens'  B)  9  deest  10  Ternas  ter  partes  puro  (Bieses  P)  ifeiies 
pere  11  Sennonis  domini  (P,  dhi  Baehrens*  COB)  camp^efur  anni 
circulus  anni  12  novenos^  in  marg.  scriptum  est  Lün.  13  eurrii 
14.  15  (Baehrens)  desunt.  hier  gibt  sich  entschieden  hinneigung 
zu  (Bieses)  P  und  (Bachreuä')  B  (Beginensis  438  saec.  X)  zu  erkennen, 
jedoch  ohne  dasz  man  den  Verwandtschaftsgrad  der  drei  hss.  näher 
bestimmen  könnte. 

Dasz  übrigens  diese  didaktischen  schulgedichte  frühzeitig  bei 
den  Angelsachsen  eingang  gefunden  haben,  ist  schon  daraus  bekannt, 
da<z  sie  den  werken  Baodas  angehängt  wurden,  neu  dagegen  dürfte 
sein,  dasz  Aldhelm,  der  ja  auch  sonst  vielfach  kenntnis  der  späten 
lateinischen  dicbtkunst  verrät,  in  seinen  rätseln  (aenigm.  enneast» 
2,  8.  9)  zwei  verse  aus  dem  zuletzt  behandelten  gedichte  wOrtlich 
anführt,  diese  beiden  verse  (Baehrens  LVIII  3, 14. 15)  finden  sich  in 
den  von  Biese  benutzten  h.ss.  nicht,  sondern  stehen  nur  an  jener  stelle 
im  Oxou.  coli.  S.  lohannis  XVIII  saue.  XI  fol.  14,  auszerdem  aber 
am  anfange  des  gedichtes  LVIII  5  (Biese  680)  im  Laur.  Strozz.  46 
saec.  XIV  fol.  1.  danach  finden  sich  die  beiden  verse  bei  Aldhelm 
bedeutend  früher,  als  sie  sonst  hsl.  überliefert  sind,  da  nun  schon 
Aldhelm  aen.  enncost.  2,  8  lymphae  und  9  possent  {possei?)  über- 
liefert, so  dürften  die  beiden  conjecturen  von  Baehrens  (OfjfiNpj  und 
possit)  wohl  abzuweisen  sein. 

NiEDERLÖSSNITZ  BEI  DRESDEN.  MaZ  MANITXCJS. 


KMacke:  zu  Horatiiis  epuMn  [U  1].  697 

(76.) 

ZU  HOBATIÜB  EHSTBLH. 


II 1, 15  praesenti  übt  maiuras  largimur  hanoreSf 

iurandasque  ttmmper  nu/mmponimm  ara$f 
nü  ofiturum  (üias^  nü  arium  iaie  fateniea* 
sed  ttius  hie  popülue  ^  sapiena  ei  iusius  in  uno  t 
te  nostris  dudbm^  ie  Qrais  anieferemb^ 
20  cetera  neguiguam  eimüi  raüone  modoque 
aestimat, 

Bibbeck  liest  y.  18  hoc  für  hic^  das  er  mit  wno  yerbindet  nnd 
wirft  y.  19  aus;  Krüger  yerbindet  in  uno  te  anteferendo^  hinweisend 
auf  Cic.  or.  7 ,  23  recardor  lange  emnOms  unum  anUfiarre  Demo- 
sthenem\  Orelli  erklärt:  *8ed  bic  idem  popnlas,  tibi  ex  toto  deditus, 
in  hac  una  re,  quod  te  omnibos  antefert.  nolim  inngere  if»  utio  on^ 
ferenda  te*]  Yablen  (zs.  f.  d.  Ost  gymn.  1871  s.  2)  erklttrt  in  una  te 
.  .  anteferenda  «=  'indem  es  dich  einzig  yor  griechischen  nnd  römi- 
schen beiden  erhebt'. 

Bibbecks  meinung,  in  una  te  anteferenda  sei  nicht  stattiiaft, 
musz  man  beistimmen:  denn  die  grobe  schmeichele!,  dasz  die  BOmer 
den  Augustus  allein  allen  vorziehen  sollen,  dadurch  noch  zn  steigern, 
dasz  man  sie  als  weise  und  gerecht  bezeichnet,  kOnnen  wir  kaom 
dem  ärgsten  bjzantinismus  zutrauen;  auch  widerspricht  dieselbe 
andern  stellen  des  Hör. ,  in  denen  der  dichter  in  yoUerer  tonart  den 
Augustus  yerherlicht;  auszerdem  ist  una  {  te  anteferenda  wegen 
des  versendes  nach  ima  etwas  hart,  wenn  aber  Bibbeck  v.  18  hac 
für  hie  liest  und  dieses  mit  in  una  yerbinden  will,  so  ist  dieses  zwi- 
schen tutis  und  p(^[ndu$  eingeschobene  hac  so  gestellt,  dasz  diese  con- 
jectur  unmöglich  richtig  sein  kann,  zumal  da  tuus  hie  populus  einen 
recht  guten  sinn  gibt:  ^aber  dies  dein  yolk,  das  jetzt  lebende,  im 
gegensatz  zu  dem  volke  der  yorzeit,  das  gegen  Bomulus  und  andere 
undankbar  war,  weise  und  gerecht  in  dem  6inen  punkte'  usw.  recht 
hat  Bibbeck,  wenn  er  den  yers  te  nastris  yerwirft,  er  passt  nicht  an 
diese  stelle  wegen  der  allzu  groben  schmeichele!;  auszerdem  ist  aber 
auch  das  unum  in  zwei  glieder  zerlegt,  te  nastris  äucibus  anteferenda^ 
te  Orais  anteferenda \  am  natürlichsten  ist  es,  in  ima  und  cetera 
gegenüber  zu  stellen,  aber  ich  mOchte  den  yers  te  nastris  nicht 
überhaupt  verwerfen,  sondern  ihn  yersetzen  und  zwar  nach  y.  15 1 

praesenti  tibi  maturas  largimur  hanares 
te  nastris  ducibus^  te  Orais  anteferenda  j 
iurandasque  tuum  pernumen  panimus  aras^ 
nü  oriturum  alias  j  nü  ortum  tdk  fatenies. 
sed  tuus  hicpapukiSf  sapiens  et  iusbus  in  ufto, 
cetera  nequiquam  simüi  ratione  madaque 
aestimat. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  10.  46 


698  KMacke:  zu  Horatins  episteln  [II  1]. 

durch  diese  Versetzung  wird  erreicht,  dasz  maturos  largimitr  honaret 
richtig  begründet  wird:  'dir,  dem  lebenden,  spenden  wir  reichlich 
{largimur)  herangereifte  ehren,  indem  wir  dich  unsem  führem,  dich 
den  Griechen  vorziehen',  dh.  die  ehren  sind  herangereift,  so  dasi 
Augustus  ihre  fruchte  noch  bei  lebzeiten  genieszen  kann ,  dasz  sie 
nicht  erst  nach  dem  tode  ihm  nachträglich  als  totenspende  gebracht 
werden ,  indem  wir  dich  vorziehen ,  dh.  indem  wir  es  mit  dir  besser 
machen  als  mit  den  römischen  und  griechischen  beiden ,  die  diesen 
Vorzug  nicht  genossen,  mit  dieser  Umstellung  fällt  alle  schmeichele! 
in  dem  verse  weg ;  auszerdem  stehen  aber  auch  noch  anteferendo  und 
fatentes  ganz  schön  in  parallele;  femer  ist  dadurch  die  stelle  mit  ^ic 
.  .  in  uno  vollständig  erledigt. 

navem  agere  ignarus  navis  timet^  ahrotonum  aegro 
115  non  audet  nisi  gut  didicü  dare,  quod  medicorum  est 

promittunL  medici ,  tradant  fäbrüia  fahri: 

scribimus  indodi  dodique  poämata  passim. 
'ein  schiff  zu  lenken  fürchtet  ein  des  Schiffes  unkundiger;  stabwnrz 
dem  kranken  zu  geben  wagt  nur  derjenige  der  es  gelernt  hat;  was 
Sache  der  ärzte  ist,  verheiszen  die  ärzte,  es  treiben  ihr  handwerk  die 
band  werker:  ungelehrt  und  gelehrt,  alle  durch  einander  schreiben 
wir  gedichte.'  Bentlej  und  Bibbeck  sehen  beide  mit  recht  in  guod 
medicorum  est  promittünt  medici  eine  tautologie  zum  vorhergehenden* 
ob  dies  allerdings  ein  hinreichender  grund  ist  die  halbverse  aosxo- 
scheiden,  möchte  man  bezweifeln.  Bentlej  hat  vorgeschlagen  muitei^ 
das  aber  nicht  angenommen  worden  ist;  Bibbeck  scheidet  die  halb- 
verse aus,  ergänzt  aber  die  lücke  vor  tradant  nicht. 

Das  wort  promütunt  scheint  inhaltlos  und  matt,  es  bezeichnet 
ebenso  wenig  eine  specialthätigkeit  der  ärzte  wie  anderer  stände  und 
berufszweige ,  bei  denen  allen  ja  das  promOtere  eine  grosze  rolle 
spielt;  weshalb  wird  den  ärzten  allein  das  promptere  beigelegt,  wäh- 
rend kurz  vorher  Hör.  zwei  ganz  specielle  thätigkeiten  anführt» 
navem  agere  und  ahrotonum  dare  ?  man  sage  nicht,  die  beiden  ersten 
glieder  wären  negativ,  die  beiden  letzten  positiv:  das  i6t  wahr,  aber 
beweist  nichts,  dann  kommt  aber  auch  noch  das  matte  tradani 
fdbrilia  fabri  hinterdrein,  ein  gcmeinplatz  bei  dem  man  sich  schliesz- 
lich  alles  denken  kann,  pfuscherei  aus  einem  handwerk  ins  andere. 
weshalb  führt  aber  der  dichter  gerade  den  Schiffer  und  den  arst 
an?  und  setzt  diesen  beiden  künsten,  die  eine  geistige  bildong 
voraussetzen,  die  band  werker  entgegen?  das  ist  schwer  einza* 
sehen,  dasz  aber  scbiffer  und  arzt  gewählt  sind,  ist  leicht  erklär- 
lich: es  sind  zwei  sehr  verantwortungsvolle  bemfszweige,  bei 
denen  es  sich  um  leben  oder  tod  handelt,  bei  denen  Unkenntnis  die 
schrecklichsten  folgen  nach  sich  zieht;  und  ebenso  ist  es  mit  der 
poesie,  bei  welcher  stümperei  in  den  äugen  des  dichters — und  auch  in 
unsem  äugen  —  eine  sehr  gewagte  sache  ist.  wie  der  Schiffer  und  der 
arzt  sich  auf  ihren  bemf  vorbereiten  und  nur  mit  kenntniasen  wohl- 


EMacke:  zu  Horatius  epieteln  [11  Ij.  699 

ausgerüstet  mit  Steuer  und  gift  amgeheu,  äo  9oU  der  dichter  oder 
der  es  sein  will  auch  nur  mit  gehöriger  Vorbildung  und  trabrem 
berufe  an  das  dichten  gehen,  bei  dieser  eivägung  scheint  iraclanl 
fabnlia  fabri  ungehörig  zu  sein. 

Mein  vorsobiag  geht  nun  dahin,  v.  116  überhauptauszuscheidea 
UDd  das  übrige  zu  Übersetzen:  'ein  schiff  zu  lenken  fürchtet  ein  des 
BOhiffes  unkundiger;  stabwurz  dem  kranken  m  reichen  wagt  nur  der- 
jenige der  gelernt  hat  was  sacbe  der  Srzte  ist;  ungelebrt  und  gelehrt 
alle  durcheinander  schreiben  wir  gedichte';  man  könnte  auch  über- 
setzen: 'stabwurz  ,  .  zu  reichen  wagt  nur  derjenige  der  es  gelernt 
hat,,  und  dies  ist  sache  der  Srzte':  beide  auffassungen  kommen  ziem- 
lich auf  eins  hinaus,  wir  baben  so  eine  mindestens  ebenso  schGne 
dreigliedrige  perioiie  wie  im  überlieferten  text  eine  viergliedrige  mit 
tautologie  und  dem  Iraäant;  der  gegensatz  doäi  und  indodi  findet 
nicbt  seine  erläuterung  im  schiffer  und  arzt  als  gelehrten  den  hand- 
werkein gegenüber,  Bondem  im  tUchtigen  acbiffer  nnd  arzt  gegen- 
über dem  pfuscher.  qtwd  medicorum  est  mochte  ein  alter  abschreiber 
als  lückenhaft  auffassen  und  ergänzte  dasselbe  durch  das  matte  j>ro- 
mittitnt  medici,  wozu  er  dann  noch  das  traäant  f.  f.  hinzudichtete. 
es  findet  sich  eine  parallele  zu  dieser  auffassung  bei  Cic.  de  off.  1 
§  60:  sed  ut  nee  medici  nee  imperafores  nee  oratores,  quamvis  artis 
praecepta  perceperint,  quicquam  magna  latide  dtgnum  sine  usu  et 
exercitatione  conseguipossunt,  sie  offieii  conservandi  praecepta  tradun- 
tw  Üla  gtiidem,  ut  faämus  ipsi,  sed  rei  magnitudo  usum  quoqtie  exer- 
citationemgue  desiderat,  hier  entsprechen  die  medici  den  medici  des 
Hör. ,  die  imjjeralores  den  sobiffem ,  die  oratores  den  dichtem ;  von 
fabri  ist  auch  hier  keine  rede. 

agricolaeprisd,  fortes parvoque  beali, 
140  condila  post  frumenta  Icvantes  tempore  festo 

corpus  et  ipsum  animum  spe  finis  dura  fereniem 
cum  sociis  operum ,  pueris  et  contuge  ßda , 
Telturem  porco ,  Sitvanum  iaete  piäbant , 
florihis  et  vino  Qenium  memorem  breois  aevi. 
an  dieser  stelle  hat  meines  wissens  noch  niemand  anstosz  genommen, 
und  doch  meine  icb  dasz  sie  nicht  ganz  in  Ordnung  ist:  sie  leidet  an 
einer  Ungereimtheit  und  einem  anachronismus.     die  gewöhnliche 
Übersetzung  lautet:  'die  landleute  der  voneit,  rüstig  und  mit  weni- 
gem zufrieden,  nach  bergung  des  getreides  den  körper  und  seibat 
den  geist,  der  in  der  hoffnung  auf  das  ende  schweres  trägt,  erholend, 
sühnten  im  verein  mit  den  genossen  des  tagewerks,  den  kindem  und 
der  treuen  gattin,  die  Tellus  mit  einem  scbweino,  den  SiWanns  mit 
milch,  mit  blumen  und  wein  den  öenius,  der  eingedenk  ist  der  knrzen 
lebonszeit.'    meine  einnendungen  sind  folgende: 

1)  wie  kann  man  sagen,  dasz  nach  bergung  des  getreides  der 
geist  in  der  hoffnung  auf  das  ende  hartes  trögt?  ich  weis« 
wohl,  dasz  man  ferentem  auch  Obersetzen  könnte  'der  hartes  trug', 


700  KMacke:  zu  Horatius  episteln  [II  1]. 

aber  wenn  der  dichter  dieses  hätte  sagen  wollen,  so  wäre  ein  pari, 
perf.,  etwa  perpessum,  das  aber  wegen  der  quantität  nicht  möglich 
ist,  natürlicher,  man  könnte  auch  sagen,  ferentem  sei  das  präsens 
der  dauer,  'der  immer  hartes  zu  tragen  pflegt',  aber  die  natüriichBte 
Übersetzung  lautet  doch  ^der  hartes  trägt'. 

2)  weshalb  heiszt  es  ferentem,  das  doch  wegen  des  ipsum^  da 
dieses  animutn  hervorhebt,  sich  nur  auf  animum  beziehen  kann?  ist 
es  nicht  an  erster  stelle  der  kOrper,  der  beim  landban  hartes  er- 
trägt? welchen  Strapazen  ist  der  geist  ausgesetzt?  doch  wohl  nur 
der  befürchtung,  hagel  und  unwetter  möchten  die  saaten  verderben, 
und  diese  angst  kann  man  doch  nicht  gut  dura  ferre  nennen ,  auch 
vnrd  ein  agricola  fortis  sich  nicht  stets  wegen  dieser  gefahr  in 
nervöser  erregung  befinden. 

3)  wie  kann  man  sagen,  dasz  der  geist  in  der  hof  fnung  auf 
das  ende  hartes  erträgt?  das  harte,  das  der  geist  erträgt,  ist  ja  die 
angst  vor  dem  misraten  der  ernte,  und  diese  angst  wird  durch  die 
hoffnung,  welche  den  landmann  hebt,  gebrochen. 

4)  das  fest  selbst,  das  Uor.  im  äuge  zu  haben  scheint,  werden 
die  den  Ambarvalia  folgenden  emteferien  sein ,  die  in  die  monate 
juli  und  august  fielen,  hierauf  deutet  die  stelle  Teurem  poroo 
pidbanty  und  Preller  (röm.  myth.  s.  406  f.)  sagt  hierüber  folgendes: 
*voran  giengen  auch  hier  gewisse  sühnopfer,  namentlich  die  sog. 
pofca  praecidanea,  dh.  das  opfer  eines  weiblichen  schweins,  welches 
vor  dem  schnitt  der  felder  auf  jedem  bauerhofe  mit  besonderer 
beziehung  auf  die  toten  und  etwaige  Versäumnisse  bei  ihrer  bestat- 
tung  dargebracht  wurde;  denn  auch  hier  geht  der  glaube  an  die 
ackergötter  und  an  die  götter  der  unterweit  band  in  band ,  indem 
man  nur  von  den  wohlbefriedigten  und  versöhnten  mächten  der  erd- 
tiefe, bei  denen  die  toten  sind,  eine  gute  ernte  zu  hoffen  wagte . .  wie 
es  aber  mit  jenem  opfer  der  pcrca  praecidanea  xu  halten  sei,  darüber 
gibt  Cato  in  seinen  regeln  der  land Wirtschaft  eine  ausführliche  Vor- 
schrift, man  soll  es  darbringen  vor  der  einerntung  folgender 
feldfrUchte,  des  far,  des  weizens,  der  gerste,  der  bohnen  und  der 
rübsaat.  vor  der  ganzen  handlung  soll  des  Janus,  des  Jupiter  und 
der  Juno  mit  einer  spende  von  Weihrauch  und  wein  gedacht  werden, 
vor  dem  opfer  zuerst  des  Janus,  dann  des  Jupiter  mit  neuen  spenden 
und  gebeten  für  das  wohl  von  haus  und  hof.  dann  folgte  das  opfer 
des  Schweins  und  während  seiner  Zubereitung  neue  spenden  an 
Janus  und  Jupiter.'  in  anm.  3  bemerkt  Preller:  'in  anderm  sinne 
nannte  man  praecidaneae  hosiiae  solche  opfertiere,  welche  vor  andern 
opfern  zur  sUhnung  eines  eventuellen  piaculum  dargebracht  worden, 
daher  es  auch  eine  praecidanea  agna  gab  .  .  dahingegen  die  prae- 
cidanea  porca  sich  immer  speciell  auf  Ceres  ["»  Tellus]  und  den 
schnitt  der  felder  bezieht.'  dasz  aber  auch  dieses  von  Hör.  ange- 
deutete feöt  nicht  candita  post  frumenta  stattfand ,  scheint  auch  mos 
piahant  zu  folgen ,  da  piare  heiszt  'gnädig  stimmen ,  etwas  durch 


KMacke;/8ii  Horatiin  epiviela  [11 1].  701' 

snhnung  zu  erreichen  oder  abzuwenden  socheii';  das  pkKt$  wtr  aha 
nach  eingebrachtem  emtesegen  ttberflttssig. 

Dies  sind  meine  einwendnngen  g^^B  diese  stelle  iB  der  ttbev^ 
lieferten  lesart  und  erklttmng.  wir  haben  uiso  amdUa  pogi  firnmml» 
im  anachronismus  zu  spe  fims  dura  fermkm^  wir  haben  das  rfttael* 
hafte  animwm  ipsum  äufra  fer^fUem  und  wollen  »^en,  wie  sieh  mit 
ttnderung  von  zwei  buchstaben  die  ganze  stelle  anders  erklären  Ifisit 
die  interpunction  wird  natürlich  auch  etwas  anders  ansfidlen  als  in 
dem  überlieferten  texte,  ich  lese  also: 

agricciae  prisci^  fcrtes  parpogue  heaU 
condUapostfrtm^enUM^lewjuUesiempo^ 
corp^^  et  ipsum  animum^  spe  finis  iura  fer$ni$s 
cum  sodis  operumy  pueris  d  eomuge  fida^ 
TdUfrempcrco,  Sihamim  lactepkibaniy 
floribus  ei  vino  Qemum  memorem  brems  oefH. 
'die  landleute  der  yorzeit,  rüstig  und  nach  bergung  des  ^treides  mit 
wenigem  zufrieden,  zur  festzeit  den  leib  und  selbst  den  geist  er« 
holend ,  brachten  in  der  hoffhung  auf  das  ende  rauohwerk  dar  und 
sühnten  mit  den  arbeitsgenossen,  den  kindem  und  der  treuen  gattzBi 
die  Tellus  durch  ein  schwein,  den  BiWanus  mit  milch,  mit  blüm^i 
und  wein  den  Genius,  der  eingedenk  ist  der  kurzen  lebenszeit.'   wir 
haben  bei  dieser  äuszerst  geringfügigen  ttnderung  zweier  buchstaben 
und  der  interpunction,  welche  letztere  ja  mehr  oder  weniger  Sache  des 
erklärers  bleibt,  alle  berührten  Schwierigkeiten  gehoben :  es  fällt  der 
anachronismus  weg,  indem  parva  heati  zu  condUa  posi  frumenta  ge- 
zogen wird;  in  dem  sinne,  dasz  sie  auch  im  überflusz  des  segens 
genügsam  und  mit  wenigem  zufrieden  waren;  es  fllllt  dura  ferentem 
weg,  es  läszt  sich  ipsum  glatt  erklSren  durch  das  parva  heati,  indem 
es  den  alten  landleuten  besonders  auf  geistige  ausspannung  ankam ; 
es  wird  ferner  durch  das  vorangestellte  iura  ferentes  (ein  ausdruck 
der  bei  Ovidius  wiederholt  Torkommt)  der  Verehrung  des  Janus,  des 
Jupiter  und  der  Juno  erwfthnung  gethan,  eine  weihrauchspende  der 
das  scbweinsopfer  folgte;  das  piabant  bekommt  licht,  indem  die  ernte 
noch  nicht  abgemäht  ist:  kurz,  mag  diese  der  tradition  zuwider«. 
laufende  auffassung  der  stelle  vielleicht  auch  erst  etwas  befremden, 
sie  läszt  sich,  ohne  gewaltsame  conjectur,  grammatisch  und  erst  recht 
sachlich  rechtfertigen. 

170  aspice^  Flautus 

qiio  pacta  partis  tuMur  amantis  ephebi^ 

ut  patris  attenti ,  lenanis  ut  insidiasi; 

quantus  sit  Dassennus  edacibus  inparasUis^ 

quam  nan  astrida  percwrrat  pulpita  sacoa, 
175       gestit  enim  ntmimum  in  lacuHas  demHUere^  pasi  hoc 

securuSi  cadat  an  reda  stet  fabt/da  täla. 
wer  war  Dossennus?   wer  es  war,  wissen  wir  nicht,  aber  wer  es  ist; 
wissen  wir :  es  ist  der  berühmte  dichter ,  der  nicht  leben  und  nicht 


702  KMacke:  zu  Horatius  episteln  [II  1]. 

sterben  kann,  der  heute  tot  gesagt  wird,  um  morgen  wieder  in  glorie 
zu  erstehen.  Acre  schweigt  über  ihn ,  nach  dem  comm.  Crnq.  ist  er 
AieUanarum  scriptor,  nach  Porphyrio  Dossennus  et  ipse  gravis 
habetur  ut  Flautus.  nach  Erttger  ist  er  'anscheinend  ein  komOdien- 
dichter ,  doch  ist  die  existenz  desselben  zweifelhaft,  richtiger  hftlt 
man  daher  Dossennus  hier  fttr  den  namen  eines  stehenden  burlesken 
Charakters  in  den  Atellanen'.  Orelli  sagt:  ^Fabius  Dossennus,  in- 
certae  aetatis  poeta,  togatas  potius  quam  Atellanas  videtur  scripsisse.' 
nach  Schütz  ist  er  ebenfalls  ein  dichter :  *ganz  geschraubt  aber  iat 
die  annähme ,  Dossennus  sei  zu  einem  appellativum  geworden  und 
Plautus  selbst  werde  so  genannt :  «ein  wie  grosser  Dossennus,  dh. 
spaszmacher  er  in  seinen  parasiten  sei.»  kurz,  Lehrs  hat  recht,  dasz 
hier  nur  das  Verständnis  möglich  ist:  «wie  grosz  Dossennus  in  der 
Schilderung  von  parasiten  ist».'  Dillenburger :  ^fuit  autem  F.  Dossennus 
incertae  aetatis  poeta  togatarum,  ut  videtur,  fabularum  scriptor*; 
auch  WissoWa  *aber  Dossennus  Hör.  ep.  11'  (Breslau  1865)  hält  ihn 
für  einen  dichter,  im  vergangenen  Jahrzehnt  entstand  über  Dossennus 
eine  kleine  fehde  zwischen  Vahlen  und  Lehrs,  indem  Vahlen  das 
appellativum  y  Lehrs  die  person  verteidigte :  vgl.  erstem  in  der  X8.  f. 
d.  Ost.  gjmn.  1871  s.  6  ff.,  letztern  im  'nachtrag  zu  Horatius'  (Leipzig 
1871)  s.  3  ff.  beide  auffassungen  haben  ihre  bedenken,  die  Ver- 
teidiger der  person  müssen  den  v.  173  an  dieser  stelle  für  ungehörig 
erklären:  schon  ein  gewagtes  experiment,  um  eine  annähme  zu 
retten;  als  passende  stelle,  wo  Dossennus  unterzubringen  wäre,  könnte 
erscheinen,  dasz  man  ihn  nach  v.  56  einschiebt,  aber  hier  passt  er 
erst  recht  nicht,  einen  andern  weg  schlägt  Schütz  ein,  der  den  vers 
an  seiner  stelle  läszt  und  Dossennus  als  person  auffaszt.  die  auf- 
fassung  des  Dossennus  ist  für  die  erklärung  der  schwierigen  stelle 
einschneidend,  prüfen  wir  kurz  die  drei  auffassungen  der  stelle,  und 
zwar  vorerst  die  conservativste  von  Schütz. 

Nach  Schütz  enthalten  die  verse  170 — 174  lob  und  tadel  des 
Plautus  und  der  komödiendichter  überhaupt,  und  zwar  bezieht  sich 
V.  171  f.  auf  die  kunst  des  Plautus,  Charaktere  wie  amantes  ephehos^ 
patres  atientoSy  lenones  insidiosos  zu  schildern;  ganz  besonders  heiszt 
es  dann  von  Dossennus,  dasz  dieser  gar  gewaltig  gewesen  sei  in  'ge- 
fräszigen  parasiten'  —  ein  lob  des  Dossennus  —  auch  v.  174  ent- 
hält nach  Schütz  ein  lob :  ^«er  durchstürmt  die  bühne  auf  schlottrigem 
schuh»,  dh.  gleicht  einem  menschen  von  tüchtigem  kern,  der  aber 
nachlässig  in  seiner  kleidung  ist  und  zu  eilig  geht,  offenbar  genügt 
es  dem  Hör. ,  den  tadel  an  den  letztgenannten  anzuknüpfen ,  dessen 
Vorzüge  er  von  den  ähnlichen  des  Plautus  auch  nicht  hatte  trennen 
können:  es  wäre  ermüdend  und  ungeschickt  gewesen,  hätte  Her. 
dem  lob  des  Plautus  sofort  den  tadel  gegenüberstellen  und  dann 
nach  dem  lobe  des  Dossennus  zu  demselben  tadel  zurückkehren 
wollen,  so  überläszt  er  dem  leser  auf  Plautus  den  ihm  gebührenden 
anteil  zu  übertragen.'  so  weit  Schütz,  diese  auffassung  scheint  be- 
denklich, ist  von  zwei  subjecten  verschiedenes  ausgesagt,  so  ist  nie« 


KMacke:  zn  HoratioB  epiiteln  [II 1].  703 

mand  berechtigt  das  Ton  beiden  getrennt  aosgeeagte  aaf  beide  ra 
übertragen;  es  entsteht  eine  unbestimmte  Vermischung  der  snbjeote 
und  prädicate,  und  wir  wüsten  Yon  Dossennus  so  viel,  dass  sidi 
kaum  annehmen  liesze,  dasz  auszer  an  dieser  stelle  sein  name  über- 
haupt Verklungen'  Wäre:  denn  die  verse  174.  75.  76  müsten  gram- 
matisch notwendig  auch  noch  auf  Dossennus  bezogen  werden,  zudem 
widerspricht  das  gestü  enim  einer  auffassung  des  vorhergehenden  im 
lobenden  sinne:  denn  ein  lob,  es  sei  jemand  ein  menseh  von  Süch- 
tigem kern',  der  aber  usw. ,  mit  einem  schweren  sittlichen  tadel  zu 
begründen  widerspricht  doch  allzusehr  einer  naturgemttszen  auf- 
fassung. von  Hör.  wttre  es,  falls  Dossennus  eine  person  ist,  jedenfalls 
—  bei  unbefangener  auffassung  der  stelle  —  ungeschickt,  mitten  in 
eine  Charakteristik  des  Plautus  den  Dossennus  hineinzubringen,  und 
dasz  Plautus  in  der  ganzen  stelle  gemeint  ist,  folgt  doch  fast  zweifel- 
los aus  der  ^Überschrift'  a^nce^  PJauiuSj  von  dem  es  heiszt :  quo  paäo 
ttUetur,  qtiantus  sU^  quam  percwrrat:  gesHt  emm. 

Lehrs  empfand  die  Unmöglichkeit  die  person  Dossennus  hier 
zu  lassen,  und  weil  es  doch  nicht  gut  angeht  einen  solch  eigentüm- 
lich charakteristische!)  vers  überhaupt  ttor  unecht  zu  erklftren,  so 
muste  er  wandern,  mir  ist  es  aber  unerfindlich,  wie  dieser  vers 
nach  V.  56  im  grammatischen  gefüge  übersetzt  werden  soll,  man 
lese: 

55  amUgUur  quotiens^  tiier  tUro  sU  prior  ^  aufert 
Pacuviiis  doäi  famam  senis^  Äccius  (äü, 
quantus  sit  Dossennus  edadbus  inparasüis 
didtury  Afrani  toga  convenisse  Menandro^ 
Plautus  ad  exemplar  Siculi  properare  EpUAarmij 
vincere  Caecüius  gravüate,  Terentius  arte. 
60  hos  ediscit  et  hos  arto  stipata  theatro 
speäat  Borna  potens, 
es  läszt  sich  der  conjunctiv  sü  ja  nur  dadurch  erklftren,  dasz  ein 
amhigitur  quotiens^  dem  schon  sein  nachsatz  folgte,  wiederum  ergftnzt 
wird,  und  zwar  folgte  dann  dem  quantus  sU  ein  nachsatz,  von  dem 
man  gar  nicht  begreift,  wie  dies  nachsatz  sein  könne,  abgesehen 
davon  dasz  die  dichter  paare,  namen  von  klang  (^«  eciisd^  et  hos 
arto  stipata  theatro  speäat  Borna  potens)  ^  durch  den  Dossennus  ge- 
waltsam unterbrochen  werden:  Saul  inter  prophetas!    Yahlen  ao. 
bat  diesen  gedanken  richtig  ausgeführt,  wenn  also  Dossennus  weder 
in  dem  überlieferten  Zusammenhang  als  person  sich  halten  Iftszt,  noch 
die  Lehrsscbe  hjpothese  der  Umstellung,  um  den  mann  vom  tode  zu 
retten,  haltbar  ist,  so  haben  wir  die  auf&ssung  des  Dossennus  als 
appellativum  zu  prüfen. 

Dasz  dossenni^  als  appellativum  gefaszt  sein  musz,  scheint  klar 
zu  sein,  die  frage  ist  aber  dann,  was  ist  dossennus  als  appellativum? 
Krüger  sagt,  es  sei  der  name  eines  stehenden  burlesken  Charakters 
in  den  Atellanen,  wie  Maccus,  Bucco,  Pappus;  Plautus  erscheine 
also  in  der  darstellung  gefräsziger  Schmarotzer  wie  ein  das^efifiw : 


704  KMacke:  zu  HoratiuB  epistein  [II  1]. 

*docb  ist  nicht  klar ,  welcher  fehler  durch  jenes  prädicat  an  Plautns 
getadelt  werden  soll.'  Mewes  (zs.  f.  d.  gw.  1875  s.  230)  ftusxert  sich 
ähnlich :  Ver  freilich  sagt,  dasz  gerade  der  Dossennus  aus  den  figoroi 
der  posse  zur  bezeichnung  der  gattung  ausgewählt  sei  and  welche 
besondere  beziehung  dieser  zu  parasiten  gehabt  habe,  dem  müssen 
wir  uns  begnügen  zu  antworten,  dasz  hier  den  zeitgenössischen 
lesem  eine  anspielung  deutlich  sein  konnte,  die  es  für  uns  nicht  mehr 
ist.' ,  dasselbe  ist  Vahlens  ansieht,  wie  nun  aber,  wenn  sich  dassemms 
als  appellativum  ganz  ungezwungen  und  passend  erkl&ren  liesie? 
versuchen  wir  es.  ich  bemerke,  dasz  der  folgende  versuch  dem 
Dossennus  beizukommen  auf  nichts  weiter  anspruch  macht  als  eine 
hypothese  zu  sein;  es  f&llt  mir  nicht  bei  mit  absoluter  gewisheit 
meine  auffassung  als  unfehlbar  hinstellen  zu  wollen :  ich  lege  sie  ein- 
fach zur  prüfung  vor. 

Wenn  man  dossenntis  übersetzt  mit  'spaszmacher ,  beutel- 
schneider,  dottore',  so  entbehrt  diese  deutung  jeglicher  grundlage: 
es  ist  kein  etymon  dazu  gegeben,  man  will  es  herleiten  von  darsum^ 
ein  'buckliger'  oder  wenn  man  will,  ein  kriecher,  der  den  rücken 
gut  biegen  kann ;  dies  Ifiszt  sich  ja  schon  ganz  gut  mit  einem  para- 
siten vereinigen,  aber  spaszmacher,  beutelschneider,  dottore,  ist  nicht 
einzusehen.  Varro  de  l  l.  YII  95  s.  372  Sp.  sagt:  dictum  mandkr  a 
mandendOy  unde  manducari^  a  quo  in  ÄteUanis  Dassenum  vocofU 
Manducum.  Dossenum  ist  conjectur  von  KOMüller  (s.  303  seiner 
ausgäbe)  statt  des  sinnlosen  ad  ohsenum  der  hss.  Schütz  bemerkt 
dazu:  'ich  verstehe  nicht,  was  dort  Dossenum  und  Manducum  zu- 
sammen sollen ;  sind  es  zwei  figuren  oder  nur  6ine?  beides  ist  gleich 
unerklärlich.'  gewagt  mochte  es  sein  von  KOMüller,  ad  obsehum  in 
Dossenum  zu  verwandeln ,  wenn  keine  gründe  vorhanden  waren,  die 
Yarronische  gleichung  Dossenum  «»  Manducum  zu  erklären  und  als 
richtig  zu  erweisen,  aber  dennoch,  meine  ich,  zeigte  sich  in  dieser 
conjectur  Müllers  genialer  tiefblick,  der  das  rechte  instinctmftszig  traf; 
ich  versuche  also  gründe  hinzuzufügen,  die  mich  keinen  augenbliek 
an  der  richtigkeit  der  Müllerschen  conjectur  zweifeln  lassen. 

Das  wort  dossennus  oder  dosscnus  macht  auf  den  leser  den 
eindruck,  dasz  es  nicht  lateinischen  Ursprungs  ist:  es  sieht  aus  wie 
ein  semitisches  participium,  zb.  qotcl,  es  ist  nun  aber  gar  nicht  auf- 
fallend, wenn  wir  bei  Hör.  in  dossennus  ein  semitisches  wort  er- 
kennen wollen,     wir  lesen  amhubaiarum  coRegia  vom   syrischen 

p^?  abübä  ^flöte';  wir  haben  omasum  "->  hebr.  xizn  lumd  von 
V$72n  ■»  fett  sein;  wir  haben  arrabo  «>  p*;7;  näblmm  ^^  V;2$  ^^^ 

Ovidius;  gaza  {fola)  -»  )  |^;  mappa^  nach  Quintilianus  ein  puni- 

sches  wort;  die  Galeotae  führen  auf  nb{  "-^  revelare;  wir  haben  femer 
bei  Plautus  im  Poenulus  einen  langen  punischen  tezt.  wäre  es  des- 
halb unmöglich,  dasz  sich  dossennus  aus  dem  punischen  herleiten 
läszt?    das  punische  ist  allerdings  nur  in  dürftigen  resten  erhalten. 


EMacke:  sn  Homdui  epittelii  [II 1].  705 

hanptsSchlicb  in  Inschriften,  und  wenn  aicb  deskaU)  in  den  restot 
des  punischen  eine  wnrzel  flDr.  dosimnma  tächi  findet,  so  ist  dai 
allerdings  zn  bedauern,  aber  dnrehaofl  kein  beweis  gegen  die  ehe« 
malige  ezistenz  dieser  warzel.  int  hebrüsohen  ist  diese  wonel  tot* 
banden,  und  jeder  kenner  des  semitisehen  weiss,  wie  nahe  phOnikiseh 
und  bebrftisch  mit  einander  verwandt  sind,  verwandter  als  das 
aramäische  mit  dem  hebräischen,  dasz  diese  wonel  aber  hebrüsoh- 
kanaanitisches  sprachgnt  war,  folgt  daraus,  dass  sie  weder  im  syri» 
sehen  noch  im  chaldäisohen  vorhandesi  ist.  im  bebrüseben  lantet  die 
wnrzel  nun  yi;^  (däsen).  die  Verbindungen,  in  denen  sieh  dieselbe 
im  AT,  findet,  sind  folgende: 

1^  Qal  *fett  werden' :  5  Mose  31 ,  20  y8i^'\  S^a^')'}  Vtsfijl.  vceäkai 
vcßsäha  vcßdäsin,  vulgata:  cwmqite  camederifU  et  MuraH  crasaigue 
fuerint, 

2)  Piel  *fett,  markig  maeben,  für  fsit  erklären'  (von  asehe 
reinigen  [?]). 

3)  Pnal  'reichlich  gesättigt  werden'« 

4)  Hithp.  'fettig  werden'* 

Als  adjectiv  findet  sich  *|ti*9  in  der  bedentong  'fett'  (vom  boden), 
'saftvoll'  (von  bäumen)  und  'reich,  gross'  von  personen,  wie  Gesenius 
sagt;  der  begriff  'reich,  grosz'  fällt  hier  aber  zusammen  mit  dem  be- 
griff 'fett  und  wohlgenährt',  da  diese  eigenschaft  nach  semitischer 
ansebauung  ein  prärogativ  des  reichtums  ist  und  der  maohtfillle:  so 
hei8ztesPs.22,30:  yjfij  •»J.«5l-b:j  '»iti?)«}n  ^b^tj^nlg.manduetwenmi 
{dxelu)  et  adaravenmt  wnnespmgues  {disnS  st.  cstr.)  terrae,  die  pesita 
hat  an  dieser  stelle  sogar  )^V?  Cl^tQ^n  ^Q0|l2S^  «=  otnnes  e s irrten- 

tes  terrae^  indem  für  'yä;^  ^äo  Itapen  '^  famelicus,  e^urien«  ge- 
setzt ist. 

Das  Substantiv  heiszt  1^*^  'fettigkeit,  fette  speisen,  reiches  gast- 
mabl,  fruchtbarkeit,  segen,  fieisch  und  fettasohe'. 

leb  glaube  nun  dasz  hiermit  die  wnrzel  ysi*i  hinreichend  in 
ihrer  bedeutung  'fett'  belegt  sei,  und  wir  haben  hier  eine  sachliche 
unterläge  zu  KO Müllers  Vermutung  Manducus  •»•  Ihssenus, 

Zu  der  ableitung  des  dossenmte  von  yül  stimmt  auch  vortreff- 
lich die  Schreibung  des  88]  der  buobstabe  ti  phön.  y  findet  sich 
weder  im  lateinischen  noch  im  griechischen  aiphabet,  und  ist  zb.  in 
dem  Worte  Ktin'^t)»  aram.  im  lat«griech.  mit  cc  oder  S5  umschrieben: 
Mecciac,  itfe^ia^;  ferner,  spricht  man  das  adjectiv  iti*^  nach  syri- 
scher oder  polnisch-deutscher  weise  aus,  so  lantet  es  Meiny  eine 
form  die  doch  unserm  chsaennue  in  beziehung  auf  klang  und  bedeu- 
tung gut  entspricht. 

Wie  sollen  wir  nun  aber  die  stelle  übersetzen  und  interpretieren? 
ganz  fein  und  zart  ist  die  stelle  nicht:  'gefräszige  parasiten'  sind 
keine  zartbesaiteten  geschöpfe,  sondern  können  schon  einen  puff  ver- 
tragen ,  auch  ist  der  inhalt  des  gestü  enm  nidits  weniger  als  von 
poetischer  Wirkung.    Hör.  sagt  idso  v.  171 ,  dass  Plantui  die  rolle 


706  EMacke:  za  Horatias  episteln  [II  1]. 

eines  yerliebten  jttnglings,  eines  knauserigen  vaters,  eines  r&nke- 
■vollen  kupplers  mit  Vorliebe  bebandelt  habe  (ttUäur partes)^  dasz  er 
bei  der  Schilderung  gefrttsziger  parasiten  ein  gehöriger  {guaniua) 
dossennus  sei,  dasz  er  in  schlottrigem  schuh  über  die  btthne  hin- 
stürme:  eine  dreifache  thätigkeit,  nur  deshalb  im  schlechten  so 
grosz,  um  den  beutel  mit  klingender  münze  zu  füllen,  wenn  also 
der  dichter  Plautus  sich  so  in  seine  keineswegs  den  poetischen 
anforderungen  eines  Horatius  entsprechenden  Charaktere  hinein* 
verliebt  hat,  dasz  er  den  jüngling,  den  papa  und  den  kuppler  treu 
copierte ,  so  wird  er  auch  den  Schmarotzer  so  treu  copieren ,  dan  er 
als  wirklich  leibhaftiger  dossennus  vor  uns  steht ,  dasz  er  als  reelles 
mastschwein  vor  uns  erscheint,  wir  fassen  also  dossennus  in  dem 
sinne  von  bonvivant  und  den  ausdruck  als  scherzhafte ,  dem  pani- 
schen entlehnte  bezeichnung  eines  lebemannes.  *  dasz  nun  aber  auf 
punischen  inschriften,  auf  opfertafeln  und  Sarkophagen  udgl.  das 
wort  dosen  sich  nicht  findet,  ist  gar  nicht  zu  verwundem:  auch  bei 
den  Puniem  war  es  nicht  sitte,  den  ehemaligen  taillenumfang  des 
begrabenen  auf  grabsteinen  zu  buchen  und  zu  verewigen,  ausserdem 
scheinen  der  culinarischen  ausdrücke  noch  einige  dem  punischen 
entlehnt  zu  sein ,  so  das  oben  erwähnte  omasum  und  die  mappa^  die 
des  Parasiten  'eignen  herd'  bildete. 


*  ähnliches  findet  sich  auch  Suet  Galba  3  qui  primuM  Sulpicio% 
cognomen  Galba  tulit  cur  aui  unde  traxerüf  ambigitur  .  .  nonnuiU^  quod 
praepinguis  fuerit  visus,  quem  ^galbam*  Galli  vocent, 

Ahrweiler.  Karl  Macke. 


90. 

ZU  CORNELIUS  NEPOS. 

(fortsetzung  von  Jahrgang  1887  s.  663 — 666.) 

Them,  2,  4  bieten  die  hss.  nam  cum  Xerxes  ei  fnari  et  terra 
heUum  universae  inferrä  Europae  cum  tantis  copiis,  quantas  neque 
ante  nee  postea  liahuit  quisquam.  der  nebensats  cum  .  .  mferret 
bleibt  ohne  entsprechenden  hauptsatz,  aufgenommen  wird  er  nach 
der  parenthese  huius  enim  usw.  durch  cuius  de  adveniu  cum  fama 
usw.  zu  der  eigentümlichen  satzbildung  lag  nicht  die  geringste 
nötigung  vor.  deswegen  schrieb  Fleckeisen  mit  den  geringem  haa. : 
cum  tantis  copiis  eam  invasü^  quantas.  ich  halte  den  nebensati  cum 
inferrä  für  erklärende  ergänzung  des  vorhergehenden  hdlo  cognüum 
est  Persico  und  schlage  vor  zu  schreiben :  heUo  cognitum  est  Persarum^ 
cum  "Xerxes  .  .  leUum  .  .  inferret  .  .  cum  tantis  copiis^  quantas  neque 
ante  usw.  das  eam  invasit  stürt  auch  insofern,  als  selbstveraündlich 
Xerxes  nicht  solus  Qraedae  heHum  inttdU^  sed  cum  copiis. 

ebd.  10,  3  ist  überliefert  sepulcrum  prope  oppidum  m  quo  est 
sepultus,  bezieht  sich  in  quo  auf  ^epuicnim,  so  ist  es  wohl  recht  über- 
flüssig, und  man  würde  nach  dem  Schlüsse  des  cap.  and  in  erwlgmigi 


£An8pach:  zu  Comeliaa  Nepos.  707 

dasz  Nepos  eundem  pctissmum  Thucydidem  auäorem  probat^  eher 
erwarten:  in  quo  non  est  H^utbis.  doch  wird  man  m  quo  hier  nur 
auf  oppidum  beziehen  können,  lehrreich  ist  die  stelle  Milt.  S,  1 
pontem  fedt  in  Bistro  flumine,  qua.  so  bieten  die  hss.  und  so  ist 
auch  zu  schreiben  {quo  noch  bei  Andresen;  man  YgL  Eom.  8, 4  duae 
erant  viae,  qua  ex  Medis  •  •  passet  pervemri^  was  man  ja  aneh  un- 
angetastet gelassen,  und  Ciceronisches  wie  ad  omnes  Mfvn^,  qua 
adiri poierai).  absichtlich  hat  Nepos  nicht  quo  geschrieben,  weil 
dies  eben  nur  auf  Bistro  ftumine  bezogen  werden  könnte,  während 
qua  (=  qua  via)  sich  nur  auf  die  brücke  bezieht,  schlieszt  sich  t» 
quo  est  sepuUus  aber  an  oppidum  an,  so  hätte  das  s^pulcrum  ein  keno- 
tapbion  sein  mttssen,  wozu  kein  grund  vorlag,  abgesehen  davon  dasz 
bestattung  innerhalb  des  pomeriums  (und  dies  könnte  in  oppido  doch 
nur  beiszen)  überhaupt  sehr  selten  war.  wenn  ich  alles  berücksich- 
tige, musz  ich  den  fehler  in  s^^uUus  suchen:  es  mag  ursprünglich 
gelautet  haben  in  quo  est  mortuus. 

Ale.  Sf2si  veUentt  se  coaäurum  Lysandrum  dtmicore  auipacem 
päere  spopondit.  hier  hat  man  spopondii  als  glossein  ausgeschieden. 
was  soll  aber  das  übrige  heiszen?  Venn  sie  wollten ,  so  werde  er 
den  Lysander  zwingen  zu  kämpfen  oder  um  frieden  zu  bitten.'  dann 
wäre  das  letztere  auch  von  ihrem  willen  abhängig  gemacht,  dies 
gäbe  einen  recht  schiefen  sinn,  das  überlieferte  spopondU  weist  zu- 
rück auf  praesente  vdtgo  agere  coepUti  es  ist  des  Alcibiades  gegen- 
versprechen  für  die  wiederaufoahme.  die  werte  lauteten  also:  sivd^ 
lent  <^se  recipere^j  se  coaäurum  .  .  spopondU^  oder  noch  besser:  si 
(redpere  sey  veUent  usw.  bei  dem  letztem  könnte  als  grund  des  aus- 
falls  sowohl  die  paläographische  ähnlichkeit  von  si  und  se,  als  auch 
des  vorausgehenden  agere  coepit  und  rectpere  gelten. 

ebd.  11,  5  dürfte  es  schwer  sein  einen  grund  für  den  Wechsel 
von  hie  und  tlle  aufzufinden:  hör  um  sie  imitaium  consuetudinem^  ut 
Uli  ipsi  eum  in  his  maxime  admirarenturi  iMi  in  hi  zu  verwandeln 
dürfte  auch  wegen  des  folgenden  in  his  nicht  angehen,  ebenso  kaum 
herum  in  iUorum  wegen  der  nachfolgenden  Verstärkung  HU  ipsi\  ich 
vermute  daher:  quorum  sie  usw.  man  vgl.  Them,  7,  5  nam  iBÖrum 
urhem  ut  propugnaculum  oppositum  esse  harharis^  apud  quam  iam 
his  classes  regias  fecisse  naufragium.  Cic.  in  Verrem  Y  ß2  quem 
iam  ingredientem  navem  .  .  a  se  retractatum  esse  et  asservaium.  — 
Ein  ähnlicher  fehler  findet  sich  Epam.  5,  5  idem  ille  Meneclides 
,  .  at  nie  ^desine*  inquit.  iUe  ist  im  vorhergehenden  Menedides,  hie 
ist  Epaminondas,  die  bezeichnung  des  letztem  mit  iüe  ist  in  der 
antwort  unerträglich:  Nepos  schrieb  at  hie  ^desin^  inquU. 

Eum.  5,  1  bieten  die  werte  hie  qui  deseruerant  Schwierigkeit. 
was  soll  hie  «=  ^bier'  ?  es  war  vorher  kein  ort  angegeben  und  es 
wird  hie  kaum  heiszen  können :  'hier  ■=  bei  dieser  gelegenheit*'  dazu 
kommt  dasz  man  auch  deseruerant  allein  nicht  versteht;  man  hat  es 
auf  das  Verhältnis  der  feldberm  zur  königlichen  familie  bezogen  und 
wegen  des  unten  folgenden  qui  in  officio  manehant  (6,  4)  geschrie- 


708  EÄDspach:  zu  ComeliuB  Nepos. 

ben:  qui  ^non}  deseruerant  doch  wttrde  man  sich  wandern,  dasz 
die  acht  ttber  diese  erst  jetzt  ausgesprochen  worden  wäre,  ich  glanbe 
es  lautete:  hunc  qui  deseruerant^  dh.  diejenigen  welche  den  Anti* 
pater  im  stiche  gelassen  hatten  und  nicht  damit  einyerstandeB  waren, 
dasz  er  reichsverweser  wurde,  that  man  nun  in  die  acht. 

Thrasyh.  1,  4  wurde  die  lesart  der  hss.  ahit  res  a  cansilio  ad 
vires  vimque  pugnantium  vor  Ortmann  in  vires  virtutemque  umge- 
ändert. Ortmann  und  nach  ihm  Andresen  lesen  ad  vices  (rermm^ 
vimque  pugnantium  *quod  fortunae  hoc  loco  mentionem  factam  non 
esse  credi  nequit'  (Andresen).  mich  stört  das  rerum  nach  äbU  re$. 
im  übrigen  glaube  ich  dasz  vices  vimque  pugnantium  eng  zusammen- 
gehört: man  vgl.  zu  vices  pugnantium  Verg.  Aen.  U  433  nee  uüas 
vitavisse  vices,  Danaum  etj  si  fata  fuissenty  ut  caderem  meruisse 
manu,  wo  Servius  erklärt:  vices]  pugnas,  quia  per  vidssihulinem 
pugndbatur,  ich  glaube  jedoch  dasz  nicht  aus  dem  Wechsel  des 
draufschlagens  das  wort  die  bedeutung  von  kämpf  erhalten  konnte, 
sondern  von  dem  Wechsel,  dem  auf-  und  niederwogen  des  gefechts. 
dann  heiszt  es  hier :  Mie  schlacht  hängt  nicht  mehr  ab  von  der  ein- 
sieht der  feldherm  j  sondern  es  kommt  nun  an  auf  die  Wechsel  und 
den  ansturm  der  kämpfenden.'  die  Wechsel  des  kampfes  sind  aber 
nicht  allein  sache  der  vis  der  kämpfenden ,  sondern  hängen  ab  von 
einer  menge  von  zufälligen  glücklichen  und  unglücklichen  umständen. 
insofern  genügt  hier,  meine  ich,  vices  pugnantium,  um  die  fortuma 
prodii  mit  zu  bezeichnen,  es  genügt  aber  im  vorhergehenden  nicht 
a  c(msüio ,  weil  sich  dies  grammatisch  an  pugnantium  anschlieszen 
würde:  ich  glaube,  es  ist  ducum  (wegen  der  ähnlichkeit  mit  ad 
uices)  hinter  consilio  ausgefallen;  Hlorum,  woran  man  wegen  can- 
silio denken  könnte,  würde  wegen  des  vorangegangenen  «27a  und 
auch  deswegen  weniger  passen ,  weil  dem  begriffe  pugnantium  ein 
bezeichnenderer  gegenübergestellt  sein  musz.  aus  diesem  ducum  mag 
dann  auch  nachher  das  glossem  quam  ducis  prudentiam,  das  voll* 
ständig  gelautet  haben  wird:  q,  d.  pr,  et  müitum  fartitudinem j  ent- 
standen sein. 

Dion  9,  3  ff.  hisque  dat  negotium  .  .  hi  prapter  notUiam  $umt 
intromissi.  at  Uli  ut  limen  usw.  nach  zweimal  unmittelbar  vorans- 
gegangenem  hi  bezeichnet  kein  vernünftiger  Schriftsteller  dieselben 
personen  mit  illL  es  ist  zu  ändern  at  illum,  ut  Urnen  •  •  invadunt. 
im  folgenden  (§  6)  namque  iüi  ipsi  custodes  si  prompta  fuissent  usw. 
verstehen  wir  die  hervorhebung  der  custodes  nicht,  es  war  nicht  not- 
wendig hervorzuheben,  dasz  diese  custodes  verschieden  seien  von  den 
9,  1  von  Callicrates  bestellten,  jedoch  musten  sie  als  die  Wächter  des 
Dion  bezeichnet  werden,  man  ändere  daher:  natnque  illius  ipsius 
custodes:  denn  seine  eignen  Wächter  hätten  ihn  retten  können:  quod 
Uli  inermes  usw. ,  weil  jene  —  die  eindringlinge  —  ihn  vivum  iene- 
hant.*    es  ist  nicht  nötig  dieses  quod  mit  Andresen  in  quoad  tu 

*  \namque  ipsius  custodes  hat  schon  Halm  vermutet.    Madvi^  adr. 
crit.  Ill  8.  204   hat   statt   Uli  ipsi   höchst   scharfsioDig   vorgeschlafen 


EAnspach:  SU  Gornelina  Nepoi.  709 

ändern:  denn  es  versteht  sich  vosi  selbst,  dasz  die  Wächter  ihn  nur 
so  lange  retten  konnten,  als  er  am  leben  war;  qwHid  .  •  fnvum  tene- 
hant  wäre  eine  sehr  müszige  ergänznng. 

Ages.  3,  3  bemerkt  Andresen  zu  fecU  idem  in  exereUaUanum 
generibus:  *po8t  generibus  deesse  videtnr  awmibua**  cmnibus  scheint 
mir  etwas  zu  stark,  anch  hinter  genenbus  etwas  schleppend,  ich 
schlage  vor,  da  generibus  allein  zu  luhl  ist :  in  ^«arttr^  exeroiiaUomtm 
generibus. 

ebd.  5,  2  laatet  hie  cum  ut%a  pugna  decem  nuUa  kasUum  Ag&^ 
sHao  duce  cet^dissent  genau  übersetzt  recht  wnnderlkdi :  *sie  warMi 
alle  gefallen,  indem  Agesilans  derftlhrerwar/  grammatiseh  ist  Am 
natürlich  zu  yerbinden  mit  hostium.  besser  hiess  es  noeh:  Affeailao 
duce  cancisa  esseni^  dann  könnte  man  sidi  sn  Ag.  duce  aus  conciem 
essent  dessen  activisches  subject  als  genitiT  hinzudenk^i.  Nepos 
schrieb  aber  wahrscheinlich  hasHum  ^LaeedaemonUy  Agemlao  duee 
cectdissent:  ^ah  die  Laoedaemonier  unter  anfiührung  des  Agesilaus 
zehntausend  feinde  niedeigehauen  hatten/  dann  hätte  auch  eogue 
facto  um  so  eher  berechtigung. 

Timoth.  2,  3  sie  iucBta  posita  recene  ßii  ißeterem  patrie  renevtwK 
memoriam.  hier  ist  zu  reeens  ßü  zu  ergänzen  memeriai  TgL  kurz 
vorher :  cuius  laudis  ut  memoria  tnanerä,  doch  von  der  w^emaria  kann 
man  unmöglich  sagen  tndsto  posOa^  dies  gilt  nur  von  der  Storno. 
ich  ändere  daher:  ea  iuxta  posiki^  nemlich  filü  sMua  uuBta paMs 
stcUuam;  die  seule  des  vaters  stdit  und  die  des  sohnes  wird  da- 
neben gestellt,  ea  weist  zurück  auf  ßio  quoque  daret  sc.  sUstuam. 
über,  den  demonstrativen  gebrauch  von  ea  vgl.  Dion  6,  3  inter  eum 
et  Heradidem]  AU.  10,  4  etsi  tanto  odio  ferebalur  in  CHoeronem^  ui 
non  sölum  ei,  sed  etiam  ommbus  eius  amids  esset  inimicus, 

ebd.  4,  3  hunc  adversus  tamen  Timotheus  postea  popuU  iuseu 
bellum  gessit:  patriae  sanäiora  iura  quam  hospitü  esse  duxU.  hier  ist 
das  asjndeton  sehr  hart;  wenn  ich  nicht  irre,  \ai  n am  vor  patriae 
ausgefallen. 

Epam.  5,  3  ist  überliefert:  faUis  verbo  cives  tuos^  quodeosa 
beäo  avocas.  ich  gestehe  verbo  in  diesem  zusammenhange  nicht  zu 
verstehen,  ich  ändere:  falUs  verbo  dves  tuos^  quo  eos  . .  avooas: 
^du  teuschest  deine  mitbürger  mit  dem  werte  (setze),  mit  dem  du 
sie  vom  kriege  abrufst.' 

Ipkicr.  1, 4  läszt  sich  zu  idem  genus  hricarum  et  pro  sertis  atque 
aeneis  linteas  dedit  aus  dem  vorhergehenden  doch  kaum  fnuiavü  (§  3) 
vor  et  ergänzen.  Andresen  setzt  novum  insHtuU  ein,  doch  ist  ^ 
störend;  wir  erwarteten  atque.  ob  Nepos  schrieb:  idem  genus  lori- 
carum  <(mutansy  pro  sertis  atque  aäneis  linteas  dedit? 

JUyrici;  aber  ist  es  denn  anderweitig  besengt,  dass  ülyrier  fiberhaupt 
sich  als  leib  Wächter  fremder  tyrannen  verdnngen  haben?  A.  F.] 

Cleve.  Aug.  Eduard  Anspaoh. 


710  ThStangl:  lexikographische  notiz. 

91. 

LEXIKOGRAPHISCHE  NOTIZ. 


In  der  schrift  des  Bo^tbius  de  syUogismo  ccUefforico  I  prooem. 
liest  man  bei  Migne  bd.  LXIV  s.  793 :  st  qui  ad  hoc  opus  legendum 
accesserint,  ah  his  petUum  sif^  ne  in  his^  quae  numquam  atiigeritUy 
statim  audeant  ludvcare^  neve^  si  quid  in  puerüibus  disdpUms  accepe- 
rinty  id  sacrosanäiMn  it^icent,  quandoquidem  res  teneris  auribus  ac- 
commodatas  saepe  phüosophiae  severior  traäatus  eliminat.  si  quid  vero 
in  his  non  videhitury  ne  statim  ohstreptmtj  sedy  ratione  consuUa  quid 
ipsi  opinentur  quidve  nos  ponimuSy  veriore  mentis  aeumine  et  sulh 
tüiore  pertraäata  rcUione  diiudicent.  et  hi  quidem  sie.  nos  enim^  ut 
arhitroTy  suffecimus  eos  cotnmentarios^  de  quihus  haec  proMimus^  de* 
gustent  hlando  fortasse  sapore  suhtüitatis  elicitiy  quamvis  infrenes  et 
indomüi  creatores  sinty  tarnen  väerum  virorum  inexpugnabtUbus  aueUh 
ritatihus  acquiescent:  *  si  quis  vero  Oraecae  orationis  expers  est^  t» 
hiSy  vd  si  quae  iUorum  sunt  simüiay  desudabü.  in  ♦  ist  angemerkt: 
*nos  —  acquiescent,  phrasis  turbata  vel  etiam  manca  Tidetur.'  der 
von  mir  zu  mehreren  logisch-rhetorischen  tractaten  des  Bo^thina 
verglichene  codex  Erlangensis  579  saec.  X  gibt  fol.  93^  folgenden 
offenbar  richtigem  tezt:  .  .  res  teneris  auribus  commodatas  saepe 
phüosophiae  senior  traäatus  eliminat.  si  quid  vero  (ohne  tu)  Mt 
non  videhitur  .  .  ponimi^  .  .  suhtüiore  pertractata  ratione  (so  auch  £ ; 
die  ursprüngliche,  von  den  abschreiben!  dem  vorhergehenden  ratione 
consuUa  assimilierte  lesart  lautete  wohl  pertractatione)diiudieetU. 
et  hi  quidem y  si  nos  (ohne  enim),  ut  arbitror^  non  sufficimus  .  . 
degustent:  blande  forte  .  .  certatores  .  .  acquiescent.  ttber  den 
moduswechsel  opinentur  —  ponimus  ist  gehandelt  in  des  vf .  Boethiana 
8.  77 ;  iUorum  ("«  herum)  durch  äliorum  zu  ersetzen  ist  kein  zwingen- 
der grund  vorhanden,  bei  Georges^  fehlen  nicht  blosz  pMIoMpMae 
senior  traäatus  y  rem  auribus  commodarey  infrenis  certatOTy  sonderm 
auch  das  längst  in  den  ausgaben  stehende  inexpugnabüis  auäoritaa. 
f(lr  die  bildliche  bedeutung  von  senior  ^reifer'  (gegensatz  tener)  citiert 
Georges  Cic.  Brut.  160  extat  in  eam  legem  senior,  ut  ita  dicam^  quam 
aetas  iUa  (Hortensii  adidescentis)  ferebat  oratio,  in  Jahn-Eberhards 
commentar  wird  zu  eben  dieser  stelle  verwiesen  auf  Brut.  327  cum 
iam  honores  ä  iUa  senior  auäoritas  gravius  quiddam  requireret^ 
remanebat  idem  nee  decebat  idem.  die  Variante  accommodare  findet 
sich  sogar  im  cod.  Mediceus  zu  Cic.  epist.  XÜI  2  s.  417  Wes.  {peto 
ut  ei  de  habitcUione  commodes). 

München.  Thomas  Stakgl* 


MCPSchmidt:  ac  und  ai^pie  vpr  eonioziBnten.  711 

(27.) 

ÄC  UND  ATQUE  VOR  C0N80NANTEN. 


Die  folgenden  bemerkongen  sollen  dazn  dienen  |  die  regeln, 
welche  PStamm  in  diesen  blättern  oben  s.  171  ff.  ans  den  texten  des 
Cicero ,  Caesar^  Sallusüas,  Liyias  gewonnen  bat,  auch  für  die  erhal- 
tenen bücher  des  Q.  C  ort  ins  Bafns  zu  bestätigen. 

1)  ac  steht  nicht  vor  vocalen.  die  hss.  bieten  VI  1,  11 
co^it  ut  urgente]  Modius  schrieb  oo;  mit  Znmpt  schreibt  man  dorch« 
weg  et, 

2)  ac  steht  nicht  vor  gutturalen,  eine  gelegenheit  dazu 
w&re  an  reichlich  250  stellen  gegeben,  so-kommt  allein  etwa  20  mal 
et  ceteri  oder  ceteriquCj  aber  niemals  ac  ceteri  vor.  hie  und  da  meint 
man  herauszufühlen ,  wie  Curtius  den  yerpOnten  zusammenstosz  zu 
vermeiden  sucht,  zb.  IV  12,  12  natio  nMioria  Ärmeniae  CaduaUgue 
et  Cappadoces  et  Syri  ac  Meäi,  nur  6ine  stelle  widerspricht  dieser 
regel:  V  6,  17  seque  ac  coniuges  et  UberM.  nun  hat  HJMflller  in. 
seinem  letzten  Jahresbericht  über  Livius  (zs.  f.  d.  gw.  1888  jb.  JtlV 
s.  102  ff.)  festgestellt,  dasz  Livius  in  der  ersten  decade  43 mal,  in 
den  andern  25  büchem  aber  nur  5  mal  ac  vor  gutturalen  gebraucht| 
dasz  aber  sowohl  in  diesen  5  als  auch  in  19  unter  jenen'^id  ftUen  06 
vor  con  (oder  co)  stehe,  dasz  also  Livius  selbst  da,  wo  er  sich  diese 
unart  abgewöhnt  hat,  doch  in  die  Verbindung  ac  con  wie  in  einen 
patavinischen  provincialismus  zurückfalle,  da  nun  Curtius  sichtlich 
ein  nacbabmer  des  Livius  ist,  möchte  man  zunächst  jene  werte  stehen 
lassen,  allein  dagegen  spricht  Einmal  die  grosze  zahl  jener  stellen, 
wo  Curtius  ac  vor  andern  Wörtern  mit  der  präp.  con,  co,  com  meidet 
(etwa  30  fälle);  dann  die  art,  wie  Curtius  insbesondere  das  wort 
coniuges  zu  stellen  pflegt:  IX 4, 6  $eque  (die  hss.  sc  qtiogue) ac Uberos 
coniugesque;  V  1,  37  Uberos  conk^esquc]  X  2,  2Q  ad  Uberos  con^ 
iugesquc]  V  6,  7  und  X  5,  17  cum  comugibus  ac  Uberis]  YII 1,  24 
coniugum  et  liherorum  patriaeque]  VII  2,  18  coniuges  ac  Uberi;  end- 
lich sagt  Curtius  wiederholt  que  .  ,  et  f\Xr  ^sowohl . .  als  auch',  aber 
que  .  .  ac  sonst  nie.  also  musz  'sowohl  sich  als  auch  die  ihrigen' 
heiszen  seque  et  coniuges  ac  Uberos:  so  ist  V  6, 17  zu  lesen,  wieder- 
holt gebraucht  Curtius  ac ,  um  so  wie  hier  zwei  begriffe  enger  zu 
vereinen:  vgl.  IX  4,  18  cäliginem  ac  tenebras  etperpetuam  noäemi 
IX  4,  28  quin  inmodicus  ac  molestus  videri  tibi  possü. 

3)  atque  steht  vor  vocalen  und  h.  diese  regel  gilt  auch 
bei  Curtius  selbst  am  anfang  eines  neuen  Satzes;  so  liebt  er  beson- 
ders die  eingangsworte  atque  iUe,  vgl.  III  7,  7.  FV  1, 19.  1, 29.  2, 16. 
13,  26.  VII  2,  2.  5,  24.  VIU  1,  40.  X  8,  6.  Einmal  ist  atque  sogar 
zur  bildung  einer  zusammengesetzten  zahl  gebraucht :  IX  6,  21  pico- 
simum  atque  octavum  annum. 

4)  atque  ist  vor  consonanten  erlaubt,  wenn  es  inner- 
halb eines  satzes  zwei  gleichwertige  begriffe  verbindet; 


712  ThStangl:  zu  den  rhetores  Latini  minores. 

aber  unerlaubt,  wenn  es  einen  neuen  satz  oder  einen 
mehr  ausgeführten  und  selbständigen  Satzteil  anftigt. 
so  steht  atque  für  ac  nicht  vor  adverbien  oder  conjunctionen ,  nicht 
vor  relativen  oder  interrogativen,  so  sagt  Curtius  stets  et  cum  oder 
cumque,  et  dunt  oder  ac  dum^  et  ne  oder  oc  ne,  et  msi  oder  ac  nisi; 
80  liest  man  acprimo^  ac  tum^  ac  forte  ^  ac  nunc\  und  das  alles  an 
zahllosen  stellen  mit  einstimmiger  Überlieferung,  die  beiden  einsigen 
stellen,  an  denen  atque  vor  consonanten  Überliefert  ist  und  nach  der 
ersten  hälfte  jener  rogel  mit  recht  steht,  sind:  YIII  4,  13  mXüum 
atque  Ixxarum  catonumque;  IX  5,  29  damor  smui  atqtte  pk>raiuB\ 
der  letztem  stehen,  um  nur  stellen  mit  simul  zu  citieren,  gegenüber : 
y  3,  2  pulvere  simul  ac  sudorc]  lU  8,  23  itineri  simui  paratus  ac 
proeUo]  VI  5, 19  ira  simul  ac  dolore  \  abgesehen  von  etwa  fünf  stellen, 
wo  et  oder  que  folgt,  man  sieht  dasz  Curtius  auch  da,  wo  atque  vor 
consonanten  stehen  darf,  es  meidet,  deshalb  dürfen  wir  die  Über- 
lieferung da  nicht  achten,  wo  sie  cUque  unerlaubterweise  bieteL  das 
sind  zwei  stellen:  III  12,  26  Darei  fiUum  cdüo  $uo  admovU:  atque 
fdhü  üle  usw. ;  YIII  6,  29  rex  introduci  coniuratos praäer  OaBisikenen 
iussit:  atque  quae  agitaverant  sine  cunäatione  confessi  sunt,  in  jener 
stelle  möchte  ich  umstellen  (ille  nihil)^  in  dieser  einschieben  {atque 
Uli)  und  so  beidemal  den  oben  erwähnten,  von  Curtioa  geliebten 
Satzanfang  herstellen,  an  zwei  andern  stellen  ist  gegen  die  einstim- 
mige Überlieferung  atque  in  den  text  gesetzt:  IV  9,  10  itaque  si  qua 
{atque  für  iiaque  seit  Hedicke)  und  Y  6, 13  omnia  vasta  quae  {atque 
für  quae  seit  Lauer),  in  dieser  stelle  ist  nötig  zu  coigioieren ,  and 
atque  kann  nach  der  ersten  hälfte  unserer  regel  allenfalls  stehen, 
in  jener  stelle  möchte  ich  itaque  halten,  da  es  einen  leidlichen  sinn 
gibt  und  Curtius  nicht  überall  logisch  scharf  redet,  danach  bleiben, 
falls  ich  nicht  eine  stelle  übersehen  habe,  überhaupt  nur  drei  fiüle, 
in  denen  Curtius  atque  von  consonanten  setzt  auch  darin  zeigt  sich 
wieder  der  einflusz  des  Livius  (vgl  Stamm  oben  s.  174). 

Berlin.  Max  C.  P.  ScHanoT. 

92. 

ZU  DEN  RHETORES  LATINI  MINORES. 


s.  64,  28  (Halm) 
"AvGuTToqpopd.  At  si  adversa  mihi  referam^  reUatio  fiel: 

st  —  moveas  tcl  lucifugus  —  sisin  media  audaxi 
ludes  indoctus^  cuipes  malus  obtigit  —  ambosi 
die  Pariser  hs.  hat  Sed  moueas  te  .  .  Jjiudes  indiudu8\  für  ersteres 
wollte  Emperius  semoveas  tCy  für  letzteres  Ahrens  ludo  est,  indootus 
.  .  {umho).  wie  hier,  so  sind  auch  bei  Cic.  de /in.  1 61  lucifugus  und 
audax  gegensätzlich  gebraucht;  über  amibos  (■-■  TOUC  äfiq)OT^poiiCt 
accusativ  des  innern  objectes)  vgl.  Georges'  u.  ambo. 

München.  Thomai  Stakol. 


OSeeck :  Stadien  zar  geschichte  DiooletlanB  und  (Tonttantiiis.  L     713 

93. 

STUDIEN  ZUR  GESCHICHTE  DIOCLETIANS 

UND  C0NSTANTIN8. 


I. 

DIE  REDEN  DES  EUMENIÜS. 

•  Die  reden  der  panegjriker,  wie  sie  ans  durch  die  absohriften 
des  verlorenen  Mainzer  codex  erhalten  sind ,  werden  bis  jetzt  allge- 
mein für  eine  einheitliche  samlang  gehalten,  und  nach  den  aasgaben, 
in  welchen  sie  ans  in  chronologischer  reihenfolge  wohlgeordnet  vor* 
geführt  werden,  ist  eine  andere  anffassang  aaeh  kaum  möglich,  in 
der  handschriftlichen  überlieferang  dagegen  tritt  nnverkennbar  eine 
Zweiteilung  hervor/  an  der  spitze  des  Magnntinas  standen  vier 
reden,  die  alle  klar  und  deutlich  mit  den  namen  ihrer  Verfasser 
bezeichnet  waren;  die  folgenden  acht  waren  nur  zum  gr^zem  teU 
numeriert',  und  wo  ihnen  etwas  vorgesetzt  war,  was  einer  Über- 
schrift ähnlich  sah,  fehlte  darin  doch  der  automame/  die  erste 
gruppe  umfaszte  in  der  reihenfolge  der  hss.  die  panegyriken  des 
Plinius  vom  j.  100,  des  Paoatus  von  389,  des  Mamertinus  von  362, 
des  Nazarius  von  321 ;  ihre  bestandteile  lagen  also  zeitüch  sehr  weit 
aus  einander,  im  zweiten  teU  dagegen  sind  alle  acht  reden  in  den 
kurzen  räum  von  fünfundzwanzig  jaluren  (289 — 313)  eingeschlossen« 
die  panegyriken  der  letztem  serie  sind  ohne  ausnähme  in  Gallien 
vorgetragen  worden,  von  denen  der  erstem  kein  einziger,  jene  sind 
in  den  bss.  mit  den  ordnxmgszMen  pritm^ y  secundus^tertius  usw. 
bezeichnet;  sie  werden  also  ohne  rücksicht  auf  die  vier  vorher- 
gehenden gezählt,  endlich  tragen  sie  die  gemeinsame  Überschrift : 
Incipiunt  panegyrici  diuersorum  VIV\  da  auch  die  vorhergehenden 
vier  reden  alle  von  verschiedenen  Verfassern  herrühren,  kann  dieser 
titel  nichts  anderes  bedeuten  als  dasz  hier  eine  neue  abteilang 
beginnt. 

*  vgl.  die  vorrede  von  Baehrens*  ausgäbe  8.  XYII.  *  Finiius  primui; 
incipit  secundus.  —  Finit  secundus;  indpit  tertius,  —  Fifdtus  iertius;  in- 
cipU  quartus.  —  Finit  quartui;  incipit  quintus,  —  FtnOus  quLniuB;  ineipii 
sextus.  '  Panegiricus  Nazarü  explicit;  incipiunt  panegiriei  dittertorwn  Vllw 
—  Item  eiusdem  moffistri  memet  genethUacus  Maximiam  AugusH  —  ?dc  diotu$ 
est  Constantino  filio  Constantii,  wenn  in  der  zweiten  dieser  Überschriften 
der  Schreiber  von  B  in  erinnerang  an  den  Verfasser  von  paneg.  XI 
Mamertini  für  memet  gesetzt  hat,  so  ist  dies  jedenfalls  nur  schlechte 
conjectnr.  das  von  ihm  selbst  aufgestellte  hs8.-8temma  hatte  Baehrens 
davor  schützen  müssen,  dieser  interpolation  glauben  zu  schenken,  denn 
da  B  und  W  zu  derselben  familie  gehören,  von  welcher  A  unabhängig 
ist,  so  kann  eine  Issung  von  B  doch  nur  dann  beachtung  verdienen, 
wenn  sie  entweder  in  W  oder  in  A  wiederkehrt,  nicht  wenn  sie  ffiaiz- 
lich  alleinsteht.  ^  in  Wirklichkeit  sind  es  acht;  ob  der  erste  redactor 

der  samlung  sich  verzählt  oder  durch  versehen  des  Schreibers  im  Magon- 
tinus  ein  strich  bei  der  zahl  weggelassen  ist,  wage  ich  nicht  zu  tnU 
scheiden. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  10.  47 


714     OSeeck:  Btudien  zur  geschichte  Diocletians  und  Constantina.    I. 

Diese  Scheidung  deutet  darauf  hin ,  dasz  der  Maguntinas  oder 
seine  quelle  den  inhalt  zweier  altem  hss.  in  sich  vereinigt  hatte. 
vielleicht  waren  es  auch  fünf:  denn  die  vier  ersten  panegTriken 
mögen  jeder  auf  einer  gesonderten  bttcherrolle  gestanden  haben,  ehe 
sie  in  den  sammelcodex  aufgenommen  wurden,  jedenfalls  bildete  die 
Serie  aus  den  jähren  289 — 313  ein  ganzes  f(lr  sich  mit  eigner  Über- 
schrift und  eigner  numerierung.  trotz  der  doppelten  zahl  der  reden 
steht  der  umfang  dieser  samlung  hinter  dem  der  ersten  ganz  be* 
trächtlich  zurück,  ja  der  einzige  panegyricus  des  Plinios  nimt  nicht 
viel  weniger  räum  ein  als  die  acht  stücke  der  gallischen  gmppe 
zusammengenommen.  ^ 

Dasz  sich  in  dieser  die  Überschriften  von  denen  der  vier  ersten 
reden  sehr* auffällig  unterscheiden,  ist  schon  hervorgehoben  worden, 
die  gründe  dieses  Unterschiedes  treten  vielleicht  dort  am  deutlichsten 
hervor,  wo  die  Ähnlichkeit  relativ  noch  am  grösten  ist,  bei  den  beiden 
stücken  welche  den  schlusz  des  ganzen  Mainzer  codex  bildeten,  du 
letzte  ist  überschrieben:  hie  diätis  est  Constantino  ßio  QmstaniiL 
offenbar  beruht  dies  nicht  auf  alter  Überlieferung,  sondern  es  ist  aus 
dem  inhalt  der  rede  geschöpft  und  in  den  leeren  räum  der  rubrik 
hineingeschrieben,  um  dem  mangel  eines  titeis,  so  gut  es  gehen  wollte, 
abzuhelfen,  eine  bessere  autorität  kommt  der  vorletzten  Überschrift 
zu:  Item  eiusdem  magistri  memet  genethliacus  Maxmiam  ÄugusH. 
schon  das  seltene  griechische  wort  genethliacus  zeigt,  dasx  diese 
rubrik  nicht  aus  dem  köpfe  eines  mittelalterlichen  schreiben  her- 
stammen kann;  auch  ist  sie  in  keiner  weise  corrumpiert,  sondern 
nur  lückenhaft,  in  der  urhandschrift  wird  sie  folgendermaszen  aus- 
gesehen haben : 

Item  eiusdem 

magistri  mem  et 

genethliacus  Maximiani  Augusti. 
am  Schlüsse  der  ersten  zeile  fehlt  natürlich  der  name  des  verfassersj 
in  der  zweiten  läszt  das  et  erkennen,  dasz  der  amtstitel  unvollständig 
ist;  man  könnte  zb.  ergänzen:  magistri  mem{anae)  et  com{Ui8) 
ord(inis)  primi.  doch  mag  dies  auch  unsicher  sein ,  dasz  die  Über- 
schrift echt  ist  unterliegt  keinem  zweifei ,  und  ihr  lückenhafter  zu- 
stand belehrt  uns,  warum  sie  die  einzige  ihrer  art  in  der  ganzen  galli« 
sehen  samlung  ist.  die  urhandschrift  derselben  musz  durch  feuchtig- 
keit ,  welche  auf  die  rubriken  ja  immer  viel  stärker  einwirkt  als  auf 
die  schwarze  tinte*,  so  arg  zerstört  gewesen  sein,  dasz  von  den  Über- 
schriften nur  6ine  und  auch  diese  nur  halb  für  den  abschreiber  lesbar 
war.  wenn  aber  im  Maguntinus  ausschlieszlich  diejenigen  acht  reden, 
welche  auch  nach  zeit  und  heimat  ihrer  Verfasser  zusammengehören, 

^  in  Baehrcns'  ausgäbe  füllt  der  panegyrieas  des  Püdius  89  aeiten, 
die  vier  redon  der  ersten  f^ruppe  zusammen  191,  die  acht  der  iweiten 
nur  124.  ^  auch  der  text  ist  übrigens  durch  sehr  sahireiche  lückea 

entstellt,  die  von  den  bisherigen  herausgebern  nur  zum  kleinsten  teile 
bemerkt  worden  sind. 


OSeeck :  Studien  zur  geflchichte  Diodetiani  imd  Grastantms.   L     716 

von  dieser  zerstOrung  der  titel  heimgesnchi  smd,  bo  kann  das  un- 
möglich Zufall  sein,  es  bietet  uns  also  einen  nenen  beweis ,  dasz  sie 
ursprünglich  in  einer  gesonderten  hs.  bei  einander  standen. 

Der  inhalt  dieser  gallischen  samlnng  soll  uns  im  folgenden  be* 
schäftigen,  zum  ausgangspunkt  der  Untersuchung  nehmen  wir  dabei 
jene  einzige  erhaltene  Überschrift,  dieselbe  steht  zwischen  den  beiden 
reden ,  welche  in  unsem  ausgaben  mit  11  und  m  bezeichnet  sind* 
über  diese  gewährt  sie  uns  also  die  folgende  beiebrung: 

1)  der  Verfasser  des  genethliacus  (III)  war  fnoffister  memariae^ 
natürlich  am  hofe  desjenigen  herschers ,  welchem  er  seine  rede  vor- 
trug, dazu  passt  es^  dasz  er  gleich  im  anfange  derselben  einer  hohen 
würde  erwähnt,  welche  ihm  die  kaiser  übertragen  hatten.' 

2)  das  Item  eiusdem^  womit  jene  rubiik  beginnt,  beweist  dasz 
derselbe  mann  auch  den  vorhergel^nden  panegyrious  (II)  geschrieben 
hatte,  und  auch  dies  bestätigt  der  inhalt  des  genethliacus.  zweimal 
wird  darin  auf  eine  andere  rede  hingewiesen,  welche  der  verfosser 
schon  früher  auf  Mazimianus  gehalten  hatte. '  das  eine  mal  wird  ge- 
sagt, dasz  dieselbe  vorzugsweise  von  den  kriegsthaten  des  kaisers 
gehandelt  habe,  was  genau  auf  IE  passt  endlich  erklärt  der  geburts- 
tagsgratulant,  nicht  wiederholen  zu  wollen,  was  schon  in  seiner  frü- 
hem anspräche  gesagt  sei,  und  dem  entsprechend  verhält  sich  III 
zu  II  ganz  wie  ein  Supplement;  was  hier  ausführlich  behandeli  ist, 
wird  dort  entweder  übergangen  oder  nur  kurz  berührt,  und  ebenso 
umgekehrt,  dies  ist  um  so  beachtenswerter,  als  die  i^en  zeitlich 
sehr  wenig  auseinanderliegen,  mithin  die  thaten  des  kaisers ,  welche 
dem  lobredner  seinen  stoff  gewähren  musten,  beide  male  beinahe 
dieselben  waren. 

Die  sprachlichen  gründe,  welche  FBühl  'de  XII  panegyricis 
latinis  propaedeumata'  (Oreiiswald  1868)  gegen  die  Identität  der 
Verfasser  gesammelt  hat,  beweisen  das  gegenteil  von  dem,  was  sie 
beweisen  sollen,  oder  ist  es  etwa  zufall,  dasz  in  beiden  reden  .nicht 
nur  die  gleichen  Schriftsteller,  sondern  zum  teil  sogar  die  gleichen 
bücher  derselben  nachgeahmt  sind,  dasz  beide  die  conjunctionen 
postqiiam^  ubi  temporale,  ne  finale  nicht  kennen?  wenn  ut  temporale, 
tU  primum,  siquidem^  qttasij  nihüaminus  wohl  im  genethliacus,  nicht 
aber  im  zweiten  panegyricus  vorkommen,  so  erklärt  sich  dies  leicht 
aus  einer  er  wägung,  die  Bühl  selbst  s.  20  angestellt  hat.  die  autoren 
dieser  zeit  schrieben  nicht,  wie  sie  sprachen,  sondern  sie  hatten  ihr 
latein,  wie  wir,  aus  büchern  gelernt.  *   da  ist  es  sehr  natürlich ,  dasz 

^  voveram  auiem,  $acratUsime  imperator^  lange  infra  »pem  honoris  eüit 
quem  in  me  coniulistis.  unde  enim  vel  taniam  fidudam  mei  gererem  vel  iam 
improbe  concupiscerem^  ut  optare  mihi,  quantiun  iudicio  vestro  »um  conseeutuSf 
anderem?  ^  (1)  voveram,  inquam^  poUesimum^  ut  me  dignatione,  guapHdem 
audieras,  rursus  audires.  (5)  sed  de  rebus  belHeis  meloriisque  vestriSf 
sacratissime  imperator,  et  multi  summa  eloquentia  praediti  saepe  discerunt  ei 
ego  pridem,  cum  mihi  auditionis  tuae  divina  dignatio  eam  copiam  tribuit^ 
quantum  poti9  praedicavi.  '  paneg.  IX  1  negue  enim  ignoro^  quanto 

inferiora  nostra  sint  ingenia  Romanis»    siguidem  tatine  et  diserte  logui  ÜHs 

47' 


716     OSeeck:  stadien  zur  geschichte  DiocletiaiiB  und  Gonatantins.   L 

bei  fortgesetzter  lectttre  sich  ihr  Sprachschatz  bereichert  and  in  den 
spätem  Schriften  worte  und  Wendungen  vorkommen,  die  in  den  frUhern 
noch  fehlen,  dies  ist  der  grund ,  warum  Bühl  wohl  in  III  einzelne 
conjunctionen  nachweisen  konnte,  die  in  II  yermiszt  werden |  nicht 
aber  umgekehrt. 

Um  die  zeit  der  beiden  reden  zu  bestimmen ,  ist  es  unvermeid- 
lich ,  dasz  wir  die  resultate  der  folgenden  Untersuchungen  vorweg 
nehmen,  wann  die  ereignisse  statt  gefunden  haben,  auf  denen  unsere 
datierung  beruht,  kann  nur  im  zusammenhange  mit  andern  weit  ab- 
liegenden fragen  erörtert  werden;  man  gestatte  uns  daher,  was  wir 
später  beweisen  werden,  schon  hier  als  bewiesen  zu  betrachten,  der 
genethliacus  kennt  bereits  den  Saracenensieg  Diocletians  (III  5.  7), 
der  im  sommer  290  erfochten  wurde  und  nicht  vor  dem  herbst  in 
(Pallien  verkündet  sein  kann,  dagegen  weisz  er  nur  von  Einern 
Sarmatenfeldzuge,  während  im  sommer  291  bereits  ein  zweiter  statt- 
fand, endlich  erwähnt  er  der  quinquennalien  Maximians  (1  april 
290)  als  kürzlich  gefeiert  (III  1).  danach  musz  er  ende  290  oder 
spätestens  anfang  291  gehalten  sein. 

Der  zweite  panegyricus  zählt  die  siege  der  herscber  genz  voll- 
ständig auf,  ja  diese  bilden  seinen  hauptsächlichsten  gegenständ. 
trotzdem  erwähnt  er  weder  des  saracenischen  noch  des  ersten  sar* 
matischen  krieges.  da  beide  von  demselben  kaiser  persönlich  geführt 
worden  sind,  also  bei  der  weiten  entfemung  ihrer  Schauplätze  nicht 
in  dasselbe  jähr  fallen  können ,  so  müssen  mindestens  zwei  sommer 
zvnschen  den  beiden  reden  liegen,  anderseits  können  sie  aber  auch 
nicht  viel  weiter  getrennt  werden,  wie  sich  namentlich  aus  zwei 
gründen  ergibt: 

1)  im  anfange  von  III  spricht  der  redner  von  dem  amte,  das 
ihm  zu  teil  geworden  ist,  offenbar  als  von  etwas  neuem;  monate 
können  vielleicht  seit  dem  antritt  desselben  vergangen  sein,  Jahre 
keinenfalls.  er  habe,  sagt  er,  sich  eine  so  hohe  ehre  niemals  trt&umeii 
lassen;  schon  dasz  der  kaiser  ihn  anzuhören  geruhe,  sei  ihm  als 
der  schönste  lohn  seines  redens  erschienen.  *°    hierin  liegt  docli| 

inyeneratum  est^  nohis  elaboratum,  et  si  quid  forte  eammode  dMmmM^  em 
iUo  fönte  et  capite  facundiae  imitatio  nottra  derivai.  aber  auch  der  Stadi- 
römer Sjmmachns  schreibt  (ep.  I  7,  2):  non  deerit^  quo  famem  pollummi^ 
weil  er  in  irgend  einem  glossar  die  floskel  ieiunium  poiluere  gelesen  hat 
und  den  unterschied  zwischen  fames  und  ieiunium  nicht  mehr  kennt,  aus 
einer  ähnlichen  quelle  haben  er  (II,  2)  und  Macrobius  (VII  18,  91) 
das  archaische  wort  satioM  entlehnt,  halten  aber  beide  den  nominativ  fBr 
einen  accusativ  plur.  wie  Ammianus  Marccllinus  sich  seinen  wortachats 
aus  altern  autoren  zusammenliest,  hat  Hertz  (Hermes  VIII  •.  867)  sebla- 
gend  nachgewiesen,  und  Hhnlich  machten  es  alle,  »emsuum  nowitmi,  ver* 
borum  vetustfu  war  eben  in  jener  seit  das  höchste  lob,  weichet  man  dem 
Btil  eines  Schriftstellers  spenden  konnte  (8jmm.  ep,  I  59,  8),  and  alte 
Wörter  fand  man  nicht  auf  der  Strasse. 

*^  voveram  autem,  $acratissime  imperator,  longe  inf^a  »pem  ktmorit  em» 
quem  in  me  contulistis  .  .  voveram^  inquam^  ptitiMtimum^  ui  me  dignmiiomt^ 
oua  pridem  audteriu,  rursus  audires:  siquidem  apul  tanti  praeJhUiam  wiiwWi 
hoc  ipsum  mihi  maximum  dieendi  praemium  videbmiwr^  ut  dicertm. 


OSeeck:  Btndien  zur  gescbichte  Diodetiani  und  Contta&tuiB.  L     717 

dasz  sein  amt  gleichfialls  der  lohn  Ar  eine  rede  war",  und  swar 
natürlich  nicht  für  diejenige  welche  er  erat  in  halten  im  begriff  iit| 
sondern  fttr  die  schon  frttber  gehaltene,  nnn  iat  es  swar  nicht  not- 
wendig, dasz  unmittelbar  auf  den  vertrag  des  panegyricns  anoh  die 
belohnung  dafür  gefolgt  sei,  doch  anch  hier  läazt  sidi  der  swischen- 
ranm  nur  nach  monaten ,  nicht  nach  jähren  berechnen. 

2)  der  gegenständ,  welchen  der  Verfasser  des  genethliacus  in 
den  mittelpunkt  seiner  ganzen  rede  stellt,  ist  die  zntammenkanft 
der  beiden  kaiser  in  Mailand,  schon  hieraas  liesze  sich  schlieszeni 
dasz  sie  nicht  sehr  weit  zurücklag ,  auch  wenn  es  nicht  ansdraoklich 
gesagt  wäre  {nuper  III  2 ;  proDime  TU  8).  diese  begegnnng  aber 
hatte  bereits  stattgefunden,  als  11  gehalten  wurde."  wir  sind  also 
gezwungen  die  reden  möglichst  nah  an  einander  zu  rflcken.  wenn  III 
nicht  früher  vorgetragen  sein  kann  als  im  herbst  290**,  so  doch  auch 
gewis  nicht  später;  wenn  11,  wie  dies  im  anfang  der  rede  ausdrück- 
lich gesagt  wird,  zur  feier  des  naiaUs  tirdis,  dh.  des  21  afril  be- 
stimmt war,  so  kann  dies  nur  der  des  Jahres  289  gewesen  sein,  nicht 
der  vorhergehende. 

In  den  engsten  beziehungen  zu  den  zwei  eben  besprochenen 
reden  steht  der  panegTricus  auf  Constantius  (Y).  der  Verfasser  des- 
selben hatte  im  hofdienst  gestanden  und  zwar  in  einer  Stellung, 
welche  ihn  an  die  person  des  kaisers  fesselte  und  ihn  zwang  diesen 
auf  seinen  feldzügen  zu  begleiten  (Y  2).  noch  näher  wird  sein  amt 
dadurch  bestimmt,  dasz  er  sagt,  von  der  schulberedsamkeit  habe  ihn 
abgezogen  inter  adyta  palaiii  vestH  älia  quaedam  sermonis  arcani 
ratio,  also  die  leistungen,  zu  welchen  er  berufen  war,  stellten  an- 
sprüche  an  seinen  stil  (sermo),    dies  kann  nur  bedeuten,  dasz  er 

^'  dasz  litterarische  leistnng^en  durch  ämter  und  würden  belohnt 
werden,  ist  im  vierten  jh.  etwaa  ganz  gewöhnliches,  von  vielen  bei- 
spielen  seien  nur  einige  angeführt:  Sex.  Aurelias  Victor  wird  anmittel- 
bar nach  der  publication  seiner  Caesarea  zum  consitlarie  Pannoniae  #e- 
cundae  gemacht  (Amm.  XXI  10,  6);  Pacatas  trägt  889  dem  Tbeodosins 
einen  panegyricus  vor  und  ist  890  proconsal  von  Africa;  Sjmmachas 
wird  nach  seinem  ersten  panegjricus  auf  Valentinian  zum  come»  ernannt. 
vgl.  meine  ausgäbe  des  Sjrmmachas  8.  XLYII  n,  CXCIII  und  die  recen- 
sion  von  Peipers  Ausonius  in  den  Gott.  gel.  ans.  1887  8.  602.  '*  II  9 
adeo  numini  illius  simpiiciter  amanterque  ^  guicqtäd  pro  Mtce  terris  fecera»^ 
retulistiy  cum  ex  diversa  orbis  parte  coeuntee  imdcta»  dexteras  coniuli$ti$r 
adeo  ßdum  illud  fuii  fratemumque  coUoquium,  dasz  die  kaiser  nicht  zwei* 
mal  nach  kurzer  unterbrechang  zusammengetroffen  waren,  londem  data 
die  begegnung  in  Mailand  ihr  erstes  wiedersehen  seit  der  thronbestel- 
gung  des  Maximianus  war,  ergibt  der  ganze  inhalt  des  genethliacof. 

^3  in  der  passio  S*  MarceUi  (Acta  Sanctomm  ootober  XIII  8.  381} 
wird  zwar  der  naialis  dies  imperaioris  auf  den  21  jali  gesetzt;  doch  da- 
der  Verfasser  dieser  trüben  quelle  nicht  einmal  weisz,  dasz  beide  her- 
scher denselben  geburtstag  hatten  —  denn  wüste  er  dies,  so  würde  er 
imperaiorum  schreiben  —  so  ist  natürlich  auch  seinem  datam  nicht  zu 
trauen,  wenn  der  panegyriker  III  16  so  ausführlich  bei  den  guten 
ernten  verweilt,  welche  £e  regierungszeit  Maximians  aaszeichneten,  so 
möchte  man  daraus  schliessen,  dasz  er  anter  dem  frischen  eindraek  der 
neuesten  ernte  rede;  dies  würde  auf  den  herbst  passen. 


718     OSeeck:  studien  zur  geBchichte  DiocletianB  und  Consta  ntinB.   I. 

kaiserliche  erlasse  und  briefe  zu  formulieren  hatte ,  mit  andern  Wor- 
ten, dasz  er  zu  den  geheimschreibern  Maximians  gehörte,  von  denen 
einer  der  magister  memoriae  war.  er  erklftrt  zum  ausgangsponkt 
seiner  rede  die  thronbesteigung  des  Constantius  zu  wählen,  obgleich 
er  dadurch  gezwungen  sei  neben  andern  groszthaten  der  Augusti 
auch  den  feldzug  in  Oermanien  zu  übergehen ,  dem  er  selbst  infolge 
seiner  amtlichen  Stellung  beigewohnt  habe. '^  die  bekleidung  der- 
selben fiel  also  in  die  zeit  vor  der  ernennung  der  beiden  Caesarea 
(1  märz  293).  doch  kann  der  hier  erwähnte  Oermanenkrieg  nicht 
identisch  sein  mit  dem  des  j.  288,  von  welchem  II  7  £f.  und  III  5.  7 
die  rede  ist.  denn  der  zug,  welchen  unser  redner  mitgemacht  hatte, 
war  durch  die  gefangennähme  eines  feindlichen  königs  ausgezeichnet, 
was  in  der  recht  ausführlichen  darstellung ,  welche  II  7  ff.  von  dem 
ersten  Rheinübergange  Maximians  gegeben  wird,  nicht  verschwiegen 
sein  könnte,  wenn  ein  so  glänzender  erfolg  schon  diesem  kriege  an- 
gehört^ätte.  überdies  ist  uns  bezeugt,  dasz  Maximianus  mehr  als  Ein- 
mal das  Alamannengebiet  verwüstet  hat'*',  und  da  er  nach  der  ein- 
setzung  des  Constantius  seine  band  fast  ganz  von  Gallien  abzog, 
kann  nicht  blosz  der  erste  dieser  einfalle  in  die  zeit  vor  293  gehören. 
wenn  aber  der  feldzug,  von  welchem  der  panegyricus  auf  Constantius 
spricht,  in  II  und  III  noch  nicht  erwähnt  ist,  so  folgt  daraus,  dasx  er 
später  sein  musz  als  diese  beiden  reden,  dh.  dasz  er  in  die  jähre  291 
oder  292  fiel,  mithin  gehört  das  hofamt  des  Verfassers  von  Y  in 
ganz  dieselbe  zeit,  in  welcher  der  von  II  und  III  sein  magisterium 
memoriae  bekleidete. 

Jener  war  lehrer  der  rhetorik  gewesen'*,  als  ihm  durch  Ver- 
mittlung des  Constantius,  der  damals  noch  privatmann  war,  ver- 
stattet wurde  vor  Maximianus  zu  reden,  und  dieser  anspräche  an  den 
kaiser  hatte  er  es  zu  danken  gehabt,  dasz  er  aus  seiner  dunkelheit 
herausgerissen  wurde. '^  der  gegenständ  dieses  glückbringenden 
panegyricus  waren  die  ersten  thaten  der  beiden  Augusti  gewesen, 
durch  welche  sie  die  Wiedergeburt  des  reiches  einleiteten.*'  diese 


^^  y  2  quamquam  multa  mihi  ex  Ulis  quoque  hoc  in  tempore  weeeMMorio 
tratueunda  $unt  ac  poUssimum  ea,  quibtu  officio  deiati  niki  a  dimnitmie 
ve$ira  honoris  interfui,  captus  scUicet  rex  ferocissimae  naiioms  inter  ip$m 
quas  moliebatur  insidias  et  a  ponte  Rheni  usque  ad  Danwrii  trtmsitum  vim- 
ttensem  deusta  atque  exhausta  penitus  Alamannia:  nam  et  maiora  sunt  ffuam 
ut  enarrari  inter  alia  jfossint^  ety  ne  meis  quoque  stipendüs  videar  gloHmri, 
sufflcit  conscientiae  meae  iUa  Misse,  det  igitur  nähii  Caesar  imriete^  kodUmme 
gratulationis  exordium  divinus  ille  vestrae  maiestatis  ortus,  '*  VI  8  kuims 
cum  fratre  rursus  ac  saepius  expeditionibus  domita  Oerwunäa,  V  10  turne 
vero  toto  orbe  terrarum  non  modo^  qua  Romanus  fuerat,  virtuie  vestrm  recepio^ 
sed  etiam^  qua  hostiliSy  edomito^  cum  totiens  proeuleata  esset  Almmamäm.  usw. 
'*  y  1  cum  in  cotidiana  iüa  instituendae  iuventutis  exereUaÜome  wersmrtr* 
^'  V  1  praesertim  cum  favente  numine  tuo  ipse  ille  imm  pridem  mM, 
qui  me  im  lucem  primus  eduxit^  divinarum  patrts  tut  mnium  aäkms 
evenerU,  >^  y    1  prima   tunc  in  renaseentem  rem  pubHeam  patris  me 

palrui  tui  merita^  licet  dicendo  aequare  non  possem,  possem  tmmen  recem* 
sere  enumerando. 


OSeeck:  Btndien  zur  geschjchte  DiocletiaiiB  und  Coustantins.    I.     719 

inhalteangabe  passt  durchaus  auf  die  rede  vom  j.  389,  und  diiaz  auch 
diese  ihren  Verfasser  von  seiner  frühem  nledrigkeit  zu  einem  ansehn- 
lichen hofamt  emporgehoben  hatte,  ist  schon  oben  gezeigt  worden, 
nach  diesem  allem  kann  es  wohl  nicht  mehr  zweifelhaft  sein,  dasz  die 
drei  besprochenen  reden  von  demselben  manne  gehalten  sind. 

Delsz  dieser  Gallier  war,  gebt  schon  ans  dem  zweiten  und  dritten 
panegyricua  hervor;  im  fünften  redet  er  zum  Caegar  im  namen  von 
Augustodunum  ",  und  damit  ist  auch  seine  Vaterstadt  gegeben,  denn 
dasz  die  Äeduer  einen  fremden  zu  ihrem  Sprecher  erwählt  hätten, 
während  doch  einer  der  glUnzendsten  redner  jener  ganzen  zeit  ihr 
mitbUrger  war,  liegt  auszer  aller  Wahrscheinlichkeit,  wie  man  sieht, 
hört  jetzt  auch  unser  panegyriker  auf  anonym  zu  sein,  denn  einen 
Aedner,  der  in  den  engsten  beziebungen  ^u  Constantius  ataud,  der 
zuerst  lebrer  der  rbetorik'",  dann  magister  memoriae  gewesen  war", 
kennen  wir  ja  auch  mit  namen.  er  wird  in  dem  briefe  des  Con- 
stantius,  den  er  selbst  seiner  rede  pro  resiaurandis  scholis  einverleibt 
hat  (IV  14),  Eumenius  angeredet,  dasz  dieselbe  stadt,  welche  nicht 
Bu  den  bedeutendsten  ihrer  provinz  gehörte  und  gerade  damals  halb 
zerstört  und  entvölkert  war,  gleichieitig  zwei  hoch  angesehene  redner 
hervorgebracht  und  beide  sich  noch  dazu  in  ganz  denselben  pri- 
vaten und  öffentlichen  Stellungen  erprobt  haben  sollten,  ist  zu  un- 
wahrecbeinlich ,  als  dasz  wir  es  ohne  die  triftigsten  gründe  glauben 
könnten,  prüfen  wir  also,  was SBrandt'Eumenius  von  Augustodunum 
und  die  ihm  zugeschriebenen  reden'  {Freiburg  i.  B.  1882)",  der  zu- 
erst gegen  die  Identität  der  Verfasser  von  lY  und  Y  aufgetreten  ist, 
für  seine  ansiebt  geltend  macht; 

1)  während  der  Verfasser  von  V  vorber  schon  -iwei  panegyriken 
gehalten  hatte ,  soll  Eumenius  vor  der  rede  pro  reslaurandis  scholis 
'noch  nie  üffentÜeh  aufgetreten'  sein  (s.  6).  das  steht  in  der  von 
Brandt  angeführten  stelle  IV  1^3  nicht,  der  redner  sagt  hier  nur, 
dasz  er  noch  niemals  auf  dem  forum  gesprochen  habe,  db.  dasz 
ihm  die  contentiöse  beredsamkeit  des  advocaten  fremd  sei."  sein 
genns  ist  eben  das  epideiktische,  das  ebenso  im  panegyricua  wie  in 
den  declamationen  der  schulstube  anwendung  fand,  dasz  er  auch  in 
der  erstem  dieser  beiden  gattungen  leistungen  aufzuweisen  hatte, 
die  als  vorbildlich  galten,  deutet  er  selber  an:  lY  10  ibi  adtdescentes 


"  V  Sl  giiin  etiam  iUa,  caius  nonäne  mihi  peciiliariier  grahilanduia, 
devotislima  vobiM  ciiiilai  Aeduorum  naw.  '"  IV  H  ut  profttsionem  oraloriam 
repelai.  15  meiu  ex  olio  iaceni  ad  prisUnes  orte»  animus  attolS.  S  ad 
pritlina  mea  studio.  "  IV  II  irecena  lila  teitertia,  quae  tacrae  vtenat- 

Tiae  magiiler  aceeperam.  vgl.  IV  6.  "  die  disaertation  vdd  HSachs  'de 
quattuor  pancgyricis  qui  ab  Eumenio  acriptt  sBse  diuaatur'  (Halle  1S35] 
zeugt  von  xa  gpurioger  keuDtnia  der  DioclatiaDiach-CaDBtnntinisvbeD  xeU, 
als  dasz  es  lolinte  «is  im  einzelnea  lu  widerlegen.  "  vgl.  namentlioli 
IV  3  guamguam  in  hoc  orollone,  vir  perftctissime,  loci  lanlummodo  ituoifnlia, 
»OK  dicendi  iiovitafe  perturber,  liquidem  id  poilulo,  guod  non  modo  cunlra- 
dieendo  nemo  audeal  impedire,  stä  omne»  poliia  ,  ,  nanmo  gaudio  et 


A 


720     OSeeck:  Studien  zur  geschicbte  Diocletians  und  Constantins.   L 

optimi  discant,  nöbis  qttasi  soUemne  Carmen  praefantibus^  maxi$nofum 
principum  facta  ceUbrare, 

2)  EumeniuB  soll  unter  Constantius  magister  memoriae  gewesen 
sein  und  sein  amt  erst  niedergelegt  haben,  als  er  die  leiinng  der 
augustodunensiscben  rhetorenscbule  von  neuem  übernahm,  beides 
würde  freilich  auf  den  Verfasser  unserer  drei  panegyriken  nicht  passen^ 
doch  beruht  es  nur  auf  einer  falschen  interpretation  des  kaiserlichen 
erlasses ,  der  in  der  rede  pro  restauranfiis  scholis  mitgeteilt  ist.  der- 
selbe lautet  (lY  1 4) :  merentur  et  GaUi  nostri^  ut  earum  liberis,  guorum 
vüa  in  ÄugustodtmensiiMn  oppido  ingenuis  artibus  erudiiur^  et  tpai 
adfdescentes  j  qui  hüaro  cansensu  meum  Constantii  Caesaris  ex  BMa 
revertentis  suscepere  comitatum,  ut  earum  indoli  consulere  cupiamtia. 
proinde  quod  aliud  praemium  his  quam  iUud  conferre  dehemus^  guod 
nee  dare  potest  nee  eripere  fortuna?  unde  auditario  huic^  quod  vidäur 
interüu  praeceptoris  orhatum^  tepotissimumpraeficere  debuimus^  cuius 
etoquentiam  et  gravUatem  tAorum  ex  actus  nostri  hahemus  admimstfu- 
iione  compertam.  säko  igUur  privüegio  dignüatis  tuae  horiamur,  ut 
professionem  oratoriam  repefas  atque  in  supra  dida  dviiaie^  quam  non 
ignoras  nos  ad  pri$tinam  gloriam  reformare,  ad  vitae  mdioris  Studium 
adulescentium  excolas  mentes,  nee  putes  hoc  munere  antepartis  aUquid 
tuis  honoribus  derogari^  cum  honesta  professio  omä  potius  omnem 
quam  destruat  dignitatem.  denique  etiam  salarium  te  in  sepccenis  müi- 
bus  nummum  ex  reipublicae  viribus  consequi  völumus^  ut  inteMegas^ 
meritis  tuis  (^non  vulgare  laboris  pr^etium**  nostram  constUuere 
clementiam.  vale^  Eumeni  carissime  nobis. 

Man  hält  dies  Schriftstück  für  einen  brief  des  Constantios.  tbat« 
sächlich  gewis  mit  recht;  doch  officiell  galt  es,  wie  jedes  decret  jener 
zeit,  als  von  allen  vier  kaisem  erlassen,  und  die  jetzt  verlorene  Über- 
schrift zeigte  ihrer  aller  namen  in  der  aus  den  rechtsbflebem  wohl- 
bekannten form :  Impp.  Diodäianus  et  Maximianus  Äugg.et  Constan- 
tius et  Maximianus  nob.  Caess,  Eumenio  ex  magistro  memoriae.  daher 
kommt  es  auch  dasz ,  während  sonst  die  Schreiber  immer  im  plural 
von  sich  reden,  Constantius,  wo  er  von  seinen  besondem  erlebnissen 
spricht,  plötzlich  in  den  singular  überspringt  und  seinen  namsa  hin- 
zufügt, damit  man  wisse,  welche  von  den  vier  in  der  Überschrift  ge- 
nannten personen  gemeint  sei.*^  wenn  also  das  amt  des  Eumenins 
als  actus  nostri  (nicht  mei)  administratio  bezeichnet  ist,  so  läszt  sich 
daraus  in  keiner  weise  schlieszen,  an  welches  kaisers  hofe  es  ver- 

'^  die  lücke  (i^laube  ich  dem  sinne,  wenn-  auch  Tielletcht  nicht  dem 
wortlnate  nach  richtig  ausgefüllt  eu  haben,  die  hat.  bieten  etiam  uXmXX 
pretium.  '^  qui  hilaro  consenau  meum   Conittantii  Cae9ari»  ex  itmHm 

revertentis  $u»cepere  comitatum,  den  namen  eu  tilgen  ist  natürlich  nicht 
der  geringfito  gnind:  denn  stilistische  Unebenheiten  kommen  in  den 
decreten  jener  Eeit  so  häufig  vor,  dass  sie  niemals  eine  ttndttmiig 
rechtfertigen  können,  ganz  ähnlich  heiszt  es  auch  in  dem  kaiaerlicben 
briefe  bei  Augustinus  contra  Crenc.  III  70,  81  ■■  episL  86,  4,  der  Bit 
den  nHmen  des  Constantinus  und  Licinius  tiberücbrieben  ist:  unde  «oAnnit 
eundem  ipgttm  Ingentium  sub  idonea  persecutione  ad  comiiatum  mewm  CSra- 
etantini  Augusti  mUtas. 


OSeeck:  Studien  zur  geschichte  Diodetians  und  Conatantiiw.  L    721 

waltet  wurde.''  wohl  aber  geht  dies  aua  einer  andern  stelle  hervor, 
die  freilich  in  der  ausgäbe  von  Baehrens  durch  eine  nnglttekliohe  oon- 
jectur  bis  zur  Unkenntlichkeit  entstellt  ist.  nach  der  hsLiesung  sagt 
der  redner  lY  6  von  Constantius :  qui  hanarem  Uüeroftim  hoc  gwh 
que  dignatione  cumuZatn^,  uJt  me  ßk>  jpcHus  meo  ad  prisHma  mm 
Stildia  adüum  moUentem  ipaum  iusaerü  disdpUnas  artis  araiariae 
retractare  et  hoc  ipsi  palatio  parenti$  sui  mtmus  HwexerU,  ui 
mediocrem  quidem  pro  ingenio  meo  nakiraque  pocem^  cadestia  (amen 
verha  et  divina  sensa  principum  proloofäam^  ab  arcama  Ba^orum 
penärcdium  ad  privata  Musarum  aäyta  iranstvHent»  indem  Oon^ 
stantius  seinen  Schützling  zum  leiter  einer  schule  macht ,  hat  er  das 
amt  des  rhetors  in  das  hofgesinde  seines  vaters  hineingetragen. 
Eumenius  war  also  bei  Mazimianus  magister  memoriae^  wie  auch 
der  Verfasser  der  drei  andern  reden. "^ 

Dasz  er  den  hofdienst  nicht  frtüier  verlassen  habe^  als  bis  er 
seine  lebrtbätigkeit  wieder  aufnahm,  ist  nirgend  beglaubigt«  so  viel 
ich  sehen  kann,  stützt  es  sich  nur  auf  folgende  stelle  des  kaiser- 
lichen erlasses:  salvo  igOur  privüegio  dignUatis  tuae  hartamurj  ui 
professionem  oratoriam  repetas.  doch  diese  werte  sagen  dorohans 
nicht,  was  man  in  sie  hineinlesen  wilL  wer  ein  amt  erlangt  hatte, 
der  behielt  die  würde  desselben  bei,  auch  nachdem  er  sich  ins  privat* 
leben  zurückgezogen  hatte,  dies  privüegium  dignUaHa  konnte  nur 
erlöschen,  wenn  man  später  in  eine  niedrigere  Stellung  eintrat ,  wie 
Eumenius  zu  thun  im  begriffe  war.*"  wenn  also  die  kaiser  decre- 
tieren,  dasz  er  auch  als  municipaler  rhetor  alle  ehrenrechte  des 
magister  memoriae  ungeschmälert  bewahren  solle,  so  folgt  daraus 
nur,  dasz  er  zur  zeit  des  erlasses  noch  die  würde  des  amtes,  nicht 
dasz  er  das  amt  selbst  besasz. 

IV  15  sagt  der  redner  mit  bezug  auf  jenes  decret:  Uanonvide- 
tur  tihij  vir  perfeäissime,  hac  tantomm  principum  exhortaüone  non 
solum  metis  ex  otio  iacens  adpristinas  artes  animus  odMU^  verum 
etiam  ipsi  quodammodo  veterum  schölarum  paHetes  et  teäa  cemmr- 
gere?  nie  und  nimmer  hat  ein  römischer  schriftsteiler  die  zeit,  in 
welcher  er  ein  staatsamt  bekleidete,  oHum  genannt,  als  Eumenius 
den  fraglichen  erlasz  empfieng,  musz  er  also  nicht  nur  Privatmann 
gewesen  sein ,  sondern  auch  schon  seit  recht  langer  zeit  sein  amt 
niedergelegt  haben,  da  man  von  einer  kurzen  musze  unmöglich 
sagen  kann,  dasz  sie  die  geisteskräfbe  abstumpfe  {meus  ex  otio  iacens 


'^  ganz  entsprechend  sagt  der  verfaMer  des  panegjricus  auf  Con« 
stantias  (V  1),  er  habe  inier  adyta  pälatU  vetlri  sein  amt  bekleidet,  ob- 
gleich er  weder  bei  dem  angeredeten  noch  auch  nur  in  der  zeit,  wo 
dieser  bereits  kaiser  geworden  war,  im  hofdienst  geftanden  hatte. 
'^  die  bedeutang  jener  stelle  hat  schon  Brandt,  ohne  sich  durch  die 
sohlimmbesserung  von  Baehrens  irre  machen  zu  lassen  f  richtig  gewür- 
digt, aber  nicht  daraus  die  erforderlichen  conseqaenzen  gezogen. 
^^  IV  6  non  utique  guia  nuM  .  .  vellet  aliquid  imposUa  isla  profeuione  de' 
trahere^  sed  ut  profes9ioni  ipsi  ex  eo  honore^  quem  geui,  adderet  digtä' 
taiem. 


722    OSecck:  studien  zur  geschichte  Diocletians  und  Conataniiiu.  L 

animus).  wenn  also  der  panegjricus  auf  Constantius  bericbiet,  dasz 
sein  Verfasser,  seitdem  er  den  Staatsdienst  verlassen  hatte,  ohne  be- 
schftftigung  mit  oratorischen  Übungen  auf  dem  lande  gelebt  habe**, 
so  kann  auch  dies  sehr  gut  auf  Eumenius  pausen ;  nur  setzt  es  voraus, 
dasz  jene  rede  vor  seine  emennung  zum  leiter  der  schule,  also  auch 
vor  die  oratio  pro  restaurandis  scholis  fUllt,  und  so  viel  ich  sehe,  steht 
dieser  annähme  kein  ernstliches  hindemis  im  wege. 

In  IV  ist  von  dem  Perserkriege  des  j.  297  bereits  die  rede**,  in 
V  noch  nicht,  nach  Brandt  weisz  der  redner  dort  erst  von  dem  an- 
fang  des  kampfes,  hier  bereits  von  der  ersten  niederlage;  er  ver- 
meidet es  daher  absichtlich,  nicht  nur  von  dem  kriege,  Sondern  auch 
von  dem  schimpflich  besiegten  Galerius  zu  reden."  wenn  dies  rich- 
tig wftre,  so  hfttte  er,  wie  mich  dünkt,  ein  noch  tieferes  stillschwei- 
gen über  die  Perser  beobachten  müssen,  statt  dessen  spricht  er  von 
dem  vertrage,  den  sie  288  mit  Diocletian  geschlossen  hatten  (V  3), 
und  von  ihrer  gesandtschaft ,  die  bei  dieser  gelegenheit  dem  kaiser 
geschenke  überbrachte  (V  10),  ganz  ungescheut.  nicht  mit  ^inem 
Worte  wird  angedeutet,  dasz  jener  gebrochen,  der  freundliche  ver- 
kehr in  feindschaft  übergegangen  sei.  von  Galerius  wird  geredet, 
wo  von  ihm  geredet  werden  muste,  bei  seiner  ernennung  zum  Caesar 
(V  3.  4).  dasz  sonst  über  seine  thaten  geschwiegen  werde,  halte  ich 
nicht  einmal  für  richtig :  denn  die  V  5  erwähnten  Sarmatensiege  ge- 
hörten sieber  wenigstens  zum  teil  ihm  an.''  aber  selbst  wenn  es  der 
fall  wäre,  so  würde  sich  daraus  nur  ergeben,  dasz  von  hervorragen- 
den leistungen  des  Caesar  in  Gallien  noch  nichts  bekannt  war.  wäre 
der  panegyricus  ihm  gehalten,  so  hätte  der  redner  natürlich  des 
rühmenswerten  die  fülle  an  ihm  entdecken  müssen;  bei  dem  ge- 
gebenen anlasz  dagegen ,  wo  selbst  die  Augusti  hinter  Constantios 


>'  V  1  sed  cum  et  ine  ex  illo  vetere  currictäo  aui  inier  adyta  pälmHi 
vestri  alia  quaedam  sermonis  arcani  ratio  demoverit  aui  po9i  indmltam  a 
pietate  vestra  quietem  studiutn  rurii  abduxerit  usw.  ^  IV  81  omI  te, 

Maxindane  Caesar^  Persicos  arcus  pharetrasque  calcaniem,  '*  t.  88  'lo 
fehlt  in  der  aufzählunff  der  thaten  der  nerscher  jede  beziehnng  auf 
Galerius,  ja  sogar  c.  21  bei  der  namentlichen  anrafung  der  regenten 
wird  er  ganz  übergangen.'  die  angeführte  stelle  lautet:  Uaqme  tiaiti 
pridem  tuo,  Diocletiane  Auguate^  iussu  implevit  deserta  Thraeiae  trmmtimHi 
incolis  Asiuy  sicut  posiea  tuo,  Maximiane  Auguste^  nutu  Nerviomm  ei  7Ve- 
virorum  arva  iacentia  Laeius  poslliminio  restilutus  et  receptuM  in  lege* 
Francus  excoluit:  ita  nunc  per  vietorias  (uas,  Constanti  Caesar  inviete^ 
quidquid  infrequens  Ämbiano  et  Bellovaco  et  Tricassino  soto  Lingonieofue 
restahat,  barbaro  culiore  revirescit.  die  regenten  werden  hier  nur  uament- 
lich  angenifen,  innofern  sie  barbaren  auf  römischen  boden  verpflanzt 
hatten;  wenn  also  Galerius  hierzu  noch  keine  gelegenheit  gehabt  hatte, 
was  bei  der  kurzen  dauer  seiner  regierung  sehr  wahrscheinlich  ist,  so 
konnte  er  in  diesem  zusammenhange  gar  nicht  genannt  werden,  iiir 
annähme  irgend  eines  hintergedankens  bietet  mithin  diese  stelle  am 
wenigsten  grund.  '*  bei  Lactsntius  de  mort.  per$,  18  sagt  Galerius 

im  j.  805:  iam  fiuxisie  annos  duodecim^  ex  quo  in  IHyriemn  vei  ad  rtpmm 
Danuvii  relegatus  cum  geniibug  barbaris  iuctaretur.  andere  beweise  irerden 
in  den  spätem  Untersuchungen  gegeben  werden. 


OSeeck :  studien  zur  geschichte  DiocleüuiB  und  Conttantiiit.  L    728 

zurücktreten  musten,  lag  gar  kein  gnind  vor  die  geheimMi  yerdieiiflte 
seines  nebenbnhlers  an  das  licht  za  ziehen,  alle  anzeichen  weisen  also 
darauf  hin,  dasz  der  panegyriker  nicht  nnr  von  der  niederlege  niefat 
unterrichtet  ist,  sondern  dasz  nadh  seiner  ansieht  die  BOmer  mit  ihren 
östlichen  grenznachbam  noch  im  schönsten  frieden  leben«  freilieh 
kann  diese  ansieht  eine  falsche  gewesen  sein:  denn  da  nachrichten 
aus  dem  fernen  Orient  gewis  monate  brauchten,  ehe  sie  nadb  Oallien 
gelangten,  so  kann  in  Mesopotamien  Iftngst  der  kämpf  getobt  haben^ 
ehe  Eumenius  auch  nur  von  der  kriegserUftrung  ein  wort  erfuhr. 

Die  erwäbnung  des  Perserkri^es  ist  übrigens  nicht  das  einzige 
kennzeichen  dafür,  dasz  die  rede  pro  restaturandis  sakoUs  die  jüngere 
ist.  sie  kennt  bereits  niederlegen  der  Mauren,  wenngleichder  kämpf 
gegen  sie  noch  nicht  beendet  ist**;  dagegen  sagt  der  panegjricus 
auf  Constantius  über  denselben  gegenständ  (V  6):  reservekir  mmtUs 
iam  iamque  venientihus  Mauris  immisia  vastatio.  Maximianos 
ist  also  zwar  schon  nach  Africa  abgegangen,  aber  die  ersten  nach- 
richten von  seinen  erfolgen  werden  erst  erwartet;  mithin  kann  der 
krieg  kaum  begonnen  haben. 

Seit  Tillemont  pflegt  man  anzunehmen,  der  fünfte  panegyricus 
feiere  die  quinquennalien  der  Caesarea.  xUes  ist  nirgend  angedeutet^ 
und  doch  hätte  es  der  redner  nach  dem  ganzen  zusammenhange 
seines  Vortrags  notwendig  sagen  müssen,  wenn  es  der  fisll  w&re. 
er  preist  den  ersten  mftrz  als  den  tag  der  thronbesteigung  mit  hohen 
Worten,  aber  dasz  er  an  eben  diesem  tage  seine  rede  halte,  verschweigt 
er.  er  erklärt  dasz  er  mit  der  erhebung  der  Caesares  beginnen  wolle, 
aber  er  hält  es  für  erforderlich,  dies  mit  der  Überfülle  des  Stoffes  zu 
entschuldigen,  welche  ihm  nicht  gestatte  auch  die  vorhergehenden 
thaten  der  Augusti  mit  heranzuziehen,  wäre  dies  nicht  abgeschmackt, 
wenn  die  Wiederkehr  des  tages ;  den  er  zum  ausgangspunkte  seiner 
rede  nimt,  eben  gefeiert  würde?  noch  weniger  entspricht  diesem 
anlasz  die  Situation,  in  welcher  er  sich  den  Constantius  als  hörer 
seines  panegyricus  denkt,  er  sagt  nemlich  V  4:  habenda  ratio  est 
iemporiSy  Caesare  st  ante  dum  loquimur.  meines  erachtens  ist  es  ganz 
undenkbar ,  dasz  der  kaiser  seiner  quinquennalienfeier  stehend  prft* 
sidiert  habe. 

In  dem  erlasz,  den  wir  oben  haben  abdrucken  lassen,  sagt  Con- 
stantius selbst,  dasz  er  kürzlich  aus  Italien  zurückgekehrt  sei.  längst 
hat  man  vermutet,  dasz  er  dorthin  gegangen  sei;  um  mit  Mazi- 
mianus  vor  dessen  überfahrt  nach  Africa  noch  einmal  zusammen- 
zutreffen und  die  Verwaltung  Italiens,  welche  von  jenseit  des  meeres 
aus  nicht  wohl  zu  führen  war,  aus  seinen  bänden  zu  übernehmen. 
danach  müste  seine  rückkehr  nach  Ghillien  auf  die  einschiffung  des 
Augustus  sehr  bald  gefolgt  sein,  also  genau  in  die  zeit  üftllen,  in  wel- 
cher der  fünfte  panegyricus  gehalten  ist.  nach  demselben  erlasz 
war  die  Jugend  von  Augustodunum  dem  Caesar  ehtgegengezogen 


^3  IV  21  te,  Maximiane  invicie,  percuUa  Maurorum  agmina  futminmUenu 


724    OSeeck:  Studien  zur  geschiclite  Diocletians  und  Constantini.  I. 

und  hatte  sein  geleit  übernommen,  dasz  die  begrüszong  des  her- 
schers  nicht  ohne  festrede  abgegangen  ist,  versteht  sich  Ton  selbat, 
nnd  derjenige,  welcher  V  vortrug,  sprach,  wie  er  selbst  sagt(V  21), 
im  namen  der  Augustodunenser.  die  Schlüsse ,  welche  sieh  hierant 
von  selbst  ergeben ,  werden  noch  durch  den  schon  oben  erwihnten 
umstand  unterstützt;  dasz  der  kaiser  seinen  lobredner  stehend  an- 
hörte, dies  begreift  sich  wohl ,  wenn  er  eben  unterwegs  war  oder 
auch  in  eine  stadt  einzog,  als  ihm  das  festgeleite  der  dankbaren 
Aeduer  entgegenkam,  nicht  aber  wenn  der  panegjricus  bei  einer 
regelmäszig  wiederl^ehrenden  und  nach  festem  programm  verlaufen- 
den feier  ^ehalten  wurde. 

Der  Maurenkrieg  begann  im  j.  297;  dasz  Mazimianns  sich  und 
sein  beer  nicht  früher  eingeschifft  hat ,  als  bis  das  meer  sicher  war, 
versteht  sich  von  selbst :  danach  musz  die  lobrede  auf  Gonstantias 
anfang  sommer  297  gehalten  sein,  die  rede  pro  restaurandis  sdioUs 
folgte  ihr  wahrscheinlich  einige  monate  später ;  genaueres  läazt  sich 
über  ihre  zeit  nicht  sagen.  *^ 

Der  beweis,  dasz  alle  vier  bisher  erörterten  reden  denselben 
Verfasser  haben ,  bedarf,  wie  mich  dünkt,  keiner  Vervollständigung, 
oder  sollen  wir  etwa  dabei  verweilen ,  dasz  Eumenins ,  wie  Brandt 
will,  ^dem  Charakter  nach'  weit  über  den  andern  rednem  stehe,  dass 
er  von  ihren  'geschmacklosen  huldigungen  nnd  schranzenhaften 
Schmeicheleien'  frei  sei?  die  rede  pro  restaurandia  scholis  ist  zu- 
fällig die  einzige  der  ganzen  samlung,  welche  kein  panegyricas  ist; 
dasz  sie  minder  panegyrisch  klingt  als  die  übrigen,  liegt  also  in  der 
natur  der  sache.  gewis  gefällt  uns  der  mann ,  welcher  aof  sein  ge- 
halt  zu  gunsten  seiner  Vaterstadt  verzichtet'^,  sehr  viel  besser  als 
derjenige,  welcher  an  den  kaisem  alles  lobt,  was  zu  loben  oder  auch 
nicht  zu  loben  ist;  doch  dies  hindert  keineswegs,  dasz  sie  beide  die- 
selbe person  sind,  servilismus  war  eben  damals  nicht  das  characte- 
risticum  einzelner  besonders  verdorbener  menschen,  sondern  die 
Signatur  der  ganzen  zeit,  deren  Stempel  auch  die  besten  trugen. 

Doch  gehen  wir  weiter,  auch  der  Verfasser  des  siebenten  panegyricoa 
ist  ein  Augustodunenser  (VII 22) ;  auch  er  hat  im  hofdienst  gestanden"*; 


'^  wo  Brandt  in  V  nacbahmnnf;  von  IV  entdecken  will,  da  können 
wir  weiter  nichts  sehen  aU  den  fl^leicben  (;edanken|rang  nnd  die  glei- 
chen floBkeln.  da  beide  reden  von  demselben  Verfasser  herrühren,  so 
sind  diese   Übereinstimmungen  durchaus   nicht  auffallend.  '^  dieses 

gehalt  war  Ubrigeus  nicht  so  hoch,  wie  die  siffer  von  600000  sestenen 
SU  glauben  verleitet,  wir  wissen  jetxt  aus  dem  nenentdeckten  fragment 
des  preisedirts  (bull,  de  corr.  hellten.  IX  s.  231),  dasi  60000  denare  oder 
200000  sesterzen  einem  pfund  gold  an  wert  gleichkamen,  mithin  betrug 
das  jahrgeld  des  Eumenius  nur  drei  pfund  gold  oder  2740  mark  denttcher 
Währung.  '*  VII  28  hanc  meam  qualemcunque  vocem  dmeraü  oiti  ti 

palatii  offlciu  exercitam,  Baehrens  hat  fori  für  olii  geschrieben  nnd  da- 
durch den  Eumenius  auch  in  die  advocatenthätigkeit  eingeführt,  die 
dieser  selbst  IV  1  ff.  höchst  energisch  von  sich  ablehnt,  eine  ftnderang 
des  überlieferten  textes  ist  ganz  überflüssig,  das  otium  steht  hier  im 
gegensatie  znm  hofdienst  (palaiii)  nnd  bedeutet  folglieh  nicht  nnthitig- 


OSeeck :  studien  zur  geschichte  DiodetiaiiB  und  Constantma.  L    781 

auch  er  ist  als  lehrer  der  rhetorik  thfttig.''  eft  ist  also  s weifellos  der 
wohlbekannte  leiter  der  schale  tob  Angnstodnnnm:  denn  daez  diese 
für  dasselbe  fach  noch  einen  zweiten  lehrer  gehabt  hftttai  ist  ebenso 
unwahrscheinlich  wie  unbeglaabigt  aaoh  das  alter  des  sohnes,  von 
dem  der  redner  spricht,  passt  zn  dieser  annähme,  zur  zeit  der  oroM 
pro  restaurandis  ackoUs  war  jener  eben  so  weit  herangereift,  dasz  er 
daran  denken  konnte  als  rhetor  aoÜEutreteo.'^  seitdem  sind  etwa 
dreizehn  jähre  verflossen,  nnd  der  gnt  empfohlene  jnnge  mann 
ist  unterdessen  zur  höchsten  sta&l  der  advocatenlaafbahn  empor- 
gestiegen. ~ 

Die  achte  rede  ist  im  namen  der  Angnstodnnenser  an  Constan- 
tinus  gehalten ,  um  ihm  den  dank  der  Stadt  für  die  ihr  erwiesenen 
wohlthaten  auszusprechen,  ihr  ver&sser  bezeichnet  sich  gleich&Us 
als  lehrer  der  beredsamkeit.^  dasz  die  decarionen  der  Aedaer,  wenn 
sie  eine  gesandtschaft  an  den  kaiser  za  sd^^ckea  hatten,  dei^jenigen 
ihrer  mitbttrger  zum  führer  derselben  erw&hlten,  weicher  dorch  seinen 
rhetorenruhm,  die  hohe  wfirde  des  von  ihm  bekleideten  Staatsamtes, 
endlich  durch  seine  persönliche  stellang  zum  Täter  Gonstantins  Tor 
allen  andern  als  der  geeignete  erscheinen  moste,  ist  doeh  mehr  als 
wahrscheinlich. 

Also  bei  sechs  reden  Ton  den  acht,  welche  die  zweite  hftlfte  des 
Mainzer  sammelcodex  bildeten,  läszt  es  sich  mit  Sicherheit  nachweiseni 
dasz  sie  dem  Eumenius  angehören,  wenn  dies  bei  den  zwei  flbrig- 
bleibenden  (VI  und  IX)  nicht  möglich  ist,  so  liegt  das  nur  daran, 
dasz  ihr  Verfasser  über  seine  persönlichen  Verhältnisse  gar  keine  an* 
deutung  macht,  nur  im  eingange  von  IX  wird  gesagt,  dasz  der 
redner  schon  vorher  mehrere  panegyriken  auf  Constantinus  gehalten 
babe^^  was  auf  Eumenius  passen  würde,  doch  dies  ist  unwesent- 
lich :  denn  wenn  der  zweite  teil  des  Maguntinus  eine  einheitliche,  von 
dem  übrigen  inhalt  der  hs.  gesonderte  samlung  bildete  und  Ton 
dieser  drei  viertel  sich  demselben  Tcrfasser  zuweisen  lassen,  so  ist 
damit  doch  auch  der  beweis  erbracht,  dasz  der  zweck  de^'enigen, 
welcher  die  samlung  veranstaltete,  kein  anderer  gewesen  sein  kann 


keit,  sondern  nnr,  wie  nnzäblige  male  bei  Cicero  ua.,  freiheit  von  staats- 
männischer  beschäftigung.  otii  offida  sind  also  die  pflichten  des  Privat- 
lebens, nnter  denen  selbst  die  rhetorische  lehrthfttigkeit,  insofern  diese 
nur  municipal,  nicht  staatlich  war,  mit  inbegriffen  sein  kann. 

^^  VII  28  ceterum  quod  de  omnüfu»  Uberis  dbH^  lata  est,  imperatcft^ 
amhitio,  praeter  illos  enim  quinque,  quos  genuin  etiam  iüos  quaH  meoi 
numeroy  quos  provexi  ad  iutelam  fori 9  ad  offida  palaÜL  multi  qidppe  ex 
me  rivi  non  ignobiles  fluuntj  multi  9eetaiore$  mei  etiam  provindat  tua»  ad- 
ministrant,  ^^  IV  6  me  ßio  potiu$  meo  ad  pristina  mea  studia  aäUum 

molientem.  ^^  VII  23   commendo   Hberos  meos  praedpueque  Ühm  iam 

summa  fisci  patrodma  tractantem.  vgl.  Herrlich  'de  aerario  et  fiseo  Bo- 
manorum'   (Berlin   1878).  *^  VIU  1    ui  estem  iam  non  privaü  studä 

litterarum^  sed  publicae  gratulationis  orator,  ^'   IX  1  näi  nefat  ene 

ducerem  et  commissi  cuiusdam  sacrilegii  retigionem  vererer^  diti^  qui  semper 
res  a  numine  tuo  gestas  praedicare  solitui  esiem,  haee  tanio 
maiora  pristinis  silentio  praeterirem. 


728  F Walter:  zu  Tacitus  annalen. 

^otoe  (idesse  exüium  canebant . .  consanuisse  ulülatilms  theatrum  visam- 
que  speciem  in  aestuario  Tamesae  sübversae  cöloniae:  tarn  Oceanus 
cruento  aspeäu  i  sie  lahente  aestu  humanorum  oarpontm  effigies 
rdiäae  ut  Britannis  ad  spem^  ita  veter anis  ad  tnetum  irahebantur. 
statt  sie  schreibe  ich  mit  sehr  einfacher  ändemng  a  c  und  flbersetze : 
'auch  das  blutige  aussehen  des  Oceanus  und  den  umstand  dasz,  wenn 
die  flut  sank,  menschliche  leichen  zurückzubleiben  schienen,  deuteten 
die  Britannier  als  hoffnungsreiches,  die  Veteranen  als  schlimmes  Yor- 
zeichen/  ganz  ähnlich  ist  die  construction  II  1  inridebantur  et 
Graeci  comites  ac  vüissima  utensüium  antdo  dausa  (und  der  brauch 
dasz  .  .);  vgl.  hist,  TL  bl  prosperas  apud  Bedriacum  res  ac  morte 
Othonis  conddisse  hellum  accepU,  statt  sie  lahente  schrieb  ua.  Lipsina 
dHabente,  Fröhlich  et  relahente. 

XIV  42  Pedanium  Secundum  servtM  ipsius  interfecU  .  .  cum 
vetere  ex  more  famüiam  omnem,  quae  sub  eodem  iedo  mansUaverat^ 
ad  supplicium  agi  oporterety  concursu  plebis^  quae  tot  innoxiospro* 
tegebaty  usque  ad  seditionem  ventum  est  senatusque  f  in  quo  ipso  erant 
studio  nimiam  severitatem  aspemantium,  plurtbus  nihümutandum 
censentibus.  an  dieser  stelle  fiel  zweifellos  das  verbum,  welches  das 
prädicat  zu  senatus  bildete,  aus,  und  es  ist  von  vom  herein  wahr- 
scheinlich ,  dasz  eine  abbreviatur  des  Wortes  senatus  den  anlasz  zur 
corruptel  gab ;  nehmen  wir  nun  an ,  es  sei  dieses  in  sen.  abgekürzt 
worden,  so  ergibt  sich  aus  dem  bleibenden  atusque  mit  groszer  leich- 
tigkeit  adUusque^  und  die  erklftrung  der  corruptel  ist  einfach  diese: 
ursprünglich  hiesz  es  im  texte  senatusque  aditus\  als  dann  ein 
Schreiber  senatus  zu  sen.  abkürzte,  hängte  er  que  nicht  an  diese  kfir- 
zung,  sondern  an  das  folgende  adüus^  schrieb  also  sen.  adiiU8que\ 
hieraus  entstand  das  corrupte  senatusque.  senatus  aditus  heiszt  'der 
Senat  wurde  um  eine  entscheidung  angegangen'  (nemlich  a  plebe^ 
freilich  nicht  in  freundlicher  weise,  wie  c.  45  muUüudine  saxa  ac 
faces  minante  lehrt) ;  vgl.  c.  43  saepenumero  in  hoc  ordi$ie  nUerfm^ 
cum  .  .  nova  senatus  decreta  postutarentur  und  XY  19  magna  cum 
invidia  senatum  adeunt^  wo  in  gleicher  weise  wie  oben  die  per- 
sönlichkeit derer,  welche  vom  senat  eine  entscheidung  erlangen 
wollten ,  unbestimmt  gelassen  ist  (Nipperdey  nahm  in  der  letzten 
stelle  irrtümlich  vor  magna  eine  lücke  an),  zu  adire  vgl.  auch  I  17 
principem  precibus  vet  armis  adirent.  Jacob  schrieb  senatusque  cfh 
sessuSy  Heraus  s.  vocatus. 

München.  Friedrich  Waltbb. 


BESTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBRAUSaEGEBEN  VON  AliFBED  FlECKBIBKN. 


95. 

THEOGNIS  VATERSTADT. 


Theognis  nennt  sich  selbst  einen  Megarer :  S)be  bk  irfic  TIC  Ipct* 
OeuTViböc  dcTiv  lnr\  toO  Merap^uiC  (y.  22  f.).  aber  aus  welchem 
Megara  war  er,  dem  nisttischen  oder  dem  sikelischen?^  das  war 
schon  im  altertum  streitig.  Piaton,  unser  ttltester  gewfthrsmann,  der 
sich  viel  mit  Theognis  beschttftigt  hat,  nennt  den  dichter  TroXfiriv 

1  GFUnger  hat  kürzlich  (Philol.  XLY  8.  18)  die  ansieht  anf^stellt, 
unser  dichter  sei  in  dem  xwpiov  MaxcöcviKÖv  Megara  geboren,  das  nach 
Plutarch  (Pyrrhoa  2)  an  der  epeirotisch-makedonischen  grenze  gelegen 
war  und  also  wahrscheinlich  identisch  ist  mit  dem  M^T^^pa  ^v  MoXoc- 
ciöi,  das  von  Stephanos  aus  Byzanz  erwähnt  wird,  obgleich  diese  hjpo- 
these  kaum  eine  Widerlegung  verdient,  will  ich  doch  die  hauptpunkte, 
die  dagegen  sprechen,  hier  kurz  anführen :  1)  wenn  Theognis  aof  jener 
obscuren  K{Jj\xr]  Megara  stammte  (und  Städte  gab  es  zu  seiner  leit  im 
inncrn  Makedonien  und  Epeiros  noch  nicht),  so  konnte  er  sich  dem 
groszen  hellenischen  publicum  gegenüber  überhaupt  nicht  als  Megarer 
bezeichnen,  sondern  nur  als  Tjmphäer,  oder  wie  sonst  der  volksstamm 
hiesz,  zu  dem  diese  K{i)}xr]  gehörte.  2)  haben  Makedonien,  Epeiros  nnd 
das  innere  Thessalien  im  sechsten  nnd  selbst  im  fünftem  jh.  an  der 
litterarischen  bewegung  in  Hellas  noch  keinen  productiven  anteil  ge* 
nommen ;  es  ist  also  nicht  abzusehen,  wie  sie  einen  dichter  wie  Theognis 
hätten  hervorbringen  sollen.  3)  hat  sich  in  Epeiros  nnd  Makedotüen« 
wie  bekannt,  das  alte  königtum  der  heroischen  zelten  bis  ins  dritte 
bzw.  zweite  jh.  erhalten,  und  selbst  in  Thessalien  ist  die  tjrannis  erst 
am  ende  des  .fünften  jh.  aufgetreten.  Theognis  aber  lebte  in  einer 
aristokratischen  republik,  für  die  er  die  gefahr  der  tyrannis  fürchtete« 
Unger  hat  diesem  einwände  dadurch  zu  begegnen  gesucht,  dasz  er  be- 
hauptet, Theognis  sei  ein  fahrender  Sänger  gewesen,  der  in  der  fremde 
die  bekanntschaft  des  Kyrnos  gemacht  habe,  das  soll  hervorgehen  an« 
den  versen  1103  f.  Oßpic  xal  MdTvr)Tac  diTubXec€  icai  KoXo9<irva  Kai 
C|iupvTiv'  irdvTUJC,  KOpv€,  Kai  Öfi^'  diroXd.  aber  i)|ui|ui€,  nicht  d^fi€,  mnste 
der  dichter  hier  sagen,  da  er  selbst  ja  an  dieser  dßipiC,  die  er  tadelt, 
keinen  anteil  hatte;  die  verse  beziehen  sich  auf  die  fraction,  derKymos 
angehörte  und  von  der  ihn  der  dichter  abziehen  möchte,     an  andera 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  11.  48 


730  JBeloch:  Theognis  Vaterstadt. 

TUJV  dv  CiKcXiqi  McYCtp^iüV  (Gesetze  1  630'),  und  diese  ansiebt  wurde 
von  vielen  andern  gelehrten  geteilt  (Harpokration  u.  O^oifVic).  da- 
gegen trat  Didjmos  für  das  nisäiscbe  Megara  ein  (schol.  zu  der  ange- 
führten stelle  der  Gesetze) ,  und  Harpokration  verteidigt  diese  mei- 
nung  mit  berufung  auf  v.  783  ff.  unserer  Theognidea: 

fjXGov  jifev  Tctp  fYW)Y€  Kttl  elc  CiKeXriv  ttotc  TOiav, 
fjXGov  b'  6ußoiiic  djLiTreXöev  irebiov 

CirapTTiv  t'  EupuüTa  bovaKOTpöcpou  dYXaöv  äcTu  • 
Ktti  ix'  ^(piXeuv  Trpocppövuic  irdviec  ^irepxöjievov  • 

dXX'  oÖTic  MOi  T^pipic  ^ttI  cpp^vac  fjXOev  ^KeiviüV. 
oÖTUJC  oubfev  dp'  fjv  (plXiepov  dXXo  irdipTic. 
und  die  neuem  haben  sich  dieser  auffassung  fast  ausnahmslos  an- 
geschlossen. 

Aber  so  einfach  liegt  die  sache  denn  doch  nicht,  welche  garantie 
haben  wir  denn,  dasz  die  angeführten  verse  wirklich  von  Theognis 
sind?  unsere  Theognidea  enthalten  ja  stellen  aus  andern  elegikem 
in  menge,  wie  selbst  wir  in  vielen  fällen  noch  nachweisen  können, 
obgleich  wir  doch  nur  dürftige  trümmer  der  griechischen  elegie  be- 
sitzen, ist  es  da  nicht  im  höchsten  grade  wahrscheinlich,  dasz  sich 
noch  sehr  viel  anderes  fremdes  gut  darin  verbirgt  ?  erster  grand- 
satz  aller  Theogniskritik  musz  es  also  sein,  kein  stück  ohne  weiteres 
für  Theognideisch  zu  halten,  dem  die  ccppriYic  fehlt,  wie  der  dichter 
sich  ausdrückt,  der  name  des  Kyrnos.  damit  ist  natürlich  noch  nicht 
gesagt,  dasz  alle  übrigen  teile  der  Theognidea  dem  Theognis  abza- 
sprechen  seien;  aber  es  musz  erst  in  jedem  einzelnen  falle  bewiesen 
werden,  dasz  solche  verse  unserm  dichter  gehören,  ein  solcher  be- 
weis ist  aber  für  die  eben  angeführte  stelle  in  keiner  weise  zu  führen, 
im  gegentcil :  mir  scheint  es  dasz  die  verse  mit  ihrem  sentimentalen 
ton  viel  eher  für  einen  fahrenden  sftnger  passen,  wie  etwa  Xenc^ 
phanes,  der  in  der  fremde  rühm  und  ehre  gefunden,  als  für  einen 
politischen  flüchtling.  auch  dasz  Piaton  Theognis  fttr  einen  8ike- 
lioten  gebalten  hat,  könnte  man  als  beweis  gegen  die  echtheit  der 
verse  anführen :  denn  er  kannte  seinen  Theognis,  und  was  ein  Didy- 
mos  und  Harpokration  gesehen  haben,  hätte  er  wohl  auch  gesehen. 
jedenfalls  wird  man  zugeben,  dasz  unsere  stelle  bei  ihrer  zweifel- 
haften echtbeit  kein  hindernis  bildet  für  die  annähme,  Theognis  sei 
ein  Sikeliote  gewesen,  falls  andere  gründe  diese  annähme  wahr- 
scheinlich oder  notwendig  machen  sollten. 

Allerdings  gibt  es  noch  eine  andere  stelle  unserer  Theognidea, 
die  für  die  herkunft  des  dichters  aus  dem  nisäischen  Megara  geltend 

stellen  bezeichnet  er  die  Stadt  des  Kyrnos  ausdrücklich  als  'nnsere' 
Stadt  (zb.  30  f.).  ich  brauche  hier  wohl  nicht  die  zahlreichen  stellen 
anzuführen,  die  beweisen  dasz  Theognis  nn  dem  politischen  leben  dieser 
Stadt  lebhaften  und  bervorrafrendcn  anteil  nahm,  was  er  weder  alt 
mutüke  noch  auch  als  eingebürgerter  fremder  hätte  thun  können,  da- 
nach wird  CS  nicht  nötig  sein  auf  den  übrigen  inhalt  von  Ung^rs  aaf- 
satz  den  lesern  dieser  Zeitschrift  gegenüber  einzugehen:  fiVl  t^oOkoc 
'Ae/ivoTe. 


JUeloch;  Theognis  Taterstadt, 


731 


gemacht  werden  kann:  die  bekannten  versa  773  ff.  <t>oiߣ  ävoE,  auröc 
fikv  ^ttüpTUicac  TiöXiv  ÖKpriv  uaw-  auch  hier  fehlt  Kyrnos  name, 
und  mu8Z  fehlen,  denn  die  verse  sind  offenbar  aus  einer  spätem 
lebensperiode  als  die  KrTnos-eiegien ;  dasz  sie  aber  von  Theognis 
sind,  halte  Ich  für  unzweifelhaft,  denn  wir  kennen  keinen  andern 
megarischea  elegiker;  und  in  Megara  und  von  einem  Megarer  sind 
die  verse  geschrieben,  aber  das  beweist  doch  nur,  dasz  Theognis  im 
Sommer  460  in  dem  nisäischen  Megara  lebte,  und  in  dem  sikelischea 
Megara  konnte  er  freilich  um  diese  zeit  nicht  mehr  leben:  denn,  wie 
bekannt,  ist  dasselbe  zwischen  485  und  482  von  Gelon  zerstört  wor- 
den, wir  erfahren  dasz  es  die  megarisobe  aristokratie  gewesen  war, 
die  an  dem  kriege  die  schuld  trug  (Herod.  VIT  156).  allerdings 
Itesz  der  berscher  von  Syrakua  sie  nach  dem  siege  diese  feindselige 
haltung  nar  in  geringem  masze  entgelten;  aber  wenn  er  der  masse 
des  megarischen  adels  verzieh,  so  musz  er  doch  mit  den  fUbrem  eine 
ausnähme  gema<;ht  haben,  und  dasz  Theognis,  falls  er  aus  dem  sike- 
lischen  Megar^L  war,  zu  diesen  fuhrern  gehört  batj  ist  nach  seiner 
ganzen  Stellung  zur  tyrannis  sehr  wahrscheinlich,  und  mochte  ihm 
Gelon  verzeihen:  dasz  ein  mann  von  so  glUbendem  tyronnenbasse 
sich  dazu  hergegeben  hätte,  der  unterthan  des  monarcbcn  von  Syra- 
kus  zu  werden,  ist  schwer  zu  glauben,  dann  war  aber  überhaupt 
seines  bleibens  in  Sikelien  nicht  länger :  denn  dort  gab  es  nichts  als 
tyrannen,  UDd  seit  dem  tage  von  Himera  (461)  war  Gelons  einflusz 
allmächtig,  also  muste  Theognis  die  heimatliche  insel  verlassen, 
und  da  lag  es  ftlr  ihn  am  nächsten,  in  der  alten  mutterstadt  des 
sikelischen  Megara  Zuflucht  zu  suchen,  und  bei  den  engen  be- 
ziehungeuj  die  in  der  griechischen  weit  dieser  zeit  zwischen  colonie 
und  mutterstadt  herschten,  konnte  Theognis  diese  sehr  wohl  als 
finer^priv  TToAiv  bezeichnen;  auch  hindert  nichts  anzunehmen,  dasz 
die  Megarer  dem  berühmten  dichter,  der  im  kämpf  für  die  frelheit 
die  heimat  verloren  hatte,  ihr  bUrgerrecht  verliehen  haben,  also 
auch  diese  verse  beweisen  nichts  gegen  die  sikeliache  abkunft  des 
dichters. 

Damit  wfire  nun  eigentlich  die  sacbe  erledigt,  denn  das  Zeug- 
nis Piatons  wiegt  so  schwer,  dasz  nur  entscheidende,  aus  dem  werke 
des  dichter»  seibat  geschöpfte  gegengrUude  uns  berechtigen  würden 
dasselbe  zu  verwerfen,  nnd  wie  wir  gesehen  haben,  ist  nicht  der 
schatten  eines  solchen  grnndea  vorhanden,  aber  es  läszt  sieb ,  wie 
ich  meine,  auch  direct  bis  zur  evidenz  nachweisen,  dasz  Piaton  im 
rechte  ist. 

Theognis  hat,  wie  sich  aus  den  angeführten  versen  773  fT.  er- 
gibt, noch  den  zug  des  Xerses  gegen  Hellas  erloht.'    er  kann  also 


'  auf  3ie  nnterwerfilliK  lonie: 
die  verse  eicli  uitltt  bezielien:  de 
fuhr,  auch  der  iag  des  Mardouioe, 
kann    schwerlich    auf    den 


Datis  freilich  kern  490  Megara  nahe  gcaag,  aber 


darch  Kjioa  oder  Dai 
1  \fegara  war  damsls  ii 
ler  ia  im  fernen  Thrskie: 

iefea  eindnick   gemacht   haber 


□  UDlernehmen  galt 


732  JBeloch:  TheogniB  Vaterstadt 

kaum  vor  550  geboren  sein.'  nun  hat  er  die  elegien  an  Eymos  als 
reifer  mann  gedichtet  —  wofür  ich  einen  beweis  wohl  nic^t  beiza- 
bringen brauche  —  dh.  frühestens  ^nel  mezzo  del  cammin  di  nostra 
vita\  mit  35  jähren,  vielleicht  aber  auch  später,  also  sind  diese 
elegien  jedenfalls  nach  515  entstanden,  ist  es  denn  nun  denkbar, 
dasz  damals  im  nisfiischen  Megara  zustände  geherscht  haben,  wie  sie 
diese  elegien  voraussetzen  ?  Megara  hatte  ja  seine  grosze  revolution, 
sein  1789,  schon  am  ende  des  siebenten  jh.  gehabt;  die  nivellienmg 
der  gesellschaft,  die  Zerstörung  der  adelsprivilegien,  die  ersetzung 
der  politischen  rechte  der  geburt  durch  die  des  besitzes,  das  alles  ist 
bereits  damals  eingetreten,  ein  Jahrhundert  ehe  Theognis  schrieb,  der- 
gleichen dinge  macht  keine  reaction  wieder  rückgängig,  nicht  nur  die 
generation,  der  Theognis  angehörte,  sondern  auch  die  vorhergehende 
generation  muste  bereits  in  den  neuen  ideen  erzogen  sein,  und 
weiter:  um  515  lag  die  tjrannis  im  griechischen  mutterlande  bereite 
in  den  letzten  zügen.  in  Eorinth,  Sikyon,  Epidauros,  in  Megara 
selbst  war  sie  seit  lange  gestürzt,  in  Athen  wankte  sie  in  allen 
fugen,  und  da  soll  Theognis  gefürchtet  haben,  dasz  sie  sich  in 
Megara  noch  einmal  erheben  könnte?  es  wäre  leicht  dies  näher  ans- 
zuführen;  ich  denke  es  ist  überflüssig. 

Wie  aber,  wenn  Theognis  aus  dem  sikelischen  Megara  war? 

Die  politische  entwicklung  der  sikelischen  colonien  ist  lang- 
samer gewesen ,  nicht  als  die  des  griechischen  mutterlandes  als 
ganzen,  aber  doch  als  die  entwicklung  der  Staaten  am  Isthmos.  die 
gründe  dafür  liegen  auf  der  band,  gerade  in  Theognis  zeit,  als  die 
tjrannis  in  den  Isthmosstaaten  bereits  überwunden  war,  erreichte 
sie  in  Sikelien  den  höhepunkt  ihrer  entwicklung.  um  490  fällt  der 
beginn  der  socialen  revolution  in  Syrakus,  und  es  liegt  in  der  natur 
der  Sache ;  dasz  sie  auf  das  benachbarte  Megara  nicht  ohne  rück  Wir- 
kung bleiben  konnte,  revolutionen  sind  ansteckend  wie  epidemien. 
hier  haben  wir  genau  den  politischen  hintergrund,  den  Theognis 
elegien  voraussetzen :  den  gegensatz  zwischen  dem  besitzenden  grund- 
adel  (den  gamoren),  dem  der  dichter  selbst  angehört,  dem  durch  ge- 
werbe  und  handel  reichgewordenen  bürgertum  und  dem  landvolke 
(den  killikyriem,  wie  sie  in  Syrakus  hieszen),  das  nach  persönlicher 
freiheit,  nach  bürgerlichen  und  politischen  rechten  strebt;  und  als 


doch  nur  Eretria  und  Athen ,  nnd  seine  Streitkräfte  waren  nicht  gross 
genug,  um  im  übrigen  Griechenland  ernste  besorgnisse  lienroriurafso. 
Suidas  angäbe  über  die  lehenszeit  des  diehters  X^TOVtbc  £v  Tl)  vO' 
öXu^1ndöl  (544/40)  ist  wie  fast  alle  ähnlichen  angaben  aus  der  altem 
griechischen  litteraturgcschichtc  wortlos,  da  schon  die  Alexandriner 
von  Theognis  leben  nur  wüsten,  was  in  seineu  gedichten  atsnd.  wi6 
die  zahlf  die  Suidas  gibt,  gewonnen  ist,  ob  sie  sich  anf  gebart  oder 
blute  bezieht,  kann  uns  hier  gleichgültig  sein. 

'  wenn  die  verse  767—768  von  Theognis  wären,  so  könnte  die  ge- 
hurt des  dichters  kaum  vor  520  gesetzt  werden,  und  die  Kymos-elegien 
würden  um  485  fallen;  wahrscheinlich  aber  gehören  jene  Terse  einess 
andern  elcgiker. 


JBeloehi  Theognis  Tatestadt  783> 

folge  aller  dieser  wirren  die  tyrannis,  die  bald  Sikelien  eine  neue 
gestalt  geben  sollte. 

Nocb  ein  anderer  grund  Iftszt  sich  gegen  die  herkonft  nnseres 
dichters  aus  dem  nisäischen  Megara  anfuhren,  es  ist,  wenn  man  will, 
eine  kleinigkeit,  aber,  wie  es  so  zu  gehen  pflegt,  sind  es  gerade  die 
folgenden  verse  (549 — 554)  gewesen ,  die  zuerst  meinen  glauben  an 
die  harschende  ansieht  über  Theognis  heimat  erschüttert  haben: 

ämreXoc  ä90oTTOc  TröXcjüiov  iroXiibaKpuv  Itctpci, 
Kupv',  diTÖ  TiiXauT^oc  (paiv6ji€voc  CKOiiif)c. 

dXX'  tiTTToic  SjißaXXe  raxuiTT^pvotci  xoXivoiJc* 
bi^iüv  T^p  C9'  ävbpulv  ävTtdceiv  boK^u). 

QU  TToXXöv  TÖ  M^CTitli*  biaiTpif]Souci  K^€u6ov, 
ei  |üif|  iyi\v  tviIi^tiv  ^EaTrarAci  6eo(. 
denn  das  griechische  Megara  hat  so  wenig  wie  der  ganze  Feloponhes 
bis  an  das  ende  des  jünften  jh.  eine  reiterei  unterhalten  (vgl.  zb. 
Thuk.  n  9,  3).  hier  also  kOnnen  diese  verse  nicht  geschrieben  sein, 
da  nun  ein  verbannter  kaum  die  mittel  haben  konnte  sich  pferde  za 
halten,  so  müsten  wir  annehmen,  dasz  Theognis  und  Ejmos  im  solde 
eines  tjrannen  gestanden  hätten  —  denn  sonst  hielt  in  dieser  zeit 
niemand  Söldner,  und  ich  kann  mir  einen  mann  wie  Theognis  als 
Söldner  eines  tyrannen  nicht  vorstellen,  war  der  dichter  dagegen 
aus  dem  sikelischen  Megara,  so  ist  alles  in  Ordnung:  denn  in  den 
griechischen  städten  Sikeliens  war  die  reiterei  um  600  eine  allgemein 
verbreitete  waffe. 

Es  ergibt  sich  demnach  für  Theognis  etwa  folgender  lebenslauf. 
da  Megara  um  483  zerstört  wurde  und  Theognis  zu  dieser  zeit  oder 
einige  jähre  vorher  bereits  ein  einfluszreicher  politiker  und  berühmter 
dichter  war,  so  wird  seine  gehurt  etwa  um  530  zu  setzen  sein,  mög- 
licher weise  noch  etwas  früher,  in  Megara  musz  damals  ein  reiches 
geistiges  leben  geherscht  haben;  hat  doch  die  Stadt  neben  Theognis 
der  nation  noch  einen  ihrer  ersten  dichter,  Epicharmos,  gegeben. 
Theognis  familie  gehörte  dem  stand  der  gamoren  an ,  und  dadurch 
bestimmte  sich  seine  politische  haltung  in  den  kämpfen  gegen  den 
aufstrebenden  demos.  der  sieg  der  volkspartei  war  von  einer  neu- 
verteilung  der  äcker  begleitet,  bei  der  Theognis  einen  teil  seiner 
väterlichen  guter  verlor  (1197  ff.  345).  das  wird  etwa  um  490  ge- 
schehen sein,  zu  der  zeit  als  die  killikTrier  in  Sjrakus  die  gamoren 
vertrieben,  dasz  der  dichter  damals  verbannt  wurde,  ergibt  sich  aus 
den  uns  erhaltenen  trümmem  seiner  elegien  nicht;  wohl  aber,  dasz 
er  eine  zeit  lang  unter  der  neuen  Ordnung  in  Megara  lebte,  nach  der 
Zerstörung  der  stadt  durch  Oelon  wandte  er  sich,  wie  wir  gesehen 
haben,  nach  Griechenland,  wo  wir  ihn  480  im  nisäischen  Megara 
finden,  seine  weitem  Schicksale  kennen  wir  nicht;  er  hat  eb^n  im 
alter  zu  dichten  aufgehört. 

BoM.  Julius  Bblooh. 


734       ALudwicb:  zum  Homerisclien  fiermeshymnos  [v.  119  f.]. 

96. 

ZUM  HOMERISCHEN  HERMESHYMNOS. 


Von  den  fünfzig  rindern,  die  Hermes  dem  Apollon  gestohlen, 
schlachtet  er  späterhin  zwei,  diesen  letztem  Vorgang  soll  der  dichter 
des  Hermesh jmnos  auf  folgende  weise  ausgedrückt  haben : 
118  djicpoT^pac  b*  ^ttI  vujia  xaiiai  ßdXe  (pucioijücac* 
dfKXivuüv  b'  dKiiXivbe  bi'  alujvac  t€  xopricac* 
?PTiw  b'  f pTOV  Ö7Ta2l€  TajLiujv  Kpea  ttiovi  brnütip. 
trotz  der  offenbaren  Verderbnisse  in  diesen  werten  ist  der  fortschritt 
der  handlung,  die  sie  schildern ^  noch  deutlich  genug  erkennbar: 
Hermes  wirft  die  rinder  auf  den  rücken ,  versetzt  ihnen  den  todes- 
stosz,  schneidet  ihr  fleisch  in  stücke  und  verrichtet  eins  nach  dem 
andern,  im  übrigen  freilich  ist  unsere  not  grosz  diesen  wenigen 
Worten  gegenüber:  denn  weder  vermögen  wir  uns  mit  ^tkXivuiv 
ordentlich  abzufinden,  noch  erfahren  wir,  warum  der  gott  die  bereits 
getöteten  rinder  wälzt,  noch  können  wir  das  sonderbare  T€  hinter 
hl*  aiujvac,  das  allem  anschein  nach  die  participia  dTicX(vu)V  und 
Toprjcac  mit  einander  verbinden  soll,  in  einklang  bringen  mit  dem 
sonstigen  gebrauche  dieser  partikel.  ^die  hauptverderbnis'  meint 
GemoU  ^musz  in  ^KuXivbe  stecken :  denn  dTKXivuJV  ist  richtig.^  aber 
dieses  dYKXivuJV  ist  ja  selber  erst  eine  conjectur ,  gestützt  auf  Orph. 
Argon.  314  Kai  töt6  bf)  KpavTfipa  ßoujv  TT€pi|ir|K€a  raOpov  cqpdZov, 
dvaKXivac  K€(paXf)V  eic  aiOepa  biav:  und  wie  wenig  sie  uns  nützt, 
geht  schon  daraus  hervor,  dasz  GemoU  nicht  ein  einziges  der  noch 
übrigen  sechs  werte  unangetastet  gelassen  hat,  um  sinn  in  den  be- 
züglichen vers  hineinzubringen,  nach  ihm  soll  nemlich  der  dichter 
für  ^TKXivuiV  V  ^KuXivbe  bi'  aloivdc  T€  xopricac  etwa  geschrieben 
haben  dTKXivuuv  bk  MivuvOa  [so]  tot'  aiujv'  ££eT6pT]cev.  indessen 
wollte  man  sich  auch  diese  unstatthafte  gewaltsamkeit  gutwillig  ge- 
fallen lassen,  so  bliebe  doch  zum  mindesten  6ins  noch  immer  völlig 
unaufgeklärt,  nemlich  gerade  das  von  GemoU  so  energisch  in  schütz 
genommene  dvaKXiveiv  (Tdc  KecpaXdc  eic  Tf)V  aiO^pa)  bei  den  anf 
dem  rücken  liegenden  tieren.  bei  einem  stiere,  der  noch  anf 
seinen  vier  beinen  steht,  ist  es  leicht  erkl&rlich,  wenn  der  scblächter 
ihm  den  köpf  nach  hinten  biegt  (aucpueiv  nennt  es  bekanntlich 
Homer) ,  um  ihm  den  todesstosz  in  die  kehle  zu  versetzen ,  nicht  so 
bei  einem  stiere  der  auf  dem  rücken  liegt:  und  schon  darum,  meine 
ich,  kann  dyKXivuJV  gewis  nicht  richtig  sein,  es  mUste  denn,  was 
GemoU  doch  nicht  gewagt  hat,  überdies  noch  tm  vuiTtt  X^^^  ßdXe 
jener  conjectur  zum  opfer  gebracht  werden,  auch  d6n  gedanken 
finde  ich  wenig  glücklich ,  hier  das  aiuüv'  ^£6T6pT]C€V  aus  v.  42  ein- 
zusetzen,  dort  (v.  42)  bohrt  Hermes  mit  dem  meiszel  das  leben  dh« 

den  sitz  des  lebens  *  aus  der  schildkrötenschale  (die  er  leer  machen 

.—  —•__^^^_^^_ • 

*   das  lebendige   fleisch  im  pegeiisatz  su  der  toten  schale,    wie 
man  darauf  vorfallen  konnte  aluiva  v.  42  mit  'riickeomark'  xa  über- 


ALudwieh:  zum  Homeriachea  HermeshymnoB  [v.  119  f.],        735 

und  dann  zur  ]yra  umwandeln  will)  heraus,  hier  (v.  119)  bohrt  er 
das  Bchlachtmesser  den  rindern  inii  leben  dh.  in  den  sitz  des  tebens 
hinein,  nud  herauszubohren  gibt  es  bei  diesem  todesstreiche  nichts. 
Darin  stimme  ich  allerdings  mit  Gemoll  Uberein,  dasz  der  an- 
gtOszige  vers ,  der  anscheineod  allen  exegetisch -kritischen  versuchen 
höhn  spricht,  dennoch  eicht  gleich  ohne  weiteres  bei  seite  geworfen 
werden  darf:  denn  mit  ihm  gienge  uns  ein  hier  ganz  unentbehrlicher 
teil  der  erzähl  ung,  nemlich  derauf  das  schlachten  der  tiefe  bezüg- 
liche verloren,  und  so  verzweifelt,  wie  man  gewöhnlieh  glaubt,  ist 
der  7ers  vielleicht  gar  nicht  einmal,  ich  wenigstens  finde,  dasz  man 
mit  folgenden  überaus  einfachen  heilmittela  eine  vollkommen  be- 
friedigende Wirkung  erzielt: 

üfiipOT^pac  b'  iTi\  vüJTa  xciMal  ßdXt  (pucioüjcac, 
^K  ^ivibv  b"  ^KÜXivbe  ht'  aiüfvac  Ttiopricac, 
IpTif  b'  fpYov  ÖTToZe  TOiiuJV  Kp^a  rriova  Öhm^V- 
die  conjectur  ^k  ^ivöiv  lehnt  sich  an  die  im  cod.  M  (Moscovienais) 
überlieferte  lesart  dKKpivac  noch  um  ein  weniges  enger  an  als  an  die 
Tulgata  ^TK^ivuJV',  und  ich  hoiFe,  dasz  ihr  dieser  umstand  wenig- 
slens  bei  denjenigen,  welche  die  Moskauer  hs,  etwas  hoher  zu  schätzen 
gelernt  haben  als  gewöhnlich  geschieht,  nicht  zum  nachteil  gereichen 
wird,  ist  diese  hs.  doch  die  einzige ,  der  wir  nachher  auch  die  ganz 
notwendige  besserung  rriova  atatt  niovL  zu  verdanken  haben,  der 
Bchlusz  des  verses  lautet  in  M  bmiüjvac  TeTopr|cac,  in  L  E  bi'  aiiüvac 
TE  TOpi^cac  oder  T£TOpficac :  hier  kann  also  bei  meiner  Schreibung 
nicht  einmal  von  einer  conjectur  die  rede  sein,  weil  in  allen  drei  hss. 
-vac,  nicht  -vac  überliefert  ist.  hierauf  besonderes  gewicht  zu  legen 
kommt  mir  natürlich  nicht  in  den  sinn:  ich  stelle  nur  den  that- 
bestand  fest,  und  der  ist,  dasz  es  sich  bei  TtTOpricac  nur  um  die  Ver- 
teidigung der  bisher  verkannten  Überlieferung,  nicht  um  eine 
willkürliche  änderung  meinerseits  handelt,  nun  meine  ich  aber,  dasz 
die  redupli eierten  formen  tetoprieUJ  in  Aristophanes  Frieden  v,  381 
und  T^TOpev  und  xETÖpri  bei  fiesychios  vollkommen  ausreichen,  um 
auch  TETOpiicac  gegen  die  bisherige,  ganz  zwecklose  und  unhaltbare 
Zerlegung  in  T6  TOpr|cac  in  schütz  zu  nehmen,  der  ausdruck  iK 
^ivCüv  b'  CKÜXivbe  JSszt  sich  vergleichen  mit  Antb,  Pal.  IX  lai 
oüpeciv  £v  boXixok  ß\iii9pf|V  itituv  uetiöc  jie  iipöppiEov  tkii*^ 
^EekÜXicc  Nötoc.  nachdem  Hermes  den  rindern  den  todesstosz  ver- 
setzt hat,  häutet  er  sie  verstand  ige  rweiue  erst  ab,  ebe  er  das  fleisch 
zerlegt,    man  denke  an  das  Homerische  ItipaEav  Kttl  föeipav. 

setzen,  versiehe  ich  uicbt:  bohrte  denn  HermeB  etwa  sussclilieBKtich  das 
riickenmnrk  heraus  und  liesE  das  fleisch  In  derschHie?  an  keiner  der 
beiden  stellen  rtes  hjmnos  kann  alUiv  das  riictenmark  baddutea  —  an 
der  zweiten  deswegen  nicht,  weil  die  rinder  auf  dem  rücken  lageD. 

'  das  tachjgraphiBche  zeichen  für  ujv  ist  ein  nach  nnCcn,  das  fSr 
oc  ein  nach  oben  geöffneter  halbkreis:  es  liegt  auf  der  baod,  wie  leioht 
beide  mit  einander  verwechBclt  werden  hünnen. 


736         ALudwich:  zum  HomerificheD  Hermeshymnos  [v.  284]« 

ApoUon,  der  die  ihm  gestohlenen  rinder  sucht,  kommt  schliesx- 
lioh  zur  Hermesgrotte : 

KuXXrjvTic  b'  dcpiKOvev  dpoc  Karaeiiüievov  uXq, 
TT^Tpiic  eic  KeuÖfiuiva  ßaOucKiov,  ^v6a  t€  vu^qnl 
230  d|ißpociii  dXöx€uc€  Aiöc  iraiba  Kpoviuivoc. 

öb)Lif|  h'  l|i€pÖ€Cca  bi'  oCpeoc  i^TCtO^oio 
KitvaTo,  iToXXä  bk  ^f\\a  Tavotuiroba  ßöoccTO  iroiiiv. 
?v9a  TÖre  cireubujv  KaießricaTO  Xdivov  oäböv 
ävTpov  de  i^epöev  ^Ka-nißöXoc  auTÖc  "AttöXXujv. 
die  beiden  letzten  verse  dieser  stelle  wurden  zwar  schon  yon  Matthift 
in  seinen  im  j.  1800  erschienenen  'animadTersiones  in  hyninos 
Homericos'  (s.  259)  als  ^frigidi  et  ieiuni'  bezeichnet,  'quibus  eiectis 
nihil  ad  sententiam  desideres';  aber  von  den  spätem  deutschen 
herausgeben!  ist  ihm  doch  nur  Wolf  (1807)  teilweise  beigetreten, 
der  allein  den  letzten  vers  einklammerte,  kürzlich  hat  nun  die  so 
eingeschränkte  athetese  Matthias  einen  neuen  fürsprecher  gefunden, 
nemlich  an  BPeppmüUer,  der  jahrb.  1887  s.  201  meine  ebd.  s.  12 
ausgesprochene  Vermutung,  dasz  in  aÖTÖc  'AttöXXuiv  vielleicht 
aivöv  direiXuJV  stecke,  bekämpft,  was  er  an  dem  verse  auszu- 
setzen hat,  ist  nicht  blosz  der  allgemein  als  verdorben  betrachtete 
schlusz  desselben ,  welcher  Hermann  zu  der  äuszerung  veranlaszte: 
«auTÖc  non  videtur  a  poeta  scriptum  esse,  quamquam  qnis  propter 
vocabulum,  quod  corruptum  esse  potest,  duos  versus  damnet,  qui  eo 
inloco  tantum  abest  ut  vacui  sint,  ut  vix  abesse  queant?t 
nach  Peppmüllers  meinung  eist  jede  conjectur  in  dem  'nachklappen* 
den'  verse  —  denn  nicht  nur  'AttöXXu)v  ist  müszig  —  überflttssig. 
dasz  ApoUon  vor  der  höhle  steht,  erfahren  wir  schon  v.  239:  jetzt 
schreitet  er  nun  zur  steinernen  schwelle  und  —  überschreitet  sie 
doch  wohl  auch:  dvTpov  tc  i^epöev,  das  sich  obendrein  nicht  einmal 
der  construction  ordentlich  fügt,  konnte  nur  ein  pedant  vermissen, 
und  ein  solcher  interpolierte  den  fraglichen  vers.»  dieser  pedant  soll 
dazu  das  zweite  hemistichium  aus  dem  Aphrodite-hymnos  151  oOb' 
el  K6V  ^KTißöXoc  auTÖc  'AiTÖXXuiv  und  das  erste  aus  dem  Hermes- 
hymnos selber  359  dvrpifi  €v  i^epöevTi  xard  2l6q)OV  benutzt  haben. 
Die  Ungereimtheit  bleibt  dieselbe,  auch  wenn  wir  sie  auf  die 
schultern  eines  interpolierenden  pedanten  abwälzen :  und  je  gelehrter 
wir  ihn  uns  vorstellen,  desto  mehr,  dünkt  mich,  berauben  wir  ans 
des  rechtes  ihm  absolute  unempfindlichkeit  gegen  eine  absurditlt, 
die  uns  allen  von  selbst  einleuchtet,  anzudichten,  die  vorhandene 
absurdität  würde  also  durch  die  Streichung  des  verses  nicht  gehoben, 
sondern  nur  verschoben  werden,  ferner  musz  ich  Peppmüllers  be- 
hauptung,  dasz  dvTpov  ic  i^epoev  sich  nicht  ordentlich  der  construc- 
tion füge,  fUr  ungerechtfertigt  halten,  wenn  es  zweifellos  erlaubt 
war  ebensowohl  &c  cpttju^vii  Kax^ßaiv*  urrepwia  ciTaXöcvra  (c  206) 
und  EecTÖv  ^cpöXKaiov  Kaxaßdc  Ve  350)  zu  sagen  wie  auTf|  V  ic 
GdXaMov  KaT€ßr|C€TO  KTiiJüevia  (Z  288)  und  auidp  öx*  clc  fimov 
Kaxeßaivo|ix€V  (X  523),  so  kann  nimmermehr  zugegeben  werden,  dasz 


ALudwich:  zum  HomeTiaatien  fiermeehjmnos  [v.  S34]. 

die  einfache  verbindnng  beider  constructionen  zu  KOTeßiicoiTO  XdlVOV 
oObov  äVTpov  ic  ■f\ip6ev  irgend  Jemals  soHte  coostructiona widrig  ge- 
wesen sein,  es  wird  demnach  wohl  auch  fernerhin  dabei  sein  bewenden 
haben,  dasz  anszer  den  l£ngst  beanstandeten  schinazworten  aÜTÖC 
'AiTÖXAuJV  gar  nichts  in  dem  verso  steht,  was  nicht  echt  und  ur- 
BprUnglich  sein  kßnnte. 

Ich  gehe  indessen  noch  weiter,  ich  behaupte  mit  Hermann, 
dessen  warte  ich  eben  deshalb  vorhin  citierte,  dasz  der  verB  nicht 
nur  nicht  UberSüssig,  sondern  Im  gegenteil  kaum  zu  entbehren  ist. 
nachdem  durch  die  Schilderung  öb^f]  h'  i^EpÖ£CCa  &l'  oöpeoc  f\fa- 
Qioio  Ki&vOTo,  iroXXä  6fe  ji^Xo  ravauiroba  ßdcKtio  noi»iv  die  phan- 
tasie  des  hörers  von  der  person  des  handelnden  gottes  auf  die 
änszere  Umgebung  der  hShle  (den  berg  mit  der  duftenden, 
Üppigen  Viehtrift)  abgelenkt  worden  ist,  wäre  es  zum  mindesten  eine 
bemerkenswerte  Ungeschicklichkeit  des  erzftblers  gewesen,  wenn  er 
danach  mit  dem  kahlen  Iv6a  ti5t€  cilEÜbiuv  KQTEßricaTO  XäiVOV 
oüböv  (ohne  nennung  des  veränderten  subjects  und  b^ch  au  plattes)  ■ 
eich  hätte  begnügen  wollen:  nach  Jener  abschweifung  er- 
scheinen diese  worte  filr  den  hörer  zu  wenig  und  zu  unbestimmt, 
während  ihm,  sowie  er  noch  da^u  övipov  ic  ^epöev  f KöTtjßöXoc  ver- 
nimt,  der  handelnde  und  die  firtlichkeit  sofort  klar  und  deutlich  vor 
die  seele  treten,  nicht  pedanterie  ist  es,  sondern  alll)ekannter,  tausend- 
fHltig  in  gleicher  art  üicb  kundgebender  epischer  stil,  der  den  ver- 
bleib jener  incriminierten  worte  verlangt. 

Das  ist  der  6ine  sichere  pnnkt,  den  ich  von  anbeginn  und  auch 
bei  oftmals  erneuerter  prUfnng  der  bezüglichen  stelle  stets  unver- 
rückbar feststehend  fand,  über  einen  andern  habe  ich  mir  erst  all- 
mählich gewisheit  verschafft :  dieselbe  prSposition  (^c)  nemlich, 
welche  hier  (v.  234)  'in  .  .  hinein'  bedeutet,  kann  unmöglich  fünf 
verse  vorher  'an  .  .  heran'  bedeuten',  zumal  da  es  sich  in  beiden 
fSJlen  um  die  neruliehe  localität  handelt  and  der  bedeutungsunter- 
schied  durch  nichts  markiert  ist.  beidemal  ic  mit  'in  .  .  hinein'  zu 
übersetzen'  geht  auch  nicht  an:  denn  erstens  würde  so  das  hinein- 
gehen in  die  höhle  doppelt  erzählt  und  zweitens  die  äuszere  Um- 
gebung der  höhle  erst  nach  dem  eintritt  des  gottes  in  dieselbe 
(nach  dem  verlassen  jener  äuszern  Umgebung)  geschildert  wer- 
den und  dadurch  ein  unerträgliches  npudüCTcpov  entstehen,  der 
zweite  gruud  lehrt  zugleich,  dasz  die  verderbung,  die  hier  augen- 
scheinlich vorliegt,  an  der  erstem  der  beiden  stellen  gesucht  werden 
muszj  wo  vermutlich  npöc  für  tic  wiederherzustellen  ist.  gewis  aber 
darf  die  hier  vorliegende  Schwierigkeit  nicht  etwa  dazu  gemisbraucht 
werden,  den  verdacht  gegen  v.  23i  noch  mehr  zu  schüren,  wozu  sie 
nur  dann  nicht  gänzlich  ungeeignet  sein  würde,  nenn  das  fehlerhafte 
Eic  in  diesem  und  nicht  in  dem  frühem,  sonst  unverdächtigen  verse 
stände. 


Doli  zdst.  ist  d&vor  nicht  zoriicb geschreckt. 


738         ALudwich:  zum  Homerischen  Hermeshjmnos  [v.  234]. 

Ein  dritter  punkt  endlich  hat  mich  teils  von  meiner  eignen 
frühem  conjectur  aivöv  direiXtüV  abwendig  gemacht,  teils  allmtthlieh 
auf  einen  andern  ausweg  geführt,  so  dasz  er  mir  der  mitteilong  eben* 
falls  nicht  unwert  erscheint,  als  Apollon  in  aller  frühe  zur  wohnung 
des  Hermes  kommt,  findet  er  selbstverständlich  die  thür  wie  in  jedem 
ordentlichen  hause  verschlossen,  woher  ich  das  annehme?  nun,  6in- 
mal  weil  es,  dächte  ich,  das  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  alier- 
natürlichste  ist,  und  sodann  weil  Hermes  selber  von  seiner  nächt- 
lichen streiferei  heimkommend  keinen  andern  weg  in  seine  behaosong 
offen  sieht  als  den  durchs  Schlüsselloch,  den  denn  auch  wirklicli 
das  durchtriebene  götterkind  sich  duckend  ohne  weitere  beschwer 
passiert,  und  der  dichter,  der  uns  dies  mit  so  köstlichem  humor  ge- 
schildert  hat  (v.  145  ff.),  sollte  vergessen  oder  für  Überflüssig  ge- 
halten haben  uns  zu  verraten ,  wie  denn  nun  bald  darauf  der  grosz- 
m ächtige  Apollon  sich  den  eintritt  in  diese  behausung  erzwang?  mit 
keinem  werte  sollte  er  dieses  umstandes  erwähnung  gethan  haben? 
das  ist  nicht  denkbar,  weil  er  eben  durch  jene  drastische  Schilderung 
die  aufmerksamkeit  des  lesers  auf  das  hindemis  lenkte,  welches  un- 
berechtigten eindringlingen  wehrte,  und  weil  er  damit  sich  zugleich 
der  freiheit  beraubte,  über  die  art,  wie  Apollon  dieses  hindemis 
überwand,  mit  stillschweigen  hinwegzugehen,  vielmehr  werden  wir 
annehmen  müssen ,  dasz  das  vermiszte  irgendwie  in  dem  unerträg- 
lichen auTÖc  'AttöXXujv  steckt,  etwa  so: 

KttTcßricaTO  Xdivov  ouböv 
ävipov  de  i^epöev  dKaxiißöXoc,  auTÖc  dveiXuiv, 
dh.  er  stieg  die  schwelle  hinab  in  die  höhle  hinein,  selber  sie  auf- 
sperrend, nemlich  gewaltsam  und  ohne  dazu  durch  das  übliche 
klopfen  an  die  thür  die  dienste  eines  inwohners  in  anspruch  za 
nehmen,  an  auTÖc  ist  dann  nichts  mehr  zu  tadeln,  wie  leicht  unter 
der  einwirkung  des  eben  vorangegangenen  dKanißöXoc  das  part. 
dveiXuJV  (dveiXXuiv)  in  das  nomen  'AttöXXuiv  corrumpiert  werden 
konnte,  bedarf  keiner  nähern  auseinandersetzung.  wohl  aber  dürfte 
es  nicht  unangebracht  sein,  über  das  von  mir  hergestellte  verbnm 
einige  werte  zu  sagen,  da  dasselbe  in  form  und  bedeutung  starkem 
Wechsel  unterliegt. 

Was  zunächst  die  form  anlangt,  so  treffen  wir  neben  cIXui 
noch  etXXu),  dXXu)  und  tXXu)  an,  alle  aufs  beste  bezeugt,  und  femer 
die  nahe  verwandten  eiX^u),  eiXuu)  und  dXuuj.'  die  vier  mit  ^inem  X 
geschriebenen  formen  des  verbums  kommen  bei  Homer  vor  (vgl.  be- 

'  von  andern,  zb.  den  bei  den  Icxikof^raphen  genannten  d€iXXciV| 
dcXXci,  aloXXci,  6X€l,  irpooXcl  usw.,  schweige  ich  ubsichtlich,  da  es  mir 
hier  durchaus  nicht  darauf  ankommt  allen  ausläufern  dieses  weitver- 
zweigten wortstammes  nachzugehen,  seit  Kuhnken  und  Hemsterbiiis 
(zu  Timaei  soph.  lex.  voc.  Piaton.  s.  34  f.  69  ff.  94  f.]  ist  derselbe 
wiederholt  zum  gegfcnstande  einfrehcnder  behandlunf?  gemacht  worden. 
es  (Tonügt  auf  Ituttmnnn  lexil.  II  s.  73  ff.  und  141  ff.  Lobeck  rhemat. 
8.  111  ff.  117  f.  124.  209.  225.  245.  249  f.  264.  za  Phrjn.  s.  29  f.  Döderlein 
llom.  gloss.  §  442  ff.  hinzuweisen. 


ALudwich:  zum  Homerischen  Hermeshymnos  [t.  284].         739 

sonders  eiXöjiievoc,  dann  fXcai,  ieXp^voc,  i&kr\  usw.),  die  andern 
nicht,  da  die  Homerische  überlief erang^  so  conseqoent  die  Schrei- 
bung mit  doppeltem  X  ablehnt,  so  mosz  angenommen  werden,  dass 
dies  auf  einer  eigentümlichkeit  des  ftltern  episch-ionischen 
dialekts  beruht;  und  dies  ist  der  grund,  warum  ich  äv€(Xu)V  vorge- 
zogen, habe  trotz  des  doppelten  .X  in  dem  überlieferten  'AiröXXuiv. 
auf  die  Homerische  Orthographie  des  yerboms  ist  um  so  gröszeres 
gewicht  zu  legen,  als  einige  nomina,  die  ohne  zweifei  mit  jenem 
verbum  zusammenhängen^  auch  bei  Homer  zwei  X  aufweisen:  ich 
nenne  doXXfjc  und  die  singulfiren  deXXifjc  (f  13),  iXXdc  *strick' 
(N  572)  und  ^XXebavöc  'strohseil'  (C  553).  als  ttolisch  wird  uns 
ausdrücklich  £XXuj  bezeichnet:  Choiroboskos  orthogr.  (Cramer  an« 
Ox.  II)  175,  32  dTreiXuj  xal  dneiXTi'  bid  rfic  ex  biqÄÖTTOu-  ol  fäp 
AioXeic  bid  toO  e  ^K9^pouciv  aÖTd,  oTov  dir^XXui  dTreXXifj  (dirdXXa 
corr.  Ahrens).  Etym.  M.  120,  öl  diT€tXifi'  f|  ^exa  öptflc  imnXTi&c* 
napd  TÖ  dTieiXXeiv,  6  icrtv  direiptciv,  AioXiKi£)C  dir^XXeiv.  und 
dasz  dieses  äolische  verbum  nicht  etwa  blosz  eine  erfindung  der 
grammatiker  ist,  wie  der  Thesaurus  gr.  L  unter  £XXu)  behauptet, 
wird  einerseits  durch  analoge  erscheinungen  im  ftolischen  (Ahrens 
dial.  1 8.  57  ff.  Meister  dial.  I  s.  143  ff.),  anderseits  durch  die  glossen 
des  Hesychios  bewiesen:  dir^XXetv*  direipTCiv.  £XXeiv  [dXXefv 
cod.]'  iXXeiv,  KttT^xciv.  (dXXdcai*'  cuTKXeicai^  KuiXOcau)  die 
attische  Schreibung  war  etXXuj ;  das  ergibt  sich  teils  aus  Simplikios 
commentar^  zu  dem  Aristotelischen  buche  vom  himmel  11  13  TÖ  bi 
«iXXojLi^vTiv»  d  bid  ToO  i  Tpd96Tat ,  Tfjv  npocbebejüi^viiv  cii|Lia(v€u 
Ktti  oÖTiü  Ktti  'AttoXXiüvioc  6  TroiTiTf|c  [I  129]  «becjLioTc  IXXöjiievov», 
TouiecTiv  ^vbebejLi^vov ,  jutcTdXujv  vuDtujv  iHijJcev  [jiCTdXujv  dTre- 
GriKaio  viüTUJV  Apollonios],Kai  *'OjLiTipoc  «iXXdciv»;  TOvrecTi  becjiiotc, 
ou  ßia  becjLioOvTec  äTOuciv_[oÖK  ^G^Xovxa  ßiij  brjcavxec  dTOuciv 
Homer],  ei  bk  bid  Tfjc  €1  bi996TT0u  Tpd9€Tai,  Ktti  oÖTUi 
Tf]v  KcuXuojLievTiv  CTijLiaivei,  ibc  AlcxuXoc  iy  Baccdpatc,  welches 
letztere  durch  Hesychios  €tXXö|ui€VOV'  elpTÖjLievoV  AlcxüXocBac- 
cdpaic  beglaubigt  wird,  teils  aus  Erotianos  s.  132, 1  (Klein)  9U)val 
KaTeiXXoucar  dvii  toO  KaxexöjLievai '  eYXXeiv  fäp  xö  cuv^x^w 
Kai  cuykX€1€IV  oi  'Attikoi  X^touciv  usw.,  teils  aus  Suidas:  eYXXetv* 
eipT€iv,  KUjXueiv.  TiaXaid  f]  Xßic.  *Apicxo9dvTic  N€9^Xaic  [761] 
«fAri  vOv  Tiepi  cauxöv  elXXe  xf|v  fydjixr\v  dei»  dvxi  xoö  dTTÖKX6i€| 
€(peXKe.  fv0€v  Kai  xö  «IXXdciv»  [Hom.  N  672]  xal  ^v  cuv8&€i 
€V€iXXeiv  TTapd  6ouKubibr)  [II  76],  teils  aus  einzelnen  bemerkungen 

*  des^rleichen  die  des  Herodotos,  dem  dirciXdu)  geläufig  ist. 
^  «pro  IXcai»,  meint  der  Thesaurus  gr.  1.  unter  ^XXdu).  ein  part.  aor. 
i'Xac  iXaca  wird  angenommen  bei  Hesjcbios  cuveiXoc*  cuveiXncac  und 
Eurip.  fr.  544  Nauck,  wo  die  hsB.  zwischen  öirf|XXaca,  öirlXXaca, 
Ott€(XX€i  usw.  schwanken,  diese  annähme  stimmt  aber  nicht  zu  der 
medialen  form  TTCpieiXdjüievoc  *  ir€pi€iXr)cdiyi€voc  bei  Photios  und  Suidas. 
Lobeck  hat  weder  cuveiXac  noch  ircpiciXdfievoc  anzutasten  gewagt  (zu 
Phryn.  s.  30  und  zu  Buttmanns  ausf.  gr.  sprach!.  II  s.  163),  anders  Gebet 
var.  Icct.  s.  361.         ^  ich  entnehme  die  stelle  aas  Buttmanns  lexil.  II 152. 


740         ALndwich :  znm  Homerischen  Henneshymnos  [v.  234]. 

der  Attikisten',  welcbe  mit  entschiedenheit  äveiXXetv  und  dS€{XXeiv 
fordern  für  ävciXeiv  und  dHeiXciv :  Lobecks  Phrynichos  s.  29  cdvci- 

Xeiv  ßißXiov»  bi'  dvoc  X  xäKicTov,  äXXd  bta  rdiv  buo  dveiXXetv. 
Bekkers  Phrynichos  anecd.  I  19,  14  «dviXXeiv  [lies  dveiXXeiv] 

ßißXiov».    ol  jLifev  dXXoi  TrepiCTToici  Tf|v  XÖiv  xal  bi^dvöc  X  tp4- 

(pouciv,  o\  bk  'Attikoi  TrapoHüvouci  xai  bid  buotv  XX  tpdq)ouav. 
ouTiu  Kai  Tö  äiXXeiv  [1.  ^EeiXXeiv].  Moiris  a.  196,4  Bk.  ^iXXeiv 
[lies  dgeiXXeiv]  'Attikoi,  Öeipxeiv  "GXXiivec,  iKßdXXetv  KOtvöv. 
damit  stimmt  auch  noch  manches  andere  zeugnis  vollkommen  überein, 
zb. die  glosse  des Suidas  dveiXXecOat*  cucTpeqpecOat  xai dXXifjXouc 
TOic  böpact  TÜ1TT61V.  Kai  dveiXXerat*  dvetXeirai  (dieäelbe  bei 
Bekker  an.  1 395, 29  «^  Bachmann  an.  1 88,  21,  nur  mit  dem  fehler 
dveiXecOai  st.  dveiXXecOai).  die  form  TXXuj  endlich  läszt  sich ,  so 
viel  ich  sehe,  keinem  bestimmten  dialekte  zuweisen.  Simplikioa  be- 
reits bringt  sie  mit  dem  Homerischen  iXXdciv  zusammen,  belegt  aie 
aber  nur  mit  einer  stelle  des  alexandrinischen  dichters  ApollonioB, 
während  er  für  elXXui  Aischylos  als  gewährsmann  heranzieht*;  ander- 
weitig wird  bezeugt,  dasz  Thukydides  und  Aristophanes  ebenfolle 
efXXuj  schrieben,  hiemach  kann  ich  nicht  glauben,  dasx  Cobet,  der 
zu  wiederholten  malen'  fUr  TXXu;  eine  lanze  brach,  in  den  'rariae 
lectiones'  s.  87  den  Sachverhalt  richtig  dargestellt  hat:  ^pro  IXXeiv 
Attioi  minus  veteres  eiXciv  coeperunt  dicere:  hinc  IXXui,  eTXXui 
et  eiXu)  perpetuo  de  loco  pugnant  in  simplici  et  compositis.  ea  lis 
non  difficulter  ita  componi  potest,  ut  TXXu)  cum  compositis  addicator 
antiquioribus,  sequiores  eiXoi  et  composita  sibi  habeant,  deni- 
que  vitiosae  merces  etXXui,  eiXuj,  TXui,  IXui,  fXXui  abiieiantur.'  eher 
haben  wir  ein  recht  mit  Lobeck  (Phryn.  s.  30)  zu  behaupten ,  dasa 
bei  den  Attikem  die  Orthographie  eiXXu;  älter  war  als  IXXui.  freilich 
liest  man  jetzt  bei  Lysias  gegen  Theomnestos  §  17  cficTic  bi 
dTTiXXei  T^  Güpqi  fvbov  toö  kX^tttou  ßvToa.  xö  «diriXXeiv» 
toOto  dTTOKXeieiv  vOMtZcTai,  Kai  oiib^v  btd  toöto  btaq)äp€i,  und  bei 
Harpokration  s.  25,  21  Bk.  dTTiXXeiV  Auctac  Iv  t^  xard  6€0- 
jüivricTOu,  ei  Tvricioc,  «dTTOKXeietv  vo^i2l€Tai»,  aber  die  beste  Lysias- 
hs. ,  so  wird  versichert,  hat  dTreiXXeiv,  und  ein  anderes  attisches 
gesetz  bei  Demosthenes  gegen  Pantainetos  §  35  £dv  TlcdSeiXXg 
Tivd  Tfic  dpTaciac,  unöbiKOv  Troiei*  ifüj  b*  oüx  öttujc  gutöc 
^SeiXXu),  dXX'  Jiv  dXXoc  dnecTepet  usw.  der  mehr  und  mehr  um 
sich  greifende  itacismus  hat  die  Schreibung  TXXui  sehr  begOnstigt; 
für  die  Vertreter  aus  der  blütezeit  der  attischen  litteratur  bat  sie 
schwerlich  irgend  welche  berechtigung,  auch  nicht  für  Sophokles,  bei 


7  ohne  zweifol  spricht  das  verdorbene  frapnient  des  Attikisten  Paa- 
sanins,  welches  Ktistathios  zu  N  672  citiert,  clXdciv*  CTpcßXoOv.  mtilciv, 
gleichfalls  für  clXXctv,   wie  LDindorf   im   Thesaurus  u.  eU^ui  erkannte. 

"  aaf  den  von  ihm  statuierten  bedentunfssunterschied  ist  allerdin^ 
wohl  nichts  zu  geben:  s.  Lobock  rhem.  s.  117  anm.  15.  *  er  eitiert 
die  stellen  in  den  ^miscellanea    critica*  s.  272. 


ALudwich :  zum  HomeriBchen  HenneshymnOB  [v.  239].         741 

dem  Ant.  340  €iX\o|ui^vujv  dpÖTpuüV  und  509  col  b'  uireiXXouciv 
CTOjLia  herzustellen  sein  wird. 

Die  nahe  liegende  Vermutung,  dasz  die  Verschiedenheit  der 
Orthographie  in  innerlichem  Zusammenhang  stehe  mit  der  Ver- 
schiedenheit der  bedeutung;  bestätigt  sich  in  diesem  falle  nicht, 
was  bereits  Hemsterhuis  (in  Buhnkens  Tim.  s.  71)  mit  recht  ver- 
sicherte, ja  ich  musz  gestehen^  dasz  mir  sogar  die  von  GCurtius  (gr. 
etym.^  s.  358  und  550)  vorgenommene  Zweiteilung  der  wz.  FeX  jeder 
festen  grundlage  zu  entbehren  scheint,  er  meint  ^  die  eine  bedeute 
^drängen',  während  in  der  andern  ^eine  krummlinige  bewegung 
mit  den  drei  modificationen  winden,  wälzen,  mahlen'  hervor- 
trete, aber  auch  diese  krummlinige  bewegung  kommt  doch  schliesz- 
lieh  durch  drängen  zu  stände,  wenn  ich  eine  kugel  dränge,  so  kann 
ich  bewirken  dasz  sie  gleichzeitig  zwei  bewegungen  ausführt,  eine 
geradlinige  in  der  ebene  und  eine  krummlinige  um  ihre  eigne  achse; 
und  ähnlich  ist  in  andern  föllen  die  Wirkung  auf  den  gedrängten 
gegenständ  eine  doppelte,  ob  es  von  Orion  heiszt  Of^pac  öjuioO 
eiXeOvia  kqt*  dc9ob€Xöv  XeijutOüva  X  573  oder  von  dem  fuhrwerk 
des  unglücklichen  £umelos  !ttit€10V  bi  o\  fj£€  Oed  2^uTÖv  *  ai  bi  o\ 
iTTTTOi  d|Li9ic  öboö  bpajui€TTiv,  ^ujLiöc  b'  itA  Tctiav  ^XucGt]  V  393, 
macht  für  den  grundbegriff,  der  in  eiXeGvja  und  ^XucGq  steckt, 
keinen  unterschied,  obwohl  die  herabhängende  deichsei  in  zwiefacher 
weise  vorwärts  gedrängt  wird,  gegen  den  boden  und  über  den  boden 
hin.  '^  zugleich  beweist  das  letztere  beispiel;  dasz  bei  dem  in  rede 
stehenden  verbalbegriff  die  krummlinigkeit  überhaupt  etwas  indif- 
ferentes ist :  auch  zwei  geradlinige  bewegungen  können  durch  drängen 
gleichzeitig  hervorgerufen  werden,  ab-,  auf-  und  zudrängen,  ein- 
und  ausdrängen,  zusammen-  und  auseinanderdrängen  und  andere 
composita  geben  für  die  erklärung  sämtlicher  bedeutungsnüancen, 
welche  in  eiXuj  und  seiner  sippe  stecken,  eine  ebenso  bequeme  wie 
vollkommen  natürliche  brücke  ab.  ^aufdrängen'  dh.  'durch  drängen 
öffnen'  heiszt  dveiXeiV,  gerade  so  wie  'aufrollen'  dveXicceiv,  'auf- 
wickeln' dva7TT\jcc€iv ,  'aufreiszen'  dvappriYVÜvai  usw.;  wir  trafen 
das  compositum  vorhin  bei  den  Attikisten  in  der  Verbindung  dveiX- 
Xeiv  ßißXiov  an  (in  demselben  sinne  sagt  Herodotos  I  125,  1  dva- 
TTTuHac  t6  ßißXiov  und  Xenophon  apomn.  I  6,  14  dveXiTTUJv). 

Den  letzten  punkt  noch  besonders  zu  erwähnen  würde  kaum 
nötig  gewesen  sein,  hätte  nicht  ErnstLohsee  in  seiner  verdienstlichen 
dissertation  'de  hymno  in  Mercurium  Homerico'  (Berlin  1872)  s.  27 
die  schwierige  und  wohl  sicher  verdorbene  stelle  des  hymnos 
23*)  u)c  '€pjLif]c  ^KdepTOV  ibujv  d  X  ^  e  i  v  e  v  dauiöv 

durch  die  später  mehrfach  gebilligte  conjectur  dv^eiXev  zu  heilen  ge- 
glaubt, ich  kann  nicht  zugeben,  dasz  die  conjectur,  wie  GemoU  be- 
hauptet, 'jedenfalls  dem  geforderten  sinne  vollständig  entspreche': 
denn  die  vorangehenden  verse  CTrdpTCiv*  fcu;  KttT^buve  GurjevT*, 

'^   gewis    unrichtig    Döderlein    Hom.    gloss.    §   458:    ^die   deichsei 
krümmte  oder  bog  sich  bei  ihrem  aiifstoszen  auf  die  erde.' 


742  FBlass:  Solon  und  Mimnermos. 

i^UT€  TroXXf|V  TTp^MVUüV  dv0paKiT]V  oöXt]  CTToböc  d|Li9tKaXuirT€t,  be- 
sonders das  in  ihnen  enthaltene  gleichnis,  erfordern  meines  erachtens 
unbedingt  ein  verbum,  welches  wenigstens  einigermaszen  jenem 
dM9iKaXuTTT€t  gleichkommt,  das  kann  aber  von  dv^eiXe  nicht  be- 
hauptet werden ,  welches  entweder  die  oben  angegebene  bedeutong 
('er  öfiPnete')  hat  oder  diese:  ^er  drängte  zurück',  'er  drängte  zu- 
sammen', dasz  die  erstere  hier  unstatthaft  ist,  versteht  sich  von 
selbst ;  die  zweite  aber  ist  es  nicht  minder,  weil  von  dem  zusammen- 
drängen gleich  darauf  ausdrücklich  gesprochen  wird  (dv  b*  ÖXitip 
cuv^Xacce  xdpT]  x^ipdc  t6  iröbac  re),  durch  Lohsees  conjectur 
also  eine  unerträgliche  tautologie  hineinkäme,  dieselbe  l&szt  sich 
jedoch  leicht  dadurch  vermeiden,  dasz  man  ^v^eiXev  schreibt. 
Königsberg.  Abthur  Lüdwich. 

97. 

SOLON  UND  MIMNERMOS. 


Bekannt  sind  die  verse  Solons  an  Mimnermos,  in  denen  sich 
der  dichter  achtzig,  nicht  sechzig  lebensjahre  wünscht,  hinter  diesem 
fragment  (20)  folgt  bei  Bergk  als  21  das  ebenfalls  sehr  bekannte: 
jLirib^  jLioi  äKX«ucToc  OdvaTOC  jiiöXoi,  dXXd  (pCXoictv 
TTOiricaijLii  Gavujv  äXfea  Kai  cTOvaxdc. 
mit  gutem  gründe  folgt  es :  denn  Plutarch,  der  es  citiert  (comp.  Sol. 
et  Popl.  c.  1),  leitet  es  ein:   ^Tt  Toivuv  &  ToTc  irepl  M(jüiV€p^ov 
dvTeiTTU)v  Tiepl  xpövou  liJjr\c  dTTi7T€9U)viiK6V'  iLirib^  fioiusw.  warum 
vereinigt  man  aber  die  verse  nicht,  wozu  doch  Plutarchs  worte 
geradezu  auffordern?   vielleicht  weil  man  nicht  erkannte,  dasz  auch 
mit  diesen  versen  dem  Mimnermos  widersprochen  wird?    citiert 
wird  zwar  aus  letzterm  nichts  derartiges;  aber  wir  finden  unter  den 
Theognidea  v.  1069  f.  folgendes  distichon: 

d9P0V€c  dvGpwTTOi  Kai  viiTnoi,  o\t€  Gavöviac 
KXaiouc',  oub'  f^ßric  fiv0oc  dTToXXujüievov. 
Bergk  bemerkt:  ^Mimnermi  videntur',  und  Schneide w in  citiert  die 
verse,  mit  beziehung  auf  Bergks  Vermutung,  als  gegenstück  zu  Solons 
distichon  jiiiib^  jnoi  usw.   dann  aber  ist  es  doch  wunderbar,  dasz  nie- 
mand weiter  gegangen  ist.    so  glatt  wie  möglich  schlieszt  sich 
d9p0V€C  .  .  dTToXXu]Li€VOV  die  fortsetzung  Mimn.  fr.  6 : 

ai  tdp  diep  voucujv  t€  Kai  dpyaX^ujv  fieXebujvdrv 
dHiiKOVTa€Tr]  jLioTpa  Kixot  OavdTOU. 
und  hierauf  antwortete  Solon : 

dXX*  €1  jLioi  Kai  vOv  fii  Tieiccai,  ßeXe  toOto, 

\ir\bk  jLi^TOiip'  ö'fi  ceO  Xiiiov  d7T€9pacd|Liiiv, 

Kai  |Li€TaTrolTicov ,  AiTuacidbi],  dbbe  b*  deibc 

ÖTbu^KcvTa^TT]  ^oTpa  kixoi  OavdTOu. 
jLiilb^  ixox  dKXaucTOc  OdvaTOC  jiiöXot ,  dXXa  q>{Xoiciv 
TTOirjcaijLit  Gavujv  dXfea  Kai  CTovaxdc. 
Kiel.  Fbubdeich  Blass. 


FWeck:  zu  Sophokles  Oidipua  Tj-ramiOB  [v.  1513j.  743 

(58.) 

ZU  SOPHOKLES  OIDIPUS  TYRANNOS. 

ccpi^v  b',  üj  TEKv",  €1  }ikv  eixeTT]v  f[bT\  (pp^vac, 
1612  iröXX'  äv  Trapr|vouv'  vOv  be  toOt'  eöxecee  jjoi 
oü  KQipöc  Äei,  ToCi  ßiou  bfe  Xujovoc 
ufiäc  KUpficai  Toü  (puxeiJcavTOC  narpöc. 
ein  gewaltiger  stein  des  anstoszes  ist  in  v.  1512  die  lesart  eöxecB^ 
^01.  um  Ton  der  Schwierigkeit  der  stelle  einen  begriff  zu  geben,  wird 
es  genttgen  einige  erkldrungEverBUchezusarnntenzustellen.  GHerniann 
bemerkt  dazu  in  seiner  letzten  (dritten)  ausgäbe  von  1833,  tleren 
text  ich  oben  vorangestellt  habe,  folgendes:  «aliquot  codd.  .  .  oü 
KaipÖC  dcl  lf[v  TOÜ  ßiou  b^  Xüjovoc.  unde  Elmsleius  .  .  edidit: 
vflv  hi  toöt'  eßxECÖ^  jioi,  oÖ  KOipöc  6ei,  toö  ßiou  bfe  Xiitovoc  üjiäc 
Kupricai  TOÜ  q>UTeücavTOC  natpöc,  quod  ita  interpretatur:  opiale  vt 
vüam  uUcunquc  contigerit  (ransigatis,  feliciores  autem  suis  quam 
pater.  at  ne  commemorem,  quam  impedita  sit  baec  oratio,  cur  tan- 
dem  Oedipus,  quss  puellas  modo  dixerat  nondum  ea  aetate  esse,  ut 
odmonitioaea  suas  intelligere  possent,  eas  optare  id  ipaum  iubeat, 
quod  captum  earum  eacedcre  videat,  et  non  potius  ipse,  quod  illae 
uequeant,  i'n  optet?  verissime,  nt  mihi  videtur,  scboliastes,  cuiua 
etiam  in  codd.  Lips.  baec  adnotatia  exstat:  t6  cOxecOe  nadtlTlKtiiC 
KCiTat,  fJToi  eüxfjc  TU-fX^veie  \m' ifXoO.'  —  WDindorf  im  lesicon 
Sopboclemu  nimt  unter  eöxof^cil,  vota  facio  folgende  Stellung  zur 
Bache:  'ib.  (GR.)  1512  in  verbis  Oedipi  ad  filias  vüv  hi  toüt"  €vx€CÖi 
fioi,  oO  KQipöc  ät'i  2!f)v  scholiasta  eCx^^^e  inepte  nafill'^iKLÜC  dictum 
aocepit,  fjxoi  eüxfic  TirfxäveTe  ün'  ^^oO.  manifesta  loci  huiua  intor- 
polatio,  quam  removi  restituto  vOv  bfe  ToOt"  iiöxötu  MÖvov,  de  quo 
V.  annot.  Öson.'  —  Schneid ewin-Nauck  erklJtren  unter  aufnabma  der 
Dindorfschen  emendation  oG  Kaipöc  l  ^  lf\V,  xoü  ßiou  b4  usn. :  'Cid. 
sagt  (mit  bezug  auf  1451  ff.):  «so  aber  wünscht  mir,  dasz  ieh  lebe, 
wo  die  läge  der  dinge  es  gestattet,  ihr  aber  euer  leben  besser  trefft 
als  ich.»  die  lesart  eüxECÖ^  poi  ist  unrichtig;  man  erwartet  den  sinn 
*ich  wünsche  euch».'  dazu  im  anhang:  'sinngernttsz  wäre  vOv  bk 
Toör'  ^7Itüxo^al  oder  vüv  hi.  toOö'  Ev  eöxo(J°'i  beides  vorgeschlagen 
von  Blayde».'  —  FKern  endlich  liest  wie  Seh  neide  win-Nauck  und 
erklärt  dazu:  «^oi]  dativ  der  teilnähme:  denn  das  gebet  soll  für  die 
tdchter  sein,  so  dasz  für  tfiv  der  nom.  ü^EiC  gedacht  wird  ,  dann 
aber  die  construction  in  den  acc.  c,  inf.  Übergebt.» 

Aus  diöser  Zusammenstellung,  welche  im  wesentlichen  alles  ent- 
halten wird,  was  bisher  an  dentungen  und  Vermutungen  zu  der  stelle 
ausgedacht  worden,  geht  wenigstens  so  viel  mit  Sicherheit  hervor, 
dasz  irgend  etwas  hier  nicht  in  Ordnung  ist:  der  überlieferte  Wort- 
laut oder  seine  deutang  oder  beides  zusammen,  prüfen  wir  zanäcbat 
den  zusamm  eil  hang,  das  aus  Homer  sattsam  bekannte  viJV  bi  spricht 
wie  immer  Verzichtleistung,  entsagung  auf  grund  thatsäcbHcber  ver- 


744  FWeck:  zu  Sophokles  Oidipus  Tyrannos  [v.  1612]. 

bältnisse  aus.  unmittelbar  vorher  aber  bat  Oidipus  geäuszert:  'euch 
beiden,  meine  kinder,  würde  ich  manche  ermahnung  geben,  wenn  ihr 
schon  den  verstand  dazu  hättet.'  desgleichen  hat  er  den  Kreon  auf 
ihr  zartes  alter  aufmerksam  gemacht,  um  sie  als  ganz  hilflos  seinem 
alleinigen  schütze  zu  empfehlen,  aus  dem  allem  geht  hervor,  dasz 
erstens  mit  vCv  bi  ein  gegensatz  gebracht  wird  zu  dem  leider  nicht 
auszuführenden  TToXXd  Tiapatveiv,  und  zweitens  dasz  keine  (pp^vac 
verlangende  thätigkeit  von  den  beiden  töchtem  ausgesagt  werden 
darf,  das  letztere  geschieht  aber,  so  lange  man  €(;x€C6€  schreibt: 
denn  die  behauptung  des  scholiasten,  es  sei  hier  passivisch  zu  nehmen, 
ist  trotz  OHermann  unglaublich  und  nichts  weiter  als  ein  verlegenes 
anerkenntnis  dessen ,  was  der  worüaut  der  Überlieferung  vermissen 
läszt.  verwerflich  ist  und  bleibt  femer  das  bei  jeder  möglichen  er- 
klSrung  des  €Öx^^^  anzunehmende  umspringen  aus  dem  einfachen 
inf.  lf\y  in  den  acc.  c.  inf.  ujiiac  KUpf)cat.  der  versuch  von  Schneide- 
win-Nauck,  für  lf\y  das  subject  bei  jiiot  zu  suchen,  hat  die  nrheber 
nicht  befriedigen  können,  geschweige  denn  jemand  anders,  es  linft 
dem  ganzen  Zusammenhang  zuwider ,  dasz  Oidipus  hier  noch  einmal 
sich  selbst  in  betracht  ziehen  soll. 

Indem  ich  nun,  um  über  diese  stelle  ins  klare  za  kommen,  un* 
verdrossen  sann  und  grübelte ,  kam  mir  der  gedanke  es  einmal  mit 
dem  nemlichen  mittel  zu  versuchen,  das  mir  bei  der  auslegung 
Homers  schon  so  manchmal  aus  der  not  helfen  mnste,  mit  ver- 
änderter lautzuteilung.  und  in  der  that,  es  zeigte  auch  hier  seine 
heilkraft.  ich  lese  einfach  6ÖX€c6'£jüio(  statt  eöx^^^  M^^  cfix^cO* 
"=  eöxccOat  und  zu  ergänzen  ^CTi. 

Nach  Krüger  gr.  spr.  11^  12,4  anm.  1  findet  sich  mehr  bei  epi- 
kern  und  komikem  als  bei  tragikern  das  -ai  elidiert  in  den  endnngen 
*jLiai  -Tat  -cOai.  jedenfalls  aber  ist  diese  elision  den  tragikern  nicht 
abzusprechen,  ich  habe  daraufhin  die  tragödien  des  Sophokles  in 
der  ausgäbe  von  Bergk  einer  schleunigen  durchsieht  unterzogen 
und  auszer  dem  schon  von  Krüger  gestreiften  fall  Aias  196  noch 
einen  Trach.  216  entdeckt,  an  jener  stelle  lesen  wir  6pMaT*  st. 
öpjLiäTai,  an  dieser  deipo^'  st.  detpcjüiai.  ein  innerer  grund  steht 
solcher  elisiou  nicht  entgegen,  ich  darf  mithin  unbedenklich  ans 
unserer  stelle  eöx^^^'  *="  eöx^^^^i  &^  dritten  fall  anreihen,  die  an- 
genommene ellipse  ferner  ist  eine  der  allergewöhnlichsten.  es  kann 
also  nur  noch  die  construction  elvat  mit  dem  dativ  und  einem  In- 
finitiv als  subject  in  frage  kommen.  fUr  sie  sei  nur  6in  beleg  her* 
gesetzt,  Oid.  Kol.  7b9  f.  fcTiv  bk  Tiaicl  TOic  iiioxci  rf^c  i^nc  xOovöc 
XaxeTv  tocoütov,  ^vOaveiv  ^övov.  ich  würde  also  wiedergeben: 
'so  aber  bleibt  mir  nur  um  dies  zu  beten,  dasz  ihr  — *  und  weiter 
lesen  wie  oben  Elmslej,  aber  ou  als  genitiv  fassen,  sc.  ßtou  icupi)cai: 
'dasz  ihr  das  leben,  wie  es  immer  die  läge  der  dinge  gestattet,  er- 
langet,  aber  ein  besseres  als  — '. 

Metz.  FEaDiXAKD  Weck. 


J ASimon:  Xenophontische  stadien.  745 

98. 

XENOPHONTISCHE  STUDIEN. 


1.  AXPl  UND  M6XPI  BEI  XENOPHON. 
Die  Worte  Hell.  VI  4,  37  dxP^  oiS  &l>e  6  XÖTOC  £tP<S^<l>CTO  haben 
nicht  nur  das  6ine  merkwürdige ,  dasz  sie  seit  den  tagen  Niebuhra 
schon  oft  citiert  worden  sind ;  sie  enthalten  auch  das  einzige  fixP^ 
in  den  Hellenika.  sonst  kommt  in  dieser  sohrift  nur  die  form  M^XP^ 
vor,  und  zwar  ji^XP^  oG  in  derselben  bedeutung  (^bis  zu  der  zeit  wo') 
wie  an  unserer  stelle,  zb.  I  5,  1  dxet  lji€iV€  .  .  fi^XP^  o5  Kupoc  .  • 
ä9iK€T0.  I  5,  14  dvaujüidxT]cav  .  .  M^XP^  ^^  IcpuTOV  (Tgl.  11,3. 
6.  27;  2,  16;  3,  11 ;  3,  6;  II  3,  38;  4,  19;  IV  ö,  12;  V  4,  41;  zu 
11,6  s.  AOtto  Jahrb.  1887  s.  28).  äxP^  finden  wir  auch  sonst  bei 
Xenophon  nur  ganz  vereinzelt,  und  ,es  ist  höchst  fraglich,  ob 
es  überhaupt  wirklich  Xenophontisch  ist.  anab.  Y  5,  4 
steht  es  an  einer  allgemein  als  unecht  betrachteten  stelle  (vgl.  11  2,  6. 

VII  8,  26).  weiterhin  ist  uns  die  form  fixP^  überliefert  sjmp.  4, 37 
öjiuüc  bk  nepiecTi  jiioi  xal  dc6(ovTt  dxpi  toO  fifi  iT€ivf)v  ä(piK^c9ai 
Kai  TTivovTi  jLi^XPi  ToO  jLif)  biipffv  USW.  hier  ist  der  Wechsel  der  beiden 
wortformen  in  der  parallele  schon  für  unser  gefühl  störend,  und  wir 
Würden  ihn  nur  in  einem  krankhaften,  nach  V^ation  haschenden  stil 
suchen.  Xenophon  aber  treibt  gerade  den  parallelismus  der  formen 
so  weit,  dasz  er  an  manchen  stellen  nachgerade  einförmig  wird. 
das  beste  beispiel  ist  Kyrup.  Vm  6,  14  vgl.  V  3,  38  f.  II  4,  24. 

VIII  3,  12,  apomn.  I  2,  34.  eine  Wiederholung  von  fiexpt  in  der 
parallele  findet  sich  Hieron  6,  2  bifJTOV  b*  ^V  cujLiTrocioic  TroXXdiac 
f^ev  M^XPi  ToO  d7ri\a9^c0ai  Trdvxujv  .  .  TroXXdKic  bk  iiixpx  toO 
lübaTc  T€  Kai  GaXiaic  Kai  xopoTc  Tf|V  ipux^v  cuTKarajuiiYViivai,  ttoX- 

XäKlC  bk  jLl^XP*  KOlVflC  dTTlÖujLliaC  djLlflC  T€  Kttl  TÜÖV  TTapÖVTWV.   IT.  ItTIT, 

8,  12  biuüKUüCi  jLiev  ji^xpi  ^flc  .  .  9€utujci  bfe  juexpi  Tf)c  usw.   anab. 

I  7,  6  TTpÖC  jLliv  JLl€CTl|LXßpiaV  liiXQl  OÖ  .  .  TTpÖC  bk  äpKTOV  M^XP*  OÖ 

usw.  Hell.  IV  7,  5  (VI  4,  17.  VII  2,  12).  nach  analogie  dieser 
stellen  ist  wohl  an  der  stelle  des  Symposion  M^XP^  statt  dxpi  zu 
schreiben.  Kyrup.  V  4,  16  gibt  D  (Altorpiensis,  von  dem  GSauppe 
Xen.  opera  bd.  I  s.  XXII ^  sagen  kann:  'non  raro  solns  hie  alterius 
classis  princeps  probabilem  scripturam  habet  emendatioresque  formas 
conservat')  juexpi,  während  sämtliche  übrigen  hss.  bieten  biibiac 
äxpi  ou  dc9aXk  i}j€to  eTvai  dTT6TpdTr6TO.  sollte  vielleicht  gerade 
hier  D  die  ^emendatior  forma'  geben?  bestätigen  könnte  dies  ein 
beispiel  der  anabasis,  das  zufällig  auch  dort  V  4,  16  steht:  dbtUlKOV 
M^XPi  ov  eibov  Touc  "EXXrivac  ßoTiOoOvTac  (vgl.  VI  ö ,  29).  so 
stände  denn  nur  noch  ein  einziges  beispiel  von  dxP^  ^^^  Xenophon» 
an  dem  nicht  zu  mäkeln  ist:  anab.  II  3,  2  elTre  .  .  K€X€U€IV  ToOc 
KripuKac  TT€pijLi^V€iv,  dxpi&v  cxoXdcr).  dagegen  lesen  wir  anab» 
14,13  M^XPi  öv  KaiacTTicij.  113,7  iiixpx  Sv  .  .  biorrcXeg.  3,24 
jue'xpi  b'av  €tuj  tikuj,  al  CTrovbal  fievövTuiv.  vgl.n6,ö.  in 4, 8. 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft  11.  49 


746  JASimon:  Xenophontische  stadien. 

IV  2,  4.  4,  3.  VI  5, 29  (dbiiüKOV,  ji^xpi  usw.).  Hell.  1 1,  27  iUcBai 
hk  dKAeuov  dfpxovTac,  jii^xpi  &v  ä9iKiüVTai  ol  fiprijLi^vot.  I  3,  11 
TT6pi^|ui€V€V,  M^XPi  £X6ot.  dasz  eine  Verwechslung  der  beiden 
wörtchen  leicht  war,  lehrt  die  paläographie  (e  konnte  durch  abbre- 
yiatur  schwinden  oder  durch  ein  häkchen  [=  spir.  asper]  am  folgenden 
buchstaben  angedeutet  werden,  jii  und  a  sind  sind  sich  sehr  ähnlich  in 
majuskel  und  minuskel)  und  bestätigt  die  oben  angeführte  Variante  des 
Altorpiensis.  dasz  wir  aber  auch  der  zeit  der  nachclassischen  gräcitftt 
ein  mehr  oder  minder  willkürliches  einstreuen  der  form  äxpx  für 
jLiexpi  zumuten  dürfen,  darüber  kann  ein  blick  auf  das  erscheinen 
des  wörtchens  äxpi  in  der  litteratur  an  der  band  der  lexika  nicht 
im  zweifei  lassen,  so  läszt  sich  die  form  bei  Plutarchos  und  Lukianos 
an  einer  beträchtlichen  anzahl  von  stellen  nachweisen :  Plat.  Arist.  10. 
Fab.  Max.  6. 14. 16.  Demosth.  13.  Cic.  6. 21.  Rom.  15.  Ti.Graccfa.  10. 
Demetr.  36.  Coriol.  39.  Anton.  34.  41.  Aem.  Paul.  17.  de  def. 
orac.  13,  322.  de  amor.  prol.  3,  77.  de  exilio  s.  601  •.  Mor.  s.  791*. 
—  Luk.  adv.  ind.  12.  amor.  12.  conv.  1.  de  conscr.  bist.  9.  11. 
35.  39.  dial.  mort.  27,  4.  Charon  10.  Nigr.  36.  Timon  23.  39. 
Tox.  34.  43.  Hermot.  24.  ver.  bist.  2,  43.  Zeuxis  1.  bei  Thukj- 
dides  habe  ich  in  buch  IV,  VII,  VIII  dxpi  nicht  gefunden,  dagegen 
IxiXQi'-  IV  4,  1.  39,  1.  90,  3.  92,  6.  96,  1.  3.  108,  1.  135,  1. 
VII  83,  2.  VIII  24,  3:  28,  5.  43,  3.  58,  5  (äv);  M^xpi  oö:  IV 
16,  2.  41,  1.  46,  3.  VII  83,  2.  VIII  42,  3.  Betant  bringt  kein 
beispiel  von  dxpi*  die  attischen  dichter  verschmähen  dxP^  (^^^ 
ihnen  hinderte  das  metrum  weit  mehr  an  willkürlicher  änderung, 
unwillkürliche  wurden  aus  demselben  gründe  eher  bemerkt  und 
beseitigt),  erst  die  neuere  komödie  kennt  es.  in  der  ionischen  poesie 
und  prosa  scheint  die  form  mehr  zu  hause  zu  sein:  Homer,  Hero- 
dot  und  ApoUonios  von  Rhodos  gebrauchen  die  form ,  Hippokrates 
ziemlich  häufig  (vgl.  s.  247,  2.  617,  40.  624, 15.  594,  46.  563, 15- 
596,  46.  460,  36.  652,  34).  im  epos  sind  es  auch  hier  nach- 
christliche dichter,  welche  verliebe  für  die  form  fixP^  zeigen:  vgl. 
Quintus  II  617.  653.  III  577.  IV  93,  361.  VI  177.  409.  Vffl  382. 
464.  IX  376.  X  214.  XI  435.  XII  536.  XIII  96.  XIV  197  — 
Nonnos  Dionys.  IV  447.  V  153.  239.  263.  IX  251.  XV  250. 
XXXVII  211.  XL  59.  XLII  94.  auch  in  den  ps.Xenophontiscfaen 
briefen  erscheint  Sxpi  (vgl.  epist.  Allat.  15,  2  [1,2  Sauppe  opp. 
Xen.  bd.  V  s.  287]).  der  Xenophonkenner  wird  hier  einwenden  — 
mit  berufung  auf  das  Zeugnis  des  Helladios  bei  Photios  (bibl.  cod. 
279  s.  533,  worüber  Sauppe  Xen.  opp.  bd.  I  s.  XV  ff.)  und  die 
Studien  Cobcts,  ORiemanns  und  FRiemanns  ua.  —  dasz  Xenopbon 
mit  der  form  &Xpiy  wie  so  oft,  einen  ionismus  anwende,  aber  es 
wäre  doch  gar  zu  rätselhaft,  wenn  der  Schriftsteller  bei  wohl  hundert- 
facher gelegenheit  nur  in  vier  schriftcn  an  je  einer  stelle  seine  indi- 
vidualität  hätte  spielen  lassen,  nur  bei  dem  echten  beispiel  der 
anabasis  wäre  es  immerhin  denkbar,  dasz  Xen.  Klearchos  in  seinem 
dialekt  reden  licsze,  wie  er  auch  sonst  wohl  die  redeweiae  stark  aus- 


JA  Simon:  Xenophontische  Studien«  747 

geprägter  persönlichkeiten  nicht  ohne  geschick  za  skizsieren  Ter- 
sucht  (vgl.  Hell.  1 6, 15.  32 ;  n  4,  20—22  [polyeyndeton] ;  III 3, 2; 
VI  3,  4 — 17).  ein  unterschied  der  bedeatnng,  wie  ihn  Elotx  sa 
Devarius  s.  224.ff.  s.  665  feststellt,  ist  bei  Xen.,  schon  nach  aasweis 
der  citierten  beispiele  von  jui^XP^ )  zwischen  den  beiden  wortformen 
nicht  vorhanden,  es  wird  also  wohl  in  der  Eympftdie  und  den  apo- 
mnemoneumata  das  wörtchen  fixP^  '^i^  M^XP^  zu  vertauschen  sein, 
die  stelle  der  Hellenika  aber,  die  uns  als  ausgangspunkt  diente, 
möchte  ich  mit  der  stelle  anab.  Y  5 ,  4  auf  gleiche  stufe  stellen  — 
unter  Zuhilfenahme  eines  andern  argumentes,  das  zu  entwickeln  dem 
nächsten  abschnitt  dieses  aufsatzes  vorbehalten  sein  soll. 

2.  überqInge  bei  xenophon  und  qrammatikercitate. 

Das  rätselhafte  Themistogenes-citat  Hell.  III 1, 2  gegenüber  der 
athetese  Lions  und  speciell  EABichters  (jahrb.  suppl.  VI  s.  691  ff.) 
für  Xenophon  zu  retten  scheint  den  bemühungen  Breitenbachs  und 
Nitsches  noch  nicht  endgültig  gelungen  zu  sein,  wenigstens  erhebt 
FBeuss  (krit.  und  exeg.  bem.  zu  Xen.  anab.,  Wetzlar  1887,  s.  8) 
Widerspruch  gegen  die  anerkennung  der  echtheit  der  stelle,  freilich 
nicht  ohne  seinerseits  wieder  von  WVollbrecht  (Berl.  phiiol.  Wochen- 
schrift 1887  n.  51  s.  1591  f.)  Widerspruch  zu  erÜEdiren.  in  der  that 
sind  die  erinnerungen  an  unsere  tertianerjahre,  welche  die  Stilisierung 
jenes  §  in  uns  wachruft,  nachdem  nun  einmal  die  recapitulationen 
der  anabasis  in  ihrem  wahren  werte  erkannt  sind ,  nicht  eben  dazu 
angethan  dem  proteste  Yollbrechts  nachdruck  zu  verleihen,  viel- 
leicht sind  aber  auch  die  folgenden  betrachtungen  ftlr  die  beurteilung 
der  frage  nicht  wertlos. 

^Es  fehlte  nur  noch ,  dasz  der  interpolator  an  der  stelle  (Hell. 
III  1,  2)  b6br)Xu)Tai  statt  -xi-xpanTai  gesagt  hätte'  bemerkt  ao. 
s.  702  Richter  in  seiner  beweisführung  zu  gunsten  der  athetese.  ein 
bebrjXuüTai  steht  nun  wirklich  in  den  Hellenika  in  einem  Übergang, 
der  nicht  minder  die  recapitulationen  am  anfang  von  buch  II.  III. 
IV.  V.  VII  der  anabasis  ins  gedächtnis  zurückruft:  VI  5,  1  Kttl  xd 
jLi^v  GcTTaXiKct,  8ca  Tiepi 'Idcova  inp&x^^  Kai  ficrd  xöv  ^Kcivou 
eävaiov  M^XPi  TTJc  Ticicpövou  dpx^c  bebi^XuiTai  (8ca  in  sämt- 
lichen r6sum6s  der  anabasis,  öca  .  .  dirpdxOn  im  ersten,  öca  .  • 
€TTpaHav  im  2n,  4n,  5n,  ji^XP^  '^^C  •  •  ^^xä  m.  acc.  im  3n,  ^ixpi 
[Tf\c]  im  2d,  3n,  4n,  5n).  wenn  es  nun  weiter  heiszt:  vCv  V  iirdvet^l 
IvGev  €Tri  lauTa  iH^r]v,  so  ist  genau  genommen  die  Verweisung 
nicht  richtig:  denn  id  ©ETToXiKd,  öca  Trepi  'Idcova  ^TrpdxOi],  be- 
ginnen VI  1,  2  und  nicht  erst  VI  4,  27,  woran  die  folgende  dar- 
stell ung  anknüpft,  in  einem  andern  Zusammenhang  (Xenophon- 
studien  II,  Dürener  progr.  1888,  s.  18)  habe  ich  unter  hinweis  auf 
ein  analogen  bei  Thukydides  es  wahrscheinlich  zu  machen  gesucht, 
dasz  diese  0€TTaXiKd  einmal  das  achte  buch  einer  zehnteiligen  Hel- 
lenika-ausgabe  gebildet,  um  so  dringender  wird  der  verdacht,  dasz 
die  Worte  Kai  Td  jii^v  ©erraXiKd  bebrjXuJTai  lediglich  als  TTpoTpotcpt^ 

49* 


748  JASimon:  Xenophontische  studien. 

zu  dem  neunten  buche  jener  ausgäbe  concipiert  worden,  tthnlich  wie 
jene  retrospectiven  Inhaltsangaben  der  anabasis  —  vielleicbt  von 
demselben  buchabteiler  (vgl.  das  ebd.  s.  17  f.  über  eine  ausgäbe 
von  anab.  +  Hell,  in  6  +  10  büchem  gesagte)  —  und  zwar  unter  be- 
nutzung  von  VI  1,  19  Kai  raÖTa  jLifev  OÖTWC  ^ncpaivCTO*  ifw  bt 
TidXiv  dTTdveijLii  ö0€V  eic  Tctc  irepi  'Idcovoc  TipdHeic  ili^r\v  — 
eines  Überganges  von  echt  Xenophontischer  einÜEU^hbeit,  welchem 
unsere  stelle  erst  dann  würdig  zar  seite  tritt,  wenn  sie  folgende  ge- 
stalt  annimt:  id  jLifev  oöv  aiTia  Tfjc  ^TrißouXfic  i>nö  ific  T^vaiKÖc 
oÖTuj  X^TCTai-  vOv  V  dirdveiiiii  fvGev  ^tti  laOta  ^eßnv  (vgl. 
VII  4,  1  Kai  Td  M^v  irepl  6Ö9povoc  eipTirai'  ifOj  bfc  ^vGcv  de 
raOra  ^H^ßriv  ^TTdveijiii).  in  der  so  in  wegfall  kommenden  histori- 
schen notiz  über  die  herschaft  des  Tisiphonos  fanden  wir  dasselbe 
unxenophontische  dxpi  (oben  s.  745  ff.),  welches  auch  dem  stile  des 
Verfassers  der  geographischen  notiz  anab.  V  5,  4  eignet,  jene  histo- 
rische notiz  (toiv  bk  laöia  KpaHdvTUJV  .  .  Tf|V  dpx^v  cTx^  [ohne  v 
^9€Xk.])  einem  Überarbeiter  zuzutrauen  brauchten  wir  uns  um  so 
weniger  zu  scheuen,  als  ja  auch  die  Zählung  der  Olympiaden  und 
archontate,  die  wohl  ziemlich  allgemein  für  eingeschaltet  gilt,  reiches 
histoiisches  material  voraussetzt,  es  flössen  eben  im  altertnm  nicht 
nur  einem  Diodoros  (XVI  14  [AuKÖ9puJV  Kai  Tic(90V0C]  . .  ßlqi 
KaieTxov  Tf|V  dpx^iv  —  vgl.  Wesseling  zdst.,  Konon  narr.  50) 
und  Plutarchos  (Pelop.)  die  historischen  quellen,  und  dasz  gerade  die 
alexandriuischen  gelehrten  das  umschreiben  der  historischen  werke 
in  andere  rollen  besorgten  oder  leiteten ,  wird  dem  einflieszen  ge- 
lehrter notizen  nicht  gerade  hinderlich  gewesen  sein  (vgl.  auch 
was  EARichler  ao.  s.  765  gegen  die  cchtheit  von  Hell.  V  2,  2  iki^ 
TOVTO  .  .  T^vöjLievai  vorbringt),  an  und  für  sich  kOnnte  die  form 
dXPi  (zumal  neben  dem  öb€  ö  Xö^oc,  welches  dem  interpolator  der 
anabasis  so  geläufig  ist)  nur  den  selbstverständlichen,  aber  chrono- 
logische erwägungen  anläszlich  der  stelle  auch  beim  interpolator 
verratenden  zusatz  dxpi  ou  .  .  ifpacpeTO  verdächtigen,  aber  nach 
Tfiv  dpx^v  €lx€  fortzufahren  mit  vöv  b*  ^ndveijUl  würde  bei  Xen. 
ohne  analogen  dastehen,  sonst  tritt  eine  digression  bei  ihm  so  scharf 
umrahmt  und  namentlich  von  dem  folgenden  so  sorgflElltig  gesondert 
auf,  dasz  sie  wie  ein  nachträgliches  einschiebsei  erscheint:  vgl.Kyrap« 
I  2,  15  f.  Hell.  VII  3,  4—4,  1;  VI  2,  1  würde  o\  bk  enPaioi  dva- 
XUJprjcavT€C  die  fortsetzung  von  VI  1 ,  1  bilden ;  auch  Kyrup.  Vm 
1,  17  toOto  ouv  —  1,  21  7Tpoc€9^peTo;  apomn.  II  1,  34  schlieszt 
sich  coi  b*  oCv  d^ioc  (mit  übergehung  der  parabel  des  Prodikos;' 
s.  m.  Xenophonstudien  I,  progr.  Düren  1887,  s.  6  anm.)  ganz  gut  an 
den  vers  des  Fpicharmos  (§  20)  an.    erscheint  uns  nun  Hell.  VI  6,  1 


*  unter  we^ffall  dieses  passus  umfaszt  apomn.  I  1,  1— 8|  1:14*4 
Seiten,  I  3,  1— II  1,  34  ca.  16  selten  (Sauppe);  II  2,  1-— 6,  89  ca.  U'  , 
Seiten  (vgl.  Xcn.-st.  II  s.  15—17):  II  7— III  3  —  ca.  11  seilen;  III  4 
—III  7  —  ca.  11  selten;  III  8— III  12  —  11^4  seilen  (die  gliederuog 
dieses  abschnitts  s.  ebd.  s.  17  anm.). 


JASiraon:  XenophootiEche  studieo.  749 

(bis  beöl'jXujTai)  verdächtig,  so  musz  sieb  also  der  verdacht  auch  auf 
die  vorhergebenUen  worte  (tüjv  bi  xaöta  uaw.)  übertragen,  zumal 
wenn  sie  einmal  den  äublusz  einer  rolle  bildeten,  nie  es  bei  der  an- 
gegebenen Voraussetzung  sieb  von  selbst  ergibt  (Über  die  benutzung 
des  buchscblu^seii  zu  Interpolationen  s.  m.  Xen.-st.  II  s.  18  ae.]. 
überdies  ist  die  au  3  drucks  weise  an  der  stelle  etwas  verschroben: 
nach  dem  gen.  abs.  tüjv  bfe  . .  npa£ävTiuv  erwarten  wir  f\ple,  zu  der 
Wendung  Tr|v  öpX^V  £^X£  "l^^"^  würde  die  terminbestimmung  mit  iE 
oü  bi  ToOt'  €TTpiix6l  "Xpi  o'J  ■  ■  ^fpaipero  viel  besser  passen. 

Das  wort  btbriXiuTai  ist,  nach  dem  gesagten  wohl  dazu  ange- 
tban  den  atelleu  gegenüber,  an  welchen  es  erscheint,  ükeptiscb  zu 
stimmen,  in  einer  Ubergang?formel  kommt  es  bei  Xen.  nur  noch 
Kyrup.  VIII  2,  28  vor,  und  in  einer  achluszformel  n.  Inn.  12,  14 
(als  letztes  wort:  ^v  ^T^piii  Xöfiu  (I)  iebiiXiüTai  —  vgl.dieschlusz- 
worte  der  Hcllenika).  nehmen  wir  zu  der  erstem  stelle  noch  Kjrup, 
VDI  1,  7,  wo  bebiiXuJTai  (wie  IV  5 ,  26  fi  Kai  Trpöc9ev  iv  Tilj  Xötiij 
[rede]  bebinXujTai)  in  einem  relativsatze  steht,  so  stoszen  wir  damit 
auf  zwei  stellen ,  welche  immerhin  zu  denkun  geben,  an  der  ersten 
achlosz  offenbar  ursprünglich  das  siebente  buch  der  Kjrupädie  mit 
VIII  1,  6  eine  Öipciri  KGpoc,  und  das  achte  buch  begann  mit  dem 
recapitulierend  anknüpfenden  satz  §  8  dqpoiTUJV  |Ufev  ouv  im  lac 
6üpac  Küpou  usw.  von  den  drei  dazwischen  steh  enden  setzen  mag 
der  erste  noch  echt  sein;  der  zweite  aber,  wiederum  mit  ÜJC  bk  be- 
ginnend, welches  hier  ein  laOia  in  recht  verschrobener  weise  vor- 
bereitet, scheint  aus  VII  5,  70.  76  compüiert  (vgl.  VIH  6,  VJ),  er 
stellt  etwaä  al^  vÖmi^dv  (ein  lieblingswort  der  Verfassers  des  epilogs ; 
vgl.  VIII  K,  H^IO)  auf  Seiten  des  groszkönigs  dem  ßEpanEÜElV 
gegenüber,  welches  nicht  ohne  absieht  so  allgemein  bezeichnet  ist, 
da  man  sich  nichts  bestimmtes  darunter  denken  kann  (biaqjuXÖTTElV 
auch  1 ,  2  liurz  vorher,  vgl.  1,  45).  noch  mehr  aber  fragt  man  sich 
bei  dem  foipenden  satz  oÖTUJ  b'  (x^l  usw.:  was  soll  das  hier?  (vgl. 
VII  5,  83  [VIII  8,  4.  5.  27]  epilog.)  —  E,  wurde  Xen.-st.  II  s.  16 
anm.  2  darauf  hingewiesen,  dasz  auch  der  anfang  des  zweiten  buchs 
der  Kyruplidie  sieb  mutmasziicb  verschoben  habe;  nur  wurde  hier 
nicht  das  ende  der  rolle  zu  Interpolationen  benutzt,  wie  es  an  unserer 
stelle  wahrscheinlich  ist.  war  nun  ebenda  auf  die  spuren  von 
originalabichnitten  derKyrupSdievon  ca.  12'/, —12^^ Seiten  (Sauppe) 
aufmerksam  gemacht,  so  trifft  es  sieb  wohl  nicht  ohne  grund,  dasz 
die  eben  besprochene  stelle  3X12*/^  selten  vom  anfang  des  epilogS 
entfernt  ist.  fast  12  Seiten  nach  dieser  stelle  findet  sich  VIII  2,  28 
bebriXujtai,  wie  schon  erwähnt,  in  einer  Übergangsformel,  auch  hier 
wird  der  aufmerksame  leser  einen  verdacht  gegen  die  worte  iliv  bi 
nporiTÖp€u£  (§  26)  bis  aüxov  jifiXXov  nd:vTac  cpiXetv  (i  dXXi^Xouc 
(§  28)  kaum  unterdrücken  können:  1,  48  sieht  Eyros  ein,  dasz  es 
nur  gin  mittel  gibt,  welches  einerseits  sein  leben  sicher  stellt,  ander- 
seits kciXXktov  ist:  ti  buvaiio  noitjcaiToüc  xpaiicTouc  ^auiip  (läX- 
Xov  (piXouc  f\  ä\Xr|Xoic.    dieser  einsieht  gemUsz  handelt  Eyros:  i]uc 


750  J ASimon:  Xenophon tische  studien. 

oöv  in\  TÖ  qpiXeicGai  boKcT  f)|Liiv  ^X0€iV;  toOto  ireipacöfieOa  biiiT^- 
cacOai  —  das  jiiäXXov  9iX€ic6ai  ist  hier  einfach  und  verstftndlich 
qpiXeicOai  genannt,  die  liebe  der  fürsten  sucht  Ejros  durch  vier 
mittel  (2,  1—6;  7—12;  13—23;  24—25);  dabei  wird  nun  immer 
mit  nachdruck  betont,  wie  es  natürlich  keiner  dem  mit  allen  mitteln 
und  Vorzügen  ausgestatteten  Kyros  zuvorthnn  konnte  (§  4  iroXii 
bia9€p€t.  §  7  TToXu  uTTepeßdXXcTO  TiävTac  [vgl.  §  28  fiäXXov 
TidvTac  9iX€Tv]  —  ttoXu  ^Kpaxei.  §  13  öirepßdXXeiv.  §  24  IBy\» 
caOpi2[e  Tiap'  auriu).  und  so  schlieszt  denn  die  angekündigte  ans- 
ein andersetzung  §  26  TaOra  jii^v  br\  xal  TOtauTa  iroXXd  £^1l- 
XavfiTo  Tipöc  TÖ  Trpu;T€Ü6iv  Trap'  olc  ^ßouXeTO  dauTÖv  q>tX€i- 
cOai.  drei  §§  weiter  aber  schlieszt  nochmals  der  abschnitt  mit  den 
ziemlich  gleichbedeutenden  werten:  xai  rauTa  )li^v  bi\  bebfjXuiTai 
diC  djiT]X«väTo  Touc  KpaTicTOuc  auTÖv  jLiäXXov  irdviac  qptXeiv  i^ 
dXXrjXouc,  mit  denen  man  §  26  und  1 ,  48  vergleiche,  da  hat  wohl 
jemand  §  26  das  jidXXov  . .  i^  dXXrjXoic  von  1,  48  vermiszt  und,  aas 
der  ganzen  nachbarschaft  echt  Xenophontische  ausdrücke  zusammen* 
suchend,  so  gut  nachgeholfen  (dXXrjXouc  [-oic]  4mal),  dass  er  uns 
etwas  zu  stark  aufgetragen  zu  haben  scheint,  in  wie  weit  §  27 
(worauf  das  djiirixaväTO  einzig  passt)  der  neid  und  hasz  schürende 
(ö  ]Lif)  viKUJV  .  .  d96öv€i  .  .  d]Liic€i)  Eyros  noch  vor  dem  fomm  der 
altgriecbischen  ethik  als  muster  bestehen  kann,  kann  ich  nicht  ent- 
scheiden; jedenfalls  aber  ist  hier,  auch  bei  berücksichtigung  der 
agonistischen  neigungeu  der  Griechen,  ein  fall  geschaffen,  der  so 
hart  das  gebiet  des  unzulässigen  streift,  dasz  er  eben  deshalb  beson- 
ders erwähnenswert  erscheint  (vgl.  hierüber  Leopold  Schmidts  ethik 
der  alten  Griechen  I  s.  191  f.  386—391.  II  s.  298).  formell  fftllt 
auch  hier  die  Verschrobenheit  des  ausdrucks  auf  in  der  Wendung  dbv 
.  .  TTpouTiOei . .  TauTa  . .  ^Tiaivov  napeixcv,  ön  und  die  gar  fehler» 
hafte  anwendung  der  anknüpfung  mit  kqi  . .  bi  (vgl.  §25)  koX  o\  irpui* 
T€U€iv  be  ßouXö]Li€VOi  (pi\\qL  Trapd  Kupiu ,  was  nur  dem  anfang  von 
§  26  oder  dem  cuvTp^xeiv  TOic  KpiraTc  §  27  entgegengesetzt  sein 
kann  und  dann  richtiger  hiesze :  Ka\  o\  Trapd  KupiXJ  bi  q>\kiif,  usw. 
(7TpujT€U€iv  ist  das  beiden  gedanken  gemeinsame,  das  nie  zwischen 
Kai  und  b{  tritt),  wer  hiemach  die  besprochene  einschaltung  nicht 
dem  Xenophon  zutrauen  will,  der  mag  wenigstens  in  dem  interpolator 
den  compilator  bewundem ;  man  vergleiche  auszor  den  schon  angeden* 
teten  entlebnungen :  zu  ^TrejLi^XeTO  6ttu)C  dcKOiTO  f|  dpCTTJ  VII  5,  70. 
VIII  1,  12.  34;  zu  9iXov€iKiac  iveßaXXov  (i)Liiroi6iv  [2,  4]  ßouXö- 
|i€VOc)  VIII  1,  39;  2,  14;  VII  5,  64;  VIII  4,  4;  zu  imcpeövuic 
irpoc  dXXrjXouc  eixov  VIII  2, 14;  4, 4;  zu  dOXa  VIII  4,4;  zu  uicircp 
dXXoi  ev  TTÖXeci  VIII  2,5,  1,8  (ujcnep  xal  TdXXa).  wie  schon  oben 
angedeutet,  scheint  der  interpolator  beider  stellen  (VIII  1,  8.  2,  26 
— 28j  der  Verfasser  des  epilogs  zu  sein,  derselbe  der  VIII  8,  18  die 
form  p€]Lirixavri]Lieva,  welche  ihn  3,  1  beschäftigt  hatte,  nicht  unge- 
nutzt liesz,  der  auch  8,  8  die  digression  I  2,  15  f.  geschickt  ver- 
wertete,   wie  der  pessimistische  ton  des  epilogs  nnd  dessen  stil 


JASimoD;  XeDOphootiBi^hia  etudien.  751 

{vÖMijiov  a.  oben;  ö  ^TricTänic  VIII  I,  8  —  o\  npocTÄTai  8,  5)  der 
ersten  «inHchaltung  eignen,  eo  kommt  auch  das  ^q)Ööv€i  und  £)jic£i, 
welches  die  zweite  einschallung  so  pesäimistisch  f^rbt,  im  epilog 
neben  einander  vor:  8,  12  ip8ovoüVTec  aÜToic  bii^oi  f|cav 
(vgl.  4,  i)  KOl  ibc  ßeXTiovac  auruiv  ^^tcouv.  betreffs  des  stils 
aber  Tgl.  VIH  2,  28  cuv^irpoEav  .,  dXXiiXoic  äfaBöv  mit  8,  4  Äfa- 
6ÖV  airräi  bxanpäHitv.  natürlich  ist  der  stil  nur  von  belang  in  seiner 
engen  Verbindung  mit  jener  tendenz  und  zu  anfang  des  achten  buchea 
nur  in  bezug  auf  §  6. 

So  viel  über  die  beiden  stellen  der  Ryrupädie,  an  denen  sieb 
bebi^XujTCii  ßndet.  an  und  für  sich  verdächtigt  diese  form  keines- 
wegs eine  stelle  (s.  IV  5,  2G);  aber  in  Übergängen  erscheint  sonst 
€tpriTai;  Staat  d.  Lak.  2,  14.  5,  1.  Hell.  VII  4,  1.  3,  1.  nöpoi  4,33. 
Ages.  3,  1.  kjneg.  12,  I.  hipp.  3',  9,  apomn.  I  2,  38.  oikon.  8,  18. 
ziebt  man  beiüglieh  der  letztgenannten  stelle  in  erwägung,  dasz  der 
oikonomikos  zu  grosz  war  um  als  ^in  buch  neben  den  andern  Xeno- 
phonbüchern  umzugehen,  dasz  er  vielmehr  den  umfang  zweier  bücher 
in  der  grösze  von  symp.,  kyneg.,  apomn.  I  II  IV,  Kynip.  III IV  VI, 
anab.  IV  V,  Hell.  I  II  III  hat  (s.  Xen.-studien  II  s.  6),  dasz  ferner 
Ciceros  Übersetzung  der  schrift  drei  bUcher  umfaszte:  so  ist  es 
sehr  wahrscheinlich,  dasz  —  nach  25'/j  selten  —  ein  abschreiber 
mit  8,  19  eine  neue  rolle  begann  (9,  1  konnte  er  mit  der  ersten 
nicht  mehr  erreichen)  und  mit  §  18  als  iipOTpa(pr|  den  rede- 
strom  des  Isomachos  recht  empfindlich  unterbrach,  dabei  hieng 
er  dem  schluaz  der  ersten  rolle,  um  ihm  glaub  Würdigkeit  zu  ver- 
schaffen, BiLch  analogie  des  schlasses  der  ursprünglichen  apologie  des 
Sokrates  (apomn.  1  2,  64;  s.  Xen.-studien  II  s.  15)  die  worte  an: 
Tiiüc  owK  ö;v  TToXXfi  fiMÜiv  dcuvecia  ett};  (vgl.  apomn.  IV  8,  3,  9, 
nach  Sauppe  tinecht)  worte  welche  als  »nakoltith  nnsern  text  ver- 
unstalten (uraprfinglicbe  construction ;  g  17  ^Xetov  Tt)  TUVaiKf, 
6ti  .  .  €\i]  ßXaKiKÖv,  et  oi  ^fev  eupiCKouciv,  fmeTc  bfe  .  .  eI  nfj 
.  .  cüprjcoiitv  usw.  §  19  die  bJ  KCtXov  (paiveiai  usw.).  der  Über- 
gang Hell.  VII  3,  1  mit  dem  eben  besprochenen  zusammengehalten 
(in  beidüu :  djc  .  .  KOi  ÜJC  .  ,  eTplliai),  gewinnt  dadurch  nicht,  zumal 
wenn  man  die  fassung  mit  2,  1  und  2,16  vergleicht;  vielleicht  ist 
der  Übergang  nach  4,  1  und  kyneg.  12,  1  zu  vereinfachen,  cxeböv 
bk  TiEpi  toOtov  töv  XPÖVOV  beginnt  sogar  für  sich  einen  abschnitt 
VI  1 ,  2.  VII  4,12;  doch  macht  an  unserer  stelle  die  Wahrschein- 
lichkeit eines  hier  beginnenden  original  ab  Schnittes  (Xen.-studien  II 
s.  14)  eine  einfache  Verknüpfung  (irtpi  fii.V  bi]  (tJXiactuJV  eipTiTOl) 
wünsciienswert.  irre  ich  nicht,  so  sind  die  worte  lijc  Kai  mcxo'i .  . 
biETEXecav  Kai  schon  von  anderer  seite  mit  andern  gründen  ver- 
dächtigt. —  Sicherer  scheint  mir  die  unechtheit  bei  dem  Übergang 
im  Staat  d.  Lak.  2,  12:  hier  ist  der  ansohlusz  (3,  1)  mit  jk  n<fyv 
nicht  richtig  (wir  erwarten:  öiav  ^llv  TOiVuv  —  so  2,  1  —  oder 
ÖTQV  ptv  fäp  [ufev  oi3v]},  dagegen  schlieszt  3,  1  an  2,  11  vortreff- 
lich an.'  das  subject  ist  gar  nicht  mehr  zweifelhaft,  und  der  gegen- 


752  J ASimon:  Xenophontifiche  Studien. 

satz,  welchen  Y^  jiiiiv  anzeigt,  liegt  so  klar  vor  äugen,  dasz  hier  jeder 
umständliche  Übergangsich  daneben  steif  ausnimt.  die  Wendung  X€k- 
T^ov  5^  jLioi  5oK€i  steht  bei  Xen. allein  da  (boK€i  f)]Liiv  fpaixjioy 
elvai  in  it.  Itttt.  2, 1),  das  folgende  etymologisierende  sStzchen  {icTX 
fäp  Ti  .  .  TTpöc  Tiaibeiav  verrät  auch  durch  seinen  stil  den  gram- 
matiker';  §  13  wäre  Xenophontischer :  dirqvei  .  •  vojiliZiuv  (st. 
dTTqvet  Kai  . .  iv6iiile)\  der  anfang  von  §  14  greift  jedem  zweifei  an 
der  sachlichen  richtigkeit  in  für  Xenophons  zeit  etwas  auffälliger 
weise  vor  (zum  passiv  d7TiCT€U€c8ai  vgl.  den  Übergang  Ages.  3 ,  1 
[TTiCT€U€Tai] ;  zur  sache  symp.  8,  33  ff.  apomn.  I  2,  29). 

An  zwei  stellen  hat  Thukydides  Wendungen,  welche  etwa  den  be- 
sprochenen Übergängen  ähneln :  1 40, 1  (rede)  djcjii^vouv  auTOt  T€ 
..dpXÖjLieOa  Kai  oYbe  ßiaioi  Kai TrXeov^KTai  eici  bebrjXujTai.  110,4 
auT€p^Tat  bi  ÖTi  i'icav  Kai  MäxiMoi  Träviec,  dv  xatc  <t>iXoKTTiTOü 
vauci  bebrjXwKev  COjiiripoc).  vgl.  I  13,  5  ihc  Kai  xoic  iraXaioic 
iTOiriTaic  bebrjXüüTai.  so  auch Herodotos  Y  36,  3  die  bebrjXuiTai 
jLioi  ^v  TOI  TTpiüTijj  TUJV  XÖTUJV  (so  an  acht  stellen,  an  zehn  stellen  etpr)- 
rai,  s.  Walther  «ibc  bei  Herodotos»,  Hameln  1887,  s.6).  beide  scbrift« 
steller  gebrauchen  wie  Xen.  (briXiiüCiu  in  tt.  Itttt.  6, 1;  TT€ipdcojLiai  bT]XoOv 
[-Xujcai]  ebd.  1,  1.  hipp.  2,  2.  Ages.  3,  2)  briXoüv  im  futurum  bei  an- 
kündigung  einer  beweisführung  (Herod.  VII 93  ouTOt  bk  oItivcc  iTpö- 
Tcpov  iKaXdovTo,  iy  di^poici  Xötoici  briXij&cu;  •  1 106  vgl.  1 184  ^vt|- 
jLiriv  7T0ir)C0|Liai.  Thuk.  II 62, 1  [rede]  biiXiucu;  Kai  TÖbe);  namentlidi 
Thukydides  in  den  verschiedensten  Wendungen  der  art  (I  144,  2. 
71,  2;  I  9,  4.  lU  104,  4.  V  9,  1).  eine  starre  Schablone,  wie  sie 
in  den  inhaltsangaben  der  anabasis  und  mehr  oder  weniger  in  einigen 
andern  Übergängen  bei  Xenophon  sich  ausgeprägt  findet ,  tritt  sonst 
bei  den  griechischen  classikern  nicht  zu  tage,  dagegen  bat  sich  bei 
den  alexandrinischen  grammatikern  eine  starre,  schulmäszige  citier- 
methode  ausgebildet ,  und  erst  wenn  wir  diesen  dtierstil  mit  dem 
jener  inhaltsangaben  und  Übergänge  zusammenhalten,  fällt  auf  diese 
das  rechte  licht,  greifen  wir  nur  einmal  Harpokration  heraus,  der 
den  Didymos  37  mal  in  seinem  lexikon  citiert,  daneben  auch  Aristar- 
chos  und  Aristophanes  von  Byzanz  einigemal,  und  der  solche  äuszer- 
lichkeiten  ganz  gewis  berühmten  mustern  'glücklich  abgeguckt'  bat. 
bei  ihm  lesen  wir  denn: 

s.  80,  3  reß0ANiON:  xuipiov  dv  Jj  ^c  jieiaXXov.  irepl  bi 
Toö  ^v  Cdjuqj  T€Ujq)aviou  öv  Tpörrov  iEeup^Gr]  *'6(popoc  bebn- 
XujKev  dv  Tri  0'.    femer: 

S.  89,  17  AHMOnOIHTOC  .  .  ÖV  bfe  TpÖTTOV  TivovTai  xivcc 

bii)LiOTroiT]TOi  bebrjXwKC  AihliocG^vtic  ^v  tu)  Karä  Neaipac,  €Itvt|- 
cioc  —  wo  unsere  philologen  unter  dem  bann  der  schulformel  citieren 
würden:  'über  die  form  der  einsetzung  in  das  bürgerrecht  vgl. 

'  wio  ganz  anders  als  in  diesem  dürren  tractat  wirkt  die  heran- 
zieliung'  einer  zur  zeit  jedenfalls  Allbekannten  etjrmologie  (nöXiC  ■» 
iToX^jüiou  ^pifacTf)piov^  an  der  fris^cb  und  in  naiver  begeisterang  gesebrie» 
benen  stelle  Hell.  III  4,  17  »  Ages.  1,  26! 


JASimon:  Xenophontiscbe  ttadien.  758 

(pseudo-)Demo8thenes  g.  Neaira.'  man  vergleiche  mit  den  beiden 
Harpokrationstellen  Xen.  anab.  VI  3,  1  (ÖV  fikv  oOv  Tpöirov  i^ 
T6  Xeipicöcpou  dpx^  toO  iravxdc  KoreXäOii  xal  täv  *€XXi/)Vuiv  td 
cTpdTcujLia  kxic0ii,  iy  Tok  iirävu)  efptjTai)'  und  Hell  VHS,  1 
(mit  der  ersten),   fernerhin  ist  zu  vergleichen: 

Harp.  s.  81,  3  rPAMMAT€TC  .  .  6  TpaMfiareOc  irdic  T€  ica9(- 
craTO  Ktti  Ti  {irpaTTev,  d)c  täv  TPOjüijüidTuiv  t*  icü  ictipioc  xal  tA 
i|iri9(c]LiaTa  Td  T^vöjiieva  (puXdTTCt  xal  t&  dXXa  irdvTa  dvTitpd- 
9€Tai  Kai  TrapaKdOviTai  rq  ßouXi},  bebiflXuiKCV  'AptCTOT^Xf)c  iv 
'AOrivaiiüV  TToXiTCiqi  (vgl.  IMonysios  arch.  I  74  ön  •  .  Kod  irdic,  iy 
iiipijj  bebrjXiüTai  jlioi  Xörcp  • .  f|  iib/  oOv  dxpißeia  iv  ^Keivqi  biiXoO- 
Tai  Ti|i  XÖT4J  usw.). 

Eine  andere  wendung  finden  wir  in  einem  besonders  grossen 
artikel: 

s.  95,  9  AIAMAPTYPIA  .  .  OÖTOC   bt   6  ^fJTUip   iv   Tip   KQTd 

*HbuXr)c  Kai  töv  Tpöirov  bia^pdcpei  Tfjc  bio^aTupiac.  —  Der 
stelle  Hell.  VI  5,  1  ist  wieder  ähnlicher: 

Harp.  8.  260,  8  TTPOTTTAAIA  .  .  ircpl  hk  TUlV  TrpOTTuXallüV 
Tfic  dKpoTTÖXeujc,  uj  c  ^tt\  €ö6u^^vouc  dpxovTOC  oiKobojüieivfipgavTO 
MviicikX^ouc  dpxiT€KTOvoGvToc,  dXXoi  T€  icTop/JKaci  Ka\  <t>iX6xopoc 
iv  Tfj  b\  unter  den  verben  in  den  citierformeln  spielt  neben  (pdvai 
die  bauptroUo  briXoOv.  bis  zum  bachstaben  A  fand  ich  es  an  45  stellen, 
von  da  an  das  perf.  von  biiXoCv  noch  an  13  stellen,  die  form  bebrj* 
XiüTai  steht  s.  4,  1.  188,  2;  bebrjXuiKe  s.  46,  6  ('ApiCTOT^Xiic  .  • 
b€br|XiüK€v  ibc  .  .  Kai  d)C  .  .).  60,  ö  (tIvo  .  .  b.).  84,  14  (ncpO. 
89,  18  (ÖV  TpÖTTOv).  96,  7  (6ti  .  .  b.).  93,  2.  129,  16.  164,  10 
(ÖTi  .  .  b,).  188,  ö.  214,  8.  16.  220,  11.  235,  2.  239,  17.  244,  10. 
279,  7.  283,  11.  288,  4.  290,  14.  292,  3*;  bnXoOv  mit  ab- 
hängigem ÖTi-  oder  djc-satz:  s.  57,  7.  89,  13.  99,  3.  110,  12. 
149  ,  5.  167,  11  (ÖTi  .  .  bnXoöTai  fv  t€  Tip  irpoeipim^vip  Xötv 
TTiepeibou  koI  iv  .  .  vgl.  160,  16).  171,  13.  174,  8.  176,  10;  ibc 
bnXoT  :  s.  5,3.  11,3.82,12.  90,4.  122,15.  128,5.137,9.161,6. 
155,  19.  170,  6.  vgl.  noch  s.  126,  5.  231,  12  (die  bnXoOTai). 
118, 13  (bnXov  TTOiei).  124,  5  (Tauia  bnXoOciv).  26,  2  (nööev}. 
36,  8  (ti).  45,  9  (Td  Tivö|ui£va).  53,  9  (TaÖTa).  58,  12  (abs.).  — 
Von  andern  termini  merke  man:  bf)Xov  iTOtoOcis.  216, 10.  b.  iroi€l 
118,  13.  20,  3.  298,  1.  302,  12.   cacpk  noiei  159,  10.   qpavepöv 

^  diese  stelle  fehlt  in  den  bessern  hss.  (vgl.  jedoch  Krüger  de  aath. 
anab.  s.  16).  —  So  setzen  cod.  Monac.  G  (Stahl)  und  Paris.  Coisl.  817 
(den  ich  einsah)  vor  Thuk.  I  40  nach  dTro[ßa{vovTa  ^€iv  ein  frfKX]»l- 
(€  in  ras.  Par.)  |LidTU)V  bi  )Liövtuv  djüieTÖxouc  (-6xtuc  Par.)  oÖTtuc  TÄV 
|LA€Td  Td[c  iTpdH€ic  toOtuiv  }xi\  KOi]vu)V€Tv.  (fol.  4  ist  im  Parisinns  ein 
teil  des  blattes  [von  der  ecke  unten  links  (fol.')  bis  zur  halben  höhe 
des  randes  rechts]  diagonal  abgerissen  und  das  in  eckige  klammern 
gesetzte  [hier  jedesmal  das  ende  der  seile]  weggenommen.)  das  könnte 
selbst  an  diesen  Übergang  (s.  oben)  den  sweifel  herantreten  lassen; 
3,  das  ol)en  über  Hell.  VI  4,  37.  5,  1  gesagte.  ^  vgl.  Didjmi  frag^ 

menta  ed.  MSchmidt  s.  235  fr.  52.  ^  br\KoX  «»  ngmficai  (von  einem 

werte  ausgesagt)  ist  hier  natürlich  ausgeschlossen:  Tgl.  s.  61,  4. 


754  JASimon :  Xenophontische  Studien. 

TTOiei  91,  3.  124,  17.  148,  13.  129,  18.  biacacpei  88,  17.  uttooi- 
jiaivei  173,  2.  170,  11.  203,  3.  204,  2.  uTTOcpaivei  145, 14.  Tiapcfi- 
9aiv€i  170,  11.  ÖTi .  .  eipnKev  158,  13.  153,  4.  257,  6.  173,  12. 
174,12.  163, 4. 159,  20.  eipTirai  229, 14.  135, 10.  TpAcpci  155,  5. 
bibdcK€i  143, 8.  caqpOüC  b.  226, 18.  ÖTi . .  beiKVurai  124,  6. 154, 11. 
. .  bieiXcKTai  207, 15.  229,  15.  ibc  . .  tcTOpei  184,  3.  Tiepl . .  bi€£f)X- 
eev  182,  9.  icTi  bfjXov  ^K  173, 19.  297, 14.  154,  9.  cuvibeTv  dcnv 
^K  159,  4.  ÖTI . .  fcTi  liaGeTv  ^k  256, 15.  ibc  juaGeiv  dcxiv  U  274,  2. 
280,  6.  bfiXov  Tiveiai  46,  2.  Xifeiai  iy  170, 14.  —  oö  fi^fivTi(v)- 
xai  187,3.  178,2  (189,  2).«  oö  jivniioveüei^  219,5. 168,17. 161,8. 
159,  19.  177,  5.  .  .  lijjLioXÖTnTai  (Tiapd  Träci)  165,  12.  —  Man  be- 
achte auch  die  anknüpfung  mit  ji^v  ouv:  237,  15  Tiepl  fi^v  OÖV 
TUJV  briiiodujv  TToXXaxoO  etprirai  toi  Auciqi  (vgl.  Hell,  in  1, 2). 
255,  1  TÖv  TToXÜTpoTTOV  jifev  oövdvTfiT]'  Tiüv  *€XXT]viKiiiv  Eevo- 
9diVT0C  eöpov  (vgl.  s.  50,  6.  Didjmus  ed.  Schmidt  s.  310  fr.  19. 
Aristoph.  Byz.  ed.  ANauck  8.  81,  1).  299, 13.  —  Daneben  her  geht 
eine  kürzere  citiermethode  mit  ellipse  des  verbums,  mit  oder  ohne 
adv.  djc  vor  dem  automamen.  beide  methoden  finden  sich  bereits  in 
dem  fragmentum  Parisinum  des  Aristoph.  Byz.  (Naack  s.  79 — 81. 
vgl.  §  1.  17.  18.  20.  21). 

Leider  schöpfen  wir  bei  den  groszen  meistern  nicht  direct  ans 
der  quelle.^  es  verschlägt  aber  nichts:  denn  bei  ihnen  kann  man 
voraussetzen,  dasz  sie  in  ihren  publicationen  sich  der  kurzem  citier- 
methode vorzugsweise  bedienten ,  und  die  commentare  des  Didymos 
(s.  112 — 211  Schmidt)  können  das  etwa  bestätigen,  dagegen  können 
wir  annehmen  dasz,  je  dürftiger  der  selbständige  Inhalt  wurde,  desto 
mehr  gewicht  auf  eine  schulgerechte  form  gelegt  worden  ist  (Über 
biiXoGv  im  citat  vgl.  noch  Bekk.  anecd.  gr.  II  s.  663,  15.  664,  7). 
in  späterer  zeit  finden  wir  dem  betrachteten  entwicklungsgang  des 
gebrauchs  ganz  entsprechend  ö  b€briXu)|i^voc,  biiXuiOeic  «■  memoro- 
tns^  (supra)  laudatus  ganz  gewöhnlich,  vgl.  Eusebios  bist.  eccl.  JI 13 
Ci|iujva  t6v  TrpöcOev  bebriXuJiii^vov.  ebd.  dv  tQ  bebriXujfi^vq  ßißXqi. 

Dieser  hinwcis  auf  den  citierstil  der  grammatiker  wird  beson- 
ders für  die  beurteilung  derjenigen  Übergangsformeln  bei  Schrift- 
stellern von  interesse  sein,  welche  mit  der  buchteil ungspraxis,  welche 
gerade  die  Alexandriner  ausübten ,  in  Zusammenhang  gebracht  wer- 
den können,  wie  wir  dies  von  etlichen  oben  zn  zeigen  versuchten. 
aber  auch  andere  indicien  können  gravierend  zu  dem  von  der  stili- 
bicrung  hergenommenen  verdachtsgrunde  hinzutreten,  und  das  ist 
Hell.  III  1,  2,  wie  Reuss  ao.  s.  8  noch  einmal  nachdrücklich  hervor- 
hebt, die  empfindliche  Störung  des  Zusammenhangs,  diese  besteht 
ihrem  eigentlichen  wesen  nach  in  der  Verzögerung  der  anfügnng  des 
zweiten  gliedes  eines  so  schön  eingeleiteten  (doppelten)  gegensaties : 
Xen.  wollte  —  das  sieht  man  —  diesem  vierten  abschnitt  seiner 

«  vpl.  Di.lymos  s.  260  fr.  66  (Schmidt).  »  rgl.  ebd.  "  Lehrs 

de  Arist.  stuf).  Hom.  s.  1.  Nauck  ao.  s.  81  mitte.  USchmidt  Didjmi 
fr.  8.  211—213. 


:  Xenophontische  etndien. 


755 


griechiaclieQ  geactiicbte,  welcbe  hier  vorzugsweise  spartanische  ge- 
schichte  zu  werden  beginnt  (s.  Xen.- Studien  II  s.  14  f.),  einen  an- 
fang  gt-ben,  welcher  dem  des  dritten  abschnitte  (ebd.  s.  11)°  an 
Bcbönheit  nicht  nachstehen  sollte,  man  vergleiche  III  1, 1  und  1,  3 
(mit  einer  kleinen  Umstellung): 


<  bi  ToiJTOu  Köpoc 
TT^fiiliac  äfT^^ouc  eic  AaKcbctU 

^ova 
otöciTEp  aÜTÖc  AaK£baifiovioic  ilv 

iv  Ti^  TTp6c  'Aenvaiouc  ttoX^mijj, 
i^Eiou  [umgestoltt] 

TOioütouc    Kai  AaKebai^oviouc 
aÜTiJ]  TiYveceai,  — 
§  1  n^mjjac  KOpoc  ätt^Xouc  tic 
AöKebaipova  tifiou, 

otöCREp  . ,  i^V  TOlOUTOUC  • .  TITVE" 

cBm  usw. 
§  1  ol  b'  ^(popoi  .  .  Ca^tiif  ^\h 


§  3  im'i  n^vToi  Ticca(p^pvr]c  . . 
caTpäirrjc  KaTeiT£fj<p9ii  djv  usw. 

TioXXoO  fiEioc  ßaciXti  böEac  fe.fe- 

vflc0ai 
^v  TiüTTpöc  TÖv  dbeXcpöv  noX^nijj, 

TÄc'luJViKaciTÖXeiciiTtäcacdauTiIi 
OJtr)KÖouc  elvai,  — 
§  3  a'i  hi  (iiöXeic) . .  eic  AaKCb. 

^TTEMTTOV     np^CßeiC    Kttl 

ilfiouv, 
^Tiel  .  ,  eiciv,  ^TrifitXrietivai  uaw. 


J  4  oi  oGv  AaKcb.  n^nirouciv 
aÜToic  Oißpojva  öppo- 
CTiiv  USW, 

(es   folgt   die  angäbe  der  streit-   (es  folgt  die   angäbe  der  Streit- 
kräfte und  ihre  action).  krSfte  und  ihre  action). 

Entspricht  dieser  anfang  den  lobsprüchen  der  iiUen  über  die 
Xenophonti scheu  einleitungen,  so  verdirbt  §  2,  der  zwischen  die  bei- 
den glleder  des  doppelgegensatzes  eine  ganze  anabasia  in  nuce  ein- 
schiebt, alles,  wem  aber  nach  tilguns  dieses  §  mit  Öt'  Kt]  (§  3  — 
vgl.  ?u)c  M£V  fZn  III  1,  10,  Kyrup.  VUl  3,  38)  und  äTiOciu0^VT£C 
(prfidicativ  gestellt  —  s.  Richter  ao.)  ol  dvaßdvTec  H€^ä  Küpou  §  6, 
der  zweimaligen  erw&hnung  des  feldzugs  (§  1.  3)  und  der  noch- 
maligen bezugnahme  III  2,  18  noch  nicht  genug  gesagt  ist  (vgl.  VI 
I,  12),  der  lese  Hell.  VI  4,  13  ff.  nach,  wie  der  in  der  geschichte 
Spai-tas  so  merkwürdig  dastebendo  tod  des  Kleombrotoa  erzSblt  wird, 
und  er  wird  zu  dem  ÖT*  (Zi]  ein  vielleicht  auffaHenderea  seitenstUck 
finden  (ou  Tclp  fiv  ^büvavTO  aÜTÖv  dveXecöai  koI  lw\ia  äireveTKEiv, 
El  ^li\  usw.).  auf  unsere  stelle  aber  kann  nach  beseitigung  des  einer 
modernen  fusznote  vergleicIibareuThemistogenes-citatesnichteinmal 
das  urteil  des  Dionjsioa  über  Xen.  aawenduag  finden:  ^V  tioXXoIc 
öXiyujpöc  dcTiv,  &v  TIC  6p6üjc  CKOirfl. 

"  dieser  anfung  Bclie.int  iler  inhaltaangnlie  cies  DiotiyaioB  (ep.  ad  Co, 
Pomp.  •[  s.  777)  zQ  grande  la  liegen  (KOTaXiiovrai  Te  ot  tpkSkdvto 
Kol  iä  TEixi  Tiliv  "Afliivaliuv,  &  AaMÖainövioi  Ka6£iXov,  aöeic  dvf- 
ctOTat),  auf  die  hergestellte  o  16  oriKinalabschnitte  (tifpi  Xötou)  der 
Hellenika  versuebe  nrnn  dn»  ebd.  von  Dioiiysios  auBgesjirofbeno  urteil 
über  Xenophona  olKOVOfjJa  anzaireijden;  fiCM^piKf  TE  KoAiIic  koI  t^t^x^ 
.  .  T*iv  TPcpiiv- 

Düren.  Joh.  Alphons  Simon. 


756  EJLiebhold :  zur  textkritik  Platons. 

99. 

ZUR  TEXTKRITIK  PLATONS. 


Apologie  21^  weist  Kr4l  in  seiner  ausgäbe  (praef.  8.  XI)  das 
bedenken  von  Goebel,  der  die  Verbindung  von  biaCKOTTUiv  mit  toOtov 
beanstandet  und  dieses  pronomen  zu  der  folgenden  parenthese  ge- 
zogen wissen  will,  mit  einem  binweis  auf  Prot.  311^  Kai  ifü)  diro- 
TTeipiWjLievoc  iTTTTCKpaTouc  iflc  ^üüjiTic  biccKÖTTOUv  QUTÖv  zurOck. 
dagegen  balte  ich  toOtov  überhaupt  für  überflüssig  und  schlage,  in- 
dem ich  von  der  Voraussetzung  ausgehe,  dasz  die  Streichung  der  an- 
mittelbar  nach  der  parenthese  kommenden  worte  biaXeröficvoc  auTi|i 
durch  Schanz  und  Wex  gerechtfertigt  sei,  folgende  abrundong  der 
betreffenden  stelle  vor:  biacKOTToOvTi  ouv  iboli  jioi  oOtoc  ö  dvf|p 
boK6iv  ji^v  eTvai  coqpöc  äXXoic  t€  TroXXoTc  dvOpiIiiTOic  Kai  fidXicra 
dauTtu,  elvai  b'  oö. 

ebd.  23^  hat  sich  Schanz  mit  recht  für  die  emendation  von 
FAWolf  (vermischte  Schriften  s.  94)  toGt*  du  erklftrt,  da  e^  sich 
deutlich  herausstellt  dasz,  wenn  toOto  richtig  wäre,  es  nur  auf  die 
später  folgenden  worte  ÖTi  outoc  U)i0üv,  Ü5  dvOpuiTroi,  cocptdroTÖc 
^CTiv  usw.  bezogen  und  nur  unter  der  Voraussetzung,  dasz  nicht 
iTpocK€Xpflc6ai  b^,  sondern  TrpoCK€XP^c6ai  T€  in  dem  text  gestanden 
habe,  gehalten  werden  könnte,  aber  Piaton  wollte  doch  sicherlich 
den  Sokrates  nach  der  behauptung  tö  hl  KivbuV€U€i,  (b  dvbpcc,  Tip 
dvTi  ö  Oeöc  coqpöc  elvai,  dh.  nach  der  behauptung  von  der  absoluten 
Weisheit  des  gottes ,  sagen  lassen ,  dasz  der  gott  ihm  selbst  nur  eine 
relative  Weisheit  beigemessen  und  ihn  nur  wegen  der  erkenntnis 
seines  eignen  nichtwissens  als  den  relativ  weisesten  unter  den  TOm 
Wissensdünkel  aufgeblähten  Athenern  erklärt  habe. 

ebd.  23^  schwankt  die  Schreibung  zwischen  HuvT€TaTM^vuic  and 
HuVT€TajLi^vuJC ,  welches  besser  in  den  sinn  passt  und  in  der  bedea- 
tung  dem  folgenden  ccpobpuic  entspricht,  indessen  würde  das  wachaen 
der  gegen  Sokrates  geschaffenen  misstimmung  viel  anschaulicher  dar- 
gestellt werden,  wenn  die  beiden  momente  des  willigen  anhOrent 
und  des  mit  dem  scheine  der  glaubwürdigkeit  wirkenden  weiterver- 
breitens  auseinander  gehalten  würden,  das  kOnnte  aber  geschehen» 
wenn  Piaton  HuvUvtcc  dc|i^vu)C  Kai  iriOavuic  X^tovt€C  geschrieben 
hätte. 

ebd.  26''  bemüht  sich  Kral  (praef.  s.  XII)  das  von  Schanz  far 
unecht  erklärte  'AvaHairöpou  zu  halten,  indem  er  überdies  Kai  neben 
f{  (welches  letztere  Sauppe  für  Kai  gesetzt  wissen  will)  bestehen 
läszt.  der  verschlag  von  Baiter,  CuJKpdTOuc  für  'AvaSatopou,  hatte 
deshalb  bis  jetzt  die  meiste  Wahrscheinlichkeit,  weil  der  erforderliche 
gegensatz  fehlte  und  somit  das  an  die  spitze  des  satzes  tretende  oTct 
KaTTiTopeTv  in  der  luft  schwebte,  jedenfalls  soll  doch  dem  Meletoa 
begreiflich  gemacht  worden,  dasz  seine  anklage  an  die  falsche  adresse 
gerichtet  sei,  dasz  seine  beschuldigungen  viel  richtiger  gegen  Anaza- 


EJLiebhold:  zur  textkritik  Piatont.  757 

goras  erhoben  werden  würden,  der  hier  gewiBsermaszen  als  der  Ver- 
treter der  23  ^  erwähnten  q)iXoco(poOvT€C  namhaft  gemacht  wird, 
dh.  an  einer  stelle,  die  neben  der  fthnliohkeit  des  sinnes  nns  einen 
deutlichen  fingerzeig  gibt  für  die  heilnng  der  vorliegenden  corrapteL 
dieselbe  lautet  bekanntlich:  kqI  iiT€ibdv  Ttc  adToOc  dpuiT^,  6  Tt 
TTOKjüv  Ka\  ö  Ti  bibdcKUüv,  ^x^^ct  }itv  oöb^v  €iiT€iv,  dXX*  d^cpi- 
fvooOciv,  ha  bk  |if)  boKUüciv  dTiopeiv,  rd  Kord  irdvTUiv  TtSrv  qpiXo- 
cocpouvTUJV  Trpöx€ipa  raura  X^youciv,  6ti  usw.  mit  bezugnahme 
darauf  glaube  ich  schreiben  za  müssen :  dXX'  iE  diTÖpou  icaTTlTOpctc, 
iL  qpiXe  MAiit€;  kqI  oötuü  KaTaq>pov€Tc  T(!lvb€  kqi  oTei  aörodc 
dTTeipouc  Ypa|i|üidTüüv  elvai,  Acre  oök  eib^vai,  an  rd  'AvoEaTÖpou 
ßißXia  ToG  KXa2:o|i€v(ou  T^jiiei  toi3tujv  tiSjv  Xötujv  ;  natürlich  ist 
nebenbei  anzunehmen ,  dasz  das  hinter  'AvoEaTÖpou  stehende  olei 
als  duplicat  des  nachfolgenden  in  den  tezt  geraten  sei.  eine  beleg- 
steile, wenn  auch  nicht  für  Ü  diTÖpou,  so  doch  für  Ü  diröpuiv  findet 
sich  in  den  Gesetzen  11  699^  d)C  ii  diröpuiv  Kai  töt€  i(pa(v€TO 
Y€V€c6ai  TÖ  viKficai  |iaxo|i^vouc,  wo  die  Übertragung  Stallbaums 
lautet :  ^quod  post  desperatam  plane  rerum  snamm  condicionem  et 
fortunam  videbatur  victoria  sibi  pugnantibus  obtigisse.*  übrigens  ge- 
hört wegen  der  analogie  des  gedankens  auch  27*  hierher,  wo  ich 
mit  Schanz  das  überflüssige  TttCra  und  mit  Er&l  oöx(  fallen  lasse, 
dagegen  mit  letzterm  nach  der  autorität  der  codd.  BD  oö  für  cu 
schreibe,  so  dasz  die  werte  lauten :  dXX',  (2  M^XliT€,  odK  JCTIV  diruic 
ouK  d7T07T€ipiJüji€Voc  f)jLnIiv  dtpdipui  xfjv  Tpowp'iv  TaÜTiiv  t{  dnopi&v 
ÖTi  dTKaXoic  djLiol  dXriÖfec  dbtKTijia. 

ebd.  41  ^<^  hat  bekanntlich  Madvig  adv.  crit.  I  s.  368  einen  für 
die  Wortfolge  und  construction  bemerkenswerten  Vorschlag  gemacht, 
indem  er  dvTmapaßdXXovTi  rd  d|üiauToO  TidOri  Trpöc  id  dKCivuJV  mit 
fjUGife  Ktti  auTUj  GaujLiacTfi  Sv  eXr\  f)  biarpißf)  construiert,  von  dem 
voraufgehenden  T€8viiK€V  nur  durch  ein  komma  getrennt  und  d)C 
dfiüiLiai  OUK  äv  dribec  e\r\  ganz  selbständig  ge&szt  wissen  will,  dann 
läszt  er  streng  nach  der  Überlieferung  die  ^orte  Kai  bf|  TÖ  ji^inCTOV 
folgen  und  scblieszt  endlich  dnl  ttöciu  dv  Tic  (nach  tilgung  des  vor 
dv  überlieferten  b')  an  £cTi  b*  ou  so  an,  dasz  diese  werte  ebenfalls 
nur  durch  ein  komma  geschieden  werden,  aber  es  ist  ihm  entgangen, 
dasz  dadurch  eine  einheitlichkeit  der  periode  nicht  erreicht  wird. 
jedenfalls  würde  eine  bedeutsame  Steigerung  der  rede  und  eine  für 
die  einheitliche  construction  zweckmäszigere  Verteilung  erreicht  wer- 
den, wenn  die  annähme  einer  Verschiebung  der  werte  Kai  bf|  TÖ 
|Li€TiCTOV  beglaubigt  werden  könnte  und  Piaton  folgendermaszen  ge- 
schrieben hätte :  inex  iixoxfe  kqI  auTtu  0au|LiacTf|  dv  ein  ^  biaTpißfj 
auTÖGi ,  Ö7t6t€  dvTuxoijii  TTaXajLiribei  Kai  ATavTi  Tiji  TeXa^iuivoc  Kai 
ei  TIC  dXXoc  TÜüv  TraXaiÄv  bid  Kpiciv  dbiKOv  t^0viik€V,  dvTmapa- 
ßdXXovTi  Td  d^auToO  n&Qx]  irpöc  Td  dKeivwv.  die  ifih  oTfiai,  oök 
av  dribec  eiri,  touc  dKei  ÖeTdCovTa  Kai  ^pcuvOövTa  löcTiep  toöc  dv- 
TaöGa  bidteiv,  Tic  bf|  auTifiv  coqpöc  dcTiv  Kai  t(c  oIcTai  jiidv,  &tiv 
V  DU.  Ka\  bf|  TÖ  jLiefiCTOv,  im  Tröcip  dv  Tic,  t5  dvbp€c  biKacrat, 


758  EJLiebhold:  zur  textkritik  Piatons. 

bÖaiTO  dHeidcai  töv  ^ttI  Tpoiav  dtat^ivTa  -rfiv  7roXXf|v  CTpandv 
f|  'Obucc^a  f|  Qcucpov ,  f\  äXXouc  jiupiouc  äv  Tic  diroi  (wofttr  es 
wohl  richtiger  heiszen  musz  jiiupiouc  oOc  äv  Tic  cTttoi)  Kai  ävbpoc 
Ka\  T^vaiKac;  olc  dK€i  biaX^t^cOai  kqi  Huveivai  Kai  d£€TäZciv 
öjuirjxavov  äv  ein  eubaijioviac.  denn  bei  dieser  anordnung  hätten 
wir  zunächst  die  wunderbare  beschäftigung,  sodanp  die  hohe  freude 
und  endlich  den  höchsten  genusz  und  eine  unbeschreibliche  glück- 
Seligkeit,  die  aus  dem  verkehr  mit  den  seligen  geistern  der  beiden*- 
weit  gewonnen  wird. 

Kriton  45®  dürfte  die  lesart  Kai  f)  elcoboc  Tf)c  biKaiocuvric 
Tfic  biKiic  eic  TÖ  biKacTrjpiov  die  eicf^XOev  unhaltbar  sein,  dasz  die 
eicfiXOec  das  richtige  ist,  ergibt  sich  nicht  allein  aus  der  nachfolgen- 
den Wendung  dHöv  jif)  eiceXOeiV;  sondern  auch  aus  Apol.  29^  ou 
beiv  ^jLi^  beOpo  eiceXOeiv  fi,  dneibfi  eicf^XOov  und  aus  Oorg.  522^ 
eiceXOujv  eic  biKacTripiov. 

ebd.  52  °  ist  die  von  Kral  aufgestellte  Vermutung,  dasz  Kai  Tdc 
öjioXoTiac  ein  überflüssiger  zusatz  aus  52  ^  sei ,  nicht  zu  verwerfen, 
wohl  aber  sein  verschlag  auTÖc  an  stelle  des  wahrscheinlich  cor* 
rumpierten  auTOÜc  zu  schreiben,  denn  nicht  auTÖC  würde  einen 
ausreichenden  gegensatz  zu  dem  folgenden  bilden ,  sondern  das  be- 
kannte und  durch  den  Platonischen  Sprachgebrauch  garantierte  ady« 
auOabiüC  (vgl.  Ges.  IV  720^),  so  dasz  die  werte  lauten  würden: 
f\  HuvOrJKac  Täc  Tipöc  f))üiäc  auGabuic  Trapaßaiveic,  oöx  öit6  dväipcTic 
öjLioXofilcac  ovbk  (iTraTT]9€ic  usw. 

ebd.  53°  hat  Schanz  nach  Vorgang  von  Schleiermacher  und  Ast 
bouXeuuJV  gestrichen;  obwohl  es  nicht  unwahrscheinlich  ist,  dasz 
nach  den  worten  UTrepxöjievoc  bi\  ßiujcei  irävTac  dvOpuiiTOUc  nicht 
Kai  bouXeiJuiv,  sondern  Kai  9uj7r€iJU)V  im  texte  stand,  welches  dem 
sinn  und  der  construction  nach  entschieden  zu  äirepxöfievoc  passt. 

Protagoras  316^  lautet  die  Überlieferung:  Hevov  ydp  ävbpa 
Kai  iövTa  eic  TröXeic  lietaXac  Kai  ^v  TauTaic  TreiOovTa  twv  v^uiv 
Touc  ßeXiicTOuc  usw.  dasz  Kai  iövTa  unhaltbar  ist,  weil  kein  an* 
dercs  appositives  part.  vorhergeht,  unterliegt  keinem  zweifei.  des- 
halb trug  Hirschig  kein  bedenken  das  Kai  zu  streichen,  während  Ast 
KaTiovTa  in  verschlag  brachte,  indessen  ist  es,  da  der  sophist  selbst 
in  den  bedeutendsten  städten  nur  vorübergehenden  aufenthalt  nahm, 
viel  wahrscheinlicher,  dasz  Piaton  KaTaXuovTa  geschrieben  habe. 

ebd.  323^^  handelt  es  sich  um  Td  KaXd,  das,  während  Ficinus 
Td  KaKd  schreibt,  von  Schanz  gestrichen  wird.  Kral  tritt  praef.  s.  V 
mit  entschiedenheit  für  die  Überlieferung  ein,  und  zwar  wegen  der 
folgenden  werte  oca  bk  ii  iirijuieXeiac  Kai  dcKrjceuic  Kai  bibaxJ)c 
oiovTOi  TiTvecGai  dtaGd  dv9piJü7TOic,  ddv  Tic  TaÖTa  \ii\  ?x^li  dXXd 
TdvavTia  toutujv  KaKd,  im  toütoic  ttou  oi  t€  Oufiol  yiTVOVTai  Kai 
al  KoXdceic  Kai  al  vou6eTr)ceic.  indessen  verkennt  er,  dasx  das  an 
der  spitze  des  satzes  stehende.  TaÖTa  sich  auf  die  vorhergehenden 
schlechten,  in  den  worten  olov  Touc  aicxpouc  f\  CjiiiKpouc  1^  dcOcvciC 
aufgezählten  eigenschaften  bezieht,  dasz  mit  den  Tdvavria  TOUTOiC 


EJLiebhold:  zur  textkriidk  Platons.  759 

nur  Tä  KaXd  gemeint  sein  können  und  da8z  durch  die  rioh  an- 
schlieszende;  umgekehrte  reihenfolge  (dca  bk  .  •  oloVTOi  f^Tvecdat 
dTaOd  dvOpüJTTOic,  dXXd  rdvavria  Toünuv  Kaxd)  ein  etwas  ver- 
steckter  chiasmus  erzielt  wird,  der  dasselbe  besagt,  wie  wenn  ToOra 
Td  KUKd  —  Kai  rdvavTia  (sc.  rd  KaXd)  und  dyadd,  £dv  Tic  ToCra 
)if)  1x^1  äWoL  TdvavTia  auf  einander  folgten,  dasz  mit  dieser  an- 
nähme die  von  Herwerden  (lect.  Bhenotr^j.  s.  42)  vorgeschlagene 
Streichung  von  xaKd  gerechtfertigt  ist,  liegt  um  so  mehr  auf  der 
hand ,  als  bei  dem  hier  zur  darstellung  kommenden  gegensatz  der 
€  jLiqpuTa  und  KTiiTd  (sowohl  KOKd  als  dioiOd)  mit  dem  ersten  Tdvavria 
die  Ijuqpura  KaXd  und  mit  dem  zweiten  die  KTr|Td  Kcucd  angedeutet 
worden  sind. 

ebd.  325^  hat  Eral  sich  bei  der  fttUe  der  vorschlage,  welche 
die  Worte  CK^ipai  d)C  OaujLiacfuic  TiTVOvrai  oi  dyaOGi  hervorgerufen 
haben;  für  die  an  Schleiermachers  verschlag  (Oaufidcioi  COi)  sich  an- 
lehnende ansieht  von  Eroschel  (d)C  Oaufüidcioi  TiTVOvrai  ol  dtaOoi) 
entschieden,  die  von  demselben  nicht  nur  in  seiner  ausgäbe,  sondern 
auch  früher  (jahrb.  1863  s.  849  f.)  verfochten  worden  ist.  obwohl 
nun  die  möglichkeit  eines  sinnes  weder  bei  CK^tpai,  d)c  Oau^aduic 
TiTVOviai  o\  dfaOoi  noch  bei  CK^Y|iai,  die  Oaufiaciuic  TWvovrai 
dYaOoi  ausgeschlossen  ist,  weil  in  dem  ersten  faUe  dTa6o(  als  prft- 
dicat  und  in  dem  zweiten  falle  oi  dyctdol  dvbpec  als  subject  (aus 
dem  vorhergehenden)  ergänzt  werden  kann,  so  können  doch  der- 
artige ergänzungen  den  Charakter  des  gewaltsamen  nicht  ganz  ver- 
leugnen, am  meisten  scheint  Thompson  mit  dem  verschlag  die  Oau- 
jLiaciujc  dTOTTOi  TiTVOVTai  ot  dtaOoi  auf  der  richtigen  spur  zu  sein, 
weicht  aber  in  der  form  zu  stark  von  der  Überlieferung  ab.  dem 
sinne  nach  meint  er  dasselbe ,  was  mit  einer  unbedeutenden  Verein- 
fachung des  Kroschelschen  Vorschlags  erreicht  wird,  indem  man 
schreibt  CKeipai,  ujc  OaujLidcioi  T^TVOvrai  dtaGoi,  so  dasz  dyaöci 
substantivisch  und  Gaujidcioi  als  das  dazu  gehörige  attribut  zu  ver- 
stehen wäre,  selbstverständlich  bleibt  dabei  die  andere  bemerkung 
von  Kroschel,  dasz  yiTvecGai  hier  wie  355*.  Euthyd.  298®  und 
Gorg.  512^  von  dem  zu  verstehen  ist,  was  aus  den  prftmissen  ge- 
folgert wird,  unangefochten,  so  dasz  die  werte  zu  übersetzen  wären : 
'dann  sieh  zu,  was  für  sonderbare  tugendhelden  herauskommen.' 

ebd.  327^  heiszt  es  an  einer  der  meistversuchten  stellen: 
oÖTiüc  oiou  Kai  vöv,  öcTic  coi  dbiKoiTaTOc  cpaCveiai  ävGpuiTroc 
tOuv  ^v  vöjuoic  KOI  dvGpuiTTOic  TeGpojüiji^vuiv,  biKaiov  aÖTÖv  elvai 
Kai  bTiiLiioupTÖv  ToÜTou  ToO  TrpdTMttToc,  el  b^oi  aöröv  KpivecGat 
TTpöc  dvGpiüTTOuc,  olc  |ir|T€  Tiaibeia  dctlv  jLirJTC  biKacnfipia  ^i^re 
vö)uoi  iAr]bk  dvdTKTi  ^T]b€jiia  bid  TiavTÖc  dvaxKdZiouca  dp€Ti)c  im- 
jueXeTcGai  usw.  mit  bezugnahme  auf  323*^  f\  jLif|  elvai  dv  dvGpifi- 
TTOic  und  auf  die  nachfolgende  wendung  ei  b^oi  atiiTÖv  Kp(v€CGai 
TTpoc  dvGpiüTTOuc  glaubt  Kr41  an  der  stelle  nichts  ändern  zu  dürfen. 
freilich  scheint  weder  LSchmidt  (Philol.  XXXVIII  s.  345)  mit  der 
emendation  dv  dvvö^oic  dvGpiÜTTOic  (im  anschlusz  an  Ficinus)  noch 


760  EJLiebhold:  zur  textkritik  Platons. 

Gobet  mit  der  emendation  ^v  vöfüioic  xai  vo|i(|iOic  dvdpidiroic,  ob* 
wohl  er  damit  den  Wegfall  von  kqi  verhütet,  sondern  am  meisten 
Döderlein  mit  der  Vermutung  ^v  vöfüioic  kqI  ^v  rpöiroic  der  ur- 
sprünglichen  lesart  nahezukommen,  noch  näher  würde  er  vielleicht 
gekommen  sein,  wenn  er  tuiv  iv  vö^oic  Kai  dvOpuüTiivoic  rpö- 
7T  o  i  c  T€9pa)üi)üi^vu)V  geschrieben  hätte,  in  ähnlicher  weise  verbinden 
sich  die  maszgebenden  begriffe  Staat  VII  541^  6coi  &v  TOUC  iraibac 
. .  0p€ipu)VTai  iv  Toic  ccpei^poic  xpÖTroic  kqI  vöjlioic. 

ebd.  347^  hat  das  von  Schanz  verworfene  und  von  Eroschel 
verteidigte  TreTraibeujLi^voi  auch  Er4l  im  texte  belassen,  obwohl  es 
ohne  ein  vorhergehendes  €U  kaum  in  den  Zusammenhang  passt.  sollte 
es  nicht  als  fremdartiger  zusatz  betrachtet  werden  müssen,  so  ist 
es  wahrscheinlicher,  dasz  Piaton  Kai  ^Traibouficvoi  geschrieben 
habe ,  zumal  da  es  mit  dem  nachfolgenden  KOC|iiu)C  begrifflieb  har- 
moniert und  für  die  Situation  geeignet  ist.  das  betreffende  verbum 
findet  sich  zb.  Ges.  XI  921 '  f^rib^v  t6v  ßioböniv  Oeöv  dTiaibecOcfc 

ebd.  348  ^  glaubt  Schanz  TÖV  "OjLiiipov  entfernen  xu  müssen, 
während  es  Kroschel  zu  halten  sucht  und  bemerkt,  dasc  wir  nach 
analogie  von  Wendungen  wie  t(  toCto  X^t^ic  zu  übersetzen  hätten: 
^ich  glaube  dasz  etwas  ist  an  dem  ausspruche  (dem  gedanken) 
Homers'  oder  'ich  glaube  dasz  Homer  etwas  bedeutsames  sagt  mit 
der  ansieht'  usw.  sollte  dagegen  ein  fehler  der  Überlieferung  vor* 
liegen,  dann  dürfte  nichts  zu  entfernen,  sondern  vielmehr  zu  schrei- 
ben sein  fjToO^ai  fäp  Trdvu  X€T€iv  ti  töv  "O/üiiipov  X^tovtq,  gleich- 
wie ein  früheres  citat  (344"*),  nemlich  aiiTOip  dvf)p  dtaOöc  TOT^  pitv 
KttKÖc,  äXXoT€  V  £c9Xöc  mit  der  Wendung  djcirep  Kai  irop'  dXXou 
7roiT]TOÖ  fiapTupeiTai  toO  elirövioc  eingeleitet  wird. 

ebd.  349  ^  hat  Schanz  mit  recht  an  biaqpepöVTUic  anstosz  ge- 
nommen, da  dieses  adverbium  sich  nie  mit  Superlativen  zu  verbinden 
pflegt,  indessen  würde  ein  abschlusz  des  satzes  mit  dvbpeiOTäTGUC 
bi  zu  matt  sein  und  auszerdem  den  rhythmus  der  periode  beeintrftch* 
tigen.  Cobet  dagegen  schreibt  dvbpeiouc  hk  biaqpcpövTUic,  indem 
er  sich  nicht  scheut  zwei  silben  der  rücksicht  auf  den  Sprachgebrauch 
zu  opfern,  eine  Vermittlung  beider  vorschlage  dürfte  mit  der  Ver- 
mutung dvbpeiqi  hl  TidvTUJv  biaqp^povrac  bewerkstelligt 
werden  können.  Schanz  hat  sich  wahrscheinlich  durch  die  that- 
sache  bestimmen  lassen,  dasz  dvbpeiGTdTOUC  bk  ohne  biaq)€pövTuiC 
359^  wiederkehrt;  aber  an  dieser  stelle  schlieszt  die  periode  noch 
nicht  ab,  und  auszerdem  folgt  die  eher  für  als  gegen  unsem  vor- 
schlug sprechende  Wendung  \!i)  fViücei  ÖTi  ttoXu  biaq)^p€l  fl  dvbpcia 

TUJV  fiXXuJV  ^OplUJV  TTIC  dpCTTlC. 

KUDOLSTADT.  KaRL  JuLIUS  LiEBHOLD. 


HMenge :  anz.  v.  KManitius  über  des  Hypsiklee  aohzift  Anaphoxikos.   761 

100. 

DES    HTPSIKLES    SCHRIFT    ANAPH0RIK08    NAOH   ÜBEBLIBFEBÜNa  UHD 
INHALT   KRITISCH  BEHANDELT  VON  DB.  EaBL  MaNITIUS.    piO* 

gramm  des  gymnasiums  zum  h.  kreaz  in  Dresden.    Lehmannsche 
bucbdruckerei.   1888.    XXXI  s.   gr.  4. 

Die  urteile,  die  bisber  ttber  den  dtvaq>optK6c  des  Hypsikles  ge* 
fällt  worden  sind;  batten  wobl  alle  den  text  der  ed.  pr.  (Paria  1657) 
zur  grundlage.  da  der  berausgeber  Mentel  den  inbalt  .der  von  ibm 
edierten  scbrift  offenbar  selbst  nicbt  verstanden,  ist  es  nicbt  zu  ver- 
wundem ,  dasz  die  ausgäbe  eine  fülle  der  grObsten  febler  aller  art 
aufweist,  man  musz  daher  dem  vf.  der  vorstehenden  abh.  dank 
wissen,  dasz  er  sich  der  aufgäbe  unterzogen  bat,  einen  den  anfor- 
derungen  modemer  kritik  entsprechenden ,  lesbaren  tezt  zn  consti- 
tuieren,  und  dasz  er  diese  aufgäbe,  wie  hier  sofort  hervorgehoben 
werden  soll ,  mit  geschick  und  umsieht  gelöst  hat. 

In  der  einleitung  behandelt  der  vf.  die  Hjpsiklesfrage,  die  übri- 
gens nach  den  gründlichen  forschongen  Friedleins,  Ma^rtins  und 
Cantors  von  Heiberg  (studien  über  Euklid  s.  154  iL)  ;Eum  abschlnsz 
gebracht  sein  dürfte,  wenn  s.  III  gesagt  wird,  dasz  Hjpsikles  *nach 
der  überliefemng  der  handschriften'  als  Verfasser  des  14n  und  15n 
bucbes  der  demente  des  Eukleides  gelte,  so  trifft  dies  bezüglich  des 
1 5n  buches  für  die  mir  bekannten  hss.  der  elemente  nicht  zu  (vgl. 
auch  Heiberg  ao.  und  bd.  V  s.  40  seiner  ausgäbe),  nach  einigen 
Vorbemerkungen  über  den  inbalt  des  dvaqpopiKÖC  werden  die  urteile 
der  neuem  mathematischen  bistoriker  über  den  wert  der  scbrift  zu- 
sammengestellt und  dann  ihre  Überlieferung  besprochen. 

Dasz  die  scbrift  zu  dem  sog.  kleinen  astronomen,  dessen  älteste 
bs.  der  in  diesen  jahrb.  1886  s.  183  f.  beschriebene  cod.  Vat.  gr.  204 
ist,  gehörte,  unterliegt  keinem  zweifei.  den  von  dem  vf.  aufgeführten 
hss.  wäre  zunächst  noch  der  Parisinus  n.  2342  chart.  fol.  saec.  XIV 
hinzuzufügen,  die  s.  VIII  citierte  angäbe  Montfaucons,  dasz  in  der 
Vaticana  sich  vier  hss.  des  dvaqpopiKÖc  finden^  ist  richtig;  es  sind 
dies  auszer  dem  bekannten  sammelcodex  191  die  Vaticani  gr.  202 
(bombyc.  4^  saec.  XIV),  203  (bombyc.  fol.  saec.  XIII)  und  204 
(membr.  fol.  saec.  X).  das  ergebnis  der  besprechung  der  bis  in  das 
dreizehnte  jh.  hinaufreichenden  arabischen  hss.  ist,  dasz  der  dva- 
qpopiKÖc  gegen  ende  des  neunten  jh.  von  Ishak  ben  Honain  sowohl 
wie  von  Eosta  ben  Luka  ins  arabische  übersetzt,  dasz  die  Übersetzung 
des  erstem  von  Thabet  ben  Korrah,  die  des  letztem  von  Jakob 
Alkindi  emendiert  wurde  und  ^dasz  Nasireddin  el  Tusi  für  die  recen- 
sion,  die  er  von  den  mittleren  büchem  um  das  j.  1250  veranstaltete, 
der  Übersetzung  des  Kosta  ben  Luka  den  Vorzug  gab',  für  die  ara- 
bische Überlieferung  ist  die  dem  griechischen  texte  gegenübergestellte 
Übersetzung  des  Gerhard  von  Cremona  aus  dem  arabischen  nieht  ohne 
interesse.  indessen  würde  den  berechtigten  wünschen  derjenigen, 
um  derentwillen  überhaupt  den  textausgaben  griechischer  mathema 

Jahrbücher  für  class.  philol.  1888  hft.  11.  50 


762    HMenge:  anz.  y,  EManitius  über  des  Hypsiklcs  schrift  Anaphorikos. 

tiker  lateinische  Übersetzungen  beigegeben  werden,  eine  von  dem 
yf.  neu  angefertigte  Übersetzung  des  emendierten  griechischen  ieztes 
wohl  mehr  entsprochen  haben. 

Hecht  verdienstlich  ist  die  beigefügte  ^ freie  wiedergäbe  des  in- 
halts'  der  schrift.  im  anschlusz  hieran  sucht  der  vf.  nachzuweisen, 
dasz  Hypsikles  sich  in  der  beweisführung  einen  groben  fehler  habe 
zu  schulden  kommen  lassen,  er  meint  nemlich ,  von  einer  fallenden 
arithmetischen  progression  könne  nur  bei  den  südlichen  zeichen  die 
rede  sein;  daher  hätte  Hypsikles  diese  und  nicht  die  nördlichen  in 
betracht  ziehen  müssen,  femer  seien  bei  der  Untersuchung  über  die 
einzelnen  grade  eines  Zeichens  als  zwei  aufeinander  folgende  zeichen, 
von  denen  das  erstere  mehr  zeit  zum  aufgang  gebrauchen  soll  als 
das  letztere ,  'offenbar  widder  und  stier'  angenommen  und  bei  der 
berechnung  der  aufgangszeiten  des  ersten  und  letzten  grades  des 
Widders  werde  unterstellt ,  dasz  es  gleichgültig  sei ,  welches  zeichen 
man  zu  gründe  lege ;  es  ergebe  sich  ein  ganz  verkehrtes  resultat» 
für  den  ersten  grad  des  widders  der  gröszere,  für  den  letzten  der 
kleinere  wert,  diese  Voraussetzungen  des  vf.  dürften  nicht  ganz  zu- 
treffend sein.  Hypsikles  will  die  beweisführung  in  dem  astronomi- 
schen teil  der  schrift  auf  die  vorausgeschickten  Sätze  über  fallende 
Progressionen  stützen;  er  musz  also,  wie  er  es  sp.  9,  11  £f.  (vgl. 
sp.  9;  26)  wirklich  thut,  mit  demjenigen  zeichen  beginnen,  das  die 
längste  aufgangszeit  bat.  selbstverständlich  denkt  er  sich  dabei  die 
zeichen  nicht  aufsteigend,  sondern  bereits  aufgestiegen,  weshalb  dies 
nicht  gestattet  sein  soll,  vermag  ich  nicht  einzusehen,  in  satz  ß  ver- 
fährt Hypsikles  ähnlich,  freilich  passt  hier  die  figur  sp.  7  nicht  mehr. 
sp.  11,  3/4  ist  gesagt,  dasz  die  aufgangszeit  des  stieres  gröszer  ist  als 
die  des  widders;  nach  der  Voraussetzung  von  satz  ß  (sp.  11,  24/25) 
soll  AB  in  längerer  zeit  aufgehen  als  Bf;  also  sind  hier  mit  AB  nnd 
Bf  nicht  Widder  und  stier,  sondern  umgekehrt  stier  und  widder  ge- 
meint:  in  der  neuen  figur  würde  die  reihenfolge  der  buchstaben  aßx 
der  reihenfolge  f  ßot  entsprechen,  weiterhin  bezeichnet  Hypsikles 
allerdings  das  erste  dreiszigstel  des  widders  mit  ay;  &us  den  werten 
sp.  13,  26  geht  aber  deutlich  hervor,  dasz  er  darunter  das  dreiszigstel 
mit  der  grösten  aufgangszeit  versteht  und  in  welcher  richtung  er 
demnach  das  zeichen  des  widders  betrachten  will,  hier  entspricht 
der  buchstab  a  dem  buchstaben  ß  in  der  figur  sp.  7  und  umgekehrt  ß 
dem  dortigen  a.  dasz  man  auch  bei  jedem  andern  zeichen  in  der- 
selben weise  verfahren  kann ,  liegt  auf  der  band,  bei  diei«er  aufTas- 
sung  dürfte  es  mit  dem  ergebnis  der  schrift  nicht  so  schlimm  be- 
stellt sein,  und  es  ist  kein  zwingender  grund  vorhandeni  sie  für  eine 
des  Hypsikles  unwürdige  leistung  zu  erklären. 

Dem  text  hat  der  hg.  den  Ambrosianus  A  101  (A)  saec.  XIV 
zu  gründe  gelegt,  eine  hs.  die  auch  in  Eukleidischen  Schriften  und 
besonders  in  den  zugehörigen  scholien  zahlreiche  eigentümliche  les- 
arten  bietet,  auszerdem  wurden  zwei  weitere  Ambrosiani  (BC),  ein 
Alarcianus  (V)  und  ein  Vindobonensis  verglichen,  ihren  lesarien  aber 


HMenge :  anz.  y.  EManitius  über  des  Hypsikles  sckrift  Anaphoiikoi.    763 

nur  ausnahmsweise  der  vorzag  gegeben,  von  den  oben  erwfthnten 
Vat.  gr.  202  (V»),  203  (V^)  und  204  (V«)  steht  V»>  offenbar  in  der 
engsten  Verwandtschaft  mit  C.  folgende  lesarten  haben  beide  allein 
gemeinsam:  sp.  1,  8  toC  om.  ebd.  cuTK€i)bi^vuiv  sp.  3,  6  Aav 
om.  sp.  5,  8  K€ijLi€VOi  om.  z.  20  dcov  icd  sp.  7,  6  8v  t6  T 
TTpöc  TÖ  €'  fV»>  m.  2  8  r  TTpdc  eO  z.  23  baX  sp.  9,  20  ji^v 
om.  z.  24  0  om.  z.  28  diT€ib/|  sp.  13, 29  tiIiv  Ikkcim^vuiv  dpuiv 
(V^  m.  2  in  marg.)  sp.  16,  6/7  AcT€  Kol  f|  mpicp^peia  ttJc  ot 
(Tiepicp^peia  V^  m^  2  supra).  bezeichnend  ist  femer,  dasz  in  C  sp.  9, 
17—20  dpxofA^vtüV  —  TrXfiGouc  fehlt,  während  in  V»  die  worte 
sp.  9,  20 — 22  Kai  —  nXi^Oouc  ohne  }iiy  von  zweiter  hand  anf  dem 
rande  stehen,  übrigens  finden  sich  die  significanten  fehler  des  G 
auch  in  der  von  dem  hg.  nicht  erwähnten  lateinischen  Übersetzung, 
die  GYalla  in  dem  16n  buche  seines  kolossalwerks  Me  expetendis  et 
fugiendis  rebus'  (Venetiis  1501)  gegeben  hat.  V  *  und  Y  stimmen  an 
folgenden  stellen  allein  überein:  s. 5, 20  dcov  icri om.  sp. 7, 23 
aXb  sp.  9, 12  dvacpopaic  z.  15  ävaqpepo^^voic  statt  irpatMa- 
Teuo|i^voic  sp.  11,  32  toO  om.  niit  den  ausscheidungen  und  Zu- 
sätzen des  hg.  kann  man  sich  durchgehende  nur  einverstanden  er- 
klären, bezüglich  des  Zusatzes  sp.  11,  33/34  bemerke  ich,  dasz  Y ^ 
dpxö|i€vai  dno  jueticTTic  hat,  freilich  sofort  m.  pr.  del.  folgende 
lesarten  würden  wohl  vorzuziehen  sein:  sp.  1, 17  iroXXaTrXaciuiV (Yat. 
omnes)  sp.  3,  22  ^CTi  (Yat.  omnes)  sp.  7,  5  XÖTOV  ixei  (Vat.  191 
y  ^')  sp.  11,  20/21  dXXf^Xoic  (Yat.  omnes).  die gröstenteils  C  ent- 
nommenen ,  unter  den  text  gesetzten  scholien  finden  sich  mit  aus- 
nähme von  (rj)  auch  in  Y^,  dey«auszerdem  noch  einige  Verweisungen 
auf  Eukleides  (paiv6|ui€va  und  ebenso  wie  Y*  und  Paris.  2342  zu 
sp.  9,  11  ff.  noch  die  bemerkung  rauTa  ipeubr]  Xa|ißdv€i  hat.  der 
von  dem  vf.  in  schol.  (g)  für  nötig  erachtete  zusatz  ist  in  Y*  und 
Y^  enthalten;  nur  bieten  diese  hss.  dXX'  statt  Kai.  auch  die'  con- 
jectur  sp.  13, 39  findet  in  der  lesart  von  Y  ^  und  Y*^  u'  (statt  t')  ihre 
bsl.  bestätigung.  als  Variante  von  Y^  hebe  ich  noch  hervor:  schol. 
{tot)  bei  buo  bia|Li^Tpouc  usw. 

Scblieszlich  betone  ich  nochmals ,  dasz  die  arbeit  des  hm.  Ma- 
nitius  anerkennung  verdient  und  den  wünsch  erweckt,  dasz  er  seine 
thätigkeit  auch  fernerhin  demselben  gebiete  zuwenden  möge. 

Mainz.  Heinrich  Mbnoe. 

101. 

ZU  PLAUTUS  AULULAMA. 


733  S.  LY,  Qu4a  istuc  facinus  quöd  tuom 

söUicitat  animum  id  ego  feci  et  fdteor.  EF,  Quid  ego  ex  te  audio? 

LY.  Id  quod  uerumst.  EV.  Quid  ego  (lücke) Emerui^  adiuUsdna^  mäUy 

quam  ob  rem  ita  faceres  mique  meosgue  p4rditum  ires  Uberos? 
wenn  wir  die  reihe  der  versuche  den  vers  735  herzustellen  durch- 
mustern ,  so  müssen  wir  den  verschlag  Gujets  ego  merui  de  ted  zu- 


764  ERedslob:  zu  Plautus  Aulularia  [v.  785]. 

rttckweisen/weil  die  Überlieferung  nach  ego  eine  ergänzung  fordert, 
den  Vorschlag  von  Camerarius  ego  de  ie  nterui  wegen  des  hiatus  nach 
merui  und  den  von  Beiz  de  ted  emerui ,  weil  emerere  bei  Plautus  nnr 
in  der  bedeutung  ^ausdienen'  (6a.  43  uhi  emerüum  sibi  sU  und 
Most.  131  tmum  uhi  emeritunist  Stipendium)^  in  der  Verbindung  de 
cHiquo  überhaupt  nicht  vorkommt.  Brix  versuchte  die  herstellong 
des  verses  mit  dem  compositum  commerere^  das  vorzüglich  passt,  da 
es  bis  in  die  spätem  zeiten  der  spräche  nur  im  schlechten  sinne  an- 
gewandt wird,  also  im  gegensatz  zxxpromerere  steht:  vgl.  über  diesen 
gebrauch  Donatus  zu  Ter.  Ad.  II  1,  47  und  Hec.  III  5,  36  f.  (oom- 
merere  culpam:  Aul.  738  —  me  comfneritum  — .  Gapt  403.  Merc.816. 
Hec.  631.  Phorm.  206;  c,  noxiam:  Trin.  26.  Most.  1178;  c.  maHum: 
Mgl.  531;  0.  aliquid  mali:  Ep.  62;  nihil:  Most.  516;  numquatn quie- 
quam:  Hec.  486;  quid  commerui  aut  peccaui?  Andr.  139;  mit  ut 
Hec.  580).  zugleich  lehrt  aber  auch  der  gebrauch  von  cornmerere^ 
dasz  die  ergänzung  von  Brix  de  ie  mit  den  andern  stellen  bei  Plautus 
und  Terentius  nicht  im  einklang  steht,  dasz  diese  vielmehr  auf  in  ie 
oder  erga  ie  hinweisen:  Ep.  62  uideor  uidere  commeruisse  hie  me 
dbsente  in  ie  aliquid  mali,  Merc.  816  qui  in  se  culpam  eommerent 
und  Hec.  486  quae  numquam  quicquam  erga  me  commerüasty  paier, 
wenn  ich  nun  behaupte,  dasz  Plautus  Aul.  735  quid  ego  ergd  ie 
commerui  geschrieben  habe,  so  bestimmen  mich  dazu  noch  folgende 
gründe:  1)  der  gebrauch  von  erga  in  feindlichem  sinne  bei  Plautus  und 
Terentius  (Aul.  792  si  quid  ego  erga  ie  inprudens  peccaui  aut  gnaiam 
tuam.  Asin.  20  si  quid  tu  med  erga  hodie  falsum  dixeris.  £p.  391 
quasi  quid  ßius  mens  deliquisset  med  erga.  Gas.  513  quid  ego . .  erga 
Venerem  inique  fecerim.  P;<eud.  1020.  Hec.  486);  2)  dieanwendung 
von  erga  und  in  aliquem  ohne  wesentlichen  unterschied  und  xwar  von 
beiden  präpositionen  im  guten  wie  im  schlechten  sinne  (so  steht  bei 
facere  in  der  bedeutung  ^jem.  etwas  anthun ,  gegen  jem.  irgendwie 
handeln'  im  guten  sinne  in  Amph.  184,  erga  Trin.  1128  und  Capt.  416, 
imschlcchtenjenesßacch.  106.  551.  Cas.523.  AsiD.613.  MostlllG. 
Stich.  44  und  Cist.  1 1,  74,  dieses  Gas.  513,  bei  weitem  häufiger  aller- 
dings der  dativ  der  person  Trin.  ;i28.  347.  633. 1047.  Mgl.  168.  670. 
892.  1419  usw.;  dasselbe  gilt  auch  von  den  verben  dicere  und  loqui 
in  der  entsprechenden  bedeutung,  in  Trin.  103.  Bacch.463.  Most.  239. 
Amph.  742.  Asin.  155.  Truc.  157  und  Cure.  479,  erga  Abin.  20,  der 
dativ  Persa  210.  279.  Bacch.  118.  119.  Most.  240.  893.  Men.  309. 
314.  495.  Poen.  507.  564.  617.  1026  usw.;  man  vgl.  hierüber  auch 
Nepos  Ilann,  1, 3  odium  erga  Romanos  und  2, 3  odium  in  Bomanos) ; 
3)  diu  völlig  gluicho  wortfc>tellung  und  betonung  von  Aul.  735  quid 
ego  (jorgä  tey  und  792  quid  ego  erga  /c;  4)  die  durch  den  seltnem 
gebrauch  von  erga  und  die  ähnlichkcit  von  ego  und  erga  gegebene 
orklärung  zur  ontstehung  der  lücke.  der  verschlag  von  üssing  quid 
ego  (jiäm  de  tc}  merui,  gegen  den  sich  von  sprachlicher  beite  nichts 
einwenden  läszt,  erledigt  sich  durch  meine  ergänzung  von  selbst. 
Weimar.  Ernst  Beoslob. 


ACohn:  za  Plaatus  Mile8  gloriotOB  [y.  228].  765 

102. 

ZU  PLAUTU8  MILES  GLOMOSUS. 


V.  222  ff.  lauten  bei  Bitschi: 

coge  in  ohsidium  perdueUis ,  nosMs  praesU^um  para. 

ifUerdude  commeatum  intfmc»«  tibi  mum  uiafn, 

qua  dhatus  camtneatusgue  adte  et  legumea  tuas 

tuto  possü  peruenire. 
doch  ist  y.  223  überliefert  interdudite  inimicis  cammeaium.  da  die 
Unrichtigkeit  des  numerus  des  imperativs  auf  der  band  lag«  nahmen 
schon  F  und  ed.  pr.  die  ftnderung  in  interdude  vor.  dies  nahm  Bitaohl 
auf  und  gewann  durch  Umstellung  der  worte  immicis  commeatum 
einen  metrisch  unanstöszigen  vers.  doch  war  er  selbst  davon  nicht 
befriedigt,  er  fügt  hinzu:  'nisi  gravins  Vitium  subeet;  ac  suspectom 
mihi  esse  commeatum  fateor.'  in  der  that  erweckt  dies  wort  von 
zwei  Seiten  bedenken:  es  kehrt  im  nächsten  verse  wieder  —  und 
dasz  es  da  an  seinem  platze  ist,  zeigt  schon  die  durch  sinn  und  reim 
gesicherte  Verbindung  in  der  es  steht,  qua  dhatus  commeaiusque  — 
und  es  ist  nicht  recht  geeignet  zur  gegenüberstellung  mit  dem  fol- 
genden uiam,  Brix  teilt  die  bedenken  Bitschis,  nimt  aber  in  er- 
mangelung  einer  befriedigenden  besserung  dessen  fassung  in  den 
text  auf.  andere  gehen  weiter.  Lorenz  (Philol.  XXXII  s.  290)  ent- 
fernt commeatum  als  unberechtigten  eindringling  und  erkennt  un- 
zweifelhaft mit  recht  in  der  hsL  lesart  interdudite  die  spuren  eines 
ursprünglichen  interdude  iter^  das  dem  folgenden  muni  viam  voll- 
kommen entspricht,  denselben  gedanken  äuszerten  auch  Madvig 
(adv.  erit.  II  s.  8)  und  andere,  doch  da  nun  der  vers  unvollständig 
war,  so  machte  die  ergänzung  Schwierigkeiten.  Madvig  schreibt 
interdude  iter  inimids,  at  tu  tibi  muni  uiam;  er  meint,  at  tu  hätte 
anlasz  zur  Schreibung  commecUum  gegeben,  doch  es  ist  gar  nicht 
notwendig,  dasz  für  die  einfllgung  dieses  wertes  ein  solcher  änszerer 
anhält  da  war;  als  der  anfang  des  verses  die  gestalt  interdudüe 
inimicis  angenommen  hatte,  muste  der  mangel  eines  objects  zu  einer 
einschaltung  auffordern,  und  dasz  dabei  der  blick  des  Schreibers  auf 
das  in  der  nähe  stehende  commeatum  fiel,  das  auch  dem  sinne  nach 
zu  passen  schien ,  ist  nicht  merkwürdig,  aber  at  tu  ist  auch  an  sich 
nicht  angemessen;  nicht  das  subject  bedarf  der  hervorhebung,  Ubi 
vielmehr  steht  im  gegensatz  zu  inimids]  auszerdem  scheint  es  über- 
haupt mislicb,  diese  beiden  worte  zu  trennen:  sie  haben  ursprüng- 
lich wohl  neben  einander  gestanden  wie  in  v.  222  perdudUs  und 
nostris. 

Lorenz  schlägt  vor  den  fehlenden  fusz  durch  scUe  cate  dacte 
oder  ähnliches  zu  ergänzen,  Bugge  will  contra,  Bibbeck  caute.  dasz 
das  nur  notbehelfe  sind ,  die  vom  gedanken  nicht  gefordert  werden 
und  ihn  nicht  fördern ,  ist  klar.  Bibbeck  geht  in  seiner  herstellung 
von  demselben  gedanken  aus  wie  Lorenz,  weicht  aber  von  der  über- 


766  ACohn:  zu  Plautua  Miles  gloriosus  [v.  223]. 

lieferten  Wortfolge  ab  und  schreibt:  interdude  inimicis  itiner^  caute 
tibi  muni  tiiam^  ein  Vorschlag  der  wohl  wenig  beifall  finden  wird. 
OSejfifert  (philol.  anz.  I  [1869]  s.  119)  geht  einen  ganz  eignen  weg: 
er  will  schreiben  interdudUo  inimicis  meatum,  tibi  moeni  uiatn.  hier- 
bei ist  interduditOj  das  auch  Camerarius  schrieb;  inmitten  von  lauter 
formen  des  praesentischen  imperativs  wohl  möglich,  doch  höchst  un- 
wahrscheinlich, auszerdom  leidet  aber  der  vers  an  metrischen  ge- 
brechen, so  dasz  Seyffert  wohl  selbst  nicht  mehr  an  diesem  gedanken 
festhalten  wird,  auch  HAKoch  (jahrb.  1870  s.  61)  schlägt  einen 
besondern  weg  ein.  er  schreibt  interdude  inimicis  omnis  ctditus^  ein 
Vorschlag  der  zwar  in  der  Überlieferung  gar  keine  stütze  hat  und 
darum  wenig  Wahrscheinlichkeit  besitzt,  der  aber  der  einzige  ist,  der 
den  forderungen  des  gedankens  genüge  thut.  denn  Periplecomenus 
will  sagen:  'schliesz  die  feinde  eng  ein^  den  unsem  bringe  rettung, 
den  feinden  schneide  alle  wege  ab,  dir  bahne  einen  weg',  und  nur 
so  kann  er  sprechen ;  aber  nicht  kann  er  sagen :  ^schliesz  die  feinde 
ein ,  schneide  ihnen  den  weg  ab' :  denn  mit  dem  abschneiden  eines 
weges  oder  des  weges  ist  der  zweck  nicht  erreicht,  ^alle  wege'  hat 
Plautus  sicherlich  gedacht  und  geschrieben,  der  plural  ist  also  er- 
forderlich und  ein  dem  sinne  angemessenes  adjectiv. '  ein  wort  für 
*weg'  braucht  man  aber  nicht  mit  Koch  weit  herzuholen,  die  Über- 
lieferung interdudite  weist  deutlich  genug  darauf  hin.  es  wird  also 
geschrieben  werden  müssen  interdude  itincra.  dem  doppelten  be- 
dürfnis  der  ergänzung  des  vorses  und  der  zusetzung  eines  dem  sinne 
gemäszen  adjectivs  wird  man  wohl  am  besten  durch  einfttgung  von 
cunda  gerecht  werden  können,  der  vers  würde  somit  lauten : 
interdude  itinera  cuncia  inimicis^  tibi  muni  uiam. 
prosodische  oder  metrische  bedenken  stehen  nicht  im  wege;  nur 
cunda  ist  nicht  gesichert  (auch  toia  wäre  vielleicht  möglich) ,  alles 
andere  findet  noch  weitere  stützen,  denn  jetzt  ist  die  völlige  ent- 
sprechung  der  beiden  Satzglieder  auch  hinsichtlich  der  Wortstellung 
wiedergewonnen ;  namentlich  scheint,  wie  schon  oben  bemerkt  wurde, 
die  nebcneinanderstellung  der  beiden  einander  gegenüberstehenden 
werte  inimicis  und  tibi  geboten,  wie  auch  der  analog  gebaute  vor- 
hergehende vers  cogc  in  obsidium  jicrdudlis  ^  nostris  praesidium  para 
eine  nur  noch  strenger  durchgeführte  chiastische  Wortstellung  auf- 
weist, auszerdem  scheint  sich  aber  bei  dieser  gestaltung  des  verses 
auch  die  entstehung  des  verderbnisses  leicht  erklären  zu  lassen,  ein 
gedankenloser  schrciber  konnte  leicht  von  der  silbe  in  von  itinera 
auf  die  gleichlautende  silbe  von  inimicis  überspringen;  so  entstand 
interdude  it inimicis^  daraus  wurde  interdudite  inimids  hergestellt 
und  endlich  dem  mangel  eines  objects  durch  heraufnahme  des  wertes 
commcatum  aus  dem  folgenden  verse  abgeholfen. 

Berlin.  Albert  Cohn. 


PStamm:  zur  lateinischen  grammaiak  und  ttUistik.  767 

103. 

ZUR  LATEINISCHEN  GRAMMATIK  UND  STILISTIK. 


1.  Zur  syntaxis  convenientiae. 

Durchmustert  man  die  Beispiele ,  die  in  den  granunaiischen 
büchern  für  die  regeln  über  die  Übereinstimmung  des  prädicats- 
nomens  bzw.  des  pron.  relativum  oder  demonstrativum  bei  saoh* 
liehen  subjecten  mit  verschiedenem  genas  stehen ,  so  vermiszt  man 
eine  Unterscheidung  zwischen  dem  sprachgebrauche  des  Cicero  und 
Caesar  einerseits  und  dem  des  Sallustius,  des  Livius  und  der  spfttern 
Schriftsteller  anderseits,  nun  aber  ist  bekanntlich  für  den  Stilisten 
der  Sprachgebrauch  des  Cicero  und  Caesar,  wenn  er  sich  in  irgend 
einem  punkte  von  dem  des  Livius  und  Sallustius  unterscheidet,  masz- 
gebende  norm,  und  man  sieht  nicht  ein,  warum  es  in  dem  vorliegenden 
falle  anders  sein  sollte,  von  den  grammatikem  werden  nemlich  sfttze 
wie  divUiae  et  honores  incerta  et  caduca  sunt  und  solche  wie  mwrus 
et  porta  de  cado  tada  erant  ohne  bedenken  als  gleichartig  neben  ein- 
ander und  mit  einander  citiert,  obwohl  dieselben  wesentlich  verschie- 
den sind  und  Cicero  in  dem  satze  aus  Livius  facta  erant  nicht  würde 
geschrieben  haben,  dies  würde  er  nur  dann  gethan  haben,  wenn 
der  satz  derartig  wäre,  dasz  zur  sinngemäszen  Übersetzung  im 
deutschen  ein  substantivum  allgemein  abstracten  inhaltes  angewandt 
werden  könnte,  als  da  sind  'wesen,  begriffe,  verhftltnisse ,  eigen- 
sebaften,  besitztümer,  guter,  übel,  Vorzüge,  fehler,  f&higkeiten,  er- 
scbeinuDgen'  udgl.,  was  offenbar  bei  dem  zuletzt  angeführten  satze 
nicht  zutrifft,  wohl  aber  bei  dem  ersten,  weiterhin  ist  es  nun  aber, 
vorausgesetzt  dasz  eines  der  genannten  substantiva  bei  der  Über- 
setzung an  Wendung  finden  kann,  ganz  gleichgültig;  ob  nur  6in  sub- 
ject  oder  mehrere  vorhanden  sind,  ob  sie  dasselbe  oder  verschiedenes 
genus  haben ,  und  sogar  ob  dieselben  lebende  wesen  oder  sächliche 
nomina  sind :  in  allen  diesen  fällen  setzt  der  Ciceronische  Sprach- 
gebrauch, dem  hier  auch  Livius  und  die  spätem  folgen,  das  prädicats- 
adjectiv  oder  das  bezügliche  pron.  rel.  und  demonstr.  in  das  neutrum 
des  pluralis ,  wie  man  dies  ja  auch  nicht  anders  denn  als  natürlich 
uud  sinngemäsz  bezeichnen  kann.  Cic.  de  fin.  JJl  39  etidtUiam  et 
tlmiditatem  et  intemperantiam  dicimtis  esse  fugienda  *»  *zu  meidende 
eigenschaften  oder  fehler'*;  Livius  XLIV  24,  2  inimica  esse  liberam 
civitatem  et  regem  =  ^unvereinbare  begriffe',  auch  musz  es  offenbar 
heiszen :  servus  et  dominus  contraria  sunt  in  dem  sinne  von  'entgegen- 
gesetzte begriffe',  nimt  man  dagegen  dem  satze  aus  Livius  seine  all- 
gemeinbeit  und  gibt  ihm  etwa  folgende  form:  'in  Syrakus  lebten  die 

*  dasz  in  diesem  satze  auszerdem  fugiendas  sowie  auch  fugiendam 
möglich  wäre,  ist  eine  sacbe  für  sieb,  ein  wesentlich  anderer  fall  liegt 
vor  in  dem  satze  des  Sallustius:  nox  atque  praeda  remorata  sunt  sowie 
in  den  meisten  übrigen  bei  Draeger  bist,  sjntax  §  109  aus  historikem 

citierten  sätzen. 


768  PStamm:  zur  lateiniBchen  grammatik  und  stiliBtik. 

bürgerscbaft  und  der  tyrann  in  feindscbaft',  so  musz  statt  des  nen- 
trums  offenbar  das  masculinum  eintreten  {civUas  «»  cives)^  and 
ebenso  mttste  es  zb.  beiszen :  optandum  est,  ut  dominus  ac  servus  cari 
inter  se  sint. 

Stimmt  also  in  diesem  punkte  der  sprachgebraucb  des  Livius 
und  Sallustius  mit  dem  Ciceros  überein,  so  zeigt  sich  eben  darin  die 
abweicbung,  dasz  Livius  und  Sallustius  und  die  spätem  das  neutrum 
des  plur.  anwenden  auch  ohne  dasz  die  oben  für  Cicero  als  not- 
wendig bezeichnete  bedingung  vorbanden  ist.  daher  findet  man  bei 
diesen  Schriftstellern  sätze  wie:  Or cum  ä  Corinthus  tuend a  sunt; 
de  caelo  tacta  erant  via  publica,  aedes  lavis,  murus  et  turris;  aurum 
äpurpuram  data  non  accipiehant  usw.,  obwohl  hier  eine  anwendung 
der  oben  genannten  abstracten  substantiva  nicht  möglich  ist.  wie  ver- 
fährt aber  Cicero  in  diesem  falle  ?  bei  ihm  stimmt  ganz  einfach  das 
prädicatsnomen  mit  einem ,  in  der  regel  mit  dem  zunächststehenden 
substantivum  überein;  er  würde  also  geschrieben  haben:  murus  et 
porta  de  caelo  tacta  est  (was  übrigens  nebenbei  auch  Liyins  und 
Sallustius  thuu). 

Folgende  stellen  mögen  das  gesagte  noch  näher  beleuchten : 
Cic.  Tusc.  II  35  lahor  et  dolor  finitima  sunt  (begriffe) ;  1 67  sagacitM^ 
memoria  y  motus^  celeritas  divina  sunt  (eigenscbaf ten) ;  11 14  quae  ut 
effugias  (übel) ;  I V 1 6  siib  metum  subiecta  suftt  pigr'üia^  pudar^  terrar^ 
timor  (leidenschaften  als  individual begriffe,  die  unter  6inen  gat- 
tungsbegrifif  fallen);  24  existit  morbus  et  aegrotatio^  quae  evdli  in- 
veterata  non  possunt  (übel) ;  acad,  I  20  celeritatem  et  memariam^  quo- 
rum  utrumque  usw.  (guter ,  fäbigkeiten) ;  de  fin.  I  25  quid  litterae^ 
qiiid  historiae  cognitioque  rerum ,  quid  poetarum  evolutio  .  .  affert?  .  • 
haec  ipsa  mihi  sunt  volupiati  (beschäftigungen) ;  lU  49  divitiae  non 
modo  duces  sunt  ad  voluptatem  et  ad  bonam  valäudinem^  sed  etiam 
ca  coniinent  (vorteile,  guter) ;  III  35  perturbaiiones  nuUa  naturae  vi 
commoventur^  omniaque  ea  sunt  opiniones  (dergleichen  zustftnde); 
IV  35  summa  erant  illa^  valetudo^  vacuitas  döloris^  pulchrüudo 
(guter);  de  div.  II  62  qui  magis  anguibus  quam  Jacertis^  quam  muri- 
bus?  quia  sunt  haec  coiiidiana  (eräcbcinungen) ;  de  fato  42  c^Undrum 
et  turbincm,  quae  moteri  incipere  nisi  ptilsa  non  possunt  (gegen- 
stände); de  off.  II  14  ductus  aquarum^  derivationes  fluminum^  moUs^ 
portuSy  quae  unde  sine  hominum  opcra  habere  possemus?  (nützliche 
einrichtungen). 

Dagegen  beiszt  es  or.  178  poetica  et  versus  inventus  est  termina- 
Hone  aurium;  de  nat,  d.  I  66  ex  his  effectum  esse  caehtm  atque  terram^ 
acad.  II  65  mores  et  naiuram  condemnandam  puto;  de  fin.  V  71 
motus  fotiunae  mutationcsquc  rerum  imbecillos  fore  intcllegunt\  de  leg. 
I  1  luctis  nie  et  haec  quercus  agnoscitur  saepe  a  me  lectus  in  Mario  \ 
de  rep.  I  64  nYcim,  honorem^  decussibi  datum  esse  iustitia  regis  existi- 
mant]  IV  4  quam  contreciationcs  et  amores  soluti  et  liberif  in  CatiL 
III  18  visas  faces  ardorcmque  cacli.  an  diesen  stellen  hat  aus  dem 
oben  dargelegten  gründe  die  Übereinstimmung  mit  einem  der  subjecte 


PStamm :  zur  lateinischen  gxammatik  und  Stilistik.  769 

verschiedenen  geschlechtes  stattgefunden,  und  sfttse  wie  pcrta  d 
murK^  de  cado  taäa  stmt  wird  man  vergebens  bei  Caesar  und  Cicero 
suchen ,  wenn  man  von  6iner  widersprechenden  Gicerostelle  absieht, 
die  aber  eben  deswegen  im  höchsten  grade  kritisch  verdfichtig  ist. 
es  ist  dies  die  stelle  de  div.  1 128  gm  cursitm  rerum  eveniorumg^e 
consequentiam  diuturnUate  pertrackUa  notavenmt  Qigb  perUradaiam). 

2.  Über  ipse. 

1.  Der  Antibarbarus  von  Erebs-Schmalz  sagt  I  s.  724,  dasz  ipse 
in  negativen  Sätzen ,  wo  'selbst  nicht'  oft  so  viel  sei  als  *nicht  ein- 
mal' ,  nicht  gebraucht  werden  dürfe,  dies  ist  eine  irrtttmliche  be- 
hauptung,  da  ipse  non  in  der  bedeutung  *aach  nicht'  oder  ^nicht  ein- 
mal', also  f\Xrne  —  quidem^  ganz  gewöhnlich  ist  dasz  ^pse  unter  am- 
ständen  mit  'auch'  oder  dem  steigernden  ^selbst'  zu  Übersetzen  ist, 
kann  nicht  bestritten  werden  angesichts  solcher  stellen  wie  Cic.  de 
fin.  Y  49  verti^  ut  quaedam  Homeri^  sie  istum  ipsum  locum  (*so  auch 
jene  stelle',  also  für  das  beliebte  ut  —  510  eUam) ;  de  fato  24  de  ipsa 
atomo  dici  potest,  cum  per  inane  moveatur  grtwUaie  etpondere^  sine 
causa  moveri  (Vas  von  der  bewegfing  der  seele,  das  gilt  auch  von 
der  eines  atoms');  ebenso  ist  Lael.  22  quae  tarnen  ipsa «»  'welche 
immerhin  auch',  ebd.  68  ae.  locis  ipsis  »» locis  quoque^  vgl.  in  Verrem 
1  51]  de  div.  II  14  Qiaec  ipsa)  und  2Wc.  Y  62  iam  ipsae  defluehant 
coronae  =  'schon  glitten  auch'  usw.,  nicht  •«  'von  selbst'^  wie  er- 
klärt wird,  an  andern  stellen  hat  ipse  offenbar  steigernde  kraft,  wie 
Lad.  86  a  muUis  virtus  ipsa  coniemnitur  •»  'sogar'  (s.  Kühner  ausf. 
lat.  gr.  §  118,  4;  Draeger  ao.  §  34);  in  Verrem  I  38  ipse  SuUa;  p. 
Mur,  63  ipsum  sapientem  irasci  non  numquam;  p,  Mü.  59  morte 
ipsa,  wenn  also  ipse  zuweilen  *s  'auch'  oder  'sogar'  ist,  so  läszt  sich 
von  vorn  herein  nicht  absehen,  warum  nicht  'auch  nicht'  oder  'selbst 
nicht  =  nicht  einmal'  sollte  mit  ipse  non  gegeben  werden  können, 
natürlich  nur  vor  Substantiven  und  substantivischen  ausdrücken: 
de  fin,  126  oliena  dixit  in  physicis  nee  ea  ipsa  quae  tibi  prohareniur 
(s.  Zumpt  lat.  gr.  §  698);  Tusc.  II 17  at  id  quidem  iUi  tp^i,  qui . . 
negant,  non  solent  dicere\  deoff,JIS  hoc  ipsum  prohäbUe  ducere  non 
possä\  de  div.  I  34  ipsa  sors  contemnenda  non  est]  in  Catü.  lY  8  non 
mortem  ipsam  esse  pertimescendam,  —  Stilistisch  von  der  grösten 
bedeutung  ist  ipse  non  in  Verbindung  mit  dem  relativum,  da  dieses 
nicht  zwischen  ne  —  quidem  gestellt  werden  kann:  Tusc,  Y  20 
Xerxcs  praemium  proposuü,  qui  invenisset  novam  voluptatem^  qua 
ipsa  non  fuisset  contentus  ('mit  dem  er  dann  auch  nicht  zufrieden 
gewesen  wäre') ;  de  not.  d.  II 47  quod  mihi  tarnen  ipsum  non  pidetur 
(^was  ich  indessen  auch  nicht  glaube');  Livius  lY  32,  2.  wollte  man 
beim  relativum  ne  —  quidem  gebrauchen ,  so  müste  ein  demonstra- 
tivum  zu  bilfe  genommen  werden:  de  div,  I  128  qui .  .  notaveruni^ 
aut  semper  aut^  si  id  difficHe  est^  plerumque^  quod  sineid  quidem 
concedüur^  non  numquam  certe  .  .  intdkgunt  («>  quod  ipsum  si  non 
conceditur). 


770  FStamm :  zur  lateinischen  grammatik  und  Stilistik. 

2.  In  andern  Verbindungen  ist  das  pronomen  ipse  mit  *wie* 
derum'  oder  'weiterhin'  udgl.  zu  übersetzen,  mittels  desselben  geht 
in  diesen  fällen  die  darst^llung  zu  einer  nähern  ausführung  über, 
indem  sie  etwas  zunächst  nur  in  allgemeiner  fassung  gesagtes  nSher 
specialisiert  oder  von  einem  begriffe  höherer  Ordnung  zu  einem  unter- 
gliede  desselben  herabsteigt:  Cic.  de  not,  t2.  I  9  hortata  etiam  est^  ui 
me  ad  haec  conferrcm,  animi  aegritudo,  cuius  si  maiorem  äliquam 
levationem  rcperire  potnissem^  non  ad  hanc  potissimum  confugissem. 
ea  vero  ipsa  nuUa  ratione  melius  frui  potui,  qtiam  si  me  non  modo  ad 
legendos  libroSy  sed  etiam  ad  totam  philosophiam  perfractandam  de- 
dissem:  Ciceros  trost  sollte  die  philosophie  sein  und  zwar  nS her 
bestimmt  so,  dasz  er  philosophische  werke  nicht  blosz  zu  lesen, 
sondern  auch  zu  schreiben  sich  vornahm,  de  off.  I  73  ad  rem  gertn* 
dam  qni  accedif ,  caveat  ne  id  modo  consideret ,  quam  illa  res  honesta 
Sit ,  sed  etiam  ut  haheat  efficiendi  facuUatefn ;  in  quo  ipso  consideran- 
di(m  est^  ne  aut  . .  aut  .  .  ('und  hiebei  wiederum') ;  s.  ebd.  67 ;  Tusc. 
Y  38  natura  hestias  esse  voluit  serpentes  quasdam^  quasdam  gradientcs; 
earum  ipsanim  2)artim  ,  .partim  usw.  ('von  den  letztern  wiederum') ; 
acad.  136  alia  secundum  naturam  dicehat^  dlia  naturae  esse  contraria. 
his  ipsis  alia  intericcta  et  media  numerahat  (ebenso).  —  Bemerkens- 
wert ist,  dasz  in  dieser  bedeutung  gern  &\ich porro  gebraucht  wird: 
2\isc.  I  18  mors  quid  sit  primum  est  videndum;  sunt  qui  di^essum 
animi  a  corpore  . .  quid  sitporro  ipse  animus^  magna  dissensio  est;  Cato 
7n.  43  sacpe  audivi  ex  maioribus  natu^  qxii  se  porro  pueros  a  senibus 
audisse  dicchant ;  p.  SBoscio  70  prudcntissima  civitas  Atheniensium 
fuisse  traditur;  eius  porro  civitatis  sapientissimum  Sdonem  dicunt 
fuisse'^  Caesar  h.  gdll.  V  27,  4  ncquc  voluntate  sua  fccisse^  sed  coadu 
civitatis  .  .  civitati  porro  hanc  fuisse  belli  causam  usw.  überall  wird 
hier  mit  der  partikel  porro  der  sache  näher  auf  den  grund  gegangen, 
und  überall  könnte  für  porro  auch  ipse  gesetzt  werden  (oder  beides, 
wie  Thsc.  I  18). 

3.  Der  gebrauch  des  abgeschwächten  ipse  für  is  oder  Hie  ohne 
jede  hervorhebung  wird  allgemein  den  spätem  Schriftstellern  zuge- 
wiesen (Driiger  §  36,  3;  Antibarb.  I  s.  724;  Schmalz  zu  Reisig- 
Haase  §  210).  indessen  wird  man  den  gebrauch  dieses  tpse  auch  dem 
Cicero  nicht  ganz  absprechen  können ,  der  es  aus  rücksicht  auf  den 
Wohlklang  gebraucht  zu  haben  scheint,  wenn  das  pronomen  is  in 
demselben  oder  in  einem  andern  casus  kurz  vorher  stand:  de  leg, 
II  50  quod  patcr  familias  in  eins  donatione^  qui  in  ipsius  jx>testate  cst^ 
npprohavit^  ratum  est ;  de  off.  1 06  virtus  nos  ad  se  allicU  facitque^  ut  eos 
ddigamus,  in  quihus  ipsa  incsse  vidcatur-,  Brut.  101  eius  omnis  in 
diccfido  facultas  ex  historia  i2}sii(s  i)erspici  polest-^  defin.  III  39  iniusti' 
tiam  et  intcmpcrantiam  dicimus  esse  fugienda  propter  eas  res,  quae  ex 
ipsis  cvcniunt.  freilich  ischeute  Cicero  anderseits  auch  nicht  mehr* 
iiialigc  sogar  gleiche  formen  des  pronomen  is  neben  einander:  Brut» 
177  sunt  eius  aliquot  orntiones,  ex  quihus  sicut  ex  eiusdem  tragoediis 
Ici'itas  eins  2ierspici  jätest]  p.  Tullio  20  jwsse  cum  cum  eo  discepiare^ 


PStamm:  zur  lateinischen  grawimatik  und  stüistik.  771 

3.  Das  betonte  etiam. 

In  den  grammatischen  büchem  findet  man  angegeben,  dass 
etiam  vor  oder  nach  dem  worte,  zu  dem  es  gehöre,  also  dem  betonten 
stehe,  hierbei  ist  nicht  beachtet,  dasz  etiaim  auch  selbst  betont  sein 
kann ,  ganz  in  derselben  weise  wie  unser  'auch',  namentlich  findet 
dies  statt,  wenn  etiam  nach  dem  relativum  steht  (irrtttmlich  vom 
Antibarbarus  u.  gut  und  etiam  in  abrede  gestellt):  Cic.  de  off.  TEL  10 
accedit  eodem  testis  hcuples  PosidofdUs^  gui  äiam  scnbit  usw.  (*  wel- 
cher auch',  d.  h.  'ebenfalls');  de  fin.  Y  2  venit  miiM  PUUonis  in  mm- 
tem  .  .  cuius  etiam  iXli  hortuti  memoriam  afferunt  ('wie  an  andere 
berühmte  männer,  ebenso  an  P.',  also:  'an  den  auch'  oder  'eben- 
falls') ;  Tusc.  V  31  Epicfwrus  exorüur^  cui  etiam  videtur  semper  sapiens 
heattis  ('ebenfalls');  ebd.  I  110  secundis  vero  rebus  volet  etiam  mori 
(^ebenfalls,  auch');  ebd.  56  haec  emm  etiam  dicimtM  vivere  ('von 
diesen  wesen  sagen  wir  auch,  dasz  sie  leben'). 

4.  Über  cor. 

'In  das  menschenherz  ist  die  Überzeugung  von  dem  dasein  der 
gottheit  eingepflanzt'  heiszt  bekanntlich :  in  cminUs  oder  mentibus 
hominwm  usw.^  und  die  stilistischen  lehrbücher  warnen  davor  hier 
cor  zu  gebrauchen,  diese  wamung  hat  in  diesem  falle  und  andern 
gleichartigen  auch  ihre  volle  berechtigung ,  wenigstens  was  den 
Sprachgebrauch  der  classischen  prosa  anbetrifft,  anders  freilich  liegt 
die  Sache,  wenn  mit  'herz'  noch  andere  körperteile  zusammen  ge- 
nannt sind;  in  diesen  fällen  gestattet  auch  der  Ciceronische  Sprach- 
gebrauch die  Übersetzung  mit  cor^  ohne  dasz  dieses  die  bildliche  be- 
deutung  ablegt:  de  fin.  II  24  nee  enim  sequitur^  tU  cui  cor  sapiat,  ei 
non  sapiat  palatus,  s.  ebd.  dl\de  erat,  in  61  discidium  Unguae  atgue 
cordis,  ebenso  verhält  es  sich  mit  pectusi  de  orat,  III  121  non  solum 
acuenda  nohis  lingua  est,  sed  onerandum  pectus  maximarum  rerum 
copia.  es  ist  deshalb  nicht  unbedingt  notwendig  acad,  II  89  die 
Worte  cor  sibi  cum  oculis  consentire  als  dichtercitat  mit  anführungs- 
zeichen  zu  versehen. 

5.  umis  —  aUer  und  aUer  —  äUer. 

Es  fragt  sich,  wann  'der  eine  —  der  andere'  mit  unus  —  aUer 
und  wann  mit  älter  —  aUer  zu  geben  sei.  vergleicht  man  eine  reihe 
von  stellen  mit  einander,  so  findet  man  leicht,  dasz  der  unterschied 
im  gebrauche  von  unus  —  alter  und  aUer  —  aUer  folgender  ist: 
alier  —  alter  ist  in  jedem  falle  zulässig,  imus  —  a2<er  jedoch  nur 
dann,  wenn  duo  vorhergeht;  doch  steht  auch  in  diesem  falle  a2^er  — 
alter  mit  verliebe  beim  gen.  partitivus:  Caesar  h.  civ.  II  31,  1  Ourio 
utrumque  inprohans  consüium  guantum  alteri  smtentiae  deesset  ommi, 
tantum  alteri  superesse  dicehat\  ebd.  III  15,  6  logutmtur  ambo  cum 
M/  Acilio  et  Statio  Marco  legatis^  guorum  aUer  oppidi  m/uris^  aUer 
praesidiis  tcrrestribus  praeerat]  51,4  aUae  sunt  legati  partes  aigue 


772  PStamm :  zur  lateinischen  giammatik  und  stilitttik. 

imperatoris;  alter  omnia  agere  ad  praescriptum,  älter  lihere  consulere 
dehet]  Cic.  Cato  m.  65  inteUegi  potest  ex  iis  fratrihus,  qui  inAdelphis 
stmt;  quanta  in  aUero  diritas,  in  altero  comitas!  man  vergleiche  femer 
Caesar  h.  dv,  III 109,  5 ;  Cic.  Tusc.  II 47 ;  IV  5 ;  V  86 ;  cte  fin.  IV  65 ; 
de  nat.  d.  III  69;  Livius  III  10,  9;  IV  3,  4.  —  ad  11:  Caesar  h.  civ. 
n  1 ,  2  duahus  ex  partibus  turres  ad  qppidum  agere  coepü :  una  erat 
proxima  portui,  altera  usw.  lU  88, 1  legiones  duae  traditae  a  Caesare^ 
quurum  %ma  prima  y  altera  tertia  appeüahatur;  h,  gaU,  I  53,  4  duae 
fuerunt  uxores,  una  Sueha  natione^  altera . .  fuerunt  dxiueßiae:  harum 
altera  occisa,  altera  usw.;  Cic.  de  fin.  IV  59  si  duo  honesta proposita 
sint,  aUerum  cum  valetudine^  alterum  cum  morbo  usw.;  de  div.  I  11 
duo  sunt  divinandi  genera^  quorum  alterum  artis  est^  dUerum  naiurae» 
vgl.  Caesar  &.  civ,  III  21, 1  (wo  äliam  <=»  alteram)\  Cic.  Tusc,  II  47; 
IV  10;  de  nat.  d.  II  32;  49  (zweimal);  de  div.  I  4;  34;  91;  de  faio 
18;  39;  de  leg.  II  5;  61;  de  fin.  II  20.  —  Mit  einem  substantiyom 
endlich  in  demselben  satze  verbindet  sich  meistens  aUer  —  alter:  Cic. 
in  Verr,  ad.  I  27  fratrem  suum  aUerum  SicUiam  ohtinere^  alterum 
esse  quaesiturum  de  usw.  Lad.  63  cum  ex  altera  parte  proposita  haec 
sint ,  ex  altera  ius  amicUiae ;  Livius  IV  9 ,  4  virginem  pHebei  generis 
petierc  iuvenes  alter  virgini  genere  par,  nohilis  alter,  dagegen  Caesar 
h.  civ.  III  108,  4  tahulac  testamenti  unae  Eomam  erant  aüataCy 
aUerae  Alexandriae  profcrchantur. 

6.  Ober  veritas. 

Der  Antibarbarus  II  s.  661  sagt:  %'eritas  ist  die  Wahrheit,  aber 
immer  nur  in  abstracto  als  gedachte  Wirklichkeit,  wer  dagegen  in  einem 
thalKächlichen ,  wirklichen  falle  die  Wahrheit  spricht,  sagt,  gesteht^ 
zu  hören  und  zu  erfahren  wünscht,  in  irgend  einer  sache  die  Wahrheit 
sucht,  von  dem  sagt  man  verum  oder  vere,  vera  dicit^  loquitur^  fatetur^ 
audire  vel  scire  vult ,  verum  in  äliqua  re  quaerit  —  und  andere ,  in 
welchen  veritas  unpassend  wäre.'  diese  Unterscheidung  dürfte  nicht 
stichhaltig  sein  gegenüber  der  stelle  de  imp.  Pomp.  51  in  hac  causa 
omissis  auctoritatibus  ipsa  re  ac  ratione  exquirere  possumus  veritatem. 
veritas  heiszt  eben  die  Wirklichkeit,  gleichviel  ob  in  abstracto  oder 
in  einem  gegebenen  falle;  doch  die  Wirklichkeit  kann  man  nicht 
sagen,  auch  nicht  hören  oder  eingestehen,  wohl  aber  erkennen,  er* 
forschen,  suchen,  finden,  üobhalb  ist  es  in  keinem  falle  erlaubt  zu 
sagen  veritatem  dicere,  audire  ^  fateri,  wohl  aber  veritatem  cogno» 
scerCf  investigare,  exquirere,  invenire,  prope  ad  veritatem  accedere 
udgl.  (neben  verum  cognoscere,  investigare  usw.):  C'ic.p.  Clucntio  142 
causa  pcrspcda  atque  omni  veritate  cognita,  s.  p.  Flacco  24 ;  de  nat.  d. 
II  57  haud  ergo  erravcro,  si  a  principe  investigandae  veritatis  prin- 
cipium  duxcro ;  de  fin.  I  32  ca  ijjsa,  quae  ah  ülo  inventore  veritatis  ei 
quasi  archiiecto  heatae  vitae  dida  sunt,  explicaho;  p.  SuUa  45  per  me 
cgo  veritatem  patefadam  contaminarem  aliquo  mendacio?  p.  SRosdo 
44  vidcs,  quantum  distet  argumentatio  tua  ah  re  ipsa  atque  a  veritate. 
an  allen  diesen  stellen  handelt  es  sich  doch  um  die  Wahrheit  in  einer 


PStamm:  zur  lateinischen  granunatik  und  Stilistik.  773 

bestimmten  Sache  oder  einem  bestimmten  ^roblem,  und  dasselbe  ist 
doch  auch  der  fall  deleg.l^  veritas  a  te  pasMatur. 

7.  tum  primum  «>  tum  äemmm  oder  demgue. 

Zum  ausdruck  des  deutschen  'da^  jetzt  erst  oder  endlich'  findet 
man  in  den  stilistischen  handbtlchem  tum  äenmm  and  tum  dmigue 
angegeben ;  dagegen  wird  vor  tum  primum  gewarnt  (Antibarb.  II 
8.  345).  nun  steht  aber  doch  tum  primum  an  mehreren  stellen  un- 
leugbar für  tum  demum  bzw.  tum  denigue:  Caesar  h.  gdd.  YII  11,  4 
qui  tum  primum  praesidium  Cenabi  tuendi  causa  camparäbant]  Cic. 
in  Verrem  I  59  spem  omnium  tum  primum  qfiiecenmi  rerum  ac  for- 
tunarum ;  IV  33  tum  primum  intdkxi  usw.   vgl.  Livius  YII  20,  1. 

8.  primus  und  primum. 

Hierüber  lehren  die  grammatiker,  dasz  das  a^jectivurn  stehen 
müsse,  wenn  das  deutsche  'zuerst'  auf  das  subjeot  oder  object 
sich  beziehe  und  man  sagen  könne  *er  war  der  erste  welcher' ;  hin- 
gegen sei  das  ad verbium  zu  setzen ,  wenn  'zuerst'  zum  prftdicate  ge- 
höre und  einem  folgenden  oder  wenigstens  hinzuzudenkenden  'dann' 
entgegengestellt  werde,  hierbei  ist  übersehen ,  dasz  das  adverbium 
auch  im  erstem  falle  gesetzt  werden  kann :  Cic.  derep.1 22  dicdHxt 
eam  sphaeram  a  Thälete  Müesio  primum  esse  tomatam'^  Tusc.  I  38 
credo  equidem  etiam  alios  tot  saeeidis^  sed  Pherecydes  Syrius  primum 
dixit  animos  esse  hominum  sempiternos;  de  leg.  TL  11  qui  primum 
eins  modi  scUa  sanxertmt]  III  13  a  Theophrasto  primum^  deinde  a 
Dione  stoico  quaesita, 

9.  per  und  a  in  Verbindung  mit  persönlichen  Substantiven. 

Nach  der  lehre  der  grammatiker  wird  die  Urheberschaft  einer 
person  durch  a  ausgedrückt,  während  per  eine  person  als  mittel 
oder  Werkzeug  bezeichnet ;  erst  bei  spätlateinem  soll  auch  im  erstem 
falle  per  gebraucht  werden  (Antibarb.  u.  per),  es  ist  indessen  un- 
zweifelhaft, dasz  auch  von  den  besten  prosaikern|>er  zur  bezeichnung 
der  Urheberschaft  gebraucht  wurde,  der  Antibarbarus  verweist  zwar 
auf  Cic.  fam.  Y  2,  6  quod  scribis  non  oportuisse  MeteUum  fraitrem 
ümm  a  me  oppugnari  und  meint,  Cicero  habe  hier  den  Q.  Metellus 
Celer  verbessert,  der  an  ihn  geschrieben  hatte:  fratrem  meumper  te 
oppugnatum  iri  (V  1 ,  1) ;  doch  Cicero  schreibt  selbst  de  fin.  Y  9 
maximam  materiam  ex  rebus  per  se  investigatis  ad  rerum  occuUarum 
cognitionem  aitulerunt^  nachdem  er  kurz  vorher  geschrieben  hat :  naiu/ra 
ah  iis  investigata,  de  erat  I  3  tempus  omne  post  consuUüum  obied- 
mus  iis  fluctibus,  qui  per  nos  a  communi  peste  depulsi  in  nosmet  ipsos 
redundarent,  hier  ist  per  offenbar  gesetzt  wegen  der  kurz  darauf 
folgenden  prSp.  a,  was  doch  aber  nicht  möglich  gewesen  wftre, 
wenn  der  Sprachgebrauch  die  Setzung  von  per  für  a  nicht  gestattet 
hätte.  Livius  XXIY  5,  9  coniuratio  in  tyranni  caput  facta  indioatur 
per  Callonem  quendam,   ^,  derep,TlZ\, 


774  PStamm:  zur  lateinischen  grammatik  und  Stilistik. 

10.  über  uhi  =  in  quo. 

Nach  Kühner  §  193,  6  sollen  die  adverbialen  relativa  uhi  unde 
quo  regelmäszig  nach  städte-  und  inselnamen  statt  des  adjectivi. 
sehen  relativs  gebraucht  werden,  das  ist  (eine  irrtümliche  ansieht : 
Cic.  de  oraU  I  13  Athenas^  in  quihus  summa  dicendi  vis  inventa  est; 
de  nat.  d.  I  72  Pamphilum  quendam  ait  a  se  Sami  audüum  .  .  quod 
in  eam  agripeta  venerat. 

11.  Jioc  libro  und  in  hoc  Uhro. 

hoc  libro  disputatur  de  soll  nach  der  lehre  der  graxnmatiker  ge- 
sagt werden,  wenn  von  einer  sache  die  rede  ist^  welche  sich  über 
das  ganze  buch  erstreckt ;  dagegen  in  hoc  Uhro  usw. ,  wenn  nur  von 
einem  teile  des  buches  die  rede  ist  (Antibarb.  I  s.  643).  das  richtige 
ist  indessen,  dasz  die  präp.  auch  in  dem  erstem  falle  gesetzt  werden 
kann,  also  in  jedem  falle  richtig  ist:  Cic.  Tusc.  I  11  is  enim  tres 
lihros  scripsit^  in  quihus  voU  efficere  animos  esse  mortaks;  de  fin.  II 20 
in  alio  Uhro,  in  quo  hrevitcr  comprehensis  gravissimis  senteniiis  quasi 
oracula  edidisse  sapientiae  diciiur,  scrihit  his  verhiSj  an  welcher  stelle 
mit  dem  ersten  in  nur  ein  teil;  mit  dem  zweiten  dagegen  der  ganze 
inhalt  bezeichnet  wird ;  de  div.  1 9  satis  defensa  religio  est  in  secundo 
Uhro  a  LuciUo^  dh.  Lucilius  hat  das  dasein  dergötter,  ihre  weit- 
regierung  usw.  bewiesen,  und  zwar  ist  dies  der  inhalt  des  ganzen 
zweiten  buches  de  natura  deorum-,  de  orat,  II  160  Aristotdis  iUum 
legi  Uhrtim^  in  quo  exposuit  dicendi  artcs  omnium  sttperiorum^  et  ülos^ 
in  quihus  ipsc  sua  quaedam  de  cadem  arte  dixit;  s.  de  nat.  d.  141, 
wo  der  inhalt  des  ersten  buches  von  dem  werke  des  Chrjsippos 
Tiepi  Oediv  zuerst  mit  den  worten  in  primo  Uhro,  dann  mit primo 
Uhro  angegeben  wird ;  Nepos  Lys,  4,  2. 

12.  Zur  Stellung  der  negation. 

Es  ist  unter  den  grammatikem  eine  ausgemachte  sache,  daei 
in  gegensUtzen  die  negation  nicht  zu  dem  pr&dicate,  sondern  vor 
dasjenige  wort  zu  setzen  sei,  zu  welchem  ein  anderes  in  gegensatz 
tritt  (Kühner  §  149,  3).  dem  gegenüber  darf  nicht  unbeachtet 
bleiben,  dasz  gar  nicht  selten  auch  in  ausgesprochenen  gegensStzen 
dennoch  die  negation  zu  dem  prädicate  tritt:  Cic.  de  nat,  d.  I  75 
corpus  iHud  non  cst^  sed  similc  corporis  (bt.  illud  est  non  corpus^  sed 
usw.);  de  fin,  IV  20  illam  vitam  .  .  magis  cxpetendam  non  esse^  sed 
magis  sumcftdam;  acad.  I  25  quod  ipsum  apud  Graecos  non  est  volgi 
rcrhumy  sed  philosophorum,  charakteristisch  für  diese  form  dea 
gcgeuäutzes  iät  die  Wiederholung  des  prädicats  im  zweiten  teile:  de 
flu.  IV  72  ista^  quae  dixisti^  bona  non  dico^  sed  dicam  itgofiyniva^ 
indem  dadurch  die  beiden  seilen  des  gegensatzes  zu  selbstftndigen 
Sätzen  erhoben  sind.  —  Weiterhin  sagt  Kühner  uo.,  dasz  in  der  Ver- 
bindung mdla  res  est  quaCy  nihil  est  quod  die  negation  ihre  stelle 
gleich  nach  dem  relativum  einnehme  oder  doch  nur  durch  ein  pro- 


PStamm:  zur  lateinisclien  grammatik  und  stiliBtik.  776 

nomen  davon  getrennt  werde,  diese  angäbe  iat  einerseits  zn  eng,  da 
die  negation  sich  so  nicht  nur  an  relativa,  sondern  auch  an  flrage- 
wörter  unmittelbar  anschlieszt  {quis  non:deßn.  IV  81 ;  cur  nan:  2\lsc. 
1 49 ;  de  not,  d.^III  47 ;  quam  non  =  'wie  wenig* :  Livios  VII 20, 1) ; 
femer  an  conjunctionen  (si  non:  Nepos  jETonn.  2,6;  Cic  p.  Boscio 
com,  37 ;  ita  ut  non:  Livius  VIII 31,  5;  so  auch  nemo  non:  Caesar  h. 
gaU.  YU  56,  2).  anderseits  aber  iSszt  sich  dies  keineswegs  als  regel 
aufstellen :  Cic.  de  div.  H  139  nihü  est  de  quo  cogüare  nequeamu8\  de 
fin,  III  29  effeäum  est,  nihü  esse  mdhum^  quod  turpe  non  ^;  Y  62 
cui  Tubuli  nomen  odio  non  est?  vgl.  in  Yerrem  1 66;  cie  fato  14;  de 
rep,  II  31;  Lad,  28.  —  Dasz  non  vor  ut  stehen  müsse,  wenn  sed 
darauf  folgt,  ist  eine  unrichtige  angäbe  des  Antibarbams  u.  nan :  de 
re  p.  II  39  eos  ita  disparavit^  ut  suffragia  non  in  muUitudinis^  sed 
in  Jocupletium  potestate  essent*^  Tusc.  I  71  locutus  iia  est^  ut  non  ad 
mortem  trudi,  verum  in  caetum  videretur  escmdere\  in  Oaec.  div.  50 
taniane  vohis  inopia  videor  esse  amicorum^  ut  mihi  non  ex  hiSy  guos 
mecum  adduxerim^  sed  depoputo  subscriptor  addatur? 

13.  Stellung  des  pronomen  possessivum. 

Nach  der  lehre  der  grammatiker  sollen  die  Possessivpronomina, 
falls  sie  betont  sind ,  vor  dem  substantivum ,  im  andern  falle  nach 
demselben  stehen,  es  ist  zeit,  dasz  diese  regel  aufgegeben  wird,  da 
dieselbe  durch  den  Sprachgebrauch  der  besten  prosa  nicht  im  ge- 
ringsten gestützt  wird,  unzählige  male  steht  nemlich  das  pronomen 
vor,  ohne  betont  zu  sein,  auch  ohne  die  bedeutung  *eigen,  eigentüm- 
lich zukommend'  zu  haben,  und  ebenso  häufig  findet  es  sich  nach- 
gestellt, wo  es  wirklich  betont  ist.  da  über  die  Stellung  des  adjectivs 
bei  Caesar  bereits  gebandelt  worden  ist,  so  sollen  im  folgenden  nur 
aus  Cicero  stellen  herbeigezogen  werden:  de  off.  11  82  od  Ptöle" 
maeum,  suum  hospitem^  venit'^  Tu^c.  Y  79  hestiaepro  suo  partu  ita 
propugnant^  ut  vulnera  excipiant;  I  114  hoc  ei  mimeris  pro  sua 
missione  dedisse  scribitur ;  de  fin.  Y  95  non  modo  meum  Ciceronem^ 
sed  me  ipsum  abducas  licebü]  de  div.  I  6  cum  stoici  omnia  iUa  defen- 
derent ,  quod  Zeno  in  suis  commeniariis  quasi  semina  quaedam  spar- 
Bisset]  II  1  nulla  maior  res  occurrebat^  quam  si  qptimarum  artium 
vias  traderem  meis  civibus  (ebd.  §  7  civibm  nostris);  de  rep.  123  cum 
sol  ita  locatus  fuisset,  ut  Itmam  suo  lumine  nonposset  attingere\  s. 
IV 11  suae  civitati ;  de  div.  1 59  nostcr  SaUustius ;  120m  corporis;  11 3 
nostrum  Aüicum\  6  mei  cives;  34  meus  quaesticulus ;  Cato  m.  13  in 
suo  studio]  77  vestros patres \  Lael.  1  nostrae  civitatis  {^.p.Quindioiy^ 
in  Cacc.  div.  2  suis  fortunis;  6  meum  factum;  20  nostras  fortunas . . 
fortunarum  suarum.  —  Brut.  231  te  arbitror  maUe  ipsum  tacere  quam 
tacitiirnitatem  nostram  experiri;  264  volgi  iudicium  a  iucUcio  meo 
dissensit  (cbiasmus) ;  328  Hortensii  vox  exstinda  fato  suo  est^  nostra 
publica]  de  nat.  d.  I  122  amicitiam  si  ad  fructum  nostrum  referemus^ 
non  ad  illius  commoda^  quem  usw. ;  U  45  cuius  opinionis  levUas  con' 
futata  a  Cotta  non  desiderat  orationem  meam;  Tusc.  I  55  animus 


776  PStamm:  zur  lateinischen  grammatik  und  Stilistik. 

sentit  86  vi  sua^  non  (üiena  moveri\  IV  70  ut  opinio  mea  fert;  de  off. 
III 34  Marie  nostro]  de  orat.  I  214  sententia  sua;  de  div.  1 4  memoria 
nostra  (s.  de  leg.  IL  56);  de  rep.l  S  ad  utüit^em  suam]  61  testihus 
rneis]  70  ut  opinio  mea  fert. 

14.  Zum  gebrauch  der  tempora  im  abhängigen  irrealis. 

Für  den  fall,  dasz  folgerungssätze  zu  irrealen  bedingnngssStzen 
in  den  acc.  c.  inf .  treten ,  geben  die  grammatiker  die  regel ,  dasz  fUr 
den  conj.  imperf.  der  infinitiv  -urum  esse^  fttr  den  conj.  plusquamp. 
der  infinitiv  -urum  fuisse  einzutreten  habe,  von  der  Unzulänglichkeit 
dieser  regel  kann  man  sich  leicht  tiberzeugen,  was  heiszt  zb.  latei- 
nisch :  wenn  du  früher  meinem  rate  gefolgt  wärest^  würdest  du,  wie 
ich  glaube,  jetzt  glücklich  sein?'  jedenfalls  doch  nicht  te  nunc 
heatum  futurum  esseputo,  was  einen  Widerspruch  der  zeiten  enthalten 
würde,  sondern  entweder  nunc,  ut  opinor,  beatus  esses^  oder  —  dieser 
fall  scheint  von  Madvig  spr.  §  409  anm.  angedeutet  —  te  nunc  heaium 
futurum  fuisse  puto.  es  musz  nemlich  in  der  construction  des  acc. 
c.  inf.  auch  für  den  conj.  imperf.  des  nachsatzes  zu  einem  irrealen 
bedingungssatze  die  form  -urum  fuisse  eintreten ,  um  auszudrücken, 
dasz  das  gcgenteil  von  dem  inhalte  desselben  factisch  stattfindet,  wie 
zb.  in  dem  obigen  satze  die  angeredete  person  als  factisch  unglQck- 
lich  bezeichnet  ist.  Cic.  de  fin.  V  31  inteüegendtim  esf,  haec  tpsa 
nimia  in  quihusdam  futura  non  fuisse ,  nisi  quaedam  essent  modica 
natura  (ohne  abhängigkeit :  haec  ipsa  nimia  non  essent);  de  nai.  d. 
I  122  nc  Jwmines  quidem  ccnsetis,  nisi  imbcciüi  cssenty  futuros  bene- 
ficos  fuisse?  ('wohlthätig  sein  würden');  Livius  II 28,  3  si  esseni  in 
re  publica  magistratuSy  nuUum  futurum  fuisse  Bomae  nisi  publicum 
consüium  (Vürde  es  nur  .  .  geben').''  anders  verhält  es  sich,  wie 
leicht  ersichtlich,  zb.  in  dem  satze:  Venu  Marcus  dies  sähe,  wie 
glaubst  du  dasz  er  dabei  gestimmt  sein  würde'  «s  haec  si  Marcus 
videret,  quo  cum  animo  futurum  esse  censes? 

15.  Üher  praeter  enim  quam  quod  und  ähnliches. 

Die  richtigkeit  der  lesart  praeter  cnim  quam  quod  bei  Cic  de 
leg.  III  45  ist  wegen  der  'tmesis'  angezweifelt  worden  (Antibarb.  II 
s.  337;  Madvig  opusc.^  s.  532).  es  iät  indessen,  wie  es  scheint,  hierzu 
so  wenig  gruud  vorhanden ,  dasz  man  vielmehr  die  lesart  praeter' 
quam  enim  quod^  wenn  sie  überliefert  wäre,  beanstanden  mQste. 
wenn  quam  nach  praeter  gesagt  wurde ,  so  fühlte  man  praeter  als 
coiiiparativ,  und  es  durfte  quam  von  dem  folgenden  durch  eine  da- 
zwischentretende Partikel  ebenso  wenig  getrennt  werden  wie  zb.  nach 

2  hei  Cncsnr  b.  gtili.  V  29,  2  winl  nHch  dctn  vor^^ange  Mndvig^s  so. 
vfntnros  cJtse  so  <>rk1ärt,  das/,  man  8ngt,  in  der  directen  rede  würde  dafür 
venirrnt  Htclirn.  <ia  aber  die  Elmroiieii  schon  gekommen  waren  |26,  S), 
fio  hilft«  Titurius  doch  venLssrnt  sagen  inüs^cn.  es  musz  aUo  remtwot 
geh'Heii  werden,  wozu  das  mit  capturoM  vorhergehende  fuiase  ebenfalls 
l^chört;  L'Hxv  iKt  aber  nichts  weiter  als  das  aus  teae  rcrsckriebeue  »ub- 
jcct.  ded  folgenden  Satzes. 


ATenber:  zu  Oaiolliit  [e.  86].  777 

maior.  so  sagte  man  auch  nicht  antequam  vero  {enim,  igikur)^  poe^ 
qtiam  vero^  priusquam  igUur^  sondern  atiie  vero  quam ^pasteavmro 
qtiainy  prius  igitur  quam  oder,  was  häufiger  ist:  sed  antequam^  Uth 
que  priusquam^  nam  postqiMm:  Sali.  Ckxt.  2,  2  paska  vero  quam  (seä 
postquam  6,  3;  11^  4;  20,  7;  38,  1;  53,  5;  56,  4;  57,  1  usw.); 
Caesar  h.  gaU.  I  43,  7  prius  eUam  g^tam  -»  'bevor  noch*;  IV  87,  4 
postea  vero  quam;  Cic.  in  Verrem  lY  42  postea  vero  quam\  Phü. 
XIV  1  ante  vero  quam;  11  23  n.  V  23  posiea  vero  quam\  Livins 
I  25,  10  prius  Uague  quam,  priusquam  emm,  igihir^  amtequam  oder 
postquam  autem  und  ähnliche  Verbindungen  scheinen  Cicero,  Caesar 
und  Sallustius  nicht  gebraucht  zu  haben,  sondern  erst  Livius 
(lU  35,  1 ;  vgl.  Nepos  Them,  6,  4  und  AkSb.  4,  5). 

EÖSSEL  IN  OSTPBEUSZEN.  PbTBB  StAIOC. 


(65.) 

ZU  CATULLU8. 


Zu  denjenigen  gedichten  Catulls ,  deren  richtige  auffiassang  im 
einzelnen  Schwierigkeiten  bereitet,  gehört  insbesondere  das  sechs- 
unddreiszigste,  in  welchem  der  diohterling  Volusius  verspottet 
wird,  da  dies  gedieht  aufnähme  in  die  auswahl  von  EPSchulze  (rOmische 
elegiker,  fttr  den  schulgebrauch  bearbeitet)  gefunden  hat  und  somit 
einem  zahlreichen  leserkreise  entgegentritt,  möchte  es  um  so  mehr 
am  platze  sein  demselben  gröszere  aufmerksamkeit  zuzuwenden  und 
eine  klarstellung  der  in  demselben  enthaltenen  dunkelheiten  in  an- 
regung  zu  bringen,  der  Vorgang,  um  welchen  es  sich  in  dem  ge- 
dieh te  handelt,  ist  an  und  für  sich  einfach :  die  annalen  des  Volusius 
werden  den  flammen  übergeben,  warum  dies  geschieht,  erzfthlt  der 
erste  teil  des  gedicbts  (v.  1 — 10),  der  hier  platz  finden  mag,  um  das 
Verständnis  der  folgenden  ausführungen  zu  erleichtem: 

Annales  Yolusi^  cacata  Charta^ 

Votum  solvite  pro  mea  pueUa: 

nam  sanctae  Veneri  Cupidinique 

vovit ,  si  sibi  restUutus  essem 
5  desissemque  truces  vihrare  iamhos , 

eleäissima  pessimi  poetae 

scripta  tardipedi  deo  daturam     < 

infelicibus  ustülanda  lignis. 

et  hoc  pessima  se  pudla  vidit 

iocose  lepide  vovere  divis. 
die  gewöhnliche  auffassung  nimt  an ,  Lesbia  habe  gelobt  die  lang- 
weiligen  annalen  des  Volusius  dem  feuertode  zu  weihen,  falls  CatuDus 
sich  wieder  mit  ihr  versöhnt  hätte,  motiviert  wird  dies  gelttbde  von 
Westpbal  (Catulls  gedichte  s.  60)  damit ,  der  zwist  zwischen  Lesbia 
und  Catullus  wäre  aus  einer  meinungsverschiedenheitauf  litterarisch» 
ästhetischem  gebiete  entstanden.  'Lesbia  las  die  gedichte  des  Volusius 

Jalirbucher  für  class.  philol.  1888  hft  11.  51 


778  ATeuber:  zu  CatuUus  \c,  36], 

gern ,  die  der  neuen  richtung  und  dem  geläuterten  geschmacke  des 
Cat.  nicht  zusagten,  darüber  der  zank,  bei  dessen  ausgleichung 
Yolusius  als  opfer  föUt.'  wo  steht  in  dem  gedichte  hiervon  etwas? 
fragen  wir  unwillkürlich,  ist  es  nicht  die  phantasie  des  erklfirers, 
die  den  streit  nach  dieser  seite  hin  ausmalt?  musz  der  zwist  der 
liebenden,  um  dessentwillen  Cat.  seine  iamben  gegen  Lesbia  schlea* 
dert ,  deswegen  auf  dem  gebiete  der  litteratur  sich  bewegt  haben, 
weil  hinterher  die  gedichte  eines  schlechten  dichters  yemichtet  wer- 
den ?  müssen  diese  gedichte  selbst  den  grund  des  Streites  abgegeben 
haben?  ob  der  grundsatz  'post  hoc  —  propter  hoc'  hier  zur  an  Wen- 
dung kommen  kann,  ist  bei  der  ganzen  art  des  gedichtes,  in  welchem 
Cat.  dem  Yolusius  seine  Verachtung  bezeigen  will,  doch  sehr  fraglich. 
und  sagt  denn  das  gedieht  etwas  darüber,  dasz  Lesbia  gerade  die 
gedichte  des  Yolusius  hat  vernichten  wollen  ?  auch  Schulze  (ao.  ein* 
leitung)  weisz  dies  eigentümliche  gelübde  der  Lesbia  nur  durch  die 
phantasievolle,  aber  für  die  ganze  auffassung  des  gedankens  wenig 
genügende  bemerkung  zu  erklären,  Lesbia  habe  dem  Cat.  'der  im 
gefühle  seiner  eignen  dichterkraft  voll  Verachtung  auf  das  niedere 
volk  der  reimschmiede  herabblickte',  bei  ihrer  gegenseitigen  aus- 
söhnung  mit  diesem  opfer  eine  besondere  freude  bereiten  wollen  und 
statt  des  bei  dergleichen  gelegenheiten  üblichen  Weihrauchs  die 
dicken  annalen  des  Yolusius  gewählt,  einer  nüchternen  und  den 
Worten  des  Cat.  mehr  angepassten  analyse  des  gedichte  begegnen 
wir  bei  Kiese  (die  gedichte  des  CatuUus  s.  69  f.),  die  jedoch  für  ein 
vollständiges  Verständnis  desselben  nicht  ausreicht.  Lesbia  babei 
heiszt  es  dort  in  dem  argumentum,  welches  der  erklärung  des  teztes 
vorausgeschickt  ist,  scherzhaft  gelobt,  'wenn  Cat.,  den  sie  momentan 
geärgert  hatte,  ihr  wieder  gut  werde,  wolle  sie  «des  schlechtesten 
dichters  schlechteste  gedichte»  den  flammen  opfern/  in  der  weitem 
ausführung  bemerkt  Riese,  dasz  der  Vorschlag  von  Cat.  'der  für  sol- 
chen humor  regen  sinn  besasz'  deswegen  gebilligt  worden  sei ,  weil 
er  dabei  seinem  hasz  gegen  irgend  einen  dichter  ausdruck  geben 
konnte,  und  dasz  deswegen  von  ihm  für  das  autodafe  die  annalen 
des  Yolusius  gewählt  seien,  richtig  ist  hier  im  gegensatz  zu  der 
Westphalschcn  auffassung  hervorgehoben ,  dasz  das  gelübde  der  ge- 
liebten des  Cat.  an  und  für  sich  ein  ganz  unbestimmtes  ist  und  sich 
nur  auf  einen  jpcsshnus  poeta  bezieht ;  erst  Cat.  gerät  auf  den  einfall 
aus  dem  kreise  dieser  dichter  den  Yolusius  herauszugreifen,  aber  wie 
kommt,  frage  ich,  Lesbia  —  denn  sie  ist  gewis  gemeint  —  zu  diesem 
eigentümlichen  vorsat/.  im  fall  einer  veraöhnung  zwischen  ihr  und 
CatuUus  ?  darüber  sagt  Riese  so  gut  wie  gar  nichts  —  denn  der 
grund,  dasz  der  einfall  an  und  für  sich  witzig  sei  und  Cat.  genug 
humor  dafür  besitze,  reicht  zu  einem  nach  allen  Seiten  hin  klaren 
Verständnis  des  gedichtes  nicht  aus  —  und  doch  musz  gerade  in 
diesem  einfall  der  Lesina  der  schlüssel  für  eine  besondere  in  dem 
gedieht  enthaltene  pointe  gesucht  werden,  wenn  Lesbia  verspricht 
die  gedichte  ^iiue^  pessimus  poeta  zu  verbrennen,  falls  Cat  sich  wieder 


ATeaber:  za  CataUiu  [e.  86].  779 

mit  ihr  ausgesöhnt  hätte,  so  steht  dieser  Vorsatz  an  und  ftlr  sich  in 
gar  keinem  innern  zusammenhange  zu  der  ganzen  sitoationi  in 
welcher  Lesbia  sich  zu  Cat.  befindet  und  wie  dieselbe  in  dem  gediidite 
selbst  uns  vorgeführt  wird,  beide  hatten  sich  gegenseitig  leides  gethan 
und  im  zom  sind  sie  aus  einander  gegangen ;  Cat.  vor  allen  hat  es 
nicht  unterlassen  der  iamben  pfeile  auf  sie  zu  entsenden,  und  diese 
Spottgedichte  haben  Lesbia  gewis  immer  wieder  von  neuem  geärgert. 
wenn  also  die  Versöhnung  zwischen  beiden  eine  ungestörte  und  nicht 
durch  gelegentliche  erinnerungen  getrübte  sein  soll,  dann  müssen  vor 
allem  die  truces  iamhi  dea  dicht  er  sausder  weit  geschafftwerden. 
deswegen  passt  für  Lesbia  nur  das  gelübde  diese  zu  vernichten;  sie 
will  jenen  aus  ernst  und  scherz  gemischten  feierlichen  versöhnungs- 
act  in  seene  setzen ,  um  das  vergangene  als  vergeben  und  vergessen 
zu  bezeichnen,  im  liebesgezftnk  sind  diese  gediohte  entstanden,  somit 
sollen  sie  auch  nach  eingetretener  Versöhnung  den  liebesgöttem  ge- 
opfert werden,  und  als  dinge,  die  Unglück  bringen  können,  ver- 
dienen sie  es  auf  scheiten  von  unglücksbftumen  verbrannt  zu  werden. 
bei  dieser  auffassung,  wonach  mit  jpe^^tm«  jpo^e  ^mp^a  auf  keinen 
andern  als  auf  Catullus  selbst  gedeutet  wird,  ist  nicht  allein  das 
gelübde  im  allgemeinen  in  beziehung  auf  die  zwischen  Lesbia  und  Cat 
bestehende  Situation  verständlich ,  sondern  auch  die  einzelnen  züge 
desselben  gewinnen  leben  und  zweck,  die  pointe  des  ganzen  beruht 
nun  eben  auf  der  Unbestimmtheit  der  ausdrücke,  wie  sie  das  gelübde 
in  betreff  des  geplanten  Versöhnungsopfers  enthält,  denn  pessimus 
poeia  'der  garstigste  dichter*  ist  sowohl  der  *böse  dichter*,  der 
einen  schlimmen  Charakter  hat  und  mit  seinen  liedem  zu  verwunden 
im  stände  ist,  als  auch  der  'schlechte  dichter',  der  unfähig  auf  dem 
gebiete  seiner  kunst  ist  und  maculatur  schreibt,  dazu  stimmt  die 
bezeicbnung  dieser  scripta  als  eUäissima^  das  ebenso  doppeldeutig 
als  'erlesen'  in  gutem  wie  in  schlechtem  sinne  gefaszt  werden  kann 
und  somit  ohne  weiteres  eine  beziehung  auf  Cat.  gestattet,  gemeint 
bat  Lesbia  also  selbstverständlich  bei  ihrem  gelübde  nur  den  Catul- 
lus ,  aber  zufällig  seinen  namen  nicht  ausgesprochen,  es  ist  für  sie 
ohne  weiteres  pessimus  poeta  'der  böse  dichter',  gerade  so  wie  sie 
selbät  für  ihn  gleich  hinterher  v.  9  pessima  ptieUa  'das  böse  mädchen' 
ist ,  womit  Cat.  sich  für  den  ihm  von  Lesbia  beigelegten  namen  in 
lustiger  weise  rächt,  ganz  von  selbst  drängt  sich  die  gegenüber- 
stellung  dieser  bezeichnungen  als  Vermittlung  des  Innern  gedanken- 
zusammenhauges  zum  Verständnis  des  fol|fenden  dem  aufmerksamen 
leser  auf.  denn  als  nach  eingetretener  Versöhnung  Lesbia  dem  dichter 
ihr  gelübde  mitteilt,  da  hat  sie  den  einfall,  dasz  sie  infolge  der  Un- 
bestimmtheit des  gebrauchten  ausdrucks  ein  gelübde  gethan,  das 
eine  scherzhafte  erfüllung  zuläszt,  insofern  nicht  Catulls  gedichte 
verbrannt  zu  werden  brauchen,  sondern  die  jedes  andern  iToe^ajpesm- 
mus  dafür  eintreten  können:  denn  deäissima  sind  diese  gedichte 
Catulls,  und  trotz  ihrer  verwundenden  pfeile  behalten  sie  für  Lesbia 
ihren  wert;  sie  zürnt  ihnen  zwar,  aber  missen  möchte  sie  dieselben 

61  • 


780  ATeuber:  zu  Catullus  [c.  36]. 

nicht,  ßo  erhalten  die  worte  et  hoc  pessima  se  puella  vidit  iocose  Upide 
vovere  divis  'und  das  sah  das  böse  mädchen,  dasz  dies  ein  scherzhaft- 
launiges gelUbde  sei'  (dh.  welchem  man  eine  scherzhafte  wendung 
geben  könne)  ihren  guten  sinn,  der  sich  dem  ganzen  gange  des  ge- 
dichtes  einordnet^  während  die  gewöhnliche  einseitige  auffassnng, 
wonach  eledissima  pessimi  poetae  scripta  von  vorn  herein  bedeuten 
soll  'des  schlechtesten  dichters  schlechteste  gedichte',  mit  ihnen 
nichts  anzufangen  weisz.  Riese  (ao.  s.  71)  gesteht  dies  ohne  wei- 
teres zu,  indem  er  unter  dem  texte  folgende  bemerkung  Bonnets  an- 
führt: 'weshalb  ausdrücklich  betont  ist,  dasz  sie  das  scherzhafte 
gelübde  für  scherz  nahm,  ist  unklar.'  an  stelle  des  in  gewissem 
sinne  ernsthaften  gelübdes  die  gedichte  Catulls  zu  verbrennen  tritt 
eben  ein  lustiger  einfall.  deswegen  bittet  der  dichter  in  dem  weitem 
gange  des  gedieh tes  jetzt,  wo  nach  eingetretener  Versöhnung  Lesbia 
ihr  versprechen  halten  musz,  die  Venus  das  gelübde  in  beziehung 
auf  seine  person  als  erfüllt  anzusehen  und  ihren  artigen  einfall 
einen  andern  poeta  pessimus  zu  opfern  sich  gefallen  zu  lassen: 
nunc,  0  cacndeo  creata  ponto  .  .  acceptum  face  rcdditumque  votum^  si 
non  iUepidum  ncque  invcnustum  e^f  (v.  11  — 17).  somit  werden  denn 
die  annalen  des  Volusius  als  eledissima  pessimi  poetae  scripta  den 
flammen  übergeben :  at  vos  interea  venite  in  ignem,  pieni  ruris  et  infi- 
cetiarum,  annales  Yölusi,  cacata  diarta  (v.  18 — 20).  jetzt  ergibt  sich 
auch  ganz  von  selbst  eine  ungezwungene  und  natürliche  erkl&rung 
von  interea.  Riese  (s.  72)  bemerkt  dazu:  'inzwischen;  dh.  zunächst 
aber,  ehe  Venus  das  gelübde  als  erfüllt  ansieht,  musz  es  auch  aas- 
geführt werden,  und  er  (Catullus)  führt  es  in  Lesbias  sinne  (v.  7) 
aus.'  wie  ungeschickt,  ja  widersinnig  würde  so  die  folge  der  ge- 
danken  sein :  erst  bittet  der  dichter  das  gelübde  als  erflillt  anzusehen 
und  dann  hinterher  führt  er  es  aus!  interea  bezeichnet  eben  einfach 
den  ersatz  (ähnlich  101,  7  und  öfter);  der  dichter  kommt  damit  aof 
den  eingang  zurück,  wo  derselbe  ersatz  in  den  Worten  annales  Vdusi^ 
Votum  sdvitc pro  mca  2>uclla  schon  angedeutet  war.  denn  j>ro  tnea 
pudla  steht,  wie  jetzt  ohne  weiteres  behauptet  werden  kann,  ver- 
kürzt für  pro  voto  meae  pucllae. 

Wie  es  mir  scheint,  gibt  die  hier  entwickelte  auffassung  einen 
nach  allen  seiten  hin  klaren  und  befriedigenden  gedanken :  eledissima 
2)essimi  poetae  scripta  —  Catulls  vorher  genannte  truces  iamhi  nem- 
licb  —  wollte  Lesbia,  so  hatte  sie  es  der  Venus  und  dem  Cupido 
gelobt,  den  flammen  opfern,  falls  der  dichter  mit  ihr  wieder  aus- 
gesöhnt wäre,  hinterher  thut  es  ihr  leid;  da  hilft  ein  lustiger  einfall 
aus  aller  Verlegenheit:  Catulls  nume  war  ja  in  dem  gelflbde  aus- 
drücklich nicht  genannt,  her  denn,  damit  der  Venus  ihr  recht  wird, 
mit  den  gedichten  eines  andern  i^oeta  j^essimuSy  die  in  ihrer  art  eben- 
falls scripta  eledissima  sind!  kein  anderer,  meint  Cat.,  eignet  sich 
mehr  dazu  sich  dieses  vorzug»  zu  erfreuen  als  Volusius  wegen  seiner 
annalen.    deswegen  werden  gerade  diese  ins  feuer  geworfen. 

Kbeuswalue.  August  Teubeb. 


HDüntzer:  sn  Horatins  [«fwA  9J.  781 

(68.) 

ZU  HORATroS. 


Bei  aller  selbständigen  freiheit,  die  wir  der  spräche  besonders 
des  dicbters  zugestehen  müssen,  der  ja  selbst  als  fortbildner  dersel- 
ben zu  wirken  berufen  ist,  darf  der  erklärer  sich  nie  eine  deutong 
gestatten,  welche  dem  feststehenden  gebranche  zuwiderlftuft,  nie  ein 
wort  in  einem  sinne  fassen,  der  als  willkürliche  ab  weichung  ?on 
dem  allgemein  angenommenen  sich  erweist,  von  dieser  art  ist  es» 
wenn  GFaltin  jahrb.  1885  s.  622  f.  in  des  Horatius  neunter  epode 
die  anrede  an  den  triumphgott  io  Triumphe  (21.  23)  mit  *weh 
Triumphus'  wiedergibt,  freilich  ist  es  wahr,  dasz  io  auch  'im  schmerz- 
lichen affecte'  gebraucht  wird,  woftlr  Faltin  die  allbekannten  stellen 
beibringt,  die  aber  in  unserm  falle  keine  beweiskraft  haben,  io  ist  der 
laute  ruf  desjenigen ,  der  weit  gehört  zu  werden  wünscht,  wie  er 
sich  seltsamer  weise  noch  in  unserer  spräche  in  *mordio ,  feurio'  er- 
halten hat.  so  finden  wir  es  stehend  in  io  dves  (o.  poet.  460)  und  in 
io  Hymen,  Hymenaee  (Plaut.  Cas.  IV  3),  io  Hymen,  Hymenaee  io 
(Catullns  61  von  244  an)  neben  dem  einfachen  o,  auch  beim  anruf 
anderer  götter,  wie  im  griechischen,  so  in  io  ßacche  {fiat.  I  3,  7). 
im  triumpbgescbrei  der  Soldaten  und  des  Volkes  io  Triumphe  ist  die 
Verbindung  so  fest,  dasz  Hör.  nicht  blosz  in  dieser  epode,  sondern 
auch  noch  viel  später  {carm.  IV  2,  49.  50)  den  triumphgott  selbst 
damit  anredet,  ein  auch  noch  so  frei  über  die  spräche  schaltender 
dichter  konnte  diesen  jubelruf,  wollte  er  nicht  eine  ganz  fremde  rede- 
weise  sich  gestatten,  in  das  gerade  gegenteil  verkehren,  ihn  zu  einem 
weherufe  misbrauchen.  damit  ist  denn  jede  möglichkeit  der  von 
Faltin  ausgesonnenen  deutung  unserer  jubelode  ausgeschlossen, 
welche  hauptsächlich  auf  misverständnis  der  frage  an  den  triumph 
beruht:  tu  moraris  aureos  cumis  et  intactas  hoves?  diese  enthält 
nichts  weniger  als  ^einen  gegen  den  triumphgott  geschleuderten  Vor- 
wurf, erscheint  vielmehr  als  ausdruck  leidenschaftlich  freudiger  Un- 
geduld, dasz  der  triumph  nicht  augenblicklich  stattfindet,  was  that- 
sächlich  unmöglich  ist,  da  der  senat  ihn  erst  beschlossen  haben  musz, 
er  auch  nicht  vor  der  rückkehr  des  Siegers  und  der  anwesenheit  der 
im  zuge  aufzuführenden  gefangenen  gefeiert  werden  kann,  eben 
diese  uugeduld  über  die  notwendigkeit,  dasz  der  triumph  so  lange 
anstehen  musz,  wirft  das  lebhafteste  licht  auf  das  frische  jubellied| 
dessen  misverständnis  nur  dadurch  möglich  wurde,  dasz  man  ihn  in 
sein  gegenteil  verkehrte,  darin  den  ausdruck  der  sorge  sah,  der 
triumph  werde  wohl  gar  nicht  zu  stände  kommen,  dasz  man  dem 
dichter  in  sonderbarer  verkennung  den  ergänzten  gedanken  unter- 
schob, man  könne  noch  gar  nicht  wissen,  wie  der  krieg  enden  werde. 
wir  gehen  auf  das  misverständnis  im  einzelnen ^  auf  die  wunderbare 
Vermutung  Africanam  und  die  unmögliche  deutung  von  23 — 26 
Veder  den  führer  noch  die  Africanerin  hast  du  uns  heimgebracht' 
nicht  ein.    Plüss  hat  hier  Faltin  irre  geleitet,  wenn  der  neue  erklärer 


782  HDüntzer:  zu  HoratiuB  [ca,  IV  7]. 

auch  zum  teil  andere  bahnen  einschlug  als  sein  vorgSnger,  da  er  die 
charybdis  ^mancher  recht  gefährlichen  stelle'  desselben  vermeiden 
wollte. 

Musz  man  bei  der  erklärung  der  dichter  auch  dem  bestehenden 
sprachgebrauche  sein  volles  recht  geben ,  so  darf  man  dagegen  die 
freiheit  derselben  in  neuen  Verbindungen ,  Wendungen,  ja  auch  neo- 
bildungen  nicht  ängstlich  beschränken  ohne  rücksicht  auf  die  eigen- 
heiten  der  fremden  spräche  und  die  schöpferische  bildungskraft  des 
einzelnen  dichters.  da  kann  denn  der  fall  eintreten,  dasz  man  durch 
eigensinniges  festhalten  am  worte  zur  völligen  verkennung  der  dich* 
terischen  Vorstellung  und  des  lebendig  ausgeprägten  Sinnes  verleitet 
wird,  dieses,  ja,  was  noch  schlimmer  ist,  die  leugnung  des  nach- 
weisbaren Sprachgebrauchs,  ist  nach  meiner  Überzeugung  dem  sinni- 
gen kenner  alter  und  neuer  dichtung  HProbst  ( jahrb.  1885  s.  140  ff.) 
bei  dem  von  ihm  mit  recht  als  ein  juwel  des  Venusiners  gerühmten 
frühlingsgedichte  des  vierten  buches  der  öden  begegnet,  ich  m5chte 
behaupten,  der  dichter  habe  hier  in  freier  weise  das,  was  Catulloe 
vom  tage  sagt  (5,  4  ff.):  soles  occidere  et  redirepossunt:  nabis  cum 
semd  occidit  hrevis  lux^  nox  est  perpctua  una  dormienda^  auf  den 
Wechsel  der  mit  dem  winter  endenden  Jahreszeiten  übertragen. 

Probst  läszt  den  frühling  durch  den  sommer  yernichtet  wer- 
den, aber  dies  steht  in  entschiedenem  Widerspruche  mit  der  vor- 
Stellung,  welche  die  alten,  besonders  die  Römer,  vom  Wechsel  der 
Jahreszeiten  haben.  Pindaros  nennt  (Nem.  4,  34)  die  Hören  eilend 
(dTT€iTÖ|i€vai) ,  und  bei  Ovidius  heiszen  sie  {mä»  II  118)  rasch 
(veloces%  ja  Hör.  selbst  deutet  diese  auffassung,  ehe  er  ihren  Wechsel 
schildert,  durch  die  worte  an :  annus  et  cUmum  guae  rapU  hora  diem^ 
auch  durch  das  vom  winter  gebrauchte  recurrere.  die  hanptstelle 
über  den  Wechsel  der  Jahreszeiten,  die  dem  Hör.  vorlag,  war  die  des 
viel,  auch  weiter  in  unserer  ode  benutzten  Lucretius  (V  737 — 747 : 
4t  ver  et  Venus ^  et  veris  praenuntius  ante  pennaius  graditur 
zephyrus  .  .  inde  loci  scquitur  calor  aridus  ä  comes  una  pul- 
vendenta  Ceres  et  etesia  flabra  aquü<ynum,  inde  autumnus  adit  ^ 
graditur  simul  Euius  Euan,  inde  äliae  tempestates  ventiqtie 
secuntur,  ältitonans  Volturnus  et  auster  fulmine  pcUens.  (andern 
hruma  nives  adfert  pigrumque  rigorem^  prodit  hiems^  sequitur 
.  .  algor,  Lucretius  führt  die  Jahreszeiten  zum  beweise  an,  ordine 
tarn  certo  muUa  creari.  nirgendwo  findet  sich  von  der  Vernich- 
tung einer  Jahreszeit  durch  die  andere,  oder  wenigstens  des  früh- 
lings  durch  den  sommer  die  geringste  spur,  wie  oft  auch  der  sengen- 
den hitze  des  sommers  gedacht  wird ,  des  erschlaffens  der  männer 
und  des  leidens  der  knaben,  die  in  dieser  Jahreszeit  von  der  schule 
befreit  sein  müssen,  da  sie  aestate  si  volenti  satis  discunt  (Mart 
X  02,  12).  wie  der  frühling  die  zeit  der  blumen  ist,  so  bringt  der 
sommer,  in  welchem  die  sonne  ihre  höchste  kraft  bewährt,  die  saat 
zur  reife,  der  herbst  spendet  obst  und  trauben.  weder  Hesiodos 
noch  der  von  ihm  abhängige  Vergilius  kennt  den  sommer  als  ver- 


nDüotzer:  : 

Dichter  des  frühlings,  was  er  ja  auch  in  der  tLat  nicht  ist,  da  er 
auszer  der  aa^t  noch  manche  btumen  bringt,  nicht  einmal  die  blute 
aller  roaen  zerstört,  ja  die  Obstblüte  in  der  entwicklnng  zur  frueht 
zeitigt.  Lucretius  läszt,  wie  wir  sahen,  einfach  den  sommer  auf 
den  friihling  folgen.  Priapua  erzählt  (Catullus  20,  G  ff,):  mihi 
CoroUa  picta  (ein  hlumenkranz)  vere  ponititr,  mäii  aristo  rubens  sole 
fervido,  mihi  vircnli  äiüeis  uva  pampino  mthique  glauca  dura  olitia 
frigore.  auch  die  Schriftsteller  des  landbaus  und  der  filtere  Plinius 
sind  weit  entfernt  den  aotnmer  zum  Zerstörer  zu  machen,  sie  he- 
grüazen  in  dem  reifen  der  ernte  den  fortschritt  des  wachsenden  Jahres, 
das  gerade  in  ihm  seine  mBcbtigste  kraft  bewährt. 

Wie  aber  ist  ein  so  feinfühliger  aualeger  auf  eine  Vorstellung 
gekommen,  die  der  beobachtttng  der  alten  völlig  widerspricht?  ich 
verweise  auf  Bion  4.  auch  kein  neuerer  dichter  hat  dem  sommer 
die  schmach  angethan  ihn  zum  Zerstörer  zu  machen ,  wenn  sie 
auch  über  sengende  hitze  und  durst  klagen  oder  diese  vielmehr 
als  aufforderung  zum  trinken  benutzen  mögen.  Probst  ist  durch 
fingstlichea  fetthaUen  an  dem  von  Hör.  hier  gebrauchten  proterit 
zu  seiner  ansieht  verleitet  worden,  prolerere,  behauptet  er,  könne 
nie  und  nimmer  die  bedeutung  'verdrängen'  haben,  ea  heisze  tiberall 
'niedertreten,  zertreten,  (ermalmen,  vernichten',  könne  nicht  'fort- 
treiben' heiazL'n.  die  eigentliche  bedeutung  des  wertes  ist  'ver- 
reiben', dieae  gestattet  aber,  wie  es  hei  vielen  Wörtern  der  fall  ist, 
die  manigfachüte  anwendung.  das  davon,  wie  es  scheint,  abgeleitete 
protenms  erklärt  Döderlein  'niederwerfend',  aber  es  wird  im  sinne 
von  'ungestüm'  gebraucht,  und  so  könnte  die  ursprüngliche  bedeu- 
tung 'forttretend'  gewesen,  es  eigentlich  von  dem  gesagt  worden 
sein,  der  pülsal  omne  qwod  obstat,  wie  der  zu  Maecenas  eilende  Hora- 
tius  {sat.  II  G,  30),  wie  denn  schon  Donatus  zu  Ter.  Heo.  III  5,  53 
sagt:  dictum  est  ideo,  quod  alium  proierat,  qui  proiervus  est.  dasz 
prolerere  mehrmals,  wie  bei  Hör.  selbst  (carm.  III  5,  34),  aber  auch 
schon  bei  Plautaa,  im  sinne  von  'vernichten'  gebraucht  wird,  wie 
proslernere,  prorue7-e,  profUgare,  ähnlich  auch  amcidcare,  obterere, 
conterere,  beweist  keineswegs,  dasz  das  gewaltsame  niedertreten  seine 
eigentliche  und  einzige  bedeutung  sei.  in  der  bedeutung  'treten* 
findet  es  sieh  schon  in  dem  Plautinischen  ego  te  quasi  sus  catidos 
pcdibus  proteram.  auch  hat  Plautus  es  in  der  Verbindung  lima  pro- 
ferere,  also  vom  zerfeilen,  von  welchem  später  exlerere  steht.  Teren- 
tiua  verbindet  manche  ähnliche  ausdrücke  in  dem  verse  Ad.  319  ceteros 
merem,  agerem,  raperem,  fundereta  et  prosternerem.  aus  altern  dra- 
matischen, geschichtlichen  und  rednerischen  Schriftstellern  wird  das 
wort  nicht  angeführt,  wenn  es  an  verhSItnismSszig  wenigen  stellen 
sowohl  in  prosa  wie  bei  dichtem  in  der  bedeutung  'niederwerfen, 
vernichten'  vorkommt,  so  zeigt  schon  Plautus ,  daaz  dies  nicht  die 
einzige  anwendung  des  wertes  zu  seiner  zeit  war.  später,  hei  Clan- 
dianus  finden  wir  vom  jungen  kalbe  pedibus  qttae  nondum  prolerU 
arva,  was  doch  nur  vom  betreten,  nicht  Tom  niedertreten,  vemichteiL 


784  HDüntzer:  zu  Horatius  [ca.  IV  7]. 

der  wiesen  verstanden  werdeü  kann.  vgl.  bei  demselben  dichter: 
fiosirum  quid  proteris  advena  mundum?  somit  ist proterere  in  der  be- 
deutung  Hreten'  so  wenig  unmöglich,  dasz  diese  wirklich  vorliegt. 
auch  wäre  es  in  der  that  auffallend,  wenn  sie  nicht  sich  flUide«  das 
einfache  tererCy  das  ursprünglich,  wie  Tpißeiv,  ^reiben'  heiszt,  wird 
von  jeder  bertthrung  gebraucht,  daher  vom  betreten,  nicht  blou  von 
wegen  und  orten  (man  sagt  iter^  viam,  Zimtita,  porticum  terere\  son- 
dern auch  von  laufenden  calcem  calce  terere^  wie  das  griechische  ircrrciv 
vom  anstoszen  mit  dem  fusze.  steht  so  die  beziehnng  von  terere  auf 
das  treten  fest,  welche  auch  bei  der  Zusammensetzung  deterere  in  der 
Plautinischen  Verbindung  mit  cälces  (die  ferse  abtreten)  und,  wie  wir 
sahen,  in  proterere  selbst  sich  zeigt,  so  verliert  das  Horazische  ver 
proterü  aestas  im  sinne  'den  frühling  verdrängt  der  sommer*  alles 
bedenkliche,  wenn  wir  uns  nur  des  gangbaren  Sprachgebrauchs 
erinnern,  dasz  die  Bömer  die  rasche  unmittelbare  aufeinanderfolge 
durch  Wörter  des  stoszens  und  drängens  bezeichnen,  wir  wollen  uns 
nicht  auf  das  Ovidische  gleichnis  von  der  flucht  der  zeit  berufen: 
unda  inpeUitur  unda ,  urgeturque  prior  veniente  urgetque  prioretm 
{met.  XV  181  f.);  derselbe  sagt  repeUit  ver  hiemem  (X  164  f.).  bei 
Hör.  finden  sich  die  unserm  proterit  entsprechenden  stellen:  tru^ 
ditur  dies  die  (carm.  II  18,  15)  und  urget  diem  nax  ei  dies  nodem 
{epod.  17,  25).  der  den  frühling  tretende  sommer  ist  nicht  stär- 
ker als  der  vom  tage  gestoszene  tag,  der  von  der  nacht  ge- 
drängte tag;  in  allen  drei  ausdrücken  wird  die  rasche  aufein- 
anderfolge sinnlich  dargestellt,  was  zu  dem  häufigen  bildlichen  ge- 
brauche des  premerey  urgere,  instare  uä.  von  der  nächsten  nähe 
stimmt,  fragen  könnte  man  nur,  ob  Hör.  bei  proterü  in  die  prip* 
die  bedeutung  des  'fort'  gelegt  oder  das  wort  blosz  im  sinne  von 
'treten'  gebraucht  habe;  ersteres  scheint  uns  bei  der  groszen  frei- 
heit,  deren  unser  dichter  sich  bei  den  mit  präpositionen  zusammen- 
gesetzten Zeitwörtern,  ja  auch  bei  neuen  Zusammensetzungen  be- 
dient (wir  erinnern  nur  skuproferre  in  carm,  I  15,  33,  elaborare  in 
cann.  III 1, 19,  an  emirari^  adlaborare),  bei  weitem  wahrscheinlicher. 
da  Hör.  an  der  versstelle  eines  dactylus  bedurfte,  den  ihm  weder 
trudit  noch  urget  noch  premit  bot,  so  bediente  er  sich  des  weniger 
gangbaren,  aber  recht  bezeichnenden ,  kaum  miszuverstehenden  poh 
ierity  'tritt'  oder  'forttritt',  um  die  rasche  aufeinanderfolge,  das 
instare  vcstigiiSy  zu  bezeichnen,  so  wenig  besteht  die  behauptung 
zu  recht,  proterere  könne  nur  'vernichten'  bezeichnen,  und  wir  sind 
keineswegs  genötigt  deshalb,  wie  wir  sonst  müsten ,  aufändemng 
des  text-es  zu  denken. 

Leider  ist  Probst  durch  seine  irrige  fassung  des  proterit  zn 
weitern  misverständnissen  verleitet  worden,  indem  er  auf  die  Ver- 
nichtung des  frühlings  und  dann  der  übrigen  Jahreszeiten ,  obgleich 
er  von  dieser  bei  den  letztern  nicht  die  geringste  andeutung  aufzeigen 
kann,  die  folgenden  damna  caclestia  bezieht,  er  spricht  von  den 
'schaden,  welche  die  erde  erleidet  durch  den  Untergang  des  früh- 


HDOntzer: 

lingB,  des  sommers,  wenn  der  herbst  seine  fruchte  gespendet  hat, 
durch  di«  Unfruchtbarkeit  des  wintere',  obgleich  von  einem  schaden 
der  drei  frachtbaren  Jahreszeiten  gar  keine  rede  sein  kann. 
er  in  itUerUura  den  sinn  findet  'seibat  dem  Untergänge  geweiht', 
l^t  er  diesen  eben  willkürlich  hinein,  wie  Hör.  den  frühling  vo 
BOmmer  verdrängen  läszt,  eo  sagt  er  vom  letztern,  um  den  Wechsel 
mit  dem  herbst  zn  bezeichnen,  er  werde  schwinden,  sobald  dieser 
wiederkehre,  interire  ist  auch  in  proea  der  gangbare  gegensatz  zu 
gigni;  wie  dieses  das  eintreten  ins  leben,  so  bezeichnet  jenes  den 
aastritt,  aber  beide  werden  auf  jedes  hervortreten  und  verschwinden 
übertragen,  wie  Hör.  selbst  sagt:  nouaeqtte  pergunt  interire  lunac 
(corm.  II  IS,  16),  nachdem  er  dos  raschen  Wechsels  der  tage  (fru- 
dÜur  dies  dk)  gedacht  hat;  a.  poei.  61  verborum  vetus  interit  aetas, 
der  auch  der  besten  proaa  nicht  fremde  gebrauch  ist  sogar  in  die 
sprach«  des  rechts  Übergegangen,  der  römischen  Vorstellung  wider- 
spricht  die  von  Probst  behauptete  Zerstörung  einer  Jahreszeit  durch 
die  andere;  alle  mit  einziger  ausnähme  des  unfruchtbaren,  tot«n 
(mers)  winters  bringen  ihre  gaben,  und  die  Unfruchtbarkeit  (sfert- 
lÜas,  wie  die  Römer  sagen)  des  letztem,  der  an  die  stelle  des  herbstes 
tritt,  ist  keine  Zerstörung,  sondern  die  folge  der  schwachem  einwir- 
kung  der  wintersonne,  die  inieriore  äiem  gyro  trahit  (sat.  II  6,  26), 
ein  damnmu  cackste.  Probst  hat  sich  mit  vollem  rechte  gegen  die 
neuem  'wunderlichen  mis Verständnisse  der  damna  caeleslia  erklärt, 
aber  seine  deutung,  so  weit  sie  richtig  ist,  dasz  damna  activ  zu 
nehmen  sei ,  habe  icb  längst  gegeben,  sie  ist  nichts  weniger  als  neu, 
verliert  aber  durch  seine  beziehung  auf  alle  Jahreszeiten  ihre  Wahr- 
heit, die  damna  caeleslia  sind  nicht  'die  schttden,  welche  die  erde 
durch  temperatur  und  klima  im  Wechsel  der  Jahreszeiten  erleidet',  und 
caeleslia  heiszcn  sie  nicht,  'weil  sie  einmalin  der  ewigen  Ordnung 
des  hitnmels  ihren  grund  haben',  womit  Probsts  eigne,  gleich- 
falls nicht  ganz  zutreffende  fassung  in  Widerspruch  tritt,  caclestis  sei 
hier  zu  fassen  wie  in  der  Verbindung  mit  aqua  (bei  Hör.  und  Livius), 
in  welcher  es  das  vom  himmel  strömende  wasser  bezeichnet  {aqiia 
pluvia  bei  Cicero,  gewöhnlich  pluvialis,  später  aaah  pluvialica)  im 
gegensatz  zum  quell-  undbrunnen-  und  fluszwasser  {fontana.puteana, 
putealis,  fluminaiis). 

Beim  landbau  kommt  eine  dreifache  beobachtung  des  bimmels 
in  betrncht.  Cato  berücksichtigt  nur  eine  zwiefache,  das  annale 
lempvs,  quod  sol  drcuitu  suo  finü,  und  das  menstruitm ,  quod  luna 
eircumiens  comprehenäit.  Vergilius,  der  von  den  clarissima  tmtftdi 
lumina  sagt:  läbentem  caclo  quae  ducilis  annvm  [georg.  I  6),  fügt 
zu  der  entwicklnog  des  Jahres  in  seinen  vier  Zeiten  und  durch  den 
mondlauf  noch  die  gestime  hinzu,  welche  sttlrnie  bringen,  am  aus- 
fahriichsten  bandelt  Über  die  caelestis  citra  Flinius  (fl.  h.  XYUI 
56 — 75),  der  die  stürme  und  die  kalt«n  nSchte  als  cadestes  iniutiae 
bezeichnet,  bei  Hör.  kommt  nur  der  einflusz  der  sonne  in  betracht, 
der  cardo  lemporum,  wie  Plinins  sagt,  die  quadripartita  anni  dislificiio 


786  HDüntzer:  zu  Horatius  [ca.  IV  7]. 

per  incrementa  lu<ns.  und  so  kann  sich,  was  dem  aufmerkenden 
leser  der  Zusammenhang  von  selbst  ergibt,  der  aasdruck  danma 
caelesUay  der  sich  unmittelbar  an  die  erwähnung  der  hruma  iners 
anschlieszt ,  nur  auf  die  abnähme  der  n&hrenden  wärm^  (calor)  der 
sonne  im  winter  beziehen ,  welche  das  frische ,  frohe  leben  der  erde 
tötet;  aber  nach  wenigen  monaten  beginnt  die  sonne  wieder  in  ihrer 
steigenden  kraft  sich  zu  erheben,  der  der  erde  zugefügte  schade,  die 
Unfruchtbarkeit,  hört  auf.  dasz  der  plural  damna  blosz  auf  den  ^inen 
schaden  geht,  den  winterlichen  mangel  an  der  zum  lebendigen  treiben 
der  erde  notwendigen  wärme ,  kann  niemand  irren ,  der  den  freien 
dichterischen  gebrauch  des  plurals  kennt,  über  den  vor  so  vielen 
Jahren  mein  unvergeszlicher  lehrer  KGJacob  in  dem  eingehenden 
Programm  ^de  usu  numeri  pluralis  apud  poetas  Latinos'  (1841)  ge- 
handelt hat.  besonders  gestatteten  sich  die  dichter  den  freiem  ge- 
brauch des  plurals  bei  den  neutra  auf  -um  und  -tnen,  wo  der  singular 
den  vers  hinderte  und  die  mehrheit  als  eine  Verstärkung  des  begriffd, 
wie  besonders  bei  abstracta,  gelten  konnte,  dasz  auch  spätere  dichter 
sich  diesen  gebrauch  des  plurals  aneigneten,  wie  Lucanus  VIII  750 
sagt  h<i€C  damna  septdcri,  kommt  hier  weniger  in  betracht  als  der 
weitgehende  gebrauch  des  Horatius  und  gleichzeitiger  dichter  über- 
haupt, wenn  Hör.  unbedenklich  nomina  setzt,  wo  von  einem  ein- 
zelnen bestimmten  namen  die  rede  ist  {carm.  III  27,  75.  76.  IV  2, 4), 
so  wird  man  nicht  zweifeln  dürfen,  dasz  er  auch  damna  von  dem 
schaden  gebrauchen  konnte,  den  die  erde  von  der  abnähme  der  wärme 
des  groszen  himmelslichtes  im  winter  leidet,  ja  der  plural  bedarf 
kaum  der  beschönigung,  dasz  dieser  mangel  verhältnismäszig  lange 
anhält,  und ,  was  entscheidet ,  diese  fassung  von  damna  wird  uns 
durch  den  Zusammenhang  aufgedrängt,  eine  sehr  hübsche  dichte- 
rische Wendung  ist  es,  wenn  der  mond  gleichsam  als  vermittler  der 
neu  erwachten  lebenspendenden  Wirksamkeit  des  Sonnenlichtes  ein- 
geführt wird ,  obgleich  die  monde  hier  eigentlich  nur  die  Zeitbestim- 
mung geben,  dasz  nach  wenigen  rasch  vollbrachten  umlaufen  des 
mondes  der  frühling  wieder  die  natur  belebt,  die  durch  den  winter 
verursachte  Unfruchtbarkeit  weicht,  übrigens  ist  die  betrachtong, 
dasz  sich  unser  leben,  wenn  es  einmal  geschwunden,  nicht  wieder 
herstellt,  wie  es  die  erde  nach  dem  winter  thut,  schon  am  anfange 
(v.  7)  eingeleitet;  der  eingetretene  Wechsel  hat  den  dichter  gleich 
wehmütig  gestimmt,  so  dasz  man  nicht  mit  Probst  sagen  darf,  in  die 
erste  freude  über  den  jungen  frühling  mische  sich  gleich  trauer  ein; 
jeder  ausdruck  der  freude  fehlt,  nur  der  Wechsel  selbst  wird  be- 
schrieben, nicht  einmal,  wie  in  dem  viel  altern  frtthlingsgedichte  I  4 
ausdrücklich  bemerkt,  dasz  der  Wechsel  erfreulich  (grata)  sei. 

Das  eben  genannte  gedieht  unterscheidet  sich  von  unserm,  das 
der  mehr  als  ein  Jahrzehnt  älter  gewordene  dichter  an  Torqnatas 
richtete ,  ganz  besonders  durch  den  heitern  ton  und  die  den  ernst 
der  betraclitung  umspielende  laune,  in  welche  der  dichter  auch  den 
freund  zu  versetzen  sucht,    freilich  gedenkt  er  auch  hier  des  uns 


HDüntzer:  sn  Horalins  [ea.  I  4].  787 

allen  drohenden  todes,  aber  weist  er  auob  aaf  diesen  malmend  hiOi 
so  ist  er  doch  weit  entfernt  ihn  als  vielleicht  schon  morgen  eintre- 
tend zu  bezeichnen,  wie  er  es  dem  Torqnatas  gegenüber  ¥•  17  f. 
thut ,  mit  leiser  hindeutung  auf  die  stelle  des  Lucretias  III 1024 
— 1057,  worin  dieser,  nachdem  er  alle  vorstellnngen  vom  schatten« 
reiche  als  wahngebilde  verlacht  hat,  sich  vorhält,  d[asz  selbst  der  gute 
könig  Ancus  und  so  viele  könige  und  £eldherren,  auch  die  groszen 
dichtei'  und  philosophen ,  ein  opfer  des  todes  geworden«  dabei  be- 
dient er  sich  eines  eigentümlichen  ausdrucke ;  freilich  gebraucht  auch 
Plautus  unter  den  wechselnden  bezeichnungen  des  Sterbens  einmal 
deddere^  und  so  findet  es  sich  auch  ^nsi,  II  1,  36,  aber  hier  fügt 
Hör.  die  bestimmung  des  ortes  hinzu,  wohin  wir  alle  nach  dem 
tode  wandern  müssen,  gebraucht  es  also  mit  besonderer  prttgnanz  für 
decidentes  venire^  wofür  devenire  'hingelangen'  epist.  1  6, 27  nach  ire 
mit  schmerzlichem  gegensatz  zum  vorhergegangenen  te  conspexerU 
steht,  hier  liegt  sein  entschiedener  Unglaube  zu  gründe,  obgleich  er 
sich  der  gangbaren  Vorstellung  eines  schattenlebens  bedient;  so  ge- 
wis  ihm  das  verbrennen  zu  asche  ist  {pfAkns)^  so  wenig  glaubt  er  an 
das  Schattendasein  {umhra)  unter  der  erde,  das  ältere  gedieht,  worin 
er  den  Sestius  ansprach,  begann  mit  einer  weitem  und  heiterem  schil* 
deruDg;  auf  diese  folgte  die  mahnung  an  sich  selbst,  das  fest  des 
wiedererstandenen  Jahres  freudig  zu  begehen,  wobei  der  gedanke, 
dasz  wir  alle  dem  tode  verfallen  sind,  mit  als  bestimmungsgmnd 
galt,  dieser  tritt  freilich  ganz  unverbunden  ein,  bildet  aber  zugleich 
den  Übergang  zur  aufforderung  an  den  reichen  Sestius,  sich  noch 
des  genusses  zu  erfreuen ,  den  ihm  das  leben  bietet ,  wobei  er  mit 
heiterer  laune  des  uns  alle  bedrohenden  schattenreiches  gedenkt,  das 
jeder  freu  de  ein-  für  allemal  ein  ende  mache. 

Probst  hat  in  seiner  behandlung  dieses  gedichtes  das  unmittel- 
bar auf  die  mahnung  den  neu  erstandenen  frühling  zu  feiern  folgende: 
palUda  Mors  aequo  pidsat  pede  pa/uperum  täbernas  regumgue  iurres 
durch  eine  neue  deutung  ins  licht  setzen  zu  müssen  geglaubt,  wenn 
man  bisher  allgemein  den  todesgott  mit  dem  fusze  anklopfen  liesz, 
80  findet  er  dies  sprachlich  unzulässig,  freilich ,  wenn  man  bei  For- 
cellini  die  stellen  unter  pulsare  vergleicht,  so  findet  man  dort  nur 
solche,  in  welchen  es  im  sinne  von  'anklopfen'  mit  fores  und  ostium 
verbunden  erscheint,  anders  ist  es,  wenn  man  den  Plautus  vergleicht, 
der  sich  der  altera  form  puUare  (wie  mertare  statt  mersare  steht)  be- 
dient, welche  nur  ein  paar  mal  durch  pvUsare  verdrängt  wurde, 
scboD  Forcellinis  stellen  u.  puUare^  die  Probst  entgangen  sind,  hätten 
ihm  zeigen  können,  dasz  seine  behauptung,  beim  klopfen  werde 
immer  die  thür  genannt ,  nicht  der  Wahrheit  entspricht,  jeder  leser 
des  alten  komikers  weisz,  dasz  nicht  allein /bra^,  ostiumy  ianuam 
pultare  (auch  ferire,  frangerCy  ecfringere,  verherare)  gesagt  wird,  son- 
dern auch  aedes  pvMare,  wie  es  in  der  betreffenden  ergötzlichen  scene 
der  Mostellaria  und  im  Poenulus  zu  lesen  ist,  und  im  Budens  331  f. 
hanc  qime  proxuma  est  (fu}  viUam  Veneris  fano  pulsare  iussisH  in 


790  FRühl:  die  ConstantiniBchen  indictionen. 

indictionen  seien  erst  im  j.  312  nach  Ch.  eingerichtet  worden,  mit 
einem  derartigen  glauben  aber  würde  die  herleitung  der  indictionen 
von  Antiocheia  und  die  ganze  bekannte  ausftthrung,  wie  sie  sich 
I  s.  355  Bonn,  findet,  in  directem  Widerspruche  stehen. 

Es  musz  einen  besondem  grund  haben,  warum  mit  dem  1  Sep- 
tember 312  nach  Ch.  eine  li^ue,  eigens  benannte  reihe  von  indictions- 
jahren  beginnt,  während  sich  die  indictionen  vorher  und  nachher  an 
sich  nicht  im  mindesten  unterscheiden,  fassen  wir  das  problem  rein 
chronologisch,  so  ist  die  nächstliegende  annähme  die^  dasz  mit  dem 
am  1  September  311  nach  Gh.  beginnenden  indictionsjahre  irgend 
eine  grosze  periode  ablief^  eine  art  von  annus  magnus.  an  das  jähr 
49  vor  Ch.  dabei  zu  denken  haben  wir  keine  veranlassung,  da  der 
ansatz  des  anfangs  der  indictionen  zu  diesem  jähr  anerkanntermaszen 
falsch  ist  und  der  Ursprung  der  bezeichnung  Tonstantinische  in- 
dictionen' natürlich  viel  älter  ist  als  die  redaction  des  chronicon 
paschale.  nun  waren  es  hauptsächlich  drei  zeitkreise,  aufweiche  die 
christlichen  Chronologen  seit  dem  vierten  jh.  gewicht  legten  und 
gewicht  zu  legen  Ursache  hatten,  nemlich  auszer  den  indictionen  noch 
der  sonnen-  und  der  mondzirkel;  wir  werden  demnach  erwarten 
dürfen,  bei  einem  'groszen  jahr'^  das  in  dieser  epoche  aufgestellt 
wurde,  alle  drei  berücksichtigt  zu  finden,  wir  werden  femer  von 
vorn  herein  vermuten  dürfen,  dasz  der  ausgangspunkt  der  za  sup- 
ponierenden  rechnung,  das  anfangsjahr  der  cyclen,  durch  ein  nach 
irgend  einer  rücksicht  hin  bedeutendes  ereignis  bezeichnet  werde, 
früher  hätte  vielleicht  der  einwand  nahegelegen,  dasz  ja  die  spätem 
mittelalterlichen  computisten  und  nach  ihrem  vorbild  die  modernen 
Chronologen  für  ihre  zeitkreise  ganz  willkürliche  und  mit  einander 
gar  nicht  im  Zusammenhang  stehende  anfangspunkte  angenommen 
haben,  das  wird  man  indessen  heute  schwerlich  noch  vorbringen 
wollen,  seit  Gutschmid  —  sonderbarerweise  als  der  erste  —  in 
Gardthausens  griech.  paläographie  s.  399  f.  gezeigt  hat,  dasz  es  im 
frühern  mittelalter  sehr  verschiedene  anfangspunkte  für  sonnen- und 
mondzirkcl  gegeben  hat.  wir  werden  uns  vielmehr  für  unsere  Ver- 
mutung —  denn  weiter  ist  sie  bis  jetzt  noch  nichts  —  auf  die  von 
Gutschmid  ao.  klar  gelegte  natur  der  byzantinischen  weltttra  als  auf 
eine  gewisse  analogie  berufen  dürfen,  indem  ihr  erstes  jähr  zugleich 
das  erste  jähr  eines  sonnenzirkels  und  eines  mondzirkels  ist  und  in- 
dictio  I  hat. 

Sueben  wir  nun  nach  einem  ereignis ,  welches  für  einen  römi- 
schen Chronologen  wichtig  genug  war,  um  dan^it  sein  groszes  jähr 
zu  beginnen,  so  ist  dasjenige,  auf  welches  man  zuerst  verfallen  wird, 
die  grUndung  der  :«tadt  Kom.  diese  fällt  bekanntlich  nach  Varro- 
niscber  rechnung  auf  den  21  april  753  vor  Ch.,  und  dieses  datum 
gehört  einem  prolepti<>chen  ersten  indictionsjahre  an,  welches  am 
1  September  754  vor  Ch.  begonnen  hatte,  während  das  jähr  vom 
1  September  311  bis  31  auguät  :n2  nach  Ch.  ein  fünfzehntes  in- 
dictionsjnhr  ist.    setzen  wir  nun  das  jähr  vom  1  September  754  bis 


FRühl:  die  Cotit.ta,iitiiii scheu  indicliouen.  791 

31  augUBt  753  vor  Ch.  auch  als  erstes  jähr  eines  mondzirkels,  so  ist 
das  jähr  vom  1  September  311  bis  31  auguat  312  nach  Ch.  gleich- 
falls ein  erstes  jalir  eines  mondzirkels;  setzen  wir  das  indictionsjafar 
754/753  vor  Ch.  als  erstes  jähr  eines  sonnenzirkels,  60  ist  das  in- 
dictioDSJahr  31 1/312  nach  Ch.  gleichfalls  das  erste  jähr  eines  soanen- 
zirkels.  das  heisit  reit  andern  werten:  mit  dem  jähre,  das  am 
31  august  312  nach  Ch.  schlieszt,  endigt  ein  indictionszirkel,  und 
es  fallen  in  diesem  jähre  alle  Wochentage  und  alle  mondphasen  auf 
dieselben  monatstage  wie  im  jähre  der  grUadung  der  stadt  Rom. 
diese  drei  bedingungen  zusammen  aber  hatte  in  der  ganzen  Zwischen- 
zeit kein  einziges  jähr  erfüllt,  und  so  konnte  diese  periode  von  1065 
jähren  wirklich  als  ein  annus  magnus  bezeichnet  werden,  da  nnn 
der  1  September  312  nach  Ch.  in  die  regierung  des  Constantinus 
Btü,  BO  würde  es  an  sieb  schon  nichts  auffallendes  haben,  wenn  mau 
die  indictionen  des  mit  diesem  tage  beginnenden  neuen  groüzen 
Jahres  als  Constantiniscbe  bezeichnet  hUtte.  es  kam  aber  noch  hinm, 
dasa  mit  dem  j.  312  ind.  XV  nicht  nur  chronologisch,  sondern  auch 
historisch  ein  weltalter  abschlosz:  denn  bereits  in  den  october  von 
312  ind.  1  lUllt  der  sieg  des  Constantinus  Über  Maxentius  und  damit 
der  anbrach  einer  neuen  epoche  für  das  römische  reich  und  speciell 
für  die  bekenner  des  christlichen  glaubens.  wenn  jemand  noch 
weiter  im  sinne  christlicher  mystik  oder  Scholastik  träumen  wolU«, 
so  bot  ihm  die  zahl  der  von  754  vor  Ch.  bis  312  nach  Ch.  abge- 
laufenen indiction senden,  nemlich  71,  noch  anszerdem  hSkcben 
genug ,  an  welche  er  berge  von  lehre  hangen  konnte,  ich  bin  in- 
dessen mit  der  christlichen  litteratur  jener  epoche  nicht  genau  genug 
bekannt,  um  mir  ein  urteil  darüber  erlauben  zu  kSnnen,  ob  derartige 
betrachtuagen  bereits  diesen  frühen  Jahrhunderten  zugeschrieben 
werden  dürfen. 

Es  läge  nahe  zu  untersuchen,  ob  man  etwa  auf  die  idee  gekom- 
men sein  sollte,  durch  eine  rückz&hlung  groEzer  jähre  ein  datum  ftlr 
die  erschaffuiig  der  weit  zu  gewinnen,  vorläufig  ist  indessen  das 
ergebnis  meiner  nachforschungen  in  dieser  hinsieht  ein  rein  nega- 
tives gewesen ;  von  allen  weltUren,  von  denen  ich  mir  kenntnis  ver- 
schaffen konnte,  würde  keine  einzige  zu  einer  periode  passen,  wie 
wir  sie  angenommen  haben,  indessen  musz  ich  bekennen,  dasz  es 
allem  anscheiu  nach  mehr  weiteren  gibt,  als  mir  zu  ermitteln  mög- 
lich war,  und  daher  ist  vielleicht  jemand,  dem  reichere  hilfsmittel 
zu  geböte  stehen,  glücklicher  als  ich.  zur  zeit  vermag  ich  auch  nicht 
anzugeben ,  ob  die  für  532  jähre  eingerichtete  tafel  der  anfiinge  der 
fasten,  welche  Ällplrünl  s.  303  der  Übersetzung  ('the  chronology 
of  ancient  nationa;  an  EngUsh  version  of  the  Arabic  text  of  the 
Athär  al-bi'ikiya  of  Älblrünl  translated  by  ESachau',  London  1879) 
mitteilt,  irgendwie  mit  den  indictionen  zusammenhängt ;  ich  bezweifle 
es  indessen  sehr.  Älblrönl  sagt,  nach  der  angäbe  der  Christen  sei 
jene  tafel,  die  er  XpoviKÖV  nennt,  von  Eusebios,  dem  bischof  von 
ind  den  310  bischöfen  der  synode  von  Nikaia  berechnet 


792  FRühl:  die  ConBtantinischen  indictionen. 

worden,  wenn  seine  gewährsmänner  richtig  berichtet  haben  sollten, 
so  hätten  wir  hier  das  erste  beispiel  der  532jährigen  periode^  von 
dem  wir  wissen. 

Warum  übrigens  das  chronicon  paschale  die  dpx^l  IvbiKTiuivuiv 
auf  den  1  Gorpiaios  (september)  49  vor  Ch.  setzt,  ist  nicht  schwer 
zu  sagen,  das  ist  das  erste  jähr  der  Caesarianischen  ftra^  wie  sie  in 
Antiocheia  galt,  and  zugleich  ein  erstes  indictionsjahr.  wenn  es  non 
eine  Zeittafel  gab ,  welche  nach  antiochenischen  jähren  rechnete  und 
die  Zeitcharaktere  angab ,  so  muste  bei  dem  ersten  jähre  notwendig 
(wenn  man  will  proleptisch)  IvbiKTiuiv  ä  beigeschrieben  sein,  was 
dann  leicht  ein  späterer  f(ir  den  anfang  der  indictionen  ttberhaapt 
nehmen  konnte,  dasz  die  quelle  für  jene  angäbe  eine  syrische  war, 
versteht  sich  von  selbst,  da  hier  nach  syrischen  monaten  gerechnet 
wird  (kqI  al  !vbiKTOi  bk  xpim<^'^'^^^v  fjpEavTO  diiö  irptXiTiic  kqI 
auTf]C  ToC  ropTTiaiou  finivöc).  ebenso  selbstverständlich  ist  es,  daas 
die  Constantinischen  indictionen  mit  Antiocheia  nichts  zu  thun  haben: 
denn  dasz  am  31  august  312  nach  Ch.  seit  dem  1  September  49  vor 
Ch.  gerade  24,  nicht  23  oder  26  cyclen  oder  welche  zahl  man  sonst 
will  abgelaufen  waren,  ist  so  gleichgültig  wie  möglich.  Idelers  ans- 
einandersetzung  (handbuch  der  Chronologie  II  s.  351)  bewegt  sich 
einigermaszen  im  kreise,  und  er  übersieht  auszerdem,  dasz  nach  dem 
chronicon  paschale  der  anfang  der  antiochenischen  ära  nicht  mit  dem 
der  indictionen  identisch  ist,  indem  der  erstere  auf  den  12  Arie* 
misios  gesetzt  wird  (dirö  TTpiI)TOU  £touc  faiou  'louXiou  Kaicapoc 

KQI  TOIV  TTpOK€l|Ll^VUJV  UTldTUiV  ACTTlbOU  KQI  TTXdTKOU,  f^fOW  iß'  KOl 

auTTic  ToO  'ApT€|Liiciou  {Liiivöc,  'AvTioxeTc  Touc  touTdiv  xpövouc 
dpiOfiioCci).  warum  gerade  der  12  Artemisios  gewählt  wurde,  ergibt 
sich  aus  Malalas  s.  216  Bonn.:  es  ist  der  tag  der  Verkündigung  der 
irapoucia  louXiou  Kaicapoc.  der  Verfasser  der  antiochenischen 
Stadtchronik,  welche  Malalas  benutzte,  scheint  auch  ganz  gut  ge- 
wust  zu  haben,  dasz  damals  die  indictionen  noch  nicht  eingeführt 
gewesen  sind,  sondern  dasz  dieses  chronologische  hilfsmittel  erst 
später  erfanden  und  dann  auch  für  die  längst  vergangenen  jähre  ge* 
braucht  worden  ist,  während  er  von  der  beschaffenheit  der  alten 
syromakedonii<chen  monate  keine  rechte  Vorstellung  mehr  hat  and 
sie  julianisch  reduciert  (KaT^q)9ac€  TÖ  iTpö9€)Lia  iv  *Avn0X€i<ji  tQ 
7TÖX€i  Tri  iß'  ToO  'ApteiLiiciou  toO  Ka\  Maiou  imivdc  Tflc  jicrd  raOra 
iTpuiTT]C  [TipiüTTic  fehlt  bei  Dindorf,  ist  aber  unentbehrlich]  diriveMrj- 
ceuJC  heiszt  es  bei  Malalas  s.  216,10).  dasz  übrigens  das  chronicon 
paschale  für  diese  dinge  aus  Malalas  geschöpft  habe ,  wie  WJudeich 
'Caesar  im  Orient'  (Leipzig  1885)  s.  106  behauptet,  bezweifle  ich 
im  höchsten  grade;  auf  dieselbe  quelle  aber  gehen  beide  in  letzter 
instanz  ohne  zweifei  zurück. 

KÜNIOSBBKQ.  FbAXZ  R0IIL. 


EESTE  ABTEILUNG 
FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOOIE 

nKKAUSaEOEBEN  vox  Alpked  Fleckkiskm. 


COLTURHISTOIilSCHE  FORSCHUNGEN  ZUM  HOMERISCHEN 

ZEITÄLTEB. 


Die  glückliche  durehführung  einer  culturgesehichta  der  Griocben 
im  Homerischen  ieitalter  böngt  von  der  richtigen  beniitzung  dreier 
teils  in  einander  flieazender,  teih  sich  ergänzender  quellen  ab. 
sind:  l)  die  natiir  des  landes,  2)  die  archäologischen  funde  und 
monumentalen  Überreste  auf  griechitchem  boden,  3)  Homeros.  vieles, 
was  uns  in  den  Homerischen  gedichten  entgegentritt,  wird  in  physi- 
kalischen bedingungea  des  landes  seine  Ursache  und  erkIHrung  finden, 
dazu  gehören  diu  Überdachten  sculenhallcn  auf  dem  hofe,  offenbar 
als  schütz  gegen  diu  brennende  hitze'  und  die  hSuQg  wolkenbroch- 
artigen  regengUsse'  erbaut,  die  viehgehSfte  liegen  fern  von  der 
Stadt  auf  bergen,  weil  die  berden  in  dem  gebirge  zu  weiden  pflegten, 
während  das  die  dörfer  utngebendo  ebene  land  dem  ackerbau  diente 
(ECurlius  Peloponnesos  II  s.  1G3).  häufig  drängt  sich  d 
lung  auf,  als  wenn  der  weg  aus  der  stadt  hinaas  eine  hinunter- 
führende ricbtung  habe',  und  mit  recht:  denn  die  griechischen  städte, 
durcb  nnbaii  aus  den  bürgen  hervorgegangen,  lagen  auf  den  ab- 
iJachuugen  der  burgbügel. 

■   uftch  Neumann- Fartsclj   (pbjsikalische 
land,   lireElHU  1886)  s,  18  ist  in  cl<         "    ' 
der  ilünensanil  im  Phaleron  ernit 
Boiotien  ond  TbeasaHcn  (a.  &6). 

latnge  «uf  »euige  wiide  iluraregen  von  verheerender  kraft.'  "  ali 

Teleinscboa  von  PjIob  (t  484  f.),  Pberai  [t  «4  f.),  Sparta  (o  133  ff.} 
nufbricbt,  wirl  jeiieBmal  zaerst  erwShnt,  dasi  er  in  die  ebene  kommt, 
zb.  T  48*  f-  fuScTiEev  h'  tXäav ,  Ttb  b'  oOk  änovre  itCTfcönv  k  neblov, 
XiTidTTiv  bi  ITliXou  atnü  nroXicOpov.    die  bruonen  lagen  i 

Jil.ibQitiet  firi^Iis«,  pi,ilbl.  ISSahftlt 


794    MHecht:  cnlturhistorische  forschuDgen  zum  Homerischen  Zeitalter. 

Anderes ,  dessen  Vorstellung  nach  der  Schilderung  des  dichtera 
nicbt  hinreichend  klar  und  begrenzt  ist,  wird  durch  zutreffende  be- 
Ziehung  auf  gegenstände  der  ausgrabung  eine  bestimmte  form  an- 
nehmen/ wo  die  gedichte  schweigen,  da  werden  die  alten  denkmftler 
archäologischer  wie  monumentaler  art,  da  wird  das  land  mit  seinen 
unabwcibbaren  forderungen  als  zuverlässiger  zeuge  von  jener  Ver- 
gangenheit ergänzend  eintreten,  so  erscheint  das  wettfahren  mit 
dem  Zweigespann  als  etwas  ganz  gewöhnliches^,  niemals  aber  wird 
ein  hippodrom  erwähnt.  ECurtius  entdeckte  nun  die  reste  eines 
solchen,  wie  es  scheint,  uralten  auf  dem  Lykaion  in  Arkadien  (Pelop. 
I  s.  301);  dadurch  wird  die  bei  dem  hohen  interesse  für  die  sache 
an  bich  wahrscheinliche  Vermutung,  dasz  man  schon  im  Homerischen 
Zeitalter  an  geeigneten  orten  hippodrome  anlegte,  bestätigt.  — 
Fleisch  ist  durchgehend  das  hauptlebensmittel  der  Homerischen  hei- 
den,  der  fischnahrung  bedienen  sie  sich  nur  im  notfalle  (b  368. 
|i  331);  dennoch  musz  der  fischfang  besonders  ftlr  die  ärmere  classe 
der  bevölkerung  eine  wesentliche  nahrungs-  und  erwerbsquelle  ge- 
wesen sein;  das  läszt  sich  mit  Sicherheit  aus  der  einzig  reichen 
küstenent Wicklung  des  landes  mit  seinen  zu  diesem  gewerbe  auf- 
fordernden zahlreichen  buchten  und  meerbusen  schlieszen  (vgl.  k  124. 
M  251.  T  113.  X  384  ff.). 

Wir  wenden  uns  nunmehr  der  ergibigsten  quelle,  den  beiden 
epen  selbst  zu  j  in  welchen  ein  reicher  schätz  von  culturhiatorischen 
elementen  verborgen  liegt,  wie  können  wir  diesen  heben?  mit  wel- 
chem rechte  den  gehobenen  als  einen  solchen  betrachten,  dessen  in- 
halt  aus  mittelu  des  Homerischen,  nicht  des  heroischen  Zeitalters^* 
steht,  in  welches  die  handlung  verlegt  ist? 

Schon  Goethe  schreibt  (XXII  s.  110  der  ausgäbe  in  40  bänden) : 
^wir  sahen  nun  in  jenen  gestalten  nicht  mehr  ein  angespanntes  und 
aufgedunsenes  heldenwesen,  sondern  die  abgespiegelte  Wahrheit 
einer  uralten  gegenwart.'  und  heute  ist  es  allgemeine  ttberzeagang 
geworden,  dasz  die  Homerischen  gedichte  in  treuen  zügen  das  ge- 
präge  der  cultur  ihrer  entstehungszeit  tragen.^    freilich  musz  die 

vor  der  stndt;  dasz  der  wef^  dahin  hinabführte,  sehen  wir  aas  K  107, 
wo  die  tochtcr  des  Laistryg^oncu  AntiphateH  zur  quelle  geht:  i^  |i^v  dp' 
^c  Kpnvr]v  KaT€ß/)C€TO  KaXXip^eBpov  *ApTaK(r)v.  dieselbe  beweiakraft  hat 
KaTaßa(v€iv  V  252.  Q  32U.  uj  205.  auch  die  häntif::  mit  8täd(%n  ver- 
bumleni'U  ndjectiva  ainöc,  aiiruc  und  a(iT€iv6c  (B  5:i8  Ki^pivOoc,  f  486. 
o  1U3  TTuXoc,  K  81  die  Rtudt  der  Laistrvgoncn,  B  573  rovuccca,  Z  36 
TTriöacoc,  N  217.  Z  IIG  KaXuöibv,  oft  ''IXioc)  sind  mit  rücksicht  auf  die 
erhabene  läge  der  städto,  niciit  auf  die  sie  umgebenden  mauern  su  ver- 
stehen (vgl.  JSenfeys  etymoIoi;ie  des  Wortes  im  griech.  wuraellezikon  I 
s.  278:  nväk'  =*  zurück,  ahwürts:  nuch  Curtius  Pelop.  II  8.  132  f.  168. 
161  f.  184.  240.  270.  292.  350  f.  3ÜÜ). 

*  so   hat  WHelbig  in  seinem  buche  'das  Homerisuhe  epos  aus  den 
dcnkmälcrn  erläutert'  (2e  aufläge,  Leipzig  1887)  einen  überaus  dankens- 
werten  beitrug   zur   kennt uis   der   Homerischen   realicn   geliefert. 
*'  zb.  V  202  ff.  bei  den  leiclienspielcn  zu  ehren  «les  Patroklus.         '  T|;L 
Groto  gcsch.  («rifch.  übers,  von  Meissner  I  s.  434  tf.     MDunckar  getfch. 


MHecht:  culturhietorieche  forachiiDgeu  zum  Homeriscbea  zeitälter,    79ö 

zuweilen  hervortretende  idealisierende  tendenz  in  abrocbnung  ge- 
bracht Werden,  biervon  abgesehen  spiegeln  sich  in  der  Ilias  und 
Odjssee  die  religiösen,  ethischen,  politischen,  socialen  zustande  des 
zehnten  und  neunten  jh.  wieder:  denn  in  dieae  zeit  föUt  die  ent- 
stehung  der  gedichte.  mit  recht  bemerkt  Duncker  no.  s.  331 ,  dasz 
die  dichter  auch  den  geographischen  gesicbtakreis  ihrer  zeit  —  und 
dasselbe  gilt  natürlich  auch  vom  kosmograp bischen  —  nicht  einengen 
durften. 

Mau  erfuhr  wohl  durch  legenden  von  groezen,  in  Trüherem  Zeit- 
alter geschehenen  thaten,  aber  die  naiven  dichter,  welche  des  histo- 
rischen Sinnes  ermangelnd  die  gegenwart  von  der  Vergangenheit 
nach  ihnem  inbalte  nicht  schieden,  musten,  wenn  sie  begebenheiteu 
einer  frllLern  epocLu  besangen,  notwendig  und  unbewust  der  gegen- 
wart die  geataltungsmittel  entnehmen,  was  war  denn  vorbanden, 
woraus  tuan  Qber  die  vorfahren  und  dert^n  Sitten  hUtte  beluhrung 
schöpfen  könntny  die  dichter  waren  vielmehr  ganz  kinder  ihrer  zeit 
und  durcbauü  an  den  erfabrungskreis  derselben  gebunden,  sie 
konnten  sich  die  beroen  grösser,  stärker  und  zu  gewaltigem  leistun- 
gen  befähigt  vorstellen  —  ihre  Charakteristik  ist  Homerischer  typus. 
sie  konnten  sich  den  verkehr  der  götter  mit  den  menschen  uneinge- 
schränkter und  intimer  ausmalen  —  die  religiüaen  Sitten  und  der 
gotterfüllte  sinn  eignen  dem  Homerischen  Zeitalter,  sie  konnten 
namen  für  einzelne  personen  und  stamme  erfinden  und  deren  Wohn- 
sitze willkürlich  verlegen  —  ihre  beschäftigungsart  im  frieden  und 
krieg  gehört  der  zeit  der  dicbtung  an,  sie  konnten  orte  aus  freier 
Phantasie  erfinden  und  dieselben  in  heliebigo  gegenden  versetzen  — 
immer  jedoch  lagen  sie  im  bereicbe  des  Homerischen  horizontes, 
immer  waren  solche  mythische  locale  mit  ihrem  Inhalt  nach  mustern 
(1er  lebendigen  gegenwart  gezeichnet. 

Homer  bat  also  in  der  that  in  seine  kunstwerke  die  cultur- 
eleniente  stines  Zeitalters  hineingewoben,  allein  er  hat  nicht  allen 
stofi'  verarbeitet,  sondern  nur  so  viel  als  zur  herstellung  seiner  dich- 
tungen  erforderlich  war.  es  ist  in  Ilias  und  Odyssee  keineswegs  — 
das  müssen  wir  uns  vergegenwärtigen  —  der  volle  Inhalt  des  Home- 
rischen Icjbens  nach  allen  selten  hin  ausgeprägt,  das  könnten  wir 
nur  erwarten,  wenn  Homer  nicht  als  dichter  auserwElblle  gegen- 
stände  mit  freiheit  behandelte,  sondern  etwa  als  gelehrter  es  sich  zur 
aufgäbe  gemacht  hUtte,  die  cultnr  seiner  zeit  und  alle  realien  bis  ins 
detail  hinein  erfchöpfend  darzulegen,  nun  bewegt  sich  aber  die 
Handlung  der  ;^ediebto  auf  einigen  begrenzten  gebieten  der  erfab- 
i'ung:  in  der  Ilias  auf  dem  ebenen  kriegsschau  platze  zwischen  den 
mauern  von  Ilios  und  der  meereabucht  mit  ihrem  halbkreisförmigen, 
durch  uiaucr,  graben  und  palissaden  wohl  verschanzten  scbilTslager; 
in  der  Odyssee  einerseits  au  und  auf  dem  meere  oder  auf  Inseln, 
anderseits  in  bäusern  der  fürsten.  sind  wir  somit  über  kriegs-,  sec- 
rie^ält^tums  V  s.  330  ff.  Rieilenauer  hanilwert  und  lianiiwerker  iu 
den  Hom.   weiten  s.  I   u,  164  anm.  1.     BuRoIt  grieidi.  geech,  I  ».  10. 


796    M Hecht:  culturhistorisclie  forschungen  zum  Homerischen  Zeitalter. 

und  hauswesen  genügend  orientiert^  so  werden  andere  lebensvei^ 
hältnisse  und  beschäftigungen  selten  eingehend  behandelt \  meistens 
nur  berührt  oder  gestreift,  wie  oft  verdanken  wir  dem  zufall  ein- 
maliger erwähnung  die  kenntnis  von  gegenständen  und  gebrftuchen, 
die  in  gleichnissen  zur  veranscbaulichung  aus  dem  auszerhalb  der 
Sphäre  unserer  epen  liegenden  erfahrungsgebiete  herangezogen  wer- 
den I  wären  der  Schauplatz  der  gedichte  nicht  ausschlieszlich  die 
aristokratischen  kreise,  spielte  die  handlung  auch  unter  den  bauem 
und  band  werkern,  so  hätte  uns  der  dichter  aus  ungeahntem  hinter« 
gründe  noch  ganz  andere  dinge  und  Verhältnisse  vorgeführt. 

Die  zahlreichen  gleichnisse^,  in  welchen  der  dichter  auf  das  um- 
gebende leben  hinweist,  sind  für  den  culturforscher  eine  ansier- 
ordentlich  wichtige  quelle  und  als  solche  bereits  gewürdigt.*  auch 
einmaliges  vorkommen  des  vergleichungsobjects  beweist  entschieden 
dessen  realität,  wie  wir  nach  unserer  Voraussetzung  überhaupt  be- 
rechtigt sind  den  inhalt  einer  vereinzelten  erwfthnung  als  eigentOm- 
lichkeit  des  Zeitalters  zu  deuten,  so  findet  sich  das  wort  ßofiXotcir) 
nur  an  6iner  stelle  (A  672),  und  doch  steht  hinter  demselben  die  für 
jene  zeit  so  charakteristische  sitte  des  rinderraubes.  V  708  ff.  werden 
Aias  und  Odysseus,  wie  sie  im  ringkampf  brüst  und  köpf  gegen  ein- 
ander,  die  büine  nach  auszen  gestemmt  dastehen,  mit  dachsparren 
verglichen,  diese  einzige  stelle  legt  ein  sicheres  zeugnis  von  den 
spitzen  giebeln  der  Homerischen  häuser  ab.  —  Wer  wollte  behaupten 
dasz,  weil  Homer  seine  beiden  bis  auf  6inen  fall '°  fahrend  darstellt, 
das  reiten  in  jener  zeit  nicht  üblich  gewesen  sei  ?  —  Auch  werden 
wir  eine  deutliche  beziehung  auf  den  wegen  der  allgemein  Üblichen 
gebrauchsverwendung  der  metalle  schon  im  Homerischen  Zeitalter 
vorauszusetzenden  bergbau  in  der  eigentlichen  bedeutung  des  nur 
bildlich  gebrauchten  (b  676.  9  273.  p  66.  465.  491.  u  184  in  dem 
sinne  von  *im  tiefsten  innem  heimlich  ersinnen')  verbums  ßuccobo- 
|Li€i)€iv  erkennen,  welches  so  viel  als  'in  der  tiefe  bauen,  arbeiten* 
besagt,  und  das  gilt  doch  von  der  thätigkeit  des  bergmanns« 

Allein  alles  zusammen,  die  ausführlichen  Schilderungen,  welche 
doch  nur  gelegentlich  sind,  die  gleichnisse,  welche  immer  nur  dem 
bedUrfnis  der  poetischen  Situation  entspringen,  die  vereinzelten  Vor- 
kommnisse füllen  den  erfahrungskreis  des  Homerischen  lebens  noch 
nicht  aus.  vergleichen  wir  diesen  in  seinem  vollen  bestände  mit 
einem  fe^llande;  so  haben  wir  von  ihm  in  den  beiden  epen  nur  seine 

^  LFricdlänJcr  zwei  Homerischo  würtcrverzeichniBse  8.  760.  ^  von 
Friedländer  ebd.  f>.  786  tT.  zusnmmentrestcllt.  '  vgl.  Schmitt  althelle- 
lÜKchc  culturbildcr  nach  den  llomerirchen  gIcichnisBfn  entworfen  (prof^r. 
Mannheim  1864).  '°  das  ist  K  513,  wo  Diomedes  und  Odjssenii,  welche 
nachts  in  d.'i.s  troisclie  In{;er  einp:edrungen  sind,  sich  auf  die  erbeuteten 
rosso  8cliwinp:en  und  in  flchneileni  ritte  den  schiffen  luei'en.  dagegen 
wird  in  gleic)iiii89en  /weiinal  auf  das  reiten  hinge  wiegen:  0  679  ff., 
wo  schon  von  tii  em  kunstrciter  die  rede  ist,  und  €  371,  wo  Odjrsteu^ 
einen  halkon  nein«*»  zcrtrüinmerton  fahrreng^s  wie  ein  reiter  tein  pfenl 
beschreitet. 


UBecht:  culturbistorische  forschungeD 

auflCsnng  in  einen  archipel  allerdings  zahlreicher,  bald  grösserer 
bald  kleinerfer  inseln,  aus  welchem  das  ursprüngliche  festlaiid  zu 
reconstniieren  ist. 

Solche  erwägungen  dürfen  jedoch  an  der  thatsacbe  nicht  irre 
machen,  daaz  Homer,  wenn  auch  nicht  ein  voUsl&ndiges,  so  doch 
ein  Qbei'aus  reiches  matorial  für  cu  1t urhistorische  zwecke  gewährt, 
welches  in  dtn  stand  setzt  sein  Zeitalter  nicht  allein  in  allgeo 
sondern  auch  in  bcsondern  zOgen  zu  charakterisieren,  die  natur  des 
landes  mit  ihren  specifischen  bedingungen,  die  alten  fände  und  denk- 
mäler  sind,  wie  schon  oben  erwähnt,  ein  unentbehrliches  htlf^mittel. 
das  divinatorischo  verfahren,  welches  hier  mitunter  am  platze  sein 
wird,  findet  in  der  analogie  des  landlebens  mit  seiner  einfacbheit 
und  natürlich k ei t ,  in  der  analogie  der  Jugend  anderer  Völker  eine 
stutze,  schon  Aristoteles  hat  darauf  aufoierksam  gemacht  (politik 
VII  9, 4),  dasz  gleiche  bedürfnisse  gleiche  crÖndungen  hervorzurufen 
pflegen. 

Was  dit  von  Homer  mit  geringem  Interesse  behandelte  untere 
classe  des  Volkes  anlangt,  so  werden  sich  mit  genügender  vorgicht 
und  besonnenhcit  aus  den  werken  und  tagen  des  Hesiodos,  dem 
Zweitältesten  deukmal  der  griechischen  litteratiir  (etwa  um  760  vor 
Ch.),  rUckscfalUsse  auf  das  Homerische  Zeitalter  machen  lassen- 


Fttr  die  bearheitung  dieses  themas  g^bt  es  nur  eine  einzige, 
aber  überaus  zuverlässige  und  reichhaltige  quelle:  die  Homerischen 
gedichte.  von  ionischem  geiste  geschnffen  zeugen  sie  zunächst  frei- 
lich nur  vom  leben  und  von  den  Sitten  dar  lonier.  wenn  aber 
WHelbig  mit  recht  hervorhebt  (ao.  s.  6):  'das  epos  enthält  keine 
andeutung,  dasz  sich  die  Griechen  den  andern  in  den  östlichen  län- 
dern  des  Mittel  meergebiet  es  ansKssigen  vQlkern  gegenüber  einer 
besondem  oder  gar  überlegenen  Stellung  bowust  waren,  vielmehr 
werden  die  lebensfonnen,  die  tracht,  die  bewaß'nung  der  Acbaier 
wie  der  Troer  und  ihrer  hilfsvölker  im  wesentlichen  als  übereinstim- 
mend geschildert,  und  die  dlchtung  weist  nur  in  ganz  vereinzelten 
fallen  auf  nationale  eigentUmlichkeiten  hin';  wenn  also  der  unter- 
schied zwischen  den  lebensformen  der  lonier  und  fremder  vOlker 
ein  verschwindender  war,  so  werden  sich  die  verwandten  stamme 
der  Aioler,  Dorer  und  Achaier  in  ihrer  cuUur  von  den  loniem  noch 
weniger  unterschieden  haben,  darum  sind  wir  berechtigt  die  den 
gcdicbten  entnommene  sittliche. cultur  den  Griechen  Überhaupt,  und 
Kwar  als  eine  solche,  welche  ihnen  wfihrend  der  entstehungszeit  der 
beiden  epen  eigentümlich  gewesen  ist,  zuzuschreiben,  darunter  ist 
aber  eine  periode  von  einigen  Jahrhunderten",  mit  Sicherheit  des 
zehnten  und  neunten  zu  verstehen. 


798    M Hecht:  culturhistorische  forschungen  zum  HomeriBchen  xeitalter. 

Die  sittliche  cultur  der  Oriechen  im  Homerischen  Zeitalter  ist 
schon  früher  einmal  ausführlicher  von  KGHelbig  behandelt  worden 
in  seinem  büchlein  *die  sittlichen  zustände  des  griechischen  helden- 
alters,  ein  beitrag  zur  erläuterung  des  Homer  und  zur  griechischen 
culturgeschichte'  (Leipzig  1839).  diese  schrift,  welche  mir  erst  nach 
abschlusz  dieses  teils  meiner  Homerischen  forschungen  bekannt 
wurde ,  entbehrt  keineswegs  der  guten  gedanken  und  enthält  eine 
menge  belegender  stellen,  anstatt  jedoch  in  gehöriger  selbstbe- 
schränkung  aus  dem  leben  des  griechischen  heldenalters  das,  was 
das  thema  verkündet,  herauszuheben  und  im  Zusammenhang  darzu- 
stellen, zieht  Heibig  solche  gebrauche,  sitten,  anschauungen  und 
Verhältnisse  in  den  bereich  seiner  darstellung ,  welche  mit  der  auf- 
gäbe in  loser  oder  gar  keiner  beziehung  stehen,  an  einer  systema- 
tischen entwicklung  des  jenem  Zeitalter  eigentümlichen  sittlichen 
gehaltes  verzweifelnd  will  er  denselben  vielmehr  an  der  eingehenden 
darlegung  'sowohl  der  Verhältnisse  der  beiden  zu  den  göttem  als 
der  zustände  in  der  heimat  und  auszer  derselben,  welche  sich  in  der 
sie  umgebenden  sinnlichen  weit  gebildet  haben'  hervortreten  lassen 
(s.  1).  allein  dieser  weg  wurde  für  Heibig  verhängnisvoll,  er  ist 
von  seinem  ziele  zu  weit  abgekommen,  wenn  er  nicht  nur  mehrere 
Seiten,  sondern  sogar  ganze  capitel  hindurch  zwar  Homerisches  leben 
behandelt,  aber  solches,  welches  jenseit  der  grenze  des  themas  liegt. 
dazu  gehören  zb.  c.  2  wesen  und  Charakter  der  Homerischen  gOtter 
s.  2 — 6,  c.  4  Verhältnis  des  Schicksals  zu  den  göttem  s.  11 — 16, 
c.  10  zeichen  und  träume  als  äuszerungen  der  göttlichen  regiorung, 
c.  14  rein  politischen  inhalts :  die  Staaten  im  heroischen  Zeitalter  s.  55 
— 57,  c.  15  der  könig  und  seine  unterthanen  s.  57 — 73,  c.  20  die  er- 
Ziehung  s.  02 — 99,  c.  26  die  beiden  im  kriege  usw."  wie  sehr  dem 
Verfasser  der  leitende  plan  abhanden  gekommen,  beweist  das  unbe- 
wuste  eingeständnis  am  Schlüsse:  'so  habe  ich  die  wichtigsten  er- 
bcheinungen  des  lebens  der  griechischen  beiden  zusammenzustellen 
und  zu  ordnen  versucht,  welche  in  den  göttlichen  gesftngen  des 
groszen  dicbters  einzeln  hervortreten.'  im  gegensatz  zu  diesem  sahi- 
reiche, breite  episoden  nach  sich  ziehenden  verfahren  schien  es  mir 
bei  der  behandlung  dieser  aufp^abe  richtiger,  den  rein  sittlichen  ge- 
halt  aus  den  Homerischen  gedichten  herauszuziehen  und  denselben 
zu  einem  möglichst  vollätändigen  bilde  der  sittlichen  zast&nde  im 
Homerischen  Zeitalter  zu  gestalten. 

In  einer  zeit,  als  die  Israeliten  schon  ein  halbes  Jahrtausend 
lang  und  mehr  im  besitze  der  zehn  geböte  waren,  welche  noch  heute 
die  grundlage  der  moral  bildeD,  hatten  sich  die  Griechen  noch  nicht 
zu  der  idee  eines  sittengosctzes  erhoben,    ein  volk,  welches  geböte 

"  (Ugc^rcn  ontHprcchcn  der  fordcruug  den  themas  cnp.  17.  18  die 
che,  19  verliältnis  der  eitern  und  kinrier,  22  skUven,  28  freunde  ii.  gait- 
frcunde,  24  hcimAt  u.  vAtcrland,  25  totschlag.  unarpationen.  raubsttge. 


MHecbt;  cnltnThiatoi-üobe  foreohungen 

oder  richtiger  verböte  wie  'du  sollst  nicht  taten,  stehlen,  ehebrechen, 
begehren  deines  nächsten  weib  oder  besitz'  zur  norm  a  ' 
macht,  ist  bereits  zur  erkenntnia  von  der  sittlichen  Unzulänglichkeit 
des  natürlichen  menschen  und  von  der  notwendigkeit  eines  gesetzes 
gekotiimen,  welche«  um  seiner  selbst  als  des  guten  willen  unabhängig 
von  der  wandelbarkeit  der  neigungen  zu  befolgen  ist.  auf  ei 
hoheii  stufe  der  innern  cultur  bat  der  menscfa  bereits  die  nrsprüDg- 
liche  härmonie  zivischen  der  geistigen  und  sinnlichen  natar  verloren. 
im  Homerischen  üriechen  dagegen  sind  Vernunft  und  Sinnlichkeit, 
geist  und  natur  noch  eins;  selbst  der  kSrper  erscheint  im  leben  mit 
der  seele  zur  einheit  verschmolzen,  wenn  man  sich  diese  auch  als  ein 
im  tode  vom  leibe  trennbares,  aber  ohne  ihn  nur  schattenhaft  fort- 
bestehendes wesen"  vorstellt,  und  er  wird  im  vergleich  zur  be- 
lebenden Substanz  nichts  weniger  als  gering  geschlitzt;  im  gegenteil : 
gestaU,  Schönheit,  kraft  und  kSrpergewandtheit  stehen  mitden  geisti- 
gen Vorzügen  auf  6ineT  stufe  und  fallen  unter  dieselbe  ber.eichnung 
.  mit  ibnen. "  noch  hemmt  kein  moralischer  wille  im  dienste  der  Ver- 
nunft die  freiheit  der  natürlichen  triebe,  ganz  harmonie  mit  sich 
selbst  folgt  der  Grieche  seinen  einsichten,  neigungen  und  gefUhlen, 
mit  welchen  ihn  die  natur  reich  und  tief  begabt  hatte,  leidenschaft- 
liche gemütsbewegungen  rciszen  ihn  willenlos  mit  sich  fort,  ohne 
dasz  er  sich  durch  verstandeskraft  und  selbatbeherscfaung  ihrer  ge- 
wait  erwehren  kann,  fassungslos  im  schmerze  schlägt  er  seine  hüften, 
rauft  die  haare,  wSIzt  sich  am  boden,  den  köpf  mit  staab  bedeckend 
(C  23.  X  406.  414.  M  162.  0  397.  v  198).  zornentßammt  hätte 
Achilleus  den  Atrofden  niedergestoszen ,  wenn  Athene  es  nicht  ver- 
hindert (A  194).  Phoinix  würde,  wie  er  (1  458)  es  selbst  gesteht  (vgl. 
1646  —  1  587.  rr52  —  £44.  81  —  Z 234)",  seinen  vater  erschlagen 
haben,  wenn  der  ihn  übermannende  zorn  nicht  nachgelassen  hatte, 
hieraas  geht  hervor,  das?,  die  empfindungen  und  leidenschaften,  wenn 
sie  aneb  nicht  mehr  wie  bei  den  naturvölkern  die  unbedingte  her- 
schaft führen,  so  doch  über  die  entscblieszungen  und  handluugen  der 
Homerischen  menschen  eine  fast  uneingeschränkte  macht  ausüben. 
für  die  stJirke  und  lebendigkeit  des  empfindens  gibt  es  auch  einen 
sprachlichen  beweis:  die  kraftvollen  ausdrücke  und  metaphern. '" 

"  Wäclirader  die  [jiifchQlogie  des  ültern  griecbUchen  epos  (jahrlt. 
1685)  8.  148  D.  I6g.  "  Jansen  über  die  beiden  HomeriBchen  cardinal- 
tijgendcn  (progr.  Meldorf  1854)  3.  11  f.  "  man  denke  nncli  an  den 

bittern  Imgz  nnd  an  die  aus  ihm  entsprungenen  feiudUcliea  hnndlun^ieD 
der  Allicne  und  Here  Regen  die  Troer;  an  den  zorn,  welcher  Poseidon 
zur  Verfolgung  daH  Oilyaseus  beharrlich  antreibt,  die  gewöhnliche  Wen- 
dung euyöc  dvUiTEi,  K^XsTOi  beweiat,  dasi  die  reunngen  des  herzeas 
für  dns  thitn  und  la^isen  beKtiramend  waren:  H  T4.  I  101.  C  90.  436.  176. 
Y  179.  Z  ISie.  Q  198.  l  246.  n  466.  <p  194.  f  89  —  K  534.  T  187, 
6  140  QB.  "  TÖTE  MOi  xdvoi  eöpeia  x^^'v  rnfen  Agaroenmon  A  183, 

Diomedee  0  160,  oÜToO  fota  nWaiva  iräci  x<ivoi  die  Acbaier  P  417  iu 
ihrer  leiitensehartiicheo  besorgnis  echande  eiezuernten.  ähnlich  Hektor 
in  entriistung  über  Pari»,  den  Urheber  des  über  das  Vaterland  gekom- 
menen unheijs,  Z  382  lue  Ki  ol  (t08i  fo^a  xdvoi.    bekannt  ist  das  äxeoc 


800    MHecht :  culturhistorische  forechungen  zum  Homerischen  leitalter. 

Hängt  die  sittliche  cultur  eines  volkes  von  der  beschaffenheit 
seiner  empfindungen  ab,  so  haben  kraft  und  fülle  der  gefühle  erst  einen 
ästhetischen,  aber  noch  keinen  moralischen  wert,  denn  die  Sittlich- 
keit hat  nicht  sowohl  an  der  intensität  und  stärke  der  empfindungen 
interesse  als  vielmehr  an  dem  grade  der  Veredlung,  welche  sie  durch 
moralische  gewöhnung  auf  kosten  ihrer  urwüchsigen  kraft  erfahren 
haben,  nun  müste  man  freilich  erwarten,  dasz  die  Oriechen  im 
Homerischen  Zeitalter  noch  auf  einer  sehr  niedrigen  stufe  der  ethi- 
schen bildung  gestanden  hätten,  wenn  von  selten  des  kaum  erwachten 
moralischen  bewustseins  eine  einwirkung  auf  die  Vervollkommnung 
des  herzens  ausgeschlossen  war,  wenn  man  bei  der  geringen  ver- 
innerlichung  des  Seelenlebens  noch  nicht  auf  die  stimme  des  ge- 
wissens  achtete,  sondern  an  deren  stelle  auf  den  ruf  und  das  urteil 
des  Volkes,  wenn  man  über  vergehen  nicht  reue  empfand ,  nicht  den 
Vorsatz  zur  besserung  faszte. '^  ist  nun  trotzdem  ihre  cultur  eine 
höhere ,  als  man  auf  grund  solcher  erwägungen  von  vom  herein  an- 
nehmen möchte,  so  liegt  die  crklärung  dafür  in  dem  zuge  zum  masz, 
welcher  in  dem  fühlen  des  Griechen  von  natur  tief  begründet  war 
(KGHelbig  ao.  s.  130  ff.)- 

Da  sich  das  Griechenvolk  aus  mangel  an  moralischem  bewast- 
sein  noch  nicht  zur  abstraction  bestimmter  sittlicher  principien, 
deren  Vorhandensein  die  vorliegende  arbeit  wesentlich  vereinfachen 
würde,  erhoben  hatte,  so  wird  unsere  aufgäbe  darin  bestehen,  nach 
den  herschenden  sitten,  gcwohnheiten  und  anschauungen,  insofern 
sie  von  ethischem  werte  sind,  ein  bild  von  der  sittlichen  cultur  jener 
epoche  zu  entwerfen. 

Dem  Homerischen  Zeitalter  sind  besonders  zwei  ideale  eigen» 
tümlich:  der  rühm  und  der  besitz,  einleben,  welches  mit  beidem 
gesegnet  ist,  erscheint  dem  Griechen  als  das  schOnste  loos.  rühm 
und  besitz  erst  verleihen  dem  stände  der  edelgeborenen  seine  bedeu- 
tung.  wenn  Diomedes  sich  rühmt  (E  121  ff.)  von  vornehmer  herkunft 
zu  sein,  so  begründet  er  den  adel  seines  vaters  durch  den  reichtom 
an  ackerland,  baumgärten,  herden,  durch  den  rühm  des  besten 
lauzenschwingers  und  durch  die  ehe  mit  der  tochter  des  Adrastos.** 
Schiller  hat  es  den  Homerischen  menschen  aus  der  seele  gesungen: 
'von  des  lebens  gütern  allen  ist  der  rühm  das  höchste  doch;  wenn 
der  leib  in  staub  zerfallen,  lebt  der  grosze  name  noch.'  nach  rühm 
verlangt  das  herz  des  edeln.  die  aussieht  rühm  zu  erwerben  treibt 
ihm  das  bliit  in  vordoppeltem  pulsschlag  durch  die  adem,  die  seele. 


upoupr)C   C  104  im<l  u  379;  öaxelv  vom  affect  €  493.     \^\.  X  267.  T  67 
und  KGlIcll)ig  au.  6.  123  f. 

*'  Lilio  de  hominum  vita  et  iiioribus  quales  bitit  apud  Homeinm  (proffr. 
gyiiin.  eti  St.  Maria  Mafi:daIeQa,  Hreslau  1841)  s.  18  u.  28.  Homerische 
aiischauuiigswciso  (zs.  f.  d.  cyinn.wesen  1849  »,  489).  '^  indem  Aga- 
iiiciiinoa  0  281  dem  Tcukro:»  rühm  und  beHÜz  in  aussieht  stellt,  schläft 
vr  in  ihm  die  btiirkston  triebfedorn  zu  ausharrendem  kämpfe  an.  das- 
selbe  ^'esthielit  A  95.  K  21.2  vgl.  ai>3.  319  iT. 


UHecht:  culturhiBtorisclie  foraobiuigeu  ium  IIoiDeriachen  Zeitalter.    801 


von  eioetu  bocbgefübl  erfOllt,  Ut  ganz  ürang  und  streben,  die  kraft 
erhSbt  ubd  zu  grüszeru  kiBtungen  befähigt,  in  gleicher  hochachtung 
steht  dei-  besitz,  denn  er  ist  im  Staate  die  quelle  der  njacbt  und  des 
ansebens, '^  wachsender  reichtum  erhöht  die  acbtung",  der  gemein- 
freie  kann  sich  zum  edeln  und  zu  dessen  politischen  rechten  empor' 
schwingen,  fortan  sorgettlos  seinen  neigungen  leben,  durch  reiche 
brautgaben  sich  ein  schönes  weib  aus  angesehener  familie  erwerben" 
und  seine  rivalen  Überbieten."  bei  einer  solchen  bedeutung  des  be- 
sities  wird  die  nuch  von  den  besten  gep&egte  gewohnheit  des  raub- 
zugB  und  Uiebütahltj  erklSrticb  :  erlangte  rnan  doch  dadurch  eine  vei^ 
grOszerung  des  besitzes  und  zugleich  rubm.  schon  der  reichtum  an 
sich  schafft  ruf  und  neid.  hatte  nun  jemand  bei  einem  kühnen  zuge 
reiche  gUter,  besonders  Viehherden  oder  Sklaven  erbautet,  so  priei 
man  entweder  üeine  kraft  und  tapferkeit,  wenn  er  sie  in  offenem 
kämpfe  erbeutet  hatte,  oder  seine  iist  und  gewandtheit,  welche  ebenso 
wie  jene  eigenschafton  geschätzt  wurden",  wenn  es  ihm  gelungen 
war  die  buute  zu  stehlen,  man  hatte  bereits  zur  bezeichnung  dieser 
art  des  diebstahls  ein  besonderes  wort,  ßoTtXacin  (A  U72  vgl.  I  154). 
wir  verstehen  nun  auch  die  freude  der  hirten  über  eine  mondhelle 
nacht  (6  559),  wenn  man  dunkelheit  und  nebel  dazu  benutzte,  in 
fremde  gebiete  einzufallen  und  die  herdeu  wegzutreiben,  die  hirteu 
zu  toten,  gefangene  als  sklaven  wegzufahren  (A  672.  C  28.  52S. 
a  398.  T  73.  106.  ij  9.  i  251.  x  18.  V  357  ua.).  ein  solcher  plUn- 
derungszug  beunruhigte  das  gewissen  keineswegs:  standen  doch 
solche  raubzUge  unter  dem  schütze  einer  gottheit,  der  Pallas  Athene, 
welche  Xtjitic,  dh.  die  beute  verleihende  genannt  wird  (K  460)i 
er  galt  sogar  noch  zur  zeit  des  Thukj'dides  (I  5)  bei  einigen  Völkern 
als  eine  rühmliche  that,  welche  höchstens  furcbt  vor  der  wieder- 
vergeltung  vonseiten  des  Überfallenen  fein  des  erregte  (E  86.  A671  ff.), 
und  was  die  heimliche  entwendung  fremden  eigentums  anbelangt, 
so  war  Autolykos  durch  diese  kunat  vor  allen  menschen  ausgezeich- 
net, und  ein  gott  hatte  sie  ihm  verliehen ,  Hermes  (t  3<JG).  es  liegt 
auf  der  band,  da.^z  die  Griechen  im  Homerischen  Zeitalter  bei  solchen 
anschauungen  tUr  das  verstSndnis  des  neunton  und  zehnten  gebotes 
noch  nicht  reif  gewesen  wären. 

Der  iQord  wurde  nur,  wenn  er  an  einem  Volksgenossen,  gast- 
freund, Bchulzflehenden  oder  berold  verübt  war,  als  ein  unrecht  em- 
pfunden, aber  lediglich  als  Privatsache  angesehen,  denn  nicht  der 
itaat  forderte  sühne  für  da£  verbrechen  im  sinne  frevelhaft  verletzter 

"  AHnake  der  besiti  uud  «ein  wert  ioj  Homeriscben  leitalter 
(]>roer.  Pulbu9  187S).  Lilie  Hamerieche  noschiiuuogBvieiBe  ao.  b.  493 
—  496.  *°  BO   saßt  Odysacus  in  seiner  erdicbteten  lebense^Bcbichte 

i  '.f33  f.:  ai^ia  bi  uIkoc  6<p^XXeto,  kqI  fia  ^iteito  bciväc  t'  atboldc  te  ^£Td 
KpT|T((Cl   T£tuY)ir{^-  "  ^^^  brautjiabe  beataiid  meistens  in  riadem, 

il.iber  die  jungfrAu  dXq)€cIßoia  'Hader  erwcTbend'  gciiauot  (QCurtiits  gr. 
.•tymologieä>  g.  m2).  "  dafpticia  ibva  n  178,  Hupto  X  472.  A.  244. 

l  159.  ■'  ilDuncker  gestb.  des  alterlums  V'  a.  ina.  Lilie  de  homi- 
imni  morjbii?  et  vita  uaw.  s.  18. 


802    M Hecht:  culturhiatorische  forscbungen  zum  Homerischen  Zeitalter. 

sittlicher  Ordnung,  sondern  dem  nächsten  angehörigen  lag  die  pflicht 
ob,  den  erschlagenen  durch  tötung  des  mörders  zu  rächen.  g5tter 
wie  menschen  billigen  eine  solche  Vergeltung  (a  47.  y  196),  ja  man 
empfand  die  Unterlassung  derselben  als  schmach  (ui  433),  was  je- 
doch nicht  hinderte ;  dasz  der  beleidigte,  wie  es  oft  geschab ,  eine 
sühne  in  gütcrn  von  dem  übelthäter  annahm  und  der  räche  ent- 
sagte (I  632). 

In  der  behandlung  der  besiegten  feinde  zeigt  sich  noch  keine 
spur  von  mitleid,  welches  die  anerkennung  oder  wenigstens  die 
ahnung  des  allgemeinen  menschen  rechtes  voraussetzt,  die  franen 
und  kinder  werden  in  die  knech tschaft  geführt,  die  männer  gewöhn- 
lich niedergemacht  oder  verkauft  (Q  752),  wenn  nicht  gegen  ein  be- 
deutendes lösegcld  entlassen.'*  Achilleus  tötet  zwölf  gefangene  Troer 
und  wirft  sie  Patroklos  zu  ehren  auf  dessen  Scheiterhaufen  (V  175): 
so  gar  nichts  gilt  ihm  ein  menschcnleben. 

Lug  und  trug  werden  nicht  nur  von  den  menschen,  sondern 
auch  von  den  göttern  verübt.  Athene  tcuscht  beim  Zweikampf  zwi- 
schen Achilleus  und  Hektor  letztern  in  der  gestalt-  seines  bmders 
DeYphobos  (X  229).  Poseidon  nimt  die  gestalt  des  von  der  Tjro 
geliebten  fluszgottes  Enipeus  an,  um  sich  mit  ihr  zu  vereinigen 
(X  241). 

Erkennen  wir  nicht  aus  dem  häufigen  gebrauche  des  oid- 
schwurs'^  durch  welchen  man  bei  wich  tigern  dingen  die  Wahrheiten 
sagen  oder  ein  gegebenes  versprechen  zu  halten  sich  verpflichtete^*, 
allgemeinen  mangel  an  Offenheit  und  Wahrheitsliebe?  zeugt  nicht 
auch  gegen  den  Wahrhaftigkeitssinn  die  hochhaltung  der  list  und 
Verschlagenheit  in  der  groszen  Verehrung  ihres  grösten  erfinden 
OdjsseuSy  wie  auch  darin  dasz  man  dieselbe  als  rühmliches  prAdicat 
einem  gotte  beilegte?  viele  zogen,  wohl  auch  von  not  und  hunger 
getrieben,  von  hof  zu  hof  und  erlogen  um  der  geschenke  willen, 
was  gern  geglaubt  wurde ,  aus  der  gastfreundscbaft  ein  gewerbe 
machend  ^^;  kurz,  man  hatte  grund  genug  zum  mistrauen  und  zweifei 
an  der  ohrlichkeit  und  Wahrhaftigkeit,  es  ist  eine  auszeichnung  fQr 
Odysseus,  wenn  Alkinoos  nach  dem  eindruck,  den  er  von  ihm  em- 
pfangen^ ihn  nicht  zur  classe  der  betrügerund  gaukler  zählt,  welche, 

^^  (rSchmidt  qunc  fucrit  npud  Graecos  servornm  condicio  tcmporibn« 
Honu'ri   (progr.   Mcmel  1867)   8.  8.  '^  dicnes   mittel,  durch  welche« 

mau  Rieh  zu  sichern  suchte ,  war  wirksmii:  denn  der  meineidifre  hatte 
die  fltrnfc  des  Zeus  zu  fürchten,  dem  Agamemnon  frilt  es  all  grewis, 
dasz  der  Kronidc  die  Troer  für  den  bruch  des  <*idlich  befestigten  ver- 
Irngos  diircli  die  niederlape  strafen  werde  (A  235).  *^  T  176.  V  441. 
£  271.  ß  373.  K  343.  |li  'im  na.  für  das  lüpfcn  und  trügen  der  götter 
zalilreichc  bcinpielc  l)oi  Lilie  HomeriHche  Hnscliauungswcise  ao.  s.  501. 

''  beKoichnend  hierfür  int  die  Huszernng  des  Knmaios  £  128  ff. 
Ui  T^pov,  ou  TIC  K€lvov  dv^p  dXaXi'iiLicvoc  ^XBUjv  drr^^^ujv  icciccic  T^voiicd 
T€  Kai  q>{Xov  iilov,  dW  «SXXwc  KOMiöf)c  Kcxpim^voi  dv6pcc  dXf)Tat 
^l€u^ovT^  oC»ö*  40^Xouciv  dXnO^a  MuOncacOai.  öc  bi  k*  dXnTCUiuv  led- 
Kr]C  ^c  bf))iov  \'Kr]Tai,  £X6uiv  ^c  b^ciroivav  £|iii]v  diraTf|Xia  ßd2[€i.  rgl. 
auch  £  379. 


MHecht:  eulturliistoriBche  foreohongen  ^um  HomeriBcheii  ?eitslU'r.    803 

ia  grosser  zabl  über  die  erde  verbreitet,  so  geschickt  dag  trUgeriscbe 
erfänden,  daB:^  man  e^  vom  wahren  gar  nicbt  zu  unterscheiden  vef' 
möchte  (X  363).  gewis  hatte  auch  die  dem  Tolke  reich  zugemessene 
lebhafte  und  erfinderische  phantaaie  die  entwicklung  dieser  laster- 
haften anläge  gofördert. 

Diesem  mangel  an  Offenheit  und  geradheit  hat  aaeb  das  belden- 
tum,  trotz  aller  Vorzüge  festen  mutes  und  unerschütterlicher  tapfer- 
keit,  in  der  silte  den  feind  aus  dem  hinterhalt  zu  UberfsUen  seinen 
tribut  entrichtet,  ein  heid  wie  Acbilleus  wirft  dem  oberfeldhorrn 
angst  vor,  sich  mit  den  tapfersten  Acbaiern  in  den  hinterhalt  zu 
legen  (A  227),  wo  sich  die  Dichtigkeit  der  mSnner  bewährt,  wo  man 
den  feigen  von  dem  mutigen  unterscheiden  kann  (N  277.  £  4G9). 
Diomedes,  neben  dem  Pelelden  der  kühnste  und  unerschrockenste, 
ermordet  ein  dutzend  schlafender  feinde  (K  46S).  wie  vorteilhalt 
sticht  hiergegen  die  offene  und  gerade  sinnesart,  dag  echte  helden- 
gefühl  des  deutscheu  heroen  ab!  er  liebt  den  ehrlichen  kämpf,  er 
fuhrt  nicht  eher  einen  streich  gegen  seinen  gegner,  den  er  schlafend 
antrifft,  als  bis  er  ihn  geweckt  bat  und  dieser  zar  ahwehr  gewappnet 
vor  ihm  steht,  welch  tine  bedeutsame  Verschiedenheit  im  Charakter 
heider  vSlkerl  an  ibr  wird  es  offenbar,  wie  viel  die  germanische 
nstion  an  sittlicher  liefe  der  griechischen  überlegen  ist. 

Die  bisher  behandelten  Schattenseiten  der  Homerischen  Sittlich- 
keit, bestehend  in  der  geringscb&tzung  des  men  sehen  leben  s,  in  dar 
nichtachtung  der  persfinlichea  freibeit  und  des  m en sehen re c h tes ,  in 
der  neigung  num  diabstahl,  rauh  und  betrug  sind  allerdings  noch 
barbarische  zÖRe,  müssen  aber  als  wesentlicho  momente  für  die  be- 
urteilung  des  tthischen  Zeitgeistes  der  Griechen  im  zehnten  und 
neunten  Jh.  gi'ILen.  besonders  stark  ausgepr&gt  erscheint  der  hang 
zur  lüge  und  zum  betrug;  wie  tief  er  in  der  natur  des  Griechen 
wurzelte,  zeigt  seine  Vererbung  nicht  nur  auf  spätere  genemtionen, 
selbst  dem  Neugrlecben  geht  das  wahrhaft igk^tsbedUrfnis  in  be- 
dauerlichem majiZB  ab.'"  nicht  ohne  grund  fehlt  unter  den  vier  von 
Sokrates  und  I^laloa  aufgestellten  cardinaltugenden  die  dXr|6Eia. 

Echt  sittliche,  dem  familienlehen  entsprossene  triebe  offen- 
barten sich  erst  innerhalb  der  staatlichen  genassenschaft ;  auazerhalb 
derselben  traten  sie  nur  in  der  pflege  der  gastfreundschaft  und  in 
der  forderung  der  unverletzlichkeit  der  schulzflehenden  und  herolde 
hervor  {vgl.  Lilie  Hom.  anschauungs weise  ao.  s.  493). 

Anmutende  züge  cchler  menschlirhkeit  bietet  das  leben  in  der 
liäuslichkeit  dar.  die  frau  nimt  ihrem  manne  gegenüber,  mit  wel- 
chem sie  freude  und  leid  teilt,  eine  geachtete  Stellung  ein'",  sie  be- 
teiligt sich  an  den  Unterhaltungen  [r]  53)  nnd  schlichtet  wohl  auch 


'*    vgl.    CWacliPnnitli-     das     Hlte    Griechenlnad    im    neuen     {Bonn 
J861).  »"  L'HMüller   fibsr   das   fami  Heul  eben   der  Homeriaolieii 

(progr.  Zeitz  1666)  a.  11.     Orote  gcich.  Giiech.  1  a.  454.     Dnockei 


J 


804    MHecht:  culturbistoriscbe  forbchungeu  zum  Homerischen  Zeitalter. 

den  streit  der  männer  durch  die  macht  weiblicher  klugheit.'**  so 
entspricht  das  Verhältnis  der  ehegatten  im  Homerischen  Zeitalter 
weit  mehr  den  modernen  anschauungen  als  das  in  der  blfltezeit  grie- 
chischer cultur,  wo  die  bildung,  an  welcher  das  männliche  geschlecht 
allein  teil  hatte,  in  geistiger  beziehung  eine  tiefe  kluft  zwischen 
mann  und  weib  schuf  und  zur  geringschätzung  des  weiblichen  ge- 
schlechtes führte,  nur  die  dorischen  Staaten  machen  hiervon  eine 
rühmliche  ausnähme. 

Die  ehe,  die  wahre  grundlage  der  Sittlichkeit,  wird  hoch  gehalten 
und  als  ein  erstrebenswertes  glück  von  beiden  geschlechtem  gleich 
begehrt. ''  der  frau  ist  eheliche  treue,  wie  der  Jungfrau  keuschheit« 
strenges  gebot  ^';  dem  hierin  freier  gestellten  manne  ist  concubinat 
mit  sklavinen  gestattet.^  nebonkinder  halten  viele  wie  echte,  was 
freilich  nicht  regol  gewesen  zu  sein  scheint  (6  284);  werden  sie  doch 
auch  bei  der  erbteilung,  welche  durch  das  loos  geschieht,  abgefunden 
(£  203.  210).  heiraten  unter  näheren  verwandten  mochten  wdhl 
vorkommen  (A  221  ff.  r\  63  ff.)  —  sind  sie  doch  auch  in  gebildeten 
Zeiten  keine  Seltenheit  —  nie  jedoch  unter  geschwistem.  die  beiden 
auf  die  götter  beschränkten  fälle  dieser  art,  die  ehe  zwischen  Zeus 
und  Here  und  zwischen  den  kindern  des  Aiolos  kOnnen  nar  als 
aufbewahrte  erinnerung  an  eine  längst  entschwundene  barbarische 
sitte  gelten. 

Die  kindcr  lieben  und  ehren  ihre  eitern,  wie  Oberhaupt  zwischen 
eitern  und  kindern  das  Verhältnis  innigster  liebe  herscht.  schon  das 
alter  an  sich  ist  wegen  der  Überlegenheit  in  den  lebenserfahmngeni 
damals  der  summe  aller  klugheit,  der  Jugend  verehr angswflrd ig.  den 
pietätvollen  Jüngling  kostet  es  Überwindung,  einen  ftltem  mann  anzu- 
reden und  ihn  zu  fragen  (y  24),  wobei  ihm  das  bewusteein edler  abstam- 
mung  mut  verleibt.'*  wie  viel  mächtiger  war  also  die  pietAtderkinder 
gegen  die  eitern,  wie  einschneidend  und  strafbar  die  Verletzung  der- 
selben! der  fluch  der  eitern  wird  wie  ein  bis  in  das  dritte  und  vierte 
gliod  heimsuchender  dämon  gefürchtet  (Grote  ao.  s.  454).  die  auto- 
rität  der  eitern  gegenüber  den  kindern  stand  so  unzweifelhaft  da, 
dasz  der  fluch  jener,  selbst  wenn  er  ungerecht  war,  sich  als  wirksam 
erwies  und  von  den  Erinjen  vollzogen  wurde  (KGHelbigao. 8.91  f.). 
wenn  die  söhne  selbständig  geworden,  sind  sie  aus  dankbarkeit  be* 

^  Y]  73  f.  sagt  dur  dicliter  wenigfstcns  vou  Arete:  oO  fi^v  y6p  Ti  vöou 
T€  kqI  qOti^  beucTQi  ^cBXoü*  old  t*  ^u  q>pov^i3ci,  xal  dvöpdci  vcticca  XOci. 

^>  dalier  TroXui^paTOC  if<^^oc  o  126.  vgl.  KG  Heibig  so.  t.  80. 
'*'  Lilie  de  hominum  vita  et  moribus  usw.  s.  26.  *'  Duncker  «o.  •.  834. 
Lilie  Ilom.  anschauungsweise  ao.  s.  484.  von  den  franen  wird  et  freilich 
nicht  (i^ern  gesehen,  Amyntor  bringt  dadurch  Unfrieden  in  tetu  haas 
(I  450),  und  von  Laürtes  erfahren  wir,  dass  er  sich  aus  furcht  seine 
guttin  zu  erzürnen  des  Umgangs  mit  andern  weibern  enthalten  habe 
(a  433).  ^*  Nestor,  der  drei  menschenalter  sab,  erscheint  dem  Tele* 
ninchofl  wie  ein  unsterblicher  (y  246).  wenn  Diomedes  als  jUnf^ster 
einen  rat  orteilt,  so  rechtfertigt  er  diese  freihcit  durch  seine  edle  ab- 
kuiift  (=  114}. 


MHecht:  culturhis torische  forecbnagea  mm  Homeriachen  leitalfer.    805 

strebt  den  eitern  das,  was  sie  an  ihnen  wäbrend  der  kindbeit  getban, 
zu  vergelten,  ein  besonderes  wort  bezeichnet  den  gegenständ  des 
durch  die  tbat  abzustattenden  dankes:  äp^iTTpa. 

Gro$z  ist  die  antorität  des  vaters,  er  wählt,  dem  söhne  die  ge- 
ftlbrtin  (I  394.  ft  10),  der  tochter  den  galten,  aber  die  Jungfrau  trifft 
auch  selbst  die  wähl  nach  ihrer  neigung";  diese  Selbstbestimmung 
ist  ein  ansprechendes  zeichen  schon  erwachter  heriensrechte.  roh 
hingegen  und  unwUrdig  der  relativ  hohen  ctiltur  des  familienlebena 
erscheint  die  von  altera  her  überkommene  sitte,  nach  welcher  die 
tochtar  den  eitern  wie  eine  waare  vom  bräutigam  ahgeftauft  wird,  es 
gilt  als  be:oiidere  auszeichnung,  wenn  tüchtigen  männem  die  braut- 
gaben erlassen  werden  (Z  192.  I  146.  N  365.  E'2U). 

Es  gpricbt  für  das  innige  verhäUnia  der  farailienglieder  unter 
einander  und  für  die  bedeutang  der  häuelichkeit  als  quelle  innern 
glttckes,  wenn  man,  um  jemanden  zur  gewährung  seiner  bitte  am 
wirksamsten  zu  bestimmen,  bei  dessen  angehSrigea ,  vater,  gattin 
oder  kindern  Seht.  Priamos  beginnt  seine  bitte  an  Achillens  um 
anslieferung  der  leicbe  Hektors  mit  den  worlen  (Q  486):  'deinea 
Vaters  gedenke,  göttergleicher  Aohilleus.'  und  Elpenor  spricht, 
den  sobn  des  Lafrtes  um  bestatlung  bittend  {\  dlj):  'jetzt  aber  flehe 
ich  zu  dir  bei  den  fern  abwesenden,  bei  deiner  gatlin  und  deinem 
vater,  der  dich  aufzog,  als  du  noch  klein  warst,  und  bei  Telemachos.' 

Die  bände  des  blut«s  umschlieszen  den  ganzen  verwand  tenkreis 
und  verbinden  die  glieder  desselben  zu  einem  der  Zusammengehörig- 
keit sich  bewusten  geschlechte,  als  solches  erscheint  zb.  die  Familie 
des  Priamos,  mit  welcher  Hektor  einst  sich  rühmte  (€473  f.)  allein  die 
sladt  der  Troer  schirmen  zu  wollen,  als  Phoinis  in  seiner  Schwermut 
aus  dem  vaterbaui-e  fliehen  will,  da  bieten  die  verwandten  alles  auf 
ihn  zurückzuhalten,  wie  die  stammgenoüsen  überhaupt  im  falle  der 
geföhrdung  oder  Verletzung  ftlr  einander  einzutreten  sich  verpflichtet 
fühlen  (Grote  ao.  s.  455). 

Schöner  als  das  natürliche  vereint  das  freie  band  der  freund- 
schaft  verwandte  seelen  in  unbegrenztem  vertrauen,  der  freund 
liebt  den  freund  mit  treuer  bingebung  und  stellt  ihn  dem  bruder 
gleich  (6  585).  freundfchaft  verbindet  auch  angebörige  verschie- 
dener länder,  wenn  sie  nicht,  von  den  vätern  auf  die  sSbne  ver- 
erbt, mehr  den  wert  eines  verwandti^chaftlichen  Verhältnisses  hat. 
auch  den  gastfreund  stellt  man  dem  bruder  gleich  (6  546).  in 
der  gastfreundschaft ,  der  vielleicht  schönsten  sitte  des  alter- 
tums,  offenbart  sich  eine  überaus  zarte  gelte  des  griechischen  ge- 
mutet, 'wie  bei  Jedem  volke,  welchem  die  durch  erhöhte  civilisation 
sich  gestaltenden  erleichterung^mittel  des  Verkehrs  noch  fremd  sind, 
muste  auch  unter  den  Griechen  der  heroischen  zeit  das  gastfreund- 

'^  t  ^93  f.  erfahren  wir,  ituez  NausihiLa  zahlreiche  bewerbnn^en 
yhniakiaclifr  jün^linüs  latückgenieaen  hat:  ff  f^p  TOikbe  y'  Ari^aEn 
KOTd  &i|^Dv  <t>alr|i(ac,  to(  fiiv  ^vlilvTal  noX^sc  re  Kai  fc9Xo(. 


806    MHecht:  culturhlstorisclie  forschungen  zum  HomeriBChen  Zeitalter. 

liehe  Verhältnis  als  eine  sitte  und  wie  jede,  als  eine  durch  den  willen 
der  gottheit  geheiligte  sitte  sich  entwickeln,  welche  eine  reiche 
quelle  thätiger  liebe  der  menschen  unter  einander  und  ihres  freund- 
lichen Verkehrs  werden  muste.  nicht  nur  der  wohlhabende  mann, 
der  reichlich  spenden  konnte ,  sondern  nuch  der,  welcher  von  dem 
für  einfaches  leben  genügenden  verrat  leben  muste ,  wie  der  san- 
hirt  Eumaios,  nahm  gern  den  fremden  auf,  mochte  er  nun  bloss 
gastliche  aufnähme  auf  einige  zeit  suchen,  wovon  vorzüglich  in 
der  Odyssee  unzählige  beispiele  vorkommen,  oder  als  unglück- 
licher flüchtling,  wie  Phoinix  bei  Polens  und  Theoklymenos  bei  Tele- 
machos  eine  Zufluchtsstätte  wünschen'  (KGUelbig  s.  107).  erst  wenn 
*der  fremdling  sich  durch  bad  und  speise  gestärkt  hatte,  fragte  man 
ihn  nach  namen  und  heimat,  lud  ihn,  wenn  er  gefiel,  zu  Iftngerm 
aufenthalt  ein  und  suchte  ihn  durch  mahl,  gesang,  wettkämpfe  ua. 
zu  unterhalten,  die  dauer  des  besuches  richtete  sich  in  der  regel 
nach  dem  belieben  des  gastes,  wenigstens  hatten'  edle  gaatgeber, 
wie  Menelaos,  den  humanen  grundsatz,  den  gast  wider  dessen  willen 
weder  zurückzuhalten  noch  auf  seine  abreise  zu  dringen  (o  68  ff.)« 
schlieszlich  wurde  er  unter  sicherm  geleite  und  nach  alt  herge- 
brachter Ordnung  mit  reichen  geschenken  entlassen  (i  268).  die 
Verletzung  des  gastrechtes,  sowohl  von  Seiten  des  gastgebers  (qi  28) 
als  des  gastes  (f  351),  wurde  für  ruchlos  gehalten,  und  es  folgte 
ihr  die  strafe  der  götter.  ja  man  betrachtete  gottesfurcht  und  gast- 
freundschaft  als  die  bedinguDgen  einer  höhern  cultur  und  stellte  die 
menschen,  welche  im  besitz  dieser  beiden  tugenden  waren,  in  gegen- 
satz  zu  den  in  rohheit  und  gottlosigkeit  lebenden  barbarischen 
Völkern  (G  575  f.). 

Des  schutzflehenden,  mochte  er  eines  Verbrechens  wegen  aus 
seiner  heimat  fluchtig  geworden  oder  aus  einem  andern  gründe  in 
ein  fremdes  land  gekommen  sein,  nahm  sich  der  an,  an  welchen  die 
bitte  um  hilfe  gerichtet  war  (o  277).  die  bettler  erfuhren,  weil  sie 
unter  dem  schütze  des  Zeus  standen  (JE  57),  eine  schonende  behand- 
lungsweise.    mishandlung  derselben  galt  als  frevel  (p  475.  483). 

Machte  man  sich  kein  gewissen  daraus ,  dem  fremden,  wenn  er 
nicht  gerade  schutzflehender  oder  gastfreund  war,  ob  von  höherer 
oder  niederer  herkunft,  das  loos  der  knech tschaft  zu  bereiten,  so 
zeigt  sich  anderseits  in  der  milden  behandlung  dersklaven,  ja  in 
dem  intimen  Verhältnis ,  in  welchem  sie  zu  ihrem  herrn  standen  (zb. 
Eumaios  zu  Odysseus),  wie  das  häusliche  zusammenleben  die  bildung 
und  Veredlung  des  gemütes  befördert  hatte,  sie  hatten  die  arbeiten 
in  dem  hause  und  in  der  äuszern  Wirtschaft  zu  verrichten:  die 
männlichen  sklaven  wurden  als  hirten  und  feldarbeiter  beschäftigt, 
die  weiblichen,  deren  Stellung  wohl  eine  schwerere  war,  besorgten 
die  hünslichen  an^elegenheiton :  das  reinigen  des  hauses,  der  tische, 
eszgerüte,  das  spinnen,  weben,  waschen,  oder  sie  dienten  der  herrin 
und  ihren  tüchtern  zur  begleitung.  natürlich  waren  sie  nicht  durch- 
weg gleich  gUnatig  gestellt,  oft  genug  war  ihre  läge  traurig  und 


HHeclit:  cultarhistoiiache  forachungi 

druckend,  zumal  nenn  sie  jungen  und  leidenscbaftlicben  gebietera 
geboFchten  und  unter  deren  willkUr  zu  leiden  hatten  (£59.  KOHelbig 
ao.  e.  10-2).  ea  kam  aber  auch  vor,  dasz  tüchtige  sklaven  als  aner- 
kennung  fUr  ihre  treuen  dienate  die  fmbeit  und  dazu  mit  besitz 
wieder  erhielten  und  in  nühere  beziebung  KUr  familie  ihres  frUbern 
berrn  traten  {<p  21'1), 

An  die  schöne  helmat,  den  Tollen  inbalt  seineB  gttlckeä,  die  in 
ihm  so  humane  emp&ndungen  geweekt,  knüpft  den  Homerischen 
Griechen  die  innigste  liebe;  getrennt  von  ihr  krankt  er  an  heiszem 
sebnauchtäscbmerze,  nichts  vermag  sein  verlangen  nach  dem  vater- 
lande zn  stillen,  nichts  den  drang  nach  rUckkehr  zu  mildern.  Odys- 
seus  wie  Agamemnon  kUasen  den  heimatlichen  Loden,  als  eie  den- 
selben  nach  langer  abnesenbeit  wieder  betreten  (b  522.  v  354). 
auch  ein  gesegneter  glücksstand  im  fremden  lande  vermag  die  ^Usze 
heimat  nicht  aufzuwiegen:  i  34  ff.  tbc  outiiv  t^'Jkiov  fjc  iraTpitiOC 
oü&e  TOKiiujv  TWveiai,  ei  irep  koi  Tic  «TTÖTipoÖi  Tiiova  oIkov  fait) 
iv  dWoiian^  vaiei  änäveuee  tOKiiuiv. 

Wir  haben  in  der  hochballung  der  ehe,  in  der  pietät  der  kinder 
gegen  die  eitern,  der  jungen  gegen  die  alten,  in  der  liebe  laio  vater- 
lande, in  der  hohen  moinung  von  Verwandtschaft  und  frenndsuhaft, 
in  der  unverletzlichkeit  der  gas  tf renn  dach  aft  und  des  rechtos  der 
schutzflehenden,  endlich  in  der  humanen  behandlung  der  bettter  und 
Sklaven  eine  reibe  von  ethischen  lichtseiten  kennen  gelernt,  welche 
für  das  Homerische  Zeitalter  nicht  weniger  charakteristisch  sind  als 
die  oben  erwlthnten  Schattenseiten,  darum  mag  Bimcker  (ao.  s,  333) 
wohl  recht  haben  mit  seinem  urteil:  'nicht  luicbt  werden  überraschen- 
der bei  ejnem  andern  volke  aus  einer  stürmiiiGben  zeit  das  faild ,  die 
forderungen  einer  zwar  naiven  und  einfältigen,  aber  tiefempfun- 
denen humanen  ethik,  die  auf  den  voll  gefühlten  sittlichen  trieben 
der  menscbcnbrust  ruht,  so  nachdrücklich  hervorgetreten  sein  als  im 
epos  der  Griechen.'    im  epos  aber  haben  wir  das  leben. 

Nun  ist  es  ein  durch  den  gang  der  historischen  entwicklung 
beatHtigter  satz,  das2  aua  alten,  zumal  auf  die  spitze  getriebenen' 
richtungen  durch  Opposition  neue  hervorgehen,  sonach  mnste  deim 
auch  das  trügerische  treiben  der  zeit  in  edlern  gemUtern  den  zug 
nach  Wahrhaftigkeit  hervorrufen  (B  81.  I  312.  £  156),  ebenso  wie 
Schädigung  im  eigentum,  Verletzung  der  guten  sitte  und  des  rechtes 
mit  der  entrüstung  das  moralische  bewu«tsein  geweckt  und  den 
gerech tigkeitssinn  gebildet  und  vertieft  haben. 

Bei  der  annähme,  dasz  llias  und  Odyssee  in  ihrer  jetzigen  ge- 
.-talt  hervorbringQugen  einer  Jahrhunderte  Langen  entwicklung  seien, 
kann  es  nicht  mehr  auffallen,  wenn  anschauungen  von  ganz  ent- 
gegengesetztem sittlichen  werte  neben  einander  laufen.  raubzOge 
machen  ist,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  einerseits  eine  unboanston- 
dete  sitte,  anderseits  wird  ein  solches  unternehmen  zu  den  frevel- 
haften werken  gezählt  (E  BS  S.).  in  der  ILas  macht  man  sieb  kein 
ijewiäsen  daraus  leichen  zu  mishandeln  (X  375.  V  21);   dagegen 


I 


808    MHecbt:  culturbistoriEche  for&chungen  zum  Homerischen  Zeitalter« 

wird  in  der  Odyssee  schon  das  blosze  jauchzen  über  getötete  mftnner 
als  unfromm  bezeichnet  (x  411).  gleiches  mit  gleichem  vergelten 
entspricht  dem  allgemeinen  rechtsgefühl  (Lilie  ao.  8.  22),  daneben 
aber  taucht  auch  schon  die  forderung  auf,  dem  abbitte  leistenden  la 
vergeben  (I  502  ff.),  dieser  scheinbare  widersprach  hat  nan  folgende 
lösung:  alle  veredelten  züge  des  sittlichen  lebens,  wie  diefordemng 
der  Vergebung  und  der  Wahrhaftigkeit'*,  die  misbilligung  des  raubee 
und  diebstahls,  die  scheu  vor  mishandlung  der  toten,  sind  innerhalb 
der  Homerischen  periode  als  höhepunkte  der  entwicklung  ans  roheren 
anschauungen  aufzufassen  und  an  das  ende  dieser  epoche  zu  setzen. 

Bedenken  wir,  dasz  die  moral  erst  durch  das  Christentum, 
welches  sie  unter  das  gebot  der  liebe  zu  gott  und  dem  nBchsten 
stellt,  ihre  gröste  Vertiefung  und  Vervollkommnung  erhalten  hat, 
dasz  die  Griechen  dagegen  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  mitmenschen 
über  den  Standpunkt  der  gerechtigkeit  nicht  hinausgekommen  sind, 
ja  dasz  die  sitie  der  Sklaverei,  die  geringschätzung  des  weiblichen 
geschlechts,  die  Verachtung  der  barbaren  dh.  Nichthellenen  ein 
schwaches  sittliches  seitenstück  zu  ihrer  sonstigen  geistigen  und 
künstlerischen  grösze  bilden,  so  kann  die  sittliche  cultnr  des  Home- 
rischen Zeitalters  relativ  hoch  genannt  werden,  man  handelte  frei- 
lich noch  nicht  aus  bewusten  moralischen  motiven,  sondern  aus 
sittlichen  trieben;  nicht  nach  ethischen  principien,  einer  spfttem 
errungenschaft,  sondern  mit  rücksicht  auf  die  herkömmlichen  sitten 
und  heiligen  Ordnungen  der  götter;  dazu  war  die  bethAtigung  des 
sittlichen  lebens  fast  ausschlieszlich  auf  den  einzelnen  Staat  be- 
schiänkt,  denn  es  fehlte  bei  der  gleichgültigkeit  gegen  die  anszen- 
welt,  wenn  man  von  der  gastfreund scbaft  absieht,  jede  innere  be- 
zichung  zu  den  andern  menschen. 

Vertiefter  erscheint  das  moralische  bewustsein  schon  in  dem 
etwa  um  ein  Jahrhundert  Jüngern  Uesiodischen  Zeitalter,  welches 
ganz  im  gegensatz  zu  dem  Homerischen  einen  reflectierenden  und 
sittlich-lehrhaften  Charakter  hat  Hesiodos  verlangt  die  beobacbtung 
des  rechtes  auch  fremdstaatlichen  gegenüber  (£Kf|.  226);  segen  ruht 
allein  auf  dem  ehrlich  erworbenen  gut,  nicht  auf  dem  geraubten 
(ebd.  320);  auch  nur  ein  geringes  gewaltsam  sich  anzueignen  ist 
ihm  an&töszig  (ebd.  .*)60). 

Drakon  setzt  um  620  vor  Ch.  auf  diebstahl  den  tod.  Xeno- 
pbanes,  der  begründer  der  F^eatenschule ,  verurteilt  Hom eres  und 
Hesiodos,  weil  sio  die  götter  mit  den  lästern  des  bctrags,  diebstahls 
und  ehebruchs  behaftet,  aufd  schärfste  und  bezeugt  so  den  strengem 
sittlichen  Zeitgeist  des  sechsten  jh.  den  begriff  der  moralischen 
handlang  hat  erst  die  philosophie  geschaffen,  nachdem  die  Sophisten 
das  sittliche  thun  als  ein  be wüstes  hingestellt,  hat  Sokrates,   mit 

^^  (lainit  stimmt  übereiii,  dass  «Hc  stellen,  welche  die  fonlerungen 
der  Vergebung  und  der  Wahrhaftigkeit  enthalten,  so  weit  sie  die  llias 
an{^(hen  i,B  81.  I  813.  60*2),  in  büchern  vorkommen,  welrhe  nach  dem 
heutigen  stände  der  Homerischen  fragte  der  nachdichtnng  angehSren. 


MHecht:  culturhiBtomche  forsohungfen  znm  Hbmeritolien  seitaiier.    809 

ihren  subjectivitätstheorien  brechend,  die  tilgend  als  wiBsen  ge£utt 
und,  indem  er  so  das  richtige  handeln  auf  objeotiye'yemanfierkenntnis 
zurückführte ,  die  Sittlichkeit  tiefer  begründet  nnd  ihr  eine  sichere, 
allgemeine  grundlage  gegeben. 

Werfen  wir  nun  zum  schlnsz  einen  vergleichenden  blick  auf  die 
ethische  cultur  der  Homerischen  nnd  die  der  spfttem  zeit,  so  treten 
die  beiden  tugenden  der  Ordnung  nnd  des  maszes,  gerechtigkeit  und 
besonnenheit ,  welche  die  ethik  des  griechischen  altertnms  beher* 
sehen ,  auch  aus  dem  sittlichen  zeitgeiste  der  Homerischen  periode 
in  bereits  stark  ausgeprägten  zttgen  hervor,  die  gerechtigkeit  er- 
kennen wir  in  der  Forderung  wieder,  sich  im  thun  nach  der  be- 
stehenden Ordnung  und  herschenden  sitte  zu  richten,  dazu  gehört 
zb.  den  göttern  opfern  und  zu  ihnen  beten,  die  toten  bestatten, 
das  gastrecbt  beilig  halten,  sich  der  bettler  und  schutzflehenden  an- 
nehmen ,  eintracht  mit  den  Volksgenossen  halten  (I  63) ,  liebevoller 
empfang  des  zurückkehrenden  vaters  durch  die  angehörigen  (X  451X 
trauer  der  frau  um  den  toten  gatten  (£  ISO)  usw.  die  hohe  Wert- 
schätzung dieser  und  ähnlicher  tugenden  zeigt  die  teilnng  der  men* 
sehen  in  zwei  classen,  je  nachdem  sie  recht  nnd  sitte  achten  oder  nicht 
(21120  =  1 175  =  V  201.  p363).  daher  einerseits  der  wünsch,  dasz  nie- 
mand gegen  die  hergebrachte  sitte  verstoszen  möchte  (c  141),  ander« 
seits  tadel,  wenn  es  geschehen  (r354f.  p481.  c275ua.  163.  u299ff.), 
und  göttliche  strafe  (N624.  £284.  389.  <p28;  v213f.;  r279.  T260). 

Das  hinneigen  zur  sophrosyne  verrät  die  misbilligung  der  über* 
bebung  in  werten  und  werken,  zu  welcher  sich  der  mensch  im 
glücke  und  im  gefühle  sichern  gelingens  allzu  leicht  hinreiszen  läszt. 
er  wird  der  strafe,  welche  die  götter  direct  oder  indirect  vollziehen, 
nicht  entgehen,  so  erleiden  die  freier  für  ihren  frevelmut  auf  ver- 
anlassung der  Athene  (v  376)  durch  die  band  des  Odysseus  den 
tod;  so  trifft  den  Jüngern  Aias,  Eurytos  und  Thamyris  durch  Über- 
mut selbstverschuldetes  Unglück,  von  welchen  sich  der  erste  ver- 
masz  mit  keckem  wort  den  Poseidon  zu  höhnen  (b  502  ff.),  während 
die  beiden  letzten  die  götter  zum  Wettstreit  herauszufordern  wagten, 
Eurytos  den  Apollon  in  der  bogenkunst  (6  225),  Thamyris  die  Musen 
im  gesang  (B  595). 

Starke  und  innige  Vaterlandsliebe  hat  die  Griechen  bis  zur  zeit 
des  Verfalls  ausgezeichnet;  die  alte  gleichgültigkeit  gegen  die  auszer- 
heiuiatlicbe  weit  bestand  unter  dem  vom  gefühl  der  Überlegenheit 
über  andere  Völker  geschaffenen  begriffe  des  barbarentums  fort, 
welcher  alle  Nichtbellenen  mit  geringschätzung  umfaszte.  auch  die 
begeisterung  für  rühm  und  der  drang  nach  auszeichnung  sind  den 
Griechen  in  hohem  masze  geblieben:  der  name  Olympia  allein  ist 
beweis  dafür,  der  mangelhaften  anläge  zur  Wahrhaftigkeit,  des  banges 
zur  hinterlist  und  zum  betrug  ist  oben  bereits  gedacht  worden. 

In  doppelter  hinsieht  ist  die  spätere  Sittlichkeit  gegen  die 
Homerische  zurückgegangen :  in  der  Vernachlässigung  und  Zurück- 
setzung des  weiblichen  geschlechts  wie  in  cTer  Verachtung  des  sklaven- 

Jahrbüchcr  für  class.  philol.  1888  hfL  12.  68 


810  JSturm:  zu  den  ^iriYpa9a{  der  Odyssee. 

Standes,  selbst  geistern  wie  Piaton  und  Aristoteles  ist  der  sklaye 
lediglich  sache  und  darum  der  menschenwürde  und  der  menschen* 
rechte  unteilbaft.  dagegen  war  im  patriarchalischen  Zeitalter,  wie  wir 
gesehen,  die  Stellung  der  frau  geachtet,  die  behandlnng  der  sklaven 
menschlich,  ja  milde,  dieser  unterschied  in  den  anschauungen  beider 
Zeiten  hat  einen  einfachen  grund.  in  der  epischen  periode  übte  die 
gleichheit  der  bildung  auf  die  stSnde  und  geschlechter  einen  an- 
nähernden und  vereinenden,  in  der  historischen  zeit  die  Verschieden- 
heit derselben  einen  scheidenden  und  entfremdenden  einflnsz  aus. 
GuMBiMNEN. Max  Hbcht. 

(78.) 

ZU  DEN  emrPAOAi  der  odyssee. 


HSchrader  hat  oben  s.  577  ff.  das  von  ALudwich  in  dessen 
Königsberger  festschrift  (1887)  gesammelte  kritische  material  der 
hexametrischen  Überschriften  zur  Odyssee  durch  drei  hss.  vermehrt 
ich  bin  in  der  läge  eine  weitere  Überlieferung  hinzufügen  zu  können, 
die  mir  gelegentlich  einer  coUation  der  Philostratischen  €lKÖV€C  bei 
der  durchsieht  des  Vatic.  gr.  1898  aufgestoszen  ist.  die  auf  foL  219 
(etwa  saec.  XIV)  der  erwähnten  miscellan-hs.  erhaltene,  zweifellos 
zu  Unterrichtszwecken  bestimmte  Zusammenstellung  der 
24  hexameter  ist  entweder  einem  mit  den  dTTiTpotqMXi  versehenen 
Odysseecodex  unmittelbar  entnommen  oder  geht  auf  eine  zu  den  ge- 
nannten zwecken  veranstaltete  vorläge  zurück,  ein  vergleich  der- 
selben mit  dem  von  Ludwich  und  Schrader  gebotenen  hsl.  material 
zeigt  grosze  Übereinstimmung  mit  dem  texte  des  Laur.  XCI  (n)  und 
des  in  der  Lauren tiana  befindlichen  cod.  abbat.  Flor.  52  (von  Ludwich 
mit  a  bezeichnet);  die  annähme  ihrer  directen  abh&ngigkeit  von  a  ist 
jedoch  schon  nach  dessen  mangelhafter  Überlieferung  der  ilTiTpcupil 
zu  qp  ausgeschlossen,  ich  gebe  nachfolgend  die  von  mir  genommene 
abschrift : 

SXqpa  OeOüv  äyopf) '  öbuctiibi  TraXXäbi (das  letzte  wort  ist 

verwischt) 

ßfiTtt  /////'/TOpnv  (b  und  a  sind  ausradiert)  i%€\  ffia  TPH^C  nXoOv 

H6t'  dedvac  •/ 

TdjLl)Ll'  UTTÖ  V€CTU)p  b^KTO  *  CUVUJpTO  b'  ÖC  u'ÜC '  öcä  b*  £lTTf]  '.' 

beXxa  jLiäG'  djnqpi  Traxpöc  nap*  dipeiba  Xoxuü^€voc  uiöc  '.' 
€1  nXci  ^TTi  cxebiTic  öbucccuc  K€a0€icTic  TTÖVTU)  •.• 
lr\Ta  bi  vaucHcda  köjhic*  tv  cxepin  öbuccfia  ••• 
r\  b'  eiiqppov^ouc'  öbucceT  cxepinc  ßaciXfi€C  *.* 
enxa  b*  dOXoic  qpaiTiK€c  obuccfioc  Treipnöev  *.• 
lujTa  Xu)ToqpäTUiv  kikövujv  cuv  kukXuji|i  ^ctiv  '.' 
KdiTTra  b*  ^x'  ctiöXou  XaiCTpuTÖvuiV  kqi  KipKtic  {pTCt '.' 
Xdßba  b'  iv  dibeuj  ipuxaTc  ^v^tuxcv  dbucccüc  •.• 
\x  c€ipnvac  Ixei  TrXdTKTac  x'  ibe  ßoöc  deXioio  •." 
V  l6dKT]C  ^TTtßTl  9air|KUiV  irojLiTTfi  öbucc€üc  '.' 


SÄJunghtOm:  zn  Aineias  Tiutikos.  811 

E"  h'  öftuccfja  SeivicEV  eüfiaioc  äypüi  üepopßöc  ".' 

ö  dn^ßri  b'  ieÖKiic  öbucceibtic  ^k  XoKebaipovoc  •.■ 

ni  b'  ßpa  Tn^SMaxoc  dvaTViupiCti  TTOTtp'  ^öv  '.• 

p  ßdXtc  ainöXe  le  nviiCTiip  te  kijujv  6v  äv^TVui  ■■* 

ciTna  b'  ?piv  ipou'  eöxoc  dbuctfjof  büipa  t'  dväKTiuv  V 

tqO  b'  ÄvaTVLUpiCei  ^E  oüXfjc  tPiOc  6&uccfja  ■.■ 

ü  ßpovToTc  Ceüc  öäpcuv'  öbucdia  xai  cx^ö'  öx'^'O'J'^  ■-' 

(pT  bt  ßiöv  npoTieric'  SöXov  £Üvf|c  TTTivtXiiireia  '.' 

XI  6bucc€iJc  (iVTicTtipac  ^KaivuTO  vtiXe'i  xa^Kifi  ■.■ 

i|;i  b'  ÄvaTVUJpiCci  nöciv  6v  itote  inivtXÖTieta  ■.• 

ül  b*  öbucceiJc  cüv  naipi  kqi  uUi  Mäxer"  dxaioic  '.' 

WijBKBUBG.  Joseph  Sturm. 

106. 

ZU  AINEIAS  TAKTIKOS. 

ObtiD  s,  330  schreibt  ABaner:  'weil  auch  Äineias  davon  gar 
nichts  sagt'  dieses  'davon'  bedeutet,  wie  ja  Bauer  durch  hiiwu- 
fUgung  TOD  'oder  nicht'  bestätigt,  die  andere  seite  der  prüfang  in 
utramqae  partem,  welche  ich,  wie  schon  ICasanbonus  ua.,  bei  Aioeias 
c.  2  finde,  sagt  wirklich  Äineias  davon  nichts,  so  darf  mich,  wer 
lust  bat,  einer  Unwahrheit  für  Überwiesen  haiton :  denn  gerade  die^^c 
aussage  des  Aineias  gehört«  zum  fiindament«  meines  beweises  (jahrb. 
1887  s.  74«  ff.),  es  mnaz  mir  das  reciit  zustehen  hier  den  Wortlaut 
der  stelle  des  Aineias  mitzuteilen,  damit  man  sehe  dnsz  Bauers  be- 
schuldigung  iaisch  ist,  und  dasz  eben  nach  dieser  stelle  die  eupu- 
XUjpiai  nur  'freie  platze',  nicht  auch  'straszen'  bedeuten  kSnnen, 
ich  also  darum,  nicht  aus  'rechthaberei'  liie  nur  von  straszen  han- 
delnde stelle  des  Thukydides  als  eine  hier  sehr  schlecht  passende 
hezeichneto.  die  stelle  bei  Äineias  2,  7.  8  (Hercher)  lautet:  ^Eoici^ov 
bk  Koi  TK  uTtevavria  toütoic,  liic  j^iäc  fikv  oöciic  eöpuxtupiac 
Kivbuvoc  av  ciii  ToTc  iv  T^  ttöXei  ,  äv  TTpoxaTaXatjßäviuav  oi  ^m- 
ßouXtüovTec  (koivoö  yäp  Kai  ^vöc  övtoc  töhou  toioOtou,  tü»v 
qjOacdvTujv  äv  eEti  tö  fpTov),  büo  hi.  f\  Tpiiüv  övtujv  Touüvbe 
TÖTTiuv,  TÜbe  äv  eit)  tk  ÄTaSd'  ei  iii-V  Iva  f\  büo  KaTaXayßdvoiev 
TÖTiouc,  Tov  Xomöv  äv  Toic  ^vavTioic  linöpxEiv  el  be  ndviac 
USW.  Köthly-Rüstow :  'man  musz  aber  auch  die  einwönde  da- 
gegen erörtern;  bleibt  nemlich  nur  ein  freier  platz'  usw. 

Auszerdom  schiebt  mir  Bauer  weises  verschweigen,  nichtsehen- 
wollen  udgi.  Unredlichkeit  ins  gewissen,  das  ist  wohlfeil;  darauf 
erwidere  ich  hier  nichts,  aber  wie  soll  ich  denn  sein  oben  von  mir 
beleuchtt'fps  verfahren  nennen?  ich  enthalte  mich  hier  des  richtigen 
ausdrucki-  üaför,  weil  er  wohl  nicht  gedruckt  werden  dOrfte.  meine 
ausführungm  in  den  jahrb.  1887  a.  748  ff.  halte  ich  vollständig  auf- 

Beblin.  Emil  AuofsT  Junohahh. 


812  JASimon:  zu  Xenophons  Hellenika. 

107. 

ZU  XENOPHONS  HELLENIKA. 

Der  sonst  so  trockene  ton  des  ersten  buches  der  Hellenika  wird 
einigermaszen  lebhafter  im  sechsten  capitel,  wo  der  Schriftsteller  sich 
für  die  urwüchsige  Spartanergestalt  des  Kallikratidas  ersichtlich  su 
erwärmen  beginnt,  an  nicht  weniger  als  sieben  stellen  bringt  er 
(wie  7,  15  von  Sokrates)  charakteristische,  mehr  oder  weniger  ker- 
nige aussprüche  des  mannes  vom  alten  Spartanerschlage:  6,  2.  5.  7. 
10.  14.  15.  32.  die  letzten  werte  des  beiden  stellen,  wie  mir  scheint, 
einen  packenden  laconismus  dar,  der  aber  in  seiner  prSgnanz  leider 
nicht  verstanden  und  daher  verderbt  wurde:  KaXXiKpaTibac  hk 
einev,  6ti  f)  CnapTT]  ouöfev  ^f|  koikiov  olKTieiTai  auToö  dno- 
OavövTOC  (oiKieiTai  A,  Aldina,  Cobet;  oiKEiTai  die  übrigen  hss. ; 
oiKf)  ORiemann ;  oiKfiTai  Liebhold ;  oiKiicci  Breitenbach.  olKriZecOai 
Thuk.  U  51,  absolut  bei  Deinarchos  gDemosth.  §  110).  seinem 
Steuermann,  der  bei  dem  anblick  der  Übermacht  der  feinde  bemerkt, 
man  vergebe  seiner  würde  nichts  (eiTi  koXujc  ^X^v),  wenn  man  ab- 
segele, erwidert  Kallikratidas  ^es  sei  nicht  zu  besorgen,  dasz  Sparta 
unwürdiger  (mit  weniger  würde)  zu  trauern  wissen  werde,  wenn  e  r 
gefallen  sei  (nemlich  als  es  sonst  bei  niederlagen  zu  trauern  pflege, 
so  IV  5,  10.  VI  4,  16),  zu  fliehen  aber  sei  schimpflich*,  ^falle  ich,' 
will  er  sagen  ^so  falle  ich  mit  ehren  und  in  dem  tröstlichen  bewust- 
sein ,  dosz  es  sich  gleich  bei  meinem  tode  zeigen  wird,  dasz  der  alte 
unbesiegbare  Spartanersinn  noch  lebt.'  heben  so  rede  und  gegen- 
rede  nur  das  KaXöv ,  die  böEa,  die  gerettet  worden  sei,  hervor,  dann 
erst  stehen  die  letzten  werte  des  holden  in  einklang  mit  den  nur  auf 
ideale  ziele  gerichteten  aussprüchen  an  den  sechs  andern  stellen 
und  mit  der  fassung,  welche  Diodoros  XIII  97, 5  jenem  letzten  dictum 
gibt:  ÖTi  T€X€UTr)cac  KaxäTTiv  jiäxnv  oöbev  dboEoT^pav  iroirjcei 
TTiv  CirapTTiv.    ähnlich  Epamoinondas  VII  5,  18  ae. 

I  6,  1.3  lesen  wir  d)c  €KaCTOC  fJvoiEcv  und  I  6,  21  d)C  ckoctoi 
fjvoiTOv,  I  1,  2  (ohne  ^KacTOC)  d)C  fivoiTe.  wie  Büchsenschfltz  rich- 
tig hervorhebt,  bieten  diese  stellen  der  interpretation  Schwierig- 
keiten. OKiomann  schlug  daher  vor  tivuC€V  —  iiVUTOV  —  {)VUT€ 
zu  lesen,  die  gleichartigkeit  der  Situation  fordert,  dasz  die  beiden 
erstgenannten  stellen  zusammen  behandelt  werden,  in  beiden  i'ällen 
ist  von  einem  durcheinander  die  rede:  5, 14  dvau^dxncotv  . .  blCCTTOp- 
fievaic  Taic  vauci,  und  Ct,  21  eßorj6ouv  TCTapaTM^voi.  die  Ursache 
ist  kopflosigkcit^  handeln  ohne  einheitliches  commando:  UJC  ^kqctoi 
f^vujEav  (rjvuiTOv)  —  so  wird  wohl  Xenophon  bich  ausgedrückt 
haben,  besonders  <),  21  wird  durch  diese  lesart  die  stelle  verst&nd- 
1  icher:  *sie  eilten  zu  den  schüfen,  inilem  8ie,  wie  gerade  einer 
zu  thun  befahl,  hier  die  ankertaue  (die  wohl  auf  dem  lande 
befestigt  waren)  kappten,  dort  geweckt  wurden.*  I  1,  2  ist  die  Ver- 
derbnis, wie  mir  bcheinl,  eine  einschneidendere:  entweder  ist  zu 
lesen  ujc  Tiv   |Oir€|  7T€pi  tö  'PGITeiov  ^s.  V  1,  9)  oder  rpiripeic 


JASinioo:  lu  Xenophoas  UeUenika.  §13 

[d)c]  i^iövabe  (ip.  fk  n'öva),  wozu  npöc  -rfiv  yffv  glossem  wära 
(s.  §  6),  oder  es  hatte  zu  dveßißaJIe  töc  aÜTOÖ  jemand  die  randglosse 
gemacht:  Tpir|p£ic,  ibc  ^noift  (sc.  bOKti),  und  diese  ist  in  den  text 
gekommen,  jenes  Oire  mug  ein  veraobreiben  sein;  hier  liegt  es  aber 
auch  nicht  fem  es  als  dem  P01T6  11  berge scbriebene  Variante  CITE 
aufzufassen  (Gteiov)  oder  an  ciTli  (dv^Miuv  Eur.  lA.  11)  zu  denken. 

II  4,  39  iTt€\  ht  KQT^ßticav  o\  CTpaTTiToi,  l'vöa  bf\  ö  Gpacü- 
ßou\oc  fXeEev.  nach  KaTtßncav  ergänzt  Kurz  <^KKXilciav  enoiricav^ 
'unsichere  Ergänzung  der  hier  olTenbar  vorhandenen  llicke,  in  der, 
wie  das  folgende  IvQa  tT\  wohrBcbetnlich  macht,  vielleicht  der  ort 
ausgefallsQ  ist,  nobin  man  von  der  bürg  auti  zog,  nemlich  auf  die 
Pnji.'  liest  man  ^irei  bk  KOT^ßticav,  <'oi>  Ol  cTpOTiTfoi  (Öiroi  oi 
cxp.),  80  ifct  iilJes  in  Ordnung:  die  feldherro,  welclie  den  zug  auf  die 
akropolis  angeführt  hatten ,  giengen  demselben  auch  jetzt  voran  auf 
die  Pnyx. 

III  2,  4  Koi  oÜToi  ,  .  äiroxujpticavTec  (dTi£XiJJP1cciv  die  aus- 
gaben) iv  Tri  M'^Xt)  öian£cövT£c,  dfieXiicÄvTiüv  tü&v  Biöuviüv.  statt 
des  äTTOXUip^cavTec  der  hsa,  vermute  ich  an'  öxvpiüfiaTOc  (i-nö 
<ToO>  dxO  ■  'gl-  §  ■*  biacTTÖcavTcc  tö  npö  aOiuiv  öx'^P'^M''- 

m  3,  2  versuche  man  dip'  Ou  als  relative  anknüpfung,  £f  ^vou 
als  glossetu  zu  tÜ  ?(puc  (vgl.  Kyrup.  V  4,  30) ,  daa  hinter  f qjuc 
überliefertö  e  als  ^  =  tachygr.  «ai  (wozu  Kai  die  auflösung)  auf- 
zufassen, so  wird  der  satz  an  klarheit  viel  gewinnen,  vielleicht  auch 
wird  sich  bei  genauerer  Untersuchung  die  form  ^cpu-ce  der  bessern 
hss,  als  etwas  anders  geartete  iwillingSBcb wester  von  der  zweiten 
person  dc-d  erweisen. 

IV  2,  13  EE(|£cav  Tf|v  djitpio^ov.  entweder  ist  das  erste  oder 
das  letzte  wort  verderbt,  im  ersten  falle  wßre  wobl  ^b^jujcav  (aor. 
ingress.)  zu  lesen,  wie  es  ja  auch  im  folgenden  heisztg  lö  nporiecav 
.  .  T^nvovtec  K«i  KÖoVTec  xfiv  Xi"P«v.  im  zweiten  falle  könnte 
§  16  auf  die  Schreibung  dip'  'AXi^ujV  führen;  doch  ist  ein  einmorsch 
an  Argos  vorbei  sehr  unwahrscheinlich,  sonst  steht  zur  bezeichnung 
der  richtung  des  wcges  ^iri  oder  bid,  nicht  dficpi,  wie  es  die  ein- 
fachste lesort  dp(pi  'A^^av  verlangte,  vielleicht  ist  zu  lesen  Tf|v 
äMtpiotiOV  oder  t^v  dptpaböv,  wie  sonst  an  ähnlichen  stellen  Ik  toC 
q)avepOÜ  (Ages.  2,  6).  die  bessere  methode  hat  es  fUr  sich,  unserm 
ersten  verschlag  gumäsz  -rf|V  dpcpioXov  stehen  zu  lassen,  zumal 
Tiöpoi  I,  7  djJcpifldXaTTOc  vorkommt,  von  diesem  analogen  lernen 
wir  denn  auch,  dasz  djitplaXoc  zu  übersetzen  ist  'am  meere  gelegen', 
wie  dficpi  bei  Xen.  gewöhnlich  die  hedeutung  'in  der  Umgebung,  in 
der  nfihe'  bat. 

IV  5,  16  lese  man:  aÜToi  Mtv  <;^nei)  dei  ^Xärrouc  .  ,  i^i- 
fvovTo,  ol  be  TToX^Mioi  OpacÜTEpoiTE  kqI  dei  nXeiouc,  dnopoijvTec 
bf]  cuvicTQVTai  usw.  vgl.  n  4,  37.  IV  3,  22.  4,  8.  V  1,  12.  3,  25. 
4,  9.  66.  VI  5,  27.  anab.  V  2,  5  und  besonders  UI  1,  2. 

IV  6,  2  ^dcavTEc  .  .  ftiagdviec  ndvrcc  iroXeniito^ev. 
das  wort  nävTec  soll  hier  entweder  ein  rhetorischem  kuuatslück  in 


814  JASimon:  zu  Xeaophons  üellenika. 

Isokrates  manier  vorstellen  (homoioteleuton  und  alliiteration,  vgl. 
m.  Xenophonstudien  I  s.  16.  17.  22  anm.  Isocratis  oratt.  ed.  Bremi 
[Gotha  1831]  p.  I  excurs  VI),  oder  [dvTCC  n]  ist  dittographie. 

IV  6,  4  ist  zu  lesen  ei  fif)  TTaucä]Li€VOi  ttic  Trpöc  BoiuiTOUC  ical 
'A9Tiva(ouc  cu]Li)Liaxiac  ^aurouc  Kai  toüc  <*Axaioüc>  cujujyidxouc 
aiprjcovTai  usw.  so  erklärlich  der  ausfall  von  'Axaiouc  an  dieser 
stelle  ist,  so  sicher  kann  hier  der  hinweis  auf  UI  1,  3  in  den  aus- 
gaben wegfallen. 

IV  8,  15  ToTc  bk  (so,  nicht  b\  geben  die  maszgebenden  hss.) 
dvavTioic  Xdroic  Taux"  flv.  so  die  Überlieferung;  XÖTOi  Steph.,  Wolf; 
XöTOC  Sauppe ;  ou  ßouXofievoic  Koppen ;  ^den  gegnem  war  dies  ein 
schrecken'  Campe,  zu  lesen  wird  sein :  TOic  bc  (aliis  oder  iüis  vero) 
dvavTioi  Xö^oi  TttÖT*  flv  oder  aber  nach  IV  1,  11.  V  3,  13:  TOlC 
bfe  evavTioic  (prädicativ  =  ou  ßouXo)Li€VOic)  rauT*  ?iv  (XÖTOic 
urspr.  XÖTOi  =  glossem  zu  TQUTa).  die  werte  toic  hi.  bilden  die 
fortsetzung  zu  ö  \iky  'AvTaXKibac  und  Tip  jiifev  bf)  TipißäZqi. 

V 1,  2  TeXeuTiac  Tuxdjv  im  tOjv  vncuiv  ttoi  d9iTMevoc  kotq 
XpilMoiTUJV  TTÖpov.  mit  recht  nahm  man  anstosz  an  dieser  stelle; 
Cobet  und  Uertlein  tilgten  ini,  und  Grosser  schrieb  neuerdings 
TÖTe  fUr  TTOi.  die  emendation  ist  viel  einfacher :  TTOI  =s  TICl ,  und 
ohne  jeden  zweifei  ist  zu  lesen:  eiri  tOüv  vrjcuiv  Ticlv  dqpiTM^Voc. 
über  das  v  dqpeXK.  s.  Sauppe  lexil.  Xenoph.  s.  86 ;  zudem  konnte  N  vor 
A  leicht  ausfallen,  in  gleicher  weise  sind  natürlich  die  beiden  stellen 
zu  emendieren,  in  denen  Hertlein  ebenfalls  ^tti  tilgen  will,  Dem. 
23,  216.  Diod.  I  32. 

V  1,  13  dK  be  TOUTou  Ol  AaKebaijiovioi  TeXeuTiav  ou  ini 
Tauir)  iKTiejuTiouciv  in\  lauiac  idc  vaOc  —  eine  crux  criticorum. 
Löwcnklau  tilgte  im  TauTr).  ihm  folgten  fast  alle  neuem  hgg. 
ORiemann  wollte  im  TauTac  Tdc  vaOc  tilgen,  indem  er  hinter  iiii 
TQUTr)  eine  lücke  annahm,  welche  später  verschwunden  sei,  während 
jene  vier  werte  als  interpretament  zu  im  TauTQ  in  den  tezt  geraten 
seien,  an  anderer  stelle  (Xen. -Studien  II  s.  21  anm.)  hatte  ich  ge- 
legenheit  darauf  hinzuweisen,  wie  Uiemann  die  strengere  methode 
für  sich  habe,  dosz  dagegen  der  sinn  der  stelle  entschieden  ^tti 
TauTac  Tdc  vaOc  beizubehalten  fordere,  des  rätseis  lOsung  wird  die 
sein:  die  Lakedaimonier  schickten  Teleutias  —  denn  eile  that  dies- 
mal not  —  zu  diesem  geschwader  auf  einem  schnellsegler: 
im  T<(axuv^auTr),  und  der  abschreiber  der  stelle  irrte  von  dem 
ersten  a  des  in  der  litteratur  —  die  steine  liefern  vielleicht  noch 
das  zu  TaxuvauTeTv  notwendig  vorauszusetzende  substanÜT  — 
einzig  dastehenden  wertes  auf  das  zweite  ab.  vgl.  ßoiumoupTrjCi 
bn)iiaTü)T€iv  -TÖc,  dmcTOTCiv  -dTTic,  Xaq)upOTTU)X€iv  -nuiXnc, 
ToEiapxeiv  -dpxnc,  ubpOTroTCiv  -nÖTnCi  irapaßaivciv -ßatric, 
Taxu€pTia  ua.  zudem  hat  Xen.  nicht  weniger  als  327  finoE 
eipT|jLi€va. 

Dükk:n.  Johann  Alphoms  Simon« 


HEothe :  zu  den  fragmenten  4e8  hisioriken  TimaiOB.         816 

108. 

Zu  DEN  FRAGMENTEN  DES  HIST0BIKEB8  TIMAI08. 


Die  annähme^  dasz  das  geschichtswerk  des  Timaios  ein  einheit- 
liebes  gewesen  sei ,  wäre  in  der  that  einfacher  als  die  Zerlegung  in 
einzelwerke ;  es  müste  nur  auch  das  dadaroh  erzielte  bild  des  innem 
Zusammenhanges  ein  befriedigendes  sein,  nun  aber  wird  nnr  durch 
eine  übermäszige  annähme  von  episoden  und  beiläufigen  bemerkungen 
und  scblieszlich  durch  änderung  von  bOcherzahlen  mühsam  eine  ge- 
wisse äuszere  einheit  hergestellt,  bei  welcher  jedoch  die  innere  ein- 
heit  so  sehr  vermiszt  wird ,  dasz  das  werk  eher  einem  collectaneen- 
hefte  ähnlich  sieht  als  einer  geordneten  geschichtsdarsteUung.  im 
ersten  buche  (fr.  18)  erscheinen  die  Tyrrhener  als  seszhafi;  —  man 
beachte  das  präsens  biaKOVOUvrai  —  folglich  musz  dies  eine  weitere 
ausführung  der  erzählung  von  der  einwanderung  der  Tjrrhener,  dh. 
eine  episode  gewesen  sein,  im  zweiten  buche  (fr.  45)  ist  von  Epi- 
menides  die  rede:  da  Timaios  die  griechische  geschichte  ex  professo 
nicht  behandelt  hat,  so  ist  dies  eine  beilftufige  bemerkung.  sodann 
war  im  zweiten  buche  (fr.  26)  Corsica  in  rein  geographischer  weise 
behandelt,  was  natürlich  als  eine  abschweifung  aufztdassen  ist.  im 
dritten  buche  wird  gesagt,  dasz  Eorinth  460000  sklayen  gehabt  habe 
(fr.  48):  da  dies  nur  auf  eine  späte  zeit  passt,  ist  es  eine  episode  im 
anschlusz  an  den  bericht  über  die  gründung  der  stadt  Sjrakus.  im 
vierten  buche  (fr.  98)  wird  erzählt,  dasz  Empedokles  im  Peloponnes 
gestorben  sei ,  eine  im  Zusammenhang  der  geschichtsdarsteUung  in 
keiner  weise  unterzubringende  notiz.  der  dritte  Perserkrieg  kann  als 
Sikelien  nicht  interessierend  nur  beiläufig  im  siebenten  buche  er- 
wähnt worden  sein  (fr.  57).  im  vierzehnton  buche  erst  wird  berichtet, 
dasz  Gelon  den  Karthagern  schwere  friedensbedingungen  auferlegt 
habe  (fr.  89);  da  Gelons  tod  schon  im  zehnten  buche  vorkam  (fr.  84 
mit  der  emendation  dv  tQ  b€KdTi]  für  iv  T^  beuT^pqi)  und  wir  im 
dreizehnten  buche  schon  mitten  im  peloponnesischen  kriege  stehen 
(fr.  105  und  107),  haben  wir  einen  rückblick  anzunehmen,  von  dem 
groszvater  des  Empedokles  war  im  fünfzehnten  buche  (fr.  93)  ge-* 
sprechen  worden ,  offenbar  aber  nur  im  anschlusz  an  die  Zerstörung 
von  Akragas,  die  auch  im  fünfzehnten  buche  (fr.  111)  erzählt  war. 
zwar  tritt  Empedokles  erst  im  achtzehnten  buche  (fr.  94)  als  wunder- 
thäter  auf,  aber  diese  zahl  ist  wohl  verdorben,  im  ersten  und  (!) 
zweiten  buche  (fr.  88)  soll  Timaios  ein  und  dasselbe  erzählt  haben; 
es  wird  aber  vielmehr  das  elfte  und  zwölfte  buch  gewesen  sein,  wenn 
es  auch  merkwürdig  bleibt,  dasz  in  zwei  auf  einander  folgenden 
büchern  ganz  dasselbe  sich  fand ,  was  auch  dem  Laertios  Diogenes 
aufgefallen  zu  sein  scheint,  da  er  hinzusetzt:  noXXdKlc  T^p  aÖToO 
^vrmov6Ü€i.  weil  die  eroberung  der  stadt  Hjkkara,  welche  im  yer» 
lauf  der  sikelischen  expedition  von  den  Athenern  genommen  wurde, 
im  dreizehnten  buche  (fr.  105  und  107)  ihre  stelle  hatte ,  die  im 


816  HKothe:  zii  den  fragmenten  des  hlBtorikere  TimaioB. 

j.  424  auf  dem  congress  der  sikelischen  Staaten  zu  Gela  gehaltene  rede 
des  Hermokrates  aber  erst  im  21n  buche  (fr.  97),  so  wird  die  letz- 
tere zahl  wohl  verdorben  sein,  allerdings  könnte  man  fragen ,  wes- 
halb denn  überhaupt  zahlen  geändert  werden,  da  ja  die  auffassung 
heterogener  angaben  als  episoden  ('geschichten  im  Zickzack')  überall 
möglich  ist.  es  könnte  ja  immerhin  möglich  sein,  dasz  je  nach  be- 
darf ein  rückblick  auf  früher  erzähltes,  eine  vorausnähme  späterer 
ereignisse,  eine  Zusammenfassung  geschichtlicher  perioden  usw.  in 
jenen  büchern  anzunehmen  wäre,  und  warum  gerade  diese  zahlen  den 
andern  zu  liebe  weichen  sollen ,  ist  gar  nicht  einzusehen,  vielleicht 
sind  diese  angaben  richtig  und  jene ,  auf  grund  deren  die  änderong 
erfolgt  ist,  falsch,  so  liesze  sich  also  nicht  blosz  eine  derartige  an- 
Ordnung  der  fragmente  herstellen,  sondern  in  kaleidoskopischer  auf- 
einanderfolge eine  gröszere  anzahl ,  indem  man  bald  diese  zahl  bald 
jene  zum  ausgangspunkte  wählt. 

Von  vorn  herein  aber  erscheint  es  als  sehr  unwahrscheinlich, 
dasz  ein  bcbriftsteller,  welcher  die  gesamte  geschichte  von  anfang 
an ,  wenn  auch  zunächst  nur  die  von  Italien  und  Sikelien  schrieb, 
der  also  räum  genug  für  alle  seine  bemerkungen  an  aer  richtigen 
stelle  hatte,  sich  in  so  viel  beiläufigen  bemerkungen  sollte  ergangen 
haben,  bei  einem  beschränkten  thema,  das  gleichwohl  weitreichende 
beziehungen  zuliesz,  so  in  den  werken  des  Herodotos,  Thukydides, 
Theopompos,  sind  episoden  allerdings  unvermeidlich,  überall  aber, 
wo  wir  nicht  nachweisen  können ;  in  welchem  zusammenhange  mit 
dem  hauptthema  diese  (Episoden  standen ,  ist  ihre  annähme  in  dem 
werke  des  Timaios  so  willkürlich,  dasz  es  besser  wäre,  in  diesem 
falle  mit  dem  erbten  herausgeber  der  fragmente,  Franz  GOller,  von 
einer  anordnung  überhaupt  abstand  zu  nehmen. 

Ein  teil  dieser  sog.  episoden  jedoch ,  der  nemlich  welcher  da^ 
griechische  niutterland  betrifft,  wird  sofort  legitimiert,  wenn  wir 
annehmen  dasz  Timuios  auch  die  eigentlich  griechische  geschichte, 
wenn  auch  kürzer,  zu  behandeln  die  absieht  hatte,  dies  folgt  natür- 
lich nicht  aus  Polybios  XII  2;J,  7  (=  Tim.  fr.  143)  öirtp  'IroXiac 
jiövGV  Kai  CiKeXiac  7TpaT|iaT€u6|i€VOc,  sondern  trotz  dieser  stelle 
behaupten  wir  im  hinblick  auf  zahlreiche  fragmente  die  systematische 
berücksichtigung  der  griechischen  Verhältnisse,  die  stelle  gefaOrt 
nemlich  einem  jener  scharfen  angritle  auf  Timaios  an,  an  denen  das 
zwölfte  buch  des  Polybios  so  reich  ist.  l'olybios  will  dort  nicht  nur 
das  werk  des  Timaios,  sondern  auch  den  von  diesem  hochgefeierten 
Tiuioleou  herabsetzen,  indem  er  behauptet,  dasz  dessen  thaten  gegen 
die  Alexanders  d.  gr.  gehalten  ihm  vorkümen  wie  'im  essignfipfchen' 
(tv  ÖEußdq)iu)  —  wir  wUrden  sagen  'im  wasserglase'  —  vollführt 
(dXXd  ^01  boKci  7T€ic9fivai  Tiiiiaioc  uic,  av  Ti|ioX^wv  ircq)iXoboEii- 
Kujc  iv  auTf)  CiKeXia,  KaGdiTTcp  ev  öEußdcpuj,  cuTKpiTOC  q>avQ  toic 
tTTicpavecTdToic  tAv  f]pujuiv,  köv  auTÖc  virfep  'IraXiac  fiuivov  Kai 
CiKcXiac  7TpaT)naT€u6)Li€VOC  cikötujc  TrapaßoXiic  dEiuiOnvai  Toic 
U7T€p  Tfic  üiKOUM€vr|c  Koi  TiüV  KaGöXou   TTpd£€ujv  TTcnoinucvoic 


BEothe:  zu  deu  fragmeuten  deu  hiElAuikere  Timaioa.  817 

Täc  cuVTÜEeic).  ist  dies  ohne  frage  eine  arge  Übertreibung,  ist  femer 
difl  beui'teilung  eines  mannes  nach  der  länge  des  von  ihm  zurück- 
gelegten Weges  und  der  grösze  des  von  ihm  eroberten  gebietea  eine 
gan^  und  gar  unzutrefiende ,  um  nicht  zu  sagen  böswillige,  so  liegt 
gar  kein  grund  vor  jene  offenbar  gehässige  bemerkung  über  das 
vferk  ded  l'imaios  wörtlich  zn  nehmen.  Polybios  hat  eben  im  eifer 
der  polemik  da  ein  'nur'  gesetzt,  wo  er  'vorzugsweise'  hätte  sagen 
sollen. 

Indes  lassen  sieb  anlasse  nachweisen,  wo  Timaios  in  der  tbat 
auf  andere  gebiete  abschweifte,  dies  war  zunUchst  der  Fall  in  den 
reden,  welche  er  den  geschichtlichen  persönlichkeiten  in  den  mund 
legte,  und  in  denen  er  mit  seiner  scfaulberedsamkeit  zu  glänzen 
suchtu.  so  kommt  er  in  der  läppischen  au  sein  anders  eCzung  Ober  den 
Segen  des  friedens,  die  bei  ihm  Uermokrates  den  gesandten  der  sike- 
lischen  stSdte  vorträgt,  auf  Herakles  zu  sprechen,  der  nie  ohne  ge- 
wichtigen anlas/,  gewalt  angewendet  und  sogar,  um  die  ungestörte 
feier  der  olympischen  spiele  zu  ermöglichen,  für  die  dauer  des  festes 
die  ^Ktxtipici  eingesetzt  habe  (fr.  97).  da  es  aber  in  der  natu r  der 
Sache  liegt,  dasz  nur  allgemein  bekannte  thatsachen  ah  beweiskräf- 
tige beii^piele  für  solche  reden  verwandt  werden  können,  kommt 
diese  art  von  episoden  für  die  anordnung  der  Fragmente  weniger  in 
betracht,  weil  ein  anderer  Schriftsteller  so  bekannte  dinge  kaum  zum 
gegenständ  eines  citata  gemacht  haben  wird. 

Die  haaptursache  aber  des  heranziehens  nicht  eigentlich  zur 
sacbe  gehöriger  gegenstände  war  die  allen  rhetoren  eigentQmlJche 
sucht  durch  gegen überbtellung  des  entgegengesetzten  oder  verglei- 
chuDg  des  ühniichen  das  interesse  des  lesera  wachzuhalten  und  der 
darstellung  reiz  zu  verleihen,  das  ist  es,  was  Longinos  (n.  üipouc  4, 1) 
an  Timaios  rügt:  üttö  Ipujxoc  toö  Uvac  voiiceic  dei  KiveTv  iroXXd- 
Kic  ^KTiinTUJV  €ic  TÖ  TTai&apiuj&ecTaTOV,  um  einer  antithese  willen 
schonte  Timaios  nicht  den  hochverehrten  meister  seiner  scbule, 
Isokrates,  indem  er  meinte,  Isokrates  habe  längere  zeit  an  seinem 
rTovriTupiitöc  XoTOc  gearbeitet,  als  Alexander  zur  eroberung  Asiens 
bedurfte  (fr.  138).  wir  fassen  dieee  bemerkung  als  ainen  spott  gegen 
Isokrates  auf:  denn  so  wie  Longinos  sie  auffaszt,  als  ein  ernst- 
gemeintes lob  auf  Alexander,  wäre  sie  bis  zur  unbegreiflichkeit 
albern,  wenn  diese  bemerkung  also  als  nicht  unwitzig  bezeichnet 
werden  darf  (Cio.  in  Verrem  IV  §  95  numquam  lata  male  est  Siadia, 
quin  aliquid  facete  et-  commode  dicanl),  so  ist  das  Wortspiel  mit  KÖpt] 
in  der  doppelten  bedeutung  von  'Jungfrau'  und  'pupille  des  auges' 
in  der  that  frostig  (fr.  149  Ö  Tic  fiv  diroiricev  ^V  ötpflaXpoTc  KÖpac, 
HT]  Tiöpvac  ^xwv;).  das  streben  nach  effect  zeigt  sich  ferner  darin, 
dasz  Timaios  unmittelbar  vor  der  ptUnderung  von  Akragss  durch 
die  Karthager  im  j.  406  die  stadt  in  ihrer  ganzen  pracbt  und  Üppig- 
keit dem  leser  vor  äugen  stellt  (fr.  1 11—115);  eben  noch  prangend 
in  glänz  und  Schönheit  ist  sie  bald  nur  ein  wüster  trümmerbaufen. 
.jener  OKlIias  insbesondere,    dessen  freigebigkeit  fr.  111  gepriesen 


818  HEothe:  zu  den  fragmenten  des  historikerB  TimaioB. 

wird ,  verbrennt  sich  bei  der  einnähme  der  stadt  in  dem  tempel  der 
Athene,  um  nicht  in  die  bände  der  feinde  zu  fallen,  auch  die  stadt 
Sybaris  scheint  Timaios  in  ähnlicher  weise  kurz  vor  ihrem  unter- 
gang  auf  dem  gipfel  ihrer  macht  gezeigt  zu  haben,  wobei  er  als 
charakteristischen  typus  eines  Sybariten  den  berüchtigten  schwelger 
Smindyrides  vorführte,  denn  wenn  er  (fr.  58)  über  diesen  im 
siebenten  buche,  demselben  aus  welchem  ein  citat  über  den  dritten 
Perserkrieg  überliefert  ist  (fr.  57),  gesprochen  hat,  so  kann  jener  aa 
sich  unbedeutende  mensch,  der  nur  typische  bedeutung  hat,  nicht  im 
chronologischen  zusammenhange  erwähnt  worden  sein.  Smindyrides 
lebte  um  580  vor  Ch.,  also  100  jähre  vor  dem  dritten  Perserkriege, 
und  war  einer  der  freier  der  Agariste,  der  tochter  des  tyrannen 
Eleisthenes  von  Sikyon ,  deren  band  der  Alkmaionide  Megakles  er- 
hielt, da  aber  einerseits  diese  heirat  für  Timaios  nicht  dasselbe 
interesse  hatte  wie  für  Herodotos,  dem  athenische  Verhältnisse  dabei 
vorschwebten  —  der  söhn  des  Megakles  und  der  Aganste  war  Klei- 
sthenes,  der  reformator  der  athenischen  Verfassung  —  und  da  Smin- 
dyrides als  freier  überhaupt  gar  nicht  in  betracht  kam,  so  ist  die  er- 
wähnung  dieses  mannes  nicht  mit  jener  Werbung  in  Sikyon  in  Ver- 
bindung zu  setzen,  vielmehr  fällt  bei  Timaios  die  Zerstörung  von 
Sybaris  in  die  regierung  des  tyrannen  Hieron  (fr.  90  vgl.  Diod. 
XI  48  bxö  Kai  CußapiTÜJv  TToXiopKOUjLidvujv  uirö  KpoTUiviaTÜjv  kqI 
b€0|LiivuiV  ßor|9ficai  cipaTiiüTac  ttoXXouc  Kai^Tpa^cv  clc  Tf|v  crpa- 
Tidv,  t^v  Trapebibou  TToXu2[rjXip  TdbeXcptu  vo|ii^ujv  auTÖv  öird  rdiv 
KpoTUJViaTÜJV  dvaipeOrjcecOai),  so  dasz  sehr  wohl  der  dritte  Perser- 
krieg und  die  crwähnung  des  Smindyrides  in  demselben  buche  sich 
finden  konnte,  indem  der  Zerstörung  von  Sybaris  ebenso  wie  der  von 
Akragas  die  Schilderung  des  glanzes  der  stadt  vorausgieng.  so  wird 
denn  auch ,  nachdem  sich  fr.  60  der  schriftsteiler  in  der  Schilderung 
des  asiatischen  luxus,  welchem  die  Sybariten  fröhnten,  ergangen  und 
sich  dabei  zum  teil  in  arge  trivialitäten  verirrt  hat  (irpuiTOi  b^  kqI 
djLiibac  dEeOpov,  de  eicecpepov  eic  rd  cu^iröcia),  der  grund  für  den 
schlieszlichen  Untergang  der  stadt  angeführt,  wobei  es  natürlich  an 
einem  dcus  ex  machina  nicht  fehlt,  die  Sybariten  hatten  in  Delphoi 
angefragt,  wie  lange  ihr  glück  dauern  würde,  und  die  Pythia  hatte 
geweissagt,  wenn  einem  sterblichen  mehr  ehre  erwiesen  werden 
würde  als  den  göttern,  werde  der  tag  des  Verderbens  nahen,  der 
Untergang  erfolgte,  als  ein  Sybarit  von  der  Züchtigung  eines  sklaven 
nicht  abliesz,  als  derselbe  in  die  tempel  floh,  wohl  aber,  als  der  sklave 
sich  an  das  grabmal  des  vaters  seines  herrn  flüchtete. 

Wie  durch  antithesen,  so  suchte  Timaios  auch  durch  Zusammen- 
stellung des  verwandten  zu  wirken  und  setzte  sich  dabei  kühn  über 
chronologische  Schwierigkeiten  hinweg.  Trojas  Zerstörung  setzt  er 
ins  j.  1334,  genau  1000  jähre  vor  die  expedition  Alexander:*,  so  dasz 
die  beiden  groszen  rachekriego  der  Griechen  gegen  Asien  in  passen- 
der paruUelo  erscheinen.  P]mpedokles  ferner  ist  bei  Timaios  ein 
Schüler  des  PythagoraS;  was  nur  dadurch  ermöglicht  wurde,  dasz 


HKothe:  zu  den  fragmenten  des  higtoriken  TLduuob.         819 

der  historiker  das  Zeitalter  des  PTÜhagoras  am  ein  betrftchüiehaB 
berabrttckte  (fr.  81);  dasselbe  widerfahr  dem  Xenophanee,  der,  om 
550  lebend,  gleichwobl  mit  in  den  dichterkreie  am  hofe  des  Hieron 
gezogen  wird  (fr.  92).  Dionysios  der  ältere  gewinnt  an  demselben 
tage  die  berscbaft,  an  welchem  Eoripides  stirbt  (fr.  119  &ßa  Tf)C 
TMxnc,  übe  Ti^aioc  Icpr),  töv  |üii|AiiTf|v  &ar(oicx\c  tuiv  Tpcrrucuiv 
TraGujv  kqi  töv  dTU)ViCTf)v  direicaroücric).  Karthago  and  Born,  die 
rivalinnen  um  die  berscbaft  im  westlichen  Mittelmeerbecken,  sind  in 
demselben  jähre  gegründet  worden  (fr.  21).  nicht  ohne  berechtigong 
behandelte  Timalos  den  pbilosophen  Diodoros  ans  Aspendos,  seinen 
eignen  Zeitgenossen,  der  Ejnismos  mit  Pjthagoreismos  za  verbinden 
suchte,  im  zusammenhange  mit  Pythagoras  im  nennten  buche  (fr.  80). 
in  dem  gleichen  sachlichen  zusammenhange  war  im  neunten  buche, 
wo  von  Pythagoras  gesprochen  wird,  auch  von  dem  jungen  Sokrates 
die  rede  (fr.  100).  wenn  also  Timaios  nachweislich  drei  pbilosophen, 
Empedokles,  Sokrates  und  Diodoros,  unmittelbar  mit  Pythagoras  in 
Verbindung  gesetzt  hat,  so  liegt  es  nidie  auch  denEpimenides  (fr.  45), 
welchen  Laertios  Diogenes  unter  die  philosophen  zfiblt^  welchen  der 
von  Timaios  vielfach  abhängige  lamblichos  sogar  zum  schUler  des 
Pythagoras  macht,  als  hier  erwähnt  zu  denken. 

Was  nun  die  von  uns  aufgestellte  anordnung  der  fragmente  an- 
betrifft ,  so  halten  wir  zunächst  daran  fest,  dasz  die  Widersprüche  in 
den  bücherzahlen  sich  fast  sämtlich  durch  hinzufügang  der  von 
Suidas  überlieferten  zahl  8  heben  lassen,  es  liegen  bei  einer  gesamt- 
zahl  von  höchstens  180  fragmenten  gegen  30  citate  mit  angäbe  der 
zahl  des  buches  vor,  ein  material  von  dem  man  erwarten  sollte,  dasz 
es  einen  halbwegs  klaren  überblick  über  den  inbalt  des  Werkes  er- 
möglichen würde,  statt  dessen  erhebt  sich  widersprach  auf  wider- 
sprach, unter  diesen  umständen  erhalten  die  wirren  angaben  des 
Suidas,  auf  welche  wir,  wenn  die  fragmente  anders  beschaffen  wären, 
gar  keinen  wert  legen  würden,  doch  einiges  gewicht,  dasz  kein  an- 
derer Schriftsteller  einen  geographischen  teil  dem  historischen  voraus- 
geschickt hat,  beweist  gar  nichts :  denn  es  ist  nicht  einzusehen,  warum 
sich  nicht  ein  einzelner  von  der  hergebrachten  Schablone  befreien 
konnte,  im  interesse  einer  schärfern  disponierung  lag  die  ausschei- 
duDg  des  geographischen  Stoffes  jedenfalls,  auch  die  zurückfüh- 
rung  der  verschiedenen  Zeitrechnungen  auf  die  olympiadenrech- 
nung ,  welche  doch  ebenfalls  kein  anderer  schriftsteiler  vor  Timaios 
systematisch  durchgeführt  hat,  scheint  mehr  eine  gröszere  klarheit 
und  durchsichtigkeit  der  darstellung  als  chronologische  Sicherheit 
bezweckt  zu  haben ,  da  Timaios  es  mit  der  Zeitrechnung  öfters  gar 
nicht  genau  nimt.  die  grosze  formale  gewandtbeit  des  Timaios,  eine 
errungenschaft  der  rhetorenschule,  wird  durch  das  lob  des  berafen- 
sten  formkritikers,  Ciceros,  auszer  zweifei  gestellt,  hat  doch  auch 
Ephoros  das  bedürfnis  einer  geographischen  fundamentierang  seines 
geschichtswerkes  gefühlt,  und  zwar  hat  er  nicht  tamultaarisch  in 
verschiedene  bücher  geographische  brocken  verstreut,  sondern  im 


820  HKothe:  zu  den  fragmenten  des  Historikers  Timaios. 

vierten  buche  Europa,  im  fünften  Asien  und  Libyen  im  zusammen- 
hange behandelt,  von  da  bis  zur  constituierung  eines  selbständigen 
teiles  ist  nur  ein  schritt,  und  wenn  man  fragt,  auf  wessen  seite  dann 
die  logische  consequenz  ist,  wird  die  antwort  nicht  zu  Ungunsten  des 
Timaios  ausfallen,  aber  es  war  gar  kein  geographischer  teil  im  ge- 
wöhnlichen sinne,  den  unser  historiker  nach  unserer  ansieht  voraus- 
geschickt hat.  der  mensch  mit  seinen  Städtegründungen  und  Wan- 
derungen, nicht  die  natur,  nimt  auch  hier  sein  interesse  in  ansprach, 
und  die  erde  mit  ihren  ländern  bildete  nur  die  unterläge  für  die 
thätigkeit  des  menschen  und  die  gleichsam  von  der  natur  selbst  ge- 
gebene disposition  für  die  darstellung  dieser  schwer  zu  sichtenden 
ereignisse.  geschichte  schreibt  Timaios  auch  hier,  und  nur  bisweilen 
tritt  der  perieget  mehr  hervor,  es  behält  eben  in  diesem  falle ,  weil 
mit  den  fragmenten  im  einklang  stehend,  das  urteil  des  Polybios 
seine  gültigkeit ,  welcher  als  den  inhalt  der  ersten  bücher  die  dno- 
q)dc6ic  7T6pi  rdc  äTTOiKiac  Kai  KTiceic  Kai  cuTT6V€iac  angibt  und 
dann  das  übrige  werk  als  tö  TTpaT/iaTiKÖv  auToC  fi^poc  TTic  IcTO- 
piac  bezeichnet,  dieser  zweite  teil  begann  sehr  passend  mit  der  ersten 
welthistorischen  persönlichkeit,  welche  auf  italisch-sikelischem  boden 
erstand ,  mit  Pythagoras ,  dessen  leben  und  wirken  im  neunten  und 
zehnten  buche  abgehandelt  war. 

Unter  den  als  bUcherzahlen  auftretenden  citaten  finden  sich  zwei, 
von  denen  wir  annehmen  dasz  sie  ursprünglich  auf  die  beiden  teile 
sich  bezogen  und  erbt  bei  der  hinübernahme  in  die  werke  späterer 
schriftsteiler  —  die  betreffenden  fragmente  gehören  dem  Laertios 
Diogenes  und  dem  scholiasten  zu  Pindaros  an  —  als  bücfaenahlen 
aufgefaszt  wurden,  es  sind  dies  fr.  88  (dv  T^  Trpumj  Küi  Ö€UT^p<)l) 
über  Empedokles,  über  den  zwar  nicht  in  zwei  unmittelbar  auf  ein- 
ander folgenden  büchern,  wohl  aber  im  vierten  und  achtzehnten 
buche  (fr.  98  und  04)  ein  und  dasselbe  gesagt  werden  konnte,  und 
fr.  84,  wo  Gelon  iv  rr)  beurepa  seinen  letzten  willen  kundgibt,  wäh- 
rend er  im  vierzehnten  buche  noch  lebt  und  den  Karthagern  den 
frieden  dictiert  (fr.  89),  im  zehnten  buche  den  sieg  am  flusse  Heloros 
davonträgt  (fr.  85).  im  einzelnen  haben  wir  unsere  anficht  etwas 
modiüciert,  indem  wir  in  dieser  beziehung  von  einem  rechte  gebrauch 
machten ,  welches  ja  auch  andere  für  8ich  in  anspruch  nehmen,  die 
gepicnwiirtig  unserer  uuflaät>ung  entsprechende  anordnung  der  bUcher- 
zahlen ist.  folgende : 

fr.  18  ev  Tri  TTpübir]  (üb(T  die  Üppigkeit  der  Tyrrhener)  «=  buch  1. 

fr.  2ü  €V  TT)  beuiepcji  (^über  Cüraica)  «=  buch  2. 

fr.  48  ^v  TiQ  Tpirr)  (über  die  groäze  zahl  der  sklaven  in  Korinth) 
=  buch  3. 

fr.  98  tv  Tf)  T€TäpTr)  (P]mpedokles  starb  im  Peloponnes.  die 
stelle  seines  grabes  ist  unbekannt)  ==»  buch  4. 

fr.  55  Kara  t6  TTpooijLiiov  Tf\c  ^kttic  ßißXou  (selbstlob  des  Ti- 
maios, seine  uniäicht  im  aufsuchen  des  geographi.schen  stoffes  be- 
trelfendj  =  buch  r>. 


EEotbe:  2U  den  frogmenten  des  hiätorikera  TiiuaiOH.  821 

fr,  56  i\  q  (über  die  Sklaven  dor  Syrakusier)  ^  buch  ß. 

fr.  67  dv  Tri  ^vvä-n;!  (polemik  gegen  Aristoteles  binBicbtlich  der 
berknnft  der  epizephjriacben  Lokier)  =  bucb  9. 

fr.  77  ^v  Tijj  9'  (über  Pythagoras)  =  buch  9. 

fr.  80  ^v  Ti]  ^vvaTi;t  (über  den  pMlosophen  Diodoros  aus  Aspen- 
dos)  ="  buch  9. 

fr,  81  biö  Ttjc  ^wäiric  (Empedokleg  schüler  des  Pythagoras) 
=  buch  9. 

fr.  100  £V  Trj  twÜTin  (über  die  Jugend  des  Sokrates)  =^  bucb  9. 

fr.  83  ^V  b€KdTV|  (über  Pythagoras)  ==  buch  10. 

fr.  45  i\  T^  btUTepiji  (Über  Epimenidea)  =  buch  10. 

fr.  85  ^v  T^  beK«-n}  (über  Gelons  sieg  am  flusee  Heloroa  492 
vor  Ch.)  -=  buch  10. 

fr,  89  bla  tt^C  TeccapaKatbeKÄTTic  (Über  Gfelons  sieg  bei  Himera 
480  Yor  Ch.)  =  buch  14. 

fr,  93  iv  Tri  iteVT€KaiÖ€KäTi]  (ober  den  groszvater  des  Enipe- 
dokles)  >—  buch  16. 

fr.  57  i\  T^i  ^ßfedfii^  (über  den  zug  des  Seiies  gegen  die  Grie- 
chen) ^  bucb  15. 

fr.  58  iv  Ti]  ^ßbÖMi;]  (Über  den  Itiins  der  Sybariten,  deren  stadt 
bei  TimaioB  er^t  unter  der  regierung  des  tyrannen  Hieron  zerstört 
wird)  =  buel]  15. 

fr.  94  ^v  xfl  iri'  (Empedoklea  hemmt  schädliche  winde)  ^ 
buch  18. 

fr.  97  ^v  Trj  \x\6.  Kai  ewoCTfi  (rede  des  Jlerniokrates  gegen  die 
Athener  424  vor  Ct.)  =  buch  21. 

fr.  105  und  107  ^v  TTJ  TpiCKOl&eKÖTi;)  (einnähme  von  Hykkara 
durch  die  Albetier  bei  gelegenheit  der  sikeliscben  espedition)  = 
buch  21. 

fr,  111  tv  Tri  Ti€VT£KaibEKäTTi  (Berstörnng  von  Akragaa  durch 
die  Karthager  406  vor  Ch.)  =  buch  23. 

fr.  119°  ^v  T^  is'  (träum  der  HimerSeTin  über  den  tyrannen 
Dionysios  den  lill.eru)  ^  buch  24. 

fr.  135  ev  tv|  öxböi;!  Ktti  eUocTfl  (gesandlechaft  der  Tanromenier 
an  einen  gewisst-n  Nikodemos)  =  buch  28  (?).' 

fr.  127  ev  rr)  beuTepa  icai  eIkoct^  (Über  den  Schmeichler  D&- 
mokles)  =  buch  30. 

fr.  139  ^v  TTJ  TpiaKOCtfl  Kai  TeidpT^]  (Timains  sagt  von  siob 
selbst,  er  habe  fünfzig  jähre  in  der  Verbannung  zu  Athen  gelebt) 
=  buch  34. 

fr,  140  ev  \r\  fschmShungen  gegen  Deniochares,  den  schwester- 
sohn  des  Demosthenes)  =•  buch  38. 

Wenn  nüch  fr.  134  von  Timoleon  ^V  Tfj,  M'Ö  Kfl  elKOCT^  gespro- 
chen worden  ^'ein  »oll,  so  glauben  vir  jetzt,  das:  diese  !;ah]  durch 


822  HKothe:  zu  den  fragmenten  des  bistorikers  Timaios. 

angleicbung  an  fr.  91  yerdorben  ist:  denn  in  dem  Vaticanisehen 
palimpsest,  welcber  die  brucbstücke  des  zwölften  bucbes  des  Poly- 
bios  entbält,  folgten  ursprünglicb  beide  fragmente  unmittelbar  auf 
einander,  diese  zasaromenstellung  ist  aber  wiederum  keine  zufftUige, 
sondern  die  folge  des  umstandes,  dasz  in  beiden  fragmenten  die  ge- 
gewobnbeit  des  Timaios,  seinen  beiden  scbulmäszig  ausgearbeitete 
reden  in  den  mund  zu  legen ,  cbarakterisiert  werden  soU. 

So  glauben  wir  denn  durcb  anwendung  eines  und  desselben  prin- 
cips,  durcb  binzufügung  einer  und  derselben  zabl,  die  wir  nicht  will- 
kürlicb  ansetzten,  sondern  die  wir  uns  von  Suidas  vorschreiben 
lieszen ,  eine  in  sieb  wohl  geordnete  übersiebt  über  den  inbalt  des 
Werkes  erzielt  zu  haben,  auch  die  von  Suidas  überlieferten  titel 
halten  wir  für  durchaus  berechtigt,  gesetzt  auch  sie  rührten  nicht 
von  Timaios  selbst  her,  welcher  sein  gesamtwerk  als  kropiai  be- 
zeichnet zu  haben  scheint,  der  erste  teil  führte  demnach  den  sondertitel 
IraXiKä  Kai  CiKcXiKd,  die  Überschrift  des  zweiten  war  'QXi]ViKä  Kai 
CiKcXiKd.  dasz  diese  inhaltsangaben  nicht  ganz  genau  sind,  ist  neben- 
sächlich, da  die  büchertitel  häufig  a  potiori  zu  verstehen  sind,  das 
bekannteste  beispiel  hierfür  ist  Xenophons  Küpou  ävdßacic,  in  deren 
gröstem  teile  doch  von  der  KaTdßacic  der  griechischen  söldner  die  rede 
ist.  noch  weniger  zutreffend  ist  die  bezeichnung  des  KQTdXoTOC  Twv 
veüüV  als  BoiujTia,  hergenommen  von  dem  anfiEmge  der  aufzählong. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  einer  kritisch -exegetischen  besprechung 
einzelner  fragmente.  merkwürdig  ist  vor  allem  die  bypothese,  durch 
welche  Timaios  das  phänomen  der  gezeiten  zu  erklären  versucht 
(fr.  36).  es  sei  die  folge  des  einströmens  groszer  strOme  in  den 
Okeanos,  und  diese  ströme  kämen  von  den  keltischen  gebirgen. 
dies  keltische  bergland  begreift  aber  nicht  blosz  die  gebirge  des 
eigentlichen  Galliens,  sondern  auch  die  Alpen  und  das  deutsche 
mittelgebirge  von  den  quellen  der  Donau  bis  zu  den  Karpathen,  also 
das  was  die  alten  unter  der  Hcrcynia  silva  verstanden  (Caesar  &.  g, 
VI  2«5).  denn  dasz  einst  Süddeutschland  von  Kelten  bewohnt  war, 
beweisen  nicht  nur  namen ,  welche  aus  dem  keltischen  erklärt  wer- 
den müssen,  zb.  Böhmen  (ßocheim  =  heimat  der  Bojer ;  die  deutsche 
endung  gehört  natürlich  den  nachrückenden  Germanen  an),  Hercynia 
Silva  (von  kelt.  cyn  'höhe'),  Iser,  Isar,  I^:ere  usw.,  sondern  es  bezeugt 
(lies  auch  ausdrücklich  Tacitus  Germ,  28  inier  Hercyniam  silvam 
lUicnumquc  et  Moenum  amncs  liehet ii^  uUcriora  Boü,  Gaüica  uiraque 
gcnSy  (cnucrc.  manct  adhuc  Boihacmi  nomen  significaique  loci  vetcrem 
mcmoriam^  guamvis  mutaiis  ciilioribus.  unter  den  strömen ,  welche 
in  den  Okeanos  münden ,  sind  also  auch  die  deutschen  flüsse  bis  zur 
Weichsel  einschlieszlich  zu  vcrst-<'hen.  die  Ostsee  erschien  den  alten 
niemals  als  ein  binnenraecr,  sondern  stetn  als  ein  teil  des  Okeanos, 
indem  Scandinavien  Air  eine  inscl  galt,  für  Timaios  folgt  dies  aus 
fr.  0^  wo  er  die  Argonauten  den  Tanais  bis  zur  quelle  aufwärts  fahren, 
dann  das  schiff  eine  strecke  über  land  tragen  und  endlich  auf  einem 
fluRse^  der  in  den  Okeanos  mündet  (kqG*  ^T^pou  ndXiv  irOTOfiou  Tf|V 


HKothe:  zu  den  fragmenten  des  hieiorikera  TiinauM.  823 

ßuciv  IxovTOC  €lc  t6v  'Qkcqvöv)  —  wenn  es  der  mtthe  lohnte  den 
flusz  zu  fixieren ,  könnte  man  etwa  an  die  Dttna  denken  —  in  den 
Okeanos  gelangen  läszt.  fragen  wir  nnn  weiter,  nnter  welchen  Voraus- 
setzungen ebbe  und  flut  als  eine  folge  des  einströmens  von  flttssen 
in  das  meer  gedacht  werden  konnte,  so  ist  es  klar  dasz  Timaios  von 
der  monatlichen  und  jährlichen  periodicitftt  nichts  gewust  haben 
kann :  denn  diese  ist  es,  welche  deutlich  auf  den  einflusz  des  mondes 
hinweist,  so  dasz  schon  Pytheas  und  Aristoteles,  Zeitgenossen  des 
Timaios,  die  gezeiten  auf  den  einflucft  des  mondes  zurückführten. 
das  hauptproblem  aber  war  stets  die  tftgliche  periodidtät,  welche  auch 
erst  in  der  neuem  zeit  mit  hilfe  der  Eepler-Newtonschen  gesetze 
ihre  erklärung  gefunden  hat.  es  scheint  nun,  Timaios  habe  sich  die 
Sache  so  gedacht,  dasz  die  flüsse  durch  die  ihnen  entgegenflutende 
wassermasse  des  Okeanos  am  einmünden  gehindert  und  so  lange  zu- 
rückgestaut würden,  bis  ihre  wassermenge  grosz  genug  sei,  um  ihrer- 
seits das  meer  zurückzudrängen,  da  Timaios  seine  geographischen 
nachrichten  häufig  aus  dem  munde  von  augenzeugen,  wahrschein- 
lich massaliotischen  kaufleuten,  schöpfte,  so  wird  man  fragen,  was 
diese  veranlaszt  haben  kann  eine  so  aufffdlende  theorie  aufzustellen, 
und  hierfür  gibt  es  eine  durchaus  befriedigende  antwort.  die  flut- 
weile dringt  nemiich  in  die  flüsse  ein,  «b.  in  die  Weser  nenn  meilen, 
in  die  Themse  zwölf  meilen  (bis  oberhalb  London),  in  die  Elbe 
zwanzig  meilen  weit  (bis  oberhalb  Hamburg;  bei  Hamburg  beträgt 
die  fiuthöhe  sieben  fusz).  dieser  Vorgang  konnte  von  oberflächlichen 
beobacbtern  so  aufgefaszt  werden,  als  würden  die  flüsse  am  einmün- 
den verhindert  und  zurückgestaut,  von  der  ausdehnung  des  Welt- 
meeres bat  Timaios  wahrscheinlich  keine  Vorstellung  gehabt,  sonst 
würde  er  den  Aussen  mit  ihrer  doch  immerhin  verhältnismäszig  sehr 
unbedeutenden  wassermenge  keine  solche  kraft  zugeschrieben  haben. 
die  erde  ist  bei  ihm  noch  keine  kugel,  sondern  eine  Scheibe,  über 
welcher  sich  der  himmel  als  halbkugel  wölbt,  dies  geht  hervor  aus 
dem  ausdruck  xfic  ff]C  und  Tifi  KÖCjüiU)  K6ifi^viic  (fr.  134),  weil,  wenn 
die  erde  als  kugel  in  dem  ebenfalls  kugelförmig  gedachten  welten- 
raume  schwebt,  von  oben  und  unten  keine  rede  sein  kann,  so  sagt 
denn  auch  Aristoteles  (meteor.  I  2):  6  TT 6p i  T^V  Tflv  öXoc  KÖCjüloc. 
und  wenn  auch  jener  ausdruck  (xfic  T^^  ^^^  "^V  KÖCfilfJ  KCljül^Vllc) 
wörtlich  aus  Isokrates  (Paneg.  179)  entlehnt  ist,  so  hätte  Timaios, 
wenn  er  anderer  meinung  war,  von  Isokrates  in  diesem  punkte 
ebenso  gut  abweichen  können,  wie  er  in  bezug  auf  die  zahl  der  erd- 
leile  von  ihm  abgewichen  ist: 

Isokr.  Paneg.  179  inc  TÖtp  Tflc       Tim.  fr.  134  Tf)c  T*ic  Tf)c  öird 
dirdcnc  xfic  uttö  tuj  köc)liiu  xei- 

|ievr|C    biXOL    TCTjUlTm^VTlC  Kttl  Tflc 

}iev    *Aciac,    ttJc    b'    €vQ{i)Tir\c 

KaXou|aevr|c  usw. 

es  schwebt  also  unserm  Schriftsteller  noch  halb  und  halb  der  mythische 

weltstrom  Okeanos  vor,  und  der  ocean  hat  bei  ihm  nicht  entfernt  die 


Tqj  KÖCfll}!  KClfl^flllC  €ic  TpCtt  IxlpX] 

biijpim^vTic  Kai  xfic  likv  *Adaq 
Tfjc  bk  Aißur|C ,  Tflc  V  €öpi{f7rT)c 
irpocaTopeuoM^Tic. 


824  HKothc:  zu  den  fragmenten  des  historikers  TimaioB. 

ausdebnuDg,  welche  demselben  wirklich  zukommt,  übrigens  ist  ihm 
weder  aus  der  unbekanntscbaft  mit  den  monatlichen  und  jährlichen 
flutperioden  noch  daraus  dasz  er  von  der  kugelgestalt  der  erde  nichts 
weisz,  ein  Vorwurf  zu  machen,  die  Wissenschaft  war  im  altertom 
nicht  so  concentriert  wie  heutzutage,  wo  Universität,  «Gymnasium  und 
Volksschule  die  kenntnisse  systematisch  verbreiten,  die  wichtig- 
sten entd eckungen  blieben  im  altertum  unbekannt^  wenn  sie  nicht 
unmittelbar  praktischen  wert  hatten,  noch  Caesars  flotte  leidet 
durch  eine  voUmondflut  groszen  schaden ,  und  obwohl  nach  Stjrabon 
(III  s.  173 — 75)  bereits  Poseidonios  die  ebbe  und  flut  nach  ihrer 
täglichen,  monatlichen  und  jährlichen  periodicität  erschöpfend  be- 
handelt hatte,  sagt  Caesar  {b.  g.  IV  29)  aus^lrücklic^:  taidem  node 
accidüf  ut  esset  Iwui  plena^  gut  dies  mariümos  aestus  maximos 
in  Oceano  cfficere  consuevit^  nostrisqve  id  erat  incognitum. 
ebenso  hat  zwar  der  philosoph  Cicero  die  klarste  vort^tellung  von  der 
kugelgestalt  der  erde  {Tusc.  I  §  G8  f.);  Tacitus  dagegen  verrät  seine 
unbekanntschaft  mit  dieser  wissenschaftlichen  thatsache  durch  eine 
fast  lächerlich  zu  nennende  hypothese  über  die  Ursache  des  wechseis 
von  tag  und  nacht  i^Agr,  12,  4  mit  der  anm.  von  Kritz).  — 

In  fr.  94  wird  erzählt,  dasz  Empedoklcs  seinen  beinamen  KujXu- 
cav€|iac  deshalb  erhalten  habe,  weil  er  schädliche  winde  in  schlftu* 
chen  aus  eselshaut  aufgefangen  habe,  da  man  nun  nicht  einsieht, 
weshalb  es  ^^erade  esclshäute  gewesen  sein  müssen,  hat  Isaak  Vossius 
die  sehr  scharfsinnige  Vermutung  aufgestellt,  Timaios  habe  den 
Empeüokles  die  bergschluchten  (KaTacq)aTOic  öpouc),  durch  welche 
die  winde  wehten,  sperren  las.sen;  Diogenes  habe  jedoch  gelesen 
KaTacq)dEac  6vouc.  wie  dem  auch  sei,  die  stelle  bleibt  in  jedem  fall 
ein  für  den  wundergläubigen  Timaios  sehr  merkwürdiger  versuch 
ein  wunder  rationalistisch  zu  erklären,  denn  Empedokles  bedurfte 
keineswegs  so  seltsamer  anstalten,  sondern  hemmte  die  winde  durch 
itia^ne.  er  selbst  verspricht  einem  seiner  schÜler  auszer  sonstigen 
niairischen  künsten,  unter  denen  wir  die  toten bescfawörung  hervor- 
he)>i'n  (ä£eic  b'  il  'Aibao  KaracpOi^evou  jiievoc  ävbpöc),  auch  die 
knilt  winde  nach  beliehen  zu  hemmen  oder  zu  erregen: 

Tiauceic  V  (XKa^dTUJV  dv^jiiujv  juevoc,  oi  t*  iv\  taiav 
öpvü^evoi  TTVoiaici  KaTaqpGivuGouciv  dpoupav, 
Kai  TidXiv,  f|v  eOeXricöa,  TraXiVTixa  TTveü^ai*  ^irdEeic.  — 
Fr.  8K  könnte  erweitert  werden  <1urch  hinzunahme  des  bei  Laer- 
tios    Dio»;enes  (VIII  2,  (iG)   folgenden    mit   einsehlusz   des   satzed: 
ücT€pov  |U€VTOi  ToO  'AKpdTavTOc  oiKi^IoMevou  dvT€CTr|cav  auTou 
TT)  KaOobiü  Ol  Tüüv  exOpuJV  dTTÖTOVor  biöirep  €ic  rT€XoTröwT|COV 
dTTOXUipricac  ^leXeOrricev  (sc.  '€|U7T€boKXfic).   denn  an  diese  werte 
schlieszt  .sich  ungezwungen  der  anfan«;  des  fr.  98  (ebd.  71)  TOUTOIC 
b'  fcvavTioöiai  Ti^aioc  piiTÜJC  Xc'tujv  ü)C  ^E€Xwpr|C€V  €ic  TTeXoiröv- 
VTicov  KQi  t6  cuvoXov  ouk  eTiavfjXBev.    man  nimt  nun  an  dem  aus- 
druck  ToO  'AKpdTOiVTOC  oiKi^oiLievou  anstosz  und  vermutet  aiKi- 
^OjLievou  oder  oiKTi2[o|itvou.    die  überlieferte  Icbart  läset  sich  jedoch 


HKothe:  zu  den  fragmenten  des  historiken  Tinudos.  825 

bis  zu  einem  gewissen  grade  verteidigen,  wir  schicken  voraos,  daas 
es  nicht  in  unserer  absieht  liegt  einen  beitrag  zur  gesdiiohte  Ton 
Akragas  zu  liefern ,  sondern  dasz  wir  die  stelle  ans  dem  zosammen* 
hange  heraus  interpretieren,  es  ist  nemlioh  hier  wahrscheinlich  an 
eine  jener  in  griechischen  Staaten  nach  heftigen  parteik&npfen  nicht 
seltenen  neubegründungen  der  socialen  Verhältnisse  durch  anfnahme 
von  ueubürgem  und  zurückberufang  der  verbannten  zu  denken,  wo- 
bei es  den  feinden  des  Empedokles  gelang  dessen  zurQckbemfung 
zu  verhindern,  darauf  scheint  die  betonte  Stellung  von  aÖToO  vor 
Tfj  KaOöbtü  hinzuweisen ,  welche  den  gedanken  an  die  heimkehr  an- 
derer hervorruft,  die  entfemung  des  Empedokles  von  Akragas  wird 
von  vorn  herein  keine  freiwillige  gewesen  sein :  denn  KdOoboc  ist 
der  ausdruck  für  die  rückkehr  aus  dem  exil.  das  wort  oUtZciV  ent- 
hält allerdings  in  der  classischen'zeit  den  begriff  der  gründung  eines 
ganz  neuen  Staatswesens,  wenn  auch  an  stelle  eines  vorher  schon  be- 
stehenden (Thuk.  I  98,  2  iTieiTa  CKÖpov  -rtiv  ^v  Tiji  Alieiip  vflcov, 
iiv  (pKouv  AöXo7T€Cy  i^vbpairöbicav  xal  ^iKicav  aöroi),  aber  der 
compilator  Diogenes  dürfte  den  genauen  Sachverhalt  schwerlich  ge- 
kannt haben.  — 

Dasz  Syrakus  die  schönste  stadt  der  alten  weit  gewesen  sei, 
wie  Timaios  behauptet  hatte  (Cic.  de  rep.  lH  31  urhs  iUapraedara^ 
quam  ait  Timaeus  Graecarum  maximam^  omnium  autem  essepüUsher- 
rimam  usw.),  bestätigt  nicht  nur  Cicero  aus  eigner  anschauung  (m 
Verrem  IV  117  urhem  Syracusas  maximam  esse  Ghraecarum^  pMher' 
rimam  omnium  saepe  audistis,  esty  iudices^  Ua  ut  dicUttr) ,  sondern 
auch  Livius  XXV  24,  wo  Marcellns  vor  freude  weint  bei  dem  ge- 
danken, dasz  er  urhem  omnium  ferme  iUa  iempestate  puHcherrimam 
genommen  habe,  und  mit  einer  kleinen  einschränkung  ebd.  c.  29, 
wo  der  Sprecher  der  syrakusischen  gesandten  sagt:  gloriam  captae 
nohilissimae  pulcJierrimaeque  urhis  Qraecarum  di  tibi  dederunt, 
Marcelle,  — 

Die  allgemein  indogermanische  Verehrung  eines  götterpaares, 
das  den  Dioskuren  glich,  gottheiten  welche  Timaios  (fr.  6)  bei  den 
Kelten  wiederzufinden  glaubte,  beweist  Tac.  Germ,  43  apud  Näha^ 
narvalos  antiquae  religionis  lucus  ostenditur.  praesidet  sacerdos  mii- 
liehri  ornatu;  sed  deos  interpretatione  Bomana  Casiorem  PoUucemgue 
memorant:  ea  vis  numiniy  nomen  Älcis.  nüUa  simülacra^  nuiUum 
peregrinae  superstitionis  vestigium;  ut  fratres  tarnen,  ui  iuvenes  vene- 
raniur,  — 

Ob  Polybios  von  Kallisthenes  fr.  143  gesagt  hat,  dasz  er  den 
Alexander  dTToGeouv  dßouXriGTi  oder  ouk  ^ßouXriOr),  war  lange 
streitig,  gegenwärtig  wird  man  wohl  darin  übereinstimmen,  dasz 
OUK  zu  streichen  ist.  der  gedanke  ist  offenbar  der:  Kallisthenes  hat 
allerdings  den  Alexander  zum  gotte  gemacht,  aber  Timaios  hat  den 
Timoleon  noch  über  die  götter  gestellt  (^KCTvoc  fitv  oGv  diroGeouv 
'AXe'Eavbpov  dßouXriGTi,  Ti)Liaioc  bk  jiieiCu)  iroiei  TiMoX^ovTa  täv 
eTTicpavecTdTUüv  Gediv).   das  schwanken  der  lesart  hat  seinen  grand 

Jihrbüchcr  für  class.  philol.  1S88  hfl.  1«.  64 


820  ilKothe:  zu  deu  fragmetiten  dee  hietoriken  Timaiot. 

darin,  dasz  Kallibtheneü  bekanntlich  auf  bfffefal  Alexanden  getötet 
worden  Hein  soll,  weil  er  diesem  die  proskjnesis  verweigerte,  aber 
von  einer  apotbeose  auf  dem  papier  bis  zur  sklavischen  adoration  in 
der  Wirklichkeit  ist  ein  weiter  weg,  und  es  läszt  sich  sehr  wohl  den- 
ken, duHZ  ein  Schriftsteller,  der,  hingerissen  von  der  g^rOsze  einer 
perhönlicbkeit,  sich  in  rhetorischen  überschw&nglichkeiten  ergeht, 
gL';;en  die  wörtliche  auffassung  seiner  hyperbeln  protest  einlegen 
würde. 

Aus  Strabon  entnommen  ist  fr.  65,  den  kitbaröden  Eunomoe 
betreffend,  welcher  in  einem  pythischen  agon,  als  ihm  eine  saite  risz, 
nur  da<lurcL  siegte ,  dasz  eine  cicade  herbeifiog  und  durch  Ihr  zirpen 
die  fehlende  »aite  ersetzte,  dort  erscheint  als  verdorben  qniCl  bt 
Ti^aioc  TTuGioic  ttot€  dTwviCoiii^vouc  toötöv  T€  kqI  'Apfcnuva 
'Phtwov  ^picai  TTCpi  ToO  KXrjpou.  das  loos  spielte  bei  den  agonen 
nur  insofern  eine  rolle,  als  dadurch  die  reihenfolge  der  kämpfer  fest- 
gestellt wurde,  mag  man  nun  auch  KXf)poc  im  übertragenen  sinne 
aufftiHsen,  die  grundbedeutung  wird  nicht  zu  beseitigen  sein,  ond  es 
steht  fest ,  dabz  bei  der  orwerbung  eines  xXf^poc  die  thätigkeit  des 
einzelnen  aufgeschlossen  und  der  Verteilungsmodus  ein  ein  fQr  alle- 
tnul  und  flUr  alle  ^leichmäszig  feststehender  ist.  ttbrigens  war  der 
pythische  agon  schon  von  der  zweiten  festfeier  an  ein  CTCCpOtViTIlc, 
nicht  ein  äpTupinic  oder  xpilM^^'^^Mc-  ^^  scheint  daher,  dasz  für 
KXrjpou  zu  schreiben  ist  KXdbou.  dies  wfire  der  palmzweig,  welcher 
unmittelbar  nach  dem  wettkampfe  dem  sieger  als  Siegeszeichen  ge- 
geben wurde,  wUhrend  die  feierliche  bekrftnznng  mit  dem  lorber- 
kränze  erst  am  schlusz  der  fest^pielc  vorgenommen  wurde  (Livins 
X  47  palmaeque  tum  primum  translato  c  Oraeda  mott  vidarilms 
datae.  Paus.  VIII  48,  2  k  bl  Tf)v  beEidv  icri  kqI  navTaxoG  Tip 
vikOüvti  ^TiO^jLievoc  q>oiviE).  KXdboc  ist  ein  poetisches  oder  eigent- 
lich hicratiHchcä  wort,  welches  aber  auch  bei  spBtem  prosaikem 
vorkommt,  vgl.  Tim.  fr.  17  (Antig.  Karyst.  168)  iroXXdiv  xXäbuiV 
Kai  cpuXXuiV. 

Dil',  .sache  selbst  erklärt  AWAmbros  (gtschichte  der  musik 
I  s.  440)  folgendermaHzen.  es  gab  einen  musikalischen  kunstaus- 
druck  TtpeTicjiöc  ('grillengozirpe').  *ein  auf  der  lyra  nach  art  eines 
treinolo  hchnell  wieilerholter  ton  mochte  wohl  mit  dem  «schellen- 
geliUitü"  der  cicaden ,  wie  es  Goethe  in  der  ital.  reise  treffend  be* 
zeichnet,  ühnlichkeit  hüben,  und  so  erklttrt  sich  jener  technische  ans- 
ilruck  der  niubikor  von  selbst  .  .  .  vielleicht  siegte  Eunomos  in  den 
Pythien  durch  erfindung  und  anwendung  des  teretismos,  und  die 
ie ich tbe wegliche  phantasie  der  Oricchen  machte  aus  dem  anspielen- 
den bildwerke  die  wundersugo,  su  gut  wie  aus  dem  delphin  der 
Arionstatuo  am  Vorgebirge  Tainaron.'  es  heiszt  nemlich  bei  Strabon 
s.  2G0:  ^beiKVUTO  b'  &vbpidc  iv  AoKpoTc  €uvöfiou  toü  KiOopipboC 
T^TTixa  tTTi  Tf|v  KiOdpav  Ka9ri|i€vov  fxwv.  — 

Das/  Timaios  in  seine  epideiktibchcn  reden  dicbterstellen  ein- 
flocht, geht  aus  fr.  97  hervor,  aber  auch  die  gedanken  selbst  entlehnt 


HKothe:  zu  den  fragtüeoten  den  bUMrikere  TimaioB. 


er  bisweilen,  wenn  auch  vielleicht  nur  ah  unbewuste  reminiscetiz, 
auB  dichtern.  so  tritt  uns  in  der  rede,  welche  Timaio:?  Jeu  Timoleou 
fr.  134  vor  dem  entscheidenden  kämpfe  halten  iBszt,  in  ziemlich  buT- 
fallebcler  weise  zunUcbet  der  gedanke  entgegen,  daaz  die  erde  auti 
drei  teilen  heEtobe;  darnn  scblieezt  sich  im  wider.^pracb  mit  fr.  24, 
wo  Libyen  als  eine  sandwUete  erscheint,  die  bemerkung,  dasz  Libyen 
sehr  fruchtbar  sei.  beides  ündet  sich  vereint  bei  Pindaroü,  welcher 
Pyth.  9,  6—8  TOn  Kyrene  sagt: 

TÖ6i  viv  TToXuniiXou 
Koi  TToXuKapTTOTdTac  ÖtiKe  becTToivav  xöo^ic 
{lilav  üiteipou  ipiTOV  eOiipöTov  9d\Xoiciv  oiKeiv. 
Die  Schrecknisse  dea  kriegea  werden  in  der  rede,  welche  bei 
Timaios  der  syrakosische  feldherr  und  Staatsmann  Hermokrates  auf 
dem  friedenacon greise  zu  Gela  hält,  geschildert,  und  es  wird  unter 
anderm  der  umsiund  hervorgehoben,  dasz  im  kriege  trompetenstSsze 
den  friedlichen  bürger  aus  dem  schlafe  schrecken,  derselbe  ge danke 
ist  ausgesprochen  in  dem  schönen  hymnos  des  Bakcbjlides  auf  dea 
frieden  (fr.  13  Bgk.): 

Xa^Kcäv  b'  oOk  IcTi  ca^TrifTLuv  ktuitoc' 
oObe  cuXäiai  tieXitppmv  üttvoc  dnö  ßXecpäpiuv, 
(inöv  Sc  edXicEi  Keap. 
Bakcbylides  gehörte  nebst  seinem  obeim  Simonides  zu  dem  Musen- 
hofe des  HieroD.  — 

In  fr.  13S  wird  ein  gewisser  Nikodemos  genannt,  an  den  die 
Tauromenier  gesandte  schicken,  dieses  fragment,  eins  der  wenigen, 
in  denen  uns  die  eignen  werte  des  Tiinaioa  aufbewahrt  sind,  ist 
leider  so  kurz  und  nichtssagend,  dasz  die  einordnung  desselben  in 
den  geschieh '.lieben  Zusammenhang  mit  groszen  Schwierigkeiten  zu 
kämpfen  hat.  seit  Schweighäuser  bSlt  man  den  hier  erwähnten 
Nikodemos  fUr  den  tyrannen  der  Eentoripiner ,  welchen  Timoleon 
stttrzte  (Diod.  XVI  82).  dann  luüste  die  begebenheit  in  die  jähre 
358 — 339  vor  Ch.  fallen:  denn  358  wurde  Tauromenion,  welches 
eine  zeit  lang  von  Sikelern  besetzt  gewesen  war,  von  vertriebenen 
Naziern  unter  der  anfQhrung  des  Ändrorauchos,  des  vateis  des 
Timaios,  zum  zweiten  male  angelegt;  339  vertrieb  Timoleon  den 
Nikodemos,  dagegen  sprechen  aber  mancherlei  gründe  teils  histo- 
rischer teils  cul tu rhis torischer  natur.  entweder  nemlieb  mUsten  die 
Tauromenier  vorübergehend  in  ein  frenndschaftliobes  Verhältnis  zn 
dem  tyrannen  Nikodemos  getreten  oder  es  mUsten  in  der  jungen  ge- 
meinde zerwUrfnisPO  eingetreten  sein,  welche  einen  teil  der  bürger 
zur  auswanderung '  und  zum  anscfaiusz  au  einen  auswärtigen  fQreten 
zwangen,  beides  widerspricht  der  Charakteristik,  welche  Plutarehos 
von  AndromachoB  gibt,  den  wir  noch  bei  der  landung  des  Timoleon 


V  «KCl  CtKcXüiv  ilfSaKf, 


a  ereigaia 


828  HEothe:  zu  den  fragmenten  des  historikers  Timaios. 


im  Vollbesitz  einer  beinahe  königlichen  gewalt  antreffen,  von  ihi 
heiszt  es  Plut.  Timol.  10:  oijTOC  fjv  naifip  Tijiaiou  ToO  icTOpiKO 
Kai  TToXu  KpdiicTOc  tOüv  TÖxe  buvacieuövTuiv  iv  CiKeXiqi  T^vöpcvo 

TUiV  T€  daUTOU  TTOXlTUJV  f)T€TTO  VO|ii|iUIC  KQl  blKOlUIC  KOI  TipÖC  TOi 

Tupdvvouc  qpavepoc  fjv  dei  biaK€i|i6voc  direxOtLic  xal  dXXoTpiui< 
wollte  man  nun  auch  annehmen,  dasz  diese  Charakteristik  nur  ai 
die  letzte  zeit  unmittelbar  vor  der  ankauft  des  Timoleon  passe,  s 
bleibt  es  doch  in  sich  unwahrscheinlich,  dasz  eine  gemeinde,  für  di 
erst  durch  den  stürz  des  Jüngern  Dionysios  räum  geschaffen  werde 
war,  mit  andern  tyrannen  freundschaft  geschlossen  habe  oder,  nacl 
dem  sie  eben  erst  durch  fast  fünfzig  jähre,  seit  der  Zerstörung  vo 
Naxos  durch  Dionysios  den  filtern  (403  vor  Ch.),  die  bitterkalt  de 
Verbannung  gekostet  ^  noch  um  ihre  existenz  ringend  schon  wiedc 
in  innern  zwistigkeitcn  auseinandergefallen  sei. 

Jener  Nikodemos  nun  beschenkt  die  gesandten ,  und  unier  de: 
geschenken  wird  ein  Therikleischer  becher  besonders  hervorgehoben 
ein  beweis  dasz  dies  damals  etwas  nicht  alltägliches  war.  Tberikle 
war  ein  künstler  in  thon  und  holz,  welcher  diese  art  becher  entwede 
erfand  oder  in  modo  brachte,  ein  Zeitgenosse  des  dicfaters  Aristo 
phanes  (Athen.  XI  s.  470  KaTacK6udcai  bi  X^T^iai  Tf|V  KuXiKa  tqO 
TTiv  6iipiKXf)c  ö  KopivGioc  K€pa|ieuc,  dq>*  oö  Kai  Tofivofia  ^x^ 
TCTOVuic  ToTc  xP<5voic  Kaid  töv  KW/iiKÖv  'ApiCToq)dvn)«  mit  de 
zeit  vergasz  man  den  mann  und  glaubte  dasz  die  becher  wegen  de 
darauf  abgebildeten  tiergestalten  so  hieszeu.  aber  BnpixXctOC  g% 
hört  augenscheinlich  als  adjectiv  zu  6r]piKXf^c  wie  Coq)ÖKX€iOC,  TTcpi 
KXeioc,  'HpdKXeioc  zu  den  betreffenden  eigennamen^  und  bei  dei 
Zeitgenossen  des  Aristophanes  erscheint  Therikles  noch  als  concret 
persönlichkeit,    so  bei  dem  komikcr  Theopompos: 

Xtupei  cu  t^eöpo,  6iipikX€0uc  ttictöv  t^kvov, 

TevvaTov  elboc,  övojid  coi  ti  9iü)Li€9a; 

ebenso  büi  Eulnilo«;: 

bi^viipa  b'  oubtv  CKeöoc  oub€Tru)7roT€' 
KaOapiüTepov  rdp  töv  K^painov  eipToZö^nv 
f\  ÖripiKXfjc  T&c  KiiXiKttc ,  fiviK*  fjv  vfoc. 
natürlich  wurden  dioäe  becher  sehr  bald  von  andern  nacbgeahm 
und  sie  wurden  so  gewöhnlich,  dasz  Theophrastos ,  ein  xeitgenosa 
des  Timaios,  sagen  konnte  (biiiTOU|ievoc  Trepi  Tf)c  TCpjüiIvOou) :  TOf] 
V€u€c6ai  bk  iE  auTnc  kqi  kuXikoc  OnpiKXeiouc,  uictc  firib^va  bto 
TvOüvai  Tipöc  Tdc  K€pa|i€ac. 

Wenn  man  al^^n  auf  einen  Therikleischen  becher  solchen  wei 
legt,  so  hat  dies  für  die  mitte  des  vierten  Jh.,  fünfzig  Jahre  nach  ei 
findung  dieser  becherform,  kaum  noch  sinn,  um  so  mehr  aber  mO^I 
es,  die  richtigkeit  der  lesart  vorausgesetzt,  auffallen,  wenn  Nik< 
demos  nur  einen  solchen  becher  geschenkt  haben  sollte,  man  pflegt 
nemlich  becher  paarweise  zu  besitzen ,  und  zwar,  wie  man  glaubi 
entweder  di>r  Symmetrie  halber  oder  zu  wasser  und  wein,  wenn  c 
sich  bei  einer  geringen  zahl  von  gasten  nicht  lohnte  einen  miflchkru, 


ETümpel:  Aciiiüuua  uad  die  lesbiache  Hierupolig.  829 

aufzastellen.  die  letztere  deutung  ht  die  Ublicbe  für  Horatiuä  sai. 
I  6,  117,  wo  Hör.  fQr  sich  allein  zwei  becher  brlDgen  tSszt.  so  er- 
Bcheiuen  becherpaare  bei  Cic.  in  Verrem  II  47  scyphorum  pari»»  com- 
pluria  und  ebd.  IV  32  bmos  (sci/phos)  hahebam ;  iubeo  promi  tdrosque. 
eia  becberpaar  läszt  Vergiliua  den  Damoetas  seinerseits  als  ksnipf- 
preis  aussetzen  {ed.  3,  44).  beide  becher  waren  selbstverständlich 
ganz  gleich  gearbeitet,  was  durch  die  stelle  des  Vergilius  bestätigt 
wird,  indem  er  die  becher  einheitlich  boschreibt; 

et  nobis  idem  Alcimedon  duo  pocula  fecil, 
el  moUi  circum  est  ansas  amplexus  acantho, 
Orpheaque  in  mcdio  posuü  sävasque  sequentes. 
diese  stellen  beziehen  sich  zwar  auf  eine  spätere  zeit,  aber  die  drei 
zuletzt  angeführten  doch  auf  sicilisch  griechische  Verhältnisse,    da 
nun  jener  Nikodemos  offenbar  ein  hochgestellter  mann  ist,  wtlrde 
nicht  gut  eine  besondere  koatbarkeit  des  bechera  (ein  umstand  der 
nicht  ins  gewicht  fiel,  wenn  ea  sich  um  ein  gastgeschenk  fUr  gesandte 
handelte),  sondern  besser  die  Seltenheit  desselben  als  grund  daftlr  an- 
zunehmen sein,  dasz  er  nur  £inen  becher  schenkt,    dies  fuhrt  aber 
auf  eine  frühere  zeit,  als  sie  auf  den  tyrannen  von  Kentoripa  passt. 
Breslau,  Hermann  Kothe. 


109. 

ACHILLEÖS  UND  DIE  LESBISCHE  HIERAPOLIS. 

In  der  -ortskunde  von  Lesboa  liegt  trotz  der  neuern  bereiaungen 
durch  Boutan  und  Conze  noch  manches  im  argen,  und  wie  aehr  da- 
durch die  künde  von  dem  Homerischen  Sagenkreis  in  mittel  den  8  chaft 
gezogen  wird,  ntag  an  einem  beispiel  klar  gemacht  werden:  der  stadt 
Hiera. 

Conze  schreibt  (reise  auf  der  insel  Lesbos,  18G.5,  s.  53) :  'allea 
was  uns  von  der  alten  Hiera  geblieben  ist  sind  die  werte  des  Pliniua 
V  §  139  et  Agamede  obiit  et  Hiera,  und  der  ruinenplatz  im  gau  Jera 
am  golf  von  Jera  '  er  ist  wie  seine  vorgSnger  von  Plohns  Leabia- 
corum  liber  (L^26)  abhängig  (Conze  ».  VI),  dessen  matcrial  nicht 
überall  vollständig  ist.  so  ist  zunächst  als  ergänzendes  zeugnia 
nachzutragen  das  des  Stephanos  von  Byzanz  udw.  'Ipd  -  .  fcTi  «ai 
noXiC  Aicßou.  diese  form  bietet  vielleicht  den  Übergang  zum  mo- 
dernen Jera ,  ist  aber  weder  von  Meineke  zdst.  noch  von  einem  an- 
dern mit  der  'Upä  des  Flinius  in  beziehung  gesetzt,  noch  weniger 
Verständnis  hat  eine  andere  stelle  gefunden,  die  in  ihrer  art  einzig 
ist,  da  sie  Ober  die  sonst  unbekannten  Schicksale  der  atadt  eine  sagen- 
Uberlieferung  bietet. 

In  dem  SeptimianischeD  excerpt  aus  dem  griechischen  Diktys 
liest  man  in  den  neusten  kritischen  ausgaben  (von  Dederich  1833 


83Ü  KTümpel:  Achilleub  uud  die  lesbiscbe  Hierapolis. 

und  Meister  1872)  II  16:  Achilles  .  .  sumptis  cdiqtioi  navibus 
Leshum  aggredUur  ac  sine  uüa  difficuUate  eam  capit  et  Pharhania 
loci  (so)  eins  regem  .  .  interficit  atque  inde Diomedeam  fiHam  regia  •  • 
dbducU.  dein  Scyrum  et  Hierapolin  urhes  refertas  divitiis  cunctii 
.  .  excindU.  Dedericbs  apparat  beruft  sich  auf  Mercier  und  ADacier 
sowie  Fuchs  (quaest.  s.  106).  die  Dacier  gab  zum  text  der  Amster- 
damer ausgäbe  (1702)  des  Perizonius  (s  65):  'Phyrum  ei  Hiera- 
|>o^im]  rescribendum/S'c^rttin.  Scyruä  insula  e  regione  Euboeae.  quam 
tamen  hie  non  intellegit  Dictys,  sed  Phr  jgiae  oppidum,  in oXicSpov 
voeat  Homerusll.  I  668  CKupov  £Xujv  alireiav,  "Evufioc  TrroXicGpov. 
. .  Hierapolim  »>  urbem  Phrygiae,  de  qua  Vitruvius  VII 3,  Strabo  XIII 
in  fine  (p.  629^  sq.).'  Mercier  (1618)  zu  Phyrum  (ed.  Amstelaed. 
anhang  s.  10)  urteilte  ganz  ebenso,  und  erst  Obrecht  (1691,  ebd. 
s.  50)  zu  Phyrum  schlägt  auf  grund  einer  collation  des  Argentineiiais 
{Phryram)  und  Mediol.  {Pyrram)  die  lesung  Pyrrham  vor  mit  der 
begründung:  'quo  nomine  inter  Losbi  urbes  una  [pB.-]  Scylaci 
memoratur  et  inter  insulas  (!)  Troadi  praetentas  Plinio  V  31.'  letz- 
teres ist  ein  misverst&ndnis  der  Plinianischen  stelle,  welche  auf  der 
Leshus  novem  urbihus  induta  aufzählt:  Alt-  und  Neapyrrha, 
Antissa,  Methymna,  Eresos,  Mytilene,  Arisbe,  Agamede  ond  Hiera, 
also  als  Stadt,  auch  Vin ding  (ebd.  s.  76)8agtgutzuPAyram]:  Megen- 
dum  Pyrrham*  mit  berufung  auf  Strabon  ac.  Dederich  und  Meister 
bieten  dagegen  einen  rUckschritt.  ersterer  verzeichnet  zwar  sorgflUtig, 
dasz  der  als  richtschnur  zu  bezeichnende  Sangallensis  saec.  XI  (s.  ib. 
Meisters  praef.  s.  XII)  und  die  ed.  pr.  phyrram^  der  nftcbstbeste  cod. 
Bernensis  und  Sangall.  oppidanus  phyram^  Argent.  Phryram^  die 
ed.  Mediol.  Pyrram  und  diejenige  Cratanders  Pyrrham  bieten,  steht 
aber  im  bann  der  eriunerung  an  die  Homerische  Skyroe  und  die 
Strabonische  Hierapolis;  beide  in  Phrygien  gelegen,  und  macht  gegen 
die  lesung  PyrrJiam  gar  den  einwand :  'at  Pyrrha  Leabi  urbs  est', 
als  ob  nicht  bei  Diktys  gerade  von  L es  hos'  eroberang  durch  Achil- 
leus  die  rede  wäre,  sein  TTpuiTOV  ipcCboc  ist  das  misverstSndniii  des 
dein]  *i.  e.  postquam  (Achilles)  fjXOe  KOjLiicac  Ta  Ik  A^cßou  irdvra 
eic  TÖv  CTpaTÖv  tiIiv  '€XXrjvuiv»  (nemlich  vor  Troja):  werte  des 
Malalas  (IV  s.  125^<^),  die  er  in  falsche  beziehung  setzt  Malalas, 
der  mit  GKedrenos  (s.  126^)  zum  Verständnis  des  verlorenen  Diktys 
bonät  gute  dienste  leistet,  bat  nemlich  hier  leider  die  erwSbnnng  von 
Pyrrha  und  Hierapolis  sich  gespart,  Kedrenos,  hier  sehr  kurz,  eben- 
falls, aber  gleichwohl  war  der  zu>aiiimeuhangbei  Malalas  nicht mis- 
zuverdtchen:  o  be  'AxiXXeuc  .  .  ^TT€pX€Tai  t^  Aecßqi  iröXci  (so) 
Kai  Tq  x^P?  a^Tfjc  Tf)  ßaciXeuoM^vr]  öttö  OöpßavTOc . .  irapaXaßufV 
bi  if|v  x^pctv  Kai  Tf)v  nöXiv  ö  'AxiXXcuc  töv  <l>öpßavTa  qK>vcuci 
Kai  Xofißävei  rrdvTa  Td  Tfjc  ßaciXciac  auroO  xal  Tf|v  duror^pa 
auToO  Aio^rjbav  5t€i.  aUo  Lesboa  ist  als  stadt  gedacht  wie  bei 
Septimius  ao. ,  welcher  fortführt:  ceterum  qua  pergehai  (von  der 
Stadt  Lrsbus  aus,  ul^o  am  natürlichsten  in  deren  lesbischen 
ge>)ung)   agri  reffrti  iugi  pace  depraedati  omnibusque  vexaU 


KTümpel :  Achillens  und  die  leBbisohe  Hierapolis, 


831 


quicquam ,  gtiod  amicum  Traianis  viderekur^  non  evirmtm  mU  «Mta- 
tum  relinqui  (also  etwa  lesbische  Staaten,  wie  Metbymna*,  Arieba*« 
Bresa'  ua.  yon  einer  rttckkehr  an  das  troisofa-phlnfgiaeh^  frätland  ist 
noch  keine  rede),  dann  heisztes:  gui$  (X)gmüi8  finiti$tti  popM  %iUro 
ad  eum  cum  pace  accmrere  ac  ne  vastaretüur  agri^  dimidio  fiwimsm 
pacti  dant  fidem  pacis  atque  ab  eo  acc^pkmij  und  erst  dann:  Ms  adtis 
Achilles  ad  exercitum  regreditur  magnam  vim  gihriae  aifue 
praedae  adportans.  statt  alles  dessen  hat  Malalas  bloez  eine  genaue 
Charakteristik  der  Diomede  und  die  werte  f^XOc  KOfliCttC  td  ix 
A^cßou  TrdvTa  €ic  töv  crparöv  tiSv  'EXXifjvuiv,  welche  den  letzt*» 
genannten  ad  exercitum  regredOur  genau  entsprechen,  keineewegs 
aber,  wie  Dederich  will,  den  frühem  dein  Pfftrham  ef  iSierap(Mm  . . 
excindit  usw.  im  folgenden  schwindet  zum  teil  die  flbereinsymmung: 


Malalas: 

Kai  XoiTTÖv  öpii^jcac  irdXiv 
££f)X6€v  ird  töv  EöScivov 
trövTOv  Kai  dcpaviZei  Tf|v  x^- 
pav  irpaibeOujv  Ka\  irapaXaju- 

ßdV€l  Tf|V  AupvT]cöv. 


Septimius : 

eodem  tempore  rex  Scytha- 
rum  cognito  adventu  nostrorum 
cum  muUis  danis  adventahat. 
ceterum  Ächiües  haud  contentus 
eorum  quae  gesserat  Cüicas  aggre- 
ditur  ihique  Lyrnesum  paucia 
diehus  pugnando  cepit. 

wollte  man  diesen  besuch  des  Skythenkönigs  und  Achilleus*  zug  an 
den  Pontes  Euxeinos  yereinigen,  so  mflste  man  annehmen,  dasz  ad- 
ventus  die  ankunft  nicht  sowohl  in  Troat)  als  vielmehr  in  der  nShe 
des  Skythenkönigs,  am  eingang  des  Pontes  etwa,  bezeichne:  ein  be- 
denkliches mittel,  weit  wahrscheinlicher  ist,  dasz  Malalas,  gleich  den 
neueren  wirklich  an  phrygische  stftdte  Hierapolis  und  Pyrrha(!) 
denkend,  den  beutezug  dahin  erst  nach  der  rückkehr  des  Achilleus 
auf  das  troisohe  festland  einreihte,  so  wie  so  aber  darf  seinem 
excerpt  bei  der  groszen  dürftigkeit  desselben  kein  entscheidender 
einflusz  auf  die  erklärung  des  lateinischen  textes  eingurttumt  werden. 
diesem  selbst  aber  schulden  wir  dank,  dasz  er  unsere  kenntnie  der 
lesbischen  Achilleussage  bereichert  um  die  eroberung  Pyrrhas  und 
Hieras. 

Wie  steht  es  aber  um  die  fides  des  mythos?  ein  umstand  musz 
hier  gegen  die  altertümlichkeit  yon  Diktys'  erzfthlung  mistranisch 
machen:  nemlich  dasz  er  Lesbos  als  eine  s t ad t  behandelt,  ernst- 
liche zwei  fei  sind  freilich  gegen  eine  stadt  Lesbos  bis  jetzt  nicht  er- 
hoben, auch  Plehn  sagt  yon  Issa  und  Lesbos:  'urbes  iÜae  antiquissi- 
mis  temporibus  ab  Aeolum  colonis  in  Lesbo  constitutae  moxque 
obiisse  videntur'  (ao.  s.  43).  der  eifrigste  yerbreiter  dieser  lehre 
von  der  ^stadt  Lesbos'  war  Eustathios  (zu  I  129  s.  741, 14;  zu  f  170 
s.  1462,  26 ;  zu  Dionys.  Per.  636  —  Müller  OGM.  II 363, 10  ff.),  vgL 


1  Parthenios  erot.  21  (MeirMlrA  anal-  Alex.  ■. 
IV  469,  9.         *  Yerg.  Aen.  IX  i 

Apicßn-        '  vWiTamowita  *< 


).    CMaUer  FHG. 
.  ygl.  Stoph.  Bys. 


u 


■• 


832  KTümpel:  AchilleiiB  und  die  leubische  Hicrapolie. 

Hesycbios  A^cßoc *  vncoc  xai  nöXic.  der  gewährsmann ,  anf  den 
sich  Eustathios  beruft,  ist  ö  Y€U)TP<i<poc  dh.  Strabon  (XIII 8. 686),  das 
beweismittel  die  Strabonische  lesart  zu  Q  544  ÖCCOV  Aecßoc  fivui, 
MotKapoc  TTÖXic,  £vTÖc  iißfex^  WO  unsere  sonstige  (Aristarchische) 
Überlieferung  Sboc  bietet,  diese  vulgata  gibt  an  einer  vierten  stelle 
(zu  Q  544  s.  1362, 5)  Eustathios  selbst  ganz  unbefangen  und  commen- 
tiert  sie  sogar,  als  hätte  er  nie  eine  andere  gekannt  und  genannt. 
am  ärgerlichsten  aber  ist  es,  dasz  er  seinen  berater  Strabon  ganz 
leichtsinnig  benutzt  hat.  er  merkt  nemlich  gar  nicht ,  dasz  der  geo- 
graph  in  seinem  dreizehnten  buch  nur  kurz  auf  einen  gegenständ 
zurückkommt,  den  er  an  einer  frühern  stelle  —  von  Eastathios  frei- 
lich nicht  bemerkt  —  giilndlicher  behandelt  hatte:  VIII  s.  366  nvic 
bk  ,  .  cpaciv  .  .  Cincixopov  .  .  KaXeiv  ttöXiv  t]?|v  x^pav  TTicav 
XeTOjLi^vnv ,  d)C  6  TTOiriific  ifiv  A^cßov  «MdKapoc  tröXtv». 
die  grammatische  quelle  \  aus  welcher  Strabon  diese  lesart  iröXlc 
entnahm ,  Überliefertc  sie  also  zugleich  mit  der  erklSrung  iröXlc  >« 
XUJpa  und  mit  den  analogien  aus  Euripides  (Eößüia  iröXic)  und 
Sophokles  (MucOüV  TTÖXic  =  Mucia).  wenn  also  Eustathios  die 
TTÖXic  Aecßoc  als  eine  Stadt  versteht,  so  thut  er  es  ganz  auf  eigne 
rechnung  und  gefahr. 

Aber  die  lesart  selbst  ist  nicht  unverdächtig,  zunächst  macht 
der  umstand  bedenklich,  dasz  wenig  später  (bei  der  zweiten  band  des 
papyrus  aus  der  Ptolemäerzeit ,  bei  Plutarchos  de  exilio  c.  10;  vgl. 
Dion  Chrysost.  or.  XXIII,  Suidas  I  s.  45G,  12  und  den  Lipsiensis)  die 
Variante  MaKcStpujv  ^boc  auftritt,  welche  offenbar  der  fehlenden 
positionslänge  in  MotKapoc  ^'boc  aus  dem  wege  gehen  will;  gleiche 
tendenz  und  somit  gelehrter  Ursprung  ist  für  die  lesart  MdKOpoc 
TTÖXic  nicht  ohne  weiteres  abzuweisen,  für  MdKOpoc  Iboc  föllt 
sogar  positiv  die  erste  band  des  papyrus  und  der  delische  ApoUon- 
hymnos  ins  gewicht,  der  v.  37  dieselbe  formel  bietet  Niese  und 
Peppmüller  (comm.  zdst.  s.  360  f.  vgl.  200  f.)  trafen  von  verschie- 
dener Seite  in  der  Vermutung  zusammen ,  dasz  der  hjmnos  älter  als 
Q  ist,  ja  dasz  die  formel  einem  alten  metrischen  katalog  der  ägäischen 
inseln  und  städte  entstammt  (Niese),  gegen  dessen  alterturo  die  Zeug- 
nisse fUr  eine  MdKapoc  ttöXic  nicht  aufkommen  kOnnen.  ziehen  wir 
hieraus  eine  folgerun<r  i'Ur  den  mythos  von  Hieras  und  Pyrrhas 
iroberung  durch  Achilleus ,  so  müs.sen  wir  für  diesen  eine  gleich 
späte  entsteh ung  für  möglich,  ja  für  wahrscheinlich  halten,  so  lange 
nicht  gegenteilige  Zeugnisse  eines  bessern  belehren. 

-*  nacli  Ni(>8i-  rlielii.  iiiuo.  XXXII  8.  '2S'2  u.  *J97  Apollodoros,  nach 
Gacdti  'Dumctiii  Sccpsii  tjiiuu  HUperduiit^  ^(iroifswald  1880)  vielrtehr  der 
Skepsior. 

Neustgttin.  Karl  TOmpel. 


WSoitau;  zu  den  römiecben  tageu. 


110. 

zu  DEN  EÖMISCHEN  TAGEN. 


Bereits  fiüber  beschäftigte  sich  einer  meiner  aufsätze  ii 
Zeitschrift  mit  den  römiacbon  tagen.    Jahrg.  1886  s.  279  f.  ist  der 
nachweis  erbracht  worden,  dasi  die  Idiin,  weiche  in  den  Äugnstischen 
kalendarien  meist  die  note  JV,  vereinzelt  iV  tragen,  vor  Caoäar  zu 
den  die^  fasli  gehört  haben  (vgl.  m.  proleg,  zu  e.  röm,  chron.  XI). 

Hier  sollen  noch  einige  weitere  controverso  punkte  über  die 
qualitlit  der  läge  des  römischen  kalenders  vor  C.iesar 
ins  reine  gebracht  werden,  damit  vor  allem  Über  die  wichtige  frage 
nach  zahl  und  Verteilung  der  dies  fasli  in  den  verschiedenen  epochen 
der  römischen  geschichte  jede  Unsicherheit  beseitigt  werde, 

1.  Die  verschiedenen  bezeichnungea  der  dies  nefasti 
Ea  ist  nicht  selten  bemerkt  worden',  dasz  die  alten  antiquare, 
ein  Varro  wie  Ovidiua,  ein  Festns  wie  Macrobius  den  fllr  die  welt- 
lichen angelogenh eilen  reservierten  dies  profesti  (das  sind  die  dies 
fasli  und  comitiales)  nur  eine  gattnng  von  tagen  gegenüberstellen', 
welcbe  ^ie  in  der  regel  als  dies  nefasti,  manchmal  als  dies  fesli  be- 
zeichnen, dem  entsprechend  kennen  auch  manche  kalendarien  für 
diese  letztere  classe  nur  äin  zeichen,  sei  es  dasz  sie  wie  das  kal.  Pin- 
cianum,  das  Romanum  pictum  und  das  Vennsinum  durchweg  das 
zeichen  N  gebrauchten,  sei  ea  dasz  sie  bei  den  durch  den  fest- 
lagsnamen  ohnehin  kenntlichen  tagen  das  zeichen  ganz  weglieszen, 
so  das  Sahinum  und  Tusculanum  (näheres  bei  Mommsen  CIL.  I 
s.  300.  :^02). 

Wenn  aus  diesem  thatbestande  der  sehlnsz  gezogen  worden  ist, 
dasz  das  besondere  zeichen  für  die  mit  eignen  namen  bezeichneten 
festläge  A''  cder  N^  {letzteres  im  kal.  Pighianum)  erst  spät  auf- 
gekommen sei,  so  iat  dieses  in  der  that  wahrscheinlich,  notwen- 
dig aber  ist  selbst  dieser  schlusz  nicht,  denn  was  hinderte  einen 
Varro  und  andere  antiquare  den  gemeinaaniengattangsnamen  nefaslus 
zu  gebrauchen,  und  wozn  brauchten  sie  daneben  die  Unterabteilungen 
des  einen  begriffes  nefaslus  hervorzuheben?  jedenfalls  darf  aber  die 
vielleicht  richtige  Vermutung,  dasz  die  graphische  Unterschei- 
dung erst  aus  Äugiistischer  zeit  stamme,  nicht  zur  verkennung  der 
tbatsacbe  verleiten,  dasz  der  sachliche  gegensatz  zwischen  den 

I  mitn  vgl.  Tnrro  de  l.  tat.  VI  29.  30.  63;  Ovidiua  fa>l.  I  47  lUe 
nefaslus  erit,  per  gueia  tria  »erba  tilentur;  fast!  Praen.  znm  -2  januarj 
Sueloniua  bei  Prise.  VUI  4,  20;  Festuii  b.  160;  Macrobtua  SaC.  t  16,  3 
/i>!i  diu  dinoti  sunt,  proffili  Aontinibuii  ob  adminiitrandom  rem  prlnalam  pnAU- 
ramqne  concessi.  vgl,  Hnsobke  'das  alte  röm.  Jahr'  s.  209.  *  Huazerrlpni 
bilden  die  Imlbtaee,  die  dies  inlerchi,  eine  ^riippu  für  aiclij  ihre  cxisteoB 
ist   aber   wieiler   nnr   ein   hele^   für  die  haliiitregelj   vgl.  Macrobiua  iiu. 


834  WSoltaa:  zu  den  römischen  tagen. 

mit  N  und  mit  IP  bezeichneten  tagen  schon  bedeutend  ttlier,  ja 
uralt  sei. 

Vor  allem  ist  zu  beachten ,  dasz  der  begriff  von  feriae  puhlicae 
und  dies  festi^  nicht  zusammenfällt,  sondern  erstere  nur  eine  Unter- 
art der  letztern  bilden,  dieses  folgt  Einmal  aus  der  allgemeinen  be- 
deutung  von  dies  festi  gegenüber  den  feriae  bei  Macrobius  Sat,  I  16, 3 
(festi  dis  dicati . .  festis  in  sunt  sacrificia  epulae  ludi  feriae),  sodann 
daraus ,  dasz  die  zahlreichen  busztago  ohne  bestimmte  bezeichnungy 
die  ja  zweifellos  auch  zum  lege  agere  unpassend  und  den  göttem  vor- 
behalten waren,  keine  feriae  puhlicae  waren.  * 

Gorade  die  mit  bestimmten  namen  hervorgehobenen  tage  unter 
den  dies  nefasti  sind  feriae  puhlicae:  vgl.  Macrobins  Sat  I  16,  6 
{feriarum  puhlicarum)  sunt  stativae  universi  populi  communes  certis 
et  constitutis  diehus  ac  mensihus  et  in  fastis  statis  ohservatio- 
nihus  adnotatae^  in  quibus  praecipue  servantur  Agonälia  Car- 
mentalia  Lupercalia. '  die  hervorhebung  dieses  gegensatzes  der  feriae 
puhlicae  zu  den  übrigen  dies  festi  bezwecken  die  beiden  verschiedenen 
noten.  denn  mit  IP  sind  in  den  kalendarien  bezeichnet:  1)  die  Idus\ 
welche  vor  Caesar  dies  fasti ,  hernach  als  feriae  lavis  feriae  puhlicae 
waren  (jahrb.  1886  s.  279);  2)  die  von  Caesar  und  Angustud  hinzu- 
gefügten gedenktage  des  Caesar  und  Augustus  (CIL.  I  8.  376) ; 
3)  (mit  wenigen  sogleich  zu  besprechenden  ausnahmen)  alle  tage, 
denen  mit  groszon  buchstabou  der  nanie  von  feriae  puhlicae  bei- 
geschrieben ist.^  vor  Caesar  gehörte  demnach  nur  die  dritte  classe 
von  tagen  zu  den  mit  N^  bezeichneten  tagen,  und  es  folgt  hieraus, 
dasz  der  gegensatz  zwischen  den  mit  ^und  den  mit  IP  bezeichneten 
tagen  alt  ist,  indem  er  auf  der  trennung  der  feriae  puhlicae  und  der 
übrigen  dies  nefasti  beruht. 

Worin  aber  besteht  der  gegensatz  zwischen  den  feriae  puhlicae 
und  den  übrigen  dies  nefasti*^  diese  frage  ist  identisch  mit  der  an- 
dern: wie  ist  der  begriff  der  feriae  puhlicae  zu  definieren?  der  begriff 
der  feriae  puhlicae  wird  zwar  richtig  so  gedeutet,  dasz  er  eine  völlige 
entbaltung  von  aller  arbeit  in  sich  fasse/   aber  dieser  begriff  des 


^  aus  der  etjmologie  von  feriae  (=  *fesiae)  und  festuMy  welche  beiiia 
auf  den  p^lcichen  stamm  ziiriickgefUhrt  werden  müdsen,  ist  nichts  be- 
sonderes zu  s('li1i('H/en.  unzweifoDiaft  gehen  beide  Riif  einen  nltlatci- 
ni(>cben  stnmm  *  fkh  in  der  bcdcutuiifi^  von  »timtug  'ireheiligt,  (geweiht' 
zurück«  der  gesichert  ist  durch  unk.  fiianü  'trni]>elbi-iirk'  (Zwet^eff 
'8}lIog(:  in8cr.  Oscaium*  gloss.  s.  149),  unibr.  fc»nn  und  ]ia!ignistch  feen 
\\\:\.  Itiichclor  UnibiicM  n.  lli  f.  und  lex.  IIa),  s.  IX^,  ausserdem  Panli 
altitaliscbo  Studien  II  s.  ll.H).  irri^  Ifus-crbkc»  au.  s.  233.  '  dieser  wohl 
von  keiner  »eite  bestrittene  satz  geht  ua.  aneli  aus  der  aurzählnng  der 
arten  von  f'trine  puhlicae  bei  Maorubiiis  Sat.  1  Iß.  6  hervor.  ^  diese 

feste  ^<ind  als  die  ersten  des  jalires  aud  ilcr  Gesamtheit  herauaf^cgriffen. 

'-  mit  ausnnhn  e  der  in  ilie  buszzeit  de»  juni  fallenden  Idns  luniao, 
worüber  unten  anm.  120  noch  weiter  gehandelt  werden  wird.  "^  die  gani 
anomalen  Kai.  Martiat»,  welche  .\*  waren,  werden,  wie  die  heilen  erkien 
katcgorien,   erst   von   Caesar   feriiert  sein.  '  Mnerobius  I  16,  9  ad- 

ßrvmhant   nutem   sacerdntcs  pollui  fvrius^  si  iwlictiit  conceptiMque  opuM  aU' 


WSoltaii;  m  den  römischen  tagen.  835 

völligen  «nthaltens  von  aller  öffentlichen  und  privaten  thfttigkeit  ist 
weder  logisch  noch  sprachlich  als  das  nrsprUngiicbe  und  wesent- 
lichste des  begriffe  feriae  festzuhalten,  Macrobius  I  16,  30  erwHhnt, 
dasz  Gnmius  Licinianua  die  nvndinae  in  älterer  zeit  für  feriae  er- 
klärt und  zur  begründung  hinzugefügt  habe:  nundinas  loois  ferias 
esse,  sig^uidem  ftaminka  omnibtis  nunäinis  in  regia  lovi  aridem 
sdeat  im  molare,  femer  hoiszt  f&tiatus  nicht  der,  welcher  von  der 
arbeit  feiert,  sondern  wer  der  gottheit  ein  Opfer  schuldet:  /tonitnica 
qvMiens  lonitrua  audisset,  feriata  erat,  doticc placasset  deos  (Macro- 
bius I  16,  8).  auch  kann  bei  zahlreichen  feriae  privoiae  {vti  naia- 
lium  fulgurumque  Sitsceptioncs,  iiem  funentm  alque  expialtonitm)  das 
wesentliche  derselben  unmöglich  im  feiern  von  der  arbeit,  sondern 
vielmehr  nur  in  dem  darbringen  eines  dank-  oder  sllhnopfera  be- 
standen haben,  diese  und  ahnliche  stellen  fuhren  dahin,  das  wesent- 
liche der  feriae  in  einem  opfer,  der  feriae pwbUeae  in  einem  staat- 
lichen Opfer  zu  sehen,  welches  von  sacerdoles publici ^.  B.  unter 
assistenz  des  populus  dargebracht  die  kraft  hatte,  den  ganzen  tag  zu 
heiligen  und  dem  profanen  treiben  7.u  entziehen,  diese  definition  der 
feriae  publicae  erweist  sich  vor  allem  aber  auch  dadurch  als  richtig, 
dagz  durch  bie  der  gegensatz  diener  tage  v.\i  dpn  sonstigen  dies  nefasti 
aufgeklärt  wird. 

Bei  keinem  der  mit  .N^  bezeichneten  tage  ohne  bei fU gang  ist 
von  einem  staatlichen  Opfer  die  rede',  meist  schlieszen  sie  als 
busz-  und  sübnetage  eine  staatliche  opferfeier  aus.  ja  sogar  die 
wenigen  Staats fe.^te,  welche  in  den  kalendanen  scheinbar  anomal  die 
note  N  (nicht  IP)  tragen ,  scheinen  gerade  weil  an  ihnen  ein  ÖfTent- 
liches  Opfer  nicht  dargebracht  worden  ist,  den  ^'tagen  zugewiesen 
zu  sein,    es  sind  nemlich  N  (nicht  2P) 

Regifugium  24  febriiar 

Lemuria  9.  II.  13  mai 

Vestalio  9  juni 

Matralia  11  juni. '" 
Cbei*  die  Lemuria  sind  wir  durch  Ovidius  fast.  V  419  ff.  (vgl. 
auch  Varro  bei  Nonius  s.  135)  untenichtet.  in  älterer  zeit  waren 
an  diesen  festlagen  die  tempel  geschiossen,  und  der  hausvater  brachte 
nächtlicher  weile  in  seinem  hause  den  Manen  ein  bohnenopfer  dar 
(manes  exite  pafcrni),  um  die  geister  zu  verscheuchen,  ebensowenig 
ist  ein  ataatliche^   opfer  denkbar  bei  den  tagen  vom  9 — 13  Juni 

qiiod  fierel.  noch  schärfer  geht  die  Irugweitc  ilas  Verbots  auH  den  ads- 
iinlimen  hervor  §  lU  l/mbro  negal  eam  pollia,  ^ui  opia  sei  ad  dea»  perlineng 
taerommve  tauaa  feciiaei  vel  atiguid  ad  urgentem  vilae  ulilitalem  respiäfn» 
iiclitaKtel.     Senevola  denique  .  .  retpondit,  quod  proetermUaum  nocerel. 

>  der  Kueatz  zom  8  juni  Im  Maff.  Menli  in  Cepit  wird  ebeoioweuii; 
als  aTisnaiinie  gelten  können  wie  dsn  Opfer  Jtyoi  lonanii  in  Capilolio  an  den 
fasten  Kai.  Sept.  (CIL.  [  b.  SU).  >••  die  Cerenlia  19  apr[],  welche  in 
der  regcl  nuoh  xu  diesen  ausnahmen  gestellt  werden,  sind  uhne  Kweifel  If. 
ilire  qiialitüt  als  fetiae  publicae  bezeugt  Varro  ao.  das  N  bernht  slleia 
auf  dem  Maffeianum.  das  Caeretaiiuni  (Eph.  apigr.  III  b.  7J  hat  !P. 
3r.' 


830  WSoltau :  zu  den  römischen  tageu. 

(Qartmann  ^ordo  iudiciorum'  s.  41),  vgl.  Festus  8.  250  penus  voca- 
tur  locuß  Intimus  .  .  qui  certis  diebus  circa  VestcUia  aperitur.  i  dies 
religiosi  hahentur.  von  dies  religiosi  sive  atri  berichtet  aber  Oellioa 
V  17  nullum  his  diehus  sacrificium  rede  futurum,  eine  strenge  Ob- 
servanz schlosz  daher  mit  gutem  gründe  auch  diese  gemeindefest- 
tage,  da  ihnen  eine  wesentliche  eigenschaft  der /*eriaepu&Itcae  fehlte, 
von  denselben  aus.  endlich  bleibt  allein  noch  das  ^des  Regifaginm 
zu  erklären,  wer  hier  an  ein  fröhliches  fest  zu  ehren  der  Vertreibung 
der  könige  denken  würde,  der  müste  allerdings  die  antwort  über 
den  Ursprung  der  note  N  schuldig  bleiben ,  er  würde  aber  auch  die 
tradition  über  das  wesen  dieses  tages  zu  wenig  berücksichtigt  haben, 
dies  hat  Mommsen  CIL.  I  s.  387  genügend  betont,  allein  die  deu- 
tung  dieses  tages  ist  wissenschaftlich  haltbar ,  welche  auf  die  flacht 
des  upfcrkönigs  vom  comitium  rücksicht  nimt. "  in  diesem  falle  ist 
aber  das  wesentliche  des  tages  gerade  in  der  entfernung  des  opfer- 
königs,  in  der  fernhaltung  desselben  von  staatlichen  opfern  zu 
suchen  und  auch  hiermit  wieder  die  note  N  mindestens  einiger- 
maszen  motiviert.  '* 

Bei  dieser  orkliirung  der  beiden  Unterarten  der  dies  nefasti  lat 
auch  eine  erklärung  der  beiden  noten  N  und  IP  mOglich.  den  dies 
ncfasti  ohne  namensbezcichnung  fehlte  das  öffentliche  sflhnopfer  und 
die  feiertagsruhe  von  der  arbeit,  wie  sie  nur  d^n  nefasti,  die  zu- 
gleich feriae  publicae  waren,  zukam,  diese  letztern  werden  nun  in 
der  regel  i\P,  im  Pighianum  durch  IF  bezeichnet,  vereinzelt  er- 
scheint sogar  FP  (so  bei  den  Vinalia  rustica  19  august  im  kal.  Maff. 
Amit.  und  bei  den  Feraliu  im  Caeret.  Eph.  epigr.  III  s.  6).  unter 
berücksichtigung  der  thatsache,  dasz  die  noten  ursprünglich  sub- 
stantivische bedeutung  hatten,  wird  die  bezeichnung  der  note  IP 
wahrscheinlich  als  N(€fas)  F(€riae)  P{uhlicae)  zu  deuten  sein.  vgl. 
Eph.  epigr.  I  s.  «'34  AP  im  Arvalkalender. 

Bei  dieser  Interpretation  findet  endlich  die  stelle  des  Festus 
s.  165  ihre  erklärung,  wo  nach  einer  definition  der  dies  nefasti  die 
note  NEP  geboten  wird,  mit  der  leider  unvollständigen  begrttndnng 
{nota  distincii  eorum  hild)riores  sunt^  q{uoniam  a  malo  omine)  liberaii 
sunt.  Fcstuj  bot  neben  dem  ncfastus  die  erklSrung  einer  zweiten 
note,  welche  aus  drei  buchstaben  bebtand.  diese  drei  buchstaben 
können  schwerlich  andere  als  die  eben  genannten  NFP  sein,  welche 
zu  N^  oder  N^  zusammengezogen  wurden. 

>'  IMut.  quiiost.  Koni.  63.  v^l.  mich  Ov. /'<»/.  V  727.  Festus  8.259.  Varro 
(h  l.  Uit,  VI  31.  '*  wer  bei  Vnrro  ao.  liest  quod  eo  die  rex  »acrificioltiM 
liiut  (stutt  dicat)  ad  vomitium^  nd  tjuod  temput  est  neftu^  ab  eo  foM,  wird 
wenigstens  die  (p^röszero)  zweite  hillfto  dos  Kepifiifrium  dem  verkehr 
mit  den  göttorn  entzogen  haben,  fius  ctiarakteristiache  dieses  taf^ei 
war  doch  die  tliicIitHrtige  ontforiiiing  des  opfcrktinips  von  der  opfer- 
handlung. 


'jirolego- 
DOch  einige  e 


WSoltau:  la  t1cn  cömiachen  tÄgen. 

2.    Die  dies  fasti  seit  dem  äecen 

Zu  dem  von  Moinmsen  CIL.  I  s.  372  nnd  in 
mena  zu  einer  römischen  Chronologie'  a.  161  gegebi 
welches  die  dies  fasli  vor  Caesar  waren,  sollen  hiei 
gftnzende  bemerkungen  gegeben  werden. 

Es  hatte  aicb  dort  ergeben  {vgl.  jiroleg.  s.  159),  da.si  abge- 
Buhen  von  den  neu  durch  Caesar  dem  jähre  hinzugefllgten  lagen  {die 
er  sämtlich"  zu  gericbtstagen  machte)  alle  in  den  Aagustiscben 
halendarien  enthaltenen  dies  fasli  bereits  in  republieanischer  zeit 
diese  qualitilt  boBaszen,  einschlieszlicb  des  I  mSrz  (s.  oben  nnro.  7)  und 
des  1  2  (5  6)  august  und  2  September,  welche  Caesar iach-Äugualisehe 
gedenktuge  nach  allgemeiner  annähme  vor  Anguatus  dies  fasti  ge- 
wesen sind,  dazu  müssen  noch  gezählt  werden  die /d«»,  welche,  wie 
Jahrb.  1886  s.  279  erwiesen  ist,  vor  Caesar  dies  fasti  waren,  auszer- 
dem  für  die  zeit  seit  der  lex  Hortensia  die  nxindinac.'^  auszer  diesen 
letzturn  waren  also  regelniSszIge  dies  fasli: 


Januarius  Kai. 

Fchraariu»     - 

Martiul 

KnI 

Aprili, 

Kai. 

Jumus 

Quinclilit 

Sexlili» 

Seplember  Kai. 

0<  lober 

Novembei 

Kn! 

Deeembei 

— 

posir.  Kai.  ('S) 

poilr.  Kai.  (2) 
potlr.  Kai.  (S) 
poitr.  Kai.  {3 
poitr.  Sal.  (!) 

poalr.  Kai.  (S) 
poilr.  Kai.  Ci) 
paelr.  Kai.  (2) 
pualr.  Sal.  (2) 


Non.  (5) 
yoH.  (7) 
Non.  (7) 

JVen.  (5) 
Nott.  (6) 

iVon.  (7) 
,JVön.  (ö) 


posIr.  Hon.  (6) 

pomr.  Non.  (9) 

poair.  Non.  [8) 

pottr.  iVo»,  [e) 

poitr.  Non.  (fi) 

poitr.  Non.  (8) 

poilr.  !fon.  (6} 

poilr.  Non.  (6) 


Idui  (13) 

Wm  (16) 

Idui  (16) 

Idut  115) 

Mw  (13) 

Jiiiii  im 

Idu»  (16) 

Idat  (13) 

/f/ui  (13) 


(in 


poilr.  Id'.  (16) 
poilr.  Id.  (Ifl) 

poilr.  Jd.(li) 
poitr.  Id.  (1*) 
poilr.  Id.  (14) 
poilr.  Id.  (16) 
postr.  Id.hi) 
pottr.  Id.  (U) 
«) 


Ks  ergab  sich  daraus  die  allgemeine  regel,  d 
den  nutidinae  die  Kalendae  Noiiae  Wi*s  sowie  ihre  naebtage  [dies 
posli-iduani)  dies  fasli  waren,  'soweit  sie  nicht  in  die  längern  busz- 
zeiten"  des  februar  (1 — 15)  und  des  april  (4—20),  in  die  kürzern 
des  juni  {5 — 14)  und  juli  (l — 9)  fielen.'"  eine  ausnähme  von  dieser 


"  ergäazt  durch  abBchnitt  V 
acliPn  fUronologie  (Freiburg  1889] 
in  den  liaUuilarien  N'  ist,  musz,  L 
verlegte,  fair  geweBen  »eiu.  "  ] 
t.niln  effecfm.  ul  faitae  tuc«t.  «li 
vciiebat 


ler  im  druck  beSndlicben  riimi- 
"  auch  der  30  jantiar,  welcher 
Ängaslus  ferioe  putilicae  BUf  ihn 
ibiUB  Sal.  I  16,  80  ted  lege  Hör- 
ei,  qu{  nunäinandi  causa  in  urbem 
■  '  ■      irrl  beBlUligt  durch  Cift— 


ad  Att.  iV  3,  4,  SQwre  dadareh  daaz  alle  comilialdaten  der  durch  ihre 
iiiindinalliucbBtaben  iiekatintc»  jnbre  685 — TÜS  nicht  auf  nundinae  ge- 
rullen  Bind,  näheres  im  abachnitl  III  meiaer  röm.  chron.  B.  64  ff. 
"'  proleg.  e.  IGl  war  unrichtig  hinzugefugt  'Kai.  Decembrei'.  dieser 
tag  isi  zwiir  hIb  diei  nefailut  bckanut,  doch  die  eutitehung  des  »efat 
war   bisher  keineEwegs   klargelegt.  "   die   weitere   durch   die   Über- 

lieferung  gebotene   thateacbe,   dasz   die   diei  posirlduani  wahr  seh  ein  lieh 


838  WSoltau :  zu  den  römiBchen  tagen. 

regel  bilden  Käl.  lun,^  Kai.  Oäoh,^  Kai,  Bec,  nndpostridie  Käl.  2>ee., 
welche  mit  dem  3  december  eine  kurze  anT>male  fristvon  drei  nefasten 
tagen  im  december  bilden,  wie  ist  die  entstebung  derselben  '*  zu  er- 
klären ? 

Da  von  der  einfdbrung  neuer  busz-  und  carenztage  im  Caesariscb- 
Augustiscben  kalender  nichts  bekannt,  eine  solche  abSnderung  viel- 
mehr im  höchsten  grade  unwahrscheinlich  ist,  so  ist  anzanehmen, 
dasz  auch  diese  tage  schon  vor  Caesar  nefast  waren,  anderseits  aber 
könnten  nur  zwingende  gründe  uns  bestimmen  dieselben  schon  dem 
dücemviralkalender  zuzuschreiben,  der  damit  dann  das  von  ihm  selbst 
aufgestellte  princip  vernachlässigt  haben  müste.  glücklicherweise 
ist  wenigstens  bei  einer  dieser  anomalien  die  herkunft  darzuthan. 
es  ist  nomlich  mehr  als  wahrscheinlich,  dasz  die  nefasten  tage  im 
december  den  kalendarischen  reformen  der  lex  Acilia  191  vor  Cb. 
und  der  durch  sie  beeinflusztcn  kalendcrpublication  des  M.  Fulvias 
Nobilior''  angehören. 

Es  ward  proleg.  s.  141  und  jahrb.  1887  s.  423  ff.  nachgewiesen, 
dasz  die  Veränderung  des  kalenderneujahrs ,  die  rückschiebung  des- 
selben von  KaL  Mari,  auf  Kai.  lanuar.  durch  die  lex  Acilia  von  191 
vor  Ch.  herbeigeführt  worden  ist.  bisher  nun  war  es  üblich  gewesen 
gegen  schlusz  des  kalenderjahrs,  dh.  im  februar,  boszübongen  und 
lustrationen  vorzunehmen,  um  die  unterirdischen  götterzu  begütigen, 
mit  cinführung  des  Januarneujahrs  muste  das  bedürfhis  rege  werden, 
auch  dem  december  einige  busztage  einzulegen,  ja,  es  ist  geradezu 
überliefert,  dasz  der  consul  Decimus  Brutus  nicht  mehr  im  februar, 
sondern  im  december  den  unterirdischen  geopfert  habe  (Matzat  rOm. 
chron.  I  s.  20  f.).  —  Damit  dürfte  nun  allerdings  wohl  motiviert  er- 
scheinen, weshalb  zur  zeit  der  lex  Acilia  einige  busztage  im  december 
eingelegt  worden  sein  sollten,  nicht  aber  wie  es  kam,  dasz  gerade 
zu  an  fang  des  monats  zwei  dies  fasti^  nach  einander  zu  nefasten 
gemacht  worden  waren,  und  für  die  nefaste  qualitftt  der  JToZ.  luniae 
und  Kai.  Odohrcs  bzw.  über  eine  spätere  cinführung  dieser  busztage 
ist  kein  licht  verbreitet,  eine  wirkliche  erklämng  bietet  sich  hier 
allein  für  den,  welcher  die  hypothetische  lösung,  welche  ich  proleg. 
s.  171  über  das  problem  des  römischen  kalenders  geboten  habe, 
billigt,  darf  angenommen  werden,  dasz  die  pontifices  bis  zor  lex 
Hortensia  varr.  4G7  einen  Schalttag  benutzten,  um  die  coUision  von 
fiundinae  und  dies  fasii  zu  beseitigen ,  so  wird  nicht  gezweifelt  wer 

erst  eine  zeit  lang  nach  dein  decemvirat  r/i>« /inj/i  frewonicn  sind.  Über- 
f;cbe  ich  hier,  näheres  s.  prolej;:.  s.  161  und  bei  Hartmann  'ordo  indi- 
cioruni'  8.  <>9. 

***    die    Überlieferung,    welche    nach    Hartmann    ao.  in    schwanken 
schien,    ist    durch    Mommsen   CIL.    I    s.  370  sichergestellt.  **   was 

IlDRchkc  no.  8.  228  üher  die  herkunft  dorxelben  fabplt,  ist  keiner  er- 
wäfrnnf;  wert.  *^   in   der  regel  ist  der  li.'es  posiriduanus y   auch  «renn 

die  KtUenilae  yonae  Idus  nofast  wurden,  dem  (Berichte  reserviert  |re- 
blicben  (mau  vgl.  2  juni,  2  octuber,  2  märz  neben  den  nefasten  Kalenden 
dieser  monate  usw.). 


WSoltau :  zu  den  römischen  lageu.  839 

den  kSnnen,  dasz  sie  dann  periodisch  mit  den  uundinalbucbBtaben 
D  B  F  gewp.chäe\t  haben  werden,  war  nun  F  nundinalbuclistab ,  so 
fand  eine  collision  Kai.  Becemh.  statt;  war  Z>  bzw.  B  niindinalbuoh> 
stabi  dann  Eal.  lun.  bzw.  Kai.  Od. 

Allerdings  konnte  die  collision  dieser  Ealendae  mit  nitnditiae 
zugleich  mit  derjenigen  der  Nonae  durch  uinacbiebung  eines  Schalt- 
tags beseitigt  werden."  doch  wurde  die  Schaltung,  falls  sie  anch 
dieses  zusammentreffen  zu  beseitigen  suchte,  complicierter"  und  war 
ja  leicht  genug  dadurch  zu  umgehen,  dasz  die  pontißces  zur  zeit 
einer  freiem  kalenderbandhabung  jedes  vierte  jähr  abwechselnd  eine 
dieser  Kalenden  für  nefast  erklllrten.  wenn  dieses  aber  richtig  ist, 
so  mUste  weiter  angenommen  werden,  dasz  diesen  tagen  bei  der 
vertSfFentlichung  des  festen  Flavischen  kalenders  oder  der  fasten  des 
M.  Fnlvius  Nobilior  ein  Air  allemal  die  bisher  nur  vorübergehende 
qualität  beigelegt  worden  wUre. 

Jedenfalls  leuchtet  so  viel  ein  dasz,  wenn  einmal  die  proleg. 
s.  171  f.  entwickelte  kalenderhjpotbese  das  richtige  getroffen  hat, 
die  herkunft  der  drei  als  dies  ncfasli  anomalen  Kalenden  nur  so 
erklärt  werden  darf,  dasz  früher  alle  dies  fasti  von  minditiac  fern- 
gehalten werden  sollten.*" 

3.   Fictive  dies  fasti. 

Es  muBz  jetzt  die  frage  aufgeworfen  werden,  ob  die  hier  ange- 
führten drei  doppeireihen  der  dies  fasti: 

Kalendae  Nonae  Idus 

postr.  Kai.  poslr.  Ifon.  postr.  Id. 
die  einzigen  dies  ^osfi  waren,  anszerihpen  zilhlt  nemlich  Mommsen 
(röm.  chron.  s,  2;-t9)  noch  'eiehen  anomale  dies  fasti'  (die  drei  dies 
fissi  24  Qiarz,  24  mai,  15juni,  und  daneben  21  februar,  23  april, 
19  angust,  23  tiept.),  welche  seiner  melnung  nach  schon  dadurch 
'mit  dem  in  der  römischen  monatseinteiliing  auffallender  weise  man- 
gelnden vierten  woc  benäh  schnitt'  beziehung  zeigen,  'dasz  diese  tage 
sämtlich  nach  den  Iden,  meistens  eine  woche  vor  dem  monatsscblusz 
eintreten'. 

Prüfen  wir  diese  behauptung.  offenbar  sind  von  den  sieben  tagen 
zunächst  die  drei  sog.  dies  fissi  gesondert  zu  betrachten,  ja  geradezu 
auszusondern,  dasz  dieselben  nicht  ursprüngliche  uralte  dies  fasti 
waren,  zeigt  ihre  Verwendung  zu  ganz  andern  und  zwar  zvi  sacralen 
zwecken,    sie  waren  ja  nicht  an  sich  dem  gerichtsverkehr  eröffnet, 

"  nie  riieBes  mögllcb  wiir,  ist  gezeigt  wordcu  proleg.  b.  171  f. 
"  vielleit'ht  uahm  man  aucti  austosz  daran,  die  coIliBioD  der  Kalendat 
duruli  iiilercalntiori  zu  Termeldeu,  da  die  ponlificale  BchaltregeJ,  naht- 
BuheinÜth  auf  die  Ifx  de  i'nlercalando  der  zweiten  lieeenivirn  zurück- 
gehend, die  panlificeg  nur  ermäuhllgte  die  windinae  von  allen  jVOBoe 
und  den  primae  Kaltndae  fenmuhalten.  "  die  früher  von  HuscUke 
und  ruir  proleg-.  a.  ISt  gemachten  etkläracgsverBUalie  werdeu  damit  aU 
beseiligt  galten  dürfen. 


A 


840  W&oltau:  zu  deu  römischen  tagen. 

sondern  nur  in  so  weit  die  gottesdienstlicbon  acte*'  beendigt  waren, 
obenein  aber  ist  der  Ursprung  dieser  ergänzungsgerichtslage  klar. 
offenbar  sind  dieselben  eingelegt,  um  die  wegen  der  buszzeiten  im 
april  und  juni  ausfallenden  dies  fasti  in  etwas  zu  ersetzen,  daraaa 
ergibt  sieb  auch,  weshalb  diese  tage  in  der  zweiten  hälfto  des  monats 
eingelegt  sind,  für  die  nefasten  Idus  luniae  trat  als  dies  fcisius  der 
15e  ein,  der  24  märz  und  24  mai  musten  aber,  da  die  erste  hftlfte 
des  april  und  des  juni  gröstenteils  nefast  war,  schon  deshalb  in  die 
zweite  hälfte  der  vorhergehenden  monate  verlegt  werden. 

Was  ist  aber  weiter  von  Mommsens  vier  andern  dies  fasti  in 
der  zweiten  monatshälfte  zu  halten?  können  auch  diese,  die  Vinalia 
urbana  23  april,  die  Vinalia  rustica  19  august,  die  Feralia  21  febmar 
und  der  23  September  (Augustus  geburtsiag)  dem  fas  entzogen  wer* 
den?  die  drei  ersten  tage  sind  durch  die  beigeschriebenen  ftriat 
puhlicae  in  einen  scharfen  gegensatz  zu  den  dies  fasti  gesetzt,  will 
man  trotzdem  festhalten ,  dasz  in  Wahrheit  auch  sie  die  beifttgnng 
F  verdienen,  so  kann  dieses  nur  geschehen,  indem  man  mit  Hu&chko 
den  versuch  macht  auch  diese  tage  zu  den  diesfissi  zu  zfihlen.  dieser 
versuch  ist  jedoch  als  gescheitert  zu  betrachten,  gewichtige  grOndo 
sprechen  dagegen,  vor  allem :  feriae  publicae  werden  selbst  durch 
eine  Unterbrechung  des  nefas  nicht  zu  dies  fasti ,  verdienen  wenig- 
stens nicht  die  bezeichnung  fas.  auch  ist  doch  noch  der  Standpunkt 
unserer  Überlieferung  über  diese  vier  tage  zu  beachten,  bei  keinem 
dieser  vier  tage  herscht  in  den  kolendarien  Übereinstimmung,  es  be- 
stehen folgende  Varianten: 

21  februur  ohne  zusaiz  Farn.,  F  Maff. ,  FP  Caeret.  (vgl.  Eph. 
epigr.  III  s.  6) 

23  april  IP  Maff.,  F  Praen.,  FP  Caeret. 

19  august  FP  Maff.  Amit.,  A'^  Vall.,  F  Ant. 

23  September  IP  Pigh.  MaflF.  Vall. ,  F  Sabin.  Pinc. 
diese  Widersprüche  könnten  allenfalls  beim  23  September  dabin  ge- 
deutet werden,  dasz  jener  tag  früher  F,  spfttor  IP  gewesen 
wäre,  denn  das  Pincianum  und  Sabinum  gehören  der  ftUem  zeit 
vor  Augustus  kalendercorrectur  (8  vor  Ch.)  an.  beim  IBangastda* 
gegen  würde,  wenn  dieser  tag  allein  dasiände,  kein  mensch  zweifeln 
einen  fehler  des  abschreibers  oder  Steinmetzen  anzunehmen.*^   der 

'*  von  einem  abhalten  von  comitien  am  morf^cn  eines  tafcci,  welcher 
eben  während  dieser  zeit  sicher  nvfast  wnr  (Varro  de  /.  tat.  VI  31  ad 
ytiOfl  temjms  est  nefas,  ab  eo  fas)^  kann  nicht  die  redo  sein,  damit  fallen 
aber  dio  hypothcsen  Moninijtons  über  an  jenen  tagen  abeehalteno  comitia 
curiatn.  '^  Mommscn   CIL.   I   s.  3G6    'nt   reliqun   Httcris  maioribuH 

scripta  ita  notns  lias  Kiipra  vidimuK  n«)n  t'ai'ile  h  quadratariis  praater- 
niitti,  niäi  qnod  post  diei  nomon  notam  diei  omittunt  TuicuUni  Sa- 
iKniquc  contjtanter,  Vallenfies  saope  .  .  MafTeiani  nuvies,  hiugulis  loci» 
d(>nt<iiio  Farncsiani  et  Koinani  picli.  qnae  oinissiones  non  sequnntur 
c«*rtani  Icf^i^m,  admissac  a  quadratariis  propter  solas  spatii  angaatiaa 
pliiriuni({uc  littcranim  maioruni  eodem  vcrdu  incideinlarnm  moleitiain; 
nani  itu  süIiiiii  ex])]icaliitiir.  ctir  dioi  nota  non  omittatnr  iiisi  nominati, 
notao  v«*ro  nmittantiir  proniiscue  omneri  <ii<  bns  noniinati?  convonirntea.* 


WSolti 

kalender  von  Äniium  ist  einer  der  spätesten  und  flUrbtigsieii ,  so 
dasz  er  allmn  gegen  das  Zeugnis  dreier  anderer  nicbt  das  mindeste 
faeweist.  jn  diu  note  FP  ^=  feriae  puhlicae  zeigt  wobi  am  besten, 
wie  der  zuf^al?.  F  im  Anliat.  entstunden  sein  könnte,  desgleichen 
wtlrde  dnj  F  des  Maff.  zum  21  fobruar,  wo  das  Farn,  nuben  dem 
namen  da  festtages  keine  noto  aufweist,  wenig  bedeuten,  hei  feriae 
puUicae  «'ird  zuweilen  die  note  JV*  weggelassen,  das  fehlen  der  nota 
zeigt,  dasz  das  Fnm.  die  qualitSt  .des  gemeindefestirs  anerkannte, 
du  J"  des  Maff.  zum  21  februar  braucht  aber  wahrlich  nicht  besser 
zu  sein  als  das  N  zum  30  Januar,  zumal  dieses  kalendanum  viele 
flücbtigkeitBfebler  aufweist."  nur  dasa  teils  bei  den  Vinalia  iirbana 
in  den  vortreffliehea  pifinestini sehen  Pasten  F  heigesch rieben  iet, 
teils  der  iimstond,  dasz  beide  male  die  Vinalia  zu  derartigen  Varianten 
anlasz  gaben,  mahnt  zur  vorsieht. 

Bemei-kenswert  ist  die  form  der  Überlieferung  VIN.  F  '""K 
hier  wie  auch  sonst  mehrfach  sind  teile  der  note  kleiner  geschrie- 
ben —  offenbar  wegen  i'anmmangels.  nun  ist,  wie  Mommscn  CIL. 
I  s.  366  gei^eigt  hat,  aus  diesem  gründe  in  mehreren  kalendarien  das 
den  festtag  charakterisierende  zeichen  IP  und  zwar  nur  dieses  sus- 
gelaeaen.  nehmen  wir  an,  es  sei  auch  an  dieser  stelle  im  original 
des  Steinmetzen  ausgefallen,  so  wäre  es  erklärlich,  dasz  dieser  dann 
den  ersten  buchstabon  der  folgenden  abkörzungen  auf  die  tagesnote 
bezog,  nun  finden  wir  im  Praen,  bei  den /«riae  j>«6Iicnc  mehrfach 
die  zeichen  angemerkt  F.  Q,  E.  D.  oder  F.  P.  Q.  E.  D.  =  feriae 
imblitxie  quod  eo  die  .  .  . 

Ähnlitbe:?  seheint  auch  den  bruchstUcken  zufolge  beim  23  april 
gestanden  zu  haben,  wdbrend  sonst  alle  notizen  hei  feriae pubUcae 
mit  dem  «orte  ftriac  beginnen,  steht  bior  nach  dem  F  lo  .  .  .;  im 
original  wird  also  F(eriae)  Io[vi)  gestanden  haben  und  so  zu  dem 
F{as)  anlasz  gegeben  haben,  auszer  der  annähme,  dasz  hei  den 
^'inalia  urbana  der  Schreiber  des  Praen.,  \>ei  den  Vinalia  rustica  der 

"  mit  recht  hat  Momoisen  in  Hpiner  treffliclien  abhuTi'IIang  'da 
liiebus  faBtia  nefiiBtis  inlercisia  comilialibiie'  CIL.  I  a.  ÜGB  ff.  hervor- 
gehoben, dasz  die  Varianten  bii  fünf  Ingen  niuht  unlaas  bieten  dfirftea 
vorBChnell  aniunelimen,  clasx  in  Augustiaoiier  neit  mtiwandlungen  von 
feriae  pubUcae  [TP)  oder  anderer  tage  in  tage  mit  C  F  li  Btaltgofnnden 
haben,  nug  iliesein  gründe  verwirft  Mammscn  die  angäbe  des  Maff. 
]i  zum  T  mal,  welcher  tag  nach  dem  Venus,  F  hatte  und  naob  dem 
durchneg  beoliachteleu  princip,  dasz  die  fi^tnae  diet  fault  waren,  mit  F 
Wzcidinct  sein  mn»1e,  sowie  das  allein  im  Antiat.  riberlief«rte  fi  de« 
C,  october  (Muff.  Ost.  Amit.  bieten  C).  nnd  da  erst  der  15  jnni  das 
fas  qaando  stercui  delalum  verkündigte,  ao  kann  auch  das  F  iea  TqbcuI. 
zum  U  jiLiii  (Venus,  und  Uaff.  X)  nur  einem  flbchligkeitafehler  seinen 
'ireprnug  verdanlio».  allenfnlla,  waa  eacblich  auf  daaeelbe  hinauskommt, 
von  dem  scbreilier  deshalb  eingesellst  sein,  weil  die  meisten  i/fri  p^fH- 
iliianl  sonst  iUes  fauli  waren;  dagegen  wird  eine  besonnene  kritik  nicht 
verkennen  kännee,  daaz  der  l'l  nnd  15  aeptomher  früher  N  waren,  wenn 
beide  male  das  Aiit.  C  bietet,  und  Leim  ISn  auch  das  Vallense,  so  wird  da- 
mit wnhrachcinlich  gemacht,  dasz  hier  eine  ip^tere  Veränderung  vorliegt, 
iili  dieselbe  sachlich  zu  rechtfertigen  sein  dürfte,  ist  eini.'  nnlere  frage. 


I 


842  WSoltaa :  zu  den  römischen  tagen. 

dos  Ant.  sich  versehen  habe,  indem  sie  das  F(eriae)  auf  die  note  des 
tages  bezogen ,  wird  es  aber  wohl  noch  einer  weitem  erkl&rung  be- 
dürfen, weshalb  gerade  bei  den  Vinalia  rustica  so  häufig  eine  Variante 
neben  dem  doch  selbstverständlichen  zeichen  IP  anzutreffen  ist. 

Die  Vinalia  rustica  waren  der  todestag  des  Angustns  (Suet. 
Aug.  100).  im  Amit.  fanden  sich  hinter  dem  singulären  zeichen 
F  P  noch  die  buchstaben  dies  tristissi{inus)  ^  und  eine  weitere  be* 
grQndung  wird  also  nicht  gefehlt  haben,  hat  dieselbe  die  tristUta 
mit  dem  tode  des  Augustus  motiviert,  so  ist  damit  auch  die  beson- 
dere notiz  FP  erklärt,  die  Vinalia  verdienten  schon  für  sich  die 
note  IP\  als  todestag  des  Augustus  sollte  der  tag  aber  ebenfalls  dis 
fnanibus  Augusti  feriiert  sein,  das  war  in  der  that  in  besonderer 
weise  hervorzuheben ,  da  es  im  römischen  kalender  sonst  anerhört 
war,  dasz  zwei  feriae  publicac  an  dem  nemlicben  tage  gefeiert 
wurden." 

Es  bleibt  noch  zu  erklären,  weshalb  dem  späteren  feriaepuWeae 
erhobenen  geburtstage  des  Augustus  im  Pinc.  und  Sab.  F  beigefQgt 
ist.  etwas  ganz  sicheres  läszt  sich  hier  nicht  aufstellen,  die  mQg- 
lichkeit  ist  vorhanden,  dasz  dieser  tag  a.  d,  IX  Kai,  Oddbres  früher 
wirklich  dies  fastus  war,  wie  die  achten  tage  vor  den  Kai,  Äpr,  und 
KaL  lun,  wegen  der  nefast  gewordenen  Kaienden,  doch  ist  daneben 
mit  der  möglichkeit  zu  rechnen,  dasz  sich  hier  fehler  oder  misver- 
ständnisse  in  die  kalendarien  eingeschlichen  haben  könnten. 

Abgesehen  von  diesem  6inen  tage  sollte  aber  jede  controverse 
über  zahl  und  Verteilung  der  vorcaesarischen  dies  fasti  ausgeschlossen 
sein,  bis  auf  Caesar  waren  abgesehen  von  den  nundinae  nur  Ka- 
lendae  Nonae  Idus  sowie  ihre  nachtage  dies  fasd  und  zwar  bis  etwa 
auf  Flavius  und  die  lex  Acilia  alle  ohne  ausnähme,  soweit  sie 
nicht  in  die  buszzeiten  des  februar  april  juni  juli  fielen;  auch  nach- 
her woren  nur  vier  jener  tagesarten  dem  fas  entzogen. 

Damit  ist  denn  die  aufgäbe  die  dies  fasii  der  decemviralseit  zu 
restituieren  gelöst:  denn  kein  einsichtiger  wird  leugnen,  dasz  die 
dies  postriduani  eben  so  wie  die  nundifiac  erst  später  als  dies  fasii 
dem  kalender  eingelegt  sind  —  letztere  durch  die  lex  Hortensia  287 
vor  Gh.,  erstere  früher,  zeitlich  allerdings  kann  die  zuletzt  genannte 
abänderung  nur  hypothetisch  fixiert  werden,  diese  veränderong  wird 
in  die  zeit  der  einfuhrung  der  prätur  gehören  (vgl.  auch  proleg. 
8.  162  f.). 


"  diese  erkläniiK^  hat  zur  vorauitsetzuDg,  dasz  das  Maff.,  welches 
den  19  nu^iist  /'  P,  den  17  Heptcmber  aber  C  nennt,  erst  anter  Tiberiiu 
abf^efiiszt  ist;  dem  steht  nichts  im  wege:  vgl.  meine  rOm.  chron.  ab- 
schnitt V  cap.  1.  mö;^lich  ist  auch,  dasz  die  Vinalia  rustica  dem  Jappiter 
(auszcr  der  Venu»)  furiiert  waren  and  das  F  P  dann  feriae  pubUcae  /ori 
zu  deuten  int. 

Zabern  im  Elsasz.  Wilhelm  Soltau. 


MCGertz:  adootatiunculiie  ciiticne  in  Apocolocyntoain.         843 

111. 

ÄDNOTATroNCÜLAE  CRITICAE  IN  LIBELLDM  SATIBICUM 
QUl  KUNC  VOLGO  ra8CRIBITD"8  AP0C0L0CYNT08I8. 

Usus  aum  praeter  Fraacisci  Bueeh«leri  editionem  maiorem,  qaae 
Lipsiae  n.  1864  in  symbola  phüologorum  Bonnensium  in  honorem 
TEitschelii  collecta  prodiit,  maxime  eiu^iiem  editione  minore  altera 
(B'),  quam  Berolim  apud  Weidmannos  a.  1871  cum  editione  Petronii 
satiramm  coniunctam  emisit;  tertiam  non  vidi. 

Cap.  1  (B'p.  219,  3)  videndum  est,  ne  poat  verba  haec  Ha  vera 
in  cod.  S  recte  non  interpungotur,  —  ibd.  v.  16 — 17  quod  viderit 
ferri  non  poase  certum  est ;  sed  naque  tollonda  sunt  baec  verba,  quae 
nemini  ut  interpretamenti  loco  adderet  facile  in  menlcm  venire 
potuisse  puto,  cum  nullo  modo  orationia  intellectum  adiuvarent  aut 
adiuvare  videri  possent,  neque  a  Pascbasio  Radberto,  qui  iu  buo 
codice  scripturam  codicis  V  quid  viderit  invenisse  eamque  de  &ua 
coniectura  niutasse  videtar,  acriptura  quicguid  viderit  aumenda,  cum 
e  lege  grammatica  vidisset  scribi  debuerit.  veram  esse  credo  quod 
viderut,  quae  seutentia  relativa  (iasta  dativom  iUi)  obiecti  loco 
cum  verbo  quod  est  credidit  iungend^  est.  iocane  scilicet  seriptor, 
ut  antea  v.  9  sq.,  boc  illum  bominem  re  vera  vidisse  ponit. 

Cap.  2  (B*  p.  219,  24)  carpebat,  quod  pur  se  aptissimum  est, 
iteratione  ofienai  B.  in  rapiebat ,  Hanptiua  in  iurpdbat  mutari  volu- 
eiunt,  cum  nuper  Palmerus  alteri  carpebat,  quod  in  v.  26  per  se 
non  minus  bene  scribitur,  capluliat  aub^ttituere  mahierit,  boc  qnidem, 
nt  opinor,  parum  recte.  sed  nibi)  mutandum  ei»t;  an  magis  verbum 
carpebat  boc  loco  iteratum  quemquam  ofiendere  debct  quam  iterata 
p.  220,  27  et  221,  5  tempora  vUae,  p.  220,  34  et  38  descenämU, 
p.  221 ,9  et  10  astra  —  astris9  omnino  scurra  ille,  quisqnis  foit, 
homo  notae  Petronianae,  ad^ecls  Agrtppinae,  qui  hunc  libellum  mea 
quidem  sententiu  a  Senecae  ingenio  longe  abborrentem  conscripsit, 
•in  carminibus  pangendia  plnrima  male  egit,  sive  id  inscitiae  eius 
imputimdum  est,  sive,  quod  potius  crediderim,  neglegentiae  (nam 
ingenio  saae,  certe  quod  ad  mal«  dicendum  pertinet,  non  caret);  haee 
ei  relinquenda  sunt,  quare  hoc  quoquc  improbo,  quod  B.  p.  220,  28 
moleEta^  orationia  umbages  vitandi  causa  a  viilgata  scriptura  redt' 
mila  comas,  quam  V  quoque  habet,  rum  in  8  loviter  eorrupta  sit, 
recedere  voluit  coniecturae  proponens ,  quae  omni  probabilitate 
carent.  ^  ibd.  p.  219,  27  coniectnra  CFWMuelleri  inteUeges  reci- 
pienda  erat:  nam  inßnitivns  praesentis  temporia  pravus  est.  prae- 
terea  v,  ;iO  Beraicolou  post  irtquies  (si  modo  baec  scriptura  vera  est) 
ponendum  est,  et  ex  litteria  cunt  non  aimpliciter  eum,  sed  cü  «c 
(i.  e.  e^m  nunc)  fociendum,  quo  adver'bio,  ut  tota  sententia  aliquam 
-veritatia  apeciem  haberet,  opus  esse  iamHaasiua  intellexit;  ceterum 
dubito  an  ex  litteris  adquies  potius  ait  guis  eliciendum  sit. 


844        MCGertz:  adiiotatiuuculae  criticac  in  Apocolocyntosin. 

Cap.  4  (B*  p.  221 ,  1)  paullo  melior,  ut  opinor,  erit  oratio,  si 
revocata  f  littera,  quae  ante  similem  litteram  f  facile  excidere  potuit, 
cantus  scripscrimus,  ut  hoc  novum  buius  sententiae  Bubiectum  fiat. 
—  ibd.  V.  18  cum  B.  consentio  pronomen  illud  obscuriorem  habere 
relationem  et  ab  eo  dicendi  genere,  quod  est  pJena  manu  facere,  ab- 
esse debcre;  sed  tollere  plane  non  audeo,  verum  ILLICO  in  eo  lalere 
putaverim.  paullo  post  in  v.  19  dubitari  polest,  verbum  quod  est 
omnes  utrum  nominativo  an  accusativo  casu  accipiendum  sit;  praestai 
tarnen  hoc,  ni  fallor,  ut  sequentia  participia  quo  referantur  habeant» 
verum  cum  sie  et  plurali  numero  verbi  iuhent  offendar  et  Junnines 
potius  quam  omnes  scriptor  mihi  dicturus  fuisse  videatur,  Renten tia 
eo  magis  inclinat,  ut  nos  post  omnes  excidisse  credam,  quo  inserto 
etiam  oratio  ad  locum  Oraecum ,  quem  scriptor  ob  oculos  habnit, 
paullo  propius  accedet. 

Cap.  5  (B*  p.  221 ,  31)  scribitur:  nunUatur  lovi  venisse  quen- 
dam'^  sed  quod  paullo  post  Icgimus  quaesisse  se  vt  non  intdlegere  se, 
ostendere  mihi  videlur,  scriptorem  de  certa  aliqua  persona,  quae 
nuntium  attulerit,  cogitasso.  quod  si  ita  est,  illo  loco  rix  nuntiatur^ 
non  definita  persona,  dicere  potuit;  certo  potius  nunikU  aliquis 
dixisset.  at  scriptor,  quem  Homeri  carmina  bene  nosse  apparet,  ex 
Iliade  scirc  potuit  Horas  Olympi  ianitrices  esse,  quae  Claudii  ad- 
ventum  nuntiare  debereut;  itaque  certo  credo  oum  dixisse:  nuntiat 
Hora  lovi  venisse  guendam,  ])aullo  post  e  cod.  S,  cuius  scriptnram 
B.  non  satis  novit,  scribendum  esse  vidctur :  nescio  quid  tüum  minari 
assiduej  assidue  enim  captU  movere,  —  v.  34  cum  in  S  sit  BespoH" 
disse  se,  fieri  illud  quidem  polest,  ut  se  ex  syllaba  praecedenti  male 

iterata  ortum  sit;  sed  polest  etiam  5  i.  o.  sihi  in  eo  lalere.  —  t.  38 
tum  hoc  loco  minime  aptum  est,  cum  aliquantum  tcmporis  inter- 
cessisse  necosse  sit;  praeterca  significandum  erat  Hcrculem  abiisse 
et  colloquium,  quod  dcinceps  uarratur,  ad  portas  caeli  habitum  esse. 
itnque  fieri  vix  potest,  quin  hie  aliqua  verba  omissa  sint,  velut  sie 
scriptum  fuisse  polest:  tum  Hercules  <^proccdit  ad  caeli  portas^ 
u  1)  i  CI  au  d  tu  s  st  aha  t  ety  primo  aspectu  cqs.  quod  ad  proxime 
sequcnliu  verba  pertinet,  hoc  liquerc  debet,  in  tribus  illis  verbis 
ut  qui . .  timucrit  errorcm  vix  inesse  possc,  quippe  quae  post  ea  qaae 
praecedunt  (illa  dico:  pcrtnrhatus  est)  aplissime  inferantur.  dioere 
enim  vult  scriptor,  mirum  non  esse,  si  Hercules  aspectu  talis  mon- 
slri,  qualo  esset  Claudius,  perturbatus  sit,  ut  qui  etiam  alia  monstra 
timuerit.  neque  mirari  debenius,  huc  Uerculi  adfingi  posso  a  bcrip- 
tore  satirico  iilius  tcmporis;  rede  enim  B.  ait:  'in  den  Vorstellungen 
jener  zeit  lebte  fast  mehr  drr  weibische  und  schlemmende  Herakles 
fort  als  der  kämpfende.*  sine  dubio  mendum  in  adiectivo  quod  est 
omnia  residet ;  requiritur  hoc  loco  adicclivum,  quod  significct,  reli- 
qua  monstra,  quibuscum  Herculi  res  fuisset,  aliquam  habuisse  qua- 
litalom,  qnno  ab  ea,  qua  insignitus  esset  Claudius,  plane  divcrsa 
«'sset,  et  ita  quidem,  ut  illa  minus  tcrribilia  vidcri  possent.  iam  cum 


MCQertz:  adootatiuncuke  triticae  iu  Apo  (lalocyutoain.         ^45 

in  dsEcriptioue  Claudii,  quau  Inaequitar,  hoc  raaxime  urgeatur,  euiii 
insolitam  et  prorsns  nari  generis  monstrum  fuUse,  puune  necesaario 
eo  deducimur ,  ut  antea  sie  scriptum  fuisse  putsmus:  ut  qxii  eliavt 
non  enormift  fnonsira  limuerit.  —  p.  222,  4  si  litterarum  duotos 
in  S  servatoij  presstrimug,  in  Graeco  vcrau  TToiri  ttöXic  Bcribendtim 
erit,  non  tiö9i  toi  ttÖXic;  et  illud  aeque  bene  ferri  potest  (t.  Od. 
a  406),  nee  qiiod  Uomerum  non  aatia  accurate  ezpressit  ecriptor 
ofieodere  deUet.  paullo  poat  B.  verlia  quaa  sunt  aeque  Homericus 
immerito  in  suspicionem  vocavit;  scriptor  signiScat  Claiidiam,  ai 
Hoiuerico  versu  uti  vellet,  aeque  bene  hoc  uti  potuisse,  qai  aeqae 
Homericua  e^set,  et  uti  prae  illo  altvro  debnigse,  cum  verior  esset. 

Cap.  6  (B'  p.  222,  11)  si  vafro  pro  eo  quod  iu  codd.  est 
fabro  luniua  ri'cte  scripsit,  B.  etiam  alteracn  coniecturae  lunianae 
partera  recipero  liebuit,  ut  homini  ante  minime  insereret,  qnod  ab- 
esse nuUo  modo  poteist ;  seil  de  tota  coniecturn  valde  dubito,  et  eerip  ■ 
torem  hie  Plautino  ioquendi  genere  usum  dixisse  auipicor:  et  im- 
posuerat  Sa-cuU  nimio  fahre,  ad  sequentia  verba  reote  inteüe- 
genda  pertinet  meminitte,  Claudium  medio  menbe  Octobri  mortuum 
esse,  cum  insiilubre  anni  tempus  et  febres  desioere  solerent;  itaque 
dicilur  ^ebrim  deam  secum  Roma  abiiuxisse,  ceteroa  otnnes  deoä, 
qui  urbi  praeaidereut  et  novum  Noronis  Baeculum  Telis  redderant, 
Romae  reliquiase.  ergo  baec  quoque  verba  B.  immorito  suspecta 
esse  iudicavit,  quasi  putida  easeot  et  omni  acumine  careront.  — 
V,  14  Planet,  quod  Gronovius  coniccit,  mibi  valde  improbabile  vide- 
tnr;  cogitavi  de  Momori  nomine,  auguna  Celtici,  qui  Luguduno 
nomen  dedissc  fevtur,  vide  Plutarchi  lib.  de  fluviia  cap.  6.  —  v.  19 
suspicor  sie  acribendum  ease :  quam  uUus  mttlio  perpetuarms  Lugw 
dunensis.  Lugudunum  totiuä  Galliae  caput  erat,  in  media  terra 
bitum,  biön^p  Koi  'ATp'TiJrac  ^VTeüOev  nie  öftoitc  fiepe,  ut  ait 
Strabo  p.  206 ;  vit!  ^imile  ergo  mihi  videtur,  mnlionea  Lugudunensea 
praeter  alios  multa  et  longa  itiaera  percurrisae.  —  v.  22  sqq.  oratio 
aensu  ipso  poetulnnte  sie  interpungenda  OBt:  ^lid  äiceret  {ac.  muc- 
murans),  nemo  inteUegebat;  iÜe  autem  Fctrim  duci  iubebat  (hoc 
significnbut  murmur  eins).  iUo  gestu . .,  quo  decoHare  homines  solcbat, 
iusserat  Uli  cdlitm  praectdi:  putares  omnes  iJlius  esse  hbertos,  adeo 
illum  nemo  curabat.  sie  (iistincta  verba,  nt  opinor,  nuUam  offendendi 
causam  praebent. 

Cap.  8  (B'  p,  223,  20)  membrorum  aequabilitas  inscite  turbata 
est,  quam  facili  coniectura  sie  restituemua  scribendo  Sloicas  quo- 
modo  potest  (sc.  ease)?  rotundus  est,  ut  ait  Varro,  sine  capile,  sine 
praeptitio.  sie  etiam  apparet,  Froraondi  coniocturam,  qui  v.  19  öc 
oöie  scribere  voluit,  abiciendam  esse,  —  v.  25  sq.  sie  acribi  debere 
credo;  Silanum  enim  generum  suum  occidil  —  oro  ^tey,  per  quid? 
sororem  eqs.  oro  te,  quod  orator  ad  Herculem  convei'bus,  ut  cetera, 
dicit,  0  dicendi  genere  aatis  noto  positam  est;  per  quid(hlä  X\\) 
hunc  scriptorem  eodem  iure  dicere  potuisse  credo,  qoo  Plinias  in 
opist.  VIII  10,  1  per  hoc  (ÖlÄ  ToOto)  diiit.    —  v.  28  recta  ratio  et 


J 


846        MCGertz:  adnotatiuuculae  crlticae  in  ApocolocjntosiD. 

usus  loquendi  mihi  postulare  videtur  ut  scribatur:  quare  enim^  tu- 
quü^  quaeso^  sororem  suam?  deinde  Buechelero  concedere  non 
possum ,  inde  a  verbis  quia  Itomae  ad  rem  prorsus  novam  oratorem 
transitum  facere :  nam  verba  quue  sunt  hie  nohis  curva  carriget  non 
alio  spectare  posse  mihi  videntur  quam  ad  id  ipsum,  quod  panllo 
ante  dictum  est,  Claudium  Tovem  paene  incesti  damnasse  et  pravos 
eius  mores  iudicio  suo  castigasse.  ued  si  haec  cum  praecedentibos 
cohaerent,  in  iransitu  aliquid  corruptum  esse  ceiium  est;  qaod  sie 
puto  emenduri  poäse,  ut  scribatur:  atqui  Romae^  inguiSy  m%ure$ 
mölas  Ungunty  modo  haec  verba,  quorum  sensus  sane  ambiguus  est, 
sie  enarremus:  alqui  Romae  alitcr  atque  Alhenis  et  Alexandriae 
iudicatur:  Romae  enim  omnes,  quod  ad  banc  rem  attinet-,  id  tantam 
faciunt,  quod  naturale  est  et  l'acile  ferri  potcst  coi  eDarrationi 
nihil  obstare  credo.  —  v.  33  constructio  vcrborum  vix  ferri  potest, 
sed  cum  Scheokelio  cölunt  ut  d^um  et  orant  sctibendum  esse  videtur. 

Cap.  9  (B'  p.  223, 37)  verba  quae  sunt  vos  mcra  tnapäUa  fecistis 
significant:  *vos  omnia,  quae  ad  bonum  ordinem  disciplinamque  per- 
tinent^  sursum  deorsum  fecistis.'  —  p.  224,  13  recipi  debuit  con- 
iectura  Schenkolii  Dispiier. 

Cap.  10  (B-  p.  224,  28)  e  cod.  Guelf.  suo  Joco  reoipiendum 
erat;  nam  suae  ad  sententiac  relatum  prorsus  supervacaneum  est, 
Joco  sine  suo  ferri  non  potest;  et  mendum  pervulgati  generis  est.  — 
p.  225, 1  B.  ipse  recte  fatetur  coniectaram  suam,  qua  soror  mea  pro 
sormea  scripsit,  nulla  alia  ro  quam  fucilitate  mutationis  commendari 
posse.  nihil  fuisse  viilctur,  cur  Augustus  hoc  loco  uUo  verbo  soro- 
rem suam  commemoraret;  et  coniectura  co  improbabilior  fit,  quod 
ea  reeepta  paene  necessario  verbum  quod  est  Graece  toUendum  est, 
quod  hoc  uno  loco  propter  verba  Graeca,  quae  sequuntur,  a  scriba 
aliquo  addiluni  esse,  cum  tot  aliis  locis  eodem  iure  addi  potuisseti 
parum  veri  bimile  Cbt.  mihi  in  mentem  venit  fortobse  simia  scri- 
bendum  esse  coque  verbo  Auguatum  tecte  Claudium  significa&:3y 
quem  illum  semper  imitari  studuibbe  constat  et  quem  paullo  post  tot 
annos  sub  suo  nomine  latuisse  dicit. 

Cap.  11  (B'  p.  225,  18)  recte,  ut  opinor,  Rosbbacbius  nuper 
Caput  apstuUt  scripsit;  deinde  quid  in  nominibus  plane  corruptis, 
quae  initio  versus  sequentis  ponuntur,  lateret,  Palmeius  egregie 
perspexit,  nisi  quod  in  litteris  extremis  sine  dubio  luirfcicula  con- 
cessiva  lutet,  quam  acgre  üe^^ideramus  et  quae  propter  similes  lit- 
teras  viciiius  dfcurtata  est;  scribo  igitur:  Crassum,  Magnumt  Sari' 
honiam^  TpcTc  Tpiuiv  dccapiujv  omnino^  fio&tVes /amcH  eqs.  — 
V.  24  de  verbis  quae  sunt  clarius  rcspondi  conCerri  veliin  locum 
Senccao  de  ira  III  24 ,  2 ,  {\\\i  et  clarius  veium  esse  et  quo  modo  in- 
te liegen  dum  bit  Ost  endet. 

Cnp.  1*2  (B-  p.  225,  37  sq.)  B.,  ut  opinor,  obiecti  defectu  ofien- 
sus  Mvrcurium  scribendum  esse  coniecit;  sed  nihil hac correctione 
proficitur.  neque  enim  facilius  subiecto  verbi  inicrrogat^  quod  sci- 
licct  Claudii  nomen  ebbe  debet,  curere  possumus,  neque  Claudius 


FGiesing:  verstärliiiDg  und  ablüäuiig  in  der  cohortealegiou.      849 

112. 

VERSTÄEKUNÖ  UND  ABLÖSUNG  IN  DER  COHOBTBN 
LEGION. 


Frnnz  FrSbÜcb  hat  vor  kurzem  den  bewei«  erbracht,  dasz  die 
bisher  unbestrittene  annähme,  in  der  acies  Caesars  hStten  die  takti- 
ttefaen  eiobeitea,  die  coborten,  gelrennt  von  einander  gekämpft  und 
znai  in  abstanden  von  coborten  fronten,  t^benao  aachlich  widersinnig 
sei,  wie  eie  jegliches  qu eilen mäezigen  anbalts  und  belege  entbehre.' 
er  Bchlieszt  sich  dabei  znnUchst  an  HDelbrUck  an,  der  in  srlnem  anf- 
sstze  'die  römiäche  manipulartiiktJk'  (hinter.  Zeitschrift  neue  folge 
XV  H.  '235  ff.)  die  ganite  bisherige  daratellung  der  manipulartaktik 
einer  durehgreifeniJen  kritik  unterwirft  und  dabei  auch  Intervalle 
von  munipeifrontl&nge  als  eine  unmSglichkeit  für  den  kämpf  zurUck- 
woisl.'  'eine  solche  gefechtstaktik  hätte  die  sofortige  zersprengung 
der  römischen  Schlachtordnung  zur  folge  gehabt.'  Frühlicb  wendet 
sich  sodann  gegen  die  drei  beweise  fUr  eine  regelmSszige  aufateUung 
der  cohorteu  mit  Intervallen,  welche  BOstow  (kriegfübrung  Caesars 
s.  44  ff.)  !iuä  Cai'^arij  eigner  darstellung  gefitaden  zu  haben  meint. 
ulle  drei  sind  ohne  zweifel  hinfällig:  sie  fiiszen  auf  falscher  erktärung 
einiger  steUen.  nirgend»  erwShnt  Caesar  etwas  von  cohorteninter- 
vallen  in  der  feldschlacht.  bei  spätem  findet  sich  durchaus  nichts, 
was  sich  mit  irgend  welcher  Wahrscheinlichkeit  auf  eine  solche  ge- 
fechtatuktik  deuten  liesze,  wie  eine  gründliche  prlifung  aller  sonst 
hierfür  angefühlten  Zeugnisse  beweist,  waren  ferner  Intervalle  in 
der  niauipiilflrlegiou  vor  beginn  der  eigentlichen  schkcht  notwendig 
zwis4:hen  den  einzelnen  manipeln  fUr  das  leichte  vor-  und  zurückgehen 
der  velites,  so  fiel  diese  hedingnng  fUr  die  Caesarische  legion  hinweg, 
da  deren  taktischen  einheilen  leichtbewaffiiete  reglementarisch  nicht 
beigegeben  sind,  die  durch  die  Intervalle  ansz üb ch wärmen  und 
zurückzugehen  bestimmt  wären,  damit  war  aber  auch  die  möglich- 
keit  für  die  cohortenlegion  auügescblossen ,  intervallc  zwischen  den 
cohorten  durch  leichtbewaffnete  auszufüllen,  wenn  der  kämpf  an  die 
eigentliche  acies  kam ,  ein  manSver  welches  für  die  manipularlegion 
hinreichend  belegt  ist  (Livius  XXIII  29 ;  Prontinus  strat.  II  3,  16). 
nachweisen  lassen  sich  fUr  Caesars  acies  nur  intervalle  zwischen 
centt-um  und  flUgeln^  wahrscheinlich  sind  sie  in  bescheidener  grösze 
auch  fUr  die  einzelnen  tegionen.  dos  zweite  treffen  erscheint  einzig 
und  allein  für  die  Unterstützung  und  abl{)sung  des  ersten  treffen»  be- 
stimmt; das  dritte  bzw.  das  vierte  hat  in  der  hauptaacho  flanken- 
und  rücken  an  griffen  zu  begegnen. 

'  fcstschrii't  Hei  pMbl.  kränzclieos  in  Züripli  zu  der  In  Z.  im  hsrbsl 
1887  tagendPD  ;H9n  veraamlung  dfutsther  phitologen  n.  Bohulmünner. 

*  aeine  ansieht  über  die  iDauipaliirtitktik  führt  Delbrück  noch  weite' 
aus   im   Hernips   XXI    s.   G6  ff,    'itie   itittnipiilBrlegion   und   die   Bvhlaolil 


I 


J 


848  HJMaller:  za  Lirius  [IS  7,  13J. 

mihi  Tidetur  ante  haec  verba  Ucunam  este  statuendam,  qDam  ad 
hibitis  iis,  quac  Caasius  Dio  dti  Une^tere  LX  22  et  3S  namt,  sie 
ferti  eaplei'i  poase  crediderira:  quem  Claudius  decoris  causa  mmorem 
fecerat  <^cum  celeris  aduUeris,  quamqitam  coacius  ab  ipso  veneraty  ad 
Messalhiam. 

Cap.  14  (B'  p.  227,  35)  B.  rette  aubiectum  seDtentioe  qaas 
est  advocalum  non  invenit  abeä8e  doh  posse  vidit;  sed  non  Claudnu 
ioBerenduDi  i'st,  verum  pronomea  Hie,  quod  post  litteras  prae- 
cedentea  ICTB  facile  intercidere  potuit,  et  quo  Claudius  t.  32  et  39 
signifieatur.  —  p.  228,  6  B.  verbo  conupta  egregie  efnendavit  et 
enarravit,  niai  quod  Don  safi^eud  nitn tum  addenduin  esse  reri  Bimilfl 
mihi  vidttnr,  —  ibd.  v.  11  spem  propter  verbn  sequenlia  «ine  effeetu 
lange  aptius  L-sse  quam  speciem,  quod  ß.  du  Scheffuri  coniectura  scrip- 
sit,  cum  Scbi/nkelio  credo;  sed  capidilalis  spem,  si  modo  Scripten 
Vera  est,  mire  a  scriptoru  dictum  esse  apparet,  cum  significetor  spes 
alicuius  valde  coacupitae  rei  adipiaceudaL-.  nihil  tarnen  mutaro  aadeo. 

Cap.  15  iB'  p.  228,  16)  admodum  probabile  mihi  videtur 
Palmeri  inventum,  orderet  pro  ourlfret  reponere  iubentia :  qua  enim 
audacia  bic  opus  erat?  veröuin  aequentem  üanum  esie  ß.  mihi  non 
perauaait:  nam  Claudiua  lusuro  similisülo  quidem  vocari  polerat, 
sed  non  itvm  scmper  pelenti  similis,  cum  re  vera,  non  Bpecie  tantum, 
tnloa  üemper  ptteret.  quare  hoa  versua  sie  ^cribendoB  nse  certo 
uredo  :  cumque  recoüedos  arder  et  miltere  talos  \  lusuro  similü  tem- 
per, sentper  repetentis  \  decepere  fldem,  —  Denique  v.  23  iStim 
non  cum  B.  delendum  esse  credo,  scd  potius  in  oHm  mutandom. 

Hauniae.  Mahtinus  Clarektiub  Gbrtb. 

(42.) 

ZU  LIVIÜS. 

1X7,  13  huiszt  es:  farluna  per  otunia  fiiimana ,  maximeimrtt 
bciliras  potens.  du  die  Verbindung  potens  in  aliquid  bei  Liviua  ohna 
bei«piel  ist  und  die  beiden  t^ati^gticdcr  per  ontnia  humana  und  m  re> 
Mikas  sich  schlecht  enlsprutben  (divs  kommt  deutlicher  cur  anachu- 
uug,  wenn  wir  für  obige  werte  einsetzen:  fortuna  cum  in  «miJbM 
rebus  huinanis,  htm  ttiaxime  in  res  bdlicas potens),  so  vermnta  ick 
dosic  in  re  bellica potem  zu  bchruiben  ist.  deruuadruck  inreMUea 
ist  bei  Liviua  =  in  re  militari  (zb.  IV  4,  41);  daher  Bcheint  main 
vorschlug  durch  folgende  Caeaanitelle  besUtigt  zu  werden :  bO.  VI 
30, 2  mitUum  cum  in  omnibiis  rebus,  tum  in  re  militari  polest  fortmmai 
man  vgl.  auch  Caesar  bc,  III  68,  1  fortuna  plarimim  poteat  n/mim 
reliquis  rebus,  ttivi  (iraccipue  in  bcllo.  dasi  tloi  worl  p 
c,  abi.  verbunden  wird,  braucht  eigentlich  r 
wurdL-n,  da  es  in  obigem  zusammenhange  atil,  quar  B 
bedeutet;  aber  i's  findet  sich  auch  pofcns  in  c.  abi.  zwvim 
XXVIIl  .12,  ü  undXLII  30,  8. 

Bkums.  HcBMAmi  <foi 


FGiesing:  veriUrktmg  und  «bLStnn^  in  d«r  oobortonlegion.     849 

118. 

TEBSTMEUNG  und  ABLÖSUNG  IN  DEB  COEOSSÜS- 
LEOION. 

Franz  Prßhlich  hat  vor  kurzem  den  beweis  erbraoht,  dui  die 
bisber  unbeBtritteDe  annabme,  in  der  acta  Ctteaars  bfttten  die  tskü- 
licfaen  einbeiten,  die  coborten,  getrennt  Ton  einander  gekämpft  and 
zwar  in  abständen  von  coborten fronten,  ebenso  sttoblioh  widanimiig 
sei,  wie  sie  jegliches  qnellenm&szigen  onfadta  nnd  belegs  entbehre.' 
er  Ecblieszt  sieb  dabei  zonBcbst  an  HDelbrflok  an,  der  in  seinem  anf- 
satze  'die  römiacbe  manipulartuktik'  (hiator.  zeitsobrift  neae  folge 
XV  s.  239  ff.)  die  ganze  bisherige  darstellung  der  manipalartsktik 
einer  durchgreifenden  kriUk  nnterwirfb  und  dtbei  anoh  intervalle 
von  manipeirrouLtSuge  als  eine  nnmOglichkeitfOr  den  kämpf  larOok- 
wei^t.  *  'eine  solche  gefechtstaktik  hStte  die  sofortige  zersprengni^ 
der  rämischen  Schlachtordnung  znr  folge  gehabt.'  Fzflhlich  wendet 
eich  sodann  gegen  die  drei  beweise  fOr  eine  regetmBsuge  an&telluag 
der  cohorten  mit  intewalleo ,  welche  B&stow  (kiiegfDfaning  Caesars 
a.  44  ff.)  iiüa  Cae^aiä  eigner  darstellung  gefunden  zn  haben  münt. 
alle  drei  sind  ohne  zweifei  binmilig:  sie  f^ien  anf  falscher  erUlrnng 
einiger  ütelleD.  nirgends  erwBbnt  Caes&r  etwas  von  oohorteiunter- 
vallen  in  der  feldschlacbt.  bei  spätem  findet  eich  durchaiu  nichts, 
was  sich  mit  irgend  welcher  Wahrscheinlichkeit  anf  eine  solche  ge- 
fechtistuktik  deuten  liesze,  wie  eine  gründliche  prUfung  aller  sonst 
hierfür  angefUbtten  Keagnisse  beweist,  waren  femer  Intervalle  in 
der  mauipulBrlegion  vor  beginn  der  eigentlichen  Schlacht  notwendig 
zwischen  lien  einzelnen  manipeln  fflr  das  leichte  vor-  und  zurBokgehen 
der  vdiles,  sn  fiel  diese  bedingung  fUr  die  Caesarische  legion  hinweg, 
da  deren  taktischen  einheiten  leichtbewadete  reglementarisch  nicht 
beigegeben  sind,  die  durch  die  intervalle  auszasch wärmen  und 
yiirUckzugehen  bestimmt  wären,  damit  war  aber  auch  die  mOglich- 
keit  für  die  cohortenlegion  audgescblossen ,  Intervalle  zwischen  den 
cohorten  durch  leichtbewaffnete  auszufallen,  wenn  der  kämpf  an  die 
eigentliche  acies  kam,  ein  manOver  welches  fBr  die  manipnlarlegion 
hinreichend  belegt  ist  (Livius  XXIIl  29;  Frontinus  strat.  II  3,  16). 
nachweisen  lassen  sich  fQr  Caesars  acies  nur  intervalle  zwischen 
centrum  und  Sügeln;  wahrscheinlich  sind  sie  in  bescheidener  grOsze 
auch  für  die  einzelnen  legionen.  das  zweite  treffen  erscheint  einzig 
und  allein  fUr  die  unterstBtzung  und  ablSsnng  des  ersten  trefFens  be- 
stimmt; das  dritte  bzw.  das  vierte  hat  in  der  hauptsache  flanken- 
und  rUckenongriffen  zn  begegnen. 

etil  In  Zflrich  an  der  tu  Z.  Im  herbst 
■■Ml«!       Q  n,  ichnlmloner. 

JalbrUek  aoob  weiter 
iion  nnd  die  eeUaelit 


850     FGieeing:  Verstärkung  und  ablösung  in  der  coliortcnlegion. 

Dies  sind  die  sichern  ergebnisse  der  nntersochnng  Fröhlichs. 
durch  sie  wird  also  das  bild  der  cohortenaufstellung,  wie  man  es 
bisher  zu  entwerfen  pflegte,  in  den  hauptzügen  zerstört,  dasz  nemlich 
die  cohorten  der  drei  trefi'en  unter  sich  durch  einen  ihrer  front  glei- 
chen Zwischenraum  getrennt  kämpften,  die  cohorten  aber  des  zweiten 
treffcns  auf  die  intervalle  des  ersten  eingedeckt  waren  zum  zwecke 
der  bequemen  und  schnellen  ablösung.  hier  sind  wir  aber  an  dem 
punkte  angelangt,  wo  nun  die  positive  aufgäbe  Fröhlichs  begann, 
an  stelle  des  zerstörten  ein  anderes  naturgemäszeres  bild  zu  zeichnen; 
mit  andern  werten,  es  war  vor  allem  die  frage  za  lösen :  wie  erfolgte, 
wenn  das  erste  treffen  jeder  legion  als  phalanz  kämpfte,  die  ablOsnng 
desselben  durch  das  zweite?  denn  ablösung  einzelner  cohorten  durch 
frische,  ebenso  wie  eines  ganzen  treffens  durch  das  andere  ist  nne 
nach  Fröhlich  von  Caesar  selbst  bezeugt,  ich  meine  nun,  bei  lOsung 
dieser  frage  ist  Fröhlich  gestrauchelt,  da  er  nemlich  einsieht,  dasi 
mit  dem  hineinführen  des  zweiten  treffens  in  das  erste,  wenn  anders 
intervalle  von  vorn  herein  nicht  da  sind ,  gewisse  Schwierigkeiten 
verbunden  sind,  nimt  er  an  dasz  dies  auch  nicht  die  gewöhnliche  art 
der  ablösung  gewesen  sei,  sondern  dasz  diese  wenn  irgend  möglich 
von  den  flanken  her  stattgefunden  habe,  ich  sehe  vorläufig  davon 
ab ,  die  Wahrscheinlichkeit  oder  unwahrscheinlichkeit  dieser  ansieht 
zu  erörtern ;  vorerst  ist  die  stelle  zu  prüfen,  auf  welche  Fröhlich  die- 
selbe gründet.  • 

Bei  Caesar  b,  c.  145  ist  die  rede  von  einem  gefechte  Tor  Derda, 
in  welchem  die  Soldaten  der  neunten  legion  aus  übergroszem  kampf- 
eifer  in  eine  schlimme  läge  geraten :  sie  haben  sich  nemlich  bei  der 
Verfolgung  des  fliehenden  feindes  bis  an  den  berg,  auf  welchem 
Ilerda  lag,  vorgewagt,  als  sie  sich  dann  zurückziehen  wollen,  greift 
sie  der  feind  von  seiner  begünstigten ,  höher  gelegenen  Stellung  an 
und  drängt  sie  auf  eine  schmale  terrasse  mit  steilen  Seiten  wänden : 
praeruptus  locus  erat,  utraque  ex  parte  directus  ac  t4intum  in  laiäudi- 
nem  patebat,  ut  tres  instrudae  cohortes  cum  locum  expiereni,  ut  neque 
subsidia  ab  lateribus  submUti  ncqn^  equiies  laboraniihus  usui  esse 
possent.  die  letzten  worte  sollen  nun  nach  Fröhlich  beweisen,  dass 
Caesar  immer  zuerst  eine  ablösung  von  den  flanken  her  versucht  habe. 
indes  jedermann  wird  einsehen ,  dasz  hier  gar  nicht  von  einer  Ab- 
lösung die  rede  sein  kann,  sondern  nur  von  einer  Unterstützung 
von  den  flanken  her.  wie  wäre  denn  die  sache  der  Caesarianer  in 
jenem  kämpfe  gefördert  gewesen,  w*enn  an  stelle  jener  drei  cohorten 
drei  ablösende  andere  in  jenes  defilee  eingekeilt  worden  wären? 
Caesar  spricht  einzig  und  allein  von  einer  Verlängerung  seiner  front 
und  von  einem  angriff  in  die  flanken  der  feinde,  um  den  in  jener 
enge  festgehaltenen  lufb  zu  schaffen,  es  ist  also  völlig  unberechtigt 
aus  dieser  stelle  irgend  welchen  schlusz  auf  die  art  der  ablÖsnng 
auch  in  andern  füllen  zu  ziehen,  spricht  aber  vielleicht  die  Wahr- 
scheinlichkeit für  eine  ablösung  von  den  flanken  her?  es  müste  sich 
dann  der  eine  oder  andere  flügel  der  ablösenden  abteilung,  je  nach- 


FQieaing:  Verstärkung  und  ablösnng  in  der  cohortenlegion.      851 

dem  dieee  von  der  rechten  oder  linken  flanke  vorgeführt  wird,  unter 
fortwährendem  kämpfen  an  der  feindliehen  front  entlang  schieben, 
bis  er  vor  dem  ihm  entsprechenden  öügel  der  abzulesenden  cohorte 
ankäme,  dieses  manöver  erscheint  FröhHch  für  jenen  Sonderfall, 
wo  die  front  nur  aus  drei  cohorten  bestand,  sehr  einfach;  es  hätten 
eich  also  die  ablösungen  von  beiden  flUgeln  her  l'/j  coii orten front- 
iBnge  kämpfend  seitwärts  zu  schieben  gehabt,  für  mich,  wie  für 
jeden,  wie  ich  meine,  der  sich  eine  klare  vorstelJuDg  von  dem  'nah- 
kämpfe'  gebildet  hat,  musz  schon  dies  als  unmöglich  erscheinen; 
dieses  hinziehen  an  der  front  ist  nur  für  sehr  kurze  strecken  denkbar 
nnd  erscheint  für  die  reserve,  die  möglichst  intact  auf  ihrem  platze 
ankommen  soll,  kaum  annehmbar,  aber  nie  nteht  es  nun  mit  dieser 
art  der  ablösung  für  ein  ganzes  beer?  diese  frage  wirftFr&hlich  seihst 
auf.  kommen  dann  die  äuszersten  flanken  der  ganzen  heeresaufstel- 
lung,  oder  die  zwischen  centrum  und  flUgeln,  oder  endlich  die  der 
einzelnen  Jegionen  in  Letracht?  Fröhlich  entscheidet  sich  fBr  die 
f  anken  zwischen  centrum  und  fiOgeln  —  weil  diese  am  besten  be- 
glaabigt  seien,  es  ist  aber  Fröhlich  bei  dieser  lösang  selbst  nicht 
geheuer  gewesen ;  deshalb  meint  er,  mit  Sicherheit  lasse  sich  diese 
frage  nicht  beantworten,  ich  glaube  indes,  die  antwort  ist  sehr  klar 
und  leicht  eine  solche  ablSsung  war  ein  unding  so  wie  so,  nur  er- 
scheint ihre  Unmöglichkeit  noch  deutlicher,  je  gröszer  maji  die 
treffende  heeresabteilung  annimt,  von  deren  Sanken  her  di 
zugeführt  werden  soll,  man  denke  sich  ein  centrum  oder  einen  flUgel 
von  zwei  legionen.  es  raUsten  also  die  flUgel  der  ablösungen  von 
beiden  flanken  her  volle  vier  cohortenfronten  sich  kämpfend  seit- 
wärts schieben,  bis  die  ablösnng  vollendet  wäre. 

In  dem  erwähnten  kämpfe  vor  Ilerda  tnusz  Caesar,  als  die  feinde 
wiederholt  frische  truppen  aus  der  stadt  vorschicken,  auch  seinerseits 
reserven  entsenden,  um  die  lie/bssi  abzulösen,  da  nun  die  sblösung  von 
den  flanken  her  nicht  möglich  war  des  boden&  halber,  scblieszt  Fröhlich, 
so  muste  sich  der  feldherr  anders  hehelfan,  dh.  die  reserven  direct 
nach  vorn  in  die  gefechtslinie  führen,  hierbei  aber  müssen  die  tak- 
tischen einheiten,  also  die  cohorten,  auf  jeden  fall  gewahrt  bleiben; 
das  ist  nach  Frölilich  ein  unumstöszliches  taktisches  gebot,  folglich 
könne  von  einem  durchziehen  der  einzelnen  rotton  des  zweiten  dorch 
die  des  ersten  treffens  keine  rede  sein,  vielmehr  könne  eine  cohorte 
des  zweiten  trefTens  immer  nur  zwischen  zwei  cohorten  des  ersten 
hineingeführt  werden,  eine  andeutung  dieses  Verfahrens  liegt  für 
ihn  in  der  gewöhnlichen  aufstellung  der  legion  ja  der  iriptex  acies, 
dasz  nemlich  auf  vier  cohorten  des  ersten  drei  des  zweiten  und  ebenso 
drei  des  dritten  treffens  folgten  {b.  c.  I  83,  2).  was  also  tbnn?  er 
musz  die  eben  begrabenen  Intervalle  zu  neuem  leben  erwecken ,  um 
die  cohorten  der  reserve  geschlossen  in  die  gefechtslinie  zu  bringen. 
solche  zwirichenrgume  zu  schaffen  erscheint  ihm  auch  sehr  leicht:  'es 
genügte  das  schlieszen  der  lüoke  zwischen  zwei  nebenmfinnern  *— 
diese  stehen,  wie  Fröhlich  annimt,  mit  msunsbreite  von  eiuandi 
6G 


J 


852     FGieiing :  yerst&rkung  und  ablÖBong  in  der  cohortenlegion. 

dh.  ein  scbritt  rechts  oder  links ,  am  ehesten  wohl  eine  gleichseitig« 
bewegung  Ton  beiden  flflgeln  jeder  cohorte  nach  ihrem  centmm  hin, 
um  zwischen  zwei  cohorten  des  ersten  treffens  ranm  für  eine  neae  in 
schaffen,  welche  natürlich  in  geschlossener  Stellung  einrfickte.'    ans 
der  nun  entstehenden  presslage  —  es  steht  jetzt  maDn  fUr  mann 
Schulter  an  Schulter  —  werden  die  kämpfenden  alsbald  erlGat;   es 
zieht  sich  nemlich  das  erste  treffen  kämpfend  zurück,    und    sofort 
dehnen  sich  nun  die  reihen  der  ablösung  nach  beiden  selten  hin  ans, 
um  die  entstehenden  lücken  auszufüllen,    ich  glaube  nicht,    dan 
Fröhlich  irgend  jemanden,  der  yon  den  evolutionen  der  trappen  eine 
ahnung  hat  und  nicht  nur  danach  urteilt,  ob  die  gedachte  bewegung 
auf  dem  Schachbrett  sich  bequem  erweist,  für  diese  seine  intervalla 
rediviva  gewinnen  wird,  ich  nehme  jene  Verdichtung  der  reihen  nach 
der  mitte  der  kämpfenden  cohorten  hin  als  möglich  an,  die  natflrliek 
erst  dann  geschehen  konnte,  wenn  das  zweite  treffen  dicht  auf  das 
erste  aufgeschlossen  hatte,  indes  sieht  man  nicht  ein,  warum  FrOblich 
nun  nicht  natürlicher  sich  die  sache  so  denkt,  dasz,  sobald  sich  die 
cohorten  des  ersten  treffens  durch  das  anschlieszen  nach  ihrem  oen- 
trum  hin  aus  einander  zu  schieben  beginnen,  sofort  die  leute  der  ab- 
lösung rotten  weise,  oder  mehrere  rotten  zusammen  in  die  entstehen- 
den, zunächst  kleinen  lücken  springen  und  so  fort  die  übrigen  rotten 
in  die  sich  yergröszemden  intervalle.    das  hätte  freilich  gegen  die 
correcten  bewegungen  des  exercierplatzes  verstos/en,  wäre  aber  jeden- 
falls praktischer  gewesen  als  dasz  jede  cohorte  der  ablösung  gedul- 
dig warten  mubte ,  bis  das  ganze  intervall  für  ihr  geschlossenes  ein- 
rücken da  war.  wie  nun  aber  weiter?  wenn  die  ablösung  vollständig 
eingerückt  ist,  so  sind  die  leute  beider  treffen  zusammengedrängt, 
aber  doch  nur  einen  augenblick  nach  Fröhlichs  bilde:  denn  alsbald 
beginnt  die  retirade  des  ersten  treffens;   nun  geschieht  eben,  was 
Caesar  laxare  manipidos  nennt:  die  ablösenden  nehmen  den  not- 
wendigen abstand  zum  kämpfe  und  decken  dadurch  sofort  den  räum, 
den  die  weichenden   cohorten  freigegeben  haben,    das  klingt  sehr 
einfach ,  und  WSoltau ,  der  in  seinem  aufsatze  'die  manipulartaktik' 
(Hermes  XX  s.  262  ff.)  eine  ähnliche  ablösung  für  die  manipular- 
legion   Delbrück  gegenüber  verteidigt;   behauptet  mit  recht,  das 
abstandnehmen  wie  das  anschlieszen  sei  ein  auszerordentlich  leichtes 
manöver  sowohl  von  der  stelle  aus  als  auch  in  schneller  bewegung.  er 
beruft  sieb  auf  eigne  erfahrung :  durch  die  gefölligkeit  mehrerer  offi- 
eiere,  die  ihre  abteilungen  diese  Seitwärtsbewegung  vor  ihm  haben 
ausführen  lassen,  hat  er  sich  von  der  leichtigkeit  dieses  manövers  mit 
eignen  äugen  überzeugen  können,  ich  will  es  ihm  gern  bestätigen :  diese 
bewegung  gehört  zu  den  einfachsten ,  die  auch  der  unglücklichste 
rekrut  begreift  und  befriedigend  ausführt,    indes  eine  condicio  sine 
qua  non  gibt  es  auch  für  diese  kinderleichte  sache.    nach  der  seite 
zu,  nach  welcher  abstand  genommen  werden  soll,  musz  freier  platz, 
gangbarer  boden  liegen ;  drücken  wir  es  recht  militärisch  aus,  es  darf 
an  die  betreffende  flanke  kein  defilee  anstoszen.  nun  zurück  zn  Früh- 


ablÖsang- 

FGiesing:  verbtärkung  und  ablösung  in  der  cohortenlegion.     853 

lichs  bilde  der  ablösung.  angenommen  die  retirierenden  cohorten 
sieben  so ,  dasz  ibr  erstes  glied  an  das  zweite  der  ablösenden  sich 
anscblieszt;  so  weit  sei  die  abzulösende  trappe 
fecbtend  zurückgegangen,  nun  wäre  es  ja  sehr 
leicbt ,  dasz  das  erste  glied  der  ablösung  sofort 
sich  lockerte  und  den  frei  werdenden  räum  abiaiösende 
deckte,  wenn  nur  6in  factor  nicht  wäre,  den  cohorte 
Fröblicb  ganz  vergiszt  —  der  böse  feind.  dieser  wird  wohl  kaum 
so  gutmütig  sein  stehen  zu  bleiben,  wenn  die  retirade  beginnt,  sondern 
er  folgt  natürlich  der  weichenden  truppe,  so  dasz  er  seinerseits  auf 
der  frühem  stelle  des  ersten  gliedes  des  abgelösten  ersten  tre£fens 
steht  und  so  für  die  ablösenden  cohorten  das  gewichtige  hindemis 
bilden  wird,  ihre  reihen  zu  lockern  und  den  räum  der  zurückgehenden 
zu  decken;  ebenso  wird  der  ungefällige  feind  bald  auf  der  stelle  des 
zweiten,  dritten  usw.  gliedes  stehen,  wenn  die  rückwärtsbewegnng 
nicht  aufhört,  die  ablösenden  cohorten  würden  also  hilflos  in  ihrer 
presslage  umklammert  und  die  ganze  römische  acies  zertrümmert 
worden  sein,  denn  werden  vielleicht  die  neu  eingerückten  cohorten 
den  feind  hindern  können  den  weichenden  nachzudrängen?  jene  be- 
finden sich  selbst  einem  gewachsenen  gegner  gegenüber  in  einer 
Stellung,  durch  die  sie  zur  defensive  verurteilt  sind,  da  sie  von  ihrem 
Schwerte,  zusammengedrängt  wie  sie  sind,  kaum  gebrauch  machen 
können;  sie  werden  also  not  haben  sich  ihrer  eignen  haut  zu 
wehren,  dabei  vergesse  man  auch  nicht  den  hier  sehr  wichtigen  um- 
stand, dasz  in  einem  solchen  falle  dem  feinde  alle  vorteile  der  offen- 
sive zufallen  müssen,  zugegeben  also  auch,  mit  hilfe  der  von  Fröhlich 
wiederbelebten  intervalle  gehe  das  einrücken  der  ablösung  ohne 
Störung  vor  >ich ,  das  herausziehen  der  abzulösenden  muste  die  hilf- 
los eingekeilte  reserve  dem  angriff  in  der  front  und  den  flanken  zu- 
gleich preisgeben  und  die  völlige  zersprengung  der  römischen  acies 
zur  folge  haben. 

So  hat  schlieszlich  Fröhlich  in  dem  positiven  teile  seiner  auf- 
gäbe unbewust  dasselbe  widernatürliche  bild  dieses  teiles  der  römi- 
schen taktik  aufgefrischt,  das  er  selbst  mit  fug  und  recht  erst  auszu- 
löschen bemüht  war.  sein  hauptfehler  liegt  in  der  Überschätzung  des 
taktischen  gesetzes  von  der  Währung  taktischer  einheiten.  es  ist 
eben  in  der  taktik  wie  anderswo  auch:  keine  regel  ohne  ausnähme. 
grundregeln  passen  auch  hier  auf  99  föUe,  nicht  aber  auf  den  hun- 
dertsten, und  es  ist  geradezu  allezeit  das  zeichen  eines  tüchtigen 
lührers  gewesen,  dasz  ihm  im  gegebenen  augenblicke  die  erkenntnis 
kam,  er  müsse  brechen  mit  einem  bisher  als  unantastbar  anerkannten 
geböte  der  taktik. 

Man  denke  nur  an  Xenophon,  um  in  bescheidener  sache  nicht 
gros/^es  in  ansprucb  zu  nehmen,  als  er  erkannte,  dasz  im  kämpfe 
gegen  die  Kolcher,  welche  die  höhen  des  passes  besetzt  hielten,  die 
phalanx  ohnmächtig  sei,  da  brach  er  kurz  entschlossen  mit  der  taktik 
der  altehrwürdigen  phalanx;  er  riet  die  truppen  in  einzelne  colonnen 


854      FGieeiDg:  verstärkuDg  und  ablÖsuDg  iu  der  cohortenlegion. 

aufzulösen,  die  getrennt  von  einander  eben  da,  wo  es  möglich  war,  den 
kämm  der  höhe  gewinnen  sollten  (anab.  IV  8^  9—19) ;  und  sieh  da^  was 
mit  der  alten  taktik  unmöglich  schien,  gelang  der  neuen  auf  das  beste* 
die  Vollkommenheit  der  neuem  feuerwaffen  zwingt  die  beere  unseres 
Jahrhunderts  immer  mehr  zur  aufgelösten  gefechtsart,  durch  welche 
die  ganze  taktik  vorhergehender  zeiten  umgeworfen  worden  ist.  allein 
gerade  im  entscheidenden  augenblicke,  wenn  die  massen  auf  einander 
prallen,  da  fallen  wieder  die  hauptgrundsätze  modemer  gefechta* 
Stellung,  die  intervalle  werden  ausgefüllt,  geschlossene  storm- 
colonnen  formiert ,  und  vorwärts  geht  es  in  dichtgedrängten  reihen 
trotz  massenlader  und  mörderischem  artilleriefeuer.  auch  in  anseim 
ezercierreglement  nimt  der  satz  von  der  Währung  der  taktischen  ein- 
heit  nicht  den  letzten  platz  ein ,  wie  er  überhaupt  aUezeit  eins  der 
obersten  gesetze  der  taktik  bleiben  wird,  allein  gesetzt  es  kommen 
reserven  einer  von  dem  bereits  zum  stürm  übergegangenen  feinde 
schwer  bedrängten  abteilung  im  letzten  augenblicke  zu  hilfe;  wie 
lächerlich  verkehrt  würde  es  da  sein^  wenn  die  einzelnen  compagnien 
des  vordem  treffens  sich  erst  zusaiiimenscbieben  wollten,  am  den  an- 
kommenden platz  zu  schaffen ,  damit  ja  die  taktischen  einheiten  ge- 
wahrt bleiben,  ja  sich  die  compagnien  nicht  vermischen,  hier  gibt 
es  nur  6in  gesetz:  zu  helfen,  wie  es  auch  immer  sei;  die  leate  der 
reserve  springen  in  die  gefechtslinie,  wo  sie  zuerst  ein  loch  finden, 
wenn  ich  mich  dieses  militärischen  kunstausdrucks  bedienen  darf. 
—  Mit  dieser  erfahrung,  meine  ich,  werden  wir  nun  auch  die  art  der 
ablösung  in  der  Caesarischen  acies  leichter  verstehen,  auch  in  ihr 
hat  die  taktische  einheit  nicht  immer  gewahrt  werden  können,  ich 
erinnere  nur  an  die  Nervierschlacht.  da  stellt  der  feldherr  seinen 
Soldaten  das  rühmliche  zeugnis  aus,  sie  hätten  aus  den  vorhergehen- 
den kämpfen  schon  so  viel  erfahrung  und  geistesgegenwart  ge- 
wonnen, dafrZ  sie  in  jenem  gefUhrlicheu  augenblick,  als  die  Nerrier 
heranstürmten,  ehe  noch  die  römischen  linien  standen ,  auch  ohne 
befehl  ihrer  vorgesetzten  das  notwendige  zu  thun  wasten.  and  dabei 
erwähnt  er  ganz  besonders,  dasz  die  von  der  schanzarbeit  abgeralenen 
bei  dem  ersten  besten  feldzeichen  eintreten,  um  sich  dem  feinde  ent- 
gegenzuwcrfen ,  und  nicht  erst  die  kostbare  zeit  angenutzt  yeratrei- 
chen  lassen,  indem  sie  ihre  eignen  adler  suchen,  von  Währung  der 
taktischen  einheit  ist  also  hier  keine  rede;  nein,  der  feldherr  rechnet 
es  den  seinen  geradezu  als  verdienst  an,  dasz  sie  sich  nicht  klein- 
lich an  den  Schematismus  des  reglements  binden,  man  wird  mir  hier 
einwenden ,  dasz  dies  ju  nur  unter  dem  druck  einer  besondern  Bei- 
lage geschehen  sei;  gewis,  allein  auch  jede  massenablösung,  db.  die 
ersetzung  eines  ganzen  treffens  durch  ein  zweites  könnte  immer  nnr 
durch  die  äuszerste  not  geboten  erscheinen. 

Wie  nun  Fröhlich  nur  ein  geschlossenes  vorführen  taktischer 
einheilen  in  die  gefechtslinie  zum  zwecke  der  ablOsung  sich  eon- 
struiert,  ebenso  müssen  nach  ihm  auch  bei  der  Verstärkung,  der 
zweiten  und  viel  häufigem  art  der  Unterstützung  des  ersten  trefiens» 


FGiesing :  Verstärkung  und  ablösung  in  der  cohortenlegion.     855 

die  taktischen  einbeiten  gewahrt  bleiben,  um  dies  möglich  erscheinen 
zu  lassen ;  musz  er  auch  hier  die  mitten  im  kämpfe  zu  bildenden 
intervalle  in  ansprach  nehmen,  die  Verstärkung  der  gefechts- 
linie  kann  nun  stattfinden  durch  Verlängerung  der  front  und  flan- 
kieren der  feindlichen  Stellung;  dann  sind  die  taktischen  einheiten 
mit  leichtigkeit  zu  wahren,  aber  es  gibt  noch  eine  andere  art  der 
Verstärkung,  das  densere  oder  densare  ordineSy  wie  es  Sallustius  und 
Livius  nennen.  Fröhlich  sagt  Über  diese  Verstärkung  s.  14 :  Mel 
häufiger  (als  die  ablösung)  fand  ohne  zweifei  die  Verstärkung  des 
ersten  treffens  durch  einführen  der  cohorten  des  zweiten  statt,  in 
welchem  fall  natürlich  von  den  beiden  vereinigten  abteilungen  zu- 
nächst in  geschlossener  Stellung  weiter  gekämpft  wurde,  dasz  eine 
solche  kampfesstellung  nicht  das  ideal  der  römischen  feldherrn  war, 
namentlich  nicht  Caesars ,  ist  begreiflich ;  sie  ist  immer  das  resultat 
einer  notlage,  und  um  eine  solche  handelte  es  sich  gewis  auch  in  dem 
kämpf,  dessen  Schilderung  das  fragment  Sallusts  entnonjmen  ist  .  . 
die  geschlossene  Stellung  konnte  natürlich  jederzeit  von  jeder  trappe 
und  jedem  treffen  auch  ohne  das  vorführen  von  reserven  gebildet 
werden.'  in  diesem  letztern  sinne  ist  das  densare  oder  comprimere 
ordines  überall  bei  Livius  zu  verstehen,  jenes  fragment  Sallusts,  das 
Fröhlich  hier  erwähnt^  hat  folgenden  Wortlaut:  iUe  festinat  suhsidiis 
principes  augere  et  densere  frontem  {hist.  II  fr.  100  G.),  jedermann 
wird  zugeben ,  dasz  es  mindestens  gewagt  ist  von  Fröhlich ,  seine 
auffassung  der  Verstärkung  mit  dieser  stelle  stützen  zu  wollen,  aus 
Livius  vermag  er  sie  nicht  zu  belegen ,  Caesar  selbst  aber  bezeichnet 
die  eng  geschlossene,  gedrängte  Stellung  stets  nur  als  eine  durch 
misgeschick  erzwungene,  nie  als  eine,  sei  es  auch  in  der  not,  ange- 
ordnete, eine  Verstärkung  also,  die  seine  gefechtslinie  zu  einer  zu- 
sammengekeilten, kaum  beweglichen  masse  umwandelte  —  und  auch 
das  konnte  ja  nur  erst  durch  ein  verzweifeltes  manöver  geschehen, 
durch  bildung  von  breiten  intervallen  einem  stürmischen,  hart  drän- 
genden feinde  gegenüber  —  eine  solche  Verstärkung  hätte  die  not 
nur  vergröszern  müssen,  was  aber  heiszen  einfach  jene  worte 
Sallusts  V  'die  zahl  der  im  ersten  treffen  stehenden  {principes  =  frons 
=  prima  acies)  vermehren  und  so  die  front  verdichten.*  durchaus 
fern  liegt  diesen  Worten  der  gedanke:  durch  hineinführen  der  cohor- 
ten des  zweiten  treffens  eine  enggeschlossene  phalanx  bilden,  vielmehr 
linden  die  worte  durch  folgendes  ihre  natürliche  deutung.  allmäh- 
lich musten  sich  im  hartnäckigen  kämpfe  die  reihen  des  ersten  treffens 
lichten  ;  es  entstanden  lUcken  zunächst  im  ersten  gliede.  so  lange  diese 
aus  den  hintern  gliedern  zugestopft  werden  konnten,  ohne  dasz  das 
treffen  zu  durchsichtig  wurde,  ergänzte  sich  das  erste  immer  aus 
dem  zweiten,  das  zweite  aus  dem  dritten  gliede  usw.  wenn  aber  auf 
diese  weise  die  letzten  reihen  aufgebraucht  waren,  so  dasz  die  nötige 
tiefe  der  Stellung  verloren  gieng,  so  musten  die  reserven  zur  Ver- 
stärkung geschickt  werden,  wie  einfach  ist  diese  art  der  Verwendung 
der  hintern  treffen!    die  zur  Verstärkung  bestimmte  abteilang  eilte 


856     FGiesing:  verBtärkuug  und  ablösung  in  der  coliorteDlegioii« 

an  die  bedrohte  stelle  und  verhielt  sich  nun  wie  vorher  die  bereits 
aufgebrauchten  letzten  glieder  der  gefechtslinie,  dh.  aus  den  reihen 
der  reserve  füllten  sich  nun  die  in  den  ersten  gliedern  entstehenden 
löcher.  auf  diese  weise  verdichtet  die  Verstärkung  zugleich  in  dop- 
pelter beziehung  die  front:  einmal  hilft  sie  die  sich  lichtenden  reihen 
wieder  füllen,  zum  andern  vergröszert  bie  die  tiefe  cler  gefechts- 
stellung.  hierdurch  übt  sie  zugleich  auch  einen  physischen  und 
moralischen  druck  auf  die  vordem  reihen ,  sich  yorzuachieben  und 
den  feind  zurückzudrängen,  sollte  nun  zugleich  auch  ein  engeres 
anschlieszen  der  rotten  an  einander  ja  einmal  nötig  bein,  so  kann 
dieses  manöver,  das  ich  schon  oben  ein  einfaches  genannt  habe,  jetzt 
mit  leichtigkeit  ausgeführt  werden :  es  wurde  dann  nach  der  miUe 
der  front  zu  der  abstand  von  mann  zu  mann  verkleinert,  jedenfalla 
aber;  wenn  nicht  das  andringen  des  feindes  von  deu  flanken  her 
dazu  zwang,  nie  so  sehr,  dasz  die  kampffähigkeit  der  truppen  yer- 
loren  gieng.  die  art  der  Verstärkung  der  gefechtslinie  ist  also  fttr 
alle  fälle  eine  so  einfache,  dasz  bie  kaum  zu  weitern  bedenken  an- 
lasz  geben  wird,  entweder  werden  hierbei  die  subsidia  als  Verlän- 
gerung der  front  an  den  flügeln  angesetzt,  so  weit  dies  geraten 
scheint,  oder  sie  werden  dem  feind  in  die  flanke  dirigiert,  um  von 
dort  aus  die  feindliche  Stellung  aufzurollen,  wenn  keins  von  diesen 
beiden  auskunftsmitteln  möglich  ist,  dann  tritt  da  wo  es  nötig  scheint, 
also  nicht  immer  auf  der  ganzen  linie,  das  densere  frontem  ein,  in 
dem  sinne  zunächst  verstanden :  die  gelichteten  reihen  durch  die  als 
letzte  glieder  aufschlieszende  reserve  ausfüllen  und  die  tiefe  der  auf- 
stell ung  vergröszern. 

Wie  aber  sollen  wir  uns  zur  frage  der  ablösung  stellen? 
intervalle  uls  regiemen tarische  bestand  teile  der  cicies  habe  ich  mit 
Fröhlich  verworfen  als  völlig  widernatürlich ;  nicht  weniger  unmög- 
lich erwiesen  bich  Fröhlichs  nur  für  den  zweck  der  ablösung  recon- 
btruierte  intervalle.  hier  wage  ich  es  nun  als  völlig  sicher  hinsu- 
stellen,  ohne  vorerst  auf  dab  ^wie'  der  ablösung  einzugehen:  dssz 
die  reserven  gar  nicht  für  die  ablösung  eincb  ganzen  tref- 
fen s  berechnet  gewesen  sind. 

Sehen  wir  zunächst,  wie  sich  Cae.*>ars  eigner  bericht  zu  dieser 
annähme  stellt,  es  kommt  hier  in  der  hauptbache  nur  eine  stelle  in 
betracbt,  die  von  Fröhlich  dazu  benutzt  wird  zu  beweisen,  dasz  unter 
den  defcssi,  welche  Caesar  nblöben  lUszt,  nicht,  einzelne  kämpfer,  aon- 
dein  immer  die  ganze  truppe,  dh.  die  gefechtslinie  gemeint  sei.  in 
der  bchilderung  der  bcblucht  von  rhur>alus  rühmt  Caebsr  in»be«on< 
derr  (lus  verdienet  seines  vierti'U  tretl'ens.  dieses  wirft  die  gefUrcbtete 
reiterei  des  l'ompeju.'i,  die  eben  im  begriff  ist  die  ofiene  rechte 
iiuuke  der  Cac^uriauer  zu  umfassen,  und  kommt  nun  seinerbeits  den 
Pompe jauorn  in  deu  rücken,  du  heiszt  Cb  weiter  (&.  c.  III  94) :  eodem 
tempore  tcrtiam  aciem  Caesar ,  qnae  quieta  fuerat  et  ad  id  tempus  loco 
tenucrat,  jn-ocurrere  iusait.  ita  mm  rcrefites  aique  inicgri  defessis 
üHCCcssIs^'irnt,  njit  auicm  a  ttrgo  adorinniur^  snAinerc  Pompciani  non 


FGiesing:  Verstärkung  und  ablösung  in  der  cohortenlegion.     8&7 

potuerunt.  dieses  dritte  treffen  aber  besteht  nur  aas  zwei  cohorifm 
für  jede  legion.  die  dritte  cohorte  ist  demselben  zur  bildung  jenes 
vierten  treffens  entzogen  worden,  das  zweite  treffen  wird  von  Caesar 
7ar  nicht  erwähnt;  der  grund  ist  klar  zu  erkennen.  Pompejus  bat 
15000  legionssoldaten ,  Caesar  nur  22000.  das  zweite  treffen  muste 
ilso  gleich  bei  aufstellung  der  (icies  in  der  gefechtslinie  verwendung^ 
änden ,  es  steht  mit  dem  ersten  treffen  jeder  legion  in  6iner  front, 
iamit  die&e  in  ihrer  ausdehnung  der  der  Pompejaner  entsprechen 
soll,  ea  standen  also  von  anfang  an  sieben  cohorten  jeder  legion  im 
vordertreffen,  zur  ablösung  nun  der  defessi  dieser  sieben  cohorten 
werden  in  jenem  entscheidenden  augenblicke  die  zwei  cohorten  dea 
dritten  treffens  vorgeschickt,  dasz  hier  nicht  an  ablösung  ganzer 
cohorten  oder  gar  des  ganzen  treffens  gedacht  werden  kann,  geht 
nuä  dem  zahlen  Verhältnis  klar  hervor,  die  reserve  verteilt  sich  hinter 
die  front  auf  die  stellen,  wo  die  reihen  am  meisten  gelichtet  sind, 
und  tritt  in  derselben  weise,  wie  wir  es  bei  der  Verstärkung  geschil- 
dert haben,  an  stelle  der  defessi^  welche  sich  hinter  die  front  zurück- 
gehen, also  gerade  an  dieser  stelle  ist  es  ganz  offenbar,  dasz  unter 
den  defessi  nur  einzelne  leute,  nicht  ganze  cohorten  oder  gar  die  ganze 
Lruppe  im  vordertreffen  gemeint  ist.  ebenso  verhält  es  sich  mit  der 
ablöäung  der  defessi  im  kämpfe  vor  Ilerda:  augebatar  iUis  (hostibf4$y 
copia  atque  ex  castris  coJiartes  per  oppidum  crebro  suhmUtebantur ,  tU 
integri  defessis  succederent.  hoc  idem  Caesar  facere  cagebatu/r^  ut 
summissis  in  eundem  locum  cohortibtis  defessos  reciperet.  dasz  hier 
am  allerwenigsten  von  einer  ablösung  durch  geschlossene  abteilun- 
gen,  die  in  rasch  gebildete  intervalle  eingerückt  wären,  geredet  wer- 
den kann,  habe  ich  schon  erwähnt;  dies  war  unmöglich  wegen  der 
enge  des  kampfplatzes.  erfahren  wir  doch  von  Caesar,  dasz  ohnehin 
schon  die  seinen  den  feindlichen  geschossen  infolge  ihrer  engen  stel- 
lung  fast  hilflos  preisgegeben  sind:  hoc pugnabatur  loco  et  propter 
angustias  iniquo  et  quod  sub  ipsis  radicibus  montis  constiterant  ^  ut 
nuUiim  frustra  telum  in  eos  mitteretur.  da  hätte  doch  sicher  ein 
engeres  zusammenschlieszen  der  schwerbedrängten  zu  ihrem  ver- 
derben ausschlagen  müssen,  auch  hier  also  ist  zunächst  unter  den 
defessi  nicht  die  ganze  abteilung  zu  verstehen,  sondern  eben  nur  das 
was  auch  die  form  allein  besagt,  die  kampfunfähigen;  Caesar  sagt 
eben  selbst:  ut  summissis  in  eundem  locum  cohoriibus  defessos 
recipcrct^  nicht  aber  defessas.  Fröhlich  meint  freilich,  das  ab- 
lüben  einzelner  hätte  ein  beständiges  vor-  und  zurückgehen,  also 
l^'eiadezu  eine  auflösung  jeder  gefechtsordnung  zur  folge  gehabt. 
diese  meinung  ist  völlig  irrig.  Einmal  ist  diese  frage  ganz  unab- 
hängig von  der  nach  der  ablösung  überhaupt:  denn  ersetzung  des 
einzelnen,  des  in  den  ersten  gliedern  ermatteten  oder  gefallenen  aus 
den  darauf  folgenden  reihen  muste  immer  in  der  gefechtslinie  statt- 
finden ,  ohne  dasz  an  ablösung  des  ersten  treffens  noch  gedacht 
wurde ;  dieser  Wechsel  ist  also  ein  unvermeidlicher,  zweitens  aber 
kann  diese  einzelablösung  der  gefechtsordnung  durchaus  nicht  ge- 


858     FGieeing:  Terstärkung  und  ablOeung  in  der  cohortenlegion. 

fährlich  werden,  so  lange  die  tiefe  der  Stellung  noch  nicht  za  durch- 
sichtig ist.   die  leute  des  zweiten  gliedes  standen  im  kämpfe  natar- 
gemäszer  weise  auf  den  interyallen  des  ersten,  die  zur  bequemen 
handhabung  der  wa£fen  nötig  waren,    das  zweite  glied  secundiert 
so  zu  sagen  dem  ersten,  wie  einfach  war  es  also,  dasz  ein  mann  ans 
jenem  in  dieses  einsprang  und  die  sache  seines  ermatteten  oder  ge- 
fallenen Vordermanns  übernahm!     nun  wird  niemand  behaupten 
können,  dasz  durch  das  aufschlieszen  und  die  Verwendung  der 
reserve,  wie  ich  sie  dargestellt  habe,  dieser  Wechsel  gefthrlioher 
werde,    ich  musz  mich  hier  in  einzelnem  wiederholen;  indes  der- 
artige fragen  lassen  sich  auf  dem  papier  eben  nur  mit  gröster  aoa- 
führlichkeit  erörtern ;  praktisch  wäre  die  sache  sehr  schnell  ad  ocolos 
zu  demonstrieren,  die  reserve  ersetzt  also  zunächst  die  verbrauchten 
letzten  glieder  der  cohorten  des  ersten  treffens  und  kommt  dann 
allmählich  vor  den  feind.  gesetzt  aber  den  fall,  die  reserven  kommen 
erst  in  einem  augenblick  an,  wo  eine  ganze  abteilung  auf  das  tiefste 
erschöpft  ist,  so  ist  hier  auch  ein  rasches  eingreifen  der  ablOsung 
das  denkbar  einfachste,    auf  dem  ezercierplatze  wtlrde  man  wahr- 
scheinlich am  correctesten  so  verfahren  sein,  die  noch  übrigen  glie- 
der des  ersten  tre£fens  mit  ausnähme  des  zweiten  gliedes  nehmen, 
sobald  die  ablösung  heran  ist,  Vordermann  auf  das  erste  glied; 
mittels  der  hierdurch  geöffneten   wege  gehen  die  ablösenden  ab- 
teilungen,   ebenfalls  mann  auf  mann  eingedeckt,  bis  unmittelbar 
hinter  das  zweite  glied  vor;  ist  dies  geschehen,  so  springen  die  lente 
des  letztern  ebenfalls  hinter  ihren  Vordermann  des  ersten  gliedes 
und  ziehen  sich  nun  mit  dem  dritten,  vierten  usw.  gliede  rasch  hin- 
ter die  front  zurück,    die  vorderste  reihe  dann  aus  dem  kämpfe  in 
ziehen  ist  sehr  einfach ;  es  geschieht  dies  entweder  durch  allmähliche 
ersetzung,  wenn  noch  frische  kräfte  in  derselben  vorhanden  sind, 
die  erst  ihre  Verwendung  finden  müssen,  oder  aber  auf  das  einfachste 
und  schnellste,  indem  das  zweite  glied  durch  die  intervalle  des  ersten 
sich  auf  den  feind  wirft,    so  reglementmäszig,  wie  ich  es  eben  ge- 
schildert habe,  ist  natürlich  die  ablöäung  einer  ganzen  abteilung  im 
kämpfe  selbst  nicht  vor  sich  gegangen ;  die  uccuratesse  des  exercier- 
piatzmanövers  wird  beeinträchtigt  worden  sein;   sicher  aber  blieb 
die  Schnelligkeit  der  ausführung  dieselbe  oder  wurde  noch  erhöht 
in   der  beschreibung  auf  dem  papier  freilich  erscheint  fast  jede 
änderung  einer  aufstellung  umständlich  und  zeitraubend,  die  bei 
einer  gut  geschulten  truppe  kaum  mehr  als  secunden  in  ansprach 
nimt.    anderseits  lassen  sich  theoretisch  evolutionen  als  ungemein 
einfach  darstellen  (wie  zb.  jenes  intervallbilden  mitten  im  kampfe)| 
die  in  Wirklichkeit  unausführbar  sind,  unser  verfahren  der  ablOsang 
wird  von  dem  augenblick  an,  wo  die  reserve  auf  die  gefechtslinie 
aufgeschlossen  hat,  in  läng.stens  einer  minute  beendet  gewesen  sein* 
dabei  bietet  sich  dem  feinde  keine  günstige  lücko,  keine  linke  oder 
rechte  uebenabteilung  wird  auch  nur  einen  augenblick  eingeengt 
und  in  dem  freien  gebrauche  der  Waffen  verhindert,  keine  flanke 


FQieeing:  veratärkuüg  und  ablÜBUng  in  der  cohortenlegion.      859 

wird  dem  angriff  der  feinde  preid gegeben,  femer  wird  jedes  gefähr- 
liche hin-  und  herziehen,  jeder  bedrohliche  Wechsel  in  den  eigent- 
lichen kumpFgliedem,  den  beiden  ersten,  sö  weit  dies  überhaupt 
möglich  ist,  vermieden,  da  man  natürlich  auch  nicht  alle  reserre- 
abteilitngen  auf  6inmal  in  die  gefecbtslinie  warf,  sondern  nur  dort- 
hin in  einzelnen  momeuten  des  kampfea  sie  dirigierte,  wo  sie  er- 
forderlich wurden,  so  wurde  die  stabilitSt  des  ersten  treOena  noch 
Yergrtiszert  und  vor  allem  dem  feinde  nicht  das  Schauspiel  einer 
massanretirade  geboten ,  die  immer  anfeuernd  anf  den  feind  wirken 
muste.  der  letztere  grund  fSUt  fUr  eine  aeit  entwickelter  taktik,  wie 
es  die  Caeaarische  gewesen  ist,  schwer  in  das  gewicht,  während  er 
zb.  fUr  die  erste  zeit  der  manipularlegion  gewis  audzer  acht  zu  lassen 
ist.  deshalb  stimme  ich  auch  nicht  mit  Delbrück  Uberein,  wenn  er 
die  von  Liviu^  Till  8  verborgten  ab iQsungs Intervalle  ftlr  die  erste 
Jugend  der  manipulartaktik  verwirft,  freilich  darin  hat  er  und  Soltau 
recht:  kampfintervalle  in  der  gefechtsünie  hat  es  auch  fUr  die 
manipularlegion  nicht  gegeben,  allein  kein  bestimmter  grund  ist 
vorhanden,  inlcrvalle  fUr  das  zweite  treffen  dem  cSassiscben  zeuguid 
gegenüber  zu  leugnen,  durch  diese  zog  sich  das  erste  treffen  im  ge- 
gebenen ougenblicke  zurück,  freilich  hatte  diese  Bache  ihre  groszen 
Schwierigkeiten  und  bot  nur  zweifelhaften  erfolg;  indes  die  neue 
taktik,  die  reserveformationen,  vor  allem  deren  leichte  Verwendung, 
war  noch  in  ihren  anfangen  und  litt  deshalb  an  manchem  mangal, 
der  erst  durch  ftllmahlicheerfalirungen  oder  durch  das  taktische  genie 
eines  tüchtigen  feldherm  beseitigt  werden  konnte,  dies  geschah, 
als  nach  den  furchtbaren  niederlagen  im  Hunnibaliscben  kriege Scipio 
das  römische  heer  reformierte,  weiter  mich  über  diese  frage  hier  zu 
verbreiten  verbietet  mir  der  zugemessene  raum^indes  hofie  ich  sie 
in  kurzem  bei  der  besprechung  der  schlachten  von  Cannae  und  Zama 
klar  stellen  zu  können.  —  Was  ergibt  sich  nun  aus  unserer  betrach- 
tung  für  die  art  der  ablGsung  in  der  cohortenlegion? 

I)  Die  beiden  einzigen  stellen  in  Caesars  bericht,  die  man  als 
beweis  einer  'treffenablösung'  beigebracht  bat,  schlieszen  dieselbe 
für  die  betreffenden  kllmpfe  geradezu  aus. 

'2)  Gegenüber  dem  unmÖglicheB  einrücken  geschlossener  tak- 
tischer einbeiten  in  erst  zu  bildende  intcrvalle  der  gefechtalinie  er- 
weist sich  das  aufsehlieszen  der  reserve  auf  die  letzten  glieder  des 
Tordertreffens  und  von  da  aus  ihr  allmähliches  oder  schnelles  vor- 
rücken  durch  die  intcrvalle  zwischen  den  einzelnen  rotten  als  das 
einfachste,  an  keiner  nennenswerten  Schwierigkeit  sich  atoszende 
manöver. 

Bei  dieser  art  wird  einmal  an  keinem  punkte  der  kämpf  unter- 
brochen oder  die  truppen  in  der  fUhrung  der  waffen  gehemmt,  ferner 
an  keiner  stelle  die  acks  dem  feinde  zum  eindringen  geöffnet  und 
endlich  die  zur  Unterstützung  des  ersten  treffen»  bestimmte  reserve 
nicht  auf  Einmal  aufgebraucht,  sondern  nach  und  nach  da,  wo  es 
nötig  ist,  verwendet. 


860     FGiesing :  verbtärkuug  und  ablÖBung  in  der  cobortenlegion. 

Zum  schluuz  noch  einige  bemerkungen  für  diejenigen,  die  auch 
nach  den  arbeiten  von  Delbrück  und  Fröhlich  yon  dem  glaaben  an 
kampfintervalle  von  frontenlttnge  zum  zweck  der  ablösong  nochnicht 
ganz  bekehrt  sind,  selbst  wenn  man  diese  regelmässigen  Unter- 
brechungen der  gefechtsliniü  für  die  manipuUrlegion  zugeben  wollte, 
da  bei  der  geringen  ausdehnung  der  manipelfront  auch  jene  Inter- 
valle nicht  beträchtlich  sein  konnten  —  Livius  selbst  nennt  den  ab- 
stand ein  modicum  spatium  —  selbst  dann  musz  man  eine  solche 
taktik  für  die  cobortenlegion  entschieden  abweisen,  für  den  nah- 
kampf  einer  in  fortlaufender  front  aufgestellten  ctdes  musz  sich  not- 
wendig das  taktische  gesetz  ergeben:  je  gröszer  die  taktischen 
grundeinheiten  werden,  desto  widersinniger  erscheinen 
regelmäszig  wiederkehrende  kampfintervalle  von  fronten- 
länge  dieser  einheiten. 

Auszerdem  wissen  wir  für  die  zeit  von  Trajan  ab  bestimmt, 
dasz  die  cohorten  des  vordertreffens  in  geschlossener  front  dh.  ohne 
cohortenintervalle  gefochten  haben,  wäre  aber  in  der  kaiserzeit  eine 
so  einschneidende  änderung  in  der  taktik  vorgenommen  worden, 
dasz  man  von  der  aufgelöbten  oder  zerstreuten  gefechtsart  znrfick- 
gekehrt  wäre  zu  der  geschlossenen ,  pbalanzartigen ,  so  würde  diese 
neuerung  als  die  bei  weitem  wichtigste  von  allen  sicher  sich  irgend- 
wo erwähnt  finden,  da  man  abar  nie  von  der  aufstellnng  in  fort- 
laufender front  zu  einer  andern  übergegangen  war,  so  konnte  man 
auch  nicht  zu  jener  zurückkehren. 

Wer  sich  ferner  in»  gedächt nis  zurückruft,  mit  welch  peinlicher 
Sorgfalt  in  jedem  kämpfe  Caesar  auf  die  Sicherung  der  flanken  seiner 
aufdtellung  bedacht  war,  wie  sollte  der  glauben  können,  dasz  derselbe 
feldherr  die  flankea  jeder  taktischen  einheit  dem  feinde  preisgegeben 
und  bo  eine  gefahr,  die  er  an  zwei  punkten  vermeiden  wollte,  an 
vielleicht  zwanzig  andern  stellen  verachtet  hätte?  man  könnte  viel- 
leicht einwenden,  für  die  deckung  der  flügel  der  einzelnen  cohorten 
bei  gesorgt  gewesen  durch  dichtes  aufschlieszen  des  zweiten  treffene 
auf  die  intervalle  des  ersten,  so  dasz  das  erbte  glied  des  zweiten  treffens 
fast  in  gleicher  höhe  mit  dem  letzten  der  gefechtslinie  gestanden 
hätte,  allein  zu  jeder  zeit,  im  beere  Caesars  ebenso  wie  hentCi 
haben  zwei  hauptforderun^en  für  die  aufstellung  der  reserven  ge- 
golten :  ^'inmal  müssen  sie  allerdings  in  solcher  nähe  des  vordertreffims 
ihren  platz  erhalten,  dasz  sie  im  rechten  augenblicke  zur  unterstütsang 
oder  ablösung  eiutreflfeu  können;  anderbcits  aber  sollen  sie  durch  ihre 
aufstellung  vor  ihrem  eingriflf  in  das  gefecht  möglichst  gegen  die  ge- 
schobse  des  feindes  gedeckt,  vor  Verlusten  gesichert  sein,  diese  zweite 
forderung  bedingt  also  eine  gewisse  entfemung  der  reserve  von  der 
gefechtslinie.  in  dem  beere  der  alten  konnte  dieser  abstand  natür- 
lich geringer  sein  als  in  un&erm  heere  und  auch  im  offenen  geUtaida 
auf  ein  sehr  geringes  mabz  beschränkt  werden  ]  immerhin  aber  mnsie 
ein  gewisbcr  abstund  da  sein,  ein  unmittelbares  aufschlieaaen  der 
cohorten  dc&  zweiten  treffens  auf  die  intervalle  des  erbten  hätte  die 


FGiesing;  Verstärkung  und  ablöBung  in  der  coh orten! egion.      861 

reserve  hilflos  den  feindlichen  fernwaffen  preisgefiebei).  als  Caesar 
in  der  Nervierscblacbt  von  dem  eiegTMchen  linken  Hügel  zum  rechten 
kommt,  ist  die  zwölft«  und  siebente  logion,  die  hier  der  Übermacht 
der  Nervi  er  gegen  II  b  erstefa  en ,  der  Vernichtung  nahe,  beide —  sie 
stehen  in  einiger  entfernung  (non  magno  iniervallo)  von  einander 
—  sind  von  den  Nerviem  in  der  front  und  in  den  flanken  Kugieioh 
angegriffen,  und  schon  droht  die  gefahr  auch  im  rocken  der  römi- 
schen stellnng,  da  ein  teil  der  Nervier  sich  des  rSmischen  lagera  be- 
mächtigt hat.  da  entcbeint  im  letzten  augenblicke  der  feldherr; 
seinem  perEÖnlicheD  mnte  und  beispiele  glückt  ee  das  treffen  heniu- 
stellen;  darauf  gibt  er  den  beiden  legionen  befühl  eich  allmShliob 
einander  zu  nShem,  natürlich  zunächst  deshalb,  um  den  fsind  wenig- 
stens aus  je  (-iner  flanke  der  beiden  legionen  zu  drängen.  CuesHr  selbst 
bezeichnet  us  ala  gegen  alle  taktische  regel  verRtosiend ,  dasE  die 
legionen  getrennt  von  einander  bätteu  kämpfen  müssen  infolge 
des  stOrmiscben  and  Oberraecbenden  angriffs  der  feinde,  auch  der 
unbedeutende  abstand  zwischen  der  zwölften  und  siebenten  legion 
erscheint,  also  irregulSr,  der  rümischen  laktik  nicht  entsprechend, 
nur  durch  die  not  des  angenhiicks  geschaffen,  war  aber  ein  mäsziges 
inlervall  zwischen  den  einzelnen  legionen  eines  Hügels  oder  dea  cen- 
trumsgeföhrlieb,  um  wieviel  mehr  hatten  es  dann  reget  mfiszig  wieder- 
kehrende Intervalle  von  ungelähr  60iiieteni  zwischen  den  einzelnen 
cohorten  sein  mUssen ! 

Wie  aber,  iVagt  man,  ist  jene  wunderliche  ansieht  von  einer 
zerrissenen  front  der  cohortenlegion  entatandenV  verschiedenes  hat 
offenbar  hier  zusammengewirkt,  da  in  der  normal  auf  Stellung  der 
legion  im  ersten  treffen  vier,  im  /weiten  und  dritten  je  drei  cohortan 
standen,  so  conslruieil*  man  sich  fUr  das  bequeme  einrücken  der 
hintern  trnppenjene  drei  festbleibenden  Intervalle,  ohne  an  das  wider- 
sinnige der  Sache  zu  denken,  die  linien  zu  dieser  scheinbar  so  nator- 
gemUsien  xeichnuug  bot  vor  allem  die  falsch  verstandene  stelle  des 
Livius  Vin  8.  ferner  verleitete  zu  jenem  Irrtum  auch  eine  unklare 
Vorstellung  von  dem  unterschiede  zwischen  pbnlanit  und  acies.  dar 
festgeschlossenen  colonne  oderphnlnni  stände,  so  meinte  man,  in  der 
acies  die  aufgelöste  oder  zerstreute  gefecht-ordnung  gegenüber,  nicht 
darin  aber  besteht  dieser  unterschied,  dasz  jene  eine  ununt«rbt-ochene, 
diese  eine  durch  viele  regelrnttsiige  Zwischenräume  zerrissene  li&ie 
darstellte  —  das  wäre  wahrlich  für  den  kämpf  mann  gegen  mann 
eine  klägliche  neuerung  in  der  taktik :  vielmehr  int  der  foi-tsehritt, 
den  die  manipulartaktik  macht,  Einmal  der,  dasz  der  verband  der 
acies  lockerer  trt ,  dh.  dasz  die  völlig  entwickelte  römische  acies  zu- 
sammengesetzt ist  ans  kleinem,  leicht  wieder  von  einander  lösbarra 
taktischen  einheiten  und  dasz  sie  dadurch  beweglicher,  wandlunga- 
fähig  und  so  für  jedes  gelSnde  verwendbar  wird,  ein  vorteil  den 
Polybios  XVIII  31  u.  32  besonders  hoch  anschlägt;  zum  andern 
nber  stützte  sie  sich  auf  starke,  an  bestimmten  punkten  aufgestellte 
re?.ervtn,  die  sehne!!,  ohne  dasz  der  kämpf  eine  Unterbrechung  er- 


j 


862    HStendiDg:  zu  Giceros  Cato  maior  [§  58].  —  WSchmits:  lAkdonAm^ 

litt,  dem  feinde  entgegen  geworfen  werden  konnten,  wenn  [das 
Yordertreffen  in  bedrängnis  geriet  oder  doch  die  Sache  nicht  snr 
entscbeidung  bringen  konnte,  endlich  ist  sicher  auch  nicht  ohne  ein- 
flasz  gewesen  ein  falscher  vergleich  mit  der  zerstreuten  gefechts- 
ordnnng  unseres  Jahrhunderts. 

Dresden.  Friedrich  OiESiifo. 


113. 

ZU  CICEEOS  CATO  MAIOR. 


§  58  ^\>%  haheant  igüur  arma^  sihi  eguaSj  sibi  hastas^  aibi  davam 
et  püam,  sihi  natationes  atque  atrsus,  nohis  senibus  ex  Jusumibus 
mfdtis  ialos  rdinquant  et  tesaeras;  id  ipsum  utrum  (Variante  umtm) 
lubehitj  qtwniam  sine  iis  beata  esse  seneclus  potest.  Sommerbrodt  und 
Meissner  streichen  die  ganze  stelle ,  Lütjohann  erkl&rt  sie  zwar  fBr 
echt,  glaubt  aber  dasz  sie  fälschlich  an  diesem  ort  eingereiht  sei.  da* 
neben  schlägt  Sommerbrodt  als  mögliche  correctur  vor:  sibi  habeani 
.  .  cursuSy  quoniam  sine  eis  beata  esse  senectus  poiest;  nobis  semibus 
ex  lusionibiis  muUis  id  ipsum  tmum  ialos  rdinquant  et  iesseras, 
Eraffert  setzt  hinter  igitur  noch  iuvenes  ein ,  was  bei  der  einfacbheit 
des  Zusammenhangs  schwerlich  nötig  ist.  schwierig  sind  nur  die 
Worte  id  ipsum  utrum  (variante  unum)  lubebit,  Naack  hat  für 
utrum  deshalb  uicumque  vermutet,  offenbar  will  aber  Cicero  sagen, 
dasz  nicht  alle  greise  das  Würfelspiel  zur  Unterhaltung  nötig  haben, 
da  ja  viele  edlere  beschäftigung  finden;  deshalb  scheint  mir  ein- 
facher und  angemessener,  wenn  ich  ut  cuique  lubebit  schreibe,  für 
den  ausdruck  vgl.  Phü,  1,  33  quod  cuique  Übet;  de  domo  sua  37  iä 
cuique  äliquid  accid4irit\  pro  r.  Deiot.  26  ut  volet  quisque. 

Würzen.  Hermann  Steüdiho. 


(80.) 

LACTORATES. 

Als  Völkerschaft  werden  die  Lactorates  nicht  blosz  an  den  (obaa 
s.  615)  von  GZippel  angegebenen  stellen,  sondern  auch  in  den  Tiro- 
nischen  noten  erwähnt,  und  zwar  in  einem  bei  G ruter  s.  136,  2 
mit  Puicoli  beginnenden  und  s.  145, 1  mit  Transpadanus  schlieszen- 
den  Verzeichnis  geographischer  noten.  daselbst  findet  sich  s.  142,  3 
bei  oinem  inchy graphischen  schriftbilde,  welches  die  bestandteile 
L(a)CTis  enthüll,  das  interpretament  Laduratis^  wozu  die  hsa.  der 
notoncommontare  die  Varianten  Ladoraiis  und  leduratis  darbieten. 
schon  ITFKopp  erklärte  in  der  palaeogr.  crit.  II  s.  540,  dasi  dai  bei 
Plinius  n.  h.  IV  108  stehende  Laiusates  in  Ixidorates  oder  Ladwraies 
zu  verbessern  sei. 

KÖLN.  Wilhelm  Scbmits. 


LOurlitt:  geaen  ueitatn  epiettil&rur 


GENEBA  USITATA  EPiaTÜLARDM. 


Seit  ich  meine  Buffassang  über  die  eotstehung  der  Ciceronischen 
briefHamlung  nusrubrlich  in  meiner  dis^ertation  (Göttingen  1S79) 
Torgfefaagen  habe,  ist  für  diese  manche,  gegen  sie  nicht  6ine  stimme 
Unt  geworden  und  der  versuch  unterblieben,  die  frUhern  hypothesen 
Ton  PHofmann  und  BNake  wieder  ins  leben  zu  rufen,  ich  darf  daher 
mein  ergebnis  in  der  bauplasche  als  gesichert  betrucbten.  seitdem 
habe  ich  es  mir  angelegen  sein  lai^sen,  bedenken,  welche  im  einzelnen 
noch  von  den  recensenten  geltend  gemacht  worden  waren,  zu  be- 
seitigen' und  berichtigungen  zu  geben,  durch  die  jedoch  die  grand- 
snscbauung  nicht  erschüttert,  sondern  erst  recht  gestutzt  wurde, 
auch  das  folgende  '^oU  der  weitem  Aufklärung  des  schwierigen  pro- 
blems  dienen,  wo  jede  directe  Überlieferung  fehlt,  da  müssen  wir  auch 
scheinbar  geringfügigen  beobachtungen  wert  beilegen ,  die  sich  aus 
einem  ntudium  der  samlung  seibat  ergeben. 

Die  frUhern  versuche  die  Ordnung  der  blicher  innerhalb  der 
eptsftdac  ad  fam.  als  ursprünglich  und  TOm  berauageber  beabsichtigt 
za  erweisen  haben  sich  als  fruchtlos  ergeben,  wir  haben  vielmehr 
anzunehmen,  dasz  die  libclti  einzeln  in  die  Öffentlichkeit  gegeben 
wurden,  dies  liesz  sich  besonders  an  buch  XIII  nachweisen,  welches 
mit  seinen  79  empfehlnngsbriefen  ein  ganzes  für  sich  von  anbeginn 
an  gebildet  haben  musz.  ich  halte  noch  an  meiner  Vermutung  fest, 
dasz  es  schon  im  sommer  710/44  von  Tiro  unter  Cieeros  äugen 
herausgegeben  worden  nnd  dasz  darauf  die  bekannte  stelle  ad  Atl. 
XVI  5.  ö  za  beziehen  sei:  mearum  episttilarum  nuUa  esl  ilvvayioytj*^ 
sed  habel  Tiro  inslar  septuaginta,  et  quiäem  sunt  a  fe  quaedam  sumen- 
dac.  cas  ego  oportet  perspiäam,  anrigam;  tum  denique  edcntwr. 
die  eigenart  dieser  briefsamlung,  die  fast  gleiche  zahl  {instar  septua- 
ginta und  79)  und  besonders  der  umstand,  dasz  b.  XIII  nur  solche 
empfehlungabriefe  enthält,  welche  vor  abfassung  obiger  worte,  vor 
a.  d.  VII  Idu6  Quinctiles  710/44  geschrieben  sind,  rechtfertigt  diese 
beziehung  (diss.  s.  H  ff.),  es  schien  aber  bisher,  als  ob  sich  Cicero 
darauf  bescbränkt  habe,  nur  diese  gattung  der  unverfönglichen 
empfeblungsbriefe  bei  lebzeiten  als  eine  art  'briefsteller  für  die  feine 
Reit'  bcraoszugeben.  diese  annähme  wird  erschüttert,  wenn  sich 
noch  anderwärts  bUcher  nachweisen  lassen,  die  nicht  nur  nach  den 

I  Herliner  philol.  woohensclirift  VII  n.  28  s.  891  ff.;  Programm  des 
HtegHtzcr  pronjmnBBiumB  1888;  auch  jshrb.  1880  a.  63Ü  ff.;  Pliilol. 
Klipp!.  IV  a.  B0&  ff.  '  WBH  Cioaro   noler   ciuer   cuvaxuJT^  veratand, 

t'clic  Hiia  ad  All.  IX  13,  3  bervor,  wo  er  >ich  auf  t^ioe  vollBtUndige 
zuisminetiBtGniin^  der  von  Atlicas  in  IX  10  erteilten  riitsclilSga 
nit  den   »urteil  beruft:  awayrnyi)  eontiliorum  tuarum  non  etl  a  me  eolleela 


,   seä  magii  ad  c 


:  vollständige  Bamlnng:  die 


1 


864  LGurlitt:  genera  usitat«  epistularum. 

empfllngern,  sondern  auch  nach  dem  genus  episttdarum  geordnet  sind 
und  sich  dadurch  als  mustersamlungeu  erweisen,  ich  hatte  schoii 
früher  darauf  hingewiesen  (diss.  s.  29),  dasz  buch  VI  eine  solcbe 
Sonderstellung  einnimt,  da  in  ihm  mit  unverkennbarer  absieht  trost- 
briefe  (1—8.  10.  14.  20.  21.  22)  und  glflckwunschbriefe  (11.  18. 
15.  17.  18)  vereinigt  sind,  dasz  eine  solche  gnippiemng  ganz  nach 
dem  Systeme  Ciceros  wSre,  ist  mir  erst  später  aufgefallen.  Cicero 
spricht  sich  nemlich  mit  groszer  klarheit  in  einem  briefe  an  P.  Nigi- 
dius  Figulus  (ad  fam.  IV  13  a.  708/46)  über  die  verpchiedenen 
genera  episttHarum  aus:  quaerenti  mihi  iamdiu^  quid  ad  ie poiiasi' 
mum  scriberemy  non  modo  certa  res  nu/7^i,  sed  ne  genus  quidem 
Jüterarum  usitatum  veniehat  in  mentem.  unam  enim  pariem  et  «ofiMe- 
tudinem  earum  episfularum^  quibus  secundis  rebus  uti  soleba- 
muSy  tempus  eripuerat  perfeceratqu^  fortuna,  ne  quid  tibi  täk  jcn- 
bere  possem  auf  omnino  cogitare,  rdinqxiebaiur  friste  quoddaim  et 
miserum  ethis  temporibus  consenfaneum genus  litierarum;  id  quoque 
deficiehat  mcy  in  quo  debebat  esse  auf  promissio  auxilii  ailicuius 
aut  consolatio  dolor is  fui.  quod  poUicerer,  non  erat . .  (§  4)  etyo 
hoc  ereptum  est  litierarum  genus.  reUquum  est  uf  consoler  et  ad- 
feram  rationes,  quibus  te  a  molestiis  coner  abducere  •  •  (§  6)  redeo 
igiiur  ad  id,  iä  iam  tibi  etiam  poUicear  ali^id  usw.  dazu  kommt  ein 
zweiter  brief  an  C.  Scribonius  Curio  {ad  fam.  II  4)  ans  dem 
j.  701/53,  in  dem  es  ähnlich  heiszt:  epistularum  genera  müUa  esse 
non  ignoras,  sed  unum  illud  certissimumy  cuius  causa  inventa  res  ipsa 
esty  ut  certiores  faceremus  absentcs,  si  quid  essd^  quod  eos 
sdrc  aut  nostra  aut  ipsorum  interesset^  .  .  reliqua  sunt  epistularum 
genera  duo^  quae me magnopere delectant :  unum  familiäre  ei  ioeo- 
sum,  alterum  severum  et  grave  .  .  (§  2)  utar  ea  dausula  qua 
söleo,  tcffue  ad  Studium  summae  laudis  cohortabor. 

Danach  stellt  sich  folgende  gruppierung  der  briefe  dar: 
I  epistuloe  quibus  certiores  fncimus  absentes. 

IT  genus  familiäre  et  iocosum,  quo  secundis  rebus  uti  solemus. 

III  genus  sevrrum  et  grave,  triste  et  miserum. 

a)  promissio  auxilii,  cohortatio. 

b)  consolatio  doioris*,  rationes  adferuntnr,  quibu8  a  mole- 
st iis  abducatur. 

(IV  epistuhie  commendaticiae  ) 
glilckwunschbriefe  sind  jedenfalls  zu  dem  genus  grave  zu  reebnen, 
und  e>  fcichoint  daher  in  der  Ordnung,  dasz  wir  sie  in  b.  VI  mit  der 
grnppo  III  '•,  mit  tro>t-  und  o ^mahnung^ brief on,  ver^-inigt  finden,  wir 
haben  hier  also  thatsächlich  im  gegensatz  zu  den  meisten  Übrigen 
nur  nach  den  adressaten  oder  nach  chronologischen  gesichtspnnkten 
geordneten  büchern  eine  gruppe  inhaltlich  verwandter  briefe,  wie 

'  (IffrHolbe   ffcdanke  ad  (J.  fr.  I  1,  87.  *  mit  diesem  fallen  an- 

ffaiiiineu  die  kInf?e)>riot*o  und  vorwurfsvolle  briefe,  in  denen  gleieh- 
flam  trost  und  geuugthuung  erbeten  wird. 


LGurlitt;  geaera  OEitata  epUtularani.  865 

in  b.  SIII.  dasselbe  gilt  aber  wohl  auch  —  was  bisher  meines 
Wissens  noch  nicht  ausgesprochen  worden  ist  —  für  das  b-  Y.  die 
21  briefe  dieses  baches  sind  an  zwülf  verschiedene  empfUnger  ge- 
richtet und  erstrecken  sich  auf  eine  zeit  von  17  jähren  (692/62 — 
709/45).  sie  gehören  silmtlich  dem  gemis  scvervtn  an,  ebenfalls  ohne 
strenge  Scheidung  in  dessen  Unterabteilungen. 

Inhalt  der  briefe  des  buch  V: 

1.  Q.  Metellus  beklagt  sich,  dasz  Cicero  seinen  bruder  befeinde. 

2.  C.  rationes  adfert,  qnibuB  Metellnm  ab  bis  molestiis  abducat. 

3.  Metellus  dankt  daffir. 

4.  C.  macht  Metellus  vorwtlrfe  propier  tHmuiatwm  imimi'/m  und 
bittet  um  beistand. 

b.  C.  macht  dem  0.  Antonius  vorwürfe,  dasz  er  gegen  ihn  un- 
dankbar sei. '' 

6.  C.  klagt  dem  Sestius  'tarn  välde  esse  mviaiam  voktntaiem''  eins. 

7.  C.  macht  dem  Pompejas  vorwürfe,  dasz  er  ihm  nicht  zu 
seinem  consulate  glück  gewünscht  habe. 

8.  rationes  adferuntur,  um  die  zwischen  Cicero  und  M.  Lioinius 
CrasBoa  eingetretene  Spannung  zu  beseitigen. 

9.  VatiniuB  beklagt  sieb  über  seine  nidersaoher  und  bittet  Cicero 
um  seine  anwaltschaft. 

10  u.  11.  anhangsbriefe  dazu. 

12.  C.  bittet  Luecejus  seiner  in  seinem  gesch ich ts werk  rühm- 
lich zu  gedenken. 

13.  klagebrief  an  denselben  (§  5  qvanlum  potero  me  ab  omni- 
hus  molestiis  et  angoribiis  abducam). 

14.  trostbrief  des  Luecejus  (§  2  doleo,  quia  doles  et  angere). 

15.  0.  klagt  (§  1  Ülius  tanti  vulneris  quae  remedia  esse  dehebant, 
ca  nvlla  sunt). 

16.17.  18.  trostbriefe  bei  iodesföUen  an  Titius,  Sestius,  Fadius. 

19.  ermahnungsbrief  an  Eufus. 

[20.  C.  an  denselben.    Inhalt  mehr  eriählend.J 

21.  trost-  und  ermahnungsbrief  an  Mescinius. 

Unleugbar  liegt  hier  eine  absichtliche  gruppierung  der  briefe 
vor,  einesamlung  von  tadelnden,  ermahnenden,  tröstenden 
briefen,  also  jene  guttung,  bei  der  es  besonderer  vorsieht  und  kunst 
bedarf,  um  dos  empfSngera  empfindungen  nichtzu  verletzen,  bei  der 
jedes  wort  sorgsam  erwogen  und  auf  die  Stellung  und  Stimmung  des 
empf^ngers  bemessen  werden  musz.  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  das» 
sich  Cici^ro  gerade  von  diesen  briefen  den  Wortlaut  aufbewahrt  hatte, 
sei  es  dasz  er  sie  erst  im  concept  ausarbeitete,  sei  es  um  sieh 
nötigenfalls  auf  den  Wortlaut  berufen  zu  können,  oder  weil  er  an  den 
briefen  selbst  groszes  gefallen  fand. 

^  aiiBilriicklich  sagt  er  daaz  dieser  brief  uicht  ala  'enipfehlaagB- 
brief  (für  Ätticn»)  aafsufsBBen  Bei:  etH  ilatHeram  nulla*  ad  te  litteran 
miitere  niti  comintndaliciai  .  ,  lamen  .  .  aliguid  mi/d  icribendum  phlatii. 


J 


866  LGorlitt :  genera  mitata  epi£taiAniia. 

Gleich  buch  Xlii  enthalten  die  büdier  Y  und  VI  keine  briefe, 
die  fiber  mitte  710  44  hinaasreichen,  ich  yermnte  daher  dasz  auch 
sie  damak  von  Tiro  zosammengestellt  imd  bald  nach  b.  XIH,  welches 
den  anÜEUBg  machte,  als  *briefmoster'  noch  znCiceros  lebzeiten  heraus- 
gegeben worden  sind,  früher  hielt  ich  bnch  V  gleichsam  fOr  einen 
supplementband,  in  dem  nachträglich  gefundene  briefe  zusammen- 
getragen wären,  es  ist  gewis  ansprechender,  wenn  wir  jetzt  diese 
samlang  ernster  und  znm  teil  sehr  diplomatischer  briefe,  die  an 
mftnner  wie  Cn.  Pompejus,  C.  Antonius,  M.  Crassus,  Q.  Metellas 
gerichtet  sind ,  als  eine  erste  blüteniese  ansehen ,  worin  sich  der  ge- 
wandte diplomat  selbst  als  meister  der  ernsten  briefgattang,  des 
genas  severun^  grate,  triste,  misemm  darstellte,  wenn  darunter  auch 
einige  briefe  vorkommen,  die  nicht  ganz  streng  in  diese  gattung passen, 
so  ist  das  auf  die  absieht  zurückzuführen ,  ohne  not  briefe  an  den- 
selben empfänger  nicht  zu  trennen,  es  finden  sich  nirgend  wieder 
briefe  an  dieselben  männer,  an  welche  die  briefe  der  bücher  V  und  VI 
gerichtet  sind.  *  die  hier  vorliegenden  scheinen  also  den  ganzen  Vor- 
rat, den  Cicero  noch  von  den  betreffenden  briefschaften  besasz,  aus« 
gemacht  zu  haben. 

Consequenter  weise  müsten  wir  nun  annehmen,  dasz  Cicero  auch 
für  das  genus  familiäre  et  iocosum  eine  kleine  mustersamlung  heraus- 
gegeben hätte :  dann  wäre  der  nach  seinem  System  ausgearbeitete 
'briefsteiler'  fertig  gewesen. 

''  die  aDgeblichen  vier  bücher  ad  Pompeium,  von  denen  Noniiu  spricht, 
hat  es  nie  gegeben:  vgl.  Berliner  philol.  Wochenschrift  VII  n.  28  s.  6S3ff. 

Steglitz.  Ludwig  Gcrlitt. 


(103.) 

ZUM  IRREALIS  PRAETERITL 

Wenn  PStamm  oben  s.  776  behauptet,  dasz  in  der  constmction 
der  acc.  c.  inf.  auch  für  den  conj.  imperf.  des  nachsatzes  zu  einem 
irrealen  bdingungssatze  die  form  -urum  fuisse  eintreten  müsse,  so 
kann  ich  die  bierfür  beigebrachten  beispiele  keineswegs  als  evident 
anerkennen,  dasz  auch  die  form  -^rum  esse  irreal  gebraucht  wird, 
beweist  Cic.  de  domo  s%m  73  ostendit,  nee  stare  potuisse  rempublieam^ 
si  ego  non  fuissem,  nee  futuram  esse  uüam,  si  non  redissem^ 
und  ebd.  1)6  dico  .  .  me  vidisse,  si  vicissemy  tenuis  rei  pMieste 
reliquias,  si  victus  essem,  null€is  futuras,  sc.  esse,  denn  dasi 
beim  inf.  fut.  act.  esse  wegbleibt,  ist  die  regel  —  bei  Cicero  geschieht 
dies  etwa  bei  zehn  inf.  fut.  act.  neunmal  —  aber  niemand  wird  in 
dem  letzten  beispiel  fuisse  ergänzen  wollen,  hier  sind  also  zwei 
fälle,  wo  als  irrealis  praet.  nicht  die  form  -urum  fuisse ,  sondern 
urum  esse  steht,  was  Stamm  für  unmöglich  erklärt. 


AProcksch :  zum  irrealiB  praeteriiL  867 

Was  aber  die  von  demselben  zum  belege  fttr  seine  behanptimg 
beigebrachten  drei  beispiele  ^langt,  so  Übersetzt  Etthner  de  fin* 
Y  31  inteUegendum  est,  haec  fpsa  nfmia  in  quSbusdam  futura  non 
fuisse^  nisi  qaaedam  essent  modica  nakira:  'man  musz  begreifen, 
dasz  selbst  dieses  übermasz  des  gef&hls  bei  einigen  nicht  wttrde 
hervorgetreten  sein,  wenn  nicht  ein  gewisses  masz  davon  natttr- 
lieh  wäre',  und  diese  Übersetzung  bringt  den  gedanken  klarer  und 
richtiger  zum  ausdruck,  als  wenn  msoL  fitura  fiHsse  einfach  «»  essetii 
setzt ;  es  ist  also  hier  kein  irr.  praei.  anzunehmen,  ebenso  übersetzt 
Kühner  die  zweite  von  Stamm  angefahrte  stelle  de  not.  d,  1 122  ne 
Tiomines  quidem  censetis,  nisi  imbeoüU  esseni^  futuros  teneficos  e^ 
henignos  fuisse  folgendermaszen :  *meint  ihr,  auch  menschen  wür- 
den  ohne  schwäche  nicht  wohlthfttig  und  gütig  gewesen  sein  .  .?' 
und  jedenfalls  ist  es  auch  hier  nidit  zwingend,  fuhuras  (wisse  für 
directes  essent  zu  erklären,  die  dritte  stelle  endlich ,  die  Stamm  für 
;äeine  neue  regel  anführt,  seheint  dieselbe  noeh  weniger  zu  beweisen, 
Livius  II 28,  3  si  essent  in  re  pubUca  magishraiuSf  nMum  futurum 
fuisse  Bomae  nisipuhUcum  concüiumi  denn  meines  erachtens  heiszt 
das:  Venn  es  wirkliche,  energische  consuln  gübci  dann  würde  es 
zu  keiner  andern  versamlung  gekommensein/  ich  sehe  also  auch 
hier  futurum  fuisse  als  irr.  praeteriti  an.  somit  beweisen  alle  drei 
von  Stamm  angeführten  beispiele,  auf  die  er  eine  neue  regel  gründet, 
nicbtS;  weil  in  allen  dreien  fidtunim  fuisse  als  irr.  praet.  erUftrt  wer- 
den kann  und,  wie  ich  glaube,  musz. 

Von  den  98  föllen,  in  welchen  nach  meiner  beobachtung  Cicero 
die  form  -urum  fuisse  überhaupt  anwendet,  habe  ich  nur  6inen  gefun- 
den, der  für  Stamms  neue  regel ,  ich  sage  nicht  spricht,  sondern  zu 
sprechen  scheint,  denn  epist,  lY  9,  2  an  |  qui  in  &e0o ,  cum  ommwm 
nostrum  coniundum  esset  pericuktmy  suo  .  .  consiUo  uteretur  (Pom- 
pejus),  eum  magis  communem  censemus  in  victoria  futurum  fuisse 
.  .  et  qui  nee  te  consute  tu/um  sapientissimum  eonsiUum  seoutus  esset^ 
nee  .  .  vohis  auäorihus  uti  voluerü^  nunc  omnia  tenentem  nosbras 
sententias  desideraturum  censes  fuisse?  scheint  allerdings  das 
nu7ic  ein  desideraret  in  der  directen  rede  zu  fordern;  sieht  man  aber 
genau  hiu;  so  wird  man  eine  Vermischung  zweier  zelten  anzunehmen 
haben,  und  der  gedanke  ist:  si  vidor  vvverety  non  desideraret^  sed  victus 
et  mortuus  est]  dafür  tritt  ein:  etiam  si  viäus  et  martuus  non  esset^ 
non  desideramsset . .  er  würde  unsem  rat  nicht  begehrt  haben. 

Wäre  es  nicht  besser,  ehe  man  neue  regeln  aufstellt,  die  dann 
leider  allzu  leicht  eingang  in  die  lehr-  und  Übungsbücher  finden,  man 
sammelte  erst  den  stoff  vollständig  und  prüfte  die  einzelnen  stellen 
genauer? 

Eisenberg.  August  Pbook80H. 


67 


REGISTER 

DER  IM  JAHRGANG  1888  BEURTEILTEN  SCHRIFTEN. 


Kita 

C,  Cichorius:  de  fastis  consularibus  antiqaissimis  (Leipzig  1886).  .  44 
K.  Manitius:  des  Hjpsikles  Schrift  Anaphorikos  kritisch  behandelt 

(Dresden  1888) 761 

JS.  J.  Müller:  L.  Annaei  Senecae  oratorum  et  rhetomm  sententiae 

divisiones  colores  (Wien  und  Leipzig  1888) 878 

A.  Waliz:  Oeuvres  d^Horace.  Edition  classique  (Paris  1887)  ...  69 
Zeitschrift  der  Vereins  zur  erforschung  der  rheinischen  geschichte 

und  altertümer  zu  Mainz.    III  4  (Mainz  1887) 189 


SACHREGISTER. 


ac  und  atque  vor  consonanten  171  ff.  Augustodunum         (rhetoreoBohole ) 

711  f.  719  ff. 

Achilleus  829  ff.  Ausonius  79  f.  338  f. 

öxpi  and  fi^XP^  ^®^  Xenophon  745  ff.  Avienus  {ora  maril.)  347  ff. 

j4e8iit  7  f.  biblische  parallelen  zu  Homeros  15  ff. 

•ai  in  vcrbalformen  elidiert  744  Boethius  [de  syltog,  categ.)  710 

Aineias  Taktikos  811  byzantinische  hexameter  578  ff. 

alter  771  f.  Caesar  67  f.  (6.  Galt.)  77  ff.  776.  864. 

dvoTiedvai  555  f.  861.  (h,  rto.)  850  ff.  856  f. 

antbologie,  griecb.  353  ff.  lat.  695  f.  Cato,  gründnngsjahr  Roms  S73  ff. 

Apollinaris  »idonius  79  f.  Catullus  483  ff.  777  ff. 

Archilochos  680  Charisius  401  ff. 

Aristophanes    245  ff.     (Ach.)     648.  Chorikios  von  Qaza  654 

(schol.)  472  chronicon  paschale  789  ff. 

Aristoteles  (rhetorik)  681  ff.  (poetik)  chronologisches     340    ff.    (griech.) 

102  ff.  529  ff.  (röm.)  299  ff.  789  ff.  8SS  ff. 

Arrianos  114  f.  Cicero   132  ff.   170  ff.  (p.  r.  iMoi.) 

arznoikunde  im  alt  153  ff.  364  ff.  137  ff.  398  ff.  {de  nai.  d,)  481  f. 

Aäinins  PoUio  368  ff.  (de  dh.)  769.  [Cato  m.)  862.  (epirl.) 

*A9f)vai  3  ff.  863  ff.  {epUt.  ad  Br.)  179  ff. 

Athonaios  113  cognomina,  lat.  45  f. 

atque  und  ac  vor  consonanten  171  ff.  cohortenlegion  849  ff. 

711  f.  ConcoiiDütiacus  613  ff. 

atqui  176  ff.  cor  771 

*ATTiKr)  3  ff.  Cornelius  Nepos  706  ff. 

attisches  recht  473  ff.  culturgcschichte    des     Hom.    seit- 

iinguralwescn     der    Römer    380  ff.  alters  793  ff. 

544  ff.  Cumae  (gründungsieit)  840  ff. 


Curtias  Bofn»  711  f. 

DeiDon  1!3 

DenioBtheDe«   (Olynth.)  512.   [gegen 

Theokrineaj  473  ff. 
DictyB  830 

dies  fatti  und  Tiffaiü  833  ff, 
Diodorot  von  Sikelien  114.  613  ff. 
DioQjEioB  TDD  Euboia  119  ff. 
Diopyaios  v.  Halik.  (arcb.j  46.  644ff. 

(rhel.)  649  ß. 
Dioa;aio8  Periegetex  525  ff. 
Diphilos  (ftrzt)  364  ff. 
Dlylloa  1!»  ff. 
Donatiannt  404  i'.  437  ff. 
doppelgTÜnduug  vod  eolanten  345  ff. 
doinnrua  701  ff. 
ebbe  nad  Sat  822  ff. 
eCXui  ttUiu  tkKui  iXXiu  738  ff. 
Empedofeles  4'24  f. 
endeiiis  478  ff. 
Ephoros  341  ff. 
^TnTpaqKil  der  llom.rhapsodien  577  ff. 

810  f. 
-ette,  ortsnamea  aat  8  ff. 
etiom  771 
Eamenina  718  ff. 
Eupborlon  UG  ff. 
Enripides  660  ff.  (Andr.)  167  ff.  (tpb. 

Aul.)  666  ff.  [RbesoB]  667  ff. 
Eatropiaa  386  f. 
fatti  cfmuiares  44  ff, 
Festas  380  ff. 
floritegien,  gritcL,  456 
gallische  verbültnisae  613  ff. 
grammatiker,  1«t.  401  ff. 
grammatiache«    (lat.)    67  f.    171  ff. 

271  f.  767  ff.  866  f. 
griecbiache  geachichte  532  ff.  639  ff. 
Hekatombeua   (moaat  in  Lakonien] 

529  ff. 
Herakleidea  von  Ryme  121  ff. 
Herodotoa  324  ff. 
Ueaiodoa  241  ff.  (tbeog.)  131 
Hikeaios  (aret)  364  ff. 
Hipponnx  622  f. 


JnstinQG  335  f. 
Kabeirencnltua  626  ff. 
Kadmoa  von  MUet  116  ff. 
kaisergeachichte,  röni.  713  ff, 
kaleader,  röm.  833  ff. 
KBlHmaclioa  361  ff. 
katbaraia  10!  ff. 
KaeiepoOv  636 
Ki^ulXo(  6  f. 
Kleitarcboe  129  ff. 
krieganeaen,  röm.  849  ff. 
Krinagoraa  359 

KUKEltlV   522  ff. 

KflleDe  68  ff. 

Kyma  340  ff. 

Lactora  in  Gallien  616  f.  862 

logion,  rom.  849  ff. 

Leabos  829  ff. 

Ligarer  9  ff. 

Liviua  304.  333  f.  465  ff.  848 

LiviQB  AadronicTia  485  ff. 

AoTTÜJvec  332.  664 

LnbiaDoa  (reatvorleanngen)  562  B 

Lykophron  146  ff. 

Ljaiaa  306  ff.  471 

Macrohiua  (in  tomn.  Seip.)  376 

Mainz  (inachriften  u.  Rheinbrffcko) 

189  ff. 
Halalaa  792 
Maatia  Tsraefon  348 
matbematiker,  griecb.  761  ff, 
^^XP'  "id  Sxs»  bei  lleiiapboD  746  ff. 
Megara  7-29  ff. 

melrik,  byzantinische  678  ff. 
militSriachea ,  röm.  849  ff. 


509  ff   793  ff   (11.) 
5  ff.   226  ff.  613  ff. 

■moBbyninoH)784ff. 


Homeroa 

12  ff,   81  ff.    1 

(Od.)  233  ff.  {Ui 

bibl.  parallelen  eu  u.  lo  a. 
Horatina  69  ff.  {carm.)  383  ff.  781fr. 

{epiit.)  667  ff.  697  fl, 
Hyakinthienmonat  iu  Sparta  639  ff. 
Hypaiklea  761  ff. 

'iKOpDC    1  f. 

indictionen,  Conatanliniacbe  789  ff. 

inachriftlicbea  (iat)  339  f. 

ipte  67  f.  769  f. 

irrealia  praeteriti  TT6.  S66  f. 

laata  7  f. 


MinmermoB  742 

Min uc ins  Felix  397  ff. 

manalanamen ,  griecb.  529  ff. 

nrnltas  483  ff. 

MuitUani  335 

mythologiacbea  68  ff.  626  ff.  829  ff. 

Qsmeii,  antike,  gedeutet  1  ff. 

naatiscbes  832.  664 

NepoB,  Cornolina  706  ff. 

Naukarthago,  gründung  347  ff. 

■QtuMi  S42  ff. 

onomatologie,  antike  1  ff. 

UrientiuB  389  ff. 

Ovidiua  ipiel.)  286  ff. 

Palaemon  ,  Bemmina  406  ff: 

paläographiacbea  338  f. 

puuegyrici  latini  713  ff. 

paromiograpiien  472 

Pauliuua  Pellsena  396  t. 

Pauaaniaa  (perieget)  49  ff. 

Peraerkriege  533  ff. 

PeraiuB  298 

PbiUstoa  128  f. 

Pindaroa  (Pyth.)  455  f. 


870                           Sachregister.  —  Berichtigungen. 

Plataiai  (schlacht)  324  ff.  (Überfall  Sillas  Italicus  193  ff. 

im  pelop.  kriege)  329  ff.  situs  (snbst.)  383  f. 

Piaton  (apol.)  160.   756  ff.    (Kriton)  Selon  742 

758.  (Prot)   758  ff.  (Staat)  105  ff.  Sophokles  (Ant.)    159.  451  ff.   (El.) 

(Gesetze)  102  ff.  649.  (OT.)  441  ff.  650.  743  f. 

Plaatus  (aul.)  763  f.  (mgL)  765  f.  Stephanos  (grammatiker)  578  ff. 

Plinius  d.  ä.  (grammatiker]  413  ff.  Stobaios  456 

Plutarchos    (Coriol.)    113  f.  (symp.)  Strabon  826 

557  ff.  Tacitus  [dial.)  572  ff.  (ann.)  736  ff. 

Pollio,  Asinins  368  ff.  (hist,)  440 

Polybios  348  f.  350.  617  ff.  tage,  römische  833  ff. 

Pratinas  663  f.  Tarseion  350  f. 

proterere  783  f.  T€p€TiCfiöc  826 

pulsare  (puUare)  787  f.  Themistokles  (briefe;  115  f. 

Quintilianns  489  ff.  Theodoros  Prodromos  592  ff.  601  ff. 

responsion  bei  den  griecb.  tragikern  Theognis  729  ff. 

657  ff.  Theokrines,  rede  gegen  473  ff. 

rhetores  lat.  minores  712  Therikleische  becher  828  f. 

Rom,  gründnngsjahr  373  ff.  Thukydides  329  ff.  655  f. 

römisch  -  karthagische    handclsver-  Timaios  (historiker)  815  ff. 

träge  348  ff.  Timoleon  161  ff. 

Komanus,  C.  Julius  412  ff.  Tyrsener  53  ff. 

Sagra  2  f.  Tyrtaios  655  f. 

Sallustius  61  ff.  Tzetzes,  Johannes  592  ff.  601  ff. 

se  und  inter  se  271  ff.  Vegetius  337  f. 

Seneca  (rhetor)  273  ff.  293  ff.  Vellejus  PaterculuB  348 
Seneca  (philosoph)  397  f.  [apocolo-*  Vergilius  {Aen.)  141  ff.  186  ff.  633  ff. 

cyntosis]  843  ff.  veritas  772  f. 

Servius  (zur  Aen.)  377  Xenophon  745ff.lanab.)  863f.  (Hell.) 

Sicoris  2  539  ff.  812  ff. 

Sikclien,  geschichte  161  ff.  ^ 


BERICHTIGUNGEN  IM  JAHRGANG  1888. 


s.  104  letzto  zcile  lies 
Stettin.  Geubu  K.haack. 

statt  St.  G.  K. 

s.  715  z.  21  V.  u.  lies  HRühl  sUtt  FRühl. 


Berichtigung. 

In  einer  Rezension,  welclie  H.  Diels  Über  den  die  Orgibiker 
behandelnden  Abgchnitt  des  eraten  Bandes  meiner  'griechiBchsn 
Culte  und  Mytlien',  im  Archiv  fUr  Gesch.  d.  Pbil.  11.  91  ff.  var- 
öffentlicht,  befinden  sich  erbeblicbe  Irrtümer,  welche  icb,  da  die 
genannte  Zeitschrift  grundsatzlich  keine  Bericht) gangen  bi-ingt,  an 
dieser  Stelle  klar  zu  legen  verBachen  raufs. 

Irrtümlich  ist  die  Behauptung,  dafs  die  Abhängigkeit  dea 
Herakleitos  von  'Orpheus'  von  mir  aus  dem  orphiscben  Fragm. 
Clem.  Strom.  624  gefolgert  werde.  Weder  auf  der  \on  D,  citierten 
Seite  650  meiues  Buches  noch  irgendwo  sonst  findet  sich  eine 
Stelle,  welche  diese  Auslegung  berechtigte  oder  auch  nur  erklärte. 
Das  unheilbEW  verstümmelte  aber  in  seinem  Sinne  klare  Fragment 
ist  überhaupt  nur  gelegentlich  als  Parallele  zu  Clem,  coli.  22  B; 
Flut.  Is.  28  mitgeteilt.  Eine  Bcblafsfolgerung  wird  aus  demselben 
weder  gezogen  noch  angedeutet,  geschweige  denn  die  von  Diels 
behauptete.  S.  653  wird  im  Gegenteil  das  genannte  Orpheusfragmeni 
gerade  für  ungeeignet  erklärt,  die  Abhängigkeit  dea  Herakleitos 
von  OipheuB  zu  erweisen.  D.  selbst  hat  diese  letztere  Stelle 
wohl  beachtet,  aber  anstatt  danach  sein  erstes  Mifsyerstöndnia 
zu  berichtigen,  schreibt  er  mir  auch  noch  Selb  st  Widerspruch  zu. 

unzutreffend  sagt  D.,  dafs  ich  die  Berührung  des  Hera- 
kleitos mit  den  Oi'phikem  aus  der  angeblichen  Übereinstimmung 
in  dem  Ausdruck  '/usammenfliefsen'  gefolgert  habe.  Im  Gegen- 
teil wird  S.  646  dargethan,  dafs  die  Orphiker  sich  das  Zusammen- 
fliefsen  des  Alis  im  Einen  als  'Zeuswerdung',  als  ' Verse hUngung' 
oder  als  'Weltverbreimung'  vorstellten,  und  dafs  sich  diese  Aus- 
drucke oder  Spuren  derselben  auch  hei  Herakleitos  finden. 

Irrig  ist  überhaupt  meine  ganze  Ansicht  über  das  Verhältnis 
der  vorsokratischen  Philosophie  zu  den  Orphikern  wiedergegeben. 
Eine  Abhängigkeit  etwa  im  Sinne  Pfleiderers,  welche  dazu  be- 
rechtigte, alles,  was  z.  B.  dem  Ephesier  mit  den  Orphikern  ge- 
meinsam ist,  sofort  auf  diese  zurückzuführen,  habe  ich  weder  be- 
hauptet, noch  angedeutet,  noch  stillscbweigend  vorausgesetzt. 
Eine  solche  Annahme  ist  mit  meiner  Grundansicht,  dafs  die  Beein- 
flussung Griechenlands  durch  den  Orient  eine  allmähliche  war, 
schlechthin  unvereinbar.  Was  Diels  gegen  meine  Ansicht  ein- 
wendet, dafs  der  Grundgedanke  des  wechselnden  Entstehens  und 
Vergehens  in  dem  einheitlichen  Prinzip  die  gemeinschaftliche  Grund- 
lage der  ganzen  hylozo istischen  Anschauung  jener  Zeit  war,  halte 
ich  ebenfalls  für  richtig  —  freilich  zugleich  für  eigentlich  eelbst- 
verständlich. 

Unzutreffend  ist  femer  die  Behauptung,  dafs  die  Echtheit 
des  dem  'Sanchuniathon'  zu  Grunde  liegenden  Berichtes  erst  aus 
den  Übereinstiramungen    mit   den    Orphikern   gefolgert   sei.     Diels 


J 


_     2     - 

hat  dies  offenbar  mifsverständlich  aus  S.  624  geschlossen,  aber 
S.  397 — 409  wird  die  Benutzung  eines  altphoinikischen  Gedichtes 
durch  Philo  sehr  ausführlich  lediglich  aus  den  Fragmenten  desselben 
bei  Eusebios  dargethan.  Ebenso  sind  die  übrigen  Berichte  der 
Griechen,  weil  sie  ja  in  der  That  im  Verdacht  stehen,  durch  den 
späteren  griechischen  Mjsticismus  beeinflufst  zu  sein,  nar  in  so 
weit  benutzt,  als  sich  ihre  Zuverlässigkeit  durch  Gründe  ergeben 
hat,  welche  von  der  Übereinstimmung  mit  den  Orphikem  unab- 
hängig sind.  Freilich  sind  diese  Gründe  gröfstenteils  nicht  in  den 
von  Diels  rezensierten  Abschnitten*  über  die  Orphiker  entwickelt. 

Bei  der  Darstellung  meiner  Ansicht  über  das  Verhältnis  der 
Orphiker  zum  Orient  vermischt  Diels  fortwährend  mit  meinen  Re- 
sultaten die  vou  Creuzer,  Roth  und  Gladisch,  mit  denen  er 
mich  auch  in  seiner  Beurteilung  auf  eine  Stufe  stellt.  Diese  Be- 
urteilung anzufechten,  steht  mir  natürlich  nicht  zu;  das  aber  darf 
ich  sagen,  dafs  er  meine  Ansichten  nicht  etwa  blofs  in  Einzel- 
heiten sondern  in  der  Hauptsache  mifsverstanden  hat.  Es  ist  un- 
zutreffend; dafs  meine  Dogmen vergleichung  die  Originalität  der 
griechischen  Denker  nicht  nur  beeinträchtigen,  sondern  sogar  ver- 
nichten würde.  Allerdings  ist  das  Urteil  über  die  Originalit&t 
eines  Denkers  selbst  nach  Anerkennung  des  Thatbestandes  der 
Entlehnungen  bis  zu  einem  gewissen  Grade  subjektiv,  und  es 
könnte  daher  wohl  sein,  dafs  während  mir  selbst  die  griechische 
Philosophie  nur  um  so  grofsartiger  erscheint,  seit  ich  erkannt  zu 
haben  glaube,  was  sie  von  aufsen  entlehnte,  ein  anderer  in  dieser 
Entlehnung  eine  Beeinträchtigung  ihrer  Originalität  sähe;  von 
einer  Vernichtung  derselben  aber  kann  wohl  allenfalls  bei  den 
Büchern  von  Roth  und  Gladisch,  nimmermehr  jedoch,  selbst  bei 
der  weitestgehenden  Berücksichtigung  der  Subjektivität  des  Urteils» 
bei  einem  Buche  die  Rede  sein,  welches  es  auf  das  bestimmteste 
ausspricht,  dafs  Griechenland  dem  Orient  zwar  zahlreiche  religiöse 
Dogmen  entlehnte,  dafs  sich  aber  erst  in  Griechenland  aus  diesen 
Dogmen  eine  wissenschaftliche  Philosophie  entwickelt  hat  Mangel 
an  Deutlichkeit  meines  Ausdrucks  ist  es  nicht,  welche  dieses  grofse 
Mifsverständnis  veranlafst  hat. 

Ebenso  ist  es  unzutreffend,  wenn  Diels  in  Beziehnng  auf  die 
von  mir  angenommenen  orientalischen  Originale  der  Orphischen 
Litteratur  von  ^paradiesischer  Urweisheit'  spricht.  Dieser  Ausdruck 
ißt  in  keinem  Sinn  auf  meine  Vorstellungen  anwendbar;  da  ich 
erstens  nicht  an  das  Paradies,  oder  einen  paradiesähnlichen  Ur- 
zustand glaube,  zweitens  die  Entstehung  jener  orientalischen  Gedichte 
nicht  in  die  Urzeit,  sondern  in  die  jüngste  nach  den  Quellen  zu- 
lässige Periode,  in  das  achte  bis  sechste  Jahrh.  v.  Chr.  verlege  and 
drittens  ihre  Spekulation  überhaupt  nicht  fUr  Weisheit  halte,  so  be- 
zeichnet der  Ausdruck  vou  Diels  präzise  das  Gegenteil  meiner  Ansicht. 

Berlin.  0,  Gruppe. 


Beririittgimg. 


3n  meiner  Ueber(e|uTig  iei  1.  unb  3.  »udieä  bet  SJerg.  Sciwiä  m 
Cftanen:  „Eeä  Sieneaä  Scrfalict  ic."  «etliii,  Salaat?  &  60.  1888,  Su(%  ), 
©tropfe  49,  3«(e  7-8.  Seile  31  bitte  i^  ju  lejen: 

„EaS  ßnie  ift  61d6,  B^it^ütgl  Öe*  ffleibeä  SpaiTc; 

9li*t  ^etnml  ben  Icii^ieti  gu&  bet  Saiten  güüe." 

grnntenflein  i.  et^Iei-  ^lavt  %vooft. 

Dr.  0u|lat)  ^m&t, 

Ot^.  ^ofiii  uiTb  SlTcriDt  bei  Sqmnanuint  in  natltiuti. 

Sßxtii  gebunben  JC  2.60. 

Sie  flnetbifdie  öcommalit  Don  SBenbt  ift  auSerorbentlirfi  tlar  unb  über= 
fii^Uit^  unb  but^ous  auf  bie  ÜÖebÜifnifle  bei  ©t^iule  bfrei^net.  Sie  ent: 
^ü(t,  DDn  ben  Ülnfätigen  unb  Jlegiftein  abgejef)eti,  nur  14  ncitgefe^te  IBogen. 
ler  SloR  i(t  burd)roeg  auf  ba*  cigcntlii^  9!oinienbigc  befi^ränlt.  t^Mielitdje 
lebuttiontn  Rnb  nennttbeir.  anmethingm  nur  fetir  mcnige  ent^Qtten.  Sn 
'Baiabigmen,  SabeQen  unb  löeifpielen  ift  bngegen  nhgenB*  gefpart,  bei  ben 
[enteren  aud)  auf  einen  tDectDoQen  unb  ancegenbcu  3n^U  gcje^en  tpaiben. 
3!ie  Ergebnifle  neuerer  epraif)Hii(fen(d)ofI  liegen  überall  tu  (Brunbe,  ab« 
milgclfilt  ift  babon  im  Sui^e  TOenig,  maniiei  nur  für  bcn  Sekret  angebeulet 
^lanmagig  [tob  alle  ^ülfSmittel  benuUl^  indt^e  baä  6)ebäc^ini«  unierftüßett. 
^ie  Siegeln  finb  jo  tna))^  unb  beutlic^  gefugt  alä  müglirfi.  t<r>3rmenlebi:t'  unb 
Snntaj  in  Beilegung  ju  emanbet  gebradii.  überall  bie  9tu;iDal)(  bcr  SBörtei 
uno  Söeifpiele  bataiif  betei^nei,  bafe  ber  ®(i)&lei  jugleiitl  bis  noiracnbige 
9}D!obel(enntni8  erfiält.  Eie  l)oractifi))e  unO  ^erobolcift^e  Formenlehre  ift 
gtfonbert  be^anbelt,  aber  ebenfalls  auf  boä  SSefentlic^fte  befdirfintt.  ttl« 
ffln^ang  folflt  ""  Don  Sireltor  Dr.  Uljüg  öerfafeler  ©runbrig  bcr  fflteltil, 
bei  anä|  iai  für  Sop^olleS  SrforbeTlif^c  bietet,  fo  loie  eine  Überfielt  giie[l)i> 
f(f)ei  3^itre(^nung  unb  ber  mii^ligflen  ^agbeft  immun  gen.  —  S)ie  SuS^attung 
in  91üiffi[^l  auf  @(t)rift  unb  Xiud  entfpiii^t  bcn  tjeutigen  Snforberungen 
ber  Schule. 

3fbem  «eörcr,  ber  fit^  für  bicfe  neue  atiammattf  intetei= 
ficrt,  (le^t  ein  gebunbeneS  3reitfemplat  ju  Sienften, 

Berlin  S.W.,  ißernburger  Slrale  35, 

iiad)  ben  preu^iidjen  Soangelienperitopeii  für  fiö^ere  ®c^uten 

Dr.  ^rtW.  ^topvt, 

Cinltlitix  am  tRcal-enninanuni  tu  SJDttbOufrii. 

$omi(ctiIt!6  ric^tifl,  iJÖbagogifc^  treffcnb,  pocli(ct|  er^Q&en. 

Üierlng  üon  C.  (Sigtntiorf  {%  lÜoppt)  9torti|nnfcN. 


—    4    — 

Triennium  philologicum 

oder 

Grundzüge  der  philolog.  Wissensohaften, 

für  JüDger  der  Philologie 
zur  Wiederholung  und  Selbstprüfung 

bearbeitet  von 

Wilhelm  Freund. 

Zweite  vermehrte  und  verbesserte  Auflage. 

Heft  1,  Preis  1  JC^  ist  zar  Ansicht  durch  alle  Buchhandlungen 
zu  beziehen,  vollständige  Prospecte  mit  Inhaltsangabe  gratis. 

Kritische  Sichtung  des  Stoffes,  systematische  Einuieilung  nnd 
Gruppirung  desselben,  durchgängige  Angabe  der  betr.  Literatur,  endlich 
stete  Hinweisung  auf  die  in  den  einzelnen  Gebieten  noch  nicht  genügend 
aufgehellten  Partien  sind  die  leitenden  Grundsätze  bei  der  Ausarbeitung 
dieses  ausschliesslich  für  Jünger  der  Philologie  zum  Bepertorium  nnd 
Bepetitorium  bestimmten  Werkes. 

=  Jede  der.  6  Semester- Abtheilangen  kostet  ^  JL  ^  geb.  6  JL 
—  und  kann  auch  einzeln  bezogen  werden. 

Verlag  von  Wilhelm  Violet  in  Leipzig. 


Soeben  ist  erschienen: 

Geschichte 

der 

griechischen  Ldtteratur 

bis  auf  die  Zeit  Justiiiians. 

Von 

Wilhelm  Christi 

ord.  Profettor  an  der  Univerkitüt  München. 

Mit  21  Abbüdongen. 
42V2  Bog.  Lex.-8^.     Geh.*  12  JL\  in  Halbfranz  gebunden  14  JL 

WK^  Christas  Griech.  Litteratnrgeschichte  bildet  zogleich  den 
Vn.  i3and  des  „Handbuchs  der  klass.  Altertumswissenschaft,  heraas- 
gegeben  von  Iw.  Müller**. 

C.  H.  Beck 'sehe  Terlagsbuchhandlang  in  Nordl  Ingen. 


In  der  Hahn'schen  Verlagsbuchhandlung  in  Leipilg  ist  erschienen: 

Lexikon  der  lateinischen  Wortformen 

von 

Prof.  Dr.  K.  E.  Georges. 

Erste  Liefemng  (Titel  und  Bogeu  1—5).    Lex.-8.    1888.    2  Mark. 

Das  Lexikon  erscheint  in  5  bifl  6  Lieferungen  ä  S  Mark  (in  Liefe- 
rungen von  4 — 5  Bogen)  und  wird  bis  Mitte  nilciiiten  Jahres  Toliat&ndig 
in  <}en  Händen  der  Subscribenten  sein. 


l>rurli  TOB  B.  O.  Teudoer  la  I«cli>slf. 


Zur  griechisclien  Bedentongslehre. 

Eine  Rechtfertigung. 

Zaclier,  aurserovd  entlieh  er  Professor  der  Philologie  in  Breslau, 
hat  im  Literarischen  Central blatt  (1888,  Nr.  51  Sp.  lliGB.)  meine 
griechische  Be(]eatnngälehre  einer  ah Bpre eilenden  Kritik  unterzogen, 
die  wegen  ihrer  Willkür  nnd  Oberfl&clilichkeit,  zumal  hei  dem  An- 
sehen jener  Zeitschrift,  zur  Berichtigung  imd  Abwehr  herausfordert. 

Der  Herr  Recensent  fafat  die  Summe  dea  Buches  also  zu- 
sammen; „Die  Etymologie  soll  vfillig  aus  dem  Spiel  bleiben,  nur 
die  historisch  bezeugte  Sprache  darl'  herangezogen  werden.  Und 
zwar  soll  die  Untersuchung  sich  nur  erstrecken  auf  die  einzelnen 
Wörter  als  solche,  ohne  Berücksieb tigung  der  Ableitungen,  der 
wortbildenden  Elemente;  die  t er scbie denen  Bedeutungen  soUon  x 
chronologisch  nach  ihrem  ältesten  Vorkommen  Terzeichuet  und  ge- 
ordnet  werden,  ohne  Rücksichtnahme  auf  Dialekt,  auf  Stilgattung, 
auf  Poesie  oder  Prosa.  Für  den  so  konstatierten  Bedeutuugs- 
wanilel{!)  [das  S.  88  ansdrücküch  angegebene  Regulativ  der  zeit- 
lich geordneten  Bedeutungen  behufs  Erkenntnis  dea  wahren  Ent- 
wicklungeganges  wird  nicht  beachtet]  soll  dann  die  Entatehungs weise 
nachgewiesen  werden  nach  folgenden  Rabriken(!):  1.  Die  Hufsere  Ur- 
sache, a)  veränderte  Naturverhältnisse,  b)  veränderte  Kulturverhält- 
nisse.  2.  Das  psychische  Gesehehen  der  Bedeutungsent wickln ng, 
a)  durch  den  psychischen  Akt  der  Voratellungs Verbindung  (^wenn  ein 
altes  Wort  aaf  eine  neue  Sache  übertragen  wird,  z,  B.  nwirf  auf  den 
Helm),  b)  durch  allmähliche  Umbildung  der  Vorstellung  selbst  (z.  B. 
T^uyaSla).  Aus  der  Summe  des  nach  solchen  Geaichtap unkten  zu- 
sammengestellten Materials(!)  soll  dann  der  Sprach philosoph  seinu 
Schlüsse  ziehen.(!)  [Er  kommt  leider  zu  spät.]  Aber  um  das  Material 
zusammenzubringen,  bedarf  es  der  ThStigkeit  vieler  Einzelner:  zu 
solcher  ThUtigkeit  ruft  Hr.  Hecht  die  Gymnasiallehrer  des  Griechischen 
auf  und  rILt  ihnen,  je  bei  zwei  oder  drei  Schriftstellern  auf  die  ab- 
weichenden Bedeutungen  irgend  einer  Kategorie  von  Worten  zu  achten, 
sie  zusammenzustellen  und  nach  jenen  Geaicbtsp unkten  zu  unter- 
auchen(!),  und  das  Resultat  im  Programm  oder  einer  Zeitschrift, 
zu  verüffentlichen." 

„Daa  ist  ungeffibr  die  Quintessenz  dea  Buchea,''  Alhrt  Hr.  Zaoher 
fort.  Nur  ungeföhr?  —  Man  erwartet,  die  Quintessenz,  die  Grundlage 
für  das  entscheidende  Urteil,  niUfste,  damit  dieses  gerecht  ausfalle, 
mit  peinlicher  Genauigkeit  gezogen  werden. 

Dieses  System,  urteilt  Hr.  Zacher,  sei  ein  trockener,  verstandes- 
gem!lfser  Schematismus,  nicht  einmal  als  eoleher  lebensHihig.    Denn 


—      2      — 

Forschung  auf  dem  Gebiete  der  Bedeutungslehre  ohne  Berücksichtigung 
der  Etymologie,  der  Wortbildung,  der  Stilgattungen  sei  eben  ein 
Unding,  ein  nur  in  der  Phantasie  des  Systematikers  existierender 
Schemen.   — 

Indessen  gegen  diesen  „trockenen,  verstandesmilTsigen  Schema- 
tismuä^^  glaube  ich,  die  wahre  Meinung  meines  Buches  vertretend, 
Verwahrung  einlegen  zu  mtLssen,  und  ich  hoffe  es  zu  beweisen, 
dafs  er  nichts  weiter  als  eine  auf  unrichtiger  Auffassung  beruhende 
Unterschiebung  sei. 

„Die  Etymologie  soll  völlig  aus  dem  Spiele  bleiben/^  referiert 
Hr.  Z.  —  Kurz  und  bestimmt,  aber  in  dieser  apodiktischen  Fassung 
nicht  einmal  für  den  Fall  zutreffend,  wo  im  Prinzip  gegen  die 
Etymologie  entschieden  wird,  nämlich  bei  der  (Kap.  IV,  S.  ^ — 37) 
behandelten  Frage,  ob  die  Entwicklung  der  Bedeutungen  von  den 
sprach  vergleichend  rekonstruierten  Urbedeutungen  oder  von  den 
ältesten,  litterarisch  nachweisbaren  (den  Homerischen)  anheben 
mtLsse.  Dais  ich  aber  auch  hier  gewissere  Ergebnisse  der  ver- 
gleichenden Etymologie  nicht  ausschlief se,  kann  man  aus  S.  72 
ersehen:  „Die  griechische  Bedeutungslehre  hat  die  geschichtliche 
Entwicklung  der  Bedeutungen  von  Homer  ab  unter  der  ein- 
geschränkten Berücksichtigung  allein  unbestrittener 
Ergebnisse  der  vergleichenden  Etymologie  ...  zu  verfolgen.'* 
Ist  das  gleichbedeutend  mit  völliger  Nichtberücksichtigung?  — 
S.  ')6  wird  sogar  der  entscheidende  Einflufs  der  Etymologie  auf 
die  Feststellung  der  ältesten  Bedeutung  an  einem  Beispiel  dar- 
gelegt. — 

Gar  fern  liegt  es  mir,  den  Wert  der  Etymologie  zu  unter* 
schätzen,  wo  es  sich  um  die  Erkenntnis  der  Bedeutungen  selbst 
handelt.  S.  125  wird  ausdrücklich  anerkannt:  „Was  die  Etymo- 
logie anbelangt,  so  ist  sie  freilich  durch  das  Verdienst  der  yer^ 
gleichenden  Sprachforschung  ein  weit  zuverlässigeres  Mittel  für  die 
Erkenntnis  des  Wortbogriffs  geworden,  als  sie  es  im  Alexandrini- 
sehen  Zeitalter  sein  konnte,"  worauf  dann  im  Einverständnis  mit 
G.  Cui'tius  (Grundzügü  S.  117)  davor  gewarnt  wird,  ihr  bei  der 
Feststellung  der  Bedeutung  allzu  viel  zu  trauen.  —  Dafs  die  Wort- 
begriÖ'o  klarer  hervortreten,  wenn  die  stammverwandten  Wörter 
zusammengestellt  werden,  wie  dai^  und  diaaa&cti^  X^(^*?  ^uid  x^CifeiVj 
OQyviA  und  oosysiv^  evxtn  und  ivrvviiv  liegt  auf  der  Hand  und  ist 
überdies  auch  S.  i^O,  Anni.  angedeutet  in  Hinweis  auf  H.  Schmidt, 
Synonymik  1,  ;5:  „Erst  dann  werden  die  Wörter  ihren  vollen  Wert 
verraten,  wenn  die  nächsten,  vielleicht  auch  entfernteren  etymologi- 
schen Verwandten  in  die  Betrachtung  gezogen  worden.*' 

Mit  welchem  Recht  darf  man  angesichts  solcher  Belege  be- 
haujiten,  dafs  ich  die  Etymulogio  völlig  aus  dem  Spiel  lasse? 

In    dor  Beschränkung    der  Bedeutungslehre    auf  die  Wörter 


—     3     — 

als  solche,  in  der  Ausschliefsung  der  Flexionsformen  und  der  wort- 
bildenden Elemente  folge  ich  wohl  mit  H^cht  dem  Ansehen  eines 
Mannes,  der  sich  auf  die  Unterscheidung  der  Grenzen  der  viel- 
verzweigten  Sprachwissenschaft  wohl  verstand,  G.  Curtius.  Er 
sagt  Grundzüge  S.  94:  „Die  Bedeutungslehre  einer  einzelnen 
Sprache  würde  abgesehen  von  der  Bedeutung  der  Flexionsformen, 
welche  in  der  Syntax  behandelt  zu  werden  pflegt,  imd  von 
der  der  wortbildenden  Elemente,  die  in  die  Lehre  von  der 
Nominalbildung  gehört,  die  Aufgabe  haben  zu  zeigen,  in  welcher 
besonderen  Weise  sich  die  Bedeutungen  der  Wörter  in  dieser  ent- 
wickelt haben/' 

Flexionsformen  und  wortbildende  Elemente  nicht  als  Gegen- 
stände der  Bedeutungslehre  betrachten  heifst  aber  noch  nicht,  sie 
überhaupt  unberücksichtigt  lassen.  Wenn  schon  nicht  Ziel  und 
Zweck,  so  sind  sie  doch  Mittel  dazu  und  in  der  Vorarbeit  an 
ihrem  Platz,  denn  es  ist  eine  selbstverständliche  Voraussetzung, 
dafs,  wer  den  Worten  auf  den  Grund  kommen  will,  die  Lehre 
über  die  Wortbildung  kennen,  sich  auf  den  Sinn  der  Präfixe  (Ä, 
övg^  fcy,  ccQi  u.  s.  w.),  Suffixe  (f/cö,  idm  —  siov^  xqov,  ddrigj  Btvog, 
iTiog  u.  s.  w.)  und  auf  die  Gesetze  der  Komposition  verstehen 
miiTs.  Dafs  Wortbildung  und  Etymologie,  wo  es  gilt,  den  Begriff 
eines  Wortes  festzustellen,  neben  dem  Sprachgebrauch  als  er- 
gänzende Hülfsmittel  gelten  können,  ist  mir  nicht  unbekannt.  Dafs 
viele  Bedeutungsnüancen  sich  nur  in  Ableitimgen  finden,  gebe  ich 
Hrn.  Z.  zu,  er  hätte  auch  auf  die  Zusammensetzungen  hinweisen 
können. 

Wie  Hr.  Z.  das,  was  ich  einschränke,  mich  völlig  ausschliefsen 
läi'st,  wie  er  mir  den  befruchtenden  Quell  der  Etymologie  will- 
kürlich entzieht,  um  die  Dürrheit  meines  Forschungsgebietes  zu 
erweisen,  so  gewaltsam  verfährt  er  mit  den  orientierenden  Gesichts- 
l)unkten  der  Kultur-  und  Naturbedingtheit  des  Bedeutungswandels 
und  des  in  ihm  wirksamen  psychischen  Geschehens,  wenn  er  sie 
auf  den  Wert  eines  das  Bedeutungsmaterial  ordnenden  Schemas 
mit  auszufüllenden  Rubriken  herabsetzt.  Diese  mechanische 
Auffassung  wie  der  Umstand,  dafs  er  den  Sprachphilosophen  als 
eine  rechte  Strohpuppe  nach  bereits  gethaner  Arbeit,  nach  er- 
folgtem Nachweis  des  psychischen  Geschehens  in  der  Bedeutungs- 
entwicklung einführt,  läfst  sich  nur  durch  erstaunliche  Flüchtig- 
keit oder  durch  Mangel  an  sprachphilosophischer  Kenntnis  erklären, 
AVie  fern  es  mir  übrigens  liegt,  der  Sprache  mit  logischen  Abstrak- 
tionen zu  Leibe  zu  gehen,  zeigt  wohl  hinreichend  meine  Kritik 
des  Toblerschen  Systems  der  Etymologie  (Kap.  EEI,  S.  6  ff.),  aus 
welcher  ich  zum  Belege  folgende  Stelle  anführe:  „Ein  vorgefafstes 
logisches  Schema  könnte  des  Forschers  Blick  beirren,  der  un- 
>>efangen  in  den  freien  Gang  der  Sprache  schauen  und  durch  vor- 


—     4     — 

urteilsloses  Vertiefen  in  denselben  das  stille  Schaffen  des  Volka- 
geistes  belauschen  und  ihm  nachschaffen  soll/'  —  Aber  auf  die 
ersten  40  Seiten  des  Buches  bezieht  sich  Ur.  Z.  in  seiner  Kritik  mit 
keinem  Wort,  obwohl  sie  für  meine  Auffassung  zeugen  und  z.  T. 
Dinge  von  prinzipieller  Wichtigkeit  enthalten,  während  er,  wie 
wir  weiter  unten  sehen  werden,  bei  ganz  Nebensächlichem  nnnOtig 
ausführlich  ist. 

So  wenig  Hr.  Z.  die  Meinung  des  Buches  trifft,  wenn  er  jene 
Ideen  allzu  schematisch  zu  logischen  Rubriken  macht,  so  irrtflnüieh 
ist  seine  Auffassung  (und  sie  ist  eine  natürliche  Folge  des  ersten 
Irrtums),  wenn  er  mich  in  seiner  Quintessenz  den  Bat  erteilen 
läTst,  die  bei  je  2  oder  3  Schriftstellern  gefundenen  abweichenden 
Bedeutungen  nach  jenen  beiden  Gesichtspunkten  zu  untersuchen; 
eine  auf  Vorurteil  und  Flüchtigkeit  beruhende,  jedes  Anhalts 
entbehrende  Unterschiebung,  welche  zu  den  nicht  mifazuver- 
stehenden  Ausführungen  über  die  Vorarbeit  der  Bedeutungslehre 
und  ihre  Methode  (Kap.  XIII,  S.  86  ff.)  in  schroffem  Wider- 
spruche steht. 

Mit  den  beiden  Formen  des  psychischen  Geschehens,  dem 
momentanen  Schöpfungsakt  und  der  allmählichen  Begriffsumbildung, 
bezeichne  ich  im  allgemeinen  das  weit  umgrenzte  Ziel  der  Be- 
deutungslehre, während  natürlich  die  besonderen  Arten  der  Vor- 
stellungsverbindung und  des  sich  allmählich  vollziehen- 
den Wandels  erst  aus  der  Vorarbeit  erschlossen,  nicht 
nach  Zachers  Auffassung  ihr  von  vornherein  aufgedrängt 
worden  sollen;  imd  nun  soll  ich  gar  dazu  raten,  die  nach 
zwei  Schriftstellern,  etwa  Homer  und  Sophokles,  gefundenen  ver- 
schiedenen Bedeutungen  nach  jenen  beiden  Gesichtspunkten  zu  unter- 
suchen, obwohl  doch  bei  dem  grofsen  Zeitabstande  in  den  wenigsten 
Fällen  von  einem  Entwicklungsanschlufs  der  abweichenden 
Bedeutungen  die  Rede  sein  könnte,  und  der  ist  ja  gerade  die  Be- 
dingung für  die  psychologische  Untersuchung. 

Die  Rücksichtnahme  auf  den  Gang  der  Kulturentwickliing 
halte  ich  bei  bedeutungsgeschichtlichen  Studien  für  notwendig,  die 
psychologische  Betrachtung  scheint  mir  allerdings  die  Aufgabe  za 
vertiefen.  Kulturgeschichte  und  Psychologie  leisten  nach  meinem 
Urteil  der  Bedeutungslehre  wesentliche  Dienste,  während  das  von 
Hrn.  Z.  umgekehrte  Verhältnis:  „Die  Ergebnisse,  die  dabei  ftlr  Kultur-^ 
geschieh tti  und  Psychologie  herauskommen  würden,  dürften  wohl 
aucli  etwas  selbstverständlich  sein,^*  in  der  Recension  den  Eindmek 
macht,  als  wenn  ich,  wenigstens  hinsichtlich  der  Kulturgeschichte, 
diese  Trivialität  behauptet  hätte,  denn  den  Nutzen  für  die  Psjcho- 
logie  sollte  man  nicht  von  vornherein  in  Abrede  stellen. 

Was  aber  die  Aufgabe  selbst  anbetrifft  —  ist  sie  denn  wirk- 
lieh so  eng,  kleinlich  und  pedantisch  aufgefaist?  —   Freilich  wer 


naoh  der  Recenaion  des  Hrn.  Zacher  sich  ein  urteil  darüber  bilden 

wollte,  mllfste  wohl  den  Eindruck  gewinnen,  als  wenn  Zweck  und 
Ziel  der  Bedeutungsieh re  in  rlickBicbtsloa  einengender  Systematik 
auf  jene  beide»  Gesichtspunkte  beschrankt  würden,  aber  der  Hr.  Ra- 
cenBent  ist  auch  hier  ungenau.  Uenn  im  11.  Kapitel,  welches  die 
Umgrenzung  der  Aufgabe  umfafst,  wird  gesagt  S.  73; 

„Die  soweit  gediehene  Lösung  des  ProbleoiB  gäbe  wohl  der 
Bedeutungslehre  die  wesentliche  Oeetalt;  es  unterliegt  jedoch 
keinem  Zweifel,  dafs  der  stets  über  das  Gegenwärtige  hinaas- 
strebende  Forschergeist  damit  den  Kreis  der  hedeutungs- 
gesetzlichen  Untersuchungen  noch  nicht  für  geschlossen 
halten  wird."  Vielmehr  würde  die  geschichtliche  Betrachtung 
des  Bedeutungswandels  zu  anderen  wichtigen  Ergebnissen  führen; 
es  Würde  sich  herausstellen: 

1.  ob  eine  Verse biedenbeit  der  Bedeutungen  nach  Dialekten 
besteht. 

2.  ob  Stamm-verwandte  Wörter,  Siibstautiva,  Verba  u.  a.  w.,  in 
der  Entwicklung  der  Bedeutungen  gleichen  Schritt  gehalten. 

3.  ob  in  dem  Entwicklungsgang  das  Streben  von  dem  ur- 
sprünglich schlechten  Sinn  zum  guten  oder  vom  guten 
zum  schlechten  vorwiegt. 

4.  was  in  der  Sprache  aus  dem  aufwarte  strebenden  Trieb 
der  Volksseele  (d.  h.  aus  dem  Aufsteigen  von  der  An- 
schauung durch  die  Sprache  zur  Wissenschaft,  Technik  u.  8.  w.) 
und  was  aus  der  zurückwirkenden  Thtttigkeit  der  Wissen- 
schaft, Technik  u.  s,  w,  stammt  (d.  h.  aus  dem  Bereich 
der  begrifllicheu  Denkarbeit  der  Wissenschaft  als  Begriffs- 
ToTstetlung  in  die  Sprache  kam). 

5.  in  welchem  Zeitalter  die  lebendige  Volkskraft  zu  erlahmen 
beginnt  und  in  welcher  Weise  sich  die  geistige  Erschlaffung 
uuf  dem  Gebiete  der  inneren  Sprachschöpfung   bekundet. 

Diese  die  Aufgabe  erweiternden  Hinweise  werden  von  Hm.  Z. 
einfach  mit  Stillschweigen  Übergangen. 

Wir  kommen  nun  zu  dem  schneidigen  Satze;  „Denn  es  ist 
eben  eine  falsche,  auf  gänzlicher  Unkenntnis  des  wirklichen  sprach- 
lichen l'rozesses  beruhende  Voraussetzung,  dafs  die  Bedentangs- 
entwicklung rein  chronologisch  und  in  gerader  Linie  vor 
sich  gehe." 

Diese  zuversichtliche  Behauptung  erweist  sich  jedoch  bei 
näherer  Betrachtung  als  eine  platzende  Seifenblase.  Denn  erstlich 
mafe  ich  gestehen,  dafs  mir  das  Bad  des  Verstandes  beim  Ein- 
dringen in  den  Gedanken  des  Satzes:  „Die  Bedeutnngsentwick- 
lung  geht  rein  chronologisch  vor  sich"  zu  stocken  beginne,  da 
mir  Entwicklungen  rein  chronologischen  Wesens  nicht  recht  ein- 
leuchten wollen;  ich  will  es  daher  kurz  sagen,  dafs  auch  ich  auf  dem 


—      6      — 

vernünftigen  Standpunkte  des  Hm.  Recensenten  stehe  und  die  Be- 
deutungsentwicklung für  einen  nicht  rein  zeitlichen  Prozefs 
halte.  Wenn  dieser  also  nicht  rein  zeitlich  ist,  was  kommt  noch 
hinzu?  Was  anderes  als  die  Ursache  und  die  schaffende  Kraft,  und 
heides  giebt  ja  Hr.  Z.  selbst  als  die  Grundbestandteile  des  System» 
an.  Dafs  zweitens  die  Bedeutungsentwicklung  in  gerader  Linie  vor 
sich  gehe,  wo  behaupte  ich  das?  Woraus  hat  Hr.  Z.  dies  entnommen? 
Jedenfalls  aus  der  der  Vorarbeit  zugewiesenen  Aufgabe,  die  Be- 
deutungen der  einzelnen  Wörter  in  derjenigen  Zeitfolge  aufzustellen, 
welche  sich  aus  der  chronologischen  Anordnung  der  Sprachdenk- 
mäler ergiebt;  als  wenn  ich  damit  die  Meinung  kund  thae,  dads, 
wie  die  Glieder  in  der  Reihe  stehen,  so  sich  das  zweite  aus  dem 
ersten,  das  dritte  aus  dem  zweiten  u.  s.  w.  entwickelt  habe.  Wie 
fern  mir  die  Vorstellung  ist,  dafs  die  Bedeutungsentwicklnng 
schlechthin  in  gerader  Linie  fortschreite  (was  sich  vielleicht  in 
einzelnen  Fällen  herausstellen  dürfte),  hätte  Hr.  Z.  aus  S.  37  ff.  er- 
sehen können,  wo  an  einzelnen  Beispielen  die  Art  des  Entwicklungs- 
ganges angedeutet  wird. 

cclxfiri  Spitze  ßovXri  Kat 

Lanzenspitze  _ 

I  Ratsversammlung 

Lanze  I  Behörde 

Rathaus 


Kriegsvolk     Krieg 


^vyov  Joch 


.  -  V 


Ruderbank,     Brücke,         Steg  der  Zither, 


Knechtschaft. 


Wollte  man  sämtliche  Bedeutungen  eines  Wortes^  genetisch 
geordnet,  im  Bilde  bezeichnen,  dann  dürfte  wohl  die  Verzweigung 
des  Stamml)aums,  richtig  verstanden,  das  passende  Gleich- 
nis sein. 

Übrigens  mufs  ich,  um  das  Verhältnis  der  Vorarbeit  zur 
eigentlichen  Aufgabe  richtig  zu  stellen  (deren  Grenzen  Hr.  Z.  ver- 
wii^cht),  bemerken,  dafs  die  durch  die  zeitlich  geordneten  Sprach« 
denkmäler  bestimmte  Folge  der  Bedeutungen,  mit  deren  Aufstellnng 
die  vorarbeitende  Forschung  abschliefst,  nach  meiner  Meinung  mit 


der  Folge  dei'  wirklichen  Entwicklung  keineswegä  unbedingt  iden- 
tisch Bei,  dafe  sie  aur  den  ersten,  aber  unentbehrlichen  Halt 
giebt.  Das  geht  ans  8.  88  hervor:  „Im  aUgemeinen  wird  von 
2  Bedeutungen  die  bei  dem  älteren  Scliriftsteller  naebweisbB.re 
auch  die  filtere  sein,  und  die  Ordnung  der  Bedeutungen,  bestimmt 
nach  dem  Alter  der  L i tt er atnr werke,  au3  welchen  diese  gefolgert 
sind,  dürfte  in  der  Regel  mit  der  Folge  Übereinstimmen,  in  welcher 
sie  aicb  entwickelt,  haben.  Jedoch  notwendig  ist  das  nicht,  denn 
der  Zufall  kann  es  sehr  wohl  fügen,  dafs  mitunter  ein  illterer  Ga- 
brauch  in  einem  jüngeren  Denkmal  überliefert  wird.  Wenii  in 
solchen  xweifeifaaften  Fällen  der  berücksichtigte  Gang  der  Kultur 
nicht  entscheiden  kann,  ao  muts  der  Sinn  der  Bedeutnngsentwicklung 
das  letute  Wort  sprechen."  Ich  biltte  hier  als  ein  drittes  und 
viertes  Korrektiv  die  Etymologie  und  Wortbildung  aafllhren  müssen, 
denn  beide  sind,  worauf  Hr.  Z.  mit  Recht  aufmerksam  macht,  Hülfs- 
mittel  ebenso  für  die  Erkenntnis  der  wahren  Entwicklungafolge 
als  für  die  Ergitnzung  der  Lücken  jener  zeitlich  geordneten  Be- 
deutungsreihen. 

Hiermit  ist  die  Zuverlässigkeit  der  Zacherschen  QuintesaeuK, 
der  Unterlage  lUr  seinen  Terdammungsspvuch ,  wohl  genügend  be- 
zeicbnet.  Die  für  sich  bestehenden  nnd  zu  betrachtenden  Gedanken 
und  liesichtspimkte  erscheinen  in  einem  falschen  Lichte  infolge  des 
willkürlichen  Zusammenhanges,  in  welchen  sie  durch  die  Einrenkung 
in  ein  Geist  austreibendes  System  gesetzt  sind,  das  durch  hineinge- 
tragene Verkehrtheiten  und  üngenauigkeiten  entstellt,  eich  vor- 
trefflich und  Überzeugend  bekämpfen  lUfat.  Dieses  System  ist  aller- 
dings nicht  lebensftlhig,  es  ist  aber  nicht  dos  meines  Buches. 

Hr.  Z.  tadelt  femer  „die  Nichtberücksicbtignng  des  Einflusses 
der  Stilgattungen  nnd  Dialekte  auf  die  Bedeutungsveracbiedenbeiten". 
Wenn  aber  wirklieb  StUgattungen  und  Dialekte  Eioflufs  ausüben 
auf  die  Bedeutungs Verschiedenheit,  welche  nach  meinem  Urteil  mit 
dem  Wesen  jener  nichts  zu  thun  hat,  welche  Schlüsse  ergeben 
sich  alsdann  für  die  Bedeutungslehre  V  Wenn  den  einzelnen  Dia- 
lekten eine  besondere,  den  Wandel  besonders  gestaltende  Kraft 
innewohnt,  dann  könnte  man  füglich  nur  innerhalb  der  Dialekte 
die  Entwicklung  der  Bedeutungen  verfolgen,  nnd  selbst  hier  wUrde 
sich  dßr  Kontinuitilt  der  Betrachtung  die  Rücksicht  auf  den  be- 
sonderen Einilufs  der  Stilgattungen  entgegenstellen,  nnd  diese 
beiden  einander  kreuzenden  Prinzipien  dürften  die  Idee  einer  durch- 
gehenden geschicbtlichon  Betrachtung  der  Bedeutungsentwickluug 
Bo  ziemlich  aufbeben.  Die  Schranken,  welche  diese  un  den  Dia- 
lekten und  Stilgattungen  haftende  Auffassung  zieht,  können  jedoch 
den  higheren  Gesichtspunkt  der  geschichtlichen  Betrachtung 
der  Bedeutnngsentwicklung  gar  nicht  in  Frage  stellen,  welcher 
innerhalb  der  ganzen  Sprache  des  Volkes  einen  durch  einerlei  Ursachen 


J 


—      8     — 

bewirkten  und  durch  einerlei  Kräfte  geschaffenen  Wandel  voraiu- 
setzt,  wenn  auch  in  den  einzelnen  Dialekten  eigenartige  BedeutnngiBn 
vorliegen,  welche  aus  anderen  Gründen  zu  erklftren  sind  (S.  41). 

Die  Kritik  des  rein  philologischen  Teils  des  Buches  l&fst  sich 
schneller  erledigen.  Auch  hier  dieselbe  Willkür,  dieselbe  Flüchtigkeit 

In  dem  achten  Kapitel,  in  dem  der  Einflufs  der  einxelnen 
Kulturzweige  auf  die  BedeutungsSudeining  an  zahlreichen  Beispielen 
nachgewiesen  wird,  findet  Hr.  Z.  auffallend  viele  Fehler.  Aber  wie 
findet  er  sie?  Er  nimmt  an,  dafs  ich  neben  die  technische  Be- 
deutung des  Wortes  allemal  die  ursprüngliche  in  Klammem 
hinzufüge,  z.  B.  6x^//3a^,  Staffelei  (Gerüst);  aber  er  nimmt  zugleich 
auch  an  —  und  dieses  ist  ein  Widerspruch  — ,  dafs  die  paren- 
thetisch hinzugefUgte  eine  solche  sei,  aus  welcher  sich  die  knltur- 
bedingte  entwickelt  habe,  denn  er  fragt  bei  avvta^tg^  Syntax 
(Schlachtordnung):  „Glaubt  Herr  H.  aber  wirklich,  dafs  die  Bedeutung 
Syntax  aus  der  Bedeutung  ^Schlachtordnung'  sich  entwickelt  habe?** 
In  Wahrheit  kam  es  mir  gar  nicht  darauf  an  (und  dam  liegt 
auch  nicht  der  mindeste  Anlafs  vor),  grundsätzlich  die  ursprüng- 
liche Bedeutung,  als  vielmehr  eine  aus  dem  Alteren  Sprachgebrauch 
bekannte  zur  leichteren  Orientierung  beizufügen,  nur  wenn  das 
betreffende  Wort  schon  bei  Homer  vorkam,  setzte  ich  ^e  Home- 
rische Bedeutung  hinzu.  Diese  Inkonsequenz  an  einer  übrigena 
ganz  nebensächlichen  Stelle  mag  man  tadeln,  aber  die  Fehler, 
welche  sich  hier  in  gröfserer  Zahl  finden  sollen,  sind  lediglich 
das  Ergebnis  eines  nicht  zutreffenden  Beurteilungsstandpunktes. 

Auch  die  besonders  hervorgehobenen  Irrtümer  dieses  (lebietes 
treffen  meistens  nicht  zu.  Hr.  Z.  vermerkt  Übel,  dafs  für  xt^fa, 
„Raa*^  als  ursprüngliche  Bedeutung  „Hom^,  die  sich  erst  bei 
Nikander  finde,  für  xoviav^  ,,Tünche  auftragen'^  als  solche  „h^- 
stäuben^^  angesetzt  wird.  Aber  Hr.  Z.  hebt  ja  kun  vorher  „Etjrmologie 
und  Wortbildung  als  reiche  und  verlässige  Hülfsmittel  inr  Ans- 
fullung  der  vielen  Lücken  und  Sprünge  in  der  Bedentungsent- 
wicklung^'  hervor,  und  hier  tadelt  er  ihren  Gebrauch?  Wenn  die 
Etymologie  schon  in  einem  so  einfachen  Falle  versagt,  wenn  sie 
nicht  einmal  entscheiden  kann,  dafs  bei  xtQaia  von  den  beiden 
Bedeutungen  „Raa  und  Hom'^  die  letztere  die  ursprüngliche  ist, 
wenn  die  Wortbildung  sich  nicht  soviel  zutrauen  darf,  für  das 
Denominativum  Tiovium  die  Bedeutung  ., bestäuben"  ansusetiMn 
(vergl.  ayiiccoa  von  amcc^  beschatten),  dann  darf  man  billig  fragen, 
was  sind  Etymologie  und  Wortbildung  als  Hülfsmittel  znr  Er- 
gänzung der  Lücken  überhaupt  nütze?  —  Nicht  minder  inkonae- 
qnent  ist  die  Behauptung,  dafs  bei  inon^in^gj  wo  ich  in  Klammem 
„Deuter*'  hinzusetze,  „die  Bedeutung  Schauspieler  offenbar  Mlb- 
ständig  aus  {monglvofiai  abgeleitet'^  während  „Deuter^  erst  eplter 
belegt  ist:   und  doch  hat  vTtoxglvofAm    schon    bei   Homer  die  Be- 


deutung  „denten,  anslogen".  ÜbTigens  ist  üas  Wort  ijroxpirtjs 
nach  seiner  begrifFlichen  Entwicklimg  schon  früher  als  Streitvor- 
wurf  Ton  J.  Sommerbrodt  und  G.  Curtius  anpfUhrlich  erörtert^), 
von  keinem  aber,  wie  Hr.  Z.  es  tbut,  die  Bedeutiing  Schauspieler 
s«lbstUndig  von  'inonQivoftai  in  diesem  Sinne  abgeleitet  norden.  — 
Zu  „Stdäaxttv,  auiTUltren,  äiSaaiuxlüt,  näheres  Verzeichnis  der  auf- 
geführten Stücke",  wird  bemerkt:  „wann  hat  didaexaXla  das  je 
bedeutet?"  Das  Nähere  im  Thesanrus  ling.  gr.,  wonach  freilich 
die  auf  Passow  iurlleVgehende  Fassung  „Verzeichnis"  besser  durch 
„Kommentar  zu  den  ÄuiTUh rangen",  mit  Berücksichtigung  der 
Zeit  und  des  Erfolges,  su  ersetzen  wgre.  Diese  Bedeutung  kaimte 
jedenfalls  schon  die  klassische  Zeit,  da  nach  Diog.  Laert.  V,  36 
Aristoteles  ein  Buch  negl  ttiaanali&v  schrieb. ")  —  Sollte  das 
dem  Worte  jSiiöpov  zugefügte  „(sie)"  Hrn.  Z.'s  Meinung  bekunden, 
dafs  ßätpov  zu  schreiben  seiV 

Der  dem  Buche  angehängte  Beitrag  zur  Vorarbeit  der  grie- 
chischen Bedeutungslehre  (beiläufig  gesagt  nicht  als  Muster  fflr 
die  UymnaBiallehrer  bestimmt,  wie  Hr.  Z.  bezeichnend  Tennutet), 
welcher  Homerisch  -  Hesiodische  BedeutungsnnterschJede  enthält, 
darf  kebaeswegs,  wie  Hr.  Z.  will,  als  Beweis  dafür  gelten,  „wie  dürftig 
gar  die  Ergebnisse  einer  auf  2  Schriftsteller  beschränkten  Ver- 
gleichung  sind,"  denn  einerseits  ist  meine  Untersuchung  noch  nicht 
bis  zur  Erledigung  abgeaoblossen,  und  zweitens  kann  man  bei  dem 
geringen  Zeitabstande  und  dem  geringen  umfang  der  Hesiodischen 
Gedichte  nicht  allzu  hohe  Ansprüche  an  die  Abilnderung  der  Be- 
deutungen stellen.  Auf  den  kurz  bemerkten  Vorwurf  ungenauer 
Interpretation  einzelner  Stellen  infolge  des  Bestrebens,  „Bedeutunge- 
«ntwicklung  bei  dem  jüngeren  Dichter  zu  finden,"  habe  ich  zu  er- 
widern, dafs  ich  die  bei  dergleichen  Forschungen  erforderliche 
objektive  Stimmung  festzuhalten  mich  gewissenhaft  bemüht  habe. 
Das  einzige  Beispiel,  welches  Hr.  Z.,  um  meine  Interpretations weise 
zu  bezeichnen,  vorbringt,  i^Ilt  mit  seiner  belastenden  Schwere  auf 
ihn  selbst  zurück.     Er  sagt: 

„Ein  ungeheuerlicher  Lapsas  ist  die  Erklärung  von  Op.  786. 
tQi^ovs  täiivciv  xal  Ttiäsa  fi'^ltov,  ,,  „schlachte  vom  Kleinvieh  die 
Ziegen  und  Schafe;" "  hat  Hesiod  etwa  auch  Maultierfleisch  ge- 
gessen V  Denn  das  würde  dann  aus  V.  791  heryorgehon."  Da 
steht:   ov^^ag  di   ävtoätxär'ji   zakaeQyovg   (nämlich   la^vifitv).     Indes 

')  G,  GurtioB,  Verhandl.  der  Königl.  Sachs.  OCBeUschaft  derWiaeen- 
r-i-haften  KU  Leipzig  (Phil.  biet.  Classe,  isee.  IE,  8  H8ff.  Sommer- 
brodt,  Rhein,  Muaeutn  IBöT.  32.  Jahrg.  S.  BIO  ff.  G.  CurtiuB,  ebenda 
1Ö6H  (2a.  Jahrg.)  S.  256  ff,     Sommerbrodt,    1875  (30.  Jahrg.)   S.  4B6  ff, 

-]  Den  qtiellengemälseD  Nachweis  verdanke  ich  der  gütigen  Mit- 
teilung des  Herrn  Prof  A.  Ludwicb,  den  ich  in  Ermangelung  der  nötjgen 
Hülfsmittel  um  Auskunft  anging. 


—     10     — 

diese  effektvolle  Kraftstelle  gleicht  einem  Häuflein  Asche,  welches 
schon  bei  einem  leisen  Luftzug  in  nichts  auseinander  stiebt.  — 
Während  meine  Auffassung  vom  Begriff  des  Wortes  fi^Xa  bei 
Hesiod  klar  ausgesprochen  wird  S.  143:  „Am  6.  Tage  des  Monat-s 
schlachte  vom  Kleinvieh  die  Ziegen  und  Schafe  —  zu  ergänzen: 
Schweine  zu  schlachten  ist  der  Tag  nicht  geeignet  (und  ich  am 
Schlüsse  zusammenfassend  definiere:  fiijXa  bei  Hesiod  Kleinvieh, 
die  Schweine  mit  inbegriffen),  beliebt  es  dem  Herrn  Recensenten,  den 
letzten  Teil  der  Erklärung,  auf  den  es  gerade  ankommt,  fortzulassen, 
um  eine  vermeintlich  witzige  Bemerkung  anzubnngen.  und  mit 
welchem  Erfolg?  —  Sein  willkürliches  und  gewaltsames  Ver- 
fahren zu  beleuchten  und  aufserdem  eine  BlÖfse  in  den  natur- 
wissenschaftlichen Kenntnissen  zu  zeigen,  indem  er  das  Maultier 
(rifiiovog^  ovQsvg)^  welches  die  Hälfte  seiner  Existenz  dem  Pferde 
verdankt  und  diesem  an  Gröfse  nicht  allzu  sehr  nachsteht,  zum 
Kleinvieh  rechnet. 

Auf  eine  solche  Grundlage,  welche  sich  fast  durchweg  aus 
willkürlicher  Unterschiebung  und  Entstellung,  MiTsverständnis, 
Flüchtigkeit,  starken  Zumutungen  zusammensetzt,  gründet  Hr.  Z. 
sein  absprechend  Erkenntnis  auf  Unwissenheit,  Mangel  an  Sorgfalt 
und  methodischem  Donken.  —  Ein  „weiter  Blick  und  gründliche 
Kenntnis  aller  Gebiete  des  Altertums^^  sind  freilich  das  Höchste, 
was  man  von  einem  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  Bedeutungs- 
lehre verlangen  kann,  aber  die  letzte  Forderung  scheint  ein  wenig 
übertrieben.  Denn  man  mufs  doch  verstehen:  auch  gründliche 
Kenntnis  aller  fachwissenschaftlichen  Gebiete.  Und  welcher  Philo- 
loge möchte  der  Fordenmg  genügen?  —  In  diesem  niederdrücken- 
den Bewufstsein  des  Mangels  an  universalem  Wissen  auf  dem 
Gebiete  des  Altertums  ist  es  mir  einigermafsen  tröstlich,  dafs 
auch  Hr.  Z.  ein  Manko  zeigt,  nämlich  mit  der  a(oq>Qocvvri^  der  obersten 
Idee  der  griechischen  Ethik,  sich  nicht  genügend  vertraut  gemacht 
hat,  denn  sonst  würde  er  nicht  in  Selbstüberhebung  die  Gymnasial- 
lehrer des  wissenschaftlichen  Handlangertums  geziehen  haben,  ein 
in  Hm.  Z.'s  Mundo  verwunderlicher  und  sich  selbst  richtender  Ausfall, 
da  man  doch  fragen  mufs: 

not  ßXinoDv  nox    avxtt  xnri  O^ocf;; 

Überhaupt  entbehrt  der  anmafäende  und  bespöttelnde  Ton,  welchen 
der  Herr  Heconsent  anzuschlagen  beliebt  hat,  jener  vornehmen 
Würde  imd  sachlichen  Ruhe,  deren  Wahnmg  ein  Vertreter  der 
Wiäsenschafb  im  Dionsto  der  Wahrheit  als  sein  Vorrocht  be- 
trachten bollte. 


—    II    — 

Meiner  auf  die  Hervorhebung  einzelner  Iiitttmer  beBohränkten 
Entgegnung  (Literar.  Centralblatt  1889,  Nr.ti  S[v  195  f.)  auf  Hrn, 
ZacherB  Eecension  bat  dieser  eine  Krwiderung  folgen  lassen,  gegen 
welcbe  die  vorstebeude  Bechtfertigung  in  allen  Punkten  beistehen 
bleibt.    Sie  veranlafst  micb  jedoch  zu  einigen  weiteren  Äoalassungen. 

Gegen  die  Bemerkung,  dafä  Er.  Z.  meinem  Standpunkte  nicht 
gerecht  ■werde,  wenn  er  referiere:  „Die  Etymologie  aoli  vKllig  aus 
dem  Spiele  bleiben",  macht  er  geltend:  „Wenn  eine  Anzeige  sich 
auf  so  knappen  Raum  beschrilnken  murs,  wie  es  im  Lit.  Central- 
blatt der  Fall  ist,  so  kann  sie  dem  Leser  natürlich  nur  die 
Hauptsachen  vorführen."  Das  wohl;  nimmermehr  aber  dürfen 
EUckgicbt  auf  Raum  und  Streben  nach  Kürze  zu  einer  den  wahren 
Sachverhalt  verfehlenden,  ungenauen  Wiedergabe,  wie  eine  solche 
hier  thatsilcblieh  vorliegt,  verleiten.  Wo  dieses  geschieht,  mufa 
es  dem  Kritiker  entweder  an  dem  nötigen  Geschick  im  Kom- 
binieren maugeln,  oder  er  bat  es  an  Gründlichkeit  in  der  Durch- 
arbeitung und  in  der  allseitigen  Prüfung  des  Gegenstandes  fehlen 
lassen.  — 

Hr  Tl.  giebt  zwar  aa,  dafa  der  Bat,  welchen  er  mich  erteilen 
lüfst:  schon  die  bei  je  2  oder  3  SchriftsteUera  gefundenen  ab- 
weichendea  Bedeutangen  nach  den  Gesichtspunkten  der  Ünfseren 
Ursache  und  dos  psychischen  Geschehens  zu  nntersucben,  meiner 
Auffassung  schnurstracks  Kuwiderlaufe.  Er  deckt  aber  schlecht 
seinen  RütkKUf;.  wenn  er  sagt:  „Dadurch  wird  die  den  Gyranasial- 
lehrem  empfohlene  Arbeit  noch  mechanischer  und  handwerka- 
mäfsiger."  Im  Gegenteil,  die  Arbeit  wird  von  einer  grofsen 
Verkehrtheit  befreit,  und  ob  in  der  Erforschung  der  Bedeutungs- 
untersohiede  im  Sprachgebrauch  zweier  Schriftsteller  etwas  „Me- 
chanisches" und  „Handwerksmllfsiges"  liegt,  überlasse  ich  jedem 
billig  Urteilenden  zu  entscheiden.  Ein  Mann  wie  Lehrs  daebte 
anders  llbar  dergleichen  Untersuchungen.  Er  sagt  De  Aristarchi 
studiis  Homericis'^  S.  67: 

„Hiiec  pot^ticae  dictionis  discrimina  cognoscere  utilissimura: 
et  Tel  im  qnidqaid  ab  Homero  posteriorum  poftarum  oratio  in 
vocabulorum  usu  differt  aliquando  ita  in  unum  coUigi,  nt  in  Ättici 
vulgariaque  sermouis  diacrepantia  a  veteribua  factum  est."  Und 
Lehr^  lag  der  hedeutungsgeschichtlicbo  Geaichtspunkt  noch  ganz 
fern,  welcher  den  Forschungen  dieser  Art  erst  den  wahren  Wert 
verleiht.  ^ 

Im  8.  Kapitel  kam  es  darauf  an,  die  Kultur  mit  ihren  viel- 
fachen Zweigen  als  ein  Moment  d.  h.  als  Uufseren  Anlafs  des  Be- 
deutungswandels an  einer  Fülle  von  Beispielen  zn  erweisen.  Die 
ganze  Ziisammenatelhing  beruht  nicht  auf  selbstündiger  Forschung, 
sondern  stützt  sich  auf  die  angegebenen  Qnellen,  bezw.  auf  die  ge- 
braachlichen  Leiica.    Unrichtigkeiten  werden  sieh  gewift  nachweisen 


J 


~-      12      — 

lassen,  znmal  bei  dem  umfange  des  Materials,  die  Schuld  dafU 
wird  mich  aber  erst  in  zweiter  Linie  treffen,  jedenfalls  nicht  in  de 
von  Hm.  Z.  dargestellten  Weise;  schon  darum  nicht,  weil  Hr.  Z.  eil 
gekünsteltes  und  widerspruchsvolles  Verfahren  einschlSgt,  um  Fehle 
zu  entdecken  und  weil  er  Recht  behalten  will,  sog^  um  den  Frei 
eines  begrifflichen  Verstofses.  Er  sa^:  ,,Dafs  Herr  H.  das  Wer 
„ursprünglich^^  nicht  braucht,  ist  richtig  (nämlich  bei  den  paren 
thetisch  hinzugefügten  Bedeutungen).  Wohl  aber  setzt  er  zu  dei 
in  Klammem  beigefügten  Worten  öfter  die  Bezeichnung  „eigentlich* 
oder  „alte  Bedeutung^.  Das  ist  doch  wohl  dasselbe."(! 
Wenn  nun  aber  noch  weit  öfter,  um  die  Bedeutung  als  eine  älter< 
zu  bezeichnen,  in  Klammem  „bei  Aeschjlos^',  oder  „bei  Sophokles* 
„Herodot^^  „Euripides^^  u.  a.  hinzugesetzt  ist,  ist  dann  auch  danmtei 
die  ursprüngliche  zu  verstehen?  Aber  Hr.  Zacher,  schnell  ferti( 
mit  dem  Wort,  referiert  kurzweg  in  der  Kritik:  Jedesmal  ii 
Klammern  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Worts  hinzufügend/ 
Diese  vermeintlich  ursprüngliche  soll  aber  zugleich  auch  trot 
der  offenbaren  Ungereimtheit  eine  solche  sein,  aus  welche) 
die  jüngere  sich  entwickelt  hat.  Sie  ist  jedoch  in  Wahrheii 
ohne  jede  Bücksicht  auf  Entwicklung  daneben  geschrieben;  dafs  trotz 
dem  ein  Zusammenhang  zwischen  der  jüngeren  und  älteren  Be 
deutung  vielfach  hervortritt,  mufste  sich  freilich  von  selbst  nnc 
mit  Notwendigkeit  ereignen.  Was  thut  es  also  zur  Bache,  weni 
Hr.  Z.  sagt:  „Dafs  er  in  vielen  Fällen  in  der  That  annimmt,  daCs  dii 
jüngere  Bedeutung  aus  der  in  Klammer  beigefügten  älteren  (alm 
doch  nicht  ursprünglichen?)  hervorgegangen  sei,  ist  zweifellos.**' 
Scheinen  Hm.  Z.  etwa  nicht  die  Bedeutungen  von  yffwplg  „Ghriffel  onc 
Malerpinser^  oder  von  xo^v<pT/  „Scheitel  und  Berggipfel**  der  Eni 
Wicklung  nach  zusammenzugehören?  Die  Erklärung,  dafs  er  mii 
natürlich  nicht  zutraue,  z.  B.  bei  xovog  Accent,  Betonung  (Strick 
Tau),  die  erste  Bedeutung  als  aus  der  zweiten  entwickelt  annueben 
ist  nichts  anderes  als  eine  Selbstanklage  gegen  die  Leichtfertig 
keit,  mit  welcher  er  in  der  Recension  in  einem  gleichwertigen  Falh 
bei  avvxoilig  Syntax  (Schlachtordnung)  mir  eine  kaum  geringere  Thor 
heit  untergeschoben  hat:  ,,Glaubt  Herr  H.  aber  wirklich,  dafs  di< 
Bedeutung  Syntax  aus  der  Bedeutung  Schlachtordnung  sich  ent 
wickelt  habe?" 

Mag  Hr.  Z.  immerhin  hinsichtlich  der  Beispiele  des  8.  Kapitel 
mit  dem  angedrohten  ,, Sündenregister"  vorrücken,  mögen  wirklicl 
Beispiele  fallen:  das,  worauf  hier  alles  ankommt:  die  Idee  dei 
Kultur  als  eines  Momentes  des  Bedeutungswandels  bleib 
dadurch  völlig  unangetastet. 

Dem  Herrn  Recensenten  aber  gebe  ich  zu  bedenken,  ob  ei 
wohl  mit  seinem  Rechtfertigungsgrunde,  nach  welchem  durch  di< 
Knappheit  des  Raumes  die  Beschränkung  auf  die  Vorfühmng  dei