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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedogogik"

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Vv^ 


NEUE  JAHEBÜCHER 


FÜR 


PHILOLOGIE  UND  PAEDAG06IK. 


GEGENWÄRTIG  HERAUSGEGEBEN 


VON 


ALFRED  FLEGEEISEN  u»d  HERMANN  MASIUS 

FBOFauoB  nr  vamowK  pmoisuoB  nr  xjofsio. 


jyOjMFUHDVJLfeUiglQSTEB  JAHBOAI^a. 


EINHUNDERTÜNDZWÖLPTER  BAND. 


.*-^  "^  "^"^^  '^ 


LEIPZIG 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  B.  O.  TEUBNER. 

1875. 


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JAHRBÜCHER     :'< 


FÜR  "V--.         ■  •.••■'■•■■/ 


PHILOLOGIE  MD  PAEDAGOGIK. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


HERAUSGEGEBEN 
VON 

HEBMANN   MASIUS. 


EINÜIIDZWANZieSTEB  JAHMANe  1875 


ODER 


OXK    JAHM8CHEN  JAHRBÜCHER  FÜR  PHILOLOGIE   UND   PAEDAGOGIK 

BINHUNDBRTUNDZWÖLFTER   BAND. 


LEIPZIG 

DRÜCK  UND  VERLAG  VON  B.  G.  TEUBNER. 


ZWEITE  ABTEILUNG 

FÜK  ÖYMNASIALPÄDAGOGIK  UND  DIE  ÜBRIGEN 

LEHBFlGHEB 

MIT   AU8SCHLÜSZ    DRR    CLASSISCÜBN    PHILOLOaifi 

HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.   DR.   HERMANN  MaSIUS. 


1. 

ÜBER  DAS  GRIECfflSCHE  EXTEMPORALE  IN  GYMNASIAL- 

PRIMA. 


Wieder  einmal  weht  eine  frische ,  zum  teil  scharfe  luft  durch 

unser  höheres  unterrichtswesen ,  wenn  nicht  erzeugt,  so  doch  jeden- 

foUs  mächtig  verstärkt  durch  die  gewaltige  nationale  bewegung,  in 

\  welche  wir  eingetreten  sind,     ein  neues  unterrichtsgesetz  steht  in 

'  Prenszen  vor  der  thür;  endlos  sind  die  vorschlage  zu  reformen  des 

'  gymnasial-  oder  realschulunterrichts.  freilich  nur  in  wenigen  puncten 

;  aiacht  sich  allmählich  eine  entschiedene,  auf  übereinstimmender  an- 

1;  licht  der  berufensten  gemäszigteu  stimmftlhrer  beruhende  neigung, 

>  bs  bestehende  geändert  zu  sehen,  geltend,  während  auf  den  meisten 

gebieten  noch  eine  in  mancher  hinsieht  bedauerliche  Zersplitterung 

:  der  ansichten  und  Unklarheit  der  läge  herscht. 

Je  energischer  wir  in  dieser  bewegung  vorschreiten,  je  mehr  das 
^deutsche  volk  sich  den  schweren  ihm  jetzt  gestatteten  praktischen 
ttfgaben  widmet,  desto  mehr  wird  von  manchen  selten  gegen  den 
iQsgedehnten  betrieb  der  classischen  studien  auf  den  gjmnasien  ein- 
lewandt,  desto  zahlreicher  werden  die  versuche,  die  classischen 
■^rächen  immer  mehr  zu  beschneiden,  man  verkenne  die  gefahr 
nicht,  in  der  sich  die  altertumsstudien  befinden,  einerseits  stehen 
wir  jetzt  in  der  letzten  phase  einer  renaissanceperiode ,  welche  seit 
dem  ende  des  vorigen  Jahrhunderts  unserm  volke  so  manche  geistige 
Bchfitze  gespendet  hat,  in  vieler  hinsieht  reichere,  als  sie  andere  Völker 
durch  ihre  renaissancezeit  erhalten  haben;  ja  vielleicht  sind  wir  schon 
Über  sie  hinausgelangt,  noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  spielte  der 
dassische  stil  bei  uns  in  den  bildenden  künsten  eine  hauptrolle,  war 
•Bin  ansehen  auf  dem  gebiete  der  dichtung  und  litteratur  zwar  nicht 

N.  j»hrb.  f.  phil.  u.  p*d.  H.  abt.  1875.  hft.  1.  't^  1 


üeber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  3 

machen  wollte,  könnte  sogar  wünschen,  dasz  sich  noch  mehr  der- 
artige stimmen  solcher  gegen  die  jetzige  gymnasialbildung  eifernden 
stünner  erheben  möchten,   wie  der  Verfasser  jener  artikel  ist,   aus 
denen  obige   worte  entlehnt  sind,     denn  den  classischen  studien 
kQnnte  vielleicht  kaum  in  der  gegenwärtigen  krisis  ein  besserer 
dienst  geleistet  werden ,  es  könnte  kaum  das  interesse  für  sie  mehr 
erweckt  und  die  zum  teil  herschende  apathie  überwunden  werden, 
als  durch  solche  ungeheuerlichen  Übertreibungen,     es  scheint  auch, 
dasz  die  redaction  jener  Zeitschrift,   welche,   obgleich  gemäszigter, 
doch  auf  ähnlichem  standpuncte  steht,  sofern  sie  das  gymnasium 
beschuldigt,  träger  der  specifisch  antinationalen  gelehrsamkeit  ge- 
wesen zu  sein  (jahrg.  II,  s.  40),  keine  guten  erfahrungen  gemacht 
hat.    wenigstens  klagt  sie  (11,  s.  2)  darüber,  dasz  es  ihr  nicht  ge- 
lungen sei,  ihre  Zeitschrift,  wie  sie  gewünscht,  zu  einem  tumierplatz 
ftlr  gegnerische  ansichtcn  zu  machen,     beklagenswerth  ist  dabei 
nur,  dasz  unter   einer  derartigen  maszlosigkeit  in  der  kritik  der 
gynmasien  leicht  die  realschulen,    denen  kräftiges  gedeihen  und 
weitere  ausdehnung  zu  wünschen  ist,   leiden  können,     aber  wenn 
von  den  eigenen  fachgenossen  in  so  rücksichtsloser  und  aller  pietät 
ermangelnder  weise  gegen  die  anstalten  geeifert  wird,   in  die  das 
deutsche  volk  bisher  seinen  stolz  gesetzt  hat ,  wie  viel  abneigung, 
um  nicht  zu  sagen ,   hasz  gegen  sie  mag  sich  da  an  einzelnen  stellen 
angesammelt  haben,  der,  wenn  man  ihn  ganz  unberücksichtigt  läszt, 
später  dennoch  entfesselt  werden  und  argen  schaden  anrichten  kann. 
Darum  düi-fte  es  gerathen  sein,  in  möglichst  weiten  urteils- 
fähigen und  vorurteilslosen  kreisen  die  gründliche  prüfung  der  frage 
zu  veranlassen  oder  zu  fördern ,  ob  etwa  auf  den  gymnasien ,  bez. 
in  welchen  puncten  und  in  welcher  weise  von  der  bisherigen  aus- 
dehnung oder  strenge  in  der  behandlung  der  classischen  studien 
etwas  nachgelassen  werden  kann,     einen  beitrag  dazu  wollen  auch 
die  folgenden  Zeilen  liefern ,  die  sich  allerdings  auf  die  preuszischen 
gymnasien  und  diejenigen,   welche  ihnen  ähnlich  organisiert  sind, 
beschränken,     bei  der  groszen  rolle  aber,  welche  Preuszen  im  deut- 
schen reiche  spielt ,   und  der  macht ,   mit  welcher  sein  beispiel  und 
Vorgang  wirkt ,  wird  gewis  überall  mit  Spannung  auf  die  entwicke- 
Inng  seines  höheren  Unterrichtswesens  hingeblickt  und  mit  aufmerk- 
samkeit  verfolgt ,  was  an  ihm  von  einzelnen  Seiten  ausgestellt  wird. 
Begonnen  hat  jene  prüfung  bereits  und  auch  schon  einen  ziem- 
lichen umfang  angenommen,     unverkennbar  aber  gebt  der  wünsch 
hei  einem   teile   derer,    welche    Änderungen    vorgenommen   wissen 
wollen,    dahin,   dasz  der  formalismus  in  der  behandlung  der  alten 
sprachen  mehr  zurückgedrängt,  zb.  die  übermäszige  werthschätzung 
der  extemporalien   beseitigt   (vgl.   Laas,   der  deutsche   Unterricht 
8.  34 f.;  pädag.  archiv,  16r  jahrg.  s.  234if. '),  das  sachliche  hingegen 

'  erst  als  die  vorstehende  abhandlung  bereits  fast  vollendet  war, 
gelang  es  mir,  mich  mit  jenem  aufsatz  im  pädag.  archiv,  auf  den 
ttich  ein  freund  aufmerksam  gemacht  hatte,   bekannt   zu  machen,     die 

1* 


/ 


p/      .  J 


ZWEITE  ABTEILUNG 

FÜK  ÖYMNA8IALPÄDAG0GIK  UND  DIE  ÜBRIGEN 

LEHBFÄGHEB 

MIT   AUB8CHLUSZ    DRR    CLASSISOaBN    PUILOLOOIS 

HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.   DR.   HeRMANK  MaSIUS. 


1. 

ÜBER  DAS  GRIECHISCHE  EXTEMPORALE  IN  GYMNASIAL- 

PRIMA. 


Wieder  einmal  weht  eine  frische ,  zum  teil  scharfe  luft  durch 
unser  höheres  unterrichtswesen ,  wenn  nicht  erzeugt,  so  doch  jeden- 
falls mSchtig  verstärkt  durch  die  gewaltige  nationale  bewegung,  in 
welche  wir  eingetreten  sind,  ein  neues  Unterrichtsgesetz  steht  in 
Preuszen  vor  der  thttr;  endlos  sind  die  vorschlage  zu  reformen  des 
gymnasial*  oder  realschulunterrichts.  freilich  nur  in  wenigen  puncten 
macht  sich  allmählich  eine  entschiedene,  auf  übereinstimmender  an- 
sieht der  berufensten  gemäszigteu  stimmfUhrer  beruhende  neigung, 
das  bestehende  geändert  zu  sehen,  geltend,  während  auf  den  meisten 
gebieten  noch  eine  in  mancher  hinsieht  bedauerliche  Zersplitterung 
der  ansichten  und  Unklarheit  der  läge  herscht. 

Je  energischer  wir  in  dieser  bewegung  vorschreiten,  je  mehr  das 
deutsche  volk  sich  den  schweren  ihm  jetzt  gestatteten  praktischen 
aufgaben  widmet,  desto  mehr  wird  von  manchen  Seiten  gegen  den 
ausgedehnten  betrieb  der  classischen  studien  auf  den  gjmnasien  ein- 
gewandt, desto  zahlreicher  werden  die  versuche,  die  classischen 
sprachen  immer  mehr  zu  beschneiden,  man  verkenne  die  gefahr 
nicht,  in  der  sich  die  altertumsstudien  befinden,  einerseits  stehen 
wir  jetzt  in  der  letzten  phase  einer  renaissanceperiode ,  welche  seit 
dem  ende  des  vorigen  Jahrhunderts  unserm  volke  so  manche  geistige 
schätze  gespendet  hat,  in  vieler  hinsieht  reichere,  als  sie  andere  Völker 
durch  ihre  renaissancezeit  erhalten  haben;  ja  vielleicht  sind  wir  schon 
über  sie  hinausgelangt,  noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  spielte  der 
classische  stil  bei  uns  in  den  bildenden  ktinsten  eine  hauptrolle,  war 
Bein  ansehen  auf  dem  gebiete  der  dichtung  und  litteratur  zwar  nicht 

N.  j»hrb.  f.  phil.  u.  p&d.  U.  abt.  1875.  hft  1.  j;:  1 


2  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

unangefochten,  aber  doch  im  vergleich  mit  andern  richtungen  über- 
wiegend, und  die  clast<ischen  Studien  bildeten  unstreitig  den  mittel- 
punct  aller  Sprachwissenschaft;  heutzutage  wird  der  classische  stil 
in  der  bildenden  kunst  vielfach  mager  und  nüchtern  gescholten  und 
ihm  das  Verständnis  für  den  glänz  und  reichtum  des  lebens  abge- 
sprochen, unsere  classischsten  dichtungen  haben  herbe,  zum  teil 
nicht  ungerechte  angriffe  erfahren  müssen,  und  neben  der  classischen 
Philologie  haben  sich,  abgesehen  von  dem  immer  weiteren  vor- 
dringen anderer  z.  b.  der  empirischen  und  geschichtlichen  Wissen- 
schaften, selbst  andere  Sprachstudien  auf  so  breitem  räume  gelagert, 
dasz  das  lateinische  und  griechische  kaum  noch  als  im  mittelpuncte 
auch  nur  der  Sprachwissenschaften  stehend  betrachtet  werden  kön- 
nen, audererseits  drängt  sich  die  moderne,  vielfach  auf  erfahrung 
beruhende  bildung  und  das  praktische  leben  so  mächtig  in  den 
Vordergrund,  dasz  es  zahlreiche  kräfte  in  anspruch  nimmt,  welche 
sich  früher  mehr  ungestört  den  altertumsstudien  widmeten,  so 
kann  man  sich  kaum  des  eindrucks  erwehren,  dasz  allmählich  die 
Periode,  in  welcher  das  altertum  einen  umgestaltenden  einflusz  auf 
kunst,  Wissenschaft  und  sitte  der  neueren  Völker  ausübte,  abläuft^ 
um  nicht  wiederzukehren ,  und  dasz  dasselbe  überhaupt  dem  blicke 
der  gesamthcit  der  gebildeten  immer  mehr  entschwindet,  seine 
treuen  bewunderer  aber  nur  noch  im  kreise  der  eigentlichen  gelehr- 
ten, der  Schüler,  der  höheren  beamten  und  einzelner  anderer  gruppen 
der  gesellschaft  findet. 

Auch  im  engeren  kreise  der  fachgenossen  an  den  höheren  lehr- 
anstalten  werden  immer  mehr  bedenken  gegen  die  ausdehnung  der 
altertumsstudien  auf  den  gymnasien  und  gegen  die  art  und  weise, 
wie  sie  betrieben  werden,  laut,  als  zeichen  der  zeit  sind  selbst 
solche  stimmen  zu  beachten,  wie  die,  welche  sich  wiederholt  im 
centralorgan  für  die  interessen  des  realschulwesens  hat  vernehmen 
lassen,  die  den  auf  den  g3rmnasien  gepflegten  humanismus  aufs 
schärfste  anklagt  z.  b.  jahrg.  I,  s.  162:  'der  kämpf  des  realismos 
gegen  den  humanismus  wurde  von  selbst  ein  kämpf  des  deutschtums 
gegen  das  welschtum,  des  germanismus  gegen  den  romanismus. 
die  Jesuiten  haben  wir  glücklich  zum  lande  hinausgejagt,  des  jesui- 
tismus  vetter ,  den  humanismus ,  dulden  wir  noch  immer  mit  seichter 
gleichgiltigkeit  und  kurzsichtigkeit';  s.  163:  'der  humanismus  be- 
deutete nicht  allein  blinde  begeisterung  für  lateinische  und  grie- 
chische spräche  und  kunst,  litteratur  und  rechts wesen,  er  bedeutete 
auch  Verleugnung  des  Christentums*,  von  hier  aus  scheint  kein 
weiter  weg  mehr  bis  zum  ^crasez  l'infäme.  s.  222  derselben  Zeit- 
schrift heiszt  es :  'haben  wir  die  humanismussünde  noch  nicht  genug 
gebüszt?'  s.  776:  'wo  die  reinmenschliche  bildung  zur  that  wurde, 
da  hatte  sie  in  den  schulen  die  nichtswürdigste  geringschätzung  zur 
folge,  da  machte  sie  die  Volksschulen  zu  fratzen'.  zwar  wird  eine 
derartige  gesinnung  und  anschauung  dem  gymnasium  vorläufig 
schwerlich  gefahr  bringen,     wer  sich  einer  boshaftigkeit  schuldig 


Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  3 

machen  wollte,  könnte  sogar  wünschen,  dasz  sich  noch  mehr  der- 
artige stimmen  solcher  gegen  die  jetzige  gymnasial bildung  eifernden 
Stürmer  erheben  möchten ,   wie  der  Verfasser  jener  artikel  ist ,   aus 
denen  obige   worte  entlehnt  sind,     denn  den  classischen  Studien 
könnte  vielleicht  kaum  in   der  gegenwärtigen  krisis  ein  besserer 
dienst  geleistet  werden ,  es  könnte  kaum  das  Interesse  für  sie  mehr 
erweckt  und  die  zum  teil  herschende  apathie  überwunden  werden, 
als  durch  solche  ungeheuerlichen  Übertreibungen,     es  scheint  auch, 
dasz  die  redaction  jener  Zeitschrift,   welche,   obgleich  gemäszigter, 
doch  auf  ähnlichem  standpuncte  steht,  sofern  sie  das  gymnasium 
beschuldigt,  träger  der  specifisch  antinationalen  gelehrsamkeit  ge- 
wesen zu  sein  (jahrg.  II,  s.  40),  keine  guten  erfahrungen  gemacht 
hat.    wenigstens  klagt  sie  (II;  s.  2)  darüber,  dasz  es  ihr  nicht  ge- 
lungen sei,  ihre  Zeitschrift,  wie  sie  gewünscht,  zu  einem  tumierplatz 
ftir  gegnerische  ansichtcn  zu  machen,     beklageuswerth  ist  dabei 
nnr,  dasz  unter  einer  derartigen  maszlosigkeit  in  der  kritik  der 
gymnasien  leicht  die  realschulen,    denen  kräftiges  gedeihen  und 
weitere  ausdehnung  zu  wünschen  ist,  leiden  können,     aber  wenn 
von  den  eigenen  fachgenossen  in  so  rücksichtsloser  und  aller  pietät 
ermangelnder  weise  gegen  die  anstalten  geeifert  wird,   in  die  das 
deutsche  volk  bisher  seinen  stolz  gesetzt  hat,  wie  viel  abneigung, 
nm  nicht  zu  sagen ,   hasz  gegen  sie  mag  sich  da  an  einzelnen  stellen 
angesammelt  haben,  der,  wenn  man  ihn  ganz  unberücksichtigt  läszt, 
später  dennoch  entfesselt  werden  und  argen  schaden  anrichten  kann. 
Darum  dürfte  es  gerathen  sein,  in  möglichst  weiten  Urteils- 
flüiigen  und  vorurteilslosen  kreisen  die  gründliche  prüfung  der  frage 
zu  veranlassen  oder  zu  fördern ,  ob  etwa  auf  den  gymnasien ,  bez. 
in  welchen  puncten  und  in  welcher  weise  von  der  bisherigen  aus- 
dehnung oder  strenge  in  der  behandlung  der  classischen  Studien 
etwas  nachgelassen  werden  kann,     einen  beitrag  dazu  wollen  auch 
die  folgenden  Zeilen  liefern ,  die  sich  allerdings  auf  die  preuszischen 
gymnasien  und  diejenigen,   welche  ihnen  ähnlich  organisiert  sind, 
beschränken,     bei  der  gi'oszen  rolle  aber,  welche  Preuszen  im  deut- 
schen reiche  spielt ,  und  der  macht ,   mit  welcher  sein  beispiel  und 
Vorgang  wirkt,  wird  gewis  überall  mit  Spannung  auf  die  entwicke- 
lang seines  höheren  unterrichtswesens  hingeblickt  und  mit  aufmerk- 
samkeit  verfolgt ,  was  an  ihm  von  einzelnen  Seiten  ausgestellt  wird. 
Begonnen  hat  jene  prüfung  bereits  und  auch  schon  einen  ziem- 
lichen umfang  angenommen,     unverkennbar  aber  geht  der  wünsch 
bei  einem  teile   derer,    welche    änderungen    vorgenommen   wissen 
wollen,    dahin,   dasz  der  formalismus  in  der  behandlung  der  alten 
sprachen  mehr  zurückgedrängt,  zb.  die  übermäszige  werthschätzung 
der  extemporalien   beseitigt   (vgl.   Laas,   der  deutsche   Unterricht 
8.  34 f.;  pädag.  archiv,  16r  jahrg.  s.  234ff. '),  das  sachliche  hingegen 

'  erst   als  die   vorstehende  abhandlung   bereits   fast  vollendet  war, 

gelang    es    mir.    mich   mit   jenem    aufsatz    im    pädag.    archiv,    auf  den 

i  mich  ein  freund  aufmerksam  gemacht  hatte,   bekannt   zu  machen,     die 

1* 


4  Ueber  das  griecluBche  eztemporale  in  gymnasialprima. 

und  geschichtliche  bei  der  lectiire  der  alten  Schriftsteller  mehr  be- 
rücksichtigt werde,  höchst  bezeichnend  ist  für  diese  richtung  die 
these,  welche  schulrath  Höpfiier,  damals  noch  director,  auf  der  So 
schlesischen  directorenconferenz  gestellt  und  die  Versammlung  mit 
groszer  majorität  angenommen  hat.  'die  interpretation  jedes  alten 
litteraturdenkmals  soll  vomemlich  ein  historisches  interesse  zu  er- 
wecken suchen'  (protocoU  der  conf.  s.  16).  eben  dahin  gehört  die 
gegen  nur  drei  stimmen  angenommene  these:  'die  leistungen  dei 
Schüler  sollen  nicht  weniger  nach  der  vocabelkenntnis  und  der  fer- 
tigkeit  im  Verständnis  der  autoren,  als  nach  der  grammatischen 
Sicherheit  bemessen  werden'  (s.  18).  beide  erklSrungen  werden  ge 
wis  viele  Schulmänner  mit  freuden  begrüszen  und  der  ansieht  sein, 
dasz  in  ihnen  eine  richtung  angegeben  ist,  die  jedenfalls  für  einen 
teil  der  classischen  Studien  in  den  gymnasien  mit  gröszerer  entschie- 
denheit  verfolgt  werden  musz,  als  das  bisher  geschehen  ist. 

Es  sind  nun  auf  den  preuszischen  und  den  ihnen  ähnlich  orga- 
nisierten gymnasien  hauptsächlich  drei  puncto,  gegen  welche  die  an- 
griffe sich  richten:  das  lateinisch  sprechen,  der  lateinische  aufsatz 
und  das  griechische  extemporale  in  prima. 

Was  die  beiden  ersten  puncto  betrifft,  so  soll  jetzt  hier  von 
ihnen  nicht  die  rede  sein,  um  aber  nicht  in  den  verdacht  einei 
Unterschätzung  des  formal  bildenden  Clements  in  den  alten  sprachen 
zu  gerathen ,  bekenne  ich ,  das  ich  den  lateinischen  aufsatz  erhalten 
und  auf  das  lateinischsprechen  gröszeres  gewicht  geleg^^  zu  sehen 
wünschte,  es  ist  mir  ganz  aus  der  seele  geschrieben,  was  Laas  be- 
merkt, er  wolle  nicht  dagegen  streiten,  'dasz  die  schule  zuletzt  da- 
hin führen  soll ,  einer  spräche  sich  annähernd  selbständig  in  rede 
und  Schrift  zu  bedienen'  (a.  a.  o.  s.  35);  doch  füge  ich  gleich  ihm 
hinzu:  'aber  man  sollte  den  gewinn,  der  sich  für  die  formale  ent- 
wickelung  des  geistes  aus  dieser  zu  einem  abschlusz  gebrachten  an- 
eignung  einer  fremden  spräche  ziehen  läszt,  nur  an  einer  spräche 
suchen'. 

Dagegen  soll  hier  der  versuch  gemacht  werden,  die  frage  nach 
der  beibehaltuDg  des  griechischen  extemporales  in  prima  und  des 
abiturientenscriptums  einer  eingehenden  und  möglichst  vielseitigen 
Untersuchung  zu  unterziehen ,  was  meines  wissens ,  so  vielfach  die 
Sache  auch  besprochen  ist,  noch  nicht  geschehen  ist,  namentlich 
sofern  sich  gründlicher  hierüber  nur  die  anhänger  des  alten  ge- 
äuszert  haben,  nicht  ohne  bedenken  wage  ich  diesen  versuch, 
weisz  ich  mich  dabei  doch  im  Widerspruch  mit  verehrten  fachgenos- 
sen, auf  deren  urteil  ich  hohen  werth  lege,  und  habe  zum  teil  gegen 


Verfasser  scheinen  mir,  obgleich  sie  augeDseheinlich  zu  schwarz  sehen 
und  sich  zu  allgemein  halten,  doch  in  manchen  pancten  beherzigens- 
werthes  zu  sagen;  in  einzelnen  bin  ich  zufällig  mit  ihnen  sehr  nahe 
zusammengetroffen,  diese  gedanken  liegen  eben  zum  teil  in  der  Inft: 
man  kann  kaum  ein  heft  einer  pädagogischen  Zeitschrift  aufschlagen, 
ohne  auf  sie  geführt  zu  werden. 


üeber  das  griecbische  extemporale  in  gymnaBialprima.  5 

eine  so  beredte  und  so  maszvolle  darlegung  anzukämpfen ,   wie  sie 
Bonitz  gegeben  bat  (zeitschr.  f.  d.  gymnasialwesen  XXV,  s.  708  ff.). 
Zugleich  füble  ich ,   dasz  wer  derartiges  unternimmt ,  wenn  er 
anders  auf  Wirkung  bofft,  eine  niebt  leichte  Verantwortung  Über- 
nimmt, die  einzelne  stimme,  wie  unbedeutend  sie  auch  sein  mag, 
findet,  wenn  sie  fest  und  kräftig  erschallt,  doch  leicht  einen  wieder- 
hall,  vielleicht  bei  einem  gewandteren  und  einsichtigeren,  und  all- 
mShlich  kann  sich  der  cbor  so  weit  verstärken,   dasz  er  eindruck 
macht,    und  wenn  man  sich  entschlieszt ,   die  band  dazu  zu  bieten, 
dasz  die  classischen  Studien  auf  unseren  gymnasien  an  irgend  einem 
pnncte  durchbrochen  werden ,  tritt  man  dann  nicht  auf  eine  schiefe 
ebene,  auf  der  scblieszlich  kaiun  noch  halt  zu  finden  ist?   hilft  man 
nieht  nach  seinem  schwachen  teile  die  achtung  vor  dem  altertume 
untergraben,  die  jedem,  der  aus  seinen  ewig  sprudelnden  quellen 
getrunken  hat,   das  herz  warm  macht  und  ihn  zu  unvergänglichen 
idealen  emporblicken  läszt?  und  bedarf  nicht  in  unseren  tagen  eher 
der  idealismus    als   seine   Widersacher  einer   stütze?     ernste   er- 
wägangen  in  der  that ,  die  nur  durch  den  gedanken  beschwichtigt 
werden ,  dasz  es  hier  nicht  auf  eine  Schwächung,  sondern  eine  inner- 
liche Stärkung  der  classischen  Studien  abgesehen  ist,  selbst  wenn 
sieb  ergeben  sollte ,  dasz  sich  für  ein  etwas  anders  gestecktes  ziel, 
als  das  bisherige  war,  erhebliche  gründe  anführen  lassen. 

Dasz  übrigens  in  dieser  frage  in  letzter  zeit  eine  erhebliche 
Wandelung  eingetreten  ist,  lehrt  folgende  thatsache.  auf  der  In 
dcblesischen  directorenconferenz  wurde  die  frage,  ob  es  zu  wün- 
schen sei,  dasz  an  stelle  des  griechischen  exercitiums  wieder,  wie 
früher,  eine  Übersetzung  aus  dem  griechischen  trete,  mit  22  gegen 
11  stimmen  verneint  (protokoll  s.  54  f.).  dagegen  wurde  auf  der 
3n8chlesischen  directorenconferenz  die  beibehaltung  des  griechischen 
abiturientenscriptums  mit  25  gegen  17  stimmen  abgelehnt  (protokoll 
8.  19;. 

Und  wie  lau  ist  zum  teil  die  vertheidigung  derer  geworden, 
die  für  das  griechische  scriptum  in  prima  eintreten !  es  möge  hier 
kein  besonderes  gewicht  gelegt  werden  auf  dicf  freilich  an  sich  be- 
achtenswerthen  worte  von  Laas  (L  a.  o.  s.  36) :  'ich  würde  in  prima 
gar  keine  griechischen  extemporalien  mehr  schreiben  lassen ,  wenn 
ich  nicht  erprobt  hätte ,  dasz  eine  form  derselben  auszerordentlich 
brauchbar  wäre  (soll  heiszen:  ist),  um  die  intensität  des  auf  die 
repetition  und  durcharbeitung  des  gelesenen  verwandten  fleiszes  zu 
bemessen',  worauf  er  dann  jenes  von  Bonitz  befürwortete  extempo- 
rale empfiehlt,  das  sich  im  wortgebrauch  möglichst  an  den  zu  ver- 
arbeitenden abschnitt  der  lectüre  anlehnt,  inhaltsangaben  usw. 
aber  vorsichtig  fügt  Laas  sogleich  hinzu;  'es  wird  freilich  darauf 
ankommen ,  ob  man  auf  eine  so  allgemeine  befähigung ,  dergleichen 
texte  herzustellen,  wird  rechnen  können,  dasz  man  die  anwendung 
dieser  werthvollen  handhabe  zur  controlierung  und  Vertiefung  der 
griechischen  classenlectüre  zu   einer  allgemeinen  Verpflichtung  er- 


r 
\ 


6  lieber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

heben  soll,  die  üblichen  extemporalien,  wie  sie  aus  sammelbüchern 
aufgerafft  werden ,  sind  sinnlos',  auch  in  dem  bekannten  Schimmel- 
pfengschen  vortrage  (Zeitschrift  für  das  gymnasial wesen  XXVII, 
s.  625  ff.)  wird  das  griechische  scriptum  in  prima  den  gegen  das- 
selbe eingenommenen  collegen  in  ähnlicher  weise  mit  solcher  behut- 
samkeit  empfohlen,  dasz  von  da  bis  zur  Verwerfung  kein  groszer 
schritt  ist.  vor  allem -aber  möge  hier  zu  eingehender  kenntnisnabme 
noch  auf  die  vertheidigung  des  griechischen  abiturientenscriptums 
aufmerksam  gemacht  werden,  welche  director  Heine  auf  der  dritten 
schlesischen  directorenconferenz  gibt:  Mas  griechische  extemporale 
bei  der  abiturientenprüfung  müste  fallen,  wenn  dadurch  dieleistun- 
gen  in  der  lectüre  beeinträchtigt  und  der  lehrer  genötigt  würde, 
seine  hauptarbeit,  statt  dem  Verständnis  der  autoren,  der  einübung 
syntaktischer  formen  und  regeln  zuzuwenden,  schlieszt  sich  aber 
das  griechische  extemporale ,  wie  das  ^auch  Bonitz  ....  fordert, 
immer  an  die  lectüre  an ,  so  ist  ein  geschickter  (!)  lehrer  dazu  nicht 
genötigt,  ja,  wenn  in  den  unteren  und  mittleren  classen  das  pen- 
sum  gehörig  eingeübt  ist,  so  musz,  abgesehen  von  gewissen  regeln 
über  den  gebrauch  der  modi ,  welche  der  prima  vorbehalten  sind, 
jeder  ordentliche  secundaner  bei  der  Versetzung  nach  prima  das  abi- 

turientenextemporale  leisten  können. Wol  aber  müssen  wir 

uns  hüten,  allzu  viel  grammatik  zu  treiben,  durch  die  fortschritte 
der  Philologie  und  vergleichenden  Sprachforschung  schwillt  das 
grammatische  pensum  immer  mehr  und  mehr  an'  (protokoll  s.  13). 
macht  diese  vertheidigung  nicht  fast  den  eindruck,  als  wenn  ein  ge- 
wandter anwalt  in  sehr  bedenklicher  sache  für  mildernde  umstände 
plädiert?  und  musz  man  nicht  sagen,  dasz  solche  urteile  dazu  er- 
mutigen ,  ja  fast  herausfordern ,  den  fraglichen  gegenständ  an  der 
band  der  erfahrung  einer  erneuten  prüfung  zu  unterziehen? 

Zunächst  musz  nun  mit  entschiedenheit  darauf  hingewiesen 
werden,  dasz  in  folge  der  notwendigkeit,  die  im  griechischen  er- 
zielten kenntnisse  schlieszlich  durch  ein  abiturientenscriptum  darzu- 
thun ,  der  griechische  Unterricht  in  prima  vielfach  mit  einem  über- 
masz  von  grammatischen  erörterungen  belastet  wird,  selbst  Bonitz 
gesteht  dies  zu.  er  sagt :  ^auf  der  anderen  seite  hat  das  achtungs- 
werthe  streben ,  die  prüfung  auf  der  gebührenden  höhe  zu  erhalten, 
manche  lehrer  des  griechischen  veranlaszt,  in  der  obersten  classe 
einen  übermäszigen  teil  der  eben  nur  ausreichend  bemessenen  zeit 
den  schreibübungen  zuzuwenden  und  dadurch  die  griechische  lectüre 
gerade  da  zu  beschränken ,  wo  sie  den  wichtigsten  beitrag  zur  bil- 
dung  zu  geben  vermag'  (s.  708).  dies  steht  freilich  im  Widerspruch 
mit  der  circularverfügung  über  die  abiturientenprüfung  vom  jähre 
1856.  denn  diese  warnte  in  der  ihr  eigenen  überall  zu  tage  tre- 
tenden maszvollen  weise  vor  ausschreitungen.  nachdem  sie  erklärt 
hat ,  dasz  das  griechische  scriptum  nur  dazu  dienen  solle ,  die  Sicher- 
heit der  abiturienten  in  der  formenlehre  und  syntax  zu  ermitteln, 
itlgt  sie  ausdrücklich  hinzu :   Masselbe  ist  nicht  zu  einer  stilübung 


Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  7 

bestimmt,  sondern  lediglich  dazu,  die  richtige  anwendung  der  er- 
lernten  grammatischen  regeln  zu  documentieren  ....  die  könig- 
lichen provinzialschulcollegien ,  sowie  die  directoren  der  gymnasien 
werden  genau  darüber  zu  wachen  haben ,  dasz  das  griechische  scrip- 
tom  sich  innerhalb  der  diesem  zwecke  entsprechenden  grenzen  halte' 
(Wiese,  Verordnungen  usw.  s.  212),  und  an  einem  andern  orte  ver- 
langt sie  in  grammatischer  hinsieht  nur,  Masz  der  abiturient  in  der 
formenlehre  und  den  hauptregeln  der  syntax  fest  ist'  (s.  219). 
daraus  wird  klar,  dasz  die  Prüfungsordnung  die  drohende  gefahr 
wol  erkannt  hat  und  sie  abwehren  will,  beweist  aber  das  nicht, 
wie  unmittelbar  jene  gefahr  an  die  vorhandene  einrichtung  geknüpft 
erscheint? 

Man  erwäge  nur  die  wirklichen  Verhältnisse,     der  classische 
onterricht  in  der  gymnasialprima  ist  in  letzter  zeit  an  einer  sehr 
groäzen  anzahl  preuszischer  gymnasien  in  die  bände  jüngerer  lehrer 
übergegangen,     die  grosze  zahl  neuer  gymnasien,  welche  etwa  seit 
1850  in  den  meisten  preuszischen  provinzen  pilzähnlich  in  die  höhe 
geschossen  sind,  zum  teil  in  recht  kleinen  Städten,  und  der  lange 
zeit  hindurch  herschende  auffallende  mangel  an  philologischen  lehr- 
kräften,   der  so  grosz  war,   dasz  in  einzelnen  provinzen  schulräthe 
und  directoren  fast  mit  der  diogeneslaterne  nach  schulamtscandidaten 
suchten,  und  dasz   zahlreiche  beschäftigung  von  lehrern  erfolgte, 
welche  ihr  examen  pro  facultate  docendi  noch  nicht  gemacht  hatten^ 
hat  dies  herbeigeführt,     diese  männer   sind  zum  teil  aus  neueren 
philologischen  schulen  hervorgegangen,   deren  häupter  nicht  mehr, 
wie  einst  die  groszen  heroen  der  philologie ,  so  verschiedene  selten 
des  altertums  annähernd  gleichmäszig  zu  umfassen   bemüht  sind, 
sondern  ihre  allgemein  anerkannten  und  hoch  zu  rühmenden  Ver- 
dienste in  der  einseitigen  pflege  gewisser,  namentlich  formaler  phi- 
lologischer  disciplinen ,  der  kritik ,  grammatik ,  metrik ,  der  eigent- 
lichen Sprachwissenschaft  u.  a.  erworben  haben,    die  fortschreitende 
teilung  auch  der  geistigen  arbeit  hat  dies  notwendig  gemacht ,  die 
solide  grundlegung  der  philologischen  Wissenschaft  durch  sorgfältige 
revision  und  prüfung  der  texte  war  eine  unabweisliche  forderung. 
aber  für  die  schule  ist  der  erfolg  gewesen ,  dasz  viele  jüngere  lehrer 
einen  übermäszigen  werth  auf  formale  Wissenschaft,  namentlich 
grammatik  und  metrik ,  legen ,  und  dasz  die  föhigkeit ,  die  litteratur- 
denkmäler  möglichst  vielseitig,  sprachlich,  sachlich,  geschichtlich 
und  ästhetisch  zu  betrachten ,  im  ganzen  abgenommen  hat.   es  macht 
sich  das  nicht  allein  auf  dem  gebiete  der  alten  sprachen ,  sondern 
wol  auf  dem  aller  gymnasialdisciplinen  geltend,  am  ärgsten  vielleicht 
im  deutschen,  in  welchem  gegenstände  man  so  oft  bei  beobachtung 
einzelner  lehrer  und  ihrer  trefflichen  leistungen  in  einzelnen  zweigen 
dieses  Unterrichts   ausrufen   möchte:    fehlt  leider  nur  das  geistige 
band,   allgemein  ist  die  klage  darüber,  dasz  die  Studenten  der  philo- 
logie sich  gegenwärtig  kaum  je  noch  mit  philosophie  beschäftigen, 
auch  das  interesse  für  die  andere  deutsche  litteratur  hat  unzweifel- 


8  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

haft  erheblich  abgenommen  und  wird  schwerlich  eher  wieder  leb- 
hafter erwachen,  als  bis  auf  jeder  nicht  ganz  kleinen  Universität  ein 
lehrstuhl  flir  neuere  litteratur  errichtet  und  mit  einem  manne  be- 
setzt ist,  der  es  versteht,  seine  zuhörer  nicht  blosz  durch  textkritik 
und  sprachforschende  betrachtung  anzuregen,  sondern  ihnen  auch 
ein  möglichst  harmonisches  bild  von  dem  gesamtwerthe  eines  litte* 
raturdenkmals  beizubringen  und  sie  in  den  geist  desselben  einzu- 
führen ,  endlich  auch  den  dichter  aus  dem  Charakter  seiner  zeit  und 
seines  Volkes  zu  erläutern,  dann  wird  vielleicht  nicht  mehr  hohe 
Weisheit  darin  erblickt  werden,  dasz  man^  wie  dies  in  Düntzerschen 
und  anderen  ausgaben  von  deutschen  classikem  gröstenteils  ge- 
schieht, nach  verkehrt  philologischer  sitte  alle  möglichen,  selbst  die 
verständlichsten  stellen  mit  einem  langen  aufgusse  von  interpreta- 
tion  begieszt ,  um  sie  genieszbar  zu  machen,  und  vielleicht  geht  in 
folge  einer  etwaigen  Umgestaltung  des  höheren  Schulwesens  selbst 
der  wünsch  allmählich  mehr  in  erfüllung,  dasz  die  zahl  der  lehrer 
wiederzunehme,  welche  im  stände  sind,  ihren  schülem  deutsche 
und  fremdsprachliche  gedichte  mit  solchem  ausdruck  und  Ver- 
ständnis vorzulesen,  dasz  diese  sich  daran  ein  vorbild  nehmen 
können. 

Man  verzeihe  diese  auf  anteil  an  der  Jugend  beruhende  ab- 
schweifung,  welche  durch  ein  Übermasz  von  formaler  geistesbe- 
schäftigung  in  unsern  gjmnasien  nahe  gelegt  wird,  denke  man  sich 
nun  den  griechischen  Unterricht  in  gymnasialprima  in  bänden  einea 
jüngeren  lehrers,  der  seine  zum  teil  höchst  achtungswerthen,  zu- 
weilen selbst  glänzenden  kenntnisse  vorzüglich  in  formalen  discipli* 
nen  besitzt,  wie  kann  es  da  bei  der  aussieht  auf  das  abiturienten- 
scriptum  anders  kommen,  als  dasz  er  seine  schüler  mit  gröstemeifer 
in  der  grammatik  sicher  zu  machen  sucht,  wie  fein  und  reich  ist 
nicht  diese  formenlehre  und  syntax!  und  dabei  so  anmutig  und 
geistvoll,  dasz  man  sich  immer  von  neuem  versucht  fühlt,  auf  die 
ungeheure  fülle  von  lautlicher  und  logischer  Schönheit,  von  leben- 
digkeitund  verstand  hinzuweisen,  welche  sich  in  diesen  formell  und 
Sätzen  offenbaren,  und  sie  den  schülem  durch  immer  wiederholte 
Schreibübungen  möglichst  anzueignen,  und  es  wird  doch  schlieszlich 
von  dem  abiturienten  Sicherheit  in  der  formenlehre  und  syntax  ver- 
langt! dasz  dies  an  einer  andern  stelle  des  abiturientenreglements 
auf  die  hauptregeln  der  syntax  beschränkt  wird,  kommt  bei  dem 
der  grammatik  vorzugsweise  ergebenen  lehrer  weniger  in  betracht. 
nun  sucht  er  seine  schüler  zu  festigen  und  zu  feien,  indem  er  ihnen 
um  der  gründlicfakeit  willen  zu  dem  benutzten  lehrbuche  eine  menge 
ergänzender  regeln  dictiert,  alle' 8  bis  14  tage  ein  extemporale  oder 
exercitium  fordert  und  mündlich  aus  Übersetzungsbüchem  z.  b.  Halm, 
Seyffert  u.  a.  es  ins  griechische  übertragen  läszt.  so  werden  die 
subtilen  geheimnisse  der  anwendung  oder  fortlassung  des  artikels 
—  eine  ganz  besonders  ergiebige  domäne  für  anf&nger,  und  wie 
wichtig!  —  die  feinen  onterschiede  in  der  anwendung  der  tempora. 


Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  9 

ferner  in  der  constraction  der  yerba  des  wahmehmens,  einiger  con- 
jonctionen  wie  npiv,  der  präpositionen  und  negationen,  welche  letz- 
teren eine  fast  unabsehbare  perspective  eröffnen ,  und  was  sonst  zur 
Syntax  gehOrt,  durchgenommen  und  eingeübt,  eine  unzahl  von  verben 
gelernt,  welche  besondere  constructionen  erfordern,  und  wo  die 
eehnle  dazu  nicht  ausreicht,  wird  von  eifrigen  lehrem ,  oft  mit  einer 
bei  dex  jetzigen  Sachlage  warm  anzuerkennenden  bereitwilligkeit, 
welche  auch  im  entscheidenden  augenblick  die  wichtigsten  prakti- 
schen erfolge  erzielt,  die  auszerhalb  der  Schulstunden  liegende  freie 
arbeitszeit  zu  hilfe  genommen,     denn  wenn  das  abiturientenextem- 
porale  nicht  in  der  erforderlichen  weise  fehlerfrei  ausfällt ,  so  kann 
dies  unter  umständen  über  das  Schicksal  des  prüflings  entscheiden, 
derlehrer  aber  ist,  auch  um  seiner  wissenschaftlichen  ehre  willen, 
yerpflichtet,  in  der  beurteilung  nicht  allzu  mildo  zu  sein,   ein  grober 
formfehler  und  etwa  1 — 2  etwas  mehr  ins  gewicht  fallende  syntak- 
tisdie  fehler  genügen  bei  einer  zweistündigen  arbeit,  um  sie  an  und 
fiber  die  grenze  des  ^nicht  befriedigend'  zu  bringen,    und  sollte  der 
lehrer  des  griechischen  in  ungebührlicher  weise  zur  nachsieht  geneigt 
sein,  so  wacht  die  wissenschaftliche  prüfungscommission  darüber, 
dasz  er  seine  Vorstellungen  zur  normalen  höhe  hinauf  steigere,    von 
dieser  aber  eine  misbilligung  zu  erbalten,   zumal   wenn  damit  die 
fordemng  verbunden  ist,  ihr  gutachten  sämtlichen  rhitgliedem  der 
abiturientenprüfungscommission  zur  kenntnis  zu  bringen ,  ist  etwas 
in  der  rege!  recht  empfindliches,     hingegen  kann  ein  strebsamer 
lehrer  durch  nichts  in  so  hohem  masze  die  anerkennung  der  Wissen- 
schaftlichen prüfungscommission  erringen,  die  ja  für  den  lehrer  von 
hohem  werthe  und  ein  fingerzeig  für  seine  fernere  thätigkeit  sein 
soll  und  auf  das  urteil  des  schulraths  einflusz  ausübt,  als  durch  er- 
zielang  glänzender  scripta,     denn  die  protocolle  der  mündlichen 
prOfdng,  80  sorgsam  sie  auch  abgefaszt  sein  mögen ,  geben  doch  von 
dem  geleisteten  immer  nur  ein  sehr  mattes  und  unsicheres  bild. 
hingegen  scheinen  in  den  griechischen  scripta  so  unzweideutige 
beweise  des  grades  der  aneignung  der  griechischen  spreche  zu  liegen, 
dasz  sie  eines  nachhaltigen  eindruckes  nicht  verfehlen  können,   denn 
ee  heiszt  auch  hier:  littera  scripta  manet.     es  soll  damit  kein  Vor- 
wurf erhoben  werden,     es  gibt  in   der  that  treffliche  und  ausge- 
xeichnete  lehrer  des  griechischen,  denen  es  ähnlich  gegangen  ist,  wie 
hier  geschildert  wurde,  und  gründliche  Sicherheit  im  schriftlichen 
gebrauch  der  griechischen  spräche  ist  ein  so  hohes  und  schwer  zu 
erringendes  geistiges  gut,  dasz  seine  erwerbung   manche  schatten 
zurücktreten  läszt,  ja  oft  weit  überstrahlt,    es  soll  hier  nur  nachge- 
wie-en  werden,   dasz  das  griechische  extemporale  einen  mächtigen 
drück  auf  die  betreibung  der  griechischen  grammatik  und  die  grie- 
cbiachen  schreibübungen  in  prima  ausübt,  die  dagegen  aufgerichteten 
«ihatz wehren  sind  bekannt  genug,   sie  bestehen  zum  teil  darin,  dasz 
der  auöfall  des  scriptums  nur  in  so  weit  unbedingt  maszgebend  ist, 
als  er  mit  den  schriftlichen  classenleistungen  übereinstimmt ,  zum 


10  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymuasialprima. 

teil  in  richtiger  Würdigung  der  mündlichen  leistungen.  und  in  der 
that,  wenn  diese  schütz  wehren  nicht  vorhanden  wären,  so  würde  die 
gymnasialprima  dem  formalismus  im  griechischen  noch  viel  mehr 
preisgegeben  sein;  sie  sind  also  in  gewisser  hinsieht  wirksam,  aber 
sie  erweisen  sich  nicht  kräftig  genug ;  sie  können  nicht  verhindern, 
dasz  die  erwähnten  ausschreitungen  vorkommen,  und,  wie  gelegent- 
liche mittheilungen  wahrscheinlich  machen,  zahlreich  vorkommen. 
sie  zu  beseitigen ,  wird  auch  den  provinzialschulcollegien  und  direc- 
toren  schwerlich  möglich  sein,  da  der  individualität  des  lehrers  ge- 
nügender Spielraum  innerhalb  der  gesetzlichen  bestimmungen  ge- 
lassen werden  musz.  auch  die  Warnungen  vor  übermäsziger  aus- 
dehnung  des  grammatischen,  welche  bewährte  pädagogen,  wie 
Schrader,  durch  ihre  darstellung  ertheilen,  haben  bisher  nichts 
gefruchtet,  obgleich  letzterer  so  weit  geht,  dasz  er,  was  die  grie- 
chische Syntax  betrifft,  die  selbständige  durcharbeitung  eines  gram- 
matischen lehrbuches  für  überflüssig  erklärt  (erziehungs-  und  unter- 
richtslehre  s.  416)  —  eine  freilich  gewagte  behauptung. 

Und  es  mag  immerhin  noch  sein ,  dasz  in  den  gynmasien  sehr 
groszer  städte,  in  denen  das  schulmaterial  im  allgemeinen  besser 
ist  und  bei  der  gröszeren  aus  wähl  eiuo  noch  viel  gröszere  aussonde- 
rungder  weniger  tüchtigen  demente  möglich  ist,  zumal  auf  gröszeren 
lehranstalten  wol  ziemlich  allgemein  eine  Scheidung  in  räumlich  ge- 
trennte ober-  und  unterclassen  stattfindet,  der  besprochene  übelstand 
minder  fühlbar  wird,  aber  in  den  gynmasien  kleiner  städte,  für 
welche  die  abiturientenprüfungsordnung  eben  so  gilt,  hat  man 
mit  einzelnen  abweichungen  von  den  normalen  Verhältnissen  zu 
kämpfen,  welche  neue  Schwierigkeiten  hinzufügen,  ich  glaube  nicht, 
dasz  man  von  tüchtigen  anstalten  dieser  art  im  allgemeinen  sagen 
kann,  sie  ständen  hinter  ihren  begünstigten  Schwesteranstalten  in 
volkreichen  städten  merklich  zurück,  sie  werden  vielleicht  eine  ge- 
ringere anzahl  talentvoller  schüler  besitzen  und  auf  viel  weniger  ge* 
wandtheit  und  leichtigkeit  der  auffassung  rechnen  können;  aber  sie 
erfreuen  sich  dafür  vielleicht  auch  einer  gröszeren  anzahl  von  Schü- 
lern ,  die  zwar  langsamer,  aber  auch  gründlicher  und  zäher  sind  und 
etwas  von  jener  elementaren  naturkraft  besitzen,  mit  der  das  land 
seine  be wohner  zum  groszen  teil  ausstattet,  jedenfeills  aber  ist  in 
ihnen  kein  so  regelmäsziger  fortschritt  in  der  entwicklung  und  keine 
so  ebenmäszigebildung  aller  schüler  in  allen  gegenständen  zu  erzielen, 
wie  in  gröszeren  städten.  vielfach  besitzen  jene  gy mnasien  noch 
keine  Vorschulen,  die  schüler  treten  femer  zum  groszen  teil  aus  dem 
Privatunterricht  auch  noch  in  mittlere  und  obere  classen  ein.  dabei 
ist  nicht  zu  vermeiden ,  dasz  sie ,  obgleich  sie  noch  in  einem  oder 
dem  andern  gegenstände  lücken  besitzen,  doch  in  die  classe  ange- 
nommen werden  oder  aufsteigen,  in  welche  sie  nach  der  gesamt- 
summe  der  erworbenen  kenntnisse  und  fähigkeiten  gehören,  durch 
privatfleisz  müssen  sie  sich  dann  fortzuhelfen  suchen  und  gelangen 
auch  vielfach  zu  dem  gewünschten  ziele,   da  aber  für  sie  gute  privat- 


lieber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  11 

standen  oft  kaum  zu  beschaffen  sind  und  überhaupt  die  mittel, 
schwachen  schttlem  fortzuhelfen,  in  kleinen  städten  geringer  zu  sein 
pflegen,  als  in  gröszeren,  so  wird  es  dort  bisweilen  der  fall  sein, 
dasi  man  unter  umständen  schÜler  trotz  einiger  Unsicherheit  in 
griechischer  formenlehre  und  syntax  in  gymnasialprima  aufnimmt, 
weil  man  es  fast  f(ir  ein  yerbrechen  ansehen  musz,  einen  jugendlich 
fortschreitenden  geist  um  eines  mangels  in  vielleicht  einem  gegen- 
stände willen ,  in  einer  classe  zurückzuhalten ,  und  weil  selbst  das 
abitorientenexamen  die  möglichkeit  einer  ausgleichung  zwischen  ge- 
ringeren leistnngen  in  einem  gegenstände  und  desto  befriedigenderen 
in  einem  anderen  offen  iSszt.     ich  habe  wiederholt  in  prima  schüler 
im  griechischen  unterrichtet;  welche,  obgleich  sie  im  allgemeinen  für 
diese  classe  entschieden  reif  waren ,  doch  in  der  griechischen  gram- 
matik  lücken  besaszen.   sie  haben  dabei  zum  teil  ganz  treffliches  in 
der  lectüre  geleistet  und  das  im  Plato  und  Thukydides  gelesene  mit 
feinem  Verständnis  aufgefaszt.    sie  sind  schlieszlich  ^  weil  sie  gewis- 
senhaft und  nicht  ohne  anlagen  waren ,   als  abiturienten  auch  dazu 
gelangt,  befriedigende  griechische  scnpta  anzufertigen,  aber  wie  viel 
zeit  haben  sie   auch  mit  lernen  von  grammatischen  formen   und 
regeln  und  mit  schriftlichen  Übungen  verbringen  müssen ,   um  die 
reste  von  Unsicherheit  in  formenlehre  und  syntax  zu  beseitigen,  eine 
zeit,  die  nach  meiner  ansieht  viel  zweckmäsziger  und  erfolgreicher 
aof  privatlectüre  hätte  verwandt  werden  können,     oder  waren  sie 
etwa  deshalb  unfähig,  Xenophon  oder  leichtere  dialoge  Plato's  oder 
Eoripides  für  sich  zu  lesen ,  weil  sie ,  vielleicht  in  augenblicklicher 
Zerstreuung,    iQr\   bildeten    statt  f9r]K€V,    oder  reOveuTav   statt 
TEOveukav,  und  weil  ihnen  in  folge  eines  nicht  exacten  Jugend  Unter- 
richts hin  und  wieder  ähnliches  begegnete?     wurden  sie  dadurch 
Terhindert,   ein  in  der  lectüre  ihnen  vorkommendes  ^dr]K€V  oder 
T€Ov€(jjcav  sofort  zu  verstehen?  es  ist  ja  sichere  einübung  einer 
spräche  bis  zu  mündlichem  und  schriftlichem  freiem  gebrauch  zur 
formalen  bildung  erforderlich,     da  aber  hierfür  das  lateinische  be- 
stimmt ist,  welches  freilich  zu  diesem  zwecke  nicht  überall  ge- 
nflgend  ausgebeutet  wird ,  so  begnüge  man  sich  damit  und  benutze 
das  griechische  vorzugsweise,   um  in  geist,   leben  und  sitte   des 
altertums   tiefer  einzuführen   und   das    Verständnis   fCir   die  ewig 
giltigen    moster    der   verschiedensten   stilgattungen   mehr   aufzu- 
sdüieszen. 

Denn  leider  ist  die  folge  eines  Übermäszigen  betreibens  der 
grammatik ,  dasz  deshalb  die  anderen  Seiten  des  gi*iechiscben  Unter- 
richts zu  kurz  kommen,  dasz  auf  die  lectüre  und  bei  dieser  auf 
antiquitäten ,  archäologie,  mythologie,  litteratur  und  das  eigentlich 
p'>?ti5che  nicht  die  gebührende  rücksicht  genommen  wird,  zwar  in 
der  absieht  der  abiturientenprüfungsordnung  liegt  das  nicht,  denn 
fcie  verlangt  mündliche  Übersetzung  einer  prosaischen  und  dichteri- 
schen stelle  und  fordert  bei  der  mündlichen  prüfung  noch  folgendes: 
*bei  der  erklärung  Tder  vorgelegten  schriftsteiler)   sind  geeigneten 


12  Ueber  das  grieclusche  extemporale  in  gymnasialpriina. 

ories  aus  der  metrik ,  mythologie ,  altertumskunde  usw.  fragen  an- 
zuknüpfen' (Wiese  a.  a.  o.  s.  216j.  aber  die  wirklieben  yerbSltnisse 
sind  von  der  art ,  dasz  diese  forderung  oft  genug  unerfüllt  bleibt 
oder  nur  sebr  mangelhaft  beacbtet  wird,  und  das  kann  kaum 
anders  sein,  die  Prüfungsordnung  gestattet,  dasz  an  einem  tage 
zusammen  12  examinanden  geprüft  werden,  setzen  wir  nun  nicbt 
gleich  diesen  äuszersten  fall,  sondern  nehmen  wir  an,  dasz  etwa 
8  examinanden  zugleich  geprüft  werden  sollen,  was  sehr  bftufig 
vorkommt,  so  musz  die  prüfung  erfolgen  in  religion ,  in  lateinischem 
und  griechischem  prosaiker  und  dichter ,  in  geschiebte  und  matiie- 
matik,  also,  da  dichter  und  prosaiker  jeder  zu  gebührendem  rechte 
kommen  sollen,  im  ganzen  in  7  gegenständen,  nehmen  wir  mm 
an,  dasz  die  prüfung  von  8uhr  morgens  bis  8  uhr  abends  mit  Unter- 
brechung von  1 — 2  stunden  dauere  —  eine  fast  schon  über  das  ge- 
wöhnliche masz  menschlicher  kraft  hinausgehende  zeit  —  und  dan 
das  verlesen  der  protokolle,  die  feststellung  der  prädicate  und  über- 
haupt die  berathung  auch  etwa  2  stunden  in  anspruch  nehmen,  80 
bleiben  für  die  eigentliche  prüfung  nur  8 — 9  stunden  übrig,  d.  b« 
für  jeden  schüler  etwa  1  bis  l^g  stunde,  für  jeden  gegenständ  bei 
je  einem  schüler  etwa  8 — 9  minuten,  und  da  die  gegenstftnde» 
welche,  wie  mathematik,  religion  und  geschichte  nur  einmal  ver- 
treten sind  und  doch  mehrere  disciplinen  umfassen  und  eine  grössere 
menge  positiven  Wissens  erweisen  sollen ,  in  der  regel  mehr  zeit  er- 
fordern ,  so  bleiben  für  die  Übersetzungen  durchschnittlich  etwa  nur 
7 — 8  minuten,  die  sich  auch  unter  günstigen  umbtftnden  nicht  viel 
über  10  minuten  steigern,  da  man  nun  dem  prüfling  doch  eine& 
längeren  abschnitt,  etwa  ein  halbes  capitel  aus  Cicero  oder  zwei 
Paragraphen  aus  Xenophon  oder  12 — 16  verse  Homer  oder  Hom 
vorlegen  musz ,  um  ihn  dem  zufall  nicht  allzusehr  preiszugeben ,  dft 
namentlich  bei  der  lectüre  des  Horaz  die  fragen  nach  der  metrik 
unvermeidlich  sind  und  einigen  räum  einnehmen ,  so  bleibt  für  die 
fragen  nach  altertumskunde  und  mythologie  nur  die  geringste  zeit 
^^ngi  Jä  8i<)  fallen  groszenteils  ganz  fort,  ist  es  doch  oft  in  der 
that  recht  schwer,  besprechungen  Über  gegenstände  der  altertuma* 
künde  an  einzelne  nicht  nach  solchem  gesichtspuncte  ausgewählte 
noch  nicht  gelesene  stellen  z.  b.  aus  Cicero's  philosophischen  Schrif- 
ten ,  Xenophon  oder  Arrian  anzuknüpfen,  es  bedürfte  dazu  oft  be- 
sonderer geschicklichkeit  oder  eines  gelinden  zwanges.  hingegen 
ist  es  zum  teil  unvermeidlich,  zum  teil  wenigstens  so  verführerisch» 
eine  menge  grammatischer  fragen  anzuschlieszen ,  dasz  dies  wol  nie 
unterbleibt,  obgleich  es  in  der  Prüfungsordnung  durchaus  nicht  ver* 
langt  wird,  selbst  an  die  Homerübersetzung  drängen  sich  zahlreidio 
fragen  nach  homerischen  formen ,  metrischen  gesetzen  und  ähnlichem 
heran,  um  dem  verrufenen  dilettantismus  entgegenzuarbeiten«  ob 
aber  der  prüfling  sich  ein  richtiges  bild  von  Charakter  und  wesen  der 
llias  macht ,  wird  in  der  regel  wol  nicht  ermittelt,  ich  glaube  daher 
auf  Zustimmung  vieler  coUegen  rechnen  zu  können ,  wenn  ich  aagOi 


Ueber  das  griechiBcbe  eztemporale  in  gymnasialprima.  13 

dasz  das  abiturientenexamen  kein  bild  davon  gibt,  wie  weit  es  dem 
abitorienten  gelangen  ist,  sich  durch  fleisz  und  lebendiges  eindringen 
in  die  ansehaunng  von  den  wirklieben  zuständen  und  Verhältnissen 
des  aliertams  eine  richtige  Vorstellung  von  demselben  zu  bilden» 
iwar  kann  durch  beschrftnkung  der  mündlichen  prüfung  auf  je  einen 
Schriftsteller,  prosaiker  oder  dichter,  einige  abhilfe  geschafft  werden, 
in  wirUidikeit  ist  mir  dies  aber  noch  nicht  vorgekommen,  auch  habe 
ich  noch  nicht  gehört,  dasz  es  an  anderen  orten  zur  anwendung  ge- 
kommen sei. 

Was  aber  bei  der  abiturientenprüfung  eine  untergeordnete 
rolle  spielt,  das  tritt  leicht  auch  Überhaupt  zurück,  während  jeder 
abitorient  mit  eifer,  in  manchen  fällen  mit  ängstlicher  besorgnis 
danach  trachtet ,  sich  die  erforderliche  kenntnis  der  grammatischen 
r^eln  und  Sicherheit  in  der  Übersetzung  aus  dem  deutschen  ins 
griechische  anzueignen,  betrachtet  er  groszenteils ,  was  er  sich  an 
keontnissen  aus  der  altertumskunde  aneignet,  als  ein  überverdienst- 
liches und  überflüssiges  werk,  das  zu  treiben  zwar  ergötzlich  ist, 
das  aber  doch  nur,  soweit  es  die  oft  knapp  bemessene  zeit  gestattet, 
betrieben  werden  kann,  darum  greift  er,  wenn  er  sich  zum  examen 
tfichtig  machen  will ,  meist  lieber  zu  seiner  grammatik  oder  zu  einem 
leit&den,  der  ihm  die  geheimnisse  der  sjntax  in  nuce  darreicht, 
wie  der  gewis  gediegene  von  Seyffert  oder  der  von  Lindtner  dies 
thnt,  oder  zu  den  vom  lehrer  dictierten  regeln,  als  etwa  zu  einer 
privatlectüre  wie  Isokrates  Areopagiticus ,  aus  der  er  so  manche 
kenntnis  des  altertums  gewinnen  kann,  oder  zu  Xenophon'js  Helle- 
nika  oder  zum  quellenbuch  für  die  alte  geschichte ,  welches  wol  ge- 
eignet ist,  die  classischen  Studien  mit  den  geschichtlichen  zu  ver- 
binden, und  da  wundert  man  sich  noch,  wenn  die  privatlectüre 
immer  mehr  abnimmt,  wenn  jene  schüler  immer  seltener  werden, 
die  sich  früher  doch  noch  häufiger  fanden ,  welche ,  wenn  sie  die 
«niversit&t  bezogen,  bereits  zahlreiche  griechische  Schriften  für  sich 
gelesen  hatten? 

Selbst  die  genügende  kenntnis  der  griechischen  spräche  wird 
nicht  einmal  immer  durch  das  griechische  abiturientenscriptum  er- 
ikit.  es  wird  ja  nur  Sicherheit  in  der  formenlehre  und  den  haupt- 
Rgehi  der  sjntax  verlangt,  ein  immerhin  dehnbarer  begriff,  der 
bewirkt  haben  mag,  dasz,  wie  Bonitz  behauptet  (s.  708),  in  man- 
chen fmien  'aufgaben  zum  übersetzen  ins  griechische  gestellt  sind, 
welche  als  aufgaben  einer  schluszprüfung ,  einer  prüfung,  welche 
die  reife  zum  Universitätsstudium  zu  ermitteln  hat,  zum  mindesten 
gesagt  nicht  als  schicklich  erscheinen  können',  es  wird  also  auf 
ToUkommene  Sicherheit  in  diesem  gegenstände  verzieht  geleistet, 
augenscheinlich  weil  die  forderung  sonst  zu  weit  gehen  würde, 
und  das  stilistische  wird  grundsätzlich  ausgeschlossen,  ist  es  nun 
aber  schon  in  einzelnen  fällen  schwer,  die  richtige  grenze  zwischen 
grammatik  imd  Stilistik  zu  finden  z.  b.  bei  dem  capitel  von  dem  ge- 
brauch einzelner  conjunctionen  wie  irpiv,  ujct€,  ujc,  von  den  relativ- 


16  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnaaialpriiiia. 

Dieser  plan  soU  nur  eine  ungefähre  Vorstellung  von  dem  um« 
fange  der  unter  solchen  Verhältnissen  möglichen  lectüre  geben  und 
würde  sich  je  nach  umständen,  namentlich  bei  geteilter  ober-  und 
Unterprima  leicht  umgestalten  lassen,  kurz  es  würde  möglich  sein, 
fast  um  die  hälfte  mehr  zu  lesen,  als  bisher  geschehen  ist.  zugleich 
würde  die  gröszere  ausdehnung  der  lectüre  in  der  schule  bei  den 
durch  keine  schrecken  eines  abiturientenscriptums  geängstigten  und 
ihre  zeit  nicht  mehr  zur  erzielung  desselben  verwendenden  prima- 
nein  dahin  führen,  dasz  sie  um  so  eifriger  privatlectüre  treiben« 
wie  auch  das  abiturientenexamen  auf  die  förderung  derselben  noch 
einen  kleinen  druck  ausüben  könne,  soll  später  gezeigt  werden. 
sollten  aber  die  gehegten  hoffnungen  überspcuint  erscheinen,  so 
möge  man  bedenken ,  dasz  mit  der  ausgedehnteren  lectüre  sich  vor- 
aussichtlich eine  immer  wachsende  leichtigkeit  in  dem  überblick 
über  nicht  schwierige  partieen  der  schulschriftsteller  und  ihrem  Ver- 
ständnis wie  ihrer  Übertragung  einstellen  würde. 

Dieser  eben  geführte  beweis  scheint  mir  auch  die  nicht  zu  wi- 
derlegende haupteinwendung  gegen  den  von  Bonitz  gemachten  Vor- 
schlag zu  enthalten,  der  allerdings  unter  den  gegenwärtigen  um- 
ständen die  allgemeinste  beachtung  verdient,  bekanntlich  geht 
derselbe  (s.  716)  dahin,  dasz  der  lehrer  inhaltsangaben  und  aoszQge 
aus  den  in  der  schule  gelesenen  Schriftstellern  z.  b.  Platonischen 
dialogen  und  Demosthenischen  reden  ^  ferner  erörterungen  über  den 
anlasz  oder  den  zweck  einer  rede ,  über  die  zeit  in  der  sie  gehalten 
ist,  über  das  ergebnis  eines  dialogs  usw.  griechisch  so  abfasse, 
dasz  dabei  der  durch  die  lectüre  den  schulen  zugeführte  wortschati 
schlechterdings  nicht  überschritten  wird,  imd  die  deutsche  Über- 
setzung davon  als  extemporale  dictiere.  das  extemporale  werde 
auf  diese  weise  nicht  blosz  eine  Übung  in  formen-  und  satzbildung, 
sondern  eine  erprobung  der  erworbenen  Sprachbildung  überhaupt; 
es  begleit«  nicht  blosz  die  prosaische  lectüre,  sondern  unterstütze 
dieselbe  auf  das  wesentlichste;  die  präparation  werde  dadurch 
gründlicher,  die  aneignung'des  gesamten  Sprachschatzes  fester,  und 
damit  steigere  sich  auch  die  beföhigung  zu  rascher  fortschreitender 
lectüre;  die  schüler  wüsten,  dasz  ihnen  der  auf  die  lectüre  ver- 
wandte fieisz  auch  für  ihre  leistungen  im  schreiben  zu  gute  käme. 

Indessen  ganz  ohne  bedenken  scheinen  mir,  auch  abgesehen  von 
dem  obigen  haupteinwande ,  diese  vorschlage  nicht,  sie  sind,  wenn 
auch  von  Bonitz  mit  besonderem  nachdrucke  eingeführt,  nicht  gani 
neu.  nur ,  dasz  die  texte  auch  auf  einleitungen  und  betrachtungen 
über  die  gelesenen  stücke  ausgedehnt  werden  und  —  ein  umstand 
von  besonderer  Wichtigkeit  —  ursprünglich  griechisch  abgefaszt 
werden  sollen,  ist  eine  neue  förderung.  sonst  waren  metaphrasen 
tmd  Paraphrasen  gelesener  griechischer  und  lateinischer  abschnitte 
schon  von  Seyffert,  Ferd.  Schultz  und  anderen  seit  jähren  in  ihre 
Übungsbücher  aufgenommen,  und  praktische  Schulmänner  haben, 
wie  auch  gelegentlich  auf  Versammlungen  erwähnt  ist,  schon  lange 


üeber  das  giiechiBcbe  extexnporale  in  gymnasialprima.  17 

«ine  ähnliche  methode  befolgt,     man  bat  also  bereits  seit  längerer 
xeit  gelegenbeit  gebabt,  die  Vorzüge  dieser  methode,  die  sich  jedem, 
der  sie  ?ersacbt ,  unverkennbar  ergeben ,  zu  erproben,     und  haben 
etwa  trotz  alledem  die  übersetznngsbttcher   von  Böhme,   Frank, 
Halm,  Haacke,  Sejffert  u.  a.  abgenommen?     ist  nicht  in  neuerer 
zeit  noch  ein  viel  verwandtes  buch  von  Wendt  und  Schnelle  hinzu- 
gekommen, zwei  schulmSnnem ,  von  denen  namentlich  der  erstere 
in  weiten  kreisen  als  tüchtig  bekannt  ist?   hat  also  die  sache  viel- 
leicht doch  einen  verborgenen  haken?     ich  fürchte:  ja.     Bonitz 
beizt  zum  teil  ideale  lehrer  voraus ,  die  selbst  halbe  Sprachkünstler 
im  griechischen  sind,  die  etwa  im  stände  sind,  Steinhartsche  einlei- 
tongen  zu  Plato  griechisch  abzufassen  oder  ähnliches  zu  leisten,  und 
dem  gegenüber  bleibt  Laas  berechtigt  zu  bezweifeln ,  ob  man  auf 
eine  so  allgemeine  befftfaignng  dergleichen  texte  zusammenzustellen, 
rechnen  kann,    zum  teil  aber  weist  Bonitz  die  lehiier  auf  die  inhalts- 
angaben  hin,  welche  freilich  leichter  zu  beschaifen  sind;   aber,  da 
im  griechischen  Unterricht,  jedenfalls  in  prima,  das  formal  bildende 
element  viel  mehr  zurücktritt,  als  im  lateinischen,  so  kann  eine  der- 
artige behandlung  der  oft  so  vorzüglichen  texte  fast  wie  ein  unrecht 
erseheinen,  das  man  an  den  alten  Heroen  begeht,     oder  sollte  es 
nicht  auch  auf  andere  einen  niederschlagenden  eindruck  machen, 
wenn  man  auf  diese  weise  die  groszen  antiken  stoffe  zu  kurzwaaren 
verarbeiten  musz?   und  macht  es  auf  die  Jugend  anregenden  ein- 
drock,  wenn  man  ein  so  treffliches  material  zu  neuem,  jedenfalls 
nicht  besserem  teig  umknetet?   oder  beschleicht  sie  dabei  nicht  viel- 
leicht doch  die  empfindung,   dasz  damit  das  grosze  in  den  staub 
gezogen  und  die  graue  theorie  an  stelle   des  frischen  grünenden 
lebens  getreten  ist?     wenigstens  gibt  es,  glaube  ich,  höhere  auf- 
gaben, vor  allem  die,  auf  allseitig  eingehendes  Verständnis  gestützt, 
eine  klare  anschanung  des  antiken  Schriftstellers  zu  gewinnen. 

Und  wie  wird  es  mit  dem  abiturientenscriptum  ?  eine  Inhalts- 
angabe von  wenigen  capiteln  genügt  alsdann  nicht,  da  sie  einerseits 
dem  zu/all  zu  viel  Spielraum  gibt,  andererseits  die  mitglieder  der 
ahiturientenprüfungscommission  bez.  der  wissenschaftlichen  prü- 
fongscommission  im  unklaren  darüber  lassen  würde,  welche  phrasen 
bei  dem  schüler  als  unmittelbar  aus  der  lectüre  entnommen  ange- 
«dien  werden  mtlssen.  ein  Stückchen  einleitung  oder  betrachtung 
llber  das  gelesene  herzustellen  wird  manchem  lehrer,  zumal  bei  den 
engen  grenzen  der  aufgäbe ,  gegenüber  der  scharfen  controle,  die  an 
ihm  geübt  wird ,  so  gewagt  erscheinen ,  dasz  er  lieber  darauf  ver- 
zichtet, er  wird  dann  also  doch  wahrscheinlich  zu  einem  stücke  von 
ähnlichem  inhalte,  wie  der  der  lectüre  war,  greifen,  wenn  Thuky- 
dideä  gelesen  ist,  etwa  zu  einem  andern  abschnitte  aus  Thukydides 
oder  Xenophons  Hellenika,  wenn  Plato  gelesen  ist,  etwa  zu  einem 
andern  abschnitte  aus  Plato,  der  aber  sehr  schwer  zu  finden  sein 
dftrfte,  oder  aus  Xenophons  memorabilien.  und  wenn  Demosthenes 
gelesen  ist?    es  wird  schwer  sein ,  verwandtes  zu  finden ,  da  er  in 

S.  JAhrb.  f.  phil.  u.  päd.  U.  abt.  1875.  hft.  1.  2 


18  lieber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

jeder  rede  so  eigenartig  und  in  seinem  ausdrucke  so  bezeichnend 
und  überlegt  ist,  dasz  er  auf  andere  Sachen,  als  die  vorliegende,, 
kaum  übertragen  werden  kann,  jedenfalls  aber  wird  der  lehrer 
dann  immer  einen  schweren  stand  haben ,  da  er  sehr  ernstlich  die. 
gefahr  meiden  musz ,  dasz  das  ezamen  nicht  als  ein  besonders  vor- 
bereitetes erscheine,  worüber  gelegentlich  auch  klagen  erhoben, 
worden  sind,  und  dasz  diejenigen ^  welche  mit  über  die  abiturienten- 
prüfung  zu  wachen  haben ,  nicht  zu  sehr  im  dunkeln  erhalten  wer- 
den über  das ,  was  man  als  aus  dem  gelesenen  Schriftsteller  entlehnt 
ansehen  musz. 

Ein  anderer  punkt  sei  nur  um  derer  willen  erwähnt,  die  fOr 
ihn  besondere  verliebe  hegen,  es  herscht  an  einzelnen  anstalten  die 
sitte  und  wird  auch  wol  von  provinzialschulcollegien  empfohlen,, 
dasz  zu  derselben  zeit  immer  nur  ein  Schriftsteller,  entweder  pro- 
saiker  oder  dichter  gelesen  wird ,  dann  aber  in  allen  zur  Verfügung 
stehenden  stunden,  dies  würde  bei  Bonitz'  verschlag  aufhOren 
müssen,  da  man  dann  gezwungen  ist,  sich  immer  einen  prosaiker 
behufs  Sicherung  bez.  einübung  grammatischer  formen  und  regeln. 
zu  halten. 

Einzelne  der  vorgebrachten  gründe  würden  fortfallen ,  wenn, 
wie  von  einzelnen  Seiten  als  wünschenswerth  angesehen  wird,  zwar 
die  griechischen  schreibübungen  in  prima  im  allgemeinen  erhalten. 
bleiben,  aber  doch  das  abiturientenscriptum  fortföJlt.  einiges  von. 
dem  auf  der  lectüre  lastenden  drucke  würde  dadurch  hinwegge* 
nommen,  aber,  wo  der  griechische  Unterricht  in  den  bänden  eifrijger 
das  formale  stark  betonender  lehrer  ist,  würde  in  der  hauptsache- 
doch  nicht  viel  geändert  werden,  auch  ist  zu  befürchten,  dasz  den 
Schülern  bald  die  schreibübungen  nur  als  Überflüssige  last,  als 
zurückgestellte  arbeiten  einer  untergeordneten  gattung  erscheinen 
würden,  denen  eben  nur  besonders  begabte  lehrer  ein  höheres  anseim 
verschaffen  könnten. 

Es  bleibt  endlich  noch  Übrig,  die  gründe  zu  prüfen,  welche 
gegen  den  fortfall  des  griechischen  scriptums  angeführt  werden* 
Bonitz  erklärt  (s.  713),  die  unausbleibliche  folge  davon  sei,  dasz  sn* 
nächst  unter  den  schüJem  eine  solide  kenntnis  des  griechischen  zum 
eigentum  einer  kleinen  auserlesenen  schaar  werden  wird,  und  dasz. 
bald  genug  an  einem  groszen  teile  der  gymnasien  selbst  der  grie- 
chische Unterricht  zu  dilettantischer  leichtigkeit  herabsinkt,  diese 
ansieht  wird  von  vielen  trefflichen  coUegen  geteilt,  scheint  mir  aber 
doch  auf  übertriebener  besorgnis  zu  beruhen,  es  fehlt  auch  eme- 
eigentliche  directe  begründung  der  behauptung  und  ist  wol  kanm 
je  versucht,  auch  dürfte  sie  schwierig  genug  sein,  denn  zunächst 
steht  fest,  dasz  man  nicht  im  allgemeinen  den  satz  aufstellen  darf: 
gründliche  kenntnis  einer  spräche  ist  unmöglich  ohne  schriftliche 
Übungen  in  derselben,  dagegen  spricht  das  beispiel  unserer  docen- 
ten  und  Studenten,  unter  letzteren  ist  gewis  eine  grosze  ansahl 
solcher,  die  im  allgemeinen  als  recht  tüchtig  bewandert  im  griechi-- 


ütUm  Au  griMliiKlie  nUmponle  In  g7niBaiiAlpr!ii&'  19  ' 

achen  bezeich  wer(  kSiuuai,  und  von  dmcB'  imn  doch  gv* 
Icgentüch,  seiest  wenn  >ie  «if  dem  gymaannm  emen  tflchti^B' 
Dstemcbt  genofsen  baben,  in  den  inarien,  in  denen  Ae  Bohrift- 
Ikkn  Dbungen  teils  fortÄU  ,  i  nur  Ua  betrieben  irarden, 
nemlicb  baarGtrSubetid»  gri«ci  ne  foniun  ro  hSrsn  bekonunea 
Iuhd.  diBi  mag  nicht  löbÜcli  b  i,  wird  sjoh  aber  bei  der  emseitig- 
Veit,  mit  der  sich  gerade  tO  j  i  lenten  auf  gewisse  qrameDe 
■nfgaben  werfen ,  nicht  rermi  i  .     soll  man  sie  daräm  dea 

diktlBiitismiu  anklagen  ?'^erf     rm    i     taig  zeigt  dieser  gerade  oft 
■  oe  beimtans  nnu  nniglDeit.  in  der  saduihmenden 

fonnea',  and  was  ibm  fthlt,  ist  meistena  das 

VBd  Belbst  dUBflitige  interesBe  fOir  die  tiefere  erfaBsiing 
I  in  der  geeamtheit  seiner  bedehongen.  ttbrigens  ist 
nf  da  gymnasinm  der  lebrer  daza  da,  om  die  erfraderliclie 
bnfads  TOB  formen  and  regeln  darch  mtlndliche  Obnngen  m 
Kkn. 

üad  mnun  soll  ibm,  dies  dareh  die  lectflre  za  erreichen,  on- 
wX^A  sein?  jede  stunde,  in  der  ein  proniker  gelesen  wird ,  mosz 
tiee  ftOe  grammatisolier  beobachtangen  bringen,  und  es  Ist  keines- 
ngi  tbsidit  dieser  seilen ,  das  gebtt^ende  interesse  ftlr  grammatik 
iMiwIehen  zu  helfen,  vielm^  soll  hier  in  gewisser  lunsicht  nnr 
IM  fortechritt  empfohlen  werdeb,  der  auf  anderen  gebieten  gofaon 
ingBlreten  ist  und  gute  ftHehte  getragen  hat,  der  vom  schriftlieben 
HB  Mflndlicben  verMiivn,  welches,  wenn  es  auch  unter  umatgnden 
■Ar  «oft  spiel  setst,  doch  im  ganzen  mehr  beweglichkeit  und  riel- 
■ili^ait  gestattet  und  nicht  in  so  enge  kreise  zwingt. 

Üad  welche  mittel  hat  nicht  der  lehrer  in  hOnden ,  um  dnroh 
wtidliehe  besprechungen  die  lectllre  in  jeder  faindoht,  also  auch  fllr 
S$  aumnatik  firoehtbar  zu  machen  I  zonfichst  darf  er ,  namentlieh 
im  BobBge,  wo  langsamer  voi^sbhritten  wird,  die  gelegenheit 
liAt  Torttbetgehen  lassen,  die  hauptsSchlichaten  gnunmstisi&en 
Wiwgumgan  in  der  weise  gegenwärtig  zu  halten,  dasz  ernoch- 
:vrist,  KU  welchem  gründe  an  der  betreffenden  stelle  gerade  diese 
ad  ^eht  eine  andere  sonst  mögliche  form  oder  constmction  gewShlt 
jd.  wo  aiidi  tener  eine  Unsicherheit  zeigt,  kann  er,  weiter  aos- 
etwa  die  formen  eines  verbs  oder  mehrerer  verwandter  im 

Jiihange  geben  lassen,  allgemeine  sprachliche  formengesetze 

kerinnermig  bringen  oder  eine  regel  bez.  einen  complex  von  regeln 
is  ihrer  inneren  bedeotnng  und  logischen  absieht  entwickeln,  indem 
tTTielleicbt  andere  sprachen,  namesttich  die  lateinische  und  deutsche, 
Br  vergleichnng  heranzieht,  er  kann  femer  verlangen,  dasz  die 
tetOler  sich  nicht  nnr  alles  besprochene  wol  merken,  sondern  auch, 
sie  etwa  unsicher  sind,  durch'  private  Wiederholung  eines  capi- 
ans  der  grammatik  nachhelfen,  und  er  wird  gut  thun,  sich  in 
ia  nJkhetfolgenden  stunde  ^les  besprochene  noch  einmal,  ohne 
■önerseita  hülfe  zu  gewähren,  .auseinander  setzen  zu  lassen,  vor 
kann  er  auch  verlangen,  dasz  sich  die  fcbfller  das  in  der  vor- 


20  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

hergehenden  stunde  gelesene  so  weit  angeeignet  haben,  dasz  sie  im 
stände  sind ,  alle  vocabeln ,  phrasen  und  sprachlichen  eigent&mlich- 
keiten  nach  einer  ihnen  vorgesprochenen  deutschen  Übersetzung  ins 
griechische  zurück  zu  Übersetzen  und  so  die  gedanken  und  aosdrucks- 
formen  des  Schriftstellers  noch  einmal  im  schüler  entstehen  lassen. 
seit  Jahren  wenden  zahlreiche  coUegen  mündliche  retro Versionen 
ganzer  capitel,  entweder  während  des  ganzen  cursus  (namentlich  in 
secunda),  oder  wenigstens  während  der  zeit,  wo  die  lectüre  eine 
mehr  statarische  ist ,  an.  und  soll  dieselbe  mehr  cursorisch  werden, 
so  kann  man  nach  belieben  sich  auf  inmier  weniger  vocabeln,  phrasen 
und  sprachliche  beobachtungen  beschränken,  indem  man  nur  das 
bedeutsamste  herausgreift,  und  diese  Übungen  gewähren  im  ganzen 
denselben  nutzen  wie  die  von  Bonitz  vorgeschlagenen  inhaltsan- 
gaben  usw.,  sofern  sie  aber  viel  reichlicher  eintreten  können,  einen 
noch  gröszeren.  dabei  verlangen  sie  vom  lehrer  nichts  zu  schwie- 
riges, sie  verlangen  nicht,  dasz  er  ein  Sprachkünstler  im  griechi- 
schen sei.  auch  muten  sie  ihm  nicht  zu ,  in  einer  doch  zum  teil 
willkürlichen ,  wenn  nicht  unvollkommenen  weise  den  Schriftsteller 
zu  einem  mischgerichte  klein  zu  hacken,  sondern  lassen  ihn  gezie- 
mend bei  den  eigensten  werten  und  gedanken  des  Schriftstellers 
verweilen,  die  sie  nur  möglichst  fest  einzuprägen  suchen,  und 
darum  musz  es  auch  bei  einigem  guten  willen  der  provinzialschnl- 
coUegien,  directoren  und  lehrer  möglich  sein,  diese  Übungen  im 
retrovertieren  oder  wenigstens  in  der  gründlichen  aneignung  von 
vocabeln,  phrasen  und  allem,  was  zu  den  eigentümlichkeiten  der 
spräche  gehört,  immer  allgemeiner  zu  machen,  und  gegenwärtig 
verfügen  die  gymnasien,  wie  es  scheint,  über  wissenschaftlich  so 
tüchtig  gebildete  lehrer,  dasz  es  nicht  wahrscheinlich  ist,  dieselben 
würden  diese  Übungen  nicht  auf  angemessener  höhe  erhalten. 

Nun  nehme  man  noch  eines  hinzu,  wer  den  f ortfall  des  grie- 
chischen abiturientenscriptums  wünscht,  wird  darum  noch  nicht  den 
fortfall  der  giiechischen  schreibübungen  in  den  classen  bis  secunda 
wünschen,  in  ihnen  sollen  sie  vielmehr  die  gebührende  nicht  an- 
bedeutende steUung  einnehmen,  und  es  scheint  allerdings ;  obgleidl 
es  von  einigen  Seiten  abgelehnt  wird,  wünschenswerth ,  die  Ver- 
setzung von  secunda  nach  prima  in  ähnlicher  weise,  wie  das  im 
lateinischen  bei  den  realschulen  Ir  Ordnung  der  fall  ist,  an  ein  be- 
friedigendes griechisches  scriptum  zu  knüpfen. 

Was  etwa  gegen  diese  einrichtung  eingewandt  wird,  scheint 
mir  nicht  stichhaltig,  zunächst  glaube  ich  mich  auf  zahlreiche  col- 
legen  berufen  zu  können ,  welche  in  den  oberen  classen  einer  real- 
schule  Ir  Ordnung  im  lateinischen  unterrichten,  und  ihre  Zustim- 
mung zu  erhalten,  wenn  ich  behaupte:  wo  diese  realschalen 
Ir  Ordnung  nicht  vernachlässigt  sind;  wo  die  Versetzungen  mit  ge* 
bührender  strenge  erfolgen;  wo  die  zucht  in  der  schule  ebenso  gnt 
ist,  wie  in  einem  guten  gymnasium :  da  leistet  der  lateinische  anta> 
rieht  in  den  oberen  classen,  was  man  von  ihm  verlangen  kaniu 


Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima.  21 

wenigstens  sind  an  mehreren  mir  bekannten  anstalten  keine  klagen 
darttber  laut  geworden,  die  sonst  gewis  nicht  ausgeblieben  wären, 
imd  die  einriebtung^  dasz  die  secundaner  zum  aufsteigen  nach  prima 
ein  befriedigendes  lateinisches  extemporale  schreiben  müssen,  hat 
acb  trefflieh  bewährt,  sie  übt  auf  die  schüler  einen  so  heilsamen 
druck  aus ,  dasz  man  in  den  drei  lateinischen  stunden  in  prima  in 
der  tbat  fast  ausnahmslos  auf  eine  nach  umständen  so  befriedigende 
kenntnis  der  formenlehre  und  sjntax  trifft,  wie  man  sie  für  die 
lectflre  yoraussetzen  musz.  und  diese ,  die  sich  auf  leichtere  reden 
ßceros,  auf  Sallust,  Livius,  Vergil  u.  a.  erstreckt,  wird  von  den 
Schülern  mit  rechter  lust  getrieben  und  hat  für  die  lehrer  durchaus 
nichts  bedrückendes,  dasz  es  freilich  wünschenswerth  ist,  dasz  auf 
realschalen  die  grosze  auf  das  lateinische  verwandte  mühe  durch 
etwas  gröszere  berücksichtigung  dieses  gegenständes  in  oberen 
classen  noch  mehr  belohnt  und  ein  noch  höheres  ziel  erreicht  werde, 
Unit  hier  nichts  zur  sache.  der  Unterricht  hält ,  was  er  verspricht, 
daher  kann  mcm  mit  gutem  rechte  diese  analogie  für  die  zukünftige 
^taltung  des  griechischen  im  gjmnasium  heranziehen. 

Ferner  ist  die  Verteilung  des  grammatischen  griechischen  pen- 
I  snms  eine  derartige ,  dasz  es  schon  jetzt  in  der  secunda  fast  abge- 
.  sddossen  scheint,  die  formenlehre  wird  wol  überall  in  der  tertia 
beendet,  einzelne  hauptregeln  der  syntax ,  die  sich  hier  bei  der  lec- 
türe  der  anabasis  inmier  wieder  aufdrängen,  können  auch  unmöglich 
todt  geschwiegen  werden,  und  wenn  man  sich  erst  auf  einzelne 
nnter  ihnen  einläszt,  wird  man  kaum  umhin  können ,  den  schülem 
eine  möglichst  sichere  kenntnis  derselben  beizubringen,  man  be- 
achte, wie  viel  von  der  syntax  Schrader  (erziehungs-  und  unterrichts- 
lehre  s.  417)  der  tertia  zuweist,  in  secunda  tritt  dann  zunächst 
ziemlich  allgemein  die  mehr  systematische  syntax  der  casus  hinzu, 
und  es  mag  wol  wenige  anstalten  geben,  welche  nicht  auch  die 
hanptregeln  der  syntax  des  verbs  hinzuftigen.  denn  jene  syntax  der 
casus  kann  sich  auf  ein  kleines  gebiet  beschränken,  behauptet  doch 
Schrader ,  dessen  gemäszigte  ansichten  gewis  beachtunjg  verdienen, 
sogar,  dasz  eine  selbständige  und  begriffliche  betrachtung  der  ein- 
zehen  casus  im  griechischen  überflüssig  und  zu  vermeiden  ist ,  und 
behält  der  prima  nur  die  anwendung  und  Wiederholung  des  bereits 
gelernten  und  die  ergänzende  erklärung  seltenerer  modus-  und  par« 
tikel Verbindungen  vor.  auf  manchen  anstalten  wird  auch  in  der 
that  die  syntax  des  verbs  schon  vollständig  in  secunda  abgeschlos- 
sen, so  dasz  in  prima  nur  Wiederholung,  befestigung  und  er  Weite- 
rung des  pensums  in  einzelnes  hinein  stattfindet,  diejenigen  an- 
stalten aber,  welche  dies  pensum  erst  in  prima  beginnen,  scheinen 
wirklich  in  früheren  classen  ihre  zeit  nicht  genügend  ausgenutzt  zu 
[  haben,  im  allgemeinen  hingegen  steht  die  sache  jetzt  so,  wie  sie 
Heine  in  der  oben  angeführten  stelle  schildert ,  dasz  abgesehen  von 
gewissen  regeln  jeder  secundaner  bei  der  verc^etzung  nach  prima  das 
•biturientenextemporale  leisten  kann,     scheint  es  da  nicht  eine  ver- 


I 


24  Ueber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprixna. 

sfchlusz    nicht    der    bekannte    trugschlusz    ist:     post    hoc,    er 
propter  hoc 

ZuxilU^hst  bleibt  wol  die  angeführte  thatsache,  d^sz  das  grai 
matische  wissen  sicherer  geworden  ist,  unbestritten,  ob  aber  nie 
über  dem  grammatischen  wissen  manches  andere  zurttckgedrfia 
und  mehr  vernachlässigt  worden  ist?  es  scheint  kaum  gewagt 
behaupten ,  dasz  ungefähr  seit  derselben  zeit  die  klagen  über  ad 
blonenmäszige ,  das  talent  zu  einem  dürftigen  mittelmasz  her 
nivellierende  erziehung  der  gjmnasiasten,  über  mangelnde  se! 
ständigkeit  derselben ,  über  zurückdrängung  oder  vemachlässigu: 
mancher  dem  formalen  erkenntnisvermögen  gleichberechtigter  f 
lagen  y  über  jahrelange  speisung  des  jugen^dlichen  geistes  mit  kü 
merlichen  brocken  von  sä^tzen  und  sätzch^n,  die,  wenn  ihr  inb^ 
auch  noch  so  vorsichtig  gewählt  ist,  doch  immer  etwas  für  die  knah 
unbefriedigendes  haben,  über  eine  kaum  zu  stauende  überscbwe 
mung  der  schulen  mit  grammatischem  detailkram,  wovor  auch  Hei 
in  eiper  oben  angeführten  stelle  warnt,  zahlreicher  geworden  sii 
und  es  ist  noch  nicht  versucht  worden ,  zu  ermitteln ,  in  wie  w 
etwa  der  gewiim  den  schaden  übersteigt. 

Sodann  aber  ist  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dasz  überhat 
mit  unseren  gymnasien  seit  etwa  20 — 30  jähren,  also  zum  teil  scb 
vor  Umgestaltung  des  abiturientenprüfungsreglements  im  jähre  ISi 
eine  gewaltige  änderung  vor  sich  gegangen  ist,  durch  welche 
emejx  ganz  anderen  Charakter  erhalten  haben,  wer  kennt  jetzt  nc 
etwa  die  patriarchalischen  zustände,  wie  sie  vordem  herschten , 
würdige  alte  herren,  zum  teil  höchst  gediegene  gelehrte,  ausgezei< 
nete  Vorbilder  von  tüchtigkeit  und  wahre  originale,  zum  teil  al 
auch  von  einer  jetzt  fast  unbegreiflich  erscheinend<^n  ungeschi« 
lichkeit  im  unterrichten  und  schwäche  in  der  handhabung  der  zuc 
ziemlich  allgemein  in  den  oberen  classen  gi'iechisch  lehrten; 
jüngere  lebrer  wol  ein  Jahrzehnt  warten  musten,  bis  sie  in  ei 
ordentliche  lehrerstelle  gelangen  konnten;  wo  fast  jedes  gymnasii 
mindestens  1 — 2,  oft  viel  mehr  lehrer  besasz,  an  denen  sich  <i 
humor  der  Schuljugend  gütlich  that,  weil  bei  ihnen  von  je] 
schwerlich  viel  gelernt,  aber  eine  menge  munterer  Stückchen  y 
gekommen  war,  wie  sie  Buge  und  andere  in  ihren  orinnerungen  1 
schreiben;  wo  es  bei  besonderen  gelegenheiten  wol  vorkam,  d 
man  der  jugend  unmittelbar  vor  und  nach  den  Schulstunden  e: 
kleine  launige  maskerade  in  der  schule  gestattete;  wo  sich  < 
lehrerstand  oft  auch  äuszerlich  ganz  von  der  übrigen  gebildeten  w 
schied  und  sich  in  folge  dessen  durch  trockeues^  pedantisches  wej 
der  Jugend  entfremdete ;  wo  die  abiturientenprüfungen  zum  teil  \ 
80  harmlos-idyllischer  art  waren,  dasz  es  schüler  gab,  die  bei  d 
gedanken  daran  kein  leiser  schauder  überrieselte;  wo  man  lel 
und  leben  liesz,  wie  es  die  friedlich  gemüthüchen  zeiten  mit  s 
brachten?  diese  tage  sind  dahin,  zu  unserm  glück  dahin,  s 
etwa  30  Jahren,  namentlich  nach  1848  bemächtigte  sich  des  höhei 


Ueber  das  griechische  eztemporale  in  gylUDasialprima.  2& 

irnttfriehtsweaens  ein  anderer  geist.  nachdem  man  die  bittere  er> 
fihnmg  gemacht  hatte,  wie  wenig  geschult  der  preoszische  staat 
und  das  deutsche  volk  in  mancher  hinsieht  noch  waren,  nachdem 
mm  die  schmähliche  demüthigung  vor  Gestenreich  und  anderen 
laichten,  die  sich  daran  anschlosz,  hatte  hinnehmen  müssen,  folgte 
CUM  zeit,  in  der  man  darauf  ausgieng,  die  macht  des  Volkes  und 
Staates  sich  erst  wieder  sammeln  zu  lassen  und  sie  durch  eine  ener- 
gisdie  zucht  zu  den  groszen  bevorstehenden  aufgaben  zu  beflthigen. 
daiMf  wurde  nun ,  anfangs  fast  unmerklich ,  bald  nach  einander  die 
reorgaiiisation  zweier  einrichtungen  vorgenommen,  die  wesentlich 
gaiz  auf  der  zucht  beruhen  und  wie  kaum  andere  zurgrÖszePreuszens 
beigetragen  haben,  der  Schule  und  des  heeres. 

Unzweifelhaft  verdanken  wir  der  allmählich  bewirkten  reorga- 
nisatioa  der  höheren  schule  in  Preuszen,  in  der  auch  die  das  abitu- 
rioitenprüfungsreglement  betreffende  Verfügung  vom  jähre  1856 
eine  wichtige  rolle  spielt,  grosze  vorteile,  nun  wurde  die  zucht  all- 
mihlich  eine  solche,  wie  man  sie  verlungen  musz;  an  die  lehrer 
worden  ernste,  nicht  zu  umgehende  forderungen  gestellt;  von  den 
aufsieht  führenden  behörden  wurden  Verfügungen  und  instructionen 
orkfisen,  vielleicht  zuweilen  in  zu  reichlichem,  im  ganzen  aber  in 
heilsamem  masze,  durch  welche  die  einzelnen  zweige  des  schullebens 
fester  geordnet  wurden;  die  leitende  macht  der  directoren  wurde 
gestärkt;  bei  der  controle  der  schriftlichen  und  mündlichen leistungen 
der  abiturienten  wurde  nicht  mehr  so  idyllisch ,  sondern  nach  einem 
Kichern  mit  dem  geist  und  buchstaben  des  prüfungsreglements  in 
Übereinstimmung  stehendem  maszstabe  verfahren;  der  lehrerstand 
wurde  zum  teil  ein  anderer;  jüngere  kräfte  traten  in  folge  der  er- 
hchtung  vieler  neuer  und  der  erweiterung  älterer  anstalten  zahlreich 
eil  und  brachten  einen  frischeren,  strafferen,  mehr  das  wirkliche 
leben  berücksichtigenden,  minder  pedantischen  geist  in  das  scbul- 
leben,  während  sie  durch  die  mehr  formal  gewordene  Wissenschaft 
^dbnt  waren,  den  werth  der  formalen  bildung  nicht  zu  unter- 
schltsen:  namentlich  war  der  in  den  höheren  schulen  herschende 
geist  ein  anderer  geworden,  getragen  von  dem  zwar  langsam  aber 
doch  sicher  sich  entwickelnden  gröszeren  interesse  an  öffentlichen 
zuständen  und  staatlichen  vergangen,  es  mirde  eine  starke  con- 
eentration  auf  den  classischen  Unterricht  hin  durchgeführt,  die  bald, 
da  die  geistige  gewandtheit  und  beweglichkeit  der  schüler  erfreulich 
zuahm,  als  segen  empfunden  wurde,  auch  die  forderung  ernster 
grammatischer  Übungen  im  griechischen  erwies  sich  damals,  dem 
feherigen  schlendrian  gegenüber,  als  heilsam,  und  die  notwendig- 
ktit,  die  erlangte  Sicherheit  im  abiturientenscriptum  darzuthun, 
wirkte  wolthätig  auf  die  übrigen  classen  zurück,  der  staat,  dem 
**  vorzugsweise  auch  um  eine  gediegene  grundlegende  bildung  für 
«eine  beamten  zu  thun  war,  und  der  an  ihnen  vielseitige  geistige 
beweglichkeit  am  höchsten  schätzte,  konnte  mit  dem  erreichten  hohen 
aia&ze  von  formaler  bildung  seiner  abiturienten  zufrieden  sein. 


26  üeber  das  griechische  extemporale  in  gymuasialprima. 

Aber  die  Signatur  der  gegenwart  ist  eine  andere,  die  concen* 
tration  ist;  so  weit  sie  notwendig  war,  als  durchgeführt  zu  betradi- 
ten,  die  formale  gewandtheit,  d^e  zum  teil  erst  durch  energischen 
angriff  zu  erobern  war,  ist,  so  weit  es  wünschenswerth  scheint, 
jetzt  vorhanden,  sie  wird  so  leicht  nicht  wieder  verloren  gehn, 
gewis  nicht,  wenn,  wie  zu  hoffen  steht,  das  System  des  gymhaBial- 
unterrichts  im  groszen  und  ganzen  unangefochten  bleibt,  und  wenn 
dann  etwa  das  griechische  schluszscriptum  von  prima  nach  secunda 
verlegt  wird,  so  ist  das  doch  wahrlich  nicht  im  stände,  gegründete 
besorgnis  eines  rückschritts  einzuflöszen.  aber  das  neue  reich 
braucht  jetzt  mftnner  von  möglichst  umfassender  bildung ,  die  in 
neue  Verhältnisse  selbständig  mit  neuen  gedanken  eingreifen,  die 
ideen  hervorbringen  können,  und  die  deshalb,  so  lange  sie  noch  er- 
zogen  werden ,  zu  den  quellen  hingeführt  werden ,  aus  denen  mttch« 
tige  anschauungen  und  gedanken  hervorströmen,  die  gelehrt  werden, 
sich  mit  allgemeinen  ideen  aus  einander  zu  setzen,  eine  reichlichere 
lectüre  des  Tbukydides  und  Demosthenes,  ja  selbst  des  Sophokles 
wird  wahrlich  einer  generation ,  die  nun  doch  einmal  dazu  bestinunt 
ist,  sich  politisch  thätiger  zu  erweisen,  als  dies  vor  30  jähren  der 
fall  war,  keinen  schaden  bringen;  man  könnte  sogar,  wenn  man 
Englands  gedenkt ,  hoffen ,  dasz  sie  recht  nützlich  sein  werde,  vor 
allem  aber  ist  es  wünschenswerth,  mehr  in  die  eigentliche  geschidita 
des  altertums  und  die  altertumskunde  einzudringen. 

Damit  gelangen  wir  zu  einem  letzten  puncte.  man  sagt,  dan 
statt  des  ausfallenden  griechischen  abiturientenscriptums  doch  nur 
eine  schriftliche  Übersetzung  aus  dem  griechischen  ins  deutsche  ein» 
treten  könne ,  und  diese  sei  neben  der  mündlichen  prüiung  übef^ 
flüssig,     diese  behauptu];ig  ist,  wenn  irgend  eine,  ungerechtfertigt. 

Schon  seit  längerer  zeit  wird  von  einzelnen  Seiten  darüber  ge» 
klagt,  dasz  bei  der  mündlichen  prüfung  aus  zwei  Schriftstellern 
übersetzt  und  dadurch  die  prüfung  sehr  verlängert  werde,  da  li^ 
doch  nichts  näher,  als,  die  eine  dieser  Übersetzungen  schrifüidb, 
die  andere  mtlndlich  geben  zu  lassen,  um  so  besser  werden  sie  sich 
gegenseitig  ergänzen,  aber  dies  scheint  mir  noch  keineswegs  ge- 
nügend, wenn  primaner  zwei  jähre  lang  in  und  auszer  der  schule 
so  zahlreiche  schrift^ller  gelesen  haben;  wenn  sie  von  jedem 
Schriftsteller  mindestens  zweimal  längere  abschnitte  in  einer  grösse- 
ren anzahl  von  stunden  kennen  gelernt  haben ;  wenn  ihnen  der  tevt 
eingehend  erklärt  und  zum  Verständnis  gebracht  ist;  wenn  daM 
grammatik  und  überhaupt  Sprachwissenschaft,  metrik,  mythologie, 
litteratur  und  altertumskunde  gebührend  berücksichtigt  sind :  dann 
kann  man  wol  verlangen,  dasz  schüler  auch  eine  schriftliche  probe 
davon  geben,  wie  weit  sie  in  die  kenntnis  des  altertums  einge» 
•drungen  sind,  darum  ersetze  man  das  scriptum  durch  eine  Über- 
setzung von  stellen  aus  einem  in  der  schule  früher  (aber  nicht  im 
letzten  halbjahr)  gelesenen  oder  einem  leichteren  nicht  gelesenen 
Schriftsteller  und  lasse  zugleich  eine  erklärung  der  sprachlich  und 


i 
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lieber  das  griechische  exteiuporale  in  gymnasialprima.  27 

jichhch  wichtigsten  piincte  hinzufügen,  wünscht  man  etwa,  wie 
dies  z.  b.  bei  einem  abschnitte  aus  einem  dramatiker  nahe  liegen 
kum,  zugleich  eine  allgemeine  gewisse  puncte  der  antiquitfiten  be- 
troffende darlegping,  so  kann  man  durch  hinzufügung  einiger  werte 
zader  gestellten  aufgäbe  die  schüler  dazu  anhalten,  diese  darlegung 
2Q  versuchen;  ebenso  kann  man  sie,  wo  es  wünschenswerth  scheint, 
?or  gewissen  absch weifungen  warnen  und  sie  davon  zurückhalten, 
ist  non  die  schriftliche  Übersetzung  und  erkläi-ung  gut  ausgefallen, 
80  beschränke  man  die  mündliche  prüfung  auf  die  blosze  Über- 
setzung eines  prosaikers  (ohne  weitere  fragen),  falls  der  dichter,  eines 
dichters,  falls  der  prosaiker  schriftlich  behandelt  ist;  ist  die  schrift- 
liche arbeit  nur  befriedigend ,  so  füge  man  einige  fragen  zur  münd- 
Hchon  prüfung  hinzu;  ist  die  schriftliche  arbeit  nicht  befriedigend, 
80  prüfe  man  mtLndlich  im  prosaiker  und  dichter. 

Welch  einen  einflusz  könnte  eine  derartige  arbeit  auf  das 
Studium  der  primaner  gewinnen !  einige  erfahrungen  würden  hin- 
reichen, darzuthun,  dasz  ein  strebsamer  primaner,  der  seine  ehre 
dirin  setzt,  ein  gutes  zeugnis  zu  erlangen,  wol  thut,  von  anbeginn 
seines  eintritts  in  prima  an  die  bei  erklärung  der  alten  Schriftsteller 
gemachten  bemerkungen  nicht  mit  halbem  obre  aufzunehmen ,  son- 
;  dem  sie  sich  fest  einzuprägen,  ja  schlieszlich  sich  aus  gröszeren 
mengen  derselben  kleine  bilder  zusammenzusetzen ,  welche  die  ver- 
schiedenen Seiten  des  griechischen  lebens  umfassen,  da  er  nicht 
wissen  kann ,  wie  -viel  er  davon  einst  beim  abiturientenexamen  wird 
Terwerthen  können,  zugleich  wird  er  sich  dadurch  mehr  als  durch 
ein  abiturientenscriptum  zur  privatlectüre  veranlaszt  fühlen ,  da  er 
TOD  ihr  wol  für  jene ,  selten  aber  für  diese  arbeit  einen  ins  gewicht 
&Uenden  gewinn  haben  wird. 

Zugleich  wtlrde  eine  derartige  arbeit  ein  ziemlich  vielseitiges 

bild  von  der  geistigen  reife  des  Verfassers  gewähren,     sie  würde 

darthon,  welche  gewandtheit  im  deutschen  ausdruck  er  sich  bei 

flbersetzong  griechischer  Schriftsteller  angeeignet  hat,   und  würde 

i  dies  in  solcher  weise  erreichen ,  dasz  auch  die  wissenschaftliche  prü- 

I  fiingscommission  davon  ein  deutliches  bild  erhielte ,  die  sich  bisher 

i  bk  ^ser  hinsieht  mit  ganz  allgemeinen  und  dunkeln  Vorstellungen 

Iwgnügen  mnste.   auch  aus  anderen  gründen  noch  würde  eine  solche 

arbeit  als  eine  deutsche  arbeit  angesehen  werden  können,  die  zur 

«rginzong  des  deutschen  aufsatzes  diente,     unter  anderen  gesichts- 

puncten  würde  sie  als  eine  art  geschichtlicher  arbeit  erscheinen,  sie 

würde  femer  erkennen  lassen ,  auf  welchen  gebieten  namentlich  die 

starke  und  schwäche  des  Verfassers  liegen,  ob  mehr  auf  formalem 

oder  sachlichem  gebiete  und  auf  welcher  seite  etwa  des  letzteren; 

.  ob  er  mehr  sinn  für  grammatik  und  grammatische  logik   oder  für 

:  die  feinheiten  der  Stilistik  hat,   ob  er  besser  das  geschichtliche  und 

■  politische  leben  oder  das  wesen  von  kunst  und  Wissenschaft  aufge- 

Ifciszt  hat  usw.     zieht  man  nun  noch  in  rückzieht ,  dasz  man  bei  sol- 

'Äen  arbeiten  verschiedene  prosaische  und  poetische  Schriftsteller 


18  lieber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

jeder  rede  so  eigenartig  und  in  seinem  ausdrucke  so  bezeichnend 
und  überlegt  ist,  dasz  er  auf  andere  sachen,  als  die  vorliegende,, 
kaum  übertragen  werden  kann,  jedenfalls  aber  wird  der  lehrer 
dann  immer  einen  schweren  stand  haben,  da  er  sehr  ernstlich  die. 
gefahr  meiden  musz ,  dasz  das  examen  nicht  als  ein  besonders  vor- 
bereitetes erscheine,  worüber  gelegentlich  auch  klagen  erhoben, 
worden  sind,  und  dasz  diejenigen ^  welche  mit  Über  die  abiturienten- 
prüfung  zu  wachen  haben ,  nicht  zu  sehr  im  dunkeln  erhalten  wer- 
den über  das,  was  man  als  aus  dem  gelesenen  Schriftsteller  entlehnt 
ansehen  musz. 

Ein  anderer  punkt  sei  nur  um  derer  willen  erwähnt,  die  f&r 
ihn  besondere  verliebe  hegen,  es  herscht  an  einzelnen  anstalten  die 
Sitte  und  wird  auch  wol  von  provinzialschulcollegien  empfohlen, 
dasz  zu  derselben  zeit  immer  nur  ein  schriftsteiler,  entweder  pro- 
saiker  oder  dichter  gelesen  wird ,  dann  aber  in  allen  zur  Verfügung 
stehenden  stunden,  dies  würde  bei  Bonitz'  verschlag  aufhören 
müssen,  da  man  dann  gezwungen  ist,  sich  immer  einen  prosaiker 
behufs  Sicherung  bez.  einübung  grammatischer  formen  und  regeln, 
zu  halten. 

Einzelne  der  vorgebrachten  gründe  würden  fortfallen,  wenn, 
wie  von  einzelnen  Seiten  als  wünschenswerth  angesehen  wird,  zwar 
die  griechischen  schreibübungen  in  prima  im  allgemeinen  erhalten 
bleiben,  aber  doch  das  abiturientenscriptum  fortföllt.  einiges  von 
dem  auf  der  lectüre  lastenden  drucke  würde  dadurch  hinwegge* 
nommen,  aber,  wo  der  griechische  Unterricht  in  den  bänden  eifriger 
das  formale  stark  betonender  lehrer  ist,  würde  in  der  hauptsache 
doch  nicht  viel  geändert  werden,  auch  ist  zu  befürchten,  dasz  den 
Schülern  bald  die  schreibübungen  nur  als  überflüssige  last,  als 
zurückgestellte  arbeiten  einer  untergeordneten  gattung  erscheinen 
würden,  denen  eben  nur  besonders  begabte  lehrer  ein  höheres  ansehn 
verschaffen  könnten. 

Es  bleibt  endlich  noch  übrig,  die  gründe  zu  prüfen,  welche 
gegen  den  fortfall  des  griechischen  scriptums  angeführt  werden* 
Bonitz  erklärt  (s.  713),  die  unausbleibliche  folge  davon  sei,  dasz  zu- 
nächst unter  den  schtilem  eine  solide  kenntnis  des  griechischen  zum 
eigen  tum  einer  kleinen  auserlesenen  schaar  werden  wird,  und  dasz 
bald  genug  an  einem  groszen  teile  der  gymnasien  selbst  der  grie- 
chische Unterricht  zu  dilettantischer  leichtigkeit  herabsinkt,  diese 
ansieht  wird  von  vielen  trefflichen  collegen  geteilt ,  scheint  mir  aber 
doch  auf  übertriebener  besorgnis  zu  beruhen,  es  fehlt  auch  eine 
eigentliche  directe  begründung  der  behauptnng  und  ist  wol  kaum 
je  versucht,  auch  dürfte  sie  schwierig  genug  sein,  denn  zunächst 
steht  fest,  dasz  man  nicht  im  allgemeinen  den  satz  aufstellen  darf: 
gründliche  kenntnis  einer  spräche  ist  unmöglich  ohne  schriftliche 
Übungen  in  derselben,  dagegen  spricht  das  beispiel  unserer  docen- 
ten  und  Studenten,  unter  letzteren  ist  gewis  eine  grosze  ansaU 
solcher,  die  im  allgemeinen  als  recht  tüchtig  bewandert  im  griecbi- 


üeber  das  griechische  extemporale  in  gyznnaeialpriina.  19 

sehen  bezeichnet  werden  können,  und  von  denen  man  doch  ge- 
legentlich, selbst  wenn  sie  auf  dem  gymnasium  einen  tüchtigen 
Unterricht  genossen  haben,  in  den  seminarien,  in  denen  die  schrift- 
lichen Übungen  teils  fortfallen,  teils  nur  lau  betrieben  werden, 
ziemlich  haarsträubende  griechische  formen  zu  hören  bekommen 
kann,  dies  mag  nicht  löblich  sein,  wird  sich  aber  bei  der  einseitig- 
keit ,  mit  der  sich  gerade  tüchtige  Studenten  auf  gewisse  specielle 
aufgaben  werfen,  nicht  vermeiden  lassen,  soll  man  sie  darum  des 
dilettantismus  anklagen?  '  erfahrungsmäszig  zeigt  dieser  gerade  offc 
eine  gewisse  allgemeine  kenntnis  und  fähigkeit.  in  der  nachahmenden 
anwendung  Suszerer  formen',  und  was  ihm  fehlt,  ist  meistens  das 
entschiedene  und  selbst  einseitige  interesse  für  die  tiefere  erfassung 
des  einzelnen  in  der  gesamtbeit  seiner  beziehungen.  übrigens  ist 
auf  dem  gymnasium  der  lehrer  dazu  da,  um  die  erforderliche 
komtnis  von  formen  und  regeln  durch  mündliche  Übungen  zu 
sichern. 

Und  warum  soll  ihm,  dies  durch  die  lectüre  zu  erreichen,  un- 
möglich sein?  jede  stunde,  in  der  ein  prosaiker  gelesen  wird,  mu&z 
eine  fülle  grammatischer  beobachtungen  bringen,  und  es  Ist  keines- 
wegs absieht  dieser  zeilen ,  das  gebührende  interesse  für  grammatik 
abäch wachen  zu  helfen,  vielmehr  soll  hier  in  gewisser  hinsieht  nur 
ein  f ortschritt  empfohlen  werden ,  der  auf  anderen  gebieten  schon 
eingetreten  ist  und  gute  fruchte  getragen  hat,  der  vom  schriftlichen 
ztun  mündlichen  verfahren,  welches,  wenn  es  auch  unter  umständen 
mehr  aufs  spiel  setzt,  doch  im  ganzen  mehr  beweglichkeit  und  Viel- 
seitigkeit gestattet  und  nicht  in  so  enge  kreise  zwingt. 

Und  welche  mittel  hat  nicht  der  lehrer  in  bänden ,  um  durch 
mündliche  besprechungen  die  lectüre  in  jeder  hinsieht,  also  auch  für 
die  grammatik  fruchtbar  zu  machen !  zunächst  darf  er ,  namentlich 
im  anfange,  wo  langsamer  vorgeschritten  wird,  die  gelegenheit 
nicht  vorübergehen  lassen,  die  hauptsächlichsten  grammatischen 
erscheinungen  in  der  weise  gegenwärtig  zu  halten,  dasz  er  nach- 
weist, aus  welchem  gründe  an  der  betreffenden  stelle  gerade  diese 
nnd  nicht  eine  cmdere  sonst  jnögliche  form  oder  construction  gewählt 
ist  wo  sich  femer  eine  Unsicherheit  zeigt,  kann  er,  weiter  aus- 
bolend ,  etwa  die  formen  eines  verbs  oder  mehrerer  verwandter  im 
zusammenhange  geben  lassen ,  allgemeine  sprachliche  formengesetze 
in  erinnerung  bringen  oder  eine  regel  bez.  einen  complex  von  regeln 
in  ihrer  inneren  bedeutung  und  logischen  absieht  entwickeln,  indem 
er  vielleicht  andere  sprachen,  namentlich  die  lateinische  und  deutsche, 
zur  vergleichung  heranzieht,  er  kann  ferner  verlangen,  dasz  die 
jchüler  sich  nicht  nur  alles  besprochene  wol  merken,  sondern  auch, 
wo  sie  etwa  unsicher  sind,  durch  private  Wiederholung  eines  capi- 
tels  aus  der  grammatik  nachhelfen,  und  er  wird  gut  tbun,  sich  in 
der  nächstfolgenden  stunde  alles  besprochene  noch  einmal,  ohne 
seinerseits  hülfe  zu  gewähren,  auseinander  setzen  zu  lassen,  vor 
allem  kann  er  auch  verlangen ,  dasz  sich  die  ^chüler  das  in  der  vor- 


o  * 


28  üeber  das  griechische  extemporale  in  gymnasialprima. 

angemessen  wechseln  lassen  kann ,  so  werden  sie  gewis  nicht  an  i 
seitigkeit  leiden,  vor  allem  werden  sie ,  da  sie  wenig  st&tzen  bie 
and  der  individualitSt  möglichst  viel  Spielraum  lassen ,  am  bea 
darthun,  in  wie  weit  der  Verfasser  befähigt  ist,  etwas  wissensch; 
lieh  anzufassen. 

Aber  sie  sind  zu  hoch  fQr  die  schüler?  doch  gewis  nicht 
Übersetzung!  und,  wenn  sie  richtig  behandelt  wird,  auch  nicht 
erklärung.  nach  kurzer  zeit  würde  sich  ja  aus  vergleichung  der  i 
zelnen  schülerarbeiten  einer  anstalt  und  schlieszlich  derer  von  n 
reren  anstalten^  über  welche  ja  die  aufsichtsbehörden  zu  waci 
haben,  der  gesunde  mittlere  maszstab  herausstellen,  jene  fines,  q 
ultra  citraque  nequit  consistere  rectum,  die  beurteilung  wird  £ 
lieh  schwieriger  sein,  sie  wird  mehr  gefahr  laufen,  sich  in  subjecti 
belieben  zu  verlieren;  aber  dafür  wird  auch  sie  weiteren  spielra 
haben  und  mehr  den  lebendigen  anteil  des  lehrers  an  seinen  sc 
lern  verrathen. 

Oder  fürchtet  man ,  dasz  diese  Übungen  in  der  kurzen  bis 
für  das  giechische  beim  schriftlichen  abiturientenexamen  angesetz 
zeit  von  2  (bez.  2^^)  stunden  kein  genügendes  resultat  ergebe 
dfimn  dehne  man  sie  Weiter  aus.    3 — 4  stunden  dürften  zunächst 
richtiges  masz  erscheinen,     dasz  damit  den  gjmnasiasten  nicht 
viel  zugemutet  wird,   geht  aus  dem  umstände  hervor,    dasz 
schriftliches  examen  jetzt  im  ganzen  kürzere  zeit  dauert,  als  das 
realabiturienten.     eine  so  geringe  mehrbelastung  kann  dem  geg 
Über  gar  nicht  in  betracht  kommen,  zumal  wenn  in  folge  dessen 
teil  der  mündlichen  prüfung  auf^fSllt. 

Dasz  aber  diese  arbeit  den  unterschleif  mehr  begünstigen  sei 
als  etwa  das  bisherige  scriptum,  davon  kann  wol  kaum  die  r 
sein;  imgegenteil  dürfte  zu  erwarten  sein,  dasz  die  gefahr  eher  ^ 
ringert  wird. 

Und  sollten  etwa  geeignete  stellen  für  derartige  übersetzunj 
so  schwer  zu  finden  sein?  wem  fallen  da  nicht  gleich  eine  mei 
von  stellen  aus  Thukydides  und  Sophokles  ein ,  die  sich  dazu  g 
vortrefflich  eignen?  sollten,  was  kaum  glaublich  ist,  Homer,  j 
mosthenes  oder  Piaton  solchen  zwecken  sehr  grosze  schwierigkei 
in  den  weg  legen ,  so  könnte  ja  von  ihnen  abgesehen  werden.  1 
gegen  dürfte  es  leicht  sein,  aus  Xenophon,  Isokrates,  Euripic 
Lucian  u.  a.  passende  stellen  ausfindig  zu  machen,  dazu  bedei 
man,  dasz,  wenn  etwa  einzelne  Schwierigkeiten  in  einem  sonst  f 
senden  abschnitte  vorkommen ,  es  gestattet  sein  müste ,  die  nöt]| 
auföchlüsse  bei  erteilung  der  aufgäbe  schriftlich  zu  dictieren,  ' 
dies  bei  dem  scriptum  mit  den  vocabeln  geschieht,  und  sie  auf 
zeichnen ,  damit  die  aufsichtsbehörde  vollständige  einsieht  in  die 
währte  hilfe  erhält,  kurz  die  gegen  diesen  Vorschlag  erhobez 
bedenken  dürften  sich  allo  widerlogen  oder  der  grund  dazu  du: 
angemessene  maszregeln  beseitigen  lassen,  um  sie  aber  in  d 
schulen  einzubürgern,  bedarf  es  keines  langen  Zeitraumes,  man  d 


Ueber  das  griechische  extemporale  in  gjmnaaialprima.  29 

nur  in  jedem  halben  jähr  oder  anfangs  in  jedem  Vierteljahr  sämt- 
liche primaner  eine  ähnliche  arbeit  wie  die  abitorienten  anfertigen 
lassen. 

Der  freimdliche  leser  möge  nachsieht  damit  haben,  dasz  diese 
«rCrtenmg  so  lang  geworden  ist.    aber  der  besprochene  gegenständ 
verdient  wol  eine  gründliche  erwägung.     ganz  unbedeutend  und 
m&szig  ist  allerdings  die  vorgeschlagene  änderung  nicht,  weniger 
weil  sie  äuszerlich  viel  anrührte,  als  weil  sie  einem  andern  geiste, 
als  der  jetzt  im  griechischen  Unterricht  herschende  ist ,  mehr  bahn 
za  madien  sucht,     aber  den  altertumsstudien  würde  dadurch  kein 
abbrach  geschehen;  sie  würden  hoffentlich  nach  einer  bisher  minder 
berflcksichtigten  seite  hin  weitere  ausdehnung  erhalten,     zugleich 
macht  der  Vorschlag  der  aufkommenden  mehr  realistischen  und, 
man  möchte  sagen,  nationalen  und  geschichtlichen  richtung  das 
wfinschenswerthe  Zugeständnis,  indem  er  werth  darauflegt,  dasz 
die  griechischen  schriftsteiler  mehr  gelesen  und  das  griechische  volk 
als  Volk  in  seinen  gesamten  lebensregungen  besser  aufgefaszt  werde, 
und  sucht  zugleich  im  gegensatz  zu  einer  leicht  in  einseitigkeit  ver- 
I     £ülenden  grammatischen  richtung  das  ästhetische  dement  mehr  zu 
,    gebührender  geltung  zu   bringen,      und   dasz   dies,   gleich   dem 
realistischen  und  geschichtlichen  noch  mehr  in  den  Vordergrund  ge- 
stellt werde,   dafür  läszt  sich,  wie  es  scheint,  noch  manches  in 
unseren  gy mnasien  thun,  was  geeignet  ist,  den  griechischen  Unter- 
richt wie  andere  lehrgegenstände  zu  heben,     namentlich  ist  wün- 
«chenswerth,   dasz  reichlichere  Unterrichtsmittel  als  bisher  herge- 
stellt werden,   an  denen   man  einzelne   seilen   des  altertums   und 
anderer  zeiten  noch  lebendiger  vergegenwärtigen  kann,  als  bisher; 
dasz  gypsabgÜFse   von  den  gestalten  bekannter  götterbilder  und 
anderer  kumstwerke ,  namentlich  des  Laukoon ,  femer  modelle  von 
tempeln,  kirchen  und  deren  teilen,  ausführlichere  stadt-  und  terrain- 
plane  und  geschichtskarten  aus  den  verschiedenen  Jahrhunderten, 
holzschnitte  und  andere  bilder,  tafeln  von  gröszerem  umfange  mit 
'  abbildungen  von  waffen,  kleidungsstücken,  gebäuden  u.  a.  mehr 
,    beschafft  werden;   dasz  in  den  jetzt  allmählich  immer  stattlicher 
^  werdenden  gebäuden  der  gjmnasien  sich  auch  antiquitätencabinette 
I  hüden,  dasz  in  den  hallen,  Auren,  classen  und  anderen  gymnasial- 
k  jjiumen  das  äuge  der  schtller  schon  durch  edle  und  bedeutsame  ge- 
'  ttalten  angezogen,    gebildet   und    belehrt  werde,     dasz  in  dieser 
richtung  mit  der  zeit  immer  gröszere  fortschritte  gemacht  werden, 
ist  wol  imzweifelhaft.     bisher  aber  ist  die  rücksicht  auf  diese  seite 
des  Unterrichts,   selbst,   wo  gelegenheit  gebeten  war,   sie  mehr  zu 
pfiegen,  oft  noch  über  gebühr  bei  seite  getreten,     möchte  es  nicht 
lange  dauern,    bis  die  Verhältnisse  sich  so  günstig  gestalten,  dasz 
den  gjmnasien  die  erforderlichen  mittel  zuflieszen,  um  sich  nach 
!  dieser  seite  hin  angemessen  auszustatten,  dasz  sich  geeignete  männer 
j  finden,   welche  derartige  unterrichtsmitt«!   in  reichlicherem  masze 
]  passend  herstellen,  und  dasz  die  jugend  an  ihnen  eine  klarere  und 


30  Bemerknngen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

lebendigere  anschaaung  des  altertums  gewinnt,  dann  wird  auch 
ausgedehntere  lectüre  der  griechischen  schriftsteiler  auf  noch  fes 
grundlage  mhen. 

Rendsburg.  Hes 


2. 

MHAGN  "AfAN.     BEMERKUNGEN  ZU  DEM  ARTIKEL 
HRN.  PROF.  DR.  FAHLE  'SIEBZEHN  PREÜSZISCHi 

SCHÜLFRAGEN'. 

(vgl.  Jahrb.  1874.  s.  1—27  und  65—81.) 


unter  den  mancherlei  elaboraten  neuester  zeit,  welche  heil 
zu  dem  langersehnten  preuszischen  unterrichtsgesetz  bringen ' 
ten,  hebt  sich  der  oben  genannte  aufsatz  eines,  wie  es  scheint,  S 
Schulmannes  aus  dem  osten  der  monarchie  in  vieler  beziehung ; 
unvorteilhaffc  hervor :  warmes  herz  für  das  heil  unserer  heraus 
senden  jugend,  innige  begeisterung  für  den  oft  dornenvollen, 
auch  immer  wieder  erquickenden  beruf  des  lehrers ,  dazu  vielsc 
erfahrung  des  gereiften  mannes  sprechen  unverkennbar  und  an  v 
stellen  wohlthuend  zu  dem  teilnehmenden  leser. 

Allein,  wenn  man,  am  ende  der  27  Seiten  angelangt,  das  ( 
noch  einmal  auf  sich  wirken  läszt,  so  hat  man  —  oder  richtige 
hatte  Schreiber  d.  z.  —  ein  gefühl  des  Unbehagens  und  des  i 
friedigtseins,  das  bei  kurzem  nachdenken  nicht  nur  auf  das  ma 
hafte  des  von  prof.  Fahle  getadelten  zurückzuführen  ist,  sende 
höherem  grade  der  behandlung  des  stofifes  durch  hm.  F.  zui 
fällt,  vielleicht  haben  manche  leser  obigen  aufsatzes  dieselbe  e 
rung  an  sich  gemacht,  vielleicht  nehmen  sie  nun  veranlassung, 
ihrerseits  zur  fÖrderung  des  wichtigen  gegenständes  ihre  geda 
mitzuteilen :  genug,  Schreiber  dieses  fühlte  sich  gedrungen,  den 
führungen  des  hm.  prof.  F.  einiges  gegenüberzustellen,  was  t 
falls  nicht  blosz  subjectiv  berechtigt  sein  dürfte.  vorausbem< 
musz  verf.  noch ,  dasz  er  hm.  prof.  Fahle  nicht  auf  das  gebie 
leider  wieder  recht  prätensiös  auftretenden  phrase  folgen  m€ 
dasz  er  nicht  pessimist  genug  ist,  um  ihm  beizustimmen,  '(s. 
ist  höchste  zeit,  dasz  derjenigen  art  des  romanticismus ,  w 
nur  in  der  erhaltung  althergebrachter  formen  den  neueren  be 
nissen  gegenüber  ihre  lebensaufgabe  sieht,  und  sich  deshalb 
und  immerdar  (!)  in  unfi'uchtbaren  arbeiten  zersplittert,  endlicl 
mal  die  ratio  des  hohem  beliebens  und  der  rücksichtslosen  bei 
lung  alles  dessen,  was  ihm  mit  männlichem  freimute  entgegen 
abgeschnitten  wird;  höchste  zeit  endlich,  dasz  in  die  höhere 
waltung  wie  auch  zu  anstaltsdirectoren  männer  von  charaktc 
berufen  werden,  welche  durch  das  gewicht  der  treibenden  gr 
allein,  und  nicht  nach  dem  wind,  der  aus  höheren  regionen 


'biebzehn  preuszische  schulfragen'.  3  t 

»stimmen  lassen ;  zeit  endlich ,  dasz  die  pflege  des  nationalen 
lodemen  nicht  ganz  und  gar  durch  übergrosze  und  meist  nur 
helte  (!),  weil  nicht  durch  eigene  Studien  gewonnene,  sondern 
nachbeterei  bestehende  liebe  zum  antiken  sich  beeinträchtigt 
masz'.  herr  Bone  mag  sich  bei  hm  F.  in  erster  linie,  zugleich 
ach  im  namen  aller  preuszischen  Schulmänner,  die  noch  ein 
wissenschaftlichen  sinn  von  der  Universität  ins  praktische  be- 
ten hinübergerettet  haben,  für  das  compliment  dankbarlichst 
gen;  hr.  Bone  möge  aber  auch  in  einer  neuen  aufläge  seines 
chen  lesebuches  den  mit  recht  von  F.  beanstandeten  passus 
las  antike  theater  passend  umformen,  um  nicht  begründete 
rfe  herauszufordern,  wenn  nun  aber  hm.  F.  ^ein  wahrhaftes 
.  überföllt  vor  dem  ende,  dem  die  Unnatur  antikisierender  bil- 
ind blinde  Vergötterung  des  altertums  zutreiben  (s.  2)',  so 
IS  ihm  vielleicht  schwer  einleuchten ,  dasz  andere ,  angesichts 
eigenen  ebenso  wohl  stilisierten  als  übertriebenen  und  phrasen- 
obigen ausführung,  wol  wünschen  möchten,  er  hätte  etwas 
r  cujq>pocüvri  der  alten  sich  in  succum  et  sanguinem  verwan- 
lenn,  ernsthaft  gesprochen,  des  geehrten  herm  quousque  tan- 
it  doch  für  eine  objective  besprechung  vorhandener  oder  an- 
ler  schaden  in  unserm  hohem  unterrichtswesen  nicht  maszvoll 
gehalten  und  schmeckt  zu  sehr  nach  der  fulminanten  polemik 
'gans  für  jedermann  aus  dem  volke'  und  ähnlicher  tagesblätter^ 
i  pikante  für  den  blasierten  geschmack  der  menge  oft  lieber 
i,  als  die  ruhige,  einfache  Wahrheit,  mit  solchen  schlag- 
n  sollte  man  um  so  haushälterischer  imigehen,  als  man  doch 
eits  bereit  ist ,  dem  jetzigen  leiter  des  preusz.  cultusministe- 
rolle  anerkennung  zu  zollen,  und  was  das  sachliche  anlangt: 
.  F.  wirklich  ganz  vergessen,  dasz  Preuszens  höheres  schul- 
Jahrzehnte  schon  das  unbestrittene  musterbild  für  die  ent- 
mden  einricbtungen  nicht  blosz  im  übrigen  Deutschland  son- 
ich  für  das  ausländ  (vgl.  Oesterreich)  gewesen  ist?  weisz  er 
dcht,  dasz  strebsame  junge  männer  aus  den  kleineren  deut- 
Staaten  sich  wetteifernd  bemüht  haben  und  noch  bemühen^ 
mszens  Staatsprüfungen  zu  bestehen  und  in  Preuszen  berufs- 
0  thätigkeit  zu  finden?  hält  er  dies  wirklich  nicht  auch  mit 
i  moment  von  bedeutung  in  bezug  darauf,  dasz  die  übrigen 
hen  sich  dem  auch  in  hinsieht  der  intelligenz  vorgeschritte- 
Mzstaat  im  norden  Deutschlands  so  bereitwillig  untergeordnet 
'  und  ist  es  nicht  ein  höhn  auf  das  ernste  streben  hochacht- 
nänner  des  gymnasiallehrerstandes ,  die  da  auf  ein  empor- 
ihres  lange  zurückgesetzten  kreises  in  materieller  wie  socialer 
mg  hinarbeiten,  jetzt,  wo  es  anfängt  besser  zu  werden,  mit 
itfertig  hingeschriebenen  Verdächtigungen,  mit  so  emporen- 
ißsen-  und  Schablonenurteilen  hervorzutreten,  damit  den 
fteidern  unserer  gebesserten  Stellung  unter  Juristen  und  an- 
leuten    eine  bequeme    handhabe  für   ihre  angriffe   geboten 


32  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

werde?  'ein  schlechter  TOgel,  der  sein  eigen  nest  beschmntzt!'  ruft 
xias  treffende  volkswort  leuten  Yon  hm.  Fahles  bilöser  denkongsart 
^u;  möge  er  es  wol  beherzigen  in  einer  zeit,  wo  auch  die  besten 
köpfe  der  praktischen  richtung  mit  schrecken  eingestehen,  das  Wölk 
•der  denker'  sei  auf  directem  wege  zur  verbaaerung  in  grobem  mate- 
rialismus!  und  um  so  wunderbarer  nimmt  sich  die  offensiye  des 
hm.  Fahle  gegen  unsere  ideale  pflege  der  antike  deshalb  aus,  weil 
er  an  vielen  stellen  seines  ominösen  Artikels  den  schönsten  idealis- 
mus  als  deutscher  patriot  vertritt  es  sind  goldne  worte,  in  denen 
hr.  F.  (s.  3  ff.)  für  die  sch&tzung  unserer  geistesheroen  warmen  her- 
zens  plaidiert.  noch  eindringlicher  würde  aber  freilich  sein  ergnsz 
sein,  wenn  ihn  nicht  auch  hier  wieder  'der  hafer  stäche',  gegen  die 
^kleinen  leute,  bei  denen  die  gelehrsamkeit  niemals  zur  Wissenschaft 
werden  will ,  die  über  der  tagesarbeit  der  minutiösen  forschnng  die 
sonntagsfeier  des  freien  gedankenfluges  vergessen  usw.'  einen  wuch- 
tigen   lufthieb  zu  schlagen,   hr.  F.  musz  gar  herzbrechende 

sondererfahrnngen  gemacht  haben,  wenn  er  nicht  ansteht  zu  be- 
haupten, dasz  'männer  dieser  gedanken-  und  geistesrichtung  leider 
seit  langen  Jahren  an  sehr  vielen  stellen  der  Unterrichts verwal* 
tung  gestanden  hätten',  wie  wäre  er  denn  sonst  wol  zu  der  yer- 
blendung  gelangt,  die  sich  in  dieser  behauptung  documentiert !  sind 
<lenn  männer  wie  Olshausen,  Wiese  u.  a.  wirklich  nicht  kenner  und 
Vertreter  der  Wissenschaft?  doch,  dies  capitel  lasse  ich  fallen,  uni 
nicht  hm.  F.  eine  handhabe  zu  bieten,  mich  der  liebcdienerei  zu  ver- 
dächtigen, sehen  wir  uns  lieber  seine  besprechung  der  '17  schnl- 
f ragen'  näher  an. 

Was  hr.  F.  über  erziehung  und  Unterricht ,  über  das  Verhältnis 
zwischen  schule  und  haus  sagt ,  ist  uns ,  und  gewis  vielen  mit  uns 
aus  der  seele  gesprochen,  höchstens  dürften  wir  hinsichtlidi  der 
alumnate  eine  kleine  einwendung  machen,  für  den  Schreiber  d,  s., 
der  selbst  sechs  jähre  einem  alumnat  angehört  hat,  steht  es  festi 
dasz  ein  gut  eingerichtetes  alumnat,  dessen  leitung  ein  tüchtiger 
lehrer  und  erzieher  hat,  der  gröste  sogen  für  alle  knaben  ist,  die 
vom  lande  und  überhaupt  von  auswärts  ins  gjmnasium  gebracht 
werden :  die  mängel  in  der  erziehung  werden  vom  elterahaus  in  den 
oft  wiederkehrenden  ferion,  nahezu  wenigstens,  ausgeglichen,  aber 
der  wissenschaftliche  sinn  wird  fürs  ganze  leben  geweckt  und  ge* 
stärkt,  die  ganze  ausführung  meines  hm.  gegners  Über  diesen  pnnet 
verdient  indessen ,  wenn  sie  auch  nicht  gerade  neues  bringt ,  bei  der 
Wichtigkeit  der  frage  wol  beachtimg. 

Auch  das  über  die  gliederung  der  öffentlichen  unterrichtsan- 
stalten  (s.  9  ff.)  gegebene  wird  die  wolverdiente  Würdigung  nicht 
zu  entbehren  haben,  nur  zu  der  empfehlung  des  'confessionsfreien* 
(nicht  confessionslosen)  religionsunterrichts  durch  geprüfte  welt- 
liche lehrer,  also  doch  wol  glieder  des  respectiven  lehrercoUeg^umi, 
möchten  wir  ein  fragezeichen  zu  setzen  uns  erlauben:  einen  noch  so 
wissenschaftlichen,  aber  positiven  rabbiner  möchten  wir  nicht 


^siebzehn  preugdsche  schulfragen'.  33 

ätz-  und  stimmberechtigt  im  lehrercoUegium  haben,   warum?   nun, 
aas  gründen,  die  anderswo  gegeben  werden  sollen. 

Im  nftchsten  abschnitt  (nr.  4,  s.  13  ff.)  findet  sich  einiges,  das 
zum  widersprach  herausfordert,    hr.  F.  scheint  es  zu  beklagen,  dasz 
«ile  direetoren  und.  lehrer  von  anstalten  in  kleineren  und  mittleren 
ätädten  die  städtische  Verwaltung  durch  die  staatliche  ersetzt  zu  sehen 
wünschen;  er  findet  ingroszen  stSdten  eher  den  entgegengesetzten 
wonach  in  den  beteiligten  kreisen,  das  streben  sich  durch  die  commu* 
nale  behörde  gegen  willküracte  der  regierung  u.  dgl.  m.  zu  schützen, 
non,  chacon  4  son  goüt.   hätte  hr.  F.  einmal  gelegenheit  gehabt,  als 
strebsamer  und  selbstbewuster  director  unter  dem  lieblichen  krumm 
Stab  emes  magistrats  zu  stehen,  dessen  präses  ein  gewesener  feld- 
webel  oder,  was  noch  viel,  viel  schlimmer,  ein  früherer  gerichts- 
schreiber  ist,  dessen  Senatoren  oder  stadträthe  aus  sonst  ganz  acht- 
baren biedermännem  und  Steuerzahlern,  aber  —  was  den  Unterricht 
betrifft  —  jämmerlichen  'musikanten'  besteht:  er  würde  auch  ein 
Üedchen  von  ^kleinlichem  geist  bei  communalen  'behörden  (s.  14), 
über  rancünen  bei  aufrückungen  und  neuen  besetzungen,  über  un- 
nützes dreinreden  innerhalb  der  fachfragen  um  so  mehr,  je  weniger 
verstSndnis  dafür  vorbanden  sei ,  über  aufgeblasenes  gebahren  den 
lebrem  gegenüber  und  andere  erbärmlichkeiten,  die  das  loos  kleiner 
stSdte  sind'  traurigen  herzens  zu  singen  wissen,    wie  viel  schöne 
geistesfrische  und  herzenswärme  wird  verkümmert,  wenn  so  ein 
kleiner  gemegrosz  als  hochmögender  vater  und  regierer  eines  Städt- 
chens waltet,  das  den  unverdienten  vorzug  eines  gymnasiums  be- 
sitzt!   was  meint  hr.  F.  dazu,  dasz  in  einer  mittelgroszen  stadt 
Pommerns  einst,  als  der  rector  der  Stadtschule  über  mangel  an  Sub- 
ordination von  Seiten  eines  ihm  untergebenen  lehrers  in  der  schul- 
depatation  zu  klagen  hatte,  ein  wackerer  seilermeister,  den  eine  be- 
sondere fügung  in  die  schuld eputation  verpflanzt  hatte,  das  kostbare 
wort  leisten  konnte:  *herr  rector,  über  Ihnen  (sie!)  wundere  ich 
aich  sehr,  dasz  Sie  noch  lange  klagen:  wenn  mir  ein  geselle  nicht 
parieren  vnll,  so  jage  ich  ihn  fort,    machen  Sie's  doch  ebenso !'   oder 
wenn  in  derselben  stadt  ein  schuldeputierter  bei  der  berathung  des 
sehuletats  mit  gravi  tat  sprach:   ^stellen  wir  die  lehrer  nicht  noch 
besser;  sonst  werden  sie  nur  übermütig  und  —  faul!'    das  sind 
coliorhistorische  beitrage  aus  dem  letzten  Jahrzehnt  dieses  jahr- 
bimderts  der  intelligenz!     unterzeichneter  steht  für  die  buchstäb- 
'   liehe  Wahrheit  des  mitgeteilten  ein  und  kann  eventuell  namen  nen- 
nen. —  Auf  s.  14  unten  bringt  hr.  F.  übrigens  noch  eine  äaszeruug, 
die   auf   meinen  sinn   für  historisches  recht   einen   starken   schlaof- 
;    K-hatten  wirft,    er  sagt  nemlich  ^milde  Stiftungen,  patriotische 
^  beschenke   haben  jetzt  andere   objecte   zu   berücksichtigen,    bie 

f  werden  am  besten  specielleren  bedllrfnissen zugewandt  usw.' 

da:?  ist  denn  doch  eine  eigentümlich  ä  la  Cavour  und  Garibaldi  ge- 
förbte  ansehuuung,  die,  so  gott  will,  niemals  in  unseren  leitenden 
kreisen  eiuflusz  gewinnen*,  wird :  Stiftung  ist  letzter  heiliger  wille  1 

^.jirirb.  i.pljll.u.  piid.  II.  abl.  1875.  Iifi,  1.  3 


l 


34  Bemerkungen  zn  dem  artdkel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

—  Wenn  prof.  Fahle  auf  s.  15  will,  dasz  progjmnasien  wieder 
in  ausreichender  anzahl  zu  errichten  und  die  vollständigen  gym- 
nasien  dien  gröszeren  stSdten  vorzubehalten  seien,  so  findet  ^eser 
Vorschlag  meine  billignng :  dem  Unwesen  städtischer  gymnaeien  in 
Meinen ,  nicht  bemittelten  orten  musz  aus  vielen  gründen  (s^  auch 
oben)  von  staatswegen  gesteuert  werden. 

Im  dn  abschnitt  (s.  15  ff.)  bringt  hr.  F.  wieder  so  schöne  pbrasen 
voll  gift  und  galle  gegen  die  ^reaction'  und  die  ^Orthodoxie',  dasz 
Schreiber  d.  z.,  ein  conservativer  im  Unterricht  im  strengsten  sinne 
des  Worts,  aber  ein  fortschrittsmann  im  gebiet  der  wissenschalt, 
nicht  umhin  kann,  das  kräftigste  aus  dem  gebotenen  hier  anzu- 
führen, s.  16  heiszt  es:  ^die  reactionsperiode  aber  vor  und  nach 
1848  emp&nd  von  neuem  das  kaum  überwundene  und  bei  theologi- 
scher Orthodoxie  niemals  abgeschwächte  mistrauen  gegen  die  sub- 
versiven tendenzen  der  naturwissenschaften,  das  Mdgeschrei 
der  Umkehr  der  Wissenschaft  ertönte  nach  allen  Seiten  und  fährte 
1856  für  die  höheren  schulen  den  Wieseschen  normallehrplan  herbei, 
durch  welchen  latein  und  griechisch  nicht  nur  als  die  hauptpfeiler 
und  mittelpuncte  der  Jugendbildung  hingestellt,  sondern  auch  über- 
haupt in  eine  solche  höhe  gerückt  wurden ,  als  seien  sie  die  einzigen 
vermittler,  das  alleinige  masz  und  die  ausschlieszliche  zugangspforte 
für  die  bildung  insgesamt,  die  todte  gelehrsamkeit  (sie !)  wurde  der 
Wissenschaft  substituiert  und  der  lebendige  flusz  der  modernen  ge- 
danken  und  der  mit  ihnen  gegebenen  er  Weiterungen  auf  allen  ge- 
bieten geistiger  forschung  so  sehr  ignoriert  (!),  dasz  ein  crasser 
materialismus  als  notwendige  folge  (!)  sich  einstellen  muste,  wäh- 
rend man  vorgab,  die  materielle  richtung  der  zeit  verbannen  zu 
wollen.'  es  gibt  bekanntlich  kein  bequemeres  mittel  bei  jeder  dis- 
cussion,  als  dem  gegner  Unehrlichkeit  unterzuschieben  und  ihm 
thatsächliche  innere  Zustimmung  zu  der  eigenen  behauptung  zum- 
schreiben.  aber  bis  heute  hat  ein.  solches  verfahren  noch  nicht  als 
anständig  gegolten;  hr.  F.  hätte  besser  gethan,  auf  solche  art  des 
kampfes  zu  verzichten,  oder  glaubt  er  wieder  einmal  in  seiner  heiaz- 
blutigen  art ,  an  die  stelle  von  belegen  und  gründen  derbe  Schlag- 
wörter und  faustschläge  setzen  zu  müssen?  was  doch  die  arme 
'reaction'  und  die  Hheologische  Orthodoxie'  alles  verbrochen  hatl 
selbst  den  ^crassen  materialismus'  hat  sie  erzeugt;  und  doch  weisz 
jeder  mensch,  dasz  dieser  leider  krebsartig  um  sich  fressende  freche 
gesell  der  kreuzung  des  modernen  radicalismus  in  der  Wissenschaft 
mit  dem  fortgeschrittensten  Unglauben  auf  religiösem  gebiet  ent- 
sprossen ist.  wo  bleibt  da  die  achtung  vor  der  Wahrheit,  als  deren 
rückhaltslosen  Vertreter  sich  hr.  F.  so  selbstgefällig  geriert? 

Und  80  geht  es  munter  und  unverdrossen  weiter,  thatsachen 
werden  ignoriert  oder  bestritten;  dasz  tüchtiige  kaufleute  lieber 
gymnasial-  als  real-abiturienten  in  die  lehre  nehmen,  dasz  Universi- 
tätsgutachten gegen  die  realschule  sich  aussprechen,  ist  ganz  gleich- 
gültig :  hr.  F.  hat  eine  andere  ansieht;  da&<genügt  vollständig,   dasz 


[ 


^siebzehn  preuszische  scliulfragen'.  35 

selbst  ^gymnasiallehrer  philologischer  qualität  Wieses  vertheidiger' 
~ referent  ist  sach  einer  dieser  traurigen  sorte  —  'geworden,  darf 
nicht  wunder  nehmen,  es  ist  die  alte  geschickte  von  der  brodwissen- 
schaft,  die  geschichte  des  handwerksmäszigien  Widerstandes  gegen 
erwsitenuig  des  Wissens,  wie  e»  ehedem  die  J.  H.  Voss  bereitete 
Opposition  ^gen  die  reception  des  griechischen  Unterrichtes  unter 
ä»  lehrgegenstftnde  des  gymnasiums  und  neuerdings  die  gegen  die 
Ciurtaossche  grammatik  erhobenen  bedenken  klar  und  thatsächlich 
bewiesen  haben.'  nun,  gegen  Curtius  bin  ich  nicht  in  Opposition, 
obwol  ich  Kochs  grammatik  in  der  schule  vorziehen  würde,  in  be- 
zog auf  die  anderen  unsterblichen  dicta  des  hm.  F.  habe  ich  nichts 
weiter  zu  bemerken,  als  dasz  ich  ihm  wünsche,  er  möchte  unter- 
riebtsminister  in  —  Wolkenkukuksheim  werden  und  dort  sein  mon- 
Strom  von  modern  befruchtetem  realgymnasium  für  alle  halbbildungs- 
bedfkrftigen  baldigst  etablieren. 

Yerstftndiger  sind  hm.  F.s  bedenken  gegen  den  lateinischen 
anfsatz,  obwol  sie  nicht  gerade  den  reiz  der  neuheit  haben,  be- 
sonders erfreulieh  war  es  mir,  in  hm.  F.  auch  einen  gegner  des 
griech.  scriptums  in  prima  zu  finden:  es  ist  mir  ganz  klar,  dasz 
die  zeit  der  schriftlichen  Übungen  im  griechischen  für  prima  der 
lectflre,  auch  des  Euripides,  zugewendet  werden  musz,  wenn  wir 
unseren  abiturienten  wirklich  eine  relative  kenntnis  und  damit 
achkng  vor  der  antike  auf  die  Universität  und  ins  spätere  leben 
mitgeben  wollen. 

Ebenso  kann  man  füglich  unterschreiben,  was  hr.  F.  gegen  die 
fiberhäufung  mit  'privatlectüre',  die  keine  ist,  anführt,  fer- 
ner die  bemerkungen  über  öfteres  extemporieren,  freiwilli- 
ges memorieren,    pedantische   interpretation    moderner 
antoren.    freilich  sieht  der  'pferdefusz'  bald  wieder  unter  dem  pal- 
lioffl  des  herm  ,pädagogen  hervor,  wenn  er  (s.  22)  sagt:  Mie  Scheide- 
wand zwischen  gelehrtenstand  und  bürgertum  musz  fallen,    alle 
Staatsbürger  müssen  sich  der  freiheit  der  bildung  bewust  werden 
usw.  usw.'.    wie  schön  sich  das  liest!    schade  nur,  dasz  die  fabrika- 
tion  der  ^Nürnberger  trichter'  noch  so  im  argen  liegt,  um  nicht 
alled  dickköpfen  unter  den  ^zukünftigen  Staatsbürgern'  ein  'bewust- 
sein  von  der  freiheit  der  bildung'  einzublasen.    möge  hr.  F.  dem 
weisen  ^französischen'   Ostendorf  die  bruderhand  reichen  und  ja 
nicht  vergessen,  memorieren  der  verfassungsurkunde  und  des  — 
neuen  Strafgesetzbuches  in  seinen ,  den  Wieseschen  ersetzen  sollen- 
den normallehrplan  für  den  Unterricht  künftiger  Staatsbürger  aufzu- 
nehmen !    es  wird  eine  saftige  brühe  geben :  an  stelle  des  dekalogus 
die  X  Paragraphen  der  Verfassung  und  des  strafcodex!    wenn  nur 
nicht  hm.  F.  das  heitere  malheur  passiert,  als  'Wanderlehrer  des  Ver- 
eins für  Volksbildung'  gewählt  zu  werden,    difficile  est  saturam  uon 
äcribere ! 

Und  dabei  ist  der  berr  wieder  so  sinnig,  dasz  man  ihn  um- 
armen möchte,    man  lese  nur  die  herliche  stelle  (s.  23)  über  die  reli- 

♦  3* 


36  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hm.  prof.  dr.  Fahle 

glöse  erziehung  durch  das  haus!  es  wird  einem  ordentlich  wieder 
warm  um  das  von  ironie  so  lange  erkältete  herz,  und  gleiches  gilt 
von  dem  über  den  religionsunterricht  in  der  schule  gesagten:  wSre 
doch  hr.  F.  immer  so  besonnen! 

Zu  dem  8n  abschnitt  über  den  beginn  des  sprachlichen 
Unterrichts  im  gjnmasium  liesze  sich  wol  allerlei  bemerken;  ich 
will  jedoch  nur  weniges  bemängeln,  die  behauptung  (s.  26  oben) 
^macht  man  doch  stets  die  erfahrung,  dasz  kinder,  welche,  wenn  auch 
nur  praktisch  und  durch  den  mündlichen  gebrauch^  zugleich 
zwei  sprachen  erlernen  müssen,  in  der  verstandesbildung  sehr 
zurückbleiben,  so  dasz  man  nicht  mit  unrecht  die  verstandesleere 
und  geringe  Urteilskraft,  welche  man  in  unseren  höheren  gesell- 
schaftlichen kreisen  so  oft  antrifft,  auf  die  erste  Jugendzeit  zurück- 
führt, in  welcher  das  erlernen  mehrerer  sprachen  zugleich  die  ganze 
thätigkeit  des  kindlij^hen  geistes  ausschlieszlich  in  anspruch  genom- 
men', da  steht  dehn  erfahrung  gegen  erfahrung.  der  selige  Schlei- 
cher in  Jena,  gewis  ein  mann,  der  in  diesen  dingen  mitzureden  ein 
gutes  recht  hatte,  empfahl  recht  frühen  gebrauch  zweier  sprachen 
z.  b.  plattdeutsch  neben  hochdeutsch,  wenn  sie  nur  einem  stamme 
angehörten,  als  ^ehr  bildend,  und  mein  8jähriger  junge,  der  auf 
dem  gute  meiner  Schwiegermutter  in  den  ferien  mit  seinem  freunde, 
dem  kutscher  Ernst,  stets  plattdeutsch  spricht,  ist  trotzdem  ein  sol- 
cher *  Schlauberger*  geblieben,  dasz  er  lehrem  und  eitern  durch 
kluge  fragen  oft  genug  harte  nüsse  zu  knacken  gibt,  vielleicht 
spricht  aber  die  Werstandesleere  in  unseren  höheren  gesellschaft- 
lichen kreisen'  recht  sehr  gegen  die  modernisicrung  imserer  gym- 
nasien  durch  die  herren  Fahle,  Ostendorf  und  genossen,  denn  die 
kinder  der  vornehmen*  lernen  zwar  recht  früh  schon  bei  der  Lau- 
sanner  bonne  französisch  ^parlieren\  aber  nicht  grammatisch  sicher 
le:ren  und  schreiben ;  sie  nähren  sich  zu  früh  an  französischen  roma- 
nen,  womöglicli  in  der  Ursprache,  aber  kennen  unsere  herlichen, 
wenn  auch  vielfach  recht  wenig  ^nationalen'  classiker  nicht,  was 
meinen  Sie  dazu,  hr.  prof.  Fahle? 

Auch  die  frage :  ob  Vorschulen  zu  empfehlen  seien  oder  nicht, 
hat  hr.  F.,  und  wie  ich  meine ,  ganz  richtig  beantwortet ,  wenn  er 
^dic  einclassigen  Vorschulen  als  einen  in  jeder  weise  mislungenen 
versuch'  bezeichnet,  dagegen  zugibt,  es  könnten  zuweilen  die  septi- 
mas  und  octavas  nützlich  gewesen  sein,  verwundem  musz  aber, 
dasz  hr.  F.  auf  s.  27  behauptet:  'nicht  erst  jetzt,  sondern  schon  seit 
langen  jähren  haben  wir  den  neunjährigen  gjmnasialcursus  für  keine 
ersprieszliche  einrieb tung  gehalten,  namentlich  seit  wir  auch  die 
nachteiligen  folgen  des  zweijährigen  cursus  in  der  tertia  und  se- 
cunda  kennen  gelernt',  nehmen  wir  an,  das  'wir'  des  obigen  satzes 
sei  pluralis  maiestatis,  so  bleibt  unser  erstaunen  darum  nicht  minder 
grosz.  weisz  denn  hr.  F.  nicht,  dasz  die  tertia  und  secunda  die 
wichtigsten  classen  des  gymnasiums  sind,  dasz  eine  lücke  im 
wissen,  das  hier  angeeignet  werden  soll,  meistens  bis  zum  abitu- 


^siebzehn  preuszische  echulfragen'.  37 

rientenexamen  gefährlich  nachwirkt?   es  gibt  ein  treffliches  preuszi- 
scIies  ministerial-rescript  aus  der  ersten  hälfte  der  60er  jähre,  das 
eine  strenge  Versetzung  von  tertia  nach  secunda  empfiehlt;  das  ist 
ein  sehr  richtiger,  pädagogisch  erwogener  wink,  der  leider  nicht  an 
allen  schulen  mehr  die  verdiente  beachtung  zu  finden  scheint,    ko- 
misch klingt  es,  wenn  hr.  F.  auf  den  richtigen  satz:  ^zu  berücksich- 
tigen bleibt  der  umstand,  dasz  unsere  gjmnasien  in  der  that  von  zu 
vielen  jungen  leuten  besucht  werden,  die  nicht  dahin  gehören,  die 
besser  andern  schulen  zugeführt  werden,  weil  sie  sich  für  die  Studien 
nicht  eignen',  den  ganz  verkehrten  ausspruch  folgen  läszt:  ^diese  art 
Schüler  werden  durch  die  zweijährigen  curse  groszgezogen  und  ihnen 
zu  liebe  werden  gerade  die  besseren  elemente  in  einen  so  langsamen 
trab  versetzt,  als  wenn  sie  an  das  nichtsthun  (!)  gewöhnt  werden 
BoUten'.    das  verstehe,  wer  kann,    zutreffend  ist,  was  über  jene  un- 
brauchbaren elemente  gesagt  wird,  die  eher  auf  eine  'presse'  ge- 
boren, als  in  die  secunda  eines  gymnasiums ;  allein  die  zweijährigen 
curse  sind  eine  notwendigkeit  und  eine  wirkliche  wohlthat. 

Die  folgenden  abschnitte  (s.  65  ff.)  unterscheiden  sich  sehr 
wesentlich  von  den  oben  besprochenen  27  Seiten  des  In  heftes  der 
Zeitschrift,  und  zwar  entschieden  in  vortheilhafte^ter  weise,  wäh- 
rend vorher  häufig  genug  die  objectivität  der  betrachtung  zu  ver- 
missen, oft  ein  haschen  nach  überkräftigen  Schlagwörtern  und  ein 
eigenttlmliches  sehen  von  mouches  volantes  zu  beklagen  war,  finden 
wir  hier  eine  wohlthuende  ruhe  und  besonnenheit  des  Urteils ,  eine 
meist  maszvolle  spräche,  ohne  dasz  wir  die  dem  gegenständ  gebüh- 
rende wärme  zu  vermissen  hätten,  hier  möchte  man  dem  wackem 
Vorkämpfer  für  die  hebung  unseres  gymnasialunterrichts  auf  schritt 
und  tritt  dankbar  die  band  drücken:  es  sind  treffliche  worte,  die 
dem  herzen  und  köpfe  des  tüchtigen  pädagogen  entquollen  sind, 
wahrscheinlich  zu  einer  spätem  und  günstigem  zeit  als  die  frühe- 
ren aaslassungen.  darf  ich  mir  eine  kleine  conjectur  erlauben,  so 
bat  hr.  Fahle  jene  ersten  artikel  am  ende  des  schulquartals  unter 
den  mancherlei  gebresten  der  letzten  schulwochen  und  in  moroser 
Stimmung  geschrieben ,  diese  letzten  abschnitte  verdanken  der  ruhe 
der  ferien  und  eines  heitern  geraüts  ihre  entstehung. 

Doch  zur  Sache,  sehr  beherzigenswerth  ist  gleich  abschnitt  9 
(s.  65  ff.),  in  welchem  der  geehrte  hr.  Verfasser  vor  der  Überfüllung 
der  gymnasien,  vor  ^unnatürlicher'  frequenz  solcher  anstalten  warnt, 
die  'von  allen  ecken  und  wänden  her  besucht  werden',  und  es  be- 
tont, dasz  jede  anstalt  ihr  natürliches  gebiet  habe  und  behalte, 
daisz  man  schlecht  motivierten  Wechsel  der  schulen  bei,  so  zu  sagen, 
nomadisierenden  schtilem  inhibieren  müsse,  auch  was  über  die 
zahl  der  wöchentlichen  lehrstunden  zu  lesen,  hat  unsern  beifall. 
iehr  beachtenswerth  aber  sind  die  ausführungen  über  die  ferion. 
Vir  glauben',  sagt  br.  F.  s.  6Q  f.,  ^alle  interessen  am  bcöten  gewahrt, 
wenn  die  ferion  verlegt  werden  auf  42  tage  im  sommer  vom  21  juli 
incl.  bis  1  September  excL,  auf  12  tage  um  Weihnachten,  10  um 


38  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

ostem  und  6  um  pfingsten,  so  dasz  im  ganzen  70  tage  {=  10  woehen) 

unterrichtsfreie  tage  herauskommen das  abiturienten- 

examen  verlegt  man  dabei  teils  in  den  schlusz  des  alten,  teile  in  den 
anfang  des  neuen  Schuljahres ,  so  dasz  zwischen  die  schriftliohe  nnd 
mündliche  prüfun^  die  groszen  ferien  fallen.'  es  ist  dies  ein  piuict, 
der  bei  der  festsetzung  der  neuen  Ordnungen  der  sorgßUtigsteja  Wür- 
digung anheimzugeben  sein  dürften 

In  nr.  10  (s.  67)  fordert  hr.  F.  *eine  einjährige  prima  nnd  darauf 
eine  einjährige  selecta*.  recht  gut;  aber  man  höre  weiter :  'das  Zeug- 
nis für  die  prima  soll  für  den  einjährigen  dienst  berechtigen'  usw. 
um  alles  in  der  weit  nicht!  haben  wir  denn  noch  nicht  Jammer 
genug  davon,  dasz  die  'militärjünglinge'  uns  als  meist  indolente 
'bänkedrücker'  die  secnnda  ruinieren,  um  auch  das  erste  Jahr  der 
obersten  classe  durch  diese  traurigen  demente  verderben  zu  lassen? 
die  militärbehörden  werden  mit  beiden  bänden  nach  solchem  vor- 
schlag  aus  dem  kreise  der  lehrerweit  greifen;  aber  die  armen  lehrer 
der  secunda,  die  nicht  zwei  getrennte  abteilungen  hat!  wir  anderen 
lehrer  hoffen  und  ersehnen  eine  beätimmung,  die  uns  von  der  last 
der  zukünftigen  ^einjährigen'  befreien  und  diese  jungen  leute  anderen 
schulen  überweisen  soll,  und  hr.  F.  will  den  druck  noch  verstärken, 
wahrscheinlich  dem  leidigen  vorsatz  folgend,  die  kluft  zwischen  den 
gelehrten  und  den  übrigen  Staatsbürgern  zu  überbrücken. 

Der  lehrplan  auf  s.  68  bietet  eine  Verbesserung,  wie  wir  es  an- 
sehen, hinsichtlich  des  deutschen  und  der  geschichte,  aber  eiae,  bei 
hrn.  F.  nach  dem  frühem  allerdings  nicht  überraschende  Verschlech- 
terung in  bezug  auf  die  classischen  sprachen,  hier  scheint  mir  der 
ort  zu  sein,  einen  kleinen  excurs  über  die  mathematikstunden  einzn- 
schalten,  ein  nach  meiner  und  manches  andern  nicht  mathematikers 
ansieht  nicht  genügend  erwogener  Vorschlag  des  prov.-schnlraibs 
von  Pommern  dürfte  denn  doch  wieder  einmal  hervorzuheben  sein. 
wäre  es  denn  nicht  wirklich  besser,  man  liesze  beim  Übergang  nach 
prima,  oder  vielmehr  nach  der  selecta  des  hm.  F.  —  die  ans  sehr 
gefällt  —  eine  schriftliche  und  mündliche  translocationsprüfung  in 
der  mathematik  vornehmen,  liesze  in  selecta  die  mathematik  nur 
facultativ  fortbestehen,  gäbe  aber  dem  deutschen  und  der  lectüre  in 
den  classischen  sprach^i  die  frei  werdenden  stunden?  es  verdient 
dieser  plan  nicht  die  leicht  hervorgetretene  Verurteilung,  sondern 
die  ernsteste  erwägung  aller  lehrer,  die  nicht  gerade  ^eingefleischte' 
Verehrer  der  ^alleinseligmachenden'  mathematik  sind. 

Es  folgt  als  abschlusz  der  erörterungen  des  hm.  F.  eine  be- 
sprechung  des  abiturientenexamens,  das  ja  die  kröne  nnd  das 
nächste  ziel  des  gymnasialunterrichts  ist ,  oder  doch  sein  soll,  mit 
vollem  recht  verlai^gt  der  verf.  strenge  der  beurteilnng  bei  dieser 
wichtigen  prüfung,  der  schwierigsten  von  allen  des  zu  ^aiehenden' 
Staatsbeamten,  völlig  einverstanden  sind  wir  mit  hm.  F.  rüeksicht- 
lich  der  compensationen,  der  abstimmung  nach  points  und  billigen 
auch  die  motivierung ,  die  die  einführung  der  statistischen  zahl  er- 


^Biebzehn  preuszische  schalfragen'.  39 

Watt  das  *  bisherige  reglement  bleibt  mit  einigen  abänderungen 
bestehen :  der  lateinische  aufsatz  und  das  griechische  scriptum  fallen 
fort,  wieder  eingeführt  wird  die  mündliche  prüfung  in  der  deutschen 
litt^rator  und  in  der  phjsik,  im  hebräischen  genügt  die  schriftliche 
prüfang  allein',  die  ersten  puncte  gefallen  uns ,  wie  oben  erwähnt, 
sehr  wol,  auch  die  neue  prüfung  in  der  deutschen  litteratur  lassen 
wir  uns  gefallen;  die  in  der  physik  halten  wir  für  mindestens  über- 
flüssig, die  im  hebräischen  für  verwerflich,  da  wir  das  hebräische 
als  ganz  ungehörig  für  das  gymnasium  ansehen  und  dringend  wün- 
schen, es  möchte  dieser  ^fremde  körper'  recht  bald  aus  dem  orga- 
niämtts  der  schule  ausgeschieden  werden  und  der  Universität  zu- 
fallen, auf  die  er  allein  gehört,  mit  demselben  und  vielleicht  noch 
gr^zerm  recht  könnten  die  Juristen  Gaiuslectüre ,  die  mediziner 
osteologie,  die  philologen  handechriftenkunde,  wie  die  theologen  he- 
bräisch, vom  gymnasium  fordern. 

Das  nächstfolgende  setzt  unsern  recensentenstift  nicht  in  be- 
wegttikg.  wol  aber  müssen  wir  uns  den  bemerkungen  über  das  prü- 
fangsreglement  für  schulamtscandidaten  im  wesentlichen 
^ascblieszen :  besonders  ansprechend  erscheint  uns  der  Vorschlag 
zireier  examina,  eines  zur  erlangung  der  ^collaboratur'  und  des 
zweiten  zum  eintritt  in  definitive  anstollung.  mit  treffenden  Worten 
tadelt  der  verf.  (s.  72)  weiterhin  das  Unwesen  des  nachholens  von 
facttltäten.  es  ist  in  der  that  nicht  recht ,  dasz  man  mittelmäszigen 
'ocbsgeuies*  die  thür  offen  hält,  durch  die  sie  eine  ganze  gamitur 
von  auf  dem  papier  recht  stattlich  aussehenden  facultäten  sich  holen 
kSnneB,  während  sie  vielleicht  in  Wahrheit  keine  facultas  docendi 
in  sich  tragen,  auch  die  bedenken  gegen  den  häufigen  lehrer- 
wechsel,  an  welchem  besonders  schlechtdotierte  anstalten  zu  leiden 
pflegen,  sind  wol  berechtigt,  wie  jeder  denkende  lehrer  aus  erfah- 
ning  weisz. 

In  nicht  minderem  grade  ansprechend  erscheinen  uns  die  be- 
merkungen über  das  Verhältnis  zwischen  schule  und  haus,  über  die 
^iiseipliaargewalt  der  schule  —  die  hr.  F.,  sehr  nach  dem  geschmack 
^  Bchmbers  d.  z. ,  gegen  roheit  in  den  unteren  classen  bis  zum 
recht  körperlicher  Züchtigung  ausgedehnt  wissen  will  —  und  anderes, 
was  damit  in  Zusammenhang  steht. 

So  schaiden  wir  von  hm.  prof.  Fahle  mit  dem  besten  dank  für 
io  manche  anregung,  die  uns  seine  ^siebzehn  preusz.  schuliragen' 
gegeben  haben,  aber  auch  mit  der  schlieszlichen  bitte,  uns  recht  bald 
wieder  mit  fruchten  seiner  pädagogischen  erfahrung  beschenken  zu 
wollen,  dabei  aber  ein  klein  wenig  zu  bedenken:  jLArjbfev  fiTOv! 

Staroard  in  Pommern.  Beinhold  Dorschel. 


30  Bemerknngen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fable 

lebendigere  anschauung  des  altertums  gewinnt,  dann  wird  anch  eine 
ansgedehntere  lectüre  der  griechischen  schriftsteiler  auf  noch  festerer 
grundlage  ruhen. 

Rendsburg.  Hess. 


2. 

MHAGN  "AfAN.     BEMERKUNGEN  ZU  DEM  ARTIKEL  DES 
HRN.  PROF.  DR.  FAHLE  'SIEBZEHN  PREÜSZISCHE 

SCHÜLFRAGEN'. 

(vgl.  Jahrb.  1874.  s.  1—27  und  65—81.) 


Unter  den  mancherlei  elaboraten  neuester  zeit,  welche  beitrig» 
zu  dem  langersehnten  preuszischen  unterrichtsgesetz  bringen  woll- 
ten, hebt  sich  der  oben  genannte  aufsatz  eines,  wie  es  scheint,  Slten 
Schulmannes  aus  dem  Osten  der  monarchie  in  vieler  beziehung  nidit 
unvorteilhaffc  hervor:  warmes  herz  für  das  heil  unserer  heranwad- 
senden  jugend,  innige  begeisterung  für  den  oft  dornenvollen,  aber 
auch  immer  wieder  erquickenden  beruf  des  lehrers ,  dazu  vielseitig» 
erfahrung  des  gereiften  mannes  sprechen  unverkennbar  und  an  vieliB 
stellen  wohlthuend  zu  dem  teilnehmenden  leser. 

Allein,  wenn  man,  am  ende  der  27  Seiten  angelangt,  das  gautt 
noch  einmal  auf  sich  wirken  läszt,  so  hat  man  —  oder  richtiger:  so 
hatte  Schreiber  d.  z.  —  ein  geftihl  des  Unbehagens  und  des  unbe- 
friedigtseins,  das  bei  kurzem  nachdenken  nicht  nur  auf  das  mangel- 
hafte des  von  prof.  Fahle  getadelten  zurückzuführen  ist ,  sondern  in 
höherem  grade  der  behandlung  des  Stoffes  durch  hm.  F.  zur  lall 
fällt,  vielleicht  haben  manche  leser  obigen  aufsatzes  dieselbe  erfah* 
rung  an  sich  gemacht,  vielleicht  nehmen  sie  nun  veranlassung,  and 
ihrerseits  zur  förderung  des  wichtigen  gegenständes  ihre  gedanktf 
mitzuteilen :  genug,  Schreiber  dieses  fühlte  sich  gedrungen,  den  ans 
führungen  des  hm.  prof.  F.  einiges  gegenüberzustellen,  was  allen 
falls  nicht  blosz  subjectiv  berechtigt  sein  dürfte,  vorausbemerkei 
musz  verf.  noch ,  dasz  er  hrn.  prof.  Fahle  nicht  auf  das  gebiet  de 
leider  wieder  recht  prätensiös  auftretenden  phrase  folgen  mOchtl 
dasz  er  nicht  pessimist  genug  ist,  um  ihm  beizustimmen,  *(s.  1)  e 
ist  höchste  zeit,  dasz  derjenigen  art  des  romanticismus ,  welch 
nur  in  der  erhaltung  althergebrachter  formen  den  neueren  bedflri 
nissen  gegenüber  ihre  lebensaufgabe  sieht,  und  sich  deshalb  stet 
und  immerdar  (!)  in  unfruchtbaren  arbeiten  zersplittert,  endlich  eil 
mal  die  ratio  des  höhern  beliebens  und  der  rücksichtslosen  bebanc 
lung  alles  dessen,  was  ihm  mit  männlichem  freimute  entgegen  triti 
abgeschnitten  wird;  höchste  zeit  endlich,  dasz  in  die  höhere  yei 
waltung  wie  auch  zu  anstaltsdirectoren  männer  von  Charakter  (! 
berufen  werden,  welche  durch  das  gewicht  der  treibenden  gründ 
allein ,  und  nicht  nach  dem  wind ,  der  aus  höheren  regionen  wehi 


f.i 


biebzehn  preusziäche  schulfragen'.  3  t 

sich  bestimmen  lassen ;  zeit  endlich ,  dasz  die  pflege  des  nationalen 
und  modernen  nicht  ganz  und  gar  durch  übergrosze  und  meist  nur 
erheuchelte  (!),  weil  nicht  durch  eigene  Studien  gewonnene,  sondern 
nur  in  nachbeterei  bestehende  liebe  zum  antiken  sich  beeinträchtigt 
sehen  musz'.  herr  Bone  mag  sich  bei  hm  F.  in  erster  linie,  zugleich 
aber  auch  im  namen  aller  preuszischen  schulmänner,  die  noch  ein 
wenig  wissenschaftlichen  sinn  yon  der  Universität  ins  praktische  be- 
rn&leben  hinübergerettet  haben,  für  das  compliment  dankbarlichst 
verbeugen;  hr.  Bone  möge  aber  auch  in  einer  neuen  aufläge  seines 
deutschen  lesebuches  den  mit  recht  von  F.  beanstandeten  passus 
Aber  das  antike  theater  passend  umformen,  um  nicht  begründete 
vorwürfe  herauszufordern,  wenn  nun  aber  hm.  F.  ^ein  wahrhaftes 
grauen  überfallt  vor  dem  ende,  dem  die  unnatur  antikisierender  bil- 
dong  und  blinde  Vergötterung  des  altertums  zutreiben  (s.  2)',  so 
wird  es  ihm  vielleicht  schwer  einleuchten,  dasz  andere,  angesichts 
seiner  eigenen  ebenso  wohl  stilisierten  als  übertriebenen  und  phrasen- 
haften obigen  ausführung,  wol  wünschen  möchten,  er  hätte  etwa» 
von  der  cujq>pocv3vri  der  alten  sich  in  succum  et  sanguinem  verwan- 
delt denn,  ernsthaft  gesprochen,  des  geehrten  herrn  quousque  tan- 
dem  ist  doch  für  eine  objective  besprechung  vorhandener  oder  an- 
geblicher schaden  in  unserm  hohem  Unterrichts wesen  nicht  maszvoll 
genug  gehalten  und  schmeckt  zu  sehr  nach  der  fulminanten  polemik 
des  ^Organs  für  jedermann  aus  dem  volke'  und  ähnlicher  tagesblätter, 
die  das  pikante  für  den  blasierten  geschmack  der  menge  oft  lieber 
wlhlen,  als  die  ruhige,  einfache  Wahrheit,  mit  solchen  schlag- 
vCrtem  sollte  man  um  so  haushälterischer  imigehen,  als  man  doch 
ttderseits  bereit  ist,  dem  jetzigen  leiter  des  preusz.  cultusministe- 
nnms  volle  anerkennung  zu  zollen,  und  was  das  sachliche  anlangt: 
hat  hr.  F.  wirklich  ganz  vergessen ,  dasz  Preuszens  höheres  schul- 
tesen  Jahrzehnte  schon  das  unbestrittene  musterbild  für  die  ent- 
iRchenden  einrichtungen  nicht  blosz  im  übrigen  Deutschland  son- 
In  auch  für  das  ausländ  (vgl.  Oesterreich)  gewesen  ist?  weisz  er 
Im  nicht,  dasz  strebsame  junge  männer  aus  den  kleineren  deut- 
ihen  Staaten  sich  wetteifernd  bemüht  haben  und  noch  bemühen^ 
PI  Preuszens  Staatsprüfungen  zu  bestehen  und  in  Preuszen  berufs- 
iiazige  thätigkeit  zu  finden?  hält  er  dies  wirklich  nicht  auch  mit 
Ir  ein  moment  von  bedeutung  in  bezug  darauf,  dasz  die  übrigen 
hntschen  sich  dem  auch  in  hinsieht  der  intelligenz  vorgeschritte- 
ne groszstaat  im  norden  Deutschlands  so  bereitwillig  untergeordnet 
■benV  und  ist  es  nicht  ein  höhn  auf  das  ernste  streben  hochacht- 
■er  männer  des  gymnasiallehrerstandes ,  die  da  auf  ein  empor- 
iben  ihres  lange  zurückgesetzten  kreises  in  materieller  wie  socialer 
■riehung  hinarbeiten,  jetzt,  wo  es  anfängt  besser  zu  werden,  mit 
>  leichtfertig  hingeschriebenen  Verdächtigungen,  mit  so  empören- 
|i  classen-  und  Schablonenurteilen  hervorzutreten,  damit  den 
iden  neidern  unserer  gebesserten  Stellung  unter  Juristen  und  an- 
jfeen  leuten    eine   bequeme    handhabe  für   ihre  angriffe   geboten 


32  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

werde?  'ein  schlechter  Togel,  der  sein  eigen  nest  beschmntzt!' 
xias  treffende  volkswort  lauten  Yon  hm.  Fahles  bilöser  denkon^ 
su;  möge  er  es  wol  beherzigen  in  einer  zeit,  wo  auch  die  bc 
köpfe  der  praktischen  richtung  mit  schrecken  eingestehen,  das  * 
•der  denker'  sei  aaf  directem  wege  zur  verbauerung  in  grobem  n 
rialismus!  und  um  so  wunderbarer  nimmt  sich  die  offensiye 
hm.  Fahle  gegen  unsere  ideale  pflege  der  antike  deshalb  aus, 
er  an  vielen  stellen  seines  ominösen  Artikels  den  schönsten  ld< 
mus  als  deutscher  patriot  vertritt  es  sind  goldne  worte,  in  d 
hr.  F<  (s.  3  ff.)  für  die  Schätzung  unserer  geistesheroen  warm^ 
zens  plaidiert.  noch  eindringlicher  würde  aber  freilich  sein  er 
sein,  wenn  ihn  nicht  auch  hier  wieder  'der  hafer  stäche',  gegei 
'kleinen  leute,  bei  denen  die  gelehrsamkeit  niemals  zur  wiäsensc 
werden  will ,  die  über  der  tagesarbeit  der  minutiösen  forschun^ 
«onntagsfeier  des  freien  gedankenfluges  vergessen  usw.'  einen  w 

ügen lufthieb  zu  schlagen,   hr.  F.  musz  gar  herzbrech* 

Sondererfahrungen  gemacht  haben,  wenn  er  nicht  ansteht  zu 
haupten,  dasz  'männer  dieser  gedanken-  und  geistesrichtung  h 
seit  langen  jähren  an  sehr  vielen  stellen  der  unterrichtsver 
tung  gestanden  hätten',  wie  wäre  er  denn  sonst  wol  zu  der 
blendung  gelangt,  die  sich  in  dieser  behauptung  documentiert ! 
<lenn  männer  wie  Olshausen,  Wiese  u.  a.  wirklich  nicht  kenner 
Vertreter  der  Wissenschaft V  doch,  dies  capitel  lasse  ich  fallen, 
nicht  hm.  F.  eine  handhabe  zu  bieten,  mich  der  liebcdienerei  zu 
dächtigen,  sehen  wir  uns  lieber  seine  besprechung  der  '17  8( 
fragen'  näher  an. 

Was  hr.  F.  über  erziehung  und  Unterricht ,  über  das  verhä! 
zwischen  schule  und  haus  sagt,  ist  uns,  und  gewis  vielen  mit 
aus  der  seele  gesprochen,  höchstens  dürften  wir  hinsichtlich 
Alumnate  eine  kleine  einwendung  machen,  für  den  Schreiber  < 
der  selbst  sechs  jähre  einem  alumnat  angehört  hat,  steht  es 
dasz  ein  gut  eingerichtetes  alumnat,  dessen  leitung  ein  tüch 
lehrer  underzieher  hat,  der  gröste  segen  für  alle  knaben  ist 
vom  lande  und  überhaupt  von  auswärts  ins  gjmnasium  gebi 
werden :  die  mängel  in  der  erziehung  werden  vom  eltemhaus  ii 
oft  wiederkehrenden  ferien ,  nahezu  wenigstens ,  ausgeglichen , 
der  wissenschaftliche  sinn  wird  fürs  ganze  leben  geweckt  im< 
stärkt,  die  ganze  ausführung  meines  hm.  gegners  Über  diesen  p 
verdient  indessen,  wenn  sie  auch  nicht  gerade  neues  bringt,  be 
Wichtigkeit  der  frage  wol  beachtimg. 

Auch  das  über  die  gliederung  der  öffentlichen  unterrich 
stalten  (s.  9  ff.)  gegebene  wird  die  wol  verdiente  Würdigung  : 
zu  entbehren  haben,  nur  zu  der  empfehlung  des  'confessionsfr 
(nicht  confessionslosen)  religionsunterrichts  durch  geprüfte  ' 
liehe  lehrer,  also  doch  wol  glieder  des  respectiven  lehrercollegi 
möchten  wir  ein  fragezeichen  zu  setzen  uns  erlauben:  einen  no^ 
wissenschaftlichen,  aber  positiven  rabbiner  möchten  wir  i 


toi 


siebzehn  preu&ziBche  schulfragen'.  33 

äitz-  und  stimmberechtigt  im  lehrercollegium  haben,   warum?   nun, 
aas  gründen,  die  anderswo  gegeben  werden  aollen. 

Im  nftchsten  abschnitt  (nr.  4,  s.  13  ff.)  findet  sich  einiges,  das 
zum  widersprach  herausfordert,  hr.  F.  scheint  es  zu  beklagen,  dasz 
alle  directoren  und.  lehrer  von  anstalten  in  kleineren  und  mittleren 
Städten  die  städtische  Verwaltung  durch  die  staatliche  ersetzt  zu  sehen 
wIlDschen;  er  findet  in  groszen  stUdten  eher  den  entgegengesetzten 
Wunsch  in  den  beteiligten  kreisen,  das  streben  sich  durch  die  commu* 
nale  behörde  gegen  willküracte  der  regierung  u.  dgl.  m.  zu  schützen, 
nim,  chacon  4  son  goüt.  hätte  hr.  F.  einmal  gelegenheit  gehabt,  als 
strebsamer  und  selbstbewuster  director  unter  dem  lieblichen  krumm 
Stab  eines  magistrats  zu  stehen,  dessen  präses  ein  gewesener  feld- 
webel  oder,  was  noch  viel,  viel  schlimmer,  ein  frtlherer  gerichts- 
schreiber  ist,  dessen  Senatoren  oder  stadträthe  aus  sonst  ganz  acht- 
baren biedermännem  und  Steuerzahlern,  aber  —  was  den  Unterricht 
betrifft  —  jämmerlichen  ^musikanten'  besteht:  er  würde  auch  ein 
liedchen  von  ^kleinlichem  geist  bei  communalen  'behörden  (s.  14), 
&ber  rancünen  bei  aufrückungen  und  neuen  besetzungen ,  über  un- 
A&tzes  dreinreden  innerhalb  der  fachfragen  um  so  mehr,  je  weniger 
^erstfindnis  dafür  vorbanden  sei ,  über  aufgeblasenes  gebahren  den 
lehrem  gegenüber  und  andere  erbärmlichkeiten,  die  das  loos  kleiner 
>tSdte  sind'  traurigen  herzens  zu  singen  wissen,  wie  viel  schöne 
^istesfirische  und  herzenswärme  wird  verkümmert,  wenn  so  ein 
Ueiner  gemegrosz  als  hochmögender  vater  und  regierer  eines  städt- 
^ens  waltet,  d&s  den  unverdienten  vorzug  eines  gymnasiums  he- 
lfet! was  meint  hr.  F.  dazu,  dasz  in  einer  mittelgroszen  stadt 
Pommerns  einst,  als  der  rector  der  Stadtschule  über  mangel  an  sub- 
Ofdination  von  Seiten  eines  ihm  untergebenen  lehrers  in  der  schul- 
<iepQtation  zu  klagen  hatte,  ein  wackerer  seilermeister,  den  eine  be- 
)H)ndere  fügung  in  die  schuld eputation  verpflanzt  hatte,  das  kostbare 
^ort  leisten  konnte:  *herr  rector,  über  Ihnen  (sie!)  wundere  ich 
iBich  sehr,  dasz  Sie  noch  lange  klagen:  wenn  mir  ein  geselle  nicht 
parieren  vdll,  so  jage  ich  ihn  fort,  machen  Sie's  doch  ebenso  !*  oder 
Venn  in  derselben  stadt  ein  schuldeputierter  bei  der  berathung  des 
idraletats  mit  gravität  sprach:  ^stellen  wir  die  lehrer  nicht  noch 
besser;  sonst  werden  sie  nur  übermütig  und  —  faul!'  das  sind 
«olturhistorische  beitrage  aus  dem  letzten  Jahrzehnt  dieses  jähr- 
kmderts  der  intelligenz!  unterzeichneter  steht  für  die  buchstäb- 
■  liehe  Wahrheit  des  mitgeteilten  ein  und  kann  eventuell  namen  nen- 
nen. —  Auf  s.  14  unten  bringt  hr.  F.  übrigens  noch  eine  äaszerung, 
die  auf  yeinen  sinn  für  historisches  recht  einen  starken  schlaer- 
schatten  w irft.  er  sagt  nemlich  'milde  Stiftungen,  patriotische 
;  ^chenke   haben  jetzt  andere   objecte   zu   berücksichtigen,    sie 

Eirerden  am  besten  specielleren  bedürfnissen zugewandt  usw.' 

I"das  ist  denn  doch  eine  eigentümlich  ä  la  Cavour  und  Garibaldi  ge- 
firbte  anscbiiuung,  die,  so  gott  will,  niemals  in  unseren  leitenden 
kreisen  einflusz  gewinnen»,  wird :  Stiftung  ist  letzter  heiliger  wille  1 

i<.j:»'.fb.  r.  plj<l.  u.  pud.  II.  abt.  1875.  Iift.  1.  3 


34  Bemerknngen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle 

—  Wenn  prof.  Fahle  auf  s.  15  will,  dasz  progjmnasien  wieder 
in  ausreichender  anzahl  zu  errichten  und  die  yollstSndigen  gym- 
nasien  dien  gröszeren  st&dten  yorzubehalten  seien,  so  findet  dieser 
Vorschlag  meine  billignng :  dem  unwesen  städtischer  gymnaBien  in 
Meinen ,  nicht  bemittelten  orten  musz  aus  yielen  gründen  (s.  auch 
oben)  von  staats wegen  gesteuert  werden. 

Im  5n  abschnitt  (s.  15  ff.)  bringt  hr.  F.  wieder  so  scbOne  phrasen 
voll  gift  und  gallo  gegen  die  ^reaction'  und  die  ^Orthodoxie',  dasz 
schieiber  d.  z.,  ein  conservativer  im  Unterricht  im  strengsten  sinne 
des  Worts,  aber  ein  fortschrittsmann  im  gebiet  der  wissenflchaft, 
nicht  umhin  kann,  das  kräftigste  aus  dem  gebotenen  hier  anzu- 
führen,   s.  16  heiszt  es:   ^die  reactionsperiode  aber  vor  and  nach 
1848  emp&nd  von  neuem  das  kaum  überwundene  und  bei  theologi- 
scher Orthodoxie  niemals  abgeschwächte  mistrauen  gegen  die  sub- 
versiven tendenzen  der  naturwissenschaften,  das  feldgescfarei 
der  Umkehr  der  Wissenschaft  ertönte  nach  allen  selten  und  führte 
1856  für  die  höheren  schulen  den  Wieseschen  normallehrplan  herbei, 
durch  welchen  latein  und  griechisch  nicht  nur  als  die  hauptpfeiler 
und  mittelpuncte  der  Jugendbildung  hingestellt,  sondern  auch  über- 
haupt in  eine  solche  höhe  gerückt  wurden ,  als  seien  sie  die  einzigen 
vermittler,  das  alleinige  masz  und  die  ausschlieszliche  zugangspforte 
für  die  bildung  insgesamt,    die  todte  gelehrsamkeit  (sie !)  wurde  der 
Wissenschaft  substituiert  und  der  lebendige  flusz  der  modernen  ge* 
danken  und  der  mit  ihnen  gegebenen  erweiterungen  auf  allen  ge- 
bieten geistiger  forschung  so  sehr  ignoriert  (!),  dasz  ein  crassor 
materialismus  als  notwendige  folge  (!)  sich  einstellen  muste,  wäh* 
rund  man  vorgab,  die  materielle  richtung  der  zeit  verbannen  nt 
wollen.'    es  gibt  bekanntlich  kein  bequemeres  mittel  bei  jeder  dis-- 
cussion,   als  dem  gegner  Unehrlichkeit  unterzuschieben  und  ihnfe 
thatsächliche  innere  Zustimmung  zu  der  eigenen  behauptung  zuza- 
schreiben,    aber  bis  heute  hat  ein.  solches  verfahren  noch  nicht  als- 
anständig  gegolten;  hr.  F.  hätte  besser  gethan,  auf  solche  art  de» 
kampfes  zu  verzichten,   oder  glaubt  er  wieder  einmal  in  seiner  heisz" 
blutigen  art ,  an  die  stelle  von  belegen  und  gründen  derbe  Schlag- 
wörter und  fuustschläge  setzen  zu  müssen?    w^as  doch  die  arme 
'reaction'  und  die  'theologische  Orthodoxie'  alles  verbrochen  hatl 
selbst  den  'crassen  materialismus'  hat  sie  erzeugt;  und  doch  weiss 
jeder  mensch,  dasz  dieser  leider  krebsartig  um  sich  fressende  freche 
gesell  der  kreuzung  des  modernen  radicalismus  in  der  Wissenschaft 
mit  dem  fortgeschrittensten   Unglauben  auf  religiösem  gebiet  ent- 
sprossen ist.    wo  bleibt  da  die  achtung  vor  der  Wahrheit,  als  deren 
rtickhaltslosen  Vertreter  sich  hr.  F.  so  selbstgefällig  geriert? 

Und  so  geht  es  munter  und  unverdrossen  weiter,  thatsachen 
werden  ignoriert  oder  bestritten;  dasz  tüchtige  kaufleute  lieber 
gymnasial-  als  real-abiturienten  in  die  lehre  nehmen,  dasz  univerai- 
tütsgut achten  gegen  die  realschule  sich  aussprechen,  ist  ganz  gleich- 
gültig: hr.  F.  hat  eine  andere  ansieht;  dasgenügt vollständig,  dmn 


^siebzehn  preufizische  schulfragen'.  35 

selbst  ^gjmnasiallehrer  philologischer  qualität  Wieses  vertheidiger' 
—  refnrent  ist  auch  einer  dieser  traurigen  sorte  —  'geworden,  darf 
nieht  wunder  nehmen,  es  ist  die  alte  geschichte  von  der  brodwissen- 
schaft,  die  geschichte  des  handwerksmäszigen  Widerstandes  gegen 
erweitepong  des  Wissens,  wie  es  ehedem  die  J.  H.  Voss  bereitete 
Opposition  'gegen  die  reception  des  griechischen  Unterrichtes  unter 
ä»  lehrgegenstftnde  des  gymnasiums  und  neuerdings  die  gegen  die 
Gortäossche  grammatik  erhobenen  bedenken  klar  und  thatsächlich 
bewiesen  haben/  nun,  geg^i  Curtius  bin  ich  nicht  in  Opposition, 
obwol  ich  Kochs  grammatik  in  der  schule  vorziehen  würde,  in  be- 
zog auf  die  anderen  imsterblichen  dicta  des  hm.  F.  habe  ich  nichts 
weiter  zu  bemerken ,  als  dasz  ich  ihm  wünsche ,  er  möchte  unter- 
riehtsminister  in  —  Wolkenkukuksheim  werden  und  dort  sein  mon- 
strom  Ton  modern  befruchtetem  realgymnasium  für  alle  halbbildungs- 
bedflrftigen  baldigijt  etablieren. 

Yerst&idiger  sind  hrn.  F.s  bedenken  gegen  den  lateinischen 
aofsafcz,  obwol  sie  nicht  gerade  den  reiz  der  neuheit  haben,  be- 
sonders erfreulieh  war  es  mir,  in  hm.  F.  auch  einen  gegner  des 
grieeh.  scriptums  in  prima  zu  finden:  es  ist  mir  ganz  klar,  dasz 
die  zeit  der  schriftlichen  Übungen  im  griechis(^en  für  prima  der 
lectöre,  auch  des  Euripides,  zugewendet  werden  musz,  wenn  wir 
unseren  abiturienten  wirklich  eine  relative  kenntnis  und  damit 
achtung  vor  der  antike  auf  die  universit&t  und  ins  spätere  leben 
mitgeben  wollen. 

Ebenso  kann  man  füglich  unterschreiben,  was  hr.  F.  gegen  die 
Überhäufung  mit  'privatlectüre',  die  keine  ist,  anführt,  fer- 
ner die  bemerkungen  über  Öfteres  extemporieren,  freiwilli- 
ges memorieren,    pedantische   interpretation   moderner 
aütoren.    freilich  sieht  der  *pferdefusz'  bald  wieder  unter  dem  pal- 
liam  des  herm  .pädagogen  hervor,  wenn  er  (s.  22)  sagt :  Mie  Scheide- 
wand zwischen  gelehrtenstand  und  bürgertum  musz  fallen,    alle 
I     Staatsbürger  müssen  sich  der  freiheit  der  bildung  bewust  werden 
'     Qsw.  usw.'.    wie  schön  sich  das  liest!    schade  nur,  dasz  die  fabrika- 
tion  der  ^Nürnberger  trichter*  noch  so  im  argen  liegt,  um  nicht 
i    aUed  dickköpfen  anter  den  ^zukünftigen  Staatsbürgern'  ein  'bewust- 
i    sein  von  der  freiheit  der  bildung'  einzublasen.    möge  hr.  F.  dem 
,"    weisen  'französischen'  Ostendorf  die  bruderhand  reichen  und  ja 
nicht  vergessen,  memorieren  der  Verfassungsurkunde  und  des  — 
neuen  Strafgesetzbuches  in  seinen,  den  Wieseschen  ersetzen  sollen- 
den normallehrplan  für  den  Unterricht  künftiger  Staatsbürger  aufzu- 
nehmen !    es  wird  eine  saftige  brühe  geben :  an  stelle  des  dekalogus 
die  X  Paragraphen  der  Verfassung  und  des  strafcodex!    wenn  nur 
nieht  hm.  F.  das  heitere  malheur  passiert,  als  '  Wanderlehrer  des  Ver- 
eins für  Volksbildung'  gewählt  zu  werden,    difficile  est  saturam  non 
scribere  I 

und  dabei  ist  der  berr  wieder  so  sinnig,  dasz  man  ihn  um- 
:  armen  möchte,    man  lese  nur  die  herliche  stelle  (s.  23)  über  die  reli- 

#  3* 

c 

l 


36  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hm.  prof.  dr.  Fahle 

glöse  erziehung  durch  das  haus!  es  wird  einem  ordentlich  wieder 
warm  um  das  von  ironie  so  lange  erkältete  herz,  und  gleiches  gilt 
von  dem  über  den  religionsunterricht  in  der  schule  gesagten:  wSre 
doch  hr.  F.  immer  so  besonnen! 

Zu  dem  8n  abschnitt  über  den  beginn  des  sprachlichen 
Unterrichts  im  gjmnasium  liesze  sich  wol  allerlei  bemerken;  ich 
will  jedoch  nur  weniges  bemängeln,  die  behauptung  (s.  26  oben) 
'macht  man  doch  stets  die  erfahrung,  dasz  kinder,  welche,  wenn  auch 
nur  praktisch  und  durch  den  mündlichen  gebrauch ,  zugleich 
zwei  sprachen  erlernen  müssen,  in  der  verstandesbildung  sehr 
zurückbleiben,  so  dasz  man  nicht  mit  unrecht  die  verstandesleere 
und  geringe  Urteilskraft,  welche  man  in  unseren  höheren  gesell- 
schaftlichen kreisen  so  oft  anth£ft,  auf  die  erste  Jugendzeit  zurück* 
führt,  in  welcher  das  erlernen  melu'erer  sprachen  zugleich  die  ganze 
thätigkeit  des  kindlipbeD  geistes  ausschlieszlich  in  anspruch  genom- 
men', da  steht  dehn  erfahrung  gegen  erfahrung.  der  selige  Schlei- 
cher in  Jena ,  gewis  ein  mann ,  der  in  diesen  dingen  mitzureden  ein 
gutes  recht  hatte,  empfahl  recht  frühen  gebrauch  zweier  sprachen 
z.  b.  plattdeutsch  neben  hochdeutsch,  wenn  sie  nur  einem  stamme 
angehörten,  als  sehr  bildend,  und  mein  Sjähriger  junge,  der  auf 
dem  gute  meiner  Schwiegermutter  in  den  ferien  mit  seinem  freunde, 
dem  kutscher  Ernst,  stets  plattdeutsch  spricht,  ist  trotzdem  ein  sol- 
cher ' Schlauberger'  geblieben,  dasz  er  lehrem  und  eitern  durch 
kluge  fragen  oft  genug  harte  nüsse  zu  knacken  gibt,  vielleicht 
spricht  aber  die  'verstandesleere  in  imseren  höheren  gesellschaft- 
lichen kreisen'  recht  sehr  gegen  die  modernisierung  unserer  gym- 
nasien  durch  die  herren  Fahle,  Ostendorf  und  genossen,  denn  die 
kinder  der  vornehmen*  lernen  zwar  recht  früh  schon  bei  der  Lan- 
sanner  bonne  französisch  'parlieren',  aber  nicht  granmiatisch  sicher 
\e>en  und  schreiben;  sie  nähi*en  sich  zu  früh  an  französischen  roma- 
nen,  womöglicl)  in  der  Ursprache,  aber  kennen  unsere  herlichen, 
wenn  auch  vieliUch  recht  wenig  'nationalen'  classiker  nicht,  was 
meinen  Sie  dazu,  hr.  prof.  Fahle? 

Auch  die  frage :  ob  Vorschulen  zu  empfehlen  seien  oder  nicht, 
hat  hr.  F.,  und  wie  ich  meine,  ganz  richtig  beantwortet,  wenn  er 
'die  einclassigen  Vorschulen  als  einen  in  jeder  weise  mislungenen 
versuch'  bezeichnet,  dagegen  zugibt,  es  könnten  zuweilen  die  septi- 
mas  und  ociavas  nützlich  gewesen  sein,  verwundem  musz  aber, 
dasz  hr.  F.  auf  s.  27  behauptet:  'nicht  erst  jetzt,  sondern  schon  seit 
langen  jähren  haben  wir  den  neunjährigen  gjrmnasialcursus  für  keine 
ersprieszliche  einrieb tun^  gehalten,  namentlich  seit  wir  auch  die 
nachteiligen  folgen  des  zweijährigen  cursus  in  der  tertia  und  se- 
cunda  kennen  gelernt',  nehmen  wir  an,  das  'wir'  des  obigen  satses 
sei  pluralis  maiestatis,  so  bleibt  unser  erstaunen  darum  nicht  minder 
grosz.  weisz  aenn  hr.  F.  nicht,  dasz  die  tertia  und  secunda  die 
wichtigsten  classen  des  gymnasiums  sind,  dasz  eine  lücke  im 
wissen,  das  hier  angeeignet  werden  soll,  meistens  bis  zum  abita- 


'siebzehn  preuszische  schulfrageu'.  37 

rientenexamen  gefährlich  nachwirkt?  es  gibt  ein  tre£fliches  preuszi- 
sches  ministerial-rescript  aus  der  ersten  hälfte  der  60er  jähre,  das 
eine  strenge  Versetzung  von  tertia  nach  secnnda  empfiehlt;  das  ist 
ein  sehr  richtiger,  pädagogisch  erwogener  wink,  der  leider  nicht  an 
allen  schulen  mehr  die  verdiente  beachtung  zu  finden  scheint,  ko- 
misch klingt  es,  wenn  hr.  F.  auf  den  richtigen  satz:  'zu  berücksich- 
tigen bleibt  der  umstand,  dasz  unsere  gymnasien  in  der  that  von  zu 
vielen  jungen  leuten  besucht  werden,  die  nicht  dahin  gehören,  die 
besser  andern  schulen  zugeführt  werdeü,  weil  sie  sich  für  die  Studien 
nicht  eignen',  den  ganz  verkehrten  ausspruch  folgen  iSszt:  'diese  art 
schfiler  werden  durch  die  zweijährigen  curse  groszgezogen  und  ihnen 
zu  liebe  werden  gerade  die  besseren  demente  in  einen  so  langsamen 
trab  versetzt,  als  wenn  sie  an  das  nichtsthun  (!)  gewöhnt  werden 
sollten',  das  verstehe,  wer  kann,  zutreffend  ist,  was  über  jene  un- 
brauchbaren elemente  gesagt  wird,  die  eher  auf  eine  'presse'  ge- 
boren, als  in  die  secunda  eines  gymnasiums ;  allein  die  zweijährigen 
curse  sind  eine  notwendigkeit  und  eine  wirkliche  wohlthat. 

Die  folgenden  abschnitte  (s.  65  ff.)  unterscheiden  sich  sehr 
wesentlich  von  den  oben  besprochenen  27  Seiten  des  In  heftes  der 
Zeitschrift,  und  zwar  entschieden  in  vortheilhafteSter  weise,  wäh- 
rend vorher  häufig  genug  die  objectivität  der  betrachtung  zu  ver- 
missen, oft  ein  haschen  nach  überkräftigen  Schlagwörtern  und  ein 
eigentümliches  sehen  von  mouches  volantes  zu  beklagen  war,  finden 
wir  hier  eine  wohlthuende  ruhe  und  besormenheit  des  urteiJs ,  eine 
meist  maszvoUe  spräche ,  ohne  dasz  wir  die  dem  gegenständ  gebüh- 
rende wärme  zu  vermissen  hätten,  hier  möchte  man  dem  wackern 
Vorkämpfer  für  die  hebung  unseres  gymnasialunterrichts  auf  schritt 
tind  tritt  dankbar  die  band  drücken:  es  sind  treffliche  worte,  die 
dem  herzen  und  köpfe  des  tüchtigen  pädagogen  entquollen  sind, 
wahrscheinlich  zu  einer  spätem  und  günstigem  zeit  als  die  frühe- 
ren aoslassungen.  darf  ich  mir  eine  kleine  conjectur  erlauben,  so 
bat  hr.  Fahle  jene  ersten  artikel  am  ende  des  schulquartals  unter 
den  mancherlei  gebresten  der  letzten  schulwochen  und  in  moroser 
Stimmung  geschrieben ,  diese  letzten  abschnitte  verdanken  der  ruhe 
der  ferien  und  eines  heitern  geraüts  ihre  entstehung. 

Doch  zur  Sache,    sehr  beherzigenswerth  ist  gleich  abschnitt  9 
(s.  65  ff.),  in  welchem  der  geehrte  hr.  Verfasser  vor  der  Überfüllung 
der  gymnasien,  vor  'unnatürlicher'  frequenz  solcher  anstalten  warnt, 
.  die  'von  allen  ecken  und  wänden  her  besucht  werden',  und  es  be- 
tont, dasz  jede  anstalt  ihr  natürliches  gebiet  habe  und  behalte, 
.    daiz  man  schlecht  motivierten  Wechsel  der  schulen  bei,  so  zu  sagen, 
nomadisierenden   schtilern   inhibieren   müsse,     auch   was   über   die 
zahl  der  wöchentlichen   lehrstunden  zu  lesen,   hat  unsern  beifall. 
sehr  beachten s wer th  aber  sind  die  ausführungen  über  die  ferien. 
'wä'  glauben',  sagt  hr.  F.  s.  66  f.,  'alle  interessen  am  besten  gewahrt, 
wenn  die  ferien  verlegt  werden  auf  42  tage  im  sommer  vom  21  juli 
.  incl.  bis  1   September  excl.,  auf  12  tage  um  Weihnachten,  10  um 


i 


38  Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hm.  prof.  dr.  Fahle 

ostem  und  6  um  pfingsten,  so  dasz  im  ganzen  70  tage  (=  10  wochen) 

unterrichtsfreie  tage  herauskommen das  abiturienten- 

examen  verlegt  man  dabei  teils  in  den  schlusz  des  alten,  teile  in  den 
anfang  des  neuen  schulji^res,  so  dasz  zwischen  die  schrifUiohe  und 
xaflndliche  prüfung  die  groszen  ferien  fallen.'  es  ist  dies  ein  poncti 
der  bei  der  festsetzung  der  neuen  Ordnungen  der  soigfUtigste^  irfir- 
digung  anheimzugeben  sein  dürfte 

In  nr.  10  (s.  67]  fordert  hr.  F.  'eine  einjährige  prima  und  darauf 
eine  einjährige  selecta'.  recht  gut;  aber  man  höre  weiter :  'das  seng- 
nis  für  die  prima  soll  für  den  einjährigen  dienst  berechtigen'  osw. 
um  aUes  in  der  weit  nicht!  haben  wir  denn  noch  nicht  Jammer 
genug  davon,  dasz  die  'militärjünglinge'  uns  als  meist  indolente 
^bänkedrücker'  die  secunda  ruinieren,  um  auch  das  erste  jähr  der 
obersten  classe  durch  diese  traurigen  demente  verderben  zu  lassen? 
die  militärbehörden  werden  mit  beiden  bänden  nach  solchem  Vor- 
schlag aus  dem  kreise  der  lehrerweit  greifen ;  aber  die  armen  lehrer 
der  secunda,  die  nicht  zwei  getrennte  abteilungen  hat!  wir  anderen 
lehrer  hoffen  und  ersehnen  eine  beätimmung,  die  uns  von  der  last 
der  zukünftigen  'einjährigen'  befreien  und  diese  jungen  leute  anderen 
schulen  überweisen  soll,  und  hr.  F.  will  den  druck  noch  verstärken, 
wahrscheinlich  dem  leidigen  vorsatz  folgend,  die  klufb  zwischen  den 
gelehrten  und  den  übrigen  Staatsbürgern  zu  überbrücken. 

Der  lehrplan  auf  s.  68  bietet  eine  Verbesserung,  wie  wir  es  an- 
sehen, hinsichtlich  des  deutschen  und  der  geschichte,  aber  eine,  bei 
hrn.  F.  nach  dem  frühem  allerdings  nicht  überraschende  verscfalech- 
terung  in  bezug  auf  die  classischen  sprachen,  hier  scheint  mir  der 
ort  zu  sein,  einen  kleinen  excurs  über  die  mathematikstunden  einza- 
schalten.  ein  nach  meiner  und  manches  andern  nicht  mathematikers 
ansieht  nicht  genügend  erwogener  verschlag  des  prov.-schnlraths 
von  Pommern  dürfte  denn  doch  wieder  einmal  hervorzuheben  sein. 
wäre  es  denn  nicht  wirklich  besser,  man  liesze  beim  Übergang  nach 
prima ,  oder  vielmehr  nach  der  selecta  des  hm.  F.  —  die  ans  sehr 
gefällt  —  eine  schriftliche  und  mündliche  translocationsprüfung  in 
der  mathematik  vornehmen,  liesze  in  selecta  die  mathematik  nor 
facultativ  fortbestehen,  gäbe  aber  dem  deutschen  und  der  lectüre  in 
den  classischen  sprach^i  die  frei  werdenden  stunden?  es  verdient 
dieser  plan  nicht  die  leicht  hervorgetretene  Verurteilung,  sondern 
die  ernsteste  erwägung  aller  lehrer,  die  nicht  gerade  'eingefleischte' 
Verehrer  der  ^ulleinseligmachenden'  mathematik  sind. 

Es  folgt  als  abschluez  der  erörteningen  des  hm.  F.  eine  bo- 
sprechung  des  abiturientenexamens,  das  ja  die  kröne  und  das 
nächste  ziel  des  gjmnasialunterrichts  ist,  oder  doch  sein  soll,  mit 
vollem  recht  verlangt  der  verf.  strenge  der  beurteilung  bei  dieser 
wichtigen  prüfiing,  der  schwierigsten  von  allen  des  zu  'aiohenden' 
Staatsbeamten,  völlig  einverstanden  sind  wir  mit  hm.  F.  rücksicbt- 
lich  der  compensationen,  der  abstimmung  nach  points  und  billigen 
auch  die  motivierung ,  die  die  einführung  der  statistischen  zahl  er- 


^siebzehn  preuszische  schulfragen'.  39 

fSbit  das  ^bisherige  reglemeut  bleibt  mit  einigen  abänderungen 
bestehe:  der  lateinische  aufsatz  und  das  griechische  scriptum  fallen 
fort,  wieder  eingeführt  wird  die  mündliche  prüfung  in  der  deutschen 
üU^rator  und  in  der  phjsik,  im  hebräischen  genügt  die  schriftliche 
prüfang  allein',  die  ersten  puncte  gefallen  uns ,  wie  oben  erwähnt, 
sehr  wol,  auch  die  neue  prüfung  in  der  deutschen  litteratur  lassen 
wir  uns  gefallen ;  die  in  der  physik  halten  wir  für  mindestens  über- 
flüssig, die  im  hebräischen  fUr  verwerflich,  da  wir  das  hebräische 
als  ganz  ungehörig  für  das  gymnasium  ansehen  und  dringend  wün- 
schen, es  mOchte  dieser  fremde  körper'  recht  bald  aus  dem  orga- 
niämus  der  schule  ausgeschieden  werden  und  der  Universität  zu- 
fallen, auf  die  er  allein  gehört,  mit  demselben  und  vielleicht  noch 
grOszerm  recht  könnten  die  Juristen  GaiuslectÜre ,  die  mediziner 
osteologie,  die  philologen  handschriftenkunde,  wie  die  theologen  he- 
br&isch,  vom  gymnasium  fordern. 

Das  nächstfolgende  setzt  unsern  recensentenstift  nicht  in  be- 
wegong.  wol  aber  müssen  wir  uns  den  bemerkungen  über  das  prü- 
fongsreglement  für  s chulamtscandi da ten  im  wesentlichen 
«Dscblieszen :  besonders  ansprechend  erscheint  uns  der  Vorschlag 
ztreier  examina,  eines  zur  erlangung  der  ^coUaboratur'  und  des 
zweiten  zum  eintritt  in  definitive  anstollung.  mit  treffenden  Worten 
tadelt  der  verf.  (s.  72)  weiterhin  das  unwesen  des  nachholens  von 
faciütäten.  es  ist  in  der  that  nicht  recht ,  dasz  man  mittelmäszigen 
^ochsgeuies*  die  thür  offen  hält,  durch  die  sie  eine  ganze  gamitur 
Ton  auf  dem  papier  recht  stattlich  aussehenden  facultäten  sich  holen 
Ictoe»,  während  sie  vielleicht  in  Wahrheit  keine  facultas  docendi 
in  sich  tragen,  auch  die  bedenken  gegen  den  häufigen  lehrer- 
wechsel,  an  welchem  besonders  schlechtdotierte  anstalten  zu  leiden 
pflegen,  sind  wol  berechtigt,  wie  jeder  denkende  lehrer  aus  erfah- 
rnng  weisz. 

In  nicht  minderem  grade  ansprechend  erscheinen  uns  die  be- 
merkmigen  über  das  Verhältnis  zwischen  schule  und  haus ,  über  die 
discipliflifurgewalt  der  schule  —  die  hr.  F.,  sehr  nach  dem  geschmack 
tiee  Bchimbers  d.  z. ,  gegen  roheit  in  den  unteren  classen  bis  zum 
'  recht  körperlicher  Züchtigung  ausgedehnt  wissen  will  —  und  anderes, 
was  damit  m  Zusammenhang  steht. 

80  scheiden  wir  von  hm.  prof.  Fahle  mit  dem  besten  dank  für 
^  manche  anregung,  die  uns  seine  'siebzehn  preusz.  schulfragen' 
gegeben  haben,  aber  auch  mit  der  schlieszlichen  bitte,  uns  recht  bald 
wieder  mit  fruchten  seiner  pädagogischen  erfahrung  beschenken  zu 
wollen,  dabei  aber  ein  klein  wenig  zu  bedenken:  juribfev  Stöv! 

Staroard  in  Pommern.  Beinhold  Dorschel. 


i 


40  P.  Reis:  lehrbuch  der  physik. 

3. 

1)  DR.  Paul  Reis,  otmnasiallehber  in  Mainz,  lehrbuch  DSit 

PHYSIK EINSCHLIESZLICH  DER  PHYSIK  DES  HIMMELS,  DER  SBDS 

UND  DER  LUFT  —  GEMÄSZ  DER  NP.UERN  ANSCHAUUNG  FUB  GYMNA- 
SIEN,   REALSCHULEN    UND   ÄHNLICHE   ANSTALTEN.      ZWEITE  AUF* 

LAGE.    Leipzig.    Verlag  von  Quandt  u.  Händel.    1873. 

2)  PROF.  H.  Fahle,  Oberlehrer  zu  Posen  und  D.  H.  Lampe^ 

GYMNASIALLEHRER  IN  DaNZIG,  PHYSIK  DES  TAGLICHEN  LEBER» 
FÜR  GEBILDETE  ÜBERHAUPT  UND  FÜR  VORGESCHRITTENE  SCHGlIE 
AN  GYMNASIEN,  REALSCHULEN  UND  SCHULLERERSEMINARIBN.  ebd.- 
1874.  J 

Es  ist  gewis  nicht  überflüssig,  die  Beissche  physik  auch  naek   .. 
der  zweiten  aufläge  noch  in  diesen  blättern  in  einem  ausführlichent   ' 
referate  zu  besprechen ,  da  wir  erst  jüngst  fachgenossen  keimen  ge-    - 
lernt  haben,  die  von  dem  vorzüglichen  werke  bisher  keine  kennlais- 
genommen,    der  unterzeichnete  wurde  schon  bei  der  ausgäbe  deB- 
ersten prospectus  auf  das  werk  aufmerksam,  weil  dasselbe  eine- 
klarheit  und  Übersichtlichkeit  der  stoffanordnung  darlegte,  weldie 
er  oft  gewünscht,  oft  in  seinen  kritischen  anzeigen  hingestellt,  aber 
bis  dahin  vergebens  auch  in  den  meisten  und  besten  erscheinungeD 
gesucht  hatte,   dasz  diese  anordnung  mit  der  seinigen,  lange  vorher 
bekannt  gemachten  im  wesentlichen  übereinstimmte ,  vermehrte  daa    , 
erlaubte  genügen,  doch  führte  es  nicht  zu  einer  breitem  anzeige^   ; 
weil  die  Vorschule  der  physik  von  Weinhold  aus  demselben  verlage,. 
welche  in  der  Zeitschrift  für  mathematischen  und  naturwissensckaft*  ' 
liehen  Unterricht  etwas  zu  kurz  gekommen  war,  einer  solchen  eher 
bedurfte ,  und  der  umfang  und  der  zweck  dieser  blätter  der  raseli 
auf  einander  folgenden  darbietung  ähnlicher  Stoffe  anständiger  weiae- 
schranken  auferlegt. 

Die  klare  lichtvolle  stoffanordnung  in  der  Reisschen  physik 
hängt  aber  mit  der  richtigen  auffassung  über  wesen  und  bedentimg 
dieser  Wissenschaft  enge  zusammen,  und  sie  hat  den  Verfasser  vor 
allen  seinen  mitstrebenden  zuerst  dahin  geführt,  das  material  mit 
rücksicht  auf  die  neuesten  theoretischen  anschauungen ,  so  weit  sie* 
im  zusammenhange  mit  dem  princip  von  der  erhaltung  der  kraft 
eine  rein  mechanische  darlegung  gestatten ,  geistig  zu  durchdringeoE 
und  die  bisher  weniger  mit  einander  verbundenen  thatsachen  mdir 
und  mehr  an  einander  zu  knüpfen. 

Wenn  der  Verfasser  somit  die  physik  als  die  Wissenschaft  von 
den  bewegungen  ansieht,  welche  zustandsänderungen  der  körper 
zeugen,  von  den  gesetzen,  nach  welchen  diese  erscheinungen 
folgen  und  von  den  Ursachen,  welche  die  erscheinungen  und  gesoftt» 
bedingen,  so  ist  er  in  seinem  rechte,  wenn  er  weiter  unten  hinzosetrts 
'nach  den  annahmen  der  neuem  physik  sind  alle  physikalischen  er» 
scheinungen  oder  zustand sändenmgen  entweder  bewegungen  ganasr 
kOrper  oder  bewegungen  der  kleinsten  teile,  und  wir  teilen  die 


P.  Reis:  lehrbuch  der  physik.  41 

physik  daher  ein  in  die  lehre  von  den  körperbewegungen  oder  die- 
mechanik  und  in  die  lehre  von  der  molekularbewegung  oder  die- 
«ngere  physik;  dem  ersten  teile  musz  eine  einleitung  vorausgehen^ 
in  welcher  allgemeine  begriffe  und  sätze  festgestellt  und  die  princi> 
pien  der  mechanik  entwickelt  werden.'  klarer  und  bestimmter  hätten 
hier  die  beiden  teile  auseinander  gehalten  werden  können  durch  ein- 
f&hmng  der  begriffe  massenbewegung,  an  der  alle  teile  desselben 
körpers  teilnehmen  und  molekularbewegung,  bei  der  vorzugsweise 
fiur  die  art  und  weise  der  fortpflanzung  der  bewegung  von  teilchen 
zu  teilchen  in  frage  gestellt  ist.  übrigens  fordert  die  historische 
gerechtigkeit  das  anerkenntnis ,  dasz  schon  in  der  mechanischen 
natnrlehre  von  August,  hervorgegangen  aus  dem  Fischerschen  lehr- 
bach  der  physik ,  der  hauptanschauung  einer  mechanischen  behand- 
long  räum  gegeben  worden,  und  dasz  es  nur  an  den  neueren  wissen- 
schaftlichen errungenschaften  gefehlt,  um  die  zwingende  einheit  auch 
ioszerlich  sichtbar  zu  gestalten,  der  rothe  faden  iSszt  sich  indes  auf 
mehrfache  weisen  schlagen ,  eine  derselben  findet  sich  in  der  physik 
des  täglichen  lebens  (nr.  2). 

Die  einleitung,  welche  Reis  den  beiden  hauptteilen  der  physik 
Torausschickt ,  erregt  zunächst  das  gröszere  interesse.  darin  wird 
gehandelt  über  1)  allgemeine  begriffe,  2)  allgemeine  eigonschaften,. 
3)  allgemeine  kräfte,  4)  allgemeine  sätze.  nr.  1  gibt  anknüpfend  an 
die  begriffe  räum,  zeit,  ruhe,  bewegung,  stoff,  kraft  die  grundwahr- 
heiten  der  bewegungslehre  in  mathematischer  deduction  und  leitet 
somit  die  formein  her:  1)  s  =  et]  2)  v  =  c  +  T^;  3)  5  =  ^T^^ 
oder  i)  s  =  et  ^  ^ft^  für  die  beziehungen  zwischen  weg  {s\  zeit  (^), 
eonstanter  geschwindigkeit  (c),  veränderlicher  geschwindigkeit  (v} 
xmd  acceleration  (t)  bei  der  gleichmäszigen  und  unglcichmäszigen 
heiregnng.     sodann  folgen  die  gleichnngen  5,   6,   7   und  8  oder 

•I  =  — ,  JT  =  — ,  K  =  mv  und  K  =  wT,  in  denen  m  die  masse, 

ff  ^ 

[§  die  beschleuuigung  der  schwere,  G  das  gewicht  des  körpers  und 

die  kraft  bezeichnet,  so  wie  die  formein  E  =  Kv  und  L  =:  ^mv^^ 
orin  E  den  nutzeffect  und  L  die  lebendige  kraft  ausdrückt,    diese 
die  spitze  gestellten  erörterungen  sind  zeugnis  von  der  behand- 
iweise,  die  der  Verfasser  der  physik  gegeben,  sie  sind  präcis 
leitet  und  durch  Zahlenbeispiele  illustriert,  so  dasz  ihr  ver- 
ndnis  keinen  zu  groszen  Schwierigkeiten  unterliegen  dürfte,    dasz 
Ine  fachgenossen  abänderungen  treffen,  weil  ihnen  dieses  oder 
i jenes  nicht  elementar  genug  erscheint,  ist  möglich,  vielleicht  greift 
(»an  auch  zu  den  deductionen  in  der  kleinen  Bitzelschen  mechanik, 
4ocb  einen  bei?ründeten  tadel  wird  man  schwerlich  erheben,  die  math. 
eisführungen  und  herleitungen  haben  nun  einmal  etwas  unbe- 
^emes  und  werden  leider  zu  oft  umgangen,    wir  sind  mit  dem  ver- 
ser einverstanden,  wenn  er  sogar  das  differenzabzeichen  nicht  ver- 
hmäht,  v/ie  es  auch  Wtlllner  nicht  gethan,  und  sind  fllr  ableitungen 
ie  (\\e  auf  s.   188  und  505  dankbar,     nach  den  eben  skizzierten 


■56  P.  Reis:  lehrbucb  der  pliysik. 

Die  beurteilung  eines  Werkes  mit  so  massenhaftem  stoffe  musz 
sich  natürlich  schranken  auferlegen ,  sobald  sie  das  einzelne  streifen 
will,  man  musz  die  Beissche  physik  erst  Iftngere  zeit  beim  eigenen 
unterrichte  vei;wendet  haben,  ehe  man  das  urteil  abgeben  kann,  dast 
an  diesen  und  jenen  stellen  namentliche  Verbesserungen  anzubringen 
sind,  herr  Beis  hat  eine  so  achtenswerthe  arbeit  vollbracht,  hat  so 
gewissenhaft  ein  unermeszliches  material  zusammengetragen  und 
nach  einheitlichen  gesichtspuncten  geordnet,  hat  auch  seine  Studien 
bis  in  die  neueste  zeit  selbst  kleineren  beobachtungen  zugewendet 
und  für  seine  arbeit  nutzbar  gemacht,  dasz  man  nach  dieser  seite  un- 
bedingte Zustimmung  nicht  verweigern  kann,  auch  die  frage,  ob 
das  buch  wirklich  ein  buch  für  die  schule  sei,  ob  gymnasiasten, 
realschüler  und  ähnliche  kategorien  dasselbe  mit  nutzen  gebrauchen 
können,  eine  frage,  die  von  vielen  fachgenossen  aufgestellt  wird,  ist 
ziemlich  müszig.  das  buch  ist  nicht  für  den  ersten  Unterricht,  wenn 
es  nach  den  einzelnen  paragraphen  in  demselben  durchgenommen 
werden  soll,  das  geschieht  aber  auch  wol  niemals:  anders  ist  die 
Ordnung  des  mündlichen  unterrichte  anders  die  logische  anordnung 
des  lehrbuches.  die  einleitung  in  die  Reissche  physik  musz  zum  teü 
den  schluszstein  des  mündlichen  Unterrichts  bilden ,  und  deshalb  ist 
nicht  gesagt,  dasz  ein  lehrer  auch  mit  der  elektricitätslehre  am  ende 
des  buches  in  secunda  beginnen  könne,  hat  man  überhaupt  für  den 
mündlichen  Unterricht  keinen  leitfaden,  so  musz  jener  darauf  hin- 
wirken, das  zu  gründe  gelegte  lehrbuch  verstehen  und  gebrauchen 
und  für  weitere  Studien  verwenden  zu  lehren,  ob  aber  leitfaden 
oder  ausführliches  lehrbuch,  das  richtet  sich  meist  nach  individuellen 
und  nach  localen  Verhältnissen:  ein  ausführliches  lehrbuch  dürfte 
wol  bei  intelligenten  schülem,  bei  solchen  von  leichter  auffassung 
und  regem  wissensdurste  vorzuziehen  sein,  doch  lassen  wir  das: 
wenn  aber  die  Beissche  physik  als  Schulbuch  zu  umfangreich,  zu 
schwierig  in  der  diction  und  der  mathematischen  deduction  sein 
sollte,  so  kann  sie  doch  kein  lehrer  entbehren  und  namentlich  jüngere 
coUegen  werden  in  ihr  eine  masse  von  wissen  finden ,  weldies  das 
ihrige  noch  nach  manchen  selten  ergänzen  kann,  aber  sie  regt  aucb 
zum  denken  an ,  und  in  dieser  hinsieht  ist  sie  namentlich  studieren- 
den zu  empfehlen,  imd  philologischen  gymnasiallehrem,  die  auch 
von  anderen  disciplinen  unserer  schulen  gewissenhafte  notiz  nehmen 
wollen,  sie  werden,  wenn  anders  ihre  naturwissenschaftliche  aus- 
bildung  nicht  zu  niedrig  steht,  gerade  aus  der  physik  von  Beis  er- 
kennen, dasz  die  naturwissenschaften  mit  vollem  rechte  in  der  ju- 
gendbildung  eine  gröszere  berücksichtigung  als  bisher  verdienen, 
und  dasz  es  mehr  als  humbug  ist ,  wenn  allzu  eifrige  vertheidiger 
des  alten  von  dem  unfertigen,  hypothetischen  und  in  ewigem  flusse 
begrififenen  der  modernen  Wissenschaft  sprechen  und  sie  darum  für 
die  Jugendbildung  wenig  brauchbar  erklären,  der  werdende  er£reut 
sich  am  werden ,  und  das  werdende  musz  ihm  vorgeführt  werden, 
wenn  die  grundlagen  nur  sicher  gelegt  sind. 


P.  Bcis:  lehrbucli  der  physik.  43 

atie  gleich  jenem  teile  von  lebendiger  kraft,  diese  arbeit  aber  kann 
ladi  dem  ersten  eatze  ein  genau  ebenso  groszes  quantum  lebendiger 
anft  heryonnfen.  geschieht  dieses  sofort,  so  ist  die  constante 
uune  der  lebendigen  kraft  auch  wieder  hergestellt,  geschieht  es 
her  nicht,  eo  ist  der  zur  arbeit  verwendete  betrag  an  lebendiger 
nfl,  wie  wir  soeben  gesehen  haben,  an  irgend  eine  masso  in  der 
orm  der  Spannkraft  gebunden,  wodurch  diese  masse  die  föhigkeit 
lal,  einen  gleichen  betrag  von  lebendiger  kraft  wieder  zu  ergänzen; 
me  lebendige  kraft  ist  in  eine  Spannkraft  von  gleichem  werthe  um- 
)»«andelt  worden,  wenn  demnach  aus  der  cons tauten  summe  der 
ibeAdigon  krftfte  ein  gewisser  betrag  ausgeschieden  ist,  so  tritt  eine 
Mchwerthige  Spannkraft  an  dessen  stelle,  so  nimt  der  satz  die 
wm  an :  die  sunmie  der  lebendigen  kräfte  und  die  aus  solchen  her- 
otgegangenen  Spannkräfte  ist  constant.' 

^Wenn  nun  die  Spannkräfte  die  unter  unsem  äugen  aus  leben- 
igen  krtften  hervorgehen,  einer  gewissen  summe  von  lebendigen 
liflen  gleichwerthig  sind,  und  daher  in  den  gesamtbetrag  aller  le- 
eadigen  kräfte  gehören,  so  musz  dieses  folgericbtig  auch  für  die- 
sigen Spannkräfte  gelten ,  die  schon  früher  aus  solchen  entstanden 
iid,  oder  in  unmerklicher  weise  fortwährend  aus  solchen  hervor- 
fllien,  wie  auch  fdr  diejenigen  Spannkräfte,  deren  entstehung  uns 
och  ganz  und  gar  imbekannt  ist.  denn  alle  diese  können  immer 
iM&dige  kräfte  von  ganz  bestimmtem  betrage  ergänzen ,  sind  also 
b  ZQsammen  einer  bestimmten  summe  von  leben.digen  kräften 
Uebgeltend,  welche  nach  dem  princip  constant  ist.  wenn  wir  nun 
le  Spannkräfte  in  die  constante  summe  aufnehmen,  so  erleidet  unser 
ii  auch  keine  beschränkung  mehr  durch  den  zweiten  teil  der 
innssetzung,  wonach  das  massensystem  keine  arbeit  aufnehmen 
kfie,  wenn  die  lebendige  kraft  constant  bleiben  soll,  denn  würde 
H  massensystem  eine  arbeit  aufnehmen,  so  könnte  dieselbe  nur 
m  einer  lebendigen  kraft  oder  von  einer  Spannkraft  geleistet  wer- 
•;  es  müste  demnach,  um  dem  Systeme  alle  massen  einer  arbeit 
tilgend  einer  stelle  zuzuführen,  an  einer  andern  stelle  eine  gleich 
pOLB  lebendige  kraft  oder  Spannkraft  mit  der  gesamtsumme  aus- 

I,  so  dasz  jener  gewinn  durch  diesen  verlust  compensieii;  würde. 

It  demnach  unser  satz  ganz  allgemein  ohne  jene  Voraussetzung, 
wir  demselben  folgende  form  geben :  die  summe  der  lebendigen 
und  der  Spannkräfte  ist  constant .  .  .  .' 

'Das  princip  von  der  erbaltung  der  kraft  ist  nicht  blosz  eine 
feadwafarbeit  Über  den  Zusammenhang  der  naturkräfte,  sondern 
Hl  auch  den  Schlüssel  abgeben  zur  ergründung  des  'wesens  dieser 
Ifte,  der  wärme,  der  electricität  usw.  wendet  man  das  princip 
|f  zwei  solche  kräfte  an,  so  folgt  aus  demselben,  dasz  ein  gewisser 
(tag  aus  der  einen  kraft  einem  bestimmten  betrage  der  andern 
Istzeit  gleich  sein  mu?z;  wenn  sich  zwei  solchte  kräfte  in  einander 
fcwandeln,  so  musz  eine  und  dieselbe  grösze  der  einen  kraft  eine 
tl  dieselbe  grösze  der  andern  immer  hervorrufen,  vorausgesetzt, 


l 


44  P.  Reis :  lehrbuch  der  phyaik. 

dasz  während  des  Vorgangs  der  Verwandlung  keine  verlas 
fanden,  diese  Folgerung  hat  man  zb.  für  die  gegenseitige  v 
long  von  mechanischer  arbeit  und  wärme  richtig  gefundei 
reiche  experimente  haben  es  über  allen  zweifei  erhoben,  da 
eine  Wärmemenge,  welche  1  kilogramm  wasser  nm  1  gra 
wärmen  vermag,  und  welche  man  Wärmeeinheit  nennt,  imi 
arbeit  von  424  JET- ti»  geleistet  wird;  diese  zahl  nennt  man 
den  arbeitswerth  oder  das  mechanische  äquivalent  der 
ebenso  haben  zahlreiche  versuche  dargethan,  dasz  durch  ein* 
nische  arbeit  von  l  K-m^  wenn  dieselbe  sich  ohne  vei 
wärme  umsetzt,  eine  Wärmemenge  erzeugt  wird,  welche 
wasser  um  1^  erwärmen  kann,  also  gemäsz  obiger  benenni 
Wärmeeinheit,  diese  zahl  heiszt  der  wärmewerth  der  arbei 
oder  das  calorische  äquivalent  der  arbeit  und  wird  allgeme 
Ä  be^ichnet.  aus  dieser  also  zweifellos  gewordenen  gleich 
keit  von  wärme  und  arbeit  oder  massenbewegung  schl 
zuerst,  dasz  auch  die  wärme  eine  (massen)bewegung,  eine  Ix 
der  kleinsten  teilchen  sei,  denn  wo  arbeit  als  solche  vers< 
und  nichts  anderes  leistet ,  tritt  sie  sofort  in  gestalt  von  wä 
was  sich  aber  so  regelmäszig  und  bestimmt  in  einander  vei 
kann,  musz  notwendig  von  gleichem  wesen  sein,  durch 
auf  mathematischem  wege  durchgeführte  Schlüsse  hat  mai 
manche  bisher  unbekannte  eigenschaften  der  wänne,  der  eL 
und  anderer  kräfte  gefunden,  und  hofft  auf  diesem  wege  nc 
in  das  wesen  derselben  einzudringen,  in  welcher  weise  d 
schiebt,  möge  folgende  kurze  betrachtung  zeigen.' 

'Wenn  wir  eine  glasstange  reiben,  so  wird  sie  heisz  i 
trisch ;  weil  sie  heisz  wird  dehnt  sie  sich  aus  und  schiebt  d 
ringsum  liegende  luftschicht  etwas  fort,  die  mechanische  a 
reibenden  armes  hat  sich  dabei  verwandelt  in  1)  wärme,  2 
cität,  3)  gröszeres  volumen  der  stange,  4)  fortschieben 
welche  arbeit  für  die  wärme  und  das  fortschieben  der  luft : 
läszt  sich  leicht  berechnen;  könnte  man  nun  die  zwei  andern 
auch  noch  finden,  oder  durch  unbekannte  gröszen  ausdrü 
müste  nach  unserm  princip  die  summe  der  vier  geleisteten 
der  aufgewandten  arbeit  gleich  sein,  dadurch  würde  eine  g 
entstehen,  aus  welcher  Schlüsse  über  die  werthe  der  nnb« 
gröszen  und  dadurch  über  eigenschaften  der  betreffende 
möglich  wären.' 

'In  diesem  beispiele  hat  man  sämtliche  Vorgänge  als 
dargestellt,  es  gibt  aber  auch  fälle  wo  es  einfacher  ist, 
Clausius  sind  überhaupt  die  gleichungen  fruchtbarer,  wei 
denselben  enthaltenen  leistungen  nach  wärmemasz  gemess 
durch  die  ihnen  gleichwerthige  Wärmemenge  ausgedrückt 
dafür  hat  Clausius  folgende  begriffe  angeführt,  die  arbeitei 
zu  inneren  Veränderungen  eines  körpers  verbraucht  werdet 
zusammen  die  innere  arbeit;  solche  sind  in  dem  obigen  beis 


P.  Reis:  lehrbuch  der  physik.  45 

für  diu  zweite  und  dritte  Wirkung,  die  arbeiten ,  welche 
einwirkung  auf  einen  körper  nicht  an  diesem  sondern  an 
idem  körper  vollbracht  werden,  bilden  die  Äuszere  arbeit, 
tu  beispiele  das  fortschieben  der  luft.  hier  ist  dieselbe  ge- 
anderen föUen  kann  sie  überwiegen,  wird  zb.  eine  gewisse 
snge  in  das  wasser  eines  dampfkessels  geleitet,  so  erzeugt 
folgende  Wirkungen:  das  wasser  wird  ausgedehnt  und  in 
,'rwandelt,  innere  arbeit;  der  dampf  schiebt  den  kolben  der 
ßcbine  vor  sich  her,  und  bewegt  dadurch  eine  ganze 
n&brik,  fiuszere  arbeit,  multiplicieren  wir  diese  äuszere 
t  Äf  so  erhalten  wir  den  wärmewerth  derselben ;  die  summe 
Lrmewei*thes  und  die  zur  er  wärmung,  ausdehnung  und  ver- 
^  notwendige  arbeit  musz  der  zugeführten  Wärmemenge 
in,  wodurch  wieder  eine  der  erwähnten  gleichungen  ent- 
m  ersieht  hieraus,  dasz  die  wärmewerthe  der  verschiedenen 
a  von  Wichtigkeit  sein  können,  es  sind  daher  einfache  be- 
in  für  dieselben  entstanden,  den  wärmewerth  oder  das 
t  äquivalent  einer  äuszeru  arbeit  nennt  man  das  äuszere 
r  das  äuszere  ergon;  der  wärmewerth  oder  das  caloi^sche 
t  der  Innern  arbeit  heiszt  das  innere  werk  oder  das  innere 

innere  ergon  kann  und  musz  meistens  durch  wärme  ge- 
rden.  die  Wirkung  einer  solchen  einem  körper  zugeftlhrten 
nge  besteht  aus  zwei  teilen:  der  eine  teil  bezieht  sich  auf 
derung  der  wärme  eines  körpers,  wie  in  dem  letzten  bei- 
srwärmung  des  wassers,  der  andere  auf  die  Veränderungen 
^seitigen  entfemung  der  teilchen  oder,  wie  Clausius  sagt, 
lerungen  der  disgregation,  wohin  in  dem  letzten  beispiele 
meng  des  wassers  und  die  Verdampfung  gehören,  von  beiden 
liält  ein  körper  noch  gar  nichts ,  wenn  er  überhaupt  noch 
wärme  in  sich  hat,  wenn  er  absolut  kalt  ist,  wenn  er  den 

nuUpunct  der  temperatur  hat.  solche  körper  sind  uns 
:gar  unbekannt,  alle  körper  haben  schon  ein  gewisses 
iäi;  dasjenige  werk,  durch  welches  sie  ihre  jetzige  tempe-- 
Bi,  nennt  man  ihren  wärmeinhalt,  und  dasjenige  werk,  wo- 
[ihre  jetzige  disgregation,  die  jetzige  entfemung  der  teil- 
veinander  haben  ^  nennt  man  den  werkinhalt.  die  sufume 
iinhalts  und  des  werkinhalts,  also  diejenige  Wärmemenge, 
rinem  körper  von  dem  absoluten  nullpunet  an  zuführen 
n  ihni  seinen  jetzigen  zustand  zu  verleihen,  nennen  Thom- 
Hausius  die  energie  des  körpers.  die  energie  enthält  dem- 
•nmme  der  in  einem  körper  oder  in  einem  körpercomplexe 
pen  lebendigen  kräfte  und  Spannkräfte,  sie  besteht  aus  der 
Ben  oder  potentiellen  energie  oder  wirklichen  arbeit  und  der 
lenergie  oder  dem  arbeitsvorrathe.  dieses  sind  die  begriffe, 
p  gleichungen  über  die  inneien  Vorgänge  in  den  körpern 
pi  fruchtbar  machen.' 


i 


48  P.  Reis:  lehrbuch  der  physik. 

tismus  dasjenige  mitzuteilen,  was  ihre  natur^  gegenseitiges  verbaltea 
und  ihre  aufeinanderfolge  klar  machen  kann,  namentlich  ¥nrd  sdiOB 
hier  erwähnt,  dasz  die  ätherschwingungen  bis  zu  400  billiouen  in 
der  secunde  dunkle  (w&rme)strahlen ,  die  über  400  billionen  hinam- 
gehende  helle  (licht)strahlen  sind,  es  hätte  hinzugefügt  werdet 
können,  dasz  über  800  billionen  Schwingungen  hinausgehende  du- 
mische  strahlen  hervorrufen,  um  den  Zusammenhang  auch  noch  nack 
einer  andern  seite  zu  wahren,  in  nr.  4  werden  als  allgemeine  sStie 
(axiome)  aufgeführt  und  abgeleitet:  1)  alle  Ursachen  sind  bewegnngs- 
ursacheja;  2)  jede  bewä^ungsursache  liegt  auszerhalb  der  bewegten; 

3)  alle  bewegungsursachen  wirken  in  geraden  verbindungsliiiieft 
zwischen  ihren  ausgangs-  und  ihren  angriffspuncten;  4)  die  urBaok 
jeder  Wirkung  verharrt;  5)  jeder  Wirkung  entspricht  eine  gleidi 
gegen  Wirkung ;  6)  jode  Wirkung  ist  äquivalent  ihrer  Ursache. 

Die  Wichtigkeit  der  einleitung  hat  uns  zu  einem  näheren  eis-, 
gehen  auf  dieselbe  bewogen,    für  die  beiden  hauptteile  der  pbjnk 
setzen  wir  die  Überschriften  hierher: 

Erster  teil  der  physik.  —  Die  lehre  von  der  körperbeweguBg 
(nicht  körperwarme,  wie  im  texte  steht)  oder  die  mechanik.  —  Eiste  - 
abteilung,  die  mechanik  der  festen  körper  oder  die  allgemwM .! 
mechanik.  1)  die  lehre  vom  gleichgewicht  oder  die  statik;  2)dil»: 
Zusammensetzung  und  die  Zerlegung  der  kräfte;  3)  specielle  bewe*  . 
gungen  (a  fortschreitende  bewegungen:  stosz^  freier  fall,  wait\^ 
b  drehende  bewegungen :  pendel  und  central bewegung).  zweite  ab-,? 
teilung,  die  mechanik  der  flüssigen  körper  oder  die  hydromechanik. 
2)  diu  grundeigenschaften  der  flüssigen  körper;  2)  das  princip  te j 
gleichmäszigen  druck fortpflanzung  in  Verbindung  mit  dem  gewieUl^ 
der  flüssigkeiten;  3)  molekularwirkungen  der  flüssigkeiten;  4)  bt*-| 
wegungen  der  flüssigkeiten;  5)  an  Wendungen  der  bewegung  te^ 
Wassers,  dritte  abteilung,  die  mechanik  der  luftförmigen  kOippci 
oder  die  a^romechanik.  1)  grundeigenschaften  der  luftförmigen  kOl^j 
per ;  2)  anwendung  des  luftdrucks  und  des  Mariotteschen  ge8etiei;:| 
8)  anwendung  der  ausdehnbarkeit  und  des  Mariotteschen  gesel 

4)  bewegungen  der  luftarten;  5)  molekularwirkungen  der  lui 
zweiter  teil  der  physik ,  die  lehre  von  der  molekularbewegnng  odiV*j 
die  engere  physik.  vierte  abteilung,  die  molekularbewegan|p  im  dt;] 
gemeinen  oder  die  Wellenbewegung,  fünfte  abteilung,  die  lehre  Tod:,' 
dem  schalle  oder  die  akustik.  1)  die  definitionen  der  akustik;  2)dmj^ 
entstehung  des  schalles;  3)  der  klang;  4)  die  stärke  des  scballet}' 

5)  die  foi*tpflanzung  des  schalles.  sechste  abteilung,  die  lehre  rem- 
liebte  oder  die  optik.  1)  deflnitionon  der  optik;  2)  entstehung  dM 
lichtes;  3)  fortpflanzung  des  lichtes;  4)  die  lehre  von  der  reflezka 
•des  lichtes;  5)  die  lehre  von  der  brechung  des  lichtes;  6)  die  lehr» 
von  der  farbenzerstreuung ;  7)  das  äuge  und  die  optischen  instni- 
mente;  8)  die  lehre  von  der  interferenz  und  der  polarisation  des. 
lichtes,  siebente  abteilung,  die  lehre  von  der  wärme.  1)  definitioiUA 
der  Wärmelehre;   2)  Wärmequellen;   3)  wärme  Wirkung  als  ansdak- 


P.  Beis:  lehrbuch  der  pliysik.  49 

sang;  4)  wänne Wirkung  als  änderung  des  aggregatzustandes;  5)  er- 
wirmung;  6)  fortpflanzung  der  wärme,   achte  abteilung,  der  magne- 
tismus.    neante  abteilung ,  die  elektricität.    1)  die  reibungselektri- 
«ItSt;  2)  der  galvanismus  mit  den  capiteln  a.  entstehung  des  elektri- 
schen Stromes,  h.  stärke  des  elektrischen  Stromes,  c,  Wirkung  des 
elektrischen  Stromes  im  leiter,  d.  Wirkung  des  Stromes  in  der  ferne. 
Es  ist  vielleicht  nützlich,  von  einem  abschnitte  eine  eingehen- 
dere Übersicht  zu  geben  und  zwar  durch  historische  daten  und 
aotoren:  wir  wählen  hierzu  die  akustik.     schall  ist  die  einwirkung 
sdiwingender  bewegungen  auf  das  gehörorgan.    die  schwingenden 
bewegungen  sind  nachgewiesen  1855  durch  Lissajous  lichtfiguren 
tönender  Stimmgabeln,   1859  durch  Scotts  phonautograph ,    1866 
öorch  Eundts  gläserne  röhren,  welche  gerieben  im  innem  baerlapp- 
Samen  in  bewegung  setzten,    das  gewöhnliche  medium  für  die  Ver- 
breitung  des  Schalles  ist  die  luft  —  Newton  1687  —   aber  auch 
flüssige  und  feste  körper  pflanzen  den  schall  fort  wie  Wheatstones 
\msichtbares  concert  nachgewiesen ,  und  die  fortpflanzung  geschieht 
in  longitudinal wellen ,  wie  Wheatstones  wellenapparat  und  Müllers 
vellenscheibe  dai-thun.     die  tonhöhe  ist  abhängig  von  der  anzahl 
<ler  Schwingungen,  Merienne  1636,   sirene  von  Cagniard  -  Latour 
1825,  Trevelgens  wackler  1829,  Seebecks  pappscheibensirene  1837, 
Duhamels    vibrograph    18o9,    Untersuchungen  Landois   über    die 
stimmen  und  töne  der  insecten  1869.     die  diatonische  tonleiter: 
350  Ambrosius,   600  Gregor  der   Grosze  unterschieden  die  töne 
toch  die  buchstaben  a,  6,   c,  d  usw.     Guido  von  Arezzo   durch 
die  Silben  ut  re  mi  fa  usw.    die  chromatische  tonleiter :  Helmholtz 
physbarmonika,   Appunns  harmonium,  Pooles  orgel,   Kirrbergers 
temperatur.    der  schall  entsteht  durch  transversale  Schwingungen 
Ar  Saiten:  Mersenne  1630,  Euler  1748,  der  stäbe  nach  Dan.  Ber- 
louili  17Ö3,  Chladni  17  96,   Wheatstones  kaleidophon  1827  oder 
4a  membrane,  Chladnis  klangfiguien  1737  —  Strehlke,  Wheatstone 
1833,  König  1862  —  Savarts  staubfiguren  1829,  Franklins  glas- 
kirmonika  1763.   longetudinale  Schwingungen  der  saiten  und  stäbe 
fchandelte  Chladni  1796,  Poison  1816,  Kundt  1865,  Terquem  1858 
iber  gleichhohe  längs-  und  quertöne,    longitudinale  Schwingungen 
jirluftsäulen:  Bernoullis  gedeckte  lippenpfeife  1762,  Hopkins  tam- 
lorin  1832,  Königs  flammenzeiger  1862,  Bernoullis  oSene  lippen- 
fCeife,  —  Wertheim,  Cavaille-coll  1860,  Webers  zungenpfeife  1827, 
MtQlers  menschliches   stimmorgan  1837.     Higgins  chemische   har- 
»onika  1771  —  Wheatstone,  Sondhaus,  Tyndall.  resonatoren  Savart 
1837  und  Helmholtz  1863,  Webers  resonanz  1825,  Helmholtz  1863. 
•ber-  und  nebentöne,  Sorge  1840  und  Helmholtz  1856,  combina- 
lionstöne,     klang   nach    Helmholtz    1863.      schwebung,    Scheible 
1814.    schallstärke,  1819  Stethoscop  nach  Lännec  geschwindigkeit, 
il822  Humboldt  und  Arago  usw.  reflexion,  Kulp  1858.    Dopplers 
Irincip  1842. 
;        Wir   wollen  an  dieser  stelle  nicht  verhehlen ,  dasz  die  theorio 

f      X.  Jahrb.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  187.'..  hft.  1.  4 


i 


50  P.  Reis:  lehrbuch  der  physik. 

der  musikalischen  instrumente  zu  kurz  gekommen  ist.  auch  sind 
Verwandtschaft  der  töne  und  die  darauf  sich  gründenden  tonieil 
nicht  hinlänglich  berücksichtigt,  wie  es  z.  b.  in  dem  unter  nr.  2 
nannten  werke  der  fall  ist,  aus  dem  wir  auszugsweise  einen  pai 
zur  vergleichung  mitteilen  wollen,  ^vergleichen  wir  nun  no 
heiszt  es  daselbst  s.  275  Mie  verwandten  der  quint  g  mit  denen 
c,   es  sind  aufsteigend 

c  verwandt:  c e  —  f  —  g  —  a c; 

g  verwandt  :c  —  d  —  es g h  —  c. 

Durch  Verbindung  dieser  töne  erhält  man 

1)  die  aufsteigende  diatonleiter  oder  das  Ijdische  geschlecht 
Griechen: 

c  —  d  —  e  —  f — g  —  a  —  h  —  c; 

2)  die  aufsteigende  molltonleiter : 

c  —  d  —  es  —  f  —  g  —  a  —  h  —  c. 
Absteigend  erhält  man 

c  verwandt:  c -4^  —  G  —  F  —  Es  —  C\ 

g  verwandt  :c  —  B G Es  —  D  —  C; 

und  daraus  durch  combination 

3)  die  absteigende  molltonleiter  oder  das  äolische  geschlecEt 
Griechen: 

c-'B  —  Äs— G  —  F— Es  —  n—  C: 

4)  die  phrygische  tonleiter: 

C  —  B--Ä  -  G  —  F—Es  —  D—a 
Durch  berücksichtigung  der  unterquinten*  verwandten  la 
sich  noch  die  andern  in  der  alten  musik  vorkommenden  to 
schlechter  erklären,  doch  gehen  wir  darauf  nicht  ein,  da  es  uns 
darauf  ankam ,  die  methode  der  ableitung  aus  dem  princip  der 
wandtschaft  zu  verdeutlichen  und  namentlich  noch  zu  zeigen, 
sich  der  sonst  wol  schwer  zu  erklärende  unterschied  zwischen 
aufsteigenden  und  der  absteigenden  molltonleiter  darnach  fast 
selbst  ergibt.' 

Hieran  wollen  wir  noch  eine  zweite  bemängelung  knüpfen 
mit  den  werten  des  hm.  Beis  belegen,    seite  465  heiszt  es: 
elektrische  mitteilung.     der  elektrische  pendel  besteht  aus  ei 
kügelchen  von  hoUundermark,   das  mittels  eines  seidenfaden 
einem  glasgestelle  angehängt  ist.    nähert  man  demselben  eine 
riebene  glas-  oder  harzstange ,  so  wird  das  kügelchen  zuerst  a 
zogen ,  berührt  die  glasstange  und  springt  dann  lebhaft  ab.    da 
kügelchen  vor  der  berührung  angezogen,  nach  der  berührung  a 
stoszen  wird,  so  musz  durch  die  berührung  etwas  mit  ihm  vc 
gangen  sein,    zur  nähern  prüfung  nähern  wir  ihm  ein  zweites, 
neres,  ebenfalls  an  einem  seidenfaden  hängendes  kügelchen 
finden,  dasz  dieses  zweite  kügelchen  von  dem  ersten  zuerst  a 
zogen  und  dann  abgestoszen  wird,    das  erste  kügelchen  ist  dem] 
durch  berührung  mit  dem  stabe  elektrisch  geworden,    die  ele 
cität  kann  durch  berührung  einem   andern   körper  mitget 


P.  Reis:  lehrbuch  der  pbysik.  51 

werden',  aber  weiter  unten  wird  s.  473  bei  der  erkläning  elektri- 
scher erscheinungen  durch  influenz  die  mitteilung  der  elektricitftt 
also  erkl&rt :  ^ein  einem  elektrischen  körper  genäherter  leiter  erhält 
u  dem  zugewandten  ende  die  entgegengesetzte ,  und  an  dem  abge- 
windten  ende  die  gleiche  elektricität :  kommen  nun  die  beiden  kör- 
per nur  berührung,  so  gleicht  die  entgegengesetzte  elektricität  einen 
gleichen  betrag  der  elektricität  des  ersten  körpers  aus,  es  ver- 
Bchwindet  scheinbar  dieser  betrag  der  elektricität  desselben,  wäh- 
rend derselbe  betrag  auf  dem  genäherten  körper  übrig  bleibt ,  und 
80  anf  denselben  Übergegangen  zu  sein  scheint,  ist  ein  körper  stär- 
ker elektrisch  als  ein  anderer,  so  musz  in  betracht  gezogen  werden, 
dasz  jeder  körper  auszer  seiner  freien  elektricität  noch  einen  neutra- 
lisierten betrag  beider  elektricitäten  enthält,  auf  diesen  neutralen 
betrag  des  schwächeren  körpers  wirkt  der  stärkere  körper  auch 
fitSrker  influenzierend  ein,  so  dasz  ein  gröszerer  betrag  der  gleich- 
Bamigen  elektricität  schlieszlich  auf  demselben  zurückbleibt,  bei 
der  mitteilung  ist  also  die  scheinbar  mitgeteilte  elektricität  schon 
vorher  auf  demselben  körper  gewesen,  und  die  wirklich  mitgeteilte  (?) 
ist  auf  demselben  durch  neutralisation  verschwunden',  es  ist  un- 
meiüelhatt  dasz  die  erklärung  der  erscheinungen  durch  influenz  die 
iUein  richtige  ist,  und  kaum  begreiflich,  wie  die  erste,  durch  mit- 
teÜQDg  nemlich ,  dem  Verfasser  auch  nur  mitteilungswerth  erschei- 
Mn  konnte,  unterzeichneter  hat  die  jetzt  überall  angenommene  ein- 
lifitlicbe  erklärungsweise  schon  1857  in  einem  progranmi  veröflent- 
Eeht,  lange  bevor  noch  irgend  ein  lehrbuch  darauf  aufmerksam  ge- 
iaht hatte. 

Den  beiden  hauptteilen  der  physik  läszt  der  Verfasser  einen  an- 
k*g  folgen,  der  die  physik  des  himmels  —  astronomie  —  der  erde 
■d  der  luft  —  meteorologie  —  enthält. 

Wir  sind  mit  dieser  weise  nicht  ganz  einverstanden,  die  meteo- 
ologie  und  ihr  inhalt  werden  am  zweckmäszigsten  als  kraftwir- 
ngen  im  groszen  den  betreffenden  theoretischen  lehren  und  den 
yerimenten  für  dieselben  zur  seite  gesetzt  nicht  allein  des  unmittel- 
nen  Zusammenhangs  halber  sondern  auch  und  vorzugsweise  um 
■qdicierte  erscheinungen,  welche  zumeist  in  der  natur  vorkommen, 
ft  analysieren  und  auf  einfache  thatsachen  zurückzuführen,  die 
pKartigen  erscheinungen  des  gewitters  gehören  in  die  lehre  von 
W  elektricität  und  gerade  um  so  mehr ,  je  besser  man  an  ihnen  die 
■eheinungen  der  influenz  nachweisen  kann,  platzregen,  hagel  sind 
(Reitende  erscheinungen,  müssen  aber  nach  mehreren  Seiten  hin 
irachtet  werden,  den  regenbogen  in  die  meteorologie  zu  vei- 
iien  und  bei  der  brechung  des  lichtes  nicht  zu  betrachten,  i::t 
fcwerlich  wohlgethan,  wie  man  denn  überhaupt  dem  gedanken 
4nung  tragen  musz,  dasz,  weil  die  physik  bewegungslehre  ist, 
iht  auch  deshalb  aus  dem  vortrage  dieser  Wissenschaft  jeder  hin- 
iä  auf  das  grosze  physikalische  cabinet  der  natur  und  auf  die  darin 
gestellten   experimente  zu   verbannen   sei.     die  auseinander- 

4* 


I. 


54  P.  Reis :  lehrbuch  der  physik. 

einem  beschränkten  masze  gelangen ,  weshalb  sich  über  der 
eine  zweite  grössere  und  dünnere  wölke  bilden  mnsz,  welche 
wähnten  hoferscheinungen  ausreichend  erklärt,  diese  ansicl 
dadurch  gestützt,  dasz  nach  Huggins  und  Secchi  die  fleckei 
dasselbe  spectrum  wie  die  sonnenfläche,  nur  mit  breitere] 
haben,  und  dasz  Secchi  auf  das  Vorhandensein  von  wasserda 
den  flecken  schlieszt,  sowie  auch  durch  die  lebhafte  veränder 
der  meisten  flecken  und  die  eigenbewegungen  derselben,  welc 
liehen  gesetzen  wie  die  irdischen  winde  zu  gehorchen  scheine 
flecken  in  der  nähe  des  äquators  brauchen  nur  24,  die  entfe 
26  tage  für  ihren  Umlauf;  die  ersteren  befinden  sich  in  einei 
winde,  die  letzteren  in  einem  Ostwinde;  auszerdem  wand 
ganze  fleckenbildung  in  11  jähren  von  den  polen  zum  äquatoi 
zeitig  mit  der  fackelentwicklung.  hiermit  hängt  die  flecken 
zusammen;  die  zahl  der  flecken  ändert  sich  im  laufe  der  ja] 
erreicht  alle  11  jähre  ein  maximum,  und  nicht  ganz  in  de 
dieser  jähre  ein  minimum;  so  fand  Schwabe  1843  nur  34 
gruppen  und  149  fleckenfreie  tage,  1848  dagegen  400  fleck 
nicht  einen  freien  tag.  Wolf  in  Zürich  hat  die  periode 
200  jähre  nachgewiesen  und  die  Schwankungen  derselben 

sucht wir  sind  noch  weit  entfernt  davon,  die  säu 

flecken  und  fackelerscheinungen  in  ihrem  zusammenhange  i 
erdmagnetismus,  den  nordlichterscheinungen  und  dem  ja! 
Jupiter  zu  durchschauen,  indes  möge  es  erlaubt  sein,  au 
Schrift  'die  sonne  1869'  zu  verweisen,  in  welcher  der  vers 
macht  wurde,  diesen  Zusammenhang  zu  erreichen,  nach  d( 
erscheinen  die  flecken  in  einer  schiebt,  welche  kühl  genug 
chemische  Verbindungen  zu  erlauben,  dadurch,  dasz  durch 
tuberanzenhülle  oder  chromosphäre  Wasserstoff  und  eisende 
in  diese  schiebt  gebracht  werden,  welche  sich  dann  mit  d« 
vorhandenen  Sauerstoff  zu  eisenoxydhjdrat  verbinden;  1 
wären  die  sonnenflecken  rostwolken.  da  die  rostteilchen  s< 
sind  als  ihre  Umgebung,  so  musz  die  rostwolke  in  das  im 
sonne  versinken  und  sich  durch  seitliches  einströmen  in  den 
räum  immer  neu  bilden ;  die  eingestürzte  masse  wird  im  inn 
sonne  zersetzt,  durch  den  gewaltigen  auftrieb  herausgesch 
und  bildet  so  die  protuberanzen.  diese  auf-  und  absteigende: 
massen  müsseu  auf  den  erdmagnetismus  und  die  nordlich ter 
die  periodicitHt  aller  dieser  erscheinungen  wird  der  sonnenni 
Sonnenferne  des  Jupiter  zugeschrieben.  ...  die  kometen  m: 
achteter  Wiederkehr  sind:  1)  der  Enckesche  komet,  uml 
3,3  jähre,  die  kürzeste  von  allen,  die  kleinste  bahn  mit-dei 
noch  innerhalb  der  Jupiterbahn ,  schon  1 7 mal  wiedergekehi 
jedes  mal  2%  stunden  früher;  man  erklärt  dieses  dadurch,  < 
anziehende  kraft  im  Verhältnis  zur  lebendigen  kraft  gröszc 
weil  die  letztere  durch  den  widerstand  des  äthers  eine  vermii 
erfuhrt.    2)  Bielas  komet  1826,  6,7  jähre  Umlauf,  ist  dadurcl 


T.  BeiB:  l^buch  der  pl^rsflc  fiS 

^,  dan  er  bei  der  vierten  Wiederkehr  in  zwei  ziemlicii  gleich» 
Bipaltflii  erschien,  die  imgefthr  40000  meilen  Yon  einandmr 
len,  daes  bei  der  5n  erscheinnng  1852  die  zwei  teile  800000 
Ton  einander  entfernt  waren,  nnd  daez  er  dann  gar  nicht 
riederkam  (erklärt  sich  durch  das  nieder&Uen  yon  metecu^ 
aof  benachbarte  weltkörper).  3)  Fayes  komet  1843,  mn- 
it  7,4  jähre,  die  kleinste  excenbicitftt  unter  allen  kometen  0,55« 
^icoe  komet  1844,  umlaaÜBzeit  6^/2  jähre,  w^^n  zu  groszer 
attie  nicht  ipehr  gesehen  worden.  5)  Brorsens  komet  1846, 
ire  nmlanfszeit,  1857  nnd  1868  wieder  gesehen.  6)  d' Arrests 
L851,  nmlanfszeit  6V2  j^^^i^  1'857  und  1870  wieder  erschiencnL 
nekes  komet  1857 ,  umlaufdzeit  57,  jähre,  1869  wieder  ge- 
8)  Bmhns'  komet  1858,  umlauf  13,7  jähre,  1871  wieder  er- 
n.  9)  Halleys  komet,  umlauf  76  jähre,  der  erste  komet,  dessen 
cehr  Yorausberechnet  wurde,  und  von  dem  sich  denn  17  dr- 
ingen von  17  y.  Chr.  bis  1835  nachweisen  lieszen;  er  erschien 
telalter  grauenerweckend  grosz,  war  1835  zu  kaum  sieht- 
[rOsze  zusammengeschrumpft  und  zeigte  damals  nach  Bessel 
mliche  Strömungen  vom  kerne  nach  der  nebelhttlle  und  dann 
h weife  zurück,  andere  interessante  kometen  sind:  LexeDs 
kam  im  jähre  1767  dem  Jupiter  so  nahe,  dasz  seine  yoxber 
OBze  Umlaufszeit  in  eine  6jfthrige  umgewandelt  wurde,  gieng 
leh  seinem  zweiten  perihel  1776  auf  seiner  räckkehr  1779 
an  einem  Jupitermonde  nahe  vorbei,  ohne  diesen  im  gering- 
stören, und  erhielt  nun  dadurch  wieder  eine  grosze  umlauä- 
ierbei  kam  er  auch  der  erde  so  nahe,  dasz  er  den  tag  der- 
tun  einige  secunden  hätte  ändern  müssen,  wenn  seine  masse 
lOOl  der  erdmasse  betragen  hätte,  während  doch  sein  durch- 
ohne  den  schweif  44000  meilen  betrug,  woraus  man  be- 
^,  dasz  seine  dichte  durchschnittlich  0,00005  der  dichte  der 
t  der  komet  von  1843,  fast  nur  schweif  von  30  bis  40  milL 
Knge,  bei  tage  sichtbar,  der  sonne  am  nächsten  gekommen. 
iat  von  1680,  schweif  von  80  <^  länge,  aphel  18000  milL  meilen, 
ISOOOO  meilen,  geschwindigkeit  zwischen  12fusz  und  70mtr., 
ilität  nahezu  ==  1,  rückläufig.  Donatio  komet  1858,  glänzte 
hell  ab  Arcturus ,  verkleinerte  den  kern  bei  der  annähemng 
icnne,  wahrscheinlich  durch  lebhafte  ausströmungen  sehr 
iiibelhülle,  umlaufszeit  2500  jähre,  hatte  zwei  nebenschweife.* . 
vir  noch  anmerken,  dasz  der  Verfasser  den  einzelnen  ab- 
■I  782  aufgaben  beigegeben,  und  dasz  der  text  mit  249 
illustriert  worden,  so  ist  die  beabsichtigte  Übersicht  über 
■che  physik  wol  hinlänglich  ausgeführt,  die  genannten  auf- 
ind  meist  numerischer  natur,  doch  finden  sich  auch  einzelne, 
\  mit  analytischen  mittein  bewältigt  werden  können,  die 
^d  zum  teil  schematisch,  von  den  andern  voll  ausgeführten 

neu  die  den  Sechischen  meteorographen  betrefifenden ,  die 

sr  eigens  zur  disposition  gestellt  hat. 


56  P.  Reis:  lehrbuch  der  physik. 

Die  beurteilung  eines  Werkes  mit  so  massenhaftem  stoffc 
sich  natürlich  schranken  auferlegen ,  sobald  sie  das  einzelne  si 
will,  man  musz  die  Beissche  physik  erst  längere  zeit  beim  ei 
unterrichte  veifwendet  haben,  ehe  man  das  urteil  abgeben  kam 
an  diesen  und  jenen  stellen  namentliche  Verbesserungen  anzubi 
sind,  herr  Beis  hat  eine  so  achtenswcrthe  arbeit  vollbracht, 
gewissenhaft  ein  unermeszliches  material  zusammengetrage] 
nach  einheitlichen  gesichtspuncten  geordnet,  hat  auch  seine  s 
bis  in  die  neueste  zeit  selbst  kleineren  beobachtungen  zugev 
und  für  seine  arbeit  nutzbar  gemacht,  dasz  man  nach  dieser  sei 
bedingte  Zustimmung  nicht  verweigern  kann,  auch  die  fra§ 
das  buch  wirklich  ein  buch  für  die  schule  sei,  ob  gymnas: 
realschüler  und  ähnliche  kategorien  dasselbe  mit  nutzen  gebrs 
können,  eine  frage,  die  von  vielen  fachgenossen  aufgestellt  wi 
ziemlich  müszig.  das  buch  ist  nicht  für  den  ersten  Unterricht, 
es  nach  den  einzelnen  paragraphen  in  demselben  durchgenc 
werden  soll,  das  geschieht  aber  auch  wol  niemals:  anders 
Ordnung  des  mündlichen  Unterrichts  anders  die  logische  anor 
des  lehrbuches.  die  einleitung  in  die  Beissche  physik  musz  zu 
den  schluszstein  des  mündlichen  Unterrichts  bilden,  und  desh 
nicht  gesagt,  dasz  ein  lehrer  auch  mit  der  elektricitätslehre  ai 
des  buches  in  secunda  beginnen  könne,  hat  man  überhaupt  f 
mündlichen  Unterricht  keinen  leitfaden,  so  musz  jener  darai 
wirken,  das  zu  gründe  gelegte  lehrbuch  verstehen  und  gebn 
und  für  weitere  Studien  verwenden  zu  lehren,  ob  aber  lei 
oder  ausführliches  lehrbuch,  das  richtet  sich  meist  nach  indivic 
und  nach  localen  Verhältnissen:  ein  ausführliches  lehrbuch 
wol  bei  intelligenten  schülem ,  bei  solchen  von  leichter  auff 
und  regem  wissensdurste  vorzuziehen  sein,  doch  lassen  wi 
wenn  aber  die  Beissche  physik  als  schulbuch  zu  umfangrei< 
schwierig  in  der  diction  und  der  mathematischen  deductio 
sollte,  so  kann  sie  doch  kein  lehrer  entbehren  und  namentlich  j^ 
collegen  werden  in  ihr  eine  masse  von  wissen  finden ,  welcl 
ihrige  noch  nach  manchen  Seiten  ergänzen  kann,  aber  sie  re§ 
zum  denken  an ,  und  in  dieser  hinsieht  ist  sie  namentlich  stu 
den  zu  empfehlen,  und  philologischen  gymnasiaUehi^m,  dii 
von  anderen  disciplinen  unserer  schulen  gewissenhafte  notiz  n 
wollen,  sie  werden,  wenn  anders  ihre  naturwissenschaftlicl 
bildung  nicht  zu  niedrig  steht,  gerade  aus  der  physik  von  £ 
kennen,  dasz  die  naturwissenschaften  mit  vollem  rechte  in 
gendbildung  eine  gröszere  berücksichtigung  als  bisher  ver< 
und  dasz  es  mehr  als  humbug  ist ,  wenn  allzu  eifrige  verth 
des  alten  von  dem  unfertigen,  hypothetischen  und  in  ewigen 
begriffenen  der  modernen  Wissenschaft  sprechen  und  sie  dar 
die  Jugendbildung  wenig  brauchbar  erklären,  der  werdende 
sich  am  werden ,  und  das  werdende  musz  ihm  vorgeführt  v 
wenn  die  grundlagen  nur  sicher  gelegt  sind. 


H.  Fahle:  physik  des  täglichen  lebens.  57 

Nr.  2,  die  physik  des  täglichen  lebens  legt  uns  in  der  be- 
rechüng  noch  gröszere  Zurückhaltung  auf,  da  wir  selbst  dabei  be- 
iligt sind,  und  das  werkchen  nicht  ohne  zagen  unternommen  haben. 
I  gmnd  gewisser  anmerkungen  in  einer  anzeige  der  Schollschen 
lysik  für  höhere  töchterschulen  (Zeitschrift  für  mathem.  und  natur- 
issenschaftlichen  Unterricht)  hatten  die  Verleger  den  referenten 
n  die  ausarbeitung  einer  populären  physik  ersucht,  dem  ersuchen 
orde  nach  bewirkter  Verständigung  entsprochen,  und  idee  und 
reck  des  neuen  Werkes  hergestellt,  zur  schleunigen  fertigstellung^ 
le  auch  zur  ergänzung  und  gegenseitigen  correctur  trat  später  der 
leite  mitarbeiter  dr.  Lampe  für  die  partieen  der  wellenbewegung^ 
id  ihre  anwendung  auf  akustik,  optik  und  strahlende  wärme  hinzu, 
irch  diesen  umstand  hat  das  werk  in  dem  letzten  abschnitte  einen 
liszeren  umfang  genommen  als  vorausgesehen  war.  die  ausarbei- 
Bg  auch  dieses  teiles  sollte  eine  knappere  werden  ungefähr  in  der 
ase,  wie  die  lehre  von  der  elektricität  vom  referenten  durchgc- 
hrt  worden,  es  ist  möglich,  dasz  eine  gewisse  gleichartigkeit  der 
hffldlung  dadurch  verloren  gegangen,  doch  wird  die  breitere  dar* 
BDong  dem  Inhalte  zu  gute  gekommen  sein,  zweck  und  wesen  des 
!rkes  erhellen  vielleicht  aus  einzelnen  teilen  des  Vorwortes,  welches 
ff  referent  geschrieben,  da  heiszt  es  zunächst :  Mas  buch  will  dem 
lioii  in  den  dementen  der  Wissenschaft  unterrichteten,  dem  durch 
iebauungen  des  gewöhnlichen  schulexperiments  herangebildeten 
le  anregung  werden,  das  gelernte,  geschaute  und  bruchstückweise 
ttnander  gereihte  innerlich  in  eine  einheitliche  anschauung  zu  ver- 
keiten,  um  von  diesem  standpuncte  physikalischer  erkenntnis  aus 
idi  die  übrigen  zweige  seines  Wissens  zu  beleben  und  zu  befruchten, 
■erhalb  der  natur Wissenschaften  hat  die  physik  allmählich  eine 
)lBe  bedeutung  gewonnen,  früher  eine  Sammlung  von  sehr  ver- 
hiedenartigen  erfahrungssätzen  und  beobachtnngen,  eine  wahrhaft 
ante  halle'  von  kenntnisscn  und  lehrsätzen,  ist  sie  gegenwärtig 
dit  ein  inbegriff  von  kenntnissen  über  eigenschaften  und  erschei- 
ftgen  des  körperlichen  oder  allgemeiner  des  materiellen,  als  viel- 
ikr  der  regulator  dieser  kenntnisse ,  sie  ist  philosophie  der  natur 
^ sinne  des  gemeinen  menschenverstandes ,  aber  nicht  naturphilo- 
ibie,  welche  Ursprung  und  wesen  des  seins  feststellen  will,  sie  ist 
ahch  der  mathematik  eine  von  der  erfahrung  ausgehende  abstracto 
■aenschaft,  sie  ist  bewegungslehre  wie  die  mathematik  gröszen- 
te.  physik  und  mechanik  sind  identisch.  ...  in  diesem  sinne 
Bn  in  unserem  buche  von  physik  nicht  die  rede  sein,  hier  kann 
ir  von  einer  Propädeutik  zu  einer  solchen  bewegung.slehi  e  ge- 
rochen werden.  .  .  .  man  kann  beute  eine  physik  lehren  ohne  alle 
pcrimente,  blosz  als  commentar  der  uns  tiberall  umgebenden  natur- 
leheinungen,  da  diese  durch  die  bemühungen  unserer  forscher  hin- 
^glich  erhellt  und  aufgeklärt  sind,  um  auch  jüngeren  leuten  und 
Ütelmäszigen  köpfen  verständlich  mitgeteilt  werden  zu  können. 
Sin  man  nemlicb  bedenkt,  dasz  die  sogenannte  physikalische  geo- 


58  H.  Fahle:  physik  des  täglichen  lebens. 

graphie,  dasz  die  klimatologie  namentlich  nur  angewandte  wärme- 
elektricitätslehre  sind,  dasz  unsere  zimmer  und  Werkstätten  an  j 
stelle  mechanische  Werkzeuge  aufweisen,  dasz  trinken,  säugen, 
men  und  andere  gewöhnliche  lebens^rscheinungen  auf  dem  dr 
der  luft  beruhen,  dasz  Überhaupt  physikalische  erscheinungei 
auf  schritt  und  tritt  begleiten,  so  kann  es  nicht  zweifelhaft  seil 
in  Wahrheit  populäre  darstellungen  der  phjsik  möglich  und  i 
schenswerth  sind  oder  nicht,  wünschenswerth  sind  sie  vor  a 
deshalb,  weil  es  des  vernünftigen  menschen  würdig  ist,  über 
nachzudenken,  womit  und  wodurch  er  existiert,  weil  es  zur  erziel 
der  geisteskräfte  notwendig  ist,  zuerst  bei  dem  kleinen,  alltägli 
und  gewöhnlichen  zu  verweilen,  damit  man  geschickt  werde,  ; 
das  grosze  und  ungewöhnliche  zu  enträthseln.  es  handelt  sid 
vernünftige  naturanschauung,  um  aufklärung  der  oftmals  so 
schwommenen  begriffe  des  Volkslebens,  um  gewöhnung  an  sin 
be  trachtung  und  zwar  nicht  am  wenigsten  in  solchen  kreisen 
<ienen  handwerksmäsziges  schaffen  und  dumpfes  geistesleben  hen 
und  verstandesbildung  nicht  wollen  aufkommen  lassen.  —  Eine 
Stellung  der  physik,  wie  sie  in  dem  vorliegenden  werke  festgehi 
ist,  kann  also  niemals  für  die  schule  als  unterrichtsbuch  g( 
sollen,  wol  aber  als  lesebuch  fdr  schon  unterrichtete  schüler,  d 
bei  ihnen  der  schon  genossene  Unterricht  von  der  ihm  notwe 
anklebenden  schuldressur  befreit  werde,  als  lesebuch  ferner  füi 
gehende  lehrer  der  volks-  und  mittelschulen ,  auf  dasz  sie  in 
schon  gewonnenen  kenntnisse  concentration  und  systematische 
nung  hineinbringen,  und  so  die  masse  des  wissenswerthen  behers 
lernen ,  als  lesebuch  endlich  für  jeden  gebildeten  und  denkfähj 
sei  es  weil  ihn  eine  gehaltvolle  darstellung  Überhaupt  anmutet, 
weil  er  das  bedürfnis  hat,  sich  zu  unterrichten,  ohne  den  weiten 
der  schule  durchlaufen  zu  müssen,  im  unterhaltungston  ist 
werkchen  aber  nicht  geschrieben,  schon  um  dessentwillen  n 
weil  wir  von  einer  derartigen  leichten  lectüre  keine  frucht  erwa: 
was  man  sich  nicht  mit  einiger  mühe  erarbeitet,  das  kann  man 
nicht  erhalten,  weder  im  äuszern  noch  im  innern  leben,  nui 
arbeit  mühe  zeitigt  bleibende  fruchte  und  spielendes  lernen  ist  s* 
für  den  gefährlich,  den  die  mutter  natur  mit  einer  groszen 
leichten  auffassungsgabe  begnadigt  hat.  unsere  physik  soll  bec 
tig  gelesen  werden,  nicht  selten  mit  der  feder  in  der  band,  es 
grundsätzlich  keine  figuren  beigegeben,  damit  dieselben  aus 
texte  entnommen  und  zum  jedesmaligen  gebrauche  hingezeic 
werden,  andererseits  sind  aber  selbst  bei  den  mathematischen  i 
nungen  alle  hindemisse  beseitigt,  und  wenn  an  einzelnen  si 
sinus,  codiuuä  und  tangente  eingeführt  sind,  so  haben  sie  genüg 
erklärung  gefunden,  und  sind  zudem  nur  abkürzungen,  vor  d 
niemand  zu  erschrecken  braucht,  vielleicht  wird  auch  man 
leser  einzelne  math.  deductionen  ganz  überschlagen,    deshalb  isl 


iL  Fahle:  phy&ik  des  täg^lichcn  lebens.  59 

rortrag  so  gehalten ,  dasz  das  ohne  zu  grossen  nachteil  für  das  ver- 
tiüidids  geschehen  kann.' 

Ueber  anordnung  und  einteilung,  die  von  anderen  lehrbüchem 
;aiiz  abweicht,  und  deshalb  näher  motiviert  werden  musz,  sagt  das 
ronrort:  ^wttrme  ist  kein  stoif,  wilrme  ist  bewegung.  als  solche 
[ibt  sie  sich  kund  unmittelbar  in  der  ansdehnung  und  zusammen- 
iehong  der  kOrper  —  man  denke  nur  an  das  thermometer  —  in 
le&  erschütterungen  der  moleküle,  die  selbst  dem  obre  als  schall 
rahmehmbar  werden ,  in  den  erzitterungen  der  moleküle  des  thie- 
iachen,  also  speciell  menschlichen  körpers,  die  wir  als  wSrme  und 
Ute  empfinden  und  als  zustand  denken  wollen,  es  ist  schwer  bei 
ler  in  der  spräche  ausgedrückten  altem  anschauungsweise  über  das 
resen  der  wärme  der  neuern  richtigen  anschauung  in  und  durch 
Be  darstellung  geltung  zu  verschaffen,  und  hieran  soll  an  dieser 
teile  erinnert  werden,  damit  der  mangelhafte  ausdruck  nicht  auf 
Üe  mangelhafte  auffassung  schlieszen  lasse.' 

'Die  bewegung  welche  wir  als  wärme  empfinden,  wird  am  leich- 
esten  wahrgenommen  durch  ein  entgegentretendes  hindernis,  man 
lenke  nur  an  den  bewegten  hammer  im  gegensatz  zum  imbewegten 
■bo8z,  an  den  durchschnittenen  leitungsdraht  der  galvanischen 
lette,  an  die  zunähme  der  wärme  mit  der  dichter  werdenden 
itmosphäre.  auch  bei  den  elektrischen  und  magnetischen  erschei- 
nigen erzeugt  die  molekularbewegung  momentan  oder  dauernd 
be  feste  läge  und  anordnung  der  kleinsten  teilchen,  aus  der  dann 
h  Polarität  hervorgeht ,  welche  als  das  charakteristische  dieser  er- 
dieinnngen  anzunehmen  ist.  wärme,  magnetismus,  elektricität  sind 
ihor  in  dem  mit  gehinderter  bewegung  überschriebenen  ab- 
■bitte  behandelt,  der  kurzen  theoretischen  behandlung  folgt  in 
IT  klimatologie  und  meteorologie  nicht  so  sehr  die  anwendung  als 
i  auf  erfahrung  beruhende  grundlage.  im  zweiten  abschnitte 
■ecben  wir  von  der  übertragenen  bewegung.  indem  nemlich 
t  Wärmelehre  zur  dampfmaschine  hinführt,  musz  das  wesen  der 
IMfainen,  die  in  der  Übertragung  der  bewegung,  sei  es  abändernd 
f  schon  bewegte ,  oder  überleitend  auf  ruhende  körper  besteht, 
to  herstellung  und  wirkungsart,  gegenständ  der  betrachtung 
tden.  die  Ursache  der  bewegung  nennen  wir  kraft,  und  die  folge 
A  Wiederkehr  regelmäsziger  bewegungen  gibt  den  begriff  der 
li  das  Verhältnis  eines  noch  abzuschätzenden  weges  —  wir  denken 
liehst  an  die  bewegung  eines  punctes  —  zu  dem  wege,  welcher 
tdas  masz  der  zeit  festgestellt  ist,  gibt  den  der  gesch windigkeit, 
lin  der  erfahrung  sich  als  eine  regeimäszige ,  constante,  oder  als 
IB  stätig  sich  ändernde,  beschleunigte,  oder  verzögerte  sich  erweist, 
entsteht  zunächst  die  theoretische  lehre  der  fortschreitenden  und 
Aenden  bewegung  als  einleitung  zur  maschinenlehre :  die  treiben- 
ft  kräfte  sind  aber  was<^er,  wind  und  dampf.' 

*Im  dritten  abschnitt  endlich   ist  die  Wellenbewegung  zu  be- 
■deln,  nicht  so  sehr,   weil  die  hiermit  gegebene  periodische  be- 


t 


60  H.  Fahle:  physik  des  täglichen  lebens. 

wegung  —  man  denke  nur  an  das  pendel  —  der  fortschreitendeiK 
und  drehenden  bewegnng  als  eine  dritte  aus  den  beiden  vorgenaim- 
ten  combinierte  entgegentritt,  als  weil  das  substrat  der  bewegnng- 
noch  vielen  forschem  nicht  allein  mehr  die  moleküle  des  körpe^ 
liehen  sondern  die  des  sogenannten  äthers  abgeben,  wenn  alwr 
deshalb  wol  von  einer  physik  der  materie  im  gegensatz  zu  einer 
physik  des  äthers  gesprochen  wird,  so  lassen  wir  es  unentschiedeB^ 
ob  der  äther  ein  eigentümlicher  sto£f  oder  der  letzte  verteilimgi- 
zustand  der  materie  ist.  die  consequenz  der  auffassung  erfordert 
letzteres  und  wir  haben  im  anschlusz  an  Clausius  in  den  beidet 
ersten  abschnitten  kein  bedenken  getragen ,  dieser  anschannng  g»- ' 
recht  zn  werden,  während  für  den  letzten  abschnitt  diese  tfaeoretisdi» 
quälerei  nicht  weiter  beachtet  ist.* 

Die  physik  des  täglichen  lebens  hat  den  zusatz  im  titel  erhaltciv 
weil  sie  vorzugsweise  die  naheliegenden  erscheinungen  dem  nach- 
denken der  leser  unterbreiten  wollte,  das  femerliegende  übergebeoi 
oder  nur  kurz  berührend,  deshalb  sind  von  groszen  apparaten  nnl' 
maschinen  nur  die  ideen  angegeben,  welche  zur  herstellung  und  nr 
Verwendung  maszgebend  waren,  deshalb  ist  die  technik  Überhaapi 
nur  eben  berührt  und  auf  die  eigene  anschauung  der  unentbehrlidNBr 
gröszem  instrumente  aus  den  zeiten  eines  frühem  Schulunterrichts  gi^ 
rechnet  worden,  in  dieser  hinsieht  wird  es  vielleicht  orientieren,  wev 
wir  aus  dem  inhalts Verzeichnisse  einiges  hierhersetzen,  das  viffitv 
capiiel  des  ersten  abschnitt  es  'gehinderte  bewegung'  enthält  auf  g.  61 
— 110  die  §§  24  meteorologische  instrumente  —  barometer,  tLenii 
graph,  differentialthermometer,  Psychrometer,  aktinonometer,  hjgio* 
meter,  ancmometer,  cyanometer,  regenmesser  und  ozonometer  — ,  Ä 
den  Secchischen  meteorographen,  26  luft&trömungen  und  drehong^ 
gesetz  des  windes,  27  meeresströmungen ,  28  aus  der  tiefsee,  99 
Wärmelinien  und  klimatische  zonen,  30  atmosphärische  niederschllgl^ 
31  magnetische  linien,  32  Variationen  des  barometers  —  forstwisMKp 
schaftliche  meteorologische  thatsachen  — ,  33  novemberstarm  itt 
Jahres  1872,  34  hydrometeore  —  nebel,  wölken,  regen,  Bchoili 
graupel,  thau,  reif — ,  35  und  36  luftelectricität,  gewitter,  bagili 
nordlicht.  im  zweiten  capitel  des  zweiten  abschnitts  ^flbertragini 
bewegung'  finden  wir  §  13  maschinen  des  hebeis:  krämer-,  goM-« 
apotheker-,  tafel-,  schnell-,  brücken-  und  zeiger- wagen ;  scfaltlsMl 
bohrer,  zangen,  scheren,  spaten,  hebestange,  messer,  häkselladl 
trittbrett,  kurbel,  äxte,  hämnier,  knochen  des  menschlichen  kCrpen 
schellenzüge ,  thürklinken.  14  maschinen  der  rolle:  flascheniüge 
wellen,  rad,  radhaspel,  kreuzhaspel,  homhaspel,  graben- und  enl 
winde  (göpel),  trittscheibe,  laufwinden,  windmtthlenflügel,  wiodM 
krahn,  getriebe  der  cylinderuhr.  maschinen  der  schraube:  kovh 
zieher,  bohrer,  Schiffsschraube,  schraube  ohne  ende,  mikromete^ 
schraube,  maschinen  des  keils:  messer,  äxte,  sägen,  feilen,  raepdi 
hobel,  nagel.  15  die  dampfmaschine.  16  anwendnngen  und  gß 
brauch  des  pendeis.    im  dritten  abschnitte  und  dritten  capitel  — 


H.  Fahle :  physik  des  täglichen  lebens.  61 

•ptik  —  enthält  §  18  linseninstrumente  und  verwandtes,  und  zwar 
indaaf  8.  339 — 343  besprochen  camera  obscura,  photographischer 
pparat,  Zauberlaterne,  sonnenmikroscop  und  ähnliches,  sowie  lupen 
nd  einfaches  mikroskop.  dagegen  auf  18  Seiten  343  —  361  das 
age,  und  zwar  wird  erörtert  bau  und  Wirkungsweise  des  auges, 
uWempfindung  nach  der  Youngschen  hypothese,  das  sehen,  be- 
ingangen  für  die  deutlichkeit  des  sehens,  accommodationsyerniögen, 
pbthalmometer  und  augenspiegel,  Sehweite,  kurzsichtig^  und  weit- 
ichtige  äugen,  brillen,  directes  und  indirectes  sehen,  irradiation, 
dller  des  auges,  dauer  des  lichteindrucks,  nachbilder,  geistige  thätig- 
eit  beim  sehen ,  Sinnestäuschungen ,  lebensrad ,  Stereoskop ,  tele- 
^ereoskop ,  augenmasz  und  optische  täuschungen.  es  folgen  photo- 
raphie  und  photolithographie  auf  3  Seiten  und  auf  8  die  zusammen- 
esetzten  linseninstrumente,  femröhre  und  zusammengesetzte  mi- 
roskope. 

Um  nachzuweisen,  dasz  das  beiwort  rationell  nicht  ganz  unge- 
fiditfertigt  sei,  weisen  wir  auf  die  nachfolgenden  auszüge  hin: 

1.  Wärme  scheint  ein  innerer  zustand  oder  Vorgang  zu  sein, 
ttdehnung  und  zusammendrückung  sind  äuszerlich  wahrnehmbare 
id  durch  Werkzeuge  hervorzurufende  erscheinungen.  beiderlei 
luitsachen  stehen  aber  im  innigsten  zusammenhange  mit  einander : 
lelches  ist  nun  die  brücke,  welche  beide  mit  einander  verbindet? 
ffrme  wird  nicht  allein  d\irch  Verbrennung  oder  andere  chemische 
roeesse,  nicht  allein  durch  ein  Wirkung  der  sonne  hervorgerufen, 
rirme  entsteht  auch  durch  reiben,  stoszen,  schlagen.  Überhaupt 
Ivch  Vorgänge  jeder  art,  durch  welche  die  teilchen  eines  körpers 
ittnder  genähert  werden,  nicht  allein,  wenn  diese  sich  verdichten, 
Ast  dann ,  wenn  flüssigkeiten  von  festen  kÖi:pern  absorbiert  wer- 
,  steigt  nach  Pouillets  versuchen  das  thermometer  in  günstigen 
drei  bis  vier  minuten  bis  zu  10^,  wobei  noch  zu  bemerken, 
in  der  Vorgang  von  der  natur  des  pulverisierten  festen  körpers 
id  der  zu  absorbierenden  flüssigkeit  imabhängig  war.  wärme  ent- 
At  auch  durch  gehinderte  bewegung.  hammerschläge  auf  den 
ihoäz  erhitzen  den  letztern ,  bohrer ,  meiszel  und  ähnliche  instru- 
lllie  erhitzen  sich  durch  den  widerstand  des  zu  bearbeitenden 
faials.  das  reiben  der  bände  macht  warm,  zwei  holzstücke  ent- 
Iden  sich  durch  reibung.  wärme  ist  also  vor  allen  dingen  nicht 
dich,  denn  sonst  würde  sie  als  solche  verbraucht  werden,  also  zu 
•  aufhören,  wärme  ist  gehinderte  bewegung  in  allen  fällen  und 
odiartig  der  durch  bewegung  hervorgerufenen  arbeit,  beim  flüssig- 
»den,  beim  verdampfen  geben  die  kleinsten  teilchen  auseinander, 
I  verbrauchte  wärme  erscheint  als  innere  arbeit,  beim  gefrieren 
ben  die  kleinsten  teilchen  zu  einander  hin,  die  innere  arbeit  tritt 
■erlich  als  wirksame  wärme  hervor,  man  denke  sich  folgenden 
lülauf.  ein  groszes  lad  mit  einer  excentrischen  Scheibe  (spiunrad- 
Rriehtung)  wird  durch  die  druckkraft  von  siedenden  dämpfen  um 
b  axe  bewegt,  deren  reibung  erzeugt  wärme,  welche  wiederum 


64  H.  Fahle:  physik  ded  täglichen  lebens. 

nicht  ozonisiert  ist.  auf  die  nervenbewegung  ist  die  constante  blai 
temperatur  des  menschlichen  körpers  hauptsächlich  zurückzufÜhre] 
die  summe  der  durch  das  animalische  leben  und  die  arbeitsprocese 
verzehrten  kräfte  ist  fast  überall  dieselbe. 

4.  Die  obige  hjpothese,  durch  welche  alle  die  verschiedene; 
qualitäten  der  einzelnen  Schallempfindungen  auf  die  erregung  vei 
schiedener  nervenfasem  zurückgefOhrt  wird,  gewinnt  um  so  mehi 
an  Wahrscheinlichkeit,  als  sich  auch  die  Verschiedenheit  der  färben- 
Zerstreuung  nach  einer  ganz  ähnlichen  von  Thomas  Young  ange- 
stellten und  von  Helmholtz  adoptierten  hjpothese  erklären  iSszti 
beide  hypothesen  aber  consequenzen ,  gewissermaszen  specielle  Wk 
eines  schon  im  jähre  1826  von  Johannes  Müller  aufgestellten  and 
durch  alle  neueren  forschungen  bestätigten  physiologischen  gesetiee 
sind,  nach  welchem  der  unterschied  der  empfindungen  verschiedener 
sinne  nicht  abhängig  ist  von  den  äuszeren  einwirkungen,  welche  sie 
erregen,  sondern  von  den  verschiedenen  nervenapparaten,  welche  sie 
aufnehmen,  man  hat  die  nervenf&den  vielfach  nicht  unpassend  mit 
telegraphendrähten  verglichen,  ein  solcher  draht  leitet  immer  no 
dieselbe  art  elektrischen  Stromes,  der  bald  stärker,  bald  schwächer, 
oier  auch  entgegengesetzt  gerichtet  sein  kann,  aber  sonst  keinen 
quantitativen  unterschied  zeigt,  demnach  kann  man,  je  nachdem 
man  seine  enden  mit  verschiedenen  apparaten  in  Verbindung  setili 
telegraphische  depeschen  geben,  glocken  läuten,  minen  entzündeiii 
Wasser  zersetzen,  magnete  bewegen,  eisen  magnetisieren,  licht  enfe* 
wickeln  usw.  ähnlich  in  den  nerven,  der  zustand  in  der  reizungi 
die  in  ihnen  hervorgerufen  worden  und  von  ihnen  fortgeleitet  wir^ 
ist,  so  weit  er  sich  an  der  isolierten  nervenfaser  erkennen  IbA 
überall  derselbe,  aber  nach  verschiedenen  selten ,  teils  des  gehinüi 
teils  der  äuszem  teile  des  körpers  hingeleitet,  bringt  er  bewegnngü 
hervor,  absondorungen  von  drüsen,  ab-  und  zunähme  der  blutmeng^ 
der  röthc  und  der  wärme  einzelner  organe,  dann  wieder  lidlt 
empfindungen,  gehörempfindungen  usw.  wenn  jede  qualitativ  ?er 
schiedene  Wirkung  der  art  in  verschiedenen  Organen  hervorgebrabb 
wird,  zu  denen  auch  gesonderte  nervenfasem  hingehen  müssen,  U 
kann  der  Vorgang  der  reizung  in  den  fasern  ganz  derselbe  sein,  wi 
der  elektrische  ström  in  den  telegraphendrähten  immer  derselbe  ist 
was  für  verschiedene  Wirkungen  er  auch  an  den  enden  hervorbringei 
möge. 

Und  hiermit  wollen  wir  unsere  anzeige  beschlieszen ,  die  nv 
darauf  hinaus  gieng,  dem  leser  durch  authentische  mitteilungen  eine 
eindruck  von  dem  zu  geben,  was  er  wie  in  nr.  1  so  auch  in  nr.  2  ei 
warten  darf,  die  Verlagshandlung  hat  ihrerseits  aUes  aufgewand 
um  die  werke  solid  auszustatten;  wir  wünschen  ihr  den  erfolg,  du 
Jedem  soliden  streben  gebührt. 

Posen.  Fahle. 


ZWEITE  ABTEILUNG 

FCB  GYMNASIALPÄDAGOGIK  UND  DIE  ÜBRIGEN 

LEHEFÄCHER 

MIT    AU88CHLUSZ    DER   CLA88ISCHEN    PHILOLOOIB 

HERAUSGEGEBEN   VON   PROF.   DR.  HERMANN  MaSIUS. 


(46.) 

MATÜEITÄTSZEÜGNIS ,  NICHT  MATURITÄTSPRÜFUNG. 

(fortsetzung  von  Jahrgang  1874  s.  546—560.) 


Bareaukratisches  motiv  der  maturitätsprtifung.    nach- 
teilige folgen  derselben,     formulierte  prädicate. 

Es  bedarf  keines  nach  weises ,  dasz  das  gymnasium  für  die  aus- 

ttelluDg  eines  mataritätszeugnisses,  welches  füi*  den  abschlusz  des 

'gymnasialen  ganges  und  für  die  forderungen  des  Staates  notwendig 

ij^  einer  besonders  geordneten  prüfung  nicht  bedarf,     es  kennt  aus 

leiner  continuierlichen  thätigkeit  eingehender  und  sicherer  den  bil- 

Jongsstand  seiner  schüler  in  allen  gegenständen  und  richtungen,  als 

eine  besondere  prüfung,  auch  unter  amtlicher  controle,  zu  ermitteln 

rermag.  in  fiüheren  zeiten,  in  welchen  die  gymnasialen  zustände  be- 

treffeüd  den  schütz  der  gymnasialen  autorität  und  die  forderungen 

des  öffentlichen  dienstes  nicht  geordnet  und  befestigt  waren  und  ein 

gymnasiales  maturitätszeugnis  keine  gesetzliche  bedeutung  hatte, 

var  die  gesetzlich^  forderung  eines  officiell  von  dem  gymnasium 

ausgestellten  maturitätszeugnisses  für  gewisse  folgende  bildungs- 

Wege  und  für  den  Öffentlichen  dienst  und  mit  gewissen  rechten  eine 

politische  notwendigkeit.     anstatt  nun   dies  zeugnis  der  autorität 

des  gymnasiums,  welches  allein  dazu  befähigt  ist,  zu  überlassen  und 

demselben  gesetzlich  zu  befehlen ,   forderte  und  ordnete  der  staat, 

indem  er  die  notwendigkeit  eines  maturitätszeugnisses  für  gewisse 

iweige  des  öffentlichen  dienstes  anerkannte,  für  dasselbe  eine  eigne 

besondere  prüfung  unter  staatlicher  entscheidender  aufsieht,    selbst 

gymnasien  in  Staaten ,  in  welchen  ein  maturitätszeugnis  gesetzlich 

nicht  gefordert  wurde,   errichteten,   um   das  gewicht  gymnasialer 

«tudien  zu  erhöhen  und  ihren  gang  zu  ordnen,  maturitätprüfungen, 

N,  j»hrb.  f.phil.  u.  päd.  II.  abl.  1875.  hft.  2.  5 


^6  Maturitätszeugnis ,  nicht  maturitätsprüfong. 

welche  nach  anszen  keine  bedeutung  hatten,  indem  es  zugleich 
stand,  auch  ohne  maturitätszeugnis  bildung  für  den  öfifentiüi 
dienst  zu  suchen,  die  anerkennung  der  hohen  bedeutung  gyi 
sialer  bildung  an  sich  und  in  ihrer  notwendigkeit  für  den  ö£fentlii 
dienst  führte  zu  besonderen  gesetzlich  befohlenen  und  geordn 
maturitätsprüfungen ,  und  der  staat  nahm  diese  unmittelbar  ii 
band ,  während  diese  anerkennung  sich  mit  dem  nächsten ,  dei 
dem  wesen  des  gymnasiums  als  einer  öfifentlichen  unterrichtsan 
begründeten ,  mit  der  ausstellung  eines  maturitätszeugnisses  in 
autorität  desselben  hätte  begnügen  sollen,  es  mochte  hinzukomi 
dasz  klarheit  und  Sicherheit  des  bewustseins  über  das  für  den  $ 
nasialen  abschlusz  erforderliche  in  manchen  gymnasien  fehlte, 
eine  einheit  des  bildungsmaszes  für  alle  erstrebt  wurde  und  für 
sen  zweck  allgemeine  maturitätsprüfungen  mit  einem  allgeme 
gleichmasz  angeordnet  wurden,  diesen  dienst  für  die  allgemeu 
des  bewustseins  über  das  für  den  gymnasialen  abschlusz  nötige 
die  anordnung  von  maturitätsprüfungen  geleistet;  und  die  ein 
tung  unserer  gymnasien  und  die  amtliche  inspection  derselbei 
setzen  vollkommen  das,  was  die  gesetzlich  verordnete  maturi 
prüfung  gewirkt  hat.  bei  dem  jetzigen  pädagogisch  und  poli^ 
geordneten  und  bewachten  stände  und  gange  des  gymnasiums  i 
in  allen  beziehungen  statthaft,  dasz  die  gesetzlich  bestimmten 
beaufsichtigten  maturitätsprüfungen  für  die  zukunft  wegfallen 
zu  dem  in  dem  begriff  des  gymnasiums  als  einer  ö£fentlichen 
Ziehungsanstalt  ursprünglich  und  notwendig  enthaltenen,  der 
Stellung  des  maturitätszeugnisses  in  eigner  und  völler  auto 
desselben  zurückgekehrt  werde,  es  ist  eine  pädagogische  notwei 
keit,  dasz  nachdem  das  gymnasium  gesetzlich  geordnet  ist 
geleitet  und  beaufsichtigt  wird,  das,  was  in  dem  begriff  st 
thätigkeit  liegt  und  ihm  aus  rücksichten ,  die  nicht  mehr  sind , 
zogen  ist,  ihm  zurückgegeben  werde,  das  maturitätszeugnis  is 
höchste  act  des  gymnasiums  und  in  seinem  begriff  und  seiner 
gäbe  und  in  seinen  grenzen  begründet;  es  findet  in  nichts  ande 
was  auszer  demselben  liegt ,  einen  ersatz ;  die  entziehung  dess( 
nimmt  ihm  die  seine  thätigkeit  abschlieszende  spitze  und  bricht 
autorität.  es  ist  eine  pädagogische  Voraussetzung  und  fordei 
dasz  der  rector  eines  gymnasiums  das  recht  habe,  auf  seine  alle 
autorität  zu  urteilen  und  zu  bezeugen,  dasz,  in  welchem  grade 
in  welcher  weise  ein  schüler  des  ihm  zur  leitung  übergebenen  j 
nasiums  das  gjrmnasiale  ziel  erreicht  habe,  keine  andere  v 
staltung,  kein  anderer  mensch  ist  im  stände,  ein  solches  zei 
mit  der  Sicherheit  und  glaubwürdigkeit  auszustellen,  wie  ei 
rector  in  folge  seiner  jähre  langen  amtlichen  thätigkeit  aus  se 
habituellen  bewustsein  geben  kann,  der  rector  allein  hat  die  p 
und  die  möglichkeit,  sämtliche  schüler  des  gymnasiums  in  i 
bildungsstande  nach  allen  seiten  eingehend  zu  kennen,  es  ist  d 
aus  nicht  einzusehen,  was  ein  act  soll,  der  sich  an  die  stelle  d< 


ICataritäiszeugnis ,  nicht  mataritätsprüfung.  67 

was  allein  der  rector  kann ,  und  der  unmöglich  ein  ersatz  für 
(t,  was  dessen  Obliegenheit  ist.  sie  ist  eine  Verwirrung  der 
m  praktischer  aufgaben  und  lebensgebiete,  bringt  in  das  innere 
^nle  ein  begrififlich  fremdes,  ein  politisches,  es  liegt  not- 
g  in  dem  begriff  einer  erziehungs-  und  lehranstalt,  dasz  ein 
is  über  einen  schÜler  ein  rein  pädagogischer  act  ist,  welcher 
ir  auf  ihre  alleinige  autorität  vollzogen  wird ,  dasz  sie  jede  ver- 
tong ,  welche  von  anszen  in  die  schule  tritt  und  eine  integrie- 
thStigkeit  aus  ihr  verdrängt  und  ihre  Selbständigkeit  beein- 
igt, gemäsz  der  forderung  ihrer  eigentümlichen  aufgäbe  aus 
grenzen  zurückweist,  ein  anderes,  als  das  unmittelbare  ein- 
der  gymnasialregierung  in  einen,  der  aufgäbe  des  einzelnen 
ftsinms  in  voller  freiheit  des  ermessens  und  in  Selbständigkeit 
ttscheidens  innerlich  angehörenden  act  ist  die  für  die  aufgäbe 
nnnasialregierung ,  für  das  gedeihen  des  gesamten  gjmnasial- 
B  unerläszliehe  gymnasiale  inspection.  diese  richtet  ihr  äuge 
dien  Seiten ,  dirigiert  und  admoniert ,  ordnet ,  gestaltet  und 
staltet,  was  nötig  ist;  sie  ist  dem  Staate  die  allein  mögliche 
shaft,  dasz  die  maturitätszeugnisse  dem  gymnasialen  begriffe 
er  forderung  des  Staates  gemäsz  ausgestellt  werden,  indem  sie 
btig  darauf  bedacht  ist,  dasz  die  bedingungen  für  das  gesetz- 
je  und  rechte  verfahren  in  diesem  höchsten  acte  in  einem  gym- 
n  vorhanden  sind,  der  Staat  darf  nicht  unmittelbar  selbst 
und  entscheidend  wirken  oder  mitwirken  wollen  in  verhält- 
.  und  acten,  deren  nicht  übersehbare  und  berechenbare  innere 
icierung  von  ferne  und  nach  objectiven  normen  nicht  ab- 
Bend  beurteilt  werden  kann ,  die  lediglich  dem ,  welcher  in  der 
derselben  unmittelbar  anschauend  und  thätig  steht ,  zur  ent- 
.ODg  unter  seiner  Verantwortung  angehören,  das  einzelne 
isium  ist  durch  die  amtliche  autorität  und  Verantwortlichkeit 
repräsen tauten ,  des  rectors  in  diesem  höchsten  acte ,  dem  ab- 
■enden  ziele  aller  seiner  thätigkeiten  selbständig  und  frei  in 
puizen  der  gymnasialen  praxis  und  besonders  der  didaxis. 
das  masz  des  maturitätszeugnisses  ist  in  Wahrheit  das  masz 
riirgegenstände  in  ihr-en  richtungen  und  auf  allen  stufen,  was 
i  maturitätszeugnis  bestimmt  ist  und  verlangt  wird,  dem  darf 
iehts  in  der  methode,  der  richtung  und  dem  sinne  des  voran- 
ien  Unterrichts  entziehen,  aus  der  vollen  Selbständigkeit  des 
len  gymnasiums  in  der  maturitätserklärung,  welche  wir  als 
Idagogisch  notwendige  voraussetzen,  ergeben  sich  grosze  un- 
ßche  vorteile  für  die  umsichtige  und  in  sich  sichere  thätigkeit 
»zen  gymnasialen  ganges,  welche  in  der  folge  dieser  abhand- 
rtrtert  werden. 

Ke  gesetzlich  bestimmte  anordnung  einer  prtifung  zur  ermitte- 
les maturitätszeugnisses  ist  eine  Übertragung  des  maszes  einer 
winen  objectivität  der  legalität  auf  ein  gebiet  des  geistes- 
1^  das  in  seiner  freien  innerlichkeit,   in  seiner  individuellen 

5* 


68  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprfifüng. 

Unterschiedlichkeit  sich  nicht  allein  und  nicht  üher wiegen 
objectiv  festen  moximen ,  sondern  zugleich  und  im  wesentliche] 
individuellen  blick  und  unmittelbare  anschauung  beurteilei 
für  kenntnisse  in  ihrer  Vereinzelung ,  ftlr  formelle  auffassong 
f (Artigkeiten  läszt  sich  irgend  wie  ein  objectiv  festes  masz  hini 
abiT  nicht  für  den  im  geiste  angelegten  und  geübten  sinn 
keuncns  und  die  persönliche  bildung  als  gesamte  und  in  indivi 
richtung.  die  Unterordnung  des  maturitfitszeugnisses  unter  c 
sieht  und  die  entschcidung  der  höchsten  Unterrichtsbehörde  i 
objectiv  bestimmten  und  gesetzlich  formulierten  prttfung  ist  c 
findung  der  angemaszten  oder  vermeintlichen  omnipotenz  des 
uiid  seiner  administration ,  welche,  anstatt  sich  zu  begnüge 
setzliche  normen  für  die  thätigkeit  staatlicher  organe  hinzu 
und  nachzusehen ,  ob  die  Wirklichkeit  diesen  entspricht,  unmi 
in  die  thätigkeit  eines  untergeordneten  kreises  eingreift  m 
ihrer  höhe  und  aus  der  ferne  Über  sie  entscheidet,  sie  entzic 
untergeordneten  die  individuelle  Selbständigkeit  des  thui 
strebens,  von  welcher  das  gedeihen  der  aufgäbe  abhängt 
innere  motiv  ist  das  mistrauen  gegen  die  fähigkeit,  den 
willen,  die  redlichkeit  des  untergebenen;  und  aus  der  ferne  u 
oben  soll  dieser  entweder  wirkliche  oder  supponierte  mangel 
an  sich  unmöglich  ist  —  ersetzt  werden,  mistrauen  als  prin< 
administration  nimmt  die  ausnähme  und  das  abnorme  als  di 
au,  paralysiert  das  gute,  was  in  menschlichen  einrichtungen 
mittelmasz  vorauszusetzen  ist,  in  seinem  thun,  erfinden,  sl 
und  kann  dem  ungehörigen  und  zweckwidrigen,  wo  es  gel 
wird ,  nur  partiell,  temporell  und  oberflächlich  abhelfen,  eine 
maxime  der  administration  verfährt  nach  abstractionen  einei 
meinen  identität  und  eines  uniformierenden  gleichmaszes, 
die  realen  f orderungen  nicht  befriedigen ;  sie  wird  nicht  geleil 
belebt  durch  den  erfrischenden  hauch  der  Wirklichkeit, 
Überall  individuell  ist  und  unmittelbarkeit  des  Sehens  und 
teilens  fordert,  sie  besitzt  nichts  von  derjenigen  klarhei 
Sicherheit,  von  der  unmittelbar keit  des  richtigen  treffens , 
aus  der  anschauung  der  Wirklichkeit,  der  persönlichen  hin^ 
an  die  sache  und  der  thätigkeit*  in  der  mitte  derselben  ents] 
sie  ist  in  vollem  masze  unpraktisch,  eine  solche  bureaukr 
thätigkeit  begnügt  sich  mit  formeller  richtigkeit,  während  si 
das  innere  und  das  wesentliche  des  ganzen  durchdringt  an« 
mit  Sicherheit  das  nötige  und  ersprieszliche  des  einzelnen  ei 
sie  steht  der  aufgäbe  ihrer  thätigkeit  mit  einer  persönliche  int 
losigkeit,  gleichgültigkeit,  lauheit  gegenüber,  welche  aus  de 
und  der  fremdheit  der  Wirklichkeit  in  den  personen  und  in  < 
dividuellen  Verhältnissen  entsteht,  für  welche  alle  gegenstftn^ 
und  persönlichen  unterschiede,  ihre  eigentümlichen  forderong 
masze  in  allgemeiner  identität  verschwunden  sind,  daher  e 
ihre  Unfähigkeit  zur  wirklichen  auffassung  und  entscheida 


Mafcaritätszeugnis ,  nicht  maturitätsprüfung.  69 

rschiedlichen  einzelnen,  welche  allein  in  der  anschauung  des 
itfimHchen  individuellen  gegeben  ist,  indem  sie  nicht  im  stände 
lie  Wirklichkeit  dos  einzelnen  mit  der  gewisheit  zu  treffen,  dasz 
AS  nötige  und  das  rechte  gefunden  habe,  es  fehlt  ihr  daher  der 
und  die  kraft,  die  aufgaben  nach  ihrer  Unterschiedlichkeit 
ig  zu  leiten,  zu  gestalten  und,  wo  es  nötig  ist,  nach  der  forde- 
des  gesetzes  umzugestalten,  daher  sind  ihre  erfolge  zuföllig. 
mBZ  sieb  mit  formeller  gesetzlichkeit,  mit  berichten  und  andern 
ittelungen,  mit  universalierenden  prädicaten,  nummern,  tabellen 
Bgen,  welche  das  unterschiedliche  der  individuellen  wirklich- 
nicht  treffen  und  bezeichnen,  den  lehrer,  welcher  seine  freude 
i  hat,  die  unberechenbare  und  unmeszbare  mannigfaltigkeit 
ndividuellen  eigentümlich keit  seiner  schtller  vor  sich  zu  sehen, 
ent?nckelungsgang,  der  für  jeden  ein  besonderer  ist ,  zu  ihrem 
mit  fürsorgendem  interesse  zu  verfolgen,  ergreift  unwilliges 
en,  wenn  diese  sich  einer  identität  eines  allgemeinen  maszes 
ihenden  Unterschiedlichkeit  auf  eine  gleichgültig  ausgleichende 
tneinheit  von  urteilen  und  prädicaten  zurückgeführt  wird. 
Die  maturitätsprüfung  ist  ein  act,  welcher  in  folge  der  zufällig- 
and  des  mechanismus  einer  Stimmenmehrheit  von  lehrern  und 
nnem  ferne  und  fremdheit  der  behörde  von  dem  eigentlichen 
»fgabe  das  notwendige  und  das  gute,  welches  der  rector  in 
einer  jähre  langen  praxis  und  durch  seine  umsichtige  fürsorge 
en  abschlusz  der  gymnasialen  thätigkeit  schon  besitzt,  bei  seite 
tit  und  für  dieses  einen  unsichern  und  dürftigen  ersatz  bietet. 
rirkliche  pädagogische  resultat  der  maturitätsprüfung  —  ange- 
len,  dasz  sie  im  stände  ist,  den  bildungsstand  von  Schülern  in 
beit  pädagogisch  zu  explorieren  —  läszt  sich  nicht  in  einem 
,  nach  einer  allgemeinen  norm  festsetzen ,  denn  es  ist  von  den 
m  individuellen  gymnasialen  gange  mitwirkenden  personen 
leren  unterschieden  bedingt,  die  maturitätsprüfung  ist  aber 
«in  isolierter  act,  sie  ist  die  höhe  der  gjrmnasialen  thätigkeit 
■1  die  Prätention,  das  ganze  derselben  intensiv  in  sich  zu  con- 
ieren.  sie  wirkt  daher  in  der  gestalt  und  der  richtung,  welche 
ft,  organisch  auf  den  ganzen  vorangehenden  gymnasialen  gang 
lern  innem  seiner  thätigkeit  und  seinem  sinn  zurück,  wie  die 
der  maturitätsprüfung  ist,  so  ist  die  richtung  des  gymnasiums. 
iBiabme,  in  ^iner  in  form  vollständiger  gesetzlichkeit  bingc- 
in  noi-m  alles  für  den  wirklichen  abschlusz  der  gymnasialen 
Jteit  notwendige  bestimmt  zu  haben,  die  hinstellung  einer  be- 
lur  aufsieht  und  entscheidung,  ob  derselben  genügt  ist,  ist 
pollkommen  mechanische  auffassung  geistiger  aufgaben,  theo- 
her  und  pädagogischer  Operationen,  und  als  solche  wirkt  sie, 
ll  sie  von  dem  einflusse  hat,  der  ihr  gesetzlich  beigemessen 
•'auf  die  richtung  und  den  sinn  der  gymnasialen  thätigkeit. 
■letzlich  formulierte  maturitätsprüfung  trägt  an  ihrem  teile 
ÜBi,  eigentümliches  finden  und  erfinden,   gestalten  und  umge- 


i 


60  H.  Fahle:  physik  des  täglichen  lebens. 

wegung  —  man  denke  nur  an  das  pendel  —  der  fortschreiienden 
und  drehenden  bewegung  als  eine  dritte  aus  den  beiden  YorgenaoB- 
ten  combinierte  entgegentritt,  als  weil  das  substrat  der  beweguag- 
noch  vielen  forschem  nicht  allein  mehr  die  moleküle  des  k0rpc^ 
liehen  sondern  die  des  sogenannten  äthers  abgeben,  wenn  ab« 
deshalb  wol  von  einer  phjsik  der  materie  im  gegensatz  zu  einer 
physik  des  äthers  gesprochen  wird,  so  lassen  wir  es  unent8cbiede%, 
ob  der  äther  ein  eigentümlicher  sto£f  oder  der  letzte  verteilungi- 
zustand  der  materie  iät.  die  consequenz  der  auffassung  erfordert 
letzteres  und  wir  haben  im  anschlusz  an  Clausius  in  den  beidei 
ersten  abschnitten  kein  bedenken  getragen ,  dieser  anschanang  ge- 
recht zn  werden,  während  für  den  letzten  abschnitt  diese  theoretiadie' 
quälerei  nicht  weiter  beachtet  ist.* 

Die  physik  des  täglichen  lebens  hat  den  zusatz  im  titel  erhaltai^ 
weil  sie  vorzugsweise  die  naheliegenden  erscheinungen  dem  ntA- 
denken  der  leser  unterbreiten  wollte,  da«  femerliegende  übergefaeni 
oder  nur  kurz  berührend,  deshalb  sind  von  groszen  apparaten  not 
maschinen  nur  die  ideen  angegeben,  welche  zur  herstellung  und  snr 
Verwendung  maszgebend  waren,  deshalb  ist  die  technik  überhanpi 
nur  eben  berührt  und  auf  die  eigene  anschauung  der  unentbehrlidM 
gröszem  instrumente  aus  den  zeiten  eines  frühem  Schulunterrichts  gf- 
rechnet  worden,  in  dieser  hinsieht  wird  es  vielleicht  on'entieren,  woa 
wir  aus  dem  inhaltsverzeichnisse  einiges  hierhersetzen,  das  TieriB 
capiiel  des  ersten  abschnittes  'gehinderte  bewegung'  enthält  aafs.U 
— 110  die  §§  24  meteorologische  instrumente  —  barometer,  themo 
graph,  difTerentialthermometer,  Psychrometer,  aktinonometer,  hjfglO- 
meter,  ancmometer,  cyanometer,  regenmesser  und  ozonometer  — ^  95 
den  Secchischen  meteorographen,  26  luftbtrömungen  und  drehimga- 
gesetz  des  windes,  27  meeresstrOmungen ,  28  aus  der  tiefsee,  91 
Wärmelinien  und  klimatische  zonen,  30  atmosphärische  niederschllgat 
3 1  magnetische  linien,  32  Variationen  des  barometers  —  forstwisMl- 
schaftliche  meteorologische  thatsachen  — ,  33  novemberstarm  dei 
Jahres  1872,  34  hydrometeore  —  nebel,  wölken,  regen,  sdiBaa 
graupel,  thau,  reif  — ,  35  und  36  luftelectricität,  gewitter,  bagd 
nordlicht.  im  zweiten  capitel  des  zweiten  abschnitts  ^flberitrageiM 
bewegung'  finden  wir  §  13  maschinen  des  hebeis:  krämer-,  goM* 
apotheker-,  t^ifel-,  schnell-,  brücken-  und  zeiger- wagen ;  schlüaad 
bohrer,  zangen,  scheren,  spaten,  hebestange,  messer,  hSkseUadi 
trittbrett,  kurbel,  äxte,  hämmer,  knochen  des  menschlichen  kCrpen 
schellenzüge,  thürklinken.  14  maschinen  der  rolle:  flascfaenztigi 
wellen,  rad,  radhaspel,  kreuzhaspel,  homhaspel,  gruben-  und  ei^ 
winde  (göpel),  trittscheibe,  laufwinden,  windmtthlenflügel,  wiDdoi 
krahn,  getriebe  der  cylinderuhr.  maschinen  der  schraube:  kort 
zieher,  bohrer,  schiffsschi-aube ,  schraube  ohne  ende,  mikrometa 
schraube,  maschinen  des  keils:  messer,  äxte,  sägen,  feilen,  raspeh 
hobel,  nagel.  15  die  dampfmaschine.  16  anwendungen  nnd  gc 
brauch  des  pendeis.    im  dritten  abschnitte  und  dritten  capitel  * 


H.  Fahle:  phyaik  des  täglichen  lebene.  61 

optik  —  enthält  §  18  linseninstrumente  und  verwandtes,  und  zwar 
sind  auf  8«  339 — 343  besprochen  camera  obscura,  photographischer 
ipparat,  Zauberlaterne,  sonnenmikroscop  und  ähnliches,  sowie  lupen 
und  einfaches  mikroskop.  dagegen  auf  18  Seiten  343  —  361  das 
aoge,  und  zwar  wird  erörtert  bau  und  Wirkungsweise  des  auges, 
fiu-benempfindung  nach  der  Youngschen  hypothese,  das  sehen,  be- 
dingangen  für  die  deutlichkeit  des  sehens,  accommodationsvermögen, 
Ophthalmometer  und  augenspiegel,  Sehweite,  kurzsichtig^  und  weit- 
sichtige äugen,  brillen,  directes  und  indirectes  sehen,  irradiation, 
fAler  des  auges,  dauer  des  lichteindrucks,  nachbilder,  geistige  thfttig- 
keit  beim  sehen ,  Sinnestäuschungen ,  lebensrad ,  Stereoskop ,  tele- 
Stereoskop,  augenmasz  und  optische  täuschungen.  es  folgen  Photo- 
graphie und  photolithographie  auf  3  Seiten  und  auf  8  die  zusammen- 
gesetzten linseninstrumente,  femröhre  und  zusammengesetzte  mi- 
kroskope. 

Um  nachzuweisen,  dasz  das  beiwort  rationell  nicht  ganz  unge- 
rechtfertigt sei,  weisen  wir  auf  die  nachfolgenden  auszüge  hin: 

1.  Wärme  scheint  ein  innerer  zustand  oder  Vorgang  zu  sein, 
«UKJehnung  und  zusammendrückung  sind  äuszerlich  wahrnehmbare 
and  durch   Werkzeuge  hervorzurufende    ersch einungen,     beiderlei 
thatsachen  stehen  aber  im  innigsten  zusammenbange  mit  einander : 
welches  ist  nun  die  brücke ,  welche  beide  mit  einander  verbindet  ? 
*  wSrme  wird  nicht  allein  durch  Verbrennung  oder  andere  chemische 
processe,   nicht  allein  durch  ein  Wirkung  der  sonne  hervorgerufen, 
wfirme  entätoht  auch  durch  reiben,  stoszen,  schlagen,  überhaupt 
durch  Vorgänge  jeder  art,  durch  welche  die  teilchen  eines  körpers 
einander  genähert  werden,    nicht  allein,  wenn  diese  sich  verdichten, 
wlbst  dann,  wenn  flüssigkeiten  von  festen  kör^em  absorbiert  wer- 
den, steigt  nach  Pouillets  versuchen  das  thermometer  in  günstigen 
Wien  drei  bis  vier  minuten  bis  zu  10^,  wobei  noch  zu  bemerken, 
<lisz  der  Vorgang  von  der  natur  des  pulverisierten  festen  körpers 
nnd  der  zu  absorbierenden  flüssigkeit  unabhängig  war.    wärme  ent- 
steht auch  durch  gehinderte  bewegung.    hammerschläge   auf  den 
ttibosz  erhitzen  den  letztern ,  bohrer ,  meiszel  und  ähnliche  instru- 
Bente  erhitzen  sich  durch  den  widerstand   des  zu  bearbeitenden 
■aterials.    das  reiben  der  bände  macht  warm,  zwei  holzstücke  ent- 
i&nden  sich  durch  reibung.    wärme  ist  also  vor  allen  dingen  nicht 
stofflich,  denn  sonst  würde  sie  als  solche  verbraucht  werden,  also  zu 
sein  aufhören,    wärme  ist  gehinderte  bewegung  in  allen  fällen  und 
gleichartig  der  durch  bewegung  hervorgerufenen  arbeit,  beim  fiüssig- 
werJeTi,  beim  verdampfen  gehen  die  kleinsten  teilchen  auseinander, 
die  verbrauchte  wärme  erscheint  als  innere  arbeit,    beim  gefrieren 
gehen  die  kleinsten  teilchen  zu  einander  hin,  die  innere  arbeit  tritt 
5u>zerlich  als  wirksame  wärme  hervor,    man  denke  sich  folgenden 
Itreialauf.    ein  groszes  lad  mit  einer  excentrischen  Scheibe  (spinnrad- 
^«»rrichtunj?)  wird  durch  die  druckkraft  von  siedenden  dämpfen  um 
*ine  axe  bewegt,  deren  reibung  erzeugt  wärme,  welche  wiederum 


l 


62  H.  Fahle:  physik  des  tätlichen  lebens. 

benatzt  wird ,  das  wasser  zum  sieden  zu  bringen ,  um  die  bewega* 

den  dämpfe  zu  erhalten,   eine  solche  calorische  maschine  ist  also  eil 

wahres  perpetuum  mobile,  dessen  auffinden  so  manchen  menscha 

um  den  verstand  gebracht  hat.    die  sache  ist  in  der  that  nicht  m 

einfach,  wie  sie  geschildert  worden,  aber  das  perpetuum  mobä 

braucht  nicht  erst  erfunden  zu  werden ,  es  ist  Iftng^  da  im  w^ 

ganzen  und  das  gesetz  dieses  weltganzen  heiszt:  erhaltung  der  krafl 

2.  Die  physiologischen  Wirkungen  des  elektrischen  Stromes  harn 

sich  im  allgemeinen  als  nervenerschütterungen  charakterisieren,  da 

lebensprocess  ist  hauptsächlich  nichts  anderes  als  innerlich  nsd 

sich  verbreitende  und  von  einem  centralorgan  ausgehende  bewmii| 

des  nervensystems.    die  widerstände  dieser  bewegung  sind  mdr 

zum  geringsten  teile  die  Ursachen  der  constanten  körpertemperatnr 

wie  umgekehrt  die  empfindungen  des  kalt-  und  warmaeins  auf  la 

sammenziehungen  und  ausdehnungen  der  körpermoleküle  zu  beraha 

scheinen,     als  secundäre  folgen  der  nervenbewegungen  sind  elek 

trische  ströme  in  allen  teilen  des  körpers  zu  betrachten;  sie  onmi 

sieren  den  mit  der  atmosphärischen  luft  eingeathmeten  und  in  alli 

gefäsze  und  Organe  eindringenden  Sauerstoff  und  machen  ihn  da 

durch  fähig,  sich  mit  den  blutsäften  zu  verbinden,  die  dadurch  enl 

fUr  die  eigentliche  emährung  genügend  werden.    (Virchow  sagt  il 

einer  kleinen  abhandlung :  es  schien  eine  zeit  lang  wahrscheinlid^ 

dasz  der  mit  der  eingeathmeten  luft  in  die  lungen  gelangende  sanap 

Stoff  sofort  die  Zersetzung,  die  Verbrennung  der  im  blute  enthaltoMI 

respirationsmittel  bewirke,  dasz  also  auch  die  lungen  der  haoptflri 

für  diese  Zersetzung  seien ,  und  dasz  die  wärme  des  körpers  haapfr 

sächlich  von  da  herstamme,    die  lungen  wären  nach  dieser  aaad( 

gewissermaszen  die  Öfen  für  den  körper,  und  jene  Substanzen  «tA 

ten  notwendige  Vorbedingungen  fttr  das  Zustandekommen  deriMpa 

ration  dar.   aber  die  erfahrung  hat  anderes  gelehrt,    das  blut  erfaM 

»ich  nicht  in  den  lungen,  sondern  es  kühlt  sich  dort,  wenigstens  il 

der  regel,  ab;   auch  werden  die  stoffe  nicht  schon  in  den  Inngil 

durch  den  Sauerstoff  verbrannt,  sondern  dieser  wird  der  hauptsachl 

nach  von  den  rothen  blutkügelchen  aufgenommen  und  durch  sie  ii 

entferntere  teile  des  körpers  getragen,  wo  die  Verbrennung  sich  foB 

zieht.)   es  ist  nemlich  seit  der  entdeckung  des  ozons  durch  Schönbdi 

bekannt  geworden ,  dasz  der  Sauerstoff  an  und  für  sich  nicht  gcB 

mit  einem  andern  stoffe  sich  verbindet,  dasz  er  aber  durch  elektrisdi 

Strömungen,  mögen  sie  nun  direct  oder  indirect  durch  temperatn 

differenzen  hervorgerufen  sein,  wie  man  sagt,  ozonisiert  wird  — 

ozon,  antozon  — ,   dasz  er  durch  dieselbe  eine  änderung  erleidtl 

nach  welcher  er  Verbindungen  mit  anderen  Stoffen  höchst  energiad 

ausführt',    auf  dieser  ansieht  beruht  zb.  das  bleichen  von  leinwaM 

bei  Sonnenschein ,  die  Verbrennung  der  kohle  bei  bestimmteivtan 

peraturen,  die  umwandljuig  des  venösen  blutes  in  arterielles  in  alkl 

teilen  des  thierischen  körpers.  .  .    umgekehrt  ein  elektrischer  stroi 

ist  vielleicht  im  stände,   erlahmende  vitale  bewegungen  durch  fi 


H.  Fahle:  physik  des  täglichen  lebens.  63 

auszen  eingeleitete  erschütterung  des  nervensystems  zu  kräf- 
,  und  die  sich  ankündigende  krankheit  zu  beseitigen,  von 
m  gesichtspuncte  aus  rechtfertigt  sich  der  medicinische  ge- 
:h  desselben,  und  Galvanis  entdeckung,  nach  welcher  frosch- 
kel,  die  vermittels  kupferner  haken  an  einem  eisernen  balken 
sn,  in  Zuckungen  gerathen,  sobald  ihre  unteren  teile  eben* 
in  bertthrung  mit  dem  eisenbalken  kamen,  ist  nach  dieser 
hin  zuerst  und  selbstverständlich  unfruchtbar  ausgebeutet  wor- 
man  glaubte  eine  spur  von  der  so  eifrig  gesuchten  lebenskrafb 
ckt  zu  haben,  und  wurde  natürlich  durch  die  Voltaische  er* 
ng  sehr  ernüchtert,  die  den  thierischen  magnetismus  ganz  von 
n  gebiete  ausschlosz.  in  späterer  zeit  haben  die  Untersuchungen 
hl  Bois-Beymond  dennoch  die  existenz  von  nerven  und  muskel- 
ten  nachgewiesen  und  die  auch  anderweitig  bekannte  thatsache 
'  entwickelt,  dasz  das  organische  leben  sich  physikalischer  vor- 
)  und  acte  bedient,  aber  unmöglich  aus  ihnen  als  ihrer  Ursache 
leitet  werden  kann,  die  Vorgänge  des  lebens,  die  functionen 
igane  können  wir  erklären  und  uns  verständlich  machen,  dem 
BBge  des  lebens  sind  wir  darum  auch  nicht  um  eines  haares 
)  begrifflich  näher  getreten,  organische  Stoffe  hat  man  synthe- 
darzustellen  vermocht,  leider  aber  nicht  lebensfähige  sondern 
olche,  die  durch  secretionen  hervorgerufen,  wie  den  hamstoff. 
)d  zerreiszt  das  spiel  der  physikalischen  kräfte  mit  seinem  ein- 
und  der  körper,  der  vorher  noch  ihren  geboten  unterworfen 
ist  nicht  im  stände,  auch  den  kräftigsten,  von  auszen  künstlich 
rächten  reizungen  folge  zu  leisten,  damit  ist  nachgewiesen, 
das  leben  als  Ursache  sich  der  physikalischen  kräfte  als  mittel 
it,  und  dasz  voreilige  gedanken,  deren  einsei tigkeit  in  der  ver- 
fang von  Ursache  und  Wirkung  beruht,  abgewiesen  werden 

I.  Wenn  ein  hammer  auf  den  ambosz  niederfällt,  so  geht  seine 
iige  kraft  in  den  ambosz  über,  und  erregt  die  zitternde  be- 
Ig  seiner  massenteilchen,  der  ambosz  wird  warm  und  je  mehr, 
l^er  er  in  die  ihn  tragende  erde  einsinkt,  die  von  den  sonnen- 
bn  herrührende  wärme  ist  die  Ursache  von  den  molekular- 
pmgen  der  pflanzen,  die  von  ihnen  getroffen  werden,  diese  be- 
igen sind  durch  die  grosze  lebendige  kraft  der  strahlen  so 
,  dasz  die  von  den  pflanzen  aufgenommene  kohlensaure  in  ihre 
idteile,  in  kohlenstoff-  und  sauerbtoff-atome  zerfallen  musz. 
Äschlichen  körper  ist  die  arbeitsleistung  der  bewegten  muskel- 
herzuleiten aus  den  mit  ungeheurer  Schnelligkeit  erfolgenden 
■gungen  der  nerven-atome ,  aus  denen  wärme  und  elektrische 
■ngen  und  somit  ozonisierung  des  aus  der  luft  aufgenommenen 
iloffs  hervorgehen,  deshalb  hat  der  zusammengezogene  arbei- 
imuskel  in  seinen  saften  keinen  Sauerstoff  mehr ,  wol  aber  der 
de,  erschlaffte  muskel,  der  keine  arbeit  verrichtet  hat,  und 
rieigt  in  seinem  venösen  blute  noch  772%  Sauerstoff,  welcher 


74  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung. 

alle  gymnasien  zu  uniformieren,  der  versuch  führt  zur  mechani 
rung,  welche  die  notwendigkeit  und  die  bedeutung  des  individ 
lebendigen  verkennt. 

In  welchem  Verhältnisse  stehen  die  frühere  kenntnis  des  leh 
von  dem  bildungsstande  des  schülers,  deren  berücksichtigung 
die  maturitätserklärung  gesetzlich  gefordert  wird ,  und  das  ergel 
der  prüfung  zu  einander?  wie  lassen  sie  sich  zu  einer  einheit 
Urteils  vermitteln?  die  lehrer  haben  eine  eingehende  künde  von 
kenntnissen  und  fertigkeiten  der  schüler,  sind  ohne  ein  examei 
stände,  ein  gültiges  urteil  über  dieselben  abzugeben,  es  ist 
schlimmer  misgriff,  wenn  dies  ignoriert  wird ,  wenn  die  gesetzl 
bestimmung  eine  solche  Stellung  zu  der  matnritätsprüf ung  einnin 
als  sollte  in  ihr  der  bildungsstand,  die  kenntnisse  des  abiturien 
wie  die  eines  ganz  unbekannten,  durch  ein  ezamen  erforscht  ^ 
den.  dieser  misgriff  ist  in  dem  reglement  von  1788  und  1^ 
das  reglement  von  1834  gestattet  auf  frühere  leistungen  der  al 
rienten  und  auf  die  kenntnis  der  lehrer  von  dem  ganzen  geh 
stände  der  geprüften  eine  gewisse  rücksicht  zu  nehmen,  bezeicl 
aber  doch  als  das  entscheidende  moment  die  ergebnisse  der  prüf 
und  den  gesamteindruck.  neben  dem  ergebnis  der  prüfung  als  < 
einen  factor  für  die  findung  des  schluszurteils  steht  das  urteil 
lehrer  aus  ihrer  praxis  als  ein  anderer  factor.  in  den  lehrem  s 
das  urteil  über  die  reife  vor  der  prüfung  fest,  der  director  Oei 
in  Göttingen  gestand  offen,  dasz  er  oft  die  Zeugnisse  der  abitur 
ten  im  voraus  geschrieben  habe,  ohne  durch  das  ezamen  zu  äi 
rungen  genötigt  zu  sein,  lehrer  bekennen,  dasz  sie  sich  so 
examinieren  vornehmen,  dasz  der  schüler  auf  ihre  fragen  i 
gegenständen,  von  welchen  sie  wissen,  dasz  derselbe  eine  kenn 
von  ihnen  besitze,  eine  antwort  bereit  habe,  wenn  die  lehrer 
prima  einiger  maszen  das  nötige  der  künde  von  dem  geistessta 
ihrer  schüler  besitzen,  so  ist  es  ihnen  möglich,  einem  schüler,  ^ 
eher  seine  jähre  in  der  prima  mit  einigem  rechte  zugebracht 
blosz  durch  die  art  der  fragen  und  der  aufgaben  für  die  maturit 
prüfung  zu  einem  maturitätszeugnisse  zu  verhelfen,  das  ministei 
rescript  von  1856  enthält  keinen  beitrag,  das  urteil  der  lehrer 
der  vorangehenden  praxis  und  das  ergebnis  der  prüfung  für 
commissar  von  der  möglichkeit  eines  Widerspruchs  zu  befreien 
zu  einer  ausgleichenden  einheit  zu  führen,  es  bestimmt:  *die  x 
steht  unter  den  lehrem  fest,  die  maturitätsprüfung  soll  dies  ui 
vor  dem  repräsentanten  der  aufsichtsbehörde  rechtfertigen  und 
anerkennung  bringen,  so  wie  noch  obwaltende  zweifei  lösen, 
lehrem  und  schülem  zugleich  zum  deuüichen  bewustsein  brinj 
in  welchem  masze  die  aufgäbe  des  gjmnasiums  an  denen,  we] 
den  cursus  desselben  absolviert  haben,  erfüllt  worden  ist', 
grundirrtum  in  diesem  gesetzlichen  ausgleichungsversuche  ist,  < 
derselbe  ein  in  sich  widersprechendes  und  an  sich  unmögliches  un 
nimmt,  die  gegensätze  eines  rein  pädagogischen  ergebnisses 


Maturitätszeagnis ,  nicht  mataritätsprüfung.  75 

die  beurteilung  von  schülem  —  welches  als  begrifflich  notwendig 
«uaerkennen  die  gesetzgebung  nicht  umhin  kann  —  und  einer  ge- 
settlichen  entscheidung  mit  gesetzlich  geordneten  mittein  über 
aufgaben ,  die  sich  nur  pädagogisch  lösen  lassen ,  den  Widerspruch 
des  mdividuellen  eines  pädagogischen  Verfahrens  und  des  allge- 
meinen einer  objectiv  gesetzlichen  Ordnung  unter  gesetzlicher  auf- 
oeht,  den  conflict  dessen ,  was  den  lehrem  als  notwendig  zu  ihrer 
berofsaufgabe  gehört  und  ihnen  allein  möglich  ist  und  dessen ,  was 
dm  behörden  von  oben  nicht  zukommt  und  unerreichbar  ist ,  auszu- 
gleichen,    das  rescript  verkennt  durchaus  das  eigentümliche  und 
das  notwendig  erforderliche  pädagogischer  aufgaben  und  ihrer  be- 
dingongen  und  setzt  an  deren  stelle,  wohin  sie  nicht  gehören,  gesetz- 
liche Ordnungen  und  bestimmungen.  und  so  ist  es  durchaus  begreif- 
lieh, dasz  dasselbe  nicht  das  erreicht,  was  es  beabsichtigt,  die  ein- 
stimmung  dessen,  was  den  lehrem  als  ihr  recht  gebührt,  und  dessen, 
was  die  behörde  ihrer  inspicierenden  thätigkeit,  welche  sich  unmittelbar 
an  die  stelle  eines  den  lehrem  zukommenden  actes  setzt ,  aneignet, 
die  Prüfung  soll  das  in  den  lehrem  feststehende  urteil  vor  dem 
commissar  rechtfertigen  und  zur  anerkennung  bringen,   dieser  steht 
in  der  prfifungscommission  als  leitender  mit  einer  übergeordneten 
amtlichen  autorität;  er  kann  gegen  das  urteil  sämtlicher  lehrer  sein 
Teto  einlegen,  welches  der  hohem  entscheidung  für  sich  gewis  ist. 
er  hat  also  das  in  differenzen  entscheidende  wort  über  die  prüfung. 
das  hauptgewicht  ist  den  lehrem,  obwol  sie  die  schüler  aus  ihrer 
praxis  eingehender  kennen,  als  sonst  irgend  wie  möglich  ist,  und 
jetzt  eben  geprüft  haben,  entzogen,     die  thätigkeit  des  commissars 
ist  eine  revision  des  Verfahrens  der  lehrer  in  der  maturitätserklä- 
nmg,  aber  nicht  blosz  diese,  sie  geht  über  eine  solche  hinaus ,  sie 
wird  eine  definitive  entscheidung  über  das  factisch  individuelle  und 
das  prinzipielle  des  Urteils  der  lehrer,  indem  es  in  der  sache  liegt, 
dasz  die  durch  längere  beobachtung  der  praxis  begründete  künde  der 
khrer  von  dem  ganzen  theoretischen  stände  und  der  gesamtbildung 
der  schüler  für  das  urteil  des  commissars ,  im  angesicht  der  gegen- 
wärtigen Prüfung  kein  entscheidendes  gewicht  habe,     es  ist  durch- 
ans  nicht  möglich,  dasz  das  urteil  der  lehrer,  das  aus  dem  voran- 
gehenden feststeht,  und  das  ergebnis  der  prüfung  in  der  gegen  wart, 
welches  für  den  commissar  das  einzige  mittel  ist,  die  examinenden 
selbständig  kennen  zu  lernen,  zu  einer  ausgleichenden  einheit  für  die 
entscheidung  über  die  maturität  gebracht  werden,    es  liegt  in  der 
natur  des  Verhältnisses,  dasz  der  commissar,  welcher  dem  acte  bei- 
wohnt, um  selbst  zu  urteilen,  sich  überwiegend  oder  allein  an  die  prü- 
fung hält;  so  wird  diese  zu  einer  controle  des  vorangehenden  Urteils 
der  lehrer.    so  kommt  es  dahin,  dasz  der  commissar,  um  sein  urteil 
,  aelbständiger  zu  begründen,   durch   zwischenreden  und  zwischen- 
Ir&gen  in  den  act  der  prüfung  eingreift,     es  liegt  in  der  natur  der 
lache ,  dasz  dieser  mehr  dem  traut ,   was  er  selbst  hört  und  erfährt, 
aLi  dem,  was  ihm  aus  dem  vorangehenden  berichtet  wird,    die  prü- 


76  Maturitätezeuguis,  nicht  maturitätsprüfong. 

fung  ist  als  temporäre  der  Zufälligkeit  unterworfen;  und  doch  m 
der  commissar  allein  oder  überwiegend  auf  das ,  was  in  dieser  | 
leistet  ist.  so  kommt  es  dahin ,  dasz  die  prÜfung  nicht  zu  dem  fdh 
was  das  ministerialrescript  1856  beabsichtigt,  'das  urteil  derlehi 
vor  dem  repr&sentanten  der  aufsichtsbehörde  zu  rechtfertigen  u 
zur  anerkennung  zu  bringen ,  sowie  noch  eventuelle  zweifei  zu  löse 
sondern  dasz  sie  das  urteil  der  lehrer  aus  dem  vorangehenden  eil 
möglichst  eingehenden  revision  und  rectification  unterwirft.  < 
commissar  ist  nach  seiner  Stellung  zu  der  sache  darauf  gericht 
nicht  blosz  das  anzuerkennen ,  was  in  der  prüfung  geleistet  worc 
ist,  sondern  aufzusuchen,  was  nicht  gewust  wird,  nicht  zweifei 
lösen,  sondern  in  bewegung  zu  bringen,  er  hat  die  pflicht,  diei 
act  nicht  zu  einem  blosz  formellen  werden  zu  lassen,  sondern  wi 
lieh  das  zu  thun,  was  einer  inspicierenden  behörde  für  densell 
obliegt  und  möglich  ist.  die  folgen  dieses  Verhältnisses  und  die 
Verfahrens,  in  welchem  statt  einer  den  ganzen  gymnasialen  gi 
umfassenden  inspection,  durch  welche  eine  gesetzlich  bestimi 
und  beaufsichtigte  maturitätsprüfung  auch  staatlich  unnötig  wi 
die  inspectionsbehörde  unmittelbar  in  einen  einzelnen,  den 
schlieszenden  gymnasialen  act  eingreift  und  diesen  durch  sich  i 
scheidend  bestimmt ,  treten  zu  tage,  die  individuelle  selbständig] 
und  reine  Unbefangenheit  der  thätigkeit  und  des  strebens  des  g] 
nasiums  weicht  der  herschaft  der  in  der  unmittelbarkeit  das  einzc 
entscheidenden  inspectionsbehörde.  der  sinn  richtet  sich  auf  c 
quantität  des  Wissens  in  der  gleichmäszigkeit  für  alle  gegenstä 
und  in  der  Oberflächlichkeit  für  das  temporäre  des  examens. 
lehrer  werden  veranlaszt,  verleitet,  dahin  zu  streben,  dasz  der 
Wartung  und  der  f orderung  des  commissars  für  das  momentane 
pi*üfung  genügt  werde,  die  schüler  bemühen  sich ,  für  das ,  wo 
sie  glauben ,  dasz  es  zu  ihrem  ziele ,  dem  maturitätszeugnisse  fül 
ein  wissen  gedächtnismäszig  und  schablonenhaft  in  supponieren 
absieht,  besonders  im  letzten  semester,  hastig  zusammen  zu  raf 
das  ministerialrescript  1856  legt  ausdrücklich  das  hauptgewicbt 
die  leistungen  und  das  verhalten  der  schüler  während  der  schul 
als  das  für  das  schlieszliche  urteil  der  reife  oder  der  nichtreife  eig< 
lieh  entscheidende,  man  sieht ,  die  politische  bedenklichkeit  ' 
mit  der  notwendigkeit  der  pädagogischen  forderung  accordiei 
die  reinheit  des  Verhältnisses  zwischen  der  aufgäbe  und  der  fo] 
rung  der  schule  und  den  begründeten  und  zweckgemäszenansprüc 
und  bedürfnissen  des  Staates  würde  die  maturitätsprüfung  beseiti| 
das  maturitätsgesetz  von  1856  versucht  einen  schritt  vorwärts 
thun,  um  der  pädagogischen  forderung  zu  genügen,  aber  in 
Sache  selbst  wird  durch  dasselbe  nichts  geändert,  auch  nicht  de 
modificationen  der  prüfungsweise,  beschränkung  der  gegenstä 
und  dispensationen.  die  prüfung  selbst  mit  einer  entecbeiden 
bedeutung  für  die  folge  des  lebensganges  bleibt  als  das  abscbliesze 
ziel  des  gymnasialen  ganges  hingestellt  stehen  und  auf  dieses 


Mataritätezeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  77 

1  die  Schüler  ihr  thun  und  streben,  dessen  masz,  weise  und 
ing.  das  wort  des  gesetzes,  dasz  die  vorangehenden  leistungen 
igentlich  entscheidende  für  die  maturitätserklärung  sein  sollen, 
reniger  Wirkung  auf  die  bewegung  des  geistes,  als  das  fac- 
le  der  kommenden  prüfung  am  Schlüsse  des  gymnasialen  cur- 
ias  immer  vor  äugen  steht,  denn  die  obren  sind  mistrauischer, 
16  äugen,  wie  Herodot  sagt,  das,  was  der  erwartung  des 
)rs  stehen  bleibt,  ist  das  unumgängliche,  es  soll  der  prüfung 
^  werden. 

}as  misverhältnis  in  der  maturitätsprüfung  nach  der  modifica- 
ies  ministerialrescripts  von  1856  liegt  nicht  in  dem  persön- 

verhalten  des  cotnmissars,  wie  man  behauptet  hat,  sondern 
'  Unklarheit  der  innern  beziehung  und  Verwickelung  des  Urteils 
)hrer  aus  dem  vorangehenden  und  des  ergebnisses  der  gegen - 
j[en  prüfung,  welche  zu  einer  harmonischen  einstimmung  zu 
1  unmöglich  ist.  es  wird  unwiderleglich  klar ,  dasz  das  princip 
istrauens  gegen  die  redlichkeit  und  die  fShigkeit  einer  unter- 
en anstalt  in  dem,  was  ihr  gebührt,  die  gymnasiale  regierung 
e  unlösbare  Verwickelung  der  gesetzlich  angeordneten  maturi- 
üfung  geführt  hat.  sie  will  durch  sich  in  einer  besonderen 
staltung  erreichen ,  was  allein  dem  untergeordneten  gymnasium 
iner  vollen  Selbständigkeit  möglich  ist.  sie  will  dasselbe  in 
*  thätigkeit  und  autorität  schonen  und  pädagogische  nachteile 
iden,  kann  sich  aber  nicht  entschlieszen ,  vollständig  das  dem 
asium  zurückzugeben,  durch  welches  allein  der  aufgäbe  für 
bschlusz  des  gymnasiums  genügt  wird,  aus  diesem  sinne  der 
asialen  regierung  erklären  sich  die  Schwankungen  in  der  ge- 
ibung  über  die  maturitätsprüfung.  das  einzige  mittel,  welches 
nfsehenden  gymnasialbehörde  möglich  und  vollkommen  ge- 
id  ist,  um  sich  zu  überzeugen,  dasz  es  in  allem  gymnasialen  und 
m  höchsten  desselben,  der  maturitätserklärung,  mit  rechten 
n  zugeht,  ist  eine  eingehende  gymnasialinspeciion.  wird  eine 
it&tsprüfung  unter  die  aufsieht  eines  commissars  gestellt,  so 

es,  wie  auch  der  gang  derselben  bestimmt  wird,  dabei:  die 
mtscheidung  wird  den  lehrem  entzogen  und  dem  commissar 
eben,  wie  ist  es  nun ,  wenn  tiefe  differenzen  über  gymnasiale 
^n  zwischen  dem  rector,  den  lehrem  und  dem  commissar  ob- 
I?     wir  wollen  hier  nicht  darauf  eingehen,   was  in  solchen 

von  der  regierung  zu  thun  ist.  aber  sie  dürfen  nicht  in  den 
a:  maturitätsprüfung,  welcher  entscheidung  aus  einheitlichen 
pien  fordert,  eingreifen,  das  untergeordnete  gymnasium  hat 
die  pflicht,  dem  ermessen  des  commissars  es  recht  zu  machen, 
ni  hat  nach  seiner  Überzeugung  der  gesetzlichen  und  der  be- 
oiien  forderung  zu  genügen,  eine  Unterwerfung  der  maturi- 
Ifung  unter  die  entscheidung  des  commissars  bedroht  die  not- 
ge  Selbständigkeit  des  einzelnen  gymnasiums  in  seinem  ganzen 
.  und   des  rectors   in   der  ihm  gebührenden  thätigkeit.     der 


i 


88  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung. 

schule,  ist  dieser  durchaus  unnötig,  da  der  ganze  gang  der  schul- 
thätigkeit  von  selbst  eine  weit  eingehendere  und  sicherere  benrtei- 
lung  darbietet,  als  die  kurze  zeit  einer  einzelnen  prüfung  ermitteln 
kann,  sie  ist  ein  herber  pietät^loser  act,  welcher  eine  völlige  eni- 
fremdung  in  eine  jähre  lange  enge  gemeinschaft  setzt  die  lehrer  als 
prüfend  treten  den  schülem  durchaus  fremd  entgegen,  sie  setzen  sich 
ihnen  gegenüber  zimi  gericht  über  einen  gegenständ ,  welcher  ihnen 
von  vom  herein  bereits  in  vollständiger  klarheit  bekannt  ist.  das 
ist  eine  temporäre  auflösung  des  theoretischen  bandes,  welches  eine 
jähre  lange  gemeinschaft  geknüpft  hat.  es  ist  eine  grosze  reinheit 
und  Unbefangenheit  des  persönlichen  Verhältnisses  zwischen  dem 
lehrer  und  seinen  schülem,  wie  sie  sich  selten  findet,  in  welcher 
vor  und  während  der  prüfung  das  wort  liegt  oder  ausdrücklich  ge- 
sagt wird:  seid  nur  ganz  ruhig  und  sicher;  ich  weisz,  dasz  ihr  die 
prüfung  gut  bestehen  werdet,  aber  das  freundliche  wort  hat  nicht 
eine  so  grosze  Wirkung,  wie  die.  strenge  des  factischen.  peinliche 
controle  des  mistrauens,  in  welche  der  lehrer  durch  einen  amtlich 
befohlenen  act  hineingedrängt  wird,  ist  eine  tiefe  Verletzung  der 
pietät  der  schulgemeinschaft,  gerade  am  ende^  derselben  und  in 
einem  vorgange ,  welcher  den  gymnasialen  gang  abschlieszt  und  die 
reife  und  die  erreichte  Selbständigkeit  des  Schülers  constatieren  soll^ 
in  einer  Veranstaltung,  welche,  obwol  sie  in  kurz  zugemessener  zeit 
von  dem  schüler  fordert,  was  dieser,  wenn  seine  leistnngen  in  wahr* 
heit  gemessen  werden ,  nicht  gewähren  kann ,  über  die  wichtigsten 
Verhältnisse  seiner  zukunft  entscheidet,  die  pietät  des  lehrers,  der 
schule  gegen  die  schüler  fordert,  dasz  mit  einem  solchen  acte  die 
Schulgemeinschaft  nicht  abgeschlossen  werde,  das  Munkeiste  in  den 
dunkeln  flecken  der  maturitätsprüfung*  ist  betrug  und  unterschleif,, 
welche  nach  berichten  von  vielen  competenten  seiten  bis  ins  ent^ 
setzliche  sich  eingewurzelt  haben,  keine  umsieht  und  voi*sicht  des 
lehrers  kann  dagegen  schützen,  denn  die  erfindungskunst  der  schü- 
*  1er  ist  noch  mächtiger  in  einem  vorgange ,  in  welchem  es  sich  für 
den  schüler  dämm  handelt,  das  für  seine  zukunft  notwendige  nm 
jeden  preis  zu  erreichen  und  welcher,  wie  er  angeordnet  ist,  jede 
sittliche  gemeinschaft  ausschlieszt.  jede  Wiederholung  solcher  ver- 
suche fordert  dringend  dazu  auf,  auf  eine  andere  weise  der  ent» 
Scheidung  über  die  maturität,  als  die  der  maturitätsprüfung ,  be- 
dacht zu  sein,  es  handelt  sich  in  der  maturitätsprüfung  um  ein  den 
specifischen  Charakter  der  schule  im  innersten  verletzendes  princip, 
indem  in  einem  der  präzis  der  schule  allein  angehörigen  acte  eine 
von  auszen  herantretende  fremde  autorität,  nicht  das  gymnasium 
selbst  durch  das  gewicht  seiner  eigenen  autorität  in  dem  höchsten 
seiner  thätigkeit  über  seinen  abschiusz,  die  maturität,  entscheidet 
die  beachtnng  der  nachteiligen  folgen  von  dieser  verkehrung  in  dem 
höchsten  der  gymnasialen  Ordnung  führt  zu  Schwankungen  in  der 
gesetzgebung ,  welche  derselben  entgegen  zu  wirken  suchen,  aber 
das  ziel  nicht  erreichen  können,     ein  der  schulgemeinschaft  völlig 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  81 

gegen  ihn  gezeigt,  und  der  jugendliche  erfindungsgeist  wird  immer 
schkoer  bleiben,  als  der  conirolierende  lehrer.  —  Die  maturitftts- 
Prüfung  wirkt  auch  auf  die  Stellung  der  lehrer  zu  den  schillern  und 
ihre  lehrweise,  das  preuszische  reglement  1813  sagt  ausdrücklich, 
«n  den  ergebnissen  der  maturitätsprüfungen  solle  die  tüchtigkeit  der 
lehrer  gemessen  werden ,  sie  seien  ein  mittel  der  controle  der  lehrer. 
das  reglement  1834  spricht  das  nicht  mehr  aus.  aber  die  natur  der 
stehe  bringt  es  dahin ,  dasz  es  schwer  ist,  diese  Vorstellung  von  den 
lehrem  fem  zu  fialten.  wird  die  prüfung  zu  einer  epideixis  auch  ftlr 
die  lehrer,  so  steigert  sich  fUr  sie  die  Versuchung,  die  schüler  als 
gegenständ  ihrer -eitelkeit  zu  behandeln,  mit  ihnen  zu  brillieren. 
80  kommt  das  pietätslose  hetzen  der  schüler,  die  Ungeduld,  die  lieb- 
lose behandlung  und  beurteilung  der  minder  begabten  und  lang- 
samen schüler.  wird  nach  dem  erfolg  der  prüfung  die  tüchtigkeit 
der  lehrer  beurteilt,  so  entsteht  die  gefahr,  unterschleife  zu  igno- 
rieren und  nachhelfende  winke  zu  geben,  das  reglement  1788  be- 
droht unterschleife  des  rectors  und  der  lehrer  mit  'beträchtlichen 
Geldstrafen',  in  spätem  gesetzlichen  Verordnungen  ist  nichts  der 
art  die  maturitätsprüfung  bringt  eine  schiefe  richtung  eben  so  sehr 
in  das  lehren ,  wie  in  das  lernen,  der  lehrer  sieht  auf  das ,  was  in 
der  improvisation  der  maturitätsprüfung  gilt,  er  läszt  das  bedeu- 
tendere, tiefere  in  seinem  Unterricht  gegen  das  präsentierbare,  das 
Ar  d|i8  ex  amen  dienende  zurücktreten,  so  in  allen  gegenständen, 
besonders  in  der  religion  und  der  geschieh te.  im  examen  wird  nur 
«ine  dürre  notizma&se  des  geschichtlichen  produciert,  während  das 
bedeutende,  das,  was  historischen  sinn  bildet,  zurücktritt,  der  reli- 
gionsonterricht  richtet  sich  auf  das,  was  für  die  prüfung  apparat 
bringt.  Landfermann  beruft  sich  weiter  auf  die  entschiedene  erfah- 
ning,  dasz  seit  der  einführung  der  maturitätsprüfung  und  den  be- 
Bflhnngen  der  gesetzgebung  für  die  befestigung  und  Ordnung  der- 
selben der  wissenschaftliche  sinn  der  akademischen  Jugend  nicht  ge- 
iti^n  ist,  dasz  die  Jugend  aus  ländem,  wo  keine  maturitätsprüfung 
ksteht,  keine  dürftigere  Schulbildung,  keinen  geringeren  sinn  für 
viasenschaft  auf  die  Universität  mitbringe ,  als  die  Jugend  aus  den 
llndera  des  examens.  von  solchen  erfahrungen  aus  haben  sich  be- 
faltende  autoritäten  entschieden  gegen  alle  maturitätsprüfung  er- 
lUirt  eine  pädagogische  anordnung  ist  nach  ihrer  bedeutung  für 
Üe  Wirkung  auf  die  bildung  der  schüler  und  das  innere  gedeihen 
der  schul thätigkeit,  nicht  nach  dem  objectiven  einer  politischen 
forderung  und  der  administration  zu  bestimmen;  dieses  musz  sich 
der  pädagogischen  notwendigkeit  unterordnen,  man  erwartet,  dasz 
die  tiefen  schaden,  nachdem  sie  an  der  maturitätsprüfung  aufge- 
deckt sind,  zu  dem  Schlüsse  nötigen,  dasz  sie  aufzuheben  sei.  ob- 
'^öl  Landfermann  die  maturitätsprüfung  mit  sichtbarem  wider- 
:.  willen  behandelt,  die  schweren  nach  teile  derselben  klar  und  eindrin- 
I  gend  hervorhebt,  glaubt  er  dennoch  zu  dem  Schlüsse  kommen  zu 
:  ttOäsen,  dasz  sie  beizubehalten  sei.     die  abschaffung  derselben  sei 

N.  j»hrb.  f.  phjl.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  2.  6 


82  MaturitätszeQgnis,  nicht  maturitätsprüfang. 

«in  gewaltsamer  sprang,  er  fordert  ihre  fortdauer  als  in  ein 
wendigkeit  begründet,  als  politisch  notwendig,  man  möchte 
als  notwendiges  (übel,  er  behauptet,  es  sei  eine  forderui 
Staates,  dasz  die  entscheidang  der  matnrität  in  competente 
gelegt,  nicht  den  rectoren  und  ihrem  subjectiven  ermessei 
lassen  werde,  es  sei  ein  allgemeiner  objectiver  maszstab  nötig, 
sei  bei  dem  commissar,  fELr  welchen  die  prüfung  notwendig,  y 
fOr  sie  verantwortlich  sei.  er  findet  auch  noch  einen  pttdago^ 
nutzen  der  prüfung,  welcher  zu  der  politischen  notwendigkc 
selben  hinzu  kommt,  er  behauptet,  für  die  mehrzahl  der  i 
sei  eine  förmliche  prüfung  notwendig,  für  den  guten  schülei 
heilsam,  wenn  er  am  schlusz  des  gymnasialen  cursus  sich 
den  mitschülem,  den  eitern,  den  lehrern  durch  eine  umfa 
leistung  darthue ,  dasz  er  reelle  kenntnisse  erworben  habe ,  f 
schlechten  schüler  sei  die  notwendigkeit  der  maturitätsprüfu 
nützlicher  sporn,  für  die  auffassung  der  maturitätsprüfun 
deren  Stellung  im  gymnasialwesen  ist  die  genannte  abhandln] 
Landfermann  von  charakteristischer  bedeutung.  der  vortn 
mann  legt  die  pädagogischen  nachteile  der  maturitätsprüfui 
einer  solchen  klarheit  und  eindringlichkeit  dar,  dasz  sie  nichl 
troffen  werden  kann,  kann  sich  aber  nicht  entschlieszen ,  bis : 
schritte  vorzugehen,  welcher  zu  einer  befreiung  von  denselben 
zu  der  forderung  der  abschaffang  der  maturitfttsprüfung,  wel 
verursacht,  und  dann  an  deren  stelle  das  mittel  zu  suchen,  v 
in  erster  reihe  die  pädagogische  notwendigkeit  und  dann  di 
tische  forderung  in  ihrer  einstimmung  befriedigt,  es  ist  s 
sich  von  der  herschaft  des  herkommens  in  überlieferten  bil 
wegen ,  in  der  festgewordenen  schuleinrichtung  zu  befreien  n 
notwendigkeit  und  praktische  forderung  des  pädagogischen  l 
in  seiner  reinheit  ins  äuge  zu  fassen  und  als  maszstab  an  die 
lichkeit  zu  legen,  um  den  nachteilen  der  prüfung  zu  beg 
räth  er  zu  modificationen  derselben  in  beschränkung  der  gegen 
und  in  dispensationen ,  partiellen  und  totalen ,  mit  rücksicht  i 
qualität  der  schüler,  welche  der  art  sind,  dasz  sie  mit  dem 
und  dem  zweck  der  maturitätsprüfung  in  Widerspruch  stehen, 
er  nicht  bedenkt,  dasz  die  maturitätsprüfung  nicht  auf  ein 
grenztes  objectives  eines  wissenschaftlichen  complexes,  ^n 
amtsprüfung,  gerichtet  ist,  sondern  den  stand  der  persönlich 
düng,  welche  eine  gegenständliche  totalität  für  sich  fordert 
welcher  kein  gegenständ  unbeachtet  bleiben  darf,  zu  ermitte! 
er  will  von  ihr  alles  fern  halten ,  was  über  den  zweck  einer  pi 
von  Schülern  hinausgeht,  eine  wirkungslose  absieht,  die  gym 
in  ihrem  sinn  und  streben  zu  heben ,  eine  einwirkung  auf  eil 
formierende  einheit  der  gymnasien,  alles,  was  nach  einer  et 
der  lehrer  aussieht,  er  will  eine  weise  der  prüfung,  welche  ni 
einer  hemmung  und  Störung  der  freien  selbstthätigkeit  des  sc 
führt,  welche  ein  unmittelbares  präparieren  in  stupidem  rep« 


MataritätBzeugnis,  nicht  maturit&tBprüfnng.  83 

Bieht  Yeranlaszt,  welche  ein  improvisieren  des  arbeitens  nicht  for- 
dertf  und  bedenkt  nicht,  dasz  solche  Wirkungen  und  erfolge  in  dem 
aete  der  prOfung  als  solcher  unter  einer  gesetelichen  inspection  not- 
vendig  liegen,  nicht  durch  eine  modification  derselben,  wie  sie  auch 
«nonnen  wird,  und  durch  das  verhalten  des  inspicierenden  com- 
■Ottars  pch  fem  halten  lassen,  die  grundsäize  der  von  Landfer- 
ttim  vorgeschlagenen  modification  der  maturitätsprüfung  kehren 
JB  dem  matnritätsprttfungsreglement  von  1856  wieder. 

Der  Staat  darf  nicht  eine  bürgschaft  für  die  gesetzm&szigkeit 
dmnataritfttszeagnisses  in  dem  acte  einer  gesetzlich  formulierten 
ttd  beaa&ichtigten  prüfung  suchen ,   da  derselbe  so  unerträgliche 
und  onvenneidHche  pädagogische  nachteile  hat.     die  einzige  bürg- 
wbft  fOx  den  gesetzmäszigen  abschlusz  des  gymnasialen  ganges  ist 
in  der  an  sich  schon  nötigen  ftir  alles  gymnasiale  verantwortlichen 
idbstindigkeit  des  rectors  und  in  der  aJlgemeinen  politisch  geord- 
neten inspection ,  welche  fOr  das  allgemeine  gedeihen  des  gymnasial- 
weiens  erforderlich  ist,  gegeben,   scharf  blickende  beobachter  klagen 
ttff  flble  einwirkungen  der  maturitätsprüfung  auf  den  sinn  und  die 
))üdong8richtnng  der  gymnasialen  jugend.     die  maturitätsprüfung 
iitnidit  ein  isolierter  act,  sondern  steht  in  innerem  Zusammenhang 
Biit  dem  ganzen  der  gymnasialen  praxis  und  übt  auf  dieselbe  eine 
ttiMbeidende  einwirkung.     die  legalisierung  der  schulthätigkeit 
dvf  nicht  über  die  ihr  zugemessenen  grenzen  hinausgehen  und  die 
idbetändigkeit  der  pädagogischen  forderung  bedrängen ;  das  eigent- 
liehe  nnd  das  innere  der  schule  als  einer  erziehenden  anstalt  ist  ge- 
wUlichen  bestimmungen  unerreichbar,     das  streben  nach  einer  ge- 
fetdiehen  regelung  der  schulthätigkeit  in  ihrer  allgemeinen  objecti- 
vitit  führt    zu    tiefen    pädagogischen    Widersprüchen,    denn   die 
eiziehong  der  schule  beruht  in  der  unmittelbarkeit  des  persönlichen 
veridUtnisses  und  wirkens  nach  mittein  und  zielen ,  welche  von  der 
objeetivität  allgemeiner  gesetzlicher  bestimmungen  nicht  angetastet 
wnden  darf;  es  führt  zur  uniformierung  und  mechanisierung  der 
anf  persönlichkeit  in  ihrer  individuellen  Unterschiedlichkeit  gerich- 
teten schulthätigkeit;  die  höhe  derselben  ist  die  maturitätsprüfung. 
dun  kommt,  dasz  die  culturzustände  und  die  socialen  Verhältnisse 
der  gegenwart,  indem  sie  bildungsbedürfhisse  aus  äuszeren  rück- 
eichten,  welche  von  einem   Schulzeugnis,    einem   ergebnis   einer 
prüfung  vorteile  und  rechte  erwarten,  im  groszen  umfang  hervor- 
f^  mfen,  immer  mehr  in  eine  uniformität  und  mechanisation  der  bil- 
dnng  hineindrängen,     diesen  bedürfnissen  sucht  selbst  eine  eigene 
pftdagogische  industrie  in  groszer  ausdehnung  und  in  mannigfaltiger 
richtung  abzuhelfen,     grade  gegen  solche  umstände  ist  der  päda- 
gogischen Weisheit  und  strenge  Selbständigkeit  zurückzugeben,    die 
gesetzgebung  der  schule  geht  als  solche  von  einer  uniformität  aus, 
ne  stellt  ein  allgemeines  gleicbmasz  für  alle  schüler  auf,   für  alle 
ekssen,   für   den  abschlusz  der  schulthätigkeit.     das  ist  der  ent- 
iehiedene  gegensatz  gegen  das  recht  der  individualität,  der  freien 


84  Maturitätszeug^B,  nicht  maturitätsprüfung. 

• 

persönlichen  bildang.  die  macht  der  Verhältnisse  der  gegeni 
allen  richtungen  ist  so  grosz,  als  sei  es  fast  unmöglich,  de 
formierenden  masze  der  bildang  zu  entgehen,  dasz  diese  gk 
des  bildungsmaszes ,  welche  das  gesetz  hinstellt,  in  der  wirkli 
so  wie  menschliche  Verhältnisse  einmal  sind  und  ihre  unter 
lichkeit  geltend  machen,  nicht  erreicht  wird,  gibt  nicht  der  i 
der  Individualität  terrain  für  persönliche  bildung,  sondern  es  e; 
eine  Ungleichheit  der  Ungesetzlichkeit,  nicht  die  Ungleichheit, 
das  recht  der  Individualität  von  der  schule  fordert,  die  einl 
bildung^richtung  ist  keine  andere,  als  die  uniformität  eines  fon 
ethisch  indifferenten  wissens  und  könnens,  als  eine  allgem 
eines  für  sich  sich  isolierenden  individualismus  und  einer  v 
ethischen  substanzlosigkeit.  freilich  faszt  jeder  Unterricht  i 
gemeines,  das  für  alle  notwendig  und  dasselbe  ist,  ins  äuge 
diese  gleichheit  der  didaktischen  forderung  ist  nur  das  fand 
auf  welchem  sich  die  persönliche  bildung  in  ihrer  individuel 
stimmtheit  erhebt,  daif  nicht  so  weit  herschen,  dasz  sie  di 
ständigkeit  der  bildung  unterdrückt  und  das  bedürfnis  der 
dualität  unbefriedigt  läszt.  die  legalisierung  der  schuleinri 
faszt  nur  das  mittelmasz  der  schüler  auf,  ist  besonders  ge 
gegen  einen  teil  derselben ,  die  schwachen ,  trägen ,  schlaffen, 
sehen,  sittlich  verkehrten,  welche  der  Überwachung,  anspc 
leitung ,  Züchtigung  bedürfen ,  damit  diese  das  nötige  leistei 
dem  masze,  welches  für  diese  nötig  ist,  werden  auch  die  w 
ernst  gesinnten ,  sittlich  und  intellectuell  strebenden ,  welch 
blosz  der  leitung  bedürfen ,  sondern  die  freude  der  lehrer  sii 
messen,  gesetzliche  einrichtung  begünstigt  die  mittelmäsa 
die  uniform  der  bildung  gilt  ihr  mehr,  als  die  individuelle 
tümlichkeit  und  begabung;  das  gleichmasz  der  gegenständ* 
ihr  höher ,  als  Selbständigkeit  der  bildungsrichtung  und  selbsl 
keit  nach  eigentümlicher  neigung  und  individueller  befäl 
das  masz  der  schule  als  pädagogisches  gestattet  keinerlei  unifo 
ist  ein  individuell  persönliches,  in  erster  reihe  steht  ihr  ni* 
mittelmasz  der  schüler,  noch  das  streben,  die  zahl  derjenigen, 
unter  demselben  sind,  zu  dem  notwendig  erforderlichen  zu  s 
und  zu  nötigen;  für  sie  gelten  nicht  allgemein  nivellierende  n 
welche  die  unterschiede  der  individuellen  eigentümlichkeit  i 
Selbständigkeit  der  bildungsrichtung  nicht  beachten,  ja  völli 
rieren.  die  gestaltung  der  schule  nach  der  rein  pädagO| 
forderung  würdigt  das  mittelmasz  der  schüler,  nimmt  sich  au 
jenigen  an ,  welche  hinter  demselben  zurück  bleiben ,  aber  ihr 
ist  die  höhe  der  dem  gymnasium  erreichbaren  bildung,  welch 
in  einer  allgemeinheit  einer  objectiven  norm  bestimmt  ist,  s 
individuelle  Unterschiedlichkeiten  hat.  die  maturitätsprüfu 
trotz  aller  versuchten  und  möglichen  modificationen  gar  nie 
pädagogische  gestaltung  und  norm ,  ist  der  schule  als  solcher 
sie  wirkt  verkehrend  auf  die  gymnasiale  praxis.     ihre  forde 


MatnriiAtszeagniQ,  nicht  mataritätsprüfung;  85 

aefaen  ausschlieBzlich  das  sinnen  und  die  kraft  der  Jugend  auf  sieb, 
fUnren  su  Humultuarischen'  Vorbereitungen  und  repetitionen  in  rein 
gMÜchtiiisinttsziger  einprSgung  von  namen ,  zahlen ,   notizen  und  in 
oberfliehlicher  und  mit  der  erreichung  des  zwecks  verschwindender 
tiMiBg,  welche  gerade  das  streben  des  abschlieszenden  jahres  für 
Mh  ftosschlieszlich  in  anspruch  nehmen,     passives  ein-  und  aus* 
wttdi^emen  trftgt  für  die  geistesbildung  gar  nichts  ein ,  führt  zum 
lidarwiUen  gegen  die  gegenstände  der  gymnasialen  didaxis ,  ja  zu 
mm  temporären  überdrusz  an  einer  wissenschaftlichen  thätigkeit. 
nlbit  tüchtige  schttler  haben  nicht  den  mut  und  das  vertrauen,  dasz 
im  in  dem  laufe  der  jähre  gewonnenen  kenntnisse  in  der  stunde  der 
tttocfaeidimg  präsent  seien,      wen  ämulation  und  beneficien  be- 
stimmen, der  strebt  nach  einer  gleichmäszigkeit  der  kenntnisse. 
wo  Unbefangenheit  des   sinnes    und  mut   oder   Verhältnisse   den 
sdrfller  heben,  setzt  er  sich  über  die  prüfungsuniformität  hinweg; 
od  iras  er  an  der  gute  des  Zeugnisses  verliert,  das  gewinnt  er  an 
pen^üicher  und  theoretischer  Selbständigkeit,     die  unruhe  der  er- 
«vtang  der  prüfung  läszt  eine  reine  Spannung  einer  wissenschaft- 
Kehen  erwartong  dessen,  was  die  Universität  bringt,  nicht  auf- 
bmmen,  drückt  die  geistesfreiheit  in  dem  klaren  und  erwartungä- 
ittflea  blick  auf  die  gaben  der  Wissenschaft  und  in  der  gewonnenen 
Mlbsifindigkeit  nieder,     die  maturitätsprüfung  hat  gegenständliche 
irfindlichkeit  und  Idealität  des  strebens  auf  den  gymnasien  beein- 
trlditigt,  die  selbstthätigkeit  und  Spannkraft  des  geistes  in  indivi- 
(heUer  richtung,  die  selbständige  concentrierie  hingebung  an  einen 
glistig  verwandten  gegenständ  gestört,     der  schüler  gewöhnt  sich 
m  die  Vielheit  der  gegenstände  in  der  gleichheit  ihrer  einzelgeltung 
vad  anstatt  einen  gegenständ  mit  Vorliebe  und  energie  zu  ergreifen 
md  die  an  diesem  gewonnene  kraft  auch  auf  andere  ausströmen  zu 
liBien,  werden  alle  gegenstände  nach  einem  gleichmasze,  aber  mit 
iidifferenter  lauheit  und  mit  zerstreuender  unruhe  behandelt,     so 
gewinnt  der  geist  nicht  befriedigung  in  dem  seinen ,  in  dem  ihm  ge- 
miwen.     der  alte  satz :  in  uno  habitandum ,  in  multis  versandum 
hi  nicht  mehr  geltung.     die  empfänglichkeit  des  geistes  und  der 
leele  für  ein  höheres ;  das  dem  sich  hingebenden  nahe  kommt,  die 
Vttehnmg  dessen,  wovor  der  mensch  sich  zu  beugen  hat,  wird  nicht 
:  faweckt.   der  sinn  der  kritik ,  der  herabwürdigung ,  der  Verneinung 
alles  und  jeden,   des  höchsten  und  besten,  erwacht  schon  in  der 
JDgend,  weil  der  geist  nicht  mit  einem  positiven  gehalt  erfüllt  und 
durchdrungen  wird,    der  geist  kommt  nicht  zu  dem  eigenen,  zu  dem 

[ursprünglich  für  ihn  individuell  bestimmten,  so  dasz  er  es  in  ver- 
wandter hingebung  erkennt  und  verehren  lernt,  die  individuelle 
Spontaneität  wird  gar  nicht  geweckt  oder  gemindert,  alles  zu 
leistende  auf  die  fordenmg  am  scMusse  reduciert.  statt  persönlicher 
fcildung  wird  wissen  und  formelles  können  gemessen ,  eine  schwer 
Wdenkliche  Verwechselung,  welche  in  dem  kreise  des  gymnasiums 
ih  eine  entscheidende  norm  durch  die  maturitätsprüfung  hervorge- 


72  MaturiiS.tszeugni8 ,  nicht  maturitätsprufung. 

für  besondere  kreise  zu  bestellen,     eine  schule  entscheidet  aus  sick 
über  den  stand  und  den  abschlusz  der  bildung  ihrer  schüler  und  masz.- 
andern  bildungsanstalten  überlassen,   ob  sie  in  diesem  eine  Vorbe- 
reitung für  ihre  aufgaben  anerkennen. 

Wir  behaupten  die  notwendigkeit  des  abschlusses  der  gymna- 
sialen bildung  durch  ein  von  dem  gymnasium  auf  seine  autoritftt 
ausgestelltes  maturitätszeugnis  und  den  pädagogischen  Widerspruch 
in  einer  gesetzlich  geordneten  maturitätsprufung.     was  von  päda- 
gogischem standpuncte  zur  rechtfertigung  einer  gesetzlichen  matori* 
tätsprüfung  vorgebracht  wird,  reduciert  sich  auf  die  behauptungen,.. 
durch  sie  werde  eine  einheit  des  bildungsstandes  und  der  bildungs- 
richtung  der  gymnasien  herbeigeführt ,  sie  schütze  gegen  Parteilich- 
keit des  rectors  und  der  lehrer,  und  das  urteil  der  lehrer  bekomme 
durch  eine  officielle  prüfung  einen  rückhalt ,  ein  staatlich  besonders 
autorisierter  act  in  feierlicher  form  des  Urteils  über  den  abschlosi 
der  gymnasialen  bildung  erhöhe  den  ernst  einer  wichtigen  lebens- 
epoche  und  sei  geeignet,   den  schüler  zur  Selbsterkenntnis   nnd 
Selbstbesinnung  zu  führen,     das  sind  individuelle  ansichten,  welch» 
auf  unwesentliches,  zufälliges  und  zweifelhaftes  gehen  und  völlig 
auszerhalb  der  notwendigkeit  des  begriffs  entstanden  sind,     aiif 
anderes  in  diesen  behauptungen  wird  die  folge  dieser  abhandlong' 
zurückkommen,     ist  dem  gymnasium  mehr  darum  zu  thun,  rechen- 
schaft  über  den  abschlusz  seiner  thätigkeit  abzulegen?    oder  der 
gymnasialbehörde ,  eine  solche  von  dem  gymnasium  zu  fordern? 
die  behörde  kann  auf  eingehendere  und  sicherere  weise  kenntnis  de» 
gymnasiums,  auch  in  dem  abschlusze  seiner  thätigkeit,  gewinnen» 
als  durch  das  eindringen  in  einen  wesentlichen  gymnasialen  act» 
welchen  sie  selbst  auf  die  nötige  und  rechte  weise  zu  vollziehen 
durchaus  nicht  im  stände  ist.     wie  weit  das  bureaukratische  motir 
des  mistrauens ,  in  welchem  die  behörde  zweifei  in  die  geschickliph* 
keit,  Urteilsfähigkeit,  —  die  rechtlichkeit  des  rectors  und  der  lebmr 
setzt,  in  der  aufrechthaltung  der  maturitätsprufung  nachwirkt,  Iftsit 
sich  nicht  entscheiden,     die  anordnung  der  maturitätsprufung  ist 
nicht  aus  dem  begriff  der  sache  selbst ,  aus  der  innem  gymnasialea 
notwendigkeit  hervorgegangen,     mistrauen  gegen  die  gymnasiale 
praxis  suchte  bureaukratische  anordnungen  für  dieselbe,  hat  dia 
gesetz  der  maturitätsprufung  eingeführt,     die  Wöllnersche  verwal* 
tungsperiode  hat  sie  erfunden;  mit  dem  circularrescript  1788  beginnt 
in  Preuszen   die  tradition  der  maturitätsprufung.     mistrauen  ala 
regierungsprincip  wurde  gesetzlich  ausgesprochen,    die  lehrer  wur» 
den  gewarnt,  ihnen  strenge  gewissenhaftigkeit  empfohlen,  mit  ans* 
drücklichen  androhungen  verboten,  schülem  für  die  prüfung  xa 
helfen,     selbst  lehrer,  lehrercollegien  haben  sich  dahin  geftnazert, 
die  maturitätsprufung  sei  nicht  den  lehrem  zu  überlassen ,  sondern 
einer  fremden  commission  zu  übergeben,  denn  jeder  lehrer  frag» 
nach  dem  seinen  und  nach  dem ,  wovon  ihm  bekannt  sei ,  dasz  der 
schüler  es  weisz.     gewis,   ein  lehrer,  welcher  aus  seiner  prmxis 


Mataritötszeugnis,  Dicht  maturitätsprüfung.  73 

eine  eingebende  künde  von  den  kenntnissen  seiner  schüler  besitzt, 
wenn  er  gewandt  zu  examinieren  versteht  und  sich  dazu  ent- 
schüeszen  will,  ist,  ohne  dasz  der  commissar  es  merken  kann,  im 
stände ,  seine  schriftlichen  und  mündlichen  fragen  so  einzurichten, 
dasz  jeder  schüler  sie  beantworten  kann,  es  ist  der  verdacht  aus- 
gesprochen, die  maturitStsprüfung  sei  erfunden  und  werde  aufrecht 
gehalten  mehr  zur  controle  der  lehrer  —  einer  ebenso  unwürdigen, 
ils  trQgerischen  — ,  als  zur  prüfung  der  schüler.  faszt  man  sie 
nach  dem  gesetzlichen  ausdruck  als  prüfung  der  schüler ,  so  ist  die 
boreankratische  fürsorge  oder  bedenklichkeit  so  weit  vorgeschritten, 
daszder  staat  an  höchster  stelle  nachsieht,  ob  und  wie  weit  jeder 
einzelne  schüler  die  gjmbasiale  reife  erlangt  habe. 

Das  tief  bedenkliche  des  maturitätsprüfungsgesetzes  tritt  in 
fortgehenden  Schwankungen  desselben  sichtbar  zu  tage,  zuerst  wurde 
eine  prüfung  in  sämtlichen  gegenständen  festgesetzt,  dann  wurde 
eine  einschränkung  des  princips  der  prüfenden  ermittelung  der 
nutorität  angeordnet  durch  eine  dispensation  von  der  mündlichen 
prüfung  in  fUllen,  wo  die  schriftliche  prüfung  vollständig  befriedigt 
bat  oder  die  Zeugnisse  aus  dem  vorangehenden  gymnasialen  cursus 
gnt  sind,  diese  dispensation  von  einigen  gegenständen  der  prüfung 
nnd  von  der  mündlichen  prüfung  ist  im  Widerspruch  mit  der  in  dem 
gesetz  prätendierten  notwendigkeit  der  maturitätsprüfung.  es  ist 
darin  eine  Zurücksetzung  der  mündlichen  prüfung  gegen  die  schrift- 
liche, welche  pädagogisch  durchaus  nicht  gerechtfertigt  werden 
kann,  dies  lavieren  führt  nicht  zur  einheit  des  ziels.  die  prüfung 
ist  entweder  in  der  ursprünglichen  alten  form  und  in  der  ganzen 
breite  oder  gar  nicht  zu  halten,  alle  gegenstände  ohne  ausnähme 
unterliegen  der  prüfung.  diese  volle  ausdehnung  wird  teils  von  dem 
begriff  der  maturitätsprüfung,  teils  von  der  didaktischen  disciplin 
gefordert,  da  sowol  kein  gegenständ  für  das  masz  der  bildung  gleich- 
gflltig  ist,  als  auch  der  schüler  nicht  veranlaszt  werden  darf,  einen 
gegenständ  unbeachtet  zu  lassen  oder  zurücksetzen,  weil  er  von  der 
abschlieszenden  prüfung  übergangen  wird,  es  ist  für  die  gcstalt 
nnd  die  würde  dieses  actes  notwendig,  dasz  auch  die  leistungen 
gerade  der  tüchtigen  examinanden  exploriert  werden;  das  hebt  den 
ganzen  ton  der  prüfung ;  das  ist  für  lehrer  und  schüler  erwünscht. 

£s  ist  nicht  möglich  und  unnötig,  dasz  der  staat  eine  allge- 
meine objectiv  bestimmte  instruction  über  die  norm  der  reife  gebe 
nnd  in  der  prüfung  auf  eine  solche  halte,  diese  ist,  wenn  die  Wirk- 
lichkeit in  Wahrheit  gemessen  wird ,  nach  Quantität  und  qualität  in 
der  factischen  norm  des  abschlusses  der  prima  des  einzelnen  gym- 
nasinms  gegeben,  wer  ist  reif?  auf  diese  frage  gibt  es  in  einer  er- 
ziehenden anstalt  keine  allgemein  entscheidende  pädagogische  be- 
»timmung;  das  masz  ist  ein  individuelles,  der  ist  reif,  welcher 
das  endziel  der  prima  des  gymnasiums,  welchem  er  angehört,  er- 
reicht hat.  und  so  wird  auch  das  minimum  der  reife  individuell 
bestimmt,    es  ist  unmöglich,  das  masz  des  abschlieszenden  ziels  für 


74  Maturitätszeugnis ,  nicht  maturitätsprüfung. 

alle  gymnasien  zu  uniformieren,  der  versuch  fährt  zur  mechanisie- 
rung,  welche  die  notwendigkeit  und  die  bedeutung  des  individuell 
lebendigen  verkennt. 

In  welchem  Verhältnisse  stehen  die  frühere  kenntnis  des  lehren 
von  dem  bildungsstande  des  schülers,  deren  berücksichtigimg  Ittr 
die  maturitätserklärung  gesetzlich  gefordert  wird ,  und  das  ergebnii 
der  prüfung  zu  einander?  wie  lassen  sie  sich  zu  einer  einheit  dei 
Urteils  vermitteln?  die  lehrer  haben  eine  eingehende  künde  vondM 
kenntnissen  und  fertigkeiten  der  schüler ,  sind  ohne  ein  examen  in 
stände,  ein  gültiges  urteil  über  dieselben  abzugeben,  es  ist  eil 
schlimmer  misgriff ,  wenn  dies  ignoriert  wird ,  wenn  die  gesetslidil 
bestimmung  eine  solche  Stellung  zu  der  maturitätsprüfung  einninunt» 
als  sollte  in  ihr  der  bildungsstand ,  die  kenntnisse  des  abiturientMi 
wie  die  eines  ganz  unbekannten,  durch  ein  examen  erforscht  wer- 
den, dieser  misgriff  ist  in  dem  reglement  von  1788  un4  ISVL 
das  reglement  von  1834  gestattet  auf  frühere  leistungen  der  abiti' 
rienten  und  auf  die  kenntnis  der  lehrer  von  dem  ganzen  geiete^ 
Stande  der  geprüften  eine  gewisse  rücksicht  zu  nehmen,  bezeicfawk 
aber  doch  als  das  entscheidende  moment  die  ergebnisse  der  piüfiiag  1: 
und  den  gesamteindruck.  neben  dem  ergebnis  der  prüfung  als  deA  i 
einen  factor  für  die  findung  des  schluszurteils  steht  das  urteil  dff  ^'^ 
lehrer  aus  ihrer  praxis  als  ein  anderer  factor.  in  den  lehrem  eteU  ' 
das  urteil  über  die  reife  vor  der  prüfung  fest,  der  director  Gefia  ^ 
in  Göttingen  gestand  offen,  dasz  er  oft  die  Zeugnisse  der  abitmiea-  'S 
ten  im  voraus  geschrieben  habe,  ohne  durch  das  examen  zu  Indt-  ,V 
rungen  genötigt  zu  sein,  lehrer  bekennen,  dasz  sie  sich  so  la 
examinieren  vornehmen,  dasz  der  schüler  auf  ihre  fragen  nach 
gegenständen,  von  welchen  sie  wissen,  dasz  derselbe  eine  kenntnt 
von  ihnen  besitze,  eine  antwort  bereit  habe,  wenn  die  lehrer  dv 
prima  einiger  maszen  das  nötige  der  künde  von  dem  geistesetandi 
ihrer  schüler  besitzen,  so  ist  es  ihnen  möglich,  einem  schüler,  mir 
eher  seine  jähre  in  der  prima  mit  einigem  rechte  zugebracht  hti^ 
blosz  durch  die  art  der  fragen  und  der  aufgaben  für  die  matnritUi* 
prüfung  zu  einem  maturitätszeugnisse  zu  verhelfen,  das  ministerial- 
rescript  von  1856  enthält  keinen  beitrag,  das  urteil  der  lehrer 
der  vorangehenden  praxis  und  das  ergebnis  der  prüfung  ftlr 
commissar  von  der  mögUchkeit  eines  Widerspruchs  zu  befreien  nal- 
zu  einer  ausgleichenden  einheit  zu  führen,  es  bestimmt:  *die 
steht  unter  den  lehrem  fest,  die  maturitätsprüfung  soll  dies  nrtflS^ 
vor  dem  repräsentanten  der  aufsichtsbehörde  rechtfertigen  und 
anerkennung  bringen,  so  wie  noch  obwaltende  zweifei  lösen,  desVj 
lehrem  und  schülem  zugleich  zum  deutlichen  bewustsein  bringM| 
in  welchem  masze  die  aufgäbe  des  gymnasiums  an  denen,  weleh^' 
den  cursus  desselben  absolviert  haben,  erfüllt  worden  ist',  dm, 
grundirrtum  in  diesem  gesetzlichen  ausgleichungsversuche  ist,  daai  if 
derselbe  ein  in  sich  widersprechendes  und  an  sich  unmögliches  untar^ 
nimmt,  die  gegensätze  eines  rein  pädagogischen  ergebnisses  StOt 


Mataritätszengnis ,  nicht  mataritätsprüfung.  75 

die  beorteilong  von  schttlem  —  welches  als  begrifiQich  notwendig 
«lunerkennen  die  gesetzgebung  nicht  umhin  kann  —  und  einer  ge- 
setzlichen entscheidung  mit  gesetzlich  geordneten  mittein  über 
40%aben,  die  sich  nur  pädagogisch  lösen  lassen,  den  Widerspruch 
des  indiTidnellen  eines  pädagogischen  Verfahrens  und  des  allge- 
Beinen  einer  objectiv  gesetzlichen  Ordnung  unter  gesetzlicher  auf- 
lieht,  den  conflict  dessen ,  was  den  lehrem  als  notwendig  zu  ihrer 
kernfsanfgabe  gehört  und  ihnen  allein  möglich  ist  und  dessen ,  was 
den  behörden  von  oben  nicht  zukommt  und  unerreichbar  ist ,  auszu- 
gleichen,    das  rescript  verkennt  durchaus  das  eigentümliche  und 
die  notwendig  erforderliche  pädagogischer  aufgaben  und  ihrer  be- 
dingongen  und  setzt  an  deren  stelle,  wohin  sie  nicht  gehören,  gesetz- 
liebe Ordnungen  und  bestimmungen.  und  so  ist  es  durchaus  begreif- 
lich, dasz  dasselbe  nicht  das  erreicht,  was  es  beabsichtigt,  die  ein- 
itinuDong  dessen ,  was  den  lehrem  als  ihr  recht  gebUhrt,  und  dessen, 
wie  die  behOrde  ihrer  inspicierenden  thätigkeit,  welche  sich  unmittelbar 
en  die  stelle  eines  den  lehrem  zukommenden  actes  setzt ,  aneignet, 
die  prOfung  soll  das  in  den  lehrem  feststehende  urteil  vor  dem 
eonmissar  rechtfertigen  und  zur  anerkennung  bringen,   dieser  steht 
in  der  prafungscommission  als  leitender  mit  einer  übergeordneten 
amtlichen  antoritfit;  er  kann  gegen  das  urteil  sämtlicher  lehrer  sein 
Veto  einlegen,  welches  der  hohem  entscheidung  für  sich  gewis  ist. 
er  hat  also  das  in  differenzen  entscheidende  wort  über  die  prüfung. 
das  hauptgewicht  ist  den  lehrem ,  obwol  sie  die  schüler  aus  ihrer 
pnxis  eingehender  kennen,  als  sonst  irgend  wie  möglich  ist,  und 
jetzt  eben  geprüft  haben ,  entzogen,     die  thätigkeit  des  commissars 
ist  eine  revision  des  Verfahrens  der  lehrer  in  der  maturitätserklä- 
mng,  aber  nicht  blosz  diese,  sie  geht  über  eine  solche  hinaus ,  sie 
wird  eine  definitive  entscheidung  über  das  factisch  individuelle  und 
das  prinzipielle  des  Urteils  der  lehrer,  indem  es  in  der  sache  liegt, 
daas  die  durch  längere  beobachtung  der  praxis  begründete  künde  der 
lehrer  von  dem  ganzen  theoretischen  stände  und  der  gesamtbildung 
öer  schfller  für  das  urteil  des  commissars ,  im  angesicht  der  gegen- 
iHbtigen  prüfung  kein  entscheidendes  gewicht  habe,     es  ist  durch- 
aoi  nicht  möglich,  dasz  das  urteil  der  lehrer,  das  aus  dem  voran- 
gehenden feststeht,  und  das  ergebnis  der  prüfung  in  der  gegen  wart, 
welches  für  den  commissar  das  einzige  mittel  ist,  die  examinenden 
i  adbstftndig  kennen  zu  lernen,  zu  einer  ausgleichenden  einheit  für  die 
entscheidung  über  die  maturität  gebracht  werden,   es  liegt  in  der 
aator  des  Verhältnisses,  dasz  der  commissar,  welcher  dem  acte  bei- 
wohnt, um  selbst  zu  urteilen,  sich  überwiegend  oder  allein  an  die  prü- 
fong  hält;  so  wird  diese  zu  einer  controle  des  vorangehenden  urteils 
der  lehrer.    so  kommt  es  dahin,  dasz  der  commissar,  um  sein  urteil 
selbständiger  zu   begründen,   durch   zwischenreden  und  zwischen- 
fragen in  den  act  der  prüfung  eingreift,     es  liegt  in  der  natur  der 
stehe,  dasz  dieser  mehr  dem  traut,   was  er  selbst  hört  und  erfährt, 
*1«  dem,  was  ihm  aus  dem  vorangehenden  berichtet  wird,    die  prü- 


96  .        H.  Heskamp:  etymologisches  lateinisches  Yocabularium 

coDJugation  s.  13  findet,  dagegen  scheint  es  durchaus  unstatthaft, 
ungewöhnliche  worte,  die  von  unclassischen  und  späten  Schrift- 
stellern gebraucht  werden  und  zum  teil  dem  schüler  nie  zu  gesiebt 
kommen,  in  ein  solches  yocabularium  aufzunehmen.  dahii\  gehören 
ciborium  s.  3,  heredium  funambulus  s.  6,  irrevocabilis  s.  10,  visi- 
bilis  8.  21,  missilis  s.  33,  potulenta  s.  16,  calveo  Calvities  calvitium 
s.  19,  condoleo  s.  18,  suadela  s.  20,  i^ctantia  s.  26,  pannus  s.  28, 
reverentia  s.  22,  rubrica  conversari  s.  28,  cantilena  canticum  s.  38. 
fast  könnte  man  glauben ,  dasz  der  verf.  einzelne  dieser  werte  nar 
den  deutschen  fremdwörtern  zu  liebe  hingesetzt  hat. 

Auch  von  allen  jenen  namen  für  thiere,  bäume  und  blumen, 
^eren  der  verf.  110  aufgenommen  hat,  entspricht  kaum  ein  zehntel 
<dem  gesichtskreis  eines  sextaners  oder  quintaners ,  und  es  ist  nicht 
abzusehen,  warum  die  knaben  namen  wie  troglodytes,  parvulus, 
motacillus,  psittacus,  betuUa  u.  a.  lernen  sollen,  warum  aber  hat 
der  verf.  diesen  offenbaren  fehler  bei  seile  gelassen ,  das  princip  der 
etymologischen  anordnung  nicht  consequent  durchgeftlhrt?  wäre 
dieses  geschehen,  so  wären  alle  diese  namen  weggeblieben,  was 
vielleicht  das  beste  wäre,  oder  doch  überall  den  betreffenden  decli- 
nationen  zugeteilt. 

Femer  scheint  der  verf.  in  der  phraseologie  nicht  immer  die 
richtige  auswahl  getroffen  zu  haben;  wenigstens  glaube  ich,  dasz 
man  in  mehreren  föUen  mit  leichtigkeit  hätte  bessere  finden  können: 
z.  b.  mures  saltant  feie  comprehensa  s.  6,  nocte  latent  mendae  s.  8, 
arcus  pluvius  s.  24.  jedenfalls  aber  geht  der  verf.  über  den  stand- 
punct  der  sexta  und  quinta  bedeutend  hinaus,  wenn  er  abkürzungen, 
die  sich  auf  Inschriften,  und  zwar  sehr  späten  finden,  in  seinem  vo- 
cabularium  ein  wenn  auch  nur  bescheidenes  plätzchen  eingeräumt 
hat.  so  lesen  wir  s.  4  1.  1.,  s.  5  br.  m.,  s.  13  d.  d.  d.,  s.  37  B.  S.  I.  P. 
-(requiescat  sancta  in  pace.) 

Die  Sentenzen  und  Sprichwörter  betreffend ,  so  ist  meiner  mei- 
nung  nach  auch  diese  znthat  für  ein  solches  vocabularium  mindestens 
überflüssig;  denn  sie  dienen  doch  eher  dem  amüsement  der  schüler, 
als  dasz  sie  dieselben  zu  ernster  arbeit  und  selbstthätigkeit  anregen, 
bei  der  kurz  bemessenen  zeit  fUr  das  lateinische  pensum  wird  man 
.sicher  nicht  dazu  kommen,  sich  mit  solchen  Sprüchen  zu  befassen, 
aber  selbst  wenn  man  der  ansieht  des  Verfassers  beipflichten  würde, 
so  dürfte  es  doch  zum  mindesten  rathsam  sein ,  nicht  nur  eine  an- 
gemessenere wähl  unter  dem  vorhandenen  material  zu  treffen,  son- 
dern auch  vor  allem  ein  adäquateres  und  gewählteres  deutsch  anzu- 
wenden, ich  führe  nur  einzelne  beispiele  an:  s.  46  asinos  non  eure 
was  von  mir  ein  esel  spricht,  das  fürwahr  acht  ich  nicht,  assueta 
relinquere  durum  was  Häuschen  sich  gewöhnt  läszt  Hans  nimmer- 
mehr, canis  caninam  non  est  keine  krähe  hackt  der  andern  die  äugen 
aus.  error  saepe  repetitus  tandem  vindicatur  der  krug  geht  so  lange 
zu  Wasser,  bis  er  bricht,  s.  47  insipien?  esto,  cum  tempus  postulat 
aut  res  ein  späszchen  zur  zeit  hat  keiner  bereut,   fames  non  est  am- 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  77 

ziehen  die  schüler  ihr  thun  und  streben ,  dessen  masz ,  weise  und 
lichtimg.  das  wort  des  gesetzes,  dasz  die  vorangehenden  leistungen 
das  eigentlich  entscheidende  für  die  maturitätserklttrung  sein  sollen, 
bat  weniger  Wirkung  auf  die  bewegung  des  geistes ,  als  das  f  a  c  - 
tische  der  kommenden  prüfung  am  Schlüsse  des  gymnasialen  cur- 
808)  das  immer  vor  äugen  steht,  denn  die  obren  sind  mistrauischer, 
als  die  äugen,  wie  Herodot  sagt,  das,  was  der  erwartung  des 
sdifllers  stehen  bleibt,  ist  das  unumgängliche,  es  soll  der  prüfung 
genflgt  werden. 

Das  misverhältnis  in  der  maturitätsprüfung  nach  der  modifica- 
tion  des  ministerialrescripts  von  1856  liegt  nicht  in  dem  persön- 
lidien  verhalten  des  commissars,  wie  man  behauptet  hat ,  sondern 
in  der  Unklarheit  der  Innern  beziehung  und  Verwickelung  des  urteils 
der  lehrer  aus  dem  vorangehenden  und  des  ergebnisses  der  gegen- 
wärtigen prüfung,  welche  zu  einer  harmonischen  einstimmung  zu 
fDhren  unmöglich  ist.    es  wird  unwiderleglich  klar ,  dasz  das  princip 
des  mistrauens  gegen  die  redlichkeit  und  die  fähigkeit  einer  unter- 
ebenen  anstalt  in  dem ,  was  ihr  gebührt ,  die  gymnasiale  regierung 
in  eine  unlösbare  Verwickelung  der  gesetzlich  angeordneten  maturi- 
iitflprüfnng  geführt  hat.     sie  will  durch  sich  in  einer  besonderen 
Veranstaltung  erreichen ,  was  allein  dem  untergeordneten  gymnasium 
in  seiner  vollen  Selbständigkeit  möglich  ist.     sie  will  dasselbe  in 
seiner  thätigkeit  und  autorität  schonen  und  pädagogische  nachteile 
abwenden,  kann  sich  aber  nicht  entschlieszen ,  vollständig  das  dem 
gymnasium  zurückzugeben,   durch  welches  allein  der  aufgäbe  für 
den  abschlusz  des  gymnasiums  genügt  wird,     aus  diesem  sinne  der 
gymnasialen  regierung  erklären  sich  die  Schwankungen  in  der  ge- 
•etzgebung  über  die  maturitätsprüfung.    das  einzige  mittel ,  welches 
der  aufsehenden  gymnasialbehörde   möglich  und  vollkommen  ge- 
ifigend  ist,  um  sich  zu  überzeugen,  dasz  es  in  allem  gymnasialen  und 
in  dem  höchsten  desselben,  der  maturitätserklärung,  mit  rechten 
dingen  zugeht,  ist  eine  eingehende  gymnasialinspeclion.     wird  eine 
maturitätsprüfung  unter  die  aufsieht  eines  commissars  gestellt,  so 
bleibt  es,  wie  auch  der  gang  derselben  bestimmt  wird,  dabei:    die 
lettte  entscheidung  wird  den  lehrem  entzogen  und  dem  commissar 
Ergeben,   wie  ist  es  nun ,  wenn  tiefe  differenzen  über  gymnasiale 
n^g[aben  zwischen  dem  rector,  den  lehrem  und  dem  commissar  ob- 
vtlten?     wir  wollen  hier  nicht  darauf  eingehen,  was  in  solchen 
ftllen  von  der  regierung  zu  thun  ist.     aber  sie  dürfen  nicht  in  den 
«et  der  maturitätsprüfung ,   welcher  entscheidung  aus  einheitlichen 
principien  fordert,  eingreifen,     das  untergeordnete  gymnasium  hat 
nicht  die  pflicht,  dem  ermessen  des  commissars  es  recht  zu  machen, 
sondern  hat  nach  seiner  Überzeugung  der  gesetzlichen  und  der  be- 
grifflichen forderung  zu  genügen,     eine  Unterwerfung  der  maturi- 
tätsprüfung unter  die  entscheidung  des  commissars  bedroht  die  not- 
wendige Selbständigkeit  des  einzelnen  gymnasiums  in  seinem  ganzen 
gange  und  des  rectors  in  der  ihm  gebührenden  thätigkeit.     der 


l 


78  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfang. 

commissar  bat  das  maturitätszeugnis  zu  vertreten  und  zn  Teraoi- 
Worten ,  bedarf  also  in  der  prüfung  für  dasselbe  die  alleinige  geltung 
und  entscheidung.  die  lebrer  des  gymnasiums,  wenn  ihre  versuciM, 
eine  Selbständigkeit  ihres  Urteils  zu  wahren,  ohne  erfolg  sind,  sind 
ihm  völlig  untergeordnet,  so  ist  die  möglichkeit  eines  nnertrlf- 
lichen  Verhältnisses  nahe,  in  welchem  derabschlusz  des  gynmasialeB 
ganges  in  dem  maturitätszeugnisse  nach  maximen  bestimmt  wird, 
welche  von  dem  ganzen  der  praxis  des  rectors  und  der  lehrer  diver- 
gieren, nach  dem  Verhältnisse ,  in  welchem  der  commissar  an  dai 
gymnasium  in  einen  individuelle  factische  entscheidung  fordemdfli 
act  heran  tritt,  kann  es  sich  nicht  darum  handeln,  das  rechte  mMi 
und  die  rechte  weise  des  gymnasialen  abschlusses  zn  finden  und  R 
bestimmen ,  sondern  nur  um  eine  revision  des  einzelnen  prdfangi- 
actes.  die  controle  ist  an  eine  stelle  getreten ,  wo  sie  völlig  ung^ 
hörig  und  zweckwidrig  ist,  in  einen  act,  welcher  nTcht  einer  — 
principiellen  —  berathenden  erwägung  bedarf,  sondern  zu  eiMt 
definitiven  entscheidung  zu  führen  ist.  was  die  aufgäbe  der  inspae- 
tion  in  der  erkenntnis  und  der  beurteilung  des  ganzen  der  gyiDBft- 
sialen  praxis  ist,  das  ist  in  den  dieselbe  abschlieszenden  act  verlogti 
tastet  dessen  Selbständigkeit  an,  durchbricht  seine  einheit  mit  dtf 
richtung  und  dem  sinne  der  vorangehenden  praxis,  bringt  in  Ihn  Ol 
innerlich  fremdes,  eine  politisch  autorisierte  inspection  der  maiiufr 
tätsprüfung  ist  in. dem  masze  ungehörig,  dasz  sich  keine  modificstM 
derselben  ersinnen  läszt,  welche  sie  in  harmonie  mit  der  anfjgilM 
des  gymnasiums  als  einer  erziehenden  anstalt  ordne,  die  scbwtfK 
kungen  in  der  maturitätsgesetzgebung  entstehen  aus  dem  versaekil 
in  dem  die  Schulpraxis  definitiv  entscheidenden  acte  divergiereiB 
principien,  das  politische  und  das  pädagogische,  zn  vereinigen  oM 
mit  einander  auszugleichen,  das  ist  eine  aufgäbe  der  unmöglichkeM 
wir  stehen  hier  vor  einer  entschiedenen  alternative,  wird  für  M| 
abschlusz  des  gymnasialen  ganges  unmittelbar  die  politische  foidB 
rung  geltend  gemacht,  so  ergibt  sich  die  notwendigkeit,  die  maMH 
tätserklärung  dem  gymnasium  völlig  zu  entziehen  und  einer  ll|| 
politischen  anordnung  einer  prüfung  zn  übergeben,  behandelt  M 
Staat  das  gymnasium  bis  zu  seinem  abschlusse  nach  rein  pftdagOflj 
scher  forderung,  so  ist  die  maturi tätserklärung  demselben  in  volH 
Selbständigkeit  zurückzugeben  und  der  staat  anerkennt  die  aatocMjl 
des  von  demselben  ausgestellten  maturi tätszeugnisses.  ^s  üi  M 
möglich,  beide  divergierende  principien  in  demselben  entscheid|| 
den  acte  in  eine  sie  ausgleichende  harmonie  zu  bringen,  man 
in  welche  unentwirrbare  Schwankungen  die  regiemngsmazime 
mistrauens  führt,  sie  ist  nicht  im  stände,  durch  sich  zu 
was  sie  sucht  und  was  nur  der  untergebenen  anstalt  in  ihrem 
erreichbar  ist,  aber,  indem  sie  es  nicht  aufgibt,  unmittelbar 
zu  sehen  rmd  mit  zu  thun ,  bedrängt  sie  die  Selbständigkeit  d 
durch  ein  eingreifen  in  einen  act,  welcher  zu  der  aufgäbe  d 
gehört  und  ihr  allein  möglich  ist.     das  politische  prindp  wiB 


Hataritätszengnis,  nicht  mataritätsprüfang.  79' 

ogische  forderuDg  möglichst  schonen,  reserviert  sich  aber 
1 ,  von  denen  ans  es  die  hauptentscheidung  für  sich  behält., 
»schlusz  der  bildung  eines  gjmnasiums  läszt  sich  eingehender 
er  jähre  langen  praxis,  als  in  einem  kurzen  acte ,  sicherer  von 
hrem,  welche  mit  den  schillern  leben,  als  von  dem  commissar^ 
;r  fremd  für  wenige  stunden  in  das  gymnasium  tritt,  zur  ent- 
ong  beurteilen,  die  notwendige  einheit  des  ziels  der  gymna- 
bildung  ist  nicht  in  einer  mechanischen  gleichmacherei  pein- 
srclausuUerter  Prüfungsordnungen  bedingt,  sondern  allein  von 
inn  und  dem  thun  der  lehrer  abhängig,  es  kommt  auf  die 
t  der  persönlichkeiten  in  ihrer  gegenseitigen  ergänzung,  nicht 
e  objectivität  uniformierender  maszregeln  an.  diese  können 
von  dem  ersetzen,  was  nur  menschlicher  thätigkeit  möglich 
eder  in  dem,  was  sie  erreicht,  noch  in  dem,  was  ihr  abgeht, 
hen  aber  bedürfen  der  Selbständigkeit  zur  reinen  und  vollen 
rang  in  dem  kreise  ihres  lebensberufs  und  haben  ihre  freude, 
ihr  thun  von  dem  Staate,  in  dessen  dienste  sie  stehen,  mit 
it,  gerechtigkeit  und  wohlwollen  beachtet  und  bestätigt  wird.. 
Ke  nachteiligen  folgen  der  maturitätsprüfung  für  sinn  und 
n  der  schüler  und  der  gymnasialen  praxis  hat  Landfermann 
evision  des  lehrplans  und  des  maturitätsprüfungsreglements. 
ir.  für  das  gymnasial w.  1855)  deutlich  und  scharf  gezeichnet.. 
.  ich  mich  auf  die  hervorragende  autorität  dieses  mannes  be- 
ehre ich  aus  seiner  exposition  folgendes  an.  im  hinblick  auf 
atoritätsprüfung,  die  am  abschlusse  des  gymnasialen  ganges 
bemächtigt  sich  des  schülers  die  Vorstellung,  es  handle  sich 
rmnasium  um  das  maturitätszeugnis ,  dies  werde  nicht  durch 
nben  und  die  arbeit  eines  ganzen  schulcursus,  sondern  durch 
liingen  einer  kurzen  epideixis  am  Schlüsse  erworben ;  auf  diese 
Beszende  epideixis  müsse  ihre  ganze  schülerthätigkeit  einge- 
kund  berechnet  sein;  derjenige  lehrer  mache  sich  am  verdien- 
I  um  sie ,  der  sie  am  besten  für  diese  leistung  zurichte,  und 
ier  lehrer  wird  sich  einer  ähnlichen  Vorstellung  nicht  erwehren, 
prffassung  der  abiturientenprüfung  in  diesem  sinne  wirkt  auf 
itte  schulleben ,  auf  die  ganze  thätigkeit  der  schüler  und  der 
f  bis  in  die  untersten  classen  verderblich  zurück,     die  inner- 

Smötive  des  fleiszes  ,  des  strebens ,  welche  in  dem  knaben  un- 
t wirken,  in  dem  jtingling  als  pietät  zwischen  schülem  und 
(B,  als  Pflichtgefühl,  ehrliebe,  freude  am  gründlichen  arbeiten 
(rundlicher  erkenntnis  erstarken,  werden  zurückgestellt  gegen 
tezerliche  motiv,  nur  im  examen  genügen  zu  können,  der 
limpuls  zu  fleisz  und  Ordnung,  der  durch  das  ganze  schulleben 
soll,  tritt  zurück  gegen  die  triebfeder  in  dem  einen  act  am 
in  welchem  ein  völlig  fremder  mann,  der  commissar  — 
IS  nach  der  Vorstellung  der  schüler  —  hauptsächlich  ent- 
so  kommt  das  videri  zur  höhern  geltung,  als  das  esse. 
fr  bessere  schüler  kommt  zur  ansieht,  es  komme  weniger  auf 


100  Lehrbuch  fOr  den  Bageiigeeohichüichen  untemohi 

wald,  auch  Staoke'  bieten  sich  ja  mit  ihren  Iftngst  anerkannten 
bttchem  nebst  vielen  anderen  dar.^  ihnen  sohlieszen  sich  die  beiden 
unter  nr.  1  nnd  2  angeführten  büoher  an;  doch  sind  diese' beiden 
nicht  eigentlich  bücher  fttr  den  Unterricht,  sind  mehr  zum  nachlesen 
zu  hause  denn  als  gmndlage^des  unterrichte  in  der  schule  zu  be- 
nutzen ;  diesem  letzteren  zweck  sucht  mehr  die  oben  unter  nr.  3  an- 
geführte Schrift  zu  genügen,  ob  freilich  ein  leitfaden  für  den  seztaner 
überhaupt  nötig  ist,  darf  wol  bezweifelt  werden,  ref.  hat  vielmehr, 
die  geschichten  in  der  stunde  erzählt  und  noch  in  derselben  stunde 
wiedererzählen  lassen  (die  aufgeweckteren  und  besser  begabten 
Schüler  waren  stets  dazu  im  stände) ,  die  zu  merkenden  namen  hat 
er  an  die  Wandtafel  geschrieben  und  von  den  schülem  in  ein  beson- 
deres heft  abschreiben  lassen,  das  er  von  zeit  zu  zeit  der  revision 
und  correctur  unterzog;  durch  häufige  repetitionen  hat  er  die  haupt- 
sachen  mit  den  namen  im  gedächtnis  der  schüler  zu  erhalten  und  ta 
befestigen  gesucht,  das  scheint  ihm  auch  jetzt  noch  zu  genügen, 
und  somit  ein  leitfaden  ziemlich  überflüssig  zu  sein,  der  einwand, 
den  Kirchner  im  vorwort  (s.  I)  gegen  dieses  verfahrt^ii  erhebt, 
dasz  dadurch  die  zeit  des  untorrichtens  beträchtlich  gekürzt  werde, 
ist  nicht  richtig;  es  wird  dadurch  nur  wenig  zeit  in  anspruch  ge* 
nommen,  wenn  der  lehrer  richtiges  masz  hält  in  der  auswabl  der  zu 
lernenden  namen,  was  doch  auch  nötig  ist,  um  die  kleinen  schüler 
nicht  mit  namen  zu  überbürden  und  so  zu  bewirken ,  dasz  sie  die 
wichtigen  mit  den  unwichtigen  bald  wieder  vergessen. 

Gehen  wir  nach  diesen  allgemeinen  Vorbemerkungen  zur  be- 
sprechung  der  einzelnen  bücher  über,  so  hat  es  der  Verfasser  von 
nr.  1  verschmäht,  durch  ein  vorwort  sein  werkchen  einzuführen  und 
seinen  lesem  auseinander  zu  setzen ,  welchen  zweck  er  bei  der  ans- 
arbeitung  desselben  gehabt  hat.  nur  auf  dem  titelblatt  findet  sich 
die  bemerkung  *für  den  unterridht  in  den  unteren  classen*.  flir 
diese  allerdings,  besser  Air  die  untersten  passt  das  büohelchen 
nach  seinem  ton  etwa,  und  selbst  für  diese  stufe  ist  es  zu  selbstän- 
digem belehren  durch  lesen,  oder  zum  ausführlicheren  repetieren 
reichliohkurz.  denn  alle  geschichten  sind  mit  möglichster  kürze 
erzählt  (das  buch  hat  42  Seiten  in  kleinem  octavformat,  von  denen 


'  dieser  ;veiirde  seine  trefifllchen  bücher  gewis  noch  mehr  vervoll- 
kommnen, wenn  er  2.  b.  im  ersten  teil  nach  art  B.  Welters  einige 
kurze  capitel  über  Aegypter,  Phönizier,  Assyrier  und  Babylonier  hinxu- 
fägte,  nnd  im  sweiten  teil  die  erzählang  von  Aeneas  erweiterte,  von 
dessen  irrfahrten  einiges  ercählte  nnd  besonders  anch  Dido  erwähnte. 

^  ref.  erlaubt  sich  bei  dieser  gelegenheit  auf  ein  recht  treffliches 
bülfsbneh  für  den  Unterricht  in  der  deutschen  sagengeschichte  anfmerk- 
sam  EU  machen,  nemlich  das  buch  von  £.  A.  W.  Günther,  'die  dentsche 
heldensage  des  mittelalters  für  sohnle  und  haus  bearbeitet',  Hannover 
1870,  C.  Brandes,  das  buch  enthält  in  selbständiger  nnd  recht  guter 
darstellung  die  Nibelungen-,  Dietrichs-  und  Gudrunsage,  die  erstere  und 
letztere  freilich  kurz  im  Verhältnis  zu  der  zweiten,  doch  ohne  auslassno^ 
irgend  wesentliciher  puncto. 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  81 

D  iitn  gezeigt,  und  der  jugendliche  erfindungsgeist  wird  immer 
Her  bleiben,  als  der  controlierende  lehrer.  —  Die  maturitttts- 
mg  wirkt  auch  auf  die  Stellung  der  lehrer  zu  den  schülem  und 
[ehrweise,  das  preuszische  reglement  1813  sagt  ausdrücklich, 
)n  ergebnissen  der  maturitätsprüfungen  solle  die  tüchtigkeit  der 
r  gemessen  werden ,  sie  seien  ein  mittel  der  controle  der  lehrer. 
eglement  1834  spricht  das  nicht  mehr  aus.  aber  die  natur  der 
>  bringt  es  dahin ,  dasz  es  schwer  ist,  diese  Vorstellung  von  den 
m  fem  zu  fialten.  wird  die  prüfung  zu  einer  epideixis  auch  für 
ihrer,  so  steigert  sich  für  sie  die  Versuchung,  die  schüler  als 
istand  ihrer -eitelkeit  zu  behandeln,  mit  ihnen  zu  brillieren, 
mmt  das  pietätslose  hetzen  der  schüler,  die  Ungeduld,  die  lieb- 
behandlung  und  beurteilung  der  minder  begabten  und  lang- 
1  schüler.  wird  nach  dem  erfolg  der  prüfung  die  tüchtigkeit 
Bhrer  beurteilt,  so  entsteht  die  gefahr,  unterschleife  zu  igno- 
i  und  nachhelfende  winke  zu  geben,  das  reglement  1788  be- 
.  unterschleife  des  rectors  und  der  lehrer  mit  'beträchtlichen 
trafen',  in  spätem  gesetzlichen  Verordnungen  ist  nichts  der 
die  maturitätsprüfung  bringt  eine  schiefe  richtung  eben  so  sehr 
3  lehren,  wie  in  das  lemen.  der  lehrer  sieht  auf  das,  was  in 
aprovisation  der  maturitätsprüfung  gilt,  er  läszt  das  bedeu- 
re,  tiefere  in  seinem  Unterricht  gegen  das  präsentierbare,  das 
pB  ezamen  dienende  zurücktreten,  so  in  allen  gegenständen, 
tders  in  der  religion  und  der  geschieh te.  im  examen  wird  nur 
iflrre  notizma^se  des  geschichtlichen  produciert,  während  das 
itende,  das,  was  historischen  sinn  bildet,  zurücktritt,  der  reli- 
nnterricht  richtet  sich  auf  das,  was  für  die  prüfung  apparat 
L  Landfermann  beruft  sich  weiter  auf  die  entschiedene  erfah- 
,  dasz  seit  der  einführung  der  maturitätsprüfung  und  den  be- 
ugen der  gesetzgebung  für  die  befestigung  und  Ordnung  der- 
I  der  wissenschaftliche  sinn  der  akademischen  jugend  nicht  ge- 
ll ist,  dasz  die  Jugend  aus  ländem,  wo  keine  maturitätsprüfung 
tt,  keine  dürftigere  Schulbildung,  keinen  geringeren  sinn  für 
ificbaft  auf  die  Universität  mitbringe ,  als  die  jugend  aus  den 
m  des  examens.  von  solchen  erfahrungen  aus  haben  sich  be- 
ide autoritäten  entschieden  gegen  alle  maturitätsprüfung  er< 
eine  pädagogische  anordnung  ist  nach  ihrer  bedeutung  für 
irkung  auf  die  bildung  der  schüler  und  das  innere  gedeihen 
«hulthätigkeit ,  nicht  nach  dem  objectiven  einer  politischen 
rung  und  der  administration  zu  bestimmen;  dieses  musz  sich 
Idagogischen  notwendigkeit  unterordnen,  man  erwartet,  dasz 
efen  schaden,  nachdem  sie  an  der  maturitätsprüfung  aufge- 
iind ,  zu  dem  Schlüsse  nötigen ,  dasz  sie  aufzuheben  sei.  ob- 
(landfermann  die  maturitätsprüfung  mit  sichtbarem  wider- 
|t behandelt,  die  schweren  nachteile  derselben  klar  und  eindrin- 
^rvorhebt,  glaubt  er  dennoch  zu  dem  Schlüsse  kommen  zu 
p,  dasz  sie  beizubehalten  sei.     die  abschaifung  derselben  sei 

flllrb.  f.  phil.  a.pi'i.  II.  abt.  1875.  ha.  2.  6 


i 


82  MataritatszeagniB,  nicht  mataritätsprüfung. 

«in  gewaltsamer  sprang,    er  fordert  ihre  fortdauer  als  in  einer  not- 
wendigkeit  begründet,  als  politisch  notwendig,  man  mOchte  sageOr 
als  notwendiges  übel,     er  behauptet,  es  sei  eine  fordenmg  dei-  .| 
Staates ,  dasz  die  entscheidung  der  maturität  in  competente  hiidr   J 
gelegt,  nicht  den  rectoren  und  ihrem  subjectiven  ermessen  fiber 
lassen  werde,  es  sei  ein  allgemeiner  objectiver  maszstab  nötig,  dienr 
sei  bei  dem  commissar,  für  welchen  die  prüfnng  notwendig,  weloiMr 
für  sie  verantwortlich  sei.   er  findet  auch  noch  einen  pSdagogisdin 
nutzen  der  prüfung,   welcher  zu  der  politischen  notwendigkeüiOV 
selben  hinzu  kommt,     er  behauptet,  für  die  mehrzahl  der  scbfikr 
sei  eine  förmliche  prüfung  notwendig,    für  den  guten  schüler  sei  ii 
heilsam,  wenn  er  am  schlusz  des  gymnasialen  cursus  sich  sdbiti-  - 
den  mitschülem,  den  eitern,  den  lehrern  durch  eine  umfassendt 
leistung  darthue ,  dasz  er  reelle  kenntnisse  erworben  habe ,  für  te 
schlechten  schüler  sei  die  notwendigkeit  der  maturitätsprüfung  en 
nützlicher  sporn,     für  die  aufPassung  der  maturitfttsprfifimg  od 
deren  Stellung  im  gjmnasialweeen  ist  die  genannte  abhandlnng  tO- 
Landfermann  von  charakteristischer  bedeutung.     der  vortref 
mann  legt  die  pädagogischen  nachteile  der  maturitfttsprttfong  aöt 
einer  solchen  klarheit  und  eindringlichkeit  dar,  dasz  sie  nicht  Übar 
troffen  werden  kann,  kann  sich  aber  nicht  entschlieszen,  bis  ra das 
schritte  vorzugehen,  welcher  zu  einer  befreiung  von  denselben-ftlWir 
zu  der  forderung  der  abschaffung  der  maturitfitsprüfting,  welche  90 
verursacht,  und  dann  an  deren  stelle  das  mittel  zu  suchen,  weldM-  1 
in  erster  reihe  die  pftdagogische  notwendigkeit  und  dann  die  poB*   ^ 
tische  forderung  in  ihrer  einstimmung  befriedigt,     es  ist  schwirr 
sich  von  der  herschaft  des  herkommens  in  überlieferten  bildmigr 
wegen ,  in  der  festgewordenen  schuleinrichtung  zu  befreien  und  dir 
notwendigkeit  und  praktische  forderung  des  pädagogischen  b^^rift 
in  seiner  reinheit  ins  äuge  zu  fassen  und  als  maszstab  an  die  wirt 
lichkeit  zu  legen,     um  den  nachteilen  der  prüfung  zu  begegnSBr 
rSth  er  zu  modificationen  derselben  in  beschr&nkung  der  gegenstibidt 
und  in  dispensationen ,  partiellen  und  totalen ,  mit  rücksicht  auf  dit  ; 
qualität  der  schüler,  welche  der  art  sind,  dasz  sie  mit  dem  begriff ' 
und  dem  zweck  der  maturitätsprüfung  in  vnderspruch  stehen,  inde^  ' 
er  nicht  bedenkt,  dasz  die  maturitätsprüfung  nicht  auf  ein  abg»r  ' 
grenztes  objectives    eines   wissenschaftlichen  complexes,    wie  dift 
amtsprüfung,  gerichtet  ist,  sondern  den  stand  der  persönlichen  Mir 
düng,  welche  eine  gegenständliche  totalität  für  sich  fordert,   jom 
welcher  kein  gegenständ  unbeachtet  bleiben  darf,  zu  ermitteln  hsk. 
er  will  von  ihr  alles  fern  halten ,  was  über  den  zweck  einer  prüfdng' 
von  Schülern  hinausgeht,  eine  wirkungslose  absieht,  die  gymnasien 
in  ihrem  sinn  und  streben  zu  heben ,  eine  ein  Wirkung  auf  eine  uni^ 
formierende  einheit  der  gymnasien,  alles,  was  nach  einer  contrdfe' 
der  lehrer  aussieht,  er  will  eine  weise  der  prüfung,  welche  nicht  m 
einer  hemmung  und  Störung  der  freien  selbstthätigkeit  des  schfllen 
führt,  welche  ein  unmittelbares  präparieren  in  stupidem  repeti< 


MataritäiBzeugnis,  nicht  maturitäieprüfiiDg.  83 

iiidit  yeranlaszt,  welche  ein  improvisieren  des  arbeitens  nicht  for- 
te, and  bedenkt  nicht,  dasz  solche  Wirkungen  und  erfolge  in  dem 
lete  der  prttfung  als  solcher  unter  einer  geschlichen  inspection  not- 
loid^  liegen ,  nicht  durch  eine  modification  derselben,  ¥ne  sie  auch 
Mmnen  wird,  und  durch  das  verhalten  des  inspicierenden  com- 
BiaBBrs  8^ch  fem  halten  lassen,  die  grundsäize  der  von  Landfer- 
■am  vorgeschlagenen  modification  der  maturitätsprüfung  kehren 
1  dm  matnritfttsprüfungsreglement  von  1856  wieder. 

Der  Staat  darf  nicht  eine  bürgschafb  für  die  gesetzmäszigkeit 
htmatoritfttszeugnisses  in  dem  acte  einer  gesetzlich  formulierten 
akl  bemfiaichtigten  prüfung  suchen ,  da  derselbe  so  unerträgliche 
md  nnvermeidHohe  pädagogische  nachteile  hat.  die  einzige  bürg- 
dttft  ftir  den  gesetzmäszigen  abschlusz  des  gymnasialen  ganges  ist 
ft  der  an  sich  schon  nötigen  fdr  alles  gymnasiale  verantwortlichen 
ißwtindigkeit  des  rectors  und  in  der  dlgemeinen  politisch  geord- 
tettn  inspection ,  welche  fCtr  das  allgemeine  gedeihen  des  gymnasial- 
meüB  erforderlich  ist,  gegeben,  scharf  blickende  beobachter  klagen 
Iber  fible  ein  Wirkungen  der  maturitätsprüfung  auf  den  sinn  und  die 
ddongsrichtung  der  gymnasialen  jugend.  die  maturitätsprüfung 
limdit  ein  isolierter  act,  sondern  steht  in  innerem  Zusammenhang 
lit  dem  ganzen  der  gymnasialen  präzis  und  übt  auf  dieselbe  eine 
■iMbeidende  einwirkung.  die  legalisierung  der  schulthätigkeit 
krf  nicht  Ober  die  ihr  zugemessenen  grenzen  hinausgehen  und  die 
MflwtSndigkeit  der  pädagogischen  forderung  bedrängen ;  das  eigent- 
idM  ond  das  innere  der  schule  als  einer  erziehenden  anstalt  ist  ge- 
Ibliehen  bestimmungen  unerreichbar,  das  streben  nach  einer  ge- 
iWiehen  regelung  der  schulthätigkeit  in  ihrer  allgemeinen  objecti- 
Alt  ftkhrt  zu  tiefen  pädagogischen  Widersprüchen,  denn  die 
Mkhung  der  schule  beruht  in  der  unmittelbarkeit  des  persönlichen 
■yutnisses  und  wirkens  nach  mittein  und  zielen ,  welche  von  der 
Ijfaetivität  allgemeiner  gesetzlicher  bestimmungen  nicht  angetastet 
iiden  darf;  es  führt  zur  uniformierung  und  mechanisierung  der 
U  persffnlichkeit  in  ihrer  individuellen  Unterschiedlichkeit  gerich- 
|hi  schulthätigkeit;  die  höhe  derselben  ist  die  maturitätsprüfung. 
htt  kommt,  dasz  die  culturzustände  und  die  socialen  Verhältnisse 
Irgegenwart,  indem  sie  bildungsbedürfhisse  aus  äuszeren  rück- 
plen,  welche  von  einem  Schulzeugnis,  einem  ergebnis  einer 
Ifbng  vorteile  und  rechte  erwarten ,  im  groszen  umfang  hervor- 
fcn,  immer  mehr  in  eine  uniformität  und  mechanisation  der  bil- 
ftg  hineindrängen,  diesen  bedürfnissen  sucht  selbst  eine  eigene 
idigogische  industrie  in  groszer  ausdehnung  und  in  mannigfaltiger 
tAang  abzuhelfen,     grade  gegen  solcbe  umstände  ist  der  päda- 

K*  eben  Weisheit  und  strenge  Selbständigkeit  zurückzugeben,  die 
Kgebung  der  schule  geht  als  solche  von  einer  uniformität  aus, 
Isteilt  ein  allgemeines  gleichmasz  für  alle  schüler  auf,  für  alle 
■KU,  für  den  abschlusz  der  schulthätigkeit.  das  ist  der  ent- 
pbdene  gegensatz  gegen  das  recht  der  individualität,  der  freien 

6» 


i 


84  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfong. 

persönlichen  bildung.  die  macht  der  Verhältnisse  der  gegrawa 
allen  richtungen  ist  so  grosz ,  als  sei  es  fast  unmöglich ,  dem 
formierenden  masze  der  bildung  zu  entgehen,  dasz  diese  gleie 
des  bildungsmaszes )  welche  das  gesetz  hinstellt,  in  der  wirklieb 
so  wie  menschliche  Verhältnisse  einmal  sind  und  ihre  ontersc 
lichkeit  geltend  machen,  nicht  erreicht  wird,  gibt  nicht  der  fn 
der  individualität  terrain  für  persönliche  bildung,  sondern  es  ent 
eine  Ungleichheit  der  Ungesetzlichkeit,  nicht  die  ungleichlieit,  w 
das  recht  der  individualität  von  der  schule  fordert,  die  einhei 
bildungsrichtung  ist  keine  andere,  als  die  uniformit&t  eines  foruM 
ethisch  indifferenten  wissens  und  könnens,  als  eine  allgemdi 
eines  für  sich  sich  isolierenden  individualismus  und  einer  vSl 
ethischen  substanzlosigkeit.  freilich  faszt  jeder  Unterricht  eil 
gemeines,  das  für  alle  notwendig  und  dasselbe  ist,  ins  äuge,  f 
diese  gleichheit  der  didaktischen  forderung  ist  nur  das  fondai 
auf  welchem  sich  die  persönliche  bildung  in  ihrer  individnelle; 
stimmtheit  erhebt,  darf  nicht  so  weit  herschen,  dasz  sie  die 
ständigkeit  der  bildung  unterdrückt  und  das  bedürfnis  der  in 
dualität  unbefriedigt  läszt.  die  legalisierung  der  schnleinrid 
faszt  nur  das  mittelmasz  der  schüler  auf,  ist  besonders  geri 
gegen  einen  teil  derselben ,  die  schwachen ,  trägen ,  schlaffen,  si 
sehen y  sittlich  verkehrten,  welche  der  Überwachung,  anspon 
leitung ,  Züchtigung  bedürfen ,  damit  diese  das  nötige  leisten, 
dem  masze,  welches  für  diese  nötig  ist,  werden  auch  die  will 
ernst  gesinnten ,  sittlich  und  intellectuell  strebenden ,  welche 
blosz  der  leitung  bedürfen ,  sondern  die  freude  der  lehrer  sind 
messen,  gesetzliche  einrichtung  begünstigt  die  mittelmäszi^ 
die  uniform  der  bildung  gilt  ihr  mehr,  als  die  individuelle  c 
tümlichkeit  und  begabung;  das  gleichmasz  der  gegenstände 
ihr  höher ,  als  Selbständigkeit  der  bildungsrichtung  und  selbstt] 
keit  nach  eigentümlicher  neigung  und  individueller  befähij 
das  masz  der  schule  als  pädagogisches  gestattet  keinerlei  unifon 
ist  ein  individuell  persönliches,  in  erster  reihe  steht  ihr  nicl 
mittelmasz  der  schüler,  noch  das  streben,  die  zahl  derjenigen,  ¥ 
unter  demselben  sind,  zu  dem  notwendig  erforderlichen  zu  sp 
und  zu  nötigen ;  für  sie  gelten  nicht  allgemein  nivellierende  no 
welche  die  unterschiede  der  individuellen  eigentümlichkeit  uz 
Selbständigkeit  der  bildungsrichtung  nicht  beachten,  ja  völlig 
rieren.  die  gestaltung  der  schule  nach  der  rein  pädagogi 
forderung  würdigt  das  mittelmasz  der  schüler,  nimmt  sich  aucl 
jenigen  an ,  welche  hinter  demselben  zurück  bleiben ,  aber  ihre 
ist  die  höhe  der  dem  gjrmnasium  erreichbaren  bildung,  welche 
in  einer  allgemeinheit  einer  objectiven  norm  bestimmt  ist,  so 
individuelle  Unterschiedlichkeiten  hat.  die  maturitätsprttfun 
trotz  aller  versuchten  und  möglichen  modificationen  gar  nieh 
pädagogische  gestaltung  und  norm ,  ist  der  schule  als  solcher  f 
sie  wirkt  verkehrend  auf  die  gymnasiale  praxis.     ihre  forder 


Matnritätszeugnia,  nicht  mataritätsprüfung;  85 

ansschlieszlich  das  sinnen  und  die  kraft  der  Jugend  auf  sich, 
IQ  Humnltuarischen'  Vorbereitungen  und  repetitionen  in  rein 
tiiismftsziger  einprägung  von  namen,  zahlen,  notizen  und  in 
üblicher  und  mit  der  erreichung  des  zwecks  verschwindender 
,  welche  gerade  das  streben  des  abschlieszenden  Jahres  für 
Aschlieszücb  in  anspruch  nehmen,  passives  ein-  und  aus- 
lernen trägt  für  die  geistesbildung  gar  nichts  ein,  führt  zum 
illen  gegen  die  gegenstände  der  gymnasialen  didaxis,  ja  zu 
»mporären  überdrusz  an  einer  wissensebaftlicben  thätigkeit. 
Üchtige  Schüler  haben  nicht  den  mut  und  das  vertrauen,  dasz 
lern  laufe  der  jähre  gewonnenen  kenntnisse  in  der  stunde  der 
idong  präsent  seien,  wen  ämulation  und  beneficien  be- 
ll, der  strebt  nach  einer  gleichmäszigkeit  der  kenntnisse. 
befangenheit  des  sinnes  und  mut  oder  Verhältnisse  den 
lieben,  setzt  er  sich  über  die  prüf ungsuniformi tat  hinweg; 
18  er  an  der  gute  des  Zeugnisses  verliert,  das  gewinnt  er  an 
idier  und  theoretischer  Selbständigkeit,  die  unruhe  der  er- 
g  der  prüfimg  läszt  eine  reine  Spannung  einer  wissenschaft- 
erwartung  dessen,  was  die  Universität  bringt,  nicht  auf- 
Q,  drückt  die  geistesfreiheit  in  dem  klaren  und  erwartungs- 
>lick  auf  die  gaben  der  Wissenschaft  und  in  der  gewonnenen 
idigkeit  nieder,  die  maturitätsprüfung  hat  gegenständliche 
ehkeit  und  idealität  des  strebens  auf  den  gymnasien  beein- 
[t,  die  selbstthätigkeit  und  Spannkraft  des  geistes  in  indivi- 
richtung,  die  selbständige  concentrierie  bingebung  an  einen 
verwandten  gegenständ  gestört,  der  schüler  gewöhnt  sich 
rielheit  der  gegenstände  in  der  gleichheit  ihrer  einzelgeltung 
llatt  einen  gegenständ  mit  verliebe  und  energie  zu  ergreifen 
an  diesem  gewonnene  kraft  auch  auf  andere  ausströmen  zu 
werden  alle  gegenstände  nach  einem  gleichmasze ,  aber  mit 
Bier  lauheit  und  mit  zerstreuender  unruhe  behandelt,  so 
^  der  geist  nicht  befriedigung  in  dem  seinen,  in  dem  ihm  ge- 
der  alte  satz :  in  uno  babitandum ,  in  multis  versandum 
ift  mehr  geltung.  die  empfänglichkeit  des  geistes  und  der 
r  ein  höheres  ^  das  dem  sich  hingebenden  nahe  kommt,  die 
Wg  dessen,  wovor  der  mensch  sich  zu  beugen  hat,  wird  nicht 
L  der  sinn  der  kritik ,  der  herabwürdigung ,  der  Verneinung 
id  jeden ,  des  höchsten  und  besten ,  erwacht  schon  in  der 
weil  der  geist  nicht  mit  einem  positiven  gehalt  erfüllt  und 
ungen  wird,  der  geist  kommt  nicht  zu  dem  eigenen,  zu  dem 
glich  für  ihn  individuell  bestimmten,  so  dasz  er  es  in  ver- 
r  bingebung  erkennt  und  verehren  lernt,  die  individuelle 
•ität  wird  gar  nicht  geweckt  oder  gemindert,  alles  zu 
i  auf  die  forderung  am  scMusse  reduciert.  statt  persönlicher 
>vrird  wissen  und  formelles  können  gemessen ,  eine  schwer 
Iplhe  Verwechselung,  welche  in  dem  kreise  des  gymnasiums 
gmtscheidende  norm  durch  die  maturitätsprüfung  hervorge- 


66  Mataritätszeugnis ,  nicht  maturitätsprüfung. 

rufen  ist  und  erhalten  wird,  kenntnisse  in  ihrer  vereinzeluiig  \ 
zusammenhangslosigkeit  und  rede-  und  reflexionsgelSofigkeit  hal 
für  den  allgemeinen  durchschnitt  der  schaler  gegen  frOhere  tm 
zugenommen ,  aber  das  masz  derselben  ist  nicht  das  masz  der  1 
düng ;  diese  ist  eine  individualisierte  persönliche  totalität.  in  * 
Überladung  und  Zerstreuung  kommt  es  nicht  zu  einer  concentret 
für  eine  individuell  eigentümliche  aneignung  und  verarbeitong  > 
didaktischen  gegenstände,  zu  einer  entwickelung  einer  persönlid 
wissenschaftlichen  richtung,  deren  keime  zu  treiben  die  aufgäbe 
gjmnasiums  ist.  die  erwartung  der  maturitätsprüfung  und  dees 
was  sie  für  die  zukunft  der  lebensverhältnisse  bringt,  übt  eil 
druck  auf  den  geist,  von  welchem  auch  der  tüchtige  schülerfl 
nicht  frei  halten  kann,  der  eine  unbefangene,  freudige  selbstthäi 
keit  in  eigener  richtung  und  in  liebevollem  eingehen  in  den  geg 
stand  nieder  hält,  zu  einem  unruhigen  und  zerstreuten  arbeiten 
ein  äuszeres  ziel,  dessen  erreichung  für  die  geistesbildung  nie 
austrägt,  nötigt,  statt  des  strebens  nach  persönlicher  bildung  da 
wissenschaftliche  erkenptnis  wird  ein  wissen  in  mannigfidtij 
gegenständen  ohne  innere  einheit  und  Wechselwirkung  für  ( 
äuszere  forderung,  welche  in  Wahrheit  mit  der  aufgäbe  einer  wiss 
schaftlichen  Propädeutik  nichts  zu  thun  hat  und  lediglich  eine  di( 
fremde  staatliche  not  wendigkeit  ist,  zum  ziele  gesetzt,  diese  '^ 
wechselung  in  dem  gymnasialen  ziele,  welche  durch  die  einriohti 
der  maturitätsprüfung  hervorgerufen  ist  und  erhalten  und  befes 
wird ,  ist  eben  so  sehr  für  die  thätigkeit  der  lehrer ,  wie  für 
streben  der  schüler  von  den  nachteiligsten  folgen,  daran  ist  n 
die  lehrverfassung  unserer  gymnasien  in  ihrer  gegenständlic 
mannigfaltigkeit  schuld,  denn  dieso  ist  für  die  bildung  unsi 
Jugend  pädagogisch  durchaus  notwendig ,  sondern  allein  die  mat 
tätsprüfung  mit  ihrem  allgemeinen  gleichmasz  für  alle  gegenstfti 
welche,  als  ziel  an  die  spitze  gestellt,  das  ganze  des  gymnasif 
ganges  in  motivierung  und  richtung,  in  sinn  und  ton  beher» 
die  Spontaneität  in  individuell  eigentümlicher  richtung  wird  zur 
gedrängt;  es  entsteht  eine  reduction  der  leistungen  auf  das  do 
das  gesetz  für  die  maturitätsprüfung  geforderte,  grade  bei  8chül< 
welche  in  tüchtigem  gehorsam  streben  oder  nach  diesem  gesetz 
tüchtig  gelten,  ein  solcher  zustand  ist  im  vollen  widersprach 
dem,  was  pädagogische  grundgesetze  in  ihrer  psychologischen  i 
ethischen  richtung  von  dem  bildungsgange  der  jugend  fordern, 
dem,  was  uns  in  der  geistigen  genesis  der  jugend  hervorragen 
männer  entgegen  tritt,  wer  die  complicierung  unserer  gymnasi« 
lehrverfassung,  welche  doch,  wie  sie  ist,  in  allem  wesentiichen  i 
wendig  ist,  sich  ansieht  und  pädagogisch  erwägt,  masz  zugestel 
dasz  eine  bildung  der  jugend  gemäsz  derselben  in  ihrem  abschli 
keine  politisch  angeordnete  und  beaufsichtigte  prüfung  mit  ihi 
objectiv  formulierten  masze  gestattet ,  sondern  eine  pädagogis 
beurteilüng  in  ihrer  specifischen  richtung  und  form  fordert,     p 


Matoritätszeagnis,  Dicht  maturitätsprüfung.  87 

lisehe  principien  und  rücksichten  dürfen  nicht  pädagogische  princi- 
fisii  und  noiwendigkeiten  zurückdrängen,  sondern  müssen  sie  an 
fa  ihnen  gebührenden  stelle  bestätigen  und  eine  ihnen  gemäsze 
Miedigong  suchen,     in  den  gjmnasialpädagogischen  grnndprin- 
fifm  ist  ftlr  den  abschlusz  der  gymnasialen  bildung  die  notwendig- 
st ^es  auf  alleinige  autorität  und  Verantwortung  des  rectors  aus- 
gMftdlten  maturitätszeugnisses  begründet,     die  maturitätsprüfung 
widerspricht  dem  pädagogischen  begriff,  hat  im  gymnasium  keine 
kenehÜgte  stelle;  sie  liegt,  wie  Jahn,  der  gründer  dieser  Jahrbücher 
fAaa  trefifond  gesagt  hat,  für  die  schule  auszer  ihrem  wesen.     ihre 
ttwirkung  auf  den  gymnasialen  gang  ist  eine  verkehrung  und  ver- 
nranigung  des  innem  sinnes  desselben,     sie  ist  ohne  irgend  eine 
(idagogische  notwendigkeit  in  dieselben  hineingedrungen ,  sie  ist 
neer^dung  des  bureaukratismus,  welcher  staatliche  acte  in  ihrer 
Dmittelbarkeit  an  stellen  von  gebieten  setzt,  wo  die  amtliche  praxis 
idi  firei  und  selbständig  zu  bewegen,  nach  ihrem  begriff  und  ihren 
waem,  forderungen  das  recht  und  die  notwendigkeit  hat.   nicht  von 
hm  gebiete  der  schule,  sondern  von  oben,  von  dem  standpuncte  des 
teites  sieht  man  in  der  politisch  befohlenen  maturitätsprüfung  ein 
lompelle  zur  Spannung  des  fleiszes  und  des  strebens  der  schüler. 
bn  rechten  erziehenden  mittein,  welche  das  gymnasium  genügend 
iDch  besitzt,  wird  nicht  getraut,  und  so  wird  neues  und  fremdes. 
Im  helfen  soll,  gesucht,  welches  über  die  grenzen  des  gymnasiums 
■ausgeht,  dessen  eigne  thätigkeit  entstellt  und  verkehi*t  und  ihre 
iMge  schwächt  und  hemmt,     das  einzige,   was  für  weckung  und 
Irdenmg  des  unbefangenen  fleiszes  und  redlichen  reinen  strebens 
ift,  ist  die  Ordnung  und  sitte  der  schule ,  der  sinn  und  der  ton, 
b  innere  richtung  und  belebung  des  Unterrichts,     die  maxime :  il 
■i  Mre  peur  wird  durch  die  maturitätsprüfung  zum  höchsten 
■fi?  der  gymnasialen  disciplin  erhoben,     der  frühere  director  des 
Iheoker  Katharineums ,  Jacob,  sagte :  am  ende  der  schule  steht  als 
Ü  die  ruthe ,  welche  drohend  zum  fleisze  treiben  soll,    die  maturi- 
I^N'üfung  ist  nicht  ein  rechtes  mittel  für  die  Selbsterkenntnis  der 
lÜer,  denn  diese  erlangen  sie  eindringender  und  wahrer  in  der 
\jk^n  Ordnung  des  fortgehenden  gymnasialen  ganges,  nicht  erst 
limem  solchen  acte  zum  Schlüsse,     die  weise  desselben  bringt  es 
psich,  dasz  die  Stimmung  in  der  sorge  für  seine  forderung  und 
hier  freude,  durchgekommen  zu  sein,  den  schüler  beherscht  und 
b  andern    gedanken  zurückdrängt,      in   abbängigkeit   von    den 
jkarverbältnissen  unserer  zeit  fehlt  unsern  gymnasien  im  ton  und 
ieren  der  praxis  eine  einbeit  der  etbiscben  Substanz,     für  diesen 
bveren  raangel,   mit  welchem  sehr  vieles  und  bedeutendes,  was 
Irin  ihnen  vermissen,  zusammenhängt,  bietet  der  mechanismus 
k maturitätsprüfung,  welcher  zu  einer  uniformierung  eines  ethisch 
pig  indifferenten  wissens  und  könnens  führt,   nicht  blosz  nicht 
feto  ersatz,  sondern  erhobt  denselben. 
[.    Die  maturitätsprüfung  liegt  völlig  auszerhalb  der  praxis  der 


i 


108   BandgloBsen  zu  dem  arfcikel  ivi\hiv  äjay  TOn  Reinhold  DoncheL 

2)  ich  setze  den  beginn  des  gymnasialunterrichts  in  das  zwölfte 
lebensjahr,  statuiere  mithin  nur  einen  siebei\jfthrigen  corsus, 
von  dem  die  beiden  letzten  jähre  der  prima  und  selecta  ge- 
hören, eine  teilung  der  tertia  und  secunda  ist  mihin  nidit 
möglich. 

3)  ich  verlange  nicht  mit  geringem  sinne  für  historisches  recht 
die  anderweitige  Verwendung  früherer  milder  Stiftungen  oder 
beneficien,  ich  fordere  vielmehr,  dasz  der  staat  im  gebiete 
des  höheren  Schulwesens  seinen  vollen  Verpflichtungen  nach- 
komme und  ftlr  die  Zukunft  nicht  mehr  auf  patriotischen 
sinn  und  auszerordentliche  mildthätigkeit  für  seine  anataiten 
rechne:  patriotischer  sinn  findet  heute  in  andern  gebieten 
gelegenheit  genug,  sich  thätig  zu  erweisen. 

Auch  das  musz  ich  in  abrede  stellen,  dasz  ich  die  misere  kleiner 
städt.  gymnasien  und  ähnlicher  schulanstalten  nicht  hinreichend 
kenne  und  zu  würdigen  geneigt  sei;  ich  halte  aber  das  von  hm. 
D.  angeführte  ftlr  bagatellen,  die  im  laufe  der  zeit  von  selbst 
schwinden  werden,  ungebildete  bürgermeister  und  Stadtverordnete 
sind  eher  zu  ertragen  eis  gebildete  lehrer  und  directoren  und  schol- 
räthe,  die  fthnliches  zu  tage  fördern  wie  jene,  für  solche  personalien 
war  jedoch  in  meiner  abhandlung  kein  räum. 

Herr  D.  wendet  sich  aber  vorzugsweise  gegen  meine  allgemei- 
nen bemerkungen  zu  dem  ganzen  aufsatze  und  dann,  doch  weniger 
heftig,  gegen  die  bevorwortung  meiner  kritik  des  Wieseschen  normal- 
planes, in  ersterer  hinsieht  soU  ich  mich  phrasenhafter  Übertrei- 
bung schuldig  gemacht  haben,  um  anderer  effectvoller  beseichnungen 
nicht  zu  gedenken;  aber  ich  kann  mich  auch  heute  noch  nicht  trotz 
des  Zurufes  von  ^r\hiv  &fav  und  der  anempfehlung  der  cuKppocuvii 
und  nach  wiederholter  prüfung'dazu  bestimmen  lassen,  auch  nnr 
ein  wort  von  dem  früher  gesagten  zurückzunehmen,  von  phrasen 
sollte  doch  nicht  gesprochen  werden,  wenn  der  beweis  zum  minde- 
sten implicite  dargeboten  wird,  und  was  meine  erf^hrungen  betrifft, 
so  sind  dieselben  allerdings  nach  vielen  Seiten  hin  sdir  sonderbarer 
art.  sehen  wir  davon  ab,  so  sollte  ich  doch  meinen,  dasz  viele 
männer  mit  mir  es  ebenfalls  wahrgenommen  haben,  dasz  in  unsem 
lehrerkreisen  im  allgemeinen  etwas  mehr  politischer  sinn,  etwas 
mehr  corpsgeist,  etwas  mehr  berechtigtes  selbstbewuatsein  und 
etwas  weniger  strebermut  mit  obligater  nachbeterei  wünscbenswerth 
und  willkommen  sein  würde,  dasz  im  besondem  an  manchen  orten 
der  aufschwung  der  schulen  durch  die  nicht  ausreichende  föhigkeit 
der  vorstSnde  oder  durch  allzu  willfährige,  mitunter  an  schwttche 
grenzende  connivenzen  gegen  factische  zustände  —  um  so  tadelns- 
werther,  weil  schrille  gegensätze  bei  andern  masznahmen  eine  eigen- 
tümliche folie  darbieten  —  nicht  unbedeutend  behindert  werde, 
dasz  femer  die  jüngste  zeit  mannigfadie  wünsche  erflUlt  hat,  für 
die  so  mancher  College  in  frühcrem  ernsten  streben  seine  carri^e  in 
die  schanze  geschlagen  hat,  während  damalige  gegner  sehr  eifrig 


MataritätszeugniB ,  nicht  mataritätsprüfang.  89 

princip  kann  nicht  in  modificationen  und  concessionen  zu 
befriedigenden  resultat  führen;  es  ist  eine  notwendigkeit, 
Tollends  beseitigt  werde,  die  schale  in  ihrer  innem  Ordnung' 
höchsten  und  zum  abschlusz  musz  zu  dem  ihr  eignen  princip, 
r  persönlichen  autorität,  der  persönlichen  unter-  und  über- 
l  zurückgeführt  werden,  in  diesem  ist  enthalten,  dasz  der 
ftf  seine  alleinige  autorität  und  Verantwortung  dasmaturitäts- 
ausstellt,  durch  die  gesetzlich  formulierte  und  politisch  be- 
igte und  verantwortete  maturitfttsprüfung  ist  ein  rechtsver- 
in  den  gang  der  schule  gedrungen ,  welches  dem  in  derselben 
h  notwendigen  autoritätsverhältnis  feindlich  dasselbe  in 
scheidenden  acte  völlig  zurückdrängt,  das  streben,  die  ge- 
allen und  Verhältnisse  des  lebens  nach  prindpien  des  rechts 
m,  das  durch  die  zeit  geht,  hat  an  den  ihnen  gebührenden 
liohe  berechtigung.  wie  aber  ein  rechtsverhältnis  nicht  in 
3re  des  lebens  der  familie  dringen  darf,  so  ist  dasselbe  der 
die  nach  ihrem  specifischen  Charakter  der  familie  verwandt 

ihren  innem  gang  fremd,     die  schule  ist  nicht  durch  die 
Igen  des  Zeitgeistes  gezwungen,  sich  ihnen  zu  unterwerfen, 

soll  ihre  eigne  norm  festhalten,  damit  sie  in  freier  selb- 
:eit  im  stände  ist,  mit  ungebrochener  kraft  und  in  aller 

und  gewissenhaftigkeit  der  Verantwortlichkeit  auf  ihren 
regen  ihre  aufgäbe  zu  erfüllen,  der  staat  hat  das  specifische 
der  schule  als  ihr  eigentümliches  recht  zu  bestätigen,  die 
te  Ordnung  für  die  schule  ist ,  dasz  der  staat  das  auf  ihre 
t  ausgestellte  maturitätszeugnis  anerkennt  und  demselben 
äsch  gebührenden  rechte  und  vorteile  zuweist,  ein  hinein- 
einer  rechtlich  geordneten  procedur  in  den  act  der  maturi- 
tatmg  ist  die  höhe  des  scholastischen  bureaukratismus ,  die 
t  der  Wöllnerschen  Verwaltungsperiode  in  dem  gymnasium 
kt  hat.  das  gymnasium  vermittelt  durch  seine  vom  Staate 
te  autorität  für  seine  schüler  das  Verhältnis  derselben  zu  den 
^n  des  Staates,  wo  sich  nun  einzelne  nicht  durch  staatlich 
vte  schulen,  sondern  durch  privaten  Unterricht  gymnasiale 
erworben  haben ,  da  fehlt  diese  vermittelung ;  sie  treten  un- 
r  in  Verhältnis  zu  den  forderungen  des  Staates,  welcher  fiir 
le  eigne  maturitätsprüfung  zu  ordnen  hat. 
i  uniformierung  der  gymnasialen  bildung  durch  mitwirkung 
igeschriebenen  maturitätsprüfung  hat  ihren  ausdruck  in  den 
rten  prädicaten  der  von  ihr  ausgestellten  Zeugnisse,  solche 
.  freilich  auch  sonst  in  der  Schulpraxis  aus  bequemlichkeit 
elitsamkeit  der  lehrer  vor,  aber  nichts  hindert,  dasz  sie  ab- 
nnd  durch  individualisierende  ausdrücke  ersetzt  werden, 
i.  gesetzlich  geordnete  prüfung  äind  formulierte  prädicate 
Ig.  ein  commissar ,  welcher  das  nur  aus  einer  prüfung  her- 
ide  maturitätszeugnis  zu  vertreten  hat,  ist  nicht  im  stände, 
pDigen  eines  schülers  individualisierend  zu  bezeugen,     das 


l 


110  Personalnotizen. 

V.  B  ebb  er,  ord.  lehrer  am  progymn.  in  Andernach,  zum  Oberlehrer  be< 

fördert. 
Binder,  etudienlehrer  in  Landau,  zum  enbrector  am  gymn.  in  Ludwigs- 

hafen  ernannt. 
Bock,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Lyok,  zum  Oberlehrer  ernannt. 
Brauer,  dr.,  privatdocent,  zum  ao.  prof.  der  Zoologie  an  der  anivenität 

Wien  ernannt. 
Collmann,   ord.  lehrer  an  der  höheren  bürg^rschule  1  ««Oberlehrern 

Ehlinger,  dr.,  ord.  lehrer  am  progymn.  in  Boppard    J         ^ 
Förster,    dr.,    gymnasiallehrer   in  Wien«   zum   ao.  prof.    fUr  roman. 

Philologie  an  der  univ.  Wien  ernannt. 
Fort  seh,   dr.,  director  emer.  des  gymn.  in  Naumburg,  jetzt  in  Jena, 

erhielt  den  preusz.  rothen  adlerorden  III  d.  mit  der  schleife. 
Franzky,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Spandau,  zpm  Oberlehrer  be- 
fördert. 
Görlitz,  dr. ,   Oberlehrer  am  Matthiasgymn.  in  Breslau, ^ 

an  das  gymn.  zu  Patschkau  ^    i   als  direetor 

Härtung,  dr.,    prorector   am   gymn.  in  Jaaer,  an  dasf      bemfeD. 

gymn.  zu  Burg  j 

Hausmann,  dr.,  gymnasialprofessor  in  Speier,  zum  lycealprofessor  in 

Dillingen  ernannt. 
Hörn  stein,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realsch.  in  Cassel  )  zu  Oberlehrern 
Hü 8 er,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Paderborn  |      befördert. 

Jeitteles,  Adalb.  dr.,  privatdocent  an  der  univ.  Prag,  zum  aniTersitäU- 

bibliothekar  in  Innsbruck  ernannt. 
Karabaiek,  dr. ,  privatdocent  an  der  univ.  Wien,  zum  ao.  prof.  f&r 

die  geschichte  des  Orients  daselbst  ernannt. 
Knobbe,  ord.  lehrer  am  KneiphÖfschen  gymnasium  zu^ 

Königsberg  in  Pr.  I  zu  Oberlehrern 

Ko estler,  ord.  lehrer  an  der  höheren  biirgerschule  zu f       befördert. 

Naumburg  j 

Kos  sin  a,  dr.,  oberl.  am  gymn.  in  Tilsit,  als  ^professor'  prädiciert 
Krähe,  religionslehrer  am  gymn.  in  Düsseldorf ,  zum  Oberlehrer  be- 
fördert. 
Krischek,  k.  k.  sectionsrath  in  Wien,  zum ministerialrath  im  ministerium 

für  cultus  und  Unterricht  ernannt. 
Lademann,  ord.  lehrer  am  gymnasium  in  Qreifswaldl  zu  oberlehren 
Leske,  inspector  an  der  ritterakademie  in  Liegnitz    f       befördert. 
Maiksner,  prof.  am  obergymn.  in  Agram,  zum  ord.  prof.  der  lateio. 

spräche  und  litteratur  an  der  Universität  daselbst  ernannt. 
Meinertz,  dr.,  gymnasiallehrer  in  Conitz,  zum  director  des  gymn.  in 

Braunsberg  ernannt. 
Milz,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymnasum  in  Aachen,  zum  Oberlehrer  be- 
fördert. 
V.  Morst  ein,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Posen,  zum  oberl.  amWilhelm»- 

gym.  zu  Königsberg  ernannt. 
Möbius,  dr.,  herzogl.  sftchs.  landesschulrath  in  Gotha,  erhielt  das  ritter- 

kreuz  des  Emestin.  hausordens. 
Müller,  dr.  Chr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Aachen  I  zn  Oberlehrern  be- 
Müller, dr.  Heinr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Borg  f  fördert. 
Münscher,  dr.,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Torgau,  als  prorector  an  du 

gymn.  in  Jauer  berufen. 
Nodilo,  prof.  am  gymn.  in  Zara,  zum  ord.  prof.  der  geschichte  an  der 

univ.  A^ram  ernannt. 
Pappenhe^im,  dr.,  ord.  lehrer  am  Cölnischen  gymn.  in  Berlin,  zum 

Oberlehrer  befördert. 
Pauli,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realschale  in  Hannover,  zum  Oberlehrer 

ernannt. 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätspräfnng.  91 

lie  innerhalb  ihres  kreises  eine  Unendlichkeit  concentriert  und 
lalb  ihrer  grenzen  dem  ethischen  gehalte  nach  das  leistet,  was 
teilst  begabte  in  weitem  umfange  erreicht,  ist  ein  menschliches 
Ulf  welches  auch  die  pädagogik  gerichtet  sein  musz.  mittel- 
l  begabte  und  langsame  geister  ersetzen  nicht  selten  die 
tlhaftigkeit  der  gaben  und  der  leichtigkeit  der  fassung  und 
heoretischen  fortschreitens  durch  die  entschiedenheit  der 
(on  richtnng  und  durch  die  continuität  und  die  nachhaltigkeit 
iszes,  in  welchen  schon  eine  Verwandtschaft  mit  dem  gegen* 
ist.  der  sinnige,  gespannte,  zusammenhängende  fleisz  in 
leialen  Studien,  welcher  eben  so  sehr  eine  gäbe,  als  eine  tugend 
',  an  sich  schon  ein  beweis  für  eine  besondere  qualification  für 
sehaftliche  Studien,  denn  er  hat  seine  quelle  in  der  congenia- 
les  geistes  mit  der  theoretischen  aufgäbe,  der  verständige 
erkennt  in  diesem  die  bürgschaft  für  nachhaltige  und  brauch- 
listungen  und  weisz  einen  aus  dieser  innem  gegenständlichen 
adtschaft  hervorgehenden  fleisz  von  dem  mechanischen,  dem 
rtande  innerlich  fremden  und  schwerfälligen  und  mühseligen 
A,  das  oft  nur  durch  unreine  motive  in  bewegung  gesetzt 
EU  unterscheiden,  auf  leistungen  von  schülem  dieser  geistigen 
Kmlichkeit,  so  wie  sie  während  des  gymnasialen  ganges  hor- 
ten, ist  nach  dem  objectiven  gleichmasze  der  maturitätsprü- 
tur  eine  niedere  abstufung  des  beurteilenden  prädicats  ver- 
•r,  während  die  sichtbar  werdende  geistige  und  sich  an- 
lende  richtung,  deren  zukünftige  entwickeiung  gute  erfolge 
ieht,  sich,  der  vorgeschriebenen  beurteilung  entzieht,  ein 
s,  das  nach  dem  selbständigen  ermessen  des  lehrers  indivi- 
Hi,  kann  diesem  unrecht  vorsichtig  und  umsichtig  abhelfen, 
lerer  schüler  besitzt  die  leichtigkeit  der  fassung  gymnasialer 
Ainde,  macht  in  den  anfangen  der  biidung,  mit  welchen  das 
man  es  zu  thun  hat,  continuierliche  fortschritte.  &ber  es 
hm  die  entschiedenheit  der  individuellen  geistigen  richtung, 
Iriier  die  nachhaltigkeit  der  erfolge  bedingt  ist.  seinen 
gen  musz  die  maturitätsprüfung  ein  gutes ,  vielleicht  vorzüg- 
iBfQgnis  erteilen,  ein  lehrer  würde  aus  habitueller  künde, 
%k  dem  gegenwärtigen  die  zukunft  der  entwickeiung  angelegt 
igedeutet  sieht,  vorsichtiger  urteilen,  das  masz  der  beur- 
Pder  befähigung  für  wissenschaftliche  Studien  und  andere 
lerufe  ist  tiberall  ein  qualitatives,  das  die  augelegte  eigen- 
ikeit  der  geistigen  richtung  ins  äuge  faszt.  es  gibt  reich  und 
iddedener  richtung  begabte  geister,  welche  nicht  zu  wissen- 
bhen  Studien  innerlich  berufen  sind,  sondern  praktischen 
lerufen  angehören,  wenn  auch  für  diese  der  gang  durch  das 
Sxuaa.  nützlich ,  ja  notwendig  ist,  leisten  sie  doch  nicht  für  die 
Idie  mitte  desselben  das,  was  minder  befähigte  schüler  er- 
jji  damit  auch  sie  den  rechten  gewinn  von  dem  gymnasium 
Mamit  ihnen  nicht  ein  unrecht  der  behandlung  und  der  beur- 

i 


112  Personalnotizen. 

In  rahesiaiid  getretent 

Friedhoff,  dr.,  ao.  professor  an  der  akademie  za  Münster. 
Hess,  Stadienlehrer  in  Nördlingen. 
Stolz,  dr.,  subrector  in  Pirmasens. 

Gestorben  t 

Beitelrock,  Joh.  Mich.,  professor  am  Lycenm  zn  Aschaffenbnrg,  am 

1  decbr.  1874. 
B lahme,  dr.  Fr,,  geheimrath,  ord.  professor  der  jorispradenz  an  der 

uniy.  Bonn,  am  6  novbr.  1874,  77jährig. 
Brandes,  dr.  prof.,  emer.  director  des  gymn.  in  Lemgo,  am  30  dec.  1874 

za  Salzuffeln  (geograph.  Schriftsteller). 
Brenner,  dr.  Friedr.,  docent  der  psjohiatrie  an  der  univ.  Basel,  am 

31  oct.  1874. 
Backendahl,  ord.  lehrer  an  der  realschale  zn  Düsseldorf. 
Cron,  Heinr.,  stadienlehrer  in  Ansbach,  am  31  decbr.  1874. 
Deiohmann,  dr.,  professor  am  gymn.  in  Hersfeld,  starb  zn  Bonn  am 

12  noy.  1874. 
F'iedler,  dr.,  Oberlehrer,  professor  am  gymn.  in  Leobsehütz. 
Qoldhorn,  dr.  th.,  hofrath  und  nniversitätsbibliothekar  an  der  aniT. 

Leipzig,  am  21  decbr.  1874. 
van  Hasselt,  Andr^,  kansthistoriker  and  lyrischer  dichter,  am  belgi- 
sches Schulwesen  verdient ,  mitglied  der  akademie  in  Brüssel,  am 

30  novbr.  1874. 
Hitzig,  dr.  Ferdin.,  geh.  kirchenrath,  ord.  prof.  der  theologie  an  der 

uniy.  Heidelberg,  am  22  jannar  (ein  meister  alttestam.  exegese). 
Koppe,  Karl,  prof.,  Oberlehrer  a.  d.  am  gymn.  in  Soest,  am  10  novbr. 

1874,  71  jähre  alt. 
Koppstadt,  Hago,  Oberlehrer  a.  d.  an  der  realsobnle  in  Grefeld,  am 

9  novbr.  1874,  57  jähre  alt. 
Matz,  dr.  Fr.,  ao.  professor  der  archäologie  an  der  nniy.  Berlin,  am 

30  dec.  1874,  30  jähre  alt. 
Nagel,  dr.  prof.,  emer.  Oberlehrer  der  realschale  in  Mülheim  a.  d.  B^ 

am  26  decbr.  1874  zn  Hochheim. 
Nipperdey,  dr.,  ord.  prof.  der  classisohen  philologie  an  dernniF.  Jens, 

am  2  Januar. 
Rochleder,  dr.,  ao.  prof.  der  chemie  an  der  nniy.  Wien,  am  5  noybr. 

1874,  63  Jahre  alt. 
Scheele,  dr.  professor,  rector  des  domgymnasinms  in  Menebanr.  am 

1  decbr.  1874.  •' 

Steininger,  professor  emer.  am  gymn.  zu  Trier,  am  11  octbr«  1874, 

80  jähre  alt. 
Stephan,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Leobsehütz. 
Thiele,  etatsrath,  director  der  königl.  kapferstiehsammlnng  in  Kopen« 

hagen,  als  dichter  und  kansthistoriker  bekannt,  am  9  noTbr.  1874, 

79  jähre  alt. 

Thtirlings,  ord.  lehrer  am  gymn.  zn  Marzellen  in  Köln,  am  ISnorem- 

her  1874. 
y.  Tisch endorf,  Constantin,  dr.,  geheimrath,  ord.  prof.  der  theologie 

an  der  nniy.  Leipzig,  berühmter  bibeltextforsoher,  am  7  dee.  1874, 

60  jähre  alt. 

T.  Wattenwyl,  dr.,  schweizerischer  geschichtsforscher,  am  14  decbr. 
1874  in  Bern. 

Zetters tedt,  Joh.  Wilh.,  professor  der  Zoologie  an  der  nniy.  Land, 
am  ^S  decbr.  1874,  90  jähre  alt 


A.  Schaabach:  griech.  yocabalarium  für  den  elementarunterricht.  93 

itt  smn  der  humaniiSt  und  erziehende  fürsorge  fordern ,  dasz  jähre 
iaog  vorher  begangene  unarten  und  vergehen  nicht  in  dem  zeugnis 
Bichgetragen  werden,  für  die  schale  sind  sie  durch  die  disciplinar- 
itnfe  abgebüszt.  der  schatten  des  bösen ,  der  die  seele  deprimiert, 
<iiif  den  schtüer  nicht  auf  seinem  gymnasialen  gange  bis  zum  schlusz 
begleiten,  thorheiten,  Yenrrungen,  schülerstreiche  dürfen  dem 
sehfller  nicht  schwarz  auf  weisz  auf  seinen  lebensweg  mitgegeben 
werden,  das  zeugnis  geht  aus  dem  rückblick  auf  die  Vergangenheit 
knror;  aber  es  ist  zu  bedenken,  dasz  es  eine  Wirkung  für  die  zu- 
kauft hat.  es  erscheint  als  ein  widerlicher  pharisäismus ,  wenn  die 
qaantitatiYen  unterschiede  sogar  auf  das  betragen ,  das  disciplinare 
«igebnls  ausgedehnt  und  dies  mit  nummem  bezeichnet  wird,  wenn 
ein  Bchüler  sich  rühmt,  er  habe  im  maturitätszeugnis  für  sein 
wiesen  die  nummer  III,  aber  für  sein  sittliches  verhalten  die  num- 
Btfl,  oder  gar,  er  habe  für  beide  die  nummer  I  bekommen,  aber 
^8  leugnis  darf  nicht  gleichgültig  gegen  das  verhalten  des  schülers 
üf  seinem  gange  durch  die  schule  sein ;  es  ist  der  schlusz  der  dis- 
opUnaren  zocht.  gerade  das  sittenzeugnis  forderte  pädagogische 
iMieht  und  vorsieht,  Weisheit  und  ernst,  welche  nur  in  der  freien 
idbstSndigkfiit  des  rectors  und  in  der  in  ihr  begründeten  individua- 
^inerenden  weise  des  ermessens  sich  bewährea  können. 

Lübeck.  Rikck. 


4. 

^tlECHISCHES  VOCABULARIUM  FÜR   DEN   ELEMENTARUNTERRICHT  VON 
A.  SCHÄUBACH,  PROFESSOR  AM  GYMNASIUM  BerNHARDINUM  ZU 

Meiningen.    Leipzig,  druck  und  verlag  vcn  B.  G.  Teubner.   1873. 

Zur  schnellem  fÖrderung  auch  in  der  griechischen  lectüre  dient 
wortkenntnis.  welche  werte  also  soll  der  schüler  lernen?  doch  wol 
■die,  welche  er  bei  seiner  lectüre  und  für  dieselbe  braucht,  äuszerst 
BftWeh  ist  es  demnach  für  den  anfänger  im  griechischen ,  wenn  er 
algehalten  wird,  nicht  nur  die  Wörter  seines  elementarbuch s  zu  1er- 
stn,  sondern  auch  die,  welche  er  bei  der  lectüre  der  folgenden  classe 
Inacht.  das  buch  aber ,  welches  dem  schüler  im  zweiten  jähre  des 
igriediisehen  Unterrichts  in  die  bände  gegeben  wird,  ist  und  wird 
wol  auch  bleiben  Xenophons  anabasis.  welche  erleichterung  und 
förderung  also  für  den  schüler,  wenn  er  in  die  tertia  eintritt  und 
einen  ansehnlichen  vorrath  von  vocabeln  für  die  lectüre  der  genann- 
ten Schrift  mitbringt. 

Nach  dieser  richtung  hin  ist  vorstehendes  griechisches  vocabu- 
larium  für  den  elementarunterricht  abgefaszt.  das  bücheichen  ent- 
hält auf  31  Seiten  grösten teils  worte  aus  der  anabasis,  wobei  auch 
andere  nicht  in  der  genannten  schrift  vorkommende  aber  sonst  be- 
kannte Worte  nicht  fehlen,  bei  den  Substantiven  sind  gonetiv  und 
.geschlecht,  bei  den  adjectiven  die  endungen  angegeben;  den  unregel- 


94  U.  Heskamp:  etymologisches  lateinisches  vocabnlariom 

mäszigen  verben  sind  die  tempora  zugefügt,  eine  art  Stufenfolge  Tom 
leichteren  zum  schwereren ,  vom  bekannten  zum  unbekannteren  ist 
angedeutet  und  durch  zahlen  bezeichnet. 

Das  buch  wird  seit  seinem  erscheinen  mit  viislem  nntMB  im 
hifiirnfjnn  gjmnaainm  gebraucht,  wir  empfehlen  dasselbe  angelegvni- 
lieh  zum  weitem  gebrauch. 

HiLDBUirOHAUSF.N.  DoBBRunL 


5. 

Etymologisches   lateinisches   vocabularium    fOb  sbxta  mn^ 

QUINTA    SYSTEMATISCH    GEORDNET    VON   DR.   HsiNBIOH  Htl-  ' 

KAMP.    Hildesheim  1874. 

Einen  wesentlichen  bestandteil  des  lateinischen  nnterrieliti  tt 
der  sexta  und  quinta  bildet  heutzutage  das  vocabellemen.    lA  Ug^ 
heutzutage,  denn  vor  nicht  gar  langer  zeit  glaubte  man  davon  vdKf  i 
absehen  und  mit  demjenigen  Wörterschatz  sich  begnügen  zn  kösBüi^  j 
welcher  sich  unmittelbar  aus  dem  Übersetzungsstoff  nnd  der  grt**  ; 
matik  ergab,   seitdem  sich  aber  die  ansieht,  dasz  die  auf  diese  wfliit  j 
erlangte  Sprachkenntnis  nicht  ausreiche,  bahn  gebrochen  hatte^  sd^  1 
dem  entstand  die  frage,  ob  man  die  vocabularien,  welche  man  te 
Schülern  in  die  band  gab,  nach  sachlichem  oder  etymologischem  g^ 
sichtspunct  ordnen  dh.  ob  man  die  Wörter  nach  ihrer  gemeinsehift^ 
liehen  beziehung  auf  einen  gegenständ  oder  nach  ihrer  etymoloipt' 
sehen  Verwandtschaft  zusammenstellen  solle. 

Diesem  zweiten  gesichtspunct  nun  hat  man  allmfthlich  den  voi^ 
zug  gegeben  und  zwar  deshalb ,  weil  er  sich  aus  der  spräche  sdblt 
ergibt  und  weil  die  erlemung  der  spräche  nach  ihrem  innem  baa. 
der  hauptzweck  des  Unterrichts  ist. 

Die  etymologische  Zusammenstellung  der  Wörter  führt  60k 
Schüler  früh  auf  dem  wege  der  unmittelbaren  anschaunng  in  difr 
wortbildungslehre  ein  und  regt  hierdurch  das  nachdenken  und  dit 
selbstthStigkeit  des  schülers  in  nachdrücklicher  weise  an.  auch  wM 
dem  Schüler  viel  zeit  erspart  durch  das  vermeiden  des  vocabel-aat* 
schlagens.  denn  da  er  schon  früh  an  die  etymologische  methode  ge- 
wöhnt ist,  so  werden  die  gleichen  sprach-  und  ableitungsgesetie  ia 
ihm  fest  und  lebendig,  und  er  wird  nach  und  nach  selbst  bei  minte 
bekannten  vocabeln  die  Verwandtschaft  der  abgeleiteten  Wörter  mÜ 
der  Wurzel  sehen ;  statt  mechanisch  aufzuschlagen  wird  er  denkea 
lernen. 

Nicht  zu  unterschätzen  ist  femer  das  sinnliche  element  dei 
spräche,  die  gewöhnung  an  den  klang,  welche  die  aneignung  nnd  aa- 
schauung  der  spräche  in  hohem  grade  erleichtert  und  doppelt  toi^ 
teilhaft  wirkt,  wenn  sie  mit  den  Sprachgesetzen  und  der  bedentaag 
der  Wörter  in  innerer  Verbindung  steht ,  was  eben  durch  die  etfoio* 
^^1     3he  Zusammenstellung  der  werte  erreicht  wird. 


för  sexta  und  quinta.  9& 

Diese  betrachtungen  haben  auch  den  Verfasser  des  uns  vor- 
legenden bfichleins  nach  seiner  eigenen  aussage  in  der  vorrede  be- 
wogen den  Stoff  etymologisch  zu  ordnen. 

Der  inhalt  ist  kurz  folgender,  es  sind  auf  den  ersten  10  Seiten 
& declinationen  abgehandelt  und. flüL jftd^^Mwr akihigiiiwa  «nasritt 
ron  wnrsAkvtastftirtfven  zusammengestellt,  denen  oft  ein  abgeleitetes 
inptwort  oder  adjectiv  zugefügt  ist,  bisweilen  auch  eine  etwas 
^ere  Verbindung  von  Wörtern,  um  dadurch  die  bedeutung  zu 
hieren  und  auch  die  phraseologie  nicht  ganz  auszer  acht  zu  lassen, 
loch  hat  der  Verfasser,  wie  er  es  auch  selbst  bemerkt,  sich  auf  das 
nebtigste  beschrftnkt.  zu  erwähnen  ist  hier  gleich,  dasz  fast  zu 
Bdem  wort  ein  im  deutschen  eingebürgertes  fremdwort  gesetzt  ist^ 
M  mit  dem  lateinischen  in  mehr  oder  minder  leicht  erkennbarem 
munmenhang  steht. 

Es  folgt  dann  eine  reihe  von  Substantiven,  welche  sachlich  der- 
dben  begriffssphSre  angehören,  über  thier  bäum  und  blume. 

Die  conjugationen  werden  auf  ungefähr  30  selten  behandelt, 
n  regelmäszigen  verben  der  betreffenden  conjugation  folgen  die 
iregelmSszigen;  den  einzelnen  stammverben  schlieszen  sich  —  und 
ikrt  etwas  reichhaltiger  —  abgeleitete  substantiva,  adjectiva  und 
vte,  öfters  auch  eine  häufig  vorkommende  phrase  an  zb.  s.  15  ex- 
|irare  vitam,  s.  25  pigri  discipuli  poena  afQciuntur,  s.  17  victoriam 
Ifortare  ab  hostibus.  nachdem  dann  am  ende  der  vier  conjugatio- 
Hun  die  verba  anomala  sum,  fero,  volo,  eo,  fio  mit  einzelnen  zu> 
lien  und  ableitungen  vorgeführt  sind ,  gibt  der  anhang  auf  s.  45 
k  48  eine  reihe  von  Sentenzen  und  Sprichwörtern,  welche  meistens 
fader  mit  deutschen  Sprichwörtern  übersetzt  werden. 

Dies  ist  in  kurzem  der  plan  und  inhalt  des  büchleins ,  und  es 
M)t  uns  jetzt  noch  übrig,  über  den  werth  und  die  anwendbarkeit 
IMelben  in  den  schulen  einige  worte  zu  sagen. 

Zuerst  möchte  es  zu  bedauern  sein,  dasz  der  verf.  sich  nicht  an 

der  bestehenden  lesebücher  angeschlossen  hat,  wodurch  eine 

einheit  des  Unterrichts  erzielt  worden  wäre,     vielleicht 

man,  so  geringfügig  auch  bei  richtiger  Würdigung  der  ge- 

aufgabe  dieser  umstand  ist,  behaupten,  dasz  aus  ihm  einige 

werkchen  selbst  anhaftende  schwächen,  die  im  folgenden  näher 
werden  sollen,  entsprungen  sind. 

Man  wird  mit  mir  wol  darin  übereinstimmen,  dasz  die  brauch- 

It  eines  solchen  vocabulariums  auf  der  geschicklicbkeit  beruht, 
I  welcher  der  verf.  den  stoff  ausgewählt  und  begrenzt  hat.    denn 

Pf  kommt  es  ja  an,   dasz  der  scbüler  die  gelernten  vocabeln 
zu  verwenden  gelegenheit  hat,  da  sonst  der  mühsam  erlernte 
rorrath   todt   bleibt  und   sich  eben  deshalb  verflüchtigt,     mit 
wort,  es  scheint  mir,  als  ob  man  selbst  bei  einer  so  kleinen 
von  Wörtern,  wie  sie  der  verf.  in  aussieht  genommen  hat, 
rerlich  Wörter  wie  causa,  dementia,  cura,  ratio  u.  a.  wird  ent- 
können^  von  denen  sich  nur  cura,  jedoch  erst  bei  der  ersten 


116  Mataritätszeugnis ,  nicht  maturitätsprAfung. 

nicht  nach  einer  Vereinzelung  der  vorteile  oder  der  nachteile,  son- 
dern nnr  aus  dem  begriff  selbst  entscheiden,  das  specifische  prindp 
der  schnle  ist  das  der  subjectivit&t  des  perä({nlichen  verhftltnisses, 
der  autoritftt  und  der  pietät,  das  des  Staates  das  der  objectivität  des 
rechts,  des  gesetzes.  die  ttbertragong  einer  ol^jectiv  gesetzlichen  be- 
stimmnng  des  Staates  in  acte  der  schale  ist  eine  Verwirrung  der 
grenzen  (öpoi)  dieser  gebiete ,  verletzt  das  speeifische  princip ,  den 
pttdagogischen  Charakter  der  schulen,  wenn  das  bureaukratische  mis- 
trauen  gegen  die  einsidit  und  die  fUhigkeit,  den  redlichen  willen 
der  untergebenen,  welches  diese  Verwirrung  verschuldet,  nicht  mehr 
die  herschaft  hat,  wenn  jedem  einzelnen  gjmnasium  und  dem  rector 
eine  durch  berücksichtigung  des  individuellen  einzelnen,  so  wie 
durch  verantwortliche  Selbständigkeit  kräftige  action  zurückgegeben 
wird ,  dann  wird  der  innere  pädagogische  widersprach  einer  gesetz- 
lich geordneten  maturitätsprdfang  von  selbst  auch  dem  allgemeinen 
bewustsein  klar  und  der  wegfall  derselben  ergibt  sich  als  eine  innere 
notwendigkeit.  dann  wird  das  in  dem  Charakter  der  schule  und  in 
der  natur  des  actes  begründete  Verhältnis  wieder  hergestellt  werden, 
dasz  der  reotor  auf  seine  alleinige  autorität  ein  maturitätszeugnis 
ausstelle,  wie  dem  rector  Selbständigkeit  von  oben  gebührt,  so  auch 
von  unten,  eine  abhängigkeit  desselben  von  einer  majorität  der 
lehrer  widerspricht  ebenfalls  dem  pädagogischen  Charakter  der  schnl- 
leitung.  es  ist  ein  widersprach  mit  heillosen  folgen,  wenn  der  rector, 
welchem  allein  die  verantwortliche  leitung  des  ganzen  des  gymna- 
sialen ganges  zusteht,  in  aller  form  rechtens  der  zuüllligkeit  einer 
majoritätsentscheidung  unterliegt,  wenn  ein  zeugnis  Über  die  matu- 
rität  durch  eine  entscheidung  von  oben  oder  von  unten  zu  stände 
kommen  kann,  eine  abhängigkeit  von  der  beliebigkeit  und  zufUlig- 
keit  eines  majoritätsbeschlnsses  vernichtet  die  festigkeit  und  einheit 
der  gymnasialen  praxis  in  allem  bedeutungsvollen  und  entscheiden- 
den, was  die  unterricht^ehörde  für  die  einheit  und  gesetzlichkeit 
der  ausstellung  des  maturitätszeugnisses  kann,  ist  die  anordnung 
fester  formen,  welche  der  bedeutung  dieses  actes  gemäsz  sind,  die 
strenge  der  form  schützt  an  sich  schon  gegen  Willkür  und  leicht- 
fertigkeit.  die  abfassung  eines  ofüciellen  documents  über  den  gang 
der  berathnng  mit  den  lehrern  der  prima  und  deren  ergebnisse  und 
über  den  abschlusz  des  Zeugnisses  werde  verordnet,  es  ist  unwider- 
leglich klar,  dasz  der  rector  für  eine  maturitätserklärung  einer  be* 
sondern  prüfung  nicht  bedarf,  dasz  er  in  seiner  amtlichen  thätigkeit 
ein  wahreres  und  gerechteres  zeugnis  auszustellen  im  stände  ist,  als 
durch  eine  temporelle  prüfung  ermittelt  werden  kann ,  dasz  das  in 
der  natur  der  sache  begründete  verfahren  durch  nichts  anderes  und 
besseres  ersetzt  werden  kann,  dies  verfahren  ist  beseitigt  und  an 
dessen  stelle  eine  prüfung  nach  formulierten  Vorschriften,  durch  ein 
collegium ,  welches  nach  majorität  entscheidet,  unter  einer  amtlichen 
aufsieht  und  Verantwortung,  eine  institution,  welche  gar  nicht  mehr 
wie  eine  pädagogische  aussieht ,  gesetzt  in  der  absieht ,  so  eine  ein- 


für  Bexta  and  quinta.  97 

tion  hunger  isi  der  beste  koch.  s.  48  mens  pia,  mens  hilaris  stu- 
ionqiie  et  artis  amatrix  fröhlicher,  fleisziger,  frommer  mnt  ist  der 
kodenien  höchstes  gut.  non  flos,  sed  flores  faciont  ex  arte  corollam 
iie  lehwalbe  macht  keinen  sommer.  preces  magnatom  armatae 
pmiOT  herren  bitten  sind  befehle. 

Man  wird  wol  zugestehen,  dasz  alle  diese  ausstellungen  das 
zwar  mit  recht  treffen ,  jedoch  vielleicht  nicht  ausreichend 
od,  um  es  f&r  die  schule  ganz  untauglich  zu  machen. 

Aber  noch  ein  fehler  entstellt  das  werkchen^  der  es  nach  mei^ 
ur  meinung  für  die  schüler  der  sexta  und  quinta  gänzlich  unbrauch- 
br  madit.  ich  habe  bereits  oben  die  aufmerksamkeit  darauf  ge- 
Utet,  dasz  der  Verfasser  überall,  wo  es  nur  angieng,  die  deut- 
Kken  fremdwörter  den  betreffenden  lateinischen  Stammwörtern  zu- 
fmUli  hat.  als  grund  gibt  er  an ,  dasz  der  schüler  sich  schon  fi*üh 
a  diese  firemdlinge  in  der  spräche  gewöhnen  müsse ,  damit  es  ihm 
lidit  ergehe  wie  zwei  ärzten,  welche  condensiert  von  contendere  ab- 
efteten.  das  ist  allerdings  ein  trauriges  zeugnis  für  die  herren,  aber 
bnhaus  nichts,  woraus  der  verf.  die  berechtigung  herleiten  könnte, 
nt  solchen  fremdwörtem  ein  für  die  untersten  stufen  des  gymna- 
km  bestimmtes  buch  so  freigebig  auszustatten,  wenn  der  lehrer 
In  deutschen  gelegentlich  —  nicht  systematisch  —  die  vorkommen- 
Itt  fremdwörter  erklärt ,  so  ist  er  auf  seinem  gebiet ,  wenn  aber  im 
ifeinischen  zu  den  vocabeln  mit  ihrer  bedeutung  noch  andere  deut« 
pke  Wörter  hinzutreten,  die  gelernt  und  verstanden  werden  sollen, 
i  ist  dies  eine  viel  zu  starke  anforderung  an  die  kraft  der  schüler. 
Ivn  diese  fremdwörter  nur  als  Übersetzung  der  lateinischen  auf- 
mioii  d.  h.  mit  den  lateinischen  dem  Wortlaut  nach  ganz  überein- 
jhinon,  wie  natur,  ferien,  bestie,  so  ist  dies  wenn  nicht  gerade  zu 
Aen,  so  doch  zu  dulden,  da  diese  werte  wenigstens  selbst  dem  jüng- 
ihrem  sinne  nach  bekannt  sind  und  die  erkenntnis  des  Ursprungs 
bis  dahin  unklaren  begriff  des  mechanisch  angewandten  wertes 
lügt  und  fixiert,  lesen  die  schüler  jedoch  Wörter  wie  Aa  s.  1 
aqua,  pennal,  pennäler  s.  1  unter  penna,  revacdnation  s.  2 
vacca,  ultramontan  s.  8  unter  mens,  investitur  s.  10  unter 
und  viele  derartige,  so  verstehen  sie  dieselben  nicht,  und  der 
müste  sie,  obgleich  die  ableitung  gegeben  ist,  noch  erklären, 
aber  ist  eben  sache  des  deutschen  lehrers,  welcher  den  in  der 
len  stunde  gesammelten  wortvorrath  auszunutzen  verstehen 
—  ganz  abgesehen  von  der  praktischen  unzuträglichkeit,  dasz 
Im  erklärungen  eine  zu  grosze  zeit  beanspruchen  und  oft  den 
ladpunct  des  Schülers,  den  sie  voraussetzen,  nicht  vorfinden. 
L  Zu  all  diesen  mangeln  kommt  dann  noch  eine  fehlerhafte  ortbo- 
ie.  zwar  sagt  der  Verfasser  in  seiner  vorrede,  dasz  er  in  der 
abweise  den  lehren  von  Corssen,  Neue,  Wagner  gefolgt  sei, 
iwol  schreibt  er  an  der  einen  stelle  s.  3  humus  humi  iaceo 
ddns  humilis,  an  einer  andern  s.  19  richtig  umidus  umus  umi 
warum,  fragt  man  weiter,  schreibt  er  denn  nicht  promunto- 

,  jahrb.  f.  phU.  xx.  p&d.  H  abt.  1875.  hft  2.  7 


98  Lehrbuch  für  den  eagengeschichtlichen  onterricht 

rium  statt  Promontorium  s.  8  —  das  wort  kommt  nach  Gorssen  foo 
promineo  her  —  conubium  statt  connubium ,  genetivus  statt  gni- 
tivus  8.  33,  anulus  statt  annulus  s.  2  ?  hierher  ziehe  ich  auch  iQgM 
duodecim  tabularum  s.  2,  denn  es  steht  hinlänglich  fest,  dassü« 
richtige  ausdrucksweise  lex  d.  t.  ist. 

Alle  diese  vorwürfe  beziehen  sich  auf  den  innem  gehalt  dM 
buches,  aber  auch  gegen  die  äuszere  ausstattung  desselben  is(  maft' 
ches  zu  erinnern,  denn  es  findet  sich  eine  grosze  menge  von  dmdC' 
fehlem,  die  durch  die  eigentümlichen  entsteUungen  der  werte  ungo* 
mein  störend  wirken,  ich  lasse  hier  ein  ziemlich  ToUstftndiges  vflr* 
zeichnis  derselben  folgen:  s.  5  viritum  statt  viritim;  s.  14  arrogitii 
statt  arrogantia;  s.  21  voceo  statt  voyeo;  s.  23  cicida  acuta  Mi 
cicada  a. ;  s.  24  abigo  abigi  statt  abigo  abegi;  s.  26  sarificere  Mi 
sacrificere;  ebd.  adjecere  statt  adjicere  ;  s.  27  fodeo  statt  fodio;  M* 
linguo  statt  linquo;  s.  28  bibi  statt  bibo;  s.  29  effigres  statt  efifigiflt 
ebd.  flustus  statt  fluctus;  s.  35  Flamminius  iratus  se  ex  consQb 
statt  Flammius  usw.    wss  doch  wol  Flaminius  heiszen  soll? 

EÖMIOSBERG.  KaUSCB. 

6. 

LEHBBÜCHEB  FOB  DEN  SAaENOESCHIGHTLICHEN 

ÜNTERBICHT. 

1)  DB.  O.  Schöne:  orieohisohe,  römisohb,  dbotsohb  SAoniflh 

,    DEM  UNTERRICHT  IN  DEN  UNTEREN  0LA88EN.     ZWEITE  AUTLAfli 

Iserlohn,  J.  Bädeker.    1868.   kL  8. 

2)  H.  Mehl:  die  schönsten  sagen  des  classiscren  altebtihi 

UND  des  deutschen  MITTELALTERS.  FÜR  DIE  JUGEND  BRsIBC; 
UND  ALS  VORSTUFE  DES  GESCHICHTLICHEN  UNTERRICHTS  BBAl 

REITET.    Wien,  A.  Pichlers  witwe  und  sehn.    (Jahreszahl  feUt.)  i 
3)0.    Kirchner:    Grundrisse  der  Mythologie  und  SAOi 

GESCHICHTE  DER  GRIECHEN  UND  RÖMER.    ZWEITE  AUFLAGE.    Ckirl 

C.  B.  Griesbach.    1872.   8. 

Nach  dem  jetzt  gültigen  normallehrplan  der  preuBzischen  gjfl 
nasien  beginnt  auf  denselben  der  geschichtsunterricht  erst  im  dl 
quarta  mit  den  wichtigsten  capiteln  der  griechischen  und  rOmisehi 
geschichte.  ref.  glaubt,  dasz  dieses  aus  mehr  als  einem  gnmde  wiA 
richtig  ist  zunächst  ist  es  fUr  ziemlich  unmöglich  zu  halten.  Im 
zwei  wöchentlichen  lehrstunden  auch  nur  die  hauptsachen  aus  dl 
griechischen  und  römischen  geschichte  in  einem  jähre  dmehzinMi 
men.  sodann  httlt  ref.  für  nötig,  dasz  den  schülem  nicht  nor  eil 
kurze  Übersicht  der  hauptthatsachen  auch  aus  der  orientalischeiigi 
schichte  gegeben  wird,  sondern  auch  dasz  sie  mit  den  wichtigi 
ren  sagen  des  classischen  und  des  deutschen  altertuH 
schon  früh  vertraut  gemacht  werden,  die  ersten  beiden  grUai 
machen  geschichtsstunden  auch  schon  in  quin ta  nötigi  deren  pai 


Lehrbuch  für  den  sagengeschichtlichen  nnterrichi   \        99 

mm  dann  die  orientalische  und  griechische  geschichte  bilden  würde, 
wShrend  der  quarta  allein  die  römische  geschichte  verbliebe,  an 
deren  bewältigung  man ,  will  man  nicht  gar  zu  oberflächlich  sein, 
auch  schon  in  dieser  classe  hinreichend  für  ein  jähr  zu  thun  hat. 
du  von  uns  geforderte-  bekanntwerden  der  schüler  mit  den  sagen 
aberlSszt  sich  nur,  und  da  sehr  passend,  in  sexta  bewerkstelligen, 
die  Sextaner  haben  für  die  sagen  die  allermeiste  empfänglichkeit, 
bSien  and  behalten  sie  mit  dem  grösten  eifer;  man  hat  in  sexta  zeit, 
die  wichtigeren  sagen  genauer  und  ausführlicher  durchzunehmen, 
was  doch  nötig  ist,  soll  die  sache  überhaupt  zweck  und  werth  haben, 
•b  wenn  man  sie  nur  gelegentlich  im  deutschen  Unterricht  zu  auf- 
tttsen  benutzt,  oder  gar  bei  der  lateinischen  lectüre  beiläufig 
DitteilL  auch  die  absieht  Lattmanns,  durch  die  lateinische 
leetttre  bekanntschaft  mit  einigen  sagen  zu  bewirken,  kann  ref. 
aieht  für  genügend  halten ;  die  in  Lattmanns  lateinischem  lesebuch 
gebotenen  sagen  sind  doch  etwas  gar  zu  kurz ,  auch  ist  ja  das  lese- 
bach  in  VI  noch  nicht  anwendbar. 

Bef.  hält  also  dafür,  dasz  in  sexta  zwei  wöchentliche  stunden 
zo  den  bisherigen  28  hinzuzulegen  sind  (30  stunden  sind  wirklich 
Mich  für  einen  sextaner  nicht  zu  viel ',  auch  sind  diese  erzählungs- 
sionden  mehr  erholung  für  die  kleinen  als  anstrengung) ,  und  dasz 
dieselben  für  sagengeschichte  verwandt  werden. '   da  wird  man  dann 
MÜ  haben,  die  schönsten  und  wichtigsten  sagen  der  Griechen,  Bömer 
imd  Deutschen  den  schülem  vorzutragen,  sie  wiedererzählen  zu  lassen 
md  durch  öftere  repetitionen  einzuprägen,    sehr  passend  würde  es 
MS,  wenn  der  lehrer  des  deutschen  in  sexta  zugleich  diese  sagen- 
geschichte lehrte,  und  dann  den  so  gewonnenen  stoff  öfter  zu  kleinen 
idrriftlichen  darstellungen  verwendete,     die  orientalischen  sagen 
bSnnte  man  eventuell  noch  bis  quinta  aufschieben  (ohnehin  be- 
Nhtfinkt  sich  ja  das,  was  von  ihnen  zu  geben  ist,  wesentlich  auf  die 
geeehichte  des  Cyrus);  die  römischen  königssagen  musz  man  ja 
jedenfalls  in  quarta  wiederholen:  fehlt  es  also  in  sexta  für  sie  an 
nii,  80  mag  man  auch  sie  aufsparen,   dagegen  möchte  ref.  auf  keinen 
Uldie  deutschen  sagen  in  sexta  missen,    der  knabe  musz  schon 
&1lh  mit  den  sagen  der  deutschen  vorzeit  bekannt  gemacht  werden; 
vnd  sie  im  Zusammenhang  vorzutragen  findet  sich  später  erst  in  den 
obersten  classen,  und  auch  da  nur  wenig  gelegenheit.    daher  sollten 
lOermindestens  doch  die  Nibelungen-,  Gudrun-  und  Dietrich- 
lagen schon  in  sexta  den  schülem  mitgeteilt  werden. 

An  hülfsmitteln  für  diesen  Unterricht  zur  benutzung  der  lehrer 
^d  Schüler  fehlt  es  bekanntlich  nicht:  Stoll,  Schwab,  Oster- 


*  man  wolle  beachten,  dasz  auch  die  'böberen  bürgerschalen'  schon 
Ä  VI  30  wöchentliche  lehrstunden  haben,  nnd  darunter  doch  wenigstens 
fiae  für  geschichtlichen  Unterricht  (ebenso  in  V). 

^  aus  ähnlichen  gründen  fordert  diesen  Unterrichtsstoff  and  mit 
iluüichen  Argumenten  stützt  diese  forderung  auch  Schrader,  er- 
liehnngs-  und  unterrichtslehre '  s.  508  f. 


100  Lehrbuch  fttr  den  sagengesohichtlichen  nnteniohi. 

wald,  auch  Staoke'  bieten  sich  ja  mit  ihren  längst  anerkanntei 
bttchem  nebst  vielen  anderen  dar.^  ihnen  schlieszen  sich  die  beiden 
unter  nr.  1  und  2  angeführten  bücher  an;  doch  sind  diese  boiden 
nicht  eigentlich  bücher  für  den  Unterricht,  sind  mehr  zum  nacblestti 
zu  hause  denn  als  grundlage  des  Unterrichts  in  der  schule  sa  be- 
nutzen ;  diesem  letzteren  zweck  sucht  mehr  die  oben  unter  nr.  3  an- 
geführte Schrift  zu  genügen,  ob  freilich  ein  leitfaden  für  den  sextaoer 
überhaupt  nötig  ist,  darf  wol  bezweifelt  werden,  ref.  hat  yiehnehr, 
die  geschichten  in  der  stunde  erzählt  und  noch  in  derselben  stunde 
wiedererzählen  lassen  (die  aufgeweckteren  imd  besser  begabten 
Schüler  waren  stets  dazu  im  stände) ,  die  zu  merkenden  namen  hat 
er  an  die  Wandtafel  geschrieben  und  von  den  schülem  in  ein  beson- 
deres heft  abschreiben  lassen ,  das  er  von  zeit  zu  zeit  der  revision 
und  correctur  unterzog ;  durch  häufige  repetitionen  hat  er  die  hanpt- 
sachen  mit  den  namen  im  gedächtnis  der  schüler  zu  erhalten  und  n 
befestigen  gesucht,  das  scheint  ihm  auch  jetzt  noch  zu  genügen, 
und  somit  ein  leitfaden  ziemlich  überflüssig  zu  sein,  der  einwand, 
den  Kirchner  im  vorwort  (s.  I)  gegen  dieses  verfahren  erhebt, 
dasz  dadurch  die  zeit  des  untierrichtens  beträchtlich  gekürzt  werde, 
ist  nicht  richtig;  es  wird  dadurch  nur  wenig  zeit  in  ansprach  ge- 
nommen, wenn  der  lehrer  richtiges  masz  hält  in  der  auswiäil  der  in 
lernenden  namen,  was  doch  auch  nötig  ist,  um  die  kleinen  schüler 
nicht  mit  namen  zu  überbürden  und  so  zu  bewirken ,  dass  sie  die 
wichtigen  mit  den  unwichtigen  bald  wieder  vergessen. 

Oehen  wir  nach  diesen  allgemeinen  Vorbemerkungen  zur  Be- 
sprechung der  einzelnen  bücher  über ,  so  hat  es  der  verfosser  tob 
nr.  1  verschmäht,  durch  ein  vorwort  sein  werkchen  einzuführen  und 
seinen  lesem  auseinander  zu  setzen,  welchen  zweck  er  bei  der  ans- 
arbeitung  desselben  gehabt  hat.  nur  auf  dem  titelblatt  findet  aieh 
die  bemerkung  *für  den  Unterricht  in  den  unteren  classen'.  flir 
diese  allerdings,  besser  für  die  untersten  passt  das  bücheichen 
nach  seinem  ton  etwa ,  und  selbst  für  diese  stufe  ist  es  zu  selbstibi- 
digem  belehren  durch  lesen,  oder  zum  ausführlicheren  repetieren 
reichlich  kurz,  denn  alle  geschichten  sind  mit  möglichster  kfine 
erzählt  (das  buch  hat  42  selten  in  kleinem  octavformat,  von  denen 


'  dieser  würde  seine  trefflichen  bücher  gewis  noch  mehr  vervoll* 
kommnen,  wenn  er  z.  b.  im  ersten  teil  nach  art  B.  Wolters  einige 
kurze  capitel  über  Aegypter,  Phönizier,  Assyrier  und  Babylonier  hinsa- 
ftigte,  nnd  im  zweiten  teil  die  erzählang  von  Aeneas  erweiterte ,  von 
dessen  irrfahrten  einiges  erzählte  und  besonders  auch  Dido  erwähnte. 

^  ref.  erlaubt  sich  bei  dieser  gelegenheit  auf  ein  recht  treffliche« 
bülfsbuch  für  den  Unterricht  in  der  deutschen  sagengeschichte  aufmerk- 
sam zu  machen,  nemlich  das  buch  von  £.  A.  W.  Günther,  ^die  deutsche 
heldensage  des  mittelalters  für  schule  und  haus  bearbeitet',  Hannover 
1870,  C.  Brandes,  das  buch  enthält  in  selbständiger  und  recht  guter 
darstellung  die  Nibelungen-,  Dietrichs-  und  Gudrunsage,  die  erstere  und 
letztere  freilich  kurz  im  Verhältnis  zu  der  zweiten,  doch  ohne  auBlasensg 
irgend  wesentliciher  puncte. 


Lehrbuch  für  den  sagengesohiohtliohen  Unterricht.  101 

16  der  griechischen,  7  der  römischen  und  19  der  deutschen  sage  zu- 
&Uen),  worunter  natürlich  die  deutlichkeit  oft  sehr  leidet,  indem 
flieht  unwichtige  bindeglieder  ausgelassen  sind,   so  heiszt  es  in  dem 
cnien,  'die  götter'  überschriebenen  abschnitt  von  Apollo:  *er 
fUirt  den  sonnenwagen  am  himmel  hin,  erregt  krankheiten  und  heilt 
banke,  verkündet  auch  durch  sein  orakel  zu  Delphi  die  zukunft'. 
Tom  Prometheus,  der  (s.  4)  auf  einer  halben  seite  abgefertigt 
wird,  heiszt  es:  *zur  strafe  liesz  ihn  Zeus  an  einem  felsen  des  Kau- 
nras  festschmieden,  wo  ihm  ein  adler  täglich  die  leber  aus&asz ; 
ent  Herakles  erlöste  ihn',    da  wird  doch  sicherlich  auch  einem  sex- 
taaer  schon  der  gedanke  kommen,  wie  es  denn  möglich  ist,  dasz 
dem  armen  mann  täglich  die  leber  ausgefressen  wurde;  das 
allnächtliche  wiederanwachsen  derselben  hätte  doch  notwendig  auch 
erwihnt  werden  müssen.  —  Der  Argonautenzug,  Theseus, 
sdbst  Herakles  erhalten  wenig  mehr  als  je  eine  seite;  um  das  zu 
«nni^lichen  hat  der  verf.  z.  b.  die  art,  wie  Jason  die  aufgäbe  des 
iietes  löste,  und  wie  er  nachher  den  di'achen  tödtete  gar  nicht 
mitteilen  können,  ist  der  anfang  des  abschnitts  ^Theseus'  ganz 
iDiTerst&ndlich.    man  lese  diese  eine  probe,  um  danach  über  das 
giDze  bflchelchen  zu  urteilen:  ^Aegeus  war  könig  von  Athen  und 
Bahm  Aethra  zur  gemablin  (wo?),  er  muste  sie  aber  verlassen  und 
verbarg  sein  schwort  und  seine  sandalen  unter  einem  felsblock,    er 
sagte  zu  Aethra:   «wenn  du  einen  söhn  bekommst,  so  führe  ihn, 
wenn  er  herangewachsen  ist,  zu  dem  felsstück,  vermag  er  den  stein 
xa heben,  und  kommt  er  mit  dem  Schwerte  zu  mir  nach  Athen,  so 
will  ich  ihn  als  meinen  söhn  anerkennen»,    dieser  söhn  des  Aegeus 
od  der  Aethra  war  Theseus.  •  er  hob,  als  er  herangewachsen  war, 
den  stein,  und  machte  sich  mit  dem  Schwerte  und  den  sandalen  auf 
den  weg  nach  Athen,    auf  diesem  wege  be&eite  er  das  land  von 
nesen,  die  es  unsicher  machten,    so  tödtete  er  den  keulenschwinger 
Periphetes,  Sinnis  den  fichtenbeuger,  den  auf  einem  felsen  lauernden 
Skiron  und  den  Prokrustes,  der  zwei  betten  hatte  und  nach  ihrer  (?) 
grOeze  seine  gaste  verstümmelte  und  tödtete.    in  Athen  wurde  er 
von  Aegeus  als  söhn  anerkannt'.  —  Nach  dieser  probe  wird  jedem 
leser  klar  sein,  dasz  das  buch  höchstens  zur  hülfe  beim  repetieren 
Ter&szt  sein  kann;  doch  meint  ref.,  dasz  auch  zu  diesem  zweck  den 
idiQlem  besser  ein  etwas  ausführlicheres  buch  zu  empfehlen  sei,  als 
«in  solches,  das  im  gründe  genommen  weder  fisch  noch  frosch  ist.  — 
In  wie  ausgedehntem  sinne  der  verf.  das  wort  ^sagen'  faszt,  mag 
man  schlieszlich  noch  daraus  ersehen,  dasz  er,  nachdem  er  Griechen- 
land mit  des  Odysseus  heimkehr  verlassen,  nachdem  er  darauf  unter 
der  Überschrift  'älteste  geschiebte  der  Römer'  die  hauptsachen  aus 
deren  geschichte  bis  zur  besiegung  des  Pyrrhus  und  der  eroberung 
Ton  Süditalien  geliefert,  und  dann  unter  der  Überschrift  ^deutsche 
ttgen'  nicht  blosz  von  den  deutschen  göttem,  von  Siegfried,  der 
Hibeluogen  not,  Gudrun,  Walthor  v.  Aquitanien,  Dietrich  v.  Bern, 
k5nig  Rother y  sondern  auch  noch  von  Karl  dem  Groszen  gehandelt 


102  Lehrbuch  für  den  sagengeschichtlichen  Unterricht. 

und  von  seinen  kriegen  erzählt  hat,  endlich  auf  seite  44  imter 
Friedrich  Barbarossa'  den  bekannten  ^Schwabenstreich'  anführt, 
dann  den  Volksglauben  erwähnt,  dasz  Friedrich  im  Eyffhäusery  'der 
seine  grosze  bürg  trug'  schlafe,  und  endlich  mit  den  5  letzten  versen 
von  Bttckerts  gedieht  ^Barbarossa'  schlieszt. 

Etwas  umfangreicher  ist  angelegt  das  unter  nr.  2  verzeichnete 
buch,  welches  auf  116  Seiten  die  Herakles-,  Theseus-,  Argonaaten- 
sage,  den  trojanischen  krieg,  die  irrfabrten  des  Odyssens,  die  ge- 
schichte  der  Antigone,  die  Nibelungensage  und  die  geschichte  vom 
hörnernen  Siegfried  enthält,  der  verf.  bezeichnet  im  vorwort  ala 
zweck  des  buches,  'die  Jugend  (von  10 — 12  jähren)  gleichsam  in  dk 
morgenröthe  der  geschichte  einzuführen',  da  G.  Schwab  'dooh 
mehr  für  die  reifere  Jugend  als  für  das  kindliche  alter  geschrieben 
hat',  Niebuhrs  griechische  heroengeschichten  'wegen  des  groaien 
namens  des  Verfassers  überschätzt  worden  sind',  und  die  darstelliuig 
Ludw.  Orimms  Heils  zu  wenig  quellenmäszig,  teils  zu  wenig  antOc 
einfach'  ist,  glaubte  der  verf.  'eine  in  der  litteratur  der  sagenge- 
schichten  bestehende  lücke  ausfüllen  zu  sollen*,  ohne  die  gewis 
doch  naheliegende  frage  aufwerfen  zu  wollen ,  ob  dem  verf.  ausier 
den  genannten  drei  büchern  keine  anderen ,  die  denselben  stoff  be- 
handeln, bekannt  geworden  sind,  wollen  wir  betrachten,  was  er, 
nachdem  er  grosze  erwartungen  erregt  hat ,  unji  bietet  'zur  aoafU- 
lung  der  lücke'.  da  empfinden  wir  es  zunächst  als  einen  grossen 
mangel  des  buches,  dasz  nur  wenige  sagen  mitgeteilt  sind,  gar 
manche,  und  unter  diesen  sehr  wichtige,  fehlen,  vielleicht  wird  nnt 
der  verf.  erwidern,  dasz  er  die  sagen  von  Prometheus,  Tantalos, 
Perseus,  Aeneas,  Gudrun  und  andere  nicht  zu  den  'schönsten'  zShlt; 
dann  kOnnen  wir  darüber  mit  ihm  nicht  rechten ,  bleiben  aber  für 
unsere  person  bei  der  meinung ,  dasz  auch  sie  dem  schttler  wol  mi^ 
teilenswerth  sind,  die  darstellung  dann  der  sagen  selbst  Iftszt  gar 
manches  zu  wünschen  übrig,  der  verf.  sagt  darüber  im  vorwort,  'er 
habe  es  sich  besonders  angelegen  sein  lassen ,  die  spräche  möglichst 
dem  kindlichen  geiste  anzupassen  und  die  sagen  in  ihrer  qneUen- 
mäszigcn  einfachheit  ohne  alle  und  jede  moderne  ausschmflckmig 
wiederzugeben',  wie  er  das  verstanden  hat,  mögen  folgende  proben 
beweisen,  welche  keines  commentars  bedürfen. 

(S.  1):  'Herakles,  der  söhn  des  Zeus  und  der  Alkmene, 
war  schon  als  kind  ungemein  stark  und  kräftig,  zwei  entsetsliohe 
schlangen  kamen  einmal  in  sein  schlafgemach  gekrochen,  ehe  die 
dienerinnen  und  die  mutter  es  merkten,  ringelten  sie  sich  an  der 
wiege  empor  und  fingen  an ,  den  hals  des  knaben  zu  umschlingen, 
der  knabe  erwachte  mit  einem  schrei  und  richtete  seinen  köpf  aii£ 
da  ergriff  er  mit  der  band  die  beiden  schlangen  am  genick  and 
erstickte  die  beiden  mit  einem  einzigen  druck,  seine  matter 
war  auf  das  geschrei  des  kindes  erwacht;  mit  bloszen  füsiem 
sprang  sie  aus  dem  bett  und  stürzte  auf  die  schlangen  zu.    die 


Lehrbnch  fSr  den  Bagengeschichtlichen  Unterricht.  103 

waren  aber  sclion  erwürgt  nnd  konnten  dem  kinde  nichts  mehr  zu 
k&de  ihun'. 

(S.. 2) :  *zn  jener  zeit  lebte  ein  könig ,  namens  Eurjstheus. 
dm  liesz  den  Herakles  zu  sich  kommen  (?)  und  sagte  zu  ihm ,  wenn 
er  die  arbeiten,  die  er  ihm  aufgebe,  machen  könne,  so  werde  er  der 
Unsterblichkeit  teilhaftig  werden'. 

(S.  4):  ^in  dem  sumpfe  von  Lerna  lebte  eine  schlänge,  die 
ktm  ans  land  gekrochen,  zerrisz  die  heerden  und  verwüstete  die 
Mder.  die  Hydra,  so  hiesz  sie,  war  unmäszig  grosz  und  hatte  9  köpfe, 
diese  sdilange  sollte  Herakles  tödten.  er  bestieg  sofort  (?)  einen 
wagen  und  nahm  Jolaos  als  wagenlenker  mit  sich,  endlich  (?) 
kamen  sie  an  die  höhle,  in  der  sich  die  gefährliche  wasser- 
8  eh  lange  aufhielt'. 

(S.  8):  ^die  stjmphaliden.  an  dem  fusze  eines  hohen  ber- 
ges  lag  ein  8  e  e  und  ringsherum  lag  ein  sumpf  und  wald,  dort  hatte 
och  eine  schaar  vögel  niedergelassen,  sie  waren  sehr  grosz,  und 
wenn  sie  aufflogen,  so  verfinsterten  sie  mit  ihren  flügeln  die  sonne.' 

Bei  der  erzählung  des  trojanischen  krieges  wird  vom  apfel 
der  Eris  gar  nicht  gesprochen.  Hektors  Zweikampf  mit  Ajas 
wild  folgendermaszen  eingeleitet  (s.  31):  ^Hektor  und  sein  feiger 
bnider  Paris  erschienen  auf  dem  schlachtfelde.  nun  forderte  Hektor 
die  besten  der  Oriechen  zum  Zweikampf  heraus,  neun  griechische 
lielden  wollten  den  kämpf  aufnehmen,  aber  das  loos  traf  den  altem 
Ajas,  worüber  sich  alle  Griechen  freuten,  da  sie  seine  kraft  kannten, 
ijas  trug  einen  ehernen  schild,  der  mit  7  häuten  überspannt  war. 
da  plötzlich  entsandte  Hektor  im  schwunge  die  lanze  gegen  Ajas'. 

Noch  kürzer  wird  über  Patroklos  gehandelt  (s.  32):  Tatro- 
Uoi  war  der  freund  des  griechischen  beiden  Achilleus.  dreimal 
itfinte  er  sich  in  die  dichtesten  schaaren  der  feinde  hinein  und  jedes 
aal  tödtete  er  9  männer.  als  er  aber  zum  vierten  male  dahinstürmte, 
begegnete  ihm  Apollo'  usw. 

(&•  95):  'es  war  eine  königin  zu  Island  über  dem  meer,  die 
wv  so  schön  und  ihre  kraft  war  so  grosz,  dasz  ihr  keine  andere 
kSnigin  gleichkam,  sie  schosz  mit  beiden  im  wettkampf  den 
tpeer.  wer  aber  ihre  liebe  begehrte,  der  muste  sie  in  drei  ritter- 
Bdien  spielen  besiegen,  unterlag  er  auch  nur  in  einem  dieser  spiele, 
10  muszte  er  sein  hattpt  verlieren,  von  dieser  königin  hörte  der 
bnig  Günther  und  sprach:  «ich  will  hinüber  über  dasr  meer  zu 
der  königin  Brunhild,  mag  es  mir  ergehen,  wie  es  will,  mein 
leben  will  ich  verlieren,  wenn  ich  ihre  liebe  nicht  gewinnen  kann»'. 

S.  34  heiszt  es,  *dasz  Achilleus  wieder  am  kämpfe  teilneh- 
men werde',  nachdem  doch  vorher  von  seinem  streit  mit  Agamem- 
non und  seinem  zornigen  fernbleiben  vom  kämpfe  gar  nicht  die 
rede  gewesen  ist! 

Die  erzählung  der  irrfahrten  des  Odysseus,  welche  verh&lt- 
lianfiszig  am  meisten  räum  erhalten  hat  (s.  43  —  89),  daher  auch 
besten  ausgefallen  ist,  hat  die  eigentümlichkeit,  dasz  sie  ganz 


104  Lehrbuch  für  den  Bagengeschichtlichen  Unterricht. 

der  Odyssee  folgend  mit  des  Odysseus  aufenthalt  bei  Kalypso  bo- 
ginnt,  und  seine  früheren  erlebnisse  ihn  selbst  dem  Alkinoo 8  er- 
zählen Iftszt. 

Diese  beliebig  herausgegriffenen  proben  geben  einen'  begnfl 
vom  ton  des  ganzen  buches ,  welchen  ref.  nicht  für  den  rioht^ei 
halten  kann ;  derselbe  ist  wol  eher  kindisch  als  kindlich ,  nicht  der 
ton  eines  seztaners  oder  gar  eines  knaben  von  10  —  1 2  jähren«  anofa 
hätte  der  verf.  wol  etwas  näher  und  genauer  die  einzelnen  gStte 
und  die  auftretenden  personen  bezeichnen  können,  wenn  er  wdUtey 
dasz  sein  buch  dem  knaben,  welcher  es  liest,  von  nutzen  sein  aoUti. 
—  Kurz,  ref.  kann  nicht  anerkennen,  dasz  durch  das  buch  irgend 
welche  lücke  in  der  litteratur  der  sagengeschichte  ausgefüllt  iit^ 
und  ist  der  meinung,  dasz  dasselbe  ohne  schaden  für  irgend  jemand 
habe  ungedruckt  bleiben  können. 

Einen  andern  zweck  als  diese  beiden  bttcher  verfolgt  das  nnier 
nr.  3  angeftLhrte  von  Kirchner,  in  dem  wieder  abgedruckten  vor 
wort  zu  der  im  Selbstverläge  des  verf.  1871  erschienenen  ersten  auf- 
läge, welche  dem  ref.  nicht  bekannt  geworden  ist,  sagt  der  verl, 
dasz  das  büchlein  aus  seiner  lehrthätigkeit  hervorgegangen  sei,  ani 
dem  von  ihm  gefühlten  bodürfnis,  Mem  gedächtnisse  der  sehfllii 
nach  kräften  zu  hülfe  zu  kommen  und  den  knaben  für  das  behaltei 
der  fremdsprachlichen  namen  und  begriffe  anhaltepuncte  zu  geben'« 
diesem  ersten  zwecke,  über  dessen  berechtigung  wir  uns  schon  oba 
ausgesprochen  haben,  hat  sich  dann  noch  eine  ^weitere  bestirnjuang* 
hinzugesellt,  *das  büchlein  vielleicht  gleichzeitig  auch  schfilen 
höherer  classen  und  nichtschülern  als  willkommenen  führer  in  dii 
band  zu  geben  bei  ihrer  beschäftigung  sei  es  mit  den  alten  schriÜ 
steilem,  sei  es  mit  den  dichtungen  unserer  vaterländischen  dichter* 
in  der  vorliegenden  ^zweiten  verbesserten  und  zum  teil  umge 
arbeiteten'  aufläge  hat  der  verf.  manche  mängel  zu  beseitiga 
gesucht,  Verbesserungen,  zusätze  usw.  gemacht,  speciell  auch  dii 
quantität  der  silben  bezeichnet,  letzteres  ist  gewis  recht  dankena 
werth,  hätte  aber  mit  gröszerer  consequenz  geschehen  müssen;  « 
ist  nicht  nur  bei  den  fett  gedruckten  und  vielen  anderen  namen  gau 
unterblieben,  es  ist  auch  vielfach  unrichtig  und  unverständlich  ana 
geführt;  so  Atalänta  s.  12;  Psychopömpos  s.  14;  Aganippe  xxm 
Eut^rpe  s.  16;  Nektar  s.  18;  Päles  s.  23;  Podärkes  s.  35;  Eurytoi 
8.  35;  Jokäste  s.  37 ;  Absyrtos  s.  39  usw. 

Jener  doppelte  zweck  des  büchleins  gereicht  demselben,  wi 
rei.  meint,  nicht  zum  segen:  es  kann  in  seiner  zwittergestalt  keinen 
der  beiden  zwecke  ordentlich  und  ausreichend  genügen,  für  di 
Schüler  der  sexta  (oder  der  quinta,  in  welcher  classe  der  verf.  dei 
sagengeschichtlichen  Unterricht  selbst  gegeben  hat  und  gegebei 
wissen  will)  enthält  es  viel  zu  viele  namen  und  facta,  welche  di 
kleinen  knaben  unmöglich  alle  lernen  und  behalten  können,  fireilid 
ist  das  nur  eine  subjective  ansieht  des  ref.,  während  der  verf.  andere 
meinung  zu  sein  scheint,  da  er  im  vorwort  zur  zweiten  aufläge  be 


Lehrbuch  für  den  sagengeBohiohtlichen  Unterricht.  105 

markt,  beim  gebrauch  des  leitfadens  im  Unterricht  sei  ihm  die  be- 

ttttigung  geworden,  *dasz  das  ged&chtnis  der  lernenden  solche  an- 

haltepuncte  suche,  wie  der  leitfaden  sie  ihnen  geben  solle,  und  dasz 

dir  lehrer  deren  nicht  genug  geben  könne',    wie  gesagt,  ref.  ist 

der  entgegengesetzten  ansieht,  meint,  der  lehrer  könne  gar  leicht 

Uerin  des  guten  zu  viel  thun,  und  kann  nicht  glauben,  dasz  ein  sex- 

tuir  oder  quintaner  auch  nur  die  hälfte  aller  gebotenen  namen, 

Lb.  die  der  Harpyien,  Gorgonen,  Hekatoncheiren ,  Erinyen,  Ky- 

klopen  Qfiw.  lernen  soll  und  kann.  —  Für  den  schüler  höherer  das- 

\m  dagegen,  oder  gar  für  belehrung  suchende  nichtschtller  ist  es  an 

Bioehen  stellen  zu  kurz,  und  enthält  manches  nicht',  was  solche 

wiiseii  müssen  oder  vielleicht  zu  wissen  wünschen. 

Die  ersten  30  §§  behandeln  die  erschaffung  der  weit  und  die 
gOtiar.  die  dann  von  §  31  an  folgenden  sagen  der  Griechen  (nur 
asf  diese  passend  steht  die  §  32  gegebene  einteilung  doch  fälschlich 
Tor*A.Hellenen',  welchensp&ter  (§69) 'B. Römer'  entspricht) 
worden  passend  eingeteilt  in  a)  'sagen  im  anschlusz  an  einzelne 
Wroen' (darunter  werden  behandelt:  Prometheus,  Deukalion,  Tan- 
talos),  b)  'sagen  im  anschlusz  an  heldenfamilien  (Sagenkreise)'  (Sisy- 
pkos  oad  Bellerophontes ,  Perseus  und  Herakles ,  Eekrops  und  The- 
1608,  Kadmos  und  Oidipus),  und  c)  'gemeinsame  nationale  unter- 
Mlmrangen'  (argonautenzug,  thebanische  kriege,  trojanischer  krieg), 
daiiof  folgen  endlich  §§  69  ff.  unter  der  übersc^rifb:  'sagen  der 
Bdmer' :  Euander,  Aeneas  und  Bomulus.  da  sind  also  die  folgen- 
diB  doch  auch  noch  sagenhaften  könige  nicht  mehr  behandelt,  was 
wd  nicht  in  der  Ordnung  ijt.  die  beiden  §§  68  und  73,  in  welchen 
die  Perioden  resp.  der  griechischen  and  römischen  geschichte  auf- 
gstthrt  werden,  gehören  wol  nicht  in  dieses  buch. 

Zar  kennzeichnung  des  ganzen  mögen  zwei  abschnitte  dienen. 
^7,  §8,  4  heiszt  es:  'Demeter  (Ceres)  'erdmutter'.  —  'alma 
ttter*.  ackergöttin;  göttin  der  feldfrüchte;  lehrerin-  des  acker- 
Imoi;  stifterin  der  ehe  (NB.  dasselbe  wird  nachher  8,  5  auch  der 
Hera  beigelegt)  und  des  familienlebens.  —  Ihr  lieblingsaufenthalt 
iiiSicilien.  ihre  von  Pluton  geraubte  tochter  Persephone 
ndiend:  (quelle  Arethusa  —  Helios  — )  zu  (?)  Keleos  in  Eleusis 
(dessen  aohn  Triptolemos  lernt  und  lehrt  den  ackerbau.  —  Lyn- 
bos).  —  Strafe  an  Erysichthon. 

Feste:  1)  die  Eleusinien  (bis  385  p.  Xn.)  Cerealia  in  Rom 
—  [das  ist  ganz  unverständlich],  die  groszen  (9tägigen):  Sep- 
tember/october.  zug  von  Athen  nach  Eleusis  auf  der 'heiligen 
Krasze*;  die  kleinen:  februar/märz.  2)  die  Thesmophorien: 
ftüvember.  [für  'gröszere  schüler'  hätten  auch  die  griechischen 
Uendemamen  angegeben  werden  müssen.] 

Heilig  ist  ihr  das  seh  wein  als  zeichen  der  fruchtbarkeit.  — 
'Abbildung',  (diese  letztere  notiz  findet  sich  sehr  häufig,  zu- 
teilen noch  mit  dem  zusatz:  'und  attribute',  mehrfach  auch  mit 
^^teren  andeutungen,  z.  b.    bei  Hera:    'die  von  Polykletos 


106  Lehrbuch  für  den  sagengeschichtUchen  Unterricht. 

[wamm  nicht  «Polykleitos»?]  verfertigte  statue  zu  Arg08% 
Apollo:  *Ap.  von  Belvedere';  derartige  andeutuDgen  hab^  gewis- 
sen werth,  welchen  ref.  jenen  bloszen  Worten  nicht  zuerkennen  kann.) 

S.  33,  §  39  lesen  wir:  'Perseus:  des  groszvaters  Akriaios 
Orakel:  —  aussetznng  — :  insel  Seriphos  —  fischer  Diktya.  — 
König  Polydektes:  verlangt  von  ihm  das  haupt  der  Oorgoae 
Medusa  — :  helfend:  Athene  (schild  mit  Spiegel),  Hermaa 
(sichel),  Hephaistos  (flügelschuhe).  —  Die  Graien  —  Fegt- 
SOS.  Atlas.  —  Andromeda  (tochter  der  KassiopSa  —  be* 
leidigt  die  Hera).  —  Ungeheuer  Eetos.  —  Phineus.  —  irrgoi. 
Tiryns.  Mykenai*. 

Nun  sei  es  verstattet,  noch  einige  einzelheiten  zu  moniena. 
zuerst  sähen  wir  es  sehr  gern,  wenn  ebenso  wie  bei  dem  trojaniaolMB    ". 
kriege  Homer  und  bei  den  sagen  der  Römer  Virgil  und  Li  Tina 
als  quelle  angegeben  sind ,  auch  bei  den  anderen  sagen  wenigst—  -7 
die  hauptquelle  mitgeteilt  wäre;   das  wtlrde  gewis   im   interaiM' 
älterer  schüler  liegen.  —  S.  7  unter  Hestia  heiszt  es:  *6  TestaiK 
linnen  im  alter  von  6  — 10  jähren',  das  ist  wol  nicht  richtig,  oder 
wenigstens  nicht  ganz  deutlich;  als  ihr  dienst  wird  ganz  nnyer- 
ständlich  bezeichnet:  ^heiliges  feuer  und  Pallädion'  mit  verwei- 
sung  auf  §  13,  wo  aber  unter  *  Athene'  wieder  nur  steht:  'biU; 
Palladion  (§  8^3)'.  —  S.  8  ist  die  Schreibung  *Pagkrition»  wd 
nicht  zu  rechtfertigen.  —  S.  18  ist  die  bezeichnung  der  festzeiten: 
^Januar  «»  februar,  märz  »»  april'  usw.  nicht  deutlich;  besser  M. 
anderen  stellen:  'jan./febr.*  —  S.  19:  Kerberos  war  als  'vU- 
(oder  drei-)  köpfig'  zu  bezeichnen;   '48pbo<^®^^s-wiese' 
ein  wort  sein;  das  *bad  in  dem  lethe'  ist  wol  ein  irrtnm.  —  8. 
warum  ist  als  söhn  des  Poseidon  nicht  auch  Polyphem 
führt?  —  S.  31/32  hätten  bei  Orestes  schon  an  dieser  stelle 
freund  Pylades,  ihre  fahrt  nach  Kolchis  usw.,  was  erst  §  6S| 
erwähnt  wird ,  eine  stelle  finden  müssen.  —  S.  34  könnten  b€ 
wähnung  des  er3rmanthischen  ebers  *die  Kentauren'  genannt 
den,  ebenso  wie  beim  kretischen  stier:  Minos,  bei  den  golA 
äpfeln  der  hesperiden:  Antaios  (nicht  erst  im  §  42),  beim  stall 
Angelas:  Neleus  und  Nestor;  Diomedes  war^  um  spfttere 
wechslung  zu  vermeiden,  als  könig  von  Thracien  zn  besei( 
auch  muste  des  Herakles  teilnähme  am  Gigant enkampfe 
werden  (vgl.  §  10,  6),  wie  die  am  Argonautenzuge  nicht  Ül 
ist.  —  S.  39  war  der  kentaur  Cheiron  als  erzieher  des  Jason   _ 
nennen;  unter  den  teilnehmen!  am  Argonautenzuge  durften  Zeteft^  1 
und  Kaiais  kaum  fehlen;  statt  Pollux  war  der  Symmetrie  limlbi^^ 
Polydeukes  zu  schreiben,     auch  die  korinthische  lifiniplniililiü*^' 
Glauke  ist  für  ältere  schüler  wissenswerth.  —  S.  40  war 
Menoikeus  als  söhn  des  Kreon  auch  Haimon  zu  «ahh^ih. 
S.  43  ist  bei  aufzählung  der  haupthelden  der  Griechen  imter  Odjä^ 
seus  die  erwähnung  der  108  freier,  des  leichentuches,  dee 
des  Odysseos,  der  reise  des  Telemachos  nach  Pylos  nnd  Sparta 


BaadglOMen  la  dem  artikel  ivrfiiv  äfav  yon  Beinhold  Donohel.    107 

m  platze f  liätte  yielmehr  s.  48  §  66  stattfinden  müssen,  wo  dann 
ah  freund  und  berather  des  Telemach  Mentor  nicht  auszulassen 
war.  —  8.  50  ist  Aeneas  nicht  als  söhn  der  Aphrodite  sondern 
toVenne  aofzuföhren. 

Solche  ansstellungen  lieszen  sich  noch  viele  machen;  doch  wir 
nrackton  darauf  in  der  erwartung,  dasz  der  verf.  selbst  bei  weiterer 
agener  benutzung  seines  bUchelchens  vieles  gefunden  hat,  das  er 
n  etwaiger  neuer  aufläge  bessert,  vielleicht  berücksichtigt  v  er 
aoeh  nnsem  wünsch,  dasz  er  den  doppelten  zweck  seines 
idffiftchens  wieder  trennt,  dasz  er  zur  repetition  für  ältere  schüler 
«B0B  an  jnanchen  stellen  ausführlicheren  leitfaden  liefert,  etwa  nach 
vtTonStolls  kleinerem  handbuch  der  religion  und  mythologie, 
diB  er  dagegen  für  die  schüler  der  unteren  dassen  nur  die  wichtig- 
lin  &eta  und  daten  zusammenstellt,  nach  art  des  trefflichen  heft- 
teis  von  B.  Volz,  'grundrisse  für  den  ersten  geschichtsunterricht 
Mf  gymnasien'  1865 ,  aber  mit  hinzunahme  der  wichtigsten  orien- 
tdiiclien  und  deutschen  sagen. 

Satsbburo.  Wilhelm  Vollbreoht. 


7. 

RANDGLOSSEN  ZU  DEM  AETIKEL  MHAEN  'AfAN  VON 

BEINHOLD  DOESCHEL. 


Im  zweifei,  ob  ich  hm.  Dorschel  meinen  freund  oder  meinen 

fVMT  nennen  musz ,  bezeige  ich  dennoch  ihm  wie  auch  der  redac- 

tioa  dieser  Zeitschrift  zunächst  meinen  besten  dank  für  abfassung 

nq^.aii6iahme  der  gegenbemerkungen  zu  meinen  'siebenzehn  preuszi- 

Mkn  sehulfragen',  da  diese  dadurch  nochmals  dem  leser  in  ernster 

inw  vorgeführt  werden,    hr.  D.  stimmt  mir  in  sehr  wesentlichen 

jneten  bei,  in  solchen  sogar,  bei  denen  ich  von  ihm  und  seinen 

ftiuiden  eine  scharfe  Opposition  erwartete:  beispielsweise  in  der 

life  der  points  bei  den  abiturientenprüfungen ,  in  der  aufstellung 

M  twei  Prüfungen  für  schulamtscandidaten,  in  der  errichtung  einer 

whcta,  in  der  ausübung  der  schuldisciplin  wie  in  den  ansichten  über 

liM  ferhiltnis  von  schule  und  haus,  vielleicht  auch  von  Unterricht 

ndernehnng,  in  der  ferienordnung  und  noch  vielem  andern,  was 

mm  gegensatze  zu  den  bestehenden  einrichtungen  als  notwendige 

nrbeeserungen  in  unserm  Schulwesen  beigebracht  habe. 

An  drei  stellen  scheint  mir  der  Verfasser  der  gegenbemerkungen 
wine  Worte  unrichtig  gedeutet  zu  haben:  ich  stelle  deshalb  noch- 
KiU  meine  ansieht  klar  und  nackt  hin : 

1)  ich  verlange,  dasz  confessioneller  religionsunterricht  in  unsern 
gymnasien  auch  fernerhin  erteilt  werde,  aber  nicht  von  geist- 
lichen religionslehrem ,  sondern  von  den  ordentlichen  welt- 
lichen lehrem,  wie  bei  allen  andern  sogenannten  profanen 
Wissenschaften. 


128  Maturitätszeagnis,  nicht  maturitäteprüfung. 

rector  hat  durch  seine  habituelle  kenntnis  von  dem  geistigen  stände 
der  BchUler  aller  classen  die  f^faigkeit  und  das  recht,  wie  die  classen- 
versetzung  zu  entscheiden,  ebenso  auch  das  maturitStszeugnis  auf 
seine  autorität  auszustellen,  ein  examen  ist  für  diesen  act  dem 
rector  durchaus  unnötig;  ein  solches  kaim  nicht  in  demselben  nasze 
ihm  das  geben,  wie  er  es  bereits  hat.  die  den  abschlusz  aller  classen 
entscheidende  bestimmung  des  rectors  in  unabh&ngigkeit  ¥on  dem 
urteil  der  beh{>rde  und  von  differierenden  lefarem  ist  nach  pädagogi- 
schen grundsätzen  ftlr  die  einheit  des  gynmasiums  und  die  Sicherheit 
und  consequenz  seines  praktischen  ganges  durchaus  notwendig,  das 
ist  das  notwendige  pSdagogische  Verhältnis  des  maturitfttszeugnisses 
im  gymnasialen  zusammenhange,  es  läszt  sich  durchaus  kein  grond 
erdenken,  weshalb  an  dessen  stelle  ein  politisches  messen  in  gesetz- 
lich formulierten  prüfungen  gesetzt  werde. 

Jedes  gjmnasium  bedarf  für  die  ihm  eigenen  acte  innerhalb  der 
allgemeinen  gesetzlichen  bestimmung  voller  individueller  selbst&n- 
digkeit.    selbst  ist  der  mann,    persönlich  entscheidendes  handeln 
hat  Weisheit  und  ener^e,  consequenz  und  erfolge,   zur  individuellen 
Selbständigkeit  des  gymnasiums  gehört  die  rectorale  leitung  alles 
allgemeinen  gymnasialen  und  die  rectorale  entscheidung  aller  gym- 
nasialen differenzen  auf  ihre  autorität  und  in  ihrer  Verantwortung, 
•die  Unabhängigkeit  derselben  von  unten  und  von  oben,  von  einer 
Stimmenmehrheit  der  lehrer  und  dem  eingreifen  der  behörde  in  gym- 
nasiale acte,    der  rector  bedarf  vor  allem  Selbständigkeit  der  ent- 
'Bcheidunjo^  für  den  abschlusz  der  gymnasiolbildung ,  weil  dieser  auf 
das  ganze  des  gymnasialen  ganges  bestimmend  zurückwirkt,  für  die 
ausstellung  des  maturitätszengnisses.    so  wird  der  Zufälligkeit  und 
dem  schwanken  in  dem  höchsten  acte ,  wie  einem  uniformierenden 
mechanismus  aus  dem  wege  gegangen,    für  die  gesetzliche  einheit 
und  notwendigkeit  in  allem  wesentlichen  der  gymnasialen  aufgaben, 
thätigkeit,  leistungen  sorgt  die  Unterrichtsbehörde  durch  eine  in- 
spection,  welche  an  ort  und  stelle  von  person  zu  person  sieht,  was 
geschehen  ist  und  geschieht,     eine  verständige  und  redliche  in- 
spection  ist  das  hauptmittel  der  gymnasialen  regierung  für  ihre  auf- 
gaben,  eine  gymnasialinspection  als  organ  der  höchsten  unterrichte- 
behörde  ist  nicht  zunächst  und  hauptsächlich  controlierende  aufsieht 
ob  und  wie  es  in  dem  gymnasium  gesetzlich  und  recht  zugehe,   es 
ist  ein  übler  zustand,  wenn  eine  inspection  in  dem  sinne  und  mij 
der  thätigkeit  eines  polizeilichen  mistrauens  vollzogen  wird ,  weD3| 
sie  mit  vorbedacht  und  absieht  darauf  ausgeht  zu  suchen,  was  ad^ 
moniert  und  gerügt  werden  könne,   die  bedeutung  einer  rechten  in] 
spection  ist  eine  positive,  in  welcher  die  controlierende  aufgäbe  all 
eine  untergeordnete  und  eine  eventuelle  eingeschlossen  ist.    di< 
gymnasialinspection  ist  das  organ  der  höchsten  Unterrichtsbehörde 
die  allgemeinen  gymnasialen  aufgaben   für  die  höchsten  lebena 
gemeinschaften,  den  Staat,  die  kirche,  den  öffentlichen  dienst,  dil 
Wissenschaft  in  den  einzelnen  gymnasien  nach  ihren  individuelle^ 


Erklftnmg.  100 

mfllit  sind,  die  fruchte  entgegenzunehmen,  deren  aussaat  sie  nicht 
ir  nicht  be?nrkt,  sondern  behindert  haben. 

Und  hiermit  komme  ich  denn  zum  letzten  puncto,  hr.  D.  billigt 
ifline  fordenmgen,  den  lateinischen  aufsatz  und  das  griechische 
oiptom  in  prima  Mlen  zu  lassen  und  die  privatlectUre  angemessen 
I  besdirSnken,  und  so  sehe  ich  nicht  ein,  wie  er  meinen  normal- 
haii  der  auf  diesen  einschrttnkungen  des  classisch- sprachlichen 
yanasialanterrichts  beruht,  zur  hälfte  unannehmbar  findet,  aber 
M  ist  es  auch  nicht,  seinen  tiefsten  unmut  erregen  meine  yor- 
WMwrknngen,  die  zum  teil  historischer  art  sind,  aber  vielleicht  auch 
b  prätension  (?)  durchblicken  lassen ,  dasz  derjenige  teil  der  gym- 
Miallehrer,  welcher  mathematik  und  naturwissenschaffc  auf  univer- 
iiten  gelernt  und  in  die  alten  sprachen  durch  das  gymnasium  ein- 
Mkri  ist,  eii^  objectiveres  urteil  in  der  Streitfrage  zu  föllen  ver- 
lege als  viele  philologen,  die  mathematik  und  naturwissenschaft 
■Da  dem  namen  nach  kennen. 

Ich  scheide  von  hm.  D.  sine  ira  et  studio ,  danke  ihm  vielmehr 
Ir  die  oftmals  ausgesprochene  warme  anerkennung  meiner  arbeit 
■d  stelle  in  bezug  auf  die  streitigen  puncto  zwischen  ihn  und  mich 
kk  geneigten  leser  und  die  zukunft. 

Posen,  im  decbr.  1874.  Fahlb. 


8. 
ERKLÄRUNG. 


Di«  bncbhandlaiig  von   A.  Gestewitz   versendet  von    zeit  zu  zeit 

der  'deutschen  anfsätze  von  Venn'.     darin  wird  unter  den 

m  denen  das  buch  teils  eingeführt  teils  in  gröszeren  partieen  in 

.  gegeben  sei,  auch  Karlsmhe  genannt,     die  directoren  der  drei 

f'lierigen  ort  bestehenden  höheren  Unterrichtsanstalten,  des  gymna- 

des  realgymnasioms  und  der  höheren  bürgerschule,  erklären  hier- 

4mi  an  allen  diesen  anstalten  das  buch  weder  eingeführt  noch 

i&iehaffaiig  empfohlen  worden  ist. 

Eablsbuhe.  Wendt.   Kappes.  Damm. 


9. 

PERSONALNOTIZEN. 

witer  mitbenutzuDg  des  'centralblattes*  von  Stiehl  und  der  'Zeit- 
schrift für  die  österr.  gjmnasien'.) 

[VisaaiBgen,  bef ftrderungen ,  Tersetzungen ,  aaszelchnnngen. 

't  Oberlehrer  am  gymn.  in  Heidelberg,  zum  Oberlehrer  am  gjmn.  in 
Qaedlinbnrg  ernannt. 


110  Personaliiotizen. 

y.  B ebb  er,  ord.  lehrer  am  progymn.  in  Andernach,  zum  oberlehre 

fördert. 
Binder,  studienlehrer  in  Landau,  zum  snbrector  am  gymn.  in  Lnd^ 

hafen  ernannt. 
Bock,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Lyck,  zum  Oberlehrer  ernannt. 
Brauer,  dr.,  privatdocent,  zum  ao.  prof.  der  Zoologie  an  dernnlT« 

Wien  ernannt. 
C ollmann,   ord.  lehrer  an  der  höheren  bürgerschule  1  »ti  okerie] 

in  Naumburg  >      KÄfRjdi 

Ehlinger,  dr.,  ord.  lehrer  am  progymn.  in  Boppard    J 
Förster,    dr.,    gymnasiallehrer   in  Wien,   zum   ao.  prof.    ffir  n 

Philologie  an  der  univ.  Wien  ernannt. 
Förtsch,   dr.,   director  emer.  des  gymn.  in  Nanmbnrg,  jetit  in 

erhielt  den  preusz.  rothen  adlerorden  III  d.  mit  der  schleife. 
Franz ky,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Spandau,  zum  obarlehrc 

fördert. 
Görlitz,  dr. ,   Oberlehrer   am  Matthiasgymn.  in  Breslau, "^ 

an  das  gymn.  zu  Patschkau  ^     I   als  dii 

Härtung,  dr.,    prorector  am   gymn.  in  Janer,  an  das|      benii 

gymn.  zu  Burg  j 

Hansmann,  dr.,  gymnasialprofessor  in  Speier,  zum  lycealprofesi 

Dillingen  ernannt. 
Hornstein,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realsch.  in  Cassel  )  sn  oberle 
Hüser,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Paderborn  (      bef5rdi 

Jeitteles,  Adalb.  dr.,  privatdocent  an  der  univ.  Prag,  anm  oniTcn 

bibliothekar  in  Innsbruck  ernannt. 
Karaba^ek,  dr. ,  privatdocent  an  der  uniy.  Wien,  zum  ao.  pro 

die  geschichte  des  Orients  daselbst  ernannt. 
Knobbe,  ord.  lehrer  am  Kneiphöfschen  gymnasium  zn^ 

Königsberg  in  Fr.  I   zn  obeile 

Ko estler,  ord.  lehrer  an  der  höheren  bürgerschule  zn f        belörd 

Naumburg  j 

Kos  sin  a,  dr.,  oberl.  am  gymn.  in  Tilsit,  als  'professor*  prädiciei 
Krabe,  religionsl ehrer  am  gymn.  in  Düsseldorf,  znm  oberlehn 

fördert. 
Krischek,  k.  k.  sectionsrath  in  Wien,  zum  ministerialrath  im  minist 

für  cultus  und  Unterricht  ernannt. 
Lademann,  ord.  lehrer  am  gymnasium  in  Greifswald)  zn  ob«rle 
Leske,  inspector  an  der  ritterakademie  in  Liegnitz    ]       beford) 
Maiksner,  prof.  am  obergymn.  in  Agram,  zum  ord.  prof.  der  1 

spräche  und  litteratur  an  der  Universität  daselbst  ernannt. 
Meinertz,  dr.,  gymnasiallehrer  in  Conitz,  zum  director  des  gyi 

Braunsberg  ernannt. 
Milz,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymnasnm  in  Aachen,  znm  oberlehn 

fördert. 
V.  Morstein,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Posen,  zum  oberL  am  Will 

gym.  zn  Königsberg  ernannt. 
Möbius,  dr.,  herzogl.  sächs.  landesschulrath  in  Gotha,  erhielt  das  i 

kreuz  des  Ernestin.  hausordens. 
Müller,  dr.  Chr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Aachen  I  zn  oberlehrei 
Müller,  dr.  Heinr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Burg  ]  fördert 

Münscher,  dr.,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Torgan,  als  prorector  a 

gymn.  in  Jauer  berufen. 
Nodilo,  prof.  am  gymn.  in  Zara,  zum  ord.  prof.  der  geschichte  a 

univ.  Agram  ernannt. 
Pappenheim,  dr.,  ord.  lehrer  am  Cölnischen  gymn.  in  Berlin, 

Oberlehrer  befördert. 
Pauli,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realschnle  in  Hannover,  znm  ober 

ernannt. 


Penonalnotisen. 


111 


Pfidel,  är.,  Oberlehrer  an  der  ritterakademie  in  Liegnitz,  als  'professor' 

prSdiciert. 
Pieper^  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realsch.  in  Hannover,  snm  Oberlehrer 

ernannt. 
Poti,  lehrer  fQr  chemie  und  naturgeschichte,  zum  rector  der  gewerb- 

lehnle  in  Passau  ernannt. 
2ideck,  ord.  lehrer  am  lyceam  in  Hannover  )  zu  Oberlehrern 

Sijdt,  dr.,   ord.  lehrer  an  der  realsch.  in  Hannover)         ernannt. 
Seidemeister,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  höheren  gewerbschule  in  Magde- 
burg, zum  Oberlehrer  befördert, 
ttftbj,  privatdoeent  an  der  univ.  Wien,  zum  ao.  professor  der  mathem.- 

phjs.  Wissenschaften  an  der  univ.  Klausenburg  ernannt. 
Sets] äff,  dr.,  oberl.  am  altstädt.  gymn.  in  Königsberg,  als  ^professor' 

prSdiciert. 
Seienberg,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymnasium  in  Ratibor  )  zu  Oberlehrern 
SSbber,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realsch.  in  Hannover  |       befördert. 
Sebtefer,    dr.,   Oberlehrer   am   gymn.  in  Flensburg,    als   'professor' 

prSdiciert. 
Sebrauf ,  dr.,  ao.  prof.  der  mineralogie  an  der  univ.  Wien,  erhielt  das 

ritterkrenz  des  österr.  Franz-Josephordens. 
Sebwalbe,  dr.,  oberl.  an  der  königl.  realsch.  in  Berlin,  als  'professor' 

prSdiciert. 
Sebreiber,    dr.,   gymnasialprofessor   in    Salzburg,    zum    director  der 

staatsrealschnle  in  Görz  ernannt, 
lebröter,  dr.,  Oberlehrer  am  gjmn.  in  Grosz-Strehlitz ,  zum  director 

dieser  anstalt  ernannt, 
lebwartz,  dr.,  oberschulrath  a.  d.  in  Wiesbaden,  erhielt  den  preusz. 

rothen  adlerorden  III  cl. 
Sebald,  ord.  lehrer  am  lyceum  in  Hannover  \ 

Siebert,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realschule  in  Cassel  1  zu  Oberlehrern 
Ipielmann,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Warburg  |      befördert. 

Iternberg,  dr.,  ord.  lehrer  an,  der  realsch.  in  Qörlitz  J 
Irabe^,  prof.  am  obergymnasium  in  Agram,  zum  ao.  prof.  der  g riech. 

spräche  und  Ikteratur  an  der  univ.  Agram  ernannt, 
.teaner,  prof.  an  der  Staatsrealschule  in  Pest,  zum  ord.  prof.  der  geo- 

graphie  an  der  univ.  Klausenbnrg  ernannt. 
[Tkieme,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  Sophienrealschule  in  ^ 

Berlin 
Itrtel,  dr.,  ord.  lehrer  am  Kneiphöfschen  gymn.  zu 

Königsberg  in  Pr. 
[Waebendorf,   dr. ,  ord.  lehrer  am  Matthiasgymn.  in 

Breslau 
[Vakle,  dr.,  ord.  lehrer  am  Wilhelm sgymn.  in  Monta- 
[      btur 
[Weil,  Joe.,  professor  der  deutschen  litteratur  an  der  kriegschule  in 

Wien,  scriptor  der  k.  k.  hofbibliothek,  in  den  ritterstand  mit  dem 

pr&dicat  WeUen  erhoben. 
f^Wentzel,  dr.,   oberl.  am  gymn.  in  Olatz,  zum   director  des  gymn.  in 

Beathen  ernannt. 
Werneke,   dr. ,    Oberlehrer  am  gymn.  in  Paderborn,  zum  director  des 

gymn.  in  Montabaur  ernannt. 
Wittich,  dr. ,  ord.  lehrer  an  der  realschule  in  Cassel  )  zu  Oberlehrern 
Zoschlag,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Cassel  )       befördert. 


zn  Oberlehrern 
befördert. 


Jubiläum. 

^  18  oct.  V.  j.  begieng  regierungsrath  dr.  Alois  Pokorny,  director 
des  Leopoldstädter  real-  und  obergymnasiums  in  Wien  sein  25jShriges 
rectorjubiläum. 


112  Personalnotizen. 

In  ruhestABd  getreten  t 

Friedhoff,  dr.,  ao.  professor  an  der  akademie  za  MQnster. 
Hess,  Stadienlehrer  in  Nördlingen. 
Stolz,  dr.,  Bubrector  in  Pirmasens. 

Gestorben  t 

Beitelrock,  Joh.  Buch.,  professor  am  Lycenm  za  Aschaffenbuif,  U 

1  decbr.  1874. 
B lahme,  dr.  Fr.,  geheimrath,  ord.  professor  der  jorispradens  an  du 

uniy.  Bonn,  am  6  novbr.  1874,  77jälirig. 
Brandes,  dr.  prof.,  emer.  director  des  gymn.  in  Leoigo,  am  SO  dec.  18f^ 

zu  Salznffeln  (geograph.  Schriftsteller). 
Brenner,  dr.  Friedr.,  docent  der  psychiatrie  an  der  xadv,  Baael,  Ui 

31  oct.  1874. 
Buckendahl,  ord.  lehrer  an  der  realschale  za  Düsseldorf. 
Cron,  Heinr.,  Stadienlehrer  in  Ansbach,  am  31  decbr.  1874. 
Deichmann,  dr.,  professor  am  gymn.  in  Hersfeldi  starb  sn  Bobb  sfl 

12  nov.  1874. 
Fiedler,  dr.,  Oberlehrer,  professor  am  gymn.  in  Leobschüts. 
Qoldhorn,  dr.  th.,  hofrath  and  universitätsbiblioihekar  an  der  buV 

Leipzig,  am  21  decbr.  1874. 
van  Hasselt,  Andr^,  kunsthistoriker  and  lyrischer  diohier,  mn  Mfi 

sches  Schulwesen  verdient,  mitglied  der  akademie  in  BrOisel,  si 

30  novbr.  1874. 
Hitzig,  dr.  Ferdin.,  geh.  kirchenrath,  ord.  prof.  der  theologie  SB  dl 

univ.  Heidelberg,  am  22  Januar  (ein  meister  alttestam.  exegesa). 
Koppe,  Karl,  prof.,  Oberlehrer  a.  d.  am  gymn.  in  8oest|  am  10  ao^ 

1874,  71  jähre  alt. 
Koppstadt,  Hugo,  Oberlehrer  a.  d.  an  der  realsohole  in  Creleldi  ai 

9  novbr.  1874,  57  jähre  alt. 
Matz,  dr.  Fr.,  ao.  professor  der  archäologie  an  der  univ.  Berlia«  ii 

30  dec.  1874,  30  jähre  alt. 
Nagel,  dr.  prof.,  emer.  Oberlehrer  der  realschale  in  Hfilbeim  B.  d.  1 

am  26  decbr.  1874  zu  Hochheim. 
Nipperdey,  dr.,  ord.  prof.  der  classisohen  philologie  an  dernniT.  im 

am  2  Januar. 
Rochleder,  dr.,  ao.  prof.  der  chemie  an  der  nniv.  Wien,  am  5  ■•?! 

1874,  63  jähre  alt. 
Scheele,  dr.  professor,  rector  des  domgymnasiams  in  Menebuft  i 

1  decbr.  1874. 
Steininger,  professor  emer.  am  gymn.  zu  Trier,  am  11  oelbr.  181 

80  jähre  alt. 
Stephan,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Leobschütz. 
Thiele,  etatsrath,  director  der  königl.  knpfersticbsammlnng  SnKopi 

hagen,  als  dichter  und  kunsthistoriker  bekannt,  am  9  noTbr.  18^ 

79  jähre  alt. 
Thtirlings,  ord.  lehrer  am  gymn.  zu  Marzellen  in  Köln,  am  IS  nov« 

her  1874. 
V.  Tischendorf,  Constantin,  dr.,  geheimrath,  ord.  prof.  der  theolof 

an  der  univ.  Leipzig,  berühmter  bibeltextforsoher,  am  7  de«.  18 

60  jähre  alt. 

V.  Wattenwyl,  dr.,  schweizerischer  geschichtsforseher,  am  14  de« 

1874  in  Bern. 
Zetterstedt,  Joh.  Wilh.,   professor  der  Zoologie  an  der  nniT.  Liu 

am  28  decbr.  1874,  90  jähre  alt 


ZWEITE  ABTEILUNG 

fÜR  ÖYMNASIAIPiDAGOGIK  UND  DIE  t)BBIGEN 

LEHBFÄCHEB 

MIT    AD8BCHLDSZ   DER   CLA8SI8CHBM    PHILOLOOIB 

HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.   DR.  HERMANN  MaSIUS. 


(4.) 

HATUBITATSZEÜGNIS ,  NICHT  MATURITÄTSPRÜFUNG. 

(fort8etzun[^  von  s.  65—93.) 


Xinheit  der  gymnasien  durch  bureaukratische  mittel. 

In  den  principien  des  gymnasiums,  welche  im  letzten  gründe 
lieht  blosz  didaktisch ,  sondern  historisch -ethisch  begründet  sind, 
Bsd  in  deren  Verwirklichung  ist  einheit  zu  erstreben,   diese  fordern 
fe  Staat,  die  kirche,  der  schütz  unserer  höchsten  nationalen  guter, 
^  recht  der  menschenseele.     nach  dieser  einheit  in  dem  wesent- 
Behen  suchen  und  ringen  alle,  welchen  diese  angelegenheit  am 
kenen  liegt,     diese  aufgäbe  ist  nach  dem  Charakter  des  deutschen 
geistes,  der  deutschen  geschichte  und  cultur  und  des  deutschen 
gymnasialwesens   eine  hohe  und  schwere,      auf  bureaukratischen 
w^gen  und  mit  bureaukratischen  mittein ,  zu  welchen  besonders  die 
gBBetzlich  bestimmte  leitung  der  maturitätsprüfung  gehört,  kann 
Ar  sie  nichts  erreicht  werden,     auch  die  bureaukratie  hat  das  be- 
WQstsein  von   der  not  wendigkeit    der   gymnasialen   einheit;    ihr 
wesentliches  streben  ist  auf  diese  gerichtet,     aber  bei  ihrem  aus- 
flöge aus  der  ferne  und  von  universalierenden  bestimmungen  ist 
üur  die  gestaltung  der  Wirklichkeit,  die  immer  unterschiedlich  indi- 
viduell ist,  nicht  erreichbar,    es  bleibt  bei  gesetzlichen  abstractionen, 
welche,  wenn  sie  sich  nicht  an  die  Selbständigkeit  und  freie  selbst- 
thätigkeit  der  an  ihrer  bestimmten  stelle  wirkenden  wenden ,  auf  sie 
rechnen  und  sie  bestätigen,  kraftlos  bleiben  oder  gar  die  rechte  in- 
diridueUe  thätigkeit   hemmen  und  zurückdrängen,     oder  auch  ihre 
Tätigkeit  geht  auf  gegenstände  und  normen  derselben,  welche  in 
Wahrheit  so  oder  anders  sein  können  und  müssen,  indem  sie  der 

iX.  j»hrb.  f.  phjl.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  3.  8 


114  Maturitätszeugnis,  nicht  maturit&tsprüfang. 

individuell  persönlichen  entscheidung  und  dererwägung  individueU* 
Verhältnisse  angehören,  und  so  entsteht  ein  schwerer  schaden,  eil 
uniformität  durch  gesetzliche  acte^  die  dem  wesentlichen  nndno 
wendigen  der  individuellen  Wirklichkeit  abbrach  thnt,  oder  vii 
mehr  die  illusion  einer  solchen,  die  rechte  bureankratie  hält  d 
menschlichen  zustände  für  am  besten  bestellt,  wenn  es  dahin  g 
bracht  wäre,  dasz  alles  durch  gesetzliche  Vorschriften  und  formulier 
einrichtungen  bestimmt  und  so  wenig  als  möglich  persönlicher  eo 
schlieszung  imd  selbständiger  entscheidung  äberlassen  würde,  d 
bureankratie,  wenn  sie  ihr  ziel  erreichte,  würde  iür  alle  mitti 
mäszigkeiten  ein  paradies  bereiten ,  für  alle  mechanischen  geistc 
die  nichts  als  copieren  können,  wofür  sie  eine  Vorschrift  habe 
deren  höchstes  motiv  ist,  es  dem  bureaukratischen  regimeni  rec; 
zu  machen,  eine  solche  einrichtung,  je  ausgedehnter  und  detailiert 
sie  ist ,  je  mehr  sie  durch  ihr  unmittelbares  dabeisein  in  allem  ei 
zelnen  entscheidet  und  so  wenig  als  möglich  der  selbstthätigkeit  d 
untergebenen  überläszt,  desto  besser,  wird  Organisation  genau 
ist  aber  in  Wahrheit  mechanisation ,  denn  sie  führt  zur  uniforme 
von  auszen  bestimmten  gleichheit  alles  und  jeden  und  gestattet  d 
persönlichkeit  nicht  freiheit  und  Selbständigkeit  und  individnel 
entscheidung  und  Verantwortlichkeit  im  dienste  des  ganzen,  sei 
ständigkeit  der  persönlichkeit  ist  das  wesen  und  das  gesets  d 
menschennatur,  die  bedingung  ihrer  gesunden  gestaltung  nnd  ihz 
gedeihens.  in  der  schule  handelt  es  sich  nicht  um  objective  oi 
in  allgemeiner  identität  gestaltbare  dinge,  sondern  am  personc 
deren  begriff  individuell  unterschiedliche  eigentümlichkeit  ist«  c 
lehrer  haben  nicht  blosz  einzelheiten ,  welche  sich  etwa  gesetili 
formulieren  und  messen  lieszen,  zu  thun,  sondern  ihre  wissensdia 
liehe  und  persönliche  richtung,  ihr  ganzes  geistiges  dasein  an  ( 
aufgäbe  der  persönlichen  bildung  ihrer  schüler  zu  setzen.  < 
Schüler  sind  werdende  persönlichkeiten,  jede  von  ganz  bestimmt 
aber  unendlich  unterschiedlicher  anläge  und  eigentümlichkeit.  jec 
gymnasium  hat  nach  seinen  Vorzügen  und  seinen  bedingungen  n 
mangeln ,  nach  seiner  richtung  und  seiner  ihm  möglichen  wirini 
eine  ganz  individuelle  gestalt  und  darf  in  allem  innem  ihrer  thSt 
keit;  so  vor  allem  in  dem  abschlusz  derselben,  der  entscheidn 
über  die  maturität ,  nicht  durch  Veranstaltungen  aus  der  höhe  u 
der  ferne  nach  einer  allgemeinheit  und  identität  des  gleichmas 
geleitet  werden ,  sondern  alles  innere  der  gymnasialen  Ordnung  u 
entscheidung  gebührt  dem  rector,  der  mit  amtlicher  aatoritftt  n 
Verantwortlichkeit  in  der  mitte  einer  individuell  eigentümlid 
anstalt  steht,  und  ist  in  Wahrheit  ihm  allein  möglich,  in  d 
izmem  der  praxi  s  der  schule  gilt  nnd  ist  wirksam  für  alle  an%al 
die  unmittelbarkeit  des  Verhältnisses  von  person  zu  person,  die 
dividuelle  anschauung  der  einer  uniformierenden  und  nniversalier 
den  objectiven  bestimmung  sich  entziehenden  mannig&ltigkeit  < 
werdenden  persönlichkeiten  nach  ihren  eigentümlichen  richtonf 


Mataritätszeagnis ,  nicht  maturitätsprüfung.  115 

und  bedflrfiiissen.     dasz  diese  individuelle  thätigkeit  in  harmonie 
mit  dem  allgemeinen  der  gesetzlichen  gymnasialen  Ordnung  sei, 
cbrflber  hat  der  staat  fdr  das  ihm  obliegende  durch  inspection  sich 
knsde  zu  verschaffen,    individueller  blick  und  tact  ist  nötig ,  das  zu 
thnn,  was  der  einzelne  fall  fordert^  so  zu  urteilen,  wie  es  der  indi- 
Tidadlen  Wirklichkeit  und  Wahrheit  entspricht,     eine  solche  thätig- 
keit ist  einer  behörde,  die  zu  dem  zweck  einer  maturitätsprüfung  von 
Muzen  in  das  gymnasium  tritt,  unmöglich,     sie  urteilt  allein  nach 
objeetiv  allgemeinen  bestimmungen ,  welche  die  individuell  unter- 
schiedliche Wirklichkeit  nicht  treffen,    die  maturitfitsprüfung  ist  ein 
uniformierender  mechanismus,  der  verderblich  auf  den  gang  der 
gymnasialen   praxis   zurückwirkt,     indem   sie   die   lehrer  in  ver- 
röehnng  führt,  so  zu  examinieren  und  zu  urteilen ,  überall  so  zu  ver- 
Uuren ,  wie  die  behörde  will ,  es  der  übergeordneten  amtlichen  auto- 
rität,  obgleich  diese  in  der  allgemeinheit  ihrer  Stellung  dem  indivi- 
hellen  der  Wirklichkeit  fremd  gegenüber  steht,  seine  eigentümlichen 
qinalitäten  und  forderungen  nicht  kennt  und  unberücksichtigt  lassen 
rnnsz,  in  allem  recht  zu  machen,  bringt  sie  es  zu  einer  einheit  in 
dem  gymnasialen  abschlusz  oder  vielmehr  zu  einem  schein  derselben, 
und  diesem  verfahren  steht  formelle  gesetzlichkeit  zur  seite.     dies 
nisliche  wird  vermieden ,  wenn  dem  rector  die  erteilung  des  matu- 
nütfizeugnisses  auf  seine  autoritSt  zurückgegeben  wird ,  welcher  es 
tte  der  künde  seiner  praxis  mit  gröszerer  Sicherheit  und  glaubwür- 
digkeit  ausstellen  kann^  als  eine  prüfung  unter  aufsieht  einer  be- 
Ufde  zu  ermitteln  im  stände  ist.     das  gymnasium  kennt  nicht  eine 
wissenschaftliche  prüfung  nach  einer  einheit  objectiver  principien, 
loadem  eine  pädagogische  beurteilung  der  in  der  entwickelung 
begriffenen  und  unter  didaktischer  zucht  stehenden  jugend,  welche 
lis  solche  berücksichtigung  der  Unterschiedlichkeit  der  indiividuali- 
ttten  fordert,     das  gymnasium  erstrebt  eine  totalität  der  persön- 
Hefaen  bildung;  diese  entzieht  sich  dem  iy;uformierenden  masze  einer 
objectivität  einer  gesetzlichen  norm;   sie  wird  in  unmittelbarer  an- 
\  lehaanng ,  welche  allein  eine  totalität  der  bildung  in  unterschiedlich 
iidindualisierter  gestaltung  auffassen  kann,  beurteilt,     eine  matu- 
litltsprOfung  ist  als  mittel  einer  gymnasialen  einheit  in  Wahrheit 
lieht  statthaft,    eine  andere  bildung  erstreben  fachschulen;  diese 
ab  eine  Vorbereitung  für  eine  particularität  ist  bestimmt  abgegrenzt« 
daher  ist  für  diese  eine  prüfung  nach  rein  objectivem  masze  möglich 
?  und  mit  recht  gesetzlich  angeordnet. 

t  Das  maturitätszeugnis   ist    eine    politische  forderung  an   das 

„gymnasium  und  gewährt  ein  politisches  recht,  es  ist  und  bleibt 
•aber  ein  pädagogischer  act,  der  in  und  von  dem  gymnasium,  welches 
der  Staat  in  der  autorität  der  demselben  gebührenden  thätigkeit  be- 
jrtätigt,  nach  pädagogischen  forderungen  vollzogen  wird,  diematu- 
^ätätsprüfung  dagegen  ist  ein  politischer  act,  hat  eine  gesetzliche 

rund  ist  dem  begriff  einer  pädagogischen  thätigkeit  fremd,    die 
über  die  notwendigkeit  oder  zulässigkeit  dieses  actes  läszt  sich 


116  Mataritätszeugnis ,  nicht  maturitätsprüfong. 

nicht  nach  einer  Vereinzelung  der  vorteile  oder  der  nachteile,  son 
dem  nnr  aus  dem  begriff  selbst  entscheiden,  das  speeifische  prineq 
der  schule  ist  das  der  subjectivität  des  persönlichen  verhSltnissae 
der  autorität  und  der  pietät,  das  des  Staates  das  der  objeddyitftt  dm 
rechts,  des  gesetzes.  die  Übertragung  einer  objectiv  gesetzlichen  be 
Stimmung  des  Staates  in  acte  der  schule  ist  eine  ver wirrung  dm 
grenzen  (öpoi)  dieser  gebiete,  verletzt  das  specifische  prindp,  dm 
pädagogischen  Charakter  der  schulen,  wenn  das  bureaukratifiGiie  mit 
trauen  gegen  die  einsieht  und  die  fUhigkeit ,  den  redlichen  wülei 
der  untergebenen,  welches  diese  Verwirrung  verschuldet,  nicht  mabi 
die  herschaft  hat ,  wenn  jedem  einzelnen  gjmnasium  und  dem  reetoi 
eine  durch  berücksichtigung  des  individuellen  einzelnen,  so  wi( 
durch  verantwortliche  Selbständigkeit  kräftige  action  zurfickg^bei 
wird ,  dann  wird  der  innere  pädagogische  Widerspruch  einer  gesefti- 
lieh  geordneten  maturitätsprüfung  von  selbst  auch  dem  allgemenMB 
bewustsein  klar  und  der  wegfall  derselben  ergibt  sich  als  eine  innere 
notwendigkeit.  dann  wird  das  in  dem  Charakter  der  schule  und  ic 
der  natur  des  actes  begründete  Verhältnis  wieder  hergestellt  werden 
dasz  der  rector  auf  seine  alleinige  autorität  ein  maturitXtssengnii 
ausstelle,  wie  dem  rector  Selbständigkeit  von  oben  gebührt,  so  and 
von  unten,  eine  abhängigkeit  desselben  von  einer  majorität  dec 
lehrer  widerspricht  ebenfalls  dem  pädagogischen  Charakter  der  schul 
leitung.  es  ist  ein  Widerspruch  mit  heillosen  folgen,  wenn  der  reeior 
welchem  allein  die  verantwortliche  leitung  des  ganzen  des  gynaob 
sialen  ganges  zusteht,  in  aller  form  rechtens  der  zufWigkeit  einff 
majoritätsentscheidung  unterliegt,  wenn  ein  zeugnis  über  die  msta 
rität  durch  eine  entscheidung  von  oben  oder  von  unten  zu  stand« 
kommen  kann,  eine  abhängigkeit  von  der  beliebigkeit  und  zufUlig' 
keit  eines  majoritätsbeschlusses  vernichtet  die  festigkeit  und  einb«i 
der  gymnasialen  praxis  in  allem  bedeutungsvollen  und  entscheiden 
den.  was  die  unterricht^t)ehörde  für  die  einheit  und  gesetzlichktt 
der  ausstellung  des  maturitätszeugnisses  kann,  ist  die  anordnnni 
fester  formen,  welche  der  bedeutung  dieses  actes  gemftsz  sind,  di 
strenge  der  form  schützt  an  sich  schon  gegen  Willkür  und  leidd 
fertigkeit.  die  abfassung  eines  officiellen  documents  über  den  gaoi 
der  berathung  mit  den  lehrem  der  prima  und  deren  ergebnisse  lui' 
über  den  abschlusz  des  Zeugnisses  werde  verordnet,  es  ist  unwidei 
leglich  klar,  dasz  der  rector  für  eine  maturitätserklärung  einer  b( 
sondern  Prüfung  nicht  bedarf,  dasz  er  in  seiner  amtlichen  thätigkei 
ein  wahreres  und  gerechteres  zeugnis  auszustellen  im  stände  ist,  a] 
durch  eine  temporelle  prüfung  ermittelt  werden  kann ,  dasz  das  i 
der  natur  der  sache  begründete  verfahren  durch  nichts  anderes  nn 
besseres  ersetzt  werden  kann,  dies  verfahren  ist  beseitigt  und  m 
dessen  stelle  eine  prüfung  nach  formulierten  Vorschriften,  durch  ei 
collegium ,  welches  nach  majorität  entscheidet,  unter  einer  amtliche 
aufsieht  und  Verantwortung,  eine  institution,  welche  gar  nicht  meh 
wie  eine  pädagogische  aussieht ,  gesetzt  in  der  absieht ,  so  eine  ein 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  117 

heit  almtlicher  gymnasien  in  einem  quantitativen  und  qualitativen 
gleichmaez  f&r  den  abschhisz  ihrer  i^ätigkeit  herzustellen,     gewis 
liegt  es  dem  gjrmnasialregiment  ob,  nach  einer  einheit  der  gymnasien 
ia  ilire&  zielen  zn  streben,  aber  diese  wird  durch  ein  zusammen- 
wirken organischer  mittel  in  dem  innem  ihres  ganges  erreicht, 
die  gymnasiale  einheit  als  pädagogische^  als  concreto  organische  faszt 
Unterschiedlichkeiten,  welche  aus  der  Verschiedenheit  der  einzelnen 
tnstalten  und  der  Individualität  der  lehrenden  und  der  lernenden 
Botvendig  hervorgehen,   unbeschadet  ihrer  in  sich  zusammen  und 
gestattet  nicht  einen  versuch ,  sie  durch  ein  legales  masz  zu  identi- 
Seieren  und  uniformieren,   gesetzliche  Vorschriften  über  die  normen 
der  bildnngsziele  im  ganzen  und  einzelnen  und  identisch  formulierte 
prtdicate  geben  gar  keine  bürgschaft  der  gleichheit  in  dem  innem 
rerfahren  und  in  dem  masze  der  prüfung.     für  diese  macht  sich  in 
Wahrheit  an  den  einzelnen  gymnasien  in  den  mitwirkenden  indivi- 
doen  iouner  eine  Unterschiedlichkeit  der  didaktischen  richtimg  und 
onts  geistigen  bildes  des  ganzen  und  seiner  momente,  welche  in 
einem  notwendigen  zusammenhange  mit  der  Verschiedenheit  der 
CBuehien  anstalten  steht,  als  normierend  geltend,     keine  umsieht 
and  geschicklichkeit  des  inspicienten  ist  im  stände ,  diese  habituelle 
Tersdiiedenheit  zu  einer  ausgleichung  einer  einheit  zu  fClhren.   zwei 
[     Batoritätszeugnisse  mit  denselben  formulierten  prädicaten  geben 
nicht  die  bürgschaft  der  gleichheit  des  Innern  werthes.     es  ist  eine 
Weaakratische  illusion ,  acte ,  welche  auf  eine  individuelle,  unend- 
Üeh  onterschiedliche  geistige  realität  gerichtet  sind ,  durch  ein  ein- 
greifen allgemein  und  identisch   legaler   anordnungen   von  ihrer 
naterschiedlichkeit  befreien  und  zu  einer  ausgleichenden  einheit 
fthren  zn  wollen ,  in  der  gleichheit  formeller  bestimmungen   die 
Wahrheit  der  Wirklichkeit  zu  sehen,     die  einheit  des  gymnasiums 
ist  eine  geistig  organische  und  läszt  sich  nicht  durch  legale  anord- 
nngen  und  einwirkungen  bestimmen,    das  streben  nach  der  einheit 
des  Ziels ,  in  welchem  alle  für  das  gymnasium  mit  klarer  erkenntnis 
md  reiner  hingebung  wirkenden  zu  einer  einheit  verbunden  sind^ 
iit  ein  ideelles  und  seine  erfolge  lassen  sich  nicht  formell  messen, 
n  der    verkehrung    gymnasialer    einwirkung    und    gymnasialen 
aasies  von  selten  des  Staates  gehört  an  höchster  stelle  die  matori- 
titsprfifung;  sie  verfehlt  vollständig  das  ziel,  welches  sie  sich  setzt, 
end  wird  ein  mittel,  den  gang  der  gymnasien  mechanisierend  zu 
nniformieren. 

Dem  Staate  liegt  daran ,  dasz  die  gymnasien  des  landes  den  all- 
gemeinen bedürfnissen  des  öffentlichen  dienstes  und  der  nationalen 
Cöltur  und  gesinnung  von  ihrer  seite  mit  ihren  mittein  vorbereitend 
genügen ,  dasz  für  dieses  ziel  die  einheit  in  dem  notwendigen  ihrer 
anfgabe  ihnen  vor  äugen  stehe  und  ihre  praxis  normiere,  dasz  dies 
wirklich  geschehe,  läszt  sich  nicht  auf  dem  wege  der  gesetzgebung 
nnd  gesetzlicher  anordnungen  und  acte  erreichen,  was  ein  gymna- 
liiim  ist  und  sein  soll ,  liegt  im  allgemeinen  bewustsein ,  pflanzt  sich 


118  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprflfung. 

durch  die  Zeitalter  fort,  wird  durch  wissenschaftliche  erdrtenmgen 
und  den  gang  der  praxis  eingehender  und  strenger  bestimmt  und 
gemäsz  der  folge  der  culturverhältnisse  modificiert.   dies  gymnasiali 
be wustsein  wirkt  als  habituelles  bild  in  den  Organen  der  gymnasialei 
praxis ,   wohnt  ebenso  auch  dem  Staate  ein.    dieser  bestimmt  nidii 
nach  seinem  ermessen,  was  und  wie  ein  gjmnasium  sein  soll ,  son« 
dern  erkennt  dasselbe,  wie  es   mit  geschichtlicher  notwendigkeit 
geworden  ist  und  für  die  forderungen  der  gegen  wart  ist,  gesetslich 
an.     aber  er  hält  ftlr  gedeihlich  und  notwendig,  findet  sich  verui- 
laszt,  in  der  complicierung,  dem  schwanken,  der  folge  und  dem 
Wechsel  der  cultur-  und  unterrichtsyerhältnisse  allgemeines  über  dai 
gymnasium ,  sein  ziel  und  seine  mittel ,  seine  Ordnung  nnd  seinen 
abschlusz  in  einer  gesetzlichen  bestimmung,  so  weit  es  dieser  form 
erreichbar  ist,  festzusetzen  und  von  diesem  den  ausgang,  die  nonn 
und  das  masz  seiner  thätigkeit  für  das  gymnasialwesen  zn  nehmen. 
je  weniger  der  staat  in  das  innere  der  gymnasialen  praxis  direct 
und  unmittelbar  eingreift,  je  mehr  er  dieselbe  in  ihrer  Selbständig- 
keit nicht  blosz  schont ,  sondern  auch  bestätigt ,  desto  besser  soigt 
er  für  das  gedeihn  der  gymnasialen  thätigkeit.     der  staat  maeht 
nicht  aus  sich  gesetzliche  gymnasiale  bestimmungen,  greift  nicht 
mit  solchen  in  das  innere  der  gymnasialen  praxis  ein ,  sondern ,  in* 
dem  er  für  die  allgemeine  geselzliche  Ordnung  seiner  administration 
und  leitong  den  begriff,  die  geschichte  und  die  gegenwart  des  gym- 
nasiums  fragt,  überläszt  er  der  Selbständigkeit  desselben  das  eigne 
und  das  innere  seiner  specifischen  thätigkeit.     wie  ein  gesets  der 
Wissenschaft  und  wissenschaftlichen  anstalten  ftlr  ihre  wege  weder 
ziele,  noch  masze  festsetzen  kann,  so  sind  gesetzliche  yorschrifieii 
und  masze  für  die  innere  praxis  des  gymnasiums,  als  einer  wissen- 
schaftlichen Propädeutik  nicht  möglich,     gymnasiale  thätigkeiten 
nach  dem  innem  ihrer  ziele  und  ihrer  mittel  lassen  sich  nicht  in  ge- 
setzlicher form  normieren,  gymnasiale  zustände,  erfolge,  leistungen 
nicht  gesetzlich  messen,     wird  etwas  der  art  versucht,  so  hat  et 
keine  positive  und  gedeihliche  Wirkung,  sondern  führt  zur  mechani- 
sation  und  verkehrung  der  praxis.     das  innere  der  gymnasialen 
thätigkeit  ist  gegenständ  der  gynmasialpädagogik,  die  als  Wissen- 
schaft in  unendlichem  fortgange  der  forschung  begriffen  ist,  und  der 
gymnasialen  praxis  im  einzelnen  und  in  ihrem  ganzen  zusammen* 
hange,  die  mit  dem  stände  und  gange  der  culturverhältnisse  in 
bindung  steht,     ein  gymnasiales  gesetz  kann  nach  der  weise 
entstehung  und  bedeutung,  nach  seiner  form  das  im  innem  der 
praxis  notwendige  und  fördernde  nicht  einmal  in  entsprechenden 
werten  sagen ,  so  dasz  es  dem  gymnasialen  thun  als  norm  vorange- 
stellt werden  und  die  leistungen  desselben  nach  ihm  gemessen 
den  können,   es  kann  durch  sich  nicht  dafdr  wirken,  dasz  das, 
von  der  gymnasialen  notwendigkeit  gefordert  wird,  aber  in  einer 
gesetzlichen  form  nur  angedeutet  werden  kann,  in  das  allgemeine 
bewustsein  und  in  die  Wirklichkeit  der  praxis  hinübergeführt  und  m 


Mataritätszeognis ,  nicht  maturii&tsprüfung. 


119 


ilrr  realisiert  werde,     es  ist  nicht  möglich ,  geistige  zustände  und 
tUtigkeiten,  ziele  und  bestrebungen  in  einer  gesetzlichen  form  als 
«iner  norm  derselben  zu  bestimmen ,  zu  gestalten  und  umzugestalten 
«ad  nach  ihr  zu  messen,    eine  auf  das  innere  der  praxis  eingehende 
gnetsliche  regelung  ist  auf  allen  geistigen  gebieten,   so  auch  auf 
dem  des  gymnasiums,  für  ihren  supponierten  zweck  erfolglos  und 
in  ihren  Wirkungen  verderblich,     wo  sie  versucht  wird ,  erzeugt  sie 
entweder  offiie  und  versteckte  Opposition  gegen  das  gute  und  not- 
wendige, welches  in  ihr  beabsichtigt  wird,  oder  mechanischen  ge- 
honstti  unredlich  fügsamer  geister,  hemmt  die  innere  Zuversicht 
der  individuellen  eigentümlichkeit  in  ihrem  thun ,   schwächt  oder 
▼emichtet  die  kraft  des  eignen  suchens ,  strebens ,  welche  allein  auf 
jedem  geistigen  gebiete  gedeihen  bringt   und  notwendig  ist.     ich 
unterläge  beispiele  der  Unterrichtsgesetzgebung ,  welche  sich  in  das 
innere  der  schalpraxis  drängt^   hier  auszuführen,     innerhalb  der 
steUong  zu  den  gemeinschaften ,  welchen  das  gymnasium  dient,  und 
der  allgemeinen  gjmnasialgesetzlichen  bestimmungen  über  die  Ord- 
nung des  gymnasialen  ganges  ist  jedem  in  dem  gymnasium  thätigen 
die  selbst&idigkeit  und  die  freiheit  zu  gestatten,  das  ihm  obliegende 
in  der  weise  zu  thun ,  welche  sein  bestes  bewustsein  und  sein  gym- 
nieiales  gewissen  fordern,     gesetzliche   bestimmungen  und  anord- 
nnngen  kOnnen  und  dürfen  an  keiner  stelle  in  das  innere  der  didaxis 
nad  der  sucht  eingreifen,    man  spricht  so  viel  von  selfgovernment, 
Ton  welchem  das  gedeihen  menschlicher  gemeinschaften  in  dem 
böse  ihrer  eigenen  aufgäbe  und  thfttigkeit  bedingt  sei.    die  gym- 
neiale  r^erung  habe  den  muth  und  das  vertrauen,  diese  in  vollem 
I  jueie  jedon  gymnasium  zu  geben,  zurückzugeben,    in  keiner  ge- 
aeinschaft  ist  individuelle  Selbständigkeit  mehr  nötig,  als  im  gym- 
ueinm,  denn  jede  schulthätigkeit  ist  eine  unmittelbarkeit  persön- 
Bdier  Wirksamkeit  auf  personen,  welche  eine  objectivität  gesetzlicher 
vorsehriften  nicht  gestattet,    es  besteht  darin ,  dasz  jedem  gymna- 
tam  seine  individuelle  eigentümlichkeit  und  seine  Selbständigkeit 
ftr  den  ganzen  gang  seiner  thätigkeit  von  der  behörde  anerkannt, 
ksütigt  und  bewahrt  werde,  dasz  die  autorität  des  rectors,  in  wel- 
kem das  gymnasium  als  ganzes  vertreten  ist,  weder  von  oben  durch 
iMmittelbares  eintreten  in  gymnasiale  acte,  noch  von  unten  durch 
j^iijoritätsbeschlüsse  der  untergebenen  lehrer  eingeschränkt  werde 
^80  durch  persönliche  entscheidung  und  Verantwortung  die  rechte 
Utrheit  und  harmonie,   feste   energie  und  ununterbrochene  conse- 
qnenz  gewinne,    und  —  ne  quid  detrimenti  capiat  res  scholastica 
^d  damit,  was  an  erwerb  aus  der  cultur  und  der  Wissenschaft,  aus 
Wlherer  einsieht  und  umsieht,  aus  weiter  reichender  erfabrung  zu 
gewinnen  ist,  jedem  gymnasium  zu  gute  komme,  dazu  ist  eine  all- 
gemeine gymnasiale  inspection  angeordnet,  welche  persönlich  ein- 
^ntt  und  nicht  eingehend  genug  sein  kann,    diese  allein  ist  die  wirk- 
•me  einheit  aller  gymnasien  in  allem  fördernden  und  guten,  was 
^•e  m  ihrem  gedeihen  bedürfen,  während  sie  das  einzelne  gymna- 


120  Maturil^tsEeugnis ,  nicht  maturit&tsprOfongir 

sium  und  dessen  rector  in  aller  freiheit  und  selbstftndigkeit  da 
innem  der  eignen  th&tigkeit  Iftszt  und  mit  dem  blick,  die  geigter  n 
unterscheiden  und  zu  prüfen ,  in  Weisheit  jede  nnterschiedliche  be- 
rechtigte eigentümlichkeit  in  ihrer  tüchtigkeit  für  das  ganie  im 
ganges  und  des  ziels  wohlwollend  anerkennt  und  würdigt,  der  alp 
schlusz  der  gymnasialen  thtttigkeit  in  sich  enthält  das  masz  dir 
maturitStszeugnisses ;  die  norm  desselben  ist  eine  und  dieselbe  mil 
dem  innem  der  gestaltung  des  gymnasiums ,  durch  dasselbe  bi> 
stimmt;  eine  andere  durch  eine  allgemeine  objectivität  Ittsxt  sieb 
nicht  pädagogisch  erdenken,  das  maturitfttszeugnis  iSszt  sich  nieki 
universalieren ,  sondern  ist  individualisiert,  wie  das  einzelne  gya- 
nasium.  wie  die  norm  des  matui-itätszeugnisses  ist,  so  ist  die  gu» 
innere  gestaltung  der  gymnasialen  thätigkeit  bis  za  ihrem  ab* 
Schlüsse,  das  ganze  der  unterschiedlichen  individualitftt  des  gymü^ 
biums  tritt  in  demselben  ans  licht,  eine  allgemeine  objed^fifliti 
festsetzung  der  norm  der  maturität  in  der  gesetzlichen  form  m 
prüfung  und  eine  entscheidende  beurteilung  derselben  nnterei] 
gesetzlichen  o  rdnung  entzieht  dem  einzelnen  g3nauiasinm  seine  no^ 
wendige  und  gedeihen  bringende  freiheit  und  Selbständigkeit,  mvif 
liert  alle  gymnasien  nicht  blosz  in  diesem  acte,  als  einem  isoliertaif 
sondern  für  das  ganze,  iPQr  die  richtung  und  den  sinn,  für  das  iiiBtft 
der  gymnasialen  praxis.  wie  das  in  seiner  reinen  bedeutnng  taagt^ 
stellte  maturitätszeugnis  ist ,  so  ist  die  innere  gestaltung  des  gy** 
nasiums  und  seiner  pifaxis.  das  maturitfttszeugnis  ist  also  ein  inAt" 
grierendes  recht  und  eine  unerlftszliche  pflicht  jedes  einzelnen  gp^' 
nasiums  in  seiner  unterschiedlich  individuellen  selbstftndigkeit  mi' 
seines  reprftsentanten,  des  rectors,  welcher  es  ohne  vorangehoii*' 
gesetzlich  verordnete  prüfung  unter  entscheidender  amtlicherüf* 
sieht  und  ohne  definitive  abhftngigkeit  von  den  urteilen  nntergeorf* 
neter  lehrer  auf  seine  alleinige  autoritttt  und  Verantwortung  aonldtt^ 
Die  maturitfttsprüfiing  ist  angeordnet,  damit  jedes  gjmnash^ 
sich  vor  der  behörde  ausweise ,  dasz  und  wie  weit  das  ziel ,  weUhfl 
als  einheit  allen  gymnasien  vorgeschrieben  ist,  von  den  schUkcii 
welche  ihren  gymnasialcursus  absolviert  haben,  erreicht  ist.  gtwil 
ist  nichts  notwendiger,  als  dasz  das  gymnasialregiment  genane  ul 
sichere  künde  von  den  zuständen  und  den  leistungen  der  ihm  nnW 
gebenen  gymnasien,  namentlich  von  dem  abschlusse  derselben  hilii 
allein  eine  solche  wird  allein  und  am  besten  durch  eine  fortgehsMi 
inspection  erreicht,  diese  wird  sich  vorzüglich  zur  aufgäbe  steDü 
den  bildungsstand  der  prima  und  besonders  der  abiturienten  kenM 
zu  lernen,  in  dieser  ist  ein  vollständiger  ersatz  für  den  zwBfk  dl 
maturitätsprüfuug.  durch  das  band  der  inspection  entsteht  und  M 
festigt  sich  ein  wohlbegründetes  vertrauen  in  dem  verhfiltnis  dl 
höchsten  Unterrichtsbehörde  und  jedes  einzelnen  gymnasiums.  m 
ihr  ergeben  sich  mittel,  ungehörigkeiten,  wo  sie  sind,  zu  sehen  in 
ihnen  abzuhelfen,  das  bureaukratische  moüv  des  mistranens,  des  i 
ort  und  stelle  sehen  will ,  ob  es  in  der  gymnasialen  präzis  anch  m 


Maioritätszeognis,  Dicht  mataritätsprüfong.  121 

leefaien  dingen  zugehe,  hält  es  für  seine  aufgäbe,  den  entscheidenden 
aet  d68  abschlnsses  in  seine  eigne  hand  zu  nehmen ,  hat  die  maturi- 
tttsprlifimg  verordnet  und  die  Selbständigkeit  des  gymnasiums  in 
im  höchsten  seiner  thätigkeit ,  in  der  entscheidung  der  matnrität 
inner  Schiller  Temichtet.  die  gymnasiale  gesetzgebung  hat  sich  der 
bedenken  dieser  einrichtung  nicht  erwehren  können,  in  der  folge 
kr  rerordnungen  über  die  maturitätsprüfang  sehen  wir  ein  schwan- 
Ktt  iwischen  zwei  gegensätzen,  von  denen  der  eine  den  gesetzlich 
leefa'mmten  inspectorialen  Charakter  der  maturittttsprüfung  bewahrt, 
ler  tndere  aus  pftdagogischen  rücksichten  gewisse  gegenstände  von 
ler  offieiellen  prüfung  ausscheidet  und  diese  der  entscheidenden 
«orteiliuig  der  lehrer  zuweist,  dies  schwanken,  welches  gegensätze, 
reiche  in  sich  völlig  contrastieren,  indem  die  form  der  officiellen 
ffttfimg  festgehalten  und  zugleich  von  der  vollen  strenge,  welche 
tte  prüfung  fordert,  durch  concessionen  und  modificationen  nach- 
{danen  wird,  in  demselben  acte  neben  einander  stellt,  deutet  auf 
11  tiefes  und  unüberwindliches  bedenken  gegen  die  pädagogische 
ichtigkeit  der  gesetzlich  angeordneten  maturitätsprüfxing. 

Einheit  der  gymnasien  in  den  grundprincipien  des  ziels  und 
hr  mittel  ist  fort  und  fort  zu  erstreben,  aber  die  rechte  einheit  ist 
ndit  abstracte  identität,  sondern  die  concrete,  in  welcher  die  eigen- 
ttaüiche  Unterschiedlichkeit  der  anstalten  erhalten  wird,  welcher 
M  mit  individueller  Selbständigkeit  dienen,  gesetzliche  anord- 
■Igen  und  bureaukratische  acte  haben  auf  das  ziel  der  die  unter- 
RÜede  der  einzelnen  gymnasien  in  ihrer  individuellen  energie  be- 
Mbenden  concreten  einheit  nicht  blosz  keine  beziehung,  sondern, 
•in  sie  abstracte,  die  eigentümlich  unterschiedliche  kraft  der- 
riben  ignorierende  und  brechende  einerleiheit  fordern,  henunen  sie 
lieelben.  wir  bleiben  bei  der  maturitätsprüfang  als  der  summe,  in 
iridier  das  masz  alles  gymnasialen  concentriert  zu  tage  tritt,  es  ist 
pettiischer  und  pädagogischer  Widerspruch,  gesetzliche  uniformität 
kellen  gegenständen,  wie  sie  als  einzelne  neben  einander  stehen, 
h  BimÜiche  gymnasien  zu  erstreben ,  vorauszusetzen ,  es  sei  not- 
und  möglich,  alle  gymnasien  in  allen  gegenständen  und  rieh- 
nach  einer  einheit  des  maszes  zu  messen,  eine  uniforme 
eit  in  allen  didaktischen  einzelheiten ,  wie  sie  in  der  lehr- 
neben einander  stehen ,  hat  für  die  einheit  des  ziels ,  das 
,  die  harmonische  totalität  der  persönlichen  bildung  nicht  blosz 
n  werth,  sondern  das  streben  nach  derselben  verwirrt  und 
tMimt  jede  harmonie  und  kräftigkeit  der  geistesbildung.  das  gleiche 
Ittz  des  Wissens  und  könnens  in  allem  und  jedem  macht  nicht  ge- 

Ee  individuelle  bildung  aus.    von  den  gymnasien,  so  wie  mensch- 
verhältnisse  nach  den  unterschieden  ihrer  Vorzüge  und  mängel 
,  ist  nicht  zu  fordern,  dasz  sie  in  allen  und  jeden  gegenständen 
gleiche  masz  leisten,    auf  das  gleicbmasz  aller  einzelheiten  das 
gewicht  legen,  es  mit  allen  pädagogisch  erreichbaren  mit- 
und  gesetzlichen  Veranstaltungen  erstreben,  hat  für  den  gymna- 


[ 


122  Maturitätszeugnis,  nicht  inaturitätsprfifung. 

sialen  gang  die  schwersten  nachteile.  anstatt  dies  snpponiert 
zu  erreichen  wird  die  eigentümliche  kraft  in  dem  ihrigen  geh< 
und  von  dem  ihr  erreichbaren  abgewendet  oder  es  entstehl 
widerliche  resultat  des  Scheins  und  der  illusion.  man  sollte 
nicht  ein  gleichmasz  des  nicht  notwendigen  und  des  nicht  erx 
baren  suchen,  weil  durch  dieses  streben  die  einheit  in  dem  unei 
liehen  zurückgesetzt  und  die  energie  für  das  eigentümliche  gebrc 
wird,  solche  Wirkung  geht  von  dem  gegenständlichen  gleich 
auf  das  thun  der  gjmnasien  und  auf  das  streben  der  schüler 
die  bureaukratische  forderung  der  isonomie  in  allen  gegenstände 
alle  gjmnasien  enthält  eine  Unmöglichkeit ,  denn  sie  ist  im  w 
Spruch  mit  der  natur  menschlicher  Verhältnisse,  die  überall 
unterschiedlich  individueller  eigentümlichkeit  sind,  das  str 
nach  derselben  ist  vom  übel  für  die  gymnasiale  präzis,  dem 
forderung  der  gleichheit  des  maszes  für  alles  und  jedes  in  dem 
und  nach  den  stufen  der  vermittelung  hemmt  die  individuell  ei 
tümliche  kraft  des  gymnasiums  in  der  ihm  gemäszen  gegensi 
lichkeit  und  richtung,  macht  seine  thätigkeit  unsicher,  entzieh 
Unbefangenheit  und  verwirrt  die  direction  auf  die  höhe  des  ei( 
liehen  ziels,  die  persönliche  bildung,  für  welche  nicht  eine 
einem  gleichmasz  allgemeine  gegenständliche  uniformität  wirkt, 
dem  zu  welcher  individuell  unterschiedliche  wege  führen,  es  is 
setzlich  darauf  zu  halten,  dasz  jedes  gjmnasium  in  jedem  ge 
stände  das  notwendig  unerläszliche  leiste,  aber  eine  gesetzlich« 
Ordnung  darf  nicht  entgegen  wirken,  dasz  die  individuellen  vor 
eines  gymnasiums ,  welche  in  seiner  besondem  gestaltung  geg 
sind ,  anerkannt  werden  und  zu  ihrem  recht  einer  hervorrage] 
Verwirklichung  kommen,  es  hat  eine  zeit  gegeben,  wo  man  im 
aus  wol  wüste,  welche  gymnasien  vorzugsweise  gute  mathemat 
historiker,  vortrefifliche  Lateiner,  Griechen  hergaben,  jetzt 
mit  aller  strenge  bis  zum  abschlusz  darauf  gehalten ,  dasz  der 
mallectionsplan ,  dessen  gegenständliche  gleichmäszigkeit  für 
gymnasien  vorgeschrieben  ist,  befolgt  werde  und  so  wird,  ohne 
das  supponierte  ziel  erreicht  wird ,  die  thätigkeit  der  lehrer  in  < 
was  und  wie  es  sie  vorzugsweise  können ,  unsicher  und  gehez 
das  didaktische  ziel  ist  die  gleichmäszigkeit  der  bildung,  diese 
ihre  einheit  in  den  gegenständen,  für  welche  alle  ein  identis 
masz  gilt;  sie  ist  uniform,  von  allen  wird  alles  in  demselben  n 
gefordert,  das  ist  nicht  die  harmonie  der  bildung ,  welche  ihre 
heit  in  der  persönlichkeit  hat,  in  welcher  unterschiede  für  die  ge 
stände  nach  der  weise  und  dem  masze  der  individuellen  eigenl 
lichkeit  sind,  eine  isonomie  für  alle  gegenstände  hemmt  in 
Schülern  die  energie  der  entwickelung  der  individualität  in  der  ei 
tümlichkeit  ihrer  geistigen  richtung  und  begabung  mit  dem  ti 
der  Selbstbildung,  tritt  einer  in  sich  selbst  begründeten  einheil 
strebens  und  einer  sichern  gestaltung  von  innen  entgegen,  stell' 
ein  ihrer  eigentümlichkeit  fremdes  ziel,    es  ist  gut,  dasz  die  jag 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  123 

sibe  natnr  in  ihrem  fundamente  ein  unverwüstliches  hat ,  das  von 
1er  verkehrang  der  bildnng  nicht  berührt  wird,  wir  machen  die 
wbtchtimg,  dasz  gerade  recht  tüchtige  schüler  von  entschieden 
igentliinlicher  begabung  und  lauterer  gesinnung  mit  den  forde- 
DO^pen  der  didaktischen  isonomie  in  collision  gerathen.  es  ge- 
efaieht  aber  nicht  selten,  dasz  mit  berufung  auf  das  uniformierende 
[netz  darauf  bestanden  wird,  dasz  auf  mechanische  bildung  ge- 
Mitete  geister,  stimuliert  durch  aussieht  auf  lob  der  schule,  bene- 
iden und  andere  anreine  motive ,  wegen  der  gleichmäszigkeit  ihrer 
Ukhmg  in  Zeugnissen  und  anderen  begünstigungen  den  vortritt  be- 
hWBmen,  solche  dinge  liegen  allerdings  in  den  menschlichen  ver- 
Mttmasen  überall  begründet,  aber  es  ist  ein  unerträglicher  zustand, 
■0  das  Schulgesetz  selbst  sie  begünstigt,  hervorruft,  fordert,  die 
M^gibe  des  gTnmasiums  ist  liicht  blosz,  kenntnisse  in  ihrer  ver- 
wwrfpng  und  juztaposition  und  besondere  ffthigkeiten  zu  üben, 
mdem  persönliche ,  theoretische  und  ethische  gestaltung ,  welcher 
butnisse  und  Übungen  dienen ,  die  mit  bestimmtem  geistigen  und 
äUaehoi  gehalt  in  eigentümlichen  zügen  erfüllte  persönlichkeit,  der 
IkiUe  höchsten  guter,  welche  zum  dienste  der  ethischen  gemein- 
tohallen  nötig  sind  und  die  unsterbliche  menschenseele  befriedigen, 
^irbereitete  und  gestimmte  sinn,  die  bildung  der  individuell  eigen- 
Beben  persönlichkeit,  die  Stimmung  der  seele  für  die  höchsten 
und  aufgaben  der  menschheit,  der  nation,  die  Übung  des  auges 
des  Sinnes  durch  die  edelsten  gaben  und  Überlieferungen  der 
ite  zur  Vorbereitung  für  den  dienst  der  höchsten  lebensge- 
rten  ist  die  gymnasiale  maturität,  in  welcher  auch  die  vor* 
itong  für  einen  bestimmt  abgegrenzten  lebensberuf  enthalten  ist. 
£e  spitze  des  gjmnasiums  als  der  gesetzlich  bestimmte  ab- 
des  gymnasialen  ganges  hingestellte  maturitätsprüfung  als 
weisz  nichts  von  diesem  pädagogischen  ziele ,  sie  miszt  nur 
und  fertigkeiten  in  ihrer  Vereinzelung  und  zusammen- 
^keit,  in  ihrer  völligen  ethischen  indifferenz ;  und  indem  sie 
ihres  Übergewichts  die  richtung  der  gymnasialen  thätigkeit 
das  streben  der  schüler  auf  sich,  als  das  eigentliche  ziel  der 
bildung  zieht,  mechanisiert  und  verkehrt  sie,  so  viel  an 
vt,  den  znsanmienhang  des  gymnasialen  ganges,  in  diesem  ist 
!«&  idiweres  bedenken  gegen  die  gesetzliche  maturitätsprüfung 
tei  sinn  der  ganzen  gymnasialen  praxis  und  die  bildung  der 
and  geistesrichtung  der  schüler  hingewiesen,  dessen  factischer 
reis  aus  der  schulerfabrung  sich  dem  in  klarem  und  reinem  sinne 
»achtenden  gymnasiallehrer  nicht  entzieht. 

»Wirkung   des   gymnasialregiments    auf  die   einheit 
<ies  gymnasialwesens.    enkyklische  gymnasiale 

schreiben,    inspection. 

Für  das  ziel  der  notwendigen  und  wahren  einheit  des  gymna- 
resens  gibt  es  nur  ein  hauptmittel ,  personen  zu  bilden ,  welche 


124  Maturitätszeugnis ,  nicht  matorit&taprfifimg. 

im  klar  bewusten  dienst  aller  derjenigen  mächte,  welche  das  fDBdi 
ment,  den  gehalt,  die  einheit  unseres  lebens,  und  damit  aneh  dl 
gymnasinms  hergeben,  als  Organe  des  schnlgeistes  mit  der  kzaft  dl 
persönlichen  nnd  amtlichen  eigentümlichkeit,  der  indiYidaellaiiAi 
ständigkeit  nnd  der  vollen  hingebung  an  der  ihnen  gemäeien  itell 
als  lehrende  wirken,  dann  sind  die  gjmnasien  so  eu  stellen,  di| 
jedes  in  allem,  was  notwendig  zum  begriff  der  gymnasialen 
an  ihrer  besondem  steUe  gehört,  Selbständigkeit  und  y< 
lichkeit  habe,  damit  das  geschehe,  welches  nach  der 
der  Verhältnisse  erreichbar  ist,  dasz  jedes  eine  individuelle 
Schaft  bilde,  in  welcher  die  allgemeinen  in  dem  begriff  und 
gesetz  des  gymnasinms  enthaltenen  fordemngen  einer  indivii 
selbständigen  realisierung  mit  rttcksicht  auf  individuelles  vi 
und  erkennen,  können  und  bewustes  wollen  und  in  der 
barkeit  der  persönlich  amtlichen  über-  und  Unterordnung 
gegeben  werden,  die  staatliche  leitung  der  gymnasien 
wesentlich  durch  ein  persönliches  sehen  und  einwirken,  welehai 
individuellen  unterschiede  vor  äugen  hat,  zunächst  damit  albij 
hörig  zugehe,  dann,  damit  das  ganze  und  einzelne  innerlich 
und  belebt  werde,  wird  in  der  hauptsache  nicht  duroh 
anordnungen  von  auszen  und  von  oben  vermittelt,  diese,  towtifcl 
nötig  sind,  nehmen,  weil  sie  auf  die  wirkliche  und  wahre 
der  gymnasialen  zwecke  bedacht  sind,  die  bedingnngen  dersell 
der  individuell  unterschiedlichen  Wirklichkeit  der  einzelnen 
nasien  in  rechnung.  das  beste  für  die  zukunft  unseres 
Wesens  erwarte  ich  nicht  von  legislatorischen  und  bureaukratü 
maszregeln,  aber  dennoch  von  der  thätigkeit  eines  einsichtigen 
energischen  schulregiments.  eine  gestaltende  und 
durchdringende  und  nachhaltige  einwirkung  ist  allein  durch 
möglich,  litterarische  discussion  erreicht  selten  das  ziel  einer 
meinen  klar  bewusten  und  in  sich  sichern  einstinunnng;  nad^ 
dieser  bis  zur  praktischen  ausftlhrung  ist  noch  ein  langer  w^, 
chen  zu  durchmessen  theoretische  impulse  nicht  ausreichen. 
haben  für  die  gymnasialpädagogik  an  theorie  und 
darstellung  des  rechten  und  guten  so  viel ,  dasz  es  wol  kaum 
lieh  ist,  über  das  notwendige  und  das  zum  gedeihen  führende 
zu  sagen,  was  noch  nicht  gesagt  ist,  aber  es  kommt  darauf  taa, 
es  in  straffer  consequenz  für  die  präzis  zusammengefaszt  und 
durch  mächtige  motive  in  die  Wirklichkeit  geführt  werde,  d«' 
sicherste  weg  ist  der  des  ezperiments  und  der  singulttren  — 
auch  noch  so  ausgebreiteten  —  erfahrung.  aus  den 
einer  thätigkeit  und  ihrer  erfolge  können^  weil  deren  bedii 
unberechenbar  sind,  nicht  sichere  Schlüsse  für  die  Wahrheit  in 
allgemeinheit  gezogen  werden,  erfahrung  führt  nur  dann  auf 
weg  der  erkenntnis ,  wenn  sie  von  einer  schon  daseienden  und 
ihr  wachsenden  einsieht  begleitet  wird  und  diese  erläutert 
illustrant,  non  probant.    von  isolierter  thätigkeit  einzelner  ist 


Matoritätszeagnis,  nicht  maturitätsprüfung.  125 

IS  erforderliche ,  nicht  einmal  ein  weiter  sich  erstreckender  impuls 
I  «rwmrten,  nicht  blosz  weil  sie  mit  gesetzlichen  bestimmnngen  und 
■aberkommen  in  conflict  gerathen,  sondern  weil  es  überall  nicht 
L  jeder  beziehong  rathsam  ist,  eine  anstalt  des  öffentlichen  dienstes 
vti^  oder  in  wesentlichem  umfange  über  das  gleichmasz  der  her- 
Anmlidien  und  gesetzlich  befestigten  allgemeinheit  hinauszuheben, 
ii  erfolge  privater  erziehungsanstalten  geistvoller  pädagogen  geben 
■e  eriftnterung  zu  diesem  satz.  das  individuum  darf  sich  in  seiner 
Migkeit  von  dem  allgemeinen ,  in  welchem  es  steht ,  wie  dasselbe 
wA  ist,  nicht  isolieren,  das  nötige  für  die  zukunft  unsers  gymna- 
■hreaens  in  seiner  gestaltung  und  Umgestaltung  kann  nur  von 
■n  Schulregiment  ausgehen,  negativ  durch  eine  vorsichtige  und 
■sichtige  beseitigung  alles  dessen,  was  einer  verständigen  indivi- 
sdlen  thfttigkeit  im  wege  steht,  positiv  durch  eine  einwirkung 
m  person  zu  person ,  welcher  das  gewicht  amtlicher  autoritftt  zur 
■te  steht  und  zur  hülfe  kommt,  indem  sie  auf  die  rechten  ziele 
ii  mittel  hinweist  und  die  empfänglichen  in  ihrem  sinn  und  ihrer 
HBQS  für  diese  gewinnt,  indem  sie  das  gymnasiale  bewustsein 
Mrft,  belebt,  auf  die  höhe  und  totalität  der  aufgäbe  dirigiert,  das 
I  jedran  moment  lebendige  und  klare  bewustsein  von  der  einheit 
IS  gymnasiums  ist  das  unerläszliche  und  das  beste  mittel  für  die 
Ifamg  der  thätigkeit  auf  allen  stufen  und  in  allen  gegenständen, 
b  weise  der  amtlichen  thätigkeit  der  leitenden  und  der  regierenden 
meiner  belebenden  unmittelbarkeit  persönlicher  einwirkung  ist 
ikt  dnrch  die  form  des  amtlichen  Verhältnisses  zu  den  untergebenen 
das  gynmasial wesen  ausgeschlossen ,  aber  sie  setzt  eine  vorzüg- 
gnnst  persönlicher  Verhältnisse  voraus,  sie  rechne  vorzüglich 
die  empfänglichkeit  jüngerer  lehrer.  diese  haben  eine  solche 
lg  und  lehre  ^  die  mit  dem  gewicht  amtlicher  autorität  an  sie 
ttritt,  nötig,  denn  eine  grosze  anzahl  tritt  ohne  alle  pädago- 
Vorbereitung  in  die  amtliche  präzis ,  als  eine  sich  von  selbst 
lende,  für  welche  eine  bewuste  auffassung  unnötig  ist,  so  dasz 
P^^ogischen  individualismus  jede  einheit  des  gymna- 
nach  gegenständen  und  stufen  untergeht. 
Gksetze  können  nicht  veranstalten,  was  nötig  ist,  da  sie  nach 
form  nicht  das  sagen  können,  was  individuelles  Verständnis 
sichere  belebung  des  sinnes  bewirkt,  einfachere,  in  sich  ein- 
tigere  zeiten,  für  welche  eine  auseinandersetzung  in  bezug  auf 
tiefen  gegensätze  in  den  praktischen  und  theoretischen  ansichten 
bildung  und  ihre  mittel,  wie  sie  unsere  zeit  bedarf,  nicht  nötig 
haben  vortreffliche  Schulordnungen  aus  der  unmittelbaren  klar- 
und  festigkeit  der  totalität  des  gymnasialen  bewustseins  ihrer 
iwart  für  sie  produciert,  wie  sie  in  den  verwickeiteren  cultur- 
Itnissen  unserer  zeit,  welcher  sogar  die  einheit  des  ausdrucks 
das  rechte  gegenseitige  Verständnis  abgebt,  unmöglich  sind, 
gesetzlicher  Vorschriften  über  das  innere  des  Zusammenhangs 
der  thätigkeit  des  gymnasiums  bis  zu  ihrem  abschlusse  möchten 


146  Zu  Sophokles  Antigone. 

logisch  vom  höchsten  Interesse  sein  kann,  haben  bei  Antigone,  so 
lange  man  von  ihr  keine  übermenschliche  erhabenheit  verlangt,  die 
bitterkeiten  gegen  das  ^vielgeliebte  haupt  der  trauten  Schwester* 
ihre  volle  berechtigung,  da  sie  nichts  sind  als  die  htUle  des  tiefsten 
Schmerzes,  gerade  von  derjenigen  verlassen  zu  sein,  die  wie  da» 
nächste  anrocht  auf  den  bruder  geltend  zu  machen  so  auch  dieselbe 
pflicht  gegen  ihn  zu  erfüllen  hatte  (vgl.  v.  549),  und  zumal  Antigon« 
es  nicht  verschmäht,  der  dienstbeflissenen,  mitleiderftillten  Schwe- 
ster, die  fast  verzweifelt  dasz  es  ihr  nicht  vergönnt  sein  soll  mitztt* 
sterben,  tröstende  und  ermutigende  worte  zu  sagen,  während  Kreon 
den  edlen  Wettstreit  nur  mit  höhn  ansehen  kann.  —  In  diesem  Ge- 
waltmenschen scheint  sich  eine  sittlich  verwilderte  zeit  zu  spiegeln^ 
in  der  das  gestörte  gleichgewicht  der  bürgerlichen  Ordnung  den  reis 
mechanischen  ausgleich  einer  rücksichtslosen  zucht  erfordert,  und 
welcher  zum  trotze  sich  ein  gesundes  menschliches  gefühl  erhalten 
zu  haben  für  Antigone  und  Hämon  kein  geringer  rühm  ist.  es  ist 
nicht  wunderbar,  wenn  auch  höchst  überflüssig,  wenn  man  diesen 
tyrannenkopf,  der  ein  meisterstück  der  Charakteristik  ist,  für  ein 
—  natürlich  idealisiertes  —  porträt  gehalten  hat.  jedenfalls  ^be* 
deutet  er  etwas',  wie  der  Lessingsche  ^patriarch',  der  auch  in  seiner 
negativ  dramatischen  pr%ung  eine  furchtbar  ernste  mahnung  ent- 
hält —  er  bedeutet  etwas  als  symbol  eines  absolutistischen  eigen- 
willens  von  atheistischer  färbung ,  der  in  seiner  dämonischen  blind- 
heit  sich  bis  zum  wahnwitz  steigert  und ,  als  wenn  die  götter  sieb 
mit  einer  nach  seinem  gutdünken  zugestutzten  Verehrung  abspeisen 
lieszen,  die  kirche,  welche  als  die  hohe  gottesoffenbarung 
durch  Tiresias  vertreten  ist,  für  die  ^magd'  der  tyrannis  erklärt,  ein 
besonders  feiner  zug  an  diesem  jünger  des  mars  ist  die  Verachtung, 
welche  er  gegen  das  weibliche  geschlecht  zur  schau  trftgt,  dessen 
einziges  amt  das  gebären  sei ,  das  sich  aber  überhaupt  im  winkel 
des  hauses  zu  halten  habe  (vv.  567.  577).  ihm,  der  sich  der  staat 
selbst  zu  sein^  dünkt  und  vor  dem  das  Wölk'  nur  schweigt  und 
zittert ,  ihm  gegenüber  mit  seinem  eines  Hellenen  unwürdigen  ge- 
böte vertritt  Antigone  die  würde  der  menschlichen  natur  überhaupt 
und  die  der  weiblichen  insbesondere  mit  jener  heldenmütigen  rubCt 
die  sie  schon  den  Wächtern  gegenüber  bewiesen  hatte ,  und  einer 
samlung,  welche  vom  dichter  auch  wieder  echt  plastisch  durch  ein 
senken  des  hauptes  angedeutet  ist  (v.  439).  ihre  worte  gegen  ibn 
sind  allerdings  herbe  —  lernt  sie  doch  den  mann,  vor  dem  sie  stebt, 
nicht  jetzt  erst  kennen,  da  er  schon  viel  böses  ihren  lieben  Ternr- 
sacht  hat  (durch  ein  einziges  wort  —  'wiederum*  in  v.  7  —  er* 
fahren  wir  dies)  ihm  darf  sie  es  endlich  sagen,  dasz  er  ihr  thöricht 
erscheine  und  dasz  sie  es  sich  zum  rühme  anrechne ,  anderen  sinnes 
zu  sein  als  er ,  der  ja  doch  nur  ihren  leib  tödten  könne  (v.  495  ff*)* 
eine  solch  souveräne  Verachtung  in  offenen  Worten,  ohne  dasz  es  zu 
einer  eigentlichen  injurie  kommt,  ist  auch  nur  mit  der  in  sich  ge- 
kehrten und  gegen  den  blendenden  schein  der  äuszem  macht  gleich- 


Hataritätszeognis,  nicht  mataritätsprüfiing.  129 

cliieden  realisieren  zu  helfen,  nachzusehen,  ob,  wie  weit  und 
eher  weise  dies  geschehen  ist  und  geschieht,  in  dem  notwen- 
und  möglichen  ihnen  zu  hülfe  zu  kommen,  sie  ist  das  wirk- 
mittel,  einheit  des  wesentlichen  in  dem  gymnasial wesen  zu 
aren.  dies  kann  nur  durch  die  unmittelbarkeit  eines  persön- 
verh&ltnisses  zu  den  einzelnen  ansialten  erreicht  werden, 
Inrch  gesetze  und  Verordnungen ,  welche  nur  das  allgemeine 
mnasialen  aufgäbe  bestimmen,  aber  nicht  die  notwendig  indi- 
e  bedingtheit  berücksichtigen  und  für  die  realisierung  gemSsz 
tondem  eigentümlichkeit  wirken  können,  diese  sind  für  den 
der  inspection  nur  so  weit  nötig,  als  sie  derselben  den  erfor- 
en  nachdruck  der  amtlichen  autorität  und  feste  haltpuncte 
)  persönliche  ein  Wirkung  geben,  jede  gymnasiale  aufgäbe 
den  besonderen  qualitäten  und  Verhältnissen  eines  gymna- 
hre  individuelle  bestimmtheit,  aus  welcher  innerhalb  der  all- 
en principiellen  grenzen  individuelle  bedingungen  und  aus 
hervorgehende  forderungen  für  die  realisierung  der  allge- 
aufgaben  und  für  das  wirkliche  gedeihen  der  einzelnen  an- 
sich  ergeben,  wir  müssen  uns  überall  prStsent  halten,  dasz  er- 
^-  und  schulthätigkeit  eine  unmittelbarkeit  persönlicher  ein- 
g  auf  personen  ist.  eine  person  sieht,  erkennt,  nimmt  in 
Qg  das  individuelle  der  Wirklichkeit  in  der  eigentümlichkeit 
orzüge  und  bedingtheiten ,  kann  die  einzelne  anstalt  in  ihrer 
Bellen  Selbständigkeit  bestätigen,  während  gesetzliche  anord- 
in  ihrer  unvermittelten  allgemeinheit  uniformieren,  eine 
ion  ist  als  persönliche  im  stände  in  Wahrheit  dahin  zu  wirken, 
»  allgemeinen  forderungen  des  schulregiments  ihrem  sinne 
in  der  Wirklichkeit ,  welche  immer  individuell  ist ,  durchge- 
^erden.  sie  kann  sehen,  ob  und  wie  das  rechte  geschieht,  und 
Alnen  erkannten  mangeln  abhelfen,  sie  kann  corrigieren  und 
n,  admonieren  und  retractieren ,  eine  individuell  bestimmte 
f  zu  dem  notwendigen  und  guten  geben,  überall  persönlich 
i  und  leiten,  sie  ist  die  nach  dem  masze  menschlicher  dinge 
jldgliche  bürgschaft  für  den  staat,  dasz  die  forderungen  der 
,4er  nation ,  des  öffentlichen  dienstes ,  der  Wissenschaft  und 
lenschenwürdigen  bildung  an  die  gymnasien  wirklich  be- 
^werden.  ein  wahrer  inspectionsact  bildet  für  ein  gymnasium 
>che  des  rückblicks,  der  besinnung  und  der  Selbsterkenntnis, 
mpuls  der  erneuerung  und  des  vorwärtsstrebens.  eine  in- 
I  erfrischt  und  stärkt  in  den  lehrern  das  bewustsein  von  der 
mg  ihres  amts  für  die  höchsten  guter  der  nation;  sie  schärft 
Biche  gewissen,  sie  tritt  auf  mit  der  autorität  der  höchsten 
lltsbehörde  und  macht  diese  Stellung,  wo  es  nötig  ist,  in 
pzen  form  geltend,  aber,  wenn  sie  rechter  arfc  ist,  wird  sie 
ivon  einem  höhern  sinn;  sie  ist  organ  des  gymnasialen 
jjSO  entsteht  eine  innere  gemeinschaft  des  inspicierenden  und 
p  nntergebenen ,   welche   über  das  Verhältnis  der  amtlichen 

Ik  f.  phU.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hft.  3.  0 


130  Maturitötszeagnis,  nicht  maturitätsprfifang. 

über-  und  Unterordnung  hinausgeht,  das  erhöhte  bewostsein  eini 
und  desselben  amtes  und  dienstes  für  die  höchsten  g^üter  und  an 
gaben  der  nation,  welches  klare  und  vorwärts  strebende  erkenntni 
ernste  arbeit  und  ungeteilte  hingebung  des  ganzen  menschen  forder 
diesen  sinn  einer  inspection  zum  persönlichen  und  voll  wirkenda 
ausdruck  zu  bringen,  ist  eben  so  notwendig,  als  den  der  amtlidw 
autorität.  eine  rechte  inspection  hebt  das  einzelne  gjmnasium  an 
alle,  welche  für  dasselbe  thätig  sind,  über  die  einzelnen,  nebe 
einander  stehenden  particularitäten  des  thuns  und  dessen  partiel] 
und  isolierte  erfolge  hinaus  zum  bewustsein  des  zusammenhangB  n 
sich  und  im  dienste  für  die  höchsten  aufgaben  und  guter  der  natkn 
ein  fest  ist  das  erhöhte  freudige  innewerden  des  bandes  der  gemedi 
Schaft,  ihrer  guter  und  krftfte,  ihrer  aufgaben  und  pflichten,  ümi 
strebungen  und  hofFhungen.  eine  rechte  inspection  gehört  in  da 
festtagen  des  gymnasiums  für  lehrer  und  schttler.  eine  inspeefifli 
ist  die  einheitliche  spitze  der  ganzen  gymnasialen  thfttigkeit  fliM 
landes,  welche  das  ganze  vor  äugen  hat  und  jedem  einzelnen  lali 
tritt,  von  ihr  geht  durch  persönliche  vermittelung  eine  persOifid! 
belebte  einheit  der  gymnasien  mit  bestätigung  der  individuell  unttf* 
schiedlichen  eigentümlichkeit  eines  jeden  aus,  die  von  viel  hOheM 
werthe  ist ,  als  eine  durch  gesetzliche  anordnungen  der  administÄ* 
tion  erstrebte  uniformität.  aus  diesem  Verhältnisse  entsteht  m^ 
wendig  eine  Wechselwirkung  der  gymnasien  des  landes ,  in  weleMi 
sie  nicht,  innerlich  fremd,  neben  einander  stehen,  sondern  ffM 
einander  lernen ,  sich  gegenseitig  messen ,  in  der  gemeinschaft  dM 
staatlichen  dienstes  mit  einander  nach  der  einheit  des  zieles  twgti 
so  bildet  sich  auch  von  diesem  puncte  aus  ein  gymnasiales  staadtf^ 
bewustsein  und  mit  diesem  ein  Wetteifer  in  den  gemeinscbi 
aufgaben,  indem  es  allgemein  präsent  wird,  dasz  alle  gymnasiea 
landes  in  der  einheit  des  dienstes  und  des  ziels  verbunden 
dasz  sie  von  einander  Impulse  und  förderungen  zu  erwarten 
eine  gymnasialinspection  ist  das  einzige  mittel  für  das 
regiment,  eine  anschauliche  kenntnis  von  der  Wirklichkeit  des 
des  und  der  eigentümlichkeit  sämtlicher  gymnasien  des  landes 
zu  gewinnen ;  sie  ist  daher  von  unersetzlichem  werthe  fttr  das 
der  einheit  der  gymnasien  in  dem  notwendigen  und  dem  h( 
sie  weckt  und  erhält  einen  die  einheit  in  dem  allgemeinen  n< 
renden  und  zugleich  individualisierend  belebenden  schulgeisi  j 
dem  ganzen  gymnasialwesen  des  landes.  wie  notwendig  das 
nach  einer  auf  das  allgemeine  wesentliche  des  ziels  gerichteten 
jede  berechtigte  eigentümlichkeit  anerkennenden  eiiüieit  ist  in 
zeit  eines  isolierenden  subjectivismus  und  einer  sich  auf  sich 
den  Oppositionslust  gegen  jede  einheit  durch  die  autorität  von 
bei  dem  mangel  einer  sichern  und  lebendigen  tradition  und 
festigkeit  des  bewustseins  über  gymnasiale  ziele  und  mitteli 
deren  nur  zu  oft  entweder  gedankenlosigkeit  des  herkommens 
Unsicherheit  des  suchens  und  versuchens  in  abhängigkeit  von 


J 


MataritäteseagnisY  nicht  maturitätsprüfang.  131 

was  onnüuge  und  unreife  reflexion  des  tages  bringt,  die  herschaft 
litben,  beduf  nicht  einer  weitern  ausführung. 

Eine  inspection  bildet  mit  der  gesetzlichen  wache  über  die  ein- 
lieit  des  notwendigen  zugleich  eine  nicht  blosz  amtlich,  sondern 
•Qch  and  noch  mehr  persönlich  wirksam  •  p&dagogische  autorität 
das  landes.  autorität  ist  für  den  sichern  und  kr&ftigen  gang  und 
Ibrtsehritt  der  präzis  eine  unersetzliche  gunst ,  eine  notwendige  be- 
dillgang,  ohne  sie  entsteht  in  unserer  zur  anarchie  sich  hinneigen- 
den seit  unsicheres  schwanken  und  rechthaberische  unberechtigte 
prItentioB  des  für  sich  denkenden  und  seinen  eigenen  weg  gehen- 
des individualismus.  jedes  land  bedarf  einer  gymnasialp&dagogischen 
iotoritlt,  womöglich  einer  solchen,  welche  nicht  blosz  mit  der  dem 
gjmnasium  angehörigen  wissenschaftlichen  bildung  pädagogische 
ansieht,  helles  äuge  für  die  zusammenhänge  des  gymnasiums,  war- 
jDee  interesee  für  seine  aufgaben,  treffenden  blick  für  seine  indivi- 
dodlen  zustände  und  bedürfhisse  vereinigt,  sondern  zugleich  an 
«mer  praktisch  einfluszreichen  stelle  steht,  welche  einen  groszen  um- 
&ng  Yon  anschauungen  und  erfahrungen^  sowie  vielfache  gelegen- 
bnt  ond  aufforderung  zu  persönlichen  berührungen  und  einwir- 
famgen  gewährt,  eine  persönliche  thätigkeit  hat  überall  eindringen- 
dere ond  nachhaltigere  gestaltende  und  umgestaltende  gewalt,  als 
die  weite  der  theorie  und  litterarischer  discussion;  sie  ist  ein  in 
lidi  einiges  und  consequentes,  ein  ganzes,  in  der  litteratnr  ist  mangel 
a  prineipieller  einheit  und  festigkeit.  alles  wird  in  fragen  und 
Problemen  aufgelöst,  deren  divergenzen  den  gedanken  und  vor- 
adblägen  die  praktische  spitze  abstumpfen,  die  praxis  selbst  mit 
tveifeln  inficieren  und  die  Sicherheit  und  frische  des  handelns 
lehwlchen.  eins  wird  nach  dem  andern  vergessen,  einzelnes  wird 
•bie  beziehung  auf  das  ganze  behandelt  und  bekommt  so  eine  ver- 
Unrte  nnd  unproportionierte  Stellung,  die  allgemeinheit  und  ab- 
ftnetheit  der  theoretischen  Untersuchung  vermag  nicht  das  concreto 
der  präzis  zu  erreichen  und  zu  bestimmen ,  wirkt ,  wo  nicht  eine  ge- 
luide  und  feste  tradition  anhaltspuncte  bietet  oder  der  einzelne  für 
ttne  thätigkeit  nicht  schon  klarheit  und  Sicherheit  gewonnen  hat, 
■dur  anregend  und  aufregend  als  leitend  und  befestigend,  eine  ge- 
riiltong  und  fortbildung  der  präzis  von  der  theorie  und  der  litte- 
ntor  unterliegt  daher  den  schwersten  bedenken  und  führt  in  grosze 
^Sefahren  für  eine  sichere,  umsichtige,  persönlich  consequente  und 
«nergische  thätigkeit.  in  einer  persönlichen  autorität,  die  an  ort 
Bnd  stelle  auftritt ,  ist  das  ganze  der  aufgäbe  der  praxis  im  einheit- 
lichen sinne  zusammengefaszt ;  jedes  einzelne  an  seiner  stelle  und 
i«di  seinem  masze  kommt  zu  seinem  recht;  die  individuellen  vor- 
löge und  schranken,  Bedingungen  und  bedürfnisse  der  personen 
rlnd  der  zustände  finden  die  ihnen  gebührende  beachtung  und  für- 
•orge.  sie  besitzt  die  unmittelbare  individuelle  Sicherheit  der  in- 
tniti?en  auffassung  des  an  seiner  stelle  und  im  zusammenbange  des 
fuzen  notwendigen,  welche  fester  und  consequenter  wirkt  als  die 


am 


132  Maturitätszeagnis,  nicht  mataritätsprüfang. 

weite  nnd  Übersichtlichkeit  des  denkens  und  der  reflexion. 
einer  solchen  persönlichen  autorität  geht  durch  das  ganze 
kreises  eine  Sicherheit  der  richtung ,  eine  w&rme  der  belebnni 
welche  durch  nichts  anderes  erseht  werden  kann,  für  die  t 
der  praxis  auf  ihren  wegen  ist  einwirkung  persönlicher  autoriti 
beste  und  unerläszlich.  die  frei  wirkende  autorität  Iftszt  einen  • 
auf  die  notwendige  Selbständigkeit  der  person  für  die  praxis  d 
aus  nicht  befürchten,  der  Charakter  der  deutschen  bildung  if 
art,  dasz  stabile  uniformität  und  mechanische  Unterordnung 
heblichem  umfange  nicht  zu  besorgen  ist.  wir  haben  gerade  zi 
Übergewicht  der  gegen  jede  feste  objectivität  opponierenden 
jectivität  und  des  auf  eigenen  wegen  denkenden  und  handelnd« 
dividualismus,  unter  deren  einflusz  die  praxis  nur  zu  sehr  leide 
Wir  haben  nach  der  richtung  der  deutschen  culturverh&li 
und  nach  der  qualität  des  gegenwärtigen  zostandes  unsers  g} 
sialwesens  das  bedürfhis  einer  festem  einheit  desselben  in 
höchsten  und  wesentlichen  nach  zielen  und  mittein.  statt  der 
retischen  Unbestimmtheit  und  der  ethischen  Indifferenz  der  gy 
sialen  thätigkeit  ist  eine  praktische,  ethisch  begrenzte  einheit  s 
streben,  welcher  die  kraft  des  sicher  entscheidenden  thnns 
wohnt  und  welche  für  die  einzelnen  in  ihrer  Selbständigkeit  j 
meine  autorität  ist.  ein  gesetz  kann  die  mängel  gymnasiale 
stände  nicht  beseitigen ,  das  erforderliche  und  richtige  nicht  ei 
zum  wirksamen  ausdruck  bringen,  noch  weniger  realisieren,  fc 
lierte  gesetzlichkeit  auf  gebieten  freier  geistesthätigkeit,  übert 
in  acte,  welche  dem  innem  derselben  begrifQich  angehören,  1 
trächtigt  deren  Selbständigkeit  und  hat  zur  folge,  dasz  dnrdi 
verstand  der  auffassung  oder  durch  gedankenlos  und  gleich| 
gehorsame  befolgung  das  gegenteil  des  beabsichtigten  verwirk 
in  jedem  fall  die  praxis  mechanisiert  oder  auch  eine  allgemeine 
sition  nach  oben  herausgefordert  wird,  eine  verständige  gyrni 
inspection  ist  das  kräftigste  mittel,  einheit  im  wesentlichen  un< 
wendigen  in  die  gymnasien  mit  bestätigung  ihrer  unerläszlichei 
unersetzlichen  individuellen  Selbständigkeit  hinüberzuführen« 
musz  erkannt  werden,  es  darf  nicht  an  deren  stelle  ein  nidi 
demder  oder  gar  hemmender  und  verkehrender  ersatz  gesudif 
den.  die  bedeutung  gymnasialpädagogischer  Wissenschaft  u» 
echung  für  die  praktische  gestaltung  des  gymnasiums  soll  nach 
notwendigkeit  und  ihrer  ersprieszlichkeit  durchaus  nicht  n 
gesetzt  werden ;  und  in  dieser  beziehung  ist  dem  historisch-ethi 
moment  der  gymnasialpädagogik ,  da  es  die  specifische  aufgal 
gymnasiums  im  ethischen  Organismus  ins  licht  stellt,  ein  hl 
werth  beizulegen,  als  dem  psychologischen,  historisch-ethisd 
tersuchung  der  gymnasialpädagogik  bewahrt  vor  aller  idealisti 
transcendenz ,  sowie  vor  jeder  art  ethischer  indifferenz,  vor  c 
tigen  richtungen  des  utilitarismus  und  des  formalismus;  sie 
zur  erkenntnis   der  totalität   der  gymnasialen  ausgäbe  in 


Matarit&tszeugnis ,  uipht  mataritätsprüfung.  133 

seh  geschichtiichen  bestlmmtheit.  wir  deutsche  haben  einent 
htom  an  theorie  und  wissenschaftlicher  forschung,  wie  für  alle 
ete,  80  anch  für  die  gjmnasialpädagogik,  zu  welchem  die  praxia 
ir^ge  im  misverhältnis  steht,    theorie  gibt  überall  ein  allgemein 

mid  es  ist  ein  langer  weg  von  ihr  bis  zur  praxis;  das  thun  ist 
nduell.  sie  weist  hin  auf  die  ziele,  ist  die  allgemeine  vemunft, 
nren  äther  der  leben,  die  der  einathmen  musz,  welcher  aus  voller 
t  wirken  soll,  sie  macht  den  blick  hell,  unbefangen  und  um« 
ig,  schftrft  und  erwärmt  den  sinn  fdr  die  bedeutung  der  sache. 
für  die  praxis  musz  noch  ein  anderes  hinzukommen,  die  gym* 
Jpidagogische  Wissenschaft  ist  nicht  im  stände,  den  gang  der 
nasialen  praxis  zu  bestimmen,  theoretisches  denken  ist  noch 
t  praktisches  verstehen,  wer  die  ziele  kennt  und  vor  äugen 
weisz  damit  noch  nicht  die  rechten  wege,  welche  dahin  führen, 

seine  aufgäbe  in  einem  bilde  vor  dem  geiste  sieht,  der  musz 

noch  die  mittel  für  sie  finden  und  sein  thun ,  das  individuell 
nmt  ist,  in  jedem  moment  für  sie  disponieren  und  dirigieren, 
iktischen  gebieten  ist  die  sichere  unmittelbarkeit  des  prakti* 
I  Verstandes  nötig,  welcher  das  specielle  und  das  einzelne  nach 
r  concreten  gestaltung  und  forderung  und  zugleich  im  licht  und 
sr  bedehung  des  allgemeinen  und  des  höchsten  erkennt,  zur 
■  gehört  die  Sicherheit  der  an  der  rechten  stelle  hervortreten- 
Br&idung,  die  unmittelbarkeit  des  suchens  und  des  thuns,  der 

nicht  blosz  das  ableiten  des  einzelnen  aus  begriffen  und  prin- 
I.  eine  praxis  ohne  erleuchtung  der,  theorie  ist  blinde  routine, 
■1  einzelnen  das  rechte  trifft  oder  nicht  trifft;  eine  praxis,  die 
ier  theorie  geleitet  und  beherscht  wird,  führt  in  die  gefahr 
■ansscendenz  des  ziels  und  der  verkehrung  der  mittel  an  ihrer 
idnellen  stelle,  denn  pftdagogik  als  thätigkeit  in  Unterricht, 
i  und  leitung  ist  kunst ,  für  welche  die  unmittelbarkeit  der  er- 
Bg  ans  der  totalität  der  persönlichkeit,  selbst  das  insünctive 
Iper^os  der  notwendige  ausgang  ist,  aber  der  begleitung,  er- 
lang und  erwärmung  der  theorie  bedarf,  freilich  durch  diese 
«nrsetzt  werden  kann,  die  eigentliche  stelle  der  pädagogischen 
Img  und  gestaltung  im  sinne  der  einheit  des  wesentlichen  und 
HMÜgen  in  der  mitte  einer  zeit ,  welche  einen  Überreichtum  aa 
ii  besitzt,  ist  und  bleibt  die  praxis  selbst,  die  in  dem  gymna- 
Hiätigen  sind  es  allein,  welche  die  rechte  gestaltung  der  praxis 
Be  rechte  weise  erfinden  und  verwirklichen  können;  dazu  ist 
i  Selbständigkeit  in  vollem  umfange  nötig,  diese  darf  durch  ein 
lifen  gesetzlicher  Vorschriften  und  anordnungen  in  die  unmit- 
ikeit  der  notwendigen  thätigkeit  nicht  zu  einer  abstracten  all- 
iaheit  mechanisiert  werden. 

IMe  inspection  bewahrt  die  einheit  des  gymnasialen  notwen- 
ly  indem  sie  zugleich  die  individuelle  Selbständigkeit  bestätigt. 
Irtltzt,  leitet,  berathet,  ermuntert  die  individuell  eigentümliche 
Ivechtigte  thätigkeit,  wacht  aber  auch  darüber,  dasz  sich  nicht 


i 


134  Matnritätezeugnis,  nicht ^maturitätsprüfang. 

unreifes,  willkürliches,  unpraktisches,  was  der  aufgäbe  und  dem 
sinne  des  gy mnasiums  widerspricht ,  eindränge,  sie  steht  auf  einer 
höhe,  von  welcher  sie  eine  anschauung  des  ganzen  gymnaBialwesem 
gewinnt  und  sie  allein  besitzt  die  mittel ,  für  eine  geBtaltong  dee- 
selben  im  ganzen  und  einzelnen  nach  der  einheit  der  pftdi^ogieehep 
forderung  mit  erfolg  thätig  zu  sein,  sie  ist  durch  amtliche  autoritfii 
die  vielfachen  wege  ihrer  amtlichen  thätigkeit,  persönliche  comma* 
nicationen  im  stände ,  das  gute  und  notwendige  nicht  blosE  in  ge- 
setzlichen Vorschriften  und  admonitionen  auszusprechen,  Sonden 
durch  unmittelbare  einwirkung  von  person  zu  person  ffkv  die  wiifc- 
liche  herüberführung  desselben  in  den  lebendigen  gang  des  gymnir 
siums  thätig  zu  sein,  so  ist  von  oben  allein  eine  umfassende, 
dringende  und  zusammenhängende  gestaltung  des  gymnasiale 
zu  der  einheit  seines  ziels  zu  erwarten,  die  inspection  tritt  nieU 
blosz  mit  der  autorität  von  oben  an  das  gymnasium  hinan,  AM 
nicht  von  auszen  in  dasselbe  hinein ,  sondern  ist  durch  die  genua- 
schaft  der  für  die  gymnasiale  praxis  erforderlichen  wisaensdtfft-  *| 
liehen  bildung,  durch  das  band  der  pädagogischen  einsieht  und  te 
amtlichen  aufgäbe  und  hingebang  mit  demselben  verbunden,  fit 
die  gesetzgebung,  regierung  und  leitung  des  gymnasiume  wirken  ak 
factoren  der  staat,  die  kirche,  die  Wissenschaft  zusammen.  W 
diesen  empfängt  das  gymnasium  seinen  objectiv  bestimmten  gdid^ 
seine  praktisch,  geschichtlich  gegebene,  nicht  idealistisch  gesndtt 
aufgäbe  in  ihrer  totalität,  die  einheit  und  Universalität  seines  Akt 
der  fortgehende  Zusammenhang  des  sittlichen  Organismus  bedarf  tH 
seine  erwartungen  von  dem  kommenden  geschlecht  des  dienstas  te 
Pädagogik,  das  heiszt,  sowol  des  Verstandes  der  au%abe  fttr  ditfi 
forderung,  als  auch  der  praktischen  ausführung  derselben,  diepidt* 
gogik  musz  sich  daher  bewuszt  werden,  dasz  sie  als  solche  mä/f^ 
schaffen  noch  leiten  kann,  sondern  von  den  geschichtlich  bestunmttf^-^! 
ethischen  mächten  unserer  nationalen  gemeinschaft  ihren  gehalt  be*^ 
kommt,  in  deren  dienst  treten  musz,  um  in  Wahrheit  praktisch  ^'-^ 
werden,  das  ist  die  pädagogische  praxis  in  ihrer  reinheit,  die anck'^l 
vorzugsweise  nachhaltige  erfolge  für  äuszere  und  individuelle  btf'^i 
dürfnisse  hat.  idealistische  und  subjectivistische  pädagogik  in  ihn^"^ 
mannigfachen  richtungen  verkennt  den  Zusammenhang  der 
ziehungsaufgabe  mit  ihrem  geschichtlich  bestimmten  ethischen  _ 
halt  und  geht  von  der  Voraussetzung  aus ,  dieser  als  einer  abstnui^ 
allgemeinen  oder  einer  mit  besonderer  absieht  gesetzten  aus  tioB' 
und  mit  ihren  erdachten  und  gewählten  mittein  genügen  zu  kOnntf^^ 
Pädagogik  ohne  den  mit  notwendigkeit  gegebenen  geschiektUo^ 
ethischen  gehalt ,  ohne  durchdringung  von  demselben  wird  wiUkO^^ 
lieber  formalismus  oder  beschränkter,  gerade  das  höchste  nmgeha^" 
der  utilitarismus,  beide  schwere  schaden  für  die  eigentliche  wifgrip^ 
der  schule  im  dienste  der  ethischen  gemeinschaften.  die  znr  leitu^^ 
des  gymnasialwesens  bestellte  inspection  steht  im  dienste  der 
schichtlich  ethischen  gemeinschaften,  welche  den  gehalt  des 


Matoritätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  135 

«nmt  hergeben  und  in  sich  das  ziel  seiner  aufgäbe  bestimmen,  hat 

in  ihnen  ihre  innere  autorität  und  bedarf  für  ihre  specifische  thStig- 

\mi  der  pftdagogik  als  Wissenschaft  und  kunst.     sie  fordert  also 

«Be  persönlichkeit,  welche  fUr  alle  wesentliche  momente,  welche  das 

gynmasium  constituieren ,  in  ihrem  innem  empfänglich  und  theo- 

letira  und  praktisch  gebildet  ist.    ein  hineinsehen  in  das  gjmna- 

nom  mit  einer  fremdheit  und  aus  einer  ferne  und  vom  particularen 

geachtspuncte  bringt  in  der  regel  mehr  schaden  als  nutzen,    die  re- 

gienmg  hat  unter  den  ihr  zu  geböte  stehenden  mittein  keines,  durch 

wdehe  sie  in  demselben  grade  und  mit  gleichem  erfolge  auf  die  ge- 

liaHong  und  leitung  des  gymnasialwesens  nach  der  einheit  des 

wesentlichen  im  ganzen  und  einzelnen  einwirken  kann  als  die  gym- 

ittude  inspection.    die  regierung  braucht  nicht  zu  mittein  zu  grei- 

ün,  welche  um  des  zwecks  der  einheit  und  der  gesetzmftszigkeit 

willen  dk  Selbständigkeit  der  einzelnen  gymnasien  in  der  ihnen  spe- 

cifisch  notwendigen  thätigkeit  antasten,  zu  welchen  vor  allem  die 

gesetzlich  geordnete  amtliche  leitung,  beaufsichtigung,  entscheidung 

öer  matnritätsprttfung  gehört,    eine  inspection ,  welche  im  rechten 

Wie  zu  handeln  sich  getrieben  fühlt  und  versteht,  ist  der  ent- 

lehiedenste  gegensatz  zu  dem  gymnasialen  büreaukratismus,  welcher 

Umittelbar  in  das  eingreift,  welches  von  dem  begriff  der  selbstän- 

4^eit  gymnasialer  thätigkeit  untrennbar  ist.    dieser  ist  in  allem 

WMentlidhen  unwirksam,  tritt  überall  negativ  auf,  hemmt  durch 

iüe  mechanisation  viel  individuelles  positives  und  gutes,   durch 

Hbe  uniformierung  den  ft-eien  gang  und  fortschritt  auf  den  rechten 

«gaen  wegen ,  welcher  überall  nur  in  individueller  Selbständigkeit 

ttd  freier  hingebung  an  die  sache  möglich  ist.    für  die  regierung 

wlin  der  eingehenden  kenntnis  des  gymnasiums,  welche  ihr  durch 

ie inspection  gebracht  wird,  die  bürgschaft,  dasz  es  in  demselben 

nditzDgehe,  auch  in  dem  abschlieszenden  acte  des  maturitätszeug- 

Hes.   die  inspection  wird  sich  besonders  angelegen  sein  lassen,  in 

<kr  revision  des  gymnasiums  ihre  eingehende  aufioaerksamkeit  auf 

^abschlusz  der  thätigkeit  desselben  in  dem  bildungsstande  der 

Aiiorienten  zu  richten,    in  der  inspection  ist  ein  reichlicher  ersatz 

^  dessen,  was  mit  der  gesetzlichen  Ordnung  der  maturitätsprü- 

^  beabsichtigt  wird  und  ohne  deren  nachteile. 

(fortsetzuDg  folgt.) 

Lübeck.  Bieck. 

10. 

ZU  SOPHOKLES  ANTIGONE/ 


Herr  Döring  hat  vollständig  recht,  wenn  er  in  den  auffassungen, 
^  K.  0.  Müller  und  Böckh  für  das  Verständnis  der  Sophokleischen 

*  zugleich  als  erwiderung  auf  den  artikel  der  'gegenwart'  (nr.  30 
|*»^31,  1874),  'die  Aniigone  des  Sophokles:  ein  Zeugnis  gegen  die  cen- 
■««p&trtei'  von  A.  Döring. 


136  Zu  Sophokles  Antigone« 

Antigond  geltend  gemacht  haben,  eine  nnöär  Üstlietiscbes  inieivsse 
unbefriedigt  lassende  antinomie  findet,  aber  mit  der  yon  ihm  Te^ 
suchten  lösung ,  dasz  Antigene  allein  schuldig  sei ,  Kreon  aber  dec 
sinn  der  staatsidee  in  sich  darstelle,  wird  sich  schwerlich  jemand  efaL 
Yerstanden  erklären  können,  der  spruch  des  Solon :  'gehorch^  dei 
herschem  im  gerechten  und  im  ungerechten'  kann  hier  keine  anwen 
düng  finden ,  da  sich  derselbe  auf  sklaven  bezieht,  dasz  Kreon  t<»i 
hause  aus  ein  loyaler  Charakter  und  eine  durchaus  gerade  natnr  ist 
sowie  dasz  seine  strenge  gegen  die  eigenen  verwandten  an  sich  lol 
verdient,  hat  wol  noch  niemand  bestritten,  um  aber  ein  ^abstraetnm' 
zu  sein  —  einmal  das  undenkbare  als  möglich  angenommen,  dan 
Sophokles  in  seinen  personen  ahstracta  habe  schaffen  wollen  —  dan 
müste  er  doch  fest  in  sich  geschlossen  dastehen  und  sich  bis  vm 
ende  treu  bleibeff.  das  ist  nicht  der  fall,  es  sei  nur  daran  erinnerii 
wie  er  unter  dem  frischen  eindrucke  der  drohungen  des  TireoM^. 
indem  er  sich  anschickt ,  den  Polynices  zu  bestatten  und  AntigM 
zu  befreien,  die  bisher  verachtete  ^bestehende  Satzung'  (v.  1091 
Donner)  durch  sein  thun  zu  ehren  bringt,  und  wie  ihm  plötzlidi  dv 
*recht  der  gesetzlichen  staatsautoritftC,  welches  er  ja,  um  flik 
herm  Döring  zu  reden,  vertritt,  gleichsam  in  einem  neuen  lichte  tf^ 
scheint,  nein ,  wie  alles  in  der  tragischen  poesie  aufs  schSHste  !•* 
gespitzt  ist,  so  läuft  auch  bei  Kreon  die  politische  diarakteriiHK 
nicht  neben  der  ethischen  her,  sondern  sein  absolutismua  ist  nnrlll' 
folie  eines  bodenlosen  egoismus,  und  seine  hftrte,  welche  unter  dett 
scheine  höherer  staatlicher  rücksichten  die  individueUen  regiagit^ 
freier  menschlichkeit  unterdrückt,  wird  als  irreligiositttt  entltffi 
herr  Döring  sagt :  'der  Vertreter  der  staatsautoritftt  in  abstiaühMJtfi: 
gehässigster  form  ist  selbst  ein  abstractum  geworden;  er  steht  ih' 
ein  entlaubter  stamm,  aber  er  steht  doch  noch«'  de# 
man  vergleiche  die  worte  Kreons  v.  1248 — 1252: 

Ich  hab*8  erkannt,  ich  arme:  doch  aaf  dieses  hanpt 
hereinstürmend  traf  ein  gott,  schwer  ergrimmt, 
mit  schwerem  schlag,  in  wilde  bahnen  stiess  er  mich« 
o  weh,  niederstürzend  mein  zertretenes  glück! 
ach,  ach,  weh,  der  menschen  muhvolle  mühn! 

T.  1259— 1263: 

O  weh!    warum,  unversöhnlich  reich,  Hades  schlond, 

mordest  du  mich,  o  warum? 

welch  ein  wort  redest  du, 

o  du,  der  mir  schweren  leids  knnde  bringt? 

weh,  weh!    dem  todteu  gibst  du  nochmals  den  tod! 

v.  1282  f.: 

Mich  schreckt  angst  empor!    warum  trifft  denn  nicht 
die  brüst  ^iner  mir  mit  zweischneid*gem  Schwert? 

T.  1299—1303: 

O  komm,  o  komm, 

erschein*  endlich  mir,  mein  glorreichstes  loos, 

und  führe  mir  herauf  den  endigenden  tag! 


Za  Sophokles  Antigoiie.  137 

nahe  nur,  gewünschtes  siel, 

Qnd  lass  keinen  andern  tag  mehr  mich  schaunl 

d  kalte  dazu  noch  die  worte  des  boten  1136 — 1146: 

.  .  Kreon,  dünkt  mir,  war  zuvor  beneidenswerth, 

er,  der  vom  feind  befreite  dies  Kadmeiervolk, 

hierauf  des  landes  ungeteilte  macht  empfieng 

und  lenkte,  durch  der  ktnder  edle  saat  beglückt. 

und  nun  —  dahin  ist  alles,     wenn  die  freude  sich 

treulos  dem  mens chen  abgewandt,  so  glaub*  ich  nicht, 

er  lebe,  lebend  acht*  ich  ihn  des  todes  raub. 

denn  hab*  im  hause,  wenn  du  willst,  an  gütern  viel 

und  leb*  in  stolzem  herscherglanz;  weon  dir  dabei 

die  freude  mangelt,  kauf*  ich  dir  das  andere 

nicht  um  des  rauches  schatten  ab  für  frohen  mut. 

denen  wir  gewis  des  dichters  eigene  meiming  vernehmen, 
um  hat  der  dichter  Kreon  nicht  durch  das  schwert  Hftmons 
m  lassen?  (vgl.  v.  1209.)  sehr  einfach:  weil  durch  einen  fal- 
B  sdmöden  racheact  der  strafe  der  götter  Yorgegriffen  und  so 
Uheren,'  poetischen  gerechtigkeit  nicht  genüge  geleistet  wäre. 
I  nach  der  rechtsanschauung  des  tragikers  rächt  sich  alle  schuld 
erden,  und  keine  strafe  ist  eine  vollgültige,  die  sich  nicht 
disam  im  hellen  Sonnenlichte  vollzieht  und  vor  den  äugen  der 
,  ihre  rechtmSszigkeit  erweist  (ein  grundsatz ,  den  auch  für  den 
det  geltend  gemacht  zu  haben  Karl  Werders  verdienst  ist  — 
preusz.  Jahrb.  november  1873  s.  558  ff.).  Kreon  musz  leben 
Kn,  um  den  kelch  des  verdienten  leidens  auszukosten  und  die 
Aeit  der  grausen  Verkündigung  des  sehers  einleuchtend  zu 
ken  (vgl.  w.  1296,  1312  — 1314).  die  schluszworte  des  chors 
m.  denn  auch  dem  bekannten  Wahlspruche  der  griechischen  tragik, 
ileid  lehre  sei,  einen  dem  vorliegenden  falle  entsprechenden  aus- 
ak.  in  den  Worten  *nie  frevle  —  an  der  götter  gesetz'  hat  aber 
dior,  dieser  an  dem  gange  der  handlung  seinen  Scharfsinn  übende 
■ittler  von  göttlichem  und  menschlichem  rechte,  im  unterschiede 
seinem  bisherigen  denken,  eine  reinere  sittliche  Überzeugung 
lonnen,  über  die  der  zweifei  keine  macht  mehr  hat.  in  der  rich- 
■  auffassung  von  der  Stellung  des  chors  zu  und  in  der  handlung 
i  der  Schlüssel  zum  Verständnisse  des  Stückes  überhaupt,  wenn 
Haren  worte  der  Antigene  selbst  und  die  am  Schlüsse  eintretende 
atrophe  noch  nicht  aufschlusz  genug  geben  sollten,  die  inter- 
läon,  welche  herr  Döring  von  dem  ersten  stasimon,  auf  das  es 
'zunächst  ankommt,  gibt,  kann  nicht  als  richtig  anerkannt  wer- 
•  denn  hr.  Döring  macht  (in  den  vv.  365  —  368)  aus  zwei  glie- 
I,  die  wol  zu  trennen  sind,  ein  einziges;  die  worte  des  dicbters: 
let  hoch  (der  mensch  nemlicb)  der  heimat  gesetz,  der  götter 
nrheilig  recht'  —  im  originale  sind  die  getrennten  glieder  durch 
bedeutungsvolles  *und*  (x*)  wieder  zur  einheit  verbunden  — 
I  die  Stadt'  gibt  er  einfach  so  wieder:  *gut  ist  nur,  wer  durch 
gegen  das  gesetz  das  heil  des  Staates  fördert',  indem  er 


i 


156  Winke  fOr  den  religioiuuiitemcht 

Ich  fragte  mich:  von  welchem  wissensbeeitE  leben 
unEere  besten  und  geistigsten  gemeindeglieder?  nur 
das  soll  der  Jugend  eingeprägt  oder  zugänglich  gemacht  werden. 

ferner  sagte  ich  mir ;  eie  haben  fOr  weiteres  lernen  und  er- 
kenaea  ein  ganzes  leben  vor  sich,  nnd  überall  wird  es  ihnen  u 
milteln  nnd  anregnngen  dazu  nicht  fehlen,  wenn  sie  nur  lust  nnd 
trtob  dazD  empfangen  haben,  auf  die  weckung  dieses 
lutzteren  kommt  also  alles  an,  alles  neben  dem,  dasz  ihnen  ein 
glcichjam  unverlierbarer  grandstock  von  sprucb  und  lied  slclur 
mitgegeben  werde.  mOge  er  auch  halb  nnd  ganz  vergessen  werden 
(wie  das  oft  geschiebt),  er  bleibt  doch  eine  heimat,  die  spStervie 
kisdesbesitz  nnd  kindeserinnemng  wieder  theuer  und  vertraut  we^ 
den  kann,  die  dann  nichts  fremdes,  sondern  ein  schlummernd« 
liebas  gut  ist. 

Dazu  gebSrtaber:  wenig  und  gut  (gnt  betont)  memorieren 
tapsen,  damit  man  dasselbe  oft  wiederholen  kann  und  besprechen, 
damit  man  den  kindem  keine  quälen  und  strafen  bereite,  und  ihnen 
30  und  durch  anderes  die  sacbe  unlieb  mache. 

Nicht  die  einzelnen  pflichten  und  lehren  usw.  alle  durchnehmen! 
thorheit  und  abstumpfung !  gerade  als  wenn  sie  (die  kinder)  beiden- 
oder  wildenkinder  wSren,  als  wenn  sie  nicht  in  einer  sittlichen  ge- 
mcinschaft  ständen,  in  der  dies  alles  ohnehin  schon  die  aner- 
kannte grundtage  des  lebens  ist.  eben  durch  das  lernen- 
lassen  und  besprechen  solcher  trivialer  lehr-  und  pfiichtsStze  atfrt 
mun  die  heilige  urofangenbeit  und  sittliche  antoritSt,  in  derue 
stehen  sollen,  wie  entsetzlich  sogar,  z.  b.  die  pflicht  des  geborunx 
'gegen  die  eitern'  zum  gegenständ  einer  erOrterung,  einer  begrOn- 
d  II  n  g  zu  machen  I 

Und  nnn  alle  die  pflichteinzelheiten  fUr  Verhältnisse,  in  die  ü 
erst  spKter  treten  1 

Als  versiegten  auf  einmal  alle  quellen  der  belebmng  und  in- 
tugung,  sobald  die  scholer  ans  der  kinderlehre  kommen,  als  gäbe  es 
keine  predigt,  keine  auch  anszerbalb  der  predigt  in  schrift  und  nin- 
gang,  auch  in  Öffentlichen  vortragen  (die  nur  viel  häufiger  sein  eoU- 
tün  für  dies  gebiet)  gebotene  belehrung  mehrl 

Unsinn  und  verderbnisl 

Man  mnsz  an  Vollständigkeit  und  s^rstematigcbe  Ordnung  gv 
nicht  denken. 

Wenig ;  aber :  das  wesentliche ;  nnd :  dies  lieb  und  heilig  ge- 
ma(;ht  ein  einblick  in  einen  punct,  der  die  seele  tiefer  ergreift, 
kann  mehr  helfen,  als  ein  ganzes  System. 

So  entsteht  ein  unterriebt ,  an  dem  auch  ein  mann  wie  Arndt 
oder  Niebuhr  seine  freude  haben  kBnnte. 

Haben  Sie  je  eine  spur  von  segen,  der  aus  dem  katechiamiu- 
wort  entsprungen  wäre,  in  Ihrem  erfahrungskreise  gefunden? 

Quälerei,  abstumpfung.  auch  dadurch,  dasz  die  kinder  so  vieles 
lernen  mttseen,  was  sich  fUr  jedes  cbristenkind  von  selbst  versteht, 


Zu  Sophokles  Antigone.  139 

raordnen  (y.  213).  zwar  hatten  sie  noch  kurz  zuvor,  indem  sie 
freode  über  den  wenn  auch  mit  schwerem  Opfer  erkauften 
.asdmck  gaben  und  zu  fröhlichen  festaufzügen  aufforderten, 
'ergessen  jedes  harms,  der  noch  etwa  ein  verwundetes  herz 
m  mochte,  gemahnt  und  jene  worte  (v.  150  f.):  'deshalb 
nach  dem  kämpf  ihr  auch  nicht  des  jetzigen  mehr'  —  sie 
Q  wie  eine  ernste  warnung  nicht  blosz  für  jeden  einzelnen 
',  sondern  ebenso  gut  für  den  herscher,  doch  als  dieser,  zwar 
ommen  brauch  des  landes  verletzend,  aber  gemäsz  dem  uralten 
kongsrechte  für  den  der  stadt  angethanen  frevel  und  zugleich 
Isamer  warnung  der  im  verborgenen  lauernden  feinde  des 
das  strenge  gebot  in  betreff  des  allen  so  verhaszten  Polynices 
n  hat,  glauben  sie,  da  das  vergehen  gegen  das  recht  des  gnadenr 
lichten  gottesreiches  durch  die  rücksicht  auf  das  öffentliche 
9[enügend-  compensiert  scheint,  niemand  werde  so  thöricht 
1  eitlem  dunkel,  wie  wenn  der  einzelne  bürger  es  besser  wüste 
r  das  ganze  vertretende  fürst  samt  den  edlen,  durch  über- 
l  des  gebotes  den  sichern  tod  sich  zuzuziehen,  demnach  kann 
or  die  that  der  Antigone  nur  für  thöricht  und  ihre  redeweise 
Bsch weifend  halten,  da  'ihr  ganzes  denken',  wie  herr  Döring 
reffend,  nur  nicht  in  dem  gehörigen  zusammenhange,  sagt, 
önem  unbegrabenen  leichnam  absorbiert  erscheint',  zumal 
1er  volkstümlichen  Weltanschauung  die  handlungsweise  des 
mädcfaens,  von  einem  unerbittlichen  fatum  bestimmt,  gleich- 
rr  der  ausfiusz  des  elends  ist,  dem  fast  schon  die  ganze  familie 
dipus  hat  erliegen  müssen,  dennoch  ist  dem  chor  bei  Kreons 
I  von  dem  die  mittel  heiligenden  zwecke  im  tiefisten  innern 
rohl,  wovon  die  zweite  hälfte  des  zweiten  stasimon  (vv.  600 
I  Zeugnis  gibt,  da  sie  sich  unter  dem  scheine  einer  betrach- 
iDgemeinster  natur  mit  leiser  ironie  gegen  Kreon  selbst  wen- 
•lier  auch  klingt  das  vierte  stasimon ,  der  scheidegrusz  an  die 
ieengrabe  wandelnde  Antigone,  so  warm:  'ja,  wol  ist  des  ge- 
m  Obergewalt  furchtbar'  usw.  der  wehmüthig  gestimmte  chor 
Uit  die  scheidende,  der  bestimmt  ist,  'verborgen  zu  wohnen 
ähnlichen  rahegemach',  mit  Danae,  wie  zum  entgelt  dafür, 
r  ihr  kurz  vorher  die  ehre ,  sich  selbst  mit  Niobe  vergleichen 
kn,  geschmälert  hat.  aber  er  ringt  nach  einem  ausgleiche 
buigen  zweifei:  Lykurgos,  der  Edonenkönig,  welcher  für  sei- 
rrel  gegen  Bakchus  und  die  musen  in  'felsstarrende  kluft  ein- 
igt' wurde  —  wen  kann  er,  der  neben  Danae  doch  nur  wegen 
w  ähnlichkeit  seines  Schicksals  mit  dem  ihrigen  steht  —  wen 
r  vorstellen  auszer  Kreon?  und  wie  der  den  beschlusz  der 
llnng  machende  mythus  von  der  Erechthefde  Kleopatra ,  der 
;des  windgottes  Boreas  und  gemahlin  des  thracischen  königs 
0,  die  macht  des  uralten  Schicksals  und  das  unheilvolle  wir- 
feer  ein  ganzes  geschlecht  ins  verderben  stürzenden  macht, 
Icbegeistcs  (Alastor),  in  der  person  der  bösen  Stiefmutter  dar- 


i: 


l 


140  Zu  Sophokles  Antigone. 

stellt :  80  haben  Yfir  anzunehmen ,  dasz  sich  der  chor  das  schicka 
der  Antigene  deutet:  zwar  hat  sie  durch  trotz  ihr  verderben  aelb 
heraufbeschworen,  aber  auszer  *der  rede  thorheit'  ist  es  des  sini 
Erinys',  von  deren  sichel  die  letzte  wnrzel  dieses  unseligen  g 
schlechts  abgemäht  wird ;  diese  Erinjs  ist  —  man  verglei(äe  s.  I 
Oedipus  in  Kolonos  v.  1291,  wo  Poljnices  sagt:  deine  Erinj 
trftgt,  vater,  vor  allem  die  schuld  an  unserem  Unglück  —  d< 
dttmon ,  welcher  in  demselben  hause  von  geschlecht  zu  gescUedi 
gleichsam  als  wenn  die  Verschuldung  sich  von  selbst  fortseUtc 
ohne  dasz  die  individuen  eine  freie  wähl  zwischen  gut  und  bS* 
hätten,  Unglück  auf  unglück  folgen  läszt.  ^nicht  befreiung  sdial 
ein  geschlecht  dem  geschlecht:  hinab  stürzt  ein  gott  sie  (d.  L  di 
Labdaciden),  .I5st  niemals  den  fluch'  (v.  592  ff.),  im  besonden 
aber  ist  die  Erinys  das  bild  eines,  der  durch  sein  thörichtes  beginafl 
Unglück  in  sein  eignes  haus  bringt  und  die  hoffhung  seines  gt 
schlechts  mit  rauher  band  zerstört :  *ein  gepriesener  aussprach  Bdid 
von  dem  mund  der  Weisheit:  es  erscheine  gut  das  böse  dem,  wdckes 
ein  gott  das  herz  lenken  weir  in  unheil ;  nur  flüchtige  zeit  waadd 
er  frei  von  unheil'  —  wer  anders  als  Ljkurgos  —  Kreon?  weldM 
ist  denn  die  Stellung,  welche  der  chor  dem  tjrannen  gegenüber  «i 
nimt?  man  hat  von  unterthänigster  gesinnung  oder  den  natt' 
liehen  grenzen  des  sogenannten  ^gesunden  menschenverstandes'  g< 
sprechen  und  dabei  den  förmlichen  tragischen  conflict,  in  wd 
eben  der  chor  geräth ,  ganz  übersehen,  der  chor  ist  nicht  etwa  ni 
einer  dem  barometer stände  vergleichbaren  grOszern  oder  geringtf 
dosis  Vernunft  begabt  gedacht,  sondern  da  Kreon  mit  seiner  da 
ebenso  gut  wie  Antigene  mit  der  ihrigen  allein  stehen  musz  und  « 
trosz  urteilsloser,  für  ihn  in  demut  ersterbender  greise  ein  unktiMi 
lerischer  pleenasmus  wäre ,  so  hat  der  dichter  vielmehr  in  dem  üu 
überlieferten  organ  der  'ruhe'  in  der  tragOdie,  wie  der  ckorbi 
Schiller  heiszt,  während  es  zugleich  constitutives  element  der  hui 
lung  selbst  sein  und  nicht  blosz  der  reflezion  di^ien  sollte«  di 
idee  der  volkssouveränetät  verkörpert,  d.  b.  die  ideedi 
einigen  sittlichen  potenz,  deren  sich  der  fürst,  wenn  anders  ih> 
dem  mandatar  der  nation ,  um  ihre  dauernde  anerkennong  m  tkfl 
ist ,  als  des  gesetzlichen  fundamentes  seiner  macht  ebenso  wol  iv 
sichern  musz,  als  das  der  fürstlichen  gewalt  wehrlos  gegenübfli 
stehende  individuum,  sofern  es  unschuldig  leiden  musz,  zum  sehfti 
seiner  freiheit  ihrer  anerkennung  mit  wort  und  that  bedarL  d 
edlen  von  Theben  aber  stehen  ihrem  könige  nur  so  lange  bei,  als* 
seine  handlungsweise  wenigstens  vom  politischen  standponeteü 
für  correct  halten ;  sobald  sie  nach  Überwindung  des  sophisma,  ^ 
ob  etwas  politisch  gut  sein  könnte,  ohne  sittlich  g^ot  za  seiBi  i 
ihrem  denken  zur  klarheit  durchgedrungen  sind,  treten  sie  ihm  M 


'  V.  599  —  Donners  übersetsunfi^  'des  geistes  Wahnsinn'  ist  dnrd 
ans  nicht  prägnant  genug. 


Zu  Sophokles  Antigone.  141 

TolUer  Selbständigkeit  entgegen  und  treiben  ihn  mit  wahrlich  un- 
urtideotigen  worten,  seine  schuld  zu  sühnen  und  die  ungerecht 
JsidMide  Antigone  zu  befreien.  Tiresias  hat  sie  sehend  gemacht: 
einer  Weisung  von  den  göttem  her  bedurfte  es,  um  ihnen  die  sicher- 
häi  des  Urteils  wiederzugeben,  die  sie  aus  lauter  staatsklugheit  nahe 
dann  waren  einzubüszen.  als  sie  das  geschick  des  landesfürsten 
wiederum,  wie  es  einst  mit  Oedipus  der  fall  gewesen  war,  'auf  des 
Besser s  spitze'  stehen  sehen  (v.  906)  —  wie  konnte  nur  herr 
DSring  den  h6hepunct  des  dramas  in  die  scene  zwischen  Kreon 
nd  HSmon  verlegen !  —  da  fällt  es  ihnen  bei  den  worten  des 
aebers  wie  schuppen  von  den  äugen,  und  der  heilige  eifer,  in  den 
dieser  durch  den  trotz  des  königs  geräth,  vermag  sie  nur  in  ihrer 
nisem  erkenntnis  zu  bestärken:  verachte  nicht  das  scheinbar 
kleine,  was  die  götter  selbst  in  ihren  schütz  genommen  haben; 
die  freiheit  des  einzelnen  individüums  innerhalb  der  durch  die  sitte 
gesteckten  schranken  oder  Mer  götter  ungeschriebenes,  sicheres 
gesetz',  das  sich  in  den  natürlichen  regungen  jedes  menschlich  füh- 
lenden herzens  kund  gibt,  haben  die  groszen  des  Staates  zu  achten { 
ederganz  modern  ausgedrückt:  menschentum  und  bürgertum 
lind  in  ihrem  innersten  wesen  identisch;  jeder  versuch, 
diese  organische  einheit  aufzulösen  und  an  ihre  stelle 
ettrre  abstractionen  zu  setzen,  ist  ein  frevel  wider  die 
Ittür.  als  der  chor  in  der  frohen  hoffnung,  dasz  die  endliche,  wenn 
eoeh  schwer  erkämpfte  umkehr  des  königs  noch  alles  zum  guten 
wenden  könne,  in  dem  herlichen  hyporchem  auf  den  landesgotfc 
Bacchus  gleichsam  sein  seliges  geftihl  über  den  wieder  gefundenen 
eedenfrieden  hat  zum  ausbruche  kommen  lassen  und  nun  die  bot- 
adiaft  vom  tode  des  bräutlichen  paares  vernimmt,  ruft  er  aus:  'o 
edier,  welch  ein  wahres  wort  enthülltest  du ! '  —  dann  als  er  Kreon 
den  todten  söhn  tragend  nahen  sieht,  bemerkt  er  mit  edlem  frei- 
-imt:  *  •  .  .  .  in  den  armen  das  laut  redende  denkmal  nicht  fremdes 
;  Vergehens,  nein,  eigner  schuld,  wenn  mir  es  zu  sagen  vergönnt  ist'. 
' md  nachdem  er  die  furchtbare  selbstanklage  des  königs  vernommen : 
Veh,  dasz  du,  dünkt  mir,  allzuspät  das  recht  erkennst!'  denn  wie 
Antigone  'sich  nimmermehr  aus  banger  scheu  vor  menschen- 
^tlnken  (v.  457)  der  götter  Strafgericht  hatte  zuziehen  wollen',  so 
irt  die  summe  seiner  Weisheit:  'nie  frevle  an  der  götter  gesetz'. 
das  Staatsgesetz',  sagt  K.  Lahrs  in  seinem  buche  'populäre  aufsätze 
WS  dem  altertum'  bei  gelegenheit  der  recension  von  Droysens  über- 
eetzang  des  Aescbylus,  ^das  staatsgesetz  anstoszend  gegen  das  gött- 
liche und  sittliche  gesetz  kann  wie  alles  unsittliche  nicht  berechtigt 
•ein,  und  wenn  leidenschaft,  wenn  befangenhcit  sich  darüber  ver- 
■  Wenden  mögen,  urplötzlich  und  mit  unmittelbarer  gewisheit  und 
kegeisterung  erschautes  das  reine  herz  eines  mädchens.  selig  sind, 
die  reines  herzens  sind,  denn  sie  werden  gott  schauen!' 

Unsere  tragödie  stellt  nicht  den  sieg  eines  abstracten  princips 
dar,  bei  dem  der  rein  menschliche  Charakter  des  hauptträgers  der 


142  Zu  Sophokles  Anügone. 

handlung  für  den  sittlichen  maszstab,  welchen  wir  anzulegen  baba 
gleichgültig  w&re,  sondern,  wenn  auch  Antigene  für  ihr  thunmi 
dem  tode  büszen  musz,  so  ^erhebt  sich  triumphierend  die  idee,  wekh 
sie  vertrat,  in  verklärter  gestalt.  der  Schauspieler,  welcher  ihre  roQ 
spielte,  tritt  als  Tiresias  auf.  bis  zuletzt  haftet  das  interesse  anümi 
that  und  ihrem  Schicksal.'  (Ernst  Laas  Mer  deutsche  nnterrkiit' 
Berlin  1872  s.  188.)  für  Antigene  selbst  gegen  herm  Döring  eiif 
lanze  einzulegen,  wäre  eigentlich  ganz  überflüssig,  da  wir  aroma- 
tische ritter  der  edlen  heldenmütigen  Jungfrau'  zum  Vorkämpfer  In- 
nen geringem  haben  als  herm  August  Wilhelm  von  Schlegel  in  Mi- 
nen Vorlesungen  'über  dramatische  kunst  und  litteratur*.  doeh  tf* 
heischen  wol  noch  einzelne  puncto  eine  eingehendere  betrachtiivfi 
weswegen  muste  das  recht  des  individuums  der  tyrannei  des  ftetik 
gegenüber  gerade  durch  ein  weih  und  noch  dazu  eine  verwandte  du 
ftirstb'chen  hauses  vertreten  sein?  deswegen,  weil  ein  weih  niflkli- 
von  politik  versteht  oder  wenigstens  nach  der  ansieht  des  dichtsi' 
nichts  davon  verstehen  soll :  je  weniger  Antigene  den  Staat  mit  Mi- 
ner anspruchsvollen  Weisheit  kennt  und  je  unbefangener  sie  dev 
nach  den  anmuthungen  Kreons  gegenüber  tritt,  desto  wirkMUMT 
ist  natürlich  der  centrast,  das  haus  aber  und  nicht  der  gzoo» 
kampfplatz  der  parteien  bildet  notwendiger  weise  den  boden,  wi 
dem  sich  diese  handlung  abspielt,  denn  indem  Kreon  gerade  dirii» 
seine  stärke  sucht,  seine  familie  zum  musterbilde  der  Ordnung  oi 
des  gehersams  für  alle  bürger  zu  machen,  jedoch  dadurch  fehlt,  dM( 
er  die  freien  regungen  edler  menschlichkeit  in  Antigene  und  HiaM 
unterdrücken  und  beiden  seine  herzlesen  maximen  aufdringen  wiDt 
büszt  er  seine  tyrannische  und  vom  specifisch  hellenischen  geiril 
ebenso  wie  vom  modernen  humanitätsstandpuncte  geradezu  unadil 
zu  nennende  handhabung  der  regiemng  durch  ein  furchtbares  strrf- 
gericht,  das  über  seine  familie  ergeht.  —  Herr  Döring  nuudit  te 
Antigene  den  Vorwurf,  dasz  sie  sich  ohne  weiteres  als  sachwalteifli 
des  verletzten  göttlichen  rechtes  betrachte  und  sich  nicht  die  fingt 
verlege ,  ob  sie  nicht  die  Wiederherstellung  desselben  vielmehr  dM 
göttem  selbst  zu  überlassen  habe,  aber  sie  richtet  ja  im  eingaagl 
des  Stückes  an  Ismene  die  aufforderung,  mit  ihr  vereint  den  brndM 
zu  bestatten ,  und  erst  als  die  Schwester  sich  geweigert  hat ,  *mittt 
handeln,  mitzuwirken',  ßiszt  sie  den  entschlusz,  auch  ohne  diese  du 
was  ihnen  beiden  obgelegen  hätte,  für  sich  allein  zu  thun.  sie  dring 
sich  also  wahrlich  nicht  zu  der  heldenthat  in  stelzer  einsamkeit,  abe 
durch  die  not  zum  selbstfindigen  handeln  gedrängt,  darf  sie  and 
die  ihr  dafür  gebührende  ehre  voll  und  ganz  in  ansprucb  nehma 
denn  die  sache  Vertrauensvoll  den  göttem  selbst  überlassen',  wi 
Ismene  thut,  die  an  dem  guten  willen  genug  hat  —  das  heiszt  ili 
recht  eigentlich  'mit  werten  lieben',  da  nach  der  strengen  theologi 
sehen  anschauung,  mit  welcher  der  fromme  dichter  sein  religiOec 
idealbild  ausgestattet  hat,  die  götter,  weit  entfemt,  den  natOrUche 
lauf  der  dinge  stören  zu  woUen,  alles,  was  menschen  betrifft,  anc 


Zu  Sophokles  Antigone.  14S 

durdi  menscben  ausführen  und  eine  pflichtversäumnis  von  selten 
dieser,  die  sich  mit  einem  zuwarten  auf  das  persönliche  eingreifen 
«ler  hohem  macht  rechtfertigen  wollte,  in  strafe  fallen  lassen, 
iberhaupt  stehen  die  die  göttlichen  dinge  betreffenden  äuszerungen 
(kr  Antigone  im  einklange  mit  der  dogmatik  des  dichters,  soweit 
diese  sich  aus  den  noch  übrigen  werken  herstellen  Iftszt.    Yon  fana- 
ünnos  und  bigotterie  kann  bei  ihr  ebenso  wenig  die  rede  sein  wie 
bei  Sophokles  selbst,  der  in  seiner  zeit  der  freigeistigen  richtung 
OUB  Enripides  u.  a.  gegenüber  zu  den  anhftngem  der  volksreligion 
und  den  conservativen  im  besten  sinne  des  wertes  gehörte,   in  ihren 
leden  ist  keine  spur  von  jener  leidenschaftlichen  vermessenheit  im 
tteologischen  ausdrucke,  durch  die  Kreon,   gerade  wenn  er  recht 
fromm  erscheinen  wiU,  seinen  religiösen  nihilisfhus  verräth,  wie  da, 
wo  er  die  Antigone  verhöhnt,  dasz  sie  den  Hades  allein  von  allen 
gdttem  verehre  (v.  773  ff.),  während  er  doch  wissen  sollte,  dasz  wie 
die  Terteilung  der  weit  unter  die  drei  obergötter  eine  heilige  Satzung 
iit,  80  auch  die  scbmälerung  des  einem  von  ihnen  gebührenden  die 
Äche  aller  zur  folge  hat  (vgl.  vv.  1063 — 1061);  ebenso  wenn  er 
sieh,  um  sein  verfahren  gegen  den  leichnam  des  Polynices  zu  recht- 
fertigen, zu  der  äuszerung  versteigt:  seinetwegen  könnten  die  ädler 
des  Zeus  den  todten  sich  zum  mahle  an  den  thron  des  gottes  tragen ; 
toi  wisse  er,  dasz  kein  mensch  einen  gott  entweihen  könne  —  eine 
trtTon  makarismus,  die  in  den  äugen  des  dichters,  mag  er  hierbei 
tof  irgend  eine  gleichzeitige  philosophenschule  gezielt  haben  oder 
^t,  einfach  atheismus  ist.   die  geheimen  ^intentionen'  des  dich^ 
tcrs  entziehen  sich  allerdings  unsem  blicken ;  trotzdem  können  wir 
krm  Döring  nicht  beipflichten,  wenn  er  von  der  Voraussetzung  aus- 
geht, dasz  das  richtige  Verständnis  des  Stückes  unsrer  zeit  mehr  oder 
minder  abhanden  gekommen  sei.    wahr  ist  nur,  dasz  wir  leicht  in 
ge&hr  kommen,  die  anscbauungen  unserer  zeit  jenem  nervenstarken 
;  feenschenalter  unterzulegen,  in  dem  z.  b.  eine  Jungfrau  ihrer  keusch- 
-knt  nichts  vergab^  wenn  sie  es  beklagte,  dasz  sie  sterben  müsse,  be- 
tlünr  ihr  das  glück  der  ehe  und  zarter  kinder  pflege  beschieden  ward, 
•ach,  wenn  Antigone  eine  Widerspenstige'  sein  soll ,  die  zu  zäh- 
eine recht  passende  aufgäbe  in  der  reihe  der  zwölf  arbeiten  des 
ules  gewesen  wäre.  Hämon  ist  bisher  auch  bei  den  sogenannten 
tikem'  ziemlich  schlecht  weggekommen,  aber  sehr  mit  un- 
t.    'wenn  er  im  vergleich  zu  Antigone  allzu  sanft  erscheinen 
^llte,  so  sieht  man  ihn  eben  nicht  in  der  vom  dichter  ihm  zuge- 
"wieeenen  Stellung,  da  es  nicht  seine  aufgäbe  sein  konnte,  seine  braut 
ptn  heldenmut  zu  übertreffen,  vielmehr  sein  schöner  beruf  war,  dem 
idenschaftlich  erregten  könige  gegenüber  die  pflicht  des  thron- 
ilgers,  der  schon  an  der  regierung  teil  hat,  zu  üben  und  jenen  da- 
ch, dasz  er  die  stillen  wünsche  des  volkes  vor  den  thron  bringt, 
Vernunft  zurückzuführen ;  daher  sein  zur  entrüstung  aufflammen- 
eifer  gegen  den  für  besonnene  Vorstellungen  tauben  vater,  wie- 
1  eine  solche  spräche  des  sohnes  unsem  verwöhnten  obren  rauh 


160  Programme  der  bOb.  lehrtenBtalten  des  heraogt.  Sachun-Meuüngeo. 

sententiaram  argameotorum  pondere,  aactoritate  doceodi  mrotci 
occupet;  qai  denique  »a,  quae  per  verborum  ambitus  iiDmerosoi 
aurem  implentea,  in  se  redenntos  Tolvitar,  oratione  omnea,  qii 
audiuDt,  ferat  transTersoa. 

Cäceronis  incitatng  lectione  tandem  aggresBOH  Enm  OraMoi 
quoque  oratores  legere  tum  ceteroa  tum  etiam  Demostheuem.  quem 
tilustriseimnm  totiua  antiquitatia  oratorem  quautopere  EOtn  mintm 
quum  depreiienderem  enm,  qui  uti,  quod  Teilet,  efficeret  hominnin- 
que  aiimoB  permoveret  TebementisBiroe ,  nunquam  indigeret  »t 
floKculD  aut  TOce  arcessil«  aut  splendida  quadam  ac  spedo»  locu- 
tione,  minimeque  sennonia  cnlta  poetico;  qoi  potias,  qoidquid  euet 
diccndum,  ita  eloqneretnr,  ut  nilul  simpliciua  fieri,  nihil  aignifieui' 
tius,  aibil  dilucidiua  posset;  in  quo  ob  id  ipaum  nullum  innsel 
afiüctatioiiiB  veetigium,  nnllum  atudium  venandi  sales  vel  inspenti 
quauduD  et  ingeniöse  scillcet  ancipitia,  in  quo  mimtn  quantun  eilr. 
plsudunt  pleriqne  i  qni  contra  masculo,  quo  uaua  est ,  nerroaoque  «t 
prifsäo  dicendi  genere  alliceret  animos  allectoaqae  teneret;  quignvi- 
tate  senteDtiarum,  argumentorum  pondere,  auctoritate  docendi  men- 
tcs  quwi  perfringeret;  qui  denique  oratione  per  numerosoa,  pleDO^ 
rotundos  Terboniin  ambitus  flnente  raperet  universos. 

Spetbb.  Hbkrioub  StAD£L1UKI>. 


14. 

FBOGRAMME  DEB  HÖHEREN  LEHRANSTALTEN  DES 
HBRZOaTDMß  SACHSEN-MEININGEN.    1874. 


DsB  oaterproffrainm  d«t  gjmDBBiiima  UerDhKrrlinum  zu  Meininf^ri 
entiiätl  sU  ahhandluag:  vom  weaen  <ler  wärme,  von  prof.  O.  Küblet. 
BL'hüIeiEBbl  NID  srbla»  des  scIiuljiibreB  283,  abit.  14.  die  einlailunp 
eclirift  tar  feler  des  HeDflmgachen  gedlLcbtnliUgf«  atn  SO  JHaaKr  18*1 
enttiillt  van  prof.  MHrcker:  lösung  der  ftew ähnlichsten  kalenderfngMi 
vom  jabre  I  bia  3000  nach  Christi  gaburt. 

D&s  Programm  der  realBuhule  zu  Meiaingen  enthält  eine  abhind 
liin(;  Ues  lehrerB  Gutelen:  sp^cimon  d'uu  livra  de  leutare  k  ras&p 
des  caiimeni;aat8  dacs  l'dtade  ria  la  laegiie  fran^aise.  schiileraahl  lliS- 
ans  ze3gaU  der  reife  In  grades  erhielten  6  sehüler. 

L)sa  osterprogramm  des  gymnasiums  lu  Hildbargh aasen  enthilt  lon 
profirsior  dr.  Jlnng  er:  die  arithmelische  terminologie  der  Orieeben,  sli 
kriluriim  für  das  sjstem  der  griechischen  srithmetik.  schülersahl  13$- 
abitiirianten  13. 

Du  Programm  der  herzogt,  realschale  und  dea  progjmnaaiams  t(yit 
der  vefeinigten  städtiachan  schnlen  zd  Saalfeld  hat  zum  inhalt:  abriii 
der  oberen  trigonometrie  von  A.  Hössrich.  schülerzahl  der  realichnl' 
und  dea  progymnasiums  ISS,  abitorienten  4.  aua  den  schulnacbrichtes 
ist  ivciter  zn  erwähnen,  dasz  mittelst  hoben  rescripts  vom  95  novbr.  ü* 
realacbole  and  das  progjmiiasium  zn  staatsan stalten  erhoben  worilcD 
sirii!  usd  in  bezng  auf  erstere  die  Errichtung  einer  selecta  in  auMiclil 
gCDomsien  ist. 

I!ir.pBDBOHAUBBN.  DoBB&BKB. 


Za  Sophokles  Antigone.  145 

recht  eigentlich  als  das  zeigt,  was  wir  nobel  nennen.    'Sophokles 
gibt  uns  ganze  menschen',  sagt  ein  herausgeber  des  stücks  (Gustav 
Wolfif),  'dasz  Antigone  einen  pre:s  eingesetzt,  dasz  das  leben  ihr 
etwas  war,  zeigt  sie,  als  es  zum  sterben  geht',   auch  in  i  h  re  n  hierauf 
IwrUglichen  reden  wie  in  denen  Hämons  die  schamhafte  herzlichkeit 
«mer  edlen  seele;  sie  hat  trotz  aller  Offenheit,  womit  sich  bei  ihr  die 
iBBerste  empfindung  des  herzens  ausspricht,  in  ihrer  liebe  ein  ge- 
kiDmis,  das  sie  nicht  preisgeben  mag  und  zu  dem  der  name  ihres 
geliebten  der  schlttssel  ist.     wenn  herr  Döring  den  Ursprung  der 
ibschiedsscene  einem  rein  äuszerlichen  gründe,  'hauptsächlich  der 
vflif&hrigkeit  des  dichters  gegenüber  der  Observanz  seiner  btthne, 
die  in  der  tragödie  solche  unmittelbar  und  stark  auf  das  gefühl  wir- 
kende scenen  verlangte,   vielleicht  auch  gegen  die  schöne  stimme 
esbes  protagonisten'  zuschreibt ,  so  haben  wir  dagegen  im  namen 
dff  künstlerwürde  unsers  dichters  zu  protestieren,    wenn  er  noch 
tsszerdem  hinzufügt:  ^und  in  der  that  scheint  diese  willföhrigkeit 
4en  dichter  ein  klein  wenig  vom  richtigen  wege  der  Charakteristik 
ibgelenkt  zu  haben'  usw.  —  so  brauchen  wir  nur  an  den  lieblings- 
Mden  eines  unserer  grösten  national  dichter  zu  erinnern,  und  man 
viid  uns  verstehen ,  wenn  wir  behaupten ,  dasz  auch  Antigone  auf 
ikrem  letzten  gange  sagen  durfte:  *o  gott!  das  leben  ist  doch  schön!' 
&  liebe,  mit  der  Antigone  liebt,  hat  nichts  ungestümes  an  sich, 
wenn  auch  ihre  seele ,  als  sie  mit  neuen  spenden  zu  der  leiche  kam 
nd  diese  wieder  nackt  fand,  durch  herben  kummer  verletzt  wurde, 
nd  sie  von  dem  rechte  gebrauch  machte,  das  nach  antiker  an- 
iduumng  allen  unschuldig  verfolgten  zusteht,   die  gegner  zu  ver- 
VSnschen.    ihre  liebe  ist  eine,  die  durch  thaten  spricht  und  die  ihren 
Un  in  sich  selbst  findet,  wie  denn  die  stille  art  ihres  handelns  echt 
VobUch  ist,  während  ihre  ruhe  im  entscheidenden  augenblicke,  als 
äe  Tor  den  Wächtern,  die  sie  auf  der  that  ertappt  hatten,  nichts  ab- 
Jhgnete,  eine  ruhe,  die  rohen  naturen  nur  als  trotz  erscheinen  kann, 
jk  kennzeichen  des  heldentums  bildet,    das  weibliche  ideal,  welches 
ilihr  verkörpert  ist,   hat  man  mit  den  typischen  gestalten  einer 
lADas  Athene  oder  einer  Arteipis  verglichen  —  gewis  mit  recht, 
dasz  das  bräutliche  motiv ,  gleichsam  die  perspective  auf  eine 
mutter,  die  abschiedsgesänge  in  ganz  besonderer  weise  belebt, 
80  der  dichter  gewissermaszen  die  mythisch  -  charakteristische 
tion  selbständig  weiter  gebildet  hat.    herbe  ist  Antigone  nicht 
Unnatur,  sie  wird  es  auf  augenblicke  im  kämpfe  gegen  den  klein- 
■ot  oder  die  brutale  gewalt.    ihre  schrotfheit  gegen  Ismene  ist  als 
im  dieser  verschuldet  anzusehen ,  wenn  man  auch  gerecht  sein  und 
■erkennen  musz,  dasz  von  einer,  die  eine  geborene  dulderin  ist, 
pin  act  der  selbstwehr  gegen  tyrannische  Vergewaltigung  erwartet 
ffdeiL  darf,    aber  abgesehen  davon,  dasz  eine  zu  einem  heftigen 
prtwechsel  führende  meinungsverschiedenheit  gerade  zwischen  ge- 
fcwistem  nichts  wunderbares  ist,  ja  wenn  derselbe  nur  nicht  auf 
Igeschichte  von  dem  Splitter  und  dem  balken  hinausläuft,  psycho- 

M,j%hr\i,  f.  phil.  u.  p.id.  U.  abt.  1875.  hfl.  3.  10 


146  Zu  Sophokles  Antigone. 

logisch  vom  höchsten  Interesse  sein  kann,  haben  bei  Antigone,  i 
lange  man  von  ihr  keine  übermenschliche  erhabenheit  verlangt,  d 
bitterkeiten  gegen  das  ^vielgeliebte  hanpt  der  trauten  schwesta 
ihre  volle  berechtigung,  da  sie  nichts  sind  als  die  hülle  des  tiefet« 
Schmerzes,  gerade  von  derjenigen  verlassen  za  sein,  die  wie  di 
nächste  anrocht  auf  den  bnider  geltend  zu  machen  so  auch  diesellN 
pflicht  gegen  ihn  zu  erfüllen  hatte  (vgl.  v.  549),  und  zumal  AntigOM 
es  nicht  verschmäht,  der  dienstbeflissenen^  mitleiderfüllten  Schwe- 
ster, die  fast  verzweifelt  dasz  es  ihr  nicht  vergönnt  sein  soll  miiitt' 
sterben,  tröstende  und  ermutigende  worte  zu  sagen,  während  Kreoi 
den  edlen  Wettstreit  nur  mit  höhn  ansehen  kann.  —  In  diesem  g^ 
waltmenschen  scheint  sich  eine  sittlich  verwilderte  zeit  zu  spiegdii 
in  der  das  gestörte  gleichgewicht  der  bürgerlichen  Ordnung  den  rBOi 
mechanischen  ausgleich  einer  rücksichtslosen  zucht  erfordert,  ni 
welcher  zum  trotze  sich  ein  gesundes  menschliches  gefühl  eriialta 
zu  haben  für  Antigone  und  Hämon  kein  geringer  rühm  ist.  e«  iil 
nicht  wunderbar,  wenn  auch  höchst  überflüssig,  wenn  man  diani 
tjrannenkopf,  der  ein  meisterstück  der  Charakteristik  ist,  fGireii 
—  natürlich  idealisiertes  —  porträt  gehalten  hat.  jedenfalls  ^ 
deutet  er  etwas',  wie  der  Lessingsche  ^patriarch',  der  auch  in  seiiM 
negativ  dramatischen  prägung  eine  furchtbar  ernste  mahnung  eni 
hält  —  er  bedeutet  etwas  als  symbol  eines  absolutistischen  eig* 
willens  von  atheistischer  färbung ,  der  in  seiner  dämonischen  hM 
heit  sich  bis  zum  Wahnwitz  steigert  und ,  als  wenn  die  götter  nd 
mit  einer  nach  seinem  gutdünken  zugestutzten  Verehrung  abspeiMl 
lieszen,  die  kirche,  welche  als  die  hohe  gottesoffenbarniC 
durch  Tiresias  vertreten  ist,  für  die  ^magd'  der  tyrannis  erklärt  ä 
besonders  feiner  zug  an  diesem  jünger  des  mars  ist  die  verachtoflg 
welche  er  gegen  das  weibliche  geschlecht  zur  schau  trägt,  desMi 
einziges  amt  das  gebären  sei ,  das  sich  aber  überhaupt  im  winto 
des  hauses  zu  halten  habe  (vv.  567.  577).  ihm,  der  sich  derdM 
selbst  zu  sein  dünkt  und  vor  dem  das  Wölk'  nur  schweigt  tnM 
zittert ,  ihm  gegenüber  mit  seinem  eines  Hellenen  unwürdigen  g* 
böte  vertritt  Antigone  die  würde  der  menschlichen  natur  überhsiQ^ 
imd  die  der  weiblichen  insbesondere  mit  jener  heldenmütigen  ndM 
die  sie  schon  den  Wächtern  gegenüber  bewiesen  hatte ,  und  eins 
samlung,  '««eiche  vom  dichter  auch  wieder  echt  plastisch  durch  6i^ 
senken  des  hauptes  angedeutet  ist  (v.  439).  ihre  worte  gegen  ibfl 
sind  allerdiogs  herbe  —  lernt  sie  doch  den  mann,  vor  dem  sie  stA^ 
nicht  jetzt  erst  kennen ,  da  6r  schon  viel  böses  ihren  lieben  vertf 
sacht  hat  (durch  ein  einziges  wort  —  Wiederum'  in  v.  7  —  * 
fahren  wir  dies)  ihm  darf  sie  es  endlich  sagen ,  dasz  er  ihr  thörid) 
erscheine  und  dasz  sie  es  sich  zum  rühme  anrechne ,  anderen  sinnfi 
zu  sein  als  er ,  der  ja  doch  nur  ihren  leib  tödten  könne  (v.  495 1^ 
eine  solch  souveräne  Verachtung  in  offenen  werten ,  ohne  dasz  es  f 
einer  eigentlichen  injurie  kommt,  ist  auch  nur  mit  der  in  sich  gl 
kehrten  und  gegen  den  blendenden  schein  der  äuszem  macht  g^ttd 


Bemerkaogen  über  das  franzÖsiBche  unterrichtswesen  usw.      147 

gflltigen  würde  eines  weibes  vereint  denkbar,  da  ebendasselbe  bei 
einem  manne ,  der  als  solcher  viel  eher  von  der  person  zu  abstra- 
kieren  und  blosz  die  sache  zu  berücksichtigen  vermag,  nar  aaf  einem 
leidenschaftlichen  ungestüm  beruhen  könnte,  aber  Kreon  ist  seiner 
gegnenn  noch  zu  groszem  danke  verpflichtet:  sie  belehrt  ihn,  wie 
SBzareichend  zur  Seligkeit  die  blosze  legalitttt  ist  und  macht  ihn  da- 
doreh,  indem  wir  ihn  endlich  zur  Selbsterkenntnis  gelangen  sehen, 
OBiers  mitleids  würdig,  nachdem  sie  dasjenige,  was  von  ihm  als  die 
Uehste  p flicht  des  unterthaneu  proclamiert  war,  mit  kühnem  griff 
leines  glanzes  beraubt  hat,  geräth  er  durch  die  Verletzung  seiner 
fitelkeit  in  einen  geistigen  paroxysmus,  dessen  einzelne  phasen  zu 
Kkildern  uns  zu  weit  führen  würde ;  als  product  aber  der  gegensätze, 
dnreh  die  er  sich  hat  hindurchwinden  müssen,  ergibt  sich  ihm  noch 
tti  Schlüsse  seines  lebens,  zwar  mit  erschütterndem  leide  verknüpft, 
das  'erhabenste  gut  von  den  gutem  des  glucks',  die  'phronesis',  d.  i. 
n  wissen,  dasz  es  für  einen  mann  kein  rühm  vorgottist,  ein  rohes 
kerz  zu  haben.  —  Nicht  mit  einer  erzwungenen  ruhe,  die  da  am 
j^ize  sein  würde,  wo  *mit  rechts  und  links  tragiert'  wird ,  sondern 
ftit  unverhohlenem  absehen  tritt  Antigene  dem  menschen  gegenüber, 
der  ihr  etwas  nach  ihrem  gefühle  ungeheures  zugemutet  hat.  diese 
n  recht  realistischem  ausdrucke  gekommene  heftigkeit  gegen  Ismene 
nä  Kreon  ist  der  pulsschlag  des  lebens  in  ihrem  so  idealen  bilde, 
tBd  die  ausführung  der  ihr  gestellten  und  von  ihr  fest  und  klar  er- 
ittten  aufgäbe  erhält  durch  jenen  affect  eine  poetische  Wahrheit,  die^ 
itt  der  ihr  eigenen  Wirkung  einer  erhabenen  rührung  nur  ein  künst- 
krvon  gottes  gnaden  hervorzubringen  vermag.' 

'  aaf  die  politischen  aasführungeri  in  herrn  Dörings  aufsatze  ein- 
üben, ist  hier  nicht  der  ort.  zum  Schlüsse  sei  nur  noch  bemerkt, 
te  dr.  J.  Volk  in  einer  seiner  reichstagsreden  —  es  war  in  der 
jtnng  vom  28  november  1871  —  bewiesen  hat,  dasz  die  Antigene 
«ein  Zeugnis  für  die  centrumspartei  ist. 

MÖRS,  im  September  1874.  Max  Heubaoh. 


hu. 
ÄERKÜNGEN  ÜBEB  DAS  FRANZÖSISCHE  UNTKRBICHTS- 
WESEN  IN  SEINEM  VERHÄLTNIS  ZUM  DEUTSCHEN. 

VlLQUES    MOTS      SUR    l'iNSTRUCTION    PUBLIQUE     EN    FrANCE     PAR 

Michel    Brkal,    professeur    au    College    de    France. 
I      TROisiEME   EDITION.      Paris,  Hachette  &  Co.   1873.  410  p.  8. 

Der  Verfasser  dieses  unter  sehr  bescheidenem  titel  eingeführten, 

höchst  anziehenden  buches  ist  durch  seine  auf  deutschem  bo- 

gemachten  wissenschaftlichen  Studien  auch  in  den  stand  gesetzt 

Wen,   mit    dem    deutschen    unterrichtswesen    eingehendere   be- 

itschaft  zu  machen,  und  so  hat  er  dieses  nun  auch  dem  fran- 

10* 


148         Bemerkungen  über  dag  französische  unterriohtswesen 

zösiscben,  das  er  eine  sehr  scharfe  kritik  erfahren  läszt,  zu  anfmer 
samster  beachtung  gegenüber  gestellt,  in  der  that  bietet  er  m 
damit  eine  pädagogische  parallele  dar,  die  auch  für  uns  belehrend  m 
kann  und  um  so  wohlthuender  berührt,  je  weniger  wir  jetzt  jenwü 
der  Vogesen  unbefangene  urteile  über  unsere  zustände  TOraussetM 
dürfen. 

Das  französische  unterrichtswesen,  durch  Napoleon  I  scheiubfl 
neu  gestaltet  und  in  seiner  uniyersit6  zu  durchaus  neuen  entwid» 
lungen  bestimmt ,  ist  nach  der  ansieht  des  Verfassers  ganz  und  ga 
im  geiste  der  alten  Jesuitenschulen  eingerichtet,  soweit  derhöbon 
Unterricht  in  betracht  kommt,  während  der  Unterricht  in  der  yolb 
schule,  die  im  gründe  erst  seit  1833  besteht,  immer  entschiedeü 
unter  klerikalen  einflusz  geräth.  die  jetzt  so  mächtig  gewordeai 
klerikale  partei  hat  also  die  beste  aussieht,  den  gesamten  unteiriol 
sich  zu  unterwerfen  und  so  auf  lange  zeit  hinaus  das  geistige  lebi 
Frankreichs  nach  ultramontanen  gesichtspuncten  zu  behersdm 
dasz  nun  unter  solchen  umständen  der  verf.  es  gewagt  hat,  wort 
der  Warnung  laut  werden  zu  lassen,  und  bei  so  vielfachen  In 
Ziehungen  auf  Deutschland,  wo  freilich  die  dinge  in  entgeg« 
gesetzter  richtung  sich  bewegen,  das  beweist  uns,  wie  drohend ihi 
die  gefahren  erscheinen,  welche  er  über  Frankreich  heran£nelii 
sieht,  gewis  hat  sein  aufrichtiges  bestreben,  hat  der  protest,  den  fl 
erhebt,  auf  unsere  volle  teilnähme  ansprach. 

In  bezug  auf  den  Volksschulunterricht  (enseignement  primain 
trägt  der  verf.  kein  bedenken,  daran  zu  erinnern,  dasz,  wShrai 
man  in  Frankreich  so  spät  erst  angefangen  hat ,  für  solchen  untfli 
rieht  ernstlicher  sorge  zu  tragen ;  im  protestantischen  Eorop 
überall,  zumal  in  Deutschland,  Holland,  Schweden,  schon  iSngl 
eine  Volksschule  bestehe,  die  Volksschule  ist  nach  ihm  die  tocMB 
des  Protestantismus,  indem  die  reformation  den  menschen  ftlr  Sfli 
neu  glauben  verantwortlich  machte  und  die  quelle  dieses  glaabflB 
allein  in  der  heiligen  schrift  erkannte»  übernahm  sie,  wie  derfH 
fasser  sich  ausdrückt,  die  Verpflichtung,  jeden  in  den  stand  zu  seiMi 
durch  das  lesen  und  verstehen  der  bibel  sein  heil  zu  schaffen,  de 
Unterricht  wurde  so  die  erste  lebenspflicht ,  und  alle  diejenige! 
welche  mit  der  leitung  der  seelen  zu  thun  hatten,  vom  hausvaterli 
zu  den  stadtbehörden  und  den  landesherren,  waren  berufen,  t 
ihrem  eigenen  heile  und  nach  dem  masze  ihrer  verantwortlichkii' 
den  Volksunterricht  zu  fördern,  so  setzte  der  protestantismu?,  i 
folge  einer  Verkettung  von  ideen ,  deren  philosophische  bedentoi 
vielleicht  schwer  zu  erweisen  wäre,  deren  praktische  wirkoiigt 
aber  von  unschätzbarem  werthe  gewesen  sind,  für  den  dienst  A 
Unterrichts  den  wirksamsten  antrieb  und  das  mächtigste  interefl 
in  bewegung.  der  verf.  ist  nun  der  ansieht,  dasz  es  in  Franknk 
gerade  jetzt  sehr  starke  gründe  gebe,  dem  volksschulunterriohi 
aufzuhelfen ;  aber  er  findet  in  der  geistigen  trägheit  des  volks,  i 
der  fast  unbegreiflichen  teilnahmlosigkeit  des  Staates,  in  dem  dh 


in  Beinern  verh&ltnis  zum  deutschen.  149 

widerstreben  des  klerus  hindemisse,  an  deren  Überwindung  er  fast 
Tenweifelt  und  doch  kann  er  sich  darauf  beziehen,  dasz  in  Frank- 
loch  schon  1560  vor  den  reichsständen  in  Orleans  die  erhebung 
OBer  Steuer  yon  den  kirchlichen  pfründen  beantragt  worden,  um  in 
illen  Städten  und  dörfem  geeignete  leute  zur  unterweisimg  der 
mnen  jngend  des  platten  landes  besolden  zu  können ,  während  die 
Hter  und  mütter  gehalten  sein  sollten,  ihre  kinder  in  die  schule  zu 
seUeken,  wozu  sie  nach  umständen  durch  geldstrafen  oder  durch  die 
gnmdherren  und  die  ordentlichen  richter  genötigt  werden  sollten 
(i.  19).  indes  fQgt  er  auch  gleich  hinzu,  dasz  diese  forderung  vom 
idel  gekommen,  der  damals  zu  einem  groszen  teile  dem  reformierten 
bekenn tnis  zugethan  gewesen,  und  er  folgert  daraus,  dasz,  wenn 
dff  Protestantismus  in  Frankreich  die  oberhand  gewonnen  hätte, 
«rhier  dieselben  fruchte  wie  anderwärts  gebracht  haben  würde. 
i|iiter  hat  das  mistrauen  der  kirche  gegen  die  schule  und  die  ent* 
vieklong  eines  vom  Staate  geleiteten  Schulwesens  zu  keinem  freund- 
Uehen  Verhältnis  es  kommen  lassen ,  und  die  in  neuerer  zeit  sehr 
eifinge  thätigkeit  religiöser  congregatdonen  für  die  Unterwerfung  der 
bder  des  yolks  hat  die  kluft  zwischen  kirche  und  schule  eher  er« 
weitert  und  dem  volke  selbst  noch  wenig  segen  gebracht,  in  dieser 
hnehung  sagt  der  Verfasser :  nous  constaterons  que  si  cet  enseigne- 
Bat  eclaire  Tesprit  de  nos  enfants ,  c'est  d'un  jour  si  faible  et  si 
pea  durable  que  la  continuit^  de  la  nuit  ne  vaudrait  gu^re  moins. 
m  allgemeinen  aber  nimt  er  keinen  anstand  zu  erklären,  dasz,  wenn 
ksn  in  den  statistischen  entwicklungen  über  den  grad  der  volks- 
Udnng  weniger  genügsam  wäre,  man  nicht,  wie  es  geschehen,  zwei 
ibftel,  sondern  drei  viertel  der  kinder  in  Frankreich  als  der  Un- 
wissenheit hingegeben  zu  bezeichnen  hätte. 

Auch  dasjenige,  was  der  Verfasser  im.  einzelnen  über  den  unter- 
Qebt  der  französischen  Volksschule  sagt,  läszt  uns  denselben  als  sehr 
^ige&flgend  erscheinen,  ihm  erscheint  zb.  der  Unterricht  in  der 
■nttersprache  geradezu  als  gedankenlos  und  ohne  alle  anregende 
bsft,  weshalb  er  auch  hinter  demselben  unterrichte  in  Deutschland 
Veit  zurückstehe ,  wo  man  auch  einen  viel  gröszem  schätz  volks- 
Mmlicher  poesie  zur  Verwendung  für  die  schule  besitze  als  in  Frank- 
iciefa.  die  behandlung  der  grammatik  nennt  er  verkehrt ,  er  mis* 
billigt  die  Vernachlässigung  der  dialekte,  die  Peinlichkeit  in  der  be- 
hiidlung  der  Orthographie  (Unterscheidung  des  dreifachen  e),  er 
"^klagt,  dasz  die  lust  am  lesen  dem  volke  in  Frankreich  nicht  zum 
Wllrfnis  werde,  während  sie  in  Deutschland  durch  den  protestan- 
fenua  fast  allgemein  geworden  sei  (s.  73  flf.).  sehr  anziehend  sind 
&  bemerkungen  des  Verfassers  über  den  Unterricht  in  geographie 
»ad 'geschieh te.  dort  solle  man,  wie  in  Deutschland,  vom  nahen 
*ni  entfernteren  übergehen ,  hier  auch  die  provinzialgeschichte  be- 
l^bichtigend,  was  in  Deutschland  ebenfalls  geschehen  und  sicher- 
Wi  sehr  notwendig  sei.  wir  möchten  in  letzterer  beziehung  fast 
••Ren,  daiZ  er  zu  viel  gutes  bei  uns  voraussetze  und  durch  das,  was 


150         Bemerkuogen  über  das  französische  unterrichtswesen 

er  seinen  landsleuten  sagt,  eine  emste-mahnung  auch  an  ans  ergehei 
lasse,  jedenfalls  gibt  er  auch  uns  zu  denken ,  wenn  er  sagt:  *da 
historische  sinn  ist  dem  menschen  nicht  so  natürlich,  als  mang» 
wohnlich  voraussetzt:  er  musz  vielmehr  entstehen  beim  anblickvoi 
spuren  entschwundener  zeiten,  von  zeugen  früherer  ereigniase ;  Aber 
dies  musz  die  geschichte  gleich  auf  ihren  ersten  Seiten  uns  bei  den 
innerlichsten  gefühlen  ergreifen,  man  rede  zu  dem  kinde  von  seiiMfl 
vorfahren  und  der  gegend,  welche  es  bewohnt;  man  zeige  ihm  alii 
gebäude,  alte  kirchen,  die  ruinen  alter  bürgen,  welche  geschichti- 
lection  ist  eine  Wanderung  zu  den  Überresten  der  Abtei  von  Ja- 
midges  oder  ein  besuch  bei  den  grabstätten  der  herzöge  von  Bll^ 
gund !  in  dieser  weise  wird  der  schüler  nach  und  nach  fusz  htam 
auf  dem  boden  der  Vergangenheit  und  das  bedürfhis  empfinden,  dii 
geschichte  der  monarchie  kennen  zu  lernen,  in  welche  die  geschida 
der  heimat  sich  hineingefiochten  und  mit  denen  so  vieler  andenr 
landschaften  sich  verbunden  haben,  was  würden  wir  von  den  lii- 
lienem  denken,  wenn  die  jetzt  gewonnene  politische  einheit  die  gs- 
schichte  von  Mailand,  von  Florenz,  von  Genua,  von  Venedig  sie  7e^ 
gessen  liesze !  — '  aber  der  Verfasser  musz  zuletzt  freilich  hinni- 
^gen :  parmi  toutes  les  nations  du  monde  la  France  präsente  !• 
spectacle  unique  d'un  peuple  qui  a  pris  son  propre  pass^  en  ayersioii 
on  dirait  une  population  d'esclaves  qui  vient  de  renvoyer  ses  miAtni 
et  qui  ne  vert  plus  se  souvenir  du  temps  de  la  servitude  (s.  98  £)• 

Indem  dann  gezeigt  wird,  wie  sehr  man  es  in  Frankreich  daM 
fehlen  lasse ,  die  kinder  zu  klarer  beobachtung  der  realen  verhllt* 
nisse  und  zu  besonnenem ,  folgerichtigem  denken  anzuleiten ,  ergiU 
sich  der  Übergang  zu  einer  überraschenden  betrachtnng  über  db 
nationalfehler  des  französischen  volks ,  dem  wol  selten  ein  solchff 
Spiegel  vorgehalten  worden  ist  (s.  115  ff.),  im  engem  zusammo* 
hange  damit  steht  wieder  eine  lebhafte  klage  über  die  in  Frankrekh 
so  gewöhnliche  Vernachlässigung  der  pädagogik,  mit  nachdrücklidM 
hinweis  auf  die  reiche  entwicklung,  zu  welcher  diese  in  Dentiflh- 
land  gekommen,  und  mit  entschiedener  betonung  der  notwendig^ 
pädagogischer  Studien  für  Frankreich,  der  Verfasser  verhehlt  dflk 
dabei  nicht,  dasz  er  mit  sehr  bedeutenden  auctoritäten  in  widA^ 
Spruch  trete,  und  nimt  keinen  anstand,  das  oberflächliche  urteil  eiMl 
mannes  hervorzuheben,  der  länger  als  zwanzig  jähre  eine  sdfli^ 
Zeitung  redigiert  und  für  seine  schrift  de  T^ducation  morale  ä  TaÜi 
des  ecoles  normales  primaires  von  der  acad6mie  des  sciences  monkl 
den  preis  erhalten  hat  (Barrau).  .nachdem  dann  die  ungfinstigl 
Stellung  der  volksschullehrer  geschildert  und  als  grund  der  nod 
fortdauernden  übelstände  das  thatsächliche  aufgeben  der  im  j.  18SI 
gelegten  fundamente  bezeichnet  worden  ist,  schlieszt  dieser  abschnÜl 
mit  der  forderung  eines  im  wesentlichen  vom  Staate  geleiteten  obfi 
gatorischen  unterrichte  (s.  146  ff.). 

Von  besonderer  bedeatung  für  uns  ist  der  abschnitt  über  da 
Ijceum  oder  die  instruction  secondaire.   als  die  revolation  von  178! 


in  seinem  Verhältnis  zum  deutschen.  151 

■dt  den  colUges  auch  die  alten  Universitäten,  die  mit  jenen  in  so 
«Dger  Terbindung  standen,  weggeschwemmt  hatte,  erhielt  sich  von 
den  früheren  gelehrtenschulen  allein  das  einst  von  den  Jesuiten  mit 
10  groszem  rahme  geleitete  College  Louis-le-Grand  unter  wechseln- 
den namen  (institut  des  boursiers,  College  de  Tögalit^,  prytan6e 
frm^ais,  zuletzt  lycöe  imperial),  und  diese  anstalt  wurde  dann  vor- 
bfld  ond  mutter  aller  lyceen  und  collegien,  welche  das  erste  kaiser- 
xeieh  schuf  oder  wiederherstellte.*  diese  aber  wurden  hauptbestand- 
teil  in  der  von  Napoleon  I  bewirkten  reconstruction  des  Unterrichts, 
lienn  indem  das  gesamte  Schulwesen  unter  die  durchgreifende  lei- 
ting  des  Staates  gestellt  wurde,  was  auch  auf  diesem  gebiete  zu 
iner  vorher  nie  dagewesenen  centralisation  führte,  hat  es  doch 
noal  in  der  methode  des  Unterrichts  die  alten  normen  der  Jesuiten 
rflQig  beibehalten,  ja  zu  einer  fast  ausnahmslosen  geltung  gebracht, 
od  so  ist  nun  das  lyceum  ein  in  sich  geschlossenes,  auch  die  alte 
vtisten-fEusultILt  ersetzendes  institut  geworden,  das  zugleich  ein  con- 
nqnentes  benutzen  seines  Unterrichts  von  der  untersten  stufe  bis 
nr  höchsten  verlangt,  was  diesem  unterriebt  vorausgeht  im  volks- 
dnilnnterrichte  und  was  ihm  folgt  im  unterrichte  der  einzelnen 
Moltäten  (enseignement  superieur) ,  davon  nimt  er  kaum  ernstlich 
utJL  die  drei  gebiet«  sind  streng  von  einander  geschieden. 

In  den  französischen  lyceen  wird  nun  der  gröste  fleisz  und  die 
■ttte  zeit,  ganz  nach  der  alten  manier  der  Jesuiten,  auf  den  stil, 
Mchst  im  lateinischen,  auf  Tart  d'^crire,  verwendet,  die  man  noch 
■t  der  kunst  des  denkens  zusammenfallen  iSszt.  der  Verfasser  aber, 
■dem  er  anerkennt,  dasz  diese  manier  formalen  wertb  habe,  ist 
beb  der  ansieht,  dasz  das  bedürfnis  der  gegen  wart  eine  andere 
biit  mit  vollem  recht  verlange:  c'est  Tart  de  d^couvrir  et  d'ob- 
Mrer  les  faits ,  Tart  de  comprendre  et  de  contröler  la  v^rite  \  und 
Hl  diesem  standpuncte  aus  erhebt  er  gegen  den  bestehenden  un- 
knicht  den  kräftigsten  Widerspruch,  dasz  die  schüler  der  lyceen 
pitbis  neun  jähre  lang  täglich  einige  stunden  auf  das  lateinische  zu 
^totenden  haben,  dasz  von  diesem  der  maszstab  für  allen  fortschritt 
4tiSglinge,  für  alles  verdienst  der  lehrer  gewonnen  wird,  dasz 
I lateinische  specimen.(th^me)  die  fundamentale  aufgäbe  des  sex- 
ist und  die  lateinische  rede  in  der  obersten  classe  den  höob- 
preis  erhält,  das  kann  der  Verfasser  nicht  gutheiszen,  da  er 
E,  dasz  die  schüler  in  Frankreich  doch  weniger  lateinisch  lernQU 
in  Deut:>chland ,  wo  das  griechisohe  und  die  realien  viel  mehr 
>8in  anspruch  nehmen;  wie  sehr  in  Frankreich  bei  so  ausgedehn- 
tbetreibüng  des  lateinischen  das  wissenschaftliche  Studium  des 
fcinischen  gesunken  ist  —  man  hat  ja  die  kritischen  und  sonst  ge- 
Irten  arbeiten  nach  dieser  seite  bereits  den  fremden  überlassen  — , 


r 

•  wir  erinnern  hierbei  an  die  lehrreiche  schrift  von  G.  Em  ond 
lltire  du  CoUe'ge  de  Louis-le-Grand,  ancien  Colle'ge  des  J^snites  4 
iil.     Paria  1815.    8. 


\ 


142  Zu  Sophokles  Antigone. 

handlang  für  den  sittlichen  maszstab,  welchen  wir  anzulegen  hab* 
gleichgültig  wttre,  sondern,  wenn  auch  Antigone  für  ihr  thun  i 
dem  tode  büszen  mosz,  so  ^erhebt  sich  triumphierend  die  idee,  wel< 
sie  vertrat,  in  verklärter  gestalt.  der  Schauspieler,  welcher  ihre  ro 
spielte,  tritt  als  Tiresias  auf.  bis  zuletzt  haftet  das  interesse  an  ilu 
that  und  ihrem  Schicksal.'  (Ernst  Laas  Mer  deutsche  unterricl 
Berlin  1872  s.  188.)  für  Antigone  selbst  gegen  herm  Düring  ei 
lanze  einzulegen,  wttre  eigentlich  ganz  überflüssig,  da  wir  *romi 
tische  ritter  der  edlen  heldenmütigen  Jungfrau'  zum  Vorkämpfer  k 
nen  geringem  haben  als  herm  August  Wilhelm  von  Schlegel  in  8 
nen  Vorlesungen  'über  dramatische  kunst  und  litteratur*.  doch  < 
heischen  wol  noch  einzelne  puncto  eine  eingehendere  betrachtux 
weswegen  muste  das  recht  des  individuums  der  tjrannei  des  fürst 
gegenüber  gerade  durch  ein  weib  und  noch  dazu  eine  verwandte  d 
fürstb'chen  hauses  vertreten  sein?  deswegen,  weil  ein  weib  niek 
von  Politik  versteht  oder  wenigstens  nach  der  ansieht  des  dichte 
nichts  davon  verstehen  soll:  je  weniger  Antigone  den  staat  mit » 
ner  anspruchsvollen  Weisheit  kennt  und  je  unbefangener  sie  dei 
nach  den  anmuthungen  Ejreons  gegenüber  tritt,  desto  wirksam 
ist  natürlich  der  contrast.  das  haus  aber  und  nicht  der  grofl 
kampfplatz  der  parteien  bildet  notwendiger  weise  den  boden,  a 
dem  sich  diese  handlung  abspielt,  denn  indem  Kreon  gerade  dar 
seine  stärke  sucht,  seine  familie  zum  musterbilde  der  Ordnung  m 
des  gehorsams  für  alle  bürger  zu  machen,  jedoch  dadurch  fehlt,  da 
er  die  freien  regungen  edler  menschlichkeit  in  Antigone  und  Häini 
unterdrücken  und  beiden  seine  herzlosen  maximen  aufdringen  wil 
büszt  er  seine  tyrannische  und  vom  specifisch  hellenischen  gen 
ebenso  wie  vom  modernen  humanitätsstandpuncte  geradezu  unad 
zu  nennende  handhabung  der  regierung  durch  ein  furchtbares  stn 
gericht,  das  über  seine  familie  ergeht.  —  Herr  Döring  macht  di 
Antigone  den  Vorwurf,  dasz  sie  sich  ohne  weiteres  als  sachwalted 
des  verletzten  göttlichen  rechtes  betrachte  und  sich  nicht  die  firaf 
vorlege ,  ob  sie  nicht  die  Wiederherstellung  desselben  vielmehr  de 
göttem  selbst  zu  überlassen  habe,  aber  sie  richtet  ja  im  eingaaf 
des  Stückes  an  Ismene  die  aufforderung,  mit  ihr  vereint  den  bndf 
zu  bestatten,  und  erst  als  die  Schwester  sich  geweigert  hat,  ^mitfl 
handeln,  mitzuwirken',  £Ekszt  sie  den  entschlusz,  auch  ohne  diese  dt 
was  ihnen  beiden  obgelegen  hätte,  für  sich  allein  zu  thun.  sie  driQi 
sich  also  wahrlich  nicht  zu  der  heldenthat  in  stolzer  einsamkeit,  abi 
durch  die  not  zum  selbständigen  handeln  gedrängt,  darf  sie  aiM 
die  ihr  dafür  gebührende  ehre  voll  und  ganz  in  ansprach  nehmi 
denn  die  sache  Vertrauensvoll  den  göttem  selbst  überlassen',  wi 
Ismene  thut ,  die  an  dem  guten  willen  genug  hat  —  das  heiszt  9 
recht  eigentlich  'mit  Worten  lieben',  da  nach  der  strengen  tfaedfll 
sehen  anschauung,  mit  welcher  der  fromme  dichter  sein  religio 
Ibild  ausgestattet  hat,  die  götter,  weit  entfernt,  den  natfirliolM 
W  dinge  stören  zu  wollen,  alles,  was  menschen  betrifft,  M 


Zu  Sophokles  Antigone.  143 

durdi  fflenschen  ausfahren  und  eine  pflichtversäumnis  von  selten 
dieser,  die  sich  mit  einem  zuwarten  auf  das  persönliche  eingreifen 
emer  höhera  macht  rechtfertigen  wollte,  in  strafe  fallen  lassen, 
flberfaaupt  stehen  die  die  göttlichen  dinge  betreffenden  äuszerungen 
der  Antigone  im  einklange  mit  der  dogmatik  des  dichters ,  soweit 
diese  sieh  aus  den  noch  übrigen  werken  herstellen  läszt.    von  fana- 
üsmas  und  bigotterie  kann  bei  ihr  ebenso  wenig  die  rede  sein  wie 
bei  Sophokles  selbst,  der  in  seiner  zeit  der  freigeistigen  richtung 
OBee  Enripides  u.  a.  gegenüber  zu  den  anhängem  der  volksreligion 
ond  den  conservativen  im  besten  sinne  des  wertes  gehörte,   in  ihren 
leden  ist  keine  spur  von  jener  leidenschaftlichen  vermessenheit  im 
tiieologischen  ausdrucke,  durch  die  Kreon,  gerade  wenn  er  recht 
fromm  erscheinen  will,  seinen  religiösen  nihilisihus  venüth,  wie  da, 
wo  er  die  Antigone  verhöhnt,  dasz  sie  den  Hades  allein  von  allen 
gOttmi  verehre  (v.  773  ff.),  während  er  doch  wissen  sollte,  dasz  wie 
die  Verteilung  der  weit  unter  die  drei  obergÖtter  eine  heilige  Satzung 
irt,  80  auch  dio  schmälerung  des  einem  von  ihnen  gebührenden  die 
»che  aller  zur  folge  hat  (vgl.  w.  1053 — 1061);  ebenso  wenn  er 
üdi,  tun  sein  verfahren  gegen  den  leichnam  des  Poljmices  zu  recht- 
fertigen, zu  der  äuszerung  versteigt :  seinetwegen  könnten  die  ädler 
des  Zeus  den  todten  sich  zum  mahle  an  den  thron  des  gottes  tragen ; 
vol  wisse  er,  dasz  kein  mensch  einen  gott  entweihen  könne  —  eine 
tri?on  makarismus,  die  in  den  äugen  des  dichters,  mag  er  hierbei 
nf  irgend  eine  gleichzeitige  philosophenschule  gezielt  haben  oder 
licht,  einfach  atheismus  ist.   die  geheimen  ^Intentionen'  des  dich^ 
ters  entziehen  sich  allerdings  unsem  blicken ;  trotzdem  können  wir 
Wrm  Döring  nicht  beipflichten,  wenn  er  von  der  Voraussetzung  aus- 
geht, dasz  das  richtige  Verständnis  des  Stückes  unsrer  zeit  mehr  oder 
lunder  abhanden  gekommen  sei.    wahr  ist  nur,  dasz  wir  leicht  in 
ge&hr  kommen,  die  änschauungen  unserer  zeit  jenem  nervenstarken 
üteoflchenalter  unterzulegen,  in  dem  z.  b.  eine  Jungfrau  ihrer  keusch- 
kit  nichts  vergab^  wenn  sie  es  beklagte,  dasz  sie  sterben  müsse,  be- 
vor ihr  das  glück  der  ehe  und  zarter  kinder  pflege  beschieden  ward, 
ioanch,  wenn  Antigone  eine  Widerspenstige'  sein  soll,  die  zu  zäh- 
lten eine  recht  passende  aufgäbe  in  der  reihe  der  zwölf  arbeiten  des 
Berkoles  gewesen  wäre.  Hämon  ist  bisher  auch  bei  den  sogenannten 
Wantikem'  ziemlich  schlecht  weggekommen,  aber  sehr  mit  un- 
^t.    'wenn  er  im  vergleich  zu  Antigone  allzu  sanft  erscheinen 
wUte,  so  sieht  man  ihn  eben  nicht  in  der  vom  dichter  ihm  zuge- 
wesenen Stellung,  da  es  nicht  seine  aufgäbe  sein  konnte,  seine  braut 
*Jiheldenmut  zu  übertreffen,  vielmehr  sein  schöner  beruf  war,  dem 
leidenschaftlich  erregten  könige  gegenüber  die  pflicht  des  thron- 
%er3,  der  schon  an  der  regierung  teil  hat,  zu  üben  und  jenen  da- 
durch, dasz  er  die  stillen  wünsche  des  volkes  vor  den  thron  bringt, 
^  Vernunft  zurückzuführen ;  daher  sein  zur  entrüstung  aufflammen- 
[  dereifer  gegen  den  für  besonnene  Vorstellungen  tauben  vater,  wie- 
^ol  eine  solche  spräche  des  sohnes  unsem  verwöhnten  obren  rauh 


144  Zu  Sophokles  Antigone. 

klingen  mag  ^gleich  tjrrheniscber  drommeten  schall',  wi< 
^Ajax'  (v.  16  f.)  heiszt.  furchtbar  ist  es,  dasz  anf  den  h 
Jüngling  noch  anmittelbar  vor  seinem  tode  des  vaters  m 
übergeht,  und  er  im  rasenden  schmerze  über  den  tod  der  br 
Schwert  gegen  den  zückt,  der  von  natur  das  erste  anrocht  a 
liebe  hat.  aber  sogleich  sühnt  er  die  schwere  that,  indem  i 
sich  selbst  ergrimmt',  den  stahl  sich  in  die  seile  stöszt :  ihr, 
glück  seines  lebens  war,  .gesellt  er  sich  sie  umschlingend, 
in  den  tod.  wo  der  dichter  so  anschaulich  redet  wie  ein  pla 
künstler ,  da  brauchen  wir  nicht  allzuviel  gewicht  auf  einen 
legen  —  ^nicht  mit  zu  hassen,  mit  zu  lieben  leb*  ich  nur',  si^ 
gone  in  dem  heftigen  Wortwechsel ,  den  sie  mit  Kreon  hat 
herr  Döring  hat  vollst-ändig  recht,  wenn  er  dieser  *vere 
ftuszerung'  als  solcher  keine  weittragende  bedeutung  beileg 
-^  Jener  doppelselbstmord  gehört  schon  zu  dem  göttliche 
gerichte  wider  Kreon,  der  —  welch  feine  paradozie  —  d 
gegen  ihn  die  waffe  erhoben  hatte,  als  den  erschlagenen,  sie 
aber  als  den  mörder  bezeichnet,  aber  auch  an  sich  ist  der  A 
letzte  that  im  leben  ^  durch  welche  diejenige  Hämons  erst 
gerufen  wird,  im  sinne  des  dichters  eine  gerechtfertigte,  d 
meinung  über  diese  schwierige  frage  im  ^Ajax'  unzweidea' 
gesprochen  hat,  wo  er  ein  psychologisch-sittliches  problem  n 
jener  altklugheit,  die  sich  schon  so  oft  hierbei  breit  gema 
sondern  liebevoll  wie  der  phjsiologe  ein  seiner  Wissenschaft 
des  präparat  behandelt,  es  wäre  auch  geradezu  eine  komi 
mutung  an  Antigone,  sie  hätte  geduldig  dem  tode  entgegen  1 
sollen :  dann  doch  schon  lieber  ganz  leben  bleiben,  würde  in 
falle  der  Goethesche  Egmont  gesagt  haben.  —  Ebenso  seh 
rissen  wie  die  liebesscene  in  der  felsengrotte  ist  das  ganze 
liehe  und  schwesterliche  Verhältnis  der  Antigone  dargestel 
dichter  führt  nur  nackte  thatsachen  vor  und  läszt  aus  den 
tretenden  Wirkungen  auf  die  zu  gründe  liegenden  motive  sdi 
es  ist  erfreulich,  dasz  der  als  äuszerung  der  Antigone  schwi 
vers  670:  ^geliebter  Hämon,  wie  verhöhnt  der  vater  dich!'  ; 
immer  der  Ismene  zugeteilt  ist,  deren  unkräftigem  und  zftr 
gemüte  derselbe  allein  angemessen  sein  kann,  der  Antigoi 
ist  keine  solche,  welche  *nur  streit  und  unheil  anrichtet', 
blosz  Kreon,  sondern  auch  die  legitimen  Vertreter  der  volkssöu 
tat  müssen  es  sich  von  Hämon  im  namen  des  Volkes,  wel 
allen  schweren  zeiten  die  Zuflucht  der  Wahrheit  und  der  8ch< 
wesen  ist,  aus  dem  durch  neuen  nachwuchs  die  kraft  der  nat 
verjüngt  hat  —  sie  müssen  es  sich  erst  sagen  lassen ,  dasz  i 
der  Antigone  eines  'goldenen  lohnes'  werth  sei.  die  heldin  f 
ihrem  verlobten  einen  vertbeidiger,  dessen  rede  im  woltli 
gegensatze  zu  den  maszlosigkeiten  seines  vaters  den  eindri 
decenz  macht,  ja  der  im  bochgefühle  des  Schatzes,  den  er  ii 
braut  besitzt,  sich  in  seinem  benehmen  gegen  ihren  unten 


Zu  Sophokles  Antigone.  145 

mht  eigentlich  als  das  zeigt,  was  wir  nobel  nennen.    ^Sophokles 
^ons  ganze  menschen',  sagt  ein  herausgeber  des  stücks  (Gustav 
Wolfi),  'dasz  Antigone  einen  preis  eingesetzt,  dasz  das  leben  ihr 
«twu  war,  zeigt  sie,  als  es  zum  sterben  geht',   auch  in  i hre n  hierauf 
beiflglichen  reden  wie  in  denen  Hämons  die  schamhafte  herzlichkeit 
einer  edlen  seele;  sie  hat  trotz  aller  Offenheit,  womit  sich  bei  ihr  die 
innerste  empfindung  des  herzens  ausspricht,  in  ihrer  liebe  ein  ge- 
iKinmis,  das  sie  nicht  preisgeben  mag  und  zu  dem  der  name  ihres 
friiebten  der  Schlüssel  ist.     wenn  herr  Döring  den  Ursprung  der 
ibschiedsscene  einem  rein  äuszerlichen  gründe,  'hauptsächlich  der 
willfthrigkeit  des  dichters  gegenüber  der  Observanz  seiner  bühne, 
die  in  der  tragödie  solche  unmittelbar  und  stark  auf  das  gefühl  wir- 
kende scenen  verlangte,  vielleicht  auch  gegen  die  schöne  stimme 
wnes  Protagonisten'  zuschreibt ,  so  haben  wir  dagegen  im  namen 
Ar  künstlerwürde  unsers  dichters  zu  protestieren,    wenn  er  noch 
iBszerdem  hinzufügt:  *und  in  der  that  scheint  diese  Willfährigkeit 
den  dichter  ein  klein  wenig  vom  richtigen  wege  der  Charakteristik 
eingelenkt  zu  haben'  usw.  —  so  brauchen  wir  nur  an  den  lieblings- 
klden  eines  unserer  grösten  nationaldichter  zu  erinnern ,  und  man 
vird  uns  verstehen ,  wenn  wir  behaupten ,  dasz  auch  Antigone  auf 
ibem  letzten  gange  sagen  durfte:  *o  gott!  das  leben  ist  doch  schön!' 
die  Hebe,  mit  der  Antigone  liebt,  hat  nichts  ungestümes  an  sich. 
Wenn  auch  ihre  seele ,  als  sie  mit  neuen  spenden  zu  der  leiche  kam 
nd  diese  wieder  nackt  fand,  durch  herben  kummer  verletzt  wurde, 
md  sie  von  dem  rechte  gebrauch  machte,  das  nach  antiker  an- 
iduraung  allen  unschuldig  verfolgten  zusteht,   die  gegner  zu  ver- 
vttsschen.   ihre  liebe  ist  eine,  die  durch  thaten  spricht  und  die  ihren 
Un  in  sich  selbst  findet,  wie  denn  die  stille  art  ihres  handelns  echt 
leiblich  ist,  während  ihre  ruhe  im  entscheidenden  augenblicke,  als 
vor  den  Wächtern,  die  sie  auf  der  that  ertappt  hatten,  nichts  ab- 
kognete,  eine  ruhe,  die  rohen  naturen  nur  als  trotz  erscheinen  kann, 
dtt  kennzeichen  des  heldentums  bildet,    das  weibliche  ideal,  welches 
lihr  verkörpert  ist,   hat  man  mit  den  typischen  gestalten  einer 
WUs  Athene  oder  einer  Arteipis  verglichen  —  gewis  mit  recht, 
Kr  dasz  das  bräutliche  motiv ,  gleichsam  die  perspective  auf  eine 
tadenmutter,  die  abschiedsgesänge  in  ganz  besonderer  weise  belebt, 
^80  der  dichter  gewissermaszen  die  mythisch -charakteristische 
^tion  selbständig  weiter  gebildet  hat.    herbe  ist  Antigone  nicht 
'oa  natur ,  sie  wird  es  auf  augenblicke  im  kämpfe  gegen  den  Wein- 
gut oder  die  brutale  gewalt.     ihre  schrotfheit  gegen  Ismene  ist  als 
'on  dieser  verschuldet  anzusehen ,  wenn  man  auch  gerecht  sein  und 
■öei^kennen  musz,  dasz  von  einer,  die  eine  geborene  dulderin  ist, 
«in  act  der  selbstwehr  gegen  tyrannische  Vergewaltigung  erwartet 
Verden  darf,    aber  abgesehen  davon,  dasz  eine  zu  einem  heftigen 
Wortwechsel  führende  meinungsverschiedenheit  gerade  zwischen  ge- 
•wwibtem  nichts  wunderbares  ist,  ja  wenn  derselbe  nur  nicht  auf 
**  geschichte  von  dem  Splitter  und  dem  balken  hinausläuft,  psycho- 

•^-.ahfli.  (.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  3.  10 


146  Zu  Sophokles  Antigone. 

logisch  vom  höchsten  Interesse  sein  kann,  haben  bei  Antigone,  i 
lange  man  von  ihr  keine  übermenschliche  erhabenheit  verlangt,  di 
bitterkeiten  gegen  das  ^vielgeliebte  haupt  der  trauten  schwestei 
ihre  volle  berechtigung,  da  sie  nichts  sind  als  die  hülle  des  tiefttei 
Schmerzes,  gerade  von  derjenigen  verlassen  zu  sein,  die  wie  da 
nächste  anrocht  auf  den  bruder  geltend  zu  machen  so  auch  diesdb 
pflicht  gegen  ihn  zu  erfUllen  hatte  (vgl.  v.  549),  und  zumal  Antigoa 
es  nicht  verschmäht,  der  dienstbeflissenen^  mitleiderftOlten  sohwe 
ster,  die  fast  verzweifelt  dasz  es  ihr  nicht  vergönnt  sein  soll  mite 
sterben,  tröstende  und  ermutigende  worte  zu  sagen,  während  KrMi 
den  edlen  Wettstreit  nur  mit  höhn  ansehen  kann.  —  In  diesem  gt 
waltmenschen  scheint  sich  eine  sittlich  verwilderte  zeit  zu  spiegdii 
in  der  das  gestörte  gleichgewicht  der  bürgerlichen  Ordnung  den  nii 
mechanischen  ausgleich  einer  rücksichtslosen  zucht  erfordert,  vai 
welcher  zum  trotze  sich  ein  gesundes  menschliches  gefühl  erfaaltai 
zu  haben  für  Antigone  imd  Hämon  kein  geringer  rühm  ist.  m  ill 
nicht  wunderbar^  wenn  auch  höchst  überflüssig,  wenn  mandieeoi 
tyrannenkopf,  der  ein  meisterstück  der  Charakteristik  ist,  für  öl 
—  natürlich  idealisiertes  —  porträt  gehalten  hat.  jedenfalls  Hit 
deutet  er  etwas',  wie  der  Lessingsche  ^patriarch',  der  auch  in  seiafl 
negativ  dramatischen  prSgung  eine  furchtbar  ernste  mahnung  tiA 
hält  —  er  bedeutet  etwas  als  sjmbol  eines  absolutistischen  eigfli 
willens  von  atheistischer  färbung ,  der  in  seiner  dämonischen  V&oi 
heit  sich  bis  zum  wahnwitz  steigert  und ,  als  wenn  die  götter  od 
mit  einer  nach  seinem  gutdünken  zugestutzten  Verehrung  abspeiM 
lieszen,  die  kirche,  welche  als  die  hohe  gottesoffenbarnBJ 
durch  Tiresias  vertreten  ist,  für  die  ^magd'  der  tjrannis  erklärt  611 
besonders  feiner  zug  an  diesem  jünger  des  mars  ist  die  Verachtung 
welche  er  gegen  das  weibliche  geschlecht  zur  schau  trägt,  defltf 
einziges  amt  das  gebären  sei ,  das  sich  aber  überhaupt  im  winloi 
des  hauses  zu  halten  habe  (vv.  567.  577).  ihm,  der  sich  der  sttf) 
selbst  zu  sein  dünkt  und  vor  dem  das  Wölk'  nur  schweigt  tmi 
zittert ,  ihm  gegenüber  mit  seinem  eines  Hellenen  unwürdigen  g< 
böte  vertritt  Antigone  die  würde  der  menschlichen  natur  überbanp 
und  die  der  weiblichen  insbesondere  mit  jener  heldenmütigen  ndn 
die  sie  schon  den  Wächtern  gegenüber  bewiesen  hatte,  und  eisi^ 
samlung,  i^elcbe  vom  dichter  auch  wieder  echt  plastisch  durch  6i 
senken  des  hauptes  angedeutet  ist  (v.  439).  ihre  worte  gegen  il 
sind  allerdings  herbe  —  lernt  sie  doch  den  mann,  vor  dem  sie  stet 
nicht  jetzt  erst  kennen ,  da  er  schon  viel  böses  ihren  lieben  vefC 
sacht  hat  (durch  ein  einziges  wort  —  *  wiederum'  in  v.  7  —  ^ 
fahren  wir  dies)  ihm  darf  sie  es  endlich  sagen ,  dasz  er  ihr  thöii^ 
erscheine  und  dasz  sie  es  sich  zum  rühme  anrechne ,  anderen  sin^ 
zu  sein  als  er ,  der  ja  doch  nur  ihren  leib  tödten  könne  (v.  495  0 
eine  solch  souveräne  Verachtung  in  offenen  werten ,  ohne  dasz  ea 
einer  eigentlichen  injurie  kommt,  ist  auch  nur  mit  der  in  sich  | 
kehrten  und  gegen  den  blendenden  schein  der  äuszem  macht  gki^ 


Bemerkasgen  über  das  franzÖBiBche  unterricMswesen  usw.      147 

gflltigen  würde  eines  weibes  vereint  denkbar,  da  ebendasselbe  bei 
einein  manne ,  der  als  solcher  viel  eher  von  der  person  zu  abstra- 
hieren und  blosz  die  sache  zu  berücksichtigen  veimag,  nur  auf  einem 
kidenschajptlichen  ungestüm  beruhen  könnte,  aber  Kreon  ist  seiner 
gegnenn  noch  zu  groszem  danke  verpflichtet:  sie  belehrt  ihn,  wie 
mxoreichend  zur  Seligkeit  die  blosze  legalität  ist  und  macht  ihn  da- 
chorefa,  indem  wir  ihn  endlich  zur  Selbsterkenntnis  gelangen  sehen, 
imen  mitleids  würdig,  nachdem  sie  dasjenige,  was  von  ihm  als  die 
toehste  pflicht  des  unterthaneu  proclamiert  war,  mit  kühnem  griff 
Mines  glanzes  beraubt  hat,  geräth  er  durch  die  Verletzung  seiner 
otelkeit  in  einen  geistigen  paroxjsmus,  dessen  einzelne  phasen  zu 
lehildern  uns  zu  weit  führen  würde ;  als  product  aber  der  gegensätze, 
darch  die  er  sich  hat  hindurchwinden  müssen,  ergibt  sich  ihm  noch 
aai  Schlüsse  seines  lebens,  zwar  mit  erschütterndem  leide  verknüpft, 
das 'erhabenste  gut  von  den  gutem  des  glücks\  die  'phronesis',  d.  i. 
n  wissen,  dasz  es  für  einen  mann  kein  rühm  vor  gott  ist,  ein  rohes 
kerz  zu  haben.  —  Nicht  mit  einer  erzwungenen  ruhe,  die  da  am 
platze  sein  würde,  wo  'mit  rechts  und  links  tragiert'  wird ,  sondern 
Biit  unverhohlenem  absehen  tritt  Antigone  dem  menschen  gegenüber, 
der  ihr  etwas  nach  ihrem  gefühle  ungeheures  zugemutet  hat.  diese 
n  recht  realistischem  ausdrucke  gekommene  heftigkeit  gegen  Ismene 
od  Kreon  ist  der  pulsschlag  des  lebens  in  ihrem  so  idealen  bilde, 
vnd  die  ausführung  der  ihr  gestellten  und  von  ihr  fest  und  klar  er- 
fcszten  aufgäbe  erhält  durch  jenen  affect  eine  poetische  Wahrheit,  die^ 
Bit  der  ihr  eigenen  Wirkung  einer  erhabenen  rührung  nur  ein  künst- 
lcr?on  gottes  gnaden  hervorzubringen  vermag.' 

*  aaf  die  politischen  aasfUbrungen  in  herrn  Dörings  aufsatze  ein- 
nähen, ist  hier  nicht  der  ort.  zum  Schlüsse  sei  nur  noch  bemerkt, 
w  dr.  J.  Volk  in  einer  seiner  reichstagsreden  —  es  war  in  der 
riUimg  vom  28  november  1871  —  bewiesen  hat,  dasz  die  Antigone 
kein  Zeugnis  für  die  centrumspartei  ist. 

MöRS,  im  September  1874.  Max  Heubach. 


11. 

UBiERKÜNGEN  ÜBER  DAS  FRANZÖSISCHE  UNTERRICHTS- 
WESEN  IN  SEINEM  VERHÄLTNIS  ZUM  DEUTSCHEN. 

V^QUES    MOTS      SUR    l'iN8TRUCTI0N    PUBLIQUE     EN    FrANCE     PAR 

Michel    Breal,    professeur    au    colli^qe    de    France. 
TEOisiEME  EDITION.      Paris,  Uachette  &  Co.   1873.  410  p.  8. 

Der  Verfasser  dieses  unter  sehr  bescheidenem  titel  eingeführten, 
^  höchst  anziehenden  buches  ist  durch  seine  auf  deutschem  bo- 
^  gemachten  wissenschaftlichen  studien  auch  in  den  stand  gesetzt 
Jörnen,  mit  dem  deutschen  Unterrichts wesen  eingehendere  be- 
■"Witschaft  zu  machen,  und  so  hat  er  dieses  nun  auch  dem  fran- 

10* 


160  Programme  der  höh.  lehranstalten  des  herzogt.  SachBcn-Mmningwu 

sententiarum  argumentorum  pondere,  auctoritate  docendi  menta 
ocGupet;  qui  denique  ea,  quae  per  verborum  ambitus  nomerosos 
aurem  implentes,  in  se  redeuntes  volvitur,  oratione  omnes,  qni 
audiunt,  ferat  transversos. 

Ciceronis  incitatus  lectione  tandem  aggressus  snin  GneeoP 
quoque  oratores  legere  tum  ceteros  tum  etiam  Demosthenem.  quo» 
illustrissimum  totius  antiquitatis  oratorem  quantopere  sum  minta 
quum  deprehenderem  eum,  qui  uti,  quod  vellet,  efficeret  hominia- 
que  animos  permoveret  yehementissime ,  nanquam  indigerei  o^ 
flosculo  aut  voce  arcessit-a  aut  splendida  quadam  ac  speciosa  loet* 
tione,  minimeque  sermonis  cultu  poetico;  qui  potius,  quidqaid  6BmI 
dicendum,  ita  eloqueretur,  ut  nihil  simplicius  fieri,  nihil  signifio» 
tius,  nihil  dilucidius  posset;  in  quo  ob  id  ipsum  nnllom  ineMl 
affectationis  vestigium ,  nuUum  Studium  venandi  sales  yel  inspenta 
quaedam  et  ingeniöse  scilicet  ancipitia,  in  quo  minim  quantom  dp 
plaudunt  plerique;  qui  contra  masculo,  quo  usus  est,  nervosoqneri 
presso  dicendi  genere  alliceret  animos  allectosque  teneret;  quigran 
täte  sententiarum,  argumentorum  pondere,  auctoritate  docendi  m» 
tes  quasi  perfringeret;  qui  denique  oratione  per  numerosos,  plflno^ 
rotundos  verborum  ambitus  fluente  raperet  universos. 

Speyer.  Henrious  Stadelmavil 


14. 

PROGRAMME  DER  HÖHEREN  LEHRANSTALTEN  DES 
HERZOGTUMS  SACHSEN-MEININGEN.    1874 


4 


Das  osterprogramm  des   gymnasiiims  Bernhardinum  zu  Heil 
enthält  als  abhandlung:  vom  weseu  der  wärme,    von  prof.  Q.  Kdhfi| 
schülerzuhl  am  aoblusz   des  Schuljahres  233,  abit.  14.     die  eiiüi 
Schrift  zur  feier  des  Henflingschen  gedächtnistages  am  80  janaar 
enthält  von  prof.  Märcker:  lösung  der  gewöhnlichsten  kalend« 
vom  jähre  1  bis  3000  nach  Christi  geburt. 

Das  Programm  der  realschule   zu  Meiningen  enthält  eine 
lung   des   lehrers  Gutelen:    specimcn  d*uu  livre  de  lectare  k 
des  commen^ants  dans  T^tude  de  la  langne  fran^aise.    schülenakli 
das  Zeugnis  der  reife  In  grades  erhielten  6  schüler. 

Das  osterprogramm  des  gymnasiums  zu  Hildbarghaosen  enthlH' 
Professor  dr.  Hunger:  die  arithmetische  terminologie  der  GrieobMfJ 
kriterium  für  das  System  der  griechischen  arithmetik.  schfilersaU  ' 
abiturienten  12. 

Das  Programm  der  herzogl.  realschule  und  des  progjmnatiiiiiM  i 
der  vereinigten  städtischen  schulen  zu  Saalfeld  hat  sum  Inhalt: 
der  oberen  trigonometrie  von  A.  Hössrich.    schülerzahl  der 
und  des  progymnasiums  183,  abiturienten  4.     aus  den  schulnmel 
ist  weiter  zu  erwähnen,  dasz  mittelst  hohen  rescripts  vom  S5 
realschule  und    das  progymuasium  zu  staataanstalten   erhoben 
sind  und  in   bezug  auf  erstere  die  crrichtung  einer  selectm  in 
genommen  ist. 

HlLDBURQHAUSEN.  Doi 


ZWEITE  ABTEILUNG 

!ÜR  6TMNASIALPÄI)A60GIE  UND  DIE  ÜBBieM 

LEHBFlCHES 

MIT  Ausschluss  dbr  classischeh  philolooib 
HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.  DR.  HERMANN  MaSIUS. 


(4.) 

MATÜBITlTSZEUGNIS ,  NICHT  MATURITÄTSPRÜFUNG. 

(fortsetzaog  und  schlasz  von  s.  113 — 135.) 


Gymnasiale  maturitSt. 

Das  maturitfttszeugnis  ist  in  dem  abscblusse  der  gymnasialen 
tghhe  für  den  einzelnen  schüler  begründet,  gestattet  nicht  ein  all- 
les  masz  einer  theoretischen  objectivit&t.    es  ist  das  ofQcielle 
tent  des  g^mnasiums ,  dasz  nnd  in  welchem  grade  und  in  wel- 
weise  derselbe  den  nach  pädagogischen  begriffen  bestimmten 
des  gymnasialen  ganges  erreicht  hat.    ans  der  natur  des 
Itnisses  ergibt  sich  für  das  einzelne  gymnasium,  für  den  rector, 
für  die  leitung  desselben  verantwortlich  ist  und  alle  gymna- 
zustftnde  eingehend  in  amtlicher  autorität  kennt,  das  recht 
die  pflicht,  ein  maturitätszeugnis  auszustellen,   maturität  ist  ein 
der  immanenz ,  nicht  nach  dem  Verhältnis  zu  einem  andern, 
Ichem  sie  in  beziehung  steht,  bestimmt,    maturität  ist  der  ab- 
der  gymnasialen  bildung  in  der  Vollendung  des  pädagogisch 
imten  gymnasialen  ganges  an  und  für  sich ,  ist  nicht  nach  der 
lung  zu  einem  andern  bildungs-  und  lebenswege ,  welcher  auf 
tfclgt,  für  welchen  sie  eine  Vorbereitung  ist,  zu  messen,    das  ab- 
szende   moment  der  gymnasialen  bildung  ist  in  dem  begriff 
dem  ziel  des  gymnasiums  in  sich  gegeben ,  nicht  nach  dem  ver 
zu  einem  andern  zu  bestimmen,  das  gymnasium  und  gymna- 
bildung  nicht  nach  der  beziehung  zur  Universität  u.  a.     der 
jiale  gang  bis  zu  seinem  abschlusse  hat  eine  objective  be- 
lang in  einem  didaktischen  complex,  welchen  festzusetzen  und 

't.j»hrb.  f.  pliil.  u.  päd.  U.  abt.  1875.  hft.  4  u.5.  11 


162  Maturitätszeugnis ,  nicht  maturit&tsprQfiuig. 

zu  begrenzen  die  aufgäbe  der  gymnasialpädagogik  ist.  dieser  gyi 
nasiale  gehalt  ist  nicht  theoretisch,  wissenschaftlich,  sondern  ethitd 
pttdagogisch  durch  die  beziehung  auf  die  persönliche  bildong,  ü 
welche  eine  —  intensive  —  totalitttt  der  didaxis  gefordert  wird,  i 
bestimmen,  der  didaktische  gehalt  des  gymnasiums,  inso&m  er  m 
theoretischer,  ein  wissenschaftlicher  ist,  hat  eine  unendliche  aosdfll 
nung  und  gestattet  keinen  abschlusz.  zu  der  objectiven  bestimiiiii^ 
desselben  kommt  begrenzend  die  subjective  in  der  beadehimg  di 
didaktischen  complexes  auf  die  entwicklungsbedttrftigkeit  und  mA 
wicklungsföhigkeit  der  lernenden  in  den  grenzen  der  gymnanl 
didaktischen  zucht.  gemäsz  dieser  subjectiven  beziehung  des  öl 
jectiven  gehalts  ist  ein  abschlusz  der  gymnasialen  bildong  phSnomi 
nologisch-psychologisch  bestimmt,  der  didaktisphe  gehalt  hat  soil 
bestimmte  begrenzung  in  der  form,  in  welcher  er  sich  besiditai 
das  psychologische  moment  in  dem  abschlusz  der  entwicklnngsfllq 
keit  der  lernenden  unter  didaktischer  zucht.  schon  das  objeetn 
masz  des  gymnasialdidaktischen  gehalts  entscheidet  über  eine  gyi 
nasiale  nichtreife;  aber  mit  demselben  ist  das  subjective  mmiMi 
der  gymnasialen  entwicklungsföhigkeit  zu  verbinden,  um  über  gyi 
nasiade  reife  zu  entscheiden,  gymnasiale  maturitttt  ist  nicht  m 
theoretischer,  sondern  ein  pädagogischer  begriff,  hat  nicht  bloss  h 
Ziehung  auf  ein  theoretisches  objectives,  sondern  ist  bestimmt  i 
einer  subjectiven  gestaltung  desselben  in  dem  geiste  des  lemendi 
durch  didaktische  zucht  in  ihren  grenzen,  der  schüler  hat  gym 
siale  maturität,  das  heiszt,  er  hat  diejenige  geistesbildnng,  wsU 
das  gymnasium  in  den  grenzen  der  unter  der  didaktischen  sud 
stehenden  entwicklungsfähigkeit  zu  geben  begrifflich  und  gesetdil 
bestimmt  ist,  nach  dem  masze  und  in  der  weise  seiner  individvfllli 
begabung  und  nach  dem  grade  seines  strebens  und  thuns  gewonni 
er  hat  in  seiner  bildung  das  erreicht ,  über  welches  hinaus  das  gfi 
nasium  nach  seinen  in  der  objectivitttt  seiner  didaxis  und  indsrid 
jectivit&t  der  entwicklungsföhigkeit  seiner  schüler  bestimmten  gnl 
zen  nichts  mehr  geben  kann;  er  hat  den  gymnasialen  gang  vd 
endet,  und  es  ist  eine  ethisch  und  pädagogisch  begründete  notüil 
digkeit,  dasz  er  das  gymnasium  verlasse  und  in  andere  lebens-  li 
bildnngswege  übergehe,  die  frucht  ist  reif,  wenn  sie  den  grad  4 
Vollendung  in  sich  hat,  welche  ihr  die  pflanze  aus  ihrer  sobstanstf 
unter  mitwirkung  der  naturbedingungen  zu  geben  im  stände  M 
dann  löst  sie  sich  von  derselben  ab.  dasz  das  gymnasium  das  4 
notwendig  obliegende  und  das  für  seine  schüler  individuell  udiffid 
erreiche,  dafür  sorgt  die  didaktische  disciplin,  welche  mittunfli 
und  strenge  auf  das  masz  für  alle  stufen,  vorzüglich  auf  das  dmM 
Schlusses  des  gymnasialen  ganges  hält,  das  maturitätszeugnis  ist^ 
höchste  act  der  disciplin  des  Unterrichts,  was  diese  in  der  naf 
tätserklärung  bestimmt,  ist  einer  anordnung,  welche  auszeilialb  ■ 
gymnasialen  ganges  gestellt  ist,  zu  beurteilen  durchaus  numltfi' 
dasz  das  gymnasium,  wie  überall,  so  auch  in  dem  matnrititns^^ 


Mataritätszengnis,  nicht  matnritfttsprflfiiiig.  163 

ne  and  das  gesetzliche  thae ,  darüber  wacht  der  Staat  durch 
iqpectioii. 

■8  mataritfttszengnis  nach  dem  TniniTnnm  seines  masses  hat 
der  lehrordnnng  der  prima  objectiv  bestitnmte  grenze;  aber 
n  ganzen  nnd  einzelnen  durch  eine  gesetzliche  Vorschrift  fest- 
n  nnd  im  Torans  als  norm  der  individuellen  beorteilong  zu 
inen  ist  unmöglich,  geistiges  in  der  individualitftt  seiner  frei- 
id  in  seiner  beweglichen  Unterschiedlichkeit  Iftszt  sich  nicht 
ner  gesetzlichen  norm  messen,  das  minimnm  sowie  die  wei- 
irade  der  maturitätserklftrung  h&ngen  im  letzten  gründe  von 
ndividuellen  anschauung  nach  einem  dem  geiste  innewoh- 
.  bilde  des  gymnasialen  abschlusses  als  einer  norm  für  die 
thiedlichen  individualitäten  ab.  die  disciplin  des  gymnasiums 
eltend  machen,  dasz  ein  schttler  deshalb  noch  nicht  die  matu- 
rreicht  hat ,  wenn  irgend  ein ,  auch  das  niedrigste  masz  des 
fttszeugnisses  nach  seiner  objectiven  bestimmnng  auf  ihn  an- 
ur  ist.  es  ist  wol  denkbar,  dasz  ein  sechzehnjähriger  schüler 
e  masz  von  kenntnissen  und  fertigkeiten  bereits  besitzt, 
I  einem  zwanzigjährigen  das  maturiijätszeugnis  verschafft, 
st  reif,  das  heiszt,  er  ist  nach  seiner  geistesent wicklang  über 
tnnasialen  gang  und  dessen  didaktische  disciplin  hinaus,  jener, 
er  dasselbe  masz  von  kenntnissen  und  fertigkeiten  erreicht 
noch  nicht  reif,  das  heiszt,  er  gehört  nach  dem  stände  seiner 
ntwicklung  noch  dem  gjrmnasium  an ,  er  kann  und  soll  von 
eifischen  art  und  der  zucht  der  gymnasialen  didaxis  noch  für 
fcwendiges  gewinnen,  der  pädagogisch  höchst  wichtige  unter- 
ier  objectiven  norm  der  reife  nach  dem  masze  der  kenntnisse 
tigkeiten  und  der  subjectiven  derselben  nach  der  art  der  dem 
iam  noch  angehörenden  entwicklungsfähigkeit  eines  Schülers 

I  Verbindung  derselben  für  die  maturitätserklärung  müssen 
long  in  der  gymnasialen  praxis  konmien.  das  ist  eine  uner- 
•  forderung  der  didaktischen  disciplin  für  das  gedeihen  der 
ialen  praxis  und  der  bildung  der  schüler.  der  lehrer  masz, 
t  machen ,  dasz  von  einem  begabten  schüler  mehr  zu  fordern 
das  niedrigste  masz  des  maturitätszeugnisses,  darf  und  muss 

II  darauf  bestehen,  dasz  ein  schüler,  welcher  irgend  ein  mass 

Kiven  der  maturitätserklärung  in  seinen  kenntnissen  und 
n  erreicht  hat,  dennoch  nach  seinem  ganzen  geistigen 
■och  dem  gymnasium  angehört,  das  moment,  dasz  eine  ma- 
iprüfuDg  in  ihrer  objectiven  Ordnung  diesen  pädagogisch 
I  wichtigen  gesichtspunct  nicht  kennt  und  ausschlieszt^ 
^  schon  allein  entschieden  gegen  eine  solche,  es  gehört  zur 
der  gesinnung,  zur  werthschätzung  einer  tüchtigen  gym- 
mg,  zur  fürsorge  für  eine  Vollendung  der  erziehung,  daszz 
ihre  söhne  nicht  darauf  bedacht  sind,  wie  diese  in  mög- 
Eer  zeit  den  gang  durch  das  gymnasium  machen ,  sondern 
mit  dem  rector  über  den  rechten  termin  des  abgangs  von 

ll» 


164  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitSisprÜfong. 

dem  gymnasium  berathen.  über  diesen  darf  nicht  die  zeit  des  i 
halts  in  der  prima,  nicht  die  möglichkeit,  irgend  ein  mass  eines 
ritätszengnisses  zu  erhalten,  entscheiden,  es  ist  eine  pftdagc 
forderung,  dasz  mit  Unbefangenheit  und  reinheit  des  interei 
dem  gedeihen  und  der  Vollendung  der  gymnasialen  6r;dehnn£ 
wartet  werde,  bis  der  gymnasiale  gang  nach  dem  masse  der 
dualitftt  des  schülers  abgeschlossen  und  von  ihm  eine  nach 
möglichkeit  tüchtige  gymnasiale  bildung  erworben  ist.  in  nidl 
nem  umfange  wird  nicht  eine  gymnasiale  bildung  in  ihrem 
masze  und  in  ihrer  bedeutung  erstrebt,  sondern  ein  matoritiitsi 
gesucht,  als  welches  zu  anderen  lebens-  und  bildungswegen  d 
setzlichen  Übergang  bildet,  eine  allgemeinheit  dieser  ansieht 
zu  schweren  misverhältnissen  und  hemmnngen  der  gjrmni 
praxis  und  zu  widerlichen  versuchen,  sich  der  gesetzlichen  fon 
zu  entziehen  und  ihre  Ordnung  zu  täuschen. 

Eine  beseitigung  der  gesetzlichen  maturitätsprüfong  is 
kein  positives  mittel,  aber  sie  gibt  der  möglichkeit  räum 
mängel  des  jetzigen  gymnasialwesens  zu  beseitigen  und  eine  d 
tion  desselben ,  durch  welche  eine  individuell  tüchtig  gestalte 
individuell  begrenzte'  und  abgeschlossene  bildung  erreicht  ^ 
kann,  anzubahnen,  sie  würde  für  die  didaktische  und  ethisd 
ciplin,  für  den  belebenden  und  kräftigenden  sinn  der  gymnai 
eigentümlicher  richtung  heilsame  erfolge  haben,  jedes  gynii 
hat  innerhalb  der  allgemeinen  Identität  und  notwendigkeit  der  { 
liehen  Ordnung  sein  eigentümliches  masz,  seine  individuellen 
rungen  und  bedingungen,  welche  in  und  mit  den  allgemeni 
Stimmungen  gebührende  befriedigung  und  geltung  finden  nn 
wirken  müssen,  auf  der  verkennung  dieser  aus  dem  wem 
menschlichen  natur  sich  ergebenden  pädagog^chen  Wahrheit  1 
jeder  gymnasiale  bureaukratismus  und  dessen  erfindong  und  i 
nung,  die  gesetzliche  maturitätsprüfung.  das  Übergewicht  de 
formierung  und  mechanisierung  derselben  in  dem  ganzen  gyn 
len  gange  bedrängt  die  individuelle  selbständigkdt  und  die 
tümliche  lebendigkeit  der  einzelnen  gymnasien  in  ihrer  einwi 
auf  eine  individuell  begrenzte  und  objectiv  und  subjectiv  i 
vollendete  bildung  der  schüler.  jede  bildung  soll  eine  complei 
und  kann  eine  solche  sein,  wenn  sie  sich  in  den  grenzen  ihra 
viduellen  reinen  eigentümlichkeit  hält  und  bewegt,  wir  k 
nach  den  zuständen  unserer  cultur  und  nach  pädagogischen  { 
Sätzen  für  die  totalität  der  bildung  keinen  gegenständ  des  je 
gymnasialunterrichts  entbehren,  aber  die  mannigfaltigkeit  de« 
hat  schwere  pädagogische  bedenken ,  wenn  für  die  Vielheit  d 
genstände  die  intensiv  concentrierte  einheit  durch  die  besidun 
das  subjective  der  individuell  unterschiedlichen  eigentümlichki 
lernenden  fehlt,  wenn  für  alle  schüler  in  allen  gegenstände 
gleiche  masz  gefordert  und  so  die  entfaltung  und  bewähmi 
eigentümlichen  kraft  und  richtung,  individuelle  selbstthäti 


MaiiiriifttBzeiigms,  Dicht  mataritiltBprüfüng.  165 

li  und  Hebe  za  einer  yerwandten  gegenständlichkeit  beeinirftchtigt 
My  ohne  welehe  aadi  bei  aller  strenge  der  didaklisoben  disdplin 
tUs  redites  gedeiht,  in  dieser  verkehrenden  richtnng  wirkt  die 
ifaiitltBprafong,  welche  als  ziel  des  gymnasialen  strebe»  für 
Iser  und  sehUler  aufgerichtet  dasteht,  man  kann  es  erleben,  dasz 
nde  recht  begabte  schüler  von  entschiedener  eigentttmlichkeit  der 
pUMrichtimg  sich  fiber  die  geforderte  gleichmttszigkeit  der  bildong 
■vegSBii&en  mid  dadurch  in  innem  Zwiespalt  mit  der  ganzen  ord- 

adee  gynmasiunis  und  selbst  in  bedauerliche  conflicte  mit  der 
Sn  gerathen.  zerstreute  yielthuerei  nach  dem  gleichmasz  der 
Igsullnde,  welche  schon  in  den  ganzen  gang  des  gymnasiums  ein- 
IHnmgen  ist ,  ohne  inneres  dabeisein ,  ohne  hingebung  der  persOn- 
ihm  eigentümlichkeit,  hastige  und  oberflSohliche  repetitionen  und 
tf^arationen  im  hinblick  auf  das  höchste  ziel,  das  maturitfttsexamen, 
iw  eiserne  notwendigkeit,  seine  ehre  und  vorteile  stören  den 
idigen,  festen,  unbefangenen,  selbstvergessenen  gang  eines  in  einer 
Vwandten  gegenstSndlichkeit  concentrierten  lemens  und  einer  der 
irtigen  eigentttmlichkeit  gemfiszen  entwicklung  gerade  in  der  wich- 
fB  epodie-  des  ttbergangs  auf  die  universitftt.  in  diesem  für  die 
kmifk  dw  geistesrichtung  entscheidenden  lebensabschnitt  geht  die 
ikB  und  eigenste  zeit,  die  concentrierung  der  geisteskraft  und  die 
heCmgenheit  und  reinheit  der  seelenstimmung  für  die  einkehr  in 
t  eigne  innere  und  das  zu  sich  selbst  kommen  der  ethischen  und 
t  theoretischen  persönlichkeit  verloren  durch  eine  gespannte 
MllVgkeit,  welche  die  beste  krafb  des  denkens  und  sorgens  auf  sich 
K,  f&r  eine  innerlich  fremde,  persönlich  gar  nichteTfl^rdemde,  der 
pRTmg  der  sache  selbst  völlig  unnötige  aufgäbe,  die  für  den 
»unct  des  ttbergangs  von  der  schule  zur  Universität  nötige 
long,  Selbsterkenntnis  und  selbstentscheidung  in  Studien  und 
bewegungen  und  meditationen  wird  nicht  durch  eine  offi- 
maturitötsprttfung  erreicht,  sondern  auf  den  vorangehenden 
vorbereitet  und  durch  die  bewegende  kraft,  welche  in  der 
aelbst  des  abschlusses  der  gymnasialen  erziehung  und  des 
igs  in  die  Freiheit  der  universitftt  liegt,  durch  die  haltung 
dums  zu  den  abiturienten  zur  lebendigen  concentrierung 
wenn  die  maturitfttsprttfung,  welche  als  ein  sich  abfinden 
ler  iSstigen  und  an  sich  unnötigen  gesetzlichen  forderung  auf- 
wird ,  wegföllt,  so  ist  um  so  mehr  räum  gegeben,  im  rechten 
fogischen  sinne  auf  rechte  mittel  zu  einer  Selbsterkenntnis  und 
einkehr  in  das  eigene  innere  für  die  gymnasiasten  bedacht  zu 
dem  abschlusse  des  gymnasialen  ganges  würde  es  entsprechen, 
in  dem  letzten  Schuljahre ,  wo  die  Schulaufgaben  weniger  zeit 
anstrengung  fordern,  der  individuellen  Selbständigkeit  und  der 
[enden  Unbefangenheit  des  eignen  Studiums  in  gemäszen  und 
randten  gegenständen  unter  berathung  und  leitung  des  lehrers 
mheit  und  aufforderung  gegeben  würde;  und  gerade  dann 
diese  freiheit  durch  den  blick  auf  das  bevorstehende  examen. 


166  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitfttsprfifaog. 

welches  alle  kraft  und  sorge  auf  sich  zieht,  entzogen«  die  natu 
freude,  aus  der  engen  beschrttnkung  der  zucht  der  sohnle  i 
freiheit  der  universitätsstudien  überzugehen,  wird  in  die  1 
digung,  nun  endlich  das  rigorosum  —  ein  solches  bleibt  die  n 
tätsprüfung  auch  für  die  besten  schüler  wfthrend  ihres  gyrniia 
ganges  —  hinter  sich  gebracht  zu  haben,  verwandelt,  der  pH 
gisch  richtige  abschlusz  des  gjmnasialcursus  hat  die  bedei 
dasz  er  einen  impuls  der  Selbsterkenntnis  und  ein  inneres  m< 
des  Übergangs  zu  der  freien  wissenschaftlichkeit  der  nniven 
Studien  enthalte,  dasz  die  individualitttt  ihre  geisteseigentfimlit 
erkenne  und  ihre  im  innem  angelegte  und  verborgene  richton 
Sicherheit  und  in  reinheit  des  motivs  finde,  wäre  unsere  gymii 
einrichtung  in  diesem  puncto  nicht  von  tendenzen  aus,  die  de: 
griff  derselben  widersprechen,  bestimmt,  so  würden  unsere 
nasiasten  durch  eine  berathung  der  lehrer  und  eine  traditio 
sitte  dahin  geleitet  werden  können ,  anstatt  unruhig  an  die  l 
stehende  prüfung  zu  denken  und  an  die  zersplitterte  mannigi 
keit  derselben  ihr  streben  zu  setzen,  das  letzte  schn\jahr  da 
verwenden ,  neben  den*  forderungen  der  schule  mit  reiner  h 
und  in  voller  hingebung  an  den  gegenständ  und  in  der  ridi 
die  ihnen  geistesverwandt  ist,  ihre  kraft  einmal  recht  selbst 
zu  concentrieren  und  zu  bewähren  und  würden  mit  vollem  vert 
von  der  gerechtigkeit  und  der  freundlichkeit  des  rectors  ein  m 
tätszeugnis,  welches  den  stand  der  erworbenen  bildung,  ihre  ii 
duellen  Vorzüge  und  mttngel  in  grundzügen  zeichnet,  erwartet 
ist  es  gewesen  in  Zeiten,  wo  büreaukratische  einrichtongen  die 
viduelle  Selbständigkeit  der  gjmnasien  noch  nicht  beeintrSc 
und  den  pädagogischen  Charakter  derselben  gerade  in  dem  hOc 
entscheidenden  acte  noch  nicht  alteriert  hatten,  wo  nicht  eil 
setzlich  normierte  und  beaufsichtigte  maturitätsprüfung  bei 
für  deren  motivierung  alles,  was  vom  büreaukratischen  standp 
stichhaltig  ist,  sich  in  Wahrheit  auf  den  satz  reduciert:  wir  d 
den  rectoren  die  vollmacht  der  erteilung  eines  maturitätszeugi 
nicht  gestatten ,  weil  wir  ihnen  die  dazu  erforderlidie  rechtlic 
nicht  zutrauen,  wir  müssen  daher  selbst  mit  eigenen  äugen, 
gjmnasiasten  ansehen ,  ob  er  die  gesetzlich  bestimmte  gynin 
reife  erlangt  hat. 

Die  menschliche  entwicklung  und  bildung  hat  ihren  aus 
von  der  intensiven  totalität  der  humanität,  welche  in  jedem 
sehen  von  natur  angelegt  ist,  und  schreitet  zu  der  individnalisi 
bestimmtheit  derselben  in  der  zu  sich  gekommenen  persönlid 
welche  sich  in  der  besondem  berufsthätigkeit  zu  bewähren  hat 
vergleiche  die  stufen  der  menschlichen  lebensalter,  den  begin 
entwickelung  der  intensiven  fülle  der  humanen  totalität  in  ( 
kinde  während  der  ersten  fünf  bis  sieben  jähre,  dann  die  lei 
schule,  des  gymnasiums,  in  welcher  eine  totalität  einer  fem 
und  materiellen  bildung  an   einer  totalität  der  gegenstände 


'  ütttaritftUzeagnis,  nicht  matrimtiUsprfifang.  167 

I  and  der  mensohennatnr  gewonnen  wird,  dann  die  beschrSnk* 
itbildnng  für  den  particalaren  beruf  durch  die  universitftt  o.  »., 
'  mann  in  seiner  Vollendung  zu  der  individuellen  berufsthfttig- 
iTBohreitet,  für  welche  er  die  gewonnene  totalitttt  concentriert 
idet.  in  allen  menschen  ist  die  totalität  det  humanitftt  in 
mendliohen  Unterschiedlichkeit  des  maszes  und  der  weise  an- 
auf  die  entwicklung  dieser  totalitftt  ist  die  bildung  durch 
mg  und  didaxis  zu  richten,  bis  sich  dieselbe  in  individuali- 
gestalt  darstellt  und  in  particularer  praktischer  richtung  be- 
;.  von  dem  ganzen,  das  in  der  theoretischen  ruhe  der  innern 
Uung  ist  und  noch  nicht  zur  individuell  persönlichen  gestal- 
ind  praktischen  realität  vorgeschritten  ist,  bis  zu  der  vollen- 
1er  praktischen  individuellen  bethfttigung  desselben ,  das  ist 
ng  des  menschlichen  daseins  und  Werdens,  die  entwicklung 
fibige  der  humanen  totalitftt  durch  die  erziehung,  durch  die 
in  ihrer  noch  nicht  aufgeschlossenen  Unendlichkeit  ist  in  sich 
ihr  das,  was  sie  erst  andeutet,  als  was  an  den  tag  der  wirk- 
t  tritt,  diese  nur  in  andeutungen  sich  enthüllende  totalitftt 
nr  unmittelbar  geschaut  und  diviniert  werden ,  wird  nicht  in 
bjectiven  einer  abgeschlossenen  realitftt  sichtbar,  läszt  sich 
ßht  nach  einer  objectiven  norm  messen,  daher  ist  eine  matu- 
rfifung  über  die  totalität  der  in  der  entwickelung  begriffenen 
Bialen  bildung  ein  pädagogischer  und  phänomenologisch  psy- 
ischer  Widerspruch,  sie  kann  nur  auf  die  Vereinzelung  der 
iase  und  fertigkeiten  gehen,  und  damit  sich  begnügend  und 
en  gestellt  mechanisiert  und  verkümmert  sie,  so  viel  an  ihr  ist, 
nnasiale  bildung.  die  über  die  totalitftt  der  bildung,  welche 
ler  didaktischen  zucht  der  schule  steht,  hinausgegangene  und 
r  individuellen  richtung  mit  ihrer  bestimmten  begrenzung  er- 
10  wissenschaftliche  Vorbereitung  für  eine  particulare  prakti- 
tfcigkeit  gestattet  ein  objectives  masz,  wenn  auch  hier  in  dem 
rerden  geistiger  zustände  vorsieht  und  reservation  anzuwen- 
i.  das  ist  das  amtsexamen  und  dem  ähnliches,  jede  schule 
'  die  entwicklung  und  bildung  der  intensiven  totalitftt  einen 
m  abschlusz,  der  phänomenologisch-psychologisch  und  unter 
A' ethischen  bedingungen  in  sich  eine  bestimmtheit  hat; 
■izieht  sich  aber  dem  urteil  des  nach  einer  objectiven  norm 
Menden,  kann  nicht  nach  einer  gesetzlichen  bestimmung  ge- 
;  und  entschieden  werden,  das  ist  die  maturität  nach  dem  ab- 
B  des  gymnasialen  ganges,  aus  der  totalität  in  ihrer  unbe- 
heit  erhebt  sich  die  mit  derselben  in  individueller  weise  und 
trfüllte  individuelle  persönlichkeit  und  geht  in  der  richtung 
ihr  eigentümlichen  besondem  realität  und  actualität,  freiheit 
fcständigkeit  vor.  das  ist  der  tiefe  psychologisch-phänomeno- 
i begründete  gegensatz  der  periode  der  schule,  der  erziehung 
ilität  unter  der  herschaft  der  ethischen  und  der  didaktischen 
kd  der  periode  der  zu  sich  selbst  gekommenen  individualität, 


[ 


168  Maturitätszeagnis ,  nicht  maturitätsprfiftuig, 

i^elobe  in  freiheit  und  Selbständigkeit  individuell  bestimmte  muL  be- 
grenzte lebens-  und  bildungswege  betritt,    die  in  der  pnmflnlifhni 
lebens-  und  geistesentwicklung  wichtigste  epoche  des  enteehfiida»^ 
den  wendepunets  (der  anni  discretionis)  von  der  allgemeinlMit  i/t 
totalität  zu  der  aus  derselben  sich  erhebenden ,  zu  cdoh  selbit  ii 
freiheit  kommenden  individuiilität  ist  im  innem  derselben  gewoviift 
und  objectiv  bestimmt,  aber  der  Übergang  von  dem  einem  entwiflhi; 
lungsstande  zu  dem  andern  im  theoretischen  und  praktiacheai  UliA 
sich  nicht  von  auszen  erkennen  und  messen,   musz  mit  einer  o» 
mittelbarkeit  individueller  intuition  gesehen  werden«    das  hrnrnn 
kommen  dieses  im  innem  des  geistes  entscheidenden  wendepoaetaii 
wird  von  der  jugend  geahnt,  gefühlt;  es  treibt  sie,  denselben  dvdl 
sich  in  freiheit  nach  auszen  zu  bethätigen.    für  jeden  gynmaattetHi- 
kommt  seine  zeit,  wo  er  sich  gedrängt  fühlt,  aus  der  ethischen  oA 
didaktischen  zucht  der  schule  zu  treten,  von  der  schule  zor  nniveni* 
tat  ist  nicht  ein  allmählicher  Übergang ,  sondern  ein  in  der  geisias» 
und  bildungsrichtung  entscheidender  gegensatz ,  ein  epnmg,  dnnh 
welchen  die  didaktische  und  pädagogische  zucht  verlassen  und  Ulk 
individuelle  Selbständigkeit  des  erkennens  und  die  freiheit  desflto; 
sich  handelns  erreicht  wird,    die  epoche  der  entscheidung  ist 
eingetreten,  wenn  die  richtung  der  primitiven  anfange  zu  ihrem  ab-. 
schlusz  in  sich  gekommen  ist,  wenn  die  geistesentwicklung  der  p«^.- 
sönlichkeit  der  .zucht  entwachsen  und  unter  ihr  und  durch  sie 
individuellen  freiheit  des  erkennens  und  des  thuns  erstarkt  und 
geschritten  ist.    wenn  mit  diesem  wendepunct  im  innem  der  pern^ 
sönlichkeit  das  masz  dessen,  was  die  gymnasiale  didaxis  in  ihrer  be^ 
grififlichen  bestimmtheit  geben  soll,  erreicht  ist,  so  ist  der  fljmia 
siale  gang  zu  seinem  ziele  gelangt  und  die  gymnasiale  matnrlHft: 
eingetreten,    der  abschlusz  der  gymnasialen  zucht  in  sich  für  dif 
totalität  der  hildung  ist  gymnasiale  maturität.     diese  ist  zugleidk' 
Vorbereitung  fUr  die  freiheit  imd  Selbständigkeit  einer  gegenstäai- 
lich  und  persönlich  individuell  bestimmten  bildungsrichtung.    dv 
gymnasiast  bekommt  das  zeugnis  der  reife;  4^ese  ist  nicht  ein  be*. 
griff,  welcher  eine  beziehung  auf  ein  anderes  hat  und  durch  sie  be-«^ 
stimmt  wird,  sondern  sie  ist  die  abschlieszende  Vollendung  des  gyn*- 
nasialen  ganges  in  sich  innerhalb  der  individuellen  gymnasialen  ei^ 
Wicklungsstufe  und  nach  dem  masze  der  individuellen  begabuitf 
und  thätigkeit.     die  maturität  ist  der  abschlusz  der  gymnasiale 
thätigkeit  in  sich,  über  welchen  allein  das  gymnasium  von  sich  ana  jj 
das  document  auszustellen  das  recht  und  die  möglichkeit  hat.    der 
Student  nach  Vollendung  seiner  universitätsjahre  bekommt  nicht  daa 
Zeugnis  der  maturität;  die  Universität  stellt  nicht  ein  solches  aus  alt 
document,  dasz  der  gang  ihrer  bildung  abgeschlossen  ist.    er  be-* 
kommt  als  candidat  für  einen  particularen  dienst  in  folge  einer  fftr 
diesen  von  dem  Staate  geforderten  und  geordneten  prüfung  ein  leiifg''- 
nis,  dasz  er  die  zur  Vorbereitung  für  diesen  nötigen  kenntnisseia 
einer  particularen  bildungsrichtung  sich  erworben  hat.    es  war  ma 


1 


1^ 


Matarit&tBzeugnis,  nicht  mataritätBprüfung.  169 

Unr  in  der  bestimmung  des  begriffis  der  gjrmnasialen  maturität  um 

die  finge  zu  thnn,  ob  für  die  entscheidung  über  dieselbe  in  einer 

paallele  mit  dem  amtsexamen  eine  gesetzliche  prüfung  mit  forma* 

i«tai  maszen  notwendig  nnd  möglich  ist.   wir  glauben  aus  psycho- 

hpschen,  ethischen  und  pädagogischen  momenten  nachgewiesen  zu 

Umi,  dasz  die  gymnasiale  bildung  in  ihrem  abschlusz  nach  ihrem 

ycififlchen  Charakter  ein  objectiv  und  gesetzlich  formuliertes  und 

nifiirmiertes  masz  in  einer  besondem  über  den  gymnasialen  gang^ 

komiggehenden  prttfung  nicht  zuläszt,  dasz  eine  gymnasiale  maturi- 

Ülmnrätmg  pädagogisch  nicht  statthaft  ist.    da  aber  die  maturität 

«M  epoche  eines  wendepunctes  der  jugendperiode  im  innem  zu- 

»^  mmenhange  mit  der  vorangehenden  gymnasialen  zucht  bildet ,  so 

j'M  et  eine  dringrende  notwendigkeit,  dasz  die  entscheidung  über  sie- 

Hhn  eigentümlich  notwendige  und  ursprüngliche  stelle  wieder  ein- 

^Hkme  und  der  unmittelbarkeit  des  rein  pädagogischen  ermessens 

der  autorität  des  gymnasiums  zurückgegeben  werde. 

Von  jedem  schüler  wird  jedes,  in  welchem  er  unterrichtet  wird, 

jeder  ist  zu  jedem  fähig,    das  ist  die  pädagogische  an- 

e  und  forderung,  welche  in  der  totalität  der  menschennatur 

det  ist.    aber  die  totalität  hat  in  jedem  gegenstände  für  jedes 

t  ein  individuelles  masz,  eine  individuelle  weise  und  richtung. 

das  ist  in  der  menschennatur,  welche  in  persönlichkeiten  von 

dlich  individueller  Unterschiedlichkeit  sich  darstellt,  begründet 

fordert  pädagogische  beachtung.    alle  schüler  sind  zu  mathe- 

ischen,  linguistischen,  historischen,  ethischen  gegenständen  föhig^ 

derselben  für  ihre  persönliche  bildung  bedürftig,  aber  alle  nicht 

der  gleichheit  des  maszes  und  der  weise  für  alles ;  in  keinem  ge- 

de  ist  der  eine  wie  der  andere,     es  ist  daher  eine  päda- 

e  forderung,  dasz  nicht  für  die  schüler  in  den  lehrgegenstän- 

eme  allgemeinheit  und  identität  des  maszes  ohne  subjective  und 

ve  Unterschiedlichkeit  als  norm  gelte,  sondern  dasz,  indem 

grenzen  des  notwendigen  in  jedem  gegenständlichen  einzelnen 

jeden  schüler  eingehalten  werden,  an  jeden  nach  seiner  eigen- 

ichkeit  individuelle  masze  angelegt  werden,    die  disciplin  des- 

ichts  fordert  als  gesetzliche  ein  allgemeines  und  identisches, 

mit  unerläszlicher  strenge  für  jeden  auf  das  in  jedem  gegen- 

an  seiner  stelle  notwendig  erforderliche,    das  ist  die  strenge 

pädagogischen  zucht,  unter  welche  die  natürliche  Willkür  der 

idualität  des  schülers   zu  stellen  ist.     diese  zu  üben  und  ge- 

t  aufrecht  zu  halten  wird  von  der  schule,  von  jedem  lehrer  ge- 

rt.    diese  allgemeinheit   der  pädagogischen  und  didaktischen 

bt  ist  die  umgebende  sittliche  luft,  in  welcher  die  natürlichkeit 

Individualität  im  erkennen  und  thun   sittlich  umgestaltet  und 

ftigt  wird,    der  lehrer  wird  von  dem  bewustsein  geleitet,  dasz 

gegenständliche  erkenntnis  in  ihren  nachhaltigen  erfolgen  für  dio 

önliche  bildung  nach  der  innem  Unterschiedlichkeit  der  schüler- 

ividuen  verschieden  ist  und,  indem  er  die  eigentümlichkeit  jedes 


170        ^        Maturit&tszeagnis,  nicht  matorit&tBprfifiuig. 

^hülers  zu  erkennen  sacht,  wird  er  in  dem  ton  der 

disciplin  und  namentlich  für  die  in  seinem  sinn  zosammengi 

beurteilang  der  verschiedenen  schüler  tLber  das  strenge  gegen 

liehe  gleichmasz  der  didaktischen  forderung  hinansgeführt^  wi 

das  verhalten  im  einzelnen  der  didaktischen  forderung  gege 

schüler  an  die  allgemeine  und  identische  notwendigkeit  der  sl 

in  der  disciplin  und  der  Ordnung  der  schule  gebunden  ist. 

die  geltend  gemachte  Unterscheidung  der  individuellen  eige: 

lichkeiten  in  den  gegenständlichen  erfolgen  wird  der  fordenn 

jfrttndlichkeit  nicht  abbruch  gethan ,  indem  diese  auf  die  stofc 

gegenständlichen  maszes  sich  bezieht,  nicht  auf  die  aasdehnnii 

Wissens,    es  kommt  praktisch  und  theoretisch  Überall  mehr  a 

Sicherheit  und  gründUchkeit  des  wissens  in  seinen  grenzen  a 

auf  die  erweiterung  des  umfangs  desselben,    ist  der  sinn  des  < 

nens  in  einer  gewissen  gegenständlichen  richtung  zu  rechte 

der  offenen  empfllnglichkeit  und  auf  die  rechte  weise  geübt,  sc 

der  mangel  der  kenntnisse  im  fortgange  des  einzelnen  mit  lei 

keit  und  Sicherheit  ersetzt,    dieser  grundsatz  in  seinen  znsan 

hängen  und  mit  seinen  consequenzen  bis  zum  abschlnsz  forder 

individuelle  Selbständigkeit  der  gymnasien  in  dem  ganzen  des 

nasialen  ganges  und  eine  Unabhängigkeit  der  didaktischen  dis 

von  uniformierenden ,  auf  eine  totale  gleichheit  des  maszes  in 

imd  jeden  gegenständen  gerichteten  bestimmungen.    darin  i 

forderung  enthalten ,  dasz  das  maturitätszeugnis  nicht  von  d€ 

Gemeinheit  einer  objectiven  norm  einer  gesetzlich  vorgescbriel 

prüfung  abhänge,  sondern  der  unmittelbaren  autorität  der  eins 

Gymnasien  zurückgegeben  werde,    unter  dieser  bedingung  alle 

orreichbar,  was  unerläszliche  pädagogische  forderung  und  das 

des  menschengeistes  ist,  die  berücksichtigung  und  beschützun^ 

bewahrung  und   Stärkung   der  individuell   eigentümlichen  i 

schiedlichkeiten  der  schüler  in  dem  ganzen  der  didaktischen 

plin.   dazu  kommt  die  forderung,  dasz  die  lehrverfassung,  sowi 

herschende  sinn  und  das  zu  erstrebende  ziel,  die  disposition  ob 

methode  des  Unterrichts  nicht  von  einer  allgemeinheit  theoreti 

aufgaben,  sondern  von  dem  ethischen  princip  in  der  beziehun( 

der  begrenzung  auf  das,  was  für  die  persönliche  bildung  gefo 

wird,  bestimmt  werde,    das  in  ethischer  richtung  disponiert« 

geleitete  gymnasium  erstrebt  bildung  der  individuell  eigentflnü 

Persönlichkeit  an  sich  und  für  den  öffentlichen  dienst;  es  co 

triert  und  individualisiert  das  ganze  der  gymnasialen  didaxis  fl 

historisch -ethisch    bestimmte   und  unterschiedliche  persönlic 

der  schüler.    mit  der  festen  ethischen  einheit  und  dem  persC 

gestaltenden  mittelpunct  des  vielen  der  didaktischen  praxis  e 

sich  oine  bestimmte  begrenzung  und  eine  individuelle  verweil 

alles  gegenständlichen  einzelnen  der   didaktischen   aufgäbe, 

energische  concentration  der  mannigfaltigkeit  der  didaxia  fÜ 

persönliche  bildung,  in  welcher  die  totalität  der  gegenstände 


Mataritätezeugnis,  nicht  maturit&tsprüfang.  171 

lem  theoretischen  gleichmasz  gilt ,  sondern  nach  der  forde* 
BT  indlTidaellen  nnterschiedlichkeit  individualisiert  wird, 
hfller  bekommt  das  ganze,  welches  das  gymnasiom  bietet, 
er  in  eigentümlicher  weise  und  gestaltong  nnd  nach  indivi- 

masze«  nicht  möglichst^  viele  kenntnis  nnd  theoretische 
st  das  letzte  ziel  der  gymnasialen  didaxis,  nicht  eine  weokong 
nng  des  wissenschaftlichen  sinnes  im  allgemeinen  ist  die 
f  ihrer  methode,  sondern  individuell  persönliche  bildung 
und  zum  dienst  für  die  höchsten  guter  und  aufgaben  der 
tmd  der  menschheit,  die  als  solche  nicht  eine  gegen  die 
Q  forderungen  indifferente  geistesübung  im  allgemeinen  ist» 
eine  ethische  begrenzung  und  bestimmung  hat,  die  mit  dem 
ligen  und  guten,  was  unsere  eigene  geschichte' bietet  und 

gegenwart  für  ihren  dienst  fordert,  genährt  ist.  theore- 
iele  sind  endlos,  die  schule  ist  otgan  der  erziehung,  hat 
ische  aufgäbe,  die  bildung  der  persönlichkeit,  für  welche 
Kiretische  concentriert  und  begrenzt  wird,  individuell  per- 
bildung  ist  die  einheit  des  pädagogischen  und  didaktischen 
ildier  der  Unterricht  in  seiner  Vielheit  und  mannigfaltigkeit 
an  hat.  dies  ziel  läszt  sich  nicht  nach  einer  formulierten 
»sen  und  schwarz  auf  wei&z  attestieren,    die  gesetzlich  for« 

maturitätsprüfung  weisz  nichts  von  persönlicher  bildung, 
>n  einer  ethischen  bestimmung  und  begrenzung  des  didakti- 
ie  kennt  nur  didaktische  gegenstände,  die  neben  einander 
rar  kenntnisse  und  Übungen  in  ihrer  Vereinzelung,  sie  miszt 
aUg^meine  objeetive  der  leistungen  nach  einem  gegenständ- 
beoi^tischen  gleichmasze.  sie  kennt  nicht  persönliche  einheit 
litftt  der  bildung,  nicht  individuelle  Unterschiedlichkeit  der- 
M  fehlt  dem  allgemeinen  unserer  gymnasialen  praxis  eine 
mheit  in  dem  etibischen  ziele,  von  welcher  alle  nachhaltige 
abhangt;  in  ihr  ist  nur  eine  juxtaposition  von  gegenständen, 
•oliert  und  mechanisch  gemessen  werden,  eine  einheit  des 
imaszes  in  der  persönlichen  bildung  ist  durch  die  matuiitäts- 
^  so  viel  an  ihr  ist,  und  ihre  Übergewalt  aus  der  entscheiden- 
timmung  der  gymnasialen  praxis  und  aus  dem  allgemeinen 
■len  bewustsein  zurückgedrängt,  die  rechte  pädagogbohe 
ii^^  hält  sich  nicht  blosz  an  die  objectivität  der  leistungen  der 
iondem  ist  von  einer  unmittelbarkeit  der  Intuition,  welche 
I  in  unterschiedlicher  proportion  fttr  die  individuell  persön- 
kdung  zusammenfaszt ,  begleitet,  eine  solche  anschauung 
eht  direet  auf  ein  Schulzeugnis,  aber  sie  bestimmt  die  gym- 
praxis  auch  des  abschlusses  in  ihrem  innern  und  darf  nicht 
ii  allgemeine  objectivität  der  gesetzlichkeit  der  maturitäts- 
:«DS  ihr  zurückgedrängt  werden. 

f  wollen  nicht  willkür  an  irgend  einer  stelle  der  gymna- 
pxis ,  indem  wir  die  allgemeinheit  der  gesetzlichen  bestim- 
|d  beaufsichtigung    des  gymnasialen  abschlusses   zurück- 


l 


172  Maturitätszeugnis,  nicht  maturit&tsprüfang. 

weisen,  aber  die  maturitätsprüfung  uniformiert  und 
die  gymnasiale  bildung.  das  darf  die  höchste  leitnng  desgymM* 
sialwesens,  indem  sie  auf  gesetzlichkeit  und  einheit  deaselben  be- 
dacht ist,  nicht  wollen,  die  maturitätsprüfnng,  von  weicheren» 
entscheidung  über  bedeutende  vorteile,  über  die  zukunft  des  leben» 
weges  abhängt,  ist  für  eine  mehrzahl  der  schaler  in  dem  gynni- 
sialen  gange,  und  besonders  in  dem  leieten  Schuljahre  die  hOdute 
gymnasiale  macht,  unter  deren  herschaft  ihr  sinn  und  ihr  thungf» 
stellt  ist.  was  und  wie  es  in  ihr  gefordert  wird ,  bestimmt  ihr  atn* 
ben ;  was  und  wie  es  in  ihr  ^icht  vorkommt ,  das  ist  beiläufig  uai 
gleichgültig,  der  hinblick  auf  die  forderungen  der  prüfung  Iftnt  ei 
für  eine  zur  Selbständigkeit  der  bildungsrichtung  noch  nicht  gf 
weckte  und  gestärkte,  er^  im  werden  begriffene  Jugend  zu  eiMr 
reinen,  unbefangenen  und  vollen  hingebung  an  die  gymnasialen  ge* 
genstände  nicht  kommen,  sie  werden  nicht  nach  ihrer  innem  b^ 
deutung  geschätzt ;  eine  gegenständliche  Verwandtschaft  macht  siA 
nicht  in  dem  geiste  des  schülers  geltend,  es  gilt  gleic 
der  bildung,  in  welcher  alle  gegenstände  gleich  indifferent 
selbst  einer  anzahl  der  lehrer  ist  die  maturitätsprfifung  das  nti» 
welchem  sie  in  ihrem  Unterricht  zustreben,  nach  welchem  sie  1k 
weise,  die  richtung,  die  methode  desselben  bestimmen,  sie  lehrM 
nicht,  was  der  gegenständ  in  seiner  vollen  didaktischen  bedentaif 
an  sich  fordert,  was  der  bildung  der  schüler  in  ihrer  reinheit  dient, 
dem  was  in  der  maturitätsprüfung  beachtung  und  beifall  findet, 
zu  guten  erfolgen  in  derselben  führt,  gymnasialbildung  wird  von  seklr 
lern  und  selbst  von  lehrern  nicht  mehr  nach  ihrer  innem  norm,  nkb 
ihrem  eignen  ziele  gemessen,  sondern  nach  dem,  was  und  wie  siek 
der  prüfung  gilt,  von  den  in  ihr  entscheidend  urteilenden  gefortal 
und  hervorgehoben  wird,  diese  tiefe  verkehrung  der  gymnaeiih* 
richtung  wird  von  dem  gesetz  als  ihm  entsprechend  bewirkt,  medi*; 
nische  geister  bequemen  sich  und  genügen  der  forderung  der  pit^ 
fung  aus  unreinen  motiven,  aus  rücksicht  auf  das,  was  sie  ihMk 
bringt,  es  ist  noch  gut,  dasz  der  sinn  der  unbefangenen  Jugend  iif 
die  gegen  wart  gerichtet  ist  und  nicht  berechnet,  was  die  zukinftl 
selbst  die  nächste,  fordert  und  bringt,  es  ist  eine  nicht  gewöhnfiM 
Selbständigkeit  der  individualität  eines  schülers  erforderlich,  dflül 
übergewicht  dieser  uniformierenden  mechanisation  der  bildung  aicb 
zu  entziehen,  ihre  herschaft  zurückzuweisen  und  die  richtung M 
weges  zu  behaupten ,  in  welche  die  reine  forderung  der  Studien  inl 
innere  eigentümlichkeit  führen,  ich  habe  bedauert,  dasz  sohl0 
Schüler  mit  der  disciplin  der  schule  in  conflict  geriethen,  aber  ao^ 
kannt,  dasz  sie  ihre  eigentümliche  Selbständigkeit  behaupteten.  W 
ter  diesen  zähle  ich  solche ,  welche  besonders  tüchtige  mfinner  g^ 
worden  sind,  in  solcher  läge  durch  gesetzliche  notwendigkeit  b0 
drängt  beklagt  der  auf  individuelle  gerechtigkeit  und  auf  x^inhei 
und  Selbständigkeit  der  gymnasialen  bildung  bedachte  lehrer,. dai 
seine  aiif  individueller  anschauung  beruhende  Überzeugung  mit  dH 


MataritfttaeugniB,  nicht  matarit&isprfifang.  178 

arten  forderungen  der  matoritätsprttfdiig  in  widerspracb 
vir  stehen  in  einem  Zeitalter,  in  welchem  alles  notwendige 
demde  aas  der  geschichte  und  der  cultor  unseres  nationalen 
ans  dem  erwerb  der  Wissenschaft  in  reichem  masze  dem  gym- 

inr  vermittlnng  für  die  bildnng  der  jngend  geboten  wird« 
aser  reichtnm  wirkt  nicht  in  dem  grade  auf  die  selbstftndig- 
d  nrsprttnglichkeit,  die  nachhaltigkeit  und  das  individuelle 
fcsstreben  der  bildung,  wie  es  in  Zeiten  geschah,  wo  die  bil- 
ittel  dfirftiger  und  in  sich  gebundener  waren,  wir  leiden 
n  mangel  der  bildenden  mittel,  sondern  eine  überfttUe  be- 
ans.  der  reichtum  dessen,  das  dem  gymnasium  gegeben  ist, 
ieht  mehr  mit  der  Unbefangenheit  der  bildungsbedtlrftigkeit 
t  der  reinheit  und  der  Spannung  des  verwandten  entgegen- 
tis,  welche  der  Jugend  nach  ihrer  natur  eigentttmlioh  ist  und 
irohl  ansteht,  für  die  Selbständigkeit  und  eigentttmliohkeit 
iönlichen  bildnng  verwendet,  sondern  durch  das  gleichmasz 
iten  gegenständlichen  mannigfaltigkeit,  durch  das  unifor« 
le  und  mechanisierende  des  gynmasialen  ganges  in  seiner 
Bn  einwirkung  paralysiert,  man  traut  nicht  mehr  den  g^en- 

in  der  reinheit  der  individuell  gemessenen  einwirkung  eines 
nf  die  eigentnmlichkeit  des  jugendlichen  geistes,  sondern, 
selben  in  ihrem  gleichmasze  zur  hülfe  zu  kommen,  sucht  man 
dehungskünste,  die  noch  weiter  von  dem  ziele  wegführen« 
9  maturitätsprüfung  als  das  abschlieszende  ziel  des  gjmna- 
rirkt  auf  den  ganzen  gang  desselben  bestimmend  zurück,  es 
rer,  wenn  nicht  unmöglich,  dem  uniforntierenden  mechanis- 
alcher  von  ihr  in  die  richtung  der  gymnasialen  bildung  ein- 
jnit  erfolg  entgegen  zu  wirken,  dagegen  Iftszt  die  freiheit 
aiitfttszeugnisses ,  welches  der  rector  nach  seinem  ermessen 
nchiedlichen  Individualität  ausstellt,  die  unbefangene  eigen- 
ceit  und  sichere  Selbständigkeit  der  schule ,  wie  der  schüler 
i  rechte,  es  ist  die  aufgäbe  der  erziehung ,  dasz  der  schüler 
^Ibst  komme,  zu  der  eigentümlichkeit  seines  individuellen 
ieru&  geleitet  werde,  auf  diesen  in  dem  gange  seiner  Jugend 
lki  dann  be wuster  die  Vielheit  der.  notwendigen  totalität  nach 
lae  ihres  innem  bedürfnisses  concentriert  beziehe  und  für 
iderung  verwende,  die  berücksichtigung  der  individuellen 
dichkeit  ist  eine  hauptsache  der  erziehung  und  des  unter- 
nd  musz  die  disposition  und  den  gang  der  gymnasialen 
it  in  allem  und  jedem  durchdringen,  jede  bildung  ist  eine 
rie  und  objective  totalität,  aber  diese  ist  nach  der  persön- 
gentümlichkeit  und  Unterschiedlichkeit  individualisiert;  sie 
|»rsönliche.  die  totalität  der  didaxis,  welche  in  der  gymna- 
Arverfassung  angeordnet  ist,  ist  pädagogisch  notwendig, 
|lt  als  Vielheit  von  gegenständen,  die  in  allgemeiner  und 
fgr  gleichheit  des  maszes  neben  einander  stehen,  sondern 
hste  einheit,  in  welcher  die  gegenständlichen  einzelheiten 


l 


174  Maturitätszeugnis,  nicht  mataritätsprilfang« 

nach  dem  masze  der  beziehung  der  Verwandtschaft  za  den  ni 
denden  unterschiedlich  eigentümlichen  individnalitSten  und  in 
portion  zu  einander  und  zu  der  einheit  des  ganzen  zosammenge 
sind,  der  schüler,  indem  er  auf  alles  einzelne  die  gebttbrendie  1 
zu  verwenden  angehalten  wird^  musz  durch  die  didaktische  i 
von  den  ersten  anfangen  an  zu  der  ahnung,  zu  dem  bewnstseu 
leitet  werden,  dasz  er  nicht  alles  in  gleichem  masze  und  in  gl« 
weise  erkenne  und  zu  erkennen  fähig  sei,  musz  seine  grens 
fahren,  die  edle  und  schwere  ars  nesciendi  lernen,  diese  bei 
nicht  in  dem  negativen  verhftltnis  des  ignorierens  und  ablefa 
zu  einem  gegenstände,  sondern  in  dem  positiven  des  bewust 
von  der  individuellen  eigentümlichkeit  der  angelegten  flKhigkeit 
der  erworbenen  erkenntnis  und  bildung  und  damit  der  grenze 
selben,  in  welchem  er  inne  wird,  dasz  nicht  alles  und  jedes  ii 
gleichheit  des  quantitativen  und  qualitativen  maszes  Ar  jedei 
indem  er  totalität  der  bildung  för  sich  zu  gewinnen  angeb 
wird,  erfährt  er  zuglmeb  in  seinem  unterschiedlichen  innem  vei 
nis  zu  der  Verschiedenheit  der  gegenstände ,  dasz  ihm  die  fthij 
fehlt,  alles  im  gleichmasz  zu  erkennen,  non  omnia  poesiunns 
nes.  die  didaktische  disciplin  fordert  von  allen  alles  und  jedes, 
mit  recht,  denn  die  menschennatur  ist  totalität,  und  kein  gi 
stand,  keine  richtung  des  Universums  ist  ihr  fremd,  mathematii 
und  linguistisches,  physisches  und  ethisches,  alle  gegenstände 
richtungen  der  didaxis  sind  fdr  jeden  aufgaben  der  erkenntnis 
der  Übung,  so  wird  das  gefühl  und  das  bewustsein  der  innem 
wandtschaft  mit  Skr  totalität  der  realität  geweckt  und  geübt, 
sinn  des  erkennens,  das  niemals  in  einer  gegenständlichen  f 
schlossenheit  isoliert  ist,  zu  der  rechten  zeit  der  jugendlichen 
pfänglichkeit  gebildet  und  bleibt  als  habituelles  im  geiste.  so 
steht  totalität  der  bildung.  indem  der  geist  in  der  periode  de 
gendlichen  mit  allem  verwandten  empfänglichkeit  und  offenhei 
die  gegenständliche  totalität  geweckt,  aufgeschlossen,  geübt  ^ 
ist  er  vorbereitet,  wenn  das  bedürfnis  einer  eingehenden  erken 
und  Übung  in  einer  bestimmten  gegenständlichen  richtung  ein 
diese  sich  zu  erwerben,  oder  wenn  eine  schlummernde  gei 
richtung  später  erwacht,  dieser  theoretisch  und  praktisch  ge 
zu  thun.  kenntnisse  treten  zurück,  werden  vergessen,  das  gl 
äuge  des  erkennens  bleibt;  kenntnisse  lassen  sich  nachholen , 
der  sinn  und  die  kraft  des  erkennens  in  einer  besondem  rieh 
lassen  sich  nicht  ersetzen,  wenn  sie  nicht  zu  rechter  zeit  geübt 
totalität  der  bildung  als  concrete  einheit,  in  welcher  nach  der  e 
tümlichkeit  der  individualitäten  gegenständliche  unterschiede 
ist  das  ziel  der  didaxis  fär  alle  geister.  die  schüler  sind  daher 
für  alle  gegenstände  in  ihrer  Vereinzelung  und  gegensfttzlic 
nach  einem  didaktischen  gleichmasz  von  dem  lehrer  zu  behai 
und  zu  beurteilen,  die  didaktische  disciplin  fordert  von  j 
schüler  in  jedem  gegenstände  ein  notwendiges,  aber  nicht  ei 


ifl,  nicht  xnatnriifttsprfifimg.  17& 

leiches.  schüler  gelten  in  der  schale  als  unterschiedlich  eigen.- 
he  inditidnalitäten,  nicht  als  abstracte  gleiche  menschen,  die 
didaktisdie  disciplin  fordert  von  jedem  schttler  für  jeden  ge- 
od  ein  notwendiges,  aber  nicht  ein  gleichmasz.  dagegen  legt 
taritfttsprflfimg  in  allen  gegenständen  an  alle  schttler  ein  ob- 
B  gleichmasz  in  uniformierenden  prädicaten,  welche  qualitar 
id  individuelle  Unterschiedlichkeiten  nicht  bezeichnen,  quanti- 
leasen,  gleich  nummem  sind,  die  maturitätsprttfung  als  ge^ 
I  formulierter  act  kennt  nur  individualitäten  ohne  qualitative^ 
liiedlichkeit  und  legt  an  sie  ein  gegenständliches  gleichmasz.. 
ain  politischer  act,  steht  auszerhalb  des  pädagogischen  prin- 
id  ganges  der  schale ,  in  welcher  es  sich  um  individualitäten 
ar  Unterschiedlichkeit  handelt,  und  entscheidet  das  suum 
nach  politischer  gerechtigkeit.  sie  verkennt  das  wesen  dea 
liehen  geistes,  das  recht  der  im  werden  b^riffenen  Jugend,, 
sie  die  concreto  einheit  des  geistigen  in  ihrer  unendlichen^ 
aalisierung  zu  abstracter  gleichmäszigkeit  identificiert  und 
lie  kategorie  der  quantität  stellt,  welche  nur  auf  uniformea 
nr  particularen  begrenztheit  anwendung  hat.  das  maas  der 
lagogischen  aufgäbe  und  forderung  völlig  widersprechenden 
Atsprttfung  dringt  durch  ihr  übergewicht  von  der  spitze  des 
dnms  in  den  ganzen  gymnasialen  gang,  in  die  didaktische  und 
l^che  disciplin ,  in  die  disposition  und  die  beurteilung  der 
und  ihrer  erfolge,  übt  verkehrende  einwirkung  auf  die  lehr- 
md  die  richtung ,  den  sinn  und  ton  der  didaktischen  präzis., 
uniformität  der  gjnmasialen,  besonders  der  didaktischen,, 
ich  der  pädagogischen  zucht,  welche  von  der  höhe  der  matu- 
rflfung  ihren  ausgang  hat,  ist  eine  unerträgliche  verkehnmg: 
'  g3rmnasialeinrichtung. 

I  ist  eine  fundamentale  pädagogische  Verkehrtheit  und  wider- 
•it,  zu  verlangen,  vorauszusetzen,  dasz  ein  schttler  das,  waa 
rdie  höhe  des  zicls  hingestellt  wird,  ein  maturitätszeugnis- 
km  censur  wirklich  erreiche,  was  bedeutet  ein  solches  zeug- 
te höchste  politische  autorität  tritt  verantwortlich  dafär  ein^ 
i  schüler  in  allen  gegenständen  der  gymnasialen  didaxis,  in 
kretischen  totalität  das  höchste  gymnasiale  masz  erreicht 
tv  begriff  des  gymnasiums  als  einer  erziehenden  anstalt 
:eine  totalität  der  bildung,  aber  nicht  eine  gleichmäszigkeit 
m  in  allen  innerlich  divergierenden  gegenständen  und  lich- 
I  sondern  setzt  eine  gegenständliche  Unterschiedlichkeit  in 
•senheit  zu  den  individuell  unterschiedlichen  geisteseigen- 
keilen  voraus,  und  nun  stellt  die  maturitätsordnung  für  allo 
■en  mit  den  in  ihrer  natur  angelegten  und  entwickelten 
Uedin  der  individuell  eigentümlichen  geistesrichtung  als  di& 
M  Ziels  ein  und  dasselbe  gleichmasz  in  sämtlichen  gegen- 
ftTon  innerer  divergenz.  zur  erläuterung  dieser  forderung  ver- 
|i  wir   die   bildung   des  mannes  mit  der  jugendlichen«     ein 


f 


l 


176  Maturitätszeagnis,  nicbt  mataritfttBprüfang. 

mann,  von  dem  man  sagte,  dasz  er  in  allen  gegenstftnden ,  phjfii- 
sehen  und  ethischen,  formellen  und  realen,  eine  gleichheit  der  Uh 
der  erkenntnis  und  der  praktischen  anwendung  erreicht  habe,  bltti 
nicht  mehr  eine  individuelle  gestalt,  würde  als  monstrom  erBohÖML 
-die  Jugendbildung  trägt  vorbereitend  und  vorbildlich  die  gnmdi^ii 
der  bildung  des  mannes  in  ihren  individuell  unterschiedlicheB  li^ 
tungen  in  sich,  auch  für  sie  ist  nicht  die  gleichheit  des  manes  fli 
alle  gegenstände  zu  fordern,  ein  amtsexamen  in  einem  parftiouhi 
begrenzten  gebiet ,  zu  welchem  eine  selbständige  peraöoliohkmi  m 
innem  Verhältnis  steht,  darf  ein  ^gleiches  masz  von  kenntniaMBa 
«llen  gegenständen  fordern,  auf  die  dessenungeachtet  notwend^ 
einschränkimg  dieses  satzes  wollen  wir  hier  nicht  eingf)hmi. .  M 
gymnasium  erstrebt  totalität  und  Universalität  der  bildnng,  abfl 
setzt  voraus ,  ja  fordert  gegenständlich  unterschiedliche  individiai 
sierung  derselben  und  wendet  in  der  didaktischen  praxis  eine  w 
schiedenheit  des  gegenständlichen  maszes  an«  es  ist  psyohologiMh 
ethisch,  pädagogisch  widersinnig  von  schülem  die  gleidie  hOhe  di 
kenntnis  und  der  Übung  in  allen  gegenständen  und  für  alle  liA 
tungen  zu  fordern,  ein  gleichmasz  für  alles  und  jedes  an  sie  fl 
legen,  das  ist  eine  kräftige  eigentümlichkeit,  die  dem  venmdtal 
ihre  innere  neigung  und  concentrierte  thätigkeit  zuzuwendon  mI 
getrieben  fühlt,  wenn  sie  auch  nicht  in  allen  gegenjiÜndMi  dl 
gleiche  masz  der  bildung  erreicht,  in  einer  gesunden,  nicht  dnd 
fremde  rückdichten  gemachten  bildung,  welche  aus  dem  iuMCiidi 
eigentümlichkeit  und  mit  eignem  triebe  erworben  wird ,  treten  aal 
wendig  gegenständliche  Unterschiedlichkeiten  hervor,  in  wahrhd 
wird  eine  gleichmäszigkeit  der  bildung  in  allen  gegenstindM 
welche  die  gymnasiale  gesetzgebung  fordert,  niemals  erreicht,  di 
maturitätsprüfung ,  welcher  sie  als  norm  gestellt  ist^  vorflÜltMl 
weder  in  einen  mechanismus  eines  uniformierenden  maszee,  dl 
nicht  die  individuelle  geistesbildung,  sondern  kenntniase  in  iki 
äuszem  Vereinzelung  miszt ,  oder  sie  läszt  sich  herab ,  illoBion  üf 
schein  zu  begünstigen,  ein  maturitätszeugnis  mit  der  nummer  I  k 
gesetzlich  angeordnet,  aber  im  Verhältnis  zu  der  richtnng  nnd  dm 
masze  geistiger  qualitäten  in  derselben  individualität  eine  nnmQg 
lichkeit.  die  einwirkung  der  maturitätsprüfung  auf  die  gymnaiid 
praxis  beeinträchtigt  das  recht  und  die  forderung  der  unterschiii 
liehen  individualität  des  Schülers,  bedrängt  die  freihoit  und  gwai 
heit  des  eigentlichen  ursprünglichen  bildungstriebes.  in  die  noa 
und  die  motive  der  bestimmung  und  der  beurteilnng  des  gyniM 
sialen  abschlusses  ist  ein  die  individuelle  Selbständigkeit  der  bi 
düng  bedrohender  mechanismus  gedrungen,  welchen  allein  die  po^ 
pragmosyne  der  gymnasialen  gesetzgebung  und  administration  TM 
schuldet. 

Es  ist  eine  forderung  des  Zeitalters,  der  humanität,  der  piind 
pien  des  germanisch-christlichen  staatslebens ,  dasz  der  weg  ra  dfl 
der  eigentümlichen  geistescultur  entsprechenden  lebensberufeni  ni 


itätszeugnis,  nicht  maturitäteprüfung.  177 

MÜ,  wenn  der  innere  beruf  sich  entschieden  ankündigt,  nicht  blosz 
versperrt,  sondern  auch  erleichtert  werde,  wir  haben  auf  der 
Seite  das  für  die  nationale  oultur  beklagenswerthe  verhält- 
mt,  dasz  'der  adel  und  die  vornehmen  stände  die  gymnasialen  stu- 
tm  bissen  und  die  reichen  bürgerlichen  sie  verachten',  und  auf  der 
mkm  Seite  droht  hie  und  da  bereits  die  gefahr,  dasz  ein  sociales 
mä  geistiges  Proletariat  sich  zu  den  Studien  drängt,  der  Übergang 
m  den  unteren  und  ungebildeten  ständen  ist  nicht  unbedingt  zu 
Mein  und  zu  erleichtem,  es  gelten  darin  mancherlei  wichtige  be- 
tekeo,  und  dem  schulregiment  liegen  in  dieser  beziehung  im  inter- 
mm  des  allgemeinen  wohls  und  der  höheren  cultur  cautelen  ob. 
Mob  für  diesen  gegenständ  hat  der  lehrer  sich  immer  präsent  zu 
Uten,  dasz  er  nicht  blosz  für  das  Wohlergehen  und  fortkommen  der 
■Meinen  schüler  zu  sorgen  hat,  sondern  dasz  er  im  dienste  des 
iteits  und  aller  gemeinschaften,  für  welche  das  gymnasium  ein  or- 
|M  ist,  steht,  im  interesse  des  öffentlichen  dienstes  und  der  hohem 
liltnr  ist  die  forderung  geltend  zu  machen,  dasz  schüler  aus  den 
liederen  ständen  die  aus  ihrer  herkunft  fUr  den  wissenschaftlichen 
pag  entspringenden  nachteile  durch  eine  sich  ankündigende  vor- 
Üghehere  b^gabung  und  die  entschiedenheit  ihrer  geistesrichtung 
jMtiüü.  in  wem  nicht  entschieden  vorwaltend ,  wenn  auch  dunkel 
üi  unbewnst,  der  trieb  lebt,  das  räthsel  des  daseins,  das  innere 
im  msammenhangs  der  dinge ,  das  gesetz  der  menschlichen  natur 
iM  gemeinschaft,  des  geschichtlichen  zusammenhange  und  fortgangs 
erforschen  und  fElr  diese  aufgäbe  und  in  dieser  richtung  in  sei- 
lebensberuf  zu  wirken ,  der  ist  nicht  für  wissenschaftliche  stu- 
angelegt,  die  quantitöt  des  maszes  geistiger  gaben  darf  nicht 
dden,  sondern  die  eigentümlichkeit  der  individuellen  geistigen 
freilich,  kein  mensch,  kein  lehrer  darf  sich  anmaszen,  über 
im  werden  begriffenen  menschen,  dessen  entwicklung  noch 
entschieden  ist,  endgültig  zu  gericht  zu  sitzen,  keiner  hat  ein 
;,  unberufene  geister  von  einer  wissenschaftlichen  lebensbahn 
iweisen ;  aber  man  darf  sie  nicht  heranziehen ,  Über  gebühr 
besonders  begünstigen  und  vorziehen,  ihnen  ihren  gang 
das  gjmmasium  und  die  Universität  erleichtem,  da  kommen 
ffjmnasium  söhne  aus  häusem,  welchen  liberale  gesinnung  fehlt, 
Städter,  aus  zurückgekommenen  bürgerfamilien,  aus  sub- 
Stellungen,  zuweilen  von  schwächlicher  körperlicher  con- 
)n,  welche  zum  band  werk  unföhig  macht  und  das  ruhige  still- 
des  studierens  behaglich  erscheinen  läszt.  die  eitern  fühlen 
in  ihrer  lebensstellung  unbefriedigt  und  wollen  mit  ihren  söh- 
böher  hinaus ;  das  ist  das  motiv,  sie  aufs  gymnasium  zu  schicken, 
it  ein  unbe wuster  innerer  trieb  des  erkennen s  führt  sie  aus 
Stande  weg;  der  sinn  des  erwerbes  ist  und  bleibt  ihr  motiv 
richtet  sich  jetzt  auf  amt  und  ehren  des  öffentlichen  dienstes. 
lind  und  bleiben  xp^M^t'^^^'^i'^oi,  die  niemals  juouciKoi  werden, 
guig  durch  die  unteren  classen  wird  rasch  zurückgelegt;  später 

^'i*iuh.  f.  pKil.  a.  päd.  II.  abt.  1875.  hft.  4  u.5.  12 


178  Maturitätszeugnis ,  nicht  maturitftisprflfiuig. 

tritt  mehr  stillstand  in  der  totalität  der  geistesbildong  ein  tn 
regelmäszigkeit  des  fieiszes  und  des  betragene,  der  vater  fre 
über  seinen  söhn,  über  die  Stetigkeit  seines  stndierens,  sein 
und  bSuslichkeit ,  besonders  wenn  er  ihn  mit  anderen  schttlei 
gleicht,  sieht  in  üim  den  gelehrten  des  hanses,  bewandert  sei 
düng,  setzt  auf  ihn  die  hoffiiung  für  erneuten  nnd  erhOhtei 
der  familie.  nicht  selten  werden  sie  auch  von  den  Idureni 
schätzt  und  anderen  schülem  vorgezogen,  weil  sie  fttr  die 
habung  der  didaktischen  und  pädagogischen  disoiplin  beqnei 
und  keine  verdrieszlichkeiten  bereiten ,  selbst  als  mnsterschü 
handelt  wegen  ihres  regelmSszigen ,  von  admonitionen  frei 
tragens,  wegen  ihres  gleichmftszigen  fleiszes  für  alle  gegeni 
es  kommt  vor,  dasz  sie  formelle  geschicklichkeit  erwerben 
manche  einzelheiten  lernen,  um  so  mehr,  je  formalistisch  dürr 
mechanisch  unlebendiger  der  Unterricht  ist.  aber  ihr  tadellos 
tragen,  ihr  fieisz,  ihr  didaktisches  fortschreiten  ist  nicht  n 
eines  jugendlich  unbefangenen  und  reinen  sinnens  und  sti 
sondern  von  haus  aus  durch  unlautere  motive  bewegt,  der  si 
erkennens  in  seiner  reinheit,  der  innere  trieb  der  selbstbildoi 
fortschreitens  in  individuell  selbständiger  richtung  fehlt  ihnei 
lehrer  darf  ihnen  nicht  unrecht  thun,  musz  anerkennen,  was  f 
vorUegt,  aber  es  ist  eine  pädagogische  forderung,  dasz  er  s» 
wegen  einer  gleichmäszigkeit  der  bildung,  Yregem  formell 
stungen  und  negativer  quali täten  über  gebühr  hebe,  nicht  m 
schülem,  welche  in  Wahrheit  nach  dem  didaktischen  und  päd 
sehen  masze  h5her  stehen,  wenn  er  auch  nach  positiver  n< 
messen  versteht  und  sich  gedrungen  fühlt,  hinter  diese  znrflc 
es  ist  notwendig,  dasz  didaktische  und  pädagogische  mazimei 
welchen  schüler,  deren  geistesrichtung  und  streben  inneili< 
gymnasialen  bildung  fremd  sind,  obwol  sie  einem  formu 
gleichmasze  genügen ,  nachsichtig  oder  gar  überwiegend  gel 
werden,  nicht  auf  den  sinn  und  den  ton  des  gymnasinms  infl 
die  wahre  innere  teilnähme  an  der  erziehung  der  schüler  dei 
deuteten  art,  das  gedeihen  der  gymnasialen  praxis,  das  idten 
dem  Öffentlichen  dienst  und  der  nationalen  cultar  fordern  en 
denen  gegensatz  gegen  solche  pädagogische  grundsätze.  für 
Wahrung  der  reinheit  und  des  ernstes  des  gymnasialen  sinne 
nötig,  dasz  die  behörden,  der  rector,  jeder  lehrer  sich  überall ' 
halten,  dasz  das  gymnasium  nicht  öffentlich  geordnete  ben 
anstalt  für  die  förderung  und  erleichterung  der  einzelnen  i 
auf  ihrem  lebenswege  ist,  sondern  dasz  es  im  dienste  der  hl 
lebensgemeinschaften  steht,  wo  die  socialen  Verhältnisse  i 
sind  und  immer  mehr  werden,  dasz  die  reichen  nnd  wohlhal 
stände  sich  mit  Verachtung  von  der  gymnasialen  bildnng  n 
'wissenschaftlichen  stndien  abwenden,  weil  d^r  erwerb,  wele 
ihnen  in  aussieht  stellen,  ihnen  zu  gering  ist,  wo  gymnasiale  t 
nicht  in  ihrer  reinheit ,  sondern  wegen  eines  Zeugnisses  fllr  i 


MatorHätszeugnis ,  nicht  maturitäteprüfung.  179 

xwecke  gesucht       rd  und  äuszere  begünstigungen  des  gymnasialen 
UduBg^gaiiges  oi/UÜler  aus  den  unteren  ständen  in  gröszerer  anzahl 
Wmniehen,   da  wird   durch  nichts  mehr  das  historisch-ethische 
fuidiaient  des  gymnasium  untergraben ,  die  energie  seiner  eigen- 
tliilidien  bildung  gebrochen,  sein  band  mit  dem  ethischen  organis- 
mn  gelockert,  da  ist  für  die  förderung  des  öffentlichen  dienstes,  ftir 
dkastionale  gesinnung,  für  jede  wahre  höhere  cultur  nichts  verderb- 
lidHr,  als  wenn  deteriorierung  und  verkehrung  der  eigentümlichen 
ai%iJ)e  in  ihrer  vollen  totalitftt,  reinheit  und  strenge  entweder  aus 
«d^nntnis  und  unf&higkeit  oder  aus  gleichgttltigkeit  solche  schüler^ 
dann  bildung  innerlich  dem  gymnasium  fremd  bleibt,  wegen  quali- 
ttifli  und  lelstungen,  welche  der  gymnasialen  förderung  in  ihrer 
«ikrfaeit  und  reinheit  nicht  entsprechen  und  genügen,  auf  dem  gyni- 
auiikn  gange  und  im  abschlusse  desselben  besonders  begünstigen, 
loklie  Schüler  sind  es,  welche,  obwol  sie  alles  gymnasiale  gehorsam 
md  fleiszig  nach  einem  vollen  gegenständlichen  gleichmasze  trei- 
ki,  keine  innere  Verwandtschaft  mit  dem  gymnasium,  als  der 
.  adnile  des  geschichtlichen   sinnes   für  die  nation   haben ,    nicht 
[  müstisch  gestimmte  und  gerichtete,  welche  zu  allem  formalistischen 
lueh  die  strenge  der  didaktischen  disciplin  angehalten  werden 
■laen,  aber  doch  aus  dem  gymnasium,  wenn  es  nur  über  forma- 
iitisehe  und  encyklopädistische  richtungen  und  methoden  hinaus- 
>|iht,  für  ihre  persönliche  bildung  und  ihren  lebensberuf  einen  ge- 
ziehen, welcher  nirgends  anderswo  ersatz  hat.     der  begün- 
von  Schülern  wegen  leistungen  in  kenntnissen  und  fertig- 
weiche in  ihrer  abstracten  formalität  und  Vereinzelung  trotz 
gegenständlichen  gleichmaszes  den  geist  nicht  berühren  und  be- 
en,  mit  der  Selbständigkeit  und  der  liberalen  richtung  per- 
bildung  nichts  zu  thun  haben,  obwol  sie  unersetzlich  not- 
,  aber  der  einheit.des  ziels  untergeordnet  sind,  musz  die  lei- 
de» gynmasialwesens  mit  aller  entschiedenheit  und  allem  ernst 
nwirken.    die  maturitätsprüfang,  weil  sie  an  eine  univer- 
und  nach  einem  gegenständlichen  gleichmasze  mechanisierte 
gebunden  ist,  weil  ihr  die  pädagogische  freiheit  und  selbstän- 
in  der  unmittelbarkeit  des  persönlichen  Verhältnisses  zu  den 
fehlt,  ist  nicht  im  stände,  die  gjrmnasiale  bildung  in  ihrer 
auf  das  rechte  ziel  und  in  der  Unterschiedlichkeit  der  indi- 
zu  erkennen  und  zu  messen,   die  maturitätsprüfiing,  an  ein 
tändliches  gleichmasz  der  beurteilung  gebunden,  nivelliert 
gymnasiale  bildung,  begünstigt  das  mittelmasz  und  was  unter- 
b  dessen  steht,  kennt  nicht  eine  kräftige  individuelle  eigenttim- 
eit  und  weisz  sie  nicht  in  ihrer  persönlichen  und  theoretischen 
hiedlichkeit  zu  würdigen,    gymnasiale  befähigung  ist  nicht 
einem  allgemeinen  und  identischen  gleichmasz  der  begabung 
alle  gegenstände  und  f[ir  die  thätigkeit  in  jeder  richtung  quan- 
tiv  zu  beurteilen,     das  masz  der  innern  berufung  für  wissen- 
tliche Studien  in  ihren  differierenden  richtungen,  für  die  lebens- 

12* 


180  Maturitätszeugnis,  nicht  maioritätsprfifaiig. 

aufgaben  in  ihren  unterschieden  ist  ein  qualitativ  untenohioiM 
und  läszt  sich  nicht  uniformieren,  der  sinnige  nnd  ecmtimiai 
ausdauernde  fieisz ,  auch  wenn  er  mit  mtlhe  arbeitet  nnd  laj 
vorschreitet,  ist  eine  der  eigentümüchkeit  angeborene  ga& 
schon  an  sich  ein  beweis  einer  eigentümlichen  qnalifioation  fll 
wissenschaftliche  richtung,  denn  er  ist  in  der  verwandisdiAf 
geistes  mit  dem  gegenstände  begründet  und  der  verstftndig  beol 
tende  lehrer  erkennt  darin  eine  bttrgschaft  für  naohhaltige  md 
senschafüich  und  praktisch  tüchtige  leistungen  und  weiss  eiafli 
einer  innerlich  angelegten  begabung  in  einer  bestimmten  M 
stSndlichen  richtung  hervorgehenden  fleisz  von  einer  medisBiMi 
dem  gegenstände  innerlich  fremden,  nur  durch  fiosseie  netiff 
wegten  anstrengung  zu  tmterscheiden.  das,  was  für  die  sob 
einer  bestimmten  richtung  angedeutet  und  vorbereiiet  wkd, 
mehr,  als  was  für  die  gegenwart  erreicht  wird,  der  lebrar 
nicht  in  einer  gleiohmftszigkeit  nach  der  gesamtheit  der  gegenski 
nnd  richtungen  der  ganzen  wissenschaftlichen  propädentlk  die 
yiduell  verschiedenen  schüler  beurteilen,  jeder  lebensberof ,  8 
für  wissenschaftliche  Studien  oder  für  praktische  anfgaben,  fix 
die  Verwandtschaft  einer  eigentümlichen  Organisation  des  gel 
einer  ursprünglichen  richtung  und  Stimmung  der  seele  bei  toi 
liehen  oder  mittelmftszigen  geistesgaben.  durch  die  mitene 
lichkeit  dieser  ist  auch  die  gymnasiale  matnrität  individoel 
stinmit.  gegen  diesen  pftdagogisch  und  ethisch  bedentnngsv 
unterschied  ist  das  gleichmasz  der  maturitätsprfifimg  völlig  in 
rent.  ein  rechter  lehrer  hat  nicht  blosz  die  gegenwärtige  wir! 
keit  des  schülers,  in  welcher  verborgen  oder  nur  angedeutet  ist, 
er  werden  wird,  vor  äugen,  sondern  zugleich  in  Vorahnung  ei 
wisses  individuelles  bild  der  künftigen  gestaltung,  von  wddic 
auf  seinen  wegen  in  hofibung  begleitet  wird,  welchem  er  mastf 
weisen  der  gegenwärtigen  Behandlung,  leitung,  beurteilnng 
nimt.  man  wolle  doch  nicht  zu  viel  durch  erziehung,  ihre  äh\ 
einrichtungen  und  präcautionen  mach^i,  sondern  bedenken, 
das  innere  der  persönlichen  individualität  menschlicher  einwir 
und  bestimmung  von  auszen  nicht  erreichbar  ist,  dass  die  enis 
nur  die  notwendige  bedingung  ist,  unter  welcher  die  individ 
persönlichkeit  in  freiheit  und  Selbständigkeit  sich  selbst  gestall 
Wir  haben  auf  eine  geistesrichtung  von  sohülem  hingewi 
welche  das  gegenständliche  gleichmasz  der  maturitätsprtlfkni^ 
gebührlich  begünstigt,  neben  ihnen  sind  andere,  etwa  aus  51 
misch  selbständigen,  gebildeten  häusem  einer  liberalen  lel 
ansieht,  ihr  betragen  ist  nicht  so  regelrecht,  ihr  fieisz  nidit  fll 
befriedigend,  ihre  leistung  nicht  in  allen  gegenständen  gleichm 
und  genügend;  ihre  leitung  nnd  behandlung  fordert  mehr  aofii 
samkeit  und  umsieht,  macht  den  lehrem  unbequemliclikeit,  i 
und  verdrusz.  sie  entsprechen  nicht  überall  den  fordenmgei 
i    lule,  namentlich  bei  dürftigem  und  geistlosem,  soblafim 


MaAnritfttBseagiiiB,  nicht  matarit&tBprüfaiig.  181 

^%r«Oiili€h  anfassendem  und  bewegendem  unierricht.  es  soll  in 
>^  masze  irgend  einer  art  eines  anomismns  und  antinomismna 
^>^  geredet  werden;  es  musz  disciplin  in  allem  einzelnen  und 
^^oasten  geObt  werden,  sie  ist  die  stttrkende  allgemeine  Inft, 
^  flfar  die  reinbeit  und  gesundbeit  der  entwioidung  ancb  den 
"ttmlidisten  und  begabtesten  scbülem,  und  gerade  diesen  in 
A|iidiem  masse  notwendig  ist.  aber  der  lebrer  soll  sieb  eine 
■^  gareditigkeit  erwerben  und  bewahren,  welche  die  schfiler 
illiloa  in  legaler  formalit&t  und  uniformitftt,  sondern  auch  nach 
r  individuell  unterschiedlichen  innem  totalität  miszt,  soll  sie 
^  ab  abstract  gleiche  in  ihrer  allgemeinen  schfilerqualitftt  Tor 
lehen  und  mit  einer  identitftt  der  norm  messen,  sondern  jeden 
fkm  nach  seiner  individuellen  eigentümlichkeit  in  allen  theo- 
idwn  und  praktischen  richtungen  vor  äugen  haben,  Oberall  sich 
ttnem  bilde  ihrer  künftigen  entwicklung  und  gestaJtung,  die  in 
I  angelegt  und  irgend  wie  angedeutet  ist,  begleiten  und  be- 
B  lassen,  und  in  dieser  gesinnung  nicht  gerade  aUe  einzelnen 
der  disciplin  und  der  theoretischen  beurteilung,  welche  dem 
Inen  factischen  anzumessen  sind ,  aber  doch  sein  gesamturteil 
las  davon  abh&ngige  innere  verfahren  und  verhalten  zu  den 
im  regeln,  theorie  des  denkens  und  gesetzliche  norm  he- 
lfe das  allgemeine,  von  diesem  ist  der  ausgang  des  rechten 
I  welches,  indem  es  das  allgemeine  in  dem  einzelnen  individua- 
;  zu  realisieren  sucht,  das  individuell  rechte  und  wirksame 
das  treffen  des  bestimmten  individuellen  in  seiner  unend* 
1  Unterschiedlichkeit  beruht  in  intuitiver  erkenntnis,  welche 
Bgemeine  und  das  einzelne  zu  einer  untrennbaren  einheit  zu- 
nachaut,  ist  ein  unmittelbar  sicheres  finden  des  tacts,  eine 
■nttelte  berfihrung  von  dem  individualiderten  allgemeinen, 
lorm  der  präzis  ist  der  Goethesche  satz:  *was  ist  das  allge* 
if  der  einzelne  fall',  wo  mit  der  unmittelbarkeit  eines  indivi- 
^«rsfolichen  verh&ltnisses  der  sinn  strenger  gereohtigkeit  und 
Ir  liebe  zu  jedem  einzelnen  schüler,  auch  wo  dessen  eigentttm- 
fl  innerlich  fremd,  selbst  zurückstoszend  ist,  verbunden  ist, 
^  ein  irrtum,  nach  welcher  Seite  auch  immer,  nicht  oder  wird 
f vorteile,  welche  aus  einem  solchen  persönlichen  Verhältnisse 
llngen,  reichlich  ersetzt,  die  beste  Wirksamkeit  und  die  eigent- 
ivude  des  lehrers  besteht  nicht  in  einem  rein  wissenschaftlich 
to  und  tüchtigen  docieren  aus  dem  gegenstände  ins  allgemeine 
indem  in  dem  persönlichen  Verhältnis  der  didaxis  zu  den  1er- 
U  in  ihrer  individuellen  eigentümlichkeit  nach  ihren  bedürf- 
\t  fordeningen  und  abstufungen  und  in  allem,  was  aus  der  un- 
pMurkeit  der  persönlichen  Verbindung  fUr  die  leitung  der  bil- 
Ifai  masz  und  richtung  und  für  die  ganze  gemeinschaft  der 

rivirkung  sich  ergibt,     dasz  das  persönliche  Verhältnis  des 
und   seiner  schüler  bald  näher  und  individueller  sich  ge- 
ll^ bald  mehr  aus  einer  ferne  und  seltener  in  der  unmittelbar- 

1 

•r 


[ 


182  Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung. 

keit  der  communication  wirkt,  beruht  in  der  yerschiedenheit  da 
persönlichkeit  der  lehrer.  was  der  Universitätslehrer  so  sehrTV- 
miszt,  wenn  er  sich  gegenüber  völlig  unbekannten  zuhOrem  sieht,  per 
sönliche  bekanntschaft  und  gemeinschaft,  das  ist  für  die  gymnaoik 
didaxis  unumgänglich  notwendig  und  kann  nach  seiner  eigentte 
liehen  art  von  jedem  lehrer  erreicht  werden,  die  akademisclM  di 
daxis  ist  wissenschaftlich;  das  object  in  seiner  eigenen  gestaltwM 
systematisch  vorgeführt  und  die  lernenden  sind  zur  selbstBndigU) 
der  auffassung  und  der  verarbeitenden  aneignung  vorberdtei.  Sm 
gymnasiale  didaxis  ist  nicht  eine  rein  gegenständliche  und  tiwon 
tische,  sondern  eine  pädagogische,  der  hinbliok  auf  die  schfll« 
ihre  auffassungsfähigkeit  und  ihr  geistiges  bedttrftiis  bestimmt  dii 
gestaltung  des  gegenständes,  der  lehrer  denkt  zuerst  an  den  sdiSki 
und  dann  erst  an  den  gegenständ  und  formiert  diesen  in  angemesm 
heit  zu  dem  lernenden,  das  gymnasiale  lehren  ist  ein  praktisohk 
stimmtes,  ein  erziehendes  thun  in  theoretischer  riohtong.  es  geh 
nicht  aus  von  der  bestimmtheit  des  objects  an  sich ,  sondern  ist  ni 
rücksicht  aiif  die  individualität  der  lernenden ,  ihre  qnalitftt  und  ik 
bedürfhis  bestimmt,  die  thätigkeit  des  lehrers ,  welche  als  pidig« 
gische  auf  allen  wegen  die  individualität  des  sohülers  in  reidunm 
nimt,  setzt  die  eingehende  kenntnis  desselben  voraus,  die  n 
mittelbarkeit  der  gemeinschaft  in  dem  persönlichen  veihlltui 
welche  die  thätigkeit  des  lehrenden  in  der  didaxis  und  der  diseiplii 
in  der  didaktischen  beurteilung  und  der  pädagogischen  behandhm 
individuell  bestimmt,  zieht  sich  durch  den  ganzen  gymniuriilüi 
gang  und  darf  in  dem  abschlusz  desselben  nicht  abgebrochen  wm 
den.  es  ist  dem  pädagogischen  Verhältnisse  völlig  widerspreohM 
wenn  der  lehrer,  wie  seinen  Schülern  unbekannt  und  von  auBien,  al 
eine  fremde  person  in  eine  auszeriialb  des  ganges  und  der  apM 
fischen  art  der  schule  gesetzlich  bestimmte ,  beaufsichtigte  und  v« 
antwortliche  maturitätsprüfung  eintritt  und  nach  diesem  acte  ni 
der  allgemeinheit  eines  objectiven  maszes  ohne  alle  berOcknchtigni 
der  individuellen  eigentümlichkeit  und  ihrer  innem  antersohisli 
welche  die  pädagogik  als  unerläszlich  fordert,  das  urteil  Aber  de 
abschlusz  der  gymnasialen  bildung  entschieden  wird,  ein  sokh 
act  verleugnet  die  grundgesetze  der  erziehung  und  der  soholdidik 
für  den  abschlusz  der  pädagogischen  thätigkeit  des  gymnasim 
die  pädagogische  entscheidung  über  die  gymnasiale  matoritlt  i 
nicht  eine  rein  theoretische  nach  dem  alleinigen  masze  des  objaei 
der  didaxis ,  sondern  fordert  zugleich  mit  den  objectiv  allgemttii 
gesetzlichen  und  begrifflichen  bestimmungen  über  den  absdilnn  d 
gymnasialen  ganges  die  berücksichtigung  der  unterschiedlich  indii 
duellen  eigentümlichkeiten  der  schülerindividuen.  jeder  schfller  h 
seine  eigene  maturität.  über  diese  zu  entscheiden  ist  aussoUiie 
lieh  eine  pädagogische  aufgäbe,  dagegen  kennt  eine  geeetdid 
maturitätsprüfung  nur  eine  allgemeinheit  und  identitSt  des 
bezeichnet  der  gemäsz  den  grad  der  bildung  der 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  183 

liierten  prfidioi  ten,  welche  allein  quantitative  bedeutung  haben, 
m  der  snnunii  \fig  der  quantitativen  werthe  derselben  für  die 
Ben  gogenstfinde  resultiert  das  gesamtprSdicat  für  die  matu- 

80  wird  jede  bezeichnung  der  unterschiedlich  individuellen 
lügen  und  geisteseigentümlichkeiten  nach  ihrer  vorzüglichkeit 
aeh  ihrer  begrenztheit,  wie  sie  in  factischen  leistungen  während 
^mnasialen  ganges  sichtbar  werden,  ausgeschlossen,  allerdings 
68  in  der  art  eines  of&ciellen  Zeugnisses ,  dasz  es  sich  in  einer 
len  allgemeinheit  der  prädicate  hält,  individuell  intime  an- 
mgen,  welche  ins  innere  des  geistes-  und  Seelenlebens  und  ins 

der  ahnung  und  der  divinierenden  deutung  übergehen ,  dür- 
zeugnissen,  welche  sich  an  das  factisch  sichtbar  gewordene  zu 

haben,  nicht  niedergelegt  werden,  aber  wenn  dem  rector 
«sen  und  geboten  ist ,  maturitätszeugnisse  in  seiner  autorität 
if  seine  Verantwortung,  aus  seiner  anschauung  und  erfahrung, 
leiner  Überzeugung  und  nach  seinem  ermessen  auszustellen,  so 
iurch  eine  individualisierung  in  prädicaten ,  welche  die  eigen- 
ihkeiten  der  schüler  in  ihrer  Unterschiedlichkeit  in  gegenständen 
ich  geistesrichtungen  mit  freiheit  des  maszes  bezeichnet,  eine 
dt  und  gerech tigkeit  erreicht  werden  können,  welche  durch 
liformierenden  Schematismus ,  welcher  lediglich  aus  der  rück- 
mf  die  bequemlichkeit  einer  allgemein  messenden  gleichheit 
»bellarischen  Übersicht  ersonnen  ist,  ausgeschlossen  wird,  das 
itätszeugnis  bekommt  so  mehr  werth  individueller  realer 
Bit  für  eine  bedeutende  epoche  in  dem  entwicklungsgange  des 
Inums.  die  eingehende  individualisierung  in  dem  abschlusse 
tscheidung  über  die  gymnasiale  maturität  hat  in  ihrer  rück- 
ig auf  den  ton  und  die  richtung  der  gymnasialen  thätigkeit, 
eht  und  die  belebung  der  didaiis,  die  Selbständigkeit  der 
bewegung  in  dem  ganzen  gange  des  gymnasiums  unersetzliche 

amg. 

Iniehende  einwirkung  auf  den  werdenden,  noch  nicht  zu  sich 
gekommenen  menschen  ist  in  ihrem  ausgange  und  fortgange 
I  ihrem  ziele  auf  die  totalität  der  humanität,  welcher  eine  ge- 
ldliche totalität  entspricht,  gerichtet,  die  totalität  der  men- 
ptnr  ist  aber  nicht  eine  abstracto  allgemeinheit  und  identität, 
im  in  einer  unendlichen  Unterschiedlichkeit  von  persönlich- 
»iadividualisiert.  in  jedem  einzelnen  menschen  ist  die  volle 
It  der  humanität  angelegt,  aber  mit  der  Unterschiedlichkeit 
eise  und  des  maszes.  die  erziehung  ist  auf  die  allgemeinheit 
aianität  gerichtet;  nichts  menschliches  entwickelt  sich  durch 
ibst  von  innen,  sondern  allein  durch  menschliche  einwirkung 

Ren,  durch  erziehung.  sie  ist  notwendige  bedingung,  dasz 
idualität  zu  sich  selbst  kommt,  die  in  ihr  angelegte  huma- 
pis  «ich  produciert  und  mit  individueller  Unterschiedlichkeit 
(darstellt,  das  ist  die  bedingende  einwirkung  der  erziehung 
§  werden  der  Wirklichkeit  der  individuellen  persönlichkeit 


i 


184  Maturitätszeugnis,  nicht  maturit&tsprüfang. 

durch  sich  aus  ihrer  eignen  thätigkeit.  die  in  der  persOnHohkeit  n- 
gelegte  unterschiedliche  individualisierung  ier  hmnanität  kOnfigt 
sich  von  den  ersten  anfangen  an,  entwickelt  sich  nnter  der  bedingah 
den  macht  der  erziehung  von  stufe  zu  stufe  zunehmend  and  zur  iidi> 
viduellen  Selbständigkeit  vorschreitend,  findet  die  individuelle  per* 
sOnlichkeit  sich  in  einer  besondem  gegenständlidikeit  als  einernr 
wandten  wieder,  bethfttigt  und  bewährt  sie  sich  in  dieser,  so  ist  te 
der  anfang,  dasz  sie  die  allgenieinheit  und  Unbestimmtheit  der  kiade^ 
natur  überwindet,  zu  sich  selbst,  zu  ihrer  individuellen  wirUiehkeü 
kommt,  und  von  da  an  geht  sie  weiter  auf  dem  ganzen  gebiet te 
erziehung  in  wachsender  Selbständigkeit,  das  zu  sich  kommen  im 
individuellen  Persönlichkeit  in  Selbständigkeit  des  woUens  und  tr 
kennens  ist  das  ende  der  erziehung.  es  ist  eine  ethische  fordflnaf 
an  die  erziehung,  dasz  sie  von  anfang  an  die  Selbständigkeit  ii 
individuell  unterschiedlichen  selbstthätigkeit  als  gesets  der 
schennatur  und  als  recht  der  Persönlichkeit  auch  in  ihrem  werte 
anerkennt  und  auf  allen  wegen  im  sinne  trägt,  dasz  sie  die  indiih 
dualität  vorsichtig  und  umsichtig  leiten ,  aber  ihre  eigeniflmlinlifaÜ 
in  ihrer  individuell  selbständigen  richtung  schonen  soll,  den  m 
nicht  im  stände  ist,  diese  selbst  entscheidend  zu  bestimmen  ui 
dasz  ihre  einwirkung  in  stetem  fortgaüge  abnehmend  nnd  soiflflk- 
tretend  ist.  allgemeinheit  und  identität  des  gegenständlichen  masM 
und  der  qualitativen  weise  der  erziehung  in  ihrer  ausschliesdiehkeit 
ist  pädagogischer  mechanismus ,  welcher  in  seiner  nniformiilt  wä 
die  individuell  unterschiedliche  persönlichkeit  nicht  bloss  nicht  Is- 
t€nd  einwirkt,  sondern  sie  auf  dem  wege  des  zu  sich  selbst  konunea 
und  des  sich  selbständig  bewährens  hemmt,  dies  gilt  für  die  pidir 
gogische  Ordnung  des  gjmnasiums,  die  didaxis  und  die  diw^ifiL 
die  spitze  der  mechanisierenden  uniformierung  ist  die  matnritito- 
prüfung.  I 

Der  abschlusz  der  didaxis  einer  lehranstalt  zur  vorbermtmig  it  j 
einer  particular  bestimmten  richtung  hat  an  sich  ein  objectifH -j^ 
masz ,  das  allgemeine  anwendung  fordert,    das  gymnasinm  ist  aber  i 
eine  erziehungsanstalt.    seine  didaxis  sowol  in  ihrer  gegenständliflh- 
keit,  als  auch  in  beziehung  auf  die  individualität  der  schfiler  hii  ; 
nicht  blosz  eine  theoretische ,  sondern  auch  eine  ethische  bestimait^ ' 
heit ,  welche  ein  allgemeines  objectives  masz  nicht  znläszt    das  ikl 
einer  gymnasialclasse ,  als  einer  stufe  der  gymnasialen  entwioUnif 
zu  der  andern  ist  nach  gewissen  als  didaktisch  zweckmässig  sappo-  ^ 
nierten  maximen  von  vornherein  einigermaszen  bestimmt,    der  ab- 
schlusz der  bildung  einer  classe  hat  in  dem  masze  dessen,  was  Ar 
den  eintritt  in  die  nächst  höhere  gefordert  wird ,  eine  objectiTe  b^ 
Stimmung,    aber  eine  allgemeine  und  objective  bestimmung  Ober 
den  abschlusz  der  gymnasialen  bildung  in  der  Vollendung  des 
der  prima  ist  pädagogisch  unmöglich,    gymnasiale  bildung  ist 
pädagogische,  bewegt  sich  in  der  freiheit  einer  intensiven  totafiHli 
welche  für  die  unterschiedliche  persönlichkeit  der  schttler  individna- 


MatoritStezeagnis,  nicht  maturitfttepräfhng.  185 

Inert  wird,  di  i  turität,  der  abschlusz  derselben  ist  nicht  be- 
gmzt  dnrcli  de-  i>.o-^ff  ^^  Vorbereitung  fOr  ein  über  sie  hinaus- 
bgoides  ziel,  sondern  in  sich  bestimmt,  in  der  Vollendung  der 
ilkigkeit  der  schule  als  solcher  gegeben,  maturitftt  ist  ein  rein 
pldagogisefaer  begriff,  musz  nach  pädagogischen,  nicht  nach  po- 
fitMi  bestimmten  grundsätzen,  maszen  und  weisen  beurteilt  werden, 
dar  abschlnsz  der  gymnasialen  bildung  l&szt  sich  nicht  festsetzen 
dvek  die  beziehung  auf  die  ffthigkeit  für  universitfttsstudien  und 
imkan  bildungswege,  welche  als  solche  und  wegen  ihrer  unbe- 
rtbnmtfaeit  gymnasialpSdagogisch  nicht  gemessen  werden  kann,  son- 
in  nur  durch  das  innere  des  Verhältnisses  desselben  zu  dem  zu- 
•aunenbang  der  vollen  aufgäbe  der  gymnasialen  thfttigkeit.  gym- 
Miale  matnrität  ist  ein  rein  gymnasialpädagogischer  begriff,  da  es 
ter  unmöglich  ist,  die  gymnasien  in  ihren  weisen  und  maszen,  in 
knm  abschlusz  zu  uniformieren,  so  ist  auch  die  maturität  nach  dem 
nem  unterschiede  derselben  verschieden,  der  gymnasiale  ab- 
^osz  ist  aber  nicht  allein  objectiv  nach  einem  gewissen  masze  von 
Domtnissen  und  fertigkeiten  bestimmt,  sondern  hat  auch  eine  sub- 
sdive  beziehung  zu  der  stufe  der  innem  bildung  des  Schülers ,  zu 
hr  in  ihm  noch  vorhandenen  ffthigkeit  und  bedürftigkeit  der  sped- 
Umb  gynmasialen  geistesentwicklung.  nicht  blosz  ein  objectives 
MBS  der  bildung  entscheidet  über  die  maturitftt,  sondern  das  gym- 
Mnom  setzt  seine  thfttigkeit  für  die  bildung  eines  schülers  so  weit 
Ivt,  als  der  stand  seiner  geistigen  entwicklung  der  art  ist,  dasz  er 
ie  didaktische  und  pftdagogische  zucht  desselben  fordert  und  ver- 
4gt  gymnasiale  maturitftt  hat  derjenige  schttler ,  welcher  eines- 
ilh  das  in  der  gymnasialdidaktischen  Ordnung  bestimmte  masz  der 
MMimg ,  selbst  als  miifimum ,  en*eicht  hat  und  andemteils  in  seiner 
pMtigen  entwicklung  der  didaktischen  zucht  der  schule  entwachsen 
li  von  diesen  beiden  momenten  ist  die  gymnasiale  maturitftt  be- 
pBimt  und  mit  ihr  die  von  ihr  abhftngige  selbstftndigkeit  für  andere 
matB"  und  bildungswege,  wie  die  frucht,  wenn  sie  reif  geworden 
m»  Tcm  der  pflanze  sich  ablöst  und  von  ihr  nicht  mehr  nahrung  ge- 
kann, maturitftt  hat  also  nicht  blosz  ein  allgemeines  objec- 
masz,  sondern  ist  in  unterschiedlicher  individualitftt  bestimmt, 
t  ist  ein  psychologisch-ethischer  begriff,  der  in  der  wirk- 
t  der  beurteilenden  praxis  von  unendlich  individueller  unter- 
chkeit  ist  und  nicht  unter  die  allgemeine  objectivitftt  einer 
tzlichen  bestimmung  gestellt  werden  kann,  dieser  unumstösz- 
hhe  pädagogische  satz  allein  entscheidet  fundamental  gegen  die 
iltnritfttsprüfung  in  ihrer  gesetzlichen  objectivität. 

Das  gymnasium  in  seiner  didaktischen  aufgäbe  ist  eine  con- 
,  in  sich  geschlossene  innere  einbeit.  gymnasiale  bildung  hat 
einen  nicht  blosz  objectiv  bestimmten,  sondern  zugleich  mit 
icht  auf  die  individuelle  Unterschiedlichkeit  der  gymnasialen 
ickltmg  und  entwicklungsfäbigkeit  der  schüler  zu  messenden 
usz.    eine  allgemeine  gesetzliche  bestimmung  über  die  voll- 


i 


200  M.  Johann  Bohemue. 

liehen  erwttgang  kaum  verschlieszen,  ob  er,  um  diesen  ansdnick  tu 
gebrauchen,  den  respeet  vor  dem  dreissigjfthrigen  kriege  oder  Tor 
der  damaligen  gelehrsamkeit  verlieren  solle,  mag  es  sein,  dass  der 
krieg  auf  ^e  sogenannte  schöne  litteratur  in  gewissem  gnäe  kiftf- 
tigend  und  verjüngend  eingewirkt  bat*^;  aber  welch  eiüem  tand  — 
und  mit  welchem  eifer  und  welcher  selbstgefIlUigkeit  -—  jagen  die 
gelehrten  nach,  als  htttten  sie  keine  ahnung  davon,  was  eben  auf 
dem  spiele  stand !  —  Zu  alle  dem  kam  noch,  dasz  nach  Haosmann» 
tode  das  rectorat  fast  zehn  monate  lang  unbesetzt  geblieben  war. 
gerade  einen  tag  vor  Bohemus  antritt  war  der  Quintus  gestorben» 
der  Ittnger  als  vier  jähre  sein  amt  wegen  erblindong  nicht  hatte 
verwalten  können  (SAP.  f.  97).  gewis  war  es  dem  firmsten  sehr  zu 
gönnen ,  wenn  ihm  der  rath  während  dieser  zeit  das  gesamte  ein- 
kommen  seiner  stelle  beliesz;  aber  dasz  er  dieselbe  inzwischen  nur 
durch  einen  obem  schttler  ausfüllen  liesz,  konnte  der  anstatt  unmög- 
lich zutrttglich  sein,  zumal  da  ohnedies  schon  der  leiter  des  alumnats 
und  zugleich  der  untersten  classe  dieser  kategorie  angehörte,  das 
wollte  zwar  immer  noch  etwas  ganz  anderes  besagen,  als  wenn  heut- 
zutage ähnliches  geschtthe,  in  einer  zeit,  wo  gar  nicht  selten  der  pri- 
maner  eines  g3rmnasiums  direct  in  eine  lehrerstelle  an  einer  niedern 
schule  eintrat,  oft  wenigstens  lange  jähre  in  der  classe  yerblieb,  so 
dasz  u.  a.  hier  in  Dresden  gegen  ende  des  17n  Jahrhunderts  die  be- 
stimmung  getroffen  werden  muste,  es  solle  niemand  über  drei  jähre  in 
der  prima  behalten  werden,  'es  geschehe  denn  seiner  qualität  wegen 
in  arte  musica'  (BA.,  B.  YII  16  s.  19).  man  findet  bei  Mberen 
'regenten'  dieser  art  die  dauer  ihres  amtes  bis  zu  sechs  jähren  ange- 
geben; derjenige,  den  Bohemus  bei  seinem  antritt  vorfEuid,  beUei* 
dete  dasselbe  schon  seit  ostem  1633  und  noch  weiter  bis  zu  pfing- 
sten  1640.  dann  avancierte  er  zur  sechsten  stelle  im  coUegium  der 
schule  selbst,  wfthrend  doch  gleichzeitig  die  neuerung  getroffen 
ward,  die  hier  als  die  erste  unter  den  von  Bohemus  angebahnten 
reformen  erwtthnt  sei,  dasz  künftig  auch  die  unterste  stelle  von 
einem  'academicns'  bekleidet  werden  solle.  ^* 


^  Qervinns,  gesch.  der  deutschen  dichtung,  3',  8.  198  ff.  —  wol 
etwas  iihertrieben.  —  DafOr,  wie  fern  die  gelehrte  weh  dem  leben  uni 
der  not  der  seit  stand,  ist  kaum  etwas  beieiohnender,  als  wenn  s.  ^* 
in  einem  gratulationssedicht  zn  Bohemus*  gebnrtstag  im  j.  1681  —  ^o^' 
gemerkt:  in  Halle,  dessen  jj^eschick  so  ganz  besonders  ene  mit  dem- 
jenigen Magdeburgs  verknüpft  war  —  diese  Jahreszahl  beliebterinsszen 
ausgedrückt  wird  durch  den  rwn:  (seil,  anno) 

qVo  MagDbVrga  perlt  Yrbs  totaqVe  tVrba  neCatVr! 

*'  hier  bildete  sich  in  der  praxis  für  lange  zeit  der  gebrauch  stts, 
dasz  frühere  Schüler  der  anstalt  zu  dem  amte  genommen  wurden,  daa 
begreiflicher  weise  sich  besonders  httuig  erledigte,  knra  genug  war 
oft  die  Studienzeit  der  betreffenden ;  und  als  wie  tief  unter  den  ei^ent* 
Rieben  ^sohnlcollegen*  stehend  sie  trotz  ihrer  elgeatohaft  aX»  academici 
'noch  lange  betrachtet  wurden-,  zeigt  zb.  recht  deutlieh  ein  coiumaBicst 
eines  unter  den  kurf.  visitatoren  an  den  rath  (RA.,  D.  XVI  'Acta  die 


Mahmtätszeagnis,  nicht  matoritätsprüfang.  187 

I  strebens.  der  längere  aufenthalt  in  der  prima,  welcher 
irdi  ein  objectives  masz  von  kenntnissen,  sondern  dnrdi  die 
[t  auf  eine  individuelle  gymnasiale  entwicklnngstthigkeit 

ist,  sichert  eine  tiefere  speeifisch  gymnasiale  dorohbil- 
ach  der  rein  pttdagogischen  fordenmg  entscheidet  der  rector 
I  amtlich  persönlichen  ermessen  über  die  gymnasiale  matu- 
es  schtQers,  ist  eine  objectiyitftt  eines  gesetzlichen  yer&h- 
*  diesen  act  nicht  gestattet,  das  aus  dem  verhftltnis  der 
nd  der  familie  sich  ergebende  yerÜEÜiren  für  den  absohlosz 
naaialen  bildong  eines  schttlers  ist  eine  berathang  des  rectors 

vater  des  schtQers,  welche  der  gymnasial  offici^en  matori- 
kung  yorangeht.  die  gemeinscJiaft  des  rectors  und  des 
ithftlt  für  die  gymnasiale  erziehnng  mid  besonders  für  deren 
B  ein  persönliches  verhftltnis,  darch  welches,  wenn  es  pftda- 
rein  ist,  allein  das  individuell  rechte  ermittelt  werden  kann. 
lOrninasiale  bildung  wird  hftufig  nicht  iim  ihrer  selbst  willen 
vtttem  für  ihre  söhne  gesucht,  sondern  ein  maturitfttszeug- 
er  tribut  für  das  unierbringen  derselben  in  dem  öffentlichen 
igesehen.  ich  führe  ein  beispiel  aus  dem  selbst  erlebten  an. 
üter  wurde  der  rath  gegeben,  seinen  söhn,  einen  tüchtigen 

noch  eine  zeit  lang  auf  dem  gymnasium  zu  lassen ,  weil  er 
)  bildung  von  demselben  noch  gewinn  ziehen  könne  und 
ri>er  zurückgewiesen,  dieser  bekam  nach  der  maturitftts- 
ein  gutes  zeugnis,  ein  besseres  als  andere  schüler,  welche 
BS  bedenken  zur  maturitätsprüfung  zugelassen  waren,  in 
«rfahren  war  ein  Widerspruch  mit  dem  gesetz  über  den  ab* 
ier  gymnasialen  bildung,  aber  nicht  ein  pttdagogisoher. 
icht  rechtsbegriffe  in  pftdagogische  verhftltnisse  der  schule 
imngen  und  hfttten  nicht  die  notwendigkeit  pftdagogischer 
gen  aus  derselben  zurückgedrängt,  so  würde  nicht  eine  ge- 
geordnete  maturitfttsprüfung  über  den  abschlusz  der  gym- 
lang  entscheiden,  sondern  ein  individuell  persönlidhes  ver- 
lee  lehrers  zu  seinen  schülem. 

iormierende  gleichheit  des  maszes  für  menschliche  indivi- 
W^  deren  innere  totalität  und  gegenstftndliche  geistige  rieh- 
ib  vollem  Widerspruch  mit  der  unendlich  individuaUsieren- 
lohennatur.  sie  ist  der  directe  gegensatz  gegea  die  fimda- 
Ibrderung  der  erziebung,  welche  nicht  auf  abstract  gleiche, 
mf  individuell  unterschiedliche  menschen  gerichtet  ist.  jeder 
bat  sein  eignes  masz  fllr  seine  geistigen  qualitäten  und  be- 
pn,  seine  ricbtungen  und  leistungen,  für  den  abschlusz 
fmnasialen  bildung,  bat  seine  eigne  maturitftt.  eine  theo- 
lllgemeinheit  eines  uniformierenden  urteilens  darf  nicht  auf 
ii  in  ihrer  Individualisierung  angewendet  werden,  es  thut 
it  der  individuellen  Unterschiedlichkeit  der  eigentümlichen 
pkeit  des  scbülers  gewalt  an.  die  Jugend  in  der  entwick- 
t  werdenden  menschen  und  in  der  freiheit  und  der  totalitttt 


[ 


202  M.  Johann  Bohemiu. 

hundert  UbenohriUen  worden,  solche  zahlen  hat  erst  das  gegen- 
wftrtige  Jahrhundert  wieder  erreicht,  epftter  sinkt  das  nui  aUer* 
dings  ganz  bedeutend,  wtthrend  für  das  erste  Jahrzehnt  die  oben 
angeitthrten  zahlen  zugleich  das  minimnm  und  maximnm  des  lu- 
Wachses  beseichtten,  bewegt  sich  im  zweiten  die  aufiMhine  zwischen 
62  und  114,  im  dritten  zwischen  45  und  84,  in  den  sechs  eisten 
Jahren  des  vierten  — •  da  das  siebente  als  unvollendet  doch  nicht 
zum  TCigleieh  herangezogen  werden  darf  —  zwischen  36  und  60; 
und  weim,.  wie  eine  zuftlllg  erhaltene  notiz  lehrt**,  am  lOapril  1659 
die  gesamtzahl  des  c(Hub  238  betrug,  so  eigibt  ein  bei  gdegenheit 
eines  eiamens  im  j.  1675  aufgenommenes  Verzeichnis  nur  noch  160. 

Auch  sonst  ward  mancher  yersuch  gemacht,  die  äusseren  yer- 
hältaisse  der  anstalt  in  eine  feste  Ordnung  zu  bringen*^,  wofttr 
ihrerseits  die  behörde  ihr  wohlwollen  im  j.  1651  durch  die  neu- 
herstellung  eines  auditoriums  und  1667  durch  den  neubau  der 
rectorwohnung  unmittelbar  neben  dem  schulgebftude  bewies. 

Den  ersten  anlauf  zu  einer  darstellnng  der  geschichte  der  an* 
stalt  hatte  im  j.  1619  der  rector  Tobias  Bimon  in  seiner  ^oratio  de 
beneficüs  huc  usque  in  scholam  Dresdensem  a  Deo  ooUatis'  ge- 
nommen, das  war  fireilich  nicht  viel  mehr  als  eine  dürftige  ensam- 
mcmstellung  einiger  data,  vor  allem  der  namen  des  lehrerpersoosls 
bis  auf  seine  zeit;  und  als  Bohemus  das  wieder  aufgriff  und  einiger* 
maszMi  erweit^  und  bis  auf  die  gegenwart  fortgeftthrt  im  j.  1672*^ 
in  einem  programme  erscheinen  liesz,  ist  er  im  wesentlichen  noch 
von  denselben  gesichtspuncten  ausgegangen,  mehrfach  sind  seine 
angeblichen  berichtigungen  nichts  weniger  als  das,  und  ttberhanpt 
ist  niemandem  zu  rathen,  wo  es  auch  sei,  auch  nur  eine  dieser 
älteren  angaben  ohne  die  genaueste  prtlfung  anzunehmen,  aber 
fahrte  ihn  das  gelegentlich  herangezogene  urkundliche  material  irre, 
80  ist  es  doch  eben  wenigstens  herangezogen  worden,  was  erst  nach 
sehr  langer  zeit  wieder  geschehen  sollte;  und  mit  mehrfachen  er 


t3  hdsehr.  aafzeichnang  über  das  begräbnis  der  kurfUrstin  llag<U« 
lene  Sibylle,  8AP.,  f.  461.  für  das  folgende  s.  arohiv  der  kreaskircb« 
(Sup.  I),    ^Aota  die' CreuB* Schule  zu  Dreszden  betr.'  Vol.  I  (Rep.  UI 


Litt.  S.  No.  1  —  KA.  in  den  folgenden  Cltaten),  f.  17  ff.  j 

'^  Tgl.  z.  b.  die  aogensoheintich  auf  anregang  des  oollegiams  von 
rath  im  j.  1664  erlMsene  bestimmnng  über  den  bezog  von  behalt  und 
accidentien  nach  todesfilllen  im  eoUegiam  bis  znr  aenbesetsnng  (SAP^ 
f.  69,  wo  sich  an  dieselbe  sofort  notisen  von  Bohemns  nad  anderen  übe^ 
die  praktische  ansführnag  in  gegebenen  fällen  angefügt  finden;  vrL  KA.j 
f.  2),  n.  a.  m.  hier,  wie  anderwärts,  geschah  damit  wahrsoheinlich  metj 
viel  mehr,  als  dasz  bereits  herkSmmliobes  genauer  definiert  und  bei 
stätigt  ward,  aber  eben  das  bestreben  nach  gewlannng  einer  besiiaBmCel 
form  ist  bemerkenswerth.  —  Ueber  die  unter  Bohemus  zu  guasten  det 
schule  gemachten  Stiftungen  s.  Gehe,  die  nnterriohts-  und  errtehnag* 
ansUlten  in  Dresden  (Dresden  und  Leipzig  1846),  a.  18  ff.  Nenbei^ 
reohtsverhlütnisse  der  kreuaschnle,  §  S. 

'^  ad  glorlosissimum  Jesu  Christi  eosmosoteris  triumphnra  anb  iormi 
dramatis  .  .  celebrandum  .  .  invitat  M.  L  B.  4<^. 


Mataritätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.  189 

fiotwendige  der  gleichmäszigkeit  der  bildung  erreiche  und  ihre 
geistigen  gaben  in  sittlicher  Ordnung  gebildet  werden,  ein  in  der 
Mheit  eines  individualisierenden  messens  ausgestelltes  zeugnis  kann 
&  Tonfige  eines  solchen  schülers  anerkennen  und  sie  geeigneter 
ud  genügender  hervorheben,  als  eine  gesetzlich  formulierte  beur- 
Mhuig  darf,  welche  durch  die  mängel  in  der  gymnasialen  forderung 
lad  Ordnung  gebunden  ist.  ein  drittes  beispiel  ist  tjpus  des  realis- 
am.  der  sehüler  ist  unberührt  von  dem,  was  auf  die  phantasie  er- 
regend einwirkt,  was  auf  die  höhe  der  Wissenschaft  deutet,  er  leistet 
dv  seine  pflichtmftszig  und  iSszt  sich  nichts  zu  schulden  kommen, 
ii  den  ihm  gemftszen  gebieten  und  richtungen  ist  er  scharfsinnig, 
ireiFend  und  bestimmt ,  aber  strebt  nicht  über  das  hinaus ,  was  ihm 
ikht  nahe  und  verständlich  ist.  er  ist  kurz  und  unbeholfen  im  aus- 
fasck;  für  leichtigkeit,  glätte,  eleganz  der  darstellung  hat  er  keinen 
imi  und  keine  föhigkeit.  er  ist  eine  klar  begrenzte,  sichere,  auf  die 
lirklichkeit  hingewendete,  praktisch  energische  natur.  wir  könnten 
BS  der  erfahrung  noch  mehr  beispiele  als  typen  individuell  unter- 
redlicher  richtungen  zur  erläuterung  und  zum  beweise  für  die  be- 
nptung  anführen,  dasz  jede  beurteilung  eines  schülers,  besonders 
m  matnritätszeugnis,  nicht  formuliert  sein  darf,  sondern  ein  indivi- 
Ittlisierendes  masz  fordere,  damit  der  persönlichen  eigentümlich- 
st weder  zu  viel  noch  zu  wenig  geschehe ;  diese  pädagogische  for- 
Ivong  wird  durch  eine  gesetzlich  formulierte  maturitätsprüfung 
ttig  zurückgewiesen,  wollten  doch  alle  lehrer  sich  angelegen  sein 
HKn,  die  in  dem  innem  ihrer  sehüler  angelegten  eigentümlichen 
üiitesrichtungen,  die  in  andeutungen  ihres  sinns  und  denkens,  ihres 
Im  und  strebens  dem  in  treuer  fürsorge  geübten  blick  sichtbar 
paden,  zu  beachten,  damit  sie  nicht  genötigt  werden,  während  des 
ialen  ganges  eine  abstracto  identität  und  allgemeinheit  des 
in  didaxis  und  zucht,  in  behandlung  und  beurteilung  auf  alle 
Unterscheidung  anzuwenden,   in  der  für  die  innere  gestaltung 

Individualität  entscheidend  wichtigen  entwicklungsepoche,  welche 
abschlusz  der  gymnasialjahre  fällt,  ist  dem  in  liebe  beobach- 
blick  schon  angedeutet,  was  im  manne  zur  Wirklichkeit  und 

Vollendung  kommt,   ein  irrtum  schadet  nicht,  wenn  er  von  vor- 

und  treuer  fürsorge  begleitet  wird,    es  wäre  für  die  gym- 

-  pädagogische  erfahrung  von  bedeutung,    wenn  in   einem 

n  umfange  das  masz  der  maturitätserklärung  mit  dem ,  was 

der  Wirklichkeit  des  mannes  für  praxis  und  Wissenschaft  zu  tage 
Ijitreten  ist,  verglichen  würde. 
;     Lübeck.  Rieck. 


I 


204 


M.  Johann  Bobelnns« 


Bcbnlen  getrieben  noch  gebnnioht  werden'*'®  im  j.  1680  war  dum 
die  bertthmte  knrsttchsieohe  sdhülordnmig  pnbliciert  worden,  und 
auf  die  TerhBltniefie  von  Dresden  speoiell  bezog  sich  eine  geschrie- 
bene stftdtische  Schulordnung  vom  j.  1603,  die  nicht  bloss,  wie  wol 
ztinftchst  jenumd  erwarten  m<^hte,  dieciplinarvorschrifben  nnd  eine 
hansordnnng  für  die  altunnen  und  ihren  regenten  entMdt.**  aber 
ehe  daranf  weiter  eingegangen  wirdy  wie  sich  hieran  and  za  den 
pftdagogischen  anschanungen  der  seit  im  allgemeinen  Bohemos  lehr- 
thfttigkeit  stellte,  mag  erst  das  einzige  gesamtbild  von  dem  zaetand 
der  schule  unter  seinem  rectorat  folgen,  welches  in  den  bei  der 
kirchen-  und  schnlvisitation  im  beginn  des  j.  1671  eingeforderten 
berichten  erhalten  ist  (BA.,  D.  XVI  f.  42 — 59);  allerdings  ans  einer 
zeit,  wo  nach  anderweitigen  Wahrnehmungen  cKe  schule  sdion  wieder 
in  einer  rücklftufigen  bewegnng  begriffen  war.  derartige  dinge  sind 
gerade  fttr  jene  zeit  nicht  httiäg  genug  in  gleicher  yoUstftndigkeitt 
wenn  nicht  erhalten,  doch  publiciert,  um  nicht  durch  ein  solches 
beispiel  yermehrt  werden  zu  dOrfen. 


absolvit 
hoc   se- 
mestri 
in  lec- 
tionibue 
Birie 


publice  in^ 


hninanitmte,  in< 


Hng^i8< 


Consignatio  lectionum  a  M.  Johann.  Bohemo  habitarnm 
anno  .  .  MDGLXX.   in  examine  yernali. 

•  • 

pietate,  in  conipendlo  Hütteri  theologico  VUIIocos, 
a  X.  neqne  ad  XVIII.,  additis  qnibnsdam  io  eos 
annotationibns 

Latina,  Virg.  I.  I.  Aeo. 
calligraphlam  Ovidianio 
dictitavit,  totam  histo- 
Harn  Chriati  yerbiB  et 
Tersibna  Virgilianit  de- 
Bcribendam  ad  imiUtio- 
nem  proposnit, 
Oraeca,  Homer.  OdjBf.  o 
et  PIntarch.  libell.  de 
pneror.  edneat. 

i  Berti!  lo^eam 
com   libello  de 
Sophist.  argnD.t 
Rhenii    rhetori- 
cam. 
Planti  Ampbitmonem,  Anlalariam,  Cap- 
tivos,  Curcnlionem, 

(,.  ^..^  J  orationem  Ciceron.  pro  Archia,  qn»»  «^ 
orainane<       ^^^    erercitinm    pnblicnm   ad   Aom 
transtniit, 
Inl.  Caes.  Hb.  I  de  bell.  Oallico. 

{Psalmos  qnosdan  Hebraicot, 
cap.  I.  Oenes.  nna  cum  explicatione 
gramiDatiealinni  praeeeptor.  re 
solWt. 


privatim 


**  Tgl.  (Bdttiger-)Flathe,  gesoh.  des  kurst.  nnd  k9nigr.  Saebses,  t 
s.  817— Sl9  nnd  RA.,  B.  VD.  16,  f.  8. 

**  das  original  ist  leider  nicht  mehr  Torfaanden;  aber  mehrfscbe 
eitate  daraus  finden  sich  in  einem  memorial  vom  j.  1669  (BA.,  B.  VH'* 


M.  Johann  Bohemug.  191 

Dbang  mit  der  kreuzkircbe  und  den  bedürfnissen  des  dasi- 
18,  ihro  abhängigkeit  von  der  eigenttimlicben  institntion  des 
mtes'  nnd,  durch  dieses  mittelglied ,  yon  der  collatur  des 
es  bereits  in  jener  zeit  erkennen  zu  lassen,  gerade  das 
he,  ihr  inneres  leben ,  um  diesen  ansdruck  zu  gebraueben, 
er  kenntnis  so  gut  wie  vollständig  entrttckt ,  sofern  nicht 
n  Charakter  im  allgemeinen  schlttsse  aus  den  bekannten 
igen  Verhältnissen  anderer  anstalten  gezogen  werden  dfirfen. 
wird  auch  diese  schule  im  Wechsel  der  jähre  perioden  der 
i  des  Verfalls  gehabt  haben;  nicht  immer  vnrd  es  so  ge- 
in  wie  damals,  etwa  1509 — 1510,  wo  der  bekannte  Thomas 
ds  fEdirender  schttler  zweimal  einen  kurzen  aufenthaltan 
i  und  anlasz  fand,  ihr  andenken  in  nicht  eben  schmeichel- 
ise  zu  verewigen. 

grosze  Umwandlung  vom  j.  1539^  machte  die  anstalt  zu 
ntlichen  ^lateinischen  schule'  im  sinne  der  deutschen  refor- 
id  des  deutschen  humanismus.  erhalten  blieb  das  alumneum 
1  Verpflichtungen  zum  kirchendienst,  nur  teilweise  erhalten 
uatsrecht  des  stadtrathes,  welchem  als  coinspector  der  jedes- 
idtpfarrer  und  superattendent  beigesetzt  ward«  neu  geregelt 
lie  gesamten  dotationsverhältnisse.  vor  allem  ward  be- 
iasz  künftighin  dem  ^Schulmeister'  drei  coUegen  zur  seite 
Uten,  ein  supremus  (später  conrector  genannt)  und  zwei 
een  (Tertius  und  Inflmus),  von  denen  der  erste  zugleich 
des  cantors^  zu  bekleiden  habe;  die  schüler  wurden  also 
in  vier  classen  geteilt,  aber  bald  machten  »ich  erwei- 
ii9tig;  ein  quintus  und  sextus  wurden  dem  coUegium  hin- 


H.  M.  Keubert,  vortrafif  an  das  stadtrathseolleffiain  zu  Dres- 
die  rechts  Verhältnisse  der  dasigen  elbbrticke.  Dresden  1867. 
aesen  Selbstbiographie,  heransgeg.  von  D.  A.  Fechter,  Basel 
ü:  ^. .  and  sagen  (von  Halle)  gan  TrUsen.  Do  was  doselbst 
fai  gatte  schal  and  äff  der  schul  in  den  habitatzen  voll  IfiSE, 
1^  znaeht  im  strow  ander  uns  ghorten  krässmen.  brachen  uff 
I  uff  Prässien  (Breslaa)'  etc.  von  dort  kehrt  nach  geraumer 
*i  Bannigfachen  abenteuern  die  kleine  schaar  sehwelierischer 
to  nnd  schützen  nach  Dresden  zurück  (s.  24).  der  'sehalmeitter' 
I  aas,  am  gänse  zu  stehlen;  nach  einem  mlsslungento  ersten 
IHieaten  sie  auch  schlieszlich  deren  zwei,  welche  den  braten 
meinsamen  abschiedsmahle  liefern;  denn  unmittelbar  darauf 

weiter  nach  Baiern. 

ie  acten  der  beiden  Visitationen  von  diesem  jähre  im  RA., 
fisitationes  generales  et  locales'  etc.,  fol.  23 — 39. 
her  war  es  streitig  nnd  blieb  das  mehrere  Jahrzehnte  lang, 
ile  des  cantors  die  dritte  oder  vierte  im  collegium  sei  (Bohe- 
Iken  arbeiten  zur  geschichte  der  kreuzschule  ist  sich  anschei- 
fl  recht  klar  über  die  sache  geworden),  bis  im  j.  1626  eine 
tlntscheidung  im  letzteren  sinne  getroffen  ward  (RA.,  B.  VII. 
idnungen,  disciplin  usw.  der  schule  zum  H.  Creuz  genannt 
l<1620— 1693),  f.  3).  nach  Bohemus  zeit  ist  dann  das  cahtorat 
|r  bis  zur  sechsten  stelle  heruntergedrückt  worden. 


l 


192  M.  Johann  Bohemus. 

zugefügt',  und  den  elementarunterrioht  in  einer  siebenten  olaaaelN 
sorgte  der  ^regens  alumnorum',  der  übrigens,  was  auch  die  knrfliiiti 
Schulordnung  vom  j.  1580  zuHesz,  aus  der  zahl  der  alomnen  adbi 
bestellt  ward. 

An  die  spitze  der  reorganisierten  anstalt  trat  zuerst  K.  Nie» 
laus  Caesius  (Groe)  aus  Coburg,  er  hat  zu  Melanchthon  peraOnfiflh 
beziehungen  gehabt,  und  die  für  uns  zwar  nicht  mehr  nrkondlieh  n 
erweisende  spätere  meidung,  dasz  er  samt  seinem  ersten  mitaibeiter, 
dem  conrector  M.  Joh.  Tetelbach,  direct  von  Wittenbeig  her  «» 
pfohlen  worden  sei,  ist  an  sich  nidits  weniger  als  nnwahrscheiiiluL 
Tobias  Hostel  (1558—1566)',  Johann  Purgoldt  (—1571),  Friednh 
Zörler  (—1581)  folgten,  dann  Bernhard  Heroldt  (—1582),  Bartkb- 
maus  Bulichius  ( — 1585),  Michael  Backelmann  ( — 1689),  Ku/m 
Janicius  oder  Jftnichen  ( — 1591).  in  den  letztgenannten  fUlen  itaU 
der  rasche  Personenwechsel  in  nahem  bezng  zu  den  bekannten  nfi* 
giösen  wirren  im  damaligen  Eursachsen.  Janicius  ward  als  krypto* 
calvinist  abgesetzt  und  der  stadt  verwiesen,  ihm  folgte  T<Äiii 
Simon  ( — 1624),  diesem  der  bereits  genannte  Qeorg  Hansminn. 

Litterarisch  ist  weder  von  ihnen  noch  von  den  anderen  coUegsi 
einer  von  hervorragenderer  bedeutung  gewesen;  es  mttste  im 
Kaspar  Füger ^  genannt  werden,  der  streitbare  Verfechter  der  oott 
cordienformel,  dichter  und  componist  von  kirchenliedem.  wbm  mdi 
im  amte  verstarb  oder  an  andere  anstalten  berufen  ward ,  gieng  n 
der  regel  in  den  geistlichen  stand  über,  der  eine  oder  andere  ta 
wol  auch  in  das  amt  eines  stadtschreibers  (das  überhaupt  so  lilii4| 
sei  es  einen  Übergangsposten  oder  eine  nebenbeschfifiignng,  sa  si 
den  abschlusz  im  lebensgang  von  schulmSnnem  jener  zeit  bildet)  uni 
von  da  in  das  stadtregiment  ein  oder  kam  wol  gar  auf  diesem  w^ 


^  8.  anhange  I. 

^  über  einen  merkwürdigen  Zwischenfall  bei  der  besetmaf  M 
rectorsts  im  j.  1558  8.  H.  M.  Neabert,  Melanchthon  und  die  Stadt  ~ 
(Dresden  und  Leipzig  1860),  s.  82  ff.  aneh  nach  Zörlen  abgang 
die  besetzung  Schwierigkeiten,  s.  RA.,  D.  I,  f.  318  ff.  übrigens 
Zörlers  sonstiger  raf,  wie  auch  das  bei  seinem  abgang  ihm  twb  rti 
gegebene  zengnis  (a.  a.  o.  f.  822)  in  einem  eigentiimÜchen  gegenaati  ■ 
den  heftigen,  vom  collegium  wider  ihn  erhobenen  klagen  (a.  a.  o.«  i. in 
zwischen  f.  278  und  274  eingeheftete  actenstück).  als  verdiohtig  de 
'lehre'  halber  wird  er  bezeichnet  bei  der  Visitation  vom  9  ang.  IUI 
(RA.,  A.  II.  66,  f.  229),  während  doch  im  vorhergehenden  jähre  daa  eol 
leginm  ausdrücklich  seine  volle  zostimmung  in  dem  concordienwefhi 
erklärt  hatte  (a.  a.  o.,  f.  169.  161**).  am  allerwenigsten  darf  man  äbe 
aufschlösse  in  dieser  richtnng  in  Chr.  A.  Freybergs  prog^amn  flbe 
Zörler  (Dresden,  annenschale  1741)  suchen.  —  Ralichina,  sonst  and 
Rülcke  oder  Rnlicke  genannt,  unterschreibt  sich  selbst  regelmlraig  RIfid 
(RA.,  D.  I,  f.  1.  880.  882.  887). 

8  80  oder  Fuger(as)  nennt  er  sich  selbst  und  wird  er  in  allen  gieidl 
zeitigen  actenstücken  genannt,    durch  Bohemos  erst,  so  weit  ieh 
iat  die  fälschliche  schreibang  Fagger(a8)  aufgekommen  und  in  die 
Utterarischen  hülfsmittel  übergegangen. 


M.  Johann  Bohemugr  193 

ddi  SU  hohen  ehren  und  würden  im  kurfürstlichen  dienste. '  übri* 
IM  ist  fOr  die  geachiohte  der  schule  in  diesem  Jahrhundert  ihres 
MtAena  schon  ein  ziemlich  umfängliches  material  vorhanden,  — * 
Mdi  nicht  hinreichend  freilich,  um  einen  wirklich  zusammenhangen- 
)m  fiberblick  über  dieselbe  zu  ermöglichen,  und  was  vollends 
\nfm  veröffentlicht  ist,  geht  fast  in  keinem  puncto  über  blosze 
ia«riidikeiten  hinaus. 

n. 

Die  aufmerksamkeit  der  collaturbehörde  richtete  sich,  als  es 
pit  der  durch  M.  Georg  Hausmanns  tod  verwaisten  anstalt  ein 
Mü  Oberhaupt  zu  geben,  auf  den  damaligen  conrector  des  evang.- 
httsrisehen  gymnasiums  zu  Halle  a.  S.,  M.  Johann  Bohemus,  der 
dl  goiehrter  und  als  schulmann  schon  in  weiteren  kreisen  eines 
ffdbagrfindeten  ruHes  sich  erfreute. 

Johann  Bohemus'^  —  zu  deutsch  Böhme,  ein  name,  dessen  er 
idkt  sich  freilich  nie  bediente  —  war  am  11  juni  1599  als  söhn 
hm  wcl  nicht  eben  reich  begüterten  ^einwohners'  und  kirchen- 
mtdiers  zu  Dittmannsdorf  in  der  nähe  von  Freiberg  geboren. 
Waeüig  ward  er  in  die  schule  des  nachbardorfes  Beinsberg  ge- 
lüdkt,  so  dasz  er  schon  im  sechsten  lebensjahre  die  elemente  des 
und  Schreibens  erfaszt  hatte,  darauf  auch,  und  zwar  »''wie  die 
ihm  herrührenden  mitteilungen  über  seinen  lebensgang  es  ruh- 
hervorheben,  binnen  vier  wochen,  die  elemente  des  rechnens 
ik  aneignete,  es  gab  eine  'feine  lateinische  schule'  in  dem  kleinen 
Mi;  —  das  war  eben  noch  vor  dem  dreiszigjährigen  kriege,  und 
iL  wenigstens  noch  in  dieser  beziehung  der  durch  die  reformation 
pviffgerufene  grosze  aufechwung  des  deutschen  geistes  nachwirkte, 
der  knabe  dem  gymnasium  zu  Freiberg  übergeben  ward,  das 
unter  Joh.  Schellenbergers  leitung  stand,  wissen  wir  nicht; 
hat  er  es  zu  ende  des  j.  1616,  nachdem  er  zuletzt  als  in- 
T  in  einer  bflrgerfiunilie  seinen  unterhalt  gefunden  hatte. 
10  Januar  1617,  im  ersten  Jubeljahr  des  beginnes  der  reforma- 
ward  er  auf  der  Universität  Wittenberg  inscribiert,  ala.  theolog, 
kanm  anders  zu  erwarten,  das  war  nach  der  ganzen  richtung 
Mit  der  einzig  mögliche  abschlusz  eines  bildungsganges,  wie  der 


*  dagegen  heiszt  es  auch  bei  Bohemus  von  dem  ersten  Tertins,  Seb. 
m  Ton  Nürnberg:  'ist  hernach  wirth  oder  gastgeber  zum  güldenen 
worden'. 

*  hauptquelle  für  Bohemus  äuszere  lebensschicksale  ist  das  der 
lenpredigt  von  Chr.  Lucius  angehängte  curricnlum  vitae  (=■  CV.  in 
folgenden  citaten),  welches  sich  selbst  als  auf  eignen  aufzeichnungen 
Bohemus  fnszend  bezeichnet  und  im  folgenden  überall  da  benutzt 
wo  nicht  ausdrücklich  anderes  angeführt  wird,    darüber  hinaus  etwas 

^C^ben  ist   noch  niemand  im  stände  gewesen,   weswegen  auch  ver- 
auf  die  oben  angeführten  hülfsmittel,  wie  auf  die  betreffenden 
anderer,  zb.  Ludovici  schulhistorie  usw.  überall  werden  unter- 
können. 

IV.iihrb.  r.  phiL  u.  päd.  11.  abt  1875.  Uft.  4  u.  5.  13 


ao6 


M.  Johaiia  Bohemus. 


Die  Satimii 

a  7  ad  3«  leciio  evasgelii  Graeca  cum  tertianis  et  qaartania  per  Tioes 

com  coUega  tertio. 
ab  8  ad  9.  compendiom  Htttteri  cmn  quartanis. 
a  9  ad  10.  exerdtioli  propositio  et  emendatio  com  iisdem. 
a  10  ad  11.  hora  privata. 


Pensum  coUegae  V  deducendum. 


Die  Lunae, 

matutinis 
h.  1  praemissis  precibus  explica-  1. 

tur  et  recitatur  pars  gramma- 

ticae  prior  s.  etymologia. 
h.  2.  Donatus  traditur  serie  na-  2« 

tiva  ediscendus. 
3*   catechismus  Lutheri  Latinus  8. 

per  partes  exponitur  et  tam 

syntacUce    quam  etymologioe 

resolvitnr. 
4«  nempe  privata,  declinationum 

et  coniugationum  ezempla  dan- 

tur  ex  leoüone  catecheüca  vel 

sententia  Heermanni  evange- 

lica  tunc  usitata. 


Die  Martis 


horis 

pomeridianis 
per  alumnum,  yulgo  locatom 
dictum,  declinationes  et  oon 
iugaüones  exercentur. 
▼ocabula  Latino-Germanica  re* 
dtantur. 

yestibulum  Comenianum  ei- 
plicatnr  et  grammatioe  resolri* 
tur  9  habita  insimul  deolinatio- 
num  et  coniugationum  ratione. 


1.  post  preces  peractas  in  parte 
grammaticae  etymologica  per- 
gitur. 

2.  Donatus  iterum  inculcatur« 

8.  in  lectione  cateohetica  fit  prO' 
gressio. 

4.  privata,  argumentum  praescri- 
bitur  et  pueri  constructioni 
assuefiunt. 


1.  deolinationnm  et  coniugaüo* 
num  pBcadigmata  rumiaaator. 

2.  Yocabula  memoriae  maadab 
redtantur. 

3.  in  lectione  Gomenianapergitor 

et  sententiae  breves  imitandie 
constructionis  eigo  eUdnutar. 


Die  Mercurii 

1.  preces  commissaa  exdpit  lectio  grammaticae «  et  absolati  alicoios 

capitis  repetitio  institnitur. 

2.  in  pazadigmatis  declin.  et  coniug.  secundum  ordinem  progre- 

dimur. 


M.  Johann  Boliemiu.  1)85 

biMDJflMMit  werden  darf:  am  29  oct.  1626  ward  er  .-r  tUndgens 
fäkt  wie  noek  beeimderg  hervorgehoben  wird  —  doreh  den  kaiaer*. 
pidagrafiM  D.  Simon  Ualains,  damala  grftfl.  oldettbaxgUoheilt 
anfajaehfifiieh  magdebnrgieehen  kanaler  nnd  im  leiaterer  stel- 
mmidanemdengfinaer  seiner  mueewUirend  darHaUeedie&wiriD- 
■faii,  bei  deaeen  znfiUliger  anweaenheit  an  Wsttenberg  in-eiiier 
■üÜMhen  miiMJmi  snm  poeien  gekrönt,  *teila  auf  iiecm  dr.  Cearadi 
k|M>vii  hoehgfeigte,  doeh  ilmi  nnbewoate  reoonmiuidatkm^teila 
mk  ana  eignar  bewegong*.  vergebens  snehte  er«  hflimt  ee^  ba- 
Atiidimer  weiae  die  uayerdiente  ehre  zorQobawaiaen.  man  weiaa 
iJdnliBgliohy  wie  es  in  Wahrheit  bei  der  erteihmg  der  wttrde  zoan- 
}km  pflegte«  nnd  was,  d.  h.  wie  wenig,  sie  noch  werik  war* 

Sa  war  der  gewöhnliche  lauf  der  zeiti  wo  adttiatftndige  and  ein* 
tlßiAen  geiatUohe  fimter  nicht  eben  in  jongen  jähren  erworben 
imdem  pAagieB,  weatn  angehende  theologen  iwnltohirfi  faat  siahend 
Ml  weg  dundb  das  sehnlamt  nahmen,  und  es  hätte  fcaain  deasen 
riuft,  daea  Bohemas  ^immer  tacito  natarae  inatiaMtoy  wie  er  oiflt 
Mget»  Inet  aom  Schulwesen  und  Information  der  Jugend  getn^^' 
IV«,  a.  60),  um  auch  ihn  auf  denselben  zu  fahren^  Ak  wemiiaa- 
%•  aa  iha  in  dieser  beaidiuag  von  einem  gewiasen  aeilpuiicta  an 
dl  zu  häufiBB  begannen,  so  mag  das  wol  ala  zeichen  delJr  berror* 
iebsn  werden,  diftsz  er  bersits  in  tonangebenden  kreisen,  wie  auch 
saamen  aeiner  gfinner  darthun,  die  anfinerksamk^  auf  sich  ge» 
pn  hatte.  Wittenberg  war  auch  ein  ganz  besonders  günstiger 
IIl  nnd  apftter  durfte  er  vollends ,  wie  ea  am  stürksten  in  der 
rieitung  zu  der  im  j.  1640  zu  Dresden  Yovgetragenen  und  ge- 
pskten  'paiaenesis  ad  studia  linguarum  Latinae,  Oraeeae,  Blebrai* 
l^at  qoBB  bis  sunt  eognatae'  geschieht,  Wol  sagen,  daaz  ihn  der 
In  gott  —  es  ist  der  ausdruck  des  lebenslanä  —  habe  in  die 
j^  haben  wollen. 

%  Am  2  aprii  1627  kam  eine  berufnng  zum  rectorat  der  achnle 
bogk,  unmittdbar  daranf  emp&^  ihn  Fr.  BaUhain  für  das 
snbeonrectorat  am  herzoglichen  pftdagogium  zu  Stettin, 
reetor  ein  verwandter  von  Bohemua  war;  aber  beides  trat 
dagegen,  daaz  auch  schon  Paul  Böber,  damala  hofprediger 
ihn  dem  rathe  dieser  atadt  für  das  conrectorat  am  evange- 

lutherischen  gymnasium  daselbst  in  verschlag  gebracht  hatte. 

d  reiste  er  zu  weiterer  Vernehmung  dabin,  und  unter  dem 
ffKÜ  ward  ihm  das  amt  übertragen ,  das  er  dann  nach  abhaltung 
rUbli^ien  amtsprobe  am  19  juli  desselben  jahres  feierlich  antrat, 

ß zeitig  mit  dem  ebenfalls  von  Wittenberg  herbeigerufenen,  um 
e  jabre  älteren  reetor  M.  Christian  Queinzius.  ^" 


i^  wgL  bes.  F.  A.  EcksteiD,  beitrüge   sar  geschichte  der  Halleschen 
1, 1  (Halle  1850),  s,  10.  12  ff.»  woran  sich  das  folgende  nach  gebühr 
eogsie  anschliesst.  —  Eine  differenz,  freilieh  sehr  geringfügiger 
veias  ich  mit  meinen  hülfsmitteln  nicht  sa  beseitigen.    Eclutein 
als  tag  der  einführung  Queinzius  in  sein  amt  den  1  august  (natür- 

13* 


i 


196  M.  Johann  Bohemus. 

Das  war  ein  wichtiger  abschnitt  in  der  geschichte  diMer  in- 
stalt.  ihr  neuer  leiter  war  seinerzeit  in  C5tL._  unter  Wd^n^ 
Batichins  und  auch  noch  einige  zeit  nach  dessen  entfeninag  tmi  di 
thätig  gewesen,  für  dessen  reformplftne  übrigens  der  xath  sn  Balk 
im  j.  1618  sein  lebhaftes  interesse  dadurch  befandet  hstta,  das  a 
den  damaligen  rector  Sig.  Evenius  dorthin  sandte,  um  über  die  new 
methode  bericht  zu  erstatten,  jetzt  wirkte  er  —  neben  einer  vb- 
fJEissenden  schriftstellerischen  thtttigkeit  auf  venehiedenen  gebieta, 
deren  ergebnisse  namentlich  in  seinem  entwurf  der  dentachen  vpaAr 
lehre  und  in  seiner  deutschen  rechtschreibung  eine  gewisse  bedn- 
tung  für  die  geschichte  der  deutschen  spradhe  und  litteratnr  gi- 
wonnen  haben  —  besonders  für  einführong  besserer  sohiilbBdMii 
für  bessere  einrichtung  der  gesfinge  und  gebete  in  der  scbaUarche^ 
für  begründung  einer  schulbiblioüiek,  reyision  der  echnlcndBimk 
für  fleiszige  einübung  von  schulkomödien  und  zweokmlsiigen  » 
Ordnung  der  öffentlichen  redeactus  und  disputationen  ebenso,  «b 
für  eine  regelmlszigere  rechnungsfühnmg  an  der  anstalt,  und  er 
warb  sich  dadurch  grosze,  von  mit-  und  nachweit  dankbr  «NT 
kannte  Verdienste  um  dieselbe,  die  denn  auch  trotz  der  not  der  mK 
rasch  za  hoher  blfflte  gedieh,  zwöl^  jahie  kng  wirkte  Bohemn  wä 
ihm,  übrigens  gleich&lls  litterarisch  nicht  wenig  thfttig,  aowolii 
wissenschtätlicher  hinsieht  als  namentlich  fruchtbar  in  gel^wilwili 
gedichten,  die  zugleich  genügenden  aufschlusz  geben  über  seine  b^ 
Ziehungen  zu  den  Yers(^edensten  Persönlichkeiten  der  etadU  ift; 
cielles  aus  jener  Wirksamkeit  ist  uns  zwar  ebenso  wenig  bekflüt 
geworden '\  als  über  seine  sonstigen  lebensschicksale  in  diHS 
Periode,  wie  diese  denn  eigentlich  überhaupt  nie  yiel  abeonderiifltal 
gehabt  haben;  aber  daftz  jene  sich  im  vollen  einklang  mit  CkieiaflB 
bestrebungen  bewegte,  dasz  Bohemus  von  da  her  die  fruditbanta 
und  fEbr  die  ganze  folgezeit  bestimmend  gewordenen  anrqpufM 
empfangen  hat,  bezeugt  fast  jede  seite  aus  der  gesdiidite  seiMi 
eignen,  spttteren  rectorats  zu  Dresden,  nichts  anderes  wollte  ei  to 
sagen,  wenn  im  j.  1633  seine  festhaltung  im  Halleschen  dieübi 
gegenüber  einer  berufung  nach  auswärts  u.  a.  ausdrücUidi  daai 
motiviert  ward,  'es  hfttte  e.  hochw.  rath  seine  ge¥risse  uiaaflh^ 
warum  sie  itzo  ihr  gynmasium  nicht  wollten  zerreiszen  luKtf^ 

lieh  beziehen  sich  alle  data,  auch  in  unseren  sonstigen  anfUiniagi^ 
aaf  den  jnlianischen  kalender);  das  CV.  gibt  für  BohemiiB,  der  iSirf 
die  gleichseitigkeit  der  seinigen  mit  der  des  Gueinsios  zu  betonen  vtt^ 
obiges  datnm  an,  das  programm  von  1672  und  die  handschrift  'Panoeetsi 
remm  ad  scholam  D.  Cmcis  attinentinm*  im  archiv  der  krensaehdh 
(sB  SAP.  in  den  folgenden  citäten)  nennen  wieder  andere  data,  wsbe 
aber  znm  teil  gans  offenkundige  versehen  untergelaufen  sind. 

^*  Eckstein  a.  a.  o.  s.  46  verweist  auf  J.  Chr.  v.  Drejhanpt,  W 
schreibang  des  ..  Saal-Creyses,  teil  2  (Halle  1750;  s.  196)  und  IGttsf 
Hallisohe  schnlhistorie ,  teil  2  (Halle  1747;  s.  78  ff.),  doch  gibt  der  erst« 
nichts  als  den  Namen ,  und  Mittag  auch  nur,  was  im  CV.  nnd  bei  Egeae) 
zu  finden  ist. 


M«  Johann  Botonna*  197 

wüsiB  man  seine  thftlagkeit  zu  sohfitsen;  das  beweist  das 
ibeMfo  tengnio,  ««»  ihm  bei  seinem  sohlieszliehen  abgang  aasge« 
Mt  ward,  beweisen  mannigfoche  empfehlongen  seiner  gOnner  nfMsb 
»Wirts  Ün  —  und  noob  mehr  eben  die  bemfangenr,  welohe  aneh 
ihn  eigne  Terankssmig  von  dort  her  an  ihn  ergiengen«  so  sollte  er 
inj.  1633  rector  in  Nordhansen  werden,  und  bereits  war  alles  ab* 
piehloesen  nnd  die  vocation  in  seinen  hftnden,  als  sein  patron,  der 
ftn  einst  sehen  'eine  stattliche  und  rühmliche,  so  mit  stillschweigen 
mM  in  llbergehen,  verehrange  zum  anzuge  getban*,  ihn  noch 
teA  Torstellangen  nnd  gewfthrung  einer  persQnlidien  zulage 
Hrtdddelt.  zwei  jähre  spftter  ward  ihm  das  rectorat  i|i  Eisleben 
■getragen,  freilich  konnte  von  vom  herein  nicht  wohl  von  einem 
li^griien  auf  dieses  angebet  die  rede  sein,  weil  der  dortige  bergban, 
Ml  dessen  ertrignissen  sonst  die  besoldungen  der  lehrer  bestritten 
mden,  wegen  des  krieges  gftnzlich  damiederlag.  im  j.  1637  ward 
Meraos  veranlaszt ,  sich  um  das  reotorat  in  Naumburg  zu  bewer- 
In,  dessen  dermaligem  inhaber  die  befBrdenmg  in  ein  geistliches 
iBt  bevorstand.  aUerdings  gerieth  die  angelegenheit  bald  ins 
lioeken,  da  neue  Verwüstungen  des  krieges  den  eintritt  jener  vor- 
leiii^inng  vereitelten,  aber  gegen  ende  des  j.  1638  kam  sie  in 
ftaüdier  vreise  nochmals  zur  behandlung,  und  diesmal  gab  der 
•Unistrator  August  von  Sachsen  selbst  dem  bewerber  seine  ge- 
vidrtige  empfehlung.  indes  noch  ehe  es  zu  einer  entscheidung  darin 
•  fkmmen  war,  lief  von  dritter  band,  vom  6  august  1639,  im  namen 
l'iirlhresdener  patronatsbehOrde  eine  anfrage  wegen  Übernahme  des 
iiM^ten  rectorats  der  kreuzschule  ein,  übrigens  gleichfalls,  ohne 
Bohemus  sich  um  die  stelle  bemüht  gehabt  hfttte.  *^  unter  dem 
iL  m«  erklftrte  er  seine  bereitwilligkeit,  und  am  28  fertigte  der 
die  Tocation  aus ,  mit  dem  wünsche ,  der  freilich  nicht  erfüllt 
sollte,  dasz  der  neue  rector  sein  amt  womöglich  noch  vor 
antreten  möge,  wenige  tage  nach  jener  traf  auch  eine  be- 
in  das  rectorat  zu  Freiberg  ein,  —  nunmehr  zu  spftt.  auszer- 
waren  Bohemus  wfthrend  seiner  Hallesehen  Wirksamkeit  wieder- 
aach  noch  zwei  pfiärrstellen  in  der  nfthe,  darunter  Giebichen- 
das  für  besonders  eintrftglich  galt,  angeboten  worden,  er 
sie  ausgeschlagen,  allerdings  waren  es  auch  zritlftufle,  wo 
einer  verikauschung  des  aufenthaltes  in  einer  festen  Stadt  mit 
ijenigen  auf  dem  platten  lande  noch  ganz  besondere  bedenken 
»genstellten,  und  Halle  selbst  war  erst  kürzlich  wieder  von 
Schweden  genommen  und  geplündert  worden,  gründe  ftbn- 
art  waren  es  gewesen,  die  eine  noch  viel  ehrenvollere  be- 
überhaupt  nicht  über  das  allererste  stadium  der  behandlung 
hinauskommen  lassen,  in  HelmstSdt  war  im  j.  1638  Bohemus 
le  für  die  professur  des  hebräischen  genannt  worden ,  aber  noch 


'^  die  acten  über  die  besetzung  8.  RA.,  D.  XI  'Acta  die  Ersetzungen 
iT  Schulbedienten  allhier  betr.,  von  a.  1616  bisz  1677',  f.  117  ff. 


198  M.  Johann  Bohemus. 

ehe  seine  antwort  anf  eine  deswegen  unter  der  hand  an  ihn  genu- 
tete anfrage  ergieng,  plünderte  und  verheerte  dort  das  haiMdiehe 
heer  die  nmgegend  der  art,  dasz  alle  einkünfte  ansblieben  und  ma 
yon  einer  Vermehrung  der  professoren  um  so  eher  absah,  als  lifllit 
einmal  den  derzeit  amtierenden  mehr  die  gehalte  ausgesaUt  weite 
konnten. 

III. 

Am  13  november  1639  reiste  Bohemus  von  Halle  ab,  nachte 
er  noch  in  einem  langen  lateinischen  gedieht  von  allen  nnr  vtgmir 
wie  bemerkenswerthen  persönlichkeiten  der  stadt  mit  nameBUklMit 
natürlich  streng  naoh  rang  und  stand  gegliederter  auftBUiog  ah- 
schied  genommen  hatte,  er  langte  am  19  d.  m.  in  Dresden  an,  oIm 
unterwegs,  was  immerhin  für  ein  wunder  gelten  moehte,  voate 
hier  und  da  liegenden  Soldaten  und  streifendeiL  rotten  behelligt 
worden  zu  sein,  und  hielt  am  25  seine  erste  lection.  das  war  dir 
anfang  einer  langen,  segensreich^i  thtttigkeit,  ans  welcher  mittai 
heraus  ihn  erst  nach  nahezu  37  jähren  der  tod  risz. 

Die  Signatur  dessen,  was  etwa  damals  von  geistigem  leben  ii 
Dresden  vorauszusetzen  war,  wird  noch  am  besten  beseichnet  donfe 
die  namen  der  hervorragendsten  geistlichen  der  stadt,  deven  jäte 
ja  in  seiner  art  ein  stück  gescbidite  bedeutet,  hier  sei  nor  an  te 
oberbofprediger  Matthias  Hoe  von  Hoenegg  (1613 — 1645),  Jaeob 
Weller  von  Molsdorf  (1646—1664)  und  Martin  Geier  (t  1680)b 
sowie  an  die  stadtpüarrer  und  Superintendenten  Aegidins  EttnMh 
(1616—1657)  und  Christoph  Bulftus  (f  1677)  erinnert,  sonst  mOehli 
höchstens  etwa  noch  Christian  Brehme  genannt  werden  dürfen,  te 
dichter',  der  im  j.  1640  zum  kurfttrstl.  bibliothekar  ernannt  wtfii 
David  Schirmer  und  -C.  Chr.  Dedekind  gehören  schon  einer  etvtf 
jüngeren  generation  an.  und  wie  wenig  am  hofe  unter  JohW 
G^org  I  von  geistigen  Interessen  und  deren  pflege  die  rede  HB 
konnte,  bedarf  kaum  der  erwfthnung.  für  den  schulmann  hatten  te 
Superintendenten  noch  eine  besondere  bedeutung  als  die  eigentU 
leitenden  mitglieder  —  mit  ausnähme  der  rein  finanziellen  veiUtt^ 
nisse  —  der  schulinspection.  sie  haben  auch,  ganz  im  einklaagt 
mit  der  bedeutung  und  den  forderungen  ihres  Standes  in  jener  wHk 
nicht  versäumt,  ihre  autoritftt  als  solche  geltend  zu  machen  ai 
nach  ihrer  erweiterung  zu  streben,  schon  in  bezug  auf  die  ■wiU' 
lung  eines  'regens  alumnorum'  im  j.  1617  wird  über  einen  eingdl 
Aeg.  Strauchs  in  die  bis  dahin  unbestrittene,  alleinige  competei 
des  rectors  für  diesen  gegenständ  geklagt  ^  desgleichen  betreib  te 
aufnähme  der  schüler.  Bohemus  selbst  hat  diese  klagen  veneiflh 
net.'*  er  hat  auch  einfiach  verzeichnet,  dasz  im  j.  1652  der  mm 
conrector  Benjamin  Stolberg  im  auftrag  des  erkrankten  sopei 
intendenten   durch   den  arc^diaconus  der  kreuzkirche,  übrigen 


<•  SAP.,  f.  104;  für  das  folgende  f.  91.  103. 


M.  Johann  Bohemut.  199 

wemgstens  im  beisein  der  weltlichen  miiglieder  der  scholinspeetion 

ttd  der  anderen  coUegen,  eingeführt  worden  ist.  aber  die  Sorgfalt, 

■it  der  sonst  angegeben  wird,  dasz  solches  im  gleichen  falle  durch 

4m  rector  geschehen  sei,  Ittszt  den  Vorwurf,  der  eben  darin  ent- 

Utea  sein  soll,  leicht  erkennen;  Schöttgen  hat  ihn  auch  schon,  laut 

filier  randnote  zu  der  stelle ,  herausgefunden,   schlieszlich  war  das 

Mch  eine  reine  sache  der  form  gewesen,  —  auf  die  freilich  das  zeit- 

itttr  besonders  viel  gab;  aber  etwas  mehr  bedeutete  es  doch  noch, 

von  im  j.  1668  ein  bisheriger  'regens  alunmorum'  von  Buläus  und 

im  rathsherren  der  inspection  als  sechster  lehrer  eingeführt  wurde, 

Mtfon  kein  coUega  gewust,  ist  auch  keinem  nichts  davon  gesaget 

Vüiden'.    indes  blieb  dem  rector  auch  so  noch  räum  genug  ftlr  eine 

faehtbare  thätigkeit. 

Die  kreuxschule  musz  unter  Georg  Hausmanns  leitung,  wenig* 
atei  in  der  letzten  zeit,  ziemlich  gesunken  gewesen  sein,  gewisse 
Zuteilungen  zwar,  wie  sie  so  ziemlich  am  beginn  seines  rectorats 
KOi  Tisitatoren  und  inspectoren  erhoben  wurden  ^^,  wollen  nicht 
«ben  viel  besagen;  mängel  ähnlicher  art  sind  auch  in  notorisch 
Wiern  Zeiten  ab  und  zu  gerügt  worden,  aber  im  j.  1638  waren 
mtor  und  conreotor  von  der  inspection  förmlich  zur  rechenschaft 
herüber  gezogen,  dasz  die  schule  so  verfallen,  und  ihr  versuch,  die 
wkM  davon  auf  die  bürger  und  die  privatschulen  zu  schieben,  war 
4tim  beantwortet  worden :  das  sei  vielmehr  die  folge  ihres  schlech- 
te onterrichts  und  des  mangels  an  fleisz  und  strenge.  ^^  fast  noch 
gewicht  möchte  der  thatsache  beizulegen  sein,  dasz  sonst  nach 
richtung  hin  auch  nur  eine  spur  von  Hausmanns  wirken  sich 
«Uten  hat,  und  dasz  Bohemus  die  prima  mit  nur  zwanzig,  die 
gar  nur  mit  zehn  schülem  übernahm.  *^  jedenfalls  mache 
dafOr  nicht  allein  das  elend  des  dreiszigj&hrigen  kri^es  ver- 
ipilirortlich.  allerdings  klagte  eben  damals,  in  der  landtagspropo- 
jpüien  vom  j.  1640,  die  regierung  selbst  beweglich  in  diesem  sinne; 
wenn  Kursachsen  verhältnismftszig  spät  direct  in  den  krieg 
ezogen  ward  und  die  stadt  Dresden  wenigstens  Während 
Iben  nie  in  feindliche  gewalt  gerathen  ist,  so  litt  man  hier 
einquartierung,  theuerung  und  pestilenz  noch  gerade  genug, 
unter  Bohemus  stieg  doch  der  besuch,  auch  aus  dem  offenen 
und  selbst  von  fem  her,  rasch  wieder,  trotz  der  nur  noch 
nden  not.  und  im  allgemeinen  darf  sich ,  wer  je  in  die  läge 
ommen  ist  einen  überblick  zu  gewinnen  über  die  reiche,  gelehrte 
tur  aller  art,  die  während  der  dauer  des  dreiszigjährigen  krie- 
pB  geschrieben,  gedruckt  und  verkauft  worden  ist,  der  unerfreu- 

? 

r    *^  RA.,  D.  XXXI.  3    'Die  Kirch-  und  Schulen  Visitation  .  .  betr.  a. 
|i*y^ö%  f.  6—7.     B.  VII.  16  (vom  19  mai  1625),  f.  3. 
U    *^  v^l.  Hasche,  diplomatische  geschichte  Dresdens,  3  (Dresd.  1817)» 
6i83.    die  originalacten  scheinen  leider  verloren  gegangen  zu  sein. 
«•  SAP^  f.  109.  —    Für  das  nächstfolgende  vgl.  (Böttiger-)  Flathe, 
des  kurstaates  und  königreiches  Sachsen,  2  (Qotba  1870),  s.  215. 


200  H.  Johann  Bohemus. 

liehen  erwftgong  kaum  verschlieszen ,  ob  er,  um  diesen  anadrnd 
gebrauchen,  den  respect  vor  dem  dreiszigjfthri^  m  kriege  oder 
der  damaligen  gelehrsamkeit  yerlieren  solle,  mag  es  seifli,  dasi 
krieg  anf  die  sogenannte  schöne  litterator  in  gewissem  gimde  k 
tigend  nnd  yerjttngend  eingewirkt  hat'*';  aber  welch  eitlem  taad 
und  mit  welchem  eifer  und  welcher  selbstgefülligkeit  — •  jagea 
gelehrten  nach,  als  hätten  sie  keine  ahnung  davon,  was  eben 
dem  spiele  stand!  —  Zu  alle  dem  kam  noch,  dasz  nach  Hansma 
tode  das  rectorat  fast  zehn  monate  lang  unbesetzt  geUiebeni 
gerade  einen  tag  vor  Bohemus  antritt  war  der  Quintus  gestört 
der  länger  als  vier  jähre  sein  amt  wegen  erblindong  lücht  k 
verwalten  können  (SAP.  f.  97).  gewis  war  es  dem  äimsten  sek 
gönnen,  wenn  ihm  der  rath  während  dieser  zeit  das  gesamte ( 
kommen  seiner  stelle  beliesz;  aber  dasz  er  dieselbe  inswisdieb 
durch  einen  obem  schüler  ausftillen  liesz,  konnte  der  anstalt  mm 
lieh  zuträglich  sein,  zumal  da  ohnedies  schon  der  leiter  des  alonu 
und  zugleich  der  untersten  classe  dieser  kategorie  angehdrte. 
wollte  zwar  immer  noch  etwas  ganz  anderes  besagen,  als  wenn  h 
zutage  ähnliches  geschähe,  in  einer  zeit,  wo  gar  nidit  selteii  der 
maner  eines  gymnasiums  direct  in  eine  lehrerstelle  aa  einer  niec 
schule  eintrat ,  oft  wenigstens  lange  jähre  in  der  classe  verblieb, 
dasz  u.  a.  hier  in  Dresden  gegen  ende  des  17n  Jahrhunderts  die 
Stimmung  getroffen  werden  muste,  es  solle  niemand  über  drei  jahi 
der  prima  behalten  werden,  'es  geschehe  denn  seiner  qnalität  w« 
in  arte  musica'  (RA.,  B.  VII  16  s.  19).  man  findet  bei  Mbt 
'regenten'  dieser  art  die  dauer  ihres  amtes  bis  zu  sechs  jähren  ai 
geben;  deijenige,  den  Bohemus  bei  seinem  antritt  vorfond,  bei 
dete  dasselbe  schon  seit  ostem  1633  und  noch  weiter  bis  zn  pf 
sten  1640.  dann  avancierte  er  zur  sechsten  stelle  im  coUegium 
schule  selbst,  während  doch  gleichzeitig  die  neuerung  getro 
ward,  die  hier  als  die  erste  unter  den  von  Bohemus  angebaki 
reformen  erwähnt  sei,  dasz  künftig  auch  die  unterste  stelle 
einem  'academicus'  bekleidet  werden  solle. '* 


^  Qemnas,  gesch.  der  deatschen  dichtuDg,  3',  s.  198  ff.  — 
etwas  übertrieben.  —  DafOr,  wie  fem  die  gelehrte  weit  dem  leben 
der  not  der  seit  stand,  ist  kaam  etwas  beseiobnender,  als  wenn  j 
in  einem  in'AtuUtionsffedioht  su  Bohemus*  gebnrtstag  im  j.  1681  — 
gemerkt:  in  Halle,  dessen  gescbick  so  gans  besonders  eog  mit  i 
jenigen  Magdeburgs  Terknüpft  war  —  diese  jabressahl  belieDterma 
ausgedrückt  wird  dnrcb  den  rtra:  (seil,  anno) 

qVo  MagDbVrga  perlt  Vrbs  totaqVe  tVrba  neCatVr! 

*'  hier  bildete  sieb  in  der  praxis  für  lange  seit  der  gebraaeb 
dass  frühere  scbüler  der  anstalt  zu  dem  amte  genommen  worden* 
begreiflicher  weise  sich  besonders  bttatig  erledigte,  kars  geaiif 
oft  die  Studienzeit  der  betreffenden ;  und  als  wie  tief  nnter  des  A 
lieben  'scbnlcollegen'  stehend  sie  trotz  ihrer  eigenschaft  als  aead« 
*noob  lange  betrachtet  wurden,  zeigt  zb.  recht  deutlich  ein  cems« 
eines  unter  den  kurf.  visitatoren  an  den  rath  (RA.,  D.  XVI  'Aclt 


M.  Johann  Bohemus.  201 

Ueborhaapt  hatte  Bohemus  sinn  ftlr  das  technische  der  ver« 
waltong;  man  merkt  es,  dasz  er  ans  einem  wohlgeordneten  schnl- 
wemi  kam.  wie  er  sofort  beim  antritt  die  namen  wenigstens  seiner 
adtielbaien  schaler  in  den  beiden  obersten  dassen  anfiiahm,  so 
hffiib  er  aacfa  zuerst  ein  yerzeichnis  der  nenaafgenommenen  an.  nur 
MM,  datom  der  aofiiahme  und  heimat  werden  freilich  yerzeichnet, 
-~  die  elaase  erst  Yon  seinem  naohfolger  an ,  und  weiteres  erst  noch 
fial  ngtABT.  aber  in  der  ganzen  vorangegangmien  periode  sind 
wwiaratsacten  hier  überhaupt  gar  nicht  geführt  worden,  die  auf- 
Hhne  stand  dem  Superintendenten  und  dem  rector  gemeinschaftlich 
■,  wobei  es  sich  von  selbst  ergibt,  auf  welcher  von  beiden  Seiten 
ii  der  regel  der  bestimmende  einflusz  war.  geklagt  wird  allerdings 
Utsfig  über  die  bevorzugung  auswärtiger  vor  den  bürgersöhnen, 
Bid  hsoptsfichlich  um  dies  zu  yerhindem ,  wo  es  sich  um  so  bedeu- 
Me  beneflcien  wie  den  eintritt  in  das  alumnat  oder  in  die  currende 
iHidelte,  ordnete  der  rath  von  1657  an  zwei  seiner  mitglieder  ab, 
ie  iowol  im  allgemeinen,  vorbehftltlich  der  rechte  des  superinten- 
Untn,  als  inspectores  und  directores  fungieren  sollten,  und  ohne 
hnn  beistimmung  namentlich  keine  aufnähme  oder  Versetzung 
tettfinden  dürfe**,  eine  bestimmung,  die  freilich  nicht  immer  be- 
ziehtet worden  ist.  laut  jenen  Verzeichnissen  ist  denn  nun  in  den 
nta  fOnf  jähren  von  Bohemus  rectorat  die  zahl  der  aufgenomme- 
m  von  82  constant  bis  zu  119  gestiegen,  und  noch  zweimal  im 
MriMif  des  ersten^  einmal  im  verlauf  des  zweiten  Jahrzehnts  ist  die 


hseral-  Kirchen-  and  Schul -Visitation  betr.  1670  und  1671*,  f.  143), 
mfai  naf  die  bittern  beschwerden  des  regens  alamnomm  über  die  gäns- 
Wlt  nnsiilftnglichkeit  seines  gehalts  and  den  sohlechten  zustand  seiner 
illBiuig  (ebendas.  f.  69 ;  vgl.  Neubert,  rechtsverhältnisse  der  kreasschale, 
kJHI)  geSassert  wird:  '1)  Ist  kein  rechter  Schall  Collega.  2)  bat  zn 
mtutm  thnen  einkommens  genug.  3)  Solte  er,  wie  andere,  vociert  und 
iMnniert  werden,  so  müste  ihn  £.  E.  Ratb  auch  besolden,  . .  da  er 
hA  in  warheit  nur  als  ein  Coalumnus  vom  Tisch  und  Bier  participiert. 
K)  wegen  des  begehrten  Ofens  vemebme  man  die  andern  CoUegas',  — 
■  sicher  so  viel  biess,  als  die  erfüllnng  des  sehr  billigen  Wunsches 

inmer  vertagen.  —  Aehnlicbes  auch  in  einem  bericht  des  raths, 
I.  f.  109. 

"   RA.,  B.  Vn*.  191*    'Acta,  allerhand  Nachrichten,  die  schule  z. 

r.  in  Dr.  betr.  Vol.  I.  1657'  sqq.,  fol.  1.  8.  —  Später  ist  dem  rath 

einem  der  städtischen  sohulinspectoren  der  verschlag  gemacht  wor- 
I,  die  reception  dem  rector  allein ,  nur  mit  eventueller  Zuziehung  des 
iMors  zur  prüfnng  im  gesan^,  zu  überweisen,  gewis  nicht  blosz,  'da* 
Mk  der   b.   Sup.  nicht  allezeit  behelligt  werden   dürfe'  (KA.,  B.  VII'. 

Fl*  ^Acta,  allerhand  Deliberationen  und  Anordnungen  der  Schule  z. 
Kr.  Besserung  betr.  1616—76%  f.  10;  undatiert,  doch  nach  sichern 
Bchen  zwischen  1664  und  1669  verfaszt),  sondern  teils  wol,  weil  in 
tbat  zuweilen  der  rector  durch  den  einflusz  des  Superintendenten 
ifnahmen  gedrängt  wurde,  die  über  seine  befugnisse  hinausgiengen 
1660;  RA.,  ß.  VII'.  191',  f.  34),  mehr  noch,  weil  die  städtische 
Me  wol  überhaupt  gern  diese  anspruchsvolle,  geistliche  autorität 
aeite  gedrängt  hätte,  auf  das  bemerkenswertheste  beispiel  davon 
dem  j.  1558  ward  oben  (anm.  7]  hingewiesen. 


202  M.  Johann  Bohemoi. 

hundert  überschritten  worden,    solche  hat  erst  das 

wttrtige  jahrhondert  wieder  enreidit.  spater  sinkt  das  nui 
dings  ganz  bedeutend,  wtthrend  für  das  erste  Jahrzehnt  di 
angeführten  zahlen  zugleich  das  minimum  und  maximoin 
Wachses  beseichnen,  bewegt  sich  im  zweitem  die  aniaahme  £i 
62  und  114,  im  dritten  zwischen  45  und  84,  in  den  sechs 
Jahren  des  vierten  —  da  das  siebente  als  unvollendet  dool 
zum  vergleich  herangezogen  werden  darf  —  zwischen  36  u 
und  wesm,.  wie  eine  zufiüllg  erhaltene  notiz  lehrt ^^t  em  lOafM: 
die  gesamtzahl  des  (Mqm  238  betrug,  so  ergibt  ein  bei  gelcj 
eines  ezamens  im  j.  1675  aufg<   ommenes  verzeichiiis  nur  na 

Auch  sonst  ward  mancher  versuch  gemacht ,  die  ftusier 
httltnisse  der  anstalt  in  eine  :este  Ordnung  zu  bringen*^, 
ihrerseits  die  behörde  ihr  wohlwollen  im  j.  1651  durcdi  d 
herstellung  eines  auditoriums  und  1667  durch  den  neub 
rectorwohnung  unmittelbar  neb  n  dem  schulgebftude  bewies. 

Den  ersten  anlauf  zu  eii  darstellung  der  geschidite 
stalt  hatte  im  j.  1619  der  reotor  Tobias  Simon  in  seiner  ^oi 
beneficiis  huc  usque  in  scholam  Dresdensem  a  Deo  ooUal 
nommen.  das  war  f^ilich  nicht  viel  mehr  als  eine  dürftige 
menstellung  einiger  data,  vor  allem  der  namen  des  Idirerpe 
bis  auf  seine  zeit;  und  als  Bol  lus  das  wieder  au^gpriff  und  < 
maszen  erweitert  und  bis  i  :  c  gegenwart  fortgeführt  im  j. 
in  einem  programme  ersci  en  liesz,  ist  er  im. wesentliche 
von  denselben  gesichtspuncten  ausgegangen,  mehrfach  sini 
angeblichen  berichtigungen  nichts  weniger  als  das,  und  ülx 
ist  niemandem  zu  rathen,  wo  es  auch  sei,  auch  nur  eine 
älteren  angaben  ohne  die  genaueste  prttfung  anzunehmen, 
führte  ihn  das  gelegentlich  herangezogene  urkundliche  mater 
80  ist  es  doch  eben  wenigstens  herangezogen  worden,  was  er 
sehr  langer  zeit  wieder  geschehen  sollte;  und  mit  mehrfad 


*'  hdsohr.  aufzeichnong  über  das  begr&bnis  der  kurfürstin 
lene  Sibylle,  SAP.,  f.  461.    für  das  folgende  s.  ardiiv  der  krea 
(Sup.  I],    'Acta  die' Creuz- Schale  za  Dreszden  betr.'  YoL  I  (R 
Litt.  S.  No.  1  1-  KA.  in  den  folgenden  Cltaten),  f.  17  ff. 

**  vgl.  s.  b.  die  aagengcheinlich  auf  anregnng  des  collegiai 
ratb  im  j.  1654  erlassene  bestimmong  über  den  bezog  von  geh 
acoidentien  nach  todesfällen  im  colleginm  bis  zur  nenbeselsang 
f.  69,  wo  sich  an  dieselbe  sofort  notizen  von  fiohemns  und  ander 
die  praktische  ausführang  in  gegebenen  fällen  angefügt  finden;  v 
f.  2),  n.  a.  m.  hier,  wie  anderwärts,  geschah  damit  wahrsobeiiilic 
viel  mehr,  als  dasz  bereits  herkömmliches  genauer  definiert  i 
stätigt  ward,  aber  eben  das  bestreben  nach  gewianang  einer  besi 
form  ist  bemerkenswerth.  —  Ueber  die  onter  fiohemns  sa  gons 
schale  gemachten  Stiftungen  s.  Gehe,  die  Unterrichts*  and  ersi 
anstalten  in  Dresden  (Dresden  und  Leipzig  1846),  s.  18  ff.  ü 
reohtsverhältnisse  der  kreusschule,  §  S. 

'^  ad  gloriosissimom  Jesu  Christi  cosmosoteris  triomphnm  sa 
dramatis  .  .  celebrandom  .  .  inritat  M.  L  B.  49. 


M.  Johann  Bohemus.  20B 

mkBrvmgmt  in  fo  i  .  thi  chen,  die  sich  nicht  gerade  fttr  eine 
AeieUe  iNibli€a»on  «»^u«»!»«,  waren  dieee  aufteiehnnagen  bereits 
iMiiicihriftlieh  in  ein  hoch  eingetragen  worden,  dem.  spiier  der  titel 
'iMdeeUe  rerom  ad  aoholam  d.  Cmeis  attinentinm'  Torgeeohrieben 
nA  nnd  dessen  yorhandensei]!  wenigstens  Bobemns  nadifolgem 
mA  in  den  trflbsisB  zeiten  eine  mahnnng  zur  fortfthmng' einiger 
ibarüsferung  tob  der  geschichte  der  schule  geworden  ist. 

BoiMoatofl  ittgte  dem  noch  einen  weiteren  wichtigen  besiandteil 
bä»  es  ist  beseidinend  im  sinne  des  oben  gesagten,  dasz  wir  yom 
madiüek  seines  eintritts  in  das  rect(»tit  an  bis  zn  dem  letzten 
▼or  seinem  tode  dorchgdiend  von  semester  zu  semester 
wohlgeordneten  überblick  des  von  ihm;  behandelten  lehrstoffes 
(SAP.  s.  352 — 370).  auch  hier  hat  diese  blosze  thatsadie 
seine  naehfblger  zur  fortführung  entsprechender  aufaeich* 
bewogen,  wenigstens  bis  zum  J.  169ö,  wo  die  ganze,  durch 
US  begonnene  und  wesentlich  bestimmte  entwickelungsreihe 
hran  abschlusz  durch  eine  neue ,  unter  hervorragender  mitwif kung 
Im  Superintendenten  Chr.  Schrader  festgestellte  lehrordnung  fand.** 
Idicb  erstrecken  sich  jene  angaben  nur  auf  die  thätigkeit  des  rec- 
■8  selbst,  also  auf  den  lehrstoff  fOr  prima  und  teilweise  auch 
■i^gen  der  damals  sicher  ebenso  häufig,  wie  es  für  1575  und  1695 
lisumt  ist,  stattfindenden  combinationen)  für  secunda.  dazu  läszt 
b  dispoeition  desselben  nach  der  beliebten  dichotomischen  airt  jede 
iisotung  über  die  zahl  und  Verteilung  der  einzelnen  lectionen  ver- 
aber  für  die  vorangegangene  zeit  ist  von  der  schule  aus 
in  dieser  beziehung  nicht  einmal  der  schatten  einer  über- 
bewahrt worden,  gerade  so  wie  später  wieder  längere  zeit 
,  und  wir  würden  darüber  gänzlich  im  dunkeln  sein,  wenn 
anderweit  in  berichten  und  acten  von  Visitationen  und  revi- 
einiges  wenige  zu  finden  wäre. 
Den  ersten  tieferen  einblick  in  das  innere  leben  der  eben  da- 
auf  den  bestand  von  sieben  classen  erhobenen  anstalt  gibt  der 
teressante  ^ordo  lectionum  scholae  Dresdensis^,  den  iV.  ZÖrler 
1575  bei  gelegenheit  der  general-,  kirchen-  und  schulrevision 
icht  hat.*'  darauf  näher  einzugehen  ist  hier  nicht  der  ort; 
bemerkenswerth  mag  erscheinen,  dasz,  während  anderwärts 
dem  stürz  der  philippistischen  richtung  in  der  theologie  bald 
die  übrigen  lehrbücher  Melanchthons  aus  den  schulen  ver- 
wurden ,  von  denen  wenigstens  die  lateinische  und  die  grie- 
e  grammatik  in  Zörlers  plan  ausdrücklich  als  benutzt  auf- 
werden, hier  noch  im  j.  1625  festgehalten  ward,  *es  solle 
o  meher  nicht  den  die  einige  Grammatica  Dr.  Philippi  in  der 


RA.  B.  VII.  15  ''die  erkundigang  des  zustandes  der  schule  z.  h. 
betr.',  f.  4—11;  nicht  ganz  vollständig  8AP.,  f.  887  ff. 
"   abgedruckt  bei  F.  £.  Gehe,  die  Unterrichts-  und  erziehungsan- 
in    Dresden,    s.  22—27,    nach   der   abschrlft    im   archiv  der  k. 
int.  Dresden  II. 


i 


204 


M.  Johann  Bohelnas. 


Bchnlen  getrieben  noch  gebraucht  werden'. '^  im  j.  1580  wi 
die  berttbmte  knrsttchsi^e  Schulordnung  publicieri  worde 
auf  die  yerhftltnisse  von  Dresden  specieU  bezog  sich  eine  g< 
bene  städtische  Schulordnung  vom  j.  1603,  die  nicht  bloss,  ^ 
zunftchst  jemand  erwarten  m(k^te,  disciplinaryorschriften  n: 
hausordnung  fllr  die  alumnen  und  ihren  regenten  enthielt, 
ehe  darauf  weiter  eingegangen  wird^  wie  sich  hierzu  und 
pftdagogischen  anschauungen  der  zeit  im  allgemeinen  Bohemi 
thätigkeit  stellte,  mag  erst  das  einzige  gesamtbild  von  dem  s 
der  schule  unter  seinem  rectorat  folgen,  welches  in  den  1 
kirchen-  und  Schulvisitation  im  b^nn  des  j.  1671  eingefoi 
berichten  erhalten  ist  (BA.,  D.  XVI  f.  42 — 59);  allerdings  ai] 
zeit,  wo  nach  anderweitigen  Wahrnehmungen  cKe  schule  sdion 
in  einer  rttcklftufigen  bewegung  begriffen  war.  derartige  diuj 
gerade  für  jene  zeit  nicht  httidSg  genug  in  gleicher  yoUatfim 
wenn  nicht  erhalten,  doch  publiciert,  um  nicht  durch  ein 
beispiel  yermehrt  werden  zu  dürfen. 


absolylt 
hoc    se- 
in es  tri 
in  lec- 
tionibus 
Suis 


publice  in^ 


ling^i8< 


humanitate,  in< 


Consignatio  lectionum  a  M.  Johann.  Boheme  habil 
anno  .  •  MDCLXX.   in  examine  yernali. 

pietate,  in  compendlo  Hütteri  theologico  VS 
a  X.  nsqiie  ad  XVIII.,  additis  qaibasdam 
annotationibas 

fLatina,  Virg.  1.  I. 
calligpraphiam  Ovi 
dietitaTit,  totam 
riam  Christi  yei 
yersibns  -Virgiliai 
scribendam  ad  ii 
nem  proposnit, 
Graeca,  Homer.  0 
et  Platarch.  Hb 
pneror.  edneat. 

(Bertü  lofi 
cnm   üb 
sophiat. 
Rhenii    rh 
cam. 
Plattti  Amphitmonem,  Anlidarian 
tivos,  Corenlionem, 

fordinarie  r'*"''"^'"  Ciceron.  pro  A^chia.  e 
■  *       per    exercitinm    pabliemn   a< 

trantitalit, 
lul.  Caes.  üb.  I  de  bell.  Gallieo. 

iPsalmos  qnosdam  Hebrmicos 
cap.  I.  Genes,  nna  com  ezpli 
grammaucalinm  praeeepl 
solyit. 


privatim 


^  ygl.  (Battiger*)F]athe,  gesch.  des  knrst.  nnd  kSnigr.  Sael 
«.  «17—219  und  RA.,  B.  VII.  16,  f.  3. 

**  das  original  ist  leider  nicht  mehr  yorhanden;  aber  mel 
citate  daraus  finden  sich  in  einem  roemorial  yom  j.  1069  (RA.,  1 


ifit 


IL  Jolumii  Boh£mu8.  206 

Anno  MDOLXX  in  examine  antamnalif 

pietate,  in  oompendio  Hfitieri  theologieo  XVI  locos» 
a  XIX.  sd  finem,  additit  qitibiMdun  in  illos 
anaotationibiu. 

fLatina,  Vinr^  1. 1.  Aen.  ab- 
I     BoUii  et  fi  iaeepiit. 
Graeea,  in  Homero  1.  XV. 
Odjas.  et  Phitareh.  libelL 


pnblice  in^ 


!,.  .  J< 
ling:oi8< 
]     de  edneat.  pneror.  et  ffram- 
l     mat.  D.  Welleri. 
rfieEtii  loffleamy 
in8tromentaUbQ8<  Rbenii  rbetori- 

I     cam. 

(Plaut!  Curcnlionem,  Casinam,  Cistella- 
riam  et  Epidioom, 
HoratU  epoden  aecnndam, 
lib.  n  lui.  Caesarls  de  belle  Gallico. 
extraordinarie  cap.  II«  Genes«  Hebr.  nna  com  ex- 
plieatione  praeceptorom  granunatiealiam. 

flistoria  salyatoris  nostri  I.  C.  Viigilianis  yerbis  et  phiasibiis 
onsneüs  exercitiis  poeticis  pioposita  et  oonscripta  modo  fuit 
lata. 


iiones  conrectori  in  schola  Dresdens,  a  dn.  rectore 

praescriptae. 

Die  Lunae  et  Martis  mane: 

Flautos  yel  Terentins  altematim  tractatnr  eum  primanis  et 

aecondanis. 

Terentins  com  secundanis  et  tertianis. 

frivata  leetiOy  quae  libera. 

A  meridie: 

'•fangeL  Posselii  yel  epist.  heroid.  Ovid.  eum  primania. 
^Ipmmmat.  Graeea  Welleri  cum  secund.  et  tertianis. 
^inriTata  lectio. 

t  Die  Mercurii.et  Satumi  mane: 

Mprammat,  Latina  Schmid.  repetitur  cum  primanis  et  secundanis. 

«xercitia  proponuntur  et  emendantur  seeundan. 
-priyata  lectio. 


CoUecUnea,  die  Kreozsch.  . .  betr.  1669—1766%  f.  1—6;  die  datie- 
~|ibt  sich  aas  der  bemerkung  am  ende;  der  entwarf  dazu  steht 
.  VII«.  191S  f.  12—16).  —  Eine  frühere  städtische  scbnlordnung: 
1678  wird  erwähnt  RA.,  A.  II.  66,  f.  161«.  —  Die  kurfürstliche 
ch  dem  abdruck   bei  R.  Vormbaum,   eyang.  Schulordnungen,  1 
>h  1860),  a.  230  ff.  citiert. 


*■' 


196  lii.  Johann  Bohemua. 

Das  war  ein  wichtiger  abschnitt  in  der  geschichte  dieser  ai 
stali.  ihr  neuer  leiter  war  seinerzeit  in  Götzen  unter  WoUgUi 
Batichius  und  auch  noch  einige  zeit  nach  dessen  entfemung  von  c 
thätig  gewesen,  für  dessen  reformplftne  übrigens  der  rath  zn  Hai 
im  j.  1618  sein  lebhaftes  interesse  dadurch  bekundet  hatte,  duz  < 
den  damaligen  rector  Sig.  Evenius  dorthin  sandte,  um  über  die  nei 
methode  berioht  zu  erstatten,  jetzt  wirkte  er  —  neben  einer  na 
fassenden  sohriftetellenschen  thätigkeit  auf  verschiedenen  gebietei 
deren  ergebnisse  namentlich  in  seinem  entwurf  der  deutschen  spnd 
lehre  und  in  seiner  deutschen  rechtschreibung  eine  gewisse  bedei 
tung  für  die  geschichte  der  deutschen  spradie  und  littentor  g 
Wonnen  haben  —  besonders  für  einführung  besserer  seholbllolM 
für  bessere  einriohtung  der  gesSnge  und  gebete  in  der  sdraUdrcb 
für  b^prttndnng  einer  schulbibliothek,  reyision  der  schnlordnnm 
für  fleiszige  einübung  Ton  schulkomödien  und  zweckmäszigere  ai 
Ordnung  der  öffentlichen  redeactus  und  disputationen  ebenso,  wi 
für  eine  regelmftszigere  rechnungsführung  an  der  anstalt,  und  er 
warb  sich  dadurch  grosze,  yon  mit-  und  nadiwelt  dankbar  aac^ 
kannte  Terdienste  um  dieselbe,  die  denn  auch  trotz  der  not  der  mü 
rasch  zu  hoher  blflte  gedieh.  zwQlf  jähre  kng  wirkte  Bohem»  «i 
ihm,  übrigens  gleichfalls  litterarisch  nicht  wenig  thtttig,  sowd  ii 
wissenschtdüicher  hinsieht  als  namentlich  fruchtbar  in  gel^genhiit» 
gedicbten,  die  zugleich  genügenden  aufschlusz  geben  über  seine  be 
Ziehungen  zu  den  Tersd^densten  persönlichkeiten  der  stadt.  9t 
oielles  aus  jener  Wirksamkeit  ist  uns  zwar  ebenso  wenig  bekttH 
geworden  ^\  als  über  seine  sonstigen  lebensschioksale  in  dies« 
Periode^  wie  diese  denn  eigentlich  überhaupt  nie  viel  abeonderiicha 
gehabt  haben;  aber  da&z  jene  sich  im  yoUen  einklang  mit  Gndiin 
bestrebungen  bewegte,  dasz  Bohemus  von  da  her  cüe  frudhtbantei 
und  für  die  ganze  folgezeit  bestimmend  gewordenen  anreguBga 
empfangen  hat,  bezeugt  fast  jede  seite  aus  der  geschichte  seine 
eignen,  spftteren  rectorats  zu  Dresden,  nichts  anderes  wollte  es  bi 
sagen,  wenn  im  j.  1633  seine  festhaltung  im  HaUeschen  dienst 
gegenüber  einer  berufung  nach  ausw&rts  u.  a.  ausdrücklich  daan 
motiviert  ward,  'es  hfttte  e.  hochw.  rath  seine  gewisse  onadbi 
warum  sie  itzo  ihr  gymnasium  nicht  wollten  zerreiszen 


lieh  beziehen  sich  alle  d»ta,  anch  in  unseren  sonstigen  anfühniafsi 
anf  den  jnlianischen  kalender);  das  CV.  gibt  für  Bohemos,  der  eeai 
die  gleichseitigkeit  der  seinigen  mit  der  des  Crneinsios  sn  betonen  pief* 
obiges  datnm  an,  das  programm  von  1672  nnd  die  handsdirift  'Panoeeta 
remm  ad  schobun  D.  Crucis  attinentinm'  im  archiv  der  krenssehal 
(sB  SAP.  in  den  folgenden  citaten)  nennen  wieder  andere  data«  welM 
aber  znm  teil  gans  offenkundige  versehen  untergelaufen  sind. 

^*  Eckstein  a.  a.  o.  s.  45  verweist  auf  J.  Chr.  v.  Dreybannt,  b« 
Schreibung  des  ..  Saal-Creyses ,  teil  2  (Halle  1750;  s.  196)  und  lfitta| 
Halliscbe  schulhistorie,  teil  2  (Halle  1747;  s.  78  ff.),  doch  gibt  d«r  eistei 
nichts  als  den  Namen ,  und  Mittag  auch  nur,  was  im  CV .  und  bei  Egeao 
zu  finden  ist. 


M«  Johaiitt  B<^bemiu*  197 

jedeB&Ils  wm  seine  thfttigkeit  zu  sehfttEen;  das  beweist  das 

•hraade  ieQgiiis>  aas  ihm  bei  seinem  sehliessliohen  abgang  aasge«- 
itdlt  ward,  beweisen  mannig&ohe  empfehlimgen  seiner  gOnner  naeb 
ivwirts  bin  —  und  noob  mehr  eben  die  bernftingenr,  welche  anch 
ohs  eigne  'verankssong  von  dort  her  an  ihn  ergiengen.  so  sollte  er 
inj.  1633  rector  in  Nordhansen  werden,  und  bereits  war  alles  ab* 
geseUossen  nnd  die  vocation  in  seinen  hftnden,  als  sein  patron,  der 
ihi  enist  schon  'eine  stattliche  und  rtthmliche,  so  mit  stillschweigen 
wtt  VI  Übergehen,  yerehronge  zum  anzuge  gethan',  ihn  noch 
tedi  Torstellangen  nnd  gewfthmng  einer  persOnlidien  znlage 
nrtdJndi.  zwei  jähre  spftter  ward  ihm  das  rectorat  ip  Eisleb^ 
ngstragen.  freilich  konnte  von  vom  herein  nicht  wohl  von  einem 
e^griien  anf  dieses  angebet  die  rede  sein,  weil  der  dortige  bergban, 
MB  tesen  ertrignissen  sonst  )  besoldnngen  der  lehrer  bestritten 
wvden,  wegen  des  krieges  gS  siich  damiederlag.  im  j.  1637  ward 
Bobemos  reranlaszt ,  sich  um  das  rectorat  in  Naambarg  zn  bewer- 
be, dessen  dermaligem  inhaber  die  bef5rderang  in  ein  geistliches 
int  beyorstand.  aUerdings  gerieth  die  angelegenheit  bald  ins 
iMen,  da  neue  Verwüstungen  des  krieges  den  eintritt  jener  yor- 
MBagnng  vereitelten,  aber  gegen  ende  des  j.  1638  kam  sie  in 
ibfidier  weise  nochmals  zur  behandlung,  und  diesmal  gab  der 
tfaiBistrator  August  von  Sachsen  selbst  dem  bewerber  seine  ge- 
^neWge  empfehlung.  indes  noch  ehe  es  zu  einer  entscheidung  darin 
gdEommen  war,  lief  von  dritter  band,  vom  6  august  1639,  im  namen 
te  Dresdener  patronatsbeh(5rde  eine  anfrage  wegen  Übernahme  des 
friedigten  rectorats  der  kreuzschule  ein,  übrigens  gleichfalls,  ohne 
tei  Bohemns  sich  um  die  stelle  bemüht  gehabt  htttte.  ^  unter  dem 
l^d.  m«  erklftrte  er  seine  bereitwilligkeit,  und  am  28  fertigte  der 
nft  die  vocation  aus,  mit  dem  wünsche,  der  freilich  nicht  erfüllt 
^vden  sollte,  dasz  der  neue  rector  sein  amt  womöglich  noch  vor 
inehislis  antreten  möge,  wenige  tage  nach  jener  traf  auch  eine  be- 
'sAn^  in  das  rectorat  zu  Freiberg  ein,  —  nunmehr  zu  spftt.  auszer- 
^  waren  Bohemus  wShrend  seiner  Halleschen  Wirksamkeit  wieder- 
Ut  anch  noch  zwei  pfarrstellen  in  der  nfthe,  daninter  GKebichen- 
iWa,  das  für  besonders  einträglich  galt,  angebotm  worden,  er 
ktte  sie  ausgeschlagen,  allerdings  waren  es  auch  zmtlftufte,  wo 
^  einer  vertauschung  des  aufenthaltes  in  einer  festen  Stadt  mit 
tejenigen  anf  dem  platten  lande  noch  ganz  besondere  bedenken 
^tgegenstellten.  und  Halle  selbst  war  erst  kürzlich  wieder  von 
^  Schweden  genommen  und  geplündert  worden,  gründe  ahn- 
ficher  art  waren  es  gewesen,  die  eine  noch  viel  ehrenvollere  be- 
f^rfimg  überhaupt  nicht  über  das  allererste  Stadium  der  behandlung 
^tten  hinauskommen  lassen,  in  Helmstftdt  war  im  j.  1638  Bohemus 
^^e  für  die  professur  des  hebräischen  genannt  worden,  aber  noch 


'Mie  acten  über  die  besetzuog  s.  RA.,  D.  XI  'Acta  die  Ersetzang^en 
•J"er  Schulbedienten  allhier  betr.,  von  a.  1616  bi«z  1677%  f.  117  ff. 


198  M.  Johaon  Bohemus. 

ehe  seine  antwort  anf  eine  deswegen  unter  der  band  an  ihn 
tete  anfrage  ergieng,  plünderte  und  verheerte  dort  das  kaiserlide 
heer  die  nmgegend  der  art,  dasz  alle  einkünfte  anablieben  nnd  mn 
yon  einer  Vermehrung  der  professoren  um  so  eher  absah,  als  ni^ 
einmal  den  derzeit  amtierenden  mehr  die  gehalte  ausgezaUt  werdet 
konnten. 

m. 

Am  13  november  1639  reiste  Bohemus  von  Halle  ab,  nachfai 
er  noch  in  einem  langen  lateinischen  gedieht  von  allen  nur  iigsid- 
wie  bemerkenswerthen  Persönlichkeiten  der  stadt  mit  namentlkhar, 
natürlich  streng  nadi  rang  und  stand  gegliederter  aufzSUiuiig  alh 
schied  genommen  hatte,  er  langte  am  19  d.  m.  in  Dresden  an,  oIm 
unterwegs,  was  immerhin  für  ein  wunder  gelten  moehte,  voadfli 
hier  und  da  liegenden  Soldaten  und  streif^den  rotte»  bohelBit 
worden  zu  sein,  und  hielt  am  25  seine  erste  lection.  das  warte 
anfang  einer  langen,  segensreich^i  thtttigkeit,  aus  welehor  mitta 
heraus  ihn  erst  nach  nahezu  37  jähren  der  tod  risz. 

Die  Signatur  dessen,  was  etwa  damals  v<m  geistigem  leben  ii 
Dresden  vorauszusetzen  war,  wird  noch  am  besten  beseiohnet  donk 
die  namen  der  hervorragendsten  geistlichen  der  stadt,  deien  jäte 
ja  in  seiner  art  ein  stück  gescbidite  bedeutet,  hier  sei  nmr  as& 
oberhofprediger  Matthias  Hoe  von  Hoenegg  (1613 — 1645),  Jkok 
Weller  von  Molsdorf  (1646—1664)  und  Mariin  Oeier  (t  1680), 
sowie  an  die  stadtp£arrer  und  Superintendenten  Aegidios  Stnach 
(1616—1657)  und  Christoph  Bulftus  (t  1677)  erinnert,  sonst  mOdUi 
höchstens  etwa  noch  Christian  Brehme  genannt  werden  dürfen,  dfli 
'dichter',  der  im  j.  1640  zum  kurfttrstl.  bibliothekar  ernannt  mud; 
David  Schirmer  und  -C.  Chr.  Dedekind  gehören  schon  einer  etmi 
jüngeren  generation  an.  und  wie  wenig  am  hofe  unter  Johtfi 
Georg  I  von  geistigen  Interessen  und  deren  pflege  die  rede  MB 
konnte,  bedarf  kaum  der  erwfthnung.  für  den  schulmann  hatten  d» 
Superintendenten  noch  eine  besondere  bedeutung  als  die  eigentikk 
leitenden  mitglieder  —  mit  ausnähme  der  rein  finanziellen  veihltt* 
nisse  —  der  schulinspection.  sie  haben  auch,  ganz  im  einklilH* 
mit  der  bedeutung  und  den  forderungen  ihres  Standes  in  jener  aili 
nicht  versäumt,  ihre  autoritftt  als  solche  geltend  zu  maohen  üi 
nach  ihrer  erweiterung  zu  streben,  schon  in  bezug  auf  die  anitJ* 
lung  eines  'regens  alumnorum'  im  j.  1617  wird  über  einen  mgot 
Aeg.  Strauchs  in  die  bis  dahin  unbestrittene,  alleinige  competeV 
des  rectors  für  diesen  gegenständ  geklagt,-  desgleichen  betreSi  to 
aufoabme  der  schüler.  Bohemus  selbst  hat  diese  klagen 
net.'*  er  hat  auch  einfach  verzeichnet,  dasz  im  j.  1652  der 
conrector  Benjamin  Stolberg  im  auftrag  des  erkrankten  819er 
intendenten   durch   den  archidiaconus   der  kreuzkirche,   übrigett 


<•  SAP.,  f.  104;  für  das  folgende  f.  91.  103. 


M.  JohAiin  Bohemot.  199 

«oigrtMM  im  l        I  der  weit]  Ijglieder  der  echulinspeetioii 

«idor  aaderai  oou  ^  n,  .genu  •  worden  iei  $ber  die  Bozgfalti 
attdff  80B8t  angegeben  wird,  solcbee  im  gleichen  ftUe  durch 

im  rector  geechehen  sei,  liest  aen  Vorwurf,  der  eben  denn  ent- 
Utn  sein  edU,  leidiit  ertomen;  hat  ihn  andi  schon,  laut 

eeerrandnote  zu  der  stelle,  li  ausj  mh  ..  schUeszlich  war  das 
wk maß  xeine  sache  der  form  gewesen,  —  )  'die  fireilieh  das  zeit- 
«hr  besonders  viel  gab;  aber  eti  mehr  be<  tete  es  doch  noch, 
VMB  im  j.  1668  ein  bisheriger  *r  is  ahmmorum'  von  Bulftus  und 
im  laUisherren  der  inspection  f  r  lehrer  eingeführt  wurde, 

'tem  kein  ooUega  gewust,  is  aucn  !  mn.  nichts  davon  gesaget 
Mdm'«  indes  blieb  dem  rector  auch  so  noch  räum  genug  ftr  eine 
fhriitbaro  thätigkeit. 

Die  kreuzsdiule  muss  unter  Gkorg  Hausmanns  leitung,  wenig* 
ilnM  in  der  lotsten  seit,  ziemlich  gesunken  gewesen  sein,  gewisse 
Mütsüangen  zwar,  wie  sie  so  ziemlich  am  b^(inn  seines  rectorats 
na  Tiiitaftoren  und  inspectoren  erhoben  wurden*^,  wollen  nicht 
km  viel  beeagen;  mttngel  fthnlicher  art  sind  auch  in  notorisch 
NM«  Zeiten  ab  und  zu  gerügt  worden,  aber  im  j.  1638  waren 
tHknr  und  conrecior  von  der  inspection  förmlich  zur  reckenschaft 
Ivfibw  gezogen,  dasz  die  schule  so  verfielen,  und  ihr  yersnch,  die 
ibild  davon  auf  die  bürger  und  die  privatschulen  zu  schieben,  war 
hUn  beantwortet  worden:  das  sei  vielmehr  die  folge  ihres  sehlech- 
m  BBtemohts  und  des  mangels  an  fleisz  und  strenge.  '^  fi^t  noch 
wikr  gewicht  möchte  der  thatsache  beizulegen  sein,  dasz  sonst  nach 
IHMT  riehtung  hin  auch  nur  eine  spur  von  Hausmanns  wirken  sich 
ririttn  hat,  imd  dasz  Bohemus  die  prima  mit  nur  zwanzig,  die 
Mada  gar  nur  mit  zehn  schülem  übernahm.  '*  jedeilCBlls  mache 
Ha  dafür  nicht  allein  das  elend  des  dreiszigjfthrigen  krieges  ver- 
plvortUcb.  allerdings  klagte  eben  damals,  in  der  landtagspropo* 
HiB  vom  j.  1640,  die  regierung  selbst  bewegUdi  in  diesem  sinne; 

wenn  Kursachsen  verhältnismässig  spät  direct  in  den  krieg 

ward  und  die  stadt  I^esden  wenigstens  nfährend 

nie  in  feindliche  gewalt  gerathen  ist,  so  litt  man  hier 

einquartierung,  theuerung  und  pestilenz  noch  gerade  genug. 

unter  Bohemus  stieg  doch  der  besuch,  auch  aus  dem  offenen 

und  selbst  von  fem  her,  rasch  wieder,  trotz  der  nur  noch 

den  not.  und  im  allgemeinen  darf  sich,  wer  je  in  die  läge 

:ommen  ist  einen  überblick  zu  gewinnen  über  die  reiche,  gelehrte 

tur  aller  art,  die  während  der  dauer  des  dreiszigjährigen  krie- 
PI  geschrieben,  gedruckt  und  verkauft  worden  ist,  der  unerfreu- 

r 

I  "  RA.,  D.  XXXI.  3    'Die  Kirch-  und  Schalen  Visitation  .  .  betr.  a. 
|il/26\  f.  6—7.     B.  VII.  16  (vom  19  mai  1025),  f.  3. 
I  ^  vgl.  Hasche ,  diplomatische  geschichte  Dresdens,  8  (Dresd.  1817), 
|iS.    die  originalacten  scheinen  leider  verloren  gegangen  zu  sein. 
^  s*  SAPn  f.  109.  —    Für  das  nächstfolgende  v^.  (Böttiger-)  Flathe, 
^mk.  des  kurstaates  und  königreiches  Sachsen,  2  (Gotha  1870),  s.  215. 


i 


200  M.  Johann  Bohemus. 

liehen  erwftgong  kaum  verschlieszen,  ob  er,  um  diesen  ansdniokn 
gebrauchen,  den  respect  vor  dem  dreiszigjfthrigen  kriege  oderitr 
der  damaligen  gelehrsamkeit  yerlieren  solle,  mag  es  sein,  dau  dtf 
krieg  anf  die  sogenannte  schöne  litterator  in  gewissem  gimde  htt 
tigend  und  yeijttngend  eingewirkt  hat***;  aber  welch  eiilem  taad  -^ 
und  mit  welchem  eifer  und  welcher  selbstgefülligkeit  — *  jigei  dii 
gelehrten  nach,  als  hätten  sie  keine  ahnung  dayon,  was  ebennf 
dem  spiele  stand!  —  Zu  alle  dem  kam  noch,  dasz  nach  Haosmiw 
tode  das  rectorat  fast  zehn  monate  lang  unbesetzt  geblieben  «v. 
gerade  einen  tag  yor  Bohemus  antritt  war  der  Qointas  gestoriwir 
der  länger  als  yier  jähre  sein  amt  wegen  erblindung  lücht  hitti 
yerwalten  können  (SAP.  f.  97).  gewis  war  es  dem  ännsten  sehr  U 
gönnen,  wenn  ihm  der  rath  während  dieser  zeit  das  gesamte dik 
kommen  seiner  stelle  beliesz;  aber  dasz  er  dieselbe  inxwitchen  nr 
durch  einen  obem  schüler  ausftillen  liesz,  konnte  der  aostalt  vaxaUf 
lieh  zuträglich  sein«  zumal  da  ohnedies  schon  der  leiter  des  iilmiiMti 
und  zugleich  der  untersten  classe  dieser  kategorie  aagehOrfce.  dil 
wollte  zwar  immer  noch  etwas  ganz  anderes  besagen,  als  wenn  büt' 
zutage  ähnliches  geschähe,  in  einer  zeit,  wo  gar  nicht  selten  der|ii* 
maner  eines  gymnasiums  direet  in  eine  lehrerstelle  aa  einer  nietai 
schule  eintrat ,  oft  wenigstens  lange  jähre  in  der  classe  yerfolieb,  it 
dasz  u.  a.  hier  in  Dresden  gegen  ende  des  1 7n  Jahrhunderts  die  ht 
Stimmung  getroffen  werden  muste,  es  solle  niemand  über  drei  jahieil 
der  prima  behalten  werden,  'es  geschehe  denn  seiner  qualitit  w^g* 
in  arte  musica'  (RA.,  B.  VII  16  s.  19).  man  findet  bei  frOhMi 
Regenten'  dieser  art  die  dauer  ihres  amtes  bis  zu  sechs  jähren  aags* 
geben;  deijenige,  den  Bohemus  bei  seinem  antritt  yorfond,  beUtt* 
dete  dasselbe  schon  seit  ostem  1633  und  noch  weiter  bis  zu  pl^f 
eten  1640.  dann  ayancierte  er  zur  sechsten  stelle  im  coUegiumdir 
schule  selbst,  während  doch  gleichzeitig  die  neuerung  guUel» 
ward,  die  hier  als  die  erste  unter  den  yon  Bohemus  angebafaatai 
reformen  erwähnt  sei,  dasz  künftig  auch  die  unterste  stelle  fOä 
einem  'aeademicus'  bekleidet  werden  solle.  ^' 


^  Oervinus,  gesch.  der  deatschen  diohtaDg,  3',  8.  198  ff.  —  v<^ 
etwas  übertrieben.  —  DafOr,  wie  fem  die  gelehrte  weit  dem  leben  lii 
der  not  der  seit  stand ,  ist  kaum  etwas  beseiohnender,  als  wenn  s.  k»  j 
in  einem  grAtulationsffedicbt  su  Bobemns*  gebnrtstag  im  j.  1681  —  «il^  < 
gemerkt:  in  Halle,    dessen  gescbick  so  ganz  besonders  eog  mit  dtv* ' 
jenigen  Magdeburgs  yerknüpft  war  —  diese  jabressahl  belieDtemanü 
ausgedrückt  wird  durch  den  rera:  (seil,  anno) 

qVo  MagDbVrga  perlt  Yrbs  totaqVe  tVrba  neCatVr! 

**  hier  bildete  sich  in  der  praxis  für  lange  seit  der  gebraueh  ■■^ 
(lass  frühere  schüler  der  anstatt  zu  dem  amte  genommen  woitei,  to 
begreiflicher  weise  sich  besonders  häutig  erledigte,  kara  cemg  wtf 
oft  die  Studienzeit  der  betreffenden ;  und  als  wie  tief  unter  den  eigei^ 
glichen  'sohulcollegen'  stehend  sie  trotz  ihrer  eigensohaft  als  acadsMhJ 
noch  lange  betrachtet  wurden,  zeigt  zb.  recht  deutlich  ein  eommwüal 
eines  unter  den  kurf.  visitatoren  an  den  rath  (RA.,  D.  XVI  'Acta  die 


M.  Johann  Bohemus.  201 

Ueberiiaapt  fce  Bobemus  sinn  ftlr  das  technische  der  ver« 
waltoog;  man  n^w^^t  es,  dasz  er  ans  einem  wohlgeordneten  schnl* 
wwoi  kam.  wie  er  sofort  beim  antritt  die  namen  wenigstens  seiner 
umütelbai^Ni  sohOler  in  den  beiden  obersten  classen  aufnahm,  so 
%te  er  aaofa  zuerst  ein  yerzeichnis  der  neuaafgenommenen  an.  nur 
Hat,  datom  der  aofiiahme  und  heimat  werden  freilich  verzeichnet, 
—  die  classe  erst  von  seinem  naohfolger  an ,  und  weiteres  erst  noch 
vial  ^ter.  aber  in  der  ganzen  vorangegangmien  periode  sind 
netoratsacten  hier  überhaupt  gar  nicht  geftihrt  worden,  die  auf- 
nkne  stand  dem  Superintendenten  und  dem  rector  gemeinschaftlich 
>,  wobei  es  sich  von  selbst  ergibt,  auf  welcher  von  beiden  Seiten 
t  der  regel  der  bestimmende  einflusz  war.  geklagt  wird  allerdings 
}iaßg  über  die  bevorzugnng  auswSrtiger  vor  den  bürgersöhnen, 
lad  haoptsfichlioh  um  dies  zu  verhindern ,  wo  es  sich  um  so  bedeu- 
ade  beneflcien  wie  den  eintritt  in  das  alumnat  oder  in  die  currende 
laddte,  ordnete  der  rath  von  1657  an  zwei  seiner  mitglieder  ab, 
ie  iowol  im  allgemeinen,  vorbehaltlich  der  rechte  des  superinten- 
ttten,  als  inspectores  und  directores  fungieren  sollten,  und  ohne 
«en  beistimmung  namentlich  keine  aufnähme  oder  Versetzung 
litt&iden  dürfe**,  eine  bestimmung,  die  freilich  nicht  inmier  be- 
baehtet  worden  ist.  laut  jenen  Verzeichnissen  ist  denn  nun  in  den 
Uten  fünf  jähren  von  Bohemus  rectorat  die  zahl  der  aufgenomme- 
m  von  82  constant  bis  zu  119  gestiegen,  und  noch  zweimal  im 
mknS  des  ersten^  einmal  im  verlauf  des  zweiten  Jahrzehnts  ist  die 


(•■eral-  Kirchen-  and  Schnl -Visitation  betr.  1670  und  1671\  f.  143), 
Hvfai  unf  die  bittern  beschwerden  des  regens  alamnomm  über  die  gäns- 
Übt  nnsnlftnglichkeit  seines  gehalts  und  den  schlechten  znstand  seiner 
lAanog  (ebendas.  f.  69 ;  vgl.  Neubert,  rechtsverhältnisse  der  krenzschnle, 
h.11)  geXnssert  wird:  '1)  Ist  kein  rechter  Schull  Collega.  2)  bat  zu 
Üifm  thnen  einkommens  genug.  3)  Solte  er,  wie  andere,  vociert  und 
Mmiert  werden,  so  müste  ihn  £.  E.  Ratb  auch  besolden,  . .  da  er 
kA  in  warheit  nur  als  ein  Coalaronns  vom  Tisch  und  Bier  participiert. 
9  wegen  des  begehrten  Ofens  Temehme  man  die  andern  CoUegas',  — 
^sicher  so  viel  hiesi,  als  die  erfüllong  des  sehr  billigen  Wunsches 
h  inmer  vertagen.  —  Aehnliches  anch  in  einem  bericht  des  raths, 
iMdas.  f.  109. 

t»  RA.,  B.  Vn*.  191*  'Acta,  allerhand  Nachrichten,  die  schale  z. 
Er,  in  Dr.  betr.  Vol.  I.  1067'  sqq.,  fol.  1.  8.  —  Später  ist  dem  rath 
I  einem  der  städtischen  sohalinspectoren  der  verschlag  gemacht  wor- 
1,  die  reeeption  dem  rector  allein ,  nnr  mit  eventaeller  saziehang  des 
iMors  zar  prüfnng  im  gesan;^,  zu  überweisen,  gewis  nicht  blosz,  'da* 
rit  der  h.  Sap.  nicht  allezeit  behelligt  werden  dürfe'  (RA.,  B.  VIP. 
11*  'Acta,  allerhand  Deliberationen  tind  Anordnungen  der  Schale  z. 
kXr.  Besserung  betr.  1616—76%  f.  10;  undatiert,  doch  nach  sichern 
■Machen  zwischen  1664  und  1669  yerfaszt),  sondern  teils  wol,  weil  in 
1^  tbat  zuweilen  der  rector  durch  den  einflusz  des  Superintendenten 
Imfnahmen  gedrängt  wurde,  die  über  seine  befugnisse  hinansgiengen 
ii  1660;  RA.,  B.  VII'.  191%  f.  34),  mehr  noch,  weil  die  städtische 
jtofde  wol  überhaupt  gern  diese  anspruchsvolle,  geistliche  autorität 
I  Seite  gedrängt  hätte,  auf  das  bemerkenswertheste  beispiel  davon 
i^  dem  j.  1668  ward  oben  (anm.  7]  hingewiesen. 


214  M.  Johann  Bohemus. 

in  deutsche  yerse  verbundjBn  worden  sei.  das  prSoisiert  xogleioh 
Bohemus  Stellung  zu  den  pädagogischen  hauptsystemen  seines  Jahr- 
hunderts und  hat,  was  wenigstens  Horaz  betrifiFt,  auch  zu  einer 
eigentümlichen  Veröffentlichung  geführt,  deren  noch  zu  gedenken 
sein  wird. 

An   die  gelesenen   schriftsteiler,    namentlich   die  hisioiiker, 
schlosz  sich  gern  das  dictat  diohotomischer  dispositionen  über  ihren 
inhalt,  die  nun  einmal  als  das  unfehlbarste  mittel  zur  einftlhrang  in 
das  Verständnis  der  antiken  litteratur  galten.  "^    grammatik  wurde 
vom  rector  nicht  mehr  behandelt,  dagegen  wurden  einmal,  soweit 
das  verzeichnet  wird,  regulae  sermonis  elegantioris  dicÜert,  und 
zweimal  eine  calligraphia  Ovidiana.   sonst  versäumte  Bohemus  alle^ 
dings  nicht  leicht  eine  gelegenheit,  um  sich  möglichst  scharf  gegen 
die  veraltete  dictiermethode  zu  erklären'^,  namentlich  bei  der  be- 
handlung  der  schriftsteiler,  die  vielmehr  gehörig  zu  erklären  md 
vor  allem  ^ad  usum  zu  transferieren'  seien,    das  entsprach  übrigens 
nur  dem  geiste  der  kurfürstl.  Schulordnung,  welche  denn  auch  eonsti 
sofern  er  nicht  in  einigen  beziehungen  thatsächlich  von  Batioliins 
methode  beeinüuszt  war,  seine  richtschnur  blieb  und  nach  seiner 
meinung ,  falls  sie  nur  streng  beobachtet  und  in  Vergessenheit  ge- 
rathenes  wieder  aufgefrischt  werde,   im  wesentlichen   ausreiohte. 
darauf  hinaus  gieng  auch  der  hauptinhalt  des  Schriftstückes,  in 
welchem  Bohemus  am  ausführlichsten  gelegenheit  flEUid,  sich  über 
seine  pädagogischen  ansichten  und. ziele  zu  äuszem,  des  *ünvo^ 
greiflichen  Bedenckens  in  währender  Churf.  Sachs.  Christlöblielier 
Visitation,  übergeben  den  14.  Febr.  1671"*,  und  welches  seinen 
anlasz  in  einer  entsprechenden,  von  Seiten  der  visitatoren  an  die 
sämtlichen    schulcollegen   ergangenen    aufforderung    hatte,     aber 
während  die  übrigen  bestimmt  formulierte  ausstellungen  oder  vor 
schlage  nach  verschiedenen  richtungen  hin  machten,  die  wenigstens 
für  die  geschichte  der  schule  noch  heute  ein  mannigfaches  interesse 


^^  beispiele  davon,  sowie  aucfi  eine  sehr  ansfübrliche,  dichotomiiehe 
'Methodus  studiomm  generalis'  n.  dgl.  in  einem  bände  des  archirt  der 
kreuz  schule  mit  allerlei  materialien  zur  lebensgeechiohte  dea  em. 
pfarrers  Chr.  Richter,  zuletzt  in  Briesznitz,  eines  schÜlers  von  Bohe- 
mus ('Deo  et  Lyceo  hoc  ^vr)|üi6cuvov  cöxapiCTiKÖv  n.  1725.  litavit  .  . 
M.  Christ.  Richter'). 

'^  z.  b.  P.  (abkürzung^  für  Bohemus  gesammelte  programme ,  2  bde., 
Dresden  1666.  1666)  1,  182:  Line  monstrosa  ezcrescentis  aetatis  pro- 
fectusque  teneritudinem  dictatorum  mole  degravare  religioni  vel  minime 
habeut.  quod  non  ingenuis,  non  eruditis,  sed  sordidi  laboris  qnaettns- 
qne  opi6cibus,  non  praeceptoribus,  sed  deceptoribus  .  .  con?enit  etc. 
vgl.  1 ,  88  f .  230. 

^  RA.,  D.  XVI,  f.  149  £f.  die  abschnitte  desselben,  nach  den 
deutschen  einführungsworten ,  sind:  de  praeceptorum  officUs;  de  officio 
regentis;  de  discipulorum  officiis,  quae  in  pietate,  doetrina  et  moriboa 
consistunt,  in  genere;  leges  speciales  pro  alnmnis  in  schola  ^abitanti- 
bus;  poenae.  dagegen  suche  man  nichts  in  dem  einladungsprograam 
zu  einem  exercitium  erat,   de  edncanda  iuventute  v.  j.  1649  (P.  1,  S63). 


M.  Johann  Bohemua.  215 

iuiben,  gieng  der  rector  auf  die  speciellen  Verhältnisse  derselben 
gBi  nicht  ein,  und  somit  blieb,  da  er  auf  den  didaktischen  teil  seiner 
Au^gfabe  einzugehen  wegen  der  kürze  der  zeit  ablehnte  ^^  nicht  viel 
oiebr  fibrig  als  eine  anzahl  von  bemerkungen  und  Vorschriften  all- 
gemeiner art,  recht  besonnen  und  verst&ndig,  denen  aber  auch  mit 
dieser  erw&hnung  vollständig  genügt  ist.   ein  groszer  teil  derselben, 
soireit  sie  sich  auf  die  schüler  beziehen,  gieng  allerdings  wörtlich 
die  ersten  Schulgesetze  über,  welche  unter  Bohemus  nachf olger 
j.  1686  erschienen,    sonst  wäre  etwa  noch  aus  andern  Schriften 
—  tusser  den  nicht  eben  ungewöhnlichen  mahnungen,  nicht  zu  viel 
kuf  einmal  zu  treiben,  sondern  stufenweise  im  Unterricht  vorwärts 
schreiten,  und  anderseits  zwar  nicht  im  übermasze  nachsichtig  zu 
sein,  aber  auch  nicht  allzu  sehr  zu  ^sävieren'  —  auch  noch  die  ge- 
wObüiche  abneigung  gegen  die  sogenannten  realien  hervorzuheben. '' 
die  ilten  sprachen  sind  und  bleiben  eben  das  fundament  alles  unter- 
Hchts,  dea^en  ziel  besteht  in  pietas  und  facultas  apposite  et  elegan- 
ter dicendi  und  scientia  recte  de  rebus  diiudicandi  (vergl.  besonders 
P- 1, 82. 88. 182).  zur  aneignung  derselben  aber  ist  das  geeignetste 
Qüttel  frequens  styli  ezercitium. 

Was  in  bezog  darauf  im  gewöhnlichen  gange  der  schule  gefor- 
dert and  geleistet  worden  ist,  entzieht  sich  allerdings  fast  gänzlich 
tt&aerer  kenntnis,  mit  ausnähme  des  6inen,  dasz  eben  die  ^imitatio' 
deo  gmndcharakter  des  ganzen  bestimmt  hat.   das  besagt  auch  eine 
Torbemerkung,  welche  den  hier  benutzten  lectionsverzeichnissen  ein 
ftr  iUemal  vorausgeschickt  ist.    sofern  denn  aber  doch  einmal  der 
nche  eine  besondere  bemerkung  am  betreffenden  orte  gewidmet 
wird,  sehen  wir,  was  die  poetischen  Übungen  anlangt,  natürlich  vor- 
wiegend Yirgil  nachgeahmt,  wie  in  einer  gemeinsam  in  der  schule 
nsgearbeiteten  historia  Jesu  Christi ,  die  zufällig  in  den  oben  an- 
gefthrten  Übersichten  erwähnt  wird ,  oder  einem  Bethlehemitischen 
<^|    Undermord;  aber  auch  Horaz  ist  im  j.  1643  nachgedichtet  worden, 
besonders  mit  bezug  auf  biblisch-religiöse  gegenstände  (P.  1,  88); 
nickt  minder  wird  einmal  ein  ezercitium  poeticum  cum  poetica 
Oiessensium  angegeben,    auf  der  andern  seite  durften  —  sie  sind 
wenigstens  ziemlich  im  an&ng  verzeichnet  —  Übungen  im  briefstil 
(nach  J.  Buchlers  thesaurus  conscribendarum  epistolarum)  im  huma- 
nistischen bildnngtgang  nicht  fehlen,   worauf  sonst  die  sache  hinaus- 
gieng,  wenn  etwa  Cäsar  imitiert  wurde  oder  'usus  commonstratus',' 


*^  a.  a.  o.  f.  164.  die  entsprechende  aufforderung  au  B.  war  frei- 
lich aach  erst  am  9  februar  ergangen. 

**  vgl.  P.  1,  83:  apud  multos  nihil  freqaentias  quam  ut  nescio  cuius 
Semeies  tragoediam,  horrendos  cometarum  effectus,  planetaram  stupen- 
dos  adspectos  ambras  solis  aut  tonitrui  causam  apud  illos  introducant, 
qaibas  .  .  satius  esset,  ut  vocabula  informare  et  flectere  prius  didicis- 
■ent.  non  qui  multa  seit,  continuo  doctus  est,  sed  qui  seit  idonea 
Titae;  und  mehrfache  übelstände  an  der  schule ,  die  noch  zu  erwähnen 
<€in  werden. 


216  M.  Johann  BohemoB. 

wie  es  heiszt,  an  reden  des  Livius  oder  Cioero ,  kann  von  Boi 
selbst  als  mnsterbeispiel,  als  welches  sie  auch  beabsichtigt  ist 
eine  imitatio  orationis  pro  Marcello  über  das  thema  'Da  dei 
in  filio  data  est  longe  mazima,  gratiae  ergo  dieendae'  lehrex 
von  schtQerarbeiten  in  dieser  ricfatong,  wie  leicht  begreiflich, 
erhalten  ist.  um  so  reicheres  material  liegt  vor  in  bezog  aal 
actus  und  dramatische  aufftthrungen.  ^  es  ist  nidit  nnwahn 
lieh ,  dasz  Bohemus  wenigstens  den  ersteren  überhaupt  erst  ei 
an  der  schule  verschafft  hat,  und  auch  von  den  letzteren  findi 
vor  seiner  zeit  nur  ein  beispiel,  die  auflührung  von  Terenz^  A 
unter  Zörlers  rectorat,  in  derselben  zeit,  wo  die  kurfürstl. 
Ordnung  derartiges  den  ftirstenschulen  alljährlich  zur  pflicht  n 
und  den  particularschulen  mindestens  nicht  verwehrte,  doch  ! 
die  beiden  jährlichen  examina,  welche  sonst'  den  nSchsüieg 
anlasz  dazu  zu  geben  pflegten,  an  der  kreuzschule  sdion  t 
entsprechenden  bestimmung  jener  Schulordnung  herkOmm 
weise  bestanden,  und  es  blieb  auch  fernerhin  dabei. ^  ausz 
gab  anlasz  der  abgang  von  schülem  zur  Universität,  der  jf 
feste  regel  über  das  ganze  jähr  sich  verbreitete,  und  mdu 
minder  stehend  jedes  höhere,  oft  selbst  manches  recht  unbedei 
kirchliche  fest;  zuweilen  ist  sogar  ein  äuszerer  grund  gar  ni 
erkennen,  zu  allen  derartigen  feierlichkeiten  lud  Bohemus 
Programme  ein,  in  prosa  und  in  versen:  es  sind  die  ersten,  ^ 
an  der  kreuzschule  ausgegeben  worden  sind,  er  selbst  hat : 
Jahren  1665  und  1666  die  bis  dahin  erschienenen  in  zwei  l 
gesammelt  herausgegeben,  so  weit  sie  noch  aufiEutreib^i  w 


4*  beigeg^eben  dem  programm  (1662;  P.  1,  586  ff.):    nsns  log 
rhetorions  per  analysiü  et  genesin  breviter  mpnstratns  in  oratio 
T.  Clc.  pro  Marcello.    dasselbe  'in  oratione  .  .  pro  A.  Lioinio 
poeU'  8.  P.  2,  627  (a.  1664).    in  einem  actus  (1652;  P.  1,  435)  sp 
einmal  drei  redner  de  Luthero  ad  imitationem  orat.  Cic.  pro  Ar* 

^  in  weiterem  nrofang  ist  der   gegenständ   behandelt  in   i 
'beitrügen  aar  geschichte  der  dramatischen  aaffShrnagen  an  der 
schule',   in   der   festscbrift  zam   amtsinbiläum   des  oberbörgem 
Pfotenhauer  vom  j.  1874,   wo  auch  alle  nicht  unmittelbar  nierl 
hörigen  beispiele  und  verweise  zu  finden  sind. 

**  RA.,  A.  n.  66,  f.  161  (a.  1578);  dgl.  Zörlers  lehrpUn  (s.  o.  an 
wo  sie  auf  je  6  tage  berechnet  sind.  RA.,  B.  VIL  16,  f.  8  (a.  16: 
beiden  examina  sind  bald  nach  den  äquinoctien  «nzostellen  n: 
demnächst  der  anfang  damit  gemacht  werden;  B.  VIK  196«,  f.  8  (= 
f.  15;  a.  1669):  wahrend  die  geschriebene  Schulordnung  (vom  j 
vorschreibt,  dasz  die  examina  je  einen  tag  dauern  sollen,  werde 
zeit  fast  vier  ganze  tage  damit  zugebracht.  ~  Aeg.  Strauch  hi 
j.  1689  in  Vorschlag  gebracht,  dann  und  wann  unvermntete  e3 
anzustellen,  dadurch  ward  wo!  dasjenige  veranlasst,  welches 
lectionsverzeiohnissen  für  den  18  juni  läl  angegeben  ist,  —  Vi 
prftmiierung  fleisziger  anlangt,  so  wird  mehrfach  die  vertefloi 
papier  erwfthnt,  welche  ja  auch  die  kurf.  Schulordnung  kennt. 

^^  Dresden,  8^  (^  P.  in  unsem  ci taten).  —  Für  die  nävollsi 
keit  s.  1,  170.  449.  . —  Die  später  erschienenen,  einzelnes  prog 
sind  im  folgenden  nicht  noch  besonders  citiert. 


M.  Johann  Bohräias.  217 

stuidpaiict  liegt  fast  das  baaptsSdilichste  Interesse  an 
lg  dieser  scbriften  in  den  Programmen  der  scbolfeierlicb- 
nhuMdirichten'  sucht  ohnedies  kein  kundiger  darin, 
annigfadisten  gegenstSnde  sind  in  diesen  redeacten  — 
t  etwa  sei  es  Ton  einzelnen,  sei  es  capitelweise  der  reihe 
efareren  z.  b.  eine  Ciceronianische  rede  oder  Tadtas  Ger* 
lern  gedaehtnis  redtiert  ward  —  behandelt  worden,  ia 
1  'engsten  anscblusz  an  die  jeweilige  dassenleotftre.  bftn* 
a  biblisch-theologischen  inhalts  werden  am  allerwenig- 
den  wunder  nehmen,  anch  die  meisten  unter  den  ge* 
redeaotns  haben  schon  eine  art  dramatischen  charakters> 
i  den  verschiedenen  rednem  eine  erzfthlong  in  den  hanpt- 
ifares  Verlaufs  wiedergegeben  oder  eine  Streitfrage  nacb 
en  Seiten  beleuchtet,  wechselsweise  lob  undtadel,  ein- 
nderlegung  vorgebracht  und  endlich  eine  entscheidung 
ird,  während  zugleich  der  erste  und  letzte,  noch  ge- 
zwei  besondere  Sprecher  als  prologus  und  epilogus  die 
ikeit  und  nachsieht  der  zuliörer  erbitten  oder  dafür 
.  gewis  sind  auch  die  Sprecher  bisweOen  im  kostitm  der 
ifgetreten,  die  sie  darzustellen  ha,tten.  wenn  so  Her- 
heidewege, mit  tugend  und  laster,  vorgeführt  wird,  oder 
die  neun  Musen ,  um  de  studiorum  impediQientis  zu  ver- 
ler ein  historiophilus ,  um  sich  von  Livius,  Sallust,  Flu- 
iusebius  mit  beispielen  aus  ihren  werken  über  die  vor- 
jrt  der  tapferkeit  bericht  erstatten  zu  lassen ,  so  werden 
Behend  auch  fragen,  wie  die,  ob  ein  christlicher  Staat  die 
m  lassen  dürfe,  oder  ob  der  Unterricht  in  Öffentlichen 
1  erteilen  sei^*,  unter  der  form  und  mit  dem  apparat 
gebenden  rOmiscfaen  Volksversammlung  behandelt,  oder 
prfttor  und  richtem,  klfiger,  beklagtem  und  zeugen,  unter 
ler  betreffenden  Ciceronianischen  reden  ^  der  process  pro 
rino  oder  pro  Archia  poeta  aufgeiührt,  oder  nadi  ComeUus 
Uung  der  process  gegen  Epaminondas  wegen  unberech- 
Khreitung  seiner  amtszeit,  nach  Livius  deijenige  gegen 
«nden  von  den  drei  Horatierbrüdem,  der  seine  Schwester 
ie  vierte  catilinarische  rede  Ciceros  und  £e  bekannten 
dlust  wurden  in  einer  darstellung  der  senatssitznng  ver- 

Im  j.  1656  (P.  1,  487),  was  in  der  oben  angezogenen  fest- 
\  durch  ein  yersehen  weggeblieben  ist,  ebenso  wie  dasz 
ms  eigner  angäbe  dieser  actus  'ex  Brevero'  entnommen 
BS  nachzuweisen  bin  ich  auch  jetzt  noch  nicht  im  stände, 
sstand  gab  auch  einen  der  so  gern  ergriffenen  anlasse  sa 
^tiven  gegen  die  sogenannten  winkelschnien ,  das  object 
ßr  klagen  und  verböte  von  Seiten  der  öffentlichen  lehrer 
ily  —  im  Zusammenhang  womit  übrigens  gerade  für  Dresden 
i  umfangreiches  und  sehr  interessantes  material  zur  ge- 
^•lementarunterrichts  im  16n  und  17n  jahrh.  sich  im  raths- 
Im  hat. 


i 


218  '  M.  Johann  Bohemus. 

wandt ,  welche  die  gefangenen  Catilinarier  verurteilte.  TOn  einei 
teil  dieser  actus  ist  übrigens  das  ganze  arrangement  bochstBUic 
der  damals  viel  gebrauchten  bearbeitung  der  progymnumata  de 
Aphthonius  von  Joh.  Micraelius  entnommen«  einmal ,  in  den  jahni 
1656 — 1658,  hat  Bohemus  sogar  dessen  gesamte  14  musterdantd 
langen  (actus  progynmasmatici  Aphthoniani) ,  mit  einer  einnga 
geringfügigen  abweichung ,  wie  sie  die  localen  Verhältnisse  an  di 
band  gaben,  in  rascher  folge  nach  einander  halten  lassen. 

Aber  neben  diesen  ^actus  oratorio-dramatid',  zum  teil  alki 
dings  noch  selbst  mit  diesem  namen  bezeichnet,  stehen  auch  ail 
reiche  aufführungen  wirklicher  schulkomödieen,  geistlichen  ni 
weltlichen  inhalts,  wie  auch  eine  von  Plautus  Mostellaria ,  nndbi 
weisen,  dasz  Bohemus  noch  keiner  der  einwendongen  zngfing^ 
war,  welche  in  immer  erhöhtem  masze  von  verschiedenen  stod 
puncten  aus  dagegen  erhoben  wurden.  ^  noch  seine  beiden  näcltfUi 
nachfolger  sind  in  gleicher  weise  verfahren.  Nicodemus  Frisehlis 
Venus  und  Dido,  Bebecca,  und  wiederholt  die  Helvetiogermani  ni 
gegeben  worden,  auch  einmal  ein  sonst  nicht  weiter  bexeiehiuli 
^exercitium  dramatioum  de  Stratocle,  qui  ex  studioso  miles'.  da 
gleichen  ward  wiederholt,  um  zu  den  geistlichen  Stoffen  flbem 
gehen ,  der  triumphus  Christi ,  von  Cornelius  Schonäos  an^efUm 
unsicher  ist  die  Verfasserschaft  einer  Angelodaemonomadiia,  «i 
auch  eines  Spiels  'de  Ninivitarum  conversione'  nach  dem  propheU 
Jonas,  welches  bemerkenswerther  weise  bei  seiner  zweiten  m 
führung  mit  einigen  abSnderungen  deutsch  wiederholt  worden  i 
sein  scheint,  und  nur  einmal  (P.  1,  309)  bekennt  sich  Bohemus«  dl 
auch  sonst  mehrmals  den  namen  des  autors  verschweigt«  mit  eiifl 
^me  primas  lineas  ducente'  als  den  Urheber  einer  zweimal  daig 
stellten  passio  Christi,  welche  aber  wieder  von  einem  ein  andes 
mal  gegebenen  stücke  gleiches  namens  verschieden  ist,  aoöh  dw 
aufführungen  fanden,  soweit  das  bemerkt  wird,  in  der  schule  stil 
und  zwar  in  der  regel  nachmittags ,  von  2  uhr  an. 

Je  mehr  nun  alles  dies  darauf  berechnet  war ,  den  lateiniadi 
ausdruck  zur  höchstmöglichen  geläufigkeit  zu  bringen  und  dnn 
ihn  die  muttersprache  aus  dem  munde  der  studierenden  jngci 
gänzlich  zu  verdrängen^''  —  was  ja  auch,  neben  dem  nntzen  öm 


*'^  auch  hier  ist  für  alles  nähere  auf  meine  oben  an^fBhrte  ä 
handlung  zu  verweisen.  —  Zu  dem,  was  dort  über  die  feier  des  Ol 
goriasfestcs  und  das  agieren  von  christkomödien  doroh  kremseUj 
gesagt  ist,  konnte  hinzugefügt  werden,  dasz  noch  einige  weite  in  I 
zug  darauf  in  dem  oben  (anm.  37)  erwähnten  bände  des  SGholarchiYS  i 
der  handschriftlichen,  gereimten  selbstbiojn'aphie  M.  Chriatian  Blehll 
('accidentale  und  fatale  lebensschicksale^  sich  finden,  das  saDM  I 
zu  drollig,  als  dasz  nicht  vielleicht  der  abdmck  der  «of  seuie  SflU 
lerjahre  zu  Dresden  bezüglichen  verse  im  anhang  II  entsehalUg^ 
finden  dürfte. 

^"  in  den  redeacten  ist  deutsches  nur  als  beataüdieil  poljflott 
expositionen  zweimal  vorgekommen  (P.  1,  78.  2,  659). 


M.  Johann  Bohemus.  219 

i  für  den  künftigen  lebensberuf  durch  erwerbung  einer 
nden  hardiesse'  und  gewandtheit  und  neben  dem  gewinn 
rOmmigkeit  bei  geistlichen  Stoffen,  immer  als  rechtfertigungs- 
erselben  gegen  einwände  betont  ward,  die  sich  doch  ab  und 
i  lieezen  —  um  so  mehr  musz  man  staunen  zu  sehen,  dasz 
nr  auf  beobachtung  des  gebots  der  kurfürsü.  Schulordnung 
es  lateinsprechens  wenigstens  in  den  beiden  obersten  dassen 
h  gedrungen  werden  muste.  für  abweichungen  davon  ward 
en  eines  mitgliedes  der  inspection  eine  geldstrafe  in  vor- 
ebracht.^ 

e  weit  im  allgemeinen  der  griechische  Unterricht  hinter  dem 
hen  zurückstand,  ist  bekannt,  und  so  dürfte  es  weniger 
nehmen,  wenn,  wie  ein  eifriges  städtisches  mitglied  der 
peciion  im  j.  1669  klagte,  in  den  hiesigen  lectionibus  keine 
» Graeca  zu  finden  waren  ^,  als  dasz  diese  thatsache  über- 
emerkt  und  beklagt  ward,  die  kleinen  griechischen  lei- 
einzelner  bei  gelegenheit  von  redeacten  sind  so  gut  wie 
rechnen ;  und  selbst  sie  waren  yielleicht  eben  erst  ein  zei- 
r  neuen  blute  des  gymnasiums  unter  Bohemus,  der  sonst 
ritel  den  zustand  schon  als  einen  seit  längerer  zeit  bestehen- 
mommen,  übrigens  auch  einige  seiner  programme  griechisch 
ben  bat.  in  seiner  classe  ist  von  ihm  stets  die  grammatica 
bebandelt  worden,  mehrmals  sind,  wie  es  in  der  ausfuhr^ 
bezeicbnung  heiszt,  ^technica  linguae  Graecae,  quae  ex  gram- 
Jraecis  Lascaris,  Moschopuli,  Gazae  et  aliis  Halls  inantea 
.  Torgetragen ,  bez.  dictiert  worden,  in  der  lectüre  treten 
i,  secundäre  hülfsmittel  hervor,  wie  ich  sie  nennen  möchte, 
H  die  colloquia  Posselii  und  die  catechesis  Bhodomanni, 
le  gröszere  als  die  kleinere,  einmal,  ganz  im  aniang,  hat 
i  auch  den  Eilhardus  Lubinus  benutzt,  dessen  erste  centurie 
(dem  er  11  jähre  lang  über  sie  gelesen,  1638  zu  Halle  mit 
■gen  herausgegeben  hatte.  ^*   sonst  erscheinen  in  der  prosa- 

lTb.  VIP.  196S  f.  3  (=  1M^  f.  U;  a.  1669.  D.  XVI,  f.  87.  40 

ebendasselbe,    and  dasz  man  keine  carmina  achreiben  laase, 

;t»Qch  schon  im  j.  1578  gerüf^t  worden  (RA.,  A.  II.  66,  1 159). 

Iptfick  dazQ   diene  ein  verweis  auf  einiges  material  dafür,  in 

Eerordentlichem  nm fange  noch  lange  nach  der  reformation 
che  beim  Intherischen  gottesdienst  verwendet  ward;  für  das 
lA.,  A.  n.  66,  f.  95—97;  für  1626:  D.  XXXI.  3,  f.  6;  für  1671: 
X  121.  177  f. 

Rtlcbe  billich  zum  wenigsten  in  prima  classe,  aus  denen  in  der 
pang  de  a.  1603  ang^eführten  Ursachen,  sollten  in  obacbt  ge- 
Jrerden'.  RA.,  B.  VII«.  191^  f.  13  (=196%  f.  1;  ebendaher, 
Pt  sich  die  datiernng). 

^  Job.  Bohemi  .  .  notae  philologicae  ad  centur.  I.  Eilhardi  Lu- 
jfterkenswerth  ist,  dasz  in  diesen  Sentenzen  ^inclusae  sunt  omnes 
'linguae  radices  primogeniae\  die  anmerkuugen  sind  stark 
jnnd- theologischer  und  etjrmologisierender  art.  —  Einmal  ist 
piders  Bupiöiov  rrjc  '€XXd6oc  (pujvfic  s.  Portula  Graecae  linguae 
■ntzt  worden. 


I 


220  M.  Johann  Bohemus. 

lectttre  regelmSszig  Isokrates  ad  Demonicum ,  seltener  ad  1 
und  Plutarch  de  pueroram  edücatione,  teils  zugleich  mit  de 
im  neuen  testament,  teils  ersetzt  durch  diese,  nachdem 
j.  1643  mit  dem  Titusbrief  ein  anfang  gemacht  worden  w 
von  michaelis  1644  an  bis  ostem  1654  nach  einander  d 
neue  testament  durchgelesen,  dann  im  unmittelbaren  anschli 
bis  ostem  1657  noch  einmal  die  evangelien  und  die  apoetdg« 
von  ostem  1658  bis  michaelis  1661  die  drei  ersten  ev 
darauf  aber  ward  für  lange  zeit  damit  ausgesetzt,  und  n 
michaelis  1672  bis  ebendahin  1674  das  evangelium  Lnei : 
mal  vorgenommen  ward ,  so  war  das  wol  veranlasst  dnrd 
der  Visitation  von  1671  von  raths  wegen  mit  untergelan 
merkung,  dasz  mit  den  mangelhaft  vorbereiteten  oberen 
lieber  z.  b.  testamentum  Graecum  oder  anderes,  ab  Homer, 
sei,  entsprechend  auch  einer  zwei  jähre  vorher  an^gesp 
rüge."  daraus  mag  zugleich  geschlossen  werden,  wie  w 
wie  langsam  im  griechischen  gelesen  ward,  wenn  z.  b.  al 
lauf  des  Schuljahres  1644/5  behandelt  verzeichnet  wird  latu 
Demonicum,  catechesis  Bhodomanni  lib.  1. 11  und  ein  teil  v 
II.  I,  so  gehört  das  schon  unter  die  reichhaltigen  vom  di 
zeichnissen.  dafür  wird  auch  anderwttrts  einmal  nur  Ln» 
und  grammatica  Welleri  ftir  ein  semester  genannt  und  von  : 
1672  an  für  die  drei  folgenden  halbjahre  überhaupt  nur  Li 
1 — 11  und  7 — 13,  mit  der  bemerkung,  dasz  an  stelle  de 
wöchentlich  zwei  stunden  hebrSisch  getrieben  worden  seL 
Homerischen  gedichten  sind  zwischen  ostem  1644  und 
ersten  drei,  von  ostem  1656^1658  die  ersten  fCOkf  bficher 
behandelt  worden,  und  zwischen  ostem  1658  und  miehai 
die  ersten  17  bttcher  der  Odyssee,  dreimal  in  je  einem  halli! 
batrachomyomachie.  alles  andere  tritt  nur  vereinzelt  anf , 
nismttszig  am  meisten  noch,  dreimal,  Theokrit  mit  einigen 
je  zweimal  das  aureum  Carmen  Pythagorae  und  die  pasaio  ( 
Nonno,  je  einmal  Theognis,  Phokylides,  auch  Demosthenei 
rede  vom  frieden  und  Agapetus. 

üeberhaupt  neu  eingeführt  ward  von  Bohemns,  wie  ei 
der  hebräische  Unterricht,  und  blieb  auch  noch  nach  seinem 
Sache  des  rectors  in  seiner  abteilung.  dies  erklärt  aidi  \ 
ersten  aus  der  speciellen  richtung  seiner  gelehrsamkeit.  hi 
lieh  genesis  und  psalmen  sind  da  gelesen  worden  —  wc 
überhaupt  einmal,  was  dann  und  wann  geschah,  die  lectftn 
sten  der  grammatik  ganz  ausgesetzt  ward  — ,  in  den  lei 
Semestern  die  Biblia  parva  Opitii.  als  lehrbuoh  konnte 
seine  eigne  grammatik  zu  gründe  legen,     dasjenige,  wa 


w  RA.,  D.  XVI,  f.  98.  —  B.  VH«.  196«,  f.  1  (— 191»,  f.  18 
meisten  wolbestellten  schulen  wird  Testam.  GraeeiuB  wSdbeol 
destens  ein  bis  zwei  mal  gelesen;  was  hier  nicht  geediieht'. 


M.  Johann  Bohemus.  221 

zögen  wordei  ist,  wird  im  wesentlichen  dem  inhalte  der 
Bcbienenen  LiModactio  ad  sanctam  Hebraeam  linguam  dicho^ 
»t  üaciUima  entsprochen  haben,  die  auch  von  miehaelis  des- 
jahres  ab  in  den  Verzeichnissen  als  lehrbueh  genannt  wird, 
»Dszasetzen  ist.  an  schriftlichen  ttbongen  wird  es  kaum  ge- ' 
J^en;  anch  in  den  öffentlichen  actus  ist  das  hebräische,  sogar 
iBcfae  zuweilen  vertreten,  wenn  es  einmal  (W.  S.  1614/5) 
loqnendi  quasdam  formulas  Hebraicas  ad  calamum  dictitavit', 

damit  olme  zweifei  diejenigen  gemeint^  welche  in  dem  er- 
n  mannscript  der  kreuzschulbibliothek  erhalten  sind,  —  for- 
um teil  entsprechender  art,  um  einen  vergleich  heranzu- 

wie  man  sie  etwa  heutzutage  in  einem  hülfsbuche  für  firan- 
B  usw.  conversation  findet,  und  die  mindestens  dafür  Zeugnis 
t,  wie  sehr  man  solche  dinge  in  fleisch  und  blut  übergehen  zu 
rttnscbte.  einmal  (S.  S.  1653)  hat  Bohemus  auch  mit  einigen 
britteneren  das  syrische  in  angriff  genommen ,  und  ganz  im 
seiner  Dresdener  thtttigkeit  auch  das  arabische.  ^ 
Hurend  seiner  ganzen  amtszeit  legte  er  die  logica  Bertii  und 
rtorica  Bhenii  den  entsprechenden  unterrichtszweigen  zu 
,  doch  hatte,  augenscheinlich  kurz  vor  seinem  antritt,  der 
iendent  Strauch  die  einführung  jener  statt  der  logica  Bartho- 
nisbilligt  und  gemeint,  rhetorica  Dieterici  wäre  auch  besser 
miL  freilich  dürften  auch  damals  schon  für  den  einwand 
Bertius  nicht  sowol  wirklich  sachgemäsze  gründe,  als  der 
i  massgebend  gewesen  sein,  dasz,  wie  bei  der  Visitation  vom 

hervorgehoben  wird,  Mer  autor  ein  Calvinianus  und  viel 
I  pro  Calvinismo  stabiliendo  exhibiret.' ^*  aber  erst  nach 
m  tode  wich  dieser  der  dort  vorgeschlagenen  logica  Seharffii; 
harffii  compendium  rhetorices  Vossianum  (auch  ein&ch  als 
ft  Yossii  fortbezeichnet)  fand  gar  erst  in  dem  neuen  lehrplan 
16  aufnähme,  übrigens  lehren  die  lectionsverzeichnisse,  dasz 
nctor  £genolf  bei  der  genannten  Visitation  allerdings  nicht 
üdit  an  die  bestimmung  der  kurfürstl.  Schulordnung  zu  er- 
hnd ,  nach  welcher  die  lehrbücher  in  diesen  disciplinen ,  wie 
^r  grammatik,  bei  jeder  classe,  in  welcher  sie  gelehrt  wür- 
irwege  in  einem  jähre  ausgelesen,  besonders  aber  auf  ostern 
iHielie  angefangen  und  geendet  werden  sollten."^  seit  ostern 
lird  von  Bohemus  regelmäszig  auch  noch  eine  eigene  schrift 
iterricbt  in  der  logik  benatzt,  die  ^ratio  solvendi  argumenta 
la  breviter  per  exempla  quaedam  maxime  theologica  mon- 


ibon  iD  Halle  scheint  das  übrigens  einmal  der  fall  gewesen  za 

■dUz  den  einleitenden  worteu  zu  einer  tafel  nach  dichotomischer 

die  elemente  des  arabischen,   vom  jähre  1633,  in  dem  manu - 

IA„  D.  XVI,  f.  99.    für  das  vorhergehende  s.  Hasche,  dipl.  gesch. 

LS,   184. 
,  D.  XVI,  f.  40.  vgl.  Vormbaum,  evang.  Schulordnungen,  1,  246. 


222  M.  Johann  Bohemue. 

strata',  die  zuerst  1642,  in  erweiterter  gestalt  1663  (Dreadoi  8 
erschienen  war.  was  die  ttbnngen  in  der  rhetorik  betrifft,  80  gdi 
sie  schlieszlich  auf  6ins  hinaus  mit  den  bereits  behandelten  flbiq^ 
im  lateinischen  vertrag.^  j 

Was  noch  zu  verzeichnen  ist,  steht  auszerhalb  des  kroMl 
eigentlich  humanistischen  bildung,  und  es  geschah  nur 
weise  und  in  gemessenen  Zwischenräumen,  dasz  dieser  yon 
überschritten  ward,  auch  dies  im  anfange  seiner  Dresdener 
keit  noch  häufiger  ds  späterhin,    elfmal  im  verlauf  derselben 
so  je  ein  semester  lang  arithmetica  vulgaris  oder  compatos 
wobei  er  mehrmals,  wenigstens  in  der  früheren  amtsperiode,  Uli 
extractio  radicis  quadratae  sich  verstieg.^     so  war  es 
nicht  ganz  ungerechtfertigt,  zeigt  wenigstens,  dasz  die  anfc 
gen  der  zeit  selbst  zu  Wachsen  begannen,  wenn  bei  der 
von  1671  über  das  gänzliche  damiederliegen  der  arithmetik 
schule  lebhaft  geklagt  ward.^  geholfen  hat  das  freilich  nodi 
soweit  wir  sehen.  —  Femer  ist  in  gemessenen  zwischt 
fangs  dreimal  sphaera  Finckii,  später  einmal  sphaera  Stiiii 
worden.  —  Auch  geographie  ward  ab  und  zu  gelehrt,  soenti 
mal  nach  Barth.  Eeckermanns  lehrbuch,  ^monstncto  nsa  in 
terrestri'^,  wie  in  bemerkenswerther  weise  hinzugefügt  wird,'^ 
nach  langer  Unterbrechung  einmal  nach  Schävius,  darauf 

^  einmal,  w.  s.  1668/69,  ist  unter  der  mbrik  rhetorik  nech 
drücklich  hincagefügt:  et  per  omnes  tropos  ac  fig^at  uram  mi 
et  exempla  declarando  hoc  thema  'otium  est  fagiendum'  dediudt 
calanmm  dictitavit. 

B7  ganz  im  Anfang  ist  einmal  hinzugefügt:  et  logiaiica  aal 
im  s.  8.  69    wird  die  Synopsis  mathematica  Nottnagelii  als 
aufgeführt. 

«i«  RA..  D.  XVI,  f.  100.  B.  VU*.  196«,  f.  16.  KA.,  f.  14  f-    ( 
gegebene  datierung  beider  actenstücke  kann  nicht  zweifelhalt 
Schon  1669  war  vorgeschlagen  worden,  unter  hinweisnng  auf  dtlT] 
und  die  geschriebene  stadtschulordnong  (vom  j.  1603,  in  weldMr^^ 
gens  auch  sphaera   dabeistehe),   dasz   wöchentlich    zwei 
einem  präceptor,  der  das  verstehe,  den  superioribns  claaaibua, 
sonst  beliebnng  dazu  trage ,  unentgeltlich  darin  möchte  geleseB 
RA.,  B.  Vn*.  196«,  f.  2  (—  191»',  f.  14).  —    Sehr  vemachllaaigt, 
es  1671,  werde  auch  der  Schreibunterricht. 

^^  mit   der   zeit   leg^  man   immer  mehr  werth  aaf  entei 
Unterrichtsmittel  bei  diesen  lehrgegenständen.    Egenolf  in  aaUM 
wurf  zu  einer  neuen  Schulordnung  (RA.,  B.  VII*.  2,  f.  19)  hatte 
'die  philosophica  seyen  in  der  schalen  nicht  zu  tractiren,  boI 
auf  die  Universitäten  zu  sparen  (s.  weiter  unten  anm.  69).    doek 
von  den  disciplinis  mathematicis  arithmetica,  doctrina  sphaerieat. 
geographia  an  der  taffei,  in  globo  et  mappia,  mit  denen  proi 
getrieben  werden\    als  J.  Y.  Merbitz  1678  sphaerica  las,   bat 
leihweise  Überlassung  eines  auf  dem  rathhause  befindlichen 
globus,  die  auch  gewährt  ward  (RA.,  B.  VII,  16,  f.  16).    im  j.  1 
bei  der  berathung  der  neuen  Schulordnung  aufgestellt  (ebendma.  t\ 
'Der   geographiae    halben  wehren  tabulae   in   die  achnle  an 
und  jedweder  der  hn.  praeceptorum  dahin  su  instmiren,  bey  dar 
autorum  die  loca  occurrentia  zu  weisen'. 


M.  Johann  Boliemus.  223 

heinlich  —  denn  die  bezeichnung  ist  nicht  ganz  deutlich  — 
dhiiz,  zuletzt  viermal  nach  Martin  Beer.  —  Oanz  vereinzelt 
]  da,  wenn  einmal,  W.  S.  1641/2,  tabulae  imperatorum  ex 
)  et  aliis  contractae  gegeben  worden  sind,  erst  Bohemus 
ger  las  häufiger,  sein  zweiter  nachfolger  regelm&szig  ttber 
oria  Bunonis,  der  denn  auch  im  lehrplan  von  1695,  wie  der 
ihie  (nach  M.  Beer,  im  winter  abwechselnd  mit  J.  v.  Feldens 
dinm  doctrinae  sphaericae)  fClr  prima  und  secunda  zusammen 
^ImSszige  wochenstunde  eingeräumt  ward, 
as  sonst  zucht  und  Ordnung  an  der  schule  betrifft,  so  ver- 
käs den  ersten  dreizehn  jähren  von  Bohemus  rectorat  nach 
gelte  hin  etwas,  disciplinarvergehen,  selbst  gröberer  art, 
,  insofern  ihr  grund  eben  in  der  unbändigkeit  einzelner  liegt, 
h  auch  an  der  bestgeleiteten  anstalt  nie  fehlen.  Bohemus 
selbst  wenn  einzelne  fälle  dieser  art  häufiger  überliefert 
tls  es  geschieht ,  ebenso  wenig  daftlr  verantwortlich  gemacht 
können  als  dafür,  dasz  schon  damals  das  leben  in  der 
1  Stadt  eine  gewisse  blasiertheit  bei  den  jungen  leuten  her- 
^,  oder  dasz  alumnen  die  von  ihnen  genossene  wohlthat 
•  zu  würdigen  versäumten,  wol  gar  ihren  reichlichen  ver- 
Ibel  verwendeten,  aber  schlimm  war  es,  wenn  der  rector 
lOden  gewinns  willen  sich  nicht  über  eine,  freilich  an  univer- 
und  schulen  weit  verbreitete  unsitte  zu  erheben  vermochte 
solchem  unwesen  selbst  die  band  bot.  es  waren  zwar  nur 
gehende  Verhältnisse  —  der  rector  verreist,  der  neue  con- 
loeh  nicht  angetreten,  der  tertius  krank  — ,  in  welchen  ge- 
nordnungen  ihren  grund  hatten,  die  im  j.  1652  im  rath  zur 
kamen,  aber  einer  unter  den  anwesenden  gab  auch  an:  ^es 
jeuthe ,  die  es  dem  Bectori  ins  gesiebte  sagen  wolten ,  dasz 
in  Knaben  selbst  erlaubet  und  anlasz  gegeben,  sie  möchten 
inm  Wein  und  Bier  kommen' ;  und  so  sehr  das  lehrercolle- 
r  einer  beschwerde  wegen  der  ihm  zugemuteten  Zahlung  der 
Rier  von  eingeführtem  fremdem  hier  zum  tischtrunk  dagegen 
Iftrt,  dasz  irgend  jemand  aus  seiner  mitte  'dahero  Sich  eines 
Bl  unterführt,  und  mit  gedachten  frembden  Biere  hand- 
I  treibet',  so  findet  sich  die  gleiche  beschuldigung  gegen 
p  doch  ebenso  im  j.  1663,  als  1671  wiederholt''    und  um 

tA.,  D.  XVI,  f.  37  (ßuläus  bericht):  die  'Stadtkinder'  .  .  fangen 
B  ZU  stolzieren,  schämen  sich  vor  den  Jungfrauen  und  andern 
B  die  schule  zu  gehen  und  sich  mit  den  büchern  auf  der  gasse 
Ul. 

votokoll  der  rathssitzung  vom  15  dec.  1652,  KA.,  D.  XI,  f.  32. 
lipde  des  schulcollegiums  vom  2  oct.  1659,  KA.,  f.  3.  bemerkung 
ftsberrn  auf  einem  anhaltschreiben  um  aufnähme  in  das  alumnat, 
»ai  1663  (RA.,  B.  VII«.  191%  f.  38):  'Diese  Knaben  halten  umb 
|P  an,  bey  dem  abzuge  aber  wirdt  nicmandt  einiger  Danck  ge- 
Jbis  geldt  der  alumnorum  wirdt  versoffen,  auch  bey  dem  Hn. 
I  selbst  bisz  Mitternacht',  endlich  KA.,  f.  16  (undatiert,  doch 
Uhaft  vom  j.  1671). 


i 


224  M.  Johann  Bohemus. 

die  übelstände,.  welche  die  Visitation  des  letztgenannten  jihni 
bloszlegte**,  einigermaszen  zu  entschuldigen,  kann  allerdings,  Bovife 
sie  überhaupt  von  der  amtsführung  des  rectors  abhftngig  wam,  m 
das  hohe  alter  desselben  und  die  damit  naturgemftsz  wachsende  ak- 
neigung  gegen  anwendung  einer  zeitgemäszen  strenge  sagaMM 
werden,  zwar  meinte  der  sup.  Bulftus,  es  sei  in  der  hat^tMb 
nichts  zu  erinnern,  als  was  nicht  schon  in  den  legibus  noidttrflk 
enthalten  sei;  nur  möchten  diese  besser  gehalten  werden.  dod| 
wisse  er  auch  keine  grosze  klage:  es  gehe  mit  den  MilinlgMSiaj 
eben  nicht  besser  als  mit  anderen ;  und  wie  man  in  der  instiWMi 
bei  den  ezaminibus  noch  einen  leidlichen  zustand  finde,  so  gebiv 
zwar  einzelne  mftngel  in  der  disciplin,  wie  anderwftrts,  aber  es  vülj 
dem  auch  nach  möglichkeit  entgegengetreten,  —  und  unkrantgi^ 
es  überall  unter  dem  weizen.*"  doch  ist  auch  bemerkens werft « ta 
er  überall  und  zwar  offenbar  in  einem  andern  sinne,  als  Lkli 
conrector  Egenolf  für  einfache  beibehaltung,  aber  strenge 
tung  der  kurfürstl.  Schulordnung  vom  j.  1580  eintrat,  sogar 
für  die  aufrechterhaltung  des  bestehenden  sich  verwandte, 
als  die  so  oft  angeregte  errichtnng  der  neuen  sohnlordnmiig, 
welche  Bohemus  selbst  einmal  16  jähre  zuvor  den  rath 
hatte,  nunmehr  wirklich  von  den  visitatoren  angeordnet  und 
dem  entwurf  derselben  bezeichnender  weise  der  conreotor 
betraut  wurde**,  zugleich  der  einzige  aus  dem  coUeginm 
der  ganzen  langen  amtszeit  des  Bohemus,  der  etwa  anch  sonst 
er  wähnung  beanspruchen  dürfte,  und  eben  Bulftus  selbst  fariagi: 
demselben  memorandum  vor:  in  der  disciplin  wolle  maagd 
fallen;  *der  hr.  Bector,  dem  man  sonst  sein  gutes  Lob  nicht 
sondern  für  einen  stattlichen  Schulmann  passiren  Iftsset, 
sich  Virgae  et  Baculi',  —  merkwürdiger  weise  fast  wOrUich 
Vorwurf,  der  einst  auch  seinem  vorgftnger  im  letzten  jähre 
thStigkeit  gemacht  worden  war.*^  mit  der  zeit  Änderten  sieh 
auch  die  ansichten  über  die  Verwendbarkeit  dieser  erziehi 
bis  oben  hinauf  in  der  schule ,  und  es  ist  ohne  zweifel  als  ein 
stftndnis  an  jene  aufzufassen,  wenn  bei  der  Visitation  anch  &' 
richtung  eines  'leidlichen  carcers  ad  poenas  intermedias* 


<**  vgl.  bes.  RA.,  B.  YII«.  196%  f.  15.  RA.,  f.  14  f.,  aonerde«, 
noch  im  folgenden  za  erwähnen  sein  wird,    die  daiierang  ersAcMl 
unanfechtbar. 

•'  RA.,  D.  XVI,  f.  87.  Egenolf.  ebenda«,  f.  88.  —  EinifeusM 
langen  ans  dem  jähre  1668  s.  RA.,  VU.  16,  f.  12— U  (—  BTvIP.  M 
f.  17  sqq.).  " 

^  RA.,  B.  VIK  191^  f.  7  (a.  1666).   —    D.  XVI,  f .  96.  1«.  d 

200.  803.  « 

*'  Hasche  a.  a.  o.  s.  183,  wenn  anders  seine  angäbe  nicht  aaf  tÜ 
verwecbfelnng  beniht.  —  Für  1671  heiszt  es  aneh  in  einer  aatoa  4 
weiter  oben  angefilhrien  stellen :  'Die  Züchtigung  mit  dar  Rathsa  1 
selzam*  (d.  h.  selten). 


IL  Johann  Bohemot.  285 

wl  TOB  Seiten  d     i      atoren  befohlen  ward.^    za  der  vorstellunjg^, 

vrieke  idion  die  ^ nnten  rügen  erwecken,  stimmt  es  denn  auch 

nHtommen,  wenn  man  ausserdem  noch,  um  ally  geringfügigere 
iiv  BOBtt  in  allgemeinen  Verhältnissen  begtflndete  zu  ttbergehen, 
MptoeÜiehkeit  nnd  Tersftnmnisse  der  lehrer  imd  schttler  in  den  lec- 
,  aowie  allzu  lange  nachsieht  der  ersteren  gegen  *rttudige 
\  anderseits  wol  auch  gar  mangel  an  respect  gegen  die  schul- 
ppeetion,  desgleiehen  ungerechtfertigte  vacanzen,  anä  speciell  die 
||r  idileohie  sucht  auf  dem  alumneum  und  ähnliches  mehr  auazu- 
plMi  ftoid.  so  lange  Bohemus  lebte,  wird  das  aber  auch  kaum 
pk  viel  anders  geworden  seik.*'  TX>rläufig  sammelte  man  ohne 
ifpM  beteilignng  matenal  zu  ein  Schulordnung  und  tauschte  ideen 
aus.  im  rathe  tajachten  s  r,  entsprechend  gleichzeitigen 
anderwärts,  ziemlich  Lwhfliegende  plane  betreffs  einer 
nraiterung  des  lehrziels  auf,  dem  nicht  weniger  als  ein  teil  des 
IjBnsnphinrhnn  cursus  der  Universität  einverleibt  werden  sollte^; 
|iv  darauf  gieng  Egenolf  in  dem  sehr  ausführlichen  entwürfe 
Uli  ein,  den  er  gemäsz  dem  ihm  gewordenen  auftrage  ausgearbei- 
hat*,  —  und  als  endlich ,  schon  unter  Bohemus  zweitem  nach- 
,  im  j.  1695  das  werk  in  gestalt  wenigstens  eines  neuen  lehr- 
st stände  kam,  enthielt  es  nichts  ungewöhnliches  oder  was 
nidit  ans  der  allgemeinen  weiterentwiekelung  der  ideen  bis 
sicii  selbst  erklärte. 


RA.,  D.  XVI,  f.  103. 109. 170.    mit  der  aasführang  hatte  es  aller- 
jiodi  ffute  wege,  denn  ein  bericht  an  den  rath  vom  j.  1698  (RA., 
■•  191*  'Acta,  allerhand  Nachrichten,  die  Schule  z,  h.  Kr.  betr. 
n%  f.  1)  iJUzt  erkennen,  dass  aach  damals  der  baa  noch  nicht  aus- 
war,  obgleich  schon  im  vorhergehenden  jähre  die  mittel  be- 
gewesen  waren. 

in  einer  rathssitznng  heiszt  es  im  j.  1674  wieder  (RA.,  D.  XI, 
I),  die  ganse  schule  bedSrfe  einer  reformation. 
L^  'Za  bedencken  wehre,   ob  nicht  eingeffihrt  werden  könte«  dasz 
Clasae  die  disciplinae  alsz  Ethiea,  Politica,  Phjsica  proWtiret 
and  gelesen  und  also  der  Cursns  philosophicos  etlicher  massen 
it  weiden  könte,  mit  welchem  sonsten  die  studirende  Jngent 
naiversitlten  über  jähr  und  tag  zubringen  moss  und  dadoreh 
atndüs  sehr  verabsäumt  wird'  (combiniert  aus  entwnrf  und 
RA.,  B.  VU.  16,  f.  6  und  8).    femer  B.  VU«.  191S  t  14  (— 
f.  S):    'Weiln  man  vor  nöthig  erachtet,  auch  hier  gar  wol  seyn 
,  dass  alhier  aus  der  Schalen  ein  rechtes  Gjmnasiam  gemachet, 
darinnen  Altiora,  alsz  die  Philosopbia  und  andre  Liberales  artes 
in  werden*  usw. 

**  RA.,  B.  VIK  2    'Entwurff  der   verneuerten   Schulordnung'  usw. 
Egenolf  betont  vor  allem,  dasz  die  kurf.  Schulordnung  im  wesent- 
aasreiche,  nicht  ohne  einen  scharfen  seitenhieb  auf  die  neueren 
Ler.    im   einzelnen   werden  allerdings  mannigfache ,    nicht  un- 
lante  besserungsvorschläge  und  ergänzungen  dazu  gegeben,  endlich 
tnch  oben  anm.  59. 

(fortsetzung  folgt.) 
Dresden.  Otto  Meltzer. 


*.i*hrb.f.phil,u.päd.  11.  »bU  1875.- hfU  4  «.  5.  lÖ 


226  M.  Seyffert:  Ellendts  lateinische  grammatik. 


16. 

Db,  Fbibdrigh  Ellendts  lateinische  Grammatik,  bbarbmct 
VON  DB.  Moritz  Setffert.  vierzehnte  vbrbbssertb  aui 
LAGE.    Berlin  1874. 

Nachdem  Seyffert  der  zwölften  aufläge  seiner  grammatik  ■ 
recht  eine  gestalt  geben  zu  müssen  geglaubt  hatte,  'deren  bestn 
auf  eine  längere  reihe  von  jähren  gesichert  bleiben  könnte',  ersdn 
jetzt  mit  dem  hin  weis  auf  die^  vermttchtnis  des  um  den  lateimtAi 
Unterricht  so  verdienten  mannes  die  von  seinem  söhne  in  Bruita 
bürg  besorgte  neue  aufläge  in  wesentlich  unverftnderter  gostJ 
wir  wünschten  selber  in  unserem  intecesse  d.  h.  im  int  er  esse,  df 
schule  und  der  schüler,  dasz  der  gShrungsprocess  ineiBemidl 
chen  buche  bald  zur  ruhe  kommen  könnte,  ohne  eine  radicalenr  A 
formenlehre,  wie  seiner  zeit  die  syntax  einer  solchen  unterwQcfe 
wurde,  wird  es  gleichwol  nicht  abgehen,  dazu  ruhen  die  beUh 
ersten  teile  und  besonders  der  zweite  auf  zu  wenig  wissenadMl 
lieber  grundlage.  es  ist  unbegreiflich,  wie  lange  zeit  die  resdU 
der  Sprachwissenschaft  nötig  haben,  um  in  so  viel  gebrauehten  oali 
richtsmitteln  einen  eingang  zu  finden,  so  wttre  z.  b.  statt  der  ml 
quierten  regeln  in  §  4l  ff.  eine  auseinandersetzung  über  die  stoM 
bildung  der  dritten  declinaidon  hier  zum  mindesten  wtbndNl 
werth.  welcher  lehrer  wird  es  heute  noch  verantworten  kSmu 
seine  schüler  den  genitiv  aus  dem  nominativ  herleiten  zn  lassai 
und  so  etwas  können  wir  hier  in  behaglicher  breite  gedruckt  leis 
auch  die  anordnung  der  sog.  unregelmftszigen  verba  ist  eine  it 
äuszerliche.  wir  dürfen  jedoch  unmöglich  an  dem  ganzen  \m 
rütteln  und  begnügen  uns  mit  einzelheiten,  welche  wir  bei  eil 
neuen  aufläge  zunächst  verbessert  zu  sehen  wünschten,  von  w«fti 
gehenden  wünschen  haben  wir  heute  nur  den:  berausgeb« 
möge  die  zum  Verständnis  der  lateinischen  beispiti 
nötigen  vocabeln  in  einem  alphabetischen  verzeiol 
nisse  anfügen,  so  lange  einmal  special  Wörterbücher  zu  di 
autoren  im  schwänge  sind ,  musz  der  schulgrammatiker  ihnen  dit 
concession  machen,  da  er  doch  nicht  verlangen  kann,  dasz  sieh 4 
schüler  der  grammatischen  beispiele  wegen  ein  lexicon  anaolHl 
dasz  er  aber  diese  vocabeln  selber  nachsehe,  ist  schon  wegefti 
damit  verbundenen  Übung  in  den  formen  von  Wichtigkeit.  «BM 
ausstellungen  sind  nun  folgende. 

§  2  heiszt  es :  *2)  die  formenlehre  (etjmologie)  lehrt  die  fonM 
kennen,  welche  die  Wörter  nach  dem  bedürfois  der  rede  «^«»•h^ 
können.'  offenbar  ist  unter  dieser  begriffsbestimmnng  die  wm 
bildungslehre  nicht  mitzuverstehen ,  welche  in  diesem  teile  ißrii 
wol  mit  inbegriffen  wird. 

§  5  empfähle  es  sich,  neben  'V,  v'  zu  setzen  (^wan*),  dnlv 
wie  bei  den  letzten  (griechischen)  buchstaben  der  name-  beigegah 


M.  Seyffert:  Ellendte  lateinische  grammatik.  227 

igt  das  'sprich'  würde  ich  aus  der  klammer  weglassen ,  denn  es 
hut  heim  priva^gdbranch  des  bnches  leicht  zu  einem  misverstSnd- 
line  Teranlassung  sein,  man  kann  in  diesen  dingen  nicht  genau 
gmog  zu  werke  gehen,  aus  eben  diesem  gesichtspuncte  ist  bei  §  9 
dar  insahs  gemadbt:  'Y  darf  nicht  wie  F  gesprochen  werden,  sondern 
hitst  ähnlich  wie  w'.  dieser  zusatz  könnte  ^  wenn  auf  unsem  vor- 
ahlag  angegangen  würde,  ganz  fortbleiben,  denn  die  falsche  aus- 
pndbe  folgt  lediglich  aus  der  fidschen  benennung..  es  ist  wol  der 
Mge  bui^stabe,  der  in  jeder  der  sprachen,  die  auf  dem  gymnasium 
(Hririien  werden  (auch  im  englischen)  einen  andern  namen  führt. 
lAoB  deshalb  emp^le  es  sich,  ihn  beizugeben,  wir  müssen  nur 
Ittkt  selber  den  schtllem  den  falschen  (deutschen)  namen  vor- 
ppsdien. 

§  7  anm.  1  wird  das  verfahren,  wonach  man  zwei  puncte  ttber 
Itt  zweiten  vocal  z.  b.  in  po0ma  setet,  diaeresis  genannt,  das  ver- 
lin leuchtet  ein.  das  verfahren  der  punctation  ist  doch  nicht 
{fwOieh,  was  man  unter  diaerese  zu  verstehen  hat.  viele,  ja  die 
Msten  ausgaben  der  schriftsteiler  bieten  diese  puncte  gar  nicht 
ii  doch  ist  die  diaerese  vorhanden,  die  schüler  sind  immer  um 
hn  namen  für  sie  in  Verlegenheit:  also  gebe  man  ihnen  lieber 
Imi  namen  und  fasse  den  letzten  satz  etwa  so:  'die  trennung  (der 
ittn  laute  eines  diphthongen)  heiszt  diaeresis,  die  trennungspuncte 
fmeta  diaereseos)  heiszen  als  zeichen  trema'. 

§  9.    *Ti  innerhalb  eines  wertes  vor  einem  vocal  wird'  jetzt, 

ich  auch  hier  hinzufügen,  Vie  zi  gesprochen',  weil  diese  aus- 

ebenso  wenig  bezeugt  ist,  wie  die  heutige  misbrftuchliche 

des  G,  welche  kurz  vorher  behandelt  worden. 

§  11.  Was  hat  man  unter  'trennung  mehrsilbiger  Wörter  im 

liben'  zu  verstehen?    ist  der  ausdruck  nicht  ungenau?  mttste 

^iidit  heiszen  'trennung  der  Wörter  in  silben'?  liesze  sich  nicht 

so  sagen:    'soll  man  ein  wort  (beim  schreiben)  in  silben 

was  natürlich  nur  bei  einem  mehrsilbigen  werte  möglich 

10  gelten  hierbei  folgende  hauptregeln\   aber  sind  denn  nicht 

m  regeln  auch  bei  der  mustergültigen  ausspräche  z.  b.  beim 

m  eines  verses  zu  befolgen?   woher  kommt  es  denn,  dasz 

ein  wort  in  der  schrift  teilen  kann?   doch  gewis  nur  von  der 

le.     also  lasse   man  das  in  klammem  gesetzte  weg.  — 

^wenn  ein  consonant  zwischen  zwei  vocalen  steht,  so  gehört  er 

zweiten  silbe',  auch  das  ist  ungenau  und  kann  zumal,   wenn 

die  beispiele  des  nähern  ansieht,  in  denen  immer  die  erste  silbe 

rennt  ist,   zu  irrungen  führen,    also  entweder  heisze  es  'zur 

iden  silbe'  oder  man  teile  z.  b.  sedi-tio  oder  prod-e-o,  red-e-o, 

*i*ti-o.   übrigens  bemerke  ich,  dasz  die  sämtlichen  zu  den  werten 

eingeschobenes  d  jedoch  bleibt  bei  der  vorhergehenden  silbe' 

Angeführten  beispiele  nicht  hierher,  sondern  unter  §  12  gehören. 

sich  passendere  beispiele  kaum  finden  lassen,  bleiben  diese  worte 

^sten  fort,    richtig  sind  sie  ja  auch  nicht,  denn  dieses  d  ist  ja 

15* 


228  M.  Sejffert:  EUeadts  lateinische  grammatik, 

ein  organisches,^  nicht  willkürlich  eingeschobenes.  —  Zu  2)  oi 
leider  kein  einziges  beispiel  eines  griechischen  Wortes  ani 
man  versuche  aber  einmal  das  schon  im  §  7  vorkommen 
diphthongus  danach  abzuteilen  und  man  wird  die  hinfiüüg! 
hier  gegebenen  regel  und  die  rlchtigkeit  des  in  der  anmerk 
merkten  principes  sogleich  einsehen,  am  besten  wtlrde  der 
geberthun,  das  zweimalige  gesperrt  gedruckte  wori  ^latel 
und  die  ganze  anmerkung  zu  streichen  und  eine  sache  in  snsi 
lassen ,  ttber  die  wir  in  einer  so  kurzgefaszten  grammatik  so 
Spieles  nicht  hinwegkommen  können.  —  Auf  sohwadien  füss 
auch  die  bemerkung  zum  schlusz  des  folgenden  paragrapben: 
wenn  von  zwei  gleichen  consonanten  einer  ausgefallen  ist, 
der  bleibende  zur  folgenden  silbe',  —  so  lange  wenigsten 
passenderen  beispiele  beigebracht  werden,  denn  *su-8pici< 
scribo'  folgt  einfach  auch  ohne  diese  bemerkung  der  zu 
dieses  paragraphen  gegebenen  regel  von  den  zusammeng 
Wörtern,  ein  ausfall  aber  in  der  composition  der  Wörter  t 
den  ersten  teil. 

§  14.  Wie  aus  dem  satze :  'im  lateinischen  hat  kein  : 
biges  wort  den  ten  auf  der  letzten  silbe'  (auch  adhuc  nicht? 
tens  folgen  soll ,  dasz  mehrsilbige  Wörter  den  ton  auf  der  yo 
silbe  haben,  wenn  dieselbe  lang  ist  usw.,  sehe  ich  beim  beste 
nicht  ein.  ob  es  der  schüler  besser  begreifen  wird ,  bezw€ 
es  sieht  dieses  kurze  logische  verfahren  sehr  gut  aus ,  klin 
sehr  gut;  wenn  es  nur  auch  richtig  wftre!   dasselbe  gilt  vo 

§  16  musz  vereinfacht  werden,  es  giebt  auch  adjectiva 
oder  warum  schreiben  wir  auch  die  grosz?  wir  müssen  frei] 
nach  dem  rechte  fragen,  mit  welchem  es  geschieht,  die  Fi 
thun  es  z.  b.  nicht,  wir  haben  in  den  alteu  sprachen  viellei 
vorhersehende  neigung,  alles  mögliche  grosz  zu  sphreiben,  z.b. 
Timol.  4,  4:  'Nihil  enim  rerum  humanarum  sine  deonun 
gen  putebat.  Iteque  suae  domi  sacellum  Automa tias  (abv 
sc.  deorum)  constituerat  idque  sanctissime  colebat'.  das  nv 
dächten  wir,  hier  einen  ausgeprägten  appellativen  sinn,  m%\ 
Pluterch  immerhin  die  göttin  Fortuna  bedeuten,  bei  Com 
ein  dahinzielender  zusatz  deae.  wir  verehren  ja  auch  die  vor 
das  'ungerufene'  göttliche  walten  in  natur  und  geschidi 
denken  dabei  nur  an  eine  seite  im  gottesbegriffe.  aber  diei 
so  nahe  sie  heranstreift  und  wie  sehr  ich  eine  dahin  geh« 
merkung  in  diesem  paragraphen  vermisse,  gehört  doch,  wie 
nicht  hierher,  dasz  es  auch  adjectiva  prppria  gebe,  beswei 
herausg.  gewis  ebensowenig,  wie  ich  und  beweist  ja  daa  bud 
seits  mit  der  Wiederholung  des  wertes  'nomina'  (1.  ^nominas 
tiva  usw.  diese  teilen  sich  wiederum  ein  a)  in  nomin a  pr 
nicht  in  substantiva  propria',  woraus  freilich  der soläüi 
klare  Vorstellung  von  der  sache  gewinnen  kann),  anderenei 
mit  der  hier  gegebenen  begriffserklSrung  der  nomina  prqpria 


M.  S^yffert:  EUendtB  lateinische  grammatik.  329 

Wdie,  welche  nur  einem  einzelnen  gegenstände  zukommen'  das 
ißticA  Ton  'Borna',  «ae  nicht  mehr  als  von  Bomanus,  -a,  -um. 
■rsdiade,  dasz  ein  solches  beispiel  fehlt,  die  ganze  falsche  anord- 
wmg  des  paragraphen  würde  glücklich  schififbrach  gelitten  haben 
■  öiem  solch^  steine  des  anstoszes.  aber  wenn  unter  den  'no- 
iJM  propria'  auch  ac^jectiva  zu  verstehen  sind,  musz  doch  ein 
Uda  lautendes  beispiel  ebenso  zugelassen  werden,  es  empfiehlt 
kk  diesen  paragraphen  folgendermassen  anzuordnen:  *die  nomina 
frfUkn  l)in  nomina  substantiva  (hauptwörter),  welche  die  gegen- 
pade  benennen,  z.  b.  mensch,  ihier,  pflanze ,  und  nomina  adjectiva 
jjgüimAaftswgrter),  welche  merkmale  benennen  usw.  2)  in  nomina 
(eigennamen) ,  welche  nur  einem  einzelnen  gegenstände  zn- 
,  z.  b.  Boma,  Bomanus  und  nomina  appellati^a  (gattungs- 
),  welche  einen  gegenständ  bezeichnen,  der  zu  einer  gattung 
hiAartiger  gegenstände  gehört,  z.  b.  mensch,  thier,  pflanze,  grün, 
1^'.  zum  schlusz  dann  die  anmerkung:  die  nomina  propria 
ireiben  wir  mit  einem  groszen  anfangsbuchstaben. 

§  19  ist  übersehen,  dasz  ein  adverbium  durch  das  andere  nfther 
fatimmt  werden  kann,  es  genügt  ad  1)  der  zusatz:  das  adverbium 
■B  auch  ein  anderes  adverbium  n&her  bestimmen  z.  b.  der  redner 
bdit  sehr  deutlich. 

§  31  unterbleibe  der  zusatz,  'bei  ein  und  derselben  endung', 
es  ist  von  dem  durch  die  endung  zu  bestimmenden  geschlechte 
gar  nicht  die  rede  g:ewesen  und  die  unmittelbar  d^auf  folgen- 

regeln  sind  gerade  die,  welche  das  geschleeht  mittelst  der  be- 
bestimmen sollen,   auch  ist  hier  ausdrücklich  bemerkt,  dasz 

ohne  rücksicht  auf  die  endung  geschieht. 

§  28  heiszt  es  immer  noch:    'die  endungen,  welche  gebraucht 

,  am  die  verschiedenen  möglichen  besiehungen  des  Wortes 

9  heiscen  casus  (fUle)  desnomen'.  dergleidien  ausdrocks- 

hat  man  schon  beim  unterrichten  zu  vermeiden,  wie  viel  mehr 

gedruckten  buche. 

S  Sl  ist  leider  keine  rücksicht  auf  die  pluralia  tantum  ge- 

{  S4  anm.  2  fehlt  irgend  ein  beispiel ,  das  doch  so  viel  zur  ver- 
iliehang  der  sache  beitrftgt 

§  54.  Was  mag  sich  der  schüler,  wenn  er  auf  diesen  para- 
ten geführt  wird,  unter  'den  Schriftstellern  der  silbernen 

initst'  vorstellen,  solche  kunstausdrücke  dürfen  ~  das  ge- 
mit  zu  dem  wesen  eines  schul-  oder  schülerbuches  —  nicht  ohne 

>l0tige  erklärung  gegeben  werden. 

§  67  fehlt  opus  s.  das  unten  zu  §  184  beigebrachte,   sobald 

ttbOler  einen  grammatischen  terminus,  wie  den  des  'indecli- 

i'  wertes  kennt,   ist  es  nicht  zulässig,  dasz  daftir  umschrei- 

gebracht  werden ,  wie  der  dort  so  unwissenschaftlich  klin- 

te  rosatz  'ohne  dasz  opus  verwandelt  würde',   was  soll  er  sich 


2S0  M.  Seyffert :  Ellendts  lateinische  grammatik. 

für  eine  Verwandlung  denken?  also  entweder  heisre  eB  ^obnsditf 
opus  declinirt  wird'  oder  hier  wird  die  nummer  3)  dahin  geiateif 
dasz  es  heiszt :  *die  einzelnen  werter  instar  (büd),  las  (natOrlkihii 
recht),  ne&s  (sttnde),  mane  (morgen),  opus  (bedttrfiiia)  ii]id«ij|i 
andere;  von  diiesen  sind  die  <kei  ersten  als  nomin.  und  aecoi^  warn 
auszerdem  auch  als  ablat.,  opus  nur  in  der  (prftdicatiyen)  Terbhudof 
von  opus  est  (sunt  s.  §  184)  gebräuchlich.' 

§  72,  4  konnte  erwähnt  sein,  dasz  auch  das  mascnlinmn  diair 
nomina  bisweilen  adjectivisch  gebraucht  wird  z.  b.  victor  (ML 
metam.  3,  56 :  ut  nemus  intravit  letataque  corpora  fidit  Victorai* 
que  supra  spatiosi  corporis  hostem  usw.  so,  wie  die  worte  hmfh, 
faszt  sind,  hat  es  den  anschein,  als  wenn  die  formen  nltrix  ^ 
victrix  auch  als  masculina  im  gebrauche  wären,  ich  schlage  fc 
fassung  der  regel  vor:  'die  substantiva  mobilia  ultor,  nlim 
yictor,  victrix  sind  auch  als  adjectiva  im  gebranbh  (riehand 
siegreich)  und  bilden  von  der  femininform  sogar  ein  neatmm 
ralis  z.  b.  arma  victricia,  siegreiche  waffen.' 

§  75  vermisse  ich  eine  erwähnung  des  aus  dlvitiaaiiiiai 
kürzten  Superlativs  ditissimus ,  die  am  besten  in  die 
passen  würde,     der  vom  verf.  ausgesprochene  grondaatz  *] 
allgemeinen  typen  der  klassischen  prosa,  als  deren 
uns  Cicero  und  Cäsar  gelten,  zur  darstellung  an  billigen' 
darunter  nicht  leiden,  denn  einmal  braucht  der  letatere  im 
gall.  1,  2,  1  gerade  diese  meist  poetische  form  und  dann  iat, 
wir  sehen,  vom  verf.  selbst  dieser  gmndsatz  nur  auf  die  ayataz- 
schränkt  geblieben. 

§  82,  2  schlage  ich  fttr  is,  ea,  id  das  deutsche  pnmomoi 
die^  das'  vor,  welches  unsere  Lateiner  nicht  zu  kennen  soheiMB  (i 
unten  zu  §  222),  für  idem  das  in  diesem  sinne  Tiel  hlnfiger 
kommende  ^derselbe',     will  man  in  klammem  eine  erkUnng 
nebensetzen,  so  könnte  das  ^der*  durch  'er,  derselbe,  denjenigePi 
'derselbe'  bei  idem  durch  'ebenderselbe'  erklärt  worden. 
einten  streben  der  lateinischen  grammatiken  und  fli 
hat  man  es,  meine  ich,  zu  danken,  dasz  das  deutsche  piononm 
vom  Schauplätze  mustergültiger  rede  allmählidi  ganz 
das  sollten  wir  nicht  zulassen,  dasz  unsere  spräche  unter 
flusse  der  fremden  leide,  am  wenigsten  wo  es  so  wenig  aMig 
wie  hier.«  I 

§  86  könnte,  da  es  sich  noch  um  die  form  handelt,  viel  blM 
die  zeitart  zur  norm  der  einteilung  gemacht  und  der  hier  waüilB 
einteilungsgrund  der  zeitstufe  f£r  §  234  offen  gehalten  w«4| 
in  dieser  fassung  stimmen  beide  paragraphen  ziemlieh  mit 


überein.     'die  in  dem  Zeitwerte  bezeichnete  handlnng  kann  di^ 
vollendet  oder  vollendet  gedacht  sein,    auf  beiden  aeiten  adMV 
man  auszerdem  drei  stufen  der  zeit :  die  gegeni      < ,  die 
heit  und  die  zukunft,  nemlich: 


M.  Scuffiert:  KUendts  lateinische  gnttnmatik. 


331 


1)  die  anvollendete  und 
c  in  der  geganwart  z,  h. 

«MO  ich  liebe 

<L  L  das  praeaens 
I.  in  der  yergaogenlieit  z.  b. 

OMabam  id^  liebte 

d.  L  das  imperfectom 
c  in  der  sokiuift  z.  b. 

Miabo  ich  werde  lieben 

d.  L  das  f atomm 


2)  die  vollendete  handlnpg 

amaiA  ich  habe  geliebt 
das  perfeetnm 

amaverBM  ich  hatte  geliebt 
das  plusqnamperfeetom 

amavero  ibh  werde  geliebt 

haben 
das  fhtanun  ezactom.' 


I  wttvde  man  also  die  zeitstnfe  nur  an  der  endong  (vergl*  amabam 
pi  amaboy  amaveram  und  amavero),  ^  zeitart  oder  be- 
Mnheit  der  handlang  am  stamme  selber  unterscheiden  kISnnen. 
■r  paaaive  stamm  der  actio  perfecta  tritt  mit  dem  participium  fu- 
ii  aetivi  allerdings  in  die  actio  imperfecta  hinttber,  aber  doch  erst 
it  einer  erweiterten  ableitung  der  form,  auch  darauf  sind  die 
iOIer  famzuweisenf  dasz  sich  die  beiden  formen  schon  im  deutsdien 
tßgi  genng  scheiden,  um  leicht  erkannt  zu  sein:  wie  im  activnm 
Ikhaben  wir  auch  im  passivum  immer  ein  hiUszeitwori  im  gebrauch, 

tdie  actio  perfecta  zu  formieren,  hier  bekannüioh  das  hilfezeitwort 
L    es  ist  von  der  allergrösten  Wichtigkeit  z,  b.  fttr  die  consecutio 

dasz  man  bei  zeiten  darauf  aufinerksam  macht. 
§  94  werden  die  formen  der  coxgugatio  periphrastica  in  an- 
weise entwickelt,    die  ausfllhrlichkeit,  mit  welcher  dies 
it,  würde  die  bemerkung  ad  2)  wol  noch  zulassen,  dasz  man 
»passive  mit  der  negation  verbundene  form  so  hfiufig  im  deutschen 
'dürfen'  aufUtot. 

§  1Q9  fehlt  eine  bemerkung,  dasz  £ero  ein  verbnm  nach  der 
conjugation  ist.    das  citat  in  der  anmerkung  kommt  zu  sgät 
ifenfigt  nicht. 

§  124  heiszt  es:    'die  coigunctionen  gehören  ihrem  ge- 

lehe  nach  gftnzlich  der  sjntaz  an',  man  fragt  unwillkttrlidi: 

ihrer  form  nach?    denn  die  gehGrt  doch  ganz  allein  hierher. 

ibetreffienden  werte  sind  entweder  zu  streichen  oder  eine  bemer- 

ttber  die  form  ist  am  platze. 

1 125.  2)  — asco  wird  nicht  an  verba  der  ersteUf  sondern  an 
stimm  eines  solchen  verbs  angehängt. 

§  132.    Die  regeln  von  der  Wortstellung  hat  zwar  Sejffert  mit 

it  femgehalten  (vergl.  das  vorwort  zur  zwölften  aufläge),  aber 

elementaren  regeln  über  die  stellang  des  verbs  könnten  hier 

got,  wie  die  über  die  Stellung  des  a^jectivs  §  138  gegeben 

wo  eine  natürliche  lücke  dafür  gelassen  zu  sein  scheint,   es 

ja  hier  nur  heiszen :   'das  attribut  musz  mit  dem  dazugehö- 

Substantiv  im  genas ,  numerus  und  casus  übereinstimmen  und 

sobald  es  nicht  besonders  hervorgehoben  werden  soll,  seine 

hinter  dem  Substantiv,   wenn  ein  attribut'  usw.  der  den  zu- 


232  M.  Seyffert:  Ellendts  lateinische  grammatik. 

sammenhang  störende  gedankenstrich  wäre  dann  unnötig,  e 
freilich  schlimm,  wenn  die  schüler  warten  mttsten,  bis  sie 
Syntax  diese  regel  erführen,  wie  aber ,  wenn  sie  ihr  hier  Ao> 
ersten  male  begegneten,  was  so  unerhört  nicht  ist:  de  wire 
von  der  leidigen  manier  das  adjectiynm  immer  rar  das  m 
tivum  zu  setzen,  noch  viel  nachdrücklicher  gewarnt ,  als  dn 
blosze  wort  des  lehrers.  merkwürdig,  dasz  man  im  elemt 
latein  auf  diese  rücksicht,  die  man  auf  den  color  Latinus  zu  i 
hat,  nicht  schon  durch  die  einfache  erwSgung  —  erMimn 
ich  dann  leider  nicht  sagen  —  geführt  .wird,  dasz  dadurch  d; 
von  der  Übereinstimmung  des  adjectivs  mit  dem  substan^ 
Schülern  wesentlich  erleichtert  wird!  der  satz  'das  rOmise 
hat  viele  kriege  geführt'  ist  für  den  anf&nger  ungleich  leic 
übersetzen,  wenn  zuerst  die  substantiva  und  dahinter  die  wi 
übersetzt  werden,  als  umgekehrt,  oder  gehört  das  gute  late 
dann  nicht  schon  in  die  ersten  stunden,  wenn  es  das  leiehte 
quemere  ist.  ebenso  wird  sich  in  dem  capitel  vom  gemtiv  m 
finden,  wo  die  ganz  gleiche  regel  von  der  Stellung  der  nihe 
Stimmung,  welche  durch  diesen  casus  ausgedrückt  ist,  eine  p 
Verwendung  findet,  noch  besser  freilich  wBre  es,  diese  so  wi 
dinge  an  die  spitze  eines  capitels  zu  setzen,  welches  die  bierh 
rigen  hauptsachen  vereinigte  und  immer  noch  fehlt 

§  139.  Das  genus  der  apposition  stimmt  notwendig  au 
überein ,  wenn  das  substantivum  ein  (von  einem  a^ectivum 
tetes)  commune  ist  z.  b.  patria,  parens  nostra.  diese  besti 
fehlt  doch  offenbar  noch  oder  herausg.  beseitige  das  so  «pw 
klingende  'nur',  das  adjectiv  ist  in  diesem  ftdle  nicht  einnu 
derlich,  denn  an  dem  durch  das  bestimmungswort  gegebene: 
ändert  sich  nichts,  ob  das  adjectivum  steht  oder  fftllt.  das 
kann  ja  auch  seinerseits  ein  commune  sein. 

§  143.  'Der  genitiv  ist  zunächst  der  casus  für  die  er| 
eines  Substantivs  durch  ein  anderes',  welches  im  deutsche 
selten  mit  einer  präposition  oder  einem  erklirenden  zusai 
bunden  wird,  würde  ich  der  anschaulichkeit  wegen  soglei 
hinzufügen ,  z.  b.  metus  mortis  todesfurcht,  furcht  vor  dem  t 
furcht,  die  man  vor  dem  tode  hat,  divitiae  multonun  bello 
in  vielen  kriegen  erworbenen  reichtümer. 

§  145  d)  anm.  wie  aus  dem  texte  der  regel  folgen  sei 
man  ad  multum  diem  sagt  nicht  ad  multum  diei  ist  für  den 
zu  wenig  ersichtlich,  das  'also'  klingt  ähnlich  wie  §  14  jene 
schluszfolgerung.  wenn  unsere  schüler  so  gute  cuXXoTtCTod 
als  das  buch  voraussetzt:  sie  würden  dann  wol  ganz  ander 
matiken  zur  band  nehmen  können,  so  wird  das  'also'  al 
faUen  müssen,  der  satz  übrigens  an  deuüichkeit  gewia&eB 
hinzugefügt  wird,  dasz  sonst  statt  dieses  adjectivs  im  sing 
wOhnHch  das  Substantive  neutrum  multum  gesetzt  wird.  — 
konnte  ambo  so  gut  aufgefdhrt  sein ,  wie  uterque,  ja  wol  n 


IL  S^jilbrt:  Ellendts  lateinische  grammatik.  S^ 

nefct,  weil  es  n  ch  dentliclier  den  begriff  eines  Zahlwortes  an  sieh 
fadfgt  auch  ambo  verbindet  man  mit  einem  snbstantivnm  nur  ad- 
JNtirisGh.  dabei  könnte  noch  auf  den  nnterschied  beider  Wörter 
hagewiesen  werden,  worüber,  soviel  ich  sehe,  in  dem  bnche  jede 
kiMrknng  fehlt. 

§  154,  4  d)  empfthle  es  sich  (da,  wie  man  deutlich  sieht,  hier 
Im  dannf  angelegt  ist,  den  schüler  zur  richtigen  ftbersetzong  an- 
ridien)  hinter  den  worten  *durch  einen  indirecton  firagesatz'  liäiztt- 
lligai  ^der  im  eonjunetiv  stehen  mnsz'  oder  wenigstens  §  304  an- 
HMien* 

§  160  anm.  2.  'Habeo  ftbr  etwas  halten  ist  annmschriinkt  nnr 
npissiT  im  gebrauch,  wo  duco  und  puto  wenigstens  nicht  im  per- 
Nt  und  den  davon  abgeleiteten  temporibus  vorkommen;  im  activ 
ee  meist  haben  etwas  an  jemandem  i.  b.  carum  te  luibeo'  usw. 
ganze  satz  ist  und  bleibt  unklar.  einfsM^het  und  verstSnd- 
tter  wäre  es  zu  sagen:  igelten  als,  gehalten  werden  fflr 
■Bthaberi,  doci,  putari,  jedoch  kommt  die  vollendete  handlung 
|r  beiden  zuletzt  genannten  passiva  in  dieser  bedeutung  nicht  vor, 
riten  fflr,  ansehen  als  heiszt  ducere  oder  putare  mit  zwei  accu- 
fifen  oder  habere  pro  oder  loco  (in  loco),  numerare  (in  numero) 
't.  aliquem  in  parentis  loco  habeo,  pro  certo  habeo;  carum  te 
ibto  heiszt  ich  habe  dich  lieb ,  eigentlich  ich  habe  an  dir  einen 
Üben  menschen;  pro  steht  auch  bei  duco  und  puto  z.  b.  pro  nihilo 
ttve,  ducere.  nach  puto'  usw.  (ich  will  es  nicht  unterlassen,  die 
Ippdte  ungenauigkeit,  welche  sogleich  in  der  vocabe}  *habeo  für 
ÜiiB  halten'  liegt  noch  besonders  zu  tadeln,  der  schfller  merkt 
i|  so  ein  ftr  allemal  etwas  fieJsches :  habere  für  etwas  halten.) 
r  §163.  Bei  den  worten:  *der  accusativ  steht  in  adverbialer 
|iie  a)  bei  den  substantivirten  nentris'  usw.  stutzen  die  sdifller, 
Itti  man  sie  nach  dem  accusativ  fragt,  besser  wSre  folgende 
:  'wie  ein  adverbium  steht  der  accusativ  a)  der  pronoppna 
a^jectiva  im  substantivierten  neutrum:  aliquid  .  • . , .  b)  in  den 

magnam'  usw. 
§  173  bringt  so  ausgiebige  beispiele  zu  dem  ausnahmefidle  und 
gröszeren  satz  zur  hauptsache.    auch  das  ist  ein  fehler,  d^r 
nichsten  aufläge  gut  gemacht  werden  sollte,  die  ausnanmen 
sonst  besser  gewust  als   die  hauptr^fel  selb^.    ich  sage 
angesichts  der  mancherlei  empfehlenswerthen  Wendungen ,  ^e 
ir  ausgehen  musten  z.  b.  in  dem  inhaltsschweren  §  170  oder  in 

hso  reich  ausgestatteten  §  182. 
p    §  175  d)  anm.     Das  participium  wird  ebenso  gern  mit  dem 
iv  verbunden,  der  ^einen  thatsäcblichen  oder  factischen  grund' 
net  z.  b.  Caeä.  b.  g.  I,  3:    his  rebus  adducti  et  auctoriiate 
igis  permoti  constituerunt  etc.  die  so  genaue  Scheidung  in 
ftlle  sieht  hier  wieder  sehr  gut  aus ,  ist  aber  nicht  stichhaltig. 
§  180  anm.  1.     Mit  dem  legten  aus  dem  zusanmienhange  ge- 
tan Satze  kann  man  traurige  erfahrungen  bei  schfllem  machen. 


{ 


234  M.  SeyfEert:  Ellendta  lateinische  grammatik. 

für  welche  selbst  der  ToUe  context  noch  zu  schwierig  wäre«  hen 
könnte  bedacht  darauf  nehmen,  neben  oder  für  dergL  unbef 
liehe  Sätze  leichtere,  welche  den  platz  mehr  verdienten,  ode 
auch  sogleich  die  deutsche  Übersetzung  beizubringen,  da  sid 
mögliches  nun  einmal  nicht  verlangen  läszt« 

§  184.  Will  der  herausg.,  wie  es  scheint,  die  beiden 
stmctionen  von  opus  est  durch  eine  verschiedene  deutsche 
Setzung  veranschaulichen,  so  könnte  die  regel  mit  einer  Ueini 
Weiterung  anschaulicher  etwa  so  lauten:  opus  est  es  bedarl 
nötig  wird  entweder  unpersönlich  mit  dem  ablativ  oder 
sönlich  mit  dem  nominativ  der  sache,  die  nötig  ist,  derei 
bedarf,  construirt  z.  b.  duce  (ducibus)  opus  est  es  bedarf,  nu 
darf  eines  führers  (eigentlich:  es  ist  an  einem  führe 
bedürMs),  dux^opus  est  ein  führer  ist  nötig,  es  ist  ein  flLhrer  i 
eig.  ein  bedürfnis,  duces  opus  sunt  fÜhrer  sind.nöti 
sind  usw.  die  person,  die  etwas  nötig  hat  (braucht),  steht  im 
z.  b.  duce  (ducibus)  nobis  opus  est  oder  duz  nobis  opus  est  ( 
nobis  opus  sunt)  uns  ist  ein  fUhrer  nötig,  wir  bedürfen  eines  ft 
wir  brauchen  einen  führer,  wir  haben  einen  fÜhrer  nötig,  vgl. 
das  citat  könnte  Übrigens  auch  wegbleiben,  wie  dort  opus 
nicht  notwendigerweise  aufführt  werden  musz,  da  aus  dem  g 
hinreichend  ersichtlich  wäre,  dasz  dieses  wort  ein  indedinabX 

§  187:  'Die  prftpositionen  dienen  um  Verhältnisse  der  n< 
auszudrücken,  in  denen  diese  entweder  zu  einander  oder  zu  ^ 
stehen',  dieser  satz  bedarf  einer  wesentlichen  einschrftnkunj 
es  wäre  hier  der  passendste  ort,  auf  den  unterschied  der  l 
sprachen  im  gebrauche  der  präpositionen  aufmerksam  zu  nu 
'jedoch  pflegt  man',  müste  ein  dahin  lautender  zusats  heissea 
lateinischen  ein  substantivum  nicht  so  gewöhnlieh  wie  im  deut 
mit  einem  andern  durch  eine  präposition  zu  verbinden  s.  l 
krieg  mit  den  Beigem  heiszt  bellum  Belgarum  nach  §  143,  b] 
bellum  Belgicum  nach  §  211,  2,  die  rede  für  den  Marcellus  < 
pro  Marcello  habita  (nach?),  man  hüte  sich  also  ein  Substantiv « 
das  andere  ohne  weiteres  mittelst  einer  präposition  sn  bestim 
—  Bei  ^ad'  empf&hle  es  sich,  unter  die  bedeutungen  auch  das 
gerade  seltene  'vor'  au&unehmen  z.  b.  ad  urbem  esse,  profieisci 
das  aus  Caes.  b.  g.  I,  7  zu  §  265  anm.  2  schon  beigebrach 
tirbe  profieisci  entspricht,  übrigens  ist  profieisci  ad  aliqnea 
schon  aufigfeftihrt. 

§  189  anm.  1  wäre  ein  grund  dahin  anzugeben,  das 
diese  verba  selber  die  richtung  schon  enthalten,  pono  stdi 
po-sino,  po-  aber,  das  aus  port-  verkürzt  ist,  drückt  die  nd 
ebenso  aus,  wie  griech.  stammverwandtes  7rf>öc,  wie  die  aiidti 
insculpo,  inscribo,  incido,  imprimo  zusammengesetzte  pi^MMiti 
alle  mal,  wenn  sie  den  accusativ  regiert,  es  faraachtejaii 
heiszen:  ponere  heiszt  eigentlich  'hinein  n',  inaonlpo  li 
graben'  usw.,  so  dasz  man  also  eigentlich  i       *:   wo  hiaeiBli 


ML  S^jr^Enrt:  Ellendts  lateiaitohe  gx«nunatik. .  236 

wokiBeiagrabeii?  nnd  der  ablatiy  Ton  nator  stehen  mnaz.  (daes 
^wm  im  lateinischen  nicht  wohin?  sondern  wo?'  firagt,  das 
kfiiigt  ohne  eine  solche  erkUmng  immer  oiirios.) 

§  210,  2 ,  b)  müste  für  den  anftnger  aach  erwfthnt  sein,  dasz 
faOeatsche  hier  immer  den  Singular  setzt,  überhaupt  im  lateinischen 
Ikttill  als  substantiT  das  neutrum  plnralis  steht,  wo  an  mehrere 
i^s  gedacht  wird,  es  genügte,  wenn  einem  einaigen  beispide  die 
iHtebhe  bedentung  beigegeben  würde,  um  darauf  anfinerksam  zu 
Mdm,  z.  b.  Vera  et  fidsa  dignoscere  wahres  und  falsches  erkennen. 

§  211  ist  immer  noch  der  nicht  seltene  fall  unberücksichtigt 
pHieben,  dasz  mitunter  im  deutschen  ein  zusammengesetztes  haupt- 
iwt  steht,  z.  b.  bellum  civile  der  bttigerkrieg,  domns  regia  ein 
Ufgepalast 

§  214,  2  anm.  wird  ein  beispiel  angeführt,  wo  iter  mit  *eil- 
■ndi'  übersetzt  wird,  so  taxiert  wenigstens  der  schüler  die  Yocabel 
wl  grund  der  hier  beigegebenen  Übersetzung,  es  heiszt  riehtiger 
hwnieh'  oder  wenn  man  ein  zusammengesetztes  hauptWort  lieber 
riB:  tagemarsch,  tagereise.  •—  Dieser,  wie  die  beiden  folgenden 
pn^gn^ihein,  gilt  offenbar  ebenso  von  der  comparation  der  ad^erbia, 
rii  der  a^ectiya:  vergl.  sogleich  das  erste  beispiel  dieses  para- 
jRfhen.  deshalb  nimmt  man  anstosz  an  der  Überschrift  *compa- 
rite  der  a^jectiva'  oder  erwartet  eine  dahin  lautende  bemerkung. 
1 1)  anm.  ist  zwar  ^und  adverbia'  in  klammem  gesetzt  und  §  215 
tl  ähnlicher  zusatz  zweimal  in  die  regel  selbst  au%enommen,  aber 
IWi  Termiszt  ihn  immer  noch  in  diesem  paragraj^en  ad  2  und  un 
iKen  §  216.  am  einfachsten  und  richtigsten  wftre  es,  ihn  in  die 
hnchrift  dieser  drei  paragraphen  selber  mit  aufzunehmen,  oder 
|p  sdiüler  suchen  sonst  vergebens. 

§  222  hielt  der  verf.  in  dem  satze:  'die  stücke  des  Terenz  lese 
lieber  als  die  des  Plautus'  das  zweite,  hier-  gesperrt  gedruckte 

für  dem  artikel,  obschon  das  nur  die  klammer  besagt,  die  also 
musz.  auch  in  sfttzen  wie:  *der  mensch  ist  ^ckUdi,  der  zu- 
ist' ist  doch  Yon  einem  artikel  nicht  die  rede,  wir  haben 
wie  die  Lateiner  ein  einfaches  ph>nomen  determinatiTum 
itiYum  und  a^jectiynm,  so  gut  wie  is,  ea,  id):  es  heisst  der, 

das  und  unterscheidet  sich  von  'derselbe'  oder  Meijenige'  wie 

oder  ipse  von  is.  auch  ipse  ist  zusammengesetzt  und  heiszt 
lidi  *der  selbst'  oder  *er  selbsf . 

§  229.  ^Substantivisch  steht  allein  quis  (nicht  qui)  nur  in 
mitsätzen'  usw.  ist  eine  fehlerhafte  Wortstellung,  die  ich  nicht 
jlmeren  würde,  wenn  nicht  die  sache,  die  klarheit  der  regel  darunter 
es  muse  beiszen :    'substantivisch  steht  quis  allein',  nemlich 

in  der  Zusammensetzung  aliquis  *aber  nicht  qui,  nur  in  haupt- 
usw.     wie  Seyffert  das  'allein'  gestellt  hat,  ist  es  nicht 

ivum  sondern  adverbium ,  dem  ja  allerdings  folgendes  'nur' 
sprechen  mag.     eine  Unklarheit  bleibt  es  trotzdem. 

§  230  anm.  'Fragen,  welche  keine  antwort  erwarten  lassen'  sind 


226  M.  Seyffert:  Ellendts  lateiDische  grammatik. 


16. 

Db,  Fbibdrioh  Ellendts  lateinische  oramhatik.  bearbutit 
VON  DR.  Moritz  Seyffert.  vierzehnte  verbessebtb  kxnh 
LAGE.    Berlin  1874. 

Nachdem  Seyffert  der  zwölften  aufläge  seiner  grammalik  nit 
recht  eine  gestalt  geben  zu  müssen  geglaubt  hatte,  'deren  beste! 
auf  eine  iSngere  reihe  von  jähren  gesichert  bleiben  könnte',  ersdieW 
jetzt  mit  dem  hin  weis  auf  diei^  vermSchtnis  des  um  den  lateinische 
Unterricht  so  verdienten  mannes  die  von  seinem  söhne  in  Brands* 
bürg  besorgte  neue  aufläge  in  wesentlich  unveränderter  geiUt 
wir  wünschten  selber  in  unserem  inteiesse  d.  h.  im  inter esse  dir 
schule  und  der  schüler,  dasz  der  gShrungsprocess  ineinemioi^ 
chen  buche  bald  zur  ruhe  kommen  kOnnte.  ohne  eineradicaleordtf 
formenlehre,  wie  seiner  zeit  die  syntax  einer  solchen  untenrorito 
wurde,  wird  es  gleichwol  nicht  abgehen,  dazu  ruhen  die  beiM 
ersten  teile  und  besonders  der  zweite  auf  zu  wenig  wissensdMft* 
lieber  grundlage.  es  ist  unbegreiflich,  wie  lange  seit  die  rentatf; 
der  Sprachwissenschaft  nötig  haben,  um  in  so  viel  gebrauchten  vaäK^ 
richtsmitteln  einen  eingang  zu  finden,  so  wäre  z.  b.  statt  der  arttf 
quierten  regeln  in  §  4l  ff.  eine  auseinandersetzung  über  die  ritmtif 
bildung  der  dritten  declination  hier  zum  mindesten  wBnsdmi^ 
werth.  welcher  lehrer  wird  es  heute  noch  verantworten  könaiWi 
seine  schüler  den  genitiv  aus  dem  nominativ  herleiten  zu  laünl 
und  so  etwas  können  wir  hier  in  behaglicher  breite  gedruckt  IflHK 
auch  die  anordnung  der  sog.  unregelmäszigen  verlm  ist  eta»  tM 
äuszerliche.  wir  dürfen  jedoch  unmöglich  an  dem  gansen  hM 
rütteln  und  begnügen  uns  mit  einzelheiten,  welche  wir  bei  eiiif 
neuen  aufläge  zunächst  verbessert  zu  sehen  wünschten,  von  w«ta 
gehenden  wünschen  haben  wir  heute  nur  den:  herausgebef 
möge  die  zum  Verständnis  der  lateinischen  beii 
nötigen  vocabeln  in  einem  alphabetischen  verieiel 
nisse  anfügen,  so  lange  einmal  special  Wörterbücher  sa 
autoren  im  schwänge  sind ,  musz  der  schulgrammatiker  ihnen 
concession  machen ,  da  er  doch  nicht  verlangen  kann ,  dasi  sieh 
schüler  der  grammatischen  beispiele  wegen  ein  lexioon 
dasz  er  aber  diese  vocabeln  selber  nachsehe,  ist  schon  wegen 
damit  verbundenen  Übung  in  den  formen  von  Wichtigkeit, 
ausstellungen  sind  nun  folgende.  ^ 

§  2  heiszt  es:  *2)  die  formenlehre  (etymologie)  lehrt  die  foraw 
kennen,  welche  die  Wörter  nach  dem  bedür&is  der  rede  anBeka4 
können.'  offenbar  ist  unter  dieser  begriffsbestimmung  die 
bildungslehre  nicht  mitzuverstehen ,  welche  in  diesem  teile 
wol  mit  inbegriffen  wird. 

§  5  empföhle  es  sich,  neben  'V,  v'  zu  setzen  (*wan*),  tUB/i 
wie  bei  den  letzten  (griechischen)  buchstaben  der  name-  beigf^g^bfl 


IC  S^jffert:  Ellendti  iatemitdie  grammatik.  S97' 

dag  'sprich'  würde  ich  aas  der  klammer  weglassen,  denn  es 
n  Mm  priTatgebranch  des  bnches  leicht  za  einem  misverstlnd- 
le  veranlaasong  sein,  man  kann  in  diesen  dingen  nicht  genau 
og  za  werke  gehen,  aas  eben  diesem  gesichtspancte  ist  bei  §  9 
sosalz  gemacht:  'Y  darf  nicht  wieF  gesprochen  werdeUi  sondern 
»t  Ähnlich  wie  w*.  dieser  zasatz  kOnnte,  wenn  anf  ansem  vor- 
iig  eingegangen  wttrde,  ganz  fortbleiben,  denn  die  fidscbe  aos- 
tim  Mgt  lediglidi  aas  der  fidschen  benennung*.  es  ist  wid  der 
ige  bui^stabe,  der  in  jeder  der  sprachen,  die  andf  dem  gymnasiom 
Mmb  werden  (aach  im  englischen)  einen  andern  namen  führt« 
m  deshalb. empföhle  es  sidh,  ihn  beizageben.  wir  müssen  nur 
il  selber  den  schtüem  den  falschen  (deatschen)  namen  vor- 


§  7  anm.  1  wird  das  verfahren,  wonach  man  zwei  ponote  über 
zweiten  vocal  z.  b.  in  po6ma  setzt,  diaeresis  genannt,  das  ver- 
m  kochtet  ein.  das  verfahren  der  panctation  ist  doch  nicht 
■ilieh,  was  man  anter  diaerese  zu  verstehen  hat.  viele,  ja  die 
iftcn  ausgaben  der  Schriftsteller  bieten  diese  pancte  gar  nicht 
doch  ist  die  diaerese  vorhanden,  die  schliler  sind  iiiilmer  um 
i  namen  fttr  sie  in  Verlegenheit:  also  gebe  man  ihnen  lieber 
■I  namen  and  fasse  den  letzten  satz  etwa  so:  'die  trennong  (der 
an  laote  eines  diphthongen)  heiszt  diaeresis,  die  trennangspancte 
isla  diaereseos)  heiszen  als  zeichen  trema'. 
§  9.  ^  innerhalb  eines  wortes  vor  einem  vocal  wird'  jetzt, 
b  ich  auch  hier  hinzuftlgen,  'wie  zi  gesprochen',  weil  diese  aas- 
Ae  ebenso  wenig  bezeugt  ist,  wie  die  heutige  misbrluclüiche 
pciehe  des  C,  welche  kurz  vorher  behandelt  worden. 
§  11.  Was  hat  man  unter  'trennung  mehrsilbiger  Wörter  im 
riben'  zu  verstehen?  ist  der  aasdruck  nicht  ungenau?  mOste 
iaM  heiszen  'trennung  der  Wörter  in  silben'?  liesze  sich  nicht 
hr  so  sagen:  'soll  man  ein  wort  (beim  schreiben)  in  silben 
In,  was  natürlich  nur  bei  einem  mehrsilbigen  worfce  möglich 
||a  gelten  hierbei  folgende  hauptregeln\  aber  sind  denn  nicht 
n  r^^eln  auch  bei  der  mustergültigen  ausspräche  z.  b.  beim 
eines  verses  zu  befolgen?  woher  kommt  es  denn,  dasz 
wort  in  der  schrift  teilen  kann?  doch  gewis  nur  von  der 
e.  also  lasse  man  das  in  klammem  gesetzte  weg.  — 
ein  consonant  zwischen  zwei  vocalen  steht,  so  gehört  er 
•weiten  silbe',  auch  das  ist  ungenau  und  kann  zumal,  wenn 
rdie  beispiele  des  nähern  ansieht,  in  denen  immer  die  erste  silbe 
ihrennt  ist,  zu  irrungen  führen,  also  entweder  heisze  es  'zur 
iklen  silbe'  oder  man  teile  z.  b.  sedi-tio  oder  prod-e-o^  red-e*o, 
Iti-o.  übrigens  bemerke  ich,  dasz  die  sämtlichen  zu  den  worten 
Ningeschobencs  d  jedoch  bleibt  bei  der  vorhergehenden  silbe' 
liBgeführten  beispiele  nicht  hierher,  sondern  unter  §  12  gehören. 
Ish  passendere  beispiele  kaum  finden  lassen,  bleiben  diese  werte 
fort,   richtig  sind  sie  ja  auch  nicht,  denn  dieses  d  ist  ja 

15* 


P^ 


i 


228  M.  Sejffert:  EUendts  lateiniBche  grammatik. 

ein  organisches^  nicht  willkürlich  eingeschobenes.  —  Zu  2)  unddjü 
leider  kein  einziges  beispiel  eines  griechischen  wories  angeflllvi 
man  yersuche  aber  einmal  das  schon  im  §  7  Torkommende  im 
diphthongus  danach  abzuteilen  und  man  wird  die  hinflilligkeit  if 
hier  gegebenen  regel  und  die  richtigkeit  des  in  der  anmerkonglN 
merkten  principes  sogleich  einsehen,  am  besten  wflrde  dar  henv 
geberthun,  das  zweimalige  gesperrt  gedruckte  wort  ^lateinisohi 
und  die  ganze  anmerkung  zu  streichen  und  eine  sache  in  soapenioi 
lassen ,  über  die  wir  in  einer  so  kurzgefaszten  grammatik  so  leiditi 
Spieles  nicht  hinwegkommen  können.  —  Auf  schwachen  fttsmi  M 
auch  die  bemerkung  zum  schlusz  des  folgenden  paragraphen:  *€km 
wenn  von  zwei  gleichen  consonanten  einer  ausgefallen  iat«  gM 
der  bleibende  zur  folgenden  silbe',  —  so  lange  wenigstena  kiii 
passenderen  beispiele  beigebracht  werden,  denn  ^su-spicio,  in 
scribo'  folgt  einfach  auch  ohne  diese  bemerkung  der  zu  aa&i 
dieses  paragraphen  gegebenen  regel  von  den  znsammenguwUh 
Wörtern,  ein  ausfall  aber  in  der  composition  der  Wörter  trift  ■ 
den  ersten  teil. 

§  14.  Wie  aus  dem  satze:  'im  lateinischen  hat  kein  mdmi 
biges  wort  den  ton  auf  der  letzten  silbe'  (auch  adhuc  nicht?)  twi 
tens  folgen  soll ,  dasz  mehrsilbige  Wörter  den  ton  auf  der  vorleU 
silbe  haben,  wenn  dieselbe  lang  ist  usw.,  sehe  ich  beim  besten  will 
nicht  ein.  ob  es  der  schüler  besser  begreifen  wird,  bezweifleib 
es  sieht  dieses  kurze  logische  yerfahren  sehr  gut  aua ,  Uingt  m 
sehr  gut;  wenn  es  nur  auch  richtig  wäre!   dasselbe  gilt  Yon  nc 

§  16  musz  vereinfacht  werden,  es  giebt  auch  adjectiTE  pnpii 
oder  warum  schreiben  wir  auch  die  grosz?  wir  müssen  fmÜdi  m 
nach  dem  rechte  fragen ,  mit  welchem  es  geschieht,  die  Framoe 
thun  es  z.  b.  nicht,  wir  haben  in  den  alten  sprachen  vielleieht  ei 
vorhersehende  neigung,  alles  mögliche  grosz  zu  schreiben,  s.b.OQni 
Timol.  4,  4:  'Nihil  enim  rerum  humanarum  sine  deomm  null 
geriputabat.  Itaque  suae  domi  sacellum  Automatias  (oÖTOpoil 
sc.  deorum)  constituerat  idque  sanctissime  colebat'.  das  wort  hl 
dächten  wir,  hier  einen  ausgeprägten  appellativen  sinn,  mag  es  1 
Plutarch  immerhin  die  göttin  Fortuna  bedeuten,  bei  ComAl  M 
ein  dahinzielender  zusatz  deae.  wir  verehren  ja  auch  die  voraehni 
das  'ungerufene'  göttliche  walten  in  natur  und  geechichts  M 
denken  dabei  nur  an  eine  seite  im  gottesbegriffe.  aber  diese  fia| 
so  nahe  sie  heranstreift  und  wie  sehr  ich  eine  dahin  geheads  I 
merkung  in  diesem  paragraphen  vermisse,  gehört  doch,  wie  gss^l 
nicht  hierher,  dasz  es  auch  adjectiva  propria  gebe ,  besweifttt  4 
herausg.  gewis  ebensowenig,  wie  ich  und  beweist  ja  das  buch  siM 
seits  mit  der  Wiederholung  des  wertes  'nomina'  (1.  'nomina  snhsls 
tiva  usw.  diese  teilen  sich  wiederum  ein  a)  in  nomin a  proprii 
nicht  in  substantiva  propria',  woraus  freilich  der sehfllsr fall 
klare  Vorstellung  von  der  sache  gewinnen  kann),  andereraeitB M 
mit  der  hier  gegebenen  begriffserklärung  der  nomina  propria  fisibi 


M.  Seyffert:  Ellendta  lateinische  grammatik.  229 

*solcbe,  welche  nur  einem  einzelnen  gegenstände  zukommen'  das 
g3t  doch  von  'Borna',  -ae  nicht  mehr  als  von  Romanus,  -a,  -um. 
mr schade,  dasz  ein  solches  beispiel  fehlt,  die  ganze  falsche  anord- 
ng  des  Paragraphen  würde  glficklich  Schiffbruch  gelitten  haben 
aemem  solchen  steine  des  anstoszes.  aber  wenn  unter  den  'no- 
Buu  propria'  auch  adjectiva  zu  verstehen  sind,  musz  doch  ein 
diUn  lautendes  beispiel  ebenso  zugelassen  werden,  es  empfiehlt 
Beb  diesen  paragraphen  folgendermassen  anzuordnen :  'die  nomina 
Mcfiülen  l)in  nomina  substantiva  (hauptwörter),  welche  die  gegen- 
ttade  benennen,  z.  b.  mensch,  thier,  pflanze ,  und  nomina  adjectiva 
j^[aischaft8wOrter),  welche  merkmale  benennen  usw.  2)  in  nomina 
iiopria  (eigennamen) ,  welche  nur  einem  einzelnen  gegenstände  zu- 
bnÖBnen,  z.  b.  Roma,  Romanus  und  nomina  appellati^a  (gattungs- 
üBin),  welche  einien  gegenständ  bezeichnen,  der  zu  einer  gattung 
^lidiariiger  gegenstände  gehört,  z.  b.  mensch,  thier,  pflanze,  grün, 
tkm'.  zum  schlusz  dann  die  anmerkung:  die  nomina  propria 
treiben  wir  mit  einem  groszen  anfangsbuchstaben. 

§  19  ist  übersehen,  dasz  ein  adverbium  durch  das  andere  näher 
ütimmt  werden  kann,  es  genügt  ad  1)  der  zusatz:  das  adverbium 
jn  auch  ein  anderes  adverbium  näher  bestimmen  z.  b.  der  redner 
ioeht  sehr  deutlich. 

.  §  31  unterbleibe  der  zusatz,  'bei  ein  und  derselben  endung', 
Im  es  ist  von  dem  durch  die  endung  zu  bestimmenden  geschlechte 
gar  nicht  die  rede  gewesen  und  die  unmittelbar  darauf  folgen- 
regeln sind  gerade  die ,  welche  das  geschlecht  mittelst  der  be- 
bestimmen sollen,  auch  ist  hier  ausdrücklich  bemerkt,  dasz 
ohne  rücksicht  auf  die  endung  geschieht. 

§  28  heiszt  es  inmier  noch :    'die  endungen ,  welche  gebraucht 

am  die  verschiedenen  möglichen  beziehungen  des  Wortes 

^en,  heiszen  casus  (fWe)  des  nomen'.  dergleichen  ausdrucks- 

hat  man  schon  beim  unterrichten  zu  vermeiden,  wie  viel  mehr 

gedruckten  buche. 

§  31  ist  leider  keine  rücksicht  auf  die  pluralia  tantum  ge- 

§  34  anm.  2  fehlt  irgend  ein  beispiel ,  das  doch  so  viel  zur  ver- 
ilichung  der  sache  beiträgt. 

§  54.  Was  mag  sich  der  schüler,  wenn  er  auf  diesen  Para- 
phen geführt  wird,  unter  'den  schriftsteilem  der  silbernen 
inität'   vorstellen,     solche  kunstausdrücke  dtlrfen  —  das  ge- 

mit  zu  dem  wesen  eines  schul-  oder  schülerbuches  —  nicht  ohne 
I  nötige  erklärung  gegeben  werden. 

§  67   fehlt  opus  s.  das  unten  zu  §  184  beigebrachte,   sobald 

Schüler  einen  grammatischen  terminus,   wie   den  des  'indecli- 

wortes  kennt,   ist  es  nicht  zulässig,   dasz  dafür  umschrei- 

gebracht  werden ,  wie  der  dort  so  unwissenschaftlich  klin- 

»de  Zusatz  'ohne  dasz  opus  verwandelt  würde',    was  soll  er  sich 


2S0  M.  SeyfFert :  Ellendts  lateinische  grammatik. 

für  eine  Verwandlung  denken?  also  entweder  heisze  es  *ohna  dai 
opus  declinirt  wird'  oder  hier  wird  die  nummer  3)  dahin  geludert; 
dasz  es  heiszt:  *die  einzelnen  Wörter  instar  (bUd),  (bb  (natOiüolMf 
recht),  nefas  (sttnde),  mane  (morgen),  opus  (bedttrfiiia)  nnd  mm§i 
andere;  von  diesen  sind  die  <kei  ersten  als  nomin.  und  aecos., 
auszerdem  auch  als  ablat.,  opus  nur  in  der  (prftdicatiyen)  twI 
Yon  opus  est  (sunt  s.  §  184)  gebräuchlich/ 

§  72,  4  konnte  erwähnt  sein,  dasz  auch  das  mascnlinmn  dkMr 
nomina  bisweilen  adjectivisch  gebraucht  wird  z.  b.  victor  Ofii 
metam.  3,  56 :  ut  nemus  intravit  letataque  corpora  fidit  Yictoom^ 
que  supra  spatiosi  corporis  hostem  usw.  so,  wie  die  worte  hiorgi- 
faszt  sind,  hat  es  den  anschein,  als  wenn  die  formen  nltiixail 
victrix  auch  als  masculina  im  gebrauche  wären,  ich  schlage  to]gak 
fassung  der  regel  vor:  'die  substantiva  mobilia  ultor,  nlim  «i 
Victor,  victrix  sind  auch  als  adjectiva  im  gebrauch  (riehendal 
siegreich)  und  bilden  von  der  femininform  sogar  ein  neatmm  ib 
ralis  z.  b.  arma  victricia,  siegreiche  waffen.' 

§  75  vermisse  ich  eine  erwähnung  des  aus  dlvitiaeniiBa  ffr 
kürzten  Superlativs  ditissimus ,  die  am  besten  in  die  aamefkmgl 
passen  würde,  der  vom  verf.  ausgesprochene  grondaatz  *BBr  4 
allgemeinen  typen  der  klassischen  prosa,  als  deren  reprlsenlnM 
uns  Cicero  und  Cäsar  gelten,  zur  darstellung  sn  bringen*  wM 
darunter  nicht  leiden,  denn  einmal  braucht  der  letalere  im 
gall.  1,  2,  1  gerade  diese  meist  poetische  form  und  dann  ist, 
wir  sehen,  vom  verf.  selbst  dieser  grundsatz  nur  auf  die  sjatexlf 
schränkt  geblieben. 

§  82,  2  schlage  ich  fttr  is,  ea,  id  das  deutsche  proBonMOH  Hlä 
die^  das'  vor,  welches  unsere  Lateiner  nicht  zu  kennen  seheuMB  (y^i 
unten  zu  §  222) ,  für  idem  das  in  diesem  sinne  viel  hlnfiger  «■ 
kommende  'derselbe'.  wiU  man  in  klammem  eine  erkllniv  * 
nebensetzen,  so  könnte  das  'der*  durch  'er,  derselbe,  deijenige^y  Ü 
'derselbe'  bei  idem  durch  'ebenderselbe'  erklärt  werden,  dmm  fü 
einten  streben  der  lateinischen  grammatiken  und  flbersetgnngsMkjN 
hat  man  es,  meine  ich,  zu  danken,  dasz  das  deutsche  pronosün  ^ 
vom  schauplatze  mustergtQtiger  rede  allmählidi  ganz  ufjinuhwinip 
das  sollten  wir  nicht  zulassen,  dasz  unsere  spräche  unter  dondlji 
flusse  der  fremden  leide ,  am  wenigsten  wo  es  so  wenig  nOtig  ii 
wie  hier.  • 

§  86  könnte,  da  es  sich  noch  um  die  form  handelt,  vid  hmutt 
die  zeitart  zur  norm  der  einteilung  gemacht  und  der  hier  waHfll^ 
einteilungsgrund  der  zeit  stufe  f^  §  234  o£fen  gehalten 
in  dieser  fassung  stimmen  beide  paragraphen  ziemlich  mit 
überein.  'die  in  dem  Zeitworte  bezeichnete  handlnsg  kann  ab^ 
vollendet  oder  vollendet  gedacht  sein,  auf  beiden  selten 
man  auszerdem  drei  stufen  der  zeit :  die  gegenwart ,  die 
heit  und  die  zukunft,  nemlich: 


M.  Sejffert:  EUendts  lateinische  grammatik. 


331 


1)  die  anvollendete  und 

a,  in  der  gegenwart  z.  b. 
amo  ich  liebe 

d.  L  das  praesens 

b,  in  der  Vergangenheit  z.  b. 
omabam  idi  liebte 

d.  i.  das  in^rfectom 
c  in  der  zokanft  z.  b. 
amabo  ich.  werde  lieben 

d.  L  das  fatnmm 


2)  die  vollendete  handlimg 

anwvi  ich  habe  geliebt 
das  perfeotom 

amaver&m  ich  hatte  geliebt 
das  plusquamperfectom 

amat^ero  ich  werde  geliebt 

haben 
das  fatumm  exactum.' 


10  wtbde  man  also  die  zeitstufe  nur  an  der  endong  (vergl.  am  ab  am 
sad  amabo,  amaveram  und  amavero),  ^e  zeitart  oder  be- 
trhfcnheit  der  handlang  am  stamme  selber  unterscheiden  können. 
dir  passive  stamm  der  actio  perfecta  tritt  mit  dem  participium  fu- 
tari  aetivi  allerdings  in  die  actio  imperfecta  hinüber,  aber  doch  erst 
rnü  einer  erweiterten  ableitung  der  form,  auch  darauf  sind  die 
tehlller  hinzuweisen,  dasz  sich  die  beiden  formen  schon  im  deutschen 
ühirf  genug  scheiden,  um  leicht  erkannt  zu  sein:  wie  im  activum 
['S»  haben  wir  auch  im  passivum  immer  ein  hilfszeitwort  im  gebrauch, 
actio  perfecta  zu  formieren,  hier  bekanntlich  das  hilfszeitwort 
es  ist  von  der  allergrOsten  Wichtigkeit  z.  b.  für  die  consecutio 
L,  dasz  man  bei  Zeiten  darauf  aufinerksam  macht. 
§  94  werden  die  formen  der  conjugatio  periphrastica  in  an- 
licher  weise  entwickelt,  die  ausführliehkeit,  mit  welcher  dies 
»ht,  würde  die  bemerkung  ad  2)  wol  noch  zulassen ,  dasz  man 
I passive  mit  der  negation  verbundene  form  so  hftufig  im  deutschen 
'dürfen'  auflöst. 

§  109  fehlt  eine  bemerkung,  dasz  fero  ein  verbum  nach  der 
coiy'ugation  ist.    das  citat  in  der  anmerkung  kommt  zu  spät 
genügt  nicht. 

§  134  heiszt  es:     *die   cox\junctionen  gehören  ihrem  ge- 

raache  nach  gänzlich  der  sjntaz  an',   man  fragt  unwillkürlich : 

ihrer  form  nach?    denn  die  gehört  doch  ganz  allein  hierher. 

betreffenden  worte  sind  entweder  zu  streichen  oder  eine  bemer- 

über  die  form  ist  am  platze. 

§  125.  2)  — asco  wird  nicht  an  verba  der  ersten,  sondern  an 
stamm  eines  solchen  verbs  angehängt. 

§  132.    Die  regeln  von  der  Wortstellung  hat  zwar  Sejffert  mit 
acht  femgehalten  (vergl.  das  vorwort  zur  zwölften  aufläge),  aber 
elementaren  regeln  über  die  Stellung  des  verbs  könnten  hier 
10  gut,  wie  die  über  die  Stellung  des  ac^ectivs  §  138  gegeben 
rden,  wo  eine  natürliche  lücke  dafür  gelassen  zu  sein  scheint,   es 
ja  hier  nur  heiszen :    Mas  attribut  musz  mit  dem  dazugehö- 
substantiv  im  genus ,  numerus  und  casus  übereinstimmen  imd 
•,  sobald  es  nicht  besonders  hervorgehoben  werden  soll,  seine 
Mlong  hinter  dem  Substantiv,   wenn  ein  attribut'  usw.  der  den  zu- 


232  M.  Seyffert:  Ellendts  lateinische  grammatik. 

sammenlisng  störende  gedankenstrich  wäre  dann  unnötig,  es  i 
freilich  schlimm,  wenn  die  schüler  warten  mttsten,  bis  sie  in 
Syntax  diese  regel  erführen,  wie  aber,  wenn  sie  ihr  hier  dodi 
ersten  male  begegneten ,  was  so  unerhört  nicht  ist:  de  wBren  < 
von  der  leidigen  manier  das  adjectivnm  immer  Tor  das  suIn 
tivnm  zu  setzen,  noch  viel  nachdrücklicher  gewarnt,  als  dnrd 
blosze  wort  des  lehrers.  merkwürdig,  dasz  man  im  eleme&l 
latein  auf  diese  rücksicht,  die  man  auf  den  color  Latinns  zn  nel 
hat,  nicht  schon  durch  die  einfache  erwSgung  —  erfiahrong 
ich  dann  leider  nicht  sagen  —  geführt  wird,  dasz  dadurch  die 
von  der  Übereinstimmung  des  adjeotivs  mit  dem  substantir 
schülem  wesentlich  erleichtert  wird!  der  satz  'das  rOmisehe 
hat  yiele  kriege  geführt'  ist  für  den  anf&nger  ungleich  leicht 
Übersetzen,  wenn  zuerst  die  substantiva  und  dahinter  die  m^t 
übersetzt  werden,  als  umgekehrt,  oder  gehört  das  gute  latein 
dann  nicht  schon  in  die  ersten  stunden,  wenn  es  das  leichtere, 
quemere  ist.  ebenso  wird  sich  in  dem  capitel  voni  genitiT  eine  i 
finden,  wo  die  ganz  gleiche  regel  von  der  Stellung  der  nftherei 
Stimmung,  welche  durch  diesen  casus  ausgedrückt  ist,  eine  pasf 
Verwendung  findet,  noch  besser  freilich  wftre  es,  diese  so  wid 
dinge  an  die  spitze  eines  capitels  zu  setzen^  welches  die  hierher] 
rigen  hauptsachen  vereinigte  und  immer  noch  fehlt 

§  139.  Das  genus  der  apposition  stimmt  notwendig  audi 
überein,  wenn  das  substantivum  ein  (von  einem  ac^eotivum  b 
tetes)  commune  ist  z.  b.  patria,  parens  nostra.  diese  bestisu 
fehlt  doch  offenbar  noch  oder  herausg.  beseitige  das  so  i^podil 
klingende  'nur',  das  adjectiv  ist  in  diesem  ftdle  nicht  einmal  < 
derlich ,  denn  an  dem  durch  das  bestimmungswort  gegebenen  ( 
ändert  sich  nichts,  ob  das  adjectivum  steht  oder  fftllt.  das  IcH 
kann  ja  auch  seinerseits  ein  commune  sein. 

§  143.  'Der  genitiv  ist  zunächst  der  casus  fBr  die  ergli 
eines  Substantivs  durch  ein  anderes',  welches  im  deutschen 
selten  mit  einer  präposition  oder  einem  erklirenden  zusat« 
bunden  wird,  würde  ich  der  anschaulichkeit  wegen  sogleidi 
hinzufügen,  z.  b.  metus  mortis  todesfurcht,  furcht  vor  demtod 
furcht,  die  man  vor  dem  tode  hat,  divitiae  multorum  bellora 
in  vielen  kriegen  erworbenen  reichtümer. 

§  145  d)  anm.  wie  aus  dem  texte  der  regel  folgen  soUi 
man  ad  multum  diem  sagt  nicht  ad  multum  diei  ist  für  den  sc 
zu  wenig  ersichtlich,  das  'also'  klingt  ähnlich  wie  §  14  jene  s 
schluszfolgerung.  wenn  unsere  schtQer  so  gute  cuXXonncmf  n 
als  das  buch  voraussetzt:  sie  würden  dann  wol  ganz  andere ) 
matiken  zur  band  nehmen  können,  so  wird  das  'alao'  abo 
faUen  müssen,  der  satz  übrigens  an  deutlichkeit  gewinnen, 
hinzugefügt  wird ,  dasz  sonst  statt  dieses  adjectivs  im  singoli 
wohnlich  das  Substantive  neutrum  multum  gesetzt  wird.  —  f) 
konnte  ambo  so  gut  aufgefdhrt  sein,  wie  uterque,  ja  wol  uit 


M.  Seyffert:  EUendts  lateinische  grammatik.  233 

neht,  weil  es  noch  deutlicher  den  begriff  eines  Zahlwortes  an  sich 
irigt  anch  ambo  y^bindet  man  mit  einem  substantivurn  nur  ad- 
jeetiyisch.  dabei  kOnnte  noch  auf  den  unterschied  beider  Wörter 
Ungewiesen  werden,  worüber,  soviel  ich  sehe,  in  dem  buche  jede 
bemerkung  fehlt. 

§  154,  4  d)  empfähle  es  sich  (da,  wie  man  deutlich  sieht,  hier 
alles  darauf  angelegt  ist,  den  schüler  zur  richtigen  Übersetzung  an- 
nldten)  hinter  den  worten  *durch  einen  indirecten  fragesatz'  hinzu- 
aftgen  'der  im  conjunctiv  stehen  musz'  oder  wenigstens  §  304  an- 
nsehen. 

§  160  anm.  2.  'Habeo  ftlr  etwas  halten  ist  unumschränkt  nur 
in  passiv  im  gebrauch,  wo  duco  und  puto  wenigstens  nicht  im  per- 
feet  und  den  davon  abgeleiteten  temporibus  vorkommen;  im  activ 
Unt  es  meist  haben  etwas  an  jemandem  z.  b.  carum  te  habeo'  usw. 
teer  ganze  satz  ist  und  bleibt  unklar,  einfacher  und  verstftnd- 
Beber  wäre  es  zu  sagen:  'gelton  als,  gehalten  werden  für 
knszthaberi,  doci,  putari,  jedoch  kommt  die  vollendete  handlung 
der  beiden  zuletzt  genannten  passiva  in  dieser  bedeutung  nicht  vor, 
lalten  für,  ansehen  als  heiszt  ducere  oder  putare  mit  zwei  accu- 
üfiven  oder  habere  pro  oder  loco  (in  loco),  numerare  (in  numero) 
ib.  aliquem  in  parentis  loco  habeo,  pro  certo  habeo;  carum  te 
kbeo  heiszt  ich  habe  dich  lieb ,  eigentlich  ich  habe  an  dir  einen 
fieben  menschen ;  pro  steht  auch  bei  duco  und  puto  z.  b.  pro  nihilo 
fiiare,  dncere.  nach  puto'  usw.  (ich  will  es  nicht  unterlassen,  die 
ribppelte  ungenauigkeit,  welche  sogleich  in  der  vocabeji  *habeo  für 
Ibris  halten'  liegt  noch  besonders  zu  tadeln,  der  schüler  merkt 
ildi  so  ein  für  allemal  etwas  Fisches :  habere  für  etwas  halten.) 
*  §163.  Bei  den  Worten:  'der  accusativ  steht  in  adverbialer 
Mse  a)  bei  den  substantivirten  neutris'  usw.  stutzen  die  schüler, 
%ttm  man  sie  nach  dem  accusativ  fragt,  besser  wäre  folgende 
hrong:    'wie  ein  adverbium  steht  der  accusativ  a)  der  pronomina 

Kid  adjectiva  im  substantivierten  neutrum:  aliquid b)  in  den 

jNidungen  magnam'  usw. 

§  173  bringt  so  ausgiebige  beispiele  zu  dem  ausnahmefalle  und 
grOszeren  satz  zur  hauptsache.  auch  das  ist  ein  fehler,  der 
der  nächsten  aufläge  gut  gemacht  werden  sollte,  die  ausnabmen 
len  sonst  besser  gewust  als  die  hauptregel  selber,  ich  sage 
angesichts  der  mancherlei  empfehlenswerthen  Wendungen ,  die 
4Kr  ausgehen  musten  z.  b.  in  dem  inhaltsschweren  §  170  oder  in 
Ann  so  reich  ausgestatteten  §  182. 

§  175  d)  anm.     Das  partieipium  wird  ebenso  gern  mit  dem 

itiv  verbunden,  der  'einen  thatsächlichen  oder  factischen  grund' 

Mchnet  z.  b.  Caeä.  b.  g.  I,  3:    bis  rebus  adducti  et  auctoritate 

*igis  permoti  constituerunt  etc.  die  so  genaue  Scheidung  in 

i\(S\\e  sieht  hier  wieder  sehr  gut  aus,  ist  aber  nicht  stichhaltig. 

§  180  anm.  1.     Mit  dem  letzten  aus  dem  zusammenhange  ge- 

len  satze  kann  man  traurige  erfahrungen  bei  schülem  machen, 


k 


234  M.  SeyfEert:  Ellendta  lateinische  grammatik. 

für  welche  selbst  der  volle  context  noch  zu  schwierig  wftre.  heruag. 
könnte  bedacht  darauf  nehmen,  neben  oder  für  dergl.  unb^gittf- 
liche  Sätze  leichtere,  welche  den  platz  mehr  yerdiemten,  odBrinr 
auch  sogleich  die  deutsche  Übersetzung  beizubringen,  da  sich  üb- 
mögliches  nun  einmal  nicht  verlangen  läszt. 

§  184.  Will  der  herausg.,  wie  es  scheint,  die  beiden  CQi« 
structionen  von  opus  est  durch  eine  verschiedene  deutsche  fÜM- 
Setzung  veranschaulichen,  so  könnte  die  regel  mit  einer  kleinoier 
Weiterung  anschaulicher  etwa  so  lauten:  opus  est  es  bedarf,  iii 
nötig  wird  entweder  unpersönlich  mit  dem  ablativ  oder  per- 
sönlich mit  dem  nominativ  der  sache,  die  nötig  ist,  densBU 
bedarf,  construirt  z.  b.  duce  (ducibus)  opus  est  es  bedarf,  man  be- 
darf eines  führers  (eigentlich:  es  ist  an  einem  fflhrer  M 
bedürfiüs),  dux.opus  est  ein  führer  ist  nötig,  es  ist  ein  fllhrer  ndtif 
eig.  ein  bedttrfnis,  duces  opus  sunt  fÜhrer  sind. nötig,« 
sind  usw.  die  person,  die  etwas  nötig  hat  (braucht),  steht  im  iäx 
z.  b.  duce  (ducibus)  nobis  opus  est  oder  duz  nobis  opus  est  (daofli 
nobis  opus  sunt)  uns  ist  ein  fUhrer  nötig,  wir  bedürfen  eines  fUmOi 
wir  brauchen  einen  führer,  wir  haben  einen  fÜhrer  nötig.  vgL  §67'. 
das  citat  könnte  Übrigens  auch  wegbleiben,  wie  dort  opus  neh 
nicht  notwendigerweise  angeführt  werden  musz,  da  aus  dem  gsnM 
hinreichend  ersichtlich  wäre,  dasz  dieses  wort  ein  indedinablat  iit 

§  187:  'Die  präpositionen  dienen  um  Verhältnisse  der  nonuM 
auszudrücken,  in  denen  diese  entweder  zu  einander  oder  sa  wUi 
stehen',  dieser  satz  bedarf  einer  wesentlichen  einsdhränkong  aal 
es  wäre  hier  der  passendste  ort,  auf  den  unterschied  der  heida 
sprachen  im  gebrauche  der  präpositionen  aufmerksam  zu  msfha 
'jedoch  pflegt  man',  müste  ein  dahin  lautender  zusats  heisitti,  'ia 
lateinischen  ein  substantivum  nicht  so  gewöhnlicfa  wie  im  dentidMi 
mit  einem  andern  durch  eine  präposition  zu  verbinden  s.  b.  te 
krieg  mit  den  Beigern  heiszt  bellum  Belgarum  nach  §  143,  b)  od« 
bellum  Belgicum  nach  §  211,  2,  die  rede  für  den  Marcellas  onlie 
pro  Marcello  habita  (nach?),  man  hüte  sich  also  ein  Substantiv  dnel 
das  andere  ohne  weiteres  mittelst  einer  präposition  sn  besünnuik' 
—  Bei  ^ad'  empfähle  es  sich,  unter  die  bedeutungen  auch  das  nieU 
gerade  seltene  'vor'  au&unehmen  z.  b.  ad  urbem  esse,  profidsoi,  dea 
das  aus  Caes.  b.  g.  I,  7  zu  §  265  anm.  2  schon  bägebraeUe  il 
tirbe  proficisci  entspricht,  übrigens  ist  proficisci  ad  aliqnmnkMi 
schon  aufgeführt. 

§  189  anm.  1  wäre  ein  grund  dahin  anzugeben,  dasi  sDl 
diese  verba  selber  die  richtung  schon  enthalten,  pono  stahl  flh 
po-sino,  po-  aber,  das  aus  port-  verkürzt  ist,  drückt  die  riMmt 
ebenso  aus,  wie  griech.  stammverwandtes  Trpöc,  wie  die  and«n  HÜ 
insculpo,  inscribo,  incido,  imprimo  zusammengesetzte  präpositiQft  ■ 
alle  mal,  wenn  sie  den  accusativ  regiert,  es  brauchte  ja  nur  li 
heiszen:  ponere  heiszt  eigentlich  'hineinlegen',  naoulpo  ^Uasin 
graben'  usw.,  so  dasz  man  also  eigentlich  fragt:   wo  hiaeinliyi* 


iL  SejffiBrt:  EUendtB  lateinische  gnunniAtak. .  23& 

wo  luneiBgrabeii?   and  der  ablativ  von  lu     r  et  (daaz 

ium  im  lateinischen  nicht  wohin?    sc         iwor'  xragt,  das 
kSigt  ohne  eine  solche  erkUrun^r  imi       ou        i 

§  210,  2,  b)  mttste  für  de  r  ai  nt  i      ,  di 

larDeateche  hier  immer  den  singniar»     t,ül        a     imla        x 
Ihnll  als  substanti?  das  nentram  pm         i    nt,  wo  i 
hffi  gedacht  wird,    es  genügt«    wenn  ei        <  1  die 

Intehe  bedentnng  beigegeben  wflrdo,  um  d)       i  anftnerm      in 
Mdiea,  I.  b.  vera  et  fidsa  digno       b  i  ma  ta  tri 

§  211  ist  immer  noch  dei  ni  se  e  fall  ono«  i  n  igt 
)iUiä>en,  daas  mitunter  im  den  ein  ]        i  ]         - 

rar!  steht,  z.  b.  bellnm  civile  aer  otti        tu    ,  aom      n        < 

§  214,  2  anm.  wird  ein  beispiel  angeführt,  wo  iter  mit  *eil- 
mnA*  übersetzt  wird,  so  taxiert  wenigstens  der  schüler  die  vocabel 
if  gnmd  der  hier  beigegebenen  Übersetzung,  es  heiszt  riehtiger 
■neh'  oder  wenn  man  ein  zusammengesetztes  hanptWort  lieber 
dl:  tagemarsch,  tagereise.  --  Dieser,  wie  die  beiden  folgenden 
n^prapben,  gilt  offenbar  ebenso  von  der  comparation  der  adverbia, 
lii  der  a^jectiya:  vergl.  sogleich  das  erste  beispiel  dieses  para- 
nphen.  deshalb  nimmt  man  anstosz  an  der  Überschrift  *compa- 
tkm  der  a4jectiya'  oder  erwartet  eine  dahin  lautende  bemerkong. 
i  1)  anm.  ist  zwar  'und  adverbia'  in  klammem  gesetzt  und  §  215 
hl  ttnlicher  zusatz  zweimal  in  die  regel  selbst  au%enommen,  aber 
Üi  yemiszt  ihn  immer  noch  in  diesem  paragraphen  ad  2  und  im 
IMen  §  216.  am  einfachsten  und  richtigsten  wftre  es,  ihn  in  die 
bnehrift  dieser  drei  paragraphen  selber  mit  aufEunehmen.  oder 
ll  schüler  suchen  sonst  vergebens. 

;:  §  222  hielt  der  verf.  in  dem  satze:  'die  stücke  des  Terenz  lese 
ISibw  als  die  des  Plautus'  das  zweite,  hier  gesperrt  gedruckte 
w  für  den  artikel,  obschon  das  nur  die  klammer  besagt,  die  also 
musz.  auch  in  sfttzen  wie:  *der  mensch  ist  glflckUdi,  der  zu- 
ist'  ist  doch  Yon  einem  artikel  nicht  die  rede,  wir  haben 
wie  die  Lateiner  ein  einfaches  pironomen  determinatiynm 
itimm  und  a^jectiyum,  so  gut  wie  is,  ea,  id):  es  heiszt  der, 
das  und  unterscheidet  sich  von  'derselbe*  oder  'deijenige'  wie 
oder  ipee  yon  is.  auch  ipse  ist  zusammengesetzt  und  heiszt 
lieh  'der  selbst'  oder  'er  selbst*. 
§  229.  'Substantivisch  steht  allein  quis  (nicht  qui)  nur  in 
Rptsätzen'  usw.  ist  eine  fehlerhafte  Wortstellung,  die  ich  nicht 
m  würde,  wenn  nicht  die  sache,  die  klarheit  der  regel  darunter 
es  musc  heiszen :  'substantivisch  steht  quis  allein',  nemlich 
in  der  Zusammensetzung  aliquis  'aber  nicht  qui,  nur  in  haupt- 
usw.  wie  Seyffert  das  'allein'  gestellt  hat,  ist  es  nicht 
ivum  sondern  adverbium,  dem  ja  allerdings  folgendes  'nur' 

>rechen  mag.     eine  Unklarheit  bleibt  es  trotzdem. 
§  230  anm.  'Fragen,  welche  keine  antwort  erwarten  lassen'  sind 


[ 


236  M.  SeyfTert:  Ellendts  lateinische  grammatik. 

rhetorische  fragen,  nicht  alle  rhetorischen  fragen  sishen  vommnendi 
stttzen  gleich,  also  musz  es  heiszen :  *vembiueuJen  Sätzen  gk« 
stehen  1)  solche  rhetorische  (das  sind  unbeantwortete)  finge 
welche  die  antwort  'nein'  erwarten  lassen',  auch  wird  nidit  i 
jedes  *quam  nach  dem  comparativ'  quisqnam  und  nllus^folgi 
dürfen,  ich  dächte,  das  wäre  ebenso  einleuchtend,  folglfchhfflf 
es  *2)  ebenso  sStze  mit  einem  comparativ  und  quam,  welche  di 
gedanken  nach  eine  Verneinung  enthalten',  zur  deutlichkeit  ( 
beispiele  würde  es  nicht  wenig  beitragen,  wenn  der  negativen 
dieser  sStze  durch  eine  klammer  etwa  in  folgender  weise  klargd« 
würde:  'an  quisquam  Croeso  divitior  fuit?  (»=  profeeto nemo&0( 
divitior  fuit)'.  'in  rege  Mithridate  devincendo  Pompcjns  felie 
fuit,  quam  quisquam  superiorum  regum.  {=  in  rege  Mitiiridate  < 
vincendo  nemo  superiorum  regum  felidor  fuit  quam  Pompejos  0( 
Pompejo)'. 

§  233  anm.  sollte  doch  angegeben  sein ,  woraus  verkttnt  ( 
iSszt  sich  wieder  an  dem  angeführten  beispiele  am  besten  lelir 
'quae  sanari  poterunt ,  quacunque  ratione  (sc.  potero)  sanabo. 

§  234  oder  schon  §  86  wäre  eine  passende  gelegenheit  dan 
hinzuweisen,  dasz  die  beschaffenheit  der  handlung  der  form  des  va 
nicht  immer  entspricht  z.  b.  cogi  genötigt  sein,  meminisse  s 
erinnern  vgl.  §  243  anm. 

§  247  vermisse  ich  und  vermiszt  der  schüler  immer  noch  dah 
gehörige  germanismen ,  wie  *wSre  es  nicht  deine  pflicht  gewesei 
(§  152)  *ich  hätte  nicht  geglaubt'  usw.  die  ihn  jedesmal  in  t 
legenheit  setzen ,  wenn  sie,  was  nicht  so  ganz  selten  ist,  in  sein 
Übersetzungsbuche  (bei  uns  dem  Haacke^schen)  vorkommen. 

§  271  anm.  Das  'auch'  in  der  vorlebten  zeile  ist  (gn 
matisch)  nicht  zu  verstehen,  es  soll  bedeuten :  *nednm  steht  ai 
im  verkürzten  satze  z.  b.  aegre  inermis  tanta  multitado  nedi 
armata  (sc.  sit)  sustineri  potest'.  nun  dann  heisze  es  auch  so! 

§  278.  Die  schüler  denken  einmal  bei  *ut'  immer  an  die  1 
rühmte  conjunction,  welche  den  conjunctiv  fordert,  darum  win 
gut  'ut  (uti  wie)'  herzusetzen.  —  279,  4  fehlt  immer  noch  die 
dem  phrasenhaften  'sunt,  qui'  in  klammem  ?u  setzende  bedenta 
'es  gibt  leute,  die'  'non  desunt,  qui  es  gibt  recht  wol  len 
welche',  dies  umsomehr  als  folgendes  *existunt  (treten  auf)'  le» 
zu  der  ansieht  verleitet ,  als  bedeuteten  jene  beiden  ansdrüeke  i 
selbe,  dasz  dieses  'leute'  im  lateinischen  nicht  übersetzt  wi 
müste  sogar  noch  besonders  erwähnt  werden,  dasselbe  gut  i 
^misit  qui'  (z.  b.  Haacke,  aufgaben  zum  übersetzen  ins  lateiidsclM 
nr.  139,  10;  143,  3).  etwas  anders  ist  es,  wenn  mittere  mitd 
relativum  §  341  anm.  namhaft  gemacht  und  dort  nr.  1  dieses  pa 
graphen  citirt  wird ,  weil  dann  immer  an  ein  bestimmtes  objeet 
denken  ist:  vgl.  den  ad  1  angeführten  satz:  Missisunt  deleeti  € 
Leonida,  qui  etc. 

§  316  anm.  1  empfähle  sich  ein  hinweis  auf  §  66  anm.  \ 


M.  Sejffert:  Ellendts  lateinische  granunaiik.  237 

175d)aiim.,  weil  me  conoedente  usw.  auch  pariicipia  praesentis 
siBd,  weiche  durch  die  form  der  actio  perfecta  verdrängt  worden, 
wir  übersetzen  das  supinum  freilich  immer  mittelst  der  infiniUye 
pneeentis.  das  ficht  ja  aber  die  lateinische  form  wenig  an.  man 
foigleiche  auch  hierzu  §  86  und  234,  wo  ein  hinweis  auf  diese  er- 
idMiaung  ebensogut  am  platze  wäre.  —  Anm.  2  w&re  ein  passen- 
dms,  weil  der  historischen  prosa  (Caes.  b.  g.  1,  15,  1)  enüehntes 
bai^iiel  folgendes :  Caesar  equitatum  omnem  ad  numerum  quattuor 
■Sam,  quem  ex  omni  provinda  et  Haeduis  atque  eomm  sociis 
Mtetum  habebat,  praemittit,  qui  videant,  quas  in  partes  hostes 
hr  ÜMsiant.    es  Ifiszt  sich  auch  wohl  noch  kürzer  geben. 

§  319  könnte  noch  bemerkt  sein,  dasz  man  das  participium, 
■I  sich  das  übersetzen  zu  erleichtem ,  meist  schon  im  deu^chen 
Ntoi  kOnne.  es  ist  das  immer  eine  httlfe,  die  nicht  von  der  band 
n  weisen ,  am  besten  würde  das  wieder  an  dem  beispiele  erläutert. 

§  327,  2  fehlen  die  übrigen  präpositionen ,  deren  mögliche  an- 
mdang  durch  ein  bloszes  'usw.'  angedeutet  werden  musz. 

§  336  ist  wirklich  vollständig  unklar  und  für  den  schüler  un- 
UQchbar.  wie  sätze  wie  Haacke  a.  a.  b.  138,  3:  'ihr  habt  also 
niee  gehandelt,  dasz  ihr  eure  söhne  genötigt  habt,  die  dinge,  deren 
im  zu  einer  vernünftigen  einrichtung  seines  lebens  be- 
hri^  frühzeitig  zu  erwerben'  übersetzt  werden  müssen,  darüber  fehlt 
«br  eine  hierher  gehörende  andeutung.  wenn  wenigstens  einem 
b  lateinischen  sätze  eine  dahin  zielende  Übersetzung  beigegeben 
iMe!  diese  art  wendung  ist  dem  schüler  zu  wenig  geläufig  und 
R0 soll  er  sie  kennen  lernen  und  wieder  finden  als  hier? 

§343,  3  oder  schon  214,  2  anm.  konnte  bemerkt  sein,  was 
Bb  *noch'  von  der  zeit  heiszt.  denn  so  etwas  sucht  der  schüler 
fed  mit  recht)  in  dem  Wörterverzeichnis  seiner  aufgaben  zum  über- 
inn  ins  lateinische  vergebens ,  gehört  doch  dazu  die  syntaktische 
Ifterscheidung. 

Anhang  I  §  2  nr.  3  musz  wiederholungsweise  bemerkt  werden, 
IB  pono  im  perfect  und  supinum  kurzes  o  hat. 

Und  nun  zum  schlusz.  'dasz  kein  menschliches  werk  fehlerlos 
sagt  so  schön  der  verf.  selber  in  dem  letzten  vorwort ,  das  ihm 
iben  beschieden  war.  wie  oft  sieht  es  nur  so  aus ,  als  wenn 
irrten,   da  wir  das  richtige,  wie  in  der  spräche  so  oft,  fast  in- 

V  meinen  und  nur  den  richtigen  ausdruck  nicht  treffen,  der 
Kehrte  herausg.  teilt  vielleicht  mit  mir  die  ansieht,  dasz  wenn 
tvas  zur  Vervollkommnung  des  buches  geschehen  müsse,  dies  zu- 
Vb&t  vor  allem  das  öuszere,  die  form,  den  ausdruck  betreffe,    ein 

buch  musz  in  erster  linie  nach  möglichster  genauigkeit  im  aus- 
ke  streben,    in  vielen  fällen  habe  ich  allerdings  nur  den 

elt,  aber  doch  wol  nur  da,  wo  er  ein  misverstehen  von  Seiten 
schüler  nur  zu  leicht  im  gefolge  hat,  sonst  hätte  ich  die  anzahl 

er  ausstellungen  wol  verdoppeln,  verdreifachen  können,  es 
hier  nichts  oder  nicht  sehr    viel  gelegen  sein  an  einer  ge- 


l 


238        Bericht  über  die  verhandlnngen  der  89ii  TemamTnlnng 

schxnaokvollen  form :    aber  der  ausdruck  ist  wirklich  mitmitir  ii* 
correct  und  es  kommt  in  einem  solchen  bnohe  so  nnendlidi  tA 
darauf  an ,  dasz  sich  wort  und  gedanke  auch  immer  volllioaniMi 
decken,    der  verehrte  herausg.  steht  gewis  nicht  auf  dem  stall: 
puncto ,  den  man  ja  leider  gar  nicht  so  selten  yertreten  findet,  ab 
sei  die  grammatik  ein  ort,  wo  der  schüler  nur  in  geseUachaft  teiM 
lehrers  zutritt  habe ,  ein  buch,  dessen  bedeutung  ihm  nur  der  lelinr 
erschlieszen  könne,  ich  habe  für  die  exercitien  der  untertertiaiMr-* 
das  ist  etwa  die  classe,  die*  für  den  ausdruck  besonders  maszgebnl 
ist  —  ein  für  allemal  die  einrichtung  getroffen,  dasz  de  die  sA- 
ständig  benutzten  paragraphen  dieser  grammatik  zu  dem  betreflente 
lateinischen  worte  in  klammem  hinzusetzen  müssen  und  ich  tan 
hier  durch  eigene  erüahrung  es  nochmals  bestätigen ,  dasz  dadoA 
noch  so  manches  in  diesem  buche  von  dem  schüler  misventaate 
wird  auch  ohne  seine  eigene  schuld,  lediglich  in  folge  der  htufign 
prägnanten  kürze  des  ausdrucks.   ich  lebe  der  Überzeugung,  dyi 
es  in  dieser  richtung  noch  vielen  feilens  bedürfen  wird,  umdai 
buche  den  grad  von  Vollkommenheit  zu  geben ,  den  etwa  der  tdigf 
herr  verf.  im  sinne  gehabt  hat ,  als  er  jene  so  bescheidenen  vii 
anspruchslosen  worte  niederschrieb.  —  Was  die  ttuszere  fonn  te 
buches  und  zunächst  die  lateinische  Orthographie  betrifft,  ao  miga 
immerhin  Jupiter  statt  Juppiter,  —  cimque- allemal  statt  —  camqfi^ 
heiszen,  obgleich  die  andere  Schreibung,  die  sogar  richtiger  ist,  wi* 
nigstens  erwähnt  werden  könnte ,  aber  warum  es  z.  b.  exeobvt 
neben   existere,   warum  es  nun  einmal  genetivus  neben  genitM 
heiszen  solle ,  das  sieht  man  nicht  recht  ein.   letzteres  ist  und  bUkk 
eine  inconsequenz.    für  die  deutsche  Orthographie  empfehle  iflh 
engeren  anschlasz  an  den  verein  der  Berliner  gymnasial-  nnd  när 
schullehrer.   was  nützen  regeln  und  wOrterverzmchnisae,  wennfl» 
nicht  durch   die  Schulbücher  zur  that  und  wahriieit  werden.  -* 
Druckfehler  habe  ich  nur  s.  Y  z.  3;  37  z.  25;  213  z.  16  bemerkt 
LuOKAU,  im  juli  1874.  J.  SAmiBO. 


17. 

BERICHT  ÜBER  DIE  VERHANDLUNGEN  DER  NEÜNÜHD- 
ZWANZIGSTEN  VERSAMMLUNG  DEUTSCHER  PHILOLOaSI 

UND  SCHULMÄNNER  ZU  INNSBRUCK 

vom  28  September  bis  Sl  october  1874. 

Der  beschlusz  der  im  jähre  1872  in  Leipzig  versammalteii  pUlt- 
logen  und  Schulmänner,  der  Innsbruck  als  den  ort  der  nlchttea  W^ 
sammenkunft  bestimmt  hatte,  konnte  erst  im  jähre  1874  sor  ■iiufllllllf 
gelangen,  nachdem  im  vorausgegangenen  jähre  wegen  cholerageHihr  i* 
zu  sagen  in  der  letzten  stunde  die  abhaltung  der  versammloBg  beWfi^i 
lieh  untersagt  worden  war.  unverdrossen  unterzog  sich  das  pritSdiHW 
welches  rleu  herren  prof.  dr.  B.  Jülg  und  —  an  stelle  das  mittierwclla 
nach  Kiel  abgegangenen  prof  dr.  Wilmans  —  gymnasialdirector  W.  BUh' 


denlBdier  pbilologen  und  schnlinftimer  zu  IniubnidE.         2S& 

tnmt  war,  der  mübe,  ein  zweites  mal  alle  einleünngen  sn  treffen, 
Ihnen  die  genngthanng  wurde ,  eine  mit  rfiekiicht  anf  manehe  nn- 
ife  Terlilltnisse ,  z.  b.  die  eehnizeit  an  den  bayerischen  stndien- 
Imi  nnd  die  laee  Innsbmcks,  doch  ziemlich  zahlreich  besnehte 
imlnai^  in  der  Tandeshanptstadt  von  Tirol  vereint  zn  sehen,  an 
tea  rertreten  war  Sfiddentschland  nnd  Oesterreieh*üiigam;  aber 
ans  Norddentschland  hatten  sich  yiele  mitgliedeif  emi^fiittden, 
dbst  Italien  fehlte  nicht,  nach  dem  officlellen  Yerzeichnisse  ^e- 
Se  Gesamtzahl  850  roitg^lieder.  am  sonntag,  den  27  sent.  abends, 
&  riame  der  redoutensSle  bei  der  g^eg^nseltigen  begrfissnng 
ziemlich  gefüllt. 

le  erste  allgemeine  sitznng  wurde  am  montag,  den  28  sept., 
itfich  geschmückten  nationaltheater  um  lO'/t  uhr  eröffnet;  anf  der 
desselben  war  der  platz  für  das  prEsidium  und  die  redfner;  zur 
Aen  eröifnung  waren  daselbst  aueh  rertreter  der  regiemng,  des 
t  der  Stadt  und  der  armee  erschienen. 

rofessor  dr.  Jfilg  leitete  als  prftsident  die  Verhandlungen  der 
nrsammlnng  deutscher  philologen  und  schuImSnner  ein  mit  einer 
in  welcher  er  zunächst  die  versammelten  fachgenossen,  die  sich 
I  'Oenaunos,  implacidum  genus,  Breunosqne  veloees  immanisque 
('  gewagt  hätten,  begrfiszte.  daran  schlosz  sieh  ein  historischer 
ick  der  ethnologischen  Verhältnisse  Tirols,  anknüpfend  an  das 
e  seltsam  an  das  ohr  klingender  Ortsnamen,  neben  welchen  wie- 
fsmein  verständliche  sich  nnden,  führt  der  redner  aus,  wie  B&tien 
etze  durchgangsthor  gewesen,  an  welchem  eine  völkerschiehte 
ler  andern  sich  lagerte,  um  von  den  alpen  nach  Italien  niederzn- 
I.  die  vorhistorische  bevölkerung  habe  wahrscheinlich  nicht  dem 
rmanischen  stamme  angehört;  in  der  geschichtlichen  z^t  sei  es 
von  den  Kelten  und  Rätern  bewohnt  gewesen;  letztere  seien 
iweifel    in   beziehung  zu   den   Etruskem    gestanden,    zu    dere» 

•  CorsscDs  forschuugen  endlich  den  Schlüssel  gebracht,  auf  die 
I  weise  das  häufige  vorkommen  keltischer  benennungen  hin  für 
nnd  boden,  bäche,  thäler,  bergspitzen  nicht  nur  im  Dran-  und 
biete,  sondern  auch  in  den  übrigen*  teilen  Tirols,  die  neue  Ira, 
I  nunmehr  auch  für  die  keltische  spräche  angebrochen,  werde 
«teh   für  die   aufhellung  der  urgeftchichte  Tirols  ihre   IHIdite 

•  unter  Augu&tus  sei  Rätien  von  den  Römern  bezwungen  wor- 
Re  Yenostes,  Isarci,  Breuni  seien  namen,  die  uns  noch  heute  in 
n,  Eisak,  Brenner  entgegentönen,  die  spuren  der  ffroszartigen 
len  kolonisation  seien  jetzt  noch  allenthalben  im  lande  zn  finden, 
erwähnte  redner  der  Mommsenschen  forschnngen,  die  es  wahr- 
Beb  gemacht,  dasz  die  römische  Station  Agnontum  nadi  Lienz 
legen  sei.  eine  folge  der  {gänzlichen  romanisiemng  des  landes 
m  auf  schritt  und  tritt  in  Tirol  romanische  ortsbennnngen  unser 
fffen,  obwol  seit  mehr  als  einem  Jahrtausend  abermals  eine  neue 
■Bhichtang  vollzogen  sei.  seit  dem  dritten  jahilinndert  nemUeh 
"verschiedene  deutsche  stamme,  Alemanen,  West-  nnd  Ost- 
,  Langobarden,  zuletzt  Baiuvaren,  letztere  der  grundstock  der 
n  bevölkerung,  mit  den  Römern  um  den  besitz  von  Rätien  ge- 
L  dasz  auch  iSlaven  tirolischen  boden  besetzt  hatten,  werde 
das  vorkommen  slavischer  Ortsnamen  wie  Villgraten,  Pregraten, 
Windiscbmatrei  dargethan.  so  biete  dieses  land  dem  clasaischen 
gen,  dem  romanisten,  dem  germanisten,  den  forschem  auf  slavi- 

^ebiete,    dem  keltologen    ein  reiches  feld.     aber   gemäsz   dem 

(e,  dasz  mischung  edelt  und  kräftigt,  sei  aus  der  geschilderten 

Ichtang  ein  tüchtiges  volk  erwachsen,  bieder  in  seinem  kerne, 

im  denken  und  fühlen,    dasz  die  deutschen  philologen  auf  tiro- 

f,  auf  österreichischem  boden   tagen,  sei  ein  beweis,   dasz  es 

O esterreich  und  Deutschland  auf  dem   gebiete    der  wissen- 


i 


240        Bericht  über  die  verhandlungeu  der  29n  verBammhing 

Schaft  und  geistigen  cultor  kein^  schranken  gebe,  der  redoer  hsßt 
dasz  es  den  lieben  gasten,  welche  nach  Oesterreich  gekommeiit  um  lu 
dem  reichen  schätze  ihres  Wissens  zn  spenden,  unter  den  tiroliitkn 
gletschem  behaglicher  zu  mute  werde,  als  den  mutigen  sShnen  Oelt•^ 
reichs,  welche  im  höchsten  norden  auf  den  gletschem  'tagten',  nie^ 
dem  der  prttsident  schlieszlich  alle  mitglieder  noch  eiiunal  henlich 
willkommen  geheiszen,  gedachte  er  der  seit  der  letsten  TenamBlni 
durch  den  tod  entrissenen  namhaften  philologen :  Held,  Elsperger,  Lmsi. 
Enger,  Thudichum,  Petersen,  Mezger,-  Sejffert,  Steinhart,  Krfiger,  Blkri 
Hassler,  Zill,  Winiewski,  Haupt,  Wol£f,  Gabeientz,  Rödiger,  Kangai, 
Hoffmann  von  Fallersieben  u.  a. 

Nun  folgten  begrüszungsreden  des  Statthalters  von  Tirol,  grtta 
Taaffe,  des  landeshauptmannes  dr.  Rapp,  des  büVgermeisters  nm  lutr 
brück,  dr.  Tschurtschenthaler. 

Hierauf  wurde  zum  geschäftlichen  teile  übergegangen,  indeadii 
Präsident  der  versammlunfi^  als  secretäre  vorschlug  die  herren  dr.  Hiitch 
felder  aus  Berlin,  dr.  Lechner  aus  Ansbach,  dr.  Malfertheiner  aus  bat 
brück,  dr.  Hintner  aus  Wien,  mit  welchem  vorschlage  die  versamnliil 
einverstanden  war. 

Alsdann  kam  ein  schreiben  des  österreichisohen  onterriohtsmiBilfetf 
dr.  v.  Stremayr  zur  Verlesung,  welcher  unter  dem  ausdmoke  des  bi 
dauems,  durch  amtsgeschäfte  am  persönlichen  erscheinen  verlundeit  s 
sein,  die  Versammlung  seines  lebhaften  Interesses  versicherte. 

Hierauf  teilte  der  präsident  die  begrüszungsschriften  mit,  von  dsM 
ein  grosser  teil  den  mitgliedern  bereits  beim  empfange  übergeben  mt 
den  war:  prof.  dr.  Dittel  'über  den  dativ  bei  Vergil'  und  prof.  dr.  J.  Efgi 
'über  den  einflusz  der  alttirolischen  stände  auf  die  gesetsgebung'  {pn 
gramm  des  Innsbrucker  gjmnasiums  vom  j.  1878).  —  Prof.  F.  SimiMri 
zu  Hall  'zur  bildung  der  Homerischen  infinitivformen'  (gymnasiillK 
gramm  1878).  —  Prof.  Büchaeler  'über  die  reden  in  dem  geaehiwi 
werke  des  Thukydides^  (programm  des  gjmnasiums  zu  Bösen  1874}.« 
Director  A.  Kriechenbauer  'beitrage  zur  Homerischen  nranologie*.  ' 
Dr.  F.  Stolz  'die  zusammengesetzten  nomina  in  den  Homerischea  WM 
Hesiodischen  gedichten'  (progrumm  des  gymn.  zu  Klagenftm  1874)* ' 
M.  Petschenig  'zu  den  schoUasten  des  Horaz\  —  'Zum  umrisse  fM 
Europa'  von  prof.  W.  Schmidt  in  Graz.  —  'Erster  versuch  einer  fibf 
Setzung  des  jüngst  aufgefundenen  fragmentes  aus  Homers  Odjss.  VT 
—  'Q.  Horati  Flacci  satira  l'bri  primi  septima.  philologis  Oenosatf 
Oeniponti  congregatis  obtulit  G.  Linker'.  —  Dr.  Valentin  Hintner  'W 
träge  zur  tirolischen  dialektforschung'.  —  J.  Savelsberg  'beitilffe  ff 
entzifferung  der  lykischen  Sprachdenkmäler'.  —  Dr.  AL  Egger  'indiitril 
und  schule  in  Oesterreich;  eine  culturpolitische  Studie'.  —  PrefMI 
dr.  Mahn  'über  die  epische  poesie  der  Provenzalen'.  —  Dr.  Jug  '■■ 
geschichte  der  gegenreformation  in  Tirol'.  —  Dr.  M.  Lechner  'eowMi 
tatio  de  Euripide  rhetorum  discipulo'. 

Nachdem  der  präsident  noch  die  wähl  des  gymnailaMii  sflW 
W.  Biehl  zum  vicepräsidenten  gerechtfertigt,  für  die  versehiebnoff^ 
Versammlung  auf  1874  die  indemnität  erbeten  und  eine  vorbespreoM 
behufs  der  wähl  des  nächsten  Versammlungsortes  in  anregong  Sf^*'^ 
hatte,  sollten  die  vortrage  beginnen,  aber  zuvor  ersuchte  dr.  Eckilv 
aus  Leipzig  noch  um  das  wort  'zur  geschäftsordnung',  um  in  iM^^ 
weise  eine  änderung  'des  programmes  rücksichtlich  der  auf  flüfttvw 
anberaumten  fahrt  noch  Bozen  zu  verlangen;  leider  war  das  pritaUii' 
nicht  in  der  läge,  dem  wünsche  zu  entsprechen. 

Wie  angekündigt,  hielt  nun  prof.  dr.  Thomas  ana  Müncbea  ^ 
Vortrag  über  'humanismus  und  zeitsinn',  es  liege  im  kawdialte  ^ 
der  natur,  so  der  geschichte  als  der  erziehung  des  menschengeichltcklK 
beide  haben  ihre  stetigen  Werkstätten  und  unerschöpfliehen  Torralkt 
kammem.    es  sei  weise  vorgesehen,  dasz  nichts  sittlich  grosiei  *> 


deniBcher  philologen  und  scholmänner  zu  Innsbruck.  241 

• 

fttiii^  hohes,  nichts  schönes  und  erhabenes  dem  menschengeschlechte 
Terloran  gehe  —  in  der  erkenntnis  dieses  ewig  waltenden  gesetzes  liege 
4sr  kdehste  genosz  des  denkenden  beobachters  und  deshalb  sei  die  ge- 
•ehiehte  die  lehrerin  der  Weisheit,  unter  den  idealen  mächten  obenan 
M»  bis  jetit  der  humanismus  als  die  durchbildung  von  geist  und  herz 
ud  gemfit  zn  edler  menschlichkeit,  vermittelt  durch  das  dassische 
«Itertnm.  entsprossen  aus  der  Wiederbelebung  der  dassischen  litteratur 
im  abendlande  habe  der  humanismus  seit  den  Trecentisten  Italiens 
•Um  henrorgebracht  oder  gestalten  helfen,  was  im  reiche  des  geistes 
nr  Tollendnng  gediehen,  durch  erweck nng  des  dassischen  sinnes  yer- 
Uaken  ihm  alle  gebildeten  nationen  befreiung  der  geister,  erhebnng 
in  gemäter,  läuternng  des  geschmacks.  mit  denselben  und  durch  den- 
lelben  haben  sich  alle  litteraturen  Europas  und  alle  kunstschöpfungen 
dsMelben  emporgebildet  und  eine  neue  classicität  zum  leben  gebracht, 
wie  ein  erster  Sonnentag  nach  langen  düstern  nebelwochen  erscheine 
iu  licht  des  humanismus  in  der  culturgeschichte ,  allerregend,  all- 
STfoiekend,  allerfreuend,  gleich  dem  hellenismns,  seinem  geistigen 
vsler,  fahre  der  humanismus  nicht,  wie  religiöse  Vorstellungen,  leiden- 
Nhaftlich  oder  im  stürme  über  die  Völker  dahin,  sondern  jedem  zwange 
sMold,  habe  er,  überall  sogen  und  wonne  verbreitend,  allenthalben 
des  boden  gelockert  und  fruchtbare  keime  in  empfängliche  seelen  ge- 
itifiit.  wie  nun  die  philologie  als  trägerin  des  humanismus  im  öffent- 
liehen  leben,  als  bildnerin  der  Jugend,  als  veredlerin  der  sitte,  als  rich- 
terin  des  geschmacks  gewirkt,  so  stehe  auf  der  andern  seite  fest,  dasz 
M  die  feinde  des  freien  menschentums  oder  die  gegner  strenger  geistes- 
libeit  und  des  ernsten  erziehungswerkes  platz  gefunden,  Verwilderung 
lir  gemfiter,  lockerang  der  sitten,  emiedrigung  des  geister  zu  unwür- 
lifer  knechtschaft  um  sich  gegriffen,  verschieden  seien  die  bestrebungen 
m  Seiten,  bald  auf  das  edle  und  geistige,  bald  auf  gewinn  und  genusz 
bs  daseins  gerichtet,  die  gegenwart  sei  die  zeit  des  mechanismus; 
bs  wesen  desselben  spiegle  sich  in  allem  wieder:  in  kunst,  litteratur 
■d  Wissenschaft;  die  schönen  Wissenschaften,  die  'humaniora'  seien 
Wiig  begehrte  werte;  am  empfindlichsten  äuszere  sich  dieser  zeitsinn 

I  der  neigung  der  Jugend,  im  befund  jeuer  schulen,  die  als  pflanz- 
■tten  des  humanismus  gelten,    bei  dieser  zeitströmung  habe  die  philo- 

&eine  schwere  probe  der  treue  und  des  mannhaften  ernstes  zu  be- 
gegenüber  der  unverhohlenen  abneigung  gegen  die  schulgerechte 
Itange  humanistischer  heranbildung.  sei  sie  in  früheren  Zeiten  durch 
lahmnng  der  bloszen  form,  ein  andermal  durch  ungefällige  behand- 
ihrer  Stoffe  mit  sich  selbst  oder  .mit  der  zeit  in  widerstreit  ge- 
»n,  so  erleide  der  ideale  zweck  der  dassischen  philologie  seit  den 
m  vier  Jahrzehnten  durch  einen  gewissen  alezandrinismus  der 
Üen  eine  merkliche  beeinträchtigung.  ob  die  heutige  philologie, 
{t  der  redner,  in  ihrer  machtstellung  zu  schule  und  leben  den  ver 
lieh  aushalte  mit  dem  vorausgehenden  menschenalter?  ob  wir  bei 
auf  putz  und  sichtbarem  aufschwung  der  gesellschaft  in  ansehung 
bildang  und  des  freien  vernunftgebrauches  höher  oder  tiefer  stehen? 
der  scharfen  aus  Selbsterkenntnis  geschöpften  antwort  auf  diese 
so  liege  zugleich  der  aufruf  zur  Wachsamkeit  im  allgemeinen  und 
Ipbeacndere  Tür  die  haushalter  der  idealen  macht  des  humanismus,  für 

II  deutschen  philologen  und  Schulmänner,  dasz  diese  ihre  schuldig- 
pit  thun  werden,  dazu  treibe  das  leuchtende  Vorbild  nnver^eszlicher 
|iUter  und  das  hohe  ziel,  welches  dem  gerinanismus  gesteckt  ist. 
Mi   wirken    an    vielen    Universitäten    männer    der    strengeren    schule, 

>re  gjronasien   weisen   noch    einen   stock   trefflicher  lehrer  auf  und 

mahnung  hervorragender  forscher  auf  anderen  gebieten,   die  wahre 

icbliche   bilduni^  nicht  über  dem   fachstudium  und  einzelnen  fertig- 

sn  zu  versäumen,  komme  der  eigenen  einsieht  zu  hülfe.     Tirol  und 

irlberg  stelle  hierin  ausgezeichnete  beispiele  vor  augeu.     über  dem 

l'.jthrb.  f.  phil.  u.  püd.  II.  abt.  1875.  hft.  4  u.  5.  16 


242         Bericht  über  die  Verhandlungen  der  29n  versammliuig 

Brenner  sei  Fallmerayer  geboren,  der  vieler  menschen  stKdte  geseb« 
und  ihren  sinn  erkannt  hat,  der  soharfsichtig^e  lehrer  und  beiniiidiitt 
Geschichtsforscher,  der  glückliche  nachahmer  der  alten  olasiiker;  Ibir 
dem  Arlberg  Konrad  Haider,  ein  humanist  mit  leib  und  leben,  weldwr 
sich  als  scbulrath  in  diesen  landen  ungeteilte  liebe  erworben  Übt. 
das  zengnis,  welches  dieser  Jugend-  und  menschenfreund  aber  die  ika 
unterstehenden  schulen  von  Tirol  und  Yorarlberff,  über  die  tfie|itigkdl 
der  lehrer,  der  geistlichen  und  weltlichen,  ihm  mehrmals  geg^n 
habe,  gereiche  diesen  zu  wahrer  ehre  und  diese  ehre  solle  nier  h 
öffentlicher  Versammlung  feierlich  anerkannt  werden,  wo  vorbUdcr 
solchen  geistes  und  solchen  ruhmes  zuwinken ,  könne  der  eifer  ifekk 
gebrechen  und  die  ausdauer  nicht  fehlen:  darum  aicl  dpiCTCikciV  wA 
Oneipoxov  ^^^€val  dXXwv. 

Der   Präsident   dankte   dem  redner  und  erteilte    hierauf  dai  mit 
hm.  prof.    dr.  Arnold   aus  Würzburg,    welcher    einen   vertrag  'BlMr 
antike  theatermasken*  angekündigt  hatte,    der  redoer  leitet  dentellMe 
mit  der  bemerknng  ein,  dasz  der  gebrauch  der  maaken  diejenige  «!••  ; 
richtung  des  antiken  theaters  sei,  von  der  unser  moderne«  gefÜU  ta 
lebhaftesten  abgestoszen  werde,    und  doch  seien  es  gerade  die  Grif 
eben,    deren  Schönheitsideal   auch  unserer  zeit  noch  mustergiltiff  idf 
welche  die  masken  selbst  in  der  höchsten  blute  ihrer  eultorentwitflair 
beibehalten  haben,     der  gebrauch  derselben  müsse  surüokgefGhrt  wif 
den  auf  den  in  der  menschlichen  natur  begründeten  nachahmnngilrli^ 
der  da  am  lebhaftesten  zur  entfaltung  gelange,  wo   er  sich  mit  ta 
religiösen  cuUus  in  Verbindung  setze,    die  feste  der  ländlichen  gottM 
zerfielen  in  zwei  teile,  in  einen  religiösen  und  einen   profaaen.    Ml 
dem  bedürfnisse  der  naiven  leute,   was  nur  im  glanbea  existiert,  aMk 
sichtbar   darzustellen,    erklärt   sich   die    alte   sitte,   die    gottheit  ote 
wenigstens  ihre  begleiter  nachzubilden,     geschah  dies  anter  absiBgnf 
von  Tiedern  und  aufführung  von  mimischen  tanzen  zu  ehren  der  gett- 
beit,   so  wurden  im  zweiten  teile  auch  von  der  gleichzeitigen  meBM* 
heit  einzelne  Persönlichkeiten  unter  lustigen  neckereien  nnd  weabtll 
gesprächen   nachgebildet,      um    nun    dabei    das   eigene    ich   mSgUsM 
unkenntlich  zu  machen,  und  dem  originale  nahe  zu  kommen,  bedloll' 
man  sich  der  gebichtsvermummung,  die  für  beide  teile  jener  feeUidünitMi 
charakteristisch  geworden,    bei  den  Griechen  hat  vorzüglich  der  diaiil 
des   Dionysos    die    lust   zur   vermummung    begünstigt;    bei    demMlbiB' 
wurde  das  gesiebt  mit  hefe  bestrichen,   roth  gefärbt,  mit  eppick  ote 
feigenblättern  verhüllt,     dieser  brauch  wurde  später  bei  der  tragOdl% 
die  sich  aus  dem  religiösen,  sowie  bei  der  volksposse  nnd  komddie,  ^[ 
sich  ans  dem  profanen  teile  der  Dionysosfeier  entwickelte,  beiber 
auch   bei  den  Italikem  war  ans  den  zu  ehren  der  ländlichen 
veranstalteten    festlichkeiten    ein    dramatisches   spiel    hervorffCfi 
(He  Saturn  hat  ohne  zweifei  ebenso  sich  der  vermummung  bedient, 
dies  von  der  atellana  erwiesen  ist.     demnach  war  daa  motiv  für  brf»' 
behaltung  der  gesichtsvermumroung  religiöser  conservatismns.    wie 
aus  der  ursprünglichen   färbung  und  Verhüllung  des  geeichtes  bei 
Griechen  sich   die  maske  entwickelt  habe,  darüber  sind  wir  nnr 
dürftig  berichtet,    redner  stellt  nun  die  wenigen  nachrichten,  die 
über  die  geschichte  der  masken  in  der  griechischen  tragödie  und  ~ 
die,   sowie  im  römischen  kunstdrama  überliefert  sind,  sasanasen 
bespricht  nach  angäbe  der  quellen  namen,  material  und  gestaltnag 
antiken  masken.     der  griechische  ausdruck  für  maske   ist  «p6ciMi% 
ganz  entsprechend  unserem  deutschen  'angesichte\     |uu>p^oXuKClOV  W" 
zeichnet  eine  maske,   die  eine  Schreckensgestalt  darstellt,    im  latyiii'. 
sehen  ist  der  gewöhnliche  ausdruck  persona,  während  lanra  denneb^! 
begriff  des  furchtbaren  hat.     neben  masken  aus  leinwand  werden  si» 
masken  aus  holz   erwähnt;   dasz  masken  aus  wachs  oder  thon  snf  ". 
bühne  getragen  wurden,  läszt  sich  nicht  erweisen,    die  gewohnlid^ 


dentseher  philologen  und  schulmänner  zu  Innsbruck.         243 

rir  der  art,  dasz  das  ganze  gesicht  und  hinterfaanpt  bedeckt 
er  tr&ger  konnte  nur  dorch  die  an  stelle  der  pnpiUe  gelassene 

•  sehen;  die  Iris  war  anch  an  der  maske  selbst  augebracht  und 
eden  bemalt,  die  masken  waren  mit  künstlichem  haupthaar  Ter- 
anch  die  ehren  waren  manchmal  sichtbar;  gewöhnlich  fand  sich 
ehr  oder  weniger  weite  mnndöffnnng  öfters  mit  künstlichen 
nnd  künstlichen  zahnen.  PoUax  teilt  die  griechischen  maskea 
tragische,  satyrische  und  komisehe;  die  namen  der  eioaelnen 
;  sind  Ton  körperlichen  eigenschaften,  von  der  socialen  Stellung, 
araktereigenschaften  usw.  hergenommen,     über  die  namen  der 

in  der  tragödie  und  im  pantomimus  ist  nichts  überliefert;  bei 
fluschen  wurde  wahrscheinlich  auf  alter,  sociale  Stellung  oder 
;er  rüduicht  genommen,     die  griechischen  masken  waren  nicht 

•  bestimmte  rolle  gefertigt,  sondern  repräsentierten  allgemein 
liehe  tjpen ;  so  gab  es  z.  b.  für  Elektra  und  Antigene  die  Charakter- 

der  trauernden  Jungfrau,  die  gestaltung  der  maske  hängt  innig 
ten  mit  der  sehen  von  Schiller  und  Qoethe  wahrgenommenen 
mlichkeit  des  antiken  drama,  dasz  dasselbe  typen  und  keine 
len  geschaffen  habe,  bis  zu  welch  feinen  nuancierungen  aber 
eehen  das  menschliche  antlitz  nachgebildet,  läsit  sich  aus  den 
uagen  der  rhetoren  und  physiognomiker  entnehmen,  unter  an- 
^  zahlreicher  interessanter  einzelheiten  bespricht  der  vortragende 
landlung  des  teints  und  der  einzelnen  gesichtsteile  auszer  den 
,  die  zum  regelmässigen  theaterapparate  gehörten,  gab  es  auch 
asken,  die  für  auszerordentliche  Situationen  und  ganz  absonder- 
lataltete    persönlichkeiten    und    allegorische    figuren    geschaffen 

waren,  dahin  gehörten  kentauren,  titanen,  personifieationen 
wen,  gebirgen  und  Städten,  sowie  von  psychologischen  affeeten. 
ike  komödie  hat  zwar  jedenfalls  anch  stehende  masken  gehabt, 
M  musten  znr  darstellung  bekannter  persönlichkeiten  natürlich 
■lasken  angefertigt  werden,  wobei  portraitähnlichkeit,  mitunter 
aricatur   angestrebt   wurde,     es  wird  eine  anekdote  berichtet» 

•  habe  selbst  der  Vorstellung  der  ^wölken'  beigewohnt  und  sich 
I,  um  den  fremden  die  vergleichung  mit  dem  originale  möglieh 
lien.  mit  phantastischen  figuren  hat  es  sich  die  antike  regit 
lieht  gemacht:  vögel  traten  in  menschengestalt  auf  und  bekun- 
mr  durch  aufgesperrte  Schnäbel  oder  durch  gewaltige  federbüscho 
pilnatur.  aber  nicht  nur  die  auf  der  bühne  beschäftigten  hattep 
^  sondern  auch  der  chor,  ohne  zweifei  wenn  er  muen  oder 
■arzustellen  hatte.  die  tragischen  masken  der  römischen 
■hlossen  sich  vermutlich  den  griechischen  Vorbildern  an.  kaiser 
{brauchte,  wenn  er  einen  gott  oder  einen  heros  spielte,  masken 
I  eigenen  zügeo,  wenn  er  eine  göttin  oder  herein  vorführte, 
feit  den  zügen  der  frauen,  die  er  gerade  liebte,    auch  die  komi- 

ken  bei  den  Römern  entsprachen  denen  der  neueren  griechi- 
ödie.  —  Aus  dem  gesagten,  bemerkte  der  redner  am  Schlüsse» 
entnehmen,  welche  Sorgfalt  die  antike  bühne  auf  die  cha- 
iik  ihrer  masken  verwendet  und  dasz  diese  keineswegs  samt 
liers  den  eindruck  fratzeDbafter  Zerrbilder  gemacht  haben  können, 
lese  im  ge^enteil  annehmen,  dn.sz  die  Athener  mit  ihrem  feinen 
■oe  die  bei  den  glänzendsten  ihrer  feste,  in  der  herlichsten 
Detischen  scliöpfungen  gebrauchten  masken  jedenfalls  zu  kleinen 
■ken  gestaltet  haben. 

pk  beendigung  dieses  Vortrages  bestimmte  der  prasident  die 
#iinng  für  die  oäclistc  sitznng  und  lud  die  einzelnen  sectionen 
t^  zu  constituieren. 

i  locale  für  diesen  zweck  dienten  die  hörsäle  im  universitäts- 
p*  der  nachmittag  war  den  sectionssitzungen,  der  abend  der 
|tn  nnterhaltung  im  redoutensnie  gewidmet. 

16* 


l 


244        Bericht  über  die  verhandlimgen  der  29n  versaminlaiig 

Die  zweite  allgemeine  Sitzung,  welche  dienstag,  denS9septt 
nm  10  nhr  vonnittags  begann,  referierte  zanftchst  der  prisident  fioer 
die  wähl  des  nächsten  v ersammlangsortes ;  sein  Forschlag,  der  Roitoek 
und  als  Präsidenten  die  herren  prof.  dr.  Pritsche  und  gjmnasialdinetir 
Krause  empfahl,  wurde  angenommen. 

Hierauf  sprach  prof.  dr.  Brunn  aus  München  'aber  den  Köpfte 
Demeter  von  Knidos  oder  das  ideal  der  Demeter',  dass  die  kniMtte 
Hellenen  in  Schönheit  der  form  unerreicht  dastehe ,  in  tiefe  des  üf- 
drucks  von  der  christlichen  knnst  übertroffen  werde,  sei  ein  lati  w 
fast  dogmatischer  geltung,  den  der  redner,  den  köpf  einer  grieffhiinbw 
göttin  vorführend,  dessen  schlichte  anspmchslosigkeit  die  gewir  bUlti 
dasz  der  kfinstler  keineswegs  glänzende  rein  formale  aehSnheit  ai|» 
strebt,  der  Versammlung  zur  prüfung  anheimgeben  möchte,  der  köpi 
gehöre  einer  von  Ch.  Newton  auf  Knidos  an  einer  schmalen  anter  «Mi 
steilen  felswand  hinlaufenden  terrasse  gefundenen  sitzenden  frtMi' 
gestalt  aus  schieferigem  marmor  an.  arme  und  köpf  fehlten;  letstM« 
aber  fand  sich,  abgesondert  vom  körper,  ans  tadellosem  parii^M 
marmor  gearbeitet,  nnd  genau  auf  die  schultern  der  atatae  ptüMi 
man  habe  bald  in  der  statue  die  Demeter  erkannt,  die  riebticU 
dieser  benennung  ergebe  sich  aus  einem  kurzen  blicke,  aaf  die  niti 
nnd  das  wesen  der  göttin.  Demeter  sei  ihrem  namen  nach  nicht!  n 
deres  als  die  mutter  erde  und  ursprünglich  identisch  mit  Gaea.  an 
im  laufe  der  zeit  sei  eine  andernng  in  der  richtung  eingetreten,  du 
Gaea  mehr  die  materie  des  erdkörpers,  Demeter  mehr  die  enevgttl 
und  ernährerin  dessen,  was  auf  der  erde  wächst,  bezeichnet,  towtci 
Demeter  die  göttin  des  ackerbaues  und  der  gesetzlichen  ordnong.  A 
tochter  Persephone  sei  zunächst  die  frucht  des  feldes:  in  der  sage  v* 
ihrer  entführung  erhalte  der  naturprocess  des  in  die  erde  gesenkten,  aii 
keimenden  und  zur  frucht  sich  entwickelnden  Saatkorns  seine  poeäMb 
getaltung.  aber  indem  man  darin  auch  das  bild  der  metamorphoM  dl 
zwischen  tod  und  leben  schwankenden  irdischen  daseins  erblickte^  W 
sich  der  mythos  mit  einem  ethisch-religiösen  gehalte  erflUlt.  dieee  hi 
Ziehung  sei  in  den  mysterien  von  Eleusis  gepflegt  worden,  wellh 
gegenüber  dem  naiven  götterglauben  in  der  poesie  Homers  den  ktf 
der  ethischen  religion  in  der  blütezeit  des  Hellenentoms  bilden,  kl 
dieser  rein  ethischen  Umbildung  der  alten  naturreligion  mfiiie  et  tf 
so  lehrreicher  sein,  zu  erforschen,  ob  nnd  wieweit  es  dem  kÜnsUer  |t 
lungen,  die  göttin  nach  dem  ganzen  umfange  ihres  Wesens  den  gA* 
bigen  Griechen  vor  äugen  zu  führen,  der  künstler  branche  eine  df 
fache  Idee,  er  stelle  den  Zeus  dar  in  seiner  antoritilt  als  heisskMi 
mit  der  .sich  die  milde  des  vaters  verbindet,  den  Pinto  -  Bermpis  di 
herscher  nach  unerbittlichen  gesetzen.  dem  Zeus  zur  seite  stehe  W 
als  königin  nnd  gattin,  während  der  begriff  der  mntter  snrBflktirti 
umgekehrt  sei  aus  dem  bilde  der  Demeter  der  begriff  der  gattin  HV| 
verschwunden,  denn  das  entferntere  Verhältnis  zn  Zeus  werde  HV| 
verdunkelt  durch  das  nähere  der  mütterlichen  erde  zn  der  ihr  tf^ 
sprossenen  frucht.  die  ideo  der  ohne  gatten  nur  für  ihr  kind  lebeiM 
und  von  Sehnsucht  nach  ihm  erfüllten  mutter  behereehe  die  flsi' 
mjthologie  der  Demeter,  eine  betrachtung  des  kopfes  von  aM^ 
zeige,  dasz  das  problem  glücklich  gelöst  sei.  aus  den  sügen  dsüsW 
spreche  liebevolle  milde  gemischt  mit  sehnsuchtsvoller  wehmnt.  M 
redner  sucht  nun  die  frage  zu  beantworten,  dnrch  welche  mitlil " 
künstler  diesen  eindruck  erzielt  habe,  indem  er  einen  andern  köpf  ^ 
führt,  an  welchem  man  bei  genauerer  betrachtung  eine  reihe  fes^ 
schaftlicher  züge  erkennen  werde,  nur  dasz  man  an  demaelbtfi,  ^Jj 
bei  der  Demeter  leise  angedeutet,  hier  einen  mehr  energisehen  ^ 
leichter  faszbaren  ausdruck  gefunden  habe,  der  zweite  köpf  p^^ 
der  fragmentarischen  statue  eines  Triton  im  vaticanisohen  moseui  ^ 
die  Tritonen   seien  das    dement   des  meeres    in  menschlicher-  geiW** 


deatBcber  phiiologen  und  schulmänner  zu  Innsbruck.  245 

iteU  erreg^bar,  nacb  vereini^Dg  mit  den  geschöpfen  der  erde  trach« 

te&d,  nie  zur  ruhe   gelangend,  immer  von  ungestilltem  sehnen  erfüllt» 

in  dem  grandtone  des  ungestillten  sehnens  begegne  sich  das  wesen  der 

Dtmeter  und  des  Triton,  und  wenn  es  an  dem  letzteren  in  der  höchsten 

itei^ning  fast  gewaltsam  hervorbreche,  so  müssen  die  künstlerischen 

fonneD,  in  denen  es  zur  darstellung  gelange,  an  dem  köpfe  des  Triton 

ii  mehr  augenfälliger  form  hervortreten,  als  an  dem  der  Demeter,    der 

Tortrtgende  zeigt  in  meisterhafter  weise,    wie  sich  im  einzelnen  die 

Iiideiisehaftliche  aufreg^ng   des  lebhaften   sehnens  auspräge  und  wie 

ler  gemeinsame    grundton,    wenngleich    etwas   gedämpfter,    auch    im 

Otaeterkopfe  sich  darstelle,  und  im  anschlusse  daran,   wie  trotz  der 

ttiliehkeit  bestimmte  gegensätze  in  die  äugen  fallen:   da  die  heftige 

Indeoscbaft  des  jugendlichen  Triton  in  der  starken  abmagerung,  dort 

die  reiferen  jähre  in  der  fülle  der  formen,  da  heftige  momentane  er- 

ngaog,  dort  gemäszigte  aber  dauernde  seelenzustände,  da  unbefriedigte 

mdenschaft ,  dort  tiefe  wehmnt  der  entsagung.     wenn  nun  in  diesen 

limen  das  wesen  der  göttin  in  seinen  innersten  tiefen  erfaszt  sei,   so 

Itbe  alles  übrige  nur  die  bedeutung,  diese  motive  weiter  zu  entwickeln. 

11  der  festhaltung  der  grundidee,  im  fernhalten  jedes  nicht  durch  die 

Idee  gebotenen  schmuckes  bewahre  sich  die  meisterschaft  griechischer 

idetibilder.    so  diene  der  Schleier  der  Demeter  nur  zu  einer  bestimmten 

kegrenzung;  nicht  blosz  äuszerlich,  auch  geistig  erscheine  das  bild  der 

|8ttin  durch   ihn    auf   sich   selbst   zarückgezogen   und    in    sich    abge- 

Mblossen.     zum  schlusz   fragt  der  redner^  ob   es  etwa  nur  zufall  sei, 

Ims  auch  die  christlichen  künstler  die  Madonna  mit  dem  schleier  zu 

lüden   lieben?     wie   in   der  ethischen   religion   des  Hellenentums   der 

dtmetercultus,  so  stehe  auch  im  mittelpuncte  der  christlichen  religion 

du  bild  einer  nur  für  ihr  kind,  nur  in  ihrem  kinde  lebenden  mutter. 

lia  christlicher  künstler  möge  es  wagen,  einer  Madonna  den  köpf  der 

IPtaneter  von  Knidos  zu  geben  und   er  werde   sicher  keinen  tadel  er- 

Irikren.    vielleicht  würde  ein  moderner  kritiker  ohne  kenntnis  des  an- 

t  Vorbildes  urteilen,  hier  sei  endlich  das  problem  gelöst,  classische 
chönheit  mit  christlicher  empfindung  zu  verschmelzen,    ein  solches 
tu  würde  lehren,  dasz  der  antiken  kunst  die  darstellung  der  tiefe 
Seelenlebens  nicht  fremd  gewesen,   aber  auch  dasz  das  ewige  in 
kunst  nicht  das  dogmatische,  sondern  das  allgemein  im  höchsten 
menschliche  sei:    'Madonna  oder  Demeter  —  das  ewig  weibliche 
it  uns  hinan'.    —    Die  Versammlung  dankte   dem  redner  durch  leb- 
m  applaus. 

Darauf  hielt  hr.  prof.  dr.  Riese  aus  Frankfurt  das  wort  zum  vor- 
nüber die  beurteilung  der  Germanen  durch  die  alten  Römer',    er 
»rieht  zu  schildern,   wie  nach   der  objectiven  darstellung  unserer 
ren   durch  Caesar   im   ersten  Jahrhunderte   der   kaiserzeit   zwei 
Itungen  in  der  beurteilung  der  Deutschen  einander  diametral  gegen- 
itehen,  beide  tendenziös,  beide  durch  die  Stellung  der  betreffenden 
»ren   innerhalb    der   römischen    Zeitverhältnisse    bedingt,    und    wie 
arten  der  Schilderung  der  Germanen  auf  die  Germania  des  Taci- 
einflusz  gehabt  haben,     die  Schriftsteller  der  einen  richtung  nenne 
die   der   kaiserlichen   tendenz;    bei   ihnen  finde  man  keinerlei  unbe- 
l^ene  Würdigung   der   lügenden  und   fehler  der  Germanen;  ihre  dar- 
^   lang    sei    stets    auf    zwei    tonarten    gestimmt:    entweder    seien    die 
ler  Sieger,  dann  vernehmen  wir  nur  stolzen  siegesjubel  —  oder  sie 
m  die  besiegten,  dann  wurden  sie  von  den  deutschen  barbaren  durch 
idia  geschlagen,     zu  den  Schriftstellern  dieser  richtung  gehöre  eine 
Hze  anzahl  der  dichter  der  Augusteischen  und  spätem  zeit,  vor  allen 
id;   von   den  prosaikern  Velleius  Paterculus  und  manche  andere  bis 
jungem   Plinius,  von   den   Griechen   iStrabo.      nachdem   unter   an- 
ing  mehrerer   stellen   diese   tendenziöse   richtung  an  Ovid,   Horaz, 
»perz  und  Martial  nachgewiesen,  wird  Velleius,  der  hofhistoriograph 


246        Bericht  über  die  verhandlangen  der  29n  versammlaiig 

des  kaisers  Tiberias,  eingehend  besprochen,  ihm  verdanken  wir  die 
äuszerung:  'Germanos  praeter  vocem  et  membra  nihil  habere  heniimi* 
(II  117);  an  der  niederlage  des  Varoa  sei  die  perfidia  der  Deotaekei 
schuld  gewesen y  'die  ein  zar  lüge  geborenes  gesohlecht  sind',  du 
mäszigste  unter  allen  sei  Strabo;  er  übertreibe  einerseits  die  wildhch 
der  Germanen  nnd  beschuldige  sie  andererseits  der  trenlosigkeit  ni 
des  eidbruches.  —  Auf  diese  periode  folgend  oder  ihr  siemlich  gleidh 
zeitig  sei  die  richtuug  'der  verherlichung  der  nördlichen  uatorvölktf', 
gerade  wie  in  der  europäischen  litteratur  dieses  und  des  vorigen  jlh^ 
hunderts  die  Indianer  einmal  als  tückische  wilde  and  dann  wieder  ab 
ein  groszherziges  naturvolk  hingestellt  werden,  nm  diese  richtnof  n 
schildern,  müsse  er  weiter  ausholen,  es  scheine  eine  allgemein  meiM* 
liehe  eigenschaft  zu  sein,  in  recht  entlegenen  Völkern  oder  in  liofil- 
verflossenen  zeiteu  ein  glück  und  eine  Seligkeit  des  menschengesohlecAtii 
zu  vermuten,  die  der  eigenen  zeit  und  dem  eigenen  volke  fehlen.  solelN 
Völker  waren  die  Aethiopen  bei  Homer,  ebenso  idealisiert  werden  & 
Hyperboräer,  von  denen  wahrscheinlich  die  idealisieronf^  auf  die  Stf- 
then  übergegangen  sei.  so  werden  die  Scjthen  bei  Horax,  Vergil  im 
Justin  (II  2)  geschildert,  dessen  darstellung  vom  grondgedanken  fft 
tragen  sei,  'das  naturvolk  steht  höher  als  das  civilisierte';  vemmtbeh 
sei  dieselbe  aus  einem  griechischen  Schriftsteller  in  den  Ponpoiii 
Trogus  und  aus  diesem  in  den  Justinus  übergegangen,  aach  bei  d« 
Römern  finde  man  schon  gegen  ende  der  republik  änscerangen,  dii 
hierher  gehören,  je  schlech(ker  und  unnatürlicher  bei  allem  glanie  da 
reiches  das  hauptstädtische  leben  war,  um  so  mehr  seien  viele  in 
glauben  gekommen,  das  verlorene  glück  in  der  ferne  Sachen  an  soOii. 
eine  gewisse  aristokratische  Opposition,  welche  gern  nach  der  gntel 
alten  zeit  der  republikanischen  freiheit  sehnsüchtig  zurück bliekle,  hskf 
sich  gegen  die  zustände  des  kaisertums  gebildet,  verbanden  mit  eiM 
starken  neigung  zur  stoischen  philosophie,  wie  man  dies  aas  TadM 
ersehen  könne,  hatte  nun  schon  Cato  einst  im  Senate  gesagt,  lishl 
die  Germanen  nnd  Gallier,  sondern  Caesar  sei  der  wahre  feind  da 
Kömer,  so  finde  man  bei  Lucan  und  Öeneca  eine  reihe  von  bislN) 
kaum  beachteten  äuszerungen,  in  denen  das  lob  der  Germanen  im  Uli 
gefühlten  gegensatze  zu  Rom  enthalten  sei.  aus  der  stelle  bei  Lnefl 
(VII  435)  erkenne  man,  dasz  nicht  die  gleiche  stelle,  sondern  dii 
gleiche  Stimmung  die  Römer  veranlaszt  habe,  die  beiden  nordisdN 
Völker  in  Verbindung  zu  bringen,  von  denen  die  Scjthen  sehen  hi 
den  Griechen,  die  Germanen  erst  bei  den  Römern  idealisiert  wordsii 
Seneca  habe  allerdings  auch  ein  offenes  äuge  nicht  nnr  für  die  X$fHt 
keit,  den  freiheitssinn,  die  einfachheit,  sondern  auch  für  die  scdiwitttf 
der  Deutschen,  nachdem  der  redner  so  die  demente  der  idealisiermf 
dargelegt,  zu  welchen  er  auch  die  in  Rom  trotz  aller  phrasen  so  b<Mi 
geschätzte  treue  der  Deutschen  rechnet,  geht  er  zum  aristokratiielMi 
geschichtsschreiber,  dem  besonneneu  fortsetzer  jener  stoischen  oppoä- 
tion  über,  zu  Tacitus.  unter  bezugnahme  auf  seinen  aafsati  in  derSü 
glaubt  er  die  frag«,  warum  Tacitus  die  Germania  schrieb,  damit  besil' 
werten  zu  können,  dasz  er  annimt,  Tacitus  habe  ein  den  BSsü* 
wichtiges  Volk  beschreiben  wollen  gerade  zu  der  zeit,  als  ihn  die  foi^ 
Studien  zu  seinen  historiae  darauf  hinleiteten,  in  den  thatsaehal 
sei  er  durchaus  von  seinen  quellen  abhängig,  seine  stimmnng  sei  dord 
die  geschichtliche  entwicklung  klarer  und  fester  begpründet  als  bisbift 
wie  verhalte  er  sich  zur  objectiven  Schilderung  Caesars,  wie  sn  dii 
beiden  andern  geschilderten  tendenziösen  rlchtnngen?  Tacitus  i^ 
von  derselben  wahrheitsliebenden  absieht  aus  wie  Caesar,  stehe  lü 
kaiserlichen  richtung  in  einem  klar  bewusten  gegensatze,  sei  von  dir 
selben  idealisierenden  richtuug  unwillkürlich  beeinflnszt.  dass  Mi** 
ideHlisierung  auf  der  gmndlage  einer  festen  Wahrheitsliebe  stehe,  p^ 
daraus  hervor,  dasz  auch  die  Schattenseiten  nicht  verschwiegen  weideB 


deutscher  philologen  und  schulmäimer  zu  Innsbrack.         247 

Iti  der  annmhmei  Tacitns  habe  die  absieht ,  dea  Römern  einen  sitten- 
i|)iigsl  Torsohalten,  seien  die  stellen,  in  welchen  er  ihre  Uneinigkeit, 
fffUi'  nnd  trinksnoht,  ihre  irägheit  im  frieden,  ihren  jähsorn  schildere» 
«serUirlich.  zom  schlösse  fasst  der  redner  die  resnltate  seiner  ans- 
läuBdeisetsnngen  im  Überblicke  zusammen  nnd  verspricht  den  gegen- 
iliid  bald  in  erschöpfender  weise  sn  behandeln. 

Den  nftehsten  Vortrag  hielt  herr  gjmnasialdirector  Schiller  ans 

Cüntim.    der  gegenständ  derselben  war  eine  'darstellung  des  Standes 

Md  dsr  aufgäbe  der  geschichte  der  römischen  kaiserzeit\     er  erklärt 

■tfdist  die  thatsache,  dass  die  geschichte   der  römischen  kaiserzeit 

figssftber  der  geschichte  des  republikanischen  Roms  znrückgeblieben. 

viriiihnismftssig  spftt  in  anfhahme  gekommen,    sei  die  forschnng  auf 

ÜiiMtt  gebiete  in  erster  linle  von  kirchlichem  Interesse  beherscht  ge- 

VMen.    auch  die  protestantische  theologie,  die  Banrsche  schule  nicht 

o^eoommen,  habe  sich  vorzugsweise  der  kirchengeschichtlichen  seite, 

4m  CBtstehung  des  Christentums  zugewendet,    trotz  ZelUr,  Strausz  und 

Hikimann   fehle    dem   kaiserlichen   Rom   noch   immer  ein  Schwegler. 

^  Philologie,  sich  vorzugsweise  mit  den  formalen  nnd  antiquarischen 

^tmenten  befassend ,  habe  sieh ,  wie  Tacitus  ^ihr  evangelium'  auf  die 

flidt  Rom  beschränkt,  in  der  kaiserzeit  nur  die  entstehung  von  etwas 

üMingt  verwerflichem   erblickt  und   sei    beim   mangel   des   wahren 

kktoiischen  standpunctes  nicht  darzulegen  im  stände  gewesen,  wie  aus 

4m  alten  das  neue  wurde,  werden  konnte,  werden  muste.    erst  ans 

4m  aationalen  Wiedergeburt  sei   mit  dem   Verständnisse   des   eigenen 

libeiifl  das  Verständnis  der  eigentümlichkeiten  des  fremden  erwachsen. 

Utk  die    fortschritte,    die   wir  Niebuhr,   Mommsen,    der   historischen 

Aektsschule  und    der  neueren    philologie  verdanken,   gelten  nur  dem 

n^likanischen  Rom.    Niebuhr  sah  in  der  römischen  kaisergeschichte 

Mr  eine  zeit  politischen  nnd  moralischen  Verfalles,  Mommsen  sei  noch 

sieht  dazu  gekommen,  die  versprochene  fortführung  der  römischen  ge- 

sAiehte  zu  geben,    auch  bei  Hoeck  vermisse  man,  trotz  des  schönen 

mlinges   einer   cprrecten   behandlung    der    kaisergeschichte,    die   nur 

4mtk  umf^sende  detail  forschnng  au  erreichende  Sicherheit;  und  Gibbon 

iMe  bei  all  seiner  politischen  reife  doch  nicht  in  die  darstellung  der 

4ittelnen  facta  gleiche  Sicherheit  und  Vollendung  zu  bringen  vermocht. 

%s  anszerdem   an   umfangreichen    arbeiten   oder   monographieen    für 

^hMlne  regierungen  für  die  spätere  kaiserzeit  geleistet  wurde,  biete 

pu  dürftige  wissenschaftliche  ergebnisse.     fast  allen  diesen  arbeiten 

4Ue  die  herbeiziehung  aller  quellen,  strenge  Sichtung  und  benfitzung 

materials,  historische  Umfassung  des  gesamten  nationalen  lebens 

wirklichem  politischem  Verständnisse,      demnach  befinde  sieh  die 

:he  kaisergeschichte  noch  immer  auf  ihrem   alten   standpnncte: 

historischen  werke  beschränken  sich  auf  die  darstellung  der  grossen 

;,  Staats-   und   kriegsactionen,    die  erfassung   des    Staates  als  der 

m  blute  des  gesamten  nationalen  lebdns  fehle  entweder  gänzlich 

trete   über   gebühr  zurück,      ein   teil   der   schuld  liege   an    den 

iverhültnissen;  die  geschichtsschreiber  jener  zeit  ^eien  über  die 

illung  der  stadtrömischen  und  der  grenzverhältnisse  nicht  hinaus- 

tikommen.     dieser  standpuuct  genüge  aber  heute  nicht  mehr,     selbst 

fb  bild  des  stadtrömischen  lebens  oder  der  wenigen  kriege  und  vor- 

|pBge  anszerhalb  der  stadt,   die  uns   berichtet  werden,   bleibe   höchst 

>llkommen,  wenn  man  blosz  den  erzählungen  der  schriftsteiler  folge. 

le  altgläubigkeit,    die  alles    festhalten  zu    können    glaube,    weil   es 

^liefert,   werde   keine   Zukunft  in   der   römischen  geschichte  haben: 

keinem   dieser  Schriftsteller  finde  man  gründliches  qnellenstudium 

objectivität.      für  solche    perioden   also,    wo  wir  von   denkmälem 

lerer  als  historiographiscber  art  im  Stiche  gelassen  werden,   dürfe 

schwerlich  hoffen,  je  eine  wahre  geschichte  schreiben  zu  müssen. 

lenfalls  sei  es  unsere  nächste  aufgäbe,  die  geschichte  der  einzelnen 


248        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  29n  versammlong 

regierangen    oder   einzelner  episoden  mit   benutzung  aller  hfilfiniittal 
der  heutigen  historischen  Wissenschaft  festzustellen  und  die  thatsaekn 
möglichst  objectiv  zu  eruieren,  um  einen  sichern  und  breiten  bodeaa 
gewinnen  für  das  Studium  des  Staatswesens,  des  städtischen  und  pro* 
vincialen  lebens,  der  litteratur  und  kunst.     die  quellen  hierfSr  fiAm 
teilweise  erst   in  unserer  zeit  ausgebeutet  worden  durch  samlnnrnl 
Sichtung  aller  bei  historikern  und  nichthistorikern  sich  findenden  dtlMi 
teilweise   erst  jetzt  in  Inschriften,  münzen,  Sammelwerken  und  kiti' 
logen   erschlossen  worden,     wenn  einmal  die  monogpraphieen  fiber  dit 
hauptstadt,  die  provinzen  und  municipien  nach  inschnften  und  uitt 
der  kunst  geschrieben  seien,   dann  werde  sich  das  bild  der  rSnrfseh« 
kaiserzeit  ganz   anders  darstellen,     die  linien   für  die  behandlong  te 
forschung  seien  in  den  hauptzügeu  unabänderlich  festgestellt.   Ton  eiMT 
modernen  kaisergeschichte   werde  man   den  naohweis  erwarten  dfirfei^ 
wie  sich  die  groszartige  Schöpfung  Caesars  unter  den  banden  der  kaiMT 
des  Julischen  geschlechtes,   der  Flavier,  des  Traian  j^estmltete.    es  srf 
klar  vor  Caesars  seele  gestanden,  was  unter  den  damaligen  ▼eildUl' 
nissen,    wo   die    ganze  entwicklung  auf  das  demokratische  kaiseitai 
hinwies,   zu  thun  war.     die  unterthanen  sollten  der  hersehendea  still 
gleichgestellt,  ihre  Vertreter  in  den  staatsrath  anfffenommen  wertai 
damit  sie  dem  Staate  frisches  blut  zuführten,  mutterland  und  proTiuM 
sollten  sich  gemeinsam  der  neuen  staatsform  des  kaisertums  natemd« 
neu,  ein  geniales  System  der  grenzvertheidigung  gesohaffeui  giieitliiiH^  i 
römische  bildung  im  osten  und  westen  verbreitet  werden.    treUidi  säl  | 
in  der  cultur  des  neuen  weitreiches  nichts  ursprüngliches  gewesen,  iM^' 
dem  kaisertume  bleibt  der  rühm,  mit  der  weltmonarchie  nochmals  stall 
weltlitteratur   und    eine   kosmopolitische    kunst    geschaffen   lu   habsK< 
nur  die  pflege  des  friedens,  sonst  den  antiken  Staaten  fremd,  vemiBft 
diese  erscheinung  zu  erklären,     die   mehrzahl    der   bfirger   fand  dsbj 
darauf  angewiesen,  das  gemeindeleben,  die  wirthschafUiehe  tiiltigfcii^j 
die  geistigen  interessen  zu  pflegen,    überall  entstand  schuts  der  pernio 
und  des  eigentums,  den  unteren  classen  wurden  ihre  rechte,  der  fit*^ 
vinciale  durfte  ungehindert  in  handel  und  wandel  seinen  Wohlstand  bs-  i 
gründen ,  und  ehe  die  neue  religion  auf  dem  socialen  gegensatse  via^ 
arm  und  reich  sich  aufbaute,  führte  Caesar  in  grösseren  verhiltnisM»! 
diesen  gegensatz  zu  leidlicher  Versöhnung  durch  aekerverteilung,  unolir 
rung  der  zins forder ungen ,   bestimmung  des  zinsfuszes,  mildening  iitt 
Schuldgesetze  und  überseeische  colonisation.     in  dem  kosmopoUtisebtft 
leben  des  neuen  reiches  fand  das  Christentum  mit  seiner  unlTefSskt 
tendenz  seinen  besten  bundesgenossen,  während  die  religiösen  refsiM** 
des  Caesar  und  Augustus  das  heidentum  noch  über  drei  Jahrhundirtl. 
zum  widerstände  gegen  den  neuen  glauben  befestigte,    aber  die  sta* 
führung  dieser  groszartigen  Umgestaltung,  wozu  Caesar  die  feit  liUl% 
war  die  aufgäbe  seiner  nach  folger,  auf  die  sich  ebenso  wenig  die  pif^; 
ductive   kraft,  wie  dessen  schrankenlose  macht  vererbten,    so  mitai? 
Augustus  und  die  späteren  kaiser  auf  umwegen  su  erreichen  soehtfir, 
was  Caesar  schon  besessen  und   dadurch  die  reinheit  der  QaesarisekA 
linien  trüben,   wie  denn  unter  ihren  bänden  der  von  Caesar  perhertti*^ 
eierte  militärpact  und  damit  der  keim  zum  untergange  des  reiches  W 
wuchs,     trotzdem  erfüllen  sie   eine  weltgeschichtliche  aufgäbe.    M^j 
Volksversammlung,    Wahlrecht,    magistraturen,    gerichtswesen,  fSMÜ^ 
gebung,  die  ganze  Verwaltung  erfordere  ebenso  ihre  eigene  geiuiiiiiyj 
wie    der   allmählich    erlöschende,    aber   von   zeit   zu   seit  wieder  av^ 
flackernde  republikanische  gedanke,  die  auswärtige  poIitik,  die  naMrff^ 
sierung  und   hellenisiernng   der   provinzen.      der  griechisch -ritebditf-' 
civilisation  eröffnet  sich  ein  unermeszlicher  Wirkungskreis«    dte  UsAtf*' 
gehörigen  capitel,  betreffend  das  unterrichtswesen,  Industrie,  welthaaM' 
landwirthschaft  werden  aus  Inschriften  und  münzfunden  eine  rsekt  v* 
hebliche  bereicherung,  das  Studium  der  statistischen  Terhiltaiise  ^ 


denisdier  philologen  und  schalmänner  zu  Innsbruck.  249 

ittiseben  reiches  eine  bedeutende  fördernng  erfahren,  und  wie  weit 
id  wir  erst  von  der  lösung  des  grösten  g^eschichtlichen  problems,  der 
■brsitnng^  des  Christentums,  entfernt!  welche  wege  dasselbe  ein- 
khig,  wie  es  sich  mit  der  überlegenen  heidnischen  bildung  abfand, 
I  kaiserliehe  politik,  die  Stimmung  und  das  verhalten  der  heidnischen 
ik  —  alles  dies  enthält  für  uns  trotz  der  arbeiten  von  Boissieri 
nsrath,  Friedländer  zahlreiche  ungelöste  räthsel.  damit  glaubt  der 
her  die  aufgaben  der  forschung  in  den  hauptpuncten  angegeben 
haben,  er  schlieszt  mit  der  bemerkung,  dasz  es  sehr  beklagens- 
tth  idlre,  wenn  sieh  die  deutschen  philologen  und  historiker  den 
Ib  entreissen  lieszen,  die  kenntnis  der  grenzgebiete  des  antiken  und 
idtinen  lebens  zu  jenem  stände  zu  fördern,  welche  der  hülfsmittel 
itrer  seit,  unserer  wissenschaftlichen  tradition,  und  unserer  politi- 
MB  bedentung  würdig  ist. 

Den  letzten  vertrag  in  dieser  sitznng  'zu  Aeschylos  Perser'  hielt 
rx  bofrath  prof.  dr.  Köchly  aus  Heidelberg,  nicht  ohne  bedenken 
fe  er  der  einladuog  des  Präsidiums  zu  folgen,  da  auf  ihn  das  sprich-* 
it  sezagenarios  de  ponte  angewendet  werden  könne,  die  böse  vor- 
ieatang  aber,  welche  darin  liege,  dasz  er  ad  Oenipontem  zu  sprechen 
b«,  möge  durch  einen  blick  auf  die  räume,  in  welchen  die  versamm- 
le tage,  aufgehoben  werden,  er  nehme  es  als  ein  gutes  omen,  dasz 
m  einem  modernen  theater  von  der  ältesten  überlieferten  tragödie 
«ehe.  Aeschylos  Perser  seien  als  mittelstück  einer  trilogie,  welchem 
teas  vorausgieng,  Glaukos  folgte,  im  jähre  472  auf  dem  Dionysos- 
iBter  zn  Athen  acht  jähre  nach  der  schlacht  bei  Salamis  aufgeführt 
■den.  Aeschylos  Perser,  diese  poetische  Verklärung  der  unsterb- 
hto  seit  der  Marathonkämpfer,  seien  in  jeder  beziehung  ein  unicum 
die  einzige  historische  tragödie,  die  uns  überliefert,  aber  nicht  im 
vlUinlichen  sinne  seien  die  Perser  eine  historische  tragödie  und 
Men  nicht  mit  einer  anderen  tragödie  verglichen  werden;  oder  es 
lilen  z.  b.  die  freiheitskriege  ein  dramatisches  kunstwerk  gezeugt 
kuL,  welches  die  hingebung  jener  tage  so  uns  vorführte,  wie  Aeschj- 
»  in  den  Persem  den  freiheitskampf ,  den  er  mitschlug  bei  Salamis 
I  bei  Plataeae,  oder  wir  müsten  in  den  nächsten  jähren,  während 
•  beiden  noch  leben  und  unter  uns  wandeln,  über  unsern  gross- 
l||en  nationalkrieg  ein  poetisch  verklärendes  bild  dieser  tage  er- 
hiB.  das  sei  nicht  zu  erwarten;  daher  stehen  die  Perser  einzig  da 
\4ftt  dramatischen  litteratur  der  ganzen  weit,  solche  unica  teilen 
I  fchicksal,  auf  sehr  verschiedene  weise  beurteilt  zu  werden,  erst 
[iMuerer  zeit  habe  man  die  groszartigkeit  der  gesinnung  und  die 
lerische  Vollendung  kennen  gelernt,  früher  habe  man  den  mangel 
Llung,  die  'rohheit'  mit  der  geringen  ausbildung  der  tragischen 
entschuldigt,  oder  die  entschuldig^ng  des  dichtere  in  dem  nach- 
gesucht, dasz  er  seinem  königlichen  freunde  Hieron  zu  liebe  in 
(Persern  ein  gelegenheitsstück  gegeben  habe ;  andere  hätten  schaden- 
and  Übermut  über  des  feindes  Unglück  als  grundcharakter  der 
ir  bezeichnet  oder  getadelt,  dasz  das  stück  ausgehe  wie  ein  juden- 
Ibnis  mit  den  klageweibem.  diese  eigentümliche  Stellung  der 
■•er  und  die  verschiedenartigkeit  ihrer  beurteilung  rechtfertige  den 
ich,  das  bild  dieser  einzigen  tragödie  vorzuführen  und  daran  eine 
lerei'  zu  knüpfen,  der  redner  erläutert  nun  an  dem  modernen 
ter  die  scenische  darstellang  im  antiken,  gibt  in  declamatorisch 
srhafter,  von  begeisterang  getragener  rede  den  gang  der  band- 
einzelne  stellen  metrisch  vortragend  und  spricht  hinsichtlich  der 
izscene  die  Vermutung  aus,  dasz  der  letzte  teil  verloren  gegangen, 
icbeinlich  sei  derselbe  ein  wechselgespräch  zwischen  dem  cbore 
der  mutter  gewesen,  die  mit  der  aufforderung  an  den  könig  endigte, 
frevel  zu  entsagen  und  zu  bause  sein  volk  als  vater  zu  beschützen, 
gespannter  aufmerksamkeit  der  zahörer  teilte  der  herr  vortragende 


250  Philologische  Programme  der  provinzen 

fleinen   eigenen   versnch    eines   passenden   schlasses    in   Bchwini((Tollti 
Versen  mit  und  erntete,  die  tribüne  verlassend,  den  lebhaftesten  btiUL 

Damit  schlosz  die  zweite  plenarsitzong.     bald  daranf  bagam  ia 
redoutensaale  das  festmahl,   bei  welchem   ungezwongene  unteiiialluf 
und  fröhlichkeit  herschte.     von  den  toasten  sei  erwlhnt  der  das  fnl 
dr.  Jülg,  welcher  den  reigen  eröffnend  die  Verdienste  sr.  majestlt  dii 
kaisers  von  Oesterreich   um  volksbildnng  und  nnterrieht  ta   bentei 
Worten  schilderte  und  die  versammelten  zu  einem  ^hooh'  auf  den  lunklt 
herrn  einlud,     der  toast  des  hm.  prof.  dr.  Eckstein  galt  dem  8ltil^ 
reichischen  unterrichtsminister  dr.  v.  Strema^r.    ihm  folgte  ministirilt 
rath  Krischek,   der  im  namen  der  regierung  dankte  und  veraiehtiH 
dasz  dieselbe   die  bedeutung  der  philologie  für  den  höheren  untenUl 
stets  im  vollen  masze  würdigen  werde,    selbstverständlieh  wnrdea  '^ 
Stadt  Innsbruck,  das  präsidium,   die  deutschen  franen  nicht  verg« 
eine  schöne  episode   bildete  die  entdeckung  des  Verfassers  des  ttn  fr 
sanges  der  Odyssee  in   der  person  des  hm.  prof.  Steger  ans  Salsba^' 
gegen  6  uhr  wurde  ein  gemeinschaftlicher  Spaziergang  anf  die  W^yth^ 
bürg  unternommen  und  am  abende  fanden  sich  die  mitglieder 
zur  geselligen  Unterhaltung  in  den  redoutensälen  ein. 

Am  mittwoch,    den  30  sept.,    fuhren  die   festteilnehmer  Aber 
Brenner  nach  Bozen  und  wurden  fast  auf  allen  Stationen  von  der  ki^ 
völkerung  herzlich  begrüszt,  in  der  herlich  gelegenen  dentsoben 

Stadt  gegen  Italien  auf  das  freundlichste  empfangen,    nach  eingen 

nem  mittagsmahle  im  hotel  Victoria  wurde   ein  ansflag  nach  dcM  bl^ 
rühmten   schlösse  Runkelstein   angetreten,    wo    die  süssen   gaben 
südons  der  gesellschaft  harrten,     ^da  rann  kein  sand'  wird  manehsr 
erinnerung    an    die    schönen   stunden    dieses   tages   mit    dem    sei 
Wechsel  von  genusz  und  frende  denken,    auch  die  rückfahrt  war 
an   überraschenden    aufmerksamkeiten.      um  2  uhr  morgens  war 
wieder  in  Innsbruck. 

(schlusz  folgt.) 

Innsbruck.  Viotor  Pbrathohbi. 


18. 

PHILOLOGISCHE  PROGRAMME  DER  PROVINZEN  8CJ 
SIEN,  SACHSEN,  BRANDENBURG.    1873.* 

(fortsetzung.) 

* 

Berlin.     Sophiengymnasium.    27  lehrer,  13  elassen,  571  sebfller 
Sommer,  679  im  winter,  3  abit.  zu  michaelis,  2  zn  ostem,  dan 
extraneer.  —  Abb.  des  oberl.  dr.  Lortzing:  ^über  die  ethiseben 
mente  Demokrit8\    34  s.    das  urteil  über  den  werth  der  Demokril 
Philosophie  ist  im  laufe   der  zeit  mehrfachen  Wandlungen  nnl 
gewesen,    diese  Wandlungen  werden  nun  geschildert:  Plato  nrteiH 
günstig,  Aristoteles  lobt  den  philosophen.    seit  seiner  seit  bis  8i 

*  am  anfange  dieses  zweiten  artikels  zur   berichterstattong 
philologische  programme  erlauben  wir  uns  die  ergebene  bitte  an 
herren  directoren  und  bibliotheksverwalter  um  geneigte  mitteilvT" 
Programme  ihrer  anstalten,  wenigstens  derjenigen  mit  philolog.  n 
auszusprechen;  denn  wir  gedenken  uns  auf  tlie  programme  philolc 
Inhalts  zn  beschränken,  aber  in  Zukunft  nicht  bloss  über  die  dei 
programmarbeiten  aus  den  bisher  in  betracht  gesogenen  provinsen^' 
referieren,  sondern  unsern  bericht  möglichst  über  alle  diejenigen  justfl 
und  deutschen  gebiete  auszudehnen,  welche  nicht  durch  andere  refeiea^^ 
in  diesen  blättern  vertreten  werden. 


Sehlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1878.  251 

'Shmende  anerkeonung  befanden,  in  neuerer  zeit  waren  oft  vor- 

meinongen  einer  unbefang^enen  prüfuog  hinderlich,  das  orteii 
li  verschieden  aus.  auch  hier  werden  die  beurteilenden  ge- 
anfcf&hrt.  verf.  sieht  den  grnnd  solcher  misgünttigen  kritik 
oaterialistischen  richtnng  der  philosophie  des  D.,  welche  die 
tlismns  sageneigte  philosophie  der  ersten  jahrsehnte  dieses  jähr- 

abstiess.  eine  solche  riohtung  wird  nun  in  der  gesamten  vor- 
dien philosophie  aufgewiesen,  nur  die  Pythagoreer  suchten  das 
>  in  das  geistige  umzusetzen.  D.  führte  das  gemeinsame 
le  princip  consequenter  durch  und  begrfindete  es  Wissenschaft- 
na  philosophie  ist  das  resnltat  der  entwieklung  der  vorsokrati- 
»aenlation.  in  der  etbik  huldigt  D.  einer  idealen  anschaunng, 
ieht  materialistisch,  die  dadurch  zu  tage  tretende  inconseqnens 
atschnldigen.  das  Verhältnis  des  ethischen  principe  zu  D.s 
tischen  und  psychologischen  lehren  zu  untersuchen  ist  aafgabe 
indlung.  der  erste  abschnitt  hat  die  Überschrift:  über  die 
I  Schriften  des  Demokrit.  es  sind  uns  von  D.  zahlreiche  frag- 
'halten,  und  ihre  zahl  hätte  sich  durch  benutzung  des  Aristoteles 
:h  vermehren  lassen,  aber  alles  repräsentiert  nur  ein  ver- 
indes  teilchen  der  schriftstell erei  des  D.,  zu  der  Diog.  Laert. 
len  einblick  gestattet,  des  D.  Schriften  waren  von  Thrasyllos 
logieen  geordnet,  viele  Schriften  sind  wahrscheinlich  nnter'^ 
n«    schon  Kallimachos  fertigte  einen  katalog  über  D.s  schrif- 

verf.  behandelt  die  einzelnen  Schriften  der  beiden  ethischen 
Ben,  zuerst  den  TTu6aY6pr)C,  mit  dem  er  nach  Fabricius  und 
ie  Schrift  ircpl  Tf)c  co(poO  btaO^ctoc  identificiert,  zugleich  aber 
leit  bezweifelt,  dann  irepl  tuiv  ^v  *'At6ou,  «welche  schrift  er  zu 
lischen  rechnet,  weiter  die  dem  schon  durch  ihren  titel  aber 
i  andern  Seiten  bedenken  erregende  TpiToy^veia,  weiter  iiepl 
l(ac,  das  *AfiaX66(r)C  K^pac,  dessen  titel  in  späte  zeit  weist, 
cpl  €ijQv\iir]Cf  endlich  die  (iiro^vi^^aTa  ifiiKd.  von  allen  hier 
rien  Schriften  erscheinen  dem  verf.  nur  die  schrift  iicpi  €Ö6t^- 
irepl  cOecToOc)  beglaubigt,  alles  andere  bedenklich  oder  sicher 
Afi.  K€p.  wenigsteus  dem  titel  nach,  ir.  dvbpaT.  läszt  kein  urteil 
neuer  titel  öiroOf^xat  aus  Euseb.  pr.  eu.  14,  27  bekannt,  dies 
lebt  der  ältere  titel  für  'AfiaXO.  K^p.  die  ethischen  fragmente 
inen  wesentlich  der  schrift  irepl  €ÖOu|i(r)C  und  den  öfroO^Kat  >» 
|C  K^pac  entnommen,  der  zweite  abschnitt  handelt  über  die 
|«r  ethischen  fragmente  Demokrits.  dieselben  werden  in  ihrer 
»e  auf  die  sammlang  des  Stobaios,  die  Sentenzen  des  sogen, 
tes  und  die  gnomologieen  des  Maximus  und  Antonius  zurück- 

nm  meisten  kommt  ätobaios  in  betracht  mit  146  frag^enten. 
li  alle  im  ion.  dialekte  geschrieben.  Stob,  hat  die  Schriften 
I  mehr  besessen,  er  benutzte  einen  auszug  ans  den  moralischen 
^D.s,  der  vielleicht  aach  die  Sentenzen  anderer  Schriftsteller 
>der  sogen.  Demokrates  bietet  86  fragmente,  von  denen  6  nn- 
L  diese  waren  wahrscheinlich  zumeist  in  die  uns  nicht  erhal- 
leke  der  Sammlung  des  St.  aufgenommen,  die  pseudo-Demokra- 
junluDg  ist  nicht  ein  bloszer  auszug  aus  Stobaios,  vielmehr 
^n  auszug  aus  der  Sammlung,  die  dem  Stobaios  lals  quelle 
Bit  beibehaltung  der   Ordnung  des  Originals,     die  dritte  quelle 

gnomologieen  des  Maximus  und  Antonius,  der  text  dieser 
|en  ist  von  mangelhafter  beschaffenbeit,  besonders  zu  beklagen 
■Ulose  Verwirrung  in  den  namen  der  excerpiierten  Schriftsteller. 
Hebungen  von  Stob,  und  unter  einander  sind  auf  die  verf.  oder 
Be  zurückzuführen,  die  quelle  der  Sammlung  des  Maximus  und 
L  eine  Sammlung  von  parallelen  aus  heil,  und  profanen  schrif- 
in  dem  Stob,  näher  als  der  pseudo-Demokr.  Sammlung,  neben 
fi  den    parallelen    eine    Zusammenstellung   von   Sentenzen    des 


h 

i 


252  Philologische  programme  der  provijizeii 

Demokrates,  Isokrates  und  Epiktet  als  quelle  gedient ,  die  jün 
Stob.  ist.  diese  quelle  enthielt  die  excerpte  ans  den  dreien 
einander  gemischt  und  D.s  fragmente  im  att.  dialekt,  während  d 
Stob,  entnommenen  excerpte  der  parallelen  den  ion.  dialekt  m 
erhalten,  yerf.  schlieszt  mit  dem  ergebnis:  alle  fragmente,  d 
lediglich  auf  das  seagnis  des  Maximns  und  Antonius  stntien,  d 
weder  einfach  auszuscheiden  oder  haben  doch  keinen  anspn 
unbedingte  anerkennung,  nur  eine  bei  Antonius  s.  118  Torton 
von  Stobaios  übergangene,  aber  durch  Plutarchos  advers.  Colot, 
und  non  posse  suaviter  vivi  sec.  Epic.  s.  1100  gestutzte  sentei 
als  Demokratisch  angesehen  werden  müssen,  wie  im  vorstehend 
dem  Antonius  und  Maximns  alle  Zuverlässigkeit  abspricht ,  so  i 
er  wi^er  die  zahlreichen  ähnlichen  florilegieen  und  billigt  et 
Mullach  in  seiner  Sammlung  der  fragmente  auf  Georgides  und 
lies  keine  rücksicht  genommen,  es  wird  die  werthlosigkeit 
quellen  dargethan  und  darauf  geht  verf.  dazu  über,  die  quellen 
sprechen,  die  einen  verhältnismäszig  geringen  beitrag  sn  den  et 
fragmenten  D.s  liefern,  zuerst  Plutarchos,  der  aber  mehr  pl 
lehrsätze  behandelt,  aus  den  ethischen  Schriften  nur  geleg 
anfuhrungen,  meist  einzelne  Wendungen,  verf.  zählt  nun  diese 
heiten  auf.  weiter  bietet  Seneca  philos.  einzelne  bmohstucke 
treuer- lateinischer  Übersetzung,  Cicero  berührt  D.s  ethische  ai 
an  nur  zwei  stellen  (de  fin.  5,'  87.  6,  23).  aus  allem  diesen  geht 
dasz  D.s  ethische  hanptschrift  ircpl  €06u^{r)C  im  In  jh.  vor  und  na 
noch  vorhanden  war.  verf.  sucht  nun  die  existens  der  schrift  io 
3n  jh.  darzuthun,  indem  er  die  benutzung  derselben  zwar  nieh 
die  profanschriftsteller,  aber  durch  die  kirchlichen  dogmatik« 
Clem.  Alex.,  Hippolytos  v.  Rom,  Dionysios  von  Alexandria.  ei 
die  ethischen  Schriften  des  D.,  deren  es  besonders  zwei  gal 
€Ö6u|Li{r)C  und  imoQfycax  werden  zuerst  von  Cicero  berührt,  tk 
Seneca  bekannt,  wurden  von  Plutarchos  fleiszig  gelesen,  wan 
im  du  jh.  vorhanden  und  wurden  von  christlichen  sehriftstellem  1 
giengen  aber  bis  zur  mitte  des  6n  jh.  verloren ,  doch  waren  au 
eine  bedeutende  zahl  stellen  ausgeschrieben  und  zu  einer  sai 
verbunden,  welche  uns  zum  grösten  teil  durch  Stobaios  und  ' 
geblichen  Demokrates  erhalten  sind,  die  so  überlieferten  bruc 
müssen  als  echt  gelten,  die  Sentenzen,  die  uns  nur  durch  späte: 
legieen  bekannt  sind,  müssen  als  zweifelhaft  und  verdächtig  be 
werden,  der  dritte  abschnitt  prüft  die  gründe  wider  die  echt] 
fragmente.  des  Aristoteles  schweigen  über  ethische  Schriften 
für  deren  unechtheit  nicht  beweisend.  Meiners*  einwendnngen  i 
schräuknng  der  echtheit  auf  die  fragmente,  die  mit  dem  grund 
D.S,  der  cöOufiia  oder  dOa^ßia  übereinstimmen,  wird  inrückgc 
gröszere  beachtung  verdient  Val.  Rose,  der  eine  verwandtsdi 
pseudo-Pythag.  und  pseudo-Demokr.  Schriften  annimmt,  verf. 
die  beweisführung  Roses  als  hinfällig  und  erklärt  die  angesogen 
einstimmung  zwischen* Dem.  und  Hipparehos  als  benutzung  Dj 
Hipp,  auch  Roses  schlusz  aus  scheinbarer  Übereinstimmung  di 
Schriften  mit  denen  des  Hippokrates  in  lehre,  färbung  der  ^ra 
Wortschatz  auf  gleichzeitige  entstehung  wird  zurückgewiesen  unc 
Wahrscheinlichkeit  einer  benutzung  D.s  bei  Unterschiebung  der 
Hippokratischen  Schriften  erinnert. 

KöNiGSBBHO  I.  N.  Friedr.-Wilhelmsgymn.  zu  ostem  1878 
1  abiturient  das  Zeugnis,  7  classen,  12  lehrer,  208  Schüler  im  f 
210  im  Winter,  dr.  Naesske  trat  ein  als  5r  ord.  lehrer.  —  Abb.  d 
dr.  Schnitze:  adnotationes  in  Aeschyli  Eumenidum  particolam  i 
29  s.  die  einleitung  geht  von  Hermanna  bemühangen  um  Aisehy 
erwähnt  die  fleiszige  spätere  beschäftigung  mit  A.  und  schlieszt  i 
hinweise,    dasz   noch  viel  zu  thun  sei,    und   deutet   die   methi 


Schlesien,  Saolisen,  Brandenborg.  1873.  253 

arbeit  im  voraus  an.  im  index  personaram  wird  Franz'  X^P^ 
f  fftr  das  überlieferte  €ö|i€v{6(uv  gebilligt,  der  prolog  mit  Herrn, 
stficke  geteilt,  1—34  nnd  35—63.  der  inhalt  des  ersten  teils 
mekelt,  er  enthält  die  gescbichte  des  orakels.    einseines  wird 

t6  in  T.  8  soll  so  viel  wie  t4»  ®'^?^>  ^Sl^^"^  ^ein  (?).     ▼.  7  wird 

Person  nnd  Hermann  vertheidigt,  ^  für  den  art.  praep.  erklärt, 
Ma  gehandelt,  voniiröpot  dicrai  v.  10  durch  littora  naues  emitten- 
liegt,  nnter  *Hq>.  irotlb.  v.  13  die  Athener  verstanden,  ▼.  21  irpdvaia 
ben,  in  besng  auf  v.  21—30  mit  O.  Müller  gegen  Herm.  gegangen, 
C  T.  21  gegen  Herm.  cOXöyuic  bewahrt,  dvacTfK>q>f|  v.  23  gegen 
poi  geschrieben,  die  lücke,  die  Herm.  nach  v.  23'  annimmt»  ge- 

▼.  26—27  als  parenthese  angesehen,  Weils  umstellnngsversuch 
n,  dpicra  v.  31  als  für  den  comparativ  stehend  erklärt  (?).  mit 
ginnt  der  andere  teil  der  rede,  die  Schilderung  des  farchtbaren 

im  tempel.  in  v.  37  vertheidigt  verf.  crdctv  für  ßdctv,  behan- 
li  cuiKClv,  das  er  durch  ßdaceiv  =  einhergehen  ersetzt,  v.  89 
ir  oübiy  mit  Herm.  für  nom.,  hält  v.  46  die  überlieferte  lesart 
Ticrqi  (mit  heiliger  locke)  fest,  ordnet  noch  v.  46  die  verse  so: 
Ä.  60.  62.  63.  54,  nimmt  nach  60  eine  lücke  an,  verwirft  hier 
md  Wieselers  meinungen  za  diesen  stellen,  bespricht  oö  itXacToXct 

IV  V.  56  (aa  mit  unnahbarem  hauche)  und  schreibt  nXaTOta  <p., 
.  56  b<>av  (nasz)  für  das  überlieferte  ßiav  und  vermutete  Xißa, 
r.  67  nicht  mit  Hermann  Blomfields'  conjectur:  Kai  trp6cui  T* 
Ihr  auf,  sondern  interpungiert  mit  Schömann:  5.  T.  c.  (p.,  i.  ir. 
d.,  €.  T.  c.  o.  T«  i<M  bespricht  dann  die  Schwierigkeiten  von 
nnd  verbessert  das  ungehörige  ir€co0cat  in  irebdkvrat;  in  v.  71 
die  beiden  nebeneinander  stehenden  epitheta  ypo^a^»  iraXatai 
srmanns  Nuktöc  iraXaial  ira15€C  und  anderer  Vaiac  iraXaiai  irotibec 
igt  und  durch  die  'greisen,  alten  mädchen'  übersetzt.  ^C^vucOai 
ht  vom  concnbitus  verstanden,  sondern  vom  einfachen  verkehr 
oder,  in  v.  79  wird  mit  Herm.  ßtßd^VT*  dv'  dei  geändert,  aber 
b5manns  interpnnction  l.  y.  c,  K.  5.  r\.  \i,  ßtßd^vT*,  dv'  d.  t.  ir.  x* 
it,  in  V.  81  wird  mit  Wiesel  er  gelesen  öir^p  T€  ir5vT0U  Katä  ncpip- 
UUeic  ,  V.  82  wird  irövov  mit  irpÖKafivc  verbunden  und  ßouKoXoü- 
lasiv  (circumactns)  verstanden;  v.  83  diicdOev  »  TOdc  dTKdXatc, 
It  Schömann  superne,  v.  84  Til^vbc  wird  als  gen.  plur.  fem.  mm 

anfgefaszt,  zu  v.  85  wird  Heimsoeths  conjectur  VaxdvTCC  für 
nrückgewiesen ,  in  v.  95  darf  nach  dem  verf.  nichts  geändert 
aum  musz  vielmehr  nur  richtig  erklären:  TÖbc  c4ßac  ist  Orestes, 

V  Ol  legibus  humanis  solutus,  öpfxdcOai  nicht  passivisch:  Zeus 
dir  diesen  von  menschlichen  gesetzen  gelösten  mann  als  gegen- 
feer  scheu,  deiner  obhut  an ,  ihn ,  der  erscheinen  soll  den  men- 
ller  gnädiger  leitung.  in  v.  98  ein  dir.  dp.  dirT)Ti|iac^^VT),  in 
ffUrax  medial,  in  v.  99  wird  div  für  die  geschrieben,  die,  deren 
ig  nicht  aufhört,  sind  Agam.  und  Kassandra,  Kcivuiv  Cfiro  ist 
m  beziehen ;  in  i'xOj  dirr)Ttjjiacfi^vr)  —  div  £icTavov  —  6v€t5oc  oök 
km  ist  ein  anakolnth  anzuerkennen  wie  in  v.  103 — 106,  in 
M  fiolp'  dirpöcKOiroc  geschrieben,  in  v.  106  f.  öpo  6^  irXiiTdc 
n6{(;i,  c^Ocv  eiibouca  yäp  (ppi^v  ömiiact  XafxirpOvcTai  (vgl.  Ahrens 
Coburg  1839  und  Pariser  ausg.  des  Aisch.);  in  v.  115  wird  dp- 
f  gelesen  nnd  unter  dpKOCTdTr^c  verstanden  der,  welcher  das 
dt,  in  V.  117  f.  ist  nach  dem  verf.  mit  Herm.  der  überlieferte 
■nhalten,  in  v.  119  wird  övap  als  nom.  subst.  gefaszt,  in  v.  122 
leaen  <piXoic  fäp  ouciv  oOk  ^fiotc  irpociKTopcc  und  übersetzt: 
feim,  qui  non  mei  sunt,  adsunt  tatores  (wir  ziehen  doch  Her- 
bsart  <p{Xoic  ydp  clciv,  oök  ^fioi,  irpoTiKTopcc  vor  und  über- 
lenn  wol  die  meinen  haben,   doch  nicht  ich,  die   helfer  nah). 

tnun  eine  allgemeine  besprechnng  zunächst  des  antistrophisch 
den  stöbnens  und  geheuls  des  chors  an,  sowie  der  Ordnung, 


254  Philologische  programme  der  provinzen 

in  der  er  im  tempel  des  Apollon  sich  der  sitze  bemächtigt,  du»  Is 
folgenden  chorgesangs.  zuvor  werden  noch  der  Klyt.  sehlnsworie  be- 
handelt und  Schütz*  conjectur  dYP<^c  für  irövou  und  Halms  k6iioc  llr 
irövoc  und  Hermanns  tI  Sp^c;  für  t{  bp^c;  abgewiesen,  in  v.  140  co6  b* 
für  oW  gelesen,  Hermanns  tCii^*  für  Ti|i  mit  N.  Wecklein  zurfiokgewieMt 
und  der  von  Herm.  vorgeschlagenen  Umstellung  von  ▼.  141  ud  141 
widersprochen,  dann  erst  beginnt  die  erörterong  über  die  eompoiiti« 
des  ersten  chorgesangs,  der  parodos  und  die  Verteilung  des  liedes  zntsr 
die  choreuten,  denn  dasz  es  nicht  vom  chore  in  seiner  gesamtheit  gc* 
sungeu,  ist  übereinstimmend  anerkannt,  gegen  Passow,  Bambcrj^v 
Roszbach  wird  die  von  Hermann  vorgeschlagene  Verteilung  gebilligt 
d<p€pT0C  (unertrüglich)  in  v.  149  ist  ein  nur  bei  Aiseb.  erscheineiides  wuti 
öv€iboc  in  V.  158  wird  auf  den  schatten  der  Klyt.  bezogen,  ^€COÄaP^  ia 
V.  160  passiv  genommen.  Schütz*  und  Bothes  schwere  interpunction  nacb 
K^vTpifj  mit  Hermann  getadelt,  Hermanns  Otto  in  v.  161  verworfen,  il 
v.  162  Schütz'  conjectur  BuMtKoO  für  ba|yi(ou,  in  t.  168  Wackefields  TI 
für  TÖ  besüitifi^t,  in  v.  165  Heimsoeths  ir^pa  für  irX^ov  entfernt,  in  ▼.  lH 
wird  das  überlieferte  Bpövov  bewahrt,  t.  165  in  eommata  eingeaohloawi 
Gpövov  von  bpuictv  als  zweiter  accus,  (am  throne)  abhängig  genaekt 
nind  TTcpl  iröba,  irepl  xdpa  als  bestimmnuf;  zu  qwtvoXißft  geiogea  (n 
fusze  wie  am  haupte  bluttriefend),  in  v.  169  wird  dpöfüicvov  gegen  dai 
vorgeschlagene  ^pöjicvov  gehalten,  in  v.  170  liest  vert  mit  Helmtectl 
fidvTtc  6v  und  v.  171  ^xP^var*  und  bezieht  öv  auf  ö^<paXöv,  in  ▼•  IT 
wird  die  Überlieferung  irapd  vö|iov  Ocitiv  ßpÖTca  gegen  Ahrens  la 
Wieseler  geschützt,  in  v.  178  sind  Motpai  die  furien,  T.  174  iit  fa 
iKXOccTat  Apollon,  v.  175  in  ^AcuOcpoOrat  Orestes  subjeet,  fBr  kA|I0C  T 
wird  Roszbachs  KaiToi  ye  empfohlen,  in  v.  177  liest  verf.  mit  Atimi 
Franz  und  Uoszbach:  fitdvTOp'  ^k  v^ou  irdcerat  (er  wird  aieh  wiaii 
einen  räch  er  schaffen),  das  chorlied  ist  nach  dem  verf.  auf  der  bflkv 
vorgetragen,  nicht  in  der  orehestra,  wie  Wieseler  unter  ändemng  vtt 
V.  178  (kcXcOOou  für  k€X€Ouiv)  will,  in  v.  183  ist  q>övou  von  OpÖMpOW 
abhängig  zu  machen  (mordblut),  v.  184 — 189  lauten  beim  verf.  eo:  äU 
oO  KapaviCTf)p€c  ö(p0aX|yit(ipuxot  AiKai,  cq>aTa{  tc,  cir^p^aTÖc  t*  dK6y<kjj 
TTaibujv  KUKOÜTai  x^o^vtc  (vigor)  i\h*  dx^i^  vduiv  (flos  iuventutia),  Ai| 
6'  öiioO  M^2Iouciv  oiKTic^bv  iroXOv  Tirö  6dxtv  iraif^vTcc  (geeniesit 
v.  189—191  ist  zu  verbinden:  dp*  dKoOcTC,  otac  ^opTf^c  CT^pTf|6pa €XOM> 
£ct'  diröiTTucTOi  6€oic.  aus  irXr)c(otct  v.  193  geht  nicht  hervor,  dM 
das  chorlied  auf  der  orehestra  gesungen,  die  furien  haben  die  bttM 
während  der  rede  A  pol  Ions  verlassen,  v.  196:  €Ö<piX/)C  steht  actiTiMh 
=  hold,  V.  199  ist  €lC  für  clc  zu  lesen,  v.  203  wird  b^KTUip  ans  b*  {kH^P 
der  hss.  gemacht,  das  fragezeichen  am  Schlüsse  von  v.  206  wild  ftf^ 
worfen,  v.  210  und  211  werden  eingehend  besprochen,  aber  unverftndMl 
gelassen  (sollte  vielleicht  für  t{  y<^P  T^vaiKÖc  zu  lesen  sein  t{  b'  |pl 
YuvaiKÖc?),  iu  V.  215  wird  Heimsoeths  conjectur  diracTa  für  ÖrniM  vir« 
worfen,  für  i^pK^cui  wird  /|b4cu)  =  aestimasti,  in  v.  217  wird  tQ  tt4 
q>poupoufi4vn  mit  Wellaiier  durch  si  iuste  coletur  erklärt,  in  v.  tl9  fll 
T€v^c6ai  geschrieben  t6  fxf)  'q>^ir€c6at,  in  v.  220  j*  ivbiKiS^c  c'  M|IJ 
XaT€tv  gelesen,  v.  221  f.  werden  so  hergestellt:  Td  ^iv  yäp  ott*ot 
xdpTa  c'  ^v6ufiouM^vr)v,  Td  b*  i|yi(pavil)c  irpoccoucav  drpiun'^povy  sn  t.  ^ 
wird  irX^ov  T(8€c6ai  durch  ir€pl  irXeiovoc  TiOccOat  (pluris  farere)  <^ 
läutert,  in  v.  126  wird  y^öfw  für  XÖY^p  als  ansprechende  eoigeetarft' 
manns  bezeichnet,  in  v.  230  wird  Erfurdts  KdKKUvrfr€T<l)  gebilligt,  aM 
auch  Wieselers  herstellung:  iyd)  b\  äjeiv  jap  altia  firiTpdtov  Mi 
fidT€t|yit  TÖvbe  (pOra  Kovä  kuvt^t^tiiv  =»  ego  vere ,  nam  instnm  est  9^ 
tare  (me)  sanguinem  matris,  persequor  hunc  virum  in  modam  venataift 
die  wolverdientc  anerkennung  nicht  versagt  wir  schliesien  diese  ^ 
groszer  freude  gemachte  berichterstattung  mit  dem  herzlichen  wunseli' 
es  möchte  der  Verfasser  bald  zeit  finden,  zunächst  die  Eumeniden,  daff 
auch  die  übrigen  dramen  des  Aischjlos  in  der  weise,  von  der  er  ^ 


Personalnotizen.  255 

eine  probe  gegeben,  unter  benntznng  der  reichen  seit  Hermann  ge- 
niDioelten  litteratnr  mit  kritischen  und  exegetischen  anmerknngen  aber 
11  deutscher  spräche  herausgeben,  den  dank  der  philologischen  weit 
lird  er  sich  dadurch  gewis  verdienen. 

(fortsetzung  folgt.) 

GöTEBSLOH.  H.  K.  Beniokbn. 

(9.) 

PEBSONALNOTIZEN. 

(Unter  mitbenntznng  des  'centralblattes'  von  Stiehl  und  der  ^Zeit- 
schrift für  die  österr.  gjmnasien*.) 


arMananil^eii ,  befftrileraDg^eii ,  veraetzang^eD ,  aBaBelchnuDgeD. 

iiier,  dr.  Jos.,  prof.  am   akademischen  staatsgymn.  in  Wien,   erhielt 

du  österr.  goldene  verdienstkreuz  mit  der  kröne, 
lisdow,  dr.,  Oberlehrer  an  der  Luisenstädt.  gewer  beschule  in  Berlin, 
'     ils  'Professor'  prädiciert. 

Btnr,  dr.,  ord.  prof.  der  theol.  an  der  univ.  Leipzig,  erhielt  das  ritter- 
kreaz  des  sächs.  Verdienstordens. 

edermann,  dr.,   ao.  prof.  an  der  univ.  Leipzig,  zum  ord.  honorar- 
Professor  ernannt. 

brik,  dr.,  rector  des  progymu.  in  Beigard,   zum  director  der  zum 

fymn.  erweiterten  anstalt  ernannt. 

lekmann,  ord.  lehrer  am  Ijceam  in  Hannover,  zum  oberl.  ernannt. 

•ehvogel,  dramatischer  dichter,  erhielt  den  pr.  kronenorden  IV  cl. 

fsn,  ord.  lehrer  am  pädagogium  in  Züllichau,  zum  oberl.  befördert. 

llitseh,  dr.  Otto,  privatdocent  der  geographie  an  der  univ.  Leipzig, 

tum  ao.  prof.  ernannt. 

itisch,   dr.  Franz,   ord.  prof.  der  theologie  an  der  univ.  Leipzig, 
erhielt  das  ritterkrenz  des  sächs.  Verdienstordens, 
enter,   dr.,  oberl.  an  der  höh.  bürgersch.  zu  Guhrau,  in  gleicher 
eigenschaft  an  das  gymn.  z^  Glatz  versetzt. 

dorf,  dr.,  ao.  prof.  an  der  univ.  Leipzig,  zum  ord.  honorarprofessor 
ernannt. 

Ifes,  director  des  gymn.  an  Marzellen  zu  Cöln,  erhielt  den  preusz.^ 
rothen  adlerorden  IV  cl. 

lenholtz,    ord.  lehrer  am  lyceum   in   Hannover,    zum  Oberlehrer 
beforderL 

hhorst,  dr.,   director  am  pädagogium  in  Fenkau,   als  director  der 
realsch.  in  Wehlen  bestätigt. 

e,  dr.,  prof.  am  gymn.  in  Dessau,  als  prof.  der  engl,  spräche  und 
Htteratur  an  die  univ.  Halle  berufen. 

er,  dr.  regierungsrath ,  ord.  prof.  an  der  univ.  Wien,  erhielt  das 
eommandeurkreuz  des  brasil.  rosenordens  und  die  S.-Cob.-Gothaische 
Verdienstmedaille  für  kunst  und  Wissenschaft. 

ieker.   dr.,   ord.   prof.   der  philos.   an   der  univ.  Tübingen,   an   die 
^iv.  Leipzig  berufen.  ' 

III?'  °'//\'""  ""^  *'""»«."gy'""-  '"  ^°'°{zu  Oberlehrern  ernannt. 
'*ön,  ord.  lehrer  am  lyceum  m  Hannover       ) 

^•«feld,   dr. ,   director  des   gymn.  in  Rheine,   erhielt  den  pr.  rothen 

*aier  IV  cl. 

'*ricke,  dr.,  ao.  prof.  an  der  univ.  Halle,  erhielt  das  comthurkreuz 

il  cl.  des  schwed.  Nordaternordens. 

»**cke,  dr.  prof.,  director  des  gymn.  in  Torgau,  erhielt  den  pr.  rothen 

aaier  IV  cl. 


278  M.  Johann  Bohemus. 

Die  immense  masse  jener  gelegenheitsgedichte  bertthrt  alle  ntcr 
möglichen  kreise  and  Verhältnisse  des-iebens,  imd  es  wllrde  ebenso 
ermüdend  als  zwecklos  sein,  hier  mehr  davon  als  nur  die  hanpi- 
sttchlichsten  kategorieen  erwfihnen  zu  wollen,  glückwflnsdie  za 
geborts-  und  namenstag,  zu  hochzeit"'  und  taufe,  zu  befSrdenmgen 
in  amt  und  stand,  kurz  zu  freudigen  Veranlassungen  jeder  art, 
wechseln  mit  bezeugungen  des  beileids  und  der  trauer  bei  todes- 
ftllen.  die  letzteren  durften  ja  in  der  regel  nicht  fehlen,  wenn 
irgendwelche,  nur  einigennaszen  gesellschaftlich  hervorragende 
oder  vermögende  person  gestorben  war  und  leichenpredigt  mit 
lebenslauf  und  epicedien  in  folio  oder  quart  stattlich  gedruckt  er- 
schien, die  feierlichste  form  war  dann,  wenn  in  corpore  das  ganze 
ministerium  zum  h.  kreuz  samt  dem  oolleginm  der  sdiule ,  sowie  sie 
dem  todten  persönlich  das  geleite  zu  geben  hatten,  auch  hier  ihr« 
geftihle  in  wohlgesetzten  versen  zum  ausdruok  brachten,  M.  Johann 
Bohemus  natürlich  den  seinen  immer  voran,  freilich  ist  nur  zu  ge- 
wis,  dasz  ausftihrlichkeit  und  Innigkeit  dieses  ausdrucks  in  der  regel 
in  einem  ganz  bestimmten  veräütnis  zu  der  gegenleistung  der 
trauernden  hinterlassenen  in  klingender  mttnze  standen* 

Namentlich  kurfOrst  und  kurprinz  werden  fleiszig  b^ltLck- 
wünscht  —  einmal,  im  j.  1655,  ist  sogar  der  blosze  aufenthalt  des 
ersteren  in  Moritzburg  (drei  ganze  stunden  von  Dresden!)  anllaalich 
des  fischiEugs  in  den  dortigen  trieben  grund  genug  zu  ^em  Pro- 
gramm, um  ihm  in  einer  der  gleichfalls  so  beliebt^  Spielereien  mit 
bezifferten  buchstaben,  die  addiert  allemal  die  Jahreszahl  eigeben, 
guten  fang  und  glückliche  rückkehr  zu  wünschen  — ,  nicht  minder 
die  hochmögenden  väter  der  stadt  oder  was  sonst  irgendwie  ansehen 
und  einflusz  hat,  einheimische  und  auswärtige  gönner  und  freunde, 
namentlich  auch  wissenschaftliche  celebrit&t^,  am  liebsten,  wenn 
sie  gleich  versgewandt  sind,  um  fUr  das  ihren  eigenen  werken  vor- 
ausgeschickte preisgedicht  bei  passender  gelegenheit  sich  revanchie- 
ren zu  können,  so  singt  man  sich  gegenseitig  an,  —  an  der  vollsten 
aufrichtigkeit  solcher  ergüsse  zu  zweifeln,  würde  selbstverständlich 
durchaus  unzulässig  sein,  denn 

'Mein  Wort  ist  ja  vnd  ja,  mein  Rede  nein  ond  nein, 
Die  glatte  Heacheley,  und  der  geschminckte  schein 
Han  bey  mir  keinen  platz.    loh  habe  dis  gesungen 
Ans  offnen  Herzen  her,  ans  Schuldigkeit  gedrungen*  — 

und  einer  verkündet  des  andern  lob  in  die  weite  weit  hinaus:  wie 
sollte  man  so  nicht  zu  den  stemen  steigen?  singt  Bohemus  von  Bist: 

'Ristins,  excellens  vates,  oomes  inclntns,  a  qno 
Ipse  coronari  vel  qnoqne  Apollo  velit', 

SO  antwortet  dieser  zur  einfOhrung  des  zweiten  buche  der  zweiten 
ausgäbe  der  noch  zu  erwähnenden  Horazübersetnmg: 

^  die  hochzeitscarmina  in  demselben,   fiberaas  schlfipfrigea  tone, 
welcher  der  ganzen  gattnng  in  jener  zeit  eigen  war. 


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f        ♦ 


i:    -'i  ZWEITE  ABTEHiüNG^"     ' 
» ^^TMNASIAIfPlMeOOffi  ÜNF  DIE  iJlBRII&ElSr 

di:  ..    1'.-. ;i'.-  ■'.•..'    u.'    : . LEflEEACfflEB'    '  -  ••■'■:   -i-'V' -'-i   ^~ 

MIT    AUSSCHLUSS   DBB  CLA88I8CHBV   PmLOLOail 


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LiKBRAUSOBaEBiBN:  VON  PBOF.DB.  HeBÜAKN  MASUTS. 


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aicBPT  tJTBEti  MS  FüNFimbzWAiiJKraHflferöÄ  ;n^ 


,:  .■■.■:.■;  .-.' 


:  •  WeBSTersehiedaie  abbaltungen  ,^  welche  4i&ut>tBttchUcliitld«r 
itfafong  ]Y«b  «mtsgeachäfkan  uiuidia  ostemeit  inigaebe&'siiadr  dad: 
pdieinen  nadifalgenden  beidchtes,  der^bjM^ts'filf  ^ireihttaelltein  voirv- 
Ins  in.  auBskhi  genommen  -ivBr^TeiaOgert'hab^Bv^o-^^ 
Mit  geetstetei^:  diese  spätere: ifBrOffeiitlsehäng-''al&  «in^^tee  -ömen 
Ün  ja  jdentenvidaae.jan*  das  OortiiiBscbei^jQbiUUini^^  ssaMreiohe  er-- 
ÜRimgeB  ▼OAdaaemdem  werthe-sicli  käftpfen^  wiriche  Seiltet  «aett- 
frist  wiedeci  anfeafirisdi  Kganz^  am:  platze^ -iSii*   atteb^«&i^' 
an»  der  Tersehiebong.  da    tenuns  der  weitete  ^vorteil^-dasa- 
di0.£Bst8cbriflen  son.Clemm  and  Osthöff^^ifioldie-etst  gans  vor^ 
lam.abaefalossaigalangtsindr  noefa^berOoksichtigt  wef^ 


•  «-■«.»•-^         •  *    -       '•  •     #••<--* 


uäeöirg  Oortiais  begann  seine  Jikademi80he41itttigl:eit>^  aaszeif^^ 
idier.  professor  der  .philolpgie  ^u  Iteg'-anlr  26  oatbi%  1-8491 
fEknfjahreiipAterieinem  rufe  jiach  JCiel,  von  wo-ihr^suli^icbt-  • 
aofenthalt  odtem  1862  nach  Leipzig  übersiedelte,  so  dasa* 
die  hiüfte  des  durch  das  Jubiläum  gefeierten -teitnaumes  auf  • 
L.Leipziger  Wirksamkeit .  fWt.     unwillkürlich  wird   bei  diesem 
rblick  ref.  an  die. treffenden  und  gerade  durch  ihre  schlichte  ein- 
teit  ergp'eifenden  worte  erinnert,  die. der  jnbilar  bei  dem  fest» 
aussprach ,  zu  welchem  er  einen  engeren  kreis  von  freunden 
schalem  vereinigt  hatte,    seine  thätigkeit  als  akademischer 
so  etwa  äuszerte  er  sich,  habe  von  vom  herein  dieselben 
un  sage  gehabt,  wie  er  sie  noch  jetzt  verfolge,   er  habe  damit 

S.iahtb.  f.  phU.  u-  päd.  II.  abt.  1875.  hft.  6.  17 


258  Bericht  über  das  25jfthrige  jubil&nm 

begonnen  zu  einer  zeit,  wo  für  die  neue  richtong  in  mineher  h 
Ziehung  erst  die  bahn  zu  brechen  war,  und  es  sei  ihm  frtthzeitig  di 
ft'eude  zu  teil  geworden  unter  seinen  zuhörem  solche  in  finden,  die 
enger  an  ihn  sich  anschlieszend,  bald  auch  auf  gleichen  geÜsta 
wissenschaftlichen  strebens  weiter  bauten,  aber  den  rechten  bodn 
für  sein  wirken  habe  er  doch  erst  in  Leipsig  angetroflfoni  nnd  wen 
man  von  einer  blute  der  durch  ihn  besonders  angeregten 
sprechet  so  mOge  man  wol  von  dem  Leipsigev  si^aitiMJta  an 
selbe  datieren. 

Am  morgen  des  26  oct.  1874  fudon  sich  von  der  elften  sto^ 
an  folgende  drei  deputationen  ein:  im  namen  der  grammatischei 
gesellschaft  prof.  dr.  Angermann  (Meiszen),  stnd.  Mendorf^  iM 
Cauer;  als  überreicher  der  ^Curtiusstiftung*  pirof.  dr.  €tei 
(Qieszen),  dr.  Brugman ;  für  das  philologische  semiai: 
dr.  Meister,  stud.  Hejdenreich,  stud.  Yierke.  ausserdem  erschiflM 
als  glückwttnschend  Vertreter  der  professoren  und  docierendai  de 
Universität  Leipzig,  die  rectoren  der  Leipziger  gjrmnanen  nnd  de 
Dresdener  kreuzschule,  zahlreiche  professoren  und  Oberlehrer  iovi 
von  den  Dresdener  als  anderen  sttchsischen  gymnasien,  im  name 
der  früheren  und  jetzigen  mitglieder  des  Seminars  fiberreiohie  oh« 
lehrer  dr.  Meister  als  Sprecher  der  eben  erwähnten  deputatioa  d 
in  Silber  und  sammet  gebundenes  album  mit  den  bildem  der  ardoi) 
liehen,  mitglieder  seit  1862.  trotz  der  Schwierigkeit,  den  w(duMÜ 
einzelner  zu  ermitteln,  hatten  doch  über  80  mil^lieder  ihre  pkot« 
graphieen  eingesendet,  und  zwar  nicht  nur  aus  allen  teilen  Detld 
lands,  sondern  auch  aus  England,  Bnssland,  Griechenland. 

Als  ein  schönes  denkmal  für  alle  Zeiten  wird  die  Cnrtiii 
Stiftung  an  den  jubilftumstag  erinnern,  bereits  im  eeptfar.  181 
hatte  sich  hierzu  ein  comit^  gebildet,  welches  einen  aaftnf  n  In 
trägen  nach  allen  den  statten  sendete,  wo  ein  interesae  fürdi 
wissenschaftlichen  erfolge  des  Jubilars  zu  erwarten  war.  die  «f 
Sammlung  der  beitrage  übernahm  mit  dankenswerther  beteitwIBil 
keit  die  Verlagsbuchhandlung  von  8.  Hirzel  in  Leipsdg;  MUHrik 
sammelten  in  Oesterreich  professor  dr.  KviMa  in.  Plig  nnd  yiohü 
dr.  Schenkl  in  Graz,  in  Italien  prof.  Ascoli  (Mailand),  in  Glisdhfl 
land  privatdocent  dr.  De&er  (Athen),  in  Nordamerika  prof.  WUtM 
(Yale-CoUege,  New-Haven).  in  England  wirkten  zu  gleichem  iM 
prof.  Max  Müller  und  dr.  H.  Hager,  das  am  jubillomatage  tibi 
reichte  süftungscapital  bezifferte  sich  auf  2480  thlr.  md  bitn 
nach  eingang  einiger  weiteren  beitrage  am  schlusz  des  TorigMi  jatai 
7365  mk.  59  pf.  doch  ist  dieser  abschlusz  laut  berioht  dee  jidiflfl 
vom  31  dec.  1874  kein  endgültiger,  indem  mehrere  freondliiAa 
gemeldete  summen  noch  nicht  eingegangen,  andere  in  eMlfainti 
aussieht  gestellt  sind,  die  Statuten  sind  seitdem  von  dem  kAB( 
ministerium  des  cultus  und  öffentlichen  Unterrichts  beetitigt  Word 
und  werden  demnächst  veröffentlicht  werden;  d<*oh  iat  ref.  dm 
freundliche  mitteilung  Seiten  des  Oberlehrers  dr.  Brngmaa  sob 


deh  prof.  dr.  Georg  Cartius  in  Leipzig.  259 

jclit  in  den  stand  gesetzt,  die  hattptsSchlichsten  bestimmniigeii  mit- 
ntoikn: 

*Des  stiftungseapital  wird  zur  emöhtang  einer  Stiftung  Ter- 
frendei,  welche  den  namen  «Cnrtiusstiftang»  ftlhren  und  den 
sweek  Itaben  soll,  die  erforsehiing  der  griechischen  spradie  sowie 
der  spräche  des  alten  Italien  durch  die  mittel  und  mit  der  methode 
der  Tergleichenden  Sprachwissenschaft  zu  ft^rdem.* 

'Zur  erreichung  dieses  Zweckes  sollen  aus  den  zinsai  des 
itiftongsrennSgens  (2500  thl.)  nach  abzug   der  unerlttszlichen 
▼erwaltungskosten  preise  für  tttchtige  arbeiten  auf  diesem  ge- 
biete, sei  es  nach  vorhergegangener  OffSentlicher  ausschreibung 
smer  preisaufgabe  oder  auch  ohne  eine  solche  erteilt,  in  einzelnen 
ttkn  auch  Stipendien  an  solche  studierende  geWfthrt  werden, 
wüAe  bereits  genügende  proben  ihrer  Studien  nach  ^eser  rieh- 
toBg  hin  gegeben  haben.' 
Ke  Terwfldtung  soll  jedesmal  aus  drei  personen  bestehen;  das 
nk  eoratorium  werden  prof.  Curtius,  prof.  Clemm  und  dr.  Brug- 
■n  bilden,     mitglieder,  welche  aus  der  Verwaltung  ausscheiden, 
WdeB  durch  cooptation  ergänzt. 

Wir  lassen  nun  einen  kurzen  bericht  ttber  die  verschiedenen 
ilfaihitionsschriftett  folgen. 

I.  Commentationes  philologae  scripserunt  seminarii 
lOologi  regii  Lipsiensis  qui  nunc  sunt  et  qui  nuper  fuerunt 
iies.  Lipsiae  1874.  die  mit  besonderer  typographischer  feinheit 
^gestattete,  in  Leipzig  bei  Qiesecke  und  Devrient  erschienene 
Knelschrift  enthält  13  abhandlungen  und  7  misoellen. 

1.  DePropertio  laudis  Yerg^ii  praecone.  inseruntur  quae- 
ii  cum  de  Ansere  poeta  tum  de  Vergilii  et  eclogis  et  vita.  scripsit 
IHeydenreich,  Dresdensis.  der  verf.  sucht  nachzuweisen,  dasz 
t  verse  61 — 84  in  der  letzten  elegie  des  dritten  buches  des  Pro- 
ftm  mit  unrecht  als  spätere  interpolation  verdächtigt  worden 
il,  nimmt  nach  0.  Bibbecks  vorgange  einige  Umstellungen  vor 
l^indert  v.  81  sane  fttr  tarnen,  ref.  hat  ebensowol  die  sorgfältige 
g  der  einschlägigen  litteratur  anzuerkennen,  wie  er  im 
es  gerechtfertigt  findet,  dasz  das  endgültige  iirteil  der  un- 
nicht  eher  ausgesprochen  werde ,  als  bis  aUe  möglichkeiten 
ter  Interpretation  erschöpft  sind,  diesen  versuch  hat  der 
mit  sadikenntnis  ausgeführt,  dennoch  glaubt  ref.,  dasz  trotz 
vorliegenden  Untersuchung  die  gründe  für  die  unechtheit  der 
schwerer  wiegen  als  die  entgegengesetzte  meinung.  s.  20  hat 
ll  der  druckfehler  aetate  profectum  statt  provectum  eingeschlichen. 
^  2.  Quaestionum  Posidonianarum  specimen.  scripsit  Lud. 
delssohn,  Oldenburgensis.  zwischen  den  berichten  der  grie- 
historiker  und  den  Zeugnissen  der  münzen  bestand  bisher 
discrepanz  Über  das  todesjahr  des  syrischen  königs  Antiochos  VII 
etes  Sidetes.  der  verf.  bestimmt  zunächst  den  werth  der  ein- 
qnellenan gaben  und  stellt  aus  ihnen  den  ursprünglichen  be- 

17  • 


260  Bericht  über  das  25j&hrige  jabilAom    . 

rioht  des  PoseidonioB  zusammen;  dami  weist  er  naohj,  da«i  hiniii 
das  jähr  184  der  Seleucidischen  aera  auf  den  maszgebenden  wXaum 
übereins.timmt.   dieses  jähr  entspricht  dem  j.  626  a«  n«  Oi,  lJI9^Ck'- 
in  betreff  der  abweichenden  angaben  anderer  mflnmi,  livri.  utJEß- 
buhrs  erkUirong  verwiesen,   daneben  aber  die  m<Sgl}ah|p|ii  fippr 
anderen  deutnng  noch  offen  gehalten.  /..;., 

3.  Qnaestiunculae  Empedocleae.  scnpaii;  BeiahoUa 
Merzdorf,  Oldenburgensis.  es  wird  festgestellt,: dw»  StßgMim 
im  ganzen  dem  episch -ionischen  dialekte  folga^  imd  dus*erni 
seiner  heimischen  spräche  nur  ^ine  form,;nemUiob  die  ip^flmv 
des  accus,  plur,  der  I  declin.,  zugelassen  habe,  im4  zwar  dietnA 
dem  Vorgänge  Hesiods,  dem  hierin  auch  einige  andfOB  ig^tt^dkk- 
ter  gefolgt  sind,  es  folgen  dann  verschiedene  feuie  bemffc^MP 
über  einzelne  casusformen,  z..b.  daez  Empedoklas  im  dat.plwÄ' 
I  declin.  nur  entweder  ijci  (elidiert  ijc*)  oder  cuc  g^hrftodii^lii^ 
dann  die  besprechung  der  wenigen,  al>er  immsurluii / b^mMifBi^ 
werthen  ab  weichungen  vom  Homerischen  spraflhgßliPMielp  y,  gfiÄili^? 
mehrere  emendationen.  ■       ;  ^j! 

4.  De  tertio  Martiani  Capellae  libi:o.  aoripfiif  Joaippfir 
Juergensen,  Lubioensis.  der  verf.  kann  sich  nicht^eip wpi itiifai 
erklären  mit  dem  kritischen  verfahren  Eyssenharte  »d  |pMrtil|ita 
den  ersten  teil  seiner  abhandlung  als  eine  pol^nik  jf^gm  diw' 
herausgeber.  dann  weist  er  darwf  hin,  dasz  bei  der  Teid«rbBi94|fKr, 
handschriften  jedes  andere  erreichbare  hülfsmittel  sur  wfl^pumßjMi 
des  teztes  herbeigezogen  werden  müsse;  in  dieser.  )iinaicht«bfirflM|li 
sich  ein  reiches  material  in  den  aus  gleiohei^  queljUn  ga^phlfMIa 
oder  sonst  analogen  stellen  anderer  grammatiker.  «der  fl^vjgsivi' 
zwar  umfänglichste  teil  der  abhandlung  ist  einer  krijtigohgH  .^gNte 
musterung  des  textes  gewidmet,  wobei  zahlreiche  eBien4a4|iH 
vorschlage  mitgeteilt  werden.  ,  ,'.■  i/ ^ib 

5.  De  G.  Licinii  Calvi  in  F.  Vatinium  aoft^oairtyiutHi^; 
soripsit  Georg  Matthies,  Lesnensis.  nach  einer  be4>x«|oiHni^  ||i||bi 
verschiedenen  ansichten,  welche  bisher  über  diese- mpch  piKtflitlk 
frage  aufgestellt  worden  sind,  sucht  der  seitdem  leider  TentjoriümU 
vedl  nachzuweisen ,  dasz  Licinius  Calvus  den  Yafcinros  im  j.  M^ilti 
grund  der  lex  Tullia  de  ambitu  belangt  habe  und  dan  die;  jiiPiMi 
überlieferten  fragmente,  welche  der  verf.  als  hier  in  betraeUkpii 
mend  s.  103  zusammenstellt,  sämtlich  der  in  diesem  proeossp  Ijfct 
haltenen  anklagerede  angehOren.  diejenige  anklagerede  abari  wiMb 
nach  den  notizen  bei  Tacitus  und  Quintilian  als  die  erateisilflm 
zeichnen  ist,  falle  in  das  j.  58,  und  zwar  sei  damals  die  Uagaripi 
grund  dex*  lex  Licinia  lunia  angestellt  worden,  (als  dmeUlU^ ; 
fällt  8.  102  putandum  est  statt  puJtomdus  6^  auf;.  wq|ui  nicht  «ME; 
die  dem  lateinischen  Sprachgebrauch  angemespenegs  yfMf tiufltijllj 
Cioeronem  —  ptäandum  est  vorgezogen  weörden  soll),  r  ..;i.:..  -i »-iL  .3» 

6.  De  Sophocleae  Antigonae  eiodo  qaaestJonem^WpUJBPilil 
instituit  Bicardus  Klotz,  Zittaviensis»    der  verf.  eipifKpKt,iiSäi<§[f^ 


des  prof.  dr.  Georg  CurtiuB  in  Leipzig.  261 

Httie  rhythmische  composition  des  Eommos,  welcher  den  schlusz 

deriniigoiie  bildet,    er  hält  es  fAr  wahrscheinlich,  dasz  imiprQng- 

Ml  eine  aosnahtnslose  Übereinstimmimg  zwisdien  ^en  respondieren- 

te  teOen  stattgefimden  habe,  mithin  die  einzelnen  abweichungen, 

wride  die  Überlieferung  zeigt,  durch  conjector  abgeändert  werden 

BritaBan.    als  besonders  beachtenswerth  erscheint  die  Vermutung  zu 

T.  1289:  Tiv'äirOctC  ^oi  v^ov,  während  die  Umstellung  der  werte 

T.  1273:  t6t'  &pa,  töt€  6€öc  iie  ixixa  ßdpoc  ?x^v  euphonische  be- 

dqnken  gegen  sich  haben  dürfte. 

"7.  Obsenrationes  in  Titas  decem  oratorum.  scripsit  Con- 
näoB  See  liger,  Nossensis.  an  einige  stellen  der  biographieen  des 
Domthenes,  Lysias  und  Hyperides  werden  Untersuchungen  über 
fc  Ton  dem  yerfasser  der  unter  Plutarc^s  namen  gehenden  schrift 
komlzten  queUen,  sowie  auch  chronologische  erörterungen  ange- 
bflpft.  die  Sammlung  der  biographieen  erscheint  danach  als  eine 
■it  wenig  Sorgfalt  zusammengestellte  compilation.  die  angaben 
Iber  die  den  einzelnen  rednem  zugesdiriebenen  reden,  über  deren 
iU,  endlieh  die  urteile  über  die  rhetorischen  eigentümlichkeiten 
hr  redner  werden  auf  Carcilius  Calactinus  als  quelle  zurückgeführt. 
8.  De  Aristarchi  studiis  Hesiodiis.  scripsit  Hermannus 
KTaeschke,  Gotheniensis.  über  die  Verdienste,  welche  der  be- 
Iknte  kritiker  Aristarch  auch  um  Hesiod  sich  erworben  hat,  ist 
Uier  noch  nicht  ausführlich  gehandelt  worden,  anknüpfend  an  die 
Mnsuchungen  Göttlings  und  Mützells  weist  der  verf»  nach,  dasz 
cistarch  sowol  eine  ausgäbe  des  Hesiod  (f Kbocic  oder  biöp9uicic) 
innsialtet,  als  auch  commentare  dazu  (öpo^VTJpaTa  oder  ÖTrö|ivr)- 
Nl)  geschrieben  habe,  dann  bespricht  er  die  einzelnen  uns  erhalte- 
ki  firagmente  und  ordnet  sie  schlieszlieh  in  übersichtlicher  dar- 
tfflnng. 

*^  9.  In  Pseudo-Ciceronis  epistolamad  Octaviannm.  scripsit 
Mos  Berns,  Ansbergensis.  die  unechtheit  des  angegebenen 
■ifes  (welcher  bei  Orelli  in  der  zweiten  gesamtausgabe  am  schlusz 
i  dritten  bandes  sich  findet)  nimmt  der  verf.  als  hinlänglidi  er- 
m&n  an' und  bemerkt  dabei,  dasz,  wenn  auch  die  zeit  der  ab- 
■nng  sich  nicht  genau  bestimmen  lasse,  diese  doch  weit  nach  dem 
■falge  unserer  Zeitrechnung  zu  setzen  sei ,  'cum  iam  omnia  liberae 
ff pablicae  instituta'  iuraque  popularis  suffragii  evanuissent  et  fam& 
Hhm  harum  rernm  superesset',  nun  wird  eine  stelle  dieses  briefes 
■ausgehoben,  in  welcher  von  einem  plehiscüum  die  rede  ist,  wel- 
tal,  nachdem  zwei  andere  mögliche  deutungen  beseitigt  sind,  im 
Mie  des  fUlschers  so  aufzufassen  ist,  als  habe  M.  Antonius  als  consul 
■Volk  zu  einem  solchen  beschlusse  zusammengerufen,    diese  an- 

^Ifibt  dem  verf.  anlasz ,  die  vielfach  behandelte  frage  über  den 
chied  in  den  bezeichnungen  für  beschlusse  des  populus  und 
W  jlehs  nochmals  zu  erörtern ,  und  kommt  er  dabei  zu  dem  ergeh- 
k  dasz  anstatt  der  eigentlichen  bezeichnungen  plehs  (plebis),  con- 
fcm,  pkhiscititm  für  die  in  tributcomitien  unter  vorsitz  eines  ple- 


M 


262  Bericht  über  das  .25jährige  jabüäam 

bejischen  magistrates  gefaszten  beschlüsse  wol  auch  in  freier 
jpopiclf«^,  comUiay  lex  gebraucht  werde,  dasz  aber  niema}B  um 
die  entere  wortreihe  angewendet  werde  von  beMhlflasen, 
unter  yorsitz  eines  patricischen  magistrates  in  tribntcfNDttiaE 
wurden,  für  welche  beschltUee  nur  die  ausdrücke  der  zwei! 
vorkommen;  also  sei  ein  plebiscUi4m  des  consuls  H«  Ante 
Unding,  (s.  178  erscheint  als.aufßlllig  die  arobustiscbe  farm 
kurz  vorher  ist  operam  novarunt  möglicher  weise  a^sitihtlidl: 
—  oder  ist  es  druckfehler  statt  navartMi?) 

10.  Zur  beurteilung  der  fragmente  4es  Nicolaus  y 
mascus,  von  CarlJacobj  inAarau.  in  den.fragmenten  d 
laus  von  Damascus,  welche  die  assyrische,  medisdie  und  i 
geschichte  betreffen,  finden  sich  aUerwttrts  anUSnge  an  des 
geschichtswerk,  aber  andererseits  auch  so  viele  und  bedeui 
weichungen,  dasz  eine  unmittelbare  benutznng  des  Ktesi 
wahrscheinlich  ist.  nach  einer  eingehenden  besprechung 
zelnen  fragmente  scheint  dem  verf.  nichts  anderes  übrig  zu 
anzimehmen,  dasz  Nicolaus  nicht  den  ursprünglicben  Ktc 
sich  hatte,  sondern  eine  Überarbeitung  desselben;  und  zwar 
vielleicht  das  geschichtswerk  des  Dino  gewesen,  wenn  ai 
reichend  sichere  beweise  fOr  diese  Vermutung  bisher  noch  : 
bracht  worden  seien. 

11.  Juno  und  Hera  als  mondgöttinnen  von  W.  H.  B 
in  Meiszei\,  der  verfl  weist  zunftchst  nach,  dasz  Juno  als  licl 
dann  speciell,  dasz  sie  als  gOttin  des  mondes,  der  weiblid] 
struation  und  der  entbindung  zu  betrachten  sei.  ferner  en 
wie  der  verf.  selbst  zum  Schlüsse  das  vorlftufige  resnlts 
Untersuchung  zusammenfaszt,  dem  italischen  hauptnamen  J 
mologisch  deutlich  Aiubvri ,  der  epirotische  name  der  Hen 
sind  göttinnen  der  mensläruation  und  entbindung  und  wv 
neumondtagen  verehrt;  in  den  culten  beider  kommen  zie| 
vor;  fackel  und  wagen  waren  attribute  der  Juno  wie  de 
endlich  findet  sich  mehr£ache  Übereinstimmung  des  cultes  < 
mit  demjenigen  anderer  evidenten  mondgöttinnen  der  Ghdec 
Artemis,  Hekate  und  Selene. 

12.  In  Lucili  saturarum  fragmenta  coniectanea.  ac 
militis  Plautinae  versu  1335  disputatio.  scripait  ( 
Loewe,  Grimensis.  um  von  dem  zuletzt  angeführten  PUu 
zu  beginnen,  so  läszt  sich  nicht  verkennen,  dasz  der  ge 
welchen  der  verf.  durch  seine  conjectur  'non  placet:  labra  a 
disferrumina,  malum'  vorschlägt,  ganz  ansprechend  ist. 
fehlt  noch  der  nachweis,  dasz  das  dis  vor  f  bei  Plautus  unas 
stehen  könne,  auszerdem  dürfte  die  annähme  des  glossems 
unter  der  Voraussetzung  zu  billigen  sein,  dasz  ferrwmna 
die  beste  handschrifbliclLe  Überlieferung  für  sich  habe  (in 
beziehung  mein  lieber  freund  Fleckeisen  auf  befiragen  l 
äuszerte).    unter  den  conjecturen  zu  Lucilius  hat  die  erste 


dM  prof.  dr.  Qeorg  Cortiug  in  Leiprig.  29$ 


I  mMo  dM  Y«  mm ;  lo  1  teilt,  den  gttnetigen  aaachein  un- 
inigter  erideiu  Ar  non;  »«•«..  ^  oe  oor«  wird  aller  wahrseheim- 
Uait  aach  kflnftig  Minen  {di  in  den  texten  finden,  «ns  einer 
iteer  hnndeehrift^  welche  d  7er£.  an  Minem  wobnorte  ^  be- 
dHn  geetsttet  war«  werden  zum  schlnss  ecginzungen  nnd  Tarian- 
in  den  gkeaen  des  Nonias  mitgeteilt. 

13.  Ein  beitrag  <ar  kritik  dM  Tbnkydides  Ton  Otto  Eäm- 
•1  m  Dreeden.  dn  an  eich  weniger  bedentendM  ereignia  des 
bponneeiMben  kriegM,  dM  Tenmglftek«!  einer  atkeniseheü  ex- 
däien  Tcm  10  echiffen  im  j.  424,  gibt  dem  rerf.  anhss  zn  einer 
IwBMaüien  und  in  ihrem  endergebnis  wichtigen  antersnehinlg, 
hm  er  anaser  dem  berichte  dM  ThakjdidM  noch  einen  dM  Epho- 
t,  towie  einen  dritten,  von  gegnerischem  standpmtcte  ans  gMchrie* 
Ml  berioht  des  Theopompös  nachzuweisen  im  stände  ist,  mid 
wt  bietet  die  erzfthlung,  welche  die  bearbeiter  Theopomps  ims 
alten  haben,  eine  wMentliche  erginznng  in  betreff  dM  zWMkes 
«r  atiieniMhen  expedition,  worüber  ThnkydidM  abslditUch  ^e- 
nviegen  sn  haben  scheint. 

14 — 20.  Miscella.  um  den  umfang  nnserM  berichtM  nicht 
r  die  gebtthr  aussudehnen,  müssen  wir  uns  hier  auf  eine  kurze 
tttsangabe  beschrftnken.  Heinrich  Cron  behandelt  einige  verse 
QreetM  dM  Enripides;  H.  Dunger  schlSgt  zu  Sophokles 
X  y.  321  K^'  für  dXX'  vor;  Beräiard  Arnold  vermutet  zn 
bokrit  idjll.  7,  76  cOtc  x^^v  Ac  Tf)voc  irdKerö;  Bichard 
if  ter  zu  Aeschylos  Prometheus  y.  41  ÖKVoOyra  für  otöv  T€, 
1^  zn  Tacitus  ab  exe.  1,8  insignes  visu  für  mt;  Friedrich 
kkel  zu  Cicero  pro  Murena  §  49  ^pUbus  rebus  certe  spes  can- 
itsrum  cbscurior  evadere  scHet^  und  zu  Tibull  1,  3,  93  hune  oUim 
%ime  %Bwm]  Constantin  Angermann  erklürt  die  etymologie 
%»znamens  Hvoxoc  und  einiger  von  der  gleichen  wurzel  {sna) 

Psiteten  griechischen  worte;  JohanuM  Marquardt  weist  die 
&tVMVOcria  (neben  dtuMVacia)  als  berechtigt  nach. 

^n.  Sprachwissenschaftliche  abhandlungen,  henror- 
pilgen  aus  Gborg  Curtius  grammatischer  gesellschaft  zu  Leipzig, 
■n  hochverehrten  lehrer  herm  prof.  dr.  Qeorg  Curtius  zu  seinem 
prigen  professorenjubilftum  im  namen  der  grammatischen  ge- 
lAaft  zu  Leipzig  dargebracht'  usw.  -(m  folgen  die  namen  der- 
pn  gelehrten,  welche  die  nachstehenden  abhandlungen  ver&szt 
m).   Leipzig,  S.  Hirzel.  1874. 

.  1.  Bemerkungen  über  den  differenzierungstrieb  auf  dem 
ip  dM  griechischen  und  lateinischen  von  Constantin  Anger- 
jpm  in  Meiszen.  der  verf.  unterscheidet  die  begriffliche  und  die 
iale  differenzierung  und  gibt,  nachdem  er  das  wesen  beider 
m  kurz  erläutert  hat ,  eine  reichliche  Sammlung  von  belegen  aus 
■.gebiete  dM  griechischen  und  lateinischen ,  wobei  gelegentlich 
jkanalogieen  aus  dem  deutschen  herbeigezogen  werden. 


l 


36H  '  Bencbt  über  du  SAJUirige  jafaiUiBn 

-  r2.  Die  80geiiaBBi«B  Koliseben' bntaad  it 
doris-mas  von  BeinhoU  K«Tsdorf  ütOddiiibiu^fi'' 
-awiachen  dorifiehem  und  KoÜBdietn  gri 
ücbt  oieht  sosaluurf  wia  biifaer  Mi£reoUi  « 
fc^doriadier  leit  kin^en^die  flpKterwattrdlidNB  ßoämingmwt 
den  Aeoliem  zusammen  ala  die'Hbrigeti,  .imd.ta  liililit  iImmiiIi^ 
novddoriache  diolekt  gewissennsBzaji  «mft-'daT-^"^cOo^<n,  .^  im 
Solismiu  zom. doriuaua  hiiUQJieriähireD.  iß  ^  Ü^%,Mtii^  ^ttt 
cielte  untersuchungidoBs  nuc  wenige  spono-wner  tttmtn^p^rM- 
scher  formeu-Buf  Jennorddprischea  dialektsjch  finden  und  dwselba 
aa£  8{tätera  zeit  aich  »i  bwchrSaken  bcbeinen.  dagegen  lasae  ääi 
mifidestene  in.  z.wei  wicbtigeo^  piuicteii,  n«imliclj  in  der  sog.  I«li- 
BCbea.contraction  (wobei -die  ideutitat  dei  ptirliciipformca  -ei)i£MK 
mid  -rjpevoc  aachgewiesen  wird)  und  oa  gebrauche  der  pifipoäitin 
iv  fOr  «ic,  eine  uralte  lUiereinBÜmmDiig  dee  norddorischen  iweig« 
mit  dem  Koltsmus  nftchweisen.  - 

3.  üeber  griechiiehe  perfecta- mit  präsensbedeutang 
von  Richard  Fritzache  in  Leipzig,  zu  anfang  der  abbandlug 
wird  der  gegen w.tlrtige.  atandpnact  der  forschung  dabin  prScisiert, 
daaz  daa  perfect  im  gri^cIiiBchen  nicht  die  vergangene,  sondern  die 
vollendete  handltmg  b.ezeicbne...  .  ftber  auch  letztere  bedeutoitg  id 
nicht  die  ursprüngliche  ^  sondern  die  reduplication  ist  recht  dgent- 
lieh  das . sprachlicli.e  Byii)bol..dar  Intcn&iven  bandlnng,  und  diaist 
daa  cbarakterißtJBche  merkmol  der  aog.  perfecta  mit  präeensbedn- 
tijng,  .^#1^  enduijgen  nicht,  etwa.  Qinen  tempusunterscbied  tom 
pi^en.s  aasdrttcken,  eo  daBz.die.pr&aeatisuhe  —  und  gek^ozeichut 
durch  die  reduplicatioq  —7  die  intensive  bedeutuug  ihnen  ursprUog- 
lich  anhaftet,  dies  wird  snnftchgt  an  tieibuJ,  biiiia  und  einigen  ?ei- 
w.andten  formen  nacbgew.ieseii,  iworauf  ein  verzt-ichnls  von  C8  intensit- 
f ormeu .  folgt j  welche,  nach  der.  gewöhnlichen  benennung  perf«ei» 
heiBzeu..and.To.n.  denen  die  neun  letzten  bereits  eine  mittel^o^^ 
zwiBchen  d^r  pr^Qtigchen  und  der  perfecthedeutung  zu  hi^ 
scheinen. 

4.     Dift 'vocaliflatiori   nnd  sapiralion    des   gnechisebca  j 

etaTkeü  perfectuBiö'  ton  Hiriitiriäi  Uhle  in  Dresden,  dffwrf. 
behandelt  die'  vochläteig^ung'  deaBtärken  perfecte  im  zusamnwB- 
h&ng  mit  der  gleichen  ei^cheinung,  welche  die  betreS'enden  wurttln 
teils  inanderen  ztitformen,  teils  in  iiominaten  sbleitungen  zeig«- 
er  nttterdcbeidet  dämnaSh  ä)  diqenige  vocahteigernng  des  perfectt. 
welche  auch  in  anderen  Zeitformen  derselben  atämme  sich  iiM, 
b)  die  dem  perfecb  eigentOmliobe  steigeruag  von  E  zu  0  (einscblien- 
licb  des  tlbergangB  von  ei  m  01  nnd  tu  zu  ou),  c)  die  dehnung  da 
a  zu  T),  welübe  fast  nur  auf  aemiTOoali sehen  auslaut  beGcbrlLnkti& 
indem  er  mm  auszerdem  nodi  daa  eintreten  odgr:  1  aiHoib W^g 
aspiration  berttckaicbtigt,  gmppdeit  ermehz  als  ifiO  iti 
formra  unter  sediB  hauptabteilungenund  wi  zi  a  s 
besonders  nach,  daei  Inder  regel  aBpiiationimarvi  B~ 


<M'i^  d(i-QW)rg  Oiirüinl  in'Iü^isig.  '206 

fe^'^tATTW Btngeroag,  fo Mflh iM  UltirlNSAl ^tihflCÜ  '''"'*'' 

1  ^Wtt^fti'ffliWtoiaaii  "^bieW  attdlt'der'VAT.  i^inflil  sttErüAdAr 

ll««itft'PiMfoit»-  Itfni-WiOellat'flta-  jeaMt-pMKrÖttl  vM  tMW;V6- 

mbtfth&rlBt  den  «-aäid  des      itfOÜBAeit'-VMif'VUntii  tdterllMe 

fclMBi;:  «rte»  dtt  flUte-d«  ]    .        imd'dK^^f^iiäuiABidli^eiTdcnr 

WgtUamgmAb  ibMi«^  ««  t<       munäiüieit  tiaer  iptaelüV  äoa- 

MpdüfiMB»  MOietiseb«  gttftt    ,  die  wtis« 'Skottoiilik  iii'der  h^ 

IMÜaigidW>VW%aadÜii<»mittel,  i  f«  d^rlogUäma^Iirtlüe^on, 

IblAkdctt*  MMädfftMliritfle,'  Vel«oe  niölit  äof  i^e  VdiMMlle 

■i  aDaB  eribrdemiMen  gentlge  ,de  syntax  heHiMfbfüäö^ ,  -imideili 

I  in  der  formbildung  über      clicnde  erfolge  erzielen ,  uad  das 

schont  am    ToUkommenet       unter  sämtlichen   sprachen  das 

'>cbe  erreicht  zn  haben,     v       in^besondefe  das  parücip  an- 

80  zeigt  das  griechisc  le  aowol  das  vorzüglichste  achema 

Qach  tempora  und  genera  unterschiedenen  formen,  ala  auch  die 

durcbbildung  dea   appositiven  und    prädicativen  gebraach^i, 

tr  in   syntaktiecber  hinüicht  weit  wichtiger  ist  als  der  attri- 

iye.    auszer  dem  griechischen  widmet  der  verf,  dem  sanskrit  und 

eingehende  berücksichtigung.     selbst  verständlich  zieht 

tnch  das  lateinische  heran ,  soweit  es  für  sein  thema  in  betracht 

jnt.    dabei  findet  sieb  manche  bemerkung  eingeiitreut ,  die  aucli 

_  den   mit   dejn    lateinischen    elementarunterricht   beschäftigten 

rer  beachtenswerth  ist. 

6.  Griechische  wSrler  im  lateinischen  von  £mst 
irmana  in  Duderstadt,  der  verf.  betont  die  Schwierigkeiten  in 
Abgrenzung,  welche  sich  nach  zwei  selten  hin  zeigen,  erstens 
l^ch  sei  es  bei  vielen  wertem  Überhaupt  fraglich,  ob  sie  aus  dem 
Unsamen  Sprachschatze  ererbt  oder  aus  Griechenland  eingeführt 
[^  zweitens  sei  die  mit  recht  getroffene  Unterscheidung  zwischen 

und  fremdwürtern  gerade  beim  lateinischen  in  den  meisten 
m  schwierig,  wenn  nicht  unmöglich,  mit  recht  wird  auch  uuf 
grosze  anzahl  griecbisclier  wCrter  im  lateinischen  hingewiesen, 
lach  das  verdienst,  welches  die  classische  spracbperiode  durch 

rsknng  dieser  fremden  elemeute  sich  erworben  hat,  um  so 
anznscbl^en  ist.  probeweise  folgt  eine  Zusammenstellung 
!r  lehn-  und  fremdwörter,  geordnet  nach  den  gebieten  des 
)le,  der  banseinrichtungen,  der  kleidung,  nebst  einigen  bemer- 
n  aber  landwirthschaft  und  kriegswesen.  als  w  Dn  sehen  tu  werth 
I  beieiefanen,  daaz  wenigstens  eine  annfihernde  vollstSndigkeit 
r  aaftshiung  erreicht  worden  wäre. 

7.  Die  Bubstantiva  auf  uia  von  Emil  WSrner  in  Meiszen. 
charakteristische  merkmale  dieser  substantiva,  nemlich  ihre 
nheit  und  ihre  altertümlichkeit,  stellt  der  verf.  mit  recht  voran. 
1  demikSehst  die  augenfSlIige  thatsaehc,  dasz  die  endang  die  des 


266  Bericht  über  das  25j&hrige  jabiläom 

particips  perfecü  im  feminiiiam  ist,  henrorgehot^  und  dabei  «Mit- 
schieden gelassen  wird,  ob  jene  uralten  part^^^^^ia  da«  Bt■dra«pa^ 
fects  die  redaplication  entweder  eingebUszt  oder  »ber  nia 
haben,  so  gestattet  sich  ref.  hinzuzufligen,  dass  nach  seimr 
jedenfalls  das  letztere  der  fall  ist,  oder  mit  andern  woctaHi  4Vi 
ebenso,  wie  der  redaplicierte  yerbalstamm  nicht  notwendig  ■>  A 
sog.  perfectendungen  gebunden  ist  (oben  nr.  3),  aneh  dam 
oder  (wie  bei  £lXu6€ta)  yocalisch  gesteigerten  yerbalataniH  m. 
verwehrt  sei,  das  sog.  perfectsuffix  fem.  gen.  uia  sa  sieh  m 
dasz  aber  der  bestand  der  uns  überlieferten  wOirter  eine  nur 
anwendung  dieser  formation  zeige*  die  einzelnen  hieriier  geMfjpi 
substantiva  werden  von  dem  yerf.  ausftthrlich  naoh  form  nad  kl 
deutung  besprochen. 

8.  Die  dorischen  futur-  und  aoristbildungen  der  d 
geleiteten  verba  auf  -2!u)  von  Paul  Cauer  in  Danzig.  d«r  T«cf.kl 
absichtigt  den  nachweis  zu  fahren,  dasz  die  bezeichneten  bildaagM 
soweit  sie  nicht  auf  stSmme  mit  auslautendem  gottoral  lurfldcn 
führen  sind,  sowol  im  dorischen  als  im  epischen  und  attiachn  tt 
lekt  auf  falscher  analogie  beruhen.  0.  Curtius  sieht  in  denadba 
formen  bekanntlich  eine  organische  bildung,  und  ref.  bekennt  i#i 
seine  geneigtheit  an  einer  solchen  erklftrung,  wenn  irgend  mfl^^ 
festzuhalten,  denn  im  interesse  strenger  methode  ist  ea  inunnlii 
günstiger  zu  sagen:  eine  wenn  auch  noch  so  aufßOIige,  aber  dal 
organisch  erklSrbare  bildung  hat  sich  nach  der  und  der  anak^ 
entwickelt,  als:  die  betreffende  bildung  ist  unorganiaeh  und  nM 
falscher  analogie  entstanden,  dasz  der  falschen  analogie  m  dl 
Zeiten  der  sinkenden  und  in  trümmer  gehenden  apraehbOdong  m 
weites  gebiet  einzuräumen  ist,  leugnet  ref.*  keinesw^ga,  ebeü 
wenig,  dasz  dieselbe  auch  schon  frfliier  in  die  noch  geaunda  «Ü 
Wicklung  gleichsam  wie  ein  schleichendes  übel  einzudringen  gevi| 
hat;  aber  in  jedem  einzelnen  falle  wird  man  wohl  thun,  dieaen  aii 
weg  der  erklftrung  nicht  eher  einzuschlagen ,  als  jeder  and«a  ü 
gangbar  erscheint,  fem  sei  es  jedoch  von  dem  ref.  in  der  Torii^gÜ 
den  schwierigen  streitihige  ein  entscheidendes  urteil  auaxnapndbiil 
da  dies  ohne  ausführliche  erörterung  nicht  möglich  sein  wlbda  tf) 
überdies  die  gründliche  und  sorgfllltige  Untersuchung  dea  rvL  pH 
manchen  einzelnen  punct  enthftlt,  dem  ref.  volle  beiatimmiavi^ 
teilen  musz. 

9.  Zur  geschichte  der  prftsensstammbildenden  anffol 
von  Karl  Brugmanin  Leipzig,  in  betreff  der  ersten  anfftnga  di 
formenbildung  regt  die  abhandlung  mehrere  wichtige  fingen  fl 
denen  sich,  so  vielfach  sie  auch  schon  behandelt  sein  mOgen^nMI 
und  immer  wieder  neue  Seiten  abgewinnen  lassen,  anagaliand  fH 
Wurzelsuffix  a  (auf  welches  er  auch  zum  schlösse  wieder  .sartd 
kommt)  weist  der  verf.  nach ,  dasz  die  suffixe  i  na  ja  dnnkai 
nicht  biosz  im  prftsens  an  die  verbal  wurzeln  antreten,  nm  nai 


des  prof.  dr.  Qeorg  CartiuB  in  Leipzig.  267 

sifailatimme  su  bU<  ,  aondem  dasz  sich  ihr  |(ebiet  aaob  auf  cUe 
tfaagan  tempora  emizvoKi..  and  zwar  drSngt  nch  dabei  die  adtköne 
NNkachtoiig  auf,  dasz  die  (xmsonantisch  auslaataiden  muaefan  aus 
mdien  grUnden  die  anftigong  jener  abkitiuigssilbeii  in  der  rogel 
■E  4m  prisens  beschrSnken,  wiQurend  bei  TOcaUsehem  aosbat  die/se 
wrtrtiAnng  in  Wegfall  kommt. 

nL  De  alpha  intensiyo.  scripsit  Yilelmus  Clemmius. 
ttiiae  1875.  die  widmong  lautet:  'Qeorgio  Cnrtio  praecq;itori 
1^0  diem  XXVI  m.  Ootobris  a.  MDCGCLXXiy  quo  abhinc 
IM  qninque  et  yiginti  soUemni  oratione  professoris  publici  monns 
q^kaftos  est  ex  animo  gratolatnr  auctor.'  mit  recht  ist  der  plan 
IT  .gesamten  sohrift  von  Tomherein  aof  ein  weiteres  gebiet  ange^ 
|i,  als  der  titel  es  zu  besagen  scheint  dßim  nicht  nur  der  übrige 
imoch  des  griechischen  prftfixee  a  mnste  vollst&ndig  behandelt 
wküj  da  der  verf»  unter  diesen  kategorieen  das  bisher  sogenannte 
ijpuiye  alpha,  dessen  existenz  er  leugnet,  unterzubringen  hat,  son- 
ioi  auch  die  entsprechenden  bildungen  in  den  stammverwanflten 
Ificiien  waren  zu  berücksichtigen,  dieses  schwierige  unternehmen 
Ä-der  verf.  mit  sicherer  band  durchgeführt,  immer  klar  und  ver- 
ipÄich  in  seiner  darstellung  trotz  der  masse  des  zu  bewältigenden 
itariab,  immer  anziehend  in  der  eleganz  seiner  diction,  so  spinffs 
A  bisweilen  der  weg  der  Untersuchung  erscheinen  mag.  nachdem 
.  4sr  einleitung  eine  Übersicht  Über  die  verschiedenen  gattungen 
i  prifizea  a  und  die  einschlftgige  litteratur  gegeben  worden  ist, 
|1  der  nachweis  geführt,  dasz  es  ein  besonderes  a  intensmm 
kpdbaupt  nicht  gebe,  sondern  dasz  überall,  wo  frühere  gramma- 
|r  ein  solches  vermutet  haben,  dasselbe  entweder  zu  einer  d^r 
^  kategorieen  gehöre,  welche  der  verf.  üb&reinstimmeiid  mit  dem 
spracl^ebrauch  als  genus  protheHcum^  cqpykUivum^  jprivih 
bezeichnet,  oder  dem  von  ihm  neu  angestellten  getms  prae- 
zuzuordnen  sei.  nach  diesen  abteilungen  werden  alle 
en  Wörter  mit  angeblichem  a  intensivuim  untergebracht, 
nicht  etwa  ihr  a  als  zum  stanun  gehörig  sich  erweist,  od^r 
ilQgie  noch  schwankend  ist,  oder  zweifelhafte  Überlieferung 
für  welche  flUle  noch  drei  besondere  abschnitte  beigefügt 
aus  dem  vorhin  bezeichneten  ersten  hauptteile  der  schrift 
wir  hervor  die  Untersuchung  über  das  lateinische  intensive 
f  .welches  als  durchaus  präpositional  nachgewiesen  wird,  femer 
K  der  verf.  unter  anderem  die  richtige  etjmologie  von  ingens 
jhlellt,  das  griechische  eic  als  ursprünglich  £v-C€  deutet,  das  latei- 
phe  adjectiv  cölumis,  welches  neuerdings  von  Gustav  Loewe  bei 
|ltus  hergestellt  worden  ist,  mit  cdstis^  exceUOy  culmen  usw.  in 
enhang  bringt,  dann  folgt  eine  lichtvolle  darstellung  des 
chen  a  privativum  auf  grand  der  am  sanskrit  entwickelten 
e,  woran  sich  eine  Untersuchung  über  das  germanische  un 
t.  endlich  wird,  wie  bereits  angedeutet,  der  nachweis  ge- 
,  dasz  das  sog.  a  intensivum  vor  der  etymologischen  forschung 


» 


268  Bericht  über  das  26jährige  jobilftüm 

Dicht  bestehe,    weiteres  eingehen  aof  einz^elheiten  moss  tbL,-. 
auch  bei  den  folgenden  Schriften,  sich  leider  Totsagen;" 

IV.  Geor^o  Cnrtio  diem  XXYI  m,  Octohris  b.  UDCOeiLSi 
quo  abhinc  annis  viginti  quinque  magistri  pnl)lici'intbiwBiisriä 
est  in  universitate  litteraria  Pragensi  ipratäatur  Carolas, 8 e&M 
inest  disputatio  de  locis  aliquot  Euripidis  Her.citiii.Piinigwl( 
der  text  des  genannten  Stückes  beruhte  bisher  atif  der  atktcxlilüei 
einzigen  codex  Laurentianusr,  aus  welchem  yier  i^ndere  jttagi^ 
abschriften  geflossen  sind,  nachdem  jedoch  BüdolfPrint  411 H 
eisens  Jahrbüchern  für  philologie  1872  sJ'525  Tön^iriBeraMlii 
handschrift ,  dem  codex  Abbatiae  Florentinae  -2664  (172)  kimife 
geben  und  auf  die  Wichtigkeit  derselben  hingewfeiien  Ittttev^ai 
eine  yoUstflndige  kenntnis  dieser  vom  Laurenüanus  nuahWftitg 
quelle  höchst  erwünscht  sein,  diesem  yei'langen  tr%t  der  twI:- 
in  betreff  des  Herakles  rechnung,  indem  er/anf  gmnd  mh^pdb 
des  cod.  Abbat,  mit  der  Nauckschen  ausgäbe,  die  ab weidiitt 
derselben  handschrift  vom  Laurentianus  zusammenstellt  toid' 
Verhältnis  beider  zu  einander  charakterisiert .  es  folgt. etne  kiili 
durchmusterung  des  textes,  welche  anlasz  zu  zahlreichen  coi^wtl 
und  feinen  sprachlichen  beobachtungen  gibt.  diebedanofidA 
Sicherheit  der  handschriftlichen  Überlieferung  wird*  doreh  dei  i 
scharfsinnige  kritik  von  neuem  ims  licht  gestellt. 

Y.  Untersuchungen  zur  lateinischen  semasiologid 
Ferdinand  Heerdegen,  erstes  hefk:  einleitung.  Eriai^geii  1( 
die  Widmung  lautet :  *Oeorg  Curtius  empfange  diese  lütierradmi 
zu  seinem  fttnfundzwanzigjährigen  professorjubiliam  als  nk 
dauernder  dankbarkeit  und  Verehrung.'  auch  diese  sdixiftbali 
geleitet  von  dem  interesse,  welches  er  allen  anltadich  des  jabOb 
erfolgten  publicationen  widmen  zu  dürfen  glaubt,  dnrehgehseB' 
bezeugt  dankbar  die  ihm  dabei  gewordene  mannigfache  aarege 
jedoch  hSlt  er  sich  als  philologen  nicht  berufiBn  üb^  den  philosoj 
sehen  inhalt  dieser  prolegomena  bericht  zu  erstatten  noch 
etwaigen  dissens  äieiner  ansichten  zu  erkennen  zu  geben. 

Zuletzt  giengen  uns  durch  die  gute  des  Verfassers  noch 
aushftngebogen  folgender  schrift  zu,  deren  erscheinen  allemidait 
zu  erwarten  ist. 

VI.  Forschungen  im  gebiete  der  indogermanischen  i 
minalen  stammbildung  von  Hermann  Osthoff,  enrtsr  1 
Jena  1875.   den  inhalt  bilden  zwei  gesonderte  abfaandlnngen: 

1.  Die  mit  dem  suffixe  -do  -culo  -cro  gebildeten  i 
mina  instrumenti  des  lateinischen,  nachdem  in  der  < 
leitung  der  gegenwärtige  standpunct  der  untersnchnng  festgesl 
worden  ist,  schlieszt  der  verf.  sich  der  neuerdings  besönden  ' 
Ascoli  vertretenen  ansieht  an ,  wonach  -do  mit  skr.  -fro,  gr.  «ip( 
identificieren  sei.  *an  diesem  ergebnis  (sagt  er  s.  6)  ist  wol  U 
noch  ein  zweifei  gestattet,  indes  bMben  der  nnbeanhAnü 
detailfragen  in  betreff  der  lateinischen  finffixfonn  noch  so  i 


dei  prof.  dr.  Georg  Cnrtiiu  in.Leipcig.  ^69<> 

,  die  gewonn  m  resultate  bedürfen  im  einzelnen  noch  so 
ir  schSrferen  t.  ig,  da.-i 2  eine  nochmalige  wiederaufii ahme 
[eofitandes  und  eine  system il tische  dsrl^gung  des  thatbestan- 
ibt  bU  mOazige  retracttitio  erscheinen  dürfte.'  weiter  ent< 
fL  sieb  der  verf.  liatUr,  dass  innerhalb  des  lateinischen  wort- 
pgebiet«3  -do  die  ältere  form  sei,  und  hieraus  später  einer- 
•rd)  einschiebung  eines  vocalea  -cula,  andererseits  durch 
■hav\  -cro  entstanden  sei;  nicht  aber  dürfe  das  r  als  unmittel- 
I  skr.  -tra  herübergenommen  gelten,  in  dem  zweiten  teile 
Untersuchung  erörtert  der  verf.  die  Stellung  der  nomine  in~ 
iJa  aaf  'dum  innerhalb  des  Systems  der  lateinischen  wort- 
[,  ihr  Verhältnis  zu  anklingend  ähnlichen  und  wirklich 
[t verwandten  lateinischen  wortformen  (deminutiva,  adjectiva 
I  -crt  •Oito,  nomina  agentis  auf  'lor)^  zuletiit  auch  die  bedeu- 
Mtufungen.  eine  nach  den  verbalstämmen  geordnete  Übersicht 
t  einzelnen  nomtna  und  ihre  büdung  wird  §  11 — 17  gegeben. 

Ueber  -ra  -la  als  instrumentales  suffix  der  indo- 
joischen  sprachen,  zunächst  stellt  der  verf.  diejenigen 
Eben  Worte  zusammen,  in  denen  die  sulSie  -ro  -lo  -la  unver- 
r  instrumentale  bedeutung  haben,  und  verfolgt  dann  die  ent- 
adeo  bildungen  in  den  übrigen  ata  mm  verwandten  sprachen. 
k  gelangt  «r  zu  dem  ergebnia,  dasz  das  suffii  -ra  -la  im  indo- 
len  sprachenKWoige  verhältniamSsüig  selten  auftritt,  dagegen 

übrig  bleibenden  gröszeren  bruchteile  desselben  sprach- 
t  eine  weite  Verbreitung  hat,  ja  in  einzelnen  sprachen  mit 
per  Vorliebe  verwendet  wird,  daran  knüpft  sich  eine  unter- 
t  über  die  mit  demselben  suffix  gebildeten  nomina  ogentia, 
Et>er  die  modificierte  suHisrorm  -sla.  die  hier  gewonnenen 
■Dswerthen  ergebnisse  dienen  vielfach  zur  best&tigung  der  m. 
ftai  bauptteile  des  wertes  aufgcatellten  ansichten. 
paDEH.  Faiedrich  HuLTSoa. 

n  _ —  ,. 

i  .,•-■'     ■■.;■;  ...ii^ 

■i  .        (16v) 

M.  JOHAiJN  BOHBMTIS,  i 

HnÖKTaB  POIT,  BBOTOR  DER  KKBOZSOHDUT  ZO*  DSBUM« 
u',^  1M6— 187«. 

-■  EIN  BEITttAQ 

i  GESCHICHTE  DEB  PÄDAGOGIK  UND  LITTEBATÜR. 

)  (fortsetsung  nnd  aeiilaBC) 


mns  scbriftstellerische  tbStigkeit  ist  von  zwei  gesichts< 
tu  der  beurteilnng  zu  unterziehen,  der  eigenttiche  schwer- 
B»  wisaenschaftlicben  beatandt«il8  liegt  in  seiner  besch&f- 


2^0  M.  Johann  Bobemne. 

tignng  mit  den  orientalischen  sprachen,  besonders  mit  dem 
sehen,  diese  orientalistische  gelehrsamkeit  durchzieht  an* 
grSsten  teil  derjenigen  unter  seinen  übrigen  produeten,  deren 
sonst  ganz  innerhalb  des  gebiets  der  classischen  philokgie  im 
sinne  liegt,  was  davon  etwa  noch  nicht  atisdrttoklieh  gena; 
wird  durch  die  vorangegangenen  bemerkungen  über  den 
der  classischen  sprachen  an  der  schule  gerade  hinreichend  ( 
tensiert.**  aber  auch  objecte  und  methode  jener  staditti  hab 
seitdem  zu  sehr  gettndert^S  als  dasz  hier  mehr  ab  ein  ei 
referat  am  platze  sein  kSnnte.  dem  umfimge  nadi  wird  di 
publiciert  ward,  von  dem ,  was  nicht  zur  verOffenüiohiiiig  gc 
fast  noch  übertroffen,  in  der  praxis  machte  sich  dabei  Iner 
ein  eigentümlicher  mangel  bemerkbar,  in  der  e^lhnten  i 
der  ersten  centurie  des  Eilh.  Lubinus  musten  in  ennangeli] 
typen  die  hebrftischen  citate  durch  transscription  in  latiäua 
tem  wiedergegeben  werden;  regelmftszig  geschah  das  bei 
beliebten  arabischen  citaten  oder  Übersetzungen  auch  in  de 
dener  drucken,  zuweilen  auch  bei  den  syrischen,  aber  ae 
griechischen  typen  hat  es  einmal  gefehlt  (1656;  P.  1,  4i60). 

Seinen  ruf  als  Orientalist  begründete  die  granmüitica  H 
zuerst  in  Wittenberg  1636,  wiederholt  in  verbesserter  m 
mehrter  gestalt  1652  (4^)  in  Dresden  erschienen,  hier  ver 
mit  der  gleichfalls  neu  aufgelegten  paraenesis  ad  studia  linj 
Latinae,  Graecae,  Hebraicae  et  quae  bis  sunt  oogniatae.  n 
verwechseln  mit  jener  ist  die  introductio  ad  s.  Hebraeam  l 
dichotomica  et  facillima  (Dresd.  1665, 8^,  ein  kurzes  elemen 
und,  wie  es  scheint,  beliebtes  hülfemittel  beim  Unterricht,  i 
von  entwurf  dazu,  übrigens  in  deutscher  spräche,  ist  handscb 
erhalten,  ebenso  wie  Studien  zu  einem  gratulationsprograii 
titeis  *Der  hochheiligste  und  unaussprechliche  Nähme  Gottes  J 
kürtzlich  erkläret'  (1651).  die  beiden  letztgenannten  sehrifti 
mete  der  Verfasser  seinem  erlauchten  schüler  Johann  Georg  1 
fürst  1656 — 1680),  den  er  als  kurprinzen  drei  jähre  lang  im 
sehen  unterrichtete^  und  bei  welchem  er  auch  später  noch  ii 

^®  z.  b.  de  Plaato  comieo  (1662;  P.  1,  418  ff.),  excerpte  ans 
schriftoteller,  um'  ihn  als  den  Inbegriff  ebensowol  der  vis  the* 
als  der  vis  iuridica,  medica,  philosopbica  hiniastellen:  Ho 
operis  totins  analysis  dichotomica  generalis  (Dresden  1662);  Vi 
operis  totins  analysis  dich,  gen.,  acc.  dichotomica  resolaiio 
Plntarchi  de  educatione  pueromm  (Dresden  1662);  noiae  ph 
evangel.  in  festo  nativitatis  Christi  Lnc.  2, 1^14  (Dresden  1645] 
philol.  in  historiam  passionis  Jesu  Christi  secondam  Hatth.  26 
1658;  F.  2,  168  ff.)  und  ähnliches  mehr. 

^^  vgl.  u.  a.  die  Charakteristik  bei  Benfey,  geseh.  d.  spräcl 
Schaft  nsw.  (München,  1869),  s.  234  ff. 

'*  die  zeit  ist  nicht  näher  zu  bestimmen,  das  k.  haoptsiaa 
enthält  über  das  ganze  Verhältnis  gar  nichts.  Johann  Qeorg 
wol  der  letzte  aus  dem  kursächsSscbem  hause,  der  den  entspre« 
bildungsgang  durchzumachen  hatte;  so  finde  mit  ihm  «Int  ni 
wichtige  reihe  von  tbatsachen  ihren  abschlusz. 


M.  Johaim  Bohemu«.  271 

Mt  sittid.  —  1  iter  sei  aus  dem  handsehriftlichen  naehlasse  als 
Igus  seiMB  fiel  ein  ^lezicon  hanuonieum  praecipnamin  racH- 
n  Jfagda»  sanelae  qaod  invaiidae  memoriae  causa  in  nsnrn  snmii 

■  edkgil^  (40  bl.)  heryoi^g^oben,  und  ab  zeagnis  seiner  talmn* 
ÜsdMn  geMursainkeit  —  wie  denn  auch  anter  den  analjsen  eine 
um  Tcm  ersten  capitel  des  Maimonides  zn  finden  ist  —  eine 
■■Mtfoa  rabbinica  (53  hl.).  Bohemns  selbst  gedeckt  ihrer  in 
IMi  asiner  Programme  (P.  2,  453),  wie  es  scheint,  getragen  Ton 

■  WuselM  einen  M8cen  zn  finden,  der  die  veröffinittiohung  er- 
{[^Mw,  wie  aach  an  derselben  stelle  noch  nnd  anderwirts  einmal 
%  ow  418)  zweier  anderer  henrorragender  bestandteile  eben- 

handschriftliehen  sammelbandes.  der  eine  von  diesen  ist 
Syriacain  breve  collectam  ex  (}eorgio,  filio  Michaelis^  de 
Ü iMiia'  usw.  (35  bl.)«  dem  sidi  zunftchst,  neben  analjrsen  von* 
HMcken,  die  wol  fllr  schalzwecke  bestimmt  gewesen  sein  mOgen, 
Mgkeiten  anschUeszen,  wie  eine  «'AtröbciStc  s.  evidens'demonsira- 
,  qpMmodo  Chaldaeae  et  Syrae  radices  ex  Hebraeis  oriantor»  mit 
r  SDgdiiagten  '{»incipia  Hngaae  Syrae  Christi  yemacalae  breri- 
I  indosa  aphorismis'  (8  bl.).  der  andere  ist  eine  *introdactio  in 
(■Bl  Aethiopicam'  (44  bl.),  eine  spräche,  die  aach  sonst  gern 
feal  herangezogen  wird,  von  der  besdi8ftigang  mit  dem  arabi- 
M  Mogt  neben  zahlreichen  partieen  der  gedrnckten  Schriften  aach 
Mkea  atflck  des  handschriftlichen  nachlasses,  sammlangen  ebenso, 
andysen,  sei  es  von  teilen  des  korans  oder  von  ins  arabische 
Itoagenen  teilen  der  heiligen  schrift  (ep.  I  Job.,  Jac.,  Jad.). 
|M  Vit  dem  persischen  und  türkischen  gab  sidi  Bohemas  etwas 
^%ie  68  aaszer  den  betretenden  bestandteilen  seiner  polyglotten 
laatiomm  handsdiriftliche  zasammenstellangen  mit  bezag  aaf 
Ift  Bjers  grammatica  Tarcica  and  Saadis  rosengarten  dartfaan. 
lAiinerdem  war  aber  auch  die  hebrftische  spräche  nicht  blosz 
psQlge,  8<mdem  die  warzel  and  matter  aller  andern,  aof  dieser 
berabte  denn  eine  eigentümliche  art  der  'spracfaverglei- 
,  die  mit  bienenhaftem  eifer,  aber  freilich  ohne  idle  fadtik 
got  wie  ohne  alle  resaltate  für  die  spfttere  Wissenschaft" 
olyglotten  zasammenstellte  and  etymologisierte,  wo  nar 
ein  entfernter  anlasz  sich  darbot  —  oder  aach  dies  nicht  ein- 
in  ersterer  beziehang  hat  Bohemas  der  zeit  seinen  tribnt  ge- 
allem mit  einer  vateranserpolyglotte  in  42  'sprachen',  bez. 
meist  mit  weitlSafigem  commentar  voll  wüster  gelehrsam- 
die  in  mehreren  Programmen  des  j.  1659  erschien  (P.  2,  340 
).    aach  der  112e  psalm  ward  einmal  in  sechs  sprachen  ge- 


P  treffend  gekennzeichnet  bei  Benfey  a.  a.  o.  242,  namentlich  auch 

lierYorbebung  dessen,    dasz,    wenn   bei  der  immensen  masse  der 

Ion    natürlich    hier   nnd    da  richtiges  mit  einflosz,   doch  dieses 

»er   der   falschen    grundrichtung   weder   zu    einer  richtigen  an- 

über  die  Verhältnisse  der  sprachen  führen,  nach  selbst  richtig 

werden  konnte. 


l 


272  M^  Jotenn  Bohemus. 

druckt  clem  sup.  Aegidius  Strauch  zum  gl&okwimseh  tt)ia 
was  die.  zeit  in.  etjmotogieeu  leistete  |iat-eigei  lifil|«i  b^HHU 
der  beispiele  zu  ^dürfeQ;,.pQd.Bohe]au8«tdii  di^^ 
nach.  dQcJti, muten. eigentümlich  genug  die  ^eiBudlie  an,  wje  4 
neben  unzähligen  einzelnen  ftllen  in.  weiterem  CT^anripipühift 
maVin  der  vorrede  zu  der  ohen-erw&hnten.psafaeneaiB  nsw*  9 
werden,. wo  ein  paar  ^tzen<)(.worte  verschiedener üpra^heqk. in 
betischer  reihenf olge  zusammengestellt  sind , .  w^  ,die  AUgel^jjf 
mein^i^e  abstf^minung  aus .  dein  b^brftiscljien  ^  bojvei8Ci^..:g 
allerdings  unzwqifelhfift  aufl  dem  Orient  in.  di^.<;aljb^;Un4  von 
die  modernen,  sprax)hen,  übergegangene  .ft^dwor^  < 

Wünschtest^!!  zugleich,  und  nntrügliiolfen  ma9^Ept9J>^  «i94;iVP2i^' 
standpunct  aus  heiszt  es  natürlich  ehepaso  'käqieL;:p|^^8|i|c4 
a  .Vm,v  8jr.  gamlo%  wie,.^donner:  tonitru:  Toy9opvc^  hviUI^ 
TOvQppüiuJv  murmuro,  ab  pnfi<  I)ominu^V9^oT!<^8cbpldbei||B;, 
dominium  exerGi;iitf,  un4  a^n^erv^äctg  (P..2,.538).;ivC^ 
adplescentem  ^a^:,  unde  nostrpmnarr,  qui  ain€^;Q0^9ißiliQ.a^ 
matuiro  praecipitanter  agit  omnia,  =a  r^-'W^fF^dit^aia^äna 
w^s  dabei  mijb  v^tauschungi  der  laute,.  metaÄfsia  ayo^  |UÜ) 
sich  thui^,  liesz^,  mag  unter  hunderten  .von  beUpifiii^ieins 
(P.  2,  439):  ^ab  dpTOC  per  metaÜiesin  est  Genn^.eine.tarta^ 
et  carAe  cpnstans :  s  mutatur  in.  t. .  qnod  ^^^M  in.,.aii|8  liijgius, 
pro  cu,  tUr.  ,sic.  Syri  T  mu|ban,t4n  "7,  ut  «t'.:i?77i #  tcim.son 
nstT  fit  Chald.  ^t  äyr«  fi^n'^i  lupus,  in  iregim,^  "«nri  dibe^.  bin 
diebe,  arab.dipQn,  lupus'.  nach  alledem  kann  {nqn  siqh.iW^ 
weitere  anführungen  eine  Vorstellung  ngi^hen  von  den  ^onjigm 
alphal^eti  Gennanici'  (Dresden  1671).;  ganz  in  gleicher  .n^chti 
wegt  sich  natürlich,  auch  die.,behandlung  einer  i^^gp  O^.ß^ 
60  f^)«.  die, sich  gel^entlich  darbpt  im  anschlug  ^^die.  dami 
verschiedenen  Seiten  i^  namen  des  neu  erwacbtf»n^«imfihj 
mit  so.  groszem  eifer  betriebene  Umgestaltung  der  de^tscbian 
Schreibung.  ^^  Bohemus  steht  diesen  bestrebupgen  g^^geattber 
aus  auf  der  conservaiiven  seite,  für  beibehalt^ng  dar  ^spriMS 
Schreibung,  die  in  Luthers  bibelübersetzung,  i^  den.kaiee 
Constitutionen,  am  kaiserliqhen  bof  und  in  den  füretllichen  ea 
zu  finden,  seL  der  name  demjenigen  wird  nicht  genannt , 
einem  Bohemus  zu  banden  gekommen^  gedicbte.  'spniäoh, 
toob,  hooch'  und  ähnlichesmehr  geschrieben  hf^te,:  ja  ^pg$r  { 
hatte  ^kurfürst'  zu  schreiben  und  dies  durch:  dift  ^Ueitiu 
^küren'  zu  rechtfertigen,  als  ob  das  (und  die  frage  wird.mi 
aufregung  behandelt,  wie  wenn  jener  mit  seiner  sdhmilNmj 
mehr  weit  von   der  majestätsbeleidigung  sei)  selbst  anders 

^*  die  1)cwegabg  charakterisiert  ebenso  kurs  als  treffenälK.  < 
grrnDdr.  d.  gesch.  d.  deutschen  litt,  2  (2e  aufl.),  461 ;  über  die  1 
Zesens  und  seiner  nachahmer  dazu  s.  bes.  Geryinus,  gesch.  d»  c 
Dichtung,  3  (3e  anfl.),  278  und  Roberstein-Bartsch,  2  (5e  anfl.}, 


M.  Jobann  Bobemos.  &78 


Übe  als  yon  wn  el^t!    nnd  daran  kollpft'  sidi  eilie  sammliing 
TjUiyeiteren  beispieleii  ftir  diese  art  'laHtTerschiebung^«  die  wenige 
im  dim  taf  eineüc&t  empföhle  sein  diag ,  der  sieb  auf  aMderam 
"i^fi  nodi  nicbtt  von  defu  werthe  der  ufeiiertoi  wiseentfohafOidmi 
^llilS^teirjfiMttmg  Hat  ttberzengen  kOiiiian.   TcUendÄr'sinr  carioattir 
IWte  gttM  itresen,  wo  es  mit  der  miehe  des  Ti^istett  wiseen« 
iJirfWli'liteii  eniitos  auf  die  endlesetf ,  anagMnttiatiBChietf  spieUratar* 
idtwirdy  den  ebenso  stabenden,  als  fftr<iui8efgi»Mäfl'«»er' 
itA  $ati^e/x  &8t  jedes  gel^nüeiteg^diehtistf.    denn  aucdi' ein 
ihichtbaM'  dicbtor  wtf  Bobertfos,  und  itl^e  in  dieser  rieb* 
hv  Vün  eeSne^'  sefaiiftstelleriscben  tb&tigkeit  sieh  erbaiten  bat^ 
tWüluii^l  nii  iiiiiflmiji  fast  noeb  das,  was  ans  anderen  gerieten' be* 
jlttt'erwkbnnitg  fand,    zn  solcbea  Spielereien  wit^  Ja  jede  gelegen* 
Uf  bettotrt,  die  sieb  irgendwo  bietet,  und  iTo  das  nidlä  der  fall  ist, 
hd'ife  mit  den  baaren,  um  diesen  ausdmek  zn  gebrüoobenj  berbei* 
ilitatt«    die  tollsten  wortgestalten  und  -Verbindungen  werden  da 
h  Am,  namen  und  den,  wenn  es  reebt  gut  und  ktastl^iecb  sein 
M,  noch  hinzugesetzten  titeln  und  preisenden  beiworlen:  gebildet 
'  00  lasige  gedreht  und  gerenkt,  bis  irgendweldler  ansebeintonite 
nsh  ergibt,  der  nun  den  grundgedanAcen  des  gediebtes  sti  liefern 
In  dessistt  rerlauf  nstfhiieb  alle  die  wcoie  ¥rieder  vorkommen 
und  gesetzt,  das  bfttte  noch  einen  sinn,  so  lange  der  witk* 
lantbeirtand  der  namen  verwendet  wird,  so  geht  auch  diesw 
verloren,  wenn,  um  nur  irgend  ein  restiltat  heranszusc^la- 
was  doch  mitunter  selbst  mit  den  ktthnsten  efymdogieen  der 
becBeicbneten  art  nicht  gelingen  will,  audb  jenef  gegebene  lavl'* 
kd  nodi  willkürlicb  gefindert  und  ^  iBchlfertigung  dessen  kl 
JMEelMdn  'spracfavergleicbenden*  mataier  versucht  wird.^  oben« 
ergibt  das,  sowie  d^  reichlich  verwandle mythologisdianli* 
appafat,  noch  in  der  regel  die  erwünschteste^  gelegeuMt 
aaastattung  der  poetischen  ergttsse  mit  pbücAogisoben  noten^ 
[Sebsten  mit  einem  fortlaufenden  commentar. 
Was  von  Bohemus  dichtungeu  in  den  gedruckten  progn^nmen, 
buttern,  votivtafeln  u.  dgl.  verloren  gegangen  ist}  wird  reich- 
ergftnst  durch  eine  starke  handscfariftiiobe  saakmlung  im  besitze 
[lobliotbek  der  kreuzschule,  die  fast  den  anschein  erweckt,  als 
^aie  behuCs  der  Veranstaltung  einer  gesamtaosgabe  zusammen- 
kanm  aufhalten  darf  uns  hier  der,  obgleich  bei  weitem 
igreichere,  lateinische  bestand  teil  derselben,  —  um  die  wenigen 
liscben  carmina  überhaupt  zu  Übergehen,    dem  literarisch  ge- 
ben manne  jener  zeit  war  ja  nun  einmal  der  lateinische  vers 

^  eine   stimme    aas  der   zeit  der  herschaft  dieses  Unwesens    selbst 
s.  bei  Gervinns  a.  a.  o.  313  f. 

*  für  alles  derartige  ein  beispiel  ans  einem  hoohzeitscarmen : 
»ricas  Georeria«  —  Catharina  Gralia  =  Tractus  lynge,  i,  ciaras 
i,  farrago  (d  in  t  mutato,  veterum  more,  qai  t  pro  d  scripserunt^ 

lit  pro  quid  etc.^  vide  Lips.  de  veteri  Latinoram  scriptora  pg.  12)'. 

Jahrb.  r.  phil.o.pSd.  U.  abl.  1875.  hfl.  6.  18 


274  M.  Johann  Bohemus. 

die  geläufigste  form  des  ausdrucks  für  alle  verhftltnisse  imd  wei 
flQle  des  lebens,  und  so  ^besingt'  Bohemus  mit  ebendemselben 
und  dichterischem  hochgefühl  die  geburt  oder  auferstdmng  0 
wie  er  dem  stadtrath  sein  gutachten  über  mehrere  bewerbe 
eine  lehrerstelle  an  der  kreuzschule  in  hexametem  abgibt  od« 
Programm  eines  redeactus  theologischen  inhalts  in  elegische  disl 
zwangt.^  in  alle  dem  erhebt  er  sich  in  nichts  über  das  nivee 
allergewöhnlichsten  leistungen  seiner  zeit,  —  routine,  nidii 
routine,  auf  kosten  jedweder  spur  von  originalitSt  und  gutk 
—  so  gern  ab  und  zu  einmal  die  gel^genheit  eigriffiBn  wird 
P.  2,  563  1),  über  formell  einigermaszen  mangelhaftere,  fnmi 
stungen  mit  all  der  genugthuung  sich  zu  ergehen,  die  den  1 
nisten  in  solchen  flQlen  charakterisiert  am  httufigsten  ist  das  1 
sehe  und  elegische  versmasz  verwendet,  hier  und  da  erscheiMB 
iambische  metra,  einfache  und  zusammengesetzte,  und  zwar 
wiegend  gern  in  reinen  iamben ,  auch  lyrische  masze  Tersohiei 
art.  uiiter  den  erstgenannten  finden  sich  zuweilen  Vixgiliai 
centonen.  akrosticha  dürfen  neben  den  anagrammen  natOriieh 
nicht  ganz  fehlen. 

Sachlich  steht  iJles  das  genau  auf  derselben  linie  wie  die 
sehen  dichtungen,  die  trotz  ihres  geringeren  umfiBOigB  wenig 
heutzutage  noch  eher  einen  anspruch  auf  litterarhistoriache  b 
tung  in  sich  tragen,  in  seine  besten  jähre  fiel  Opitz'  aofti 
dessen  sache-er  denn  auch  mit  allem  eifer  ergriff  und  als  dessa 
▼erhohlenen  bewunderer  er  sich  oft  bekennt,  wfihrend  es  sonst : 
dings  an  Schriften  und  stellen  mangelt,  wo  er  seine  stelInB| 
theorie  der  dichtkunst  eingehender  prttdsierte.  ohne  zweifiol  ii 
auch  zum  teil  auf  August  Buchners  anregung  zurüokznfBhm 
auch  häufig  von  ihm  mit  lobeserhebungen  und  als  autoritit  i 
führt  wird,  wie  er  dafür  seinerseits  in  gewohnter  weise  anfinonte 
und  lobeserhebung  gew&hrte. 


^  als  beispiele  mögen  dienen  BA.,  D.  XI,  f.  44S: 

Gmuthnm  commendt),  S^irchnemin  vix  bene  noTi, 
Nescio  Kühneliom,  Tobiam  noyimoB  omnes; 

-oder  F.  2,  481: 

Christian  Röhrensee  de  maiestate  tremeada 

Christi  victoris  dicet  anastaseos. 
Emest-Christophorns  Schröeros,  gloriam  adumbraas 

Soteris,  referet  dimta  regna  stjgis  etc. 

einmal  l&nft  mitten  nnter  den  lateinischen  versen  ein  hebriiselier  f 
meter,  einmal  ein  holpriger  deutscher  hezameter  mit  unter,    den 
sten  grad  der  onnatnr  in  formeller  hinsieht  bezeichnet  wol  ein  la 
Janges  preisgedicht  folgender  art: 

Eosebies  decus  ezimium,  vir  mazime,  sacro- 
Rum  praesnl,  verbi  bnccina  prima  saln- 

Tis,  suadae  nectar,  spectamen  nobile  doeto- 
Rum,  Sophies  sidos,  theilogiaeqae  mbi- 

Nns,  Balaee  etc.  etc. 


M.  Johann  Bahemm.  276 

'Wenn  Opiti  lebte  noch,  der  Fürst  der  denttchen  Lieder, 
Wenn  Orphons*  sSsbos  Spiel  ihn  mSchte  mffen  wieder, 
Er  mtiste  honte  mir  (doch  solts  kein  Zwang  nioht  sejn, 
Er  würde  Tor  sieh  selbst  straoks  firowdig  stimmen  o&i) 

£|;  müsto  honte  mir  als  König  der  Pimplinnen 
Anstimmen  einen  Thon,  ein  lieblich  Lied  ersinnen 

Anff  enren  Nahmens  Tag.    Sieh  aber  lebt  Er  doch. 

Weil  Bnohner  nnr  nioht  todt,  so  lebet  Opita  nooh.' 

der  bekannten  dichterorden  hat  Bohemns  nicht  angehört. 
m  er  hat  sa  Chr.  Brehme  und  A.  Tscheming  seine  benehnng^ 
hbt  wie  zu  Bist,  und  hat  yor  allem  mit  dem  Verehrer  und  naoh- 
hrar  des  letzteren,  Tob.  Petermann  in  Pirna,  in  enger  verbindmig 
itanden.  des  oft  von  ihm  besungenen  Karl  yon  Friesen  tochtor 
r  Henriette  E[atharine  freifrau  von  Gersdorff  (Zinzendorfs  grosz- 
tter),  deren  nicht  viel  weniger  oft  besungener  gemahl  audi  im 
1667  den  diditer  mit  einem  geschenk  von  100  gülden  ehrte,  das 
i  Ton  Seiten  des  kurf&rstl.  kammerherm  und  geh.  raths  yielleicht 
idastens  ebenso  sehr  dem  an  höchster  stelle  gut  angeschriebenen, 
dem  dichter;  sicher  nur  dem  letzteren  galt,  um  der  Verewigung  des 
nAifiAwa  willen,  ein  gleiches  geschenk  yon  Seiten  des  salzgrafen 
Ton  Nordhausen  zu  Halle  im  j.  1631.  das  wird  denn  auch 
genng  in  prosa  und  in  versen,  nicht  ohne  gewissenhafteste  hinzu- 
mg  von  Jahreszahl  und  datum  des  groszen  ereignisseSf^dem  gan- 
loropa  zur  bewunderung  —  und  nachahmung  —  verkttndet. 
Bdi  musz  seinerzeit  zu  HiJle  sowol  Philipp  yon  Zesen  als  David 
ferner  sn  Bohemus  füszen  gesessen  hab^,  und  wenigstens  der 

te  hat  es,  seitdem  er  seine  Wirksamkeit  in  Dresden  angetreten 
an  den  üblidien  lobgedichten  bei  geeigneter  gel^genheit  nicht 
fni  lassen. 

■=  Bohemus  dichtung  war  aber  fast  ohne  alle  ausnähme  gelegen- 
hlK)esie ,  und  mag  äs  neues  beispiel  denen  hinzugefügt  weiden, 
dlerdings  schon  so  hinreichten,  um  die  behauptung  zu  recht- 
l(gen,  dasz,  wenn  dies  ein  wesentlicher  charakterzug  der  schlesi- 
m  diditnng  war  und  zum  teil  geblieben  ist  bis  hxi  die  gegen- 
it,  er  doch  nichts  weniger  als  ausschlieszlich  dort  zu  suchen  sein 
ple,  und  Sadisen  und  Dresden  es  in  dieser  hinsieht  mit  Schlesien 
IBreslaa  im  17n  Jahrhundert  mindestens  anfiiehmen  konnten.^ 


**  Gkrvinas  a.  a.  o.  211.     andrerseits  wird  denn   auch  Dresden  in 
■ehwäDglicbster  weise  erhoben: 

'O  Rom  ist  viel  za  schlecht.     Ich  rühme  mehr  die  Gaben, 

Hit  denen  Dreszden  ist  den  Sternen  gleich  erhaben, 

Der  Aaszzag  der  Natur,  des  gantzen  Landes  Krön, 

Der  Marckplatz  schöner  Lust,  des  gproszen  Sachsens  Thron'. 

Sosze  sachse'  ist  auch  für  Bohemns  der  geläufigste  aasdmck  fUr 
berscher  des  landes,  in  bekannter  weise,  von  der  als  nur  noch 
pl  richtig  verstandene  reste  'groszmogul'  und  ^grosztSrke'  sich  bis 
itle  gegenwart  erhalten  haben. 

18  • 


i  . 


276  M.  Johann  Bohemaa. 

die  ganze  art  jener  gelegenheitspoesie- ist  zu  bekannt,  um  UierBodB^ 

mals  im  allgemeinen  gekennzeichnet  werden  zu  mJUieen;  nndmatf 

mit  reoht  gesagt  wird ,  dasz  unter  der  unübersdibamL  menge  'lAatH 

prodacte  verhältnismäszig  nur  äuszerst  wenige  sind,  die  sidi  fot 

den  übrigen  durch  einen  tieferen  gehalt  oder  dnroH  einB«gewiae0 

eigentümUchkeit  der  anläge  und  ausführung  aoszeichneii ,  und  auch 

diese  fast  allein  bei  den  allerbegabtesten  diohtem  zu  tvchen  aiidi 

so  wird  man  von  vom  herein  eben  nicht  mit  hoohgespaontn  IP- 

Wartungen  an  Bohemus  gesSnge  gehen,    in  der  that  bewegen  m 

sich  in  den  allergewöhnlichsten  geleisen  einer  iil  jener  zeit  sdht 

allgemach  in  tiefe  Verachtung  kommenden  litteratmgotbmg.*  ■ 

pflegt  die  trivialste  prosa  zu  sein,  was  die  zu  TkUnaflicftem  gBBU^ 

so  offc  und  eifrig  aufgerufenen  Pimplinnen  und  Castalinnen  gewdmft 

wo  einmal  über  das  gewöhnliche,  mTthologisch-antiqpurisolie  ht 

werk  hinaus  ein  anlauf  zum  bildlichen  ausdruck 'geaommes  iiH 

musz  man  lange  genug  suchen,  um  etwa  einen  gedanken  von  iaaut 

hin  noch  zweifelhaftem  fisthetischem  werth,  aber  doch  origineller  tfl 

zu  finden,  wie  es  z.  b.  in  einem  nei^jahrswunsch  an  einen  hodbeikf 

ten  herm  die  folgende  stelle  sein  mag: 

'Es  ist  ein  schöner  Ort  hoch  über  allen  LÜffteit, 
Der  uns  von  ferne  hier  aast  Aesen  tieffisn  erfttftaB 
Seheint  weiss  ssn  sein  aW  Milch:  dass  sind  did  gtawia  HiV' : 
Der  alten  weisen  Leut,  die  machen  es  ao  klar»  |f- ' 

Die  dahin  sind  versesU    Da  werd  ihr  pxlektig  ateheai. 
Herr  Werner'  usw. 

'S.,! 

78  Vgl.  Koberstein -Bartsch  a.  a.  o.  199.  —  Zw  ekaraktorMk  M^ 
ganzen  gattung  besonders  ebendas.  s.  66  f.  108«  120  f.  und  Oerriail  p^ 
a.  0.  211.  321  ff.  —  Des  miscredits,  in  dem  sie,  freilich  am  mstaMl' 
durch  eigne  schuld,  standen,  waren  sich  diese  dichter  auch  wollig' 
wüst.  ^Wenn  sie  einen  gar  verlieh tlich  halten  wollen,  •oMwnaA' 
ihn  einen  Poeten%  heisst  es  bei  Bohemus  in  einer  gelegauk>lliibri\ 
die  als  ganz  besonders  charakteristisch  noch  mehrfach  wird  amuwuij 
werden  und  aus  welcher  hier  noch  einiges  stehen  mag,  sngleieh  di 
beleg  für  das  oben  gesagte  und  für  bald  su  erwfthnendee.  Behsg^ 
bringt  in  dem  programm  auch  ein  gedieht  unter,  welehae  er  tifMMj 
schon  ein  jähr  früher  cum  geburtstag  des  betreffesden  gefertifC  hsM 
'welches  ich  ihnen  aber  £izumal  zu  vberschicken  mich  hinuiiiiiikp 
(d.  b.  abhalten)  lassen,  theils  wegen  groszer  Verachtung,  dadorA  Wg 
Tielen  Ynyerständigen,  mit  Lbwenh&nten  yerkapten  BCdaswldeiu,  Tai| 
Kunst  verkleinert  wirt,  die  sich  wohl  gar  nicht  schewea  dOHNa  it ^ 
Schmeremcnt  vnnd  Pritzschmeisterey  aussznruffen,  oder  wol  gar  tb^i 
Bettel-brieff  zu  nennen:  Theils  auch  weil  mich  etliche  in  etwas  kiW 
her  nachlässig  gemacht,  die  in  den  falschen  Gedancken  eehwebea^ljl 
ob  ihnen  etwa  ein  paar  Ducaten  oder  Rosenobel  an  den  Hain  gewaalfll 
weren,  da  sie  ihnen  doch  in  den  Hertzen  der  Nachkommen  eine  t«i|| 
Ehren  Seule  dadurch  anffbawen  können;  denn  dieses  sonderHek  Toa  M 
Poeten  zu  erwarten  ist  .  .  .  Ich  wil  mich  aber  sol^e  ynda&ckkaM 
nicht  irre  machen  lassen,  sondern'  usw.  schlieszlich  schnaidel  er  laa 
ein  gedieht  zum  preise  seines  beiden  in  die  rinde  eines  glatten 
delbanms,  damit  'auch  von  den  Nachkommen,  weil  viel  th' 
Komhümmer  vnser  Lieder  vnd  Pappirs,  ich  weiss  nicht  wom, 
weilen  gebrauchen,  vnsere  vertraweste  FreundschaffI  kdate  in 
vcrmercket  werden*. 


M.  Johann  Bohemoi.  277 

r  ijtwis  ist  es  ein  besseres  zeioben  you  festem  glauben  an  die 
Ikdes  gibets,  eis  von  gntem^sehmiigk,  weim  es  bei^i; 

^Hlmmelbrtelier,  Beth-eafthsunn 
Wm  l&r  dessen  (d.  i.  Qeltes)  hohen  Thron 
Pflantxen  ieh,  und  Basz-posennen 
Schallen  lan  mit  frohem  Thon'  usw. 

sdmn  gar  p?5*-hj^  jm^^b^  litazt  sich  segeQ^  isfBun  JUMsh  ^yf/f^  bltttsn* 
WD  eiiigsnge,  wie 

*Fleng,  gemahlter  West,  nnd  strene 
»Anas  dem  Himmel  Blomsn-Klee, 
;I>a8z  die  Lofft  NarcUsen  speje, 
Ulgen  fGr  den  weiszen  Schnee, 
Daraus  wir  die  Kronen  winden 
•Unsem  JLehmann  anzahinden' 

imrgedacbten  berm  Lebmaim  gewttnsobt  wird: 

' das  Posch  aus  Piisch  ein 

Er  dorchhetze  seine  WSIder, 
Das  Wildprät  laofT  henffir  ein: 
Das  er  anff  den  grünen  lUisen 
Fähe  nur  gepfropffte  Hasen;* 

»Ochte  ferner  bei  dem  aasaerordenüicben  reiebims  «b  gelegen- 
i,  die  leier  zu  ergreifsn,  immer  neues  TerliBgeK?  so  w^nien 
DU  und  wieder  ganze  stellen  aus  einem  gedi(^  in  ein  anderes 
ngen,  und  kleine  verfinderungen,  die  etwa  dabei  je  saeb  der 
Ige  Torgenonmien  werden,  sind  nidit  immer  Terbeeserungen« 
tergleäehe  nur  ein^ 

'GradiTos  der  Terheerer, 

Mit  seiner  bdsen  Schaar,  des  Vaterlands  Versehrer 

Sey  wegl    faunamiel  tret  allen  Kriag  in  Roth, 

Dasa  hen'isch  hintergelm,  Betrag,  Hasa,  sehlag  er  iodl 

Bellona  packe  Dich,  mit  welcher  wir  uns  Tentschen 

Nnn  Kenn  and  Zwantzig  Jahr  fast  gantz  zu  tede  peitschen, 

Sind  seiher  nnser  Feind^, 

■Mm  früheren 

'Krieg,  Krieg,  o  brich  entswej! 

Erbarm  es  Oott,  o  Krieg,  mit  welchem  wir  uns  Tentsdien 
Von  so  viel  Jahren  her  na  gantz  zu  tode  peitschen. 
Krieg,  Krieg,  o  brich  entawey'  osw. 

genug  war  allerdings  die  not,  um  aueh  eimmd  durch  alle 
tv  das  rein  menschliche  gefühl  ohne  allen  ftuszem  schmuck, 
pnabr  zum  durchbruch  kommen  zu  lassen : 

'SeDfren,  Brennen,  Raaben,  Morden, 
Liegen,  und  sein  voller  Tück* 
Ist  anitzo  tagend  worden, 
Ja  das  beste  Meisterstück, 
■^  Und  der  ander  drücken  kann 

Ist  der  allerbeste  Mann', 

m  in  einem  gedieht  aus  dem  j.  1637.  das  könnte  zur  not  wol 
fri  Logau  stehen. 


i 


278  M.  Johann  Bohemus. 

Die  immense  masse  jener  gelegenheitsgedichte  berOhrt  alle  m^ 
möglichen  kreise  and  Verhältnisse  desdebens,  und  es  wilrde  ebotfO 
ermüdend  als  zwecklos  sein,  hier  mehr  davon  als  nnr  die  hn^ 
sächlichsten  kategorieen  erwähnen  zu  wollen«  gllldnrtlnaehe  stt 
gebarts-  und  namenstag,  za  hochzeit^  und  taufe ,  zu  befltrdenmgtt 
in  amt  und  stand,  kurz  zu  freudigen  veranlaBSungen  jeder  s^ 
wechseln  mit  bezeugungen  des  beileids  und  der  tnuisr  bei  iod» 
fällen,  die  letzteren  durften  ja  in  der  regel  nieht  ftUaB«  wM 
irgendwelche,  nur  einigermaszen  gesellsdiafUich  hcnwaiiVwfc 
oder  vermögende  person  gestorben  war  und  Imohäqmdigt  ■! 
lebenslauf  und  epicedien  in  folio  oder  quart  stattlich  gedmektflr 
schien,  die  feierlichste  form  war  dann,  wenn  in  ooipore  daa  gnü 
ministerium  zum  h.  kreuz  samt  dem  ooUegium  der  sÄnlOt  sowie  lil 
dem  todten  persönlich  das  geleite  zu  geben  hatten,  anch  Uar&Q 
gefühle  in  wohlgesetzten  versen  zum  ausdruok  brachten,  IL  Jobai 
Bohemus  natürlich  den  seinen  immer  voran,  freilich  ist  nnr  n  gl 
wis,  dasz  ausführlichkeit  und  innigkeit  dieses  ausdmcks  in  der  ngi 
in  einem  ganz  bestimmten  Verhältnis  zu  der  gegenleistmg  dl 
trauernden  hinterlassenen  in  klingender  münze  standen. 

Namentlich  kurfürst  und  kurprinz  werden  fleissig  b^g^iok 
wünscht  —  einmal,  im  j.  1655,  ist  sogar  der  blosse  anfsnth^di 
ersteren  in  Moritzburg  (drei  ganze  stunden  von  Dresden!)  swlFr^ 
des  fischzugs  in  den  dortigen  trieben  gmnd  genug  sa  ejncm  pH 
gramm,  um  ihm  in  einer  der  gleichfalls  so  beliebten  spielenioi ■! 
bezifferten  buchstaben ,  die  addiert  allemal  die  jahrensU  «gehs 
guten  fang  und  glückliche  rückkehr  zu  wünschen  — ,  nicht  ndads 
die  hochmögenden  väter  der  stadt  oder  was  sonst  irgendwie  sasAl 
und  einflusz  hat,  einheimische  und  auswärtige  gönner  nnd  freusdl 
namentlich  auch  wissenschaftliche  oelebritäti^,  am  liebsten,  mfl 
sie  gleich  versgewandt  sind ,  um  für  das  ihren  eigenen  werken  W 
ausgeschickte  preisgedicht  bei  passender  gelegenheit  nch  rersBflkii 
ren  zu  können,  so  singt  man  sich  gegenseitig  an,  —  an  der  voDitl 
aufrichtigkeit  solcher  ergüsse  zu  zweifeln ,  würde  selbstversttadU 
durchaus  unzulässig  sein,  denn 

'Mein  Wort  ist  ja  und  ja,  mein  Bede  nein  nnd  nein. 
Die  glatte  Henchelej,  und  der  geschminckte  aehein 
Hau  bey  mir  keinen  platz.    Ich  habe  dis  gerangen 
Ans  offnen  Herzen  her,  ans  Schuldigkeit  gednmgen*  — 

und  einer  verkündet  des  andern  lob  in  die  weite  weit  hinans:  in 
sollte  man  so  nicht  zu  den  stemen  steigen?  singt  Bohemus  von  BU 

'Ristins,  excellens  vates,  oomes  inclatos,  a  qno 
Ipse  coronari  vel  qnoque  Apollo  velit% 

SO  antwortet  dieser  zur  einführung  des  zweiten  bnchs  der  sw«ti 
ausgäbe  der  noch  zu  erwähnenden  Horazübersetrong: 

^  die  hochzeitscarmina  in  demselben,   Überaus  sehlttpfrigen  toi 
welcher  der  ganzen  gattnng  in  jener  zeit  eigen  war. 


M.  Johann  Bohemas.  279 

'Dieiet  hat  man  Euch  in  dankken, 
Werther  Böhm',  Ihr  hahts  gemacht, 
Dass  schier  grosse  Leuth  jetst  Zankkea , 
Wer  das  best  herfOrgehracht, 
Flakkns,  oder  der  aass  Meisaen? 
Euch,  Herr,  werd  ich  Meister,  heiszen.' 

tem  ganz  speciellen  yerhftltnis  auch  dieser  art  stand  za  Bohe- 
iar  bereits  erwähnte  M.  Tobias  Petennann,  rector  za  Pimay 
iter  poet  gleich  flun,  der  auch  in  elegischem  yersniapz  eine 
ohemi  schrieb,  zu  gninde  lagen  dieser  dieselben  eigenen  anf- 
angen des  gefeierten,  ans  welchen  auch  der  der  leidienpredigt 
ebene  lebenslaof  hervorgieng.  das  mannscript  der  kreozschnl- 
hek  davon  ist  im  j.  1661  geschrieben,  sieben  jähre  spftter  von 
ms  selbst  revidiert  nnd ,  da  inzwischen  in  cton  sorgsam  ver^ 
iten  familienverhältnissen  einige  Veränderungen  eingetreten 
,  in  den  betreffenden  partieen  eigenhändig  geändert  worden, 
a  sollte  augenscheinlich  die  einleitung  zu  der  vorbereiteten 
aasgabe  der  gedichte  bilden;  da  diese  nicht  zu  stände  kam, 
n  sie  wenigstens  nach  seinem  tode  und  ward  mit  vielen  an- 
laggedichten  der  leichenpredigt  beigegeben. 

— •  —  'Bohemas  erit,  dam  Dresda  erit  atqae  Ijcenrn, 
Qoamqae  nee  hoc  nee  erit  Dresda,  Bohemas  erit' 

aiolze  schlusz. 

nd  in  der  that,  es  ist  den  poeten  der  zeit,  und  Bohemus,  nicht 
ngsten  unter  ihnen,  noch  in  vollem  umfange  das  stolze  be- 
in  eigen ,  dasz  ihre  feder  die  Unsterblichkeit  verleiht,  kaum 
nderes  spricht  sich  in  allen  jenen  gelegenheitsgedicfaten  so 
1  so  gleichmäszig  aus.  aber  auch  in  einem  andern  puncto 
i  alte  humanisten weise  noch  vollständig  fort:  es  ist  die 
b  klage  darüber,  dasz  die  poesie  und  il^  Vertreter,  trotz 
prfttgfmgsrechtes  über  die  Unsterblichkeit,  in  Unehren  stehoi, 
let  und  hintangesetzt  werden,  nur  setze  man  das  ja  nicht  in 
■it  dem  elend  des  dreiszigjährigen  krieges  und  seinen  nach- 
•  gewis  war  das  ganz  besonders  geeignet,  den  herbeigesehn- 
■Izustand  in  noch  weitere  ferne  zu  rücken,  allein  die  klage 
iH  als  der  humanismus  selbst,  sie  ist  von  lEtoinen  jungem 
mter  den  glänzendsten  äuszeren  Verhältnissen  erhoben  wor- 
.  Wahrheit  gab  es  auch  keine  ehre  und  belohnung,  die  ihren 
iien  angemessen  gewesen  wäre,  die  klage  ist  eben  nur  der 
ntel  für  die  nie  zu  befriedigende  begehrlichkeit,  und  diese 
lenn  auch  bei  Bohemas  ihren  bald  mehr  bald  minder  unver- 
m  ausdruck. 

'Heute  hat  ein  Fest  Herr  Kost, 
Der  da  vnser  Frewd*  vnd  Lust. 
Heute  wird  Herr  Schäffer  auch 
Vns  nach  seinem  alten  Brauch 
Was  verehren,  was  bescheren, 
Lasset  vns  sein  Lob  vermehren', 


i 


380  M.  Johann  Bohemus. 

singt  er  unter  dem  namen  der  muse  Erato ,  um  bald  im  eigiiMi  fort^ 
zufahren : 

'Wol,  damit  ihr  seyd  ^^ebunden, 

So  sey  dieser  Eppich  Btraass 

In  ewr  weises  Haar  f^wnnden. 

Fread,  es  geht  anff  Lösen  aass, 

Ihr  werdt  nicht  ohn  ewren  Sehaden 

Vns  dafür  ein  mSssen  laden*  ( 


imd   das  erwähnte  gltLckwunfichgedicht  an  den  kurfllrBtai 
Moritzborger  fischfang  bekommt  seine  ganze  erklftnuig  m 
paar  versen,  wie: 

'Atqae  etiam  qnosdam  pisces  largire  Bohemo, 
Sit,  quemcunqae  vofes,  carpio  sive  salar; 

Ac  hodie,  en  porro,  at  benedieat  lova,  Tevebit 
nie  poeta  tons  perpetontque  clieas.' 

die  beisplele  lieszen  sich  noch  bedeutend  mehren,  wmm  i 
haupt  noch  besonderer  beweise  ftir  die  thatsaefae  bedürfte.^ 
wäre  es  auch  sonst  die  ^pflicht'  dieser  poeten,  dodi  aiyilirlidii  ift 
die  es  oft  genug  vorausverkflnden^,  zum  nameiistag« 
nSckigen,  undankbaren  Verächter  der  Unsterblichkeit  i 
mit  den  producten  ihrer  muse  zu  erseheinen?*    es  begnift 
leicht,  warum  man  auch  Bohemus  oft  einmal  auf  das  bekannte  1m^ 
spiel  von  freigebigkeit  von  Seiten  der  republik  Venedig  gegen  8n*.j 
nazar  abspielen  sieht,    eine  ähnliche  spende  ftlr  jeden  war  ao  W  j 
dem  ärmel  geschüttelten  vers,  —  das  hätte  etwa  bei  dieeen  poitai 
ein  erträglicher  zustand  gehieszen ! 

<»i  eines  sei  doch  noch  wegen  der  gar  m  drollig-DMven  deatUeUni^ . 
mit  welcher  dem  angesungenen  gewinkt  wird,  erwähnt,  BohemM,  vj 
ist  die  fiction ,  bringt  die  gesundheit  desselben  in  der  behaagaef  iril  j 
gesellschaft  eines  dritten  aas.  'Recht  so',  sagt  daraof  der  latatan»  %l^ 
tolte  aber  biliich  ein  vergäldtes  Becherlein  seyn.  O  die  kmamen  ^M|i 
an  mich,  sprach  ich:  halte  wol  schwerlich  daffir,  dasi  ich  mir  ndfii 
eines  vor  meinem  Tode  vberkommen  werde,  doch  steheta  bej^totlW' 
guten  Gönnern*. 

^*     'Dramb  wird  aach  ewer  Lob  ohn  alles  Ende  blllheo. 
Das  ewige  Gesehrey  von  eneh  wird  ferner  aiehen. 
Als  ihr  seyd  selbst  gewest.     leh  aelbstea  bin  berail 
Es  stets  an  breiten  ausz,  Jährlichen  vmb.die  Zelt'  naw. 
'Vivite!  at  abrampo.     Post  annnm  Helicona  movebo 
Totiim,  vos  omoes  ex  meritisque  canam'  etc. 

"'  'Wehr  ich  nicht  ein  thammes  Thier, 

Ein  ansinnig  grober  Stier, 
Der  nicht  woU*  in  Cedem  schreiben 
Earo  hochbelobte  Fam?'  oaw. 

anderwärts  wird  es  aber  aach  einmal  diesen  geixhälaea  iraaa  gakMl 
gesagt,  was  sie  sind:  'Ich  wolte  dirs  aach  nicht  rathen'  (neauieh  dB 
poet  sa  werden),  'wiewol  dirs  nar  so  zu  reden  gellebet,  aagta  TlaüM 
daraaff;  denn  dn  wurdest  sonst  schmale  Bisslein  essen  mfiaaes,  weil  Ai 
Kunst  anjetso  nach  Brote  gehet,  vnd  viel  Beiche  hentigea  Tagea  «il 
die  8äwe  sind,  deren  man  nicht  ehe  geniesien  kana,  blaa  sie  ataibia) 
da  bekompt  dann  mancher  eine  warst  ders  nicht  gemeioet\ 


M.  Johann  Bohemua.  281 

Anderseitd  stellten  sich  wol  auch  gern  bedürftige  unter  den 
ukak  des  dicbters,  dessen  sang  tht&ren  und  beutel  Ofihete.  mehr- 
heh  finden  sich  gedichte,  selbst  nur  einzelne  distichen.,  ftlr  cMme, 
nr omyersität  abgehende  schüler  gefertigt,  umnut  dieser  empfeb- 
mg  in  der  band  bei  vermögenden  freunden  der  musen  sich  ein  via- 
jcom  zu  erbitten-  es  ist  ohne  zwei&l  ein  hohes  geftihl  der  eigenen 
ladiatnng  gewesen,  mit  welchem  einmal  Bohemus  im  mannscript 
«  einem  derartigen  einzelnen  distichon  bemerkt  hiit,  herr  Müller 
ibe  diunuif  hin  dem  potenten  einen  ganzen  thaler  geschenkt. 

Wie  Opitz'  beispiel  mit  der  njmphe  Hercjnie  hinreicfaBnd  war, 
« such  Bohemus  zur  fassung  einer  unter  seinen  dichtungen,  der 
otuigreichsten  unter  den  deutschen,  auf  den  niunenstag  zweier 
finner  zu  Halle  (1636)  in  die  form  einer  schaferei  zu  veranlassen, 
D  wird  man  nadi  demselben  vorgange  auch  geistUche  lieder  bei 
DB  suchen,  es  fehlt  natürlich  in  jener  schttferei,  wie  sie  überhaupt 
rf  d»s  engste  en  die  weise  ihres  Vorbildes  sich  anschlieszt,  auch 
Uit  an  einem  psalm,  nicht  minder  kommt  anderwSrts  hier  und  da 
II  solcher  oder  ein  lied  eigner  erfindung  vor  (zb.  P»  1,  492) ,  aber 
las  das  bewegt  sich  in  derselben  niederen  flugbahn  wie  die  weit- 
flkn  gedichte,  hat  auch  sonst  keine  höhere  bedeutung  bekommen. 

Opitz'  behandlung  des  Horazischen  beatus  ille  usw.  in  dem  ge- 
ilkl  vom  lob  des  ackerbaues  wird  auch  als  muster  angeführt  für 
tl  fr«ie  poetische  Übertragung  der  öden  des  Horaz,  von  welcher 
vier  Bohemus'  auspiden  im  j.  1643  die  beiden  ersten  bücher  er- 
jUeien,  und  im  j.  1656  wiederholt  mit  diesen  auch  das  dritte  und 
iprte.*^  das  war  die  erste  vollständige,  nach  Bohemus  meinung 
|lriiaupt  die  erste  deutsche  Übersetzung  der  gesftnge  dieses  *schwe- 

C  lateinischen  poeten';  —  letctere  annähme  ein  im  hinblick  auf 
zeitverhftltnisse  leicht  verzeihlicher  irrtum.  schon  im  j*  1639 
rb  der  bekannte  A.  H.  Buchholtz  das  erste  buch  der  öden  und 
farief  an  die  Pisonen  verdeutscht  in  Rinteln  herausgegeben. 
Freilich  würde  es  wol  kaum  zulftssig  sein,  jene  üoertragung 
hr  mehr  als  nur  ganz  vorübergehend  zu  erw&hnen ,  wenn  wirklich 
ibezug  auf  die  Urheberschaft  ganz  genau  das  Verhältnis  obwaltete, 
Rkhes  sie  zur  schau  trägt  denn  die  eigentlichen  Übersetzer  waren 
bprimaner  des  Bohonus,  dessen  name  denn  auch  wenigstens  auf 
Ml  titel  fehlt;  die  erste  ausgäbe  führt  die  niunen  jener  unter  jeder 

^  des  hoch  berühmten  lateinischen  poetens  Q.  Horati  Flacci  erstes 
«i.  ander)  Buch  Odarum ,  oder  Gesänge,  in  teutsche  Poesi  vbersetzt. 
»den,  1643;  entsprechend  der  haapttitel  der  zweiten  ausgäbe  (vier 
iT  Odarum  usw.)i    von  der  aber  auch  jedes  einzelne  buch  wenig- 
seine    besondere    widmung    hat.     die   erste   davon    gilt  dem  kur- 
in; nicht  so  in  der  ersten  ausgäbe,  wie  das  Degen  (versuch  einer 
Indigen  litteratar  der  deutschen  Übersetzungen  der  Römer,  Alten- 
1794;  vgl.  1,  168.  193.    nachtrag  zu  dem  werke  s.  95)  misverstftnd- 
rweise  geschlossen  hat.     diese  ist  überhaupt  weder  ihm  noch  einen 
Tanderen  Verfasser  der  betr.  bibliographischen  hülfsmittel  zu  bänden 
leo. 


[ 


282  M.  Johann  Bobemus. 

ode  an,  der  zweiten  sind  sie  zusammen  vorangedruckt.  wenn  aiide 
seits  eine  thatsache  der  art,  wie  die,  dasz  man  der  jugisnd  das  yb^ 
stSndnis  der  classischen  litteratur  mit  hülfe  der  muttersprache  ^ 
eröffnen  und  ihr  liebe  zu  der  letzteren  zu  erwecken  und  810  x0 
Übung  darin  anzuleiten  suchte ,  einen  wichtigen  fortschritt  beiocli 
net^,  wenn  femer  Bobemus  selbst  mit  genugthuung  auf  die  so  s< 
erzielenden  resultate  hinweisen  durfte^,  so  war  es  dodi  wol  ii 
pädagogischer  hinsieht  ein  einigermaszen  bedenkliches  experiment 
mit  den  producten  einer  schülerhaften  muse  gerade  so  zu  Ter&lmB 
aber  freiHch,  Bobemus'  anteil  davon  dürfte  auch  weit  grtaer  sei^ 
als  es  den  anschein  hat;  ja,  das  gegenseitige  Verhältnis  ist  vieUeiflU 
sogar  nicht  viel  anders ,  als  bei  den  dissertationen  jener  zeit  dif' 
jenige  zwischen  dem  prftses  und  dem  WerfEuiser'.  auf  diesem  w^ 
erklären  sich  auch  am  besten,  abgesehen  von  allen  andern  anzeidMi 
dafür,  die  zum  teil  sehr  bedeutenden  abweichungen  der  zweiten  TOi 
der  ersten  ausgäbe,  nicht  blosz  in  einzelnen  ausdrücken,  sondsa 
auch  in  versmasz  und  umfang  der  ganzen  gedichte.  letzteres  komat 
freilich  gerade  weniger  zur  geltung  in  dem  beispiel,  welches  tot 
allem  seiner  kürze  wegen  ausgewählt  ist,  um  hier  doch  auch  eise 
anschaunng  von  der  sache  zu  geben,  sonst  kommt  auch  in  ila 
alles  zum  ausdruck,  was  etwa  heute  noch  für  die  beurteilung  dM 
ganzen  von  belang  sein  dürfte.^  vergleichungen  müssen  aller^Gngi 
fem  bleiben,  wo  es,  für  den  Verfasser  wenigstens,  an  voigSngai 
fehlte,  gewis  ist  vieles  noch  roh  und  plump ,  selbst  niedrig  penifl^ 
lieh  für  unsem  geschmack  und  gemein ,  aber  es  fehlt  auch  ebenso 
wenig  an  stellen,  denen  noch  heute  eine  gewisse  natürliche  knfl 
und  anmut  nicht  abgesprochen  werden  würde:  und  überiiaupt  kifli 
in  allen  solchen  dingen  nur  noch  ein  urteil  vom  historischen,  nidi 
vom  ästhetischen  standpuncte  aus  als  zulässig  bezeichnet  werdM.' 

Die  38e  ode  des  ersten  buche  (persicos  odi  usw.)  lautet  in  da 
ersten  ausgäbe,  mit  der  regelmäszig  vorangeschickten  genimtfl 
inhaltsangabe : 

'An  seinen  Jangen. 

Horatius  begehrt  gar  keinen  Yberflnss 

In  Essen,  oder  sonst,  zuviel  ist  ihm  verdmii» 


^  vgl.  Koberstein-Bartsch  a.  a.  o.  2,  19  f.  35  f. 

"*  'Denn  auf  solche  masse  anjetzo  ein  Junger  Knabe  den  Horatia 
innerhalb  wenig  Taffen  verstehen  lernen  kan,  da  er  sonst  hiebent 
sonderlich  wenn  er  daza  noch  mit  den  schedlichen  dictiren  auifgehallM 
warde,  etliche  Jahr  damit  hinbringen  maszte*  (wozu  aueh  vgL  obü 
anm«  38). 

^  besonders  beachtenswerth  ist,  was  Gervinns  a.  a.  o.  s.  Sit  ibs 
einige  Übersetzungen  von  Opitz  sagt. 

^  am  allerwenigsten  von  demjenigen  eines  so  seirthtan  jÜngwa  4l 
aafkläningsperiode  aus,  wie  es  der  scurrile  Schmnmel  (übeisctMi 
bibliothek,  Wittenberg  und  Zerbst  1774,  s.  149—151)  ist  Degen  a.  a.  < 
arteilt  schon  viel  sachgemftszer. 


M.  Johann  Bohemns.  38S 

Die  SQ  viele  Perser  Traehten, 
Janker,  nioht  belieben  mir, 
leh  pfleg  aaeh  nioht  viel  lu  achten 
Die  gefloehtne  Lindensier. 

Laes  nnr  ab  in  Lofk-refieren 

Spate  Bösen  ansssospflren. 

Bey  allein  bedaoht  sn  finden 

Der  begprOnten  Mjrten  Pracht 

Die  Da  nm  dein  Hanpt  magst  winden, 

So  auch  frewden  toU  mich  macht 

Wenn  die  dichtbelaubten  Beben 

Mir  aom  trincken  anlass  geben'; 

tweitai  ausgäbe  lautet  dieselbe : 

'Alles  pralen,  alles  prassen,  wie  die  wüsten  Perser  pflegen, 
Lasse,  wenn  ich  G&ste  habe,  Junger,  bey  mir  onterwegen. 

Nach  der  stoltzen  Perser  Prangen, 
Jnnger,  trag  ich  kein  verlangen, 
Bin  vielmehr  denselben  feind. 
Mag  anch  keine  Kr&ntze  fflhren, 
Lieber,  hör  anff  anssanspüren. 
Wo  die  späten  Bösen  seynd. 

Schlechte  Myrten  magst  Da  binden. 

Sonst  nichts  in  die  Haare  winden,  / 

Die  sind  alle  gnng  für  Dich; 

Wenn  dann  unterm  Weinstock  sitae 

Ich,  und  trincke  in  der  Hitze, 

Sollen  die  auch  sieren  mich*. 

I  formeller  hinsieht  bleibt  nach  den  angeführten  beispielen  so 
•  nichts  mehr  zu  bemerken,  künstlichere  dichtnngsformen, 
■ette  oder  Pindarische  öden,  finden  sich  neben  dem  Alexan- 
Bnd  den  sonst  gewöhnlichen,  einfachen  iambischen  und  trochfti- 
gferophen  verhSltnismftszig  selten;  und  widerstreit  swischen 
[und  wortton,  elisionen  und  tmesen,  zuBammenriehnngen 
knungen  der  werte  (hau,  lan,  welche  u.  dgL  neben  Adeler, 
ly  abekrSncken  usw.)  begegnen  uns  in  einem  masse,  welches 
Beiden  freilich  anch  nur  die  dichter  der  allerstrengstim  obser- 
eli  die  mflhe  gaben,  auch  einen  fortschritt  mit  der  seit  wUste 
beer  hinsieht  aus  Bohemus'  dichtungen  nicht  henwiarolesep. 

V. 

%  übrigen  scheint  sein  leben  während  der  STjfihrigen  wirk- 
i  zu  Dresden  ohne  grosze  wechselfUlle  verlaufen  zu  sein. 
m  j.  1620  zu  Wittenberg,  sehr  bald  nach  der  erlangung  des 
iHums ,  hatte  er  eine  ehe  geschlossen ,  zu  welcher  die  ersten 
hngen  augenscheinlich  bereits  yon  dem  aufenthalt  auf  dem 
Ism  zu  Freiberg  herdatierten  und  die  länger  als  fünfzig 
}•  seine  frau  starb  am  6  sept.  1671  —  in  frieden  w&hrte. 
iben  söhnen  starben  vier  anscheinend  frühzeitig;  die  zwei 


i 


284  M.  Johann  Bohemut. 

1 
überlebenden  wurden  Handwerker,  von  diesen  war  der  eine  mA 
18j&hriger  weit  ausgedehnter  Wanderschaft  dorsh  •ohiffbnidi  «Br 
gekommen,  der  andere  bei  des  vaters  tode  aQ<di  \8eh(m  lange wr- 
schollen.  *o  dasz  er  lebte  und  dem  yftterlichen  glaabea  trea  gehfi^ 
ben  wäre!'  heiszt  es  (CV.)|  ebenso  begeiehnend  fttr  die  leit,  di« 
jene  Wanderfahrten  selbst  sind,  doch  standen  am  grabe  des  iritn 
noch  zwei  verheiratete  töchter  mit  zahlreicher  nachkommensehafL 

Abgesehen  von  den  ausstellungen,  die  etwa  4ie  bemftMW 
hörde  an  seiner  th&tigkeit  zn  machen  fand,  hat  es  enob  Bonitndt< 
an  böswilligen  kritikem  derselben  gefehlt,  und  z?rar  ansdua 
hauptsSchlioh  in  bezug  auf  ihren  p&dagogischen  teil;  denn  in 
der  zahlreichen  litterarischen  fehden  der  seit  sehe  iah  ihH  oifllitM^ 
wickelt  freilich  geht  alles  darauf  bezügliche  nicht  über  allgauitf 
andeutungen  hinaus,  einmal  (1657;  P.  2,  97  111)  fimd  er  es  ofl» 
messen,  den  wesentlichsten  teil  eines  programms  einer  anfiiliha( 
aller  derer  zu  widmen,  die  unter  seiner  leitong  auf  der  kreuMhh 
gebildet  und  seitdem  zu  ehren  und  würden  gdkommen  warsAi  nl 
selbst  daran  zu  erinnern,  dasz  ihm  auch  nach  seinem  tode  ein  pieM" 
volles  andenken  gewahrt  bleiben  werde. 

Seine  vermögensverhftltnisse  werden,  wenigstens  mit  bengirf 
seine  letzte  lebensperiode,  als  recht  günstige  bezeichnet. 
art  der  thätigkeit  kam  ja  auch  noch  allerlei  in  dem  smtKdii  m 
kommen  hinzu;  und  dieses  war  für  die  zeit  nicht  eben  gerng 
nennen,  scheint  auch,  was  während  der  kriegszeit  noch  gani 
ders  hoch  anzuschlagen  war,  wirklich  regelmäsng  geahlt  wwW 


zu  sem.  "^  sj 

Bis  in  sein  hohes  alter  erfreute  er  sich  einer  gatsn  -gwuH 
heit*^  und  nngeschwächter  geisteskrftfte.  das  der  leichenpredBgt  bd| 


^  obgleich  ich  sonst  anf  aoslassangen  wie  P.  1,S78  wenige 
legen  möchte.    —    Ueber  die   besoldnngen   an   der  kreoMfanle 
Neabert,  reobtsverhftUnisse  nsw.  §  7  (s.  bes.  RA.,  A.  11.  M»  f.  I 
D.  I ,  f.  298^  and  298^.  S94).  —    Nach  einer  abrechniing  imt  de» 
(SAP.,  f.  73)  betrug  das  einkommen  des  rectors  an  baaM«  fehalt 
sog.  religionamte  (120  fl.)  und  einer  ansahl  von  legatan  und  aocif 
nahezu  200  gülden,  ausschlieszlich  der  amtswohnnng,  des  sehi~ 
der  gebühren  vom  leiohensingen   und   mehrerer   BaUHPalMafsnuigia 
hole  und  getreide.  —  Endlich  vgl.  J.  A.  EgenoUt  gesaKMolta 
(Dresden  1687),  s.  18.  ^ 

*®  allerdings  bat  er  im  j.  1671  bei  der  allgemeinen  kirehen*  ■■i 
scbulvisitation ,  'dasz  er  die  wenige  Zeit  seines  Lebena,  weil  er  aaf  M 
Füssen  schwach,  des  Leichengehens,  jedoch  ohne  abbraoh  leiner  aid^ 
dentien  und  besoldnng,  erlaszen  werden  möchte*,  die  eal 
des  eonsistorinms ,  dem  die  sache  von  den  visiiatorea  sagewti 
ist  nicht  bekannt  (RA.,  D.  XVI,  f.  104.  118).   —  Bokenuia 


war  auch  die  Ursache  davon,   dasz  man  nicht  ihm,    lOiidAm  daaiMl 

rector  Egenolf  die  Verwaltung  der  schnlbibliothek  Übertrag,  welehalS 

durch  entstand,  dasz  bei  der  Visitation  im  jan.  1671  der  Mi  4ahltf'i 

der  ^presanne*,  dem  früheren  klerikergewabrsam  in    der 

znr  gemeinschaftlichen  benutzung  des  ministeriams  und  des 

I.  h.  kreuz  aufbewahrte,  in  seiner  Vermehrung  nsw.  übrifeae  tas  ill 


-M.  Johann  Bohemüft.  t96 

hüdms  stellt  ihn  in  seinem  65n  lebensjahre  vor;  elii 
gtsicbt  von  hoher  stirn  nnd  o&em  blick;  l^id  ernatfir 
iir.  donklen  tvacht  steht  dfts  Itnge-^  glatte  haftr  \mi  em 
legter  knebelbart. 

bdem  Bohemus  noch  am  2  September  $676  seiner  amtfih 
ae  beschwerde  genügt  hatte  und  gesund  zur  ruhe  gyagangen 
b  ar  meh'knnem.  Unwohlsein  nodi  tot  anbrnchdes  fielgeik- 
[lens.  am  10  d,  m.  f&nd  seili  leidiMibegfing^s  itt  der'#aueii- 
lit.**  der  leichenpredigt  von  Chr.  Lucius,  die  imfoljgijeuideii 
t  lebenslauf  und  abdankung  in  druck  erschien  ^  wurden 
)bias  Petermanns  vita  Bohemi  zahlreiübe  epioediMi  in  aUen 
a  formen,  lateinisch  und  deutsch,  beigegeben,  Ton  der 
:eit  Dresdens,  dem  lehrercollegium,  verwandten,  fit^undto 
lern,  auch  den  damaligen  persthilichen  schfllen^  des  v^er- 
u  unter  den  letateren  erscheint  auch  Jonas  Geleniua,  der 
ta  ferner  zeit  (1688-^1727)  der  zweite  nachfolger  seines 
erden  sollte,  der  vorgttnger  Christian  Schdttgens  (f  1751) 
1  amte.  ebenderselbe  trat  als  redner  bei  der  gedltchtnis- 
welche  am  12  december  1676  m  der  schule  dem  andenken^ 
ichenen  rectors  gewidmet  ward,  das  einladungsprogyamm 
i  actus  war  zugleich  das  erste  seines  nachfolgers.  denn  die 
gen  der  neubesetzung  hatte  sich  ungewöhnlich  rasch  ent- 
Johann Augustin  Egenolf  von  Erfurt,  früher  in  Ohemnita, 
\  conrector  der  kreuzschule,  ward  dazu  erwShlt,  worauf 
t  Iftngerer  zeit  manches  hingewiesen  hatte,  in  dessen  bis- 
die  trat  der  in  seiner  art  auch  merkwürdige  Johann  Yalen- 
rts.  doch  mögen  diesen  männem  und  Zeiten  andere  ihre 
ttwtt.  viel  tröstliches  werden  sie  nicht  immer  finden,  zumal 
I  wo  die  schule,  nachdem  sie  noch  etwa  zwei  menschen- 
g  auf  einer  gewissen  höhe  sich  erhalten  hf^tte,  gar  sehr 
fangen  ist,  um  erst  im  gegenwärtigem  jidurhundert  meder 
fen  anlaufen  auf  einen  zeitgemäszen  standpunct  gebradit  zu 

Anhang  I ,  zu  anm.  6. 

ins  in  seinen  beitragen  sar  gescfaiehta  der  schale  (vgli  bes. 
laa^  sn  dem  kapitel  über  die  collegae  fainti)  hat- sieh  hi 
■Kte  eben  darch   die  heraosiehnng   urknadlieheB  maleiiala, 

letzteren  angenscheinlich  gänzlich  entzogene  bficberbestand 
beiden  geteilt  ward.  die  sache  gebort  somit  nicht  weiter 
vgl  Schottgen,  not.  hibl.  schol.  Dresd.,  progr.  1743,  §4.  fiber 
S.  Neabert,  rechtsverhältniftse  usw.  8.39.  einen  der  ältesten, 
assanten  bestandteile  dieser  bibliothek  bespricht  meine  ab- 
■'aus  der  bibliothek  eines  Leipziger  Studenten  und  docenten 
viertel  des  16n  jahrh.'  in  Neue  jahrbb.  f.  pbilol.  und  pädag., 
I  von  Fleckeiseh-Masius,  i'rl.  112  (1875).  sein  ehemaliger  be- 
lirselbe  dr.  Blassius  (Grunwald},  der  bei  Neubert  a.  a.  o.  8.  88 
*d. 

I  grabscbrift  bei  J.  G.  Michaelis,  Dreszdnische  Inscriptiones 
fliia  (Dresden  1714),  s.  437. 


\ 


286  M.  Johann  BohemnB* 

die  ihm  sonst  nur  snr  ehre  gereichen  könnte,  giUuHeh  irrefBhia 
lassen,  hier  war  schon  sein  Vorgänger  Tobims  SSnon  beM«r  olM 
richtet,  wenn  dieser  swar  die  6e  und  7e  stelle  unter  ZSrlen,  aber  & 
6e  sdion  nnter  MSstets  reetorat  gegründet  werden  llait,  ao  lit  ds 
vollständig  richtig,  und  zwar  mnsz  letzteres  sofort  in  den  befinavei 
Hostels  amtszeit  gelegt  werden,  der  erste  dort  genannte  Inhaber  la 
neuen  stelle,  auf  die  nun  natürlich  der  titel  des  infimns  Über^Mf 
mit  unterzeichnet  ein  schreiben,  welches  ohne  sweifel  ans  dem  j.  Uli 
sUmmt  (RA.,  D.  I,  f.  96).  in  einer  dentlichkeit  vollenda,  die  aisbt 
zu  wünschen  übrig  läszt,  spricht  ein  bittsohreiben  des  Snp.  Daiit 
Greiser  und  des  raths  an  knrfürst  August  um  eine  nnterttütiaiif  ai 
holz  zur  heizung  der  schule ,  vom  dienstag  nach  Urinlft  1668  (15  oeL; 
RA.,  D.  I,  f.  45  f.).  danach  hatten  sie  'in  nest  gehaltener  Tisitrti« 
vnd  examine  der  Sohulenn  befundenn  das  sieh  dieeelbe  ann  der  aatol 
gemehret  Also  das  dieselbe  Schule  itziger  Zeit  In  fünff  elataea  gefäht 
vnnd  in  dreien  vnderschiedlichen  Stuben  su  winter  Zeit  batitniret  iw» 
den  müssen',  so  dasz,  da  'der  Schulmeister  mit  seynen  vier  eoUabcf» 
toren'  auch  deren  zwei  inne  hatte,  damals  fünf  Stuben  la  hiiMi 
waren,  gegen  nur  drei  in  früherer  zeit,  als  die  6e  und  7e  elasss» 
richtet  ward,  hat  offenbar  das  lehrerpersonal  diese  beiden  loeili 
räumen  müssen;  für  den  rector  ist  ein  haus  neben  der  sebule  gekaift 
oder  erbaut  worden,  die  übrigen  collegen  bekamen  statt  der  astsnl* 
Wohnung  eine  geldentschSdig^g.  so  sind  allerdings  immer,  sowolii 
der  fünf-  als  in  der  dreiclassigen  schule,  drei  classen  in  einem 


vereinigt  gewesen,  was  ja  auch  anderwärts  oft  genug  Toiaelrs— 
ist.  nur  das  ists,  was  im  j.  1704  durch  einziehung  Ton  soheraeirtaki 
beseitigt  worden  ist,  während  die  erwähnung  bei  Paufler,  de  seb.iL 
brevis  enarratio,  s.  6  (nach  einem  mir  nicht  zu  händen  gekumsi— 
Programm  von  Gelenius)  die  Vorstellung  erwecken  könnte »  als  hsbt  m 
bis  dahin  gar  für  alle  7  classen  nur  ein  zimmer  gegeben,  die  m»» 
regel  war  übrigens  dem  rathe  schon  im  j.  1692  vorgesehlagen  und  ni 
ihm  genehmigt,  aber  nicht  ausgeführt  worden,  worauf  sie  Im  j.  UH 
wieder  in  erinnerung  gebracht  wird  (BA.,  B.  VU*.  191^  f.  1).  —  DU 
erste  spur  der  errichtong  einer  6n  dasse  finde  ieh  in  einer  Instniiiti* 
vom  j.  1572  für  den  au  ostem  d.  j.  zu  dieser  stelle  aageoesuMMi 
Fridericus  Zorlerus  iunior.  das  Verhältnis  au  den  übriMU  eolltgSi 
ward  ganz  in  derselben  art  bestimmt  (RA.,  D.  I,  f.  165  f.:  'Bis  w 
tiones  der  Collegarum  bleiben  für  sich  in  ihrer  Ordnung,  so  soll  sad 
die  zal  der  Collegarum  nicht  gemehret  heissenn'),  f»ie  später  da^lsBlgl 
des  regens  alnmnorum.  dafür,  dasz  dem  letzteren  die  leituig 
7n  classe  übergeben  worden  ist,  finden  sich  die  ersten  si 
allerdings  erst  im  j.  1575;  aber  für  die  beaufsichtignng  der  eil 
hat  das  amt  natürlich  schon  längst  vorher  bestanden. 

Uebrigens  sind  natürlich  mit  dem  oben  erwähnten  übelstande : 
die    combinationen,    bis   zu   3  classen   sogar,    su  verweehselnt 
welche  sich  besonders  in  seinem  und  des  regenten  namen  der  esa 
Egenolf  im  j.  1671  beklagte  und  deren  abstefinng  damals  aueb  TiU 
visiUtoren  befohlen  ward  (RA.,  D.  XYI,  f.  40.  188). 

Endlich  sei  hier,  da  in  den  gewöhnlidien  hülfsmittelm  mansifi 
schwankende  angaben  sich  finden,  auf  grund  des  aetenmäesIfSB 
terials   gleich   noch   eins   festgestellt,     die   stiftungsmäsaige 
alumnen  betrug  30,  und  32,    seitdem  diesen  im  j.  1664  dnreli 
gangbarmachung  einiger  alter  legate  von  raths  wegen  die  soi 
^rathsdiscantisten'    hinzugefügt    wurden    (s.    die    stiftangtnri 
RA.,  B.  VIP.  191«    'Newe  Schul  -  Ordnung  22  junU  1664>I.    abv  dl« 
dlngs   wurden  in  der  regel  noch  einige   'snpemumerarii' 
meist  zwei  (so  dasz  vor  1664  gewöhnlich  32,    nach 
34  alumnen  angegeben  werden),  aber  auch  bis  zu  der  höhe, 
klagt  wird,  die  andern  hätten  nicht  satt  zu  essen  und  müsiea  su  Im 


GLGOtEe:  geographische  repetitionen  für  die  oberen  classen.    287 


im  bttt  liegen,  in  der  that  scheint  keines  der  wiederholten ,  behörd- 
Mtn  geböte,  die  stiftnngsgemüsze  £ah1  nicht  zn  überschreiten,  eine 
Inme  wirirnng  gehabt  in  haben  (vergl.  bes.  RA.,  B.  YII.  16,  f.  14 

tu];   B.  VU«.  191S  f.  20.  94.    D.  XVI,  f.  31    und  die  oben  ange- 
le stifton|^8inrkQnde).  —    Die  zahl  der  earrendaner  war  derjenigen 
lir  fthuBBen  in  der  regel  annähernd  gleich. 


Anhang  11 ,  zu  anm..  47. 

1660  Die  Lehrer  mich  anf  ihr  Gutachten, 

Naeh  Dreszden  in  die  Grenz -Schul  brachten. 

1661  Zorn  Tertio  ward  ich  locirt. 
In  der  Current  mich  patientirt. 

1662  Bisz  anff  Doctor  Wellers  befehl 
Word  recipirt  zur  freyn  Koststell. 

1663  Must  da  bejm  Chor  das  Creuzlein  tragen 
Eins  übers  andre  lassen  plagen. 

1664  Kam  zu  Bohem  in  Seine  Class, 

Sasz  da  4  Jahr  durfft  nicht  sejn  lasz. 

1665  Im  Sommer  ich  die  Masern  bekam, 

Die  Mutter  mich  naeh  Hausz  mit  nahm. 

1666  Wenn  ich  heim  auf  die  Kirms  gehn  soll, 
Da  wnrd  ich  aller  freude  voll. 

1667  Bejm  Christfest  den  Rupert  agirt. 
Den  Berg-Rejhn  bejm  Gregor  geführt. 

1668  In  Bartholmft  gepredigt  zweymafaL 

Zog  Elbelang  (nemlich  nach  Wittenberg),  Gott  Dreszden 
befahl  usw. 

Dbbbden.  Otto  Mbltzer. 


Ihoe 


20. 


RAFHI8GHE  RBPETITIONEN  FÜR  DIE  OBEREN  OLASSEN  VON 
OTHNASIEN  UND  REALSCHULEN  VON  DR.  CaRL  OÖTZB,  PROF. 
AM  pIdAOOOIUM  des  KLOSTERS  ü.  L.  F.  ZU  MAGDEBURG. 
ZWEITE  ERWEITERTE  UND  VERBESSERTE  AUFLAGE.  Mainz,  Ver- 
lag von  C.  G.  Kunzes  nachfolger.  1874. 

Das  buch  hat  sich  wegen  seiner  entschiedenen  braachbarkeit 

der  kurzen  zeit  seines  erscheinens  —  die  erste  aufläge  datiert 

jähre  1871  —  sehr  viele  freunde  erworben,    viele  gymnasien 

realschulen  namentlich  Süddeutschlands  und  Oesterreichs  haben 

officiell  eingeführt,   es  ist  kein  zweifei,  dasz  das  buch  dem 

»hisdien  Unterricht  in  den  oberen  classen  der  höheren  lehr- 

Iten  sehr  zu  statten  kommt,   es  handelt  sich  hier  nicht  um  ein- 

ide  vortrage,  wie  sie  der  geschichtsunterricht  erfordert,  sondern 

eine  klare  und  gedrängte  Übersicht  über  das  gesamte  gebiet  der 

iphie,  wie  sie  z.  b.  das  preuszische  abiturientenreglement  ver- 

da  der  werth  des  Götzeschen  buches  schon  von  vielen  seiten 

rkannt  ist,  so  bedarf  es  hier  nur  des  nach  weises,  inwiefern  der 

fasser  die  zweite  aufläge  eine  erweiterte  und  verbesserte  nennt. 

Während   die  erste  aufläge  95  seiten  zählte,   hat  die  zweite 

Seiten  aufzuweisen,    mehrere  neue  abschnitte  sind  hinzugekom- 

.    so  s.  77 — 88  §  3  die  Apenninenhalbinsel,  s.  89 — 99  IV.  die 


\ 


288    C.  Götze :  geographische  repetitionen  fSr  die  oberen  blaMön. 

Balkanhalbinsel.  frUher  war  bei  diesen  abschnitten  auf  die  hfil: 
mittel  zur  gesohichte  Borns  und  Griechenlaads  verwieseii.  mmh 
dem  finden  wir  s.  117 — 125  einen  zusammenfaflugendea  absiohfli 
über  Amerika,  wovon  in  der  ersten  aufläge  nur  ufiter  den  unerik 
nischen  besitzungen  der  Engländer  der  vereinigten  Staaten  K« 
amerikas  und  unter  den  auswärtigen  besitzungen  der  PortugieM 
Brasilien  behandelt  waren,  auch  Afrika  ist  jeixt,  wenigstens  ve 
gleichungs weise,  herangezogen  worden,  indem  dies.  122  berflltf 
vergleichung  Südamerikas  mit  Afrika  dem  yerfasser  Teranlasm 
gegeben  hat,  s.  125  und  126  in  einer  anmerkung  Aficika  in  tarn 
vergleichenden  Übersicht  zu  behandeln,  jedenfalls  het  der  verCui 
geglaubt,  diesen  grossen  erdteil,  von  dem  zwar  8obon.tti'melinn 
stellen  (s.  42.  54.  69.  76.  77)  die  im  besitze  enropftiecher  yOlksrb 
üudlichen  gebiete  aufgeführt  sind,  einer  besprechnng  nidit  entdeiM 
zu  dürfen,  und  wir  sind  der  meinung,  dasz  er  sich  bei  der  geogn^ 
sehen  bedeutung  dieses  erdteils  entschliessen  wird,  ihm  bei  ein 
nächsten  aufläge  auch  einen  besonderen  abschmtt  zn  widmen,  s.  1( 
finden  wir  als  Überschrift  ^das  russische  reich'»  während  sidi  4 
erste  aufläge  auf  die  darstellung  des  europäischen  Bneslands  b 
schränkte,  wiederum  eine  berechtig^  erweitemng  des  sAoffes,  da 
es  kommen  s.  118  auch  Busslands  auszereuropäiBohe  bentniBgi 
hinzu,  s.  4  ist  mit  recht  die  zahl  der  bewohner  des  deotsA 
reiches  sowie  Preuszens  hinzugefügt,  das  beigegebene,  sebrwil 
kommene  inhalts Verzeichnis  wünschten  wir  lieber  zu  anfang. 
enthält  einige  druckfehler  (§  5  beginnt  nicht  mit  s.  42,  sondern  b 
8.  48,  femer  ist  Europa  zu  lesen  st.  Euvopa);  auch  entapveeheB  i 
inhaltsangaben  einzelner  abschnitte  nicht  immer  den  im  text  gvgtt 
non  Überschriften:  vgl.  s.  38.  42.  48.  59.  70.  89.  99.  106«  i 
ersteren  sind  ausführlicher,  die  druckfehler  sind  Tom  Tfrf.  mkn 
berichtigt  worden;  wir  fügen  jenem  Verzeichnis  nur  noch  'Imbi 
dasz  s.  78  vorletzte  zeile  Schiffbauer  st  Schiffbauern  za  leaen  ii 
s.  113  z.  1  scheinen  vermutlich  durch  die  schuld  des  setzers  mehn 
Zeilen  ausgefallen  zu  sein,  die  in  der  ersten  aufläge  so  lauten:  *iv 
sehen  dem  45n  und  50n^  n.  br.,  und  doch  mit  afrikanischer  sonü 
glut.  —  Im  Süden  steigt  durch  breite  waldige  terrassen  derKsokii 
in  die  schneeregion,  ein  den  alpen  an  länge  gleichkommendes  al 
höheres  kammgebirge  mit  südöstlicher  richtung  zwischen.^  w6H! 
stens  sind  uns  die  nun  folgenden  werte  'scheidegebirge  mit  geM 
liehen,  schwer  zugänglichen  passen'  nicht  recht  verständlich,  da  i 
gebirge ,  nemlich  der  Kaukasus ,  vorher  gar  nicht  genannt  ist.  fr 
lieh  wird  der  Kaukasus  s.  117  noch  einmal  erwähnt,  aber  dodll 
soweit  er  sich  in  die  zu  Asien  gehörigen  besitzungen  Busslands  > 
streckt. 

Wir  zweifeln  nicht,  dasz  das  buch,  auf  welches  der  Verfasser 
groszen  fleisz  verwandt  hat,  auch  in  dieser  erweiterten  gestalte 
einer  günstigen  aufnähme  erfreuen  wird. 

Magdeburg.  Holstbik 


J.  Kilkr:  gnmdriBE  einer  kistoritMilieii  ainlffl'tnng  in  die  bibeL   28^ 

21. 
tuHDRisz  BiNSft-  fiTSTORiscaeK  Eiin[.srruNO  m  bib  bibbi  und 

DBBEN  BIK2ELKB  TBILE.  ll^R  hOheRB  BILDÜNOiSAKBTALTBK  UND 
BUB  BBIJaBTBELBH&UK'a  VO^  «T.  BTBLLBB,  SBltniABLBtildBSt.  (UVP 
vom    KABTE    VON    PALÄSTINA.)      Aamo,    dtück  Ulid  veriHg  VOÜ 

H.  R.  Sauezlftiidet.   1874.  223  8. 

Auf  die  frag«^  wie  der  abnähme  des  ÜieologiedMO  slnidiiiaits  ein-* 
ih  g^oten  wenten  kflnse,  wird  in  den  reeohitiolien  des  deiitBchen 
mtataatentageB  in  Wiesbaden  u»  &  geantwortet^  dasai  die  iheologie 
und  methode  der  wiseenschaft  rüokhaltaloe  anerkennen  mÜ88& 
kbehrlicb  daen  iert  die  nütwirkung  eines  nach  geschicbtlioh* 
iiMinrhnftliohear  methode  geordneten,  anregenden  r^igionsnater* 
iehtes  auf  den  Gymnasien,  dessen  pflege  die  besondere  fürsorge  der 
ibdbehfirden  dringend  erheischt.' 

Wenn  hier  der  ruf  nach  einem  gesohichtlich-wissenschaftlichen 
üigioneQnierricht  aoa  dem  lager  der  theologen  ertönt^  so  musz  hin- 
■demm  jeder  besonnene  laie  daa  gleiche  verlangem  stellen,  gerade 
i  den  gegenwärtigen  tagen  ist  es  die  religiöse  finage,  welche  die 
dt  bewegt  wer  —  ich  will  nicht  sagen,  in  dem  kämpfe  selber 
m  knie  bredien  —  nein,  wer  denselben  nur  in  seinen  Terschie* 
■en  phasen  mit  versttndnis  verfolgen  will,  muss  in  die  religions- 
iaensGhaft  eingeführt  sein. 

Und  sollte  nicht  jeder  das  im  stände  sein,  der  da  auf  den  namen 
■N  gebildeten  ansprach  macht?  allgemeine  bildung  ist  ja  eben 
ifnoge  snmme  von  wissen,  welche  notwendige  ist,  um  die  groszen 
ÜfrageiL  zn  verstehen,  die  religiöse  bildung  ist  idso,  um  es  kura 
1  lagen ,  ein  teil  der  allgemeinen  bildung  und  soll  darum  —  hier 

len  wir  zum  nemlichen  schluss,  wie  die  theologen  in  Wies- 
—  anf  hohem  unterrichteanstalten  durchaus  nicht  vemaoh* 
laigt  werden. 

j  Nun  fiLsse  ich  persönlich  allerdings  den  begriff  eines  solchen 
iteiiihüiu  weiter;  ich  denke  dabei  an  eine  geschichtliche  betrach- 
mf  dar  verschiedenen  hauptreligionen  der  menschheit,  der  todten 
ImI  als  der  lebendigen,  der  polytheistischen  nicht  minder  als 
b  monotheistischen,  nach  meinem  dafürhalten  sollte  der  schttler 
Iht  nur  mit  Judentum  und  Christentum,  sondern  auch  mit  dem 
■B,  mit  der  griechischen  religion,  mit  dem  buddhismus  usw. 
Aumt  gemacht  werden,  das  würde  den  horizont  weiten,  das  würde 
kdie  jungen  herzen  den  keim  der  toleranz  pflanzen,  wenn  den 
lUem  gezeigt  würde,  wie  vor  uns  menschen  darnach  gerungen 
kn  die  Wahrheit  zu  schauen ,  wie  heut  zu  tage  tausende  andern 
bnntnisses  nach  dem  nemlicben  ziele  streben ,  wie  sie  gerade  wie 
B  auch  etwa  von  einem  strahle  himmlischen  lichtes  geküszt  werden 
i  dann  wieder  im  dunkeln  irren  müssen,  in  dem  gescbichts- 
hnricbt  werden  ja  doch  die  sogenannten  heidnischen  reli^onen 
Böhnlich  nur  so  weit  berührt ,  dasz  sie  eher  jenen  fabelhaften  un- 

BL  jahrb,  f.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1»75.  hfl.  6.  19 


290  J.  Keller:  grandriaz  einer  historischeii  einleitang  in  die  bibeL 

geheuem  der  vorzeit,  lindwürmem,  drachen  usw.  gleichen  alsd^ 
edelsten  schöpfün]^^  des  denkenden  menschlichen  geistes. 

Will  man  sich  aber  im  religionsunterricht  auf  die  zwei  rdjgiaitf 
Judentum  und  Christentum  beschr&nken  oder  will  man  mit  3ib0 
den  anfang  machen,  dann  ist  das  oben  genannte  bttcUein  gansnl 
gezeichnet,  dasselbe  bietet  wirklich  alles,  was  zum  yerstlndnis  de 
bibel  notwendig  ist.  voraus  geht  eine  geographie  PaUstinaB,  läA 
eine  trockene  nomendator.  der  Verfasser  führt  uns  ins  JordHitti 
und  Iftszt  uns  schauen  die  grttnen  weiden  und  hinauf  Uiekn  ni 
schneebedeckten  Hermon;  er  versetzt  uns  im  geiste  anf  dis  hlfei 
und  zeigt  uns  das  land  bis  ins  blaue  meer.  so  gewimi6&  wii  dasidl 
lieb  und  folgen  nachher  mit  Interesse  dem  buchte  über  die  md 
würdigen  begebenheiten,  die  sich  auf  diesem  kleinen  fleok  eris  il 
gespielt. 

Nach  einer  kurzen  exposition  über  die  bibel  als  games:  itn 
namen,  ihre  teile,  die  spräche,  in  der  sie  abgefi^zt  nnd  diefte 
Setzungen  geht  der  ver&sser  zur  speciellen  betrachtnng  der  sdnüti 
alten  testamentes  über,  geschickt  weisz  er  dabei  passaiden  mk 
das  notwendigste  von  den  hebräischen  antiquitftten  einsnflacMi 
die  partie  über  die  hebräische  poesie  gehört  zum  besten,  waiii 
büchlein  bietet,  eine  grosze  Vertrautheit  mit  der  deatsdieii  dicMl 
ermöglicht  es  dem  verf.,  neben  das  morgenlftndische  und  dammaü' 
unter  anfangs  uns  befremdende  heimisches  von  glmlifthm»  aii  ■ 
stellen  und  jenes  so  zu  erklären. .  einmal  das  —  und  dann  w«ri> 
uns  die  proben  der  hebräischen  dichtung  wirklich  auch  in  diiiiM 
schem  schmucke  strahlend  vorgelegt,  nach  den  besten  tttuiuuliimM 
eines  Hitzig,  Meier  u.  s.  f.  denn  in  den  landläufigen  bÜMHhr 
Setzungen  ist  derselbe  verloren  gegangen. 

Die  Propheten  werden  dadurch,  dasz  ihre  biographieeniiii 
Zeitgeschichte  hineingewoben  werden,  als  das  dargestellt^  wis  wi$k 
that  und  Wahrheit  gewesen  sind,  als  männer  hervorgewiclMWWi 
ihrer  zeit  und  über  dieselbe  emporgewachsen,  die  kritik  hat  skhsM 
leicht  begreiflichen  gründen  mit  dem  neuen  testament  iiiiflleiiiliwiti 
befaszt,  als  mit  dem  alten,  hier  die  rechte  mitte  öinzobalten,  9K0 
seits  nicht  blosz  zu  erklären:  *es  ist  so!'  andersdts  sich  wM^ 
den  dunkeln  schachten,  wo  die  forscher  das  gold  der  wahxlieifcsaAfll 
zu  verirren,  —  das  war  offenbar  eine  höchst  schwierige  adjph 
aber  der  wurf  ist  dem  Verfasser  gelungen,  er  giebt  hier  mid  diii 
gemeinverständlicher  form  aufschlusz  über  den  jetugen  itnd  di 
forschung.  so  kommen  die  studierenden  nach  und  nadi  zur  eiasMÜ 
dasz  sich  die  bibel  der  historischen  kritik  nicht  entziehen  kann«  dl 
wo  der  anhaltspuncte  zu  wenig  sind,  wo  ihm  die  hypothesen  dv  f 
lehrten  zu  gewagt  erscheinen,  da  huldigt  der  yearf.  mit  edlsrh 
soheidenheit  dem  grundsatze :  est  etiam  aliqua  nesciendi  an  fl 
erklärt:  'einstweilen  weisz  man  noch  nichts  gewisses*.  gvmnA 
vortreffliche  schule,  um  junge  leute  vor  jenem  heillosen «bqnenli 
zu  bewahren. 


J. Keller:  groudrisz  einer  Jiistonschen  einleitung  in  die  bibel.  291 

Es  ist  ferner  rfihmend  anznerkennen,  dasz  verf.  im  ganzen  ver- 
ftaadni  hat,  seine  objective  steUung  zu  bewahren,  seine  objeetive 
stellimg,  sag  ich,  wenn  man  nemlichdas  wort  nicht  miszbränchlich 
iimmi  wie  oft  glaubt  man,  die  eigene  subjective  meinong  das  sei 
die  objective  und  jede  andere  im  yergleich  mit  derselben  subjectiv ! 
wer  ohne  Torgefasztes  urteil  an  die  prüfung  einer  sache  geht,  wer 
leide  parteien  hört  nnd  ihre  aussagen  unbefangen  abwffgt,  der 
^Dmmt  einen  objectiven  standpunct  ein.  die  objectivitftt  besteht  nicht 
etwa  darin,  dasz  der  richter  zu  gar  keiner  eigenen  ansieht  gelangt 
md  uns  nur  das  actenmaterial  einhändigt,  so  ist  der  verf.  des  ob- 
gouumten  schriftchens  allerdings  auch  zu  einer  eigenen  ansieht 
gelingt,  aber  nicht  hat  dieselbe  yon  vorne  herein  seinen  blick  ge- 
trflbt,  mit  ausnähme  vielleicht  von  zwei  oder  drei  stellen,  auf  s.  31 
Lb.  sagt  er:  *die  ersten  zwölf  capitel  (der  Genesis)  enthalten  die 
«^genannten  Urgeschichten ,  ewig  wahre  gedanken,  wenn  sie  auch 
lüt  im  gemeinen  sinne  des  wertes  als  geschichte  gelten  können 
loeh  wollen,  schwachköpfiger  Unverstand  will  sie  als 
lolche  behaupten  oder  bekritteln.'  abgesehen  nun  davon, 
dttz  jener  an&ng  der  Oenesis  seit  Jahrhunderten,  ja  seit  Jahrtausenden 
iflerdings  —  und  doch  wol  nicht  von  lauter  schwachköpfen?  — 
ib  gesdiidite  angesehen  worden,  gehören  solch  sdiarfe  polemische 
lehwerterschläge  am  allerwenigsten  in  ein  Schulbuch,  ich  wünsche, 
dasz  sich  der  verf.  bei  einer  neuen  aufläge  seines  buches  entschlieszen 
bbmte ,  jene  stelle  wegzulassen,  auch  auf  s.  124  hat  sich  verf.  von 
der  liebe  zu  seinem  stoffe  zu  einer  gewagten  behauptung  him*eiszen 
i  kfisen.  *wenn  man',  sagt  er  daselbst,  *alle  geschichtsbttcher  der  weit 
[  Iwtrachtet,  so  wird  zu  sagen  sein,  gleichviel  wie  man  sich  persönlich 
nm  religiösen  inhalt  der  evangelien  stelle :  die  gedanken,  die  that- 
iMhen,  welche  in  diesen  ihren  schriftlichen  ausdruck  gefunden 
kiben,  garantieren  ihnen  unter  allen  historischen  Schriften  aller 
iBten  die  erste  stelle.'  wie,  wenn  man  jetzt,  was  verf.  ttber  jene 
iwSlf  ersten  capitel  der  Genesis  gesagt,  ihm  hier  in  hinsieht  auf 
&  evangelien  entgegen  halten  wollte?  gerade,  wie  wenn  man 
Atons  dialoge  und  die  memorabilien  des  Xenophon  ihres  inhaltes 
9igen  zu  den  ersten  historischen  Schriften  rechnen  wollte, 
ftlrs  erste  ist  es  nicht  der  stoff  allein,  der  einem  geschichtswerke 
stelle  anweist,  und  fürs  zweite  ist  gerade  das  ^e  grosze  frage, 
die  evangelien  historische  Schriften  in  des  wertes  eigentlicher 
Bedeutung  genannt  werden  können. 

Die  spräche,  in  der  das  buch  verfaszt  ist,  darf  in  ihrer  schönen 
Ifinfachheit  eine  edle  genannt  werden,  ein  vorzug,  dessen  sich  nicht 
ferade  jedes  Schulbuch  rühmen  kann. 

Ein   anhang  enthält  eine  blumeniese  aus  den  verschiedensten 

lübersetzungen.     den  beschlusz  macht  eine  treffliche  karte  von 

ina,  eine  nicht  zu  unterschätzende  beigäbe. 

Möge  das  buch  in  die  bände  derer  gelangen,  für  die  verf.  es 

timmt  hat,  in  die  bände  der  schüler  an  hohem  bildungsanstalten 

19* 


292        Bericht  über  die  yerhandlnngen  der  S9ii  Tenammlmg^ 

und  in  die  hinde  der  gebildeten  Überhaupt»  <  ek gerne  aut  des 

^bibelfirage' belsiamitmAohten.  es:  verdient!  einen  tcdienrcvfoigfflil 
siftndigi 

WurranTHUR.         L^Suvii. 

BEBXQHT  ÜBEB  DIE  VEBHANDLÜN6EN  DER  NEninnn> 

ZWANZIGSTEN  VEBSAMHLÜNG  DEÜTSGHE&PHUiOIiOfla 

UND  SCHULILälOrBa  Zu  INN8BBÜCE 
vom:  28  eeptember  bis  81  ootober  ISM; 

(eohloai.)' 


Die  dritte  und  letzte  all^gemeine  sitKQiiff  fand  am  donftaii^ 
tag,  den  1  ootbr.,  statt,  def  prftsident  eröffnete  dteeelb»  mit  etaifli 
geflofattftliehen  mitteilungen  und  erteiite  damt  das  wort  dem  hnu  fm 
dr.  Linker  aus  Prag,  welcher  einen  vertrag  hielt  'snr  kiitik  All 
Horaz'.  kaum  bei  einem  andern  Schriftsteller,  so  begann  der  mieii; 
hersche  über  person  und  Charakter,  wie  ttber  den  werth  der  eltttelMl 
Schriften  eine  solche  meinnngsfi^rschiedenheit,  wie  bei  Honuu  dM 
neue  aaffordemng,  dieses  thema  zu  beaprschen,  liege  in  der  soigflUHgM 
erforschuDg  des  gesamten  kritischen  materials,  welche  im  der  BSili 
diplomatischen  ausgäbe  von  Keller  und  Holder  niedergelegt  b^  nach  fa 
ansieht  dieser  herausgeber,  deren  Verdienste  mit  warmer  'nnerkemi^ 
hervorgehoben  werden,  seien  drei-  haeptclaesen  tob  handtehiiftoflr  Mi 
einen  gemeinsamen  archetTpus  enrilokzafQhren^  der  beinahe  eu.li 
zeit  des  Horaz  selbst  stamme,  weshalb  denn  aaoh  die  fUierliefefOH  lü 
Horaz  zu  den  besten  der  ganzen  antiken  litter«tar  gehSre,  nnd  ii 
kritik  nur  die  aufgäbe  habe,  einzelne  graphische  versehen  an  beseMw 
wenn  noni  schon,  meint  Linker,  der  standpnnet  Beetleje  dem  guguiM 
ein  gana  anderer  gewesen,  so  sei  man  jetzt,  nachdem  dae  getarnte  hri 
tische  materiai  vorliege,  verpflichtet,  gegen  einen  so  äns»erlie|ien  jrtsij 
.punct  zu  protestieren,  spiltere  Veränderungen  der  gedichte  des  BoM 
durch  die  band  eines  emendators  gestehen  die  genannten  heraiugtli 
selbst  zn:  so  sei  z.  b.  C.  III 18  die  ältere  und  richtige  sehreibimg  Mgn 
an  stelle  des  von  theologischer  seile  eingeschwKrzien  pardoe.  kielik  fl 
k'  »nbar.  andere  fälle  der  art  seien  C.  IV  8  Teucro  daee  ei  eMliW 
Tetxro,  femer  militaris  Daunias,  jener  rudis  et  Graecis  intaetl  eanuril 
auctor.  nachdem  nun  diese  Schreibungen  offenbar  dem  arehetopei  f^ 
gehfyren,  aus  w^tlchem  unsere  Horazüberlieferung  geflossen,  könne  IM^ 
salbe  nicht  aus  dem  ersten  Jahrhunderte  n.  Chr.  stammen,  d^  kintf 
nun  jene  stich-  ud  Schlagwörter,  mit  denen  so  viel  miabraneh  getiii||i 
werde,  wie  'conservative'  und  ^destrucüve  kritik*  in  betracht;  aberi 
handle  sich  um  die  richtige  anwendung  des  conservatlven  priedill 
dessen  befolgung  sich  auch  die  philologie,  als  eine,  soweit  sie  ■ 
sprachlich -kritiache  seite  betrifft,  reconstructive  wissenschaÜ  sor  ssi 
gäbe  machen  müsse,  eine  verkehrte  auffassong  des  conservaüsmes  M 
f)£>,  alles,  was  als  Horazisch  überliefert  ist,  dem  dichter  snaosehreih« 
und  eben  deswegen  als  ausgezeichnet  zu  erklären,  während  doch  A 
Vertreter  eines  gesunden  conservatismos  im  dichter  kein  hervoftagea^i 
poetisches  genie  erkennen  und  deshalb  an  die  lyrik  des  Hoxns  nid 
einen  besonders  hohen  maszstab  anlegen  zu  sollen  glauben.  diHi 
standpuQct  hahe  namentlich  Teuffei  im  neuen  echo  verfochten |  ved 

Sredner)  stehe  atif  seiner  seite.     aber  es  handle  sich  dämm,  ob  mi 
[em  dichter,  der  als  der  einsichtigste  litterarische  und  ästhefciselw  ki 


teiladMr  Philologen  mid  •olmlmftimer  ta  ImuilbniDk.         39B 

d«rB5Bier  bekamt  Mi,  sutraiMo  dfirlt»  for-lMbavdiatitet^geni^M« 

I  .fMBBdcn  ^f^Mobmaoke  ba»  :getiQht  .gMcUagtn  o4«r  .föimUttlM 
mdudUer  uob  s«  •cbnlden  konuneA  Uaii«n.  «r  glaabo  .dAhor, 
üe  gMMiimun«  qntUe  aller  HorasbandMfavüteo  d«a  .Aiobtor'iiiiiki 
iUha»  MAdeni  in 'die  ttltosie  zeit  4«$'aUerfc«nf,  «itrln.dAo- aai 
iM  miUeUilers  in  setsen  «ei.  die  gediohte  dea  Ji«ffMi  küMoa 
'«Beadator  gefonden«  ans  deaaen  aoagAlw  ^e  nnfteve  exeaii^Vaie 
uwn  haoptfeblelli  atammen ,  etwa  ana  der  icdt  dea  l&avorüaa  im 
brbiindeit  *  n.  Chr.  in  Jener  aeit  der  yeiwllderoag.  «ad  de«  seltaäer? 
«•der  bSeher  konnte  ein  soleher  emendalor'ein^Xnaseiiieb'^ohr 
ilae  oKemplar  aar  band  habeni  aoa^welehea  lOride»  texi  dea-difdk- 
biianstellen  snobte.  der  redner  bemit  iaieb  anf  aeinen .  in  dem 
eben  jabrbt»bem  1865  >  eraebienenen  aafaats«  worin  naebgewieeei^ 
ly  wie  emeadatoren  auch  dem  ecbtoi  R9nier  gelänftge  aynalöpban 
•anfenlöaeii  verstanden,  ebnneo  .habe  dar  emeodator  :in  Minem 
üMmplace  «ehr  oft  das  ende  oines  ▼eiaea  cormpfc  nnddabgeriaaon 
den,  daher  die  vielen  falecben  eoigectoren  garado  «aa  Toraeeblnaaa. 

ee  gekoaemen,  daaa  die  Horaaüberliefemng  an  den  aahleebtoalen 
teiaoheii  litteratnr  gehöre  und  selbst  grammatiaeh  and  metrisch 
i^laablichsten  dinge  biete,  wovon  mehrere  beispiele  gncnbea 
n.  es  sei  also  nnsere  aufgäbe,  aoerst  jene  f alsaben  ■  emandawonegi 
tfemen  und  erst  dann  an  fragen,  welofaas. die. band. das «diefatam 
ba  sei  aneh  der  stand ponot  Bentleys  gewesen,  d«r  nidit  bloaa.ln 
iaehen  gründen  die  mkagel  der  tradition  <ei!blio1ie.  e&n- aolebiea 
iMn  werde  nm  so  wichtiger  in  besag  anf  die  hdbere  hMtik,  d.  b. 
iheidong  der  an«ehten  von  den  achten  stücken«  ;JPeßrUMMI»p  sei 
einen  tiefer  gehenden  nntersnehnngen  noeb  an  £rlh  .gekamnen, 
lie  damalige  textkritik  des  Horaa  im  einaelnen  noch  nicht  wait 
';,gediehen,  and  sein  weg  dürfe  erst  dann  wieder  betraten  werden« 
;ein  nener  Bentley  in  nnserer  aeit  ebenso  viel  leisten  würde,  wie 
!,ltr  die  seine.    Peerlkamp  nnd  seine  naahfolc^r  hagnügonskih 

ttiT  das  unmögliche  einer  BChreilNUig  naobanweisen  nndiao  daa 
de  stück  dem  dichter  abzaspreehan.  wenn  aber  .alletonkla^lieii 
Imah  corraption  des  textes  entstanden,  ao  könne  .es  gelingen, 
vfMnendation  des  textes  manches  als  wiskUdb  dam  Horaa  an- 
ipn  binansteUen,  so  in  C»  I  s.  S2  ff.    überhaupt  iBulsaa  man  jenem 

riete  gegenübertreten,  der  alle  nicbi  .an  'Yerst^endan.  atücte 
ainem  interpolator  anschreibe,  dem  sich  jeder  nnalnn  sniranan 
ic^ao  seien  die  ersten  8  verse  von  sat.  I  10  aiemlieb  eiaatinuB^ 
imriit  erklärt  worden,  wlthrend  Nipperdey  gesaigt  .habe«  wie  ge- 
ll werden  müsse,  aar  erläntemng  der  grondaitae  >  seiner  -kiHtte 
[flar  redner  sat.  I  7  mit  den  entapreebandan  amandationan  ,rü9^ 

II  er  findet  in  36  versen  wenigstens  ein  dutaand  pnnata,  über 
|.alcb  entweder  sehr  streiten  lasse  oder  welche  garädasa  ala 
^rderbnisse  beaeichnet  werden  .müssen  nnd  beapriebt  Yon  dam 
IfBiigSToracblägen  pusqae  yenennm(|na,  wiaa  aabon  J^oiurlkaaip  var- 
^nnatatt  des  überlieferten  pus  atqne  vanennm  ^^T.  I)  — >  nnnc  ad 
|0eo  für  das  handschriftliche  ad  Regem  redeo  (▼.  9)  —  quoi  rera 
|aa  für  das  überlieferte  quo  rara  secarit  (v.  27)  —  pioramst  für 
lat  (y.  36). 

Hn  zweiten  vertrag  hielt  br.  prof.  dr.  Dieterici  aus  Berlin  ^über 
jkaliamos  und  Platonismus  im  lOn  jahrhonderte  a.  Chr.  bei  den 
pi'.  die  arabische  philosophie  werde  in  der  geschichte  der  philo* 
1^  gewöhnlich  kurz  abgethan.  nach  aufaählung  spttrlicher  namen 
man  sich  mit  der  deduction,  dasz  durch  Averrboes  die  Aristo- 
philosophie  dem  abend  lande  übermittelt  wurde,  das  würde 
die  Araber  setzten  an  die  stelle  des  bis  dahin  gewohnten  neo- 
len  durch  die  ideenlehre  der  phantasie  anheimgegebenen  weges 
ligen    wissenschaftlichen   weg   zur   beantwortung    der   frage: 


/ 


294        Bericht  über  die  yerbandlungen  der  29n  Tersammliuig 

woher  die  Tielheit  der  dinge?  da  sieh  die  saehe  aber  doch  etwii 
anders  yerhalte,  so  möchte  er  eine  philoeophisohe  geeamtanschiwn 
des  ganzen  weitaus  entwickeln ,  wie  sie  sich  im  lOn  jahrhonderte  !■ 
Orient  gebildet  habe  and  dann  an  der  küste  Afrikas  hingetrafen  woii 
bis  nach  Spanien,  nm  von  hier  ans  weitergebildet  nnd  den  anden  tS- 
kem  zugebracht  zu  werden,  vorher  aber  müsse  er  einige  ponele  im 
culturznstandes  der  arabischen  weit  berühren,  der  koran  sei  ein  eoe- 
volot  von  Widersprüchen,  worans  die  Orthodoxie*  etwas  eans  andeni 
gemacht  und  den  gedanken  entwickelt  habe:  'daa  einnge  alias  b^ 
stimmende  wesen  im  all,  das  willen  hat,  ist  gott;  er  bestimmt  alli 
dinge;  der  menseh  ist  ein  stumpfer,  dumpfer,  willenloeer  imeekt' 
daraus  folge,  dasz  gott  den  sünder  zur  sünde  bestimme  nnd  dam  m 
ewigen  verderben  verdamme,  um  gott  von  dieser  ungerechtigkeH  ni 
retten,  seien  im  ersten  Jahrhunderte  der  Hedjira  alle  begriffe,  <Ue  gtlt 
als  rücksichtslosen  tyrannen  darstellen,  entfernt-,  und  der  meudi  ik 
freies,  dem  geistigen  streben  bestimmtes  wesen  hingestellt  woidWi 
dazu  sei  es  allerdings  nötig  gewesen,  den  koran  als  ein  in  der  nit 
entstandenes,  folglich  der  kritik  unterworfenes  buch  anzusehen,  dff 
streit  darüber  spaltete  die  gemeinde;  die  orUiodozie  wurde  swarwissflih 
schaftlich  niedergeworfen,  aber  sie  hatte  den  schütz  der  greisen  nl 
einschneidende  gründe,  das  schwort  des  henkers.  in  dieser  z^t  sei  iu 
streben  entstanden,  durch  das  Studium  des  altertums  und  der  religi5«i 
bücher  ein  sjstem  zu  bilden,  das  auf  alle  geistigen  und  aitttichen  mi|« 
eine  entsprechende  antwort  gab.  um  nun  die  lehren  dieser  anfsifi 
nur  in  geheimen  kreisen  gepflegten  anschauungen,  deren  keime  im  Vsi* 
platonismus,  in  den  anschauungen  des  Ptolemaeus  über  die  weh,  In 
organon  des  Aristoteles,  in  den  werken  des  Galenus  zu  finden  seiaz, 
kennen  zu  lernen,  will  der  redner  die  Versammlung  in  einer  viortd^ 
stunde  durch  das  weltall  führen,  nach  dem  neupjthagor&iicIiMi  gml* 
satze  entsprechen  die  urwesen  den  urzahlen,  d.  h.  den  nenn  eizsti. 
demgemftsz  sind  9  hauptpotenzen  der  entwieklung  der  emanation  Mi 
gott  anzunehmen,  das  eins,  selbst  keine  zahl,  aber  prineip  der 
t6  Iv  oder  t6  öv  sei  dasselbe,  was  theologisch  6€6c,  allah 
wird,  die  zweite  potenz,  zu  der  sich  die  ausströmende  nrkrmll 
wickele,  sei  die  Vernunft  voOc,  die  dritte  die  seele  Hiux'kt  aniaa,  ii 
der  vierten  stehen  alle  dinge  in  der  form,  im  cTftoc  und  wird  die  v- 
materie,  d.  h.  die  form  des  Stoffes  noch  nicht  stofflich,  sondern  gdil% 
gedacht,  zur  überbrückung  der  idealen  und  sinnlichen  weit  diene  dh 
alles  schaffende  natura,  q)Octc,  welche  die  erste  materie  aur  nrellM 
mache,  woraus  sich  erst  die  eigentliche  schöne  weit  entwi^ele.  ^ 
trete  uns  Ptolemftus  entgegen,  der  bei  den  Arabern  Almageet  hät^ 
worin  der  name  seines  werkes  cOvraEic  ^cricrri  zu  erkennen  mL  M 
dem  beispieie  einer  zwiebel  wird  nun  dessen  Weltsystem  antehaiM 
gemacht  mit  der  erde  und  dem  wasser  im  innem,  an  die  sieh  erde  wA 
luft,  dann  die  sieben  planetensphären,  die  Sphäre  der  fizsteme  md 
umgebung^sphäre  anschlieszen.  in  diesen  Sphären  rollen  die 
auf  und  nieder,  nehmen  die  ergüsse  des  allwesens  von  oben  anf 
streuen  sie  den  niedrigem  Sphären  zu.  man  denke  sich  also  eine  V* 
kraft,  die  von  oben  her  die  weit  bewege,  von  Sphäre  zu  sphlre  geflW 
werde  und  endlich  im  mittelpuncte  des  alls  anlange,  nachdem  so  Ai 
emanation  erklärt,  fährt  der  redner  mit  der  mineralogie  begiiMMi 
durch  alle  abstufungen  die  rückströmung  bis  zum  mikrokossras,  dM 
menschen  durch,  von  ihm  wurde  verlangt  ernstes  streben,  stndiui  te 
mathematik  (der  CTOixcta  des  Euklid),  Studium  der  log^  des 
teles,  erkenntnis  der  natur  namentlich  aus  den  werken  des  Gal« 
bis  der  mensch  endlich  in  den  stand  gesetzt  ist,  sieh  in  die  tii 
der  tiefen,  woher  alle  kraft  stammt,  in  gott  sieh  zu  versenken.  «—  Da 
habe  man  eine  vollständig  abgerundete  gesamtvorstellung,  eine  «nh 
Wicklung  aus  gott  zur  weit,  eine  rückströmung  von  der  well  m  fott. 


deutscher  philologen  und  schulmänner  zu  Innsbruck.  295 

fm  tntwort  auf  die  frage ,  was  die  weit  im  innersten  zusammenhält, 
to  gebe  es  neben  der  bildnng,  die  von  Rom  aus  nach  Deutschland  ge- 
InfBo  wurde,  einen  sweiten  bildungsstrom  von  osten  her,  der  getragen 
wir  Ton  der  idee,  dass  die  freiheit  des  denkens  und  die  erhebung  der 
iittliehen  gesinnung  das  ziel  des  menschliehen  strebens  bleiben  müsse. 

Den  nächsten  Tortrag  sollte  dr.  Benicken  aus  Gütersloh  halten 
'tter  das  12e  und  13e  lied  vom  zome  des  Achilles*,  da  aber  die  zeit 
Hkon  vorgerückt  war,  ersuchte  der  präsident  den  redner,  nachdem  die 
rtmmlnng  eine  probe  seiner  forschungen  gehört,  abzubrechen. 

Hierauf  erfolgte  die  summarische  berichterstattung  über  die  seotions- 
ibnngen.  dr.  Weicher  referierte  für  die  pädagogische,  dr.  Julius  für 
lie  irehäologische,  dr.  J.  Zingerle  für  die  deutschromanische,  dr.  Weiss 
Rh  die  orientalische,  dr.  Schmidt  für  die  indogermanische. 

Alsdann  richtete  der  zweite  präsident  director  Biehl  herzliche 
wrte  des  abschiede  an  diese'  ^segenbringende  Versammlung  deutscher 
Philologen  und  schulmänner*,  und  prof.  dr.  Kö  chly  dankte  in  begeisterten 
Worten  dem  präsidium,  den  behörden,  dem  lande  Tirol  und  brachte  ein 
koek  aus  auf  die  gastfreundliche  Stadt  Innsbruck,  in  das  die  ver- 
HMielten  freudig  einstimmten,  präsident  prof.  dr.  Jülg  erklärte  hier- 
■af:  'die  29e  Versammlung  deutscher  philologen  und  schulmänner  ist 
iwehlossen,  es  lebe  die  30e!' 

Verhandlungen  der  sectionen. 

I.  Die  pädagogische  section  constituierte  sich  unter  dem  vor- 
iHk  des  prof.  dr.  Eckstein  und  des  directors  Biehl;  als  secretäre  fun- 

een  die  herren  dr.  Weicker,  director  in  Schiensingen,  und  professor 
die  aus  Bozen,  in  der  ersten  nach  der  constituierung  abgehalte- 
■n  Sitzung  wurde  verhandelt  über  die  these :  'der  Schulunterricht  hat 
K  dahin  zu  bringen,  dasz  die  schüler  eines  hauslehrers  in  der  regel 
ridit  bedürfen',  die  Vertretung  derselben  führte  prof.  dr.  Mal f er- 
Uitiner  aus  Innsbruck,  welcher  in  warmen  werten  die  nachteiligen 
U|ou  des  in  Oesterreich  üblichen  usus,  für  die  schüler  eigene  'in- 
llneloren'  zu  halten,  auseinandersetzte,  in  der  hierüber  eröffneten 
imssion  sprach  zuerst  landesschnlinspector  Lang  aus  Wien  und  be- 
MWgte  auf  grund  eigener  Wahrnehmungen  das  Vorhandensein  dieses 
hM^ewurzelten  übelstandes.  so  weit  sei  es  gekommen,  dasz  man  den 
Hkuem  zwei  hanslehrer  halte,  den  einen  der  realistischen,  den  andern 
iv  humanistischen  richtung  angehörend,      der  grund  davon  liege  in 

r  linie  darin,  dasz  in  der  schule  häufig  bloss  gelehrt,  anstatt  ge- 
rn gearbeitet  werde,  was  denn  in  Verbindung  mit  den  ziemlich 
anforderungen  zur  folge  habe,  dasz  das  bedürfnis  einer  nachhilfe 
Mtehe.  femer  gebe  es  namentlich  in  grösseren  Städten  bei  gesegneten 
fciilleu  eine   menge  distrahierender  einflüsse,   welche  die  Willenskraft 

tehüler  auf  ein  minimum  reducieren;  zur  Unterstützung  derselben 
manchmal  ein  redlicher  führer  am  platze  sein,    könne  man  schon 

ilb  die  hanslehrer  nicht  mit  ^inem  male  beseitigen,  so  komme  noch 

,  dasz  ein  drittteil  der  jungen  leute,  welche  in  Oesterreich  stu- 
lireD,  nur  durch  erteilung  von  lectionen  ihre  existenz  sichern,  also 
iMh  «bschaffang  der  instructoren  brodlos  würden,  lehrer  sollen  die 
ikSIer  nur  einen  haben,  den  in  der  schule;  aber  es  sei  nicht  aus- 
IMehlossen,  dasz  ihnen  besonders  in  den  unteren  dessen  ein  geleiter 
■1  zeuge  ihrer  privatthätigkeit  beigegeben  werde. 

!  Director  dr.  Imm.  Schmidt  aus  Falkenberg  erklärt,  dasz  die  Nord- 
iMtschen  für  diese  frage  kein  Verständnis  hätten;  ganz  unzulässig  bei 
limgogischen  fragen  sei  das  herbeiziehen  der  existenzverhältnisse. 
1  Dem  gegenüber  macht  der  versitzende  dr.  Eckstein  geltend,  dasz 
IB  auch  in  Norddeutschland  den  übelstand  finde,  wenngleich  nicht  in 
■Mlben  ausdehnung;  auch  er  sei  damit  einverstanden,  dasz  existenz- 


296        Bericht  über  die  yerhandlungen  der  89n  yenanunliiiig 

Terhftltnifse  nicht  zu  berüeksichtifiren  «eien ;  Oeatarveieh^hAlM  iU  fttÜ 
EU  sorgten ,  dass  talentyoUe  stodierende  ontentiitsiiiig  fiadea  «od  aUk 
ihre  kraft  darch  erteilong  Ton  leotiooen  aufreihen. 

Direotor  Biehl   findet   die   arsaehe   dee  miistandet  akht  ii  i» 
jetsigen  schule,  sondern  in  der  methode  der  firiäiem  nett,   daher ; 
selbst  arme  lente  ihren  söhnehen  aach  ohne  hed&rfhie  Maeadi 
au  halten,     er  wünsche,   dasc   die   bestrebnngen  der 
seholmftnner,   dem  abzuhelfen,    durch   die  autorität  dar 
unterstütst  werde.  ■   -.« 

Direetor  Schiller  aus  Constanx  erbliokt  in 
nur  die  nachwirkung  der  frühem  einriehtungen,  die  sieh  an  dea 
fisch  katholischen  gymnasien  infolge  der  jeeuitisohen  di 
erhalten  haben,  am  einfachste  könne  aber  dadurch  ihyehelfeaw^ 
den,  dasE  das  lehrereolleg^nm  in  die  Statuten  der  anelalt  dieibeiltaaMf 
aufnimmt:  'kein  sohüler  darf  ohne  genehmigung  des  diiaeton  pilnl^ 
Unterricht  erteilen  oder  sich  erteilen  lassen.' 

Biehl  erwidert,  dasz  die  schule  nicht  in  der  welae  in  aia  mH: 
der  familie  eingreifen  dürfe;  sie  müsse  sich  mit  einem  ratüa  IwgaltMt. 

Schiller  hält  an  seiner  ansohauung  fest,  da  die  .eltam 
masEon  einen  yertrag  mit  der  anstalt  schlieaEcn,  oad  weaa 
gesetze  einer  anstalt  nicht  gefallen,  nicht  geswungen  eeien,  dhia 
dahinzuschicken. 

Nach  dem  schluszworte  des  referenten  entspann  sieh  noch 
lebhafte  discussion  über  die  Stilisierung  der  these,  welehe  sehHesriidk 
in  folgender  form  angenommen  wurde:  'die  lefareroeUe^ii  Ittbai  W 
dahin  zu  bringen,  dasz  die  schaler  der  nachhilfe  eines  Jk^mMkatm 
nicht  bedürfen'.  '2 

In  der  zweiten  Sitzung  sollte  prof.  Egger  von  IftSllirali  M 
Wien  einen  yortrag  halten  'über  das  bedürfnis  sweekmiasig  > 
teter  pttdagogischer  seminarien'.  da  er  yerhindert  war  in 
gab  der  y ersitzende  dr.  Eckstein  einen  überblick  Über  die 
lung  dieses  gegenständes,  seit  dem  ende  des  17n  jahrhaaderti 
man  an  den  uniyersit&ten  anstalt en  zur  bildong  yon  gymnesislU 
getroffen;  zuerst  in  Halle  unter  der  leitung  des  Chr.  Cellariae^ 
pietistische  Frankesche  schnle  folgte,  in  Göttingen  Bland 
logische  Seminar  unter  Qessner  und  Heyne.  Wofi  hatte  seil 
ao  eingerichtet,  dasz  in  seiner  gegenwart  praktischer  ontaniflhi  fM 
anstaltet  wurde,  erst  in  diesem  jiüirhunderte  wurden  alleaHuAM' 
den  uniyersitäten  —  auch  in  Oesterreich  —  philologiseba 
errichtet.  Eckstein  glaubt,  dasz  die  hauptsaehe  immer 
wissen  bleibe,  während  die  didaktische  kunst  mehr  surftektrelea 
durch  zu  grosze  betonung  der  rontine  würden  die  gelahrten 
nur  yersehlechtert  und  das  rege  wissenschaftliche  lebea  fceaintiftbMI^ 
es  solle  nun  zuerst  erörtert  werden,  ob  die  errichtaag  pidagefleehrt 
seminarien  ein  bedürfnis  sei  und  in  zweiter  linie,  arie  sie  aas  awesM' 
massigsten  einzurichten  seien.  -U 

Dr.  J.  Schmidt  bestätigt  ans  eigener  erfahning  die  laaBadUH 
pädagogische  bildung  der  jungen  lehrer.  die  schuld  liege  aa  Abb  sM 
zu  idealen  nniversitätseinrichtungen ,  wo  auf  die  heraabUdaag  pnW 
scher  Schulmänner  gar  keine  rticksicht  genommen  werde.  •! 

Dr.  Kleinmann  aus  Pest. wünscht,  dasz  die  pädagogik  ab 
Schaft  an  den  Universitäten  mehr  gepflegt  werde. 


Landesschulinspeotor  Lang  setzt  auseinander,  dasa  die  JbbM 
lehramtscandidaten  in  Oesterreich  in  die  unentbehrliohe  kaaafeas 
Pädagogik  theoretisch  durch  die  bestimmung^n  dee  orgaaiealiaBMii 
Wurfes  und  praktisch  durch  das  probejahr  eingeführt  werdest  aber  4i 
mangel  an  lehrkräften  bringe  es  mit  sich,  dasz  oft  gaai  aalertifa  eai 
didaten  yor  ablegung  ihrer  prüfung  sofort  mit  einer  grastea  asashl  as 
lehrstunden   fiberbüiäet  werden,     unter   diesen  umetibidaa  kSaae  ve 


dentaeber  philologen  und  schnliiiäniier  zu  Iniusbniok.         297 

dMr  kimat  der  verwertoni^  de«  wissenB  keine  rede  sein,  deswegen 
htUkt  der  wonaeh  in  Oesterreicb,  dase  an  der  nniversität  im  dritten 
jibt  des  trienninms  Tortri|pe  über  pädagogfik  gekaltep  and  dajBit  j^ak* 
ÜKhe  fibongea  T«rbanden  werden,  da  für  die  Tolksacbole,  in  welcher 
4tt  lebiler  bis  attm  14b  jähre  behalten  werde,  ein  bedürfnis  pädagogi- 
«Im  Toil^ildidig  bestehe,  flei  ee  aoeh.fUr  daa  gjmoasiaai  vorhanden, 
h  welches  die  schäler  mit  dem  lOn  jähr  in  der  regel  eintreten. 

Eckstein  macht  darauf  aufmerksam,  daea  das,  was  Lang  woUci 
11  dett  *dentsohen  nniversitäten  schon  beatefae.  da  das  bedUrfnis 
sssrkannt  wnrde,  brachte  der  Vorsitzende  die  frage  der  einriobtang 
w  discnaaion, 

Lang  glanbt,  dasz  mit  der  abhaltung  der  vortrage  and  leitong 
iir  praktischen  fibnngen  männer  betraut  werden  sollen,  welche  selbst 
hhrer  an  der  mittelscnale  gewesen,  dasz  die  candidaten  sich  im  lehren 
tbsQ  and  dabei  auf  die  fehler  aufmerksam  gemacht  werden  müssen. 

Eckstein  bemerkt,  dasz  diese  einrichtung  in  Halle,  Göttingen  und 
Leipdg  schon  bestehe;  Schulmänner  halten  vortrage,  schüler  ans  dem 
maasinm  kommen  zu  den  Seminaristen  —  zu  den  von  ihm  geleiteten 
iNoren  immer  6.  als  knabe  sei  er  selbst  oft  in  das  seminar  gegangen 
lii  daselbst  examiniert  worden,  daher  seine  liebe  zum  berufe. 

Rehdantz  führt  an,  dasz  zu  den  prüfungen  der  lehramtscandidaten 
ii  Plenszen  auch  gymnasialdirectoren  beigezogen  werden. 

Schiller  befürchtet  eine  beeinträchtigung  der  wissenschaftlichen 
MUnng,  wenn  die  pädagogische  ausbildung  der  candidaten  in  das  dritte 
Jibr  verlegt  werde. 

Eckstein  machte  hierauf  einem  mehrfach  ausgesprochenen  wünsche 
'  iMfcgenkommend  mitteiluugen  über  die  einrichtungen  der  pädagogi- 
'ßäüiü  seminarien  in  Leipzig  und  Halle,  die  Seminaristen  machen  Schrift- 
^'Idke  arbeiten,  z.  b.  ans  der  geschichte  der  pädagos^ik,  oder  über  prak- 
[fiNke  fhigen,  z.  b.  ob  griechische  elegiker  und  fyriker  in  der  schule 
[fliesen  werden  sollen,  die  studierenden  treten  in  das  seminar  im 
tlifttso,  anch  nach  dem  dritten  jähre  und  bleiben  1 — 2  jähre,  in  der 
[inktiscben  übungsstunde  werde  nun  eine  förmliche  lection  gehalten 
M  an  dieselbe  nach  entfernung  der  schüler  eine  oft  sehr  anregende 
[Mute  geknüpft. 

Reh d an 1 8  wünscht,  dasz  im  principe  ausgesprochen  werde,  jeder 
shende  lehrer  solle  bei    den  anerkannt    tüchtigsten   meistern    eine 
[>ift  laag  hospitieren;  dadurch  lerne  er,  wie  man  die  seele  der  schüler 
»e. 
Schiller  ist  eher  für  eine  einrichtung,  wie  sie  an  dem  von  Bonitz 
[iMeten  gymnasinm  zum  grauen  kloster  bestehe;  geprüfte  lehramts- 
"laten  erhalten  eine  kleine  Stundenzahl,  werden  einem  erfahrenen 
r  übergeben,  vom  direotor  beaufsichtigt  und  durch  gemeinschaft- 
besprechungen  zu  tüchtigen  Schulmännern  herangebildet. 
Bei   der   abstimmung  entschied   sich  eine    kleine  majorität   dafür, 
die  praktische  Vorbildung  an   der  nniversität  selbst  zu  erfolgen 
vihrend  eine  bedeutende  minorität  Schiller  beistimmte,  dasz  sie 
[^  lach  dem  aniversitätsexamen  einzutreten  habe. 

Auf  antrag  des  versitzenden  wird  ferner  der  wünsch  ausgesprochen, 
w  die  Staatsregierangen  erfahrenen  lebrern  gelegenheit  geben,  durch 
|Mieo  and  hospitieren  an  schulen  anderer  länder  und  im  ei(?enen  lande 
[^  genaue  kenntnisse  zu  verschaffen. 

In  der  dritten  Sitzung  führte  den  Vorsitz  director  Biehl.     gegen- 
der  Verhandlung  war  die  these   'das  zeichnen  sei  als  obligater 
»genstand  für  das  untergjmnasium   einzuführen,    als    freifach  im 
rmnasium    beizabehalten'.      prof.  Stolz    ans  Innsbruck  wies    als 
srent  nach,  dasz  das  zeichnen   eine  notwendige  ergänzang  der  ali- 
leinen    bildung   sei  und   führte   aus,   nach  welcher  methode  und  in 
ler  aosdehnung  der  Zeichenunterricht  am  untergjmnasium  zu  er- 


298        Bericht  über  die  Terhandlongen  der  29n  Tersamiiiliiiig 

teilen  wSre.  an  der  debatte  beteiligte  sich  als  erster  redner 
schnlinspector  Mareech  aus  Troppaa  nnd  wendet  sich  snmKehst  ftpm 
das  argnment,  dass  den  söglingen  des  gymnasinnis  dar  lUiertritt  in  At 
realschnle  erleichtert  werde,  weil  dadurch  dem  seiohonmtwiiehti  «e 
gjmnasinm  siele  gesteckt  würden,  die  dem  gymnasiimi  liremd 
er  sei  nur  für  einHihmng  des  seichennnterrichtes  nls  mittel  allfei 
bildang}  aber  obligat  dürfe  nur  in  dem  sinne  verstanden  winden, 
die  schale  Terpflichtet  sei  den  Unterricht  sn  erteilen  und  jeder 
denselben  besuchen,  aber  nicht  in  dem  sinne,  dass  jeder  eeMkrarf^ 
jeder  stufe  ein  bestimmtes  lehrsiel  erreichen  müsse* 

Director  Kriechenbaur  aus  Znaim  hält  die  f ra|^  prakttoeh 
gelöst  an  den  österreichischen  realgjmnasien  nnd  sprieht  aleh 
dagegen  aus,  dass  die  leistungen  aus  diesem  gegenstände  für  äi» 
Setzung  in  die  nächst  höhere  dasse  massgebend  sein  sollea. 

Dr.  Lechner  aus  Ansbach  betont,  dass  der  seiobennntentokf 
gyrnuasien  Torzugsweise  die  aneignung  der  antike  nnd  die  elsMll 
bildung  im  äuge  haben  müsse ;  es  sei  daher  die  seiohnnng  kürptrBl 
formen,  insbesondere  das  frühzeitige  gewöhnen  des  anges  aa  die 
nähme  edler  Vorbilder  aus  dem  classischen  altertnm  in  den 
zu  stellen. 

Director  Stier  aus  Zerbst  ist  nicht  für  diese  einseitige  ani 
des  Zeichenunterrichtes;  man  möge  bedenken,  dass  s.  b.  die  nai  ~ 
architektonischer  denkmSler  doch  mathematische  Schulung  voi 
weshalb  das  mathematische  zeichnen  nicht  ganz  vemaehlissi^ 
dürfe. 

Prof.  dr.  Pfaundler  empfiehlt  ebenfalls  die  einführong  de« 
Unterrichtes  an  gymnasien;  er  habe  als  professor  der  phjsik  aa  dar! 
brucker  Universität  die  erfahrung  gemacht,  dass  die  sindieraadlea 
grosse  Unfähigkeit  an  den  tag  legen,  apparate  nnd  instmiieale 
ständlich  zu  zeichnen  oder  deren  Zeichnungen  aufsnfassen« 

Dr.  Perkmann  aus  Innsbruck  glaubt,    dass   der  formanriaa 
Unterdrückung  durch  einseitige  entwicklung  anderer  anlagen  aa 
durch  den  Zeichenunterricht  geschützt  werde,    auch  betont  ar  die 
werthung  des  Zeichnens  für  den  geographischen  nntenicht.  .rj 

Die  these   gelangt   hierauf  üi   folgender  fassnng  sor 
und  annähme. 

1)  die  einführung  resp.  erhaltung  des  seiehenunterriohtaa        _ 
sium  ist  durch  die  notwendigkeit  für  die  allgemeine  bilda^^ 
boten ; 

2)  der  Unterricht  ist  in  den  unteren  dessen  obligat,  aber  die 
hat  keinen  einflusz  auf  die  Versetzung; 

3)  auch  im  obergymnasinm  ist  die  gewähmng  des  seleheni 
pflicht  der   schule,    die   teilnähme  von  Seiten  der  adiBkr 
facultativ. 

II.    Die  archäologische  section  hatte  als  vorsitienda  die 
prof.  dr,  Wildauer  aus  Innsbruck  und  prof.  dr.  Bronn  a 
in  der  constituierenden  Sitzung  schloss  sich  an  den  gesehlflllaben 
noch  ein  vertrag  des  prof.  Wildauer  ^über  die  bedentony  Tinll 
die  classische  archäologie'.    in  der  zweiten  sitsung  spraeh  hr.  Oakll 
Schläger  aus  München  'über  einige  der  wichtigsten  nenan 
rätischem  boden',  nemlich   das  militärdiplom  von  regenabay  i 
Aurelische  thor  daselbst,     nach  einer   kursen  discasaion  fibar 
gegenständ  besprach  der  vortragende  noch  den  .plan  einer 
sehen  karte  der  römischen  Überreste  im  ehemaligen  REtien 
läge  von  kartenproben,     hierauf  folgte  der  vertrag  dee  kni« 
Wilhelm  Klein  aus  Graz  'über  zwei  strittige  vasendarstelhuigM*j 
der  (dritten)  letzten  Sitzung  berichtete  prof.  P.  Flavian  Or(  ' 
Hall  'Über  einige  in  neuerer  zeit  in  Südtirol  anfgeltandeaa 


deutscher  philologen  und  sohulmänner  zu  Innsbruck.  299 

ir.  Flasch  aus  Würsburg  'über  den  athletenkopf  der  Mttnchener 
otbek*,  weleben  er  der  Poljkleitischen  schule  zuwies. 
DL  Die  yereinigte  orientalische  «nd  spracbvergleichende- 
•  hielt  unter  dem  Vorsitze  des  prof.  dr.  Weiss  aus  Graz  vier 
Igen,  wovon  die  erste  der  constituierung  diente,  in  der  zweiten 
lg  sprach  prof.  Schmidt  aus  Graz  'über  quantitatiye  und  quali- 
I  TerSnderung  der  vocale  durch  r  und  /  im  indoffermanischen'. 
f  gab  prof.  dr.  Gosche  aus  Halle  einen  ausführlichen  bericht 
len  internationalen  orientalistenconrress  in  London,  daran  schlössen 
erhandlungen  über  gemeinschaftliche  angelegenheiten  der  deutsch- 
lalindischen  gesellsohaft.  — •  In  der  folgenden  sitsung  referierte 
dr.  Roth  aus  Tübingen  über  den  fortgang  des  8t.  Petersburger 
ritw5rterbuches.  die  Tersammlung  votierte  den  bearbeitem  ihren 
dann  sprachen  prof.  dr.  Lauth  aus  München  über  den  alt* 
»iacben  königsnamen,  prof.  dr.  Buden z  aus  Pest  über  ungarische 
Inrergleichung,  dr.  Orterer  aus  München  Über  den  Samaveda, 
dr.  SaTclsberg  aus  Aachen  über  lykische  Sprachdenkmäler,  — 
r  letzten  Sitzung  sprachen  prof.  d».  Schiott  mann  aus  Halle  über 
im  Onandaga  in  Nordamerika  gefundene  kolossale  phönikische 
I  und  knüpfte  daran  eine  Zusammenstellung  der  anzeichen,  welche 
Ine  phSnikische  einwanderung  in  Amerika  schliesien  lassen.  -— 
MTof.  Fleischer  in  Leipzig  drückte  die  yersammlung  telegraphisch 
lankbare  yerehmng  und  den  wünsch  baldiger  genesung  aus. 
^trennt  hielt  die  sprachYorgleichende  section  an  demselben 
die  einzige  Sitzung  unter  dem  yorsitze  des  hm.  dr.  J.  Schmidt 
Ifaz.  in  derselben  hielt  dr.  J0II7  aus  Würzburg  einen  vertrag 
lle  g^schichte  der  Wortstellung  in  den  indogermanischen  spracheUi 
dehe  sich  eine  anregende  debatte  knüpfte,  die  aber  wegen  der 
Aekten  zeit  nicht  zum  abschlusse  gebracht  werden  konnte. 
7.  In  der  deutschromanischen  section,  mit  der  sich  die  section 
•ere  sprachen  vereinigt  hatte,  führte  den  Vorsitz  prof.  dr.  Zingerle 
nabruck.  in  der  ersten  Sitzung  sprachen  hr.  dir.  dr.  Strehlke 
fsrienburg  über  die  Goetheausgaben  der  letzten  sieben  jähre; 
dir.  Mahn  aus  Berlin  über  die  proven^alische  Sprache  und  ihr 
llBis  zu  den  übrigen  romanischen  sprachen;  prof.  dr.  Sachs  ans 
iMburg  a.  d.  H.  über  den  heutigen  stand  der  romanischen  dialekt- 
■Bg.  —  In  der  folgenden  Sitzung  gab  prof.  dr.  Bartsch  eine 
•iner  neuen  Danteübersetzung  (hölle  I — V);  prof.  Michaeies  aus 
I  sprach  über  den  tiroler  dialekt  mit  besonderer  berücksichtigung 
(utkthales,  dir.  dr.  Grion  ans  Verona  über  die  anordnung  und 
ii  Verfasser  besorgte  Originalausgabe  des  Canzoniere  des  Petrarca. 
^Bteub  erfreute  die  section  mit  einem  vortrage  über  tirolische 
bgie.  —  In  der  letzten  sitzung  hielt  prof.  dr.  Hintner  aus  Wien 
vertrag  über  tirolische  dialektforsehnng;  dr.  J.  Schmidt  aus 
g  über  die  perioden  der  englischen  litteratur  im  zusammen- 
it  der  geschieh te  der  spräche,  zum  Schlüsse  zeigte  dr.  Keina 
eben  einige  interessante  altdeutsche  handschriften  mit  bemer- 
nnd  erklämngen.  —  Erwähnt  sei  noch,  dasz  in  der  zweiten 
dieser  section  beschlossen  wurde,  man  möge  sich  an  den.grosz- 
^  von  Oldenburg  mit  der  bitte  wenden ,  dasz  der  Oberlehrer 
ftben  zam  zwecke  der  förderung  der  herausgäbe  des  mittel- 
Qtdchen  Wörterbuches  vom  grösten  teile  seiner  lehrstunden  ent- 
werde und  dasz  Se.  k.  boheit  diesem  unternehmen  auch  eine 
•  geldunterstütznng  zuwende. 

lern  ich  diesen   bericht  zur  Veröffentlichung  übergebe,   mnsz  ich 
iem  masdrucke  verbindlichen  dankes  coustaüeren,  dasz  mir  herr 
t  prof.  dr.  Jülg  mit  der  grösten  bereitwilligkeit  die  benutzung 
aellen  berichte  gestattete. 

l«H8BRüCK.  Victor  PbrJlthonbr. 


i 


300  Philologische  programme  der  provinien 

(18.) 

PHILOLOGISCHE  PBOGKAMME  BEB  PBOVtSZEN  8GD» 

SIEN,  SACHSEN,  BRANDENBÜB6.    1673. 

(foriMtcung.) 

WiTTtTOGK.  gymp.  9  clasten,  li  lahrer,  M9  «chUbr  i«  tmum 
'  302  im  Winter,  4  abit.  dr.  VoU  wurde  alf  direeftor  «teofUirt  V  M 
dee  ord.  lehren  8ohneid«r:  ^flber  den  nmpnuig  der  H»awriidlMf| 
dichte'.  82  b.  die  Homeriechen  gedichte,  dip  weMntliehit«  ^MikU 
g^ondlage  der  gesamten  griechieohen  bÜdong,  ide  pind  »noli  fifr  VM ' 
BÜglieh  geeignet ,  gmndlage  wahrer  wUaenschaltlichef  bildnag  sb  i 
notwendig  ein  genanef  verstündnis  der  gediehte.  die  frif»  lUMsli  der^i 
»tehong  in  ihrer  gancen  ansdehnung  gehdrt  nieht  in  dte  «ehida^ 
einem  programme  darf  den  Forgeeohrittenem  schfile^  woleia 
gewährt  werden,  dies  der  inhalt  der  einleitnng.  die  nirteraMliug  l 
beginnt  mit  einem  citat  aus  Ber^^  (gr.  UiU  I  a.  440  Q  vnd  •«•» 
den  gang  der  entwicklang  der  Homerischen  Icritik  dannlegea. 
markeleine  anf  dem  felde  Homerischer  nntersnchoiigaa  «würdea 
Wolf,  Lachmann,  Bemhardy,  Bitschi,  Bonita,  SMigabnicki 
Bergk,  deren  resnltate  ans  ihrer  kritischen  arbeit  Im 
richtig  angegeben  werden,  doch  berfihrt  es  nnaogeDehm, 
Hermann,  Dfintser,  Köchly,  Kirchhoff,  Grote,  Friedllirier, 
manche  andere,  die  doch  sich  eines  wolbegründeten  submo« 
biete  Homerischer  kritik,  auch  bei  denen,  düe  wie  rel.  kaiaai 
allen  nachträglich  genannten  die  ansichten  durchaos  blUigeiiv 
yon  dem  verf.  keiner  erwähnong  gewürdigt  werden,  obwoT  ihr 
nm  Homer  nnd  die  kritik  der  anf  seinen  namen  gehenden 
lengbar  bedeutend  ist.  Terf.  will  die  verschiedenen  yon  tha 
gestellten  meinnngen  nun  unter  genauer  beräcksiehtigmg  der 
sehen  gediehte  selbst  prüfen  und  meint  nachweisen  sn  ~  ~ 
alle  bisher  aufgestellten  meinnngen  über  die  Homerischen 
ungenügend  seien,  suerst  wird  der  allgemeine  gedanke  des 
liehen  erörtert,  ein  nach  bestimmtem  plane  componiertes  epae  bOdi, 
kern  unserer  Homerischen  dichtungen.  allgemein  ist  angestanden  /* 
die  gediehte  nicht  ursprünglich  für  leser,  sondern  für  hSrer 
wenn  das,  wie  kam  H.  au  so  umfangreichen  diehtnuranf  .oki 
sammenhangenden  Tortrag  ist  ein  epoe  undenkbar.  Herrn ww 
gehende  ansieht  wird  gebilligt,  verf.  lengnet  die  mSgUehkeÜ 
zusammenhangenden  Vortrags  eines  einheitlichen  epos  nnd-  well 
die*von  Sengebusch  angeführten  seugnisse  für  nur  stfiekweiaaa 
der  Homerischen  gediehte  hin.  von  Bernhardts  ansteht  «iid 
gesprochen,  sie  sei  unklar  nnd  der  gelehrte  widerspreehe  tloh 
selbst,  verf.  erklärt  die  annähme  eines  klaren  nnd  festen  plinetj 
dem  die  Ilias  gedichtet,  für  unmöglich,  und  führt  gründe 
solche  annähme  an.  an  Bergk  wird  Bemhardy  gegenüber 
rühmt,  doch  soll  auch  er  die  zweifei  nicht  läen.  verf. 
seine  mannigfachen  bedenken  gegen  Bergks  ansieht,  aneh  anf  dai] 
Bergk  beliebte  mass  rednciert  bleibt  die  Ilias  am  nafsoii 

sammenhängendem  vortrage.    B.  selbst  gesteht  an,  der  i    ,^ ^. 

einheitliche  kern  der  Ilias  sei  nicht  nachzuweisen  und  BliMftIM 
Zuflucht  zu  dem  diaskeuasten,  für  dessen  dagewesenaein  keia  Wll 
zu  erbringen,  dessen  jemalige  existenz  mehr  ala  im ir iliieiih etelJAj 
als  ebenso  unwahrscheinlich  wird  B.s  ganze  hypotkeee  hnselnkBel^^ 
das  unwahrscheinlidm,  das  sie  enthält,  wird  vom  veHL  eiagelMal4 
gelegt,  wir  können  die  hier  gegen  Bergk  geführte  polenuc  a«r  a| 
ihrem  ganzen  umfange  billigen,  im  wesentlichen  stimmt  nnieie  i 
handlung  über  Th.  Bergk  nnd  die  Homerische  frage  mit  doB  dMlegu| 


nf»  fB  WiiaiwiBg  tmf  die  ergebnisse  libtireln.  die  arbelf  de»  f  elC 
8  aller  ertt  ifoi^  ei«r»  -rier  wctehen  hekattn«  gewordeov  «o-  Ältt  die 
«I  feWtoUi  mitefvaohaag  eise  daMMitfe  eelbeiindlfe  MMiti  «Ml 
I  deck  Mieh  mehr  B.»  aa8lllhrini|>ea  ia  der  aBMyie'  der  1111»  als 
kr  aUgpeaelneii  tetfv  naehgegang^eBj  w&lMNmd>-terf(  gerade  dieea 
lern  «a«  gegeaetende  seiner  kritn'  maelk%  ee  uasefiA^arbeH' Wef- 
effgiaaeB£  B.e  begrüitidtnig  sei^Mf  airtixAf  ans'  der  BiM  eelliet 
Mt  Tevf.  aar  ktm,  auch  ilir  ebjeetivMt  «ad  tljeheqgaagifcraift 
iJiandl-  Terf.  geht"  daan  ia>er  aar '  BeepveclMng  der'  aanelMa  4&t 
•ea»  welcfte  die  IL  and  Odl=  aiehtiür  ela  groasM  ganortw  ekiea 
leadlbea  diektefe,  aeadem  f&lr  .irfiie- ianuami^  "iNia  einaeUiedehm 
iai»  Ikrer  aalfkstaag  wird  die  anteagkare  ianeve  M^reiiilflUBaiang 
li;  aMduMRngea,  ethafmkiere,  gefahle«,  wnnBebea*,  "wie  Ut  tea, 
§m  Torlrage  nad  aaedmeksweise,  die  in'  den  Homeifeeken  diek- 
1^  en%egenlrilt,  eatgegeagekallea,  wie  ide  aaeb  t^tf  Wblf,  Her- 
«ttd  andern  anertanaüfft.  eölbbe  bariaeniekAanrnack' dem  verf. 
?*90  ref8ekiledeaeB^  diobten-  veriebiedeaer  seifen  herrübren,  ffi» 
I  ^aofa  ein  g^retkee  gemeteeames  rorbfld  gebakt  kaken*^  woven 
Iktee  epnr  da  is«.  aaeb  Sengebaeeke  meinang*!«!  niekt  la  villigen, 
«fkeser  dtor  einaellieder  Bcden  landsieate  and  ^eitgeneeeea  ga«- 
,  ffllider  einer  mit  der  diebtkunitf  beeobftflH^i^  fkmille.  aker 
ir^  ir®9^  diese  meinung  Torbringl,  liest  dbök  immer  nochrbe- 
V  sa.  aaek>  Laekmaaas  bekaaptni^,  ansere  Hill«  eel  vev  der 
•des  P^aistMrafees  nie  hi  dem' geg^Wkrtigen  saeamrarnnbaaiga*  der 
iaBden  and  nicbt  bloss  der  wenigen  bedenteadsteA  teile  gedaebl, 
Ik  aakaHbar  beseicbnet.  aber  aach  bier  mVusen  wir  die*  beweis- 
lir  Tergebraebten  gründe  leagnen  oder  deek  mindestitni  anaweifeln. 
'^kommtrerf.  endlidi  mit  seiner,  1lbri|^nS' Wie  yerf.  selbst  b«rv«r- 
italneawegs  neuen,  sondern  im  weeentfieben  mit  Jl  H.  Voss  and 
kiki  fibereinkommenden  meinang  vor*,  -Hb  and  Od.  seien  aas  ar- 
|kk  .TOB  einander  anabbSagiffen  liedeni  desselben  dfobteis  naek- 
ft-  sasaBraieBgef9gt.  die  anmebi  tob  Minekwits>  bat  bereits' g«> 
lia  aarfickwefsang  darek  Bonits,  Bergk  and  Bemkardjr  erfakren» 
fklMist  kei  diesen  mSnnem  gHfaidb  wider  Minekwlts^  vlellaiekt 
iir  sie  in  onsem  die  einseinen  lieder  kerstallenden  arbeitea,  ia 
^  wir  des  dftem  daraaf  hinweisest  dasz,  wae>  in  dem  elaen  llede 
laas  Biebt  so,  wie  es  dastekt,  tob  einem  diekt^  gesagt' sein 
in  einem  andern  Hede  dies  oder  jenes  sagt.  yerf.  snebt  naa 
seiae  bjpothese  su  begrüadev^  retf.  bXH  ee  für  därekans 
I»  dass  die  die  Homeriseben  gedifebte  lesenden  and  böreadea 
niebt  sollten  die  widersprücbe  bemerkt  kabea.  sie-  kabea 
keia  gewlcbt  daraaf  gelegt,  weil  sie  auek  spMer  die  dlek>- 
sbtals  gaases  goBossea,  soadem  aar  abaeruBdete  nad  salb^ 
absekaitte  aaffassten.  des  Afistoteles  refleaioB  tber  dsif  Ib^ 
plan  stdtseB  sieb  anf  allgemeiae  eriaaerang'  aB-den  baemti- 
entbebren  der  gensaen  begr^ndaar«  ^olne  gaBaae'  krMsml6 
lg  lag  ibm  fiarn.  die  Griecben  »ssten  «e  Bounerfsekan 
in  ihren  einseloen  scenen  anf,  nnd  diese  anffkssang  war  rem 
beabsichtigt,  er  hatte  keine  veranlassang  nach  einem  küast- 
|%mf8SseDden  plane  zu  streben,  sein  höchstes  siel  war,  jede  ein* 
le  sorgfältig  auszumalen,  die  zusammenhängende  entwicklnng 
Terlor  für  ihn  jedes  interesse.  die  Griecben  hatten  kein 
an  der  zusammenhängenden  entwicklang  des  gesamten  epos 
sksichtigten  sie  daher  nicht,  in  der  Ilias  ist  ein  im  ganzen 
(her  Stoff  enthalten,  aber  nach  keinem  einheitlichen,  susammen- 
plane  dargestellt,  der  schlusz  daraus  auf  einen  dichter,  der 
Glieder  gedichtet,  ist  nicht  zwingend,  die  gleichartigkeit  ia 
^^darsteliung  ist  wol  im  allgemeinen  anzuerkennen,  aber  doch 
diesen   beziehungen  zeigen  die   eiuzellieder  mannigfache  ab*> 


4 

I 


302  PhilologiBche  programme  der  proviiuMn 

weichnngen.  wir  machen  dabei  aaf  die  snsammeiifltelliuiMn,  die  i 
über  dir.  cip.,  über  gleichnisse,  über  eintretende  gStterwirkuigeB,  0 
spraebliehe  eigentümlichkeiten  in  anaem  einselabluuidliiiig«B  gMil 
haben,  aufmerksam,  verf.  wendet  sich  aar  frage»  woher  dar  duk 
seinen  stoff  genommen,  er  soll  die  sage  sdhon  in  einer  gewisMB  ä 
heit  des  Stoffs  vorffefonden  haben,  diese  soll  sieh  in  folg»  dar  III^ 
epischen  einxellieder  von  selbst  gemacht  haben  im  geiata  dar  hft« 
diese  einheitliche  sage  soll  gegenständ  prosaisoher  eraXhlmig  gawi 
sein  und  verwandt,  um  belehmng  zu  geben,  so  Tersteht  Terf«  das  mA 
des  Tolks  an  der  sagenbildung.  ihm  ist  die  sage  aaa'dar  ariaMiii^ 
an  wirkliche  ereignisse  erwachsen,  das  ganse  derselboa  aibar  w.ll 
darstellung  einzelner  scenen  vorhanden  gewesen,  dieaea  eati 
gang  sollen  die  griechischen  mythen  in  vielen  beiqwalaB 
Homer  nahm  den  allgemeinen  Inhalt  der  sage  vom  troitelwii 
der  Überlieferung,  ihr  hervorragendster  teil  war  dar  com  dit 
aus  diesem  abschnitte  wählt  der  dichter  den  Stoff  fOr  aeina 
handelte  ihn  aber  in  freiester  weise  und  besohrlnkte  sieh 
einen  bestimmten  abschnitt  der  sagen  vom  troiaehaa  kriega* 
hat  nichts  absolut  neues  geschaffen,  vielmehr  nur  in  dar  apiachsü 
den  höchsten  gipfel  erreicht,  neu  war  nur  die  beachilBkuig  aaf 
bestimmten  Sagenkreis,  die  in  den  einzelnen  liedem  za  tage 
differensen  in  ton  und  anschauungen  meint  verf.  hinttogh^ 
erklären,  dasz  H.  während  seines  ganzens  lebens  gedientat  habti 
verlaufe  desselben  aber  auch  in  seiner  entwioklnng  ftirtguaiihrittw^ 
besonders  auch  durch  seine  vielen  reisen  immer  nena  ***Tnhn" 
gewonnen,  weiter  will  verf.  an  einzelnen  liedem  aaigaB,  dan 
ursprunf^e  von  demselben  dichter  durchaus  nichts  entgaganftakt. 
müssen  diesen  nachweis  als  mislungen  bezeichnen,  über  die 
urteilt  verf.  ohne  berücksichtigung  der  bekannten  bemerkiug  hti  Of 
tbios  und  in  scholL  V,  sowie  ohne  erwähnung  der  von  0üitiir, 
Holm  gegebenen  nachweisungen.  nur  Bemhardjra  wird  gedaaU 
seines  zu  den  Lachmannschen  gefügten  grundes,  den  variTdmk 
Weisung  auf  K  170  widerlegt  zu  haben  meint,  ohne  zu  badaidMa>  f 
doch  170  f.  unecht  sein  könnten,  verf.  gibt  weiter  eine  — -*" 
füll-  und  Verbindungsstücken  zu.  H  818  ff.  werden  darchana  ab 
angesehen,  auch  Q  wird  für  ein  werk  desselben  diohtert ,  wia  4 
dem  stücke  angesehen,  allerdings  in  die  spätem  lebeniQahrtt  dia^ 
gesetzt,  die  Odyssee  wird  demselben  dichter,  wie  die  in  der 
sammelten  einzelUeder  zugeschrieben,  auch  die  aage  voa 
rückkehr  wurde  von  ihm  in  einzelliedem  behandelt,  dodi 
diese  mehr  im  zusammenhange  der  ganzen  sage,  aber  aar  laMa 
so  lange,  den  ganzen  sagenstoff  darzustellen,  die  letzten  gelingt  H 
Hess  er  nur  im  entwurf ,  der  dann  mehr  oder  weniger  ongaaemkl 
geführt  ward,  wir  haben  uns  hier  im  wesentlichen  auf  bariekl 
beschränkt,  eine  kritik  der  hier  vorgetragenen  auslohten  in 
wie  im  einzelnen  zu  geben,  ist  hier  kein  räum,  doch  hoffea 
verehrliche  redaction  dieser  blätter  werde  uns  später  einmal  dl 
zur  eingehenden  beleuchtung  der  nicht  neuen  paradozia  fibor 
merischen  gedichte  gewähren,  das  wesentliche  in  seiaer 
einheit  des  dlchters  aller  einzellieder,  hat  verf.  nicht  ~ 
er  häufig  nicht  genug  auf  die  vorhandene  litteratnr  eingeht, 
eine  reihe  von  gelehrten,  deren  namen  in  der  geschiehte  der 
Homerischen  gedichte  von  bedentung  sind,  wie  Hermana 
Köchlj,  Düntzer,  Grote  und  Friedländer  nicht  einmal  der  erwl 
würdigt,  auszer  etwa  in  einer  oder  der  andem  anmerknag, 
oben  schon  bemerkt  ^ 

Nbu-Kuppin.  Friedr.-Wilbelmsgymnasium.  17  lehrer,  IS  dMill 
885  Schüler  im  sommer,  390  im  winter,  7  abit.,  ord.  lehrer  LakM 
"tieng  nach  Potsdam,    cand.  Schaber  trat  in  die  zweite  hUftleH 


Schlesien,  SiMsliBeii,  Brandenburg.  1878.  808 

k,  dir.  pnif.  dr.  Sehwarts  wurde  aaeb  Foeen  btorttfen,;  an^  aeine 
e  trat  obarl.  dr.  Kftster  aus  Berlin,  ord,  lekrer  "Grab el  fWliesK 
HMtah,  an  seine  stelle  trat  hfilfiilebrer  Zeterlinf ;  Ittr  ihn  wurde 
riOfdehrer  eaad«  Sehenh  eingereiht.—  Abb.  ren  dr. Sebneider: 
InafswirthschAftliehen  lehren  in  der  politik  des  Aristoteles'  (forte, 
r  ■hhandlung  desselben  yerfassers  im  proffr«  von  D.  Crone  1868).  84  s. 
hitto  abeehnitty  mit  welchem  dieser  sweite  teil  der  abbandlung  be- 
1^  ist  ttbersehriebent  des  Aristoteles  lehren  Yfm  rerteilung  der  gäter 
teste  eder  vom  eigentnm.    das  eigentnm  ist  die  bedingnng  physi- 
r  wie  geistiger  entwieklnng  der  mensehea.    daher  die  seit  tanger 
gSBMehten  yersuche,  an  erforschen,  nach  welchen  bedlagungen  and 
lacB  das  eigentum  sidi  gestaltet,  yerteilt  oder  Tcrbiaucbt  wird. 
,  behandelt  den  process  der  entstehung  detf  privatetgentams»    der 
nah  wie  der  Umtausch  bilden  den  hintergrund  alles  Tcrkehrs.    das 
t  aeboB  Aristot.  politik  1,  8,  11.  18.  14.    das  individuells  eigentnm 
lam  Ar.  eine  im  staatsieben  unerschtttteriiche  positio  a  priori,  es 
rit  der  menschlichen  natur  aufs  innigste  rerbunden.    Arist.  wider- 
te  mit   entechiedenheit    den   lehren   der  gtttergemeinschaft  and 
ll^cbheit.   so  steht  er  gegeniiber  den  politischen  trttamereien  des 
■I  and  Hippodamos,  wie  der  Staatslehre  des  Phaleas.    vergL  poli- 
I  1,  MK  U  i  2.  3.  6.  8;  gegen  gfitergleiohheit:  II  4,  8.  6.  7.  11.  12; 
I»  In  seinen  ursprfingliehen  eigentumsyerhftltaissen  erscheint  dem 
da  ideal  f&r  angemessene  Verteilung  des  eigentams:  II  8«  8;.  diese 
I  aoebt  verf.  su  deutea,  wobei  er  bäianptet,  Arist.  habe  den  begriff 
■bait  nicht  ganz  richtig  zu  fassen  rermoobt.   w^ter  erörtert  yerf. 
■Jjist.  die  frage,  was  su  der  erreichang  des  idealstaatos  gehört. 
Ib  YH  4,  6.  Vn  6,  1.  8  angegebenen  ulgemeinen  requisite  ent- 
m  in  andern  stellen,  wo  die  indlTidnelle  geiteltung  des  eigentums 
aielt  wird,  weitere  ausf&hmng,  so  in  lY  8,  8—8,  er  beleiht  auch 
^a  mittel,  wodurch  ein  mittelttand  su  schaffen,  zu  erhalten  und 
Mtigwi  ist,  so  y  7,  10.  12.  VI  8,  4.  VII  8,  6.  7.  HI  7,  7.  Vn  8,  8. 
Ist  STösse  des  mobilen  yermögens  spricht  Ar.  nicht,  er  sisht  nur 
irandbesits  als  rechte  yermögensquelle  an.     yerf.  zieht  sunUchst 
■anltat  aus  obigen  stellen  und  spricht  darauf  im  anscblusse  daran 
Mb  beschrSnktheit  grieoh.  lebens-  und  staateansebauung,  die  Arist. 
|L  I  2,  4—7.  12. 13  darlegt,    dieselbe  spricht  sich  aus  in  den  beiden 
pBtasten  griechischen  yerfassungen,  der  Lykurgischen  und  Soloni- 
yon  einem  yerhftltnisse  zwischen  dem  einseinen  menschen  und 
te   und    ihren    gegenseitigen  unyerüuszerliehen   rechten   und 
ist  keine  spur,    nach  grieohischer  ansefaauung  war  der  Staat 
tliche  eigentümer,  der  einzelne  bfirger  nur  yerwalter.    yerf. 
hier  auf  die  heutigen  socialen  yeriilUtnisse  zu  sprechen,    des 
~  theit  in  der  beurteilung  der  yerwendnng  geistiger  bÜdung  su 
Wehen  zwecken  wie  des  zinsnehmens,  überhaupt  der  nnmittel* 
t  und  selbsthltigkeii  wird  dargethan  anter  besngaahme  auf 
10;  Vm  2,  1.  2,  und  sehlieszlich  seine  lehre  ftber  das  coacreta 
und  den  ökonomischen  yerkehr  steif,   starr  and  antik  stei- 
t.     der  vierte  abschnitt  ist  fiberschrieben:    des  Aristoteles 
aber  consum  der  guter,     diesen  teil  einleitend  verbreitet  sich 
er  bedeatang,  Inhalt  and  umfang  der  consumtion.    Aristot.  be- 
lat  zunächst  die   fundamente,  auf  denen  jede  wahre   consumtion 
iS  2,  5 — 7;   er  teilt  alle  besitzstücke  in   zwei  arten:    solche  für 
n  und  solche  für  consumtion.    die  consumartikel  dienen  ent* 
dem  anmittelbaren  oder  dem  mittelbaren  genusz,  über  den  mittel- 
durch  tausch  and  kauf  vermittelten  consum  vergl.  I  3,  11;  über 
hältnis  von   production   und   consumtion  zum  wohle  der  familie 
Ar.  I  2,  4.     der  erwerb  der  consumtionsbedürfnisse  ist  nach  ihm 

Ptzung  der  Ökonomie,  deren  wesen  I  3,  2  erörtert  ist.     sie  richtet 
den  verbrauch   der  herbeigeschafften  bedürfnisse.     hier  ver- 


I 


304  Berichtigaiig. 

weist  Terf.  auf  äie  erörterangen  SasendhU  im  rK  mvsaiiBi  90^  604 
in  diesen  jAhrb:  1867  s.  477.  der  eonsam  entreeke  steh  merst  tnf 
natürliohe  befriedigangsmittel  (I  8,  2—8);  der  hsuhalt  darf  niehi  k 
erwerb  anfgfehen  (1  8,- 18),  dem  eins  futä  gelderwerb  wMl  eis«  awmMii 
gemacht  (l  8,  19.  14,  8);  die  lehrer  cbr  ökoaoak  htBfMMgm  M 
wesentlich  mit  der  Terwerthnng  der  befiriedi#iiag»nitft«i  a»  mits  wi 
wohi  der  familie  (I  $)  8.  7-^12);  sie  haben  mahv  dea  it—ebea  als  ta 
festen  besiti  im  a«ige.  diese  sittKehe  fortentwieklang  das  mensshii 
wird  aaeh  betont  ond  dem  nackten  streben  nscb  ffaldarwei^  nnid  «^ 
tnm  entgeffengeeetst  (VII  1,  8.  4.  12,  4);  Ar^  bMoadat  hier  eins  dl^ 
Hebe,  ideale  aaffassong  des  menschen  und  einen  inaem  aibaolMii  fi|m 
die  babsaoht,  wahres  menscfaengilick  besteht- ihm;  In  etasB  dasch-  tigis^ 
bildung  nnd  Sittlichkeit  gelltaterteft  gennsse  der  HnsMPed  gllttr.  s.  Ifri 
der  abhandlang  sollte  Terf.  besonders  abdr ackeft  lasssn  md  mter  km^ 
band  an  aße  die  grossen  geschSftsleute  nnserer  tage,  aoaiariiek  Hl 
allein  dem  goldenen  kalbe  dienenden  Jaden  nnserer  gmistldfes!,  4fli 
auch  den  liberalen  mitgliedem  des  laiid-  nnd  reiebsts^ea,  sowie  imsb 
hohen  behdrden  zfnsehicken.  es  ist  eine  geradesn  herlicbflif  dam  til 
ans  der  seele  geschriebene  anseinandersetzong;  nach  dlaser  die  Hsta 
schaden  innerhalb  der  bentigen  gesellsehaft  in  lebendiger  davstattsq^ 
zeichnenden  abscttweifnng  wendet  verf.  sich  sor  baspraehnag  dss«^ 
was  der  Staat  an  seiner  existens ,  besonders  snr  reatisienrng  dar  ita 
immanenten  aufgäbe  nötig  hat.  des  Ar.  ansichten  von  staatseoasni 
sind  ausgesprochen  I  4,  8.  VU  7,  4.  VI  6,  1-^10:  12.  IB  (ttbaa  beilrf- 
nisse  des  Staates),  VII  5,  l-*-6i  10,  2—8:  U,  4.  2,  10.  18,  14.  1»,  f.  10; 
letztere  stellen  beziehen  sich  anf  den  eonsnm  ffir  ■  das  mililllwisM 
das  ganze  8e  bneh  behandelt  die  schale  und:  die  er^iekaag  der  Ub«r 
nnd  zeugt  von  tiefem  verstindnisse  des  werthes  nad  dar  slellang  M 
einschlagenden  Institute  für  den  Staat,  rergl.  bes.  VIII  1,  1.  2Lr  dM 
lehren  des  Ar.  treten  nicht  in  gestalt  eines  modemea,  Jibgasahlflasail 
Systems  auf,  vielmehr  nur  als  demente  einer  stmatsknnst^  aibar  es  MH 
sich  darin  bedeutendes  staatawirthschaftliches  material.  ' 

(fortsetEung  folgt.) 

Gütersloh.  H.  K«-  Bumuiuue 


■  I 


22. 

BERICHTIOUNO. 


Zu  dem  bericht  des  hm.  C.  M.  Über  mein  programm  Im  Ita  hell 
dieser  Jahrbücher  darf  ich  mir  wol  folgende  bemerkaagea  arlaabaa.-J»' 
Herr  C.  M.  übersetzt  ex  tertia  elasse  in  der  tertia.     es  ist 
erste  elasse,    wie  ieh  ausdrUcklioh   hervorgehoben  habe,   alsa 
prima,     sonst  h&tte  das  oitat  keinen  sinn.    --*-    Ich  aoHi  die 
zu  arg  beschnitten  haben,     bei  jedem  eiaselneB  §  habe  Iah 
sieht  begründet,     fttr  eine  widerlegnug*  würde  ich  hra.  O.  IL 
dankbar  sein.  —   Dass  ich  textausgaben  für  allein  aweakmUnlg  ' 
habe  ich  nicht  nur  durch  wenige  beiapiele  zu  erhärten  gaaaoht, 
die  allgemeinen  gründe,  die  ich  angegeben,  waren  mir  baaoadafs 
gebend.    —    Ueberhanpt  seheint  mir  hr.  C.  M.  den  leitandan 
der  von  mir  vorgeschlagenen  methode  nicht  hinreiohand  saiaav' 
tung  werth  gehalten  zu  haben. 

Altona.  Hl 


ZWEITE  ABTEILUNG 

IOB  GYMNASIALPlDAÖOGIK  MD  DIE  ÜBRIGEN 

LEHBFlGHEB 

MIT    AUS8CHLU8Z   DBB   CLA8SI8CHBN    PHILOLOGIE 

HSSAU80EGEBEN  VON  PROF.  DB.   HbBHANN  MaSIUS. 


t 


23. 


'  GYMNASIUM  UND  GEGENWART. 

(im  anschlu8z  an  Jahrgang  1874  8.  353—382.) 


Der  erste  teil  von  gymnasium  und  gegenwart  beschäftigte  sich 
ittt  einer  mehr  principiellen  erörterung  der  gesichtspuncte,  die  ge- 
onsere  zeit  einer  betrachtung  des  höheren  Schulwesens  nahe 
hieran  schlieszt  sich   in  diesem  specielleren  teile  eine  dar- 
der  Überzeugungen  und  erfahrungen  an,  die  sich  mir  in  einer 
szu  achtzehnjährigen  praxis  hinsichtlich  des  Unterrichtes  in  den 
flachen,  namentlich  in  den  alten  sprachen,  aufgedrängt  haben. 
Schon  hiermit  ist  die  subjective  art  meiner  auseinandersetzungen 
leutet.   und  wenn  irgendwo  scheint  es  mir  in  einem  meist  rasch 
ihebenen  und  rasch  vergessenen  Zeitungsartikel  zulässig  einer 
objectiven  und  allseitig  erschöpfenden  darstellung  zu  entsagen 
nur  das  resultat  der  eigenen  betrachtungsweise  der  dinge  vor- 
gelingt  es  meinem  aufsatze  die  musestunde  eines  fach- 
sich  zu  gewinnen  und  seine  aufmerksamkeit  nach  der  einen 
der  andern  seite  hin  anzuregen  und  zu  beschäftigen ,  so  hat  er 
aufgäbe  erfüllt. 

Manches  weist  mich  darauf  hin,  dasz  der  erste  teil  meiner  aus- 
idersetzungen  über  die  Stellung  des  gymnasium  zur  gegenwart 
it  unbeachtet  geblieben  ist.    mehrfache  besprechungen  in  öffent- 
len  blättern,  sowie  private  mitteilungen  haben  meiDe  anschauungen 
reichert,  teilweise  auch  berichtigt,    auf  diese  kundgebungen  eines 
teiter  gehenden  interesses  darf  ich  wol,  ohne  unbescheiden  zu  er- 
leinen,  in  diesem  Vorworte  insoweit  eingehen,  als  ich  mich  inner- 
Ib  der  grenzen  halte ,  innerhalb  deren  es  sich  um  die  sache  selbst 
idelt. 

y.  JÄhrb.  f.  phil.  u.  p4d.  II.  abt.  1875.  hft.  7.  20 


306  GymnaBium  und  gegenwart. 

Den  ersten  widersprach  erweckten  meine  ansichten  in  kreise] 
von  denen  er  mir  am  unerwartetsten  kam.  ärzte,  zum  teil  mir  to: 
her  noch  unbekannt,  protestierten  gegen  die  ausBchliessung  ilm 
künftigen  standesgenossen  vom  gymnasium.  dieser  einsprach  koiui< 
manche  betrachtungen  veranlassen,  denen  sich  eiin  gymnasiallehn 
nicht  ungern  hingibt,  wäre  er  auch  nur  der  ausflosz  einer  gewisK 
pietftt  fClr  die  bildongsstätte  der  eigenen  jogendaeiti  so  war  er  mjkn 
werthvoll  gegenüber  der  oft  gehörten  behauptung,  wie  wenig  du 
das  gymnasium  von  den  ihm  angehörigen  in  spftterer  seit  enl 
noch  dazu,  wenn  diese  Suszerungen  von  einem  stände  ausgehen^  de 
es  für  seine  specielle  ausbildung  relativ  am  wenigsten  bieten  kau 

Aber  eines  namentlich,  was  aus  den  kreisen  der  finske  wür  vo 
gehalten  wurde,  möchte  allgemeinerer  beachtong  werth  sein,  mi 
gab  wol  zu,  dasz  die  realschule  vielleicht  teilweise  schon  so  oigu 
siert  sei  oder  doch  noch  so  organisiert  werden  könnte,  dass  sie  ssd 
gemäsz  und  direct  zum  akademischen  studium  der  ärzte  flberkitA 
könnte,  notwendiger  weise  muste  man  damit  zugleich  zngeba 
dasz  namentlich  die  allgemeinen  naturwissenschafÜichen  stadiei 
die  den  medicin  studierenden  auf  der  Universität  zonächst  bescUi 
tigen,  noch  eingehender  betrieben  und  somit  das  fondament  de 
ganzen  fachbildung  noch  solider  gelegt  werden  könnte,  kante  ib 
bei  der  Vorbildung  des  arztes  nur  die  Vorbildung  für  seine  spedA 
Wissenschaft  in  frage  und  nichts  weiter,  so  möchte  es  überwiQgeid< 
gründe  geben,  dieselbe  der  realschule  zuzuweisen. 

Aber  man  sah  da,  wo  der  vorteil  zu  liegen  schien,  niglfid 
eine  gefahr  versteckt,  was  der  speciellen  Vorbildung  des  fJMihfnmie 
zuzuwachsen  schien,  das  muste  doch  gegenüber  der  jetzigen  tv 
bildung  einen  defect  nach  der  andern  seite  hin  aufweisen  und  diw 
defect  fand  man  an  einer  stelle ,  die  allerdings  nicht  ttbersdra  ni 
gering  geschätzt  werden  darf,  in  der  allgemeinen  bildung  des  wm 
sehen,  in  der  that,  da  ja  gymnasium  und  realschule  ihre  scMki 
eine  gleiche  zahl  von  jähren  bei  sich  behalten ,  so  hat  es  alle  wihr 
scheinlichkeit,  dasz  jeder  vorsprung  nach  der  einen  richtangdud 
ein  zurückbleiben  nach  der  andern  erkauft  wird. 

So  sehr  diese  von  ärzten  ausgesprochene  beftirchtong  vielWd| 
nicht  wenigen  von  vorn  herein  einleuchtend  und  berechtigt  erseka 
nen  dürfte ,  so  möchte  es  doch  nicht  vorsichtig  sein  sie  nngeprli 
sofort  als  eine  instanz  gegen  die  Vorbildung  der  ärzte  auf  der  iwl 
schule  geltend  zu  machen,  in  einer  zeit,  in  der  die  realschule  mieh^ 
vorwärts  drängt  und  nach  allen  Seiten  hin  neue  wurzeln  treibt,  iriv 
sie  gewis  nicht  ohne  die  zwingendsten  gründe  zum  aufgeben  oA 
ermäszigen  von  ansprüchen  sich  herbeilassen,  die  m  mabhen  l 
allerdings  mehr  als  ein  gutes  recht  zu  haben  glauben  dar£  d 
gymnasium  nimmt  ihrem  vorgehen  gegenüber  mehr  eine  defensiv 
Stellung  ein.  mag  es  also  einem  gymnasiallehrer  gestattet  m 
dieses  bedenken  der  ärzte  sich  anzueignen  und  wenigstens  ende 
^•ungsweise  seine  begründung  zu  versuchen. 


GTüiBMittm  und  g^^nvarts  307 

Di«  diffn    iz  zw        b  gjn  n  le  xnots  i 

üftor  der  «mU  übwi  nbww»  2b      4      »j  1  n 

nrntehamuig  kommeft.  dem    hki  qtu      i  \a 

Im  fimdameiiiienmg  der  hol         Jt»iu         ^     i  aeiDst.  o 
«Mtemoiig  hervor,  man  wi   i  <  >ku  1er  d  i,. 

mamindie  in  den  oberen  c         .  De       usi       i  1 

Mfartan  ZB  duer  paralljala  findet,  yergleboi  i        nnn  ni       anewi 
athncer  pvogranone  die  unt     ichtsgegen     noe  n  eo» 

lidet  uohy  wie  natürlich,  dar  gcÖBie  nnta     hied  zam  der 

apuchBtonden  und  der  reaÜBti    I  .    i    1  mit 

dmehechnittezahlen  cbaraktei  1,    so  wird  i         säum  emen 

meatÜGhen  irrtum  begehen  ^  wenn  man  den  Unterricht  im^ 

gjunafiiiiBi  mit  circa  zwanzig,  in  der  vealschale  um  circa  fttnfzefan 
■taaden  ansetzt,  die  so  genannten  realien  am  gymnaaimamü  aechsv 
m  dtf  reaUchole  mit  ongeföhr  zwölf  standen,  bei  diesen  zahlen 
bl  man  noch  festzuhalten,  dasz  sie  nicht  für  ein  jähr,,  sondern,  fttr 
Behrere  gelten. 

Dem  arzte  als  fachmann  käme  hiemach  ein  plus  an  matbemati- 
Kheni  und  natnr wissenschaftlichem  unterrichte,  wöcfaentlioh  etwa 
neb  standen,  zugute,  wozn  sich  noch  ein  ane^sbreiteterer  geo- 
gnphischer  Unterricht  rechnen  liesze.  nun  Iftszt  sich  fretlieh  sagen, 
4mi  er  in  diesen  standen  nicht  nur  sachlich  gewinnt,  sondern,  dasz 
iflier  Unterricht  auch  eine  allgemein  bildende  seite  hat.  aber  be- 
Mbtenswerih  machte  hierbei  sein,  daez  derselbe  doch  vorwiegend: 
Mr  nadi  seiten  des  Verstandes  und  der  sinne  hin  bildiat,  also  g^»de 
Mk  derselben  seite,  nach  welche  der  arzt  in  der  aosllbiuig  sräaee 
Wrafes  sein  leben  lang  in  anspruch  genommen  ist.,  die  dem  ante 
ik  solchem  eigene  richtung  seiner  krftfte  wttrde  somit  um  einige 
jßkn  froher  angebahnt  werden  und  zwar  in  solchen  Idbensjahren, 
&  der  systematischen  aneignung  einer  allgemeinen  bildung  am 
(lästigsten  sind. 

Die  realschule  kann  nun  füglich  geltend  machen ,  dasz  aie  ja 
^ek  eine  allgemeine  bildung  gibt  und  spedell  dem  sprachunterri^t 
Qgefflur  fünfzehn  stunden  wöchentlich  zuwendet,  also  eine  stunden- 
[aU,  welche  der  der  realistischen  fiKcher  nicht  nachsteht^  dem  gegen- 
möchte aber  das  plus  von  fünf  stunden  sprachlichen  unterridits 
Seiten  des  gjmnasiums,  zumal  es  sich  über  mehrere  jähre  er- 

[t,  doch  nicht  so  unwesentlich  sein  und  dann  möchte  noch  sehr 

gewicht  fallen,  dasz  die  allgemeine  bildung,  die  durch  die  vor- 

knrschende  betreibung  der  alten  sprachen  und  schriftsteiler  auf  dem 

rmnasium   vermittelt  wird,  nicht  gleichwerthig   gesetzt  werden 

mit  den  resultaten  der  sprachlichen  bildung,  die  vorwiegend 
rch  die  neueren  sprachen  gewonnen  wird,  ganz  abgesehen  davon, 
)z  im  gymnasium  die  geschichte,  namentlich  die  alte,  eine  be- 
ttendere  rolle  spielt,  als  in  der  realschule. 

Zunächst  glaube  ich,   dasz  bei  allen  einsichtigen  kein  streit 
iarüber  sein  kann,  dasz  allgemeine  grammatische  bildung  besser  an 

20* 


i 


296        Bericht  über  die  yerhandlungen  der  S9n  yenanmliiiig 

Terhftltnifse  nicht  eu  berüeksichtiii^n  «eien ;  .Oeatarveieh^halM  4ü  f9SM 
Bu  sorgen ,  dass  talentvolle  atndierende  anteimtfitstuig  fisdaii  nnd  ifehl 
ihre  kraft  durch  erteilnng  von  leotiooen  aufreihen. 

Direotor  Biehl  findet  die   nrsaehe  des  miastandat  nlakt  ii  im 
jetzigen  schale,  sondern  in  der  methode  der  firiäiem  seiL  ^dahar 
selbst  arme  lente  ihren  söhnehen  aach  ohne  hedürfois  t 
SU  halten,     er  wünsche,   dasc   die   bestrebnngen  der  öatorreidiiiehU 
seholm&nner,   dem  abzuhelfen,    durch   die  autorität  dar 
unterstütBt  werde. 

Direotor  Schiller  aus  Gonstanx  erblickt  in  dietan 
nur  die  nachwirkung  der  frühem  einriehttmgen^  dia  sieh  an  dan 
fisch  katholischen  gymnasien  infolge  der  jesuitisohen  d 
erhalten  haben,     am   einfachste  könne  aber  dadunsh  AbyaiMdfeB  «* 
den,  dass  das  lehrereolleg^nm  in  die  Statuten  der  analalt  dieibarttelHif 
aufnimmt:  'kein  sohnler  darf  ohne  genehmigung  daa  divaeton  pfhi^ 
Unterricht  erteilen  oder  sich  erteilen  lassen.' 

Biehl  erwidert,  dasz  die  schale  nicht  in  dar  walaa  in  eia-mK 
der  familie  eingreifen  dürfe;  sie  müsse  sich  mit  einem  ralha 

Schiller  hält  an  seiner  anschauimg  fest,  da  diß  .tAt&m 
massen  einen  yertrag  mit  der  anstalt  schlieasen,  ond  wann  ifeaen:fli 
gesetze  einer  anstalt  nicht  gefallen,  nicht  geswongen  aeian,  dhta-  Miiv 
dahinznschicken. 

Nach  dem  schluszworte  des  referenten  entspann  Aph  noeh  etat 
lebhafte  discussion  über  die  Stilisierung  der  these,  welche  sdiKedik 
in  folgender  form  angenommen  wurde:  'die  lehrereeUeglen  balMB  « 
dahin  zu  bringen,  dasz  die  schüler  der  naohldlfe  einen  i^anelebwü 
nicht  bedürfen'.  ^    <•  'i  ti 

In   der   zweiten   Sitzung  sollte    prof.  Eggar   von  MSülmMim 
Wien  einen  Vortrag  halten  'über  das  bedürfnis  zweckmi— ig 
teter  plidagogiseher  seminarien'.     da  er  verhindert  wiar  m  0; 
gab  der  versitzende  dr.  Eckstein  einen  überbliek  Über  die 
lung  dieses  gegenständes,    seit  dem  ende  des  17n  jahrhnnderli« 
man  an  den  Universitäten  anstalt en  zur  bildong  von  gymneriall 

getroffen;  zuerst  in  Halle  unter  der  leitung  des  Cho*.  Cellarinfe,  ~ 

pietistische  Frankesche  schule  folgte,  in  Qöttingen  atand  dai  phft^ 
logische  Seminar  unter  Qessner  und  Heyne.  Wo&  hatte  sein  iMMr 
so  eingerichtet,  dasz  in  seiner  gegen  wart  praktischer  ontenriflktji^ 
anstaltet  wurde,  erst  in  diesem  jiüirhunderte  wurden  allenlhaAü^M 
den  Universitäten  —  auch  in  Oesterreich  -—  philologiaeha  neatariii-'l 
errichtet.  Eckstein  glaubt,  dasz  die  bauptsaehe  immer  giludliAM  - 
wissen  bleibe,  während  die  didaktische  kunst  mehr  zuiftditreten 


durch  zu  grosze  betonung   der  routine  würden  die  geMnten  reoMHa  j 
nur  verschlechtert  and  das  rege  wissenschaftliche  leben  teeintiieM^-<; 
es  solle  nun  zuerst  erörtert  werden,   ob  die  errichtaag  .        _ 
seminarien  ein  bedürfnis  sei  und  in  zweiter  Unie,  arie  ine  nü 
massigsten  einzurichten  seien.  -.  -t' 

Dr.  J.  Schmidt  bestätigt  ans  eigener  erfahning  die  inanMttiM 
pädagogische  bildung  der  jungen  lehrer.     die  schuld  liege  an  4iNi*iiil 
zu  idealen  nniversitätseinriohtungen ,  wo  auf  die  heraakttdnng 
scher  Schulmänner  gar  keine  rticksicht  genommen  werde. 

Dr.  Kl  ein  mann  aas  Pest  wünscht,  dasz  die  pädagogik  ab 
Schaft  an  den  Universitäten  mehr  gepflegt  werde. 

Landesschulinspeotor  Lang  setzt  auseinander,  dnai  die  jaBfetn 
lehramtscandidaten  in  Oesterreich  in  die  unentbehrlinhe  icnaatte 
Pädagogik  theoretisch  durch  die  bestimmung^n  des  organientÜnMii^ 
Wurfes  und  praktisch  durch  das  probejahr  eingeführt  weiden  $  %bfriAif 
mangel  an  lehrkräften  bringe  es  mit  sich,  dass  oft  gans  onliiüge  ci»* 
didaten  vor  ablegung  ihrer  prüfung  sofort  mit  einer  groaten  tmaM  VM 
lehrstunden   überbürdet  werden,     unter   diesen  umsUUiden  kSnna  Yen 


dentaeher  philologen  und  Schulmänner  zu  Innsbrnok.         297 

JBcr  kontt  der  verwertoni^  de«  Wissens  keine  rede  sein,  deswegen 
sstehe  der  wonseh  in  Oesterreicb,  dsss  an  der  Universität  im  dritten 
ihre  des  trienninms  Torträ|pe  iiber  pädagogfik  gekaltep  and  dsiait  j^ak- 
isebe  fibmigea  verbanden  werden,  da  tiir  die  Tolksacbole,  in  welcher 
•r  sehiler  bis  attm  14n  jähre  behalten  werde,  ein  bedurfnis  pädagegi- 
tkn  Toriiildidig  bestehe,  flei  es  aoeh  für  das  gjSMiasiasa  vorhanden, 
B  velehes  die  sebüler  mit  dem  lOn  jähr  in  der  regel  eintreten. 

Eekstein  macht  darauf  aufmerksam,  dasa  das,  was  Lang  wolle, 
la  dsA  *deulBoben  aniversitäten  schon  bestehe,  da  das  bedUrfnis 
lasrkannt  wurde,  brachte  der  Vorsitzende  die  frage  der  einrieb tung 
w  discnsaion, 

Lang  glanbt,  dass  mit  der  abhaltung  der  vortrage  and  leitung 
kr  prakUsehen  Übungen  männer  betraut  werden  sollen,  welche  selbst 
•krer  an  der  mittelschale  gewesen,  dasz  die  candidaten  sich  im  lehren 
IbcQ  und  dabei  auf  die  fehler  aufmerksam  gemacht  werden  müssen. 

Eckstein  bemerkt,  dasz  diese  einrichtung  in  Halle,  Göttingen  und 
Leipiig  schon  bestehe;  Schulmänner  halten  vortrage,  schfiler  aus  dem 
ivnuasinm  kommen  zu  den  Seminaristen  —  zu  den  von  ihm  geleiteten 
KoMn  immer  6.  als  knabe  sei  er  selbst  oft  in  das  seminar  gegangen 
isl  daselbst  examiniert  worden,  daher  seine  liebe  zum  berufe. 

Rehdantz  führt  an,  dasz  zu  den  prüfungen  der  lehramtscandidaten 
■  Preossen  auch  gjmnasialdirectoren  beigezogen  werden. 

Schiller  befürchtet  eine  beeinträchtigung  der  wissenschaftlichen 
Adang,  wenn  die  pädagogische  ausbildung  der  candidaten  in  das  dritte 
lihr  verlegt  werde. 

Eckstein  machte  hierauf  einem  mehrfach  ausgesprochenen  wünsche 
■tgsgenkommend  mitteiluugen  über  die  einrichtnngen  der  pädagogi- 
Mhsn  seminsrien  in  Leipzig  und  Halle,  die  Seminaristen  machen  Schrift- 
Ide  arbeiten,  z.  b.  aus  der  geschichte  der  pädagos^ik,  oder  über  prak- 
Inhe  fhigen,  z.  b.  ob  griechische  elegiker  und  fyriker  in  der  schule 
■lesen  werden  sollen,  die  studierenden  treten  in  das  seminar  im 
■fitso,  anch  nach  dem  dritten  jähre  und  bleiben  1 — 2  jähre,  in  der 
(MMaehen  Übungsstunde  werde  nun  eine  förmliche  lection  gehalten 
M  an  dieselbe  nach  entfernung  der  schüler  eine  oft  sehr  anregende 
hkstte  geknüpft. 

•  Reh d an 1 8  wünscht,  dasz  im  principe  ausgesprochen  werde,  jeder 
■nhende  lehrer  solle  bei  den  anerkannt  tüchtigsten  meistern  eine 
NR  lang  hospitieren ;  dadurch  lerne  er,  wie  man  die  seele  der  schüler 
Mie. 

Schiller  ist  eher  für  eine  einrichtung,  wie  sie  an  dem  von  Bonits 
iMlelen  gjmnasinm  zum  grauen  kloster  bestehe;  geprüfte  lehramts- 
IHltfdaten  erhalten  eine  kleine  Stundenzahl,  werden  einem  erfahrenen 
übergeben,  vom  direotor  beaufsichtigt  und  durch  geuMinschaft- 
bespreehungen  zu  tüchtigen  Schulmännern  herangebildet. 

Bei   der  abstimmung  entschied   sich  eine   kleine  msjorität   dafür, 
die  praktische  vorbildong  an   der  aniversität  selbst  zu  erfolgen 
während  eine  bedeotende  minorität  Schiller  beistimmte,  dasz  sie 
aeh  dem  aniversitätsexamen  einzutreten  habe. 

Auf  antrag  des  Vorsitzenden  wird  ferner  der  wünsch  ausgesprochen, 
hm  die  staatsregiorangen  erfahrenen  lebrern  gelegenheit  geben,  durch 
Hko  und  hospitieren  an  schulen  anderer  länder  and  im  eicrenen  lande 
hk  genaue  kenntnisse  zu  verschaffen. 

?  In  der  dritten  Sitzung  führte  den  Vorsitz  director  Biehl.  gegen- 
iMd  der  Verhandlung  war  die  these  'das  zeichnen  sei  als  obligater 
A^gegenstand  für  das  untergjmnasium  einzuführen,  als  freifach  im 
laijiymnaainm  beizubehalten',  pro  f.  Stolz  ans  Innsbruck  wies  als 
tutni  nach,  dasz  das  zeichnen  eine  notwendige  ergänzung  der  ali- 
leinen  bildung  sei  und  führte  aus,  nach  welcher  methode  und  in 
;r   ausdehnung  der  Zeichenunterricht  am  untergjmnasium  zu  er- 


298        Bericht  über  die  verhandlongen  der  29n  yersaniinliuig 

teilen  wSre.  an  der  debatte  beteiligte  sieh  ala  erater  redner  laadM* 
schnlinspector  Mareach  ans  Troppaa  and  wendet  aich  smilelift  |feg« 
das  arg^ment,  dass  den  xögUngen  des  gymnasiama  der  tIberCritt  u  Ai 
realschnle  erleichtert  werde ,  weil  dadarch  dem  seichenmleiiiAta  wa 
gymnasinm  siele  gesteckt  würden,  die  dem  gjmnaaliim  fremd  Mim 
er  sei  nar  für  einföhrang  des  seiohenanterriohteB  als  mittel  ■llmiarfi 
bildang;  aber  obligat  dürfe  nur  in  dem  sinne  verstanden  wwraeAf  tei 
die  schale  verpflichtet  sei  den  anterricht  sn  erteilen  und  Jeder  achllfi 
denselben  besachen,  aber  nieht  in  dem  sinne,  da»  jeder  adrilkrsd 
jeder  stufe  ein  bestimmtes  lehrsiel  erreichen  müsse.  ii 

Director  Kriechenbanr  ans  Znaim  hält  die  frage  praMMh iMI 
gelöst  an  den  österreichischen  realgymnasien  nnd  sprioht  lieh  ebedCdb 
dagegen  ans,  dasz  die  leistnngen  ans  diesem  gegenstände  I8r  die  fii^ 
Setzung  in  die  nächst  höhere  dasse  massgebend  aeln  soUeii«  " 

Dr.  Lechner  aus  Ansbach  betont,  dass  der  seiehennntentisUf al 
gymnasien  vorzugsweise  die  aneignung  der  antike  nnd  die  < 
bildang  im  äuge  haben  müsse;  es  sei  daher  die  zeiehnnng  kSi, 
formen,  insbesondere  das  frühzeitige  gewöhnen  des  aoget  aä 
nähme  edler  Vorbilder  aus  dem  classiscnen  altertam  in  den 
zu  stellen. 

Director  Stier  aus  Zerbst  ist  nicht  für  diese  einseitige  aal 
des  Zeichenunterrichtes;  man  möge  bedenken,  dass  s.  b,  die  um  ~ 
architektonischer  denkm&ler  doch  mathematische  sehnlnngvoi 
weshalb  das  mathematische  zeichnen  nicht  ganz  vemaehliisigt 
dürfe. 

Prof.  dr.  Pfaundler  empfiehlt  ebenfalls  die  einführnng  daa  ^ 
Unterrichtes  an  gymnasien;  er  habe  als  professor  der  phyaä  an  d«r  i 
brucker  Universität  die  erfahrune  gemacht,  dasz  die  studierenden 
grosze  Unfähigkeit  an  den  tag  legen,  apparate  nnd  inatnunente 
ständlich  zu  zeichnen  oder  deren  Zeichnungen  anfsnCassen* 

Dr.  Perkmann  aus  Innsbruck  glaubt,    daas   der  formeoilna 
Unterdrückung  durch  einseitige  entwicklung  anderer  anlagen  na 
durch  den  Zeichenunterricht  geschützt  werde,    anoh  betont  er  die 
werthung  des  Zeichnens  für  den  geographischen  untenieht. 

Die  these   gelangt   hierauf  in   n>lgender  faasang  sor  al 
und  annähme. 

1)  die  einführung  resp.  erhaltung  des  seiohennnteniehtes        _ 
sium  ist  durch  die  notwendigkeit  für  die  allgemeine  bildng 
boten; 

2)  der  Unterricht  ist  in  den  unteren  classen  obligat,  aber  die 
hat  keinen  einfluss  auf  die  Versetzung; 

3)  auch  im  obergymnasium  ist  die  gewähmng  des  seioheni 
pflicht  der   schule,    die   teilnähme  von  Seiten  der  söhBlar 
facultativ. 

II.  Die  archäologische  section  hatte  als  vorsitsenda  di« 
prof.  dr.  Wildauer  aus  Innsbruck  und  prof.  dr.  Bmnii  a 
in  der  constituierenden  Sitzung  schlosz  sich  an  den  geachftfUiahea 
noch  ein  vertrag  des  prof.  Wildauer  ^über  die  bedeatnng  Tlfoll 
die  classische  archäologie'.  in  der  zweiten  sitsnng  spraeh  hr.  Oakli 
Schläger  aus  München  ^über  einige  der  wichtigsten  neaaa  frnda' 
rätischem  boden',  nemlich  das  militärdiplom  von  regeoaboig  1 
Aurelische  thor  daselbst,  nach  einer  kurzen  diseosaloB  fibar 
gegenständ  besprach  der  vortragende  noch  den  .plan  einer 
sehen  karte  der  römischen  Überreste  im  ehemaligen  imtfwi 
läge  von  kartenproben,  hierauf  folgte  der  Vortrag  des  hm. 
Wilhelm  Klein  aus  Graz  'über  zwei  strittige  vaaendaratalfaugaa';  Ii 
der  (dritten)  letzten  Sitzung  berichtete  prof.  P.  Flaviaa  Orgjar  MM 
Hall  'über  einige  in  neuerer  zeit  in  öüdtirol  anfgelüiidaBa  ^»^t%^ 


deatscher  philologen  und  Bohnlmänner  zu  Innsbruck.  299 

dr.  Flasch  ans  Würzbnrg  'über  den  atbletenkopf  der  Münehener 
kolbek*,  welchen  er  der  Poljkleitischen  schnle  zuwies. 
Ol.  Die  Tereini^e  orientalische  «nd  sprachvergleichende 
0«  hielt  unter  dem  Vorsitze  des  prof.  dr.  Weiss  aus  Graz  vier 
Bgen,  woTon  die  erste  der  constituierung^  diente,  in  der  zweiten 
mg  sprach  prof.  Schmidt  aus  Graz  'fiber  quantitative  und  quali- 
«  verSnderung  der  vocale  durch  r  und  /  im  indoffermanischen', 
«f  gab  prof.  dr.  Gosche  aus  Halle  einen  ansffihrTichen  berioht 
'  dan  internationalen  orientalistencongress  in  London,  daran  schlössen 
Tflrhaiidlangen  über  gemeinschaftliche  angelegenheiten  der  deutsch« 
ptallndischen  gesellschaft.  —  In  der  folgenden  sitznng  referierte 
.  dr.  Roth  aus  Tübingen  über  den  fortgang  des  St.  Petersburger 
krhwSrterbuches.  die  Versammlung  votierte  den  bearbeitem  ihren 
L  dann  sprachen  prof.  dr.  Lauth  aus  München  über  den  alt* 
Miadien  kSnigsnamen,  prof.  dr.  Budenz  aus  Pest  über  ungarische 
Ayrgleichung ,  dr.  Orterer  aus  München  über  den  Samaveda, 
.dr.  Savelsberg  aus  Aachen  über  lykische  Sprachdenkmäler.  — 
br  letzten  Sitzung  sprachen  prof.  d».  Schiott  mann  aus  Halle  über 

MB  Onandaga  in  Nordamerika  gefundene  kolossale  phönikische 
M  und  knüp^  daran  eine  Zusammenstellung  der  anzeichen,  welche 
iiae  phönikische  einwanderung  in  Amerika  schlieszen  lassen.  — 
,  Mof.  Fleischer  in  Leipzig  drückte  die  Versammlung  telegraphisch 
Inokbare  Verehrung  und  den  wünsch  baldiger  genesung  aus. 
Getrennt  hielt  die  spr ach Ycrgl eichende  section  an  demselben 

die  einsige  Sitzung  unter  dem  Vorsitze  des  hm.  dr.  J.  Schmidt 
Oras.  in  derselben  hielt  dr.  J0II7  ans  Würsburg  einen  vertrag 
*  die  geschichte  der  Wortstellung  in  den  indogermanischen  sprachen, 
nlehe  sich  eine  anregende  debatte  knüpfte,  die  aber  wegen  der 
■rttekten  zeit  nicht  zum  abschlusse  gebracht  werden  konnte. 
nr.  In  der  dentschromanischen  section,  mit  der  sich  die  section 
mere  sprachen  vereinigt  hatte,  führte  den  vorsitz  prof.  dr.  Zingerle 
insbruck.  in  der  ersten  Sitzung  sprachen  hr.  dir.  dr.  Strehlke 
Xarienburg  über  die  Goetheausgaben  der  letzten  sieben  jähre; 
I  dr.  Mahn  ans  Berlin  über  die  proven^alische  spräche  und  ihr 
Blaia  zu  den  übrigen  romanischen  sprachen;  prof.  dr.  Sachs  ans 
Ipsoburg  a.  d.  H.  über  den  heutigen  stand  der  romanischen  dialekt« 
jhng.    —    In  der  folgenden  Sitzung  gab  prof.  dr.  Bartsch  eine 

I einer  neuen  Danteübersetzung  (hölle  I — V);  prof.  Michaeies  aus 
sprach  über  den  tiroler  dialekt  mit  besonderer  berücksichtigung 
lEbekthales,  dir.  dr.  Grion  ans  Verona  über  die  anordnung  und 
Verfasser  besorgte  Originalausgabe  des  Canzoniere  des  Petrarca. 
Bteub  erfreute  die  section  mit  einem  vortrage  über  tirolische 
igie.  —  In  der  letzten  sitznng  hielt  prof.  dr.  Hintner  aus  Wien 
vertrag   über   tirolische    dialektforssianng;    dr.  J.  Schmidt  aus 
iberg  über  die  perioden  der  englischen  litteratur  im  zusammen- 
mit  der  geschichte  der  spräche,    zum  Schlüsse  zeigte  dr.  Keins 
lehen  einige  interessante  altdeutsche  handschriften  mit  bemer- 
nnd  erklämngen.   —   Erwähnt  sei  noch,   dasz  in  der  zweiten 
dieser  section  beschlossen  wurde,  man  möge  sich  an  den.grosz- 
von    Oldenburg    mit    der    bitte    wenden,    dasz    der    Oberlehrer 
»ben    zum    zwecke    der    fördemng    der    herausgäbe    des   mittel- 
mtdchen  Wörterbuches  vom  grösten  teile  seiner  lehrstnnden  ent- 
werde und  dasz  Se.  k.  hoheit  diesem   noternehmen   auch  eine 
le  geldunterstütznng  zuwende. 

len  ich  diesen  berioht  zur  Veröffentlichung  übergebe,   mnsz  ich 
dem  ausdrucke  verbindlichen  dankes  coustatteren,  dasz  mir  herr 
\t  prof.  dr.  Jülg  mit  der  grösten  bereitwilligkeit  die  benutznng 
»eilen  berichte  gestattete. 

rsBRCCK.  Victor  PbrIlthoner. 


300  Fhilologüche  prognmme  der  provinMB 

(18.) 

PHILOLOaiSCHE  PBOQBAiniE  DER  FBOVmZ&N  BdOS^ 

SIES,  SACHSEN,  BBANDKNBÜR6.    1673. 

(fortMttoog.) 


n  iomI 


WrntTaoK.     gytap.     9  cluien,  14  lahrer,  299  echülar  ii 

'302  im  Winter,  i  ablt.  dr.  ToU  fforde  »]■  director  «ioge führt. - 
dM  erd.  lehren  8ebiiBid«T:  'über  den  Rrgprung  der  HoraeriacheB  i» 
diebia'.  83  ■■  die  Uomuitcha«  Bidiehtc,  die  weseatlicbBle  quelle  m 
grondlAKe  d«r  gviamtsD  grieohitolieu  bildung,  sie  «lad  auch  ftir  uu  n» 
■UgUeh  KMignat,  frundUg«  wftlurer  wiHanschaftlicber  bilduag  m  m^ 
DOtwcndlg  «In  gonanef  Tcrat&ndBla  der  ^dichte,  die  fra^e  nath  der  wk 
atehwiK  in  Uir«r  (aiuea  ansdehntuf  fehfin  nicht  in  die  «chuU.  d«tj 
einem  pr«frunme  dkif  den  nwceiabritteDtro  Echüleru  wol  ein  eiikU 
gewährt  werden,  die«  dar  iohalt  der  eialeitung,  die  nDtersuchaDg  i^ 
begiant  mit  einem  eiUt  aas  Bereit  [gt.  Utt.  1  s.  440  f.)  aad  lacbt  M 
den  gang  der  «ntnioklnng  der  EomeriMheo  tintrk  darinlegeg.  ik 
markaleiae  auf  dem  (aide  Homeniober  nntursiichniieen  weiden  geiuii) 
Wolf,  Laebniaim,  Bernhard;,  Bitocbl,  BouitE,  SeOKsbaEch,  NiUMJ! 
Bergk,  deren  reanltate  ans  ihrer  kritleelien  arbeit  im  weBentliikä 
richtig  angegeben  irerdea.  doch  herflhrt  es  unangenehm,  loinaa  m 
Hermann,  Düntser,  KiScbly,  Kirohhoff,  Oroie,  Friedläniier,  Lehn  im 
nkanche  akdere,  die  doob  (Ich  Bines  wolbe);riiadet6D  uiaeheni  In  f^ 
biete  fiomarisober  kritik,  aaob  bei  denen,  die  wie  mS.  keineiwegi  'lil 
allen  naebtrügliob  geoaQDten  die  aniiokten  >liirc;buus  billigen,  eilttmä 
TOD  dam  Verl  keiner  erw&bmuig  gewürdigt  wurden,  obwol  ihr  Tirdiuj 
um  Roner  and  die  kritik  der  «af  seinen  nnmen  gehenden  gedichtal) 
lenghar  bedentead  ist.  Terf.  will  die  Teracbiedsnen  von  ihm  luoimBd 
gestellten  melnaiigeD  nnn  unter  genauer  berück  sichtigung  doi  UgaMt 
sehen  gedicbte  ielbst  priifen  und  meint  HHchwelsen  zu  kouaea,  di| 
alle  bisher  aufgestellten  meumugen  über  die  Eomerisuhen  ilicbtoBlf 
angenügend  leien.  inerst  wird  der  allgemeine  gedanke  de«  einÜ 
liehen  erörtert,  ein  naeh  bestimmtevt  plane  componiene«  epoa  bilde  U 
kern  not erer  Homerischen  diahtongen.  allgemein  ist  EOgestandeo,  U 
die  gediohle  nicht  urnirünglich  für  leaer,  sundern  für  börer  Tcrfia 
wenn  das,  wie  kam  H.  eu  so  nmfangreiohen  dicbCuagen?  ohne  ■ 
aammenhaogeaden  vertrag  ist  ein  epM  undenkbar,  Hermasns  ddd 
gehende  ansiaht  wird  gebilligt,  verf.  leugnet  die  mögticbfceit  tili 
znsamm anhangenden  Vortrags  eines  einheitlichen  epos  und  «eiil  t 
die  'von  Sengebusch  uigeführten  lengniiM  für  nur  itückweiEcn  wom 
der  Homeriflcheii  gediohte  hin.  von  BerohardyB  ansiebt  vrird  ^ 
gesprochen,  sie  sei  unklar  und  der  gelehrte  widerapreche  Bii<b  vielfH 
selbst,  verf.  erklärt  die  annähme  eines  klaren  und  feäten  plane»,  iM 
dem  die  Iliat  gediobtet,  Tdr  nnmöglioh,  lind  führt  gründe  gegen  cH 
»olahe  annähme  an.  an  Bergk  wird  BerDburdf  gegenüber  klarheit  g 
rUhmt,  doch  soll  ancb  er  die  iweifel  nicht  lösen,  verf.  entwieU 
seine  Qiannigfaohet)  bedenken  gegen  Berglu  ansieht,  auch  aaf  du  * 
Bergk  beliebte  maat  rednoiert  bleibt  die  lliaa  sn  tunfaDgreieh  Hl 
sammenhängendem  vortrage.  B.  eelbat  gesteht  su,  der  ursptiägM 
einheitliohe  kern  der  Ilias  sei  nioht  nacbznweiseo  und  nimmt  *ti| 
Buflncht  ca  dem  diaakenasten ,  für  deaam  dsgewessnsein  kein  b«*< 
IQ  erbringen,  dessen  jemalige  eiiatenz  mehr  als  un  w  ah  räch  ein  lieb  i 
als  ebenso  unwahrsobeinlicb  wird  B.s  ganse  bypothese  beseicbnet,  s 
das  unwabracbeinlichM,  das  sie  enthält,  wird  vom  verf.  eingehend  d 
gelegt,  wir  können  die  hier  gegeo  Bergk  geführte  polemik  nar  q' 
ihrem  ganzen  umfange  billigen,  im  weai^otlichen  stimmt  unsere  i 
bandlang  übar  Tb.  Bergk  nnd  die  Homerisebe  frage  mit  imn  dailägnf 


Sohlesien,  SaohBen,  Brandenboig.  187S.  301 

BS  verf.  in  boBiehnng  ftaf  die  ergebnisse  Qberein.  die  arbeit  de»  reif, 
il  HB«  aber  erat  vor  etwa  Tier  wölben  bekannt  geworden,,  eo  dttss  die 
■■  ■■■  gellbrte  vnterracbang  eine  dufebans  aelbBtftBdlfe  bleibt,  eind 
4r  ja  doch  aneb  mebr  B.e  aasffihmngeii  in  der  analyse  der  Iliae  als 
■Bta  im  allgemeinen  teffe  nachgegangen,  während  verf.  gerade  diese 
lers  sau  gegenstände  seiner  kritik  maeht,  so  unsere  arbeit  treif- 
orgänsend.  B.s  begründong  seiner  ansieht  ans'  der  Ilias  selbst 
lelt  Terf.  nnr  knn,  auch  ihr  objeotivitllt  und  fiberaeugmigskraft 
tqRreebend.  rerf.  geht  dann  über  zur  besprechung  der  aasiehlen  der 
in,  welehe  die  II.  und  Od.  nicht  fUr  ein  grosses  ganies  eines 
^Mteiben  dichtere,  sondern  für  eine  Sammlung  Ton  einselliedem 
ihrer  auffkssung  wird  die  unleugbare  innere  Übereinstimmung 
Btftte,  anaehauungen,  eharaktere,  gefühlen,  wünschen,  wie  in  ton, 
IriM  dos  Toiirags  und  ausdruoksweise ,  die  in  den  Homerischen  dich- 
■pfSB  entgegentritt,  entgegengehalten,  wie  sie  auch  ron  Wolf,  Her- 

Kund  andern  anerkannt  ist.  solche  harmonie  kann  nach  dem  verf. 
▼08  rerschiedenen  dichtem  verschiedener  selten  herrühren,  sie 
flüiB  denn  ein  grosses  gemeinsames  Torbild  gehabt  haben,  wovon 
Wtt  haine  spur  da  ist.  auch  Sengebasehs  meinunpist  nicht  su  billigen, 
K^  Verfasser  der  einaellieder  seien  landsleute  und  xeitgenossen  ge- 
1,  glleder  einer  mit  der  dichtkunst  beschäftigten  familie.  aber 
vorf.  gegen  diese  meinung  vorbringt,  läszt  doch  immer  noch  he- 
ia, auch  Laehmanns  behauptung,  unsere  Iliiis  sei  vor  der 
des  Peisistratos  nie  in  dem  gegenwärtigen  susammenhange  der 
mden  und  nicht  bloss  der  wenigen  bedeutendsten  teile  gedacht, 
als  unhaltbar  beseichnet.  aber  auch  hier  müssen  wir  die  beweis- 
der  vorgebrachten  gründe  lengnen  oder  doch  mindestens  answeifeln. 
kommt  verf.  endlich  mit  seiner,  übrigens  wie  verf.  selbst  hervor- 
\t  keineswegs  neuen,  sondern  im  wesentlichen  mit  J.  H.  Voss  und 
[witB  tibereinkonunenden  meinung  vor,  11.  und  Od.  seien  aus  ur- 
lieh  von  einander  unabhäBg^gen  liedem  desselben  dichtere  nacb- 
sh  BQSBmmengefügt.  die  ansieht  von  MInekwits  hat  bereits  ge- 
ide  Burück Weisung  durch  Bonits,  Bergk  und  Bemhardy  erfahren, 
vormist  bei  diesen  männem  gründe  wider  Minckwits.  vielleicht 
er  sie  in  unsem  die  einselnen  lleder  herstellenden  arbeiten,  in 
wir  des  öftem  darauf  hinweisen,  dasz,  was  in  dem  einen  Uede 
durchaus  nicht  so,  wie  es  dasteht,  von  einem  dichter  gesagt  sein 
der  in  einem  andern  Hede  dies  oder  jenes  sagt.  verf.  sucht  nun 
^«titera  seine  hypothese  su  begründen,  verf.  hält  es  für  durchaus 
iblich,  dasz  die  die  Homerischen  gedichte  lesenden  und  hörenden 
nicht  sollten  die  Widersprüche  bemerkt  haben,  sie  haben 
tkm  kein  gewicht  darauf  gelegt,  weil  sie  auch  später  die  dich- 
nicht  als  ganses  genossen,  sondern  nur  abgerundete  und  selb- 
abschnitte  auffassten.  des  Aristoteles  reflexion  über  den  in- 
«■d  plan  stützen  sich  auf  allgemeine  erinnerung  an  den  baupt- 
und  entbehren  der  genauen  begründung,  eine  genaue  kritisone 
rhung  lag  ihm  fem.  die  Griechen  »szten  die  Homerisehen 
ite  in  ihren  einzelnen  scenen  auf,  und  diese  auffWssung  war  vom 
kter  heabsichtif^t,  er  hatte  keine  veranlaflsung  nach  einem  künst- 
m,  amfttssenden  plane  zu  streben,  sein  höchstes  ziel  WHr,  jede  ein- 
scene  sorgfältig  auszumalen,  die  zusammenhängende  entwicklung 
iCfe  verlor  für  ihn  jedes  interesse.  die  Griechen  hatten  kein 
ine  an  der  zusammenhängenden  entwicklung  des  gesamten  epos 
berücksichtigten  sie  daher  nicht,  in  der  Ilias  ist  ein  im  ganzen 
(itiicher  Stoff  enthalten,  aber  nach  keinem  einheitlichen,  zusammen- 
roden plane  ÜHrgestellt.  der  schlusz  daraus  auf  einen  dichter,  der 
einzellieder  gedichtet,  ist  nicht  zwingend,  die  gleichartigkeit  in 
und  dnrsteliung  ist  wol  im  allgemeinen  anzuerkennen,  aber  doch 
in  diesen   beziehungen  zeigen   die   einzellieder  mannigfache   ab» 


302  PhilologiBche  programme  der  proviniQi 

weiobungren.  wir  machen  dabei  auf  die  susammeiuteniiaMi,  dii  i 
über  dir.  elp.,  über  gleichnisse,  über  eintreteiide  gdtter  wlrtufeii  tt 
eprachUche  eigentümlichkeiten  in  onsem  t>inift1iifrh>ttdhiifM  fMlIi 
haben,  aufmerksam,  verf.  wendet  fich  sor  fraget  weher  der  wM 
■einen  stoff  genommen,  er  soll  die  sage  sdhon  in  eiaeff  fefÄm^il 
heit  des  Stoffs  Yorsefonden  haben,  diese  soll  sieh  ia  folge  der  lfei| 
epischen  einsellieder  von  selbst  gemacht  lieben  im  gelete  dir  lÄtf 
diese  einheitliche  sage  soU  gegenständ  proseisoher  erslUdniig  _ 
sein  and  verwandt,  um  belehrong  sa  geben,  so  Tersieht  veiCi  dM  i 
des  Volks  an  der  sagenbildong.  ihm  ist  die  sage  eae'der 
an  wirkliche  ereignisse  erwadisen,  das  gerne  denelbeft  eiber 
darstellnng  einselner  seenen  vorhanden  gewesen,  dieeea 
gang  sollen  die  griechischen  mythen  in  vielen  bei^tetea 
Homer  nahm  den  allgemeinen  Inhalt  der  sage  von  troieehen 
der  Überlieferung,  ihr  hervorragendster  teil  wer  dee^aoim  dtSj 
aus  diesem  abschnitte  wählt  der  dichter  den  etoff  fjlr  eeiee  ~ 
handelte  ihn  aber  in  freiester  weise  und  besehrlnkle  ideh 
einen  bestimmten  abschnitt  der  sagen  vom  troiieliea  kriege. 
hat  nichts  absolut  neues  geschaffen,  vielmehr  nur  In  der  epliohül/ 
den  höchsten  g^pfel  erreicht,  neu  war  nur  die  beeehribünag  nf  i 
bestimmten  Sagenkreis,  die  in  den  einseinen  liedera  im 
differensen  in  ton  und  anschauungen  meint  verf. 
erklären,  dasz  H.  während  seines  gansens  lebene  ge&ehtel 
verlaufe  desselben  aber  auch  in  seiner  entwieklung 
besonders  auch  durch  seine  vielen  reisen  immer  nene 
gewonnen,  weiter  will  verf.  an  einselnen  liedem  leigeB, 
Ursprünge  von  demselben  dichter  durchaus  nichts  enl 
müssen  diesen  nachweis  als  mislungen  beseichnen.  Ober  die 
urteilt  verf.  ohne  berücksichtigung  der  bekannten  beinerl 
tbios  und  in  scholL  V,  sowie  ohne  erwähnung  der  von 
Holm  gegebenen  nachweisungen.  nur  Bemhardjra  wird 
seines  su  den  Lachmannschen  gefügten  grundeSi  den  verJTdvihij 
Weisung  auf  K  170  widerlegt  su  haben  meint,  ohne  in  bedonkskjl 
doch  170  f.  unecht  sein  könnten,  verf.  gibt  weiter  eine  eewH.j 
füll-  und  Verbindungsstücken  zu.  H  818  ff.  werden  dureheoe  ab 
angesehen,  auch  Q  wird  für  ein  werk  desselben  diehtert,  wie  i 
dem  stücke  angesehen,  allerdings  in  die  spätem  lebenqahre  der 
gesetzt,  die  Odyssee  wird  demselben  dichter,  wie  die  in  der 
sammelten  einzellieder  zugeschrieben,  auch  die  aege  von 
rückkehr  wurde  von  ihm  in  einzelliedem  behandelt  p  do<di 
diese  mehr  im  zusammenhange  der  ganzen  sage,  eber  er  lebte - 
so  lange,  den  ganzen  sagenstoff  darzustelleut  die  leisten  geeiBgs)M| 
liesz  er  nur  im  entwurf,  der  dann  mehr  oder  weniger  ongeeeMaUj 
geführt  ward,  wir  haben  uns  hier  im  wesentlichen  auf  berlekt 
beschränkt,  eine  kritik  der  hier  vorgetragenen  ansiohten  im 
wie  im  einzelnen  zu  geben,  ist  hier  kein  räum,  doch  hoffin 
verehrliche  redaction  dieser  blätter  werde  uns  später  einmel  dl 
zur  eingehenden  beleuchtung  der  nicht  neuen  peredozie  fiber 
merischen  gedichte  gewähren,  das  wesentliche  in  seiner 
einheit  des  dichters  aller  einzellieder,  hat  verf.  nicht  bewieew« 
er  häufig  nicht  genug  auf  die  vorhandene  litteratur  eingetit, 
eine  reihe  von  gelehrten,  deren  namen  in  der  gesohiehte  der 
Homerischen  gedichte  von  bedeutung  sind,  wie  Hermana 
Köchly,  Düntzer,  Grote  und  Friedländer  nicht  einmal  der 
würdigt,  auszer  6twa  in  einer  oder  der  andern  anmerkong,  hebte ^ 
oben  schon  bemerkt 

Neu-Ruppin.  Friedr.- Wilhelmsgymnasium.  17  lehrer,  IS  eliii 
385  Schüler  im  sommer,  390  im  winter,  7  abit.»  ord«  lehnr  Label 
gieng  nach  Potsdam,    cand.  Schaber  trat  in  die  «weite  httUMeki 


Schieden,  Sachsen,  Brandenburg.  1878.  303 

,  dir.  prof.  dr.  Schwarts  wurde  UAch  Posen  bemfen,  an  seine 

trat  oberl.  dr.  Küster  ans  Berlin,  ord.  lehrer  <}rabel  Terliese 
■stalt,  an  seine  stelle  trat  hülfslehrer  Zeterling;  für  ihn  wnrde 
Ufslehrer  eand.  Schenk  eintreibt. —  Abb.  ron  dr.  Schneider: 
itaatsnirirthschaftlichen  lehren  in  der  politik  des  Aristoteles'  (forts. 
^bbandlnng  desselben  Verfassers  im  progr.  von  D.  Crone  1868).  S4  s. 
ritte  abschnitt,  mit  welchem  dieser  xweite  teil  der  abhandlnng  be- 
,  ist  überschrieben :  des  Aristoteles  lehren  von  verteüang  der  guter 
aate  oder  vom  eigentum.    das  eigentam  ist  die  bedingong  physi- 

wie  geistiger  entwicklang  der  menschen,  daher  die  seit  langer 
gemachten  versnche,  sn  erforschen,  nach  welchen  bedingongen  nnd 
len  das  eigen tnm  sich  gestaltet,  verteilt  oder  verbrancht  wird, 
behandelt  den  process  der  entstehnng  des  Privateigentums,  der 
och  wie  der  Umtausch  bilden  den  hintergrund  alles  Verkehrs,  das 
schon  Aristo t.  politik  1,  3,  11.  13.  14.  das  individuelle  eigentum 
tm  Ar.  eine  im  staatsieben  unerschütterliche  positio  a  priori,  es 
tt  der  menschlichen  natur  aufs  innigste  verbunden.  Arist.  wider- 
it  mit  entschiedenheit  den  lehren  der  gütergemeinschaft  nnd 
Gleichheit  so  steht  er  gegenüber  den  politischen  tränmereien  des 
B  nnd  Hippodamos,  wie  der  Staatslehre  des  Phaleas.    vergl.  poli- 

1,  10.  II  2,  2.  3.  6.  8;  gegen  gütergleichheit:  II  4,  8.  6.  7.  11.  12; 
a  in  seinen  ursprünglichen  ei  gen  tums  Verhältnissen  erscheint  dem 
b  ideal  für  angemessene  Verteilung  des  eigentums:  11  2,  6;  diese 
sacht  verf.  su  deuten,  wobei  er  behauptet,  Arist.  habe  den  begriff 
rbeit  nicht  ganz  richtig  zu  fassen  vermocht,  weiter  erörtert  verf. 
Arist.  die  frage,  was  zu  der  erreichung  des  idealstaates  gehört. 
I  Vn  4,  5.  Vn  5,  1.  2  angegebenen  iSlgemeinen  requisite  ent- 
I  in  andern  stellen,  wo  die  individuelle  gestaltnng  des  eigentnms 
delt  wird,  weitere  ausfÜhrung,  so  in  lY  9,  8 — 8,  er  belehrt  auch 
He  mittel,  wodurch  ein  mittelstand  zu  schaffen,  zu  erhalten  und 
Iftigen  Ut,  so  V  7,  10.  12.  VI  3,  4.  VII  9,  6.  7.  ni  7,  7.  VII  9,  6. 
sr  grosse  des  mobilen  Vermögens  spricht  Ar.  nicht,  er  sieht  nur 
randbesitz  als  rechte  Vermögensquelle  an.  verf.  zieht  zunächst 
üoltat  aus  obigen  stellen  und  spricht  darauf  im  anschlusse  daran 
Be  beschränktheit  griech.  lebens-  und  Staatsanschauung,  die  Arist. 
.12,  4—7.  12.  13  darlegt,  dieselbe  spricht  sich  aus  in  den  beiden 
■testen  griechischen  Verfassungen,  der  Lykurgischen  und  Soloni- 
,  von  einem  Verhältnisse  zwischen  dem  einzelnen  menschen  und 
llaate  und  ihren  gegenseitigen  unveräuszerlichen  rechten  und 
•n  ist  keine  spur,  nach  griechischer  anschauung  war  der  Staat 
gütliche  eigentümer,  der  einzelne  bürger  nur  Verwalter,  verf. 
k  hier  auf  die  heutigen  socialen  Verhältnisse  zu  sprechen,  des 
Mhränktheit  in  der  beurteilung  der  Verwendung  geistiger  büdang  zu 
dbaftlichen  zwecken  wie  des  zinsnehmens,  überhaupt  der  unmittel- 
•rbeit  und  selbsthätigkeit  wird  dargethan  anter  bezngnahme  auf 
l|  10;  VIII  2,  1.  2,  und  sehlieszlich  seine  lehre  über  das  conorete 
■B  und  den  ökonomischen  verkehr  steif,  starr  und  antik  stei- 
panannt.     der  vierte  abschnitt  ist  überschrieben:    des  Aristoteles 

über  coDsum  der  guter,  diesen  teil  einleitend  verbreitet  sich 
tber  bedeutuDg,  Inhalt  und  umfang  der  consumtion.  Aristot.  be- 
■t  zunächst  die  Fundamente,  auf  denen  jede  wahre  consumtion 
I  2,  5 — 7;  er  teilt  alle  besitzstücke  in  zwei  arten:  solche  für 
ition  und  solche  für  consumtion.  die  consumartikel  dienen  ent- 
dem  unmittelbaren  oder  dem  mittelbaren  genusz,  über  den  mittel- 

dnrch  tausch  und  kauf  vermittelten  consum  vergl.  I  3,  11;  über 
■hältnis  von  production  und  consumtion  zum  wohle  der  familie 
i  Ar.  I  2,  4.  der  erwerb  der  consumtionsbedürfnisse  ist  nach  ihm 
Setzung  der  Ökonomie,  deren  wesen  I  3,  2  erörtert  ist.  sie  richtet 
Mt  den   verbrauch   der   herbeigeschafften   bedürfnisse.      hier  ver- 


w«M  Tflrf.  aar  Mt  erBiDarnagBii  nim  sn,  £04  auf 

Iv   dlneli  JahrK  ISVI   ■.  iT7.      ■       .^^  sich    merst  uf 

-BMttrliab«  MilMNHUMdtW  il  -8);  der  hsnsbalt  darf  nicht  ii 
■011* arb '  Mrf^lMa  ^ft,-  lll'-  <t  .  gelderweib  nird  eine  eoneeuiaa 
fCUMlit  tl'«,  1*.  li^J  »»  mtHisr  der  Ökonomie  beicbüfUgdi  «et 
ITAMbAMI  VSiX'  iit  1  befriedigen^ mittel  xn  rniti  inri 
wdhl  dar  flMrtllff  (I IV«-  •— »/'  -laben  mehr  den  meiwchea  ■!*  in 
fMtIbl  fc«llU  In  MM^  "dl*M  :  forte ntni eh  tauK  des  meoidin 
*tM  MMk  hitMH  VM'4eH'«Mi  w  ..lebsD  baob  geldefwerb  nnd  Fei«»' 
tOM  «DtM*  —Ut'fVa  1','Sl"*-'  12.  *);  Ar.  bekendet  bier  eine  ■!» 
Heti«i  '  I  I  'dW'Ma'"  und  einen  inDern  abaohen  gept  ( 
ata  fcaiHuuM.  —  ■  MKtai  n-ateht  ihm  in  eiDem  dnru)]  tggsid, 
l>HdiUM<  g  K'  '"■He  der  üumeren  gQtet.  ■.  ISf- 
4et  •  ■■'-  "1  *«taf.  •uuuv»  >.  idrucken  laiaen  und  nnter  knni- 
bi  I  ir^  ite  unserer  tage,  »ooderlicli  i> 
all«  uoui  ([All  ..u  >■  dlüiHui  jitden  nnspror  gToscstüdte,  dm 
aneo  u  Kh«r,  nltp-i  i  d-  nnd  reichitagos,  sowi«  oBa'iii 
boheA'  atn  1-  wa4M  M.  >4'  «1,  eine  gcradesa  heriiche.  dem  nl, 
ftW  dsr-anw»  ^a»  Ivh«  i  <  raetEan^.  nach  dieser  die  ükIu 
■chttdM  Uneriii  'km  achaft  in  lebeadißCT  daratellnDi 
idotiiteiläen  abasHire  wn  >  mf.  sich  lur  besprachang  iema. 
wu  iMr'  ttaat  ma  mI_oi  ,  h,  bedond^rs  mr  reatiaieTnng  der  iba 
IWnailMittiV 'atifg»!!«  mtMr  — ''  ;dea  A.r.  anaichten  vom  ataatatoona 
«ind  anMgHpMMbsH  I^,  I.  4.  VI  G,  1—10.  18.  18  (übei  bedürt- 
nime  dcl  fllMta«^,  VU  bi'i— v  3—3.  11,  4.  2,  10.  13,  U.  19,  9.  16: 
IMstaM  fIsHeii  iMiiriiea  Ali '  <  den  consum  fdr  das  inilitärwuA 
dM  {(■an'«»  bWcAi  kthaKd"!*  dW  1^  und  die  erliehnnp  der  bfirf« 
and  MMgl  TOD  DrfMI  ver  uea  «erthes  uad  der  atolluntr  to 
«iiMelllia^wdeti  iartitinW  ILru»  .  .  v^^rgl.  heg.  Vlll  i,  i.  3.  ifh 
latitMI'Ma  A#.  iiwlafl  idakt  Ih-KM  ^inea  madernen,  abgreechloaswa 
ajrsletfa'  Mf,  TiMbebr  niW  all  eleBi<'ii>.<:  einer  ata&tnknnat,  aber  es  fioM 
■Iah  darin'  bedaMMidaa  itoaUiwi  iftlirhea  material. 
(fort».».,  folgt.) 
OttsaXLCia.  ■  H.  K.  BBHtcKBir. 


Za  dem  berielif  dM^brai  0.  IL  über  mein  programm  im  ISn  beft  UN 
dieser  jakrbDoHar  duf  lob  mäi  wol  folgende  bemerkangea  erlaabaO.-* 
Herr  0.  M.  tibaraeli«  es  tortt*  ebiBse  iu  der  tertia.  ea  iat  abortt 
erate  elaas«,  -Wia  iah  a(iadttl»kHali  h<:rvorgeboben  habe,  aUe  aoMli 
prima,  ainiat  bStte  dM  ollat  keUaen  inn.  —  leb  soU^  die  gttmm^ 
ea  arg' beiohttttten  haben,  bai^  jed<  einselnen  g  habe  icb  loeiu  aV* 
rieht  bepHndet.  Ar  «ine  wldail^i^un^  würde  ich  hrn.  C.  M.  nia 
dankbar  telB.  —  Daaa'Uh  toxtutugaben  für  allein  aweehrnäaBig  ball« 
habe  ich  nicht  nvr  dnroh  wenin  beiapiele  la  erhärten  geancht,  aoniltia 
die  allgameioe»  prQnd«,  die  ich  angegeben,  witren  mir  besonders  maii- 
cebend.  —  Ueberbaopt  aeheint  mir  br,  C.  M.  den  leitenden  gedaak«  '„ 
der  Ton  mir  rorMMhlageDen  raetbode  nicht  bt&reiohaod  seiner  batbhi 
tan;  weith  gehalten  in  taaban. 

Altoka.  Rom.     \ 


ZWEITE  ABTEILUNG 

JB  eiMNASIALPÄDAGOGIK  UND  DIE  ÜBRIGEN 

LEHRFÄCHER 

MIT    AUS80HLU8Z    DEB    CLA8SISCHBN    PHILOLOOIB 

HSRAUSGEGEBEN  VON   PROF.   DR.   HeBHANN  MaSIUS. 


23. 

GYMNASIUM  UND  GEGENWART. 

(im  anschlusz  an  Jahrgang  1874  s.  353—382.) 


L  Der  erste  teil  von  gymnasium  und  gegenwart  beschäftigte  sich 
[keiner  mehr  principiellen  erörterung  der  gesichtspuncte,  die  ge- 
ii  unsere  zeit  einer  betrachtung  des  höheren  Schulwesens  nahe 
|t.  hieran  schlieszt  sich  in  diesem  specielleren  teile  eine  dar- 
der  Überzeugungen  und  erfahrungen  an,  die  sich  mir  in  einer 
achtzehnjährigen  praxis  hinsichtlich  des  Unterrichtes  in  den 
^hen,  namentlich  in  den  alten  sprachen ,  aufgedrängt  haben. 
Schon  hiermit  ist  die  subjective  art  meiner  auseinandersetzungen 
Leutet.  und  wenn  irgendwo  scheint  es  mir  in  einem  meist  rasch 
ebenen  und  rasch  vergessenen  Zeitungsartikel  zulässig  einer 
objectiven  und  allseitig  erschöpfenden  darstellung  zu  entsagen 
nur  das  resultat  der  eigenen  betrachtungsweise  der  dinge  vor- 
.  gelingt  es  meinem  aufsatze  die  musestunde  eines  fach- 
sich  zu  gewinnen  und  seine  aufmerksamkeit  nach  der  einen 
der  andern  seite  hin  anzuregen  und  zu  beschäftigen ,  so  hat  er 
aufgäbe  erfüllt. 

Manches  weist  mich  darauf  hin ,  dasz  der  erste  teil  meiner  aus- 

idersetzungen  über  die  Stellung  des  gjmnasium  zur  gegenwart 

unbeachtet  geblieben  ist.    mehrfache  besprechungen  in  öffent- 

blättern,  sowie  private  mitteilungen  haben  meine  anschauungen 

ichert,  teilweise  auch  berichtigt,    auf  diese  kundgebungen  eines 

gehenden  interesses  darf  ich  wol,  ohne  unbescheiden  zu  er- 

len,  in  diesem  verwerte  insoweit  eingehen,  als  ich  mich  inner- 

der  grenzen  halte ,  innerhalb  deren  es  sich  um  die  sache  selbst 

lelt. 

r.  JÄhrb.  f.  phil.  n.  pid.  II.  abt.  1875.  hfl.  7.  20 


306  Gymnasium  und  gegenwart. 

Den  ersten  widersprach  erweckten  meine  aiiBiditen  in 
von  denen  er  mir  am  unerwartetsten  kam.  ftrzte,  snm  teil  mir  toi 
her  noch  unbekannt,  protestierten  gegen  die  aQssoUiemmg  ihr 
künftigen  standesgenossen  vom  gjmnasium.  dieser  einsprodi  kou 
manche  betrachtungen  veranlassen,  dencoi  aidi  €|i&  gymnawalMrp 
nicht  ungern  hingibt,  wäre  er  auch  nnr  der  ausfloss  einer  gewiw 
pietftt  fOr  die  bildungsstätte  der  ^eaoßn  jogendaqiii  40  war  v  4^ 
werthvoU  gegenüber  der  oft  geh^n^n  be&auptung,  wie  wenig  b 
das  gjmnasium  von  den  ihm  angehfirigeii  in  spftterer  leit  oai 
noch  dazu,  wenn  diese  äuszerungen  von  einem  stände  anagdben,  dl 
es  für  seine  specielle  ausbildung  relativ  am  wenigsten  bieten  hm 

Aber  eines  namentlich,  was  aas  den  kreisen  der  inle  wen) 
gehalten  wurde,  möchte  aÜgemeinerer  beachtang  werth  sein,  m 
gab  wol  zu ,  dasz  die  realschule  vielleicht  teilweise  schon  so  oign 
siert  sei  oder  doch  noch  so  organisiert  werden  kOnnte,  dasi  sie  smI 
gemäsz  und  direct  zum  akademischen  studium  der  ftrste  ttbeiUii 
könnte,  notwendiger  weise  muste  man  damit  zugleich  xngeM 
dasz  namentlich  die  allgemeinen  natarwissenschafüiehen  stete 
die  den  medicin  studierenden  auf  der  universitftt  snnftcfast  besektf 
tigen ,  noch  eingehender  betrieben  und  somit  das  fmudamaiit  li 
ganzen  fachbildung  noch  solider  gelegt  werden  kannte,  klme  ik 
bei  der  Vorbildung  des  arztes  nur  die  Vorbildung  für  seine  speddk 
Wissenschaft  in  frage  and  nichts  weiter,  so  möchte  es  fkhenÄBgsA 
gründe  geben,  dieselbe  der  realschule  zuzuweisen« 

Aber  man  sah  da,  wo  der  vorteil  zu  liegen  schien,  waijM 
eine  gefahr  versteckt,  was  der  speciellen  Vorbildung  des  faehsuBM 
zuzuwachsen  schien ,  das  muste  doch  gegenüber  der  jetngea  TV 
bildung  einen  defect  nach  der  andern  seite  hin  aufweisen  und  dkie 
defect  fand  man  an  einer  stelle ,  die  allerdings  nicht  fibetsehoi  sM 
gering  geschätzt  werden  darf,  in  der  allgemeinen  bilduig  des  Mi 
sehen,  in  der  that,  da  ja  gjmnasium  und  realschule  ihre  seUb 
eine  gleiche  zahl  von  jähren  bei  sich  behalten,  so  hat  es  aUeifik 
scbeinlichkeit,  dasz  jeder  vorsprang  nach  der  einen  richtongdsd 
ein  zurückbleiben  nach  der  andern  erkauft  wird. 

So  sehr  diese  von  ärzten  ausgesprochene  beftirdhtnng  vieDM 
nicht  wenigen  von  vorn  herein  einleuchtend  und  berechtigt  exadM 
nen  dürfte ,  so  möchte  es  doch  nicht  vorsichtig  sein  sie  ungeficil 
sofort  als  eine  instanz  gegen  die  Vorbildung  der  Srzte  auf  der  im! 
schule  geltend  zu  machen,  in  einer  zeit,  in  der  die  realschule  mldili 
vorwärts  drängt  und  nach  allen  Seiten  hin  neue  wurzeln  trmbt,  in 
sie  gewis  nicht  ohne  die  zwingendsten  gründe  zum  au^heaei 
ermäszigen  von  ansprüchen  sich  herbeilassen,  die  zu  maokea  1 
allerdings  mehr  als  ein  gutes  recht  zu  haben  glauben  dar£  d 
gjmnasium  nimmt  ihrem  vorgehen  gegenüber  mehr  eine  defeBBi 
Stellung  ein.  mag  es  also  einem  gjmnasiallehrer  gestattet  ed 
dieses  bedenken  der  ärzte  sich  anzueignen  und  wenigstens  andc 
tungsweise  seine  begründung  zu  versuchen. 


GrymnMium  und  gegenwart^  307 

Die  differenz  zwisebien  gymnasium  und  reftifichiile  mute  der 
Mkur  der  sacbe  naoh  naÖMBtUcb  ia  d«n  oberen  cbasen  am  klarstea 
nur  anschauung  konuneA.  denn  in  den  unteren  bringt  das  hedür&iis 
dir  fondameniierang  der  höheren  Bildong  Yon  selbst  mehr  tber* 
•MÜmmimg  hervor,  man  wird  deshalb  kaum  ^boben  fehler  begehen, 
wmuL  man  die  in  den  oberen  classen  behandelten  Stoffe  am  geeig- 
MüünL  zu  einer  parallele  findet,  yergleieht  man  nnn  naok  aosweia 
Mhrerer  programme  die  unterricbtsgegenstände  mit  einandier,  so 
fadet  sich,  wie  natürlich,  der  gröste  unterschied  im  i^  zahl  der 
ipachstanden  und  der  realistischen  Acher.  soll  man  denselben  mit 
dnithschnittszahlen  charakterisieren,  so  wird  man  kaum  einen 
wentlichen  irrtum  begehen,  wenn  man  den  spraidiunterricht  im: 
gpanasium  mit  circa  zwanzig,  in  der  realschule  mit  cirea  fünfzehn 
itenden  ansetzt,  die  so  genannten  realien  am  gymnasiummit  sechs, 
m  der  realschule  mit  ungeföbr  zwölf  stunden,  bei  diesen  zahlen 
ksftman  noch  festzuhalten,  dasz  sie  nicht  für  ein  jähr,  sondern  für 
aielurere  gelten. 

Dem  arzte  als  fachmann  käme  hiemach  ein  plus  an  mathemati- 
ttbem  und  naturwissenschaftlichem  unterrichte,  wöchentlich  etwa 
Mcb  stunden,  zugute,  wozu  sich  noch  ein  ausgebreiteterer  geo- 
graphischer Unterricht  rechnen  liesze.  nun  Iftszt  sidi  freiUeh  sagen, 
ditt  er  in  diesen  stunden  nicht  nur  sachlich  gewinnt,  sondern  dasz 
diflter  Unterricht  auch  eine  allgemein  bildende  seite  hat.  aber  be- 
achtens werth  möchte  hierbei  sein,  dasz  derselbe  doch  vorwiegend 
nr  nach  seiten  des  Verstandes  und  der  sinne  hin  bildet,  also  gerade 
Mch  derselben  seite,  nach  welcher  der  arzt  in  der  austtbung  seines 
Wnfes  sein  leben  lang  in  anspruch  genommen  ist.  die  dem  ante 
ik  solchem  eigene  richtung  seiner  krftfte  würde  somit  um  einige 
jähre  früher  angebahnt  werden  und  zwar  in  solchen  lebensjahren, 
die  der  systematischen  aneignung  einer  allgemeinen  bildung  am 
giastigsten  sind. 

Die  realschule  kann  nun  füglich  geltend  machen ,  dasz  sie  j& 
ttch  eine  allgemeine  bildung  gibt  und  spedell  dem  Sprachunterricht 
VBgefthr  fünfzehn  stunden  wöchentlich  zuwendet,  also  eine  stnnden- 
welche  der  der  realistischen  ÜLcher  nicht  nachsteht,   dem  gegen- 
möchte aber  das  plus  von  fünf  stunden  sprachlichen  Unterrichts 
Seiten  des  gymnasiums ,  zumal  es  sich  über  mehrere  jähre  er- 
kt,  doch  nicht  so  unwesentlich  sein  und  dann  möchte  noch  sehr 
gewicht  fallen,  dasz  die  allgemeine  bildung,  die  durch  die  vor- 
hersehende betreibung  der  alten  sprachen  und  schriftsteiler  auf  dem 
mnasium    vermittelt   wird,  nicht  gleichwerthig   gesetzt   werden 
mit  den  resultaten  der  sprachlichen  bildung,  die  vorwiegend 
eh  die  neueren  sprachen  gewonnen  wird,  ganz  abgesehen  davon, 
z  im  gymnasium  die  geschichte,   namentlich  die  alte,  eine  be- 
tendere  rolle  spielt,  als  in  der  realschule. 
Zunächst  glaube  ich,   dasz  bei  allen   einsichtigen  kein  streit 
iarüber  sein  kann,  dasz  allgemeine  grammatische  bildung  besser  an 

20* 


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i 


308  Gymnasium  und  gegenwart. 

den  alten  sprachen  erworben  wird,  als  an  den  mo(  »men.  das  ist  jf 
sicher  der  durchschlagendste  grund,  weshalb  die  rdalsohnle  sididii 
latein  erhalten  wünscht,  aber  man  achte  dem  latein  gegenüber  da 
griechische  nicht  zu  gering !  denn  erstens  eignet  sich  seine  formflo 
lehre  noch  besser,  als  die  der  lateinischen  spräche  dazu,  ein  gewisse 
Verständnis  der  formbildnngen  überhaupt  anzubahnen,  sweitensei 
weitert  seine  vielseitigere  syntax  sehr  wesentlich  die  kenntnis  vo 
der  Verwendung  der  Wörter  und  ihrer  formen,  in  der  eigentUdw 
grammatischen  bildung  darf  sich  also  wol  das  gymnasinm  einB 
vorspmng  vor  der  realschule  vindicieren,  insofern  es  das  latein,  di 
für  die  grammatik  die  besten  normen  gibt,  intensiver  betreibt  mi 
ausserdem  noch«das  griechische  hinzunimmt,  mit  diesen  beide 
alten  sprachen  aber  hält  keine  der  neueren  an  der  realschule  betn< 
benen  sprachen  mit  rücksicht  auf  die  grammatik  den  vergleich  sa 
was  aber  die  grammatik  zu  bedeuten  hat,  brauche  ich  hier  nid 
noch  einmal  auseinander  zu  setzen,'  nachdem  ich  im  ersten  teile  eü 
gehender  davon  gesprochen  habe. 

Auszer  von  der  grapimatischen  bildung  liesze  sich  hier  von  d< 
Stilbildung  noch  sprechen  und  wol  ohne  Schwierigkeit  darthun,  dai 
hierfür  das  gymnasium  mehr  bieten  kann ,  als  die  realschnle.  doo 
ich  will  mich  für  jetzt  nur  an  das  hauptsächlichste  halten« 

Noch  erheblicher  wird  der  unterschied  zwischen  gymnasial 
und  realschule ,  wenn  man  von  der  rein  formalen  bildung  auf  di 
lectüre  übergeht,  die  ohne  frage  von  allen  unterrichtszweigen an 
meisten  für  die  bildung  des  Charakters  und  geschmackes  nutibi 
gemacht  werden  kann  und  musz.  hier  hat  zunächst  die  realschnl 
vor  dem  gymnasium  kaum  etwas  voraus;  sie  müste  denn  die  alter 
dings  sehr  wichtige  englische  lectüre  geltend  machen,  die  aber  dd 
meisten  gjmnasien,  wenn  auch  ofk  nur  facultativ,  sich  schon  ang« 
eignet  haben  und  sicherlich  sich  immer  mehr  noch  aneignen  werdei 
wie  ungünstig  sich  die  französische  litteratur  hinsichtlich  ihrer  ftf 
werthung  für  die  schule  stellt ,  ist  allbekannt,  von  den  viel  gdese 
nen  classikem  aus  dem  Zeitalter  Ludwigs  XIV  ist  nicht  allzo  v^ 
mehr  zu  lernen ,  nachdem  Lessing  ihre  herschaft  nach  der  fonnalfl 
Seite  völlig  erschüttert  und  die  neuere  litteratur  wesentlich  ander 
Vorbilder  sich  auserwählt  hat.  von  den  modernen  franaönschei 
Schriftstellern  machen  wenige  einen  wirklich  tieferen  eindrack  so 
das  jugendliche  gemQt.  daher  denn  auch  die  erscheinnng,  daan^ 
in  der  französischen,  ja  auch  in  der  englischen  leotOre  mehrixv 
länger  als  sonst  sich  mit  chrestomathieen  behilfb,  ein  beweis,  das 
geeignete  werke  aus  einem  gusz  sich  nicht  in  wünscheuBWiKi^ 
Menge  vorfinden,  und  doch  muss  man  namentlich  für  die  lectflr 
der  oberen  classen  ganzen  werken  entschieden  den  Vorzug  gebeOt  ^ 
sie  jedenfalls  eine  nachhaltigere  und  tiefere  Wirkung  auf  den  le860 
den  ausüben ,  als  einzelne  stücke ,  die  einen  kaum  angeschlageoei 
ton  nicht  voll  und  ganz  ausklingen  lassen. 

Wenn  in  den  realschulen  der  deutschen  spräche  und  litiars^ 


Gymnasium  und  gegenwart.  309 

eine  gröszere  Stundenzahl  zugewiesen  wird ,  so  habe  ich  wol  nicht 
Bdtig,  hier  noch  ausführlich  nachzuweisen,  dass  trotzdem  das 
gjmnasium  in  der  läge  ist,  beides  eingehender  und  Vielseitiger  zu 
betreiben. 

Nun  ist  ja  freilich  die  lectüre  lateinischer  classiker  in  die 
meisten  realschulen  aufgenommen;  allein  mit  den  tendenzen  der- 
selben scheint  es  besser  zu  stimmen,  wenn  sie  dieselbe  mehr  im 
gnunmatischen  interesse  treiben,  um  das  an  guten  beispielen  an- 
schaulich zu  machen,  was  flir  die  grammatische  bildung  erforderlich 
ist.  auch  scheinen  darauf  nicht  undeutlich  die  Schriftsteller  hinzu- 
weisen, die  vorhersehend  in  den  realschulen  eingang  gefunden 
baben.  es  sind  die  nämlichen,  die  auch  am  gymnasium  meist  in 
grammatischer  und  stilistischer  beziehung  getrieben  werden,  aber 
ibrem  inhalte  nach  nicht  zu  den  dankbarsten  gegenständen  der 
lectflre  gehören.  Cäsar,  so  grosz  er  sein  mag,  findet  unter  seinen 
jngendlichen  lesem  noch  wenig  bewunderer.  dem  Cicero  geschieht 
kein  zu  grosses  unrecht,  wenn  man  ihn  vor  allem  nach  der  formalen 
Seite  ausbeutet;  denn  darin  beruht  seine  stärke,  aber  die  eigent- 
licben  bluten  der  lateinischen  litteratur,  welche  die  Jugend  ihres 
inbaltes  willen  wirklich  anziehen,  Horaz,  Virgil,  Livius,  Tacitus, 
sind  den  realschttlem  teils  gar  nicht,  teils  nur  wenig  zugänglich. 

Aber  die  litteratur,  die  ihrem  gehalte  nach  den  jugendlichen 
Geist  am  meisten  fesselt,  ist  auch  nicht  die  lateinische,  sondern  ent- 
sebieden  die  griechische,  damit,  dass  der  realschule  die  griechischen 
sebriflsteller  verschlossen  sind ,  ist  gesagt ,  das4  ihr  die  wichtigste 
lectüre  fehlt,  die  es  auszer  der  deutschen  für  uns  gibt^  also  über- 
baiq)t  eins  der  wichtigsten  mittel  zur  Charakter-  und  geschmacks- 
bildong.  was  kann  den  Homer  ersetzen ,  der  die  gymnasiasten  vier 
jihre  lang  beschäftigt?  an  welchen  tragikem  lassen  sich  diegesetze 
A^  diese  höchste  litteraturgattung  einfacher  und  eindringlicher  klar 
mtcben,  als  an  den  griechischen  ?  welchen  historiker  will  man  neben 
Herodot,  welchen  neben  Thucydides  stellen?  giebt  es  gerade  für 
Q&en  deutschen  redner  bessere  Vorbilder,  als  die  griechischen,  na- 
mentlich als  Demosthenes  in  seiner  imponirenden  einfachheit  und 
Wahrhaftigkeit?  kann  man  die  philosopbie  in  anmutigerer  form  der 
jagend  nahe  bringen,  als  in  Piatos  werken? 

Indem  ich  so  den  vorzug  der  lectüre  auf  dem  gymnasium  preise, 
nache  ich  freilich  die  Voraussetzung,  dasz  die  Schriftsteller  nach 
ibrem  gehalte  auch  wirklich  zur  geltung  gebracht  werden,  in  frühe- 
^D  Zeiten  freilich  war  das  weniger  der  fall  und  so  mag  es  wol 
ßianche  geben,  deren  lehrer  dadurch ,  dasz  sie  die  schriftsteiler  nur 
zur  anknüpfuDg  von  grammatischen,  stilistischen  und  allerhand  an- 
deren erörterungen  raiszbrauchten ,  es  verschuldet  haben ,  dasz  sich 
^it  der  erinnerung  an  diese  lectüre  die  erinnerung  an  langweilige 
stunden  verknüpft,  jedenfalls  mit  rücksicht  auf  diese  zeiten,  die 
^ol  im  wesentlichen  als  vergangen  bezeichnet  werden  können,  hatte 
^tb  in  einer  besprechung  des  ersten  teiles  meiner  schrift  von  Seiten 


810  Gymnasimn  und  gegenwart. 

«inee  anerkannt  tüchtigen  YorkUmpfen  fBr  das  realseliiilirvie! 
lesen,  das  gymnasium  benntee  die  lectüre  nur,  am  fOr  doa  M 
sehen  anfsatx  voniiü>er«iten,  also  nur  im  stiUstischen  inttmte 
realschule ,  um  am  geist  der  Schriftsteller  jä^e  jngend  zu  biideiL 
kann  mir  nicht  denken,  dasz  diese  diatinctioa  im  emta  gemaeh 
mOchte  aber  bestimmt  in  abrede  steilen,  daia  na  gegnftwfatifl 
thatfidldilieheB  yerhftltnissen  entspreche,  der  reahclmla  gegen 
kannte  das  gymnasium  sehr  einfadi  darauf  hinweueA,  dan  es 
fem  in  den  geist  der  alten  Schriftsteller  tiefer  eiafllhx«  kOnne 
«6  Tiel  m^r  stunden  sich  mit  ihnen  besohftftigt  und  tick  bei 
die  kenntnis  des  römischen  altertums  durch  die  das  grieckii 
ei'gttnzt,  sowie  daez  seine  lehrer  in  der  regal  hierfttr  besser 
bereitet  sind. 

Sonach  möchte  ftlr  den,  der  möglichst  nnbafiagen  die  disf 
beurteilen  sich  bemüht,  sich  ergeben,  dasz  die  gymnaaitm  ftti 
grammatische  und  stilistische  bildung,  sowie  fürdieiethatisohc 
Charakterbildung,  so  weit  beides  sich  an  ctie  leetttre  atBsclil 
mehr  leisten  können,  als  die  realschulen  und  aomit,  wmui  bü 
Organismus  ein  gesunder  ist,  jedenfalla  audi  £actuch  mobr  lei 

Aber  was  soll  dieses  plus  an  allgemeiner  bitilung  gerade 
arzte?  zur  beantwortung  dieser  frage  ist  es  nellaidit  niehi 
wesentlich  darauf  hinzuweisen,  dasz,  wenn  dia  fiiste  auf  dea 
schulen  vorgebildet  werden ,  sie  dieselbe  Vorbildung  haben,  wi 
höheren  techniker,  ingeniem'e,  Chemiker  usw.  nun  ist  ea,  meuM 
gewis  nicht  schwer  einen  unterschied  zwischen  dem  wiikangd 
der  höheren  techniker  und  dem  des  arztes'zu  findan«  bei  dem  er 
kann  die  persönlichkeit  ganz  zurücktreten;  wie  er  sein  fadi  Ten 
so  schätzt  man  ihn.  das  ist  nicht  ganz  so  der  liU  beim  aafce 
grosz  die  beruhignng  sein  mag ,  die  in  geffthrliefaen  aitnatimiei 
volle  vertrauen  in  die  kenntnisse  und  fertigkeiten  des  ancto 
währt,  so  ist  diese  Überzeugung  doch  noch  nicht  aUea.  geiidi 
dem  gebiete  der  krankheiten ,  wenn  irgendwo ,  tritt  uns  oft  g 
der  zweifei  an  die  zulänglichkeit  menschliehen  Wissens  nnd  kön 
entgegen,  und  diese  lücke ,  die  die  kunst  auch  des  gzteteii  a 
hat,  föllt  am  besten  und  wohlthuendsten  die  ganze  pecvOnlid 
desselben  aus. 

üeberhaupt  sind  ja  die  Zeiten ,  in  denen  an  das  eraeheiBei 
arztes  die  gespannte  erwartung  eines  familienkreises  sieh  ka 
die  ernstesten,  entscheidungsreichsten;  es  sind  die  zelten,  in  d 
das  gefühlsleben  am  regsten  ist.  der  arzt  tritt  ja  nicht  nu: 
schütterten  körperlichen  zuständen  gegenüber,  sondern  eben  io 
damit  zusammenhängenden  aufgeregten  seelischen  zuständen. 
kann  man  aber  mehr  wohl  oder  wehe  thun,  als  in  so  achwersn  i 
und  es  ist  gar  nicht  undenkbar,  dass  der  arzt,  was  er  durch i 
kenntnisse  nützt,  durch  sein  verhalten  wieder  schadet,  somit  '. 
nicht  zweifelhaft  sein,  dasz  in  der  ärztlichen  kunst  das  persöa 
auftreten  des  sie  ausübenden  von  der  grösten  Wichtigkeit  ist. 


Gymnasium  und  gegenwart.  311 

iamm  ist  für  den  arzt  die  ausbildung  der  allgemeinen  menschlichen 
uüagen  gewis  eben  so  unerläszlich,  als  die  ausbildung  für  sein  fach. 
fSmi  man  dieser  allgemeinen  bildung  in  der  Jugend  einen  etwas 
{rSszem  räum ,  so  wird  daraus  dem  arzte  für  seine  praxis  wol  kein 
ichiden  erwachsen,  ja  der  segen,  den  er  stiften  kann,  wird  sich  er- 
iXAkOL  und  somit  bedeutet  das  plus  an  allgemeiner  bildung  für  den 
loi  nicht  eine  sinnlose  Verschwendung,  sondern  eine  sehr  werth- 
rdk  ergftnzung  seines  wissens  und  könnens  zur  allseitigen  lösung 
«aar  schwierigen  aufgäbe. 

Wenn  ich  nun  das  resultat  meiner  jetzigen  und  früheren  er- 
irienmgen  zusammenfasse,  so  bin  ich  weit  entfernt,  heute  zurück- 
lekmen  zu  wollen ,  was  ich  früher  behauptet  habe ,  dasz  die  real- 
(hole  zur  Vorbildung  der  künftigen  ärzte  sehr  geeignet  sei.  zu 
Üater  zurücknähme  wäre  ich  consequenter  weise  nur  dann  genötigt, 
renn  ich  bezweifeln  müste ,  dasz  die  realschule  eine  dem  arzte  ge- 
iflgende  allgemeine  bildung  gewähre,  ein  zweifei,  von  dem  ich 
ittOrlich  weit  entfernt  bin;  aber  ich  mOchte  meinem  früher  be- 
iagnngslos  hingestellten  satz,  dasz  die  Vorbereitung  zu  den  medi- 
iniachen  Studien  der  realschule  zuzuweisen  sei,  die  ausdrückliche 
ottchränkung  hinzufügen,  dasz  es  sich  nicht  empfdblen  möchte^  den 
ntea  den  weg  durchs  gymnasium  geradezu  abzuschneiden ,  woran 
k zur  zeit  auch  hoch  niemand  denkt,  da  es  ja  denselben  doch  auch 
Btterseits  manches  mitgibt,  was  ihm  werthvoll  für  seinen  beruf 
SA  mnsz.  am  besten  würde  man  also  den  beteiligten  selbst  über- 
iKen,  je  nach  ihren  persönlichen  neigungen  und  Überzeugungen, 
laacbdem  sie  mehr  weiih  auf  die  speoielle  Vorbildung  für  das 
ipniliche  fach  oder  auf  tiefere  begründung  der  allgemeinen  bildunj^ 
fen,  diese  oder  jene  art  der  Vorbildung  zu  wählen,  ausdrücklich 
br  möchte  ich  noch  einmal  daran  erinnern ,  dasz  alles  wünsohens- 
Irthe  wol  dann  geleistet  sei,  wenn  der  künftige  arzt,  nachdem  er 
H  gjmnasium  absolviert  hat,  noch  ein  jähr  der  realschule  angehört 
pr  ftherhaupt  auf  einer  Universität  oder  einem  poly technicum  noch 
lliitische  Studien  treibt. 

Die  ärzte,  die  eine  nochmalige  behandlung  dieser  frage  bei  mir 
kigten,  sprachen  noch  ein  bedenken  aus,  das  ich  wenigstens  knrz 
Mhnen  will ;  sie  fürchten  nemlich ,  dasz  bei  der  Vorbildung  ihrer 
libgenossen  durch  die  realschule  wahrscheinlich  die  zsdil  der 
leialisten  noch  vermehrt  werden  würde,  je  eher  der  künftige 
ibniann  in  einen  bestimmten  gesicbtskreis  eingeengt  werde,  um 
näher  liege  die  gefahr,   dass  er  sich  den  kreis  selbst  noch  ver- 

Ci  werde,  wenn  nun  auch  namentlich  im  interesse  der  wissen- 
t  und  der  groszen  städte  specialisten  sehr  wünschenswerth  und 
■Bnsreich  sein  könnten,  so  entspräche  doch  das  weitere  überhand- 
PDen  derselben  auf  keinen  fall  den  vorwiegenden  Interessen  des 
rte  bedürfenden  publicums ,  das  in  seiner  mehrzahl  namentlich  in 
p  mittleren  und  kleinen  städten  doch  ärzte  von  allgemeiner  medl- 
iicher  bildung  haben  müsse. 


312  Gymnasium  und  gegenwart. 

So  viel  von  der  yorbildung  zum  medicinischen  Stadium. 

Zu  weiterem  nachdenken  gab  mir  die  vielseitige  Terwnndemg 
anlasz,  die  meine  ansieht  hervorgerufen  hat,  dasz  die  gynmiiNi 
langsam  ihrem  ende  entgegen  gingen,  so  befremdend  es  sein  nag^ 
dasz  dieser  satz  von  einem  gymnasiallehrer  ausgesprochen  ist,  10  ki 
doch  meine  meinung,  dasz  mit  der  erforschung  der  Wahrheit  studii- 
interessen  nichts  zu  thun  haben,  auch  getraue  ich  mir  wol  ihn'  nodi 
heute  zu  vertheidigen ,  indem  ich  an  der  prftmisse  festhalte,  vbSIk 
der  er  gemacht  ist.  ich  habe  gesagt,  dasz,  wenn  eine  zeit  konuiMi 
sollte,  in  der  das  classische  altertum  keine  lebendigen  benehimgn  ' 
zur  gegenwart  mehr  hätte ,  dann  auch  aller  Wahrscheinlichkeit  mnk 
das  gymnasium  in  seiner  jetzigen  gestalt  seinen  lauf  vollendet  halM  j 
würde,  es  bildete  diese  behauptung  den  schlusz  von  erOrtenmgH  < 
des  inhaltes ,  dasz  keine  schule  den  Zusammenhang  mit  dem  Ute 
aufgeben  könne,  und  so  lange  dieser  satz  unbestritten  ist,  ivM 
mich  nichts  bindern  auch  den  andern  festzuhalten ,  dass  eine  sdnk, 
die  den  Zusammenhang  mit  ihrer  zeit  verloren  hat,  dem  unteigm 
gewidmet  ist. 

Doch  bekenne  ich ,  dasz  jene  ausdrücke  der  befinemdnng  wi 
veranlassung  gaben,  jenen  zeitpunct  selbst  in  betracht  eu  Beben,  ii 
dem  ein  völliger  brach  der  neuen  zeit  mit  der  alten  sich  voUsogM 
haben  könnte,  selbstverständlich  hatte  ich  dabei  nicht  mit  jd[^ 
zehnten  gerechnet ,  sondern  mit  Jahrhunderten,  und  vor  allem  tnl 
mir  lebendig  vor  die  seele,  welche  ungeheuren  umwälznngen  seit  dar 
zeit  der  französischen  revolution  nicht  nur  im  politischen  leben,  te 
eine  dem  altertum  völlig  fremde  staatsform  zur  geltnng  gebruM 
hat,  erfolgt  sind,  sondern  auch  im  socialen  leben  dordi  die  üfi 
greifenden  erfindungen.  es  ist  kaum  zu  viel  gesagt,  dasi  diese  doch 
relativ  kurze  zeit  uns  dem  altertum  mit  seinen  institationen  mehr. 
entfremdet  hat,  als  alle  vorhergegangenen  Jahrhunderte,  es  ist  isr 
deshalb  auch  immer  wahrscheinlicher  geworden,  dass  die  geeeUehli 
ihre  marksteine  noch  versetzen  und  das  mittelalter  bis  snr  fraiisBn- 
sehen  revolution ,  von  da  an  aber  die  neue  zeit  rechnen  werde,  öi 
anfang  davon  ist  es  schon,  wenn  man  bis  dahin  die  neue,  von  da  ib 
die  neueste  zeit  datiert. 

Ein  sehr  wesentliches  moment  in  der  Schätzung  dieser  diap 
würde  sein  festzustellen,  in  wie  weit  die  neue  zeit  ihre  schöpferisdt 
kraft  schon  verbraucht  hat,  in  wie  weit  sie  ihr  noch  zu  geböte  siohL 
sollte  sie  mit  derselben  bewundernswürdigen  intensitftt  vorwlitl 
dringen  und  sich  in  wirklichen  neuschafifungen  weiter  manifestiflMi 
so  wäre  jedes  vorläufige  urteil  unmöglich,  sollte  sie  sich  aber  nd 
der  weiteren  Verfolgung  der  bisherigen  errungenschaften  begnttgsit 
mit  dem  ziehen  der  consequenzen  des  bereits  geleisteten,  so  win 
schon  eher  ein  ruhepunct  gegeben,  von  dem  aus  sich  Umschau  haltn 
liesze. 

So  wenig  nun  weder  für  die  eine  noch  für  die  andere  anndi 
ein  rechter  anhält  zu  einem  vorläufigen   urteil  gegeben  zu  sei 


Gymnasium  und  gegenwart.  313 

idttint,  80  ist  doch  für  den,  der  die  ent Wickelung  der  menschheit  im 
jiDien  überschaut,  eines  kaum  zweifelhaft,  bis  jetzt  haben  sich  die 
Mogestaltungen  vorhersehend  auf  dem  gebiete  des  politischen  und 
Mieriellen  lebens  bewegt,  die  staatsformen  sind  andere  geworden, 
Im  maschinenwesen  hat  unser  äuszeres  leben  in  seinen  so  überaus 
■nnigfachen  formen  wesentlich  modificiert  und  so  das  thnn  und 
traben  von  millionen  von  menschen  anders  gestaltet,  von  den 
menschaftlichen  gebieten  sind  also  namentlich  die  der  mathematik 
■id  naturwissenschaften  dadurch  berührt  worden  und  haben  neue 
Bi^mlse  gegeben  und  empfangen. 

So  weit  aber  das  geistige  leben  nicht  mit  mathematik  und 
■itorwissenschaften  zusammenhängt,  beruht  es  wesentlich  auf  den 
ilten  grundlagen.  denn  der  unverkennbare  rückschlag,  den  die 
inch  die  Veränderungen  im  äuszeren  leben  bedingte,  mehr  materia- 
iitische  richtung  unserer  tage  allerdings  auf  litteratur  und  kunst 
Mgeübt  hat,  der  realismus  auf  diesem  gebiete ,  hat  mehr  eine  ver- 
lidening,  leider  vielfach  eine  vergröberung  der  form  zur  folge 
phibt,  als  einen  neuen  aufschwung  nach  der  seite  des  inhaltes.  die 
idiOne  litteratur  und  ein  guter  teil  der  kunst  begnügt  sich  heute, 
In interessen  des  augenblickes ,  dem  amüsement,  zu  dienen,  ist 
lit  zur  modesache  geworden,  innerhalb  einer  kurzen  spanne  zeit 
hg^  geburt  un4  ende  von  nicht  wenigen  hervorbringungen  auf 
Iwcm  gebiete,  es  ist  kaum  denkbar,  dasz  der  nachweit  viel  von 
inselben  verbleiben  werde,  und  so  ist  sehr  wahrscheinlich,  dasz 
iMer  Zeitalter  hinsichtlich  seiner  rein  geistigen  productionen  spKte- 
IM  generationen  als  ziemlich  Öde  und  leer  erscheinen  werde. 
^  Man  mag  diese  erscheinung  beklagen  und  wird  sie  um  so  mehr 
hUagen,  je  mehr  man  durch  seine  lebensstellung  dem  rein  geistigen 
Pn  nahe  steht,  aber  erklärlich  ist  sie  in  hohem  grade,  wenn  die 
(pferische  kraft  der  menschheit  mit  aller  intensität  auf  die  eine 
onsers  daseins  gerichtet  ist,  so  musz  sie  an  der  andern  fehlen, 
auch  die  teilnahmlosigkeit  des  groszen  publicums,  selbst  des 
Ideten,  an  den  rein  geistigen  productionen,  ja  die  überhand 
tende  gleichgültigkeit  gegen  unsere  eigenen  classiker  läszt  sich 
zu  leicht  daraus  verstehen,  dasz  die  mehrzahl,  den  groszen 
•rangen  auf  anderen  lebensgebieten  zugewendet,  eben  nicht  mehr 
Sammlung  und  hingebung  hat,  die  ein  tiefer  angelegtes  kunst- 
erheischt, wenn  man  es  mit  wirklicher  befriedigung  genieszen 
um  den  relativ  geringen  teil  von  muse,  der  zur  beachtnng 
Itterarischer  und  anderer  kunstwerke  übrig  bleibt,  ausgiebig  zu 
hrwerthen,  wählt  man  naturgemäsz,  was  gröszere  anstrengung, 
pUeres  nachdenken  nicht  verlangt,  sondern  durch  möglichste  stoff- 
lirfong  eine  starke,  aber  doch  rasch  vorübergehende  Wirkung 
IMbt. 

;  Es  ist  sonach  kaum  zweifelhaft,  dasz  der  ungeheure  fortschritt, 
Ito  die  menschheit  in  unserer  zeit  gemacht  hat,  ein  einseitiger  ist. 
I  man  kann  sagen,  je  intensiver  er  ist,  um  so  einseitiger  muste  er 


l 


-) 


S14  OjM*Miiun  und  gegenwart  ^| 

«ein.    daim  w  sab«Bt,  dui  dk  roenscbheit  ünmer  nur  mit  eioiai  ,| 
beBtimmten  onpital  von  kraft  art^eitet,  das  nicht  ergiebig  ^DQgül^>{ 
Im  ihr  la  goatatton,  Mofa  allm  eeitsn  gleicbmJUzig  aus/uschieJ(«B 
nnd  TOrwSrto  tu  dliiijrw>   bwt  sich  nun  ein  so  einseitiger,  wena  uci 
noch  80  mSahtigra-  nmachwriBg  ToHzogeii,  so  ist  alle  wahrscbeinliotf 
keit,  du>  die  varnaofalSmigtan  £Ktoren,  die  während  d«m  eben  not 
ihr  duain  hiBfrüt«ten,  aooh  ifarerEeita  wieder  zur  g«ltung  komm«! 
di«  hoAwug  wird  also  aiolit  ungerechtfertigt  ^ein,  dasz  auch  ihnt  I 
noch  eis  nanar  aafsehwnng  bMotieden  ist. 

Gehen  wir  von  dieaen  allgeiueinen  betraebtung«n ,  denen  luih 
der  Udkmgen  antnickelang  dar  menschbeit  wol  eine  gewisse  wtbt- 
echeulicUnit  zugestände*  werden  k&nn,  zu  dem  thema  aber,  du 
uns  jetot.in  arstu;  lini«  lu  bMOhltftigen  bat,  zum  hfiheren  sctniti 
weseo,  so  mSclito  skh  txu  iMnrWilung  desselben  folgendes  ergeba  , 
mit  der  sittehtigen  etrßmniig,  die  durch  äa&  leben  unserer  zeit  gäH,  i 
bUngt  die  antwiiAeliuig  des  realäcbulwogens  notwendig  und  iniur 
liidi  znaamman.  wer  sioh  gegan  dasselbe  erklärt  und  stemmt,  d« 
Tersuoht  gegen  des  ström  au  achwioimen.  zu  diesem  versuche  lUg 
wol  mancbsn  und  manohmal  aller  anlaaz  gegeben  sein,  im  vorlifg» 
den  falle  mScfate  «  niohti  nur  eitel ,  sondern  auch  unberechtigt  siit. 
denn  erat  muai  man  Betwasdiger  weise  die  grosse  und  bedeutung  da 
BChSpfangaa  oaeera  »italtara  lengnen,  wenn  man  das  recht  babfli 
will,  der  antwiiAeliing  das  reolichulwesanB  hemmnisse  zu  bereitm. 

Abar  diese  betroobbing  führt  auch  nocb  zu  einem  andern  rc^iil- 
tate.  OB  dOrß«  sieb  ans  derselban  ergeben,  wie  sehr  im  unrecht  dif 
jenigen  sind,  welabe  dar  r«alssbule  in  ihrer  jetzigen  Verfassung  obst 
weiteres  die  gaiiEa  zubunft  Ro^recben  möchten,  die  in  ihr  einfuL 
die  schule  dsr  eukuaft  erblioken.  man  mag  sie  mit  mehr  recht  IUI 
aobule  der  gegenwait  nsnneo.  uBd,  so  weit  die  durch  unsere  seitvj 
geregten  TerSnderangea  «ine  Eukunft  haben  —  und  diese  haben  sii 
unbedingt  — ,  wird  sie  auch  ktlnftig  geiieiben  und  in  eegen  wirko* 
sollte  sich  aber  die  neu  gestaltende  kraft  der  menschheit  der  a 
geistigen  arbeit  wieder  mwesdeD,  sollt«  eine  neue  blate  naii 
der  litteratnr  unserm  Tolke  gegOnnt  sein,  dann  würde  das  f 
der  gymnaeien,  das  ja  vorwiegend  auf  den  geisteewisEenscbaf 
beruht,  sicberlicb  eine  neue  stitrfcung  erfahren. 

Da  SUD  aber  beute  sich  von  diesem  neuen  leben  noch  WSB  _ 
sagen  ISszt,  so  mDohte  es  auch  verfrüht  sein,  von  der  gestoltung  ifi 
gymnasien  in  dieser  zukunft  schon  heute  etwas  zu  sagen,  dasz  ab< 
speciell  die  griechisohen  und  rOmiscben  classiker  für  die&e  phaaeib 
meneobheit  sieb  noch  wirksam  zeigen  werden,  durfte  doch  wahr-i 
scheinlioh  sein,  denn  die  geistige  cuUur  unsers  alternden  erdteilwl 
wird  eich  von  den  einfadien  und  edlen  grundlagen,  auf  die  sia  ia] 
der  blCltezeit  von  Hellas  und  Bom  gestellt  worden  ist,  nicht  gfiU'i 
lieh  losreiazea  kfionen.  haben  die  groszen  idcen  und  formen,  üt 
dem  dassisoben  altertum  entstammen ,  die  ihnen  Innewohnenda, 
Bcbeinbar  unTerwflstlicbe  kraft   verbraucht,    wer   weiez,  ob  dann 


Ghjrmnauiim  und  gegenwsrt.  S15 

ii  die  esiiur  1  ropas  in  dieselbe  erstammg  gertth,  die  jetzt 
wmm  vOlker  beLrüw-«? 
Es  ftebeüit  sonadi,  ab  ob  sidi  die  altclaaaischen  philologen  als 
mtUoter  des  gjmnasialprincips  darein  finden  rnttseen,  daaz  die 
■4  dar  seit  aidi  von  ihnen  abwendet,  yielleioht  noch  mehr  ab- 
,  mit  es  schon  geschehen  ist,  als  ob  Bie  ihren  collegen  an  der 
tole  immer  mehr  terrain  wei^den  abtreten  müssen,  und  keim 
y  da»  alle  diese  verhältnif  auch  in  den  ftnszeren  atellungem 
k  abspiegeln  werden,  dasz  die  philologen,  die  der  tradition  sa- 
|s  loazerlioh  besser  situiert  waren,  mit  der  zeit  diesen  vorsprang 
Mfm  können,  aber  eben  so  wenig  möchte  daran  zn  zweifeln 
m  dass  sidi  die  schale,  die  sich  jetzt  gesenkt  hat,  auch  wieder 
werde,  dasz  die  geisteswissenschaften,  der  inhalt  der  hdchstem 
der  philologen^  auch  wieder  ihrerseits  in  den  vordetgrand 
mid  so  ihnen  neue  anerkennung  und  erfolge  zuführen  werden 
pimllen  aber  haben  sie  allen  anlasz  sich  darauf  gefaszt  za 
,  dass  sie  auch  unter  schwierigen  verhftltnissen  treu  die 
werden  zu  nfthren  haben,  die  ihrer  gewissenhaftigkeit  an- 
inmlist. 

i  Soeh  gwiug  der  vorläufigen  erörterungen !     wenden  wir  uns 
gegenstftnden  selbst  zu ,  deren  behandlung  diese  bltttter  ge- 


I.    Der  grammatische  Unterricht. 

Bs  gibt  manches  anzeichen  dafür,  dasz  der  grammaüsche  unter- 

sof  den  gymnasien  noch  nicht  überall  in  der  wünschenswerthen 

erteilt  wird,    wenn  das  latein  als  normalgrammatik  bei  den 

irem  in  so  hoher  achtung  steht  und  deshalb  mit  einer  rela- 

groszen  Stundenzahl  neun  jähre  lang  so  eifrig  betrieben 

tollte  es  da  nicht  auffallend  sein,  wenn  sich  bei  denen,  die  den 

zurückgelegt  haben,  nicht  eine  klare  erkenntnis 

I,  eime  völlig  unumstöszliohe  Überzeugung  ausgebildet  hat? 

es  femer  überhaupt  nicht  auffallend  finden,  wenn  je- 

mach   absolvierung  des    gymnasiums  noch   unklar  sein 

worin  die  Vorzüge  der  alten  sprachen  vor  den  modernen 

i?  und  doch  haben  nicht  wMiige  von  denen,  die  hentaitage 

stellen  Y*  dasz  die  alten  sprachen  die  beste  grundlage  ftr 

latische  bildung  überhaupt  sind,  dieselben  am  gymnasium 

sollte  diese  erscheinung  nicht  darauf  hinweisen,  dasz, 

jemand   die  einzelheiten   der  lateinischen  und  griechischen 

iiik  noch  so  gut  im  köpfe  hätte ,  ihm  aber  die  allgemeinen 

ktiscfaen  gesicbtspuncte  fehlen,  die  schule  ihr  werk  an  ihm 

Igelhaft  gethan  hätte  und  sollte  dieser  mangel  nicht  um  so 

iwerther  sein,  als  für  den  nichtphilologen  —  und  das  sind 

iie  meisten  der  gymnasialabiturienten  —  sich  keine  gelegen- 

^hr  findet,  diesem  mangel  abzuhelfen? 


350  Personahiotizen. 

noch  ein  paar  einEelheiten  besprochen,  wie  die  beziehang^  des  ande  in 
y.  6,  das  für  a  qno  genommen  nnd  anf  Aeneas  bezogen  wird,  and  die 
erklftrnng  von  snper  v.  29,  das  dnrch  überdies  wiedergegeben  und  als 
die  nebengründe,  das  indienm  Paridis  und  die  rapti  Ganjmedis  honores 
einleitend  bezeichnet  wird.  verf.  behandelt  weiter  1 48—49.  das  praes. 
adorat  wird  erklärt  und  das  fut.  imponet  ins  praesens  inponit  sn  ver- 
wandeln vorgeschlagen.  Juno  sagt:  betet  da  noch  jemand  die  Jnno  an 
nnd  legt  noch  jemand  geschenke  anf  ihren  altar?  mit  leichter  Ver- 
änderung hat  verf.  hier  der  rede  der  Jnno  ihfen  gewis  von  Vergil  ihr 
einst  gegebenen  sehlnsz  zurückgegeben.  Juno  erscheint  in  einer  äuszerst 
gereizten,  der  rahigen  Überlegung  durchaus  nicht  zugänglichen  Stimmung. 
8t.  behandelt  nun  I  81 — 82,  erörtert  die  besohaffenheit  des  windberges, 
bekämpft  dabei  Ladewig,  auch  in  bezug  auf  die  von  ihm  vorgebrachten 
sprachlichen  gründe,  und  schlieszt  mit  einer  bemerkung  gegen  Weidner 
in  bezug  auf  lactantis  ventos,  er  will  luctantes  als  epet.  perpit.  zu  venti 
gefaszt  wissen,  weiter  bespricht  verf.  I  124  ff.,  erklärt  gegen  Weidner 
alto  für  den  dativ  in  der  bedentung  über  das  meer  hin  und  erkl&rt 
prospieiens  als  für  prospecturus  stehend,  wobei  der  freiere  gebrauch 
des  part.  praes.  bei  Vergil  durch  stellen  belegt  und  Münschers  erkIS- 
rung,  prospieiens  heisze  sorgend,  zurückgewiesen  wird,  «ndlieh  be- 
spricht verf.  das  gleichnis  I  393,  auch  neuerdings  behandelt  in  der 
Berliner  zeitschr.  für  gymn.-w.  1874  heft  2  von  Brandt,  bezeichnet 
terras  capere  aut  captas  iam  despectare,  Indant  stridentibus  alis  und 
cinxere  polum  cantusque  dedere  nach  ludunt  als  anstSszig,  behandelt 
die  verschiedenen  von  erklärem  aufgestellten  interpretationen  der  an- 
gezeigten Worte,  will  captas  despectare  beibehalten,  reduces  ludunt 
stridentibus  alis  durch:  'sie  spielen  zurückgekehrt  mit  den  rauschenden 
flügeln'  erklären  und  solum  für  polnm  lesen,  meint  aber,  unter  beziehan^ 
auf  bis  senos,  397 — 898  könne  vielleicht  auch  ursprünglich  gelautet 
haben:  n.  r.  i.  I.  st.  Hi  coetu  cinxere  polum.  wir  sehen  In  jener  er- 
klärung  und  leichten  änderung  einen  weniger  guten  ausweg  als  in 
der  einschiebung  eines  hi  und  der  statuierung  zweier  Schwanabteilungen, 
deren  eine  schon  auf  dem  lande  sitzt,  während  die  andere  noch  in  der 
luft  kreist,  wir  freuen  uns  nach  der  lectüre  des  eben  besprochenen 
programmes  gestehen  zu  müssen,  dasz  es  eins  von  den  leider  nur  zn 
seltenen  ist,  welche,  weil  sie  nicht  das  schon  fünfzig  mal  gesagte  zum 
einundfunfzig^ten  male  in  andern  Worten  wiederholen,  der  Wissenschaft 
einen  wirklieben  nutzen  bringen  und  den  leser  in  seiner  erkenntnis 
wesentlich  fordern,    möchte  8t.  uns  bald  fortsetzungen  bieten. 

(fortsetznng  folgt.) 

Gütersloh.  H.  K.  Bsnicken. 

(9.) 

PERSONALNOTIZEN. 

(Unter  mitbenntzung  des  'centralblattes'  von  Stiehl  nnd  der  'Zeit- 
schrift für  die  österr.  gymnasien'.) 

ErBcnnaBgCB «  befttrdcrBB^nt  veraetsaBgCB  t  BatselehBBBgCB« 

Amen,  dr.,   Oberlehrer  am   Fried richsgymn.  in  Berlin  als  'professor' 

prädiciert 
Beck,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  Friedrichsrealschule  in 

Berlin 
Beliermann,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  königsstädt.  real-  I  zu  Oberlehrern 

schule  in  Berlin  1       befördert. 

Berlit,  G.,  bisher  hülfslehrer  am  Nicolaig^ymnasium 

in  Leipzig 


Gymnasium  und  gegenwart.  317 

in  unserem  inneren  lag  oder  dasz  sich  das  vorhandene  sprach- 
nicht  sofort  für  denselben  finden  und  fügen  wollte. 

Die  gesetze,  nach  denen  die  formgebnng  der  gedanken  durch 
•prache  sich  vollzieht,  bilden  den  eigentlichen  inhalt  jeder 
ik.  der  ertrag  des  grammatischen  Unterrichts  soll  also  sein 
einsieht  in  die  mittel ,  die  eine  spräche  zum  ausdruck  der  ge- 
besitzt, diese  mittel  sind  zunächst  natürlich  der  wertschätz 
dann  die  verschiedenen  Veränderungen,  die  mit  ihm  vorge- 
werden  können,  hieran  hat  sich  anzuschlieszen  die  lehre 
den  Verbindungen ,  die  der  schätz  an  werten  und  formen  zur 
e  des  inneren  lebens  eingehen  kann. 

Natorgem&sz  ist  das  hauptabsehen  bei  jedem  sprachlichen 
te  schlieszlich  auf  völlige  aneignung  und  beherschung  alles 
gerichtet,  was  die  Voraussetzung  jeder  schriftlichen  oder 
en  mitteilung  ist,  also  in  erster  linie  jedenfalls  auf  die 
,  deren  man  sich  im  leben  vorhersehend  zu  bedienen  hat. 
steht  für  jeden  die  erkenntnis  und  Übung  seiner  mutter- 
im  Vordergrunde  und  hieran  wird  sich  die  betreibung  der 
schlieszen,  die  man  in  die  läge  kommt,  auszer  derselben 
in  brauchen,  es  könnte  hiemach  scheinen,  als  ob  aller  sprach- 
t  in  der  kenntnis  der  modernen  sprachen  zu  gipfeln  hätte, 
tspricht  wenigstens  dem  bedürfnisse  der  meisten,  die  auf 
en  höheren  schulen  sind,  zwar  ist  zuzugeben ,  dasz  ein  guter 
derer,  die  zu  den  Universitätsstudien  übergehen ,  die  kenntnis 
lateinischen  und  griechischen  spräche  ftlr  ihre  speciellen  Studien 
entbehren  kann,  allein  eben  so  gewis  möchte  sein,  dasz  die 
der  kenntnisse  im  lateinischen  und  griechischen ,  die  für  sie 
lieh  ist,  in  viel  kürzerer  zeit  erlangt  werden  kann,  dasz  dazu 
eine  neun-  oder  siebenjährige  betreibung  der  beiden  alten 
notwendig  ist. 

Wenn  sonach  die  erlemung  und  das  Verständnis  der  mutter- 
und  der  modernen  cultursprachen  dem  überwiegenden  be- 
der  meisten  gebUdeten  entspricht,  femer  griechisch  und 
um  des  Zusammenhanges  willen,  den  sie  mit  den  akade* 
Stadien  haben,  nicht  so  lange  und  so  eingehend  zu  betreiben 
möchten,  so  resultiert,  dasz  ihre  intensivere  behandlung  sich 
■nter  dem  gesichtspuncte' und  in  dem  masze  rechtfertigt,  als 
derselben  ein  gewinn  für  die  sprachliche  bildung  überhaupt 
somit  speciell  auch  für  die  aneignung  der  neueren  sprachen  sich 
bt 

Wenn  aus  dem  gesagten  hervorgeht,  dasz  sich  in  der  betreibung 
grammatik  der  alten  sprachen  entweder  schon  etwas  geändert 
oder  doch  noch  etwas  zu  ändern  hat,  so  möchte  ein  kurzer 
eher  rtickblick  auf  die  Stellung,  die  dieser  Unterricht  im  laufe 
iten  gehabt  hat,  am  meisten  zur  aufklärung  dieser  Verhältnisse 
en. 


318  Gymnasium  nnd  gegenwart. 

Bis  zu  dem  zeitpunoU ,  wo  noch  die  cuUnr  dnr  alten  i 
ansschlieszlicb  die  gnmdlage  unserer  höheren  cuttor  war,  mi 
vielleicht  sagen,  bis  ans  ende  des  Yorigen  jahrhonderts  h 
betreibung  des  latein  und  griechischen  eiae  berechtigiiiig 
selbst»  konnte  ohne  alle  nebenabsichten  gesoheheni  dm 
sprachen  boten  ja  eben  den  Schlüssel  zum  verstftndnia  uns« 
nen  höheren  cultur.  in  der  that  ist  in  dies^  seit  eine  mm 
des  Unterrichts  in  den  alten  sprachen  auf  die  neuen  weiugi 
guten  sinne  kaum  bemerkbiur  gewesen,  die  matterapvachfi 
anderen  modernen  sprachen  wurden  &8t  veniacUSB$igt«  di 
war  die  dominierende  spräche  der  gelehrten. 

Fragen  wir,  welche  dienste  das  latein  —  denn  um  di« 
delt  es  sich  hier  in  erster  linie  —  in  jenen  Zeiten  leisten  kon 
wol  auch  geleistet  hat,  so  sind  dieselben  vorwiegend  in  ( 
Zügen  zu  suchen,  welche  dasselbe  an  sich  hat.  was  wir 
vOlkem  lateinischer  zunge  besonders  schfttzeii,  das  muste  ei 
wissen  segen  auf  die  ausüben ,  die  sich  mit  ihrer  spreche  bc 
dieser  segen  wurde  freilich  nicht  wenig  dadurch  yerkümmei 
im  laufe  der  Jahrhunderte  die  lateinische  spräche,  so  weit  si 
brauch  war,  sich  von  ihrer  ursprünglichen  vollkommenen 
schon  ziemlich  weit  entfernt  hatte,  dazu  kam,  daaz  die  eige: 
grammatischen  Studien  damals  an  den  schulen  wenijgsiens  < 
sehr  entbehrten;  eine  gewisse  praxis  im  lesen  und  schreiben 
schon,  diese  zeit  liegt  übrigens  noch  nicht  so  lange  hinter  n 
sich  nicht  unter  den  lebenden  noch  Vertreter  derselben  fitaic 
nun,  je  nachdem  sie  sich  dem  neuen  accommodiert  haben  od< 
entweder  das  alte  preisen  oder  aus  ihrer  erfahmng  waffen 
kSmpfung  der  vornehmsten  gjmnasialdisciplinen  entnehmmi 

um  eine  änderung  in  diesen  dingen  herbeizuführen,  ( 
durfte  es  eines  so  tief  gehenden  anstoszes,  wie  das  erblühen 
vaterländischen  litteratur  es  war.  unsere  groszen  deutsch 
siker  musten  erst  aller  herzen  sich  gewinnen,  die  nenhodK 
spräche  muste  erst  zu  ihrer  hohen  Vollkommenheit  aus 
werden,  ehe  die  höheren  schulen  von  ihrem  einseitigen  lata 
ablieszen  und  dem  groszen  Umschwünge ,  der  sich  vollzöge 
auch  ihrerseits  rechnung  trugen,  doch  geschah  dies  nur  n 
nach ,  wie  das  in  der  natur  der  sache  liegt  und  ganz  und  g 
zu  tadeln  ist.  gegenüber  der  soliden  kost,  die  das  Studium  ( 
sprachen  repräsentierte,  erschien  die  deutsche  spräche  und  1 
nur  als  eine  angenehme  beigäbe,  als  etwas  zuckerwerk,  ( 
nicht  zu  reichlich  bieten  dürfe ,  um  der  Jugend  den  geschma 
vorzeitig  zu  verderben,  wenn  aber  doch  mit  innerer  nothwe 
der  deutsche  aufsatz  an  ansehen  gewann,  wenn  man  auf  sei 
und  mündliche  darstellung  des  deutschen  immer  mehr  aufn 
keit  verwenden  muste,  so  trat  ganz  von  selbst  eine  ind< 
der  Stellung  des  latein  und  griechischen  ein.  man  muste  die 
spräche  doch  für  schön  und  vollkommen  genug  halten,  um 


Gymnasium  und  gegenwart  810 

meorPMis  mit  den  alten  zu  treten;  es  verlohnte  sieh  immer 
Tersocli  Z14  wagen,  ob  man  der  bewmiderteii  echOmkeit  der 
arstellang  nicht  mit  den  mittein  nnserer  spräche  nahe 
könne,  das  erste  resultat  dieser  bemtthangeii  waren  ge- 
>llere  flbersetzimgen,  das  zweite  eng  damit  zusammen^ 
mxk  tieferes  eingehrai,  eine  gröszere  beaohtong  des  deai- 
st 

das  neue  erblühen  nnserer  schOnen  litterator  erweckte 
wissenschaftliche  Stadien,  die  ergrOodnng  der  deutschen 
urde  Yon  ganz  neuen  st-andpuncten  aus  in  angriff  genom* 
nicht  lange  wtthrte  es,  und  die  sprachliehen  Studien  über^ 
ngen  riohtnngen  ein,  von  denen  man  yorher  nicht  einmal 
en  konnte,  die  spraohvergleichende  philologie  entstand 
auf  alle,  auch  die  speoiellsten  Sprachstudien  ihren  ein«* 

1  die  grOszere  bedeutung,  die  unsere  muttersprache  durch 
issiker  erhielt,  als  auch  die  neuen  richtungen,  die  im 
BT  sprachen  hervortraten,  musten  im  gjmnashnn  sich  um 
dltung  Tcrschaffen,  als  es  von  jeher  im  Sprachunterricht 
werpunct  hatte,  das  neue  moment,  das  diese  verttndertea 
le  ins  gymnasium  einführten,  war  das  der  veigleidiung, 
in  früheren  zelten  selbstverstftndlich  nicht  ge&hlt  hatte 
fehlen  konnte ,  aber  doch  noch  nicht  von  erheblicher  be- 
rar.  die  verhSltnisse  hatten  es  früher  noch  nicht  mit  sich 
dasz  man  die  alten  sprachen  als  mittel  ansah ,  sich  über 
rsprache  und  die  anderen  modernen  sprachen  zu  orim« 
reh  die  betreibung  jener  sich  eine  sichere  grundlage  snm 
8  dieser  zu  verschaffen,  dazu  hatte  früher  der  erste  impula 
mlich  die  allgemeine  anerkennung  der  modernen  sprachen, 
hat  es  also  mit  der  vergleichung  der  neuen  sprachen  mit 
Inf  sich?  zunächst  bedeutet  sie  die  vergleichung  des  nn- 
wren  mit  dem  vollkommneren.  hier  möge  es  genfigen, 
i  unbestreitbaren  gröszeren  reichtum  der  organisch  ge» 
mnen  in  den  alten  sprachen  gegenüber  den  modernen  zu 
linen  vorzug ,  der  nicht  zum  wenigsten  ihre  dominierende 
I  grammatischen  unterrichte  beg^ründet.  wo  in  den  mo- 
mchen  an  die  stelle  der  organischen  bildnngen  der  alten 
mgen  getreten  sind,  da  sind  eigentlich  und  thatsSehlich 
ehe  begriffe  und  kategorien  untergegangen,  wenn  für 
mdung  der  gebrauch  einer  prSposition  erforderlich  wird, 
'  fall  in  den  modernen  sprachen  nicht  mehr  in  die  casus- 
lern  in  die  lehre  von  den  prUpositionen.  gerade  so  steht 
formen  des  verbs.  nun  ist  sehr  leicht  einzusehen,  dasz 
ielfacheu  Umschreibungen,  auf  denen  der  charakteristische 
I  der  modernen  sprachen  gegenllber  den  alten  beruht,  alle 
riken  verhältnisfce  complicierter,  mannigfacher  werden  und 
nerer  zu  verstehen,    wer  nur  an  den  modernen  sprachen 


r 

l 


SSO  Qjmjuuäam  nod 

allgemeine  grammiitiBche  bildang  ai  Ute ,  der  w^de 

eicli  selir  Bchwer  zu  dan  emfboheten  gi  ^      _q  durcharbeiUi 

und  eie  Bchlieszlioh  doch  nicht  ia  voller  klarheit  und  deutiicbkeit 
sich  aneignen,  diese  Bllgemeinsten  liegriffe  liegen  aber  in  den  ilhn 
sprachen,  znmal  im  lateiu,  so  klar,  so  leicht  erfaazbar  a ach  Ar 
schwache  vor,  wie  in  beiner  iweiteii.  im  weiteren  auebau  trdag 
dann  die  eigentUmlichkeiten  jeder  einzelnen  spräche  mehr  in  ihn 
rechte,  deren  Tergleiobong  dann  Eroilich  nicht  minder  instmctif  icL 

Man  mag  eot  sprachveigleichetiden  philologie  stehen,  wiemt 
will  —  der  Schreiber  dieser  seilen  hat  es  leider  in  seiner  stadiefluät 
verabB&nmt,  eine  solide  grundlage  nach  dieser  richtuug  kd  legen-, 
aber  so  -viA  wird  man,  wenn  nun  unbefangen  urteilt,  sohoD  jctit 
zngeben  mOssen,  doss  eis  anoh  auf  unser  höheres  Schulwesen  ^nea 
-viel  bedeutenderen  einflusa  aosgetlbt  hat,  als  man  sich  vielleieU 
dessen  klar  bewust  ist.  ich  lege  gar  kein  sonderliches  gevidd 
darauf,  ob  man  eine  regel  aber  die  formbildung  mehr  oder  wenigv 
lernt,  die  grosze  hsuptsoohe  ist  das  vergleichen  selbst,  das  geniii&n> 
der  ^gemeinen  geaichtspi  te,  <  daraus  resu liieren,  es  ist  iln 
das  allerwraautlichste  verdiei  '  sprach  vergleichenden  philologid 

dasz  sie  die  Wichtigkeit  des  knoc  gerUstes  aller  grammatik  soUu 
vor  die  äugen  gestellt  hat,  die  n  nendigkeit  so  nahe  gelegt  hit. 
«in  netz  zu  haben,  in  dos  man  die  sprachlichen  erscheinungen all^ 
nehmen  kam.  für  den  werth  dieser  allgemeinen  grammatüch« 
gesichtspuncte  konnte  man  erst  dann  einen  vollgültigen  masuUb 
finden,  wenn  man  die  verschiedenen  sprachen  in  bezug  zu  einandw 
setzte,  das  gemeinsame  der  im  gjmnasium  behandelten  sprscba 
tritt  immer  mehr  in  den  mittelpunct  alles  Sprachunterrichts  und 
hieran  knüpft  sich  die  erlemnng  des  besondern  an.  man  hat  damit 
EOr  die  harmonische  nnd  somit  fllr  die  tiefere  auabildung  des  men- 
schen sehr  wichtige  gesichtspunote  gewonnen,  gerade  je  reicher 
nnd  mannigfacher  die  einzelheiteu  werden ,  die  auf  jedem  gebiett 
des  Wissens  zu  beherschen  sind,  um  eo  dankbarer  musz  man  fDr  dn 
Ariadnefaden  werden,  der  nns  durch  dieselben  hindurch  hilft. 

Soll  ich  hiemach  in  den  allgemeinsten  grundrissen  angeba^ 
wie  ich  mir  die  betreibung  der  gr&mmatik  der  alten  sprachen  rU 
diesem  neuen  standpnnote  ans  denke,  so  wSre  zunächst  zd  ugcii 
dasz  selbstverstttndlich  im  kern  alles  grammatischen  unterridU 
sich  nichts  wesentliches  zu  Sndem  hat,  dasz  aber  dinge  eine  scbl^ 
fere  betonung  zu  erfordern  scheinen ,  auf  die  man  früher  wenige 
gewicht  gelegt  hat.  es  sind  das  znnScbät  die  rubriken,  unter  welc^ 
die  formen  fallen,  die  Überschriften  der  regeln,  die  grammalJSDiiB' 
kategorieen;  denn  diese  repi^entieren  am  meisten  das  gemeiosiot 
in  aller  grammatik.  früherhin  und  violleicht  auch  jetzt  noch  mil-  ' 
chen  Ortes  glaubte  man  das  genügende  geleistet  zu  haben,  W 
man  die  positiven  thatsacheu  der  Sprachlehre  den  scbütem  eing» 
prKgt  hatte;  jetzt  wird  sich  wol  immer  mehr  (~  nothwendigkat 
herausstellen,  auch  die  gesichtspuncte ,  unter  c      diese  that£achn 


Gymnasium  imd  gegenwart.  321 

lUen,  zur  klarheit  zu  bringen,  hat  beispielsweise  ein  sextaner  seine 
BgelmSszige  lateinische  formenlehre  inne,  so  soll  er  auch  wissen, 
reldie  einzelnen  teile  der  grammatik  er  beherscht,  welche  gram- 
BBÜschen  begriffe  er  sich  angeeignet  hat.  was  declinieren  und  con- 
vgieren  ist  zu  wissen,  musz  für  eben  so  wichtig  gelten,  wie  das 
ledinieren  und  conjugieren  selbst,  und  es  wird  sich  sehr  verlohnen, 
MMentlich  in  den  untersten  classen,  nach  dem  einprägen  des  gram- 
Bitischen  lehrstoffes  immer  einmal  inne  zu  halten  und  musterung 
nzostellen,  inwiefern  der  schüler  in  seinen  allgemeinen  anschauungen 
weiter  gekommen  ist.  das  ist  eine  sehr  dankbare  arbeit,  die  die 
freadigkeit  zur  sache  wesentlich  erhöhen  dürfte,  nur  verstehe  man 
KiGfa  nicht  falsch  und  glaube,  dasz  ich  tiefer  gehende,  etwa  philo- 
lopiiische  begründung  der  grammatischen  kategorieen  heische, 
inrehaus  nicht;  nur  das  ist  zu  verlangen,  was  zu  verlangen  sehr  im 
hieresse  der  sache  selbst  liegen  möchte,  dasz  über  alle  grammatische 
kgriffe  —  und  deren  hat  man  schon  in  den  untersten  classen  genug 
M  lernen  —  völlige  klarheit  und  unumstöszliche  gewisheit  hersche. 
M  kann  in  den  oberen  classen  für  einen  philologischen  lehrer  keine 
liederschlagendere  erfahrung  geben,  als  wenn  ein  schÜler  irgend 
lifeen  grammatischen  terminus  im  munde  führt,  der  ihm  nicht  klar 
bt;  denn  damit  ist  gesagt,  dasz  ein  guter  teil  des  sprachlichen  unter- 
lUits  unwirksam  geblieben  ist. 

Aber  eine  weiter  gehende  f orderung  dürfte  doch  nicht  ohne 
^htigung  sein,  da  der  Unterricht  in  den  sprachen  eine  so  domi- 
mde  Stellung  im  gjmnasium  einnimmt,  so  möchte  es  schliesz- 
von  dem  wege,  den  dasselbe  verfolgt,  nicht  eben  abliegen,  wenn 
begriff  der  grammatik  selbst  zur  klarheit  gebracht  wird ,  wenn 
schüler 'begreifen  lernt,  wie  eine  grammatik  entsteht,  ich  halte 
:h  die  zeit  nicht  für  verloren,  in  der  ihm  dargelegt  wird,  warum 

seinem  grammatischen  werke  den  titel  gab  de  analogia. 

Dieser  eben  bezeichnete  standpunct  ist  es  ohne  zweifei,  von 

aus  auch  den  utilitariern  unserer  tage  mit  zwingender  not- 

idigkeit  der  ungemeine  nutzen  der  alten  sprachen  in  grammati- 

beziehung  nachgewiesen  und  somit  die  position  derselben  in 

höheren  schulen  aufs  ausgiebigste  vertheidigt  werden  kann,   das 

ibmste  mittel,  die  sprachen  der  gegenwart  gründlich  zu  ver^ 

,  ist  das  Studium  der  alten  sprachen,    und  in  diesen  verhält- 

ist  eine  änderung  so  lange  nicht  abzusehen,  als  nicht  in  den 

jhverhältnissen  Europas  änderungen  eintreten. 

Ich  habe  diesen  segensreichen  einflusz  der  sprach  vergleichenden 

lien  auf  unsere  schulen  um  so  mehr  betont  und  anerkannt,  als  er 

it  im  streit  um  die  einzelheiten ,   die  etwa  von  den   errungen- 

Ften  derselben  in  unsere  Schulbücher  einzuführen  sein  möchten, 

jehen  und  vergessen  wird,    soll  ich  nun  auch  über  den  einflusz 

neuen  Wissenschaft  auf  unsere  Schulbücher  mein  urteil  vor- 

!n,  30  beklage  ich  es  zumeist,  dasz  nicht  vor  allem  eine  be- 

litung  der  griechischen  grammatik ,  um  die  es  sich  hier  für  jetzt 

j»hrb.  f.  phil.u.  päd.  II.  abl.  1S75.  hn.7.  21 


322  Gymnasium  und  gegenwart. 

am  meisten  handelt,  zunächst  meinetwegen  der  formealehre  Tonrea 
wissenschaftlichem  standpuncte  aas,  erschienen  ist.  wie  riel  iweitt 
und  misverständisse  würden  dadurch  für  alle ,  die  diesen^ stadial  a 
ihrem  zusammenhange  zu  folgen  nicht  in  der  läge  waren ,  Ton  fon- 
herein  beseitigt  und  unmöglich  gewesen  sein!  aber  abgesehen  daTM, 
dasz  die  neue  anschauungsweise  von  manchem  angqrechifertigfat 
mistrauen  verfolgt  wurde,  konnte  sie  auch,  wenigstens  in  den  sdit 
büchem  nicht  in  der  ganzen  folgerichtigkeit  ihres  systema  aoftralak 
indem  die  resultate  wissenschaftlicher  forschnng  sofort  popolariaM 
wurden,  musten  natürlich  concessionen  im  praktischen  sinne  g»* 
macht  werden,  übersieht  man  die  anordnung  der  formenlehre  l  k 
in  der  grammatik  von  Curtius,  so  musz  zuerst  auffallen,  dan  Üi 
neuen  wissenschaftlichen  gesichtspuncte  allerdings  in  der  lehre  TM 
verb  zur  geltung  gekommen  sind,  nicht  aber  in  gleicher  weise  mte 
lehre  vom  nomen.  wenn  das  verb  nach  den  temposstininieB  bi- 
handelt  ist,  warum  nicht  auch  das  nomen  nach  namerns  und  camf 
die  antwort  liegt  nahe  genug,  die  lehre  vom  nomen  würde  dadvA 
auf  eine  für  den  standpunct  des  Schülers  ganz  unbraaohbare 
zerrissen  worden  sein,  denn  der  schüler  lernt  am  besten  an 
möglichst  zweckmäszig  gewählten  beispiel  eine  Übersicht  aller  nr* 
änderungen,  die  mit  einem  werte  vorgenommen  werden  kOniuii 
daran  hat  sich  alles  abweichende  anzuschlieszen.  mit  weldiem 
rechte,  kann  man  wol  fragen,  ist  nun  dieser  gesichtsponct  beim  tvb 
aufgegeben  worden,  gerade  bei  dem  compliciertesten  and  schwierig 
sten  gebilde  der  ganzen  formenlehre  ?  konnte  es  für  dasselbe  minder 
wünschenswerth  erscheinen,  zunächst  ein  vollständiges  bild  alkr 
bei  ihm  möglichen  Wandlungen  zu  erhalten?  nach  der  neuen  anori* 
uung  hat  man  erst  dann  einen  gesammtüberblick  über  die  veiM- 
formen  wenn  man  die  ganze  lehre  vom  verb  mit  allen  ihren  modifr 
cationen  und  ausnahmen  schon  gelernt  hat.  hierbei  nehmen  dil 
einzelbeiten  den  schüler  so  in  anspruch,  dasz  er  schwer  xaeiiMi 
klaren  bilde  der  regulären  griechischen  coi^'ugation  gelangt  ^ 
kann  deshalb  kaum  zweifelhaft  sein,  dasz  im  pädagogischen  interesu 
das  frühere  verfahren  die  conjugation  zunächst  an  einem  verb  idBr 
ständig  kennen  zu  lernen  den  Vorzug  verdient  vor  dem  jetogBli 
mehr  wissenschaftlichen ,  das  nur  für  den ,  der  das  material  sdMü 
völlig  behersebt,  von  werth  ist. 

Die  gesebichte  des  einflusscs  der  Sprachvergleichung  auf  onMA 
Schulbücher  gibt  einen  sehr  bedeutungsvollen  wink  für  das  veihlfr 
nis  von  Wissenschaft  und  schule  überhaupt,  kein  zweifei,  dasi  dtf 
stofif,  den  der  lehrer  zu  geben  hat,  von  ihm  selbst  vorher  wisM»" 
scbaftlicb  zu  erforschen  ist,  dasz  er  namentlich  alle  fortschritte,  di^i 
auf  dem  von  ihm  vertretenen  gebiete  gemacht  sind,  wol  lu  be* 
achten  hat.  aber  in  der  mitteilung  der  wissenschaftlichen  eigsb* 
nisse  ist  ein  groszer  unterschied  zwischen  dem  universitfttslebiffi 
der  sich  hierbei  nur  um  die  in  der  sache  selbst  liegenden  geBieUs* 
puncte  zu  kümmern  hat,  und  dem  gjmnasiallehrer,  der  das  bedfirf- 


GynmaBiam  und  gegenwari.  323 

iIb  seiner  scbüler  zugleich  mit  im  äuge  haben  musz.  dem  letzteren 
anrichsen  mit  den  fortschritten  der  Wissenschaften ,  so  weit  sie  ins 
benidi  der  schuldisciplinen  einschlagen,  immer  zugleich  neue  auf- 
giben;  er  musz  die  frage  auf  werfen,  wie  sie  für  die  zwecke  der 
Nkole  zu  verwerthen  seien,  um  diese  zu  lösen,  dazu  gehört  vor 
dkm  erfahrung  und  der  aus  derselben  hervorgehende  schulmttn- 
liiehe  takt.  und  diesem  wird  sich  nicht  selten  in  einer  gewissen 
Matsamkeit  und  Schüchternheit  dem  neuen  gegenüber  ftuszem. 
ndern  haben  die  schuldisciplinen  schon  eine  lange  geschichte  hinter 
Ml  und  die  formen ,  die  sie  mit  der  zeit  angenommen  haben ,  sind 
hsbalb  nicht  ohne  eine  gewisse  historische  berechtigung.  diesen 
pnktischen  errungenschaften  des  schullebens  entsprach  manche  der 
Iteren  grammatiken,  zumal  did  von  K.  W.  Ejrüger,  in  hervorragen- 
hr  weise,  nicht  zum  wenigsten  um  deswillen ,  weil  sich  der  schüler 
nf  alles,  was  sie  enthielt,  unbedingt  verlassen  konnte,  alles  unbe- 
knklich  verwerthen  konnte,  das  war  nicht  ganz  der  fall  mit  dem 
Biteriale,  das  die  grammatiken  neuen  Schlages  vorbrachten;  in 
hen  war  manches  enthalten ,  das  eben  nur  zur  erklftrung  der  atti- 
Kben  formen  dienen  sollte,  es  wurde  somit  dem  schüler  zugemutet 
nitik  zu  üben,  das  ist  aber  kaum  ein  standpunct,  der  einem  lehr- 
Mefae  gegenüber  für  den  schüler  zulässig  oder  nützlich  erscheint. 

Diese  gesichtspuncte  sind  mir  beim  gebrauch  der  neueren 
(Kunmatiken  immer  als  die  wesentlichsten  erschienen,  ich  bekenne 
|m,  was  ja  die  meisten  auch  anerkennen,  dasz  mir  der  stoff,  den 
»b.  Curtius  in  seiner  formenlehre  gibt,  an  sich  für  die  schulzwecke 
llte  passend  erscheint,  es  ist  mir  wenigstens  nie  verständlich  ge- 
lben, warum  man  gegen  die  lautlehre  so  viel  bedenken  erhoben 
H,  die  z.  b.  bei  Krüger  fast  an  derselben  stelle  steht  und  kaum 
luger  umfangreich  ist.  Aber  fraglich  möchte  sein,  ob  das  neue 
Iterial  schon  den  zwecken  der  schule  gemäsz  verwerthet  ist,  ob  es 
ifc  nicht  doch  zuletzt  empfehlen  wird,  eine  form  zu  suchen,  die  der 
Hieren,  lang  bewährten  sich  mehr  anschlieszt. 
i  Die  forschungen  auf  dem  gebiete  der  formenlehre  haben  jetzt 
{iköherem  grade  die  fachmänner  in  anspruch  genommen ,  als  die 

felltaktischem  gebiete  und  bei  dem  natürlichen  und  so  wünschens- 
en  zusammenhange  zwischen  Wissenschaft  und  schule  mag  der 
IHnenlehre  auch  in  der  schule  mehr  berücksichtigung  zu  teil  ge- 
tkd^Q  sein,  als  früher,  ja  mehr,  als  an  sich  gut  ist.  denn  dieser 
I  der  grammatik  kann  im  Interesse  der  Jugendbildung  nicht  die 
k  Stellung  beanspruchen,  wie  die  syntax.  sein  inhalt  ist  ein  der- 
Bjger,  dasz  die  gedächtnismüszige  einprUgung  die  hauptroUe  dabei 
Wen  musz;  was  man  zum  Verständnis  der  formen  thun  kann,  ist 
|l  gegenüber  untergeordnet,  zumal  die  lehre  von  denselben  in 
alter  getrieben  wird ,  in  dem  die  grammatische  bildung  noch 
in  den  anfangen  ist.  thatsächlich  beschäftigt  sie  auch  unsere 
id  vorhersehend  nur  in  den  unteren  classen.  gleichzeitig  mit 
iginnen  die  anfange  der  syntax  und  dieser  teil  der  grammatik 

21* 


i 


324  Gymnasium  und  gegenwart. 

steht  in  den  mittleren  und  oberen  classen  entschieden  im  voito 
grund. 

An  diesem  Verhältnisse  wird  schwerlich  etwas  tu  ftndem  flOD. 
denn  die  wissenschaftliche  betreibung  der  formenlehre  ist  iln 
schwierig  und  den  Universitäten  zu  überlassen,  da  sie  von» 
Setzungen  macht,  die  das  gjmnasium  nicht  erfüllen  kann,  die  seiw 
zwecken  fem  liegen,  dagegen  wird  die  syntaz  immer  der  eigentlidi 
tummelplatz  der  grammatischen  gjmnastik  bleiben,  sie  nimmt  te 
geist  in  unvergleichlicher  weise  in  ansprach ,  indem  sie  die  nr 
worthung  des  Sprachmaterials  zum  ausdmck  der  gedanken  fla 
gegenstände  hat,  also  das,  was  bei  allem  sprachnntenicbte  & 
hauptsache  ist.  die  Sprachvergleichung  bat  bis  jetsst  nur  dnidM 
aus  der  syntax  behandelt;  am  meisten  hat  vielleicht  die  grieduMb 
tempuslehre  durch  sie  gewonnen,  doch  sind  auf  dem  gebiete  d« 
latein  leistungen  in  ähnlichem  sinne  vorhanden ,  die  der  schule  ▼» 
grösten  nutzen  sind;  sie  knüpfen  sich  an  dienamenNSgelsbachnl 
Seyffert  an. 

Die  syntax  wird  nicht  nur  theoretisch  am  längsten  getriebei) 
sondern  kommt  auch  vorwiegend  in  der  lectüre  und  in  den  übungci 
zur  goltung.  die  lectüre  erschlieszt  den  eigenartigen  gang  der  gl* 
danken  eines  Schriftstellers  und  gibt  die  mannigfachste  yeranlassmg 
die  mittel  ins  äuge  zu  fassen,  wie  dieselben  sich  ftuszerlich  danteBtt. 
da  sie  sich  am  meisten  mit  den  mustergiltigeü  schriftstelleim  befiülki 
so  werden  dem  schüler  durch  sie  bei  spiele  nahe  gebracht,  wie  mi 
seine  gedanken  am  besten  ausdrückt,  und  selbst  da,  wo  die  spiiebc 
eines  Schriftstellers  anstosz  erregt,  findet  sich  nicht  minder iriD' 
kommene  gelegenheit  zu  den  fruchtbarsten  erörterungen;  denneigili 
dann  festzusetzen ,  was  man  rationell  erwarten  durfte  und  wann 
der  Schriftsteller  von  dem,  was  man  erwarten  muste,  abgewidiea  iifc 

Neben  der  lectüre  stehen  vor  allem  die  schriftlichen  übaogH 
im  dienste  der  grammatischen  bildung  und  in  den  oberen  danei 
also  die  meiste  zeit,  speciell  der  syntaktischen  bildung.  bei  dfll 
Übersetzungsaufgaben  ist  das ,  was  sonst  bei  jedem  Schriftwerk  tR 
Vordergrunde  steht  und  am  meisten  beschäftigt,  der  gedenke,  be* 
reits  gegeben,  der  schüler  hat  sich  also  fast  ausschliesdich  mit  difl 
Sprachmaterial  zu  befassen,  durch  das  er  zum  ausdruck  koiraü 
soll,  ihm  fällt  die  aufgäbe  zu,  zu  der  ausdrucksweise  in  dereiii^ 
spräche  die  entsprechende  in  der  andern  zu  finden,  er  musi  also  A 
mittel,  welche  die  betreffenden  beiden  sprachen  besitzen,  mit  af 
ander  vergleichen  und  gelangt  so  zu  klarer  erkenntnis  und  einnd' 
in  dieselben  und  zur  herschaft  und  sichern  benutzung  dersellNi* 
hat  man  sich  die  gesichtspuncte ,  die  für  die  darstellung  in  eiiMl 
fremden  spräche  in  betracht  kommen,  wohl  angeeignet,  so  werd0 
die  versuche  in  derselben  die  eigenen  gedanken  auszudrücken  im^ 
fem  sehr  heilsam  sein,  als  sie  immerhin  ein  ernsteres  ringen ai) 
dem  Sprachmaterial  mit  sich  bringen ,  also  eine  geistige  arbeit  vtf 
anlassen,  die  vielseitiger  über  das  wesen  der  spräche  aufklärt. 


Gymnasium  und  gegenwart.  325 

Doch  liesze  sich  hier  wol  die  frage  aufwerfen,  wie  weit  es  mit 
den  fibongen  im  übersetzen  zu  treiben  sei.  soll  man  dabei  alle  fein- 
belten  und  besonderheiten  des  lateinischen  und  griechischen  Sprach- 
gebrauches, wie  man  sie  bei  der  lectüre  kennen  zu  lernen  anlasz  hat, 
Bit  berücksichtigen  und  die  schüler  nöthigen  durch  reproductionen 
ihnlicher  art  zu  zeigen,  dasz  sie  dieselben  verstanden  haben?  ich 
leige  mich  sehr  denen  zu ,  die  davon  abrathen  und  als  erste  und 
iesentliche  aufgäbe  dieser  Übungen  betrachten  alle  hauptsächlichen 
'^gfüü  zun&chst  einzuüben ,  dann  präsent  zu  erhalten,  dar^f  weist 
br  Charakter  der  Übersetzungen  selbst  hin.  alle  Übersetzungen  sind 
ladiahmungen.  alles  nachahmen,  so  weit  es  vernünftig  ist  und  mit 
utUen  geschieht,  kann  sich  nur  auf  das  allgemeingültige  beziehen, 
defat  auf  das  besondere,  denn  alle  besonderheit  ist  ausflusz  einer 
{•wiBsen  Charaktereigentümlichkeit  und  nur  als  solche,  also  be- 
dirSnkt  berechtigt,  der  schüler,  der  zur  nachahmung  von  besonder- 
sten veranlaszt  wird ,  erhält  somit  eine  richtung  nach  einer  seite 
in,  die  vielleicht  gar  nicht  zu  seiner  persönlichkeit  paszt,  oder  legt 
iser  spracherscheinung ,  die  nur  bedingungsweise  zur  anwendung 
mnmen  kann,  eine  allzu  grosze  tragweite  bei. 

Dazu  kommt ,  dasz  der  lehrer  es  wol  meist  mit  einer  mehrheit 
ea  fichülern  zu  thun  hat  und  um  so  mehr  berücksichtigen  musz, 
11  allen  frommt,  auszerdem  fordert  der  umstand  zu  groszer  vor- 
Utt  auf,  dasz  an  die  besonderheiten  sich  am  allerleichtesten  falsche 
tntellungen  anknüpfen,  so  dasz  dem  schüler  oft  für  eine  feinheit 
Di,  was  der  lehrer  als  Verkehrtheit  bezeichnen  musz.  es  wird  also 
■  sichersten  sein,  alles  nur  ausnahmsweise  berechtigte,  alle  be- 
■derheiten  des  Sprachgebrauchs  bei  den  Schriftstellern  selbst  ken- 
ü  XU  lernen  und  aus  ihrem  charakt«r ,  aus  der  besondem  absieht, 
ban  der  betreffenden  stelle  obwaltete,  zu  erklären,  wer  nun  der- 
lliges  sich  richtig  aneignet  und  an  passender  stelle  zur  Verwendung 
|i^,  mag  sehr  zu  loben  sein;  aber  nimmermehr  möchte  es  vor- 
iplktig  sein,  die  schüler  zur  nachahmung  desselben  aufzufordern. 
Ideicht  herscht  in  manchen  Übungsbüchern  in  dieser  rücksicht 
Uli  die  nötige  Zurückhaltung. 

I;  An  die  grammatische  bildung  schlieszt  sich  als  notwendige  er- 
^ng  die  bildung  des  stiles  an.  meist  wird  derselben  an  unseren 
Itoiasien  eine  eingehende  theoretische  behandlung  nicht  zu  teil, 
I  schlieszt  sich  besonders  an  die  schriftlichen  Übungen  und  die 
iflre  an.  vielleicht  erscheint  sie  dadurch  manchem  als  allzu  sehr 
Äckgesetzt.  man  sagt  ja,  der  btil  ist  der  mensch,  ist  er  da  nicht 
I  der  grösztcn  Wichtigkeit? 

Im  Stil  kommt  die  individuelle  art  des  einzelnen  in  entsprechen- 
f  weisse  zur  geltung,  wie  im  anstände,  der  letztere  drückt  sich  in 
lÜungen  aus ,  der  erstere  in  der  spräche,  nun  gibt  es  wol  eine 
|nng  des  Uuszeren  anstandes,  regeln  für  die  formen  des  Umganges, 
f&  diese  formen  selbst  sind  eben  nur  insoweit  von  eigentlichem 
fthe,  als  ihnen  auch  eine  gewisse  denkart  entspricht,   jedermann 


326  Gymnasium  und  gegenwari. 

weisz  aber,  dasz  es  namentlich  in  den  vornehmen  kreisen  auch  mm 
cult  der  formen  gibt,  der  völlig  in  der  luft  schwebt,  weil  er  sieh  toi 
der  persönlichkeit  des  einzelnen  fast  losgelöst  hat.  nicht  viel  andm 
wird  es  mit  dem  stile  sein,  er  wird  immer  etwas  subjectives  bleÜMi 
der  teil  der  darstellung,  in  dem  die  persönlichkeit  sich  am  onmitM- 
barsten  manifestiert,  und  das  ist  wol  ein  stichhaltiger  gnmd  die 
lehre  vom  stil  nicht  zu  einem  ganz  ausdrücklichen  nnterTiditBgegM> 
stände  zu  machen. 

Da  der  stil  mit  der  ganzen  persönlichkeit  am  innigsten  iW' 
wachsen  ist ,  bildet  er  sich  naturgemKsz  am  besten  durch  diesdboi 
mittel,  durch  welche  die  persönlichkeit  sich  bildet,  das  ist  in  entai 
linie  das  beispiel.  darum  wird  die  stilbildung  vor  allem  abhbigil 
sein  von  den  mustern,  die  man  dem  schttler  vorlegt,  also  von  dl 
lectttre.  hierbei  eignet  man  sich  ungesucht  und  oft  unbewust  dk 
gedanken  eines  andern  an  und  die  form ,  in  der  diese  gedanken  vm 
gedrückt  sind ,  wird  um  so  mehr  sich  gleichzeitig  mit  festeetien,  ji 
besser  sie  dem  gedanken  entspricht,  derartige  eindrücke  aber  nw 
dann  auch  sehr  bestimmend  für  die  eigene  Schreibweise«  nodh  wid[ 
samer  freilich  als  die  lectüre  möchte  der  versuch  sein,  gnte  moste 
nachzubilden,  mir  hat  es  sich  sehr  bewKhrt,  eine  mnsteriiift 
ciceronianidche  periode  in  möglichst  gutes  deutsch  zu  flbertnga 
diesen  deutschen  satz  als  extemporale  den  schülem  zn  geben  w 
nun  so  lange  mit  denselben  zu  arbeiten  und  zu  bessern,  bis  di 
ciceronianische  form  wort  für  wort  hergestellt  ist.  dadurch  gdsiig 
man  zu  voller  erkenntnis  der  Schönheit  eines  derartigen  saties. 

IL    Die  lectüre. 

Die  lectüre  ist  namentlich  in  den  mittleren  und  oberen  dasifl 
umfangreicher,  als  die  grammatische  theorie,  so  dasz  es  fast  da 
anschein  gewinnt,  als  sei  die  letztere  nur  um  der  ersteren  willen  dl 
es  liegt  darin  die  anerkennung,  dasz  namentlich  für  das  jugendlieh 
alter  allenthalben  das  beispiel  wirksamer  und  bildender  ist ,  als  lU 
theorie ,  die  ein  reiferes  alter  voraussetzt ,  wenn  sie  einseitig  b( 
trieben  werden  soll. 

Die  Bchullectüre  unterscheidet  sich  von  jeder  anderen  sek 
wesentlich  durch  die  langsamkeit,  mit  der  sie  sich  vollzieht,  eia 
rede,  die  Demosthenes  vielleicht  in  einer  stunde  gehalten  hat,  h 
schäftigt  die  schÜler  monate  lang,  die  lectüre  einer  tragödie,  dix 
buches  geschichtlichen  oder  philosophischen  Inhaltes  zieht  sich  doic 
ein  ganzes  Semester  hindurch,  dieses  langsame  tempo  mnsz  jeda 
zunächst  unnatürlich  erscheinen ;  es  findet  sich  ja  auch  kaum  in  ü 
deren  Verhältnissen  wieder,  wer  ein  buch  liest,  hat  in  der  regel  di 
verlangen,  so  schnell  als  möglich  das  ganze  zu  übersehen ;  denn  dl 
einzelne,  die  teile,  erhalten  ja  erst  ihren  werth  durch  ihr  veihütn 
zum  ganzen,  in  der  schullectüre  kommt  es  aber  sogar  vor,  da 
man  nur  teile  lesen  kann ,  auf  die  kenntnis  des  ganzen  aber  v( 
ziehten  musz. 


Gymnasium  und  gegenwart.  327 

Diese  langsamkeit  ist  fdr  die  ästhetischen  zwecke ,  die  man  bei 
derlectfire  verfolgt,  ein  unleugbarer  ttbelstand«  der  genusz  eines 
leluriftwerkes  wird  dadurch  zerstückelt,  der  zusammenbang  ist 
lehwer  festzuhalten,  der  überblick  über  das  ganze  ist  fast  noch 
lehwerer  zu  erreichen,  es  ist  fast  unmöglich,  dasz  ein  Schriftstück 
«ioen  überwältigenden  eindruck  auf  den  leser  mache,  auch  wenn 
ihm  dieser  Charakter  in  hohem  grade  inne  wohnen  sollte,  denn  das 
überwältigende  liegt  darin,  dasz  neue  und  grosze  gedanken  so  reich- 
lieb and  mächtig  auf  uns  eindringen,  dasz  uns  &8t  die  föhigkeit 
Mit,  sie  so  schnell  in  uns  aufzunehmen,  als  sie  dargeboten  werden, 
ikbt  wenigen  der  alten  Schriftsteller  läszt  sich  diese  eigenschafb 
tindicieren  und,  wer  nur  die  mittel  beherscht,  sie  zu  genieszen,  wird 
tie  in  sich  empfunden  haben. 

Wieder  andere  Schriftsteller,  namentlich  die  historischen ,  be- 
bandeln  einen  stoff,  der  nicht  in  so  bedeutender  weise  das  nach- 
denken anregt  und  beschäftigt ,  der  unsere  teilnähme  nicht  in  allen 
einzelheiten  so  lebhaft  herausfordert,  liest  man  dieselben  hinter 
einander  durch ,  so  machen  sie  einen  durdhaus  beMedigenden  ein- 
druck; die  einzelheiten ,  an  sich  vielleicht  nicht  zu  bedeutend,  ver- 
binden sich  doch  zu  einem  interessanten  ganzen  und  man  scheidet 
Mit  dank  von  dem  schriftsteiler,  das  musz  sich  bei  langsamerer 
betttre  ganz  anders  gestalten,  da  ist  der  gedanke  zunächst  an  die 
ebxelheiten  angewiesen  und  die  gruppierung  desselben  zu  einem 
^inzen  vollzieht  sich  so  langsam ,  dasz  darüber  leicht  das  Interesse 
erg€b]a£fL  diese  art  Schriftsteller  wird  bei  den  schülem  leicht  den 
eindrock  der  langweile  hervorbringen,  entschieden  nicht  deswegen, 
weil  sie  an  sich  mit  diesem  makel  behaftet  sind,  sondern  nur  infolge 
der  zu  langsamen  lectüre. 

Gegenüber  diesen  übelständen  der  schuUectüre  kann  man  frei- 
lieb  geltend  machen,  dasz  dabei  das  einzelne  zur  vollsten  geltung 
kommt,  dasz  aus  der  genauen  kenntnis  desselben  sich  allmählich 
ttie  solide  kenntnisz  des  ganzen  herausbildet,  doch  möchte  dieser 
vorteil  kaum  so  grosz  sein ,  um  die  angegebenen  nachteile  aufheben 
n  können,  und  deshalb  kann  es  kaum  einem  zweifei  unterliegen, 
dasz  durch  die  eigentümliche  art  der  schullectüre  vielen  von  den 
ilien  Schriftstellern  ein  unrecht  geschieht,  sie  können  auf  den 
idifiler  nicht  wirken,  wie  sie  unter  billigen  Voraussetzungen  an  sich 
wirken  könnten,  thatsächlich  ist  ja  hierin  das  ungünstige  urteil 
begründet,  das  mancher  über  den  werth  und  die  bedeutung  der- 
selben aus  der  schule  ins  leben  mit  hinübernimmt. 

Wenn  sonach  die  eigentümlichkeit  der  schullectüre  vom  ästhe- 
tischen standpuncte  aus  überwiegende  gründe  gegen  sich  haben 
möchte,  so  wird  die  schule  sehr  triftige  anderweite  gründe  ins  feld 
fthren  müssen,  um  nfit  recht  an  ihr  festhalten  zu  können,  dieselben 
Werden,  wie  natürlich,  vorwiegend  auf  dem  gebiete  der  pädagogik 
tQ  suchen  sein,  und  hier  liegt  am  nächsten  der  gesichtspunct ,  dasz 
die  schule   an   der  lectüre  der  alten  Schriftsteller  überhaupt  die 


328  Gymnasiimi  und  gegenwart. 

tecbnik  des  lesens  einüben  will,  dasz  sie  überhaupt  lehnmiriD, 
wie  man  zu  lesen  bat.  dasz  aber  das  lesen  von  solider  widiti(^ 
sei,  um  so  langjährige  anstrengungen  zu  seinen  gansten  ni  iMr 
fertigen,  ist  andeutungsweise  schon  im  ersten  teile  meines  aa&itai 
gezeigt. 

Gibt  man  die  Wichtigkeit  des  lesens  zu,  so  wird  doch  fonilK 
auch  gelten,  was  von  der  sprachlichen  bildung  überhaupt  gilt,  dyi 
es  sich  nämlich  für  jeden  vorwiegend  um  das  lesen  voa  tehnfir 
werken  in  der  spräche  seines  volkes  handeln  wird,  anoh  hier  werte 
also  die  gymnasialpädagogen  zu  zeigen  haben,  dasx  man  das  iMi 
gerade  so  wie  die  sprachen  selbst,  besser  an  den  alten  lernt,  alm 
den  modernen  Schriftstellern,  denn  wenn  auch  das  gymnasiiim  £• . 
letzteren  berücksichtigt,  so  betreibt  es  doch  vorwiegend  allerdiB||. 
die  ersteren. 

Welchen  vorzug  haben  also  die  alten  Schriftsteller  vor  im 
modernen ,  dasz  sich  das  gymnasium  berechtigt  halten  kamt,  an 
ihnen  vor  allen  anderen  die  kunst  des  lesens  zu  lehren  und  lu  ttha^f . 
für  die  beantwortung  dieser  frage  ist  zunächst  hervoicuheben,  dii|-i 
das  lesen  im  engsten  zusammenhange  stehen  musz  mit  der  beachaibiF. 
heit  der  spräche,  in  der  das  zu  lesende  Schriftstück  a^geiantiit 
daher  wird  es  genügen  hier  daran  zu  erinnern,  dasz  den  attm 
sprachen  an  sich  eine  gröszere  Vollkommenheit  inne  wohnt,  aliallli|> 
modernen,  dazu  kommt,  dasz  die  von  den  alten  schriftstelleni  bl^ 
arbeiteten  stofife  dem  jugendlichen  alter  in  vorzüglicher  weisi 
sprechen  und  dasz  die  behandlung  und  anordnung  derselben 
eine  durchaus  mustergültige  ist. 

Wenn  nun  der  technik  des  lesens  zu  liebe  die  schule  so  hag^ 
sam  in  der  lectüre  verfahrt ,  so  hat  sich  der  lehrer  auch  jedeneit 
vergegenwärtigen,  was  dazu  gehört,  damit  sieder scihttler sieh tAUV' 
aneigne,  und  wenn  die  hier  aufzustellenden  forderungenansiebaiMb 
sehr  einfach  und  selbstverständlich  sind,  so  sind  sie  doch  deihiftij 
nicht  weniger  wichtig,    'die  erste  frage  bei  jeder  übersetinng  mi 
notwendiger  weise  die  frage  nach  dem  inhalte  sein;  es  ist  sa 
statieren,  was  an 'der  betreffenden  stelle  steht,    die  zweite  frage  vi^i 
wie  sich  die  worte,  die  da  stehen,  zu  diesem  inhalte  verhalten,  dtf 
gedanke  also  und  die  mittel,  durch  welche  er  ztir  darstellung  konunti 
bilden  den  gegenständ  aller  discussion  bei  der  lectüre.    durch  beite: 
wird  der  schüler  gewinnen;  die  gedanken  bereichem  seine  imMia 
weit,   die  beobachtung  der  formen  seine  kenntnis  der  mittel  lor 
sprachlichen  darstellung.. 

Das  volle  Verständnis  einer  schriftstelle  gilt  für  erreicht,  weai 
eine  befriedigende  Übersetzung  derselben  zu  stände  gekommen  aaA 
alles,  was  sprachlich  und  sachlich  mit  ihr  in  Verbindung  steht,  btt* 
gebracht  ist.  und  doch  scheint  durch  alles  das- die  voUstftndige  ve^ 
trautheit  mit  dem  Schriftsteller  noch  nicht  documentiert  zu  sein» 
vielmehr  möchte  der  beweis  für  die  eigene  innere  aneignnng' des 
^om  Schriftsteller  gebotenen  erst  mit  dem  verständnisvollen  lesen 


Gymnasium  und  gegenwart.  329 

biielben  gegeben  und  nur  in  diesem  der  wirkliche  abschlusz  der 
Mtfire  zu  suchen  sein,  der  schüler  musz  den  urtext  selbst  in  einer 
iMse  lesen,  dasz  man  merkt ,  er  fühlt  selbst  nach ,  was  der  schrift- 
Uler  will,  und  ein  besonderes  anrecht  auf  sorgfältigen  Vortrag 
ioOte  man  den  Schriftstellern  zugestehn,  die  mehr  für  hörer  als  für 
mr  geschrieben  haben,  also  den  rednern  und  tragikem. 

Vielleicht  ist  dieser  gesichtspunct  noch  nicht  zur  vollen  geltung 
libracht.  das  wird  er  natürlich  nur  dann  können,  wenn  die  ganze 
Mkale  ihn  festhält,  ist  er  bis  in  die  oberen  classen  vernachlässigt, 
10  wird  freilich  allzu  viel  zeit  verloren  gehen,  wenn  man  ihn  dort  in 
jner  ganzen  tragweite  verfolgen  will,  aber  ich  finde  keinen  grund 
ki  aufzugeben,  zunächst  wird  und  musz  ja  darauf  gehalten  werden, 
hn  unsere  vaterländischen  Schriftsteller  richtig  und  schön  gelesen 
forden,  wenn  man  bei  der  lectüre  eines  fremdsprachigen  schrift- 
lellers  vielleicht  für  den  anfang  noch  nicht  streng  darauf  hält,  so 
lag  das  mit  den  Schwierigkeiten,  die  man  sonst  zu  überwinden  hat, 
■tsehuldigt  werden ;  aber  sobald  dem  sinne  des  Schriftstellers  eine 
llVgehende  beachtung  zu  teil  wird,  musz  man  das  versäumte  nach- 
Wen. 

,  Zunächst  sollte  man  mechanisches  vorlesen  eines  zu  übersetzen- 
pi  Schriftstückes  gar  nicht  dulden,  es  sollte  gleich  zur  guten  prä- 
n  mit  gehören,  dasz  der  schüler  durch  das  lesen  selbst  zeigt, 
er  das  stück  verstanden  hat.  zum  mindesten  wären  hierzu  die 
aufzumuntern,  aber  eine  noch  viel  bedeutendere  rolle  sollte 
sinngemäsze  lesen  spielen  bei  allen  repetitionen ,  die  sich  am 
ten  empfehlen ,  wenn  man  einen  abschnitt  eines  werkes  über- 
hat  und  ihn  in  seiner  totalität  auf  den  schüler  wirken  lassen 
noch  besser  freilich,  wenn  die  lectüre  eines  ganzen  werkes' 
gekrönt  wird,  wer  es  z.  b.  an  einer  sophokleischen  tragödie 
erfahren  hat,  welch  unendlich  tiefen  eindruck  es  macht,  wenn 
sie  ohne  die  rücksicht  auf  die  Übersetzung,  die  doch  die  ge- 
zerstreut und  vom  inhalt  ablenkt,  hinter  einander  in  der  ur- 
e  liest ,  der  wird  gewis  zugeben ,  dasz  erst  damit  das  ganze 
würdigen  abschlusz  gefunden  hat. 
Wenn  die  langsamkeit  der  lectüre  gerechtfertigt  sein  soll,  so 
sie  so  zu  wählen  sein,  dasz  sich  bei  derselben  möglichst  viel 
n  läszt.  was  man  erreichen  will,  fällt  vornehmlich  unter 
ge&icbtspuncte,  entweder  es  geht  auf  den  stoff,  den  der  schrift- 
behandelt, oder  auf  die  form,  in  der  er  ihn  gibt,  am  besten 
ee,  wenn  sich  beides  vereinigt  vorfindet. 

I>a  das  betreiben  der  alten  Schriftsteller  von  jeher  besonders 
f  formalen  bildung  gedient  hat,  so  ist  ihre  darstellung  vor  allem 
tracbt  gekommen,  hierbei  lag  die  gefahr  nahe,  die  schrift- 
als  blosze  anknUpfungspuncte  für  grammatische  und  sti- 
he  erörterungen  zu  benutzen,  dasz  der  ertrag  dieser  be- 
angsart  immerhin  ein  sehr  groszer  sein  kann,  ist  nicht  za 
ipeifeln,  aber  es  ist  sehr  zu  fürchten,  dasz  sie  die  Jugend  ermüdet 


t 


320  Gjmnadiam  und  gegenwart. 

allgemeine  grammatische  bildung  sich  aneignen  wollte,  der  wttr 
sich  sehr  schwer  zu  den  einfachsten  grundbe^piffen  dorcharbett 
und  sie  schlieszlich  doch  nicht  in  voller  klarheit  und  deatliehk 
sich  aneignen,  diese  allgemeinsten  begriffe  liegen  aber  in  den  alt 
sprachen,  zumal  im  latein,  so  klar,  so  leicht  erfiEiasbar  auch  I 
sc];i wache  vor,  wie  in  keiner  zweiten,  im  weiteren  aasbaa  troi 
dann  die  eigentümlichkeiten  jeder  einzelnen  spräche  mehr  in  3 
rechte,  deren  vergleichung  dann  freilich  nicht  minder  instmotiT  i 

Man  mag  zur  sprachvergleichenden  philologie  stehen,  wie  m 
will  —  der  Schreiber  dieser  zeilen  hat  es  leider  in  seiner  stadiens 
verabsäumt,  eine  solide  grundlage  nach  dieser  richtung  in  legen - 
aber  so  viel  wird  man,  wenn  man  unbefangen  urteilt,  sehon jei 
zugeben  müssen ,  dasz  sie  auch  auf  unser  höheres  schulweBen  eil 
viel  bedeutenderen  einflusz  ausgeübt  hat,  als  man  sich  vieilflM 
dessen  klar  bewust  ist.  ich  lege  gar  kein  sonderliches  gewie 
darauf,  ob  man  eine  regel  über  die  formbildung  mehr  oder  wenig 
lernt,  die  grosze  hauptsache  ist  das  vergleichen  selbst,  das  gewimi 
der  allgemeinen  gesichtspuncte ,  die  daraus  resultieren,  es  ist  d 
das  allerwesentlichste  verdienst  der  sprachvergleichenden  philob^ 
dasz  sie  die  Wichtigkeit  des  knochengerttstes  aller  grammatik  so  U 
vor  die  äugen  gestellt  hat ,  die  notwendigkeit  so  nahe  gelegft  bi 
«in  netz  zu  haben ,  in  das  man  die  sprachlichen  ersoheinungen  tt 
nehmen  kann,  für  den  werth  dieser  allgemeinen  grammatiaeb 
gesichtspuncte  konnte  man  erst  dann  einen  vollgültigen  masiiti 
finden,  wenn  man  die  verschiedenen  sprachen  in  bezog  in  einisd 
setzte,  das  gemeinsame  der  im  gymnasium  behandelten  spnd» 
tritt  immer  mehr  in  den  mittelpunct  alles  sprachnnteirichts  n 
hieran  knüpft  sich  die  erlemung  des  besondern  an.  man  hat  das 
für  die  harmonische  und  somit  für  die  tiefere  ausbildong  des  um 
sehen  sehr  wichtige  gesichtspuncte  gewonnen,  gerade  je  reiefa 
und  mannigfacher  die  einzelheiten  werden ,  die  auf  jedem  gebifl 
des  Wissens  zu  beherschen  sind,  um  so  dankbarer  muaz  man  Ar  d 
Ariadnefaden  werden,  der  uns  durch  dieselben  hindurch  hilft. 

Soll  ich  hiemach  in  den  allgemeinsten  grundrissen  angelN 
wie  ich  mir  die  betreibung  der  grammatik  der  alten  spracbes  T 
diesem  neuen  standpuncte  aus  denke ,  so  wftre  znnKohst  la  sigi 
dasz  selbstverstündlich  im  kern  alles  grammatischen  nnterrid 
sich  nichts  wesentliches  zu  ändern  hat,  dasz  aber  dinge  eineseU 
fere  betonung  zu  erfordern  scheinen ,  auf  die  man  früher  wenifl 
gewicht  gelegt  hat.  es  sind  das  zunächst  die  rubriken,  unter  wek 
die  formen  fallen,  die  Überschriften  der  regeln,  die  grammatisd 
kategorieen;  denn  diese  repräsentieren  am  meisten  das  gemeinatt 
in  aller  grammatik.  früherhin  und  vielleicht  auch  jetzt  noeh  flu 
chen  ortes  glaubte  man  das  genügende  geleistet  zu  haben,  VB 
man  die  positiven  thatsacben  der  Sprachlehre  den  schOlein  eiB( 
prägt  hatte;  jetzt  wird  sich  wol  immer  mehr  die  nothwendi^ 
herausstellen ,  auch  die  gesichtspimcte ,  unter  die  diese  thatsad 


Gymnasium  und  gegenwart.  321 

^en,  zur  klarheit  zu  bringen,  hat  beispielsweise  ein  sextaner  seine 
regelmSszige  lateinische  formenlehre  inne,  so  soll  er  auch  wissen, 
welche  einzelnen  teile  der  grammatik  er  beherscht,  welche  gram- 
matischen begriffe  er  sich  angeeignet  hat.  was  declinieren  und  con- 
jogieren  ist  zu  wissen,  musz  für  eben  so  wichtig  gelten,  wie  das 
declinieren  und  conjugieren  selbst,  und  es  wird  sich  sehr  verlohnen, 
oanientlich  in  den  untersten  classen,  nach  dem  einprägen  des  gram- 
matischen lehrstoffes  immer  einmal  inne  zu  halten  und  musterung 
annistellen,  inwiefern  der  schüler  in  seinen  allgemeinen  anschauungen 
weiter  gekommen  ist.  das  ist  eine  sehr  dankbare  arbeit,  die  die 
freudigkeit  zur  sache  wesentlich  erhöhen  dürfte,  nur  verstehe  man 
mich  nicht  falsch  und  glaube ,  dasz  ich  tiefer  gehende ,  etwa  philo- 
sophische begrtindung  der  grammatischen  kategorieen  heische, 
durchaus  nicht;  nur  das  ist  zu  verlangen,  was  zu  verlangen  sehr  im 
Interesse  der  sache  selbst  liegen  möchte,  dasz  über  alle  grammatische 
begriffe  —  und  deren  hat  man  schon  in  den  untersten  classen  genug 
in  lernen  —  völlige  klarheit  und  unumstöszliche  gewisheit  hersche. 
«8  kann  in  den  oberen  classen  für  einen  philologischen  lehrer  keine 
niederschlagendere  erfahrung  geben,  als  wenn  ein  schüler  irgend 
eben  grammatischen  terminus  im  munde  führt,  der  ihm  nicht  klar 
iit;  denn  damit  ist  gesagt,  dasz  ein  guter  teil  des  sprachlichen  Unter- 
richts unwirksam  geblieben  ist. 

Aber  eine  weiter  gehende  forderung  dürfte  doch  nicht  ohne 
'  bcrechtigung  sein,  da  der  Unterricht  in  den  sprachen  eine  so  domi- 
,  liierende  Stellung  im  gymnasium  einnimmt,  so  möchte  es  schliesz- 
^  Hch  von  dem  wege,  den  dasselbe  verfolgt,  nicht  eben  abliegen,  wenn 
der  begriff  der  grammatik  selbst  zur  klarheit  gebracht  wird ,  wenn 
der  schüler  begreifen  lernt,  wie  eine  grammatik  entsteht,  ich  halte 
•onach  die  zeit  nicht  für  verloren,  in  der  ihm  dargelegt  wird,  warum 
Cisar  seinem  grammatischen  werke  den  titel  gab  de  analogia. 

Dieser  eben  bezeichnete  standpunct  ist  es  ohne  zweifei,  von 

dem  aus  auch  den  utilitariern  unserer  tage  mit  zwingender  not- 

wendigkeit  der  -ungemeine  nutzen  der  alten  sprachen  in  grammati- 

.icber  beziehung  nachgewiesen  und  somit  die  position  derselben  in 

[den  höheren  schulen  aufs  ausgiebigste  vertheidigt  werden  kann,   das 

jtomehmste  mittel,  die  sprachen  der  gegenwart  gründlich  zu  ver^ 

(hen,  ist  das  Studium  der  alten  sprachen,    und  in  diesen  verhält- 

:fe8en  ist  eine  änderung  so  lange  nicht  abzusehen,  als  nicht  in  den 

iprach Verhältnissen  Europas  Änderungen  eintreten. 

Ich  habe  diesen  .segensreichen  einflusz  der  sprach  vergleichenden 
•tadien  auf  unsere  schulen  um  so  mehr  betont  und  anerkannt,  als  er 
Äeist  im  streit  um  die  einzelbeiten,   die  etwa  von  den   errungen- 
[ichaften  derselben  in  unsere  Schulbücher  einzuführen  sein  möchten, 
Ittersehen  und  vergessen  wird,    soll  ich  nun  auch  über  den  einflusz 
jer  neuen  Wissenschaft  auf  unsere  Schulbücher  mein  urteil  vor- 
igen, so  beklage  ich  es  zumeist,  dasz  nicht  vor  allem  eine  be- 
fitung  der  griechischen  grammatik,  um  die  es  sich  hier  für  jetzt 

Jf.  ;»hrb.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abl.  1575.  hfL".  21 


322  Gymnasium  und  gegenwart. 

am  meisten  handelt,  zunächst  meinetwegen  der  formenlehre  tohtob 
wissenschaftlichem  standpuncte  aus,  erschienen  ist.  wie  Tiel  swdfd 
und  misverständisse  würden  dadurch  für  alle,  die  diesen^BtndieB ii 
ihrem  zusammenhange  zu  folgen  nicht  in  der  läge  waren ,  Ton  Ton- 
herein  beseitigt  und  unmöglich  gewesen  sein !  aber  abgesehen  diTOi, 
dasz  die  neue  anschauungsweise  von  manchem  angerechtEertigioi 
mistrauen  verfolgt  wurde,  konnte  sie  auch,  wenigstens  in  den  aänt 
büchem  nicht  in  der  ganzen  folgerichtigkeit  ihres  Systems  anftrefai. 
indem  die  resultate  wissenschaftlicher  forschnng  sofort  popolariMrt 
wurden,  musten  natürlich  concessionen  im  praktischen  sinne  gi- 
macht  werden,  übersieht  man  die  anordnung  der  formenlehre  l  b. 
in  der  grammatik  von  Curtius ,  so  musz  zuerst  auffallen,  disi  db 
neuen  wissenschaftlichen  gesichtspuncte  allerdings  in  der  lehre  Wk 
verb  zur  geltung  gekommen  sind,  nicht  aber  in  gleicher  weise  inte 
lehre  vom  nomen.  wenn  das  verb  nach  den  tempossümmen  bi- 
handelt  ist,  warum  nicht  auch  das  nomen  nach  numerus  und  oasof 
die  antwort  liegt  nahe  genug,  die  lehre  vom  nomen  würde  dadnrd 
auf  eine  für  den  standpunct  des  Schülers  ganz  unbraachbare 
zerrissen  worden  sein,  denn  der  schÜler  lernt  am  besten  an 
möglichst  zweckmäszig  gewählten  beispiel  eine  Übersicht  aller  fv- 
änderungen,  die  mit  einem  werte  vorgenommen  werden  kOnnn; 
daran  hat  sich  alles  abweichende  anzuschlieszen.  mit  weldhen 
rechte,  kann  man  wol  fragen,  ist  nun  dieser  gesichtspunct  beim  verb 
aufgegeben  worden,  gerade  bei  dem  compliciertesten  und  schwkrig- 
sten  gebilde  der  ganzen  formenlehre?  konnte  es  für  dasselbe  minte 
wünschenswerth  erscheinen,  zunächst  ein  vollständiges  bild  iDer 
bei  ihm  möglichen  Wandlungen  zu  erhalten?  nach  der  neuen  anorf- 
nung  hat  man  erst  dann  einen  gesammtüberblick  über  die  Terbd" 
formen  wenn  man  die  ganze  lehre  vom  verb  mit  allen  ihren  modifr 
cationen  und  ausnahmen  schon  gelernt  hat.  hierbei  nehmen  dii 
einzelbeiten  den  schüler  so  in  anspruch,  dasz  er  schwer  xueinM 
klaren  bilde  der  regulären  griechischen  conjugation  gelangt.  * 
kann  deshalb  kaum  zweifelhaft  sein,  dasz  im  pädagogischen  intenuB 
das  frühere  verfahren  die  conjugation  zunächst  an  einem  verb  roD- 
ständig  kennen  zu  lernen  den  Vorzug  verdient  vor  dem  jetngBi) 
mehr  wissenschaftlichen ,  das  nur  für  den ,  der  das  material  bÄoi 
völlig  beherscht,  von  werth  ist. 

Die  gcschichtc  des  einflusses  der  Sprachvergleichung  auf  ODien 
Schulbücher  gibt  einen  sehr  bedeutungsvollen  wink  für  das  TeThtt" 
nis  von  wissenschafL  und  schule  überhaupt,  kein  zweifei,  dasi  dtf 
Stoff,  den  der  leLrer  zu  geben  hat,  von  ihm  selbst  vorher  wias» 
schaftlich  zu  erforschen  ist,  dasz  er  namentlich  alle  fortschritte,  A  ] 
auf  dem  von  ihm  vertretenen  gebiete  gemacht  sind,  wol  lu  \^ 
achten  hat.  aber  in  der  mitteilung  der  wissenschaftlichen  ergeb* 
nissc  ist  ein  groszer  unterschied  zwischen  dem  universitfttslelmr, 
der  sich  hierbei  nur  um  die  in  der  sache  selbst  liegenden  gesicUt- 
puncte  zu  kümmern  hat,  und  dem  gy mnasiallehrer,  der  das  bedflrf- 


Gymnadium  und  gegenwart.  323 

118  seiner  schüler  zugleich  mit  im  äuge  haben  musz.  dem  letzteren 
erwachsen  mit  den  fortschritten  der  Wissenschaften ,  so  weit  sie  ins 
bereieh  der  scholdisciplinen  einschlagen,  immer  zugleich  neue  auf- 
giben;  er  musz  die  frage  aufwerfen,  wie  sie  für  die  zwecke  der 
tehole  zu  verwerthen  seien,  um  diese  zu  lösen,  dazu  gehört  vor 
dkm  erüahrung  und  der  aus  derselben  hervorgehende  schulmttn- 
liiehe  takt.  und  diese;^  wird  sich  nicht  selten  in  einer  gewissen 
Matsamkeit  und  Schüchternheit  dem  neuen  gegenüber  äuszem. 
ndem  haben  die  schuldisciplinen  schon  eine  lange  geschichte  hinter 
Mh  und  die  formen ,  die  sie  mit  der  zeit  angenommen  haben ,  sind 
leebalb  nicht  ohne  eine  gewisse  historische  berechtigung.  diesen 
pnktischen  errungenschaften  des  schullebens  entsprach  manche  der 
itteren  grammatiken,  zumal  did  von  K.  W.  Krüger,  in  hervorragen- 
kr  weise,  nicht  zum  wenigsten  um  deswillen ,  weil  sich  der  schüler 
nf  alles,  was  sie  enthielt,  unbedingt  verlassen  konnte,  alles  unbe- 
kttklich  verwerthen  konnte,  das  war  nicht  ganz  der  fall  mit  dem 
Bateriale,  das  die  grammatiken  neuen  Schlages  vorbrachten;  in 
ben  war  manches  enthalten ,  das  eben  nur  zur  erklärung  der  atti- 
Kken  formen  dienen  sollte,  es  wurde  somit  dem  schüler  zugemutet 
ffüik  zu  üben,  das  ist  aber  kaum  ein  standpunct,  der  einem  lehr- 
Kdie  gegenüber  für  den  schüler  zulässig  oder  nützlich  erscheint. 

Diese  gesichtspuncte  sind  mir  beim  gebrauch  der  neueren 
Itlmmatiken  immer  als  die  wesentlichsten  erschienen,  ich  bekenne 
ttn,  was  ja  die  meisten  auch  anerkennen,  dasz  mir  der  stoff,  den 
\  Curtius  in  seiner  formenlehre  gibt,  an  sich  für  die  schulzwecke 
iB  passend  erscheint,  es  ist  mir  wenigstens  nie  verständlich  ge- 
lten, warum  man  gegen  die  lautlehre  so  viel  bedenken  erhoben 
t,  die  z.  b.  bei  Krüger  fast  an  derselben  stelle  steht  und  kaum 
feiger  umfangreich  ist.  Aber  fraglich  möchte  sein ,  ob  das  neue 
Iterial  schon  den  zwecken  der  schule  gemäsz  verwerthet  ist,  ob  es 
ik  nicht  doch  zuletzt  empfehlen  wird,  eine  form  zu  suchen,  die  der 
Iheren,  lang  bewährten  sich  mehr  anschlies2t. 
t  Die  forschungen  auf  dem  gebiete  der  formenlehre  haben  jetzt 
.'köherem  grade  die  fachmänner  in  anspruch  genommen,  als  die 
ff  syntaktischem  gebiete  und  bei  dem  natürlichen  und  so  wünschens- 
pthen  zusammenhange  zwischen  Wissenschaft  und  schule  mag  der 
Kienlehre  auch  in  der  schule  mehr  berücksichtigung  zu  teil  ge- 
knien  sein,  als  früher,  ja  mehr,  als  an  sich  gut  ist.  denn  dieser 
B  der  gramniatik  kann  ini  Interesse  der  Jugendbildung  nicht  die 
ke  Stellung  beanspruchen,  wie  die  syntax.  sein  inhalt  ist  ein  der- 
Hger,  dasz  die  gedächtnismüszige  einprligung  die  hauptroUe  dabei 
blen  mu&z;  was  man  zum  Verständnis  der  formen  thun  kann,  ist 
ll  gegenüber  untergeordnet,  zumal  die  lehre  von  denselben  in 
ifm  alter  getrieben  wird ,  in  dem  die  grammatische  bildung  noch 
ir  in  den  anfangen  ist.  thatsächlich  beschäftigt  sie  auch  unsere 
^d  vorhersehend  nur  in  den  unteren  classen.  gleichzeitig  mit 
i'leginnen  die  anfange  der  syntax  und  dieser  teil  der  grammatik 

21* 


[ 


324  Gymnasium  und  gegenwart. 

steht  in  den  mittleren  und  oberen  classen  entBchieden  im  vorde^ 
grund. 

An  diesem  Verhältnisse  wird  schwerlich  etwas  zu  ftndem  aenu 
denn  die  wissenschaftliche  betreibung  der  formenlehre  ist  iBii 
schwierig  und  den  Universitäten  zu  überlassen,  da  sie  vomi* 
Setzungen  macht,  die  das  gymnasium  nicht  erftUlen  kann,  die  seiiMi 
zwecken  fern  liegen,  dagegen  wird  die  syntax  immer  der  eigenilkto 
tummelplatz  der  grammatischen  gymnastik  bleiben,  sie  ninmit  da 
geist  in  unvergleichlicher  weise  in  ansprach ,  indem  sie  die  nr 
wcrthung  des  Sprachmaterials  zum  ausdruck  der  gedanken  m 
gegenstände  hat,  also  das,  was  bei  allem  sprachanterrichte  dk 
hauptsache  ist.  die  Sprachvergleichung  hat  bis  jetzt  nur  dniflfaM 
aus  der  syntax  behandelt;  am  meisten  hat  vielleicht  die  grieehiMh 
tempuslehre  durch  sie  gewonnen,  doch  sind  anf  dem  gebiete  te 
latein  leistungen  in  ähnlichem  sinne  vorhanden ,  die  der  schale  toi 
grösten  nutzen  sind;  sie  knüpfen  sich  an  dienamenNftgelsbachoid 
Seyffert  an. 

Die  Syntax  wird  nicht  nur  theoretisch  am  l&igsten  getriebea 
sondern  kommt  auch  vorwiegend  in  der  lectüre  and  in  den  übmigc! 
zur  geltung.  die  lectüre  erschlieszt  den  eigenartigen  gang  der  p 
danken  eines  Schriftstellers  und  gibt  die  mannigfachste  veranlasBOC 
die  mittel  ins  äuge  zu  fassen,  wie  dieselben  sich  äaszerlich  darslelki 
da  sie  sich  am  meisten  mit  den  mustergiltigen  schriftstellem  hduiA 
so  werden  dem  schüler  durch  sie  beispiele  nahe  gebracht,  wie  UB 
seine  gedanken  am  besten  ausdrückt,  und  selbst  da,  wo  die  sjpnA 
eines  Schriftstellers  anstosz  erregt,  findet  sich  nicht  minder iriO 
kommene  gelegenheit  zu  den  fruchtbarsten  erörterangen;  denn  es  gO 
dann  festzusetzen ,  was  man  rationell  erwarten  durfte  und  wann 
der  schriftsteiler  von  dem,  was  man  erwarten  muste,  abgewichoi  ill 

Neben  der  lectüre  stehen  vor  allem  die  schriftlichen  ftbnug« 
im  dienste  der  grammatischen  bildung  und  in  den  oberen  cUmh 
also  die  meiste  zeit,  speciell  der  syntaktischen  bildung.  bei  da 
Übersetzungsaufgaben  ist  das ,  was  sonst  bei  jedem  schriftweik  ii 
Vordergründe  steht  und  am  meisten  beschäftigt,  der  gedanke,  bi 
reits  gegeben,  der  schüler  hat  sich  also  fast  ausschlieszlich  mit  da 
Sprachmaterial  zu  befassen,  durch  das  er  zum  ausdruck  komiM 
soll,  ihm  fällt  die  aufgäbe  zu ,  zu  der  ausdrucksweise  in  der  eina 
spräche  die  entsprechende  in  der  andern  zu  finden,  er  musz  also  di 
mittel,  welche  die  betreffenden  beiden  sprachen  besitzen,  mit  d 
ander  vergleichen  und  gelangt  so  zu  klarer  erkenntnis  und  einsid 
in  dieselben  und  zur  herschaft  und  sichern  benutzung  derselbcs 
hat  man  sich  die  gesichtspuncte ,  die  für  die  darstellung  in  ei» 
fremden  spräche  in  betracht  kommen,  wohl  angeeignet,  so  werdi 
die  versuche  in  derselben  die  eigenen  gedanken  auszudrücken  IBI 
fem  sehr  heilsam  sein,  als  sie  immerhin  ein  ernsteres  ringen n 
dem  Sprachmaterial  mit  sich  bringen ,  also  eine  geistige  arbeit  vt 
anlassen,  die  vielseitiger  über  das  wesen  der  spräche  aufUärt. 


Gymnasium  und  gegenwart.  326 

Doch  liesze  sich  hier  wol  die  frage  aufwerfen,  wie  weit  es  mit 
len  Übungen  im  übersetzen  zu  treiben  sei.  soll  man  dabei  alle  fein- 
leiten  und  besonderheiten  des  lateinischen  und  griechischen  Sprach- 
gebrauches, wie  man  sie  bei  der  lectüre  kennen  zu  lernen  anlasz  hat, 
Bit  berücksichtigen  und  die  schüler  nöthigen  durch  reproductionen 
ihnlicher  art  zu  zeigen,  dasz  sie  dieselben  verstanden  haben?  ich 
Mige  mich  sehr  denen  zu ,  die  davon  abrathen  und  als  erste  und 
msentliche  aufgäbe  dieser  Übungen  betrachten  alle  hauptsächlichen 
!egeln  zunächst  einzuüben ,  dann  präsent  zu  erhalten,  dar^f  weist 
\tt  eharakter  der  Übersetzungen  selbst  hin.  alle  Übersetzungen  sind 
Htdiahmungen.  alles  nachahmen,  so  weit  es  vernünftig  ist  und  mit 
Ottxen  geschieht,  kann  sich  nur  auf  das  allgemeingültige  beziehen, 
ikht  auf  das  besondere,  denn  alle  besonderheit  ist  ausflusz  einer 
[twissen  Charaktereigentümlichkeit  und  nur  als  solche,  also  be- 
chrftnkt  berechtigt,  der  schüler,  der  zur  nachahmung  von  besonder- 
leiten veranlaszt  wird ,  erhält  somit  eine  richtung  nach  einer  seite 
DD,  die  vielleicht  gar  nicht  zu  seiner  persönlichkeit  paszt,  oder  legt 
iner  spracherscheinung ,  die  nur  bedingungsweise  zur  anwendung 
HNDmen  kann,  eine  allzu  grosze  trag  weite  bei. 

Dazu  kommt ,  dasz  der  lehrer  es  wol  meist  mit  einer  mehrheit 
Schülern  zu  thun  hat  und  um  so  mehr  berücksichtigen  musz, 
allen  frommt,  auszerdem  fordert  der  umstand  zu  groszer  vor- 
lebt auf,  dasz  an  die  besonderheiten  sich  am  allerleichtesten  falsche 
mtellungen  anknüpfen,  so  -dasz  dem  schüler  oft  für  eine  feinheit 
jlt,  was  der  lehrer  als  Verkehrtheit  bezeichnen  musz.  es  wird  also 
■  sichersten  sein,  alles  nur  ausnahmsweise  berechtigte,  alle  be- 
ttderheiten  des  Sprachgebrauchs  bei  den  Schriftstellern  selbst  ken- 
PI  zu  lernen  und  aus  ihrem  eharakter,  aus  der  besondem  absieht, 
ban  der  betreffenden  stelle  obwaltete,  zu  erklären,  wer  nun  der- 
bes sich  richtig  aneignet  und  an  passender  stelle  zur  Verwendung 
pilgt,  mag  sehr  zu  loben  sein;  aber  nimmermehr  möchte  es  vor- 
Ipkig  sein,  die  schüler  zur  nachahmung  desselben  aufzufordern. 
bDeicht  herscht  in  manchen  Übungsbüchern  in  dieser  rücksicht 
hki  die  nötige  Zurückhaltung. 

[:  An  die  grammatische  bildung  schlieszt  sich  als  notwendige  er- 
knng  die  bildung  des  stiles  an.  meist  wird  derselben  an  unseren 
pmasien  eine  eingehende  theoretische  behandlung  nicht  zu  teil, 
f  scblieszt  sich  besonders  an  die  schriftlichen  Übungen  und  dio 
Üüre  an.  vielleicht  erscheint  sie  dadurch  manchem  als  allzu  sehr 
rtckgesetzt.  man  sagt  ja,  der  btil  ist  der  mensch,  ist  er  da  nicht 
•  der  grö.<zten  Wichtigkeit? 

Im  Stil  kömmt  die  individuelle  art  des  einzelnen  in  entsprechen- 
jr  weise  zur  geltuiig,  wie  im  anstände,  der  letztere  drückt  sich  in 
Idlungen  aus ,  der  erstere  in  der  spräche,  nun  gibt  es  wol  eine 
Pnng  des  liuszeren  anstandes,  regeln  für  die  formen  des  Umganges, 
in  diese  formen  selbst  sind  eben  nur  insoweit  von  eigentlichem 
itte,  als  ihnen  auch  eine  gewisse  denkart  entspricht,   jedermann 


I 


326  Gymnasium  und  gegenwart. 

weisz  aber,  dasz  es  namentlich  in  den  vornehmen  kreisen  andi  eina 
cult  der  formen  gibt,  der  völlig  in  der  luft  schwebt,  weil  er  sidivo] 
der  persönlichkeit  des  einzelnen  fast  losgelöst  hat.  nicht  viel  and« 
wird  es  mit  dem  stile  sein,  er  wird  immer  etwas  subjectives  bldki 
der  teil  der  darstellung,  in  dem  die  persönlichkeit  sich  am  nnnuite 
barsten  manifestiert,  und  das  ist  wol  ein  stichhaltiger  gnuid  di 
lehre  vom  stil  nicht  zu  einem  ganz  ausdrücklichen  unterrichtsgega 
stände  zu  machen. 

Da  der  stil  mit  der  ganzen  persönlichkeit  am  innigsten  n 
wachsen  ist,  bildet  er  sich  naturgemäsz  am  besten  durch  diesellx 
mittel,  durch  welche  die  persönlichkeit  sich  bildet,  das  ist  in  enti 
linie  das  beispiel.  darum  wird  die  stilbildung  vor  allem  abUbigi 
sein  von  den  mustern,  die  man  dem  schüler  vorlegt,  also  von  d 
lectüre.  hierbei  eignet  man  sich  ungesucht  und  oft  nnbewnst  d 
gedanken  eines  andern  an  und  die  form ,  in  der  diese  gedanken  an 
gedrückt  sind ,  wird  um  so  mehr  sich  gleichzeitig  mit  ftstsetieii, , 
besser  sie  dem  gedanken  entspricht,  derartige  eindrücke  aber  sii 
dann  auch  sehr  bestimmend  fUr  die  eigene  Schreibweise«  nodi  will 
samer  freilich  als  die  lectüre  möchte  der  versuch  sein,  gute  mnsti 
nachzubilden,  mir  hat  es  sich  sehr  bewährt,  eine  mosteriiif 
ciceronianische  periode  in  möglichst  gutes  deutsch  zu  fibertnga 
diesen  deutschen  satz  als  extemporale  den  schülem  zu  geben  m 
nun  so  lange  mit  denselben  zu  arbeiten  und  zu  bessern,  bis  i 
ciceronianische  form  wort  für  wort  hergestellt  ist.  dadurch  gdiB| 
man  zu  voller  erkenntnis  der  Schönheit  eines  derartigen  Satzes. 

IL    Die  lectüre. 

Die  lectüre  ist  namentlich  in  den  mittleren  und  oberen  dsfl» 
umfangreicher,  als  die  grammatische  theorie,  so  dasz  es  fast  di 
anschein  gewinnt,  als  sei  die  letztere  nur  um  der  ersteren  willen  d 
es  liegt  darin  die  anerkennung,  dasz  namentlich  für  das  jugendüd 
alter  allenthalben  das  beispiel  wirksamer  und  bildender  ist ,  als  il 
theorie,  die  ein  reiferes  alter  voraussetzt,  wenn  sie  dnseitig  b 
trieben  werden  soll. 

Die  schullectüre  unterscheidet  sich  von  jeder  anderen  N 
wesentlich  durch  die  langsamkeit,  mit  der  sie  sich  vollzieht,  es 
rede,  die  Demosthenes  vielleicht  in  einer  stunde  gehalten  hat,  I) 
schäftigt  die  schüler  monate  lang,  die  lectüre  einer  tragOdie,  ein 
buches  geschichtlichen  oder  philosophischen  Inhaltes  zieht  sich  dor 
ein  ganzes  Semester  hindurch,  dieses  langsame  tempo  musz  jedi 
zunächst  unnatürlich  erscheinen ;  es  findet  sich  ja  auch  kaum  in  s 
deren  Verhältnissen  wieder,  wer  ein  buch  liest,  hat  in  der  regel  d 
verlangen,  so  schnell  als  möglich  das  ganze  zu  übersehen;  dennd 
einzelne,  die  teile,  erhalten  ja  erst  ihren  werth  durch  ihr  veriiiltn 
zum  ganzen,  in  der  schullectüre  kommt  es  aber  sogar  vor,  da 
man  nur  teile  lesen  kann,  auf  die  kenntnis  des  ganzen  aberT« 
ziehten  musz. 


Gymnaaiam  und  gegenwart.  327 

Diese  langsamkeit  ist  für  die  ästhetischen  zwecke,  die  man  bei 
ler  lectüre  verfolgt ,  ein  unleugbarer  übelstand,  der  genusz  eines 
ehriftwerkes  wird  dadurch  zerstückelt,  der  Zusammenhang  ist 
ehwer  festzuhalten,  der  Überblick  über  das  ganze  ist  fast  noch 
ehwerer  zu  erreichen,  es  ist  fast  unmöglich,  dasz  ein  Schriftstück 
inen  überwältigenden  eindruck  auf  den  leser  mache,  auch  wenn 
bm  dieser  Charakter  in  hohem  grade  inne  wohnen  sollte,  denn  das 
iberwftltigende  liegt  darin,  dasz  neue  und  grosze  gedanken  so  reich- 
ich  und  mächtig  auf  uns  eindringen,  dasz  uns  &st  die  fähigkeit 
9hlt,  sie  so  schnell  in  uns  aufzunehmen,  als  sie  dargeboten  werden, 
icht  wenigen  der  alten  Schriftsteller  läszt  sich  diese  eigenschaft 
indicieren  und,  wer  nur  die  mittel  beherscht,  sie  zu  genieszen,  wird 
ie  an  sich  empfunden  haben. 

Wieder  andere  Schriftsteller,  namentlich  die  historischen ,  be- 
andeln  einen  stofif,  der  nicht  in  so  bedeutender  weise  das  nach- 
enken  anregt  und  beschäftigt ,  der  unsere  teilnähme  nicht  in  allen 
inzelheiten  so  lebhaft  herausfordert,  liest  man  dieselben  hinter 
inander  durch ,  so  machen  sie  einen  durcliaus  befriedigenden  ein- 
nick; die  einzelbeiten ,  an  sich  vielleicht  nicht  zu  bedeutend,  ver- 
inden  sich  doch  zu  einem  interessanten  ganzen  und  man  scheidet 
dt  dank  von  dem  Schriftsteller,  das  musz  sich  bei  langsamerer 
Ktüre  ganz  anders  gestalten,  da  ist  der  gedanke  zunächst  an  die 
iixelheiten  angewiesen  und  die  gruppierung  desselben  zu  einem 
men  vollzieht  sich  so  langsam ,  dasz  darüber  leicht  das  Interesse 
rBchlafiit.  diese  art  Schriftsteller  wird  bei  den  schülem  leicht  den 
indruck  der  langweile  hervorbringen,  entschieden  nicht  deswegen, 
^1  sie  an  sich  mit  diesem  makel  behaftet  sind,  sondern  nur  infolge 
tt  zu  langsamen  lectüre. 

Gegenüber  diesen  übelständen  der  schullectüre  kann  man  frei- 
A  geltend  machen ,  dasz  dabei  das  einzelne  zur  vollsten  geltung 
Amt,  dasz  aus  der  genauen  kenntnis  desselben  sich  allmählich 
be  solide  kenntnisz  des  ganzen  herausbildet,  doch  möchte  dieser 
Irteil  kaum  so  grosz  sein ,  um  die  angegebenen  nachteile  aufheben 
I  können,  und  deshalb  kann  es  kaum  einem  zweifei  unterliegen, 
IB  durch  die  eigentümliche  art  der  schullectüre  vielen  von  den 
Ihn  Schriftstellern  ein  unrecht  geschieht,  sie  können  auf  den 
|hUer  nicht  wirken,  wie  sie  unter  billigen  Voraussetzungen  an  sich 
fcken  könnten,  thatsächlich  ist  ja  hierin  das  ungünstige  urteil 
^gründet,  das  mancher  über  den  werth  und  die  bedeutung  der- 
ilben  aus  der  schule  ins  leben  mit  hintibernimmt. 

Wenn  sonach  die  eigentümlichkeit  der  schullectüre  vom  ästhe- 
bchen  standpuncte  aus  tiberwiegende  gründe  gegen  sich  haben 
Ächte,  so  wird  die  schule  sehr  triftige  anderweite  gründe  ins  feld 
Ikren  müssen,  um  nfit  recht  an  ihr  festhalten  zu  können,  dieselben 
••rden,  wie  natürlich,  vorwiegend  auf  dem  gebiete  der  pädagogik 
*iiuchen  sein,  und  hier  liegt  am  nächsten  der  gesichtspunct ,  dasz 
fc  schule   an   der  lectüre  der  alten  Schriftsteller  überhaupt  die 


i 


328  Gymnasium  und  gegenwart. 

tecbnik  des  lesens  einüben  will ,  dasz  sie  überhaupt  lehna  wiO, 
wie  man  zu  lesen  bat.  dasz  aber  das  lesen  von  Bolcher  widitigkttft 
sei,  um  so  langjährige  anstrengungen  zu  seinen  gonsten  ni  reekt- 
fertigen,  ist  andeutungsweise  schon  im  ersten  teile  meines  aaÜMUei 
gezeigt. 

Gibt  man  die  Wichtigkeit  des  lesens  zu ,  so  wird  doch  ?on  iln 
auch  gelten,  was  von  der  sprachlichen  bildung  überhaupt  gilt,  dyi 
es  sich  nämlich  für  jeden  vorwiegend  um  das  lesen  von  sdirift' 
werken  in  der  spräche  seines  volkes  handeln  wird,  auch  hier  weite 
also  die  gymnasialpädagogen  zu  zeigen  haben,  dasz  man  das  lean 
gerade  so  wie  die  sprachen  selbst,  besser  an  den  alten  lernt,  alin 
den  modernen  schriftsteilem,  denn  wenn  auch  das  gymnasium  ik 
letzteren  berücksichtigt,  so  betreibt  es  doch  vorwiegend  allerdingl 
die  ersteren. 

Welchen  vorzug  haben  also  die  alten  Schriftsteller  vor  im 
modernen ,  dasz  sich  das  gymnasium  berechtigt  halten  kami,  ai 
ihnen  vor  allen  anderen  die  kunst  des  lesens  zu  lehren  und  m  flbeat 
für  die  beantwortung  dieser  frage  ist  zunächst  hervorzuheben,  im 
das  lesen  im  engsten  zusammenhange  stehen  musz  mit  der  beschaSBi- 
heit  der  spräche,  in  der  das  zu  lesende  Schriftstück  abgefiintiit 
daher  wird  es  genügen  hier  daran  zu  erinnern,  dasz  den  aUn  ' 
sprachen  an  sich  eine  gröszere  Vollkommenheit  inne  wohnt,  als  allfll 
modernen,  dazu  kommt,  dasz  die  von  den  alten  BchriftsteUem  be* 
arbeiteten  stofife  dem  jugendlichen  alter  in  vorzüglicher  weise  tair 
sprechen  und  dasz  die  behandlung  und  anordnung  derselben  mdit 
eine  durchaus  mustergültige  ist. 

Wenn  nun  der  technik  des  lesens  zu  liebe  die  schule  so  laq^  i 
sam  in  der  lectüre  verfährt ,  so  hat  sich  der  lehrer  auch  jederzeit  it 
vergegenwärtigen,  was  dazu  gehört,  damit  sie  der  sc.httler  eich  iWag 
aneigne,  und  wenn  die  hier  aufzustellenden  forderungenansichaiMb 
sehr  einfach  und  selbstverständlich  sind ,  so  sind  sie  doch  deihilk  i 
nicht  weniger  wichtig,  'die  erste  frage  bei  jeder  Übersetzung  muiz 
notwendiger  weise  die  frage  nach  dem  inhalte  sein;  es  ist  zu  eos- 
statieren,  was  an 'der  betreffenden  stelle  steht,  die  zweite  frage  ist, 
wie  sich  die  worte,  die  da  stehen,  zu  diesem  inhalte  verhalten,  dar 
gedanke  also  und  die  mittel,  durch  welche  er  zur  darstellung  kommt, 
bilden  den  gegenständ  aller  discussion  bei  der  lectüre.  durch  beidit 
wird  der  schüler  gewinnen;  die  gedanken  bereichem  seine  imMit 
weit,  die  beobacbtung  der  formen  seine  kenntnis  der  mittel  ibt 
sprachlichen  darstellung. 

Das  volle  Verständnis  einer  schriftstelle  gilt  für  erreicht,  wem 
eine  befriedigende  Übersetzung  derselben  zu  stände  gekommen  und 
alles,  was  sprachlich  und  sachlich  mit  ihr  in  Verbindung  steht,  bu- 
gebracht  ist.  und  doch  scheint  durch  alles  das- die  voUstftndige  Ver- 
trautheit mit  dem  schriftsteiler  noch  nicht  documentiert  zn  sea» 
vielmehr  möchte  der  beweis  für  die  eigene  innere  anei^nng'dct 
vom  schriftsteiler  gebotenen  erst  mit  dem  verständnisvollen  lesen 


Gymnasium  und  gegenwart.  329 

«selben  gegeben  und  nur  in  diesem  der  wirkliche  abschlusz  der 
et&re  zu  suchen  sein,  der  schüler  musz  den  urtext  selbst  in  einer 
nse  lesen,  dasz  man  merkt ,  er  fühlt  selbst  nach ,  was  der  schrift- 
eller  will,  und  ein  besonderes  anrecht  auf  sorgfältigen  Vortrag 
illte  man  den  Schriftstellern  zugestehn,  die  mehr  für  hörer  als  für 
ler  geschrieben  haben,  also  den  rednern  und  tragikem. 

Vielleicht  ist  dieser  gesichtspunct  noch  nicht  zur  vollen  geltung 
ibracht.  das  wird  er  natürlich  nur  dann  können,  wenn  die  ganze 
knie  ihn  festhält,  ist  er  bis  in  die  oberen  classen  vernachlässigt, 
I  wird  freilich  allzu  viel  zeit  verloren  gehen,  wenn  man  ihn  dort  in 
ner  ganzen  tragweite  verfolgen  will,  aber  ich  finde  keinen  grund 
I  aufzugeben,  zunächst  wird  und  musz  ja  darauf  gehalten  werden, 
m  unsere  vaterländischen  Schriftsteller  richtig  und  schön  gelesen 
erden,  wenn  man  bei  der  lectüre  eines  fremdsprachigen  schrift- 
aUers  vielleicht  für  den  anfang  noch  nicht  streng  darauf  hält,  so 
lg  das  mit  den  Schwierigkeiten,  die  man  sonst  zu  überwinden  hat, 
ttschuldigt  werden ;  aber  sobald  dem  sinne  des  Schriftstellers  eine 
■gehende  beachtung  zu  teil  wird,  musz  man  das  versäumte  nach- 

Zunächst  sollte  man  mechanisches  vorlesen  eines  zu  übersetzen- 
i  Schriftstückes  gar  nicht  dulden,  es  sollte  gleich  zur  guten  prä- 
ntion  mit  gehören,  dasz  der  schüler  durch  das  lesen  selbst  zeigt, 
I  er  das  stück  verstanden  hat.  zum  mindesten  wären  hierzu  die 
ta  aufzumuntern,  aber  eine  noch  viel  bedeutendere  rolle  sollte 
I  flinngemäsze  lesen  spielen  bei  allen  repetitionen ,  die  sich  am 
itten  empfehlen ,  wenn  man  einen  abschnitt  eines  werkes  über- 
it  hat  und  ihn  in  seiner  totalität  auf  den  schüler  wirken  lassen 
L  noch  besser  freilich,  wenn  die  lectüre  eines  ganzen  Werkes 
lü  gekrönt  wird,  wer  es  z.  b.  an  einer  sophokleischen  tragödie 
Ml  erfahren  hat,  welch  unendlich  tiefen  eindruck  es  macht,  wenn 
I  sie  ohne  die  rücksicht  auf  die  Übersetzung ,  die  doch  die  ge- 
ken  zerstreut  und  vom  inhalt  ablenkt,  hinter  einander  in  der  ur- 
jMlie  liest ,  der  wird  gewis  zugeben ,  dasz  erst  damit  das  ganze 
HB  würdigen  abschlusz  gefunden  hat. 

^  Wenn  die  langsamkeit  der  lectüre  gerechtfertigt  sein  soll,  so 
A  sie  so  zu  wählen  sein,  dasz  sich  bei  derselben  möglichst  viel 
■dien  läszt.  was  man  erreichen  will,  fällt  vornehmlich  unter 
P  getsichtspuncte,  entweder  es  geht  auf  den  stoff,  den  der  Schrift- 
kr  behandelt,  oder  auf  die  form ,  in  der  er  ihn  gibt,  am  besten 
It,  wenn  sich  beides  vereinigt  vorfindet. 

Pa  das  betreiben  der  alten  Schriftsteller  von  jeher  besonders 
Ibrmalen  bildung  gedient  hat,  so  ist  ihre  darstellung  vor  allem 
patracbt  gekommen,  hierbei  lag  die  gefahr  nahe,  die  schrift- 
lir  als  blosze  anknüpf ungspuncte  für  grammatische  und  sti- 
pebe  erörterungen  zu  benutzen,  dasz  der  ertrag  dieser  be- 
Bnngaart  immerhin  ein  sehr  groszer  sein  kann,  ist  nicht  zu 
ptfeln,  aber  es  ist  sehr  zu  fürchten,  dasz  sie  die  Jugend  ermüdet 


i 


330  Gymnasiam  und  gegenwart. 

und  nicht  nachhaltig  genug  zu  fesseln  im  stände  ist.  mit  dii 
richtung  hängt  wol  auch  die  sehr  weit  gehende  berttcksiohtig 
eines  Schriftstellers  zusammen,  der  allerdings  fUr  solche  Studien  i 
ergiebig  ist,  aber  auch  das  Schicksal  dieser  Studien  selbst  teilt,  i 
sie  zu  einseitig  betrieben  werden;  ich  meine  den  Cicero. 

Cicero  beherscht  von  obertertia  oder  unterseconda  an,  w* 
zuerst  aufzutreten  pflegt,  in  einer  weise  die  lectflre,  wie  neben 
kein  anderer;  er  beschäftigt  in  der  regel  jede  obere  dasae 
Semester  lang,  das  recht  dazu  liegt  ohne  zweifei  ebenso  seb: 
seiner  formvollendung ,  wie  in  seiner  Vielseitigkeit,  er  hat  an 
verschiedensten,  aber  immer  an  allgemein  interessierenden  sti 
die  lateinische  spräche  in  einer  Vollkommenheit  zur  geltong 
bracht,  dasz  sich  kein  zweiter  mit  ihm  vergleichen  Iftsit.  nnd  d 
die  lateinische  spräche  sich  zunächst  und  zumeist  die  allgei 
sprachliche  bildung  anschliezt,  so  ist  gegen  seine  Suprematie  i 
viel  zu  sagen. 

Dennoch  möchte  es  namentlich  f(lr  den  lehrer  nicht  ftberflit 
sein ,  neben  den  Vorzügen  des  Cicero  auch  seiner  schwächen  ei 
denk  zu  sein,  was  ihm  hauptsächlich  fehlt,  ist  zweierlei,  chan 
und  acht  wissenschaftlicher  sinn,  beide  mängel  des  reich  begi 
mannes  werden  in  seiner  verwerthung  für  die  jugendbfldong 
empfunden.  Cicero  war  zu  weich,  zu  leicht  bestimmbar,  um 
raktervoll  zu  sein ;  er  ist  keine  einheitliche ,  geschlossene  persön 
keit,  überhaupt  keine  persönlichkeit  von  wirklicher  tiefe  nnd  t 
zeugungstreue,  deshalb  empfängt  die  Jugend  keine  recdit  begeis 
den  und  ergreifenden  eindrücke  von  ihm  und  alle  feinheit, 
schärfe,  aller  witz,  die  ihm  eigen  sind,  können  diese  Iflckei 
ausfüllen,  dazu  sind  alle  seine  philosophischen  Schriften  eigen 
nur  Studien,  nicht  aus  ächter  philosophischer  begabang  Tai 
schauung  hervorgegangen. 

Fast  noch  fühlbarer  ist  aber  dem  lehrer  am  Cicero  der  nu 
an  wissenschaftlichem  sinn,  die  allgemeinen  Studien  waren  Su 
wie  fast  jedem  Bömer,  zunächst  nicht  Selbstzweck,  dienten  nur  s 
Vorbildung  für  die  politische  carriere.  er  hat  dieselbe  begrl 
durch  seine  thätigkeit  als  redner  und  darin  wird  für  alle  leit 
hauptsächlichster  werth  liegen,  aber  selbst  der  gröszta  rednei 
geht  nicht  immer  der  gefahr,  den  thatsachen  einige  gewalt  amnil 
sie  in  dem  lichte  erscheinen  zu  lassen ,  in  dem  er  sie  am  besten 
werthen  kann ,  und  Cicero  war  eine  viel  zu  bewegliche  nator 
nicht  dieser  gefahr  zu  erliegen,  so  konnte  er  sich  ak  redner  1 
gewöhnen,  die  sachen  tendenziös  zu  behandeln  und  dabei  muste 
wissenschaftlichkeit  schaden  leiden,  wenn  sie  ihm  jemals  eigen 
dazu  kommt ,  dasz  der  rednerische  stil  nicht  identisch  ist  mit 
wissenschaftlichen,  das  rhetorische  gepräge,  das  die  sprach* 
Cicero  fast  in  allen  seinen  Schriften  hat ,  entspricht  im  ganzen 
der  französischen  art  und  darstellung,  als  der  deutschen. 

So  lange  also  für  die  bildung  der  Jugend  die  hOehste  fordi 


Oymnasium  und  gegenwart.  331 

bleibt  sie  anzuleiten,  die  Wahrheit  ttherall  zu  suchen  und  einfach  und 
iMhgemftsz  zur  darstellung  zu  bringen,  so  lange  kann  Cicero  nicht 
dbeitig  mustergültig  für  sie  sein,  klarheit  und  ein  guter  Zusammen- 
hang der  gedanken  und  ein  entsprechender  ausdruck  musz  der 
pndstock  der  forderungen  bleiben,  die  an  schtllerarbeiten  zu 
Bieben  sind,  dann  mag  jeder  nach  seiner  art  der  sache  mehr  ab- 
«adimg,  fülle,  anmut,  feinheit  verleihen,  aber  es  ist  gefährlich ,  zu 
id  aocent  auf  nebensftchliches  zu  legen ,  direct  tadelnswerth  ist  es, 
Bf  eine  blühende  darstellung  hinzuarbeiten,  der  heillosen  ver- 
Miung  von  poesie  und  prosa  Vorschub  zu  leisten,  nach  dieser 
iebtimg  hin  könnte  Ciceros  vorbild  leicht  zur  gefahr  werden ,  na- 
lentlich  wenn  man  die  Jugend  nicht  aaf  den  groszen  unterschied 
irisdien  rednerischer  und  wissenschaftlicher  darstellung  nachdrttck- 
A  anfinerksam  macht. 

Von  dem  eben  bezeichneten  standpuncte  aus  könnte  man  es 
eUagen,  dasz  die  lateinische  litteratur  nicht  noch  einen  schrift- 
Mler  neben  Cicero  aufweist,  dessen  stärke  in  einfacher,  sach- 
darstellung  besteht  ohne  zweifei  würde  Cäsar  dieser 
sein,  wenn  er  nur  als  Schriftsteller  vielseitiger  gewesen  wäre 
Bd  mehr  allgemein  bildendes  geschrieben  hätte,  aber  freilich  in 
ieero  hat  die  lateinische  litteratur  in  allen  gattungen,  die  er  be- 
IBidelt  hat,  ihre  blttte  erreicht;  deshalb  tritt  er  uns  immer  wieder 
ligegen. 

hidem  ich  die  gefahren ,  die  mit  der  lectüre  Ciceros  verbunden 
U,  auseinander  setze,  kann  es  mir  nicht  beikonmien  seine  be- 
pBlong  als  Schalschriftsteller  leugnen  zu  wollen,  er  wird  mit  recht 
Indien  oberen  classen  erklärt  werden  müssen,  aber  es  wird  sich 
Kg  machen  neben  ihm  in  jedem  Schuljahr  noch  einen  andern 
prUtsteller  zu  lesen,  der  die  lücken,  die  er  läszt,  ausfüllt  und  dem 

.er  klar  zum  bewustsein  bringt ,  was  an  ihm  fehlt,  diese  auf- 
wird vor  allem  den  historikem  zufallen,  die  am  leichtesten 

die  teilnähme  der  schüler  sich  gewinnen,    wenn  diese  freilich 

den  stil  weniger  verwerthet  werden  können,  wie  Sallust  und 
,  so  möchte  es  nicht  ganz  ungerechtfertigt  sein,  einen  schrift- 
grröszerer  beachtung  zu  empfehlen,  der  sachgemäsze  darstel- 

mtt  interessantem  Inhalte  in  hohem  grade  verbindet,  Quintilia- 

dessen  zehntes  buch  vielleicht  noch  fleisziger  zu  lesen  ist,  als  es 

eht. 

Nor  mit  einem  worte  gedenke  ich  der  verwerthung  der  text- 
ftik  für  die  Jugendbildung,     das  einzige,   was  sich   dafür  wird 

d  machen  lassen,  ist ,  dasz  sie  den  Scharfsinn  übt.    aber  reicht 

für  diese  zwecke  die  lectüre  selbst  nicht  aus?  und  dann,  wenn 
festgestellt  hat,  welche  von  mehreren  lesarten  die  ansprechendste 
igt  denn  damit  erwiesen,  dasz  sie  auch  die  richtige  ist?   können 

die  handscbriften  einer  vielleicht  minder  sich  empfehlenden 
iri  zu  ihrem  rechte  verhelfen?  den  ausgangspunct  der  textes- 
Ifc  müssen  doch  jederzeit  die  handscbriften  bilden;  deren  kennt- 


I 


332  Gymnasium  und  gegenwart. 

nis  und  Schätzung  gehört  aber  entschieden  der  philologischea  wisao* 
Schaft  als  solcher  zu,  also  nicht  der  schule.  , 

So  viel  von  der  formell  bildenden  seile  der  leotfire.  inwiefan 
der  in  den  alten  Schriftstellern  behandelte  stoff gerade  für  die  jiig«d- 
bildung  sich  vorzüglich  eignet ,  soll  hier  nicht  noch  eiiiinal  erOrM 
werden,  seine  aneignung  erschlieszt  ihnen  die  einfachsten  und  nilb*  '\ 
liebsten  gesichtspuncte  zur  beurteilung  menschlicher  verbllimMi  \ 
vielleicht  geht  man  auch  nicht  zu  weit,  wenn  man  bei  g^^ter  geleg» 
heit  die  schtüer  veranlaszt,  sich  ein  urteil  Aber  das  von  den  sebiftp  : 
stellern  gebotene  zu  bilden,  ein  auszerordentlicher  vornig  ist  hioM  \ 
wenigstens  die  entfemung  der  alten  von  unserer  zeit,  die  ein  foD-  ' 
ständig  objectives  verfahren  sehr  begünstigte 

Ein  nicht  geringer  und  auf  keinen  fall  der  schlediteste  teil  te 
lectüre  wird  betracbtungen  anregen,  die  sich  auf  das  etaatelebeB  bi* 
ziehen,  also  politischer  uatur  sind,  es  ist  vielleicht  eine  ans  trfliMib 
aber  jetzt  vergangenen  Zeiten  stammende,  ganz  unbegründete,  jtf - 
unberechtigte  scheu,  derartigen  erörterungen  in  die  adrnle  fiiilMi  j 
zu  gestatten,  wenn  jedoch  in  derselben  die  historiker  und  niiiwt; . 
lieh  die  redner  mit  so  viel  stunden  getrieben  werden,  so  ist  etkls^^ 
dasz  politische  gesichtspuncte  vielfach  zur  spräche  kommen  mfliMit' 
auch  sind  ja  die  staatlichen  Verhältnisse  der  alten  für  die  inftogi: 
der  politischen  bildung  die  allerpassendsten ,  da  an  ihnen  allfli  adli 
einfachste  sich  darstellt  und  am  objectivsten  behandelt  werden kais»^ 
ganz  unerfindlich  ist  mir,  wie  die  anbahnung  politischer  anschammgtt. 
unseren  staatlichen  einrichtungen  irgend  wie  schaden  kann,  iutk 
die  glanzperioden  der  alten  republiken  kommen  in  den  geschidilli 
stunden  fast  noch  mehr  zur  geltung,  als  bei  der  lectüre;  man  ka|> 
sie  fast  nur  aus  Herodot  und  Livius  kennen,  die  schattenseüen  düt; 
gegen  bringen  namentlich  die  redner  in  der  eindringkchsten  wdi|i 
zur  anschauung.  schaden  kann  nur  gestiftet  werden,  wenn  ein  lebnii 
in  tendenziöser  weise  die  in  den  alten  liegenden  stofie  verwertkiVj 
wollte,  wodurch  er  freilich  jedenfalls  die  schuld  auf  sieh  Isdiij 
würde,  die  für  einen  Jugendbildner  die  schwerste  ist,  dasz  er  bmM 
lieh  den  forderungen  der  Wahrheit  nicht  allenthalben  entsprftehe.   H 

Am  allerdankbarsten  in  jeder  beziehung  werden  für  ^  lectM 
die  weniger  umfangreichen  Schriftstücke  sein,  die  um  so  lekUtf! 
und  voller  zum  Verständnis  gebracht  werden  können*  doch  il^ 
wenn  man  von  umfönglichen  Schriften  nur  teile  liest,  jedenftDi 
darauf  zu  sehen ,  dasz  ein  gewisser  abschlnsz  in  denselben  sei«  <i 
müssen  und  können  auch  diese  teile  den  eindruck  eines  in  rieh  gri 
schlossenen  ganzen  machen,  die  in  diesen  Schriftwerken  Uegenlfll 
allgemeinen  gesichtspuncte  sind  natürlich  zu  klarem  bewuateein  fl 
bringen  und  in  denselben  möchte  der  beste  stoff  zn  schttleraxbeifcii 
liegen,  stellen  aber  allgemeineren  Inhaltes  verdienen  entsehiedM 
eine  besondere  berücksichtigung.  wenn  im  Interesse  der  sprub 
liehen  bildung  phrasensammlungen  angelegt  werden,  so  sind  m 
Interesse  der  allgemeinen  bildung  mit  nicht  weniger   niMshdrad 


Gymnasium  und  gegenwart.  333 

»mtenzeiisammlungen  zu  empfehlen ;  denn  diese  eignen  sich  zu  einem 
besitztom  für  immer  noch  mehr,  als  jene. 

An  die  lectüre  knüpft  sich  vielfach  das  memorieren  des  gelesenen 
n.  es  ist  sehr  die  frage,  ob  die  harmlosigkeit,  mit  der  man  dies 
nmentlicfa  früher  betrieb,  berechtigt  und  noch  am  platze  ist.  darf 
■n  jeden  abschnitt,  gleichviel  welches  sein  inhalt  ist,  auswendig 
hnen  lassen,  wenn  er  eben  nur  gelesen  ist?  gewis  nichts  denn  da- 
hreh  erhält  das  auswendiglemen  den  Charakter  des  zufälligen  und 
Mdumischen  und  wird  dem  schulet"  leicht  als  unnütze  quälerei  er- 
lAeinen.  der  allein  richtige  gesichtspunct  möchte  sein,  dasz  das 
iBswendiglemen  eine  Steigerung  der  lectüre  ist.  wenn  schon  durch 
Ii8  lesen  der  inlialt  eines  Schriftstückes  eigentum  des  schülers 
lorden  soll,  so  noch  viel  mehr  durch  das  memorieren,  denn  durch 
•M8  soll  nur  der  gedanke  haften  bleiben,  durch  dieses  auch  die 
bniL  dieser  gesichtspunct  weist  darauf  hin ,  dasz  zum  auswendig- 
men  sich  nicht  jede  stelle  eignet,  sondern  nur  die  gehaltvollsten, 
b  schönsten,  es  müssen  die  stellen  sein ,  die  dem  schüler  an  sich 
|i&]]en  und  ihm  so  di^  arbeit  des  auswendiglernens  zur  freude,  zum 
pusz  machen. 

Von  diesem  gesichtspuncte  aus  ist  es  mir ,  um  nur  ein  beispiel 
infahren ,  nicht  ganz  richtig  erschienen ,  die  lectüre  des  Homer, 
Ke  das  so  oft  geschieht,  mit  dem  ersten  buche  der  Odyssee  anzu- 
liegen und  dieses  auswendig  lernen  zu  lassen,  in  jeder  weise 
fehlenswerther  ist  mir  immer  die  stelle  im  dreiundzwanzigsten 
e  erschienen,  in  der  Odysseus  der  Penelope  seine  erlebnisse  er- 
durch  diese  läszt  sich  ausser  den  forlnen  der  ganze  inhalt  der 
der  Jugend  am  besten  einprägen,  auch  möchte  im  allge- 
nicht  viel  dagegen  zu  sagen  sein,  wenn  nicht  gelesene  stellen 
auswendiglemen  mit  verwendet  werden,  wenn  das  Schriftstück, 
gelesen  wird,  nicht  zu  viel  bieten  sollte,  man  kann  ja  nicht 
schöne,  was  sich  in  den  alten  findet,  mit  jedem  jahrgange  auch 
beim  hersagen  aber  müste  unbedingt  an  der  forderung  fest- 
ten  werden ,  die  schon  beim  lesen  aufgestellt  wurde ;  es  darf 
US  nicht  mechanisch  geschehen,  der  sinn  musz  dabei  zu  seiner 
geltung  kommen. 
Dresden.  Martin  Wohlrab« 

24. 

FRAGE    ÜBER    DIE    VERWENDUNG    DER    SPRACH- 

HORISCHEN  RESULTATE  BEIM  SCHULUNTERRICHT. 

lg  auf  der  am  26  mai  1874  in  Achern  stattgehabten  Versammlung 
badischer  gymnasial-  und  realschullehrer. 

Erlauben  Sie,  meine  harren,  dasz  ich  in  kurzem  eine  frage  be- 
>,  Welche  für  die  Weiterbildung  unseres  Schulwesens  von  bedeu- 
tragweite   ist,    ich    meine   die   beziehung   der   schule   zur 
F 


l 


334        Zur  frage  über  die^  Verwendung  der  Bprachbiatoriachen 

bistoriscb- rationellen  spracbforscbung.  es  kann  wol  keinem  zwe 
unterliegen,  dasz  die  scbule  sieb  nicbt  länger  als  rennens  negitam 
Sabellus  den  resultaten  der  erwäbnten  Wissenschaft  gegenüber 
rieren  darf,  die  klagen  der  Universitätslehrer  über  die  gymnai 
sind  zwar  im  allgemeinen  unmaszgeblicb ;  denn  dass  i&xi  nni 
sitätsprofessor  der  mathematik  auf  der  schule  nicht  genug  ma 
matik  getrieben  wird,  dasz  dem  naturbistoriker  vom  katheder 
betr.  unterricbt  an  unseren  gjmnasien  beklagenswerth  ersehe 
dasz  der  akademische  philologe  die  schleusen  seines  olymi»8( 
zomes  über  die  engen  grenzen  des  lateinischen  and  griechiM 
gymnasialunterricbts  sich  ergieszen  läszt  —  das  ist  im  aUgemd 
ebenso  grundlos  als  verzeihlich;  wenn  aber  dieselben,  und  n: 
ihnen  namentlich  die  niediciner  sich  beschweren,  dasz  dieangehei 
Studenten  durch  die  schule  die  gewohnheit  der  ersten  kindeija 
überall  die  frage  Varum?'  zu  stellen,  verlernt  hätten,  so  ist  d 
klage  im  ganzen  eine  berechtigte;  sicherlich  kann  aber  nur  dadi 
abhülfe  geschafft  werden,  dasz  man  dem  im  Stundenplan  des  gyn 
siums  weitaus  überwiegenden  Sprachunterricht  einen  ^riasensd 
lichereren  geist  einhaucht  und  so  unsere  jungen  endlich  davon 
kommen ,  die  mathematik  fast  als  monopol  der  ratio  zn  betracb 
Der  früher  gemachte  einwurf,  dasz  die  Sprachvergleichung  i 
im  gährungsprocesse  befangen  sei  und  deswegen  die  nor  fttr  i 
stehendes  empfängliche  schule  sich  ablehnend  gegen  sie  verha 
müsse,  fällt  heut  zu  tage  völlig  weg,  nachdem  eben  die  genai 
Wissenschaft,  um  mit  Schrader  (erziehungsl.  p.  412)  zu  reden,  * 
mehr  und  mehr  abgeklärt  und  von  unsicheren  und  unklaren 
logieen  zu  der  aufstellung  bestimmter  und  ezacter  gesetze  sieb 
wendet  hat',  wenn  auch  vielleicht  das  meiste  noch  zu  thun  ist 
liegt  eine  lange  reihe  von  unumstöszlichen  resultaten  vor,  denen 
weg  in  die  schule  nicht  versperrt  werden  darf,  erklären  sie  < 
vor  allem  unregelmäszigkeiten ,  welche  die  empirische  methode 
nicht  erklärt  (z.  b.  proximus,  bene),  sodann  aber  erläutert  die  i 
methode  naturgemäsz  und  richtig,  was  die  empirische  mechani 
und  falsch  erklärt  (ich  erinnere  nur  an  das  hom.-jon.  ofivo 
so  erfüllt  die  von  der  Sprachvergleichung  unterstützte  schule  i 
hauptaufgaben  des  Unterrichts,  sie  erzieht  zum  denken  und 
Wahrheit,  aber  wie  in  moralischer  beziehung  die  ratio  und 
veritas  auch  andere  tugenden  im  gefolge  haben,  so  bieten  jen( 
sultate  der  scbule  auch  noch  weitere  erwünschte  vorteile,  wer  h 
z.  b.  nicht  schon  das  schwanken  der  jungen  in  der  Schreibung 
dXXrjXiuv  oder  ^parallele'  erlebt?  hat  aber  der  knabe  im  grii 
sehen  nicht  blos  gelernt ,  dasz  darin  ein  doppeltes  äXXoc  steckj 
darauf  kann  man  auch  ohne  Sprachvergleichung  kommen  — ,  sonc 
auch,  dasz  das  r|  ersatzdehnung  für  ein  ausgefallenes  X  ist,  so  i 
er  nie  irren,  ein  sehr  häufig,  bis  in  die  obersten  classen  Wie 
kehrender  fehler  ist  ferner  die  Schreibung  facilimus  mit  einei 
hätte  der  knabe  einmal  gelernt,  dasz  facil-limus  statt  faeil-si 


resnltaie  beim  Bohnlonierrichi.  335 

oleher-rimns  statt  palcher-simus)  steht,  mid  von  dieser  er- 
^  dem  lehrer  einigemal  rechenschaft  geben  müssen,  so  wäre  er 
r  gefahr  bewahrt  gewesen,  beliebt  ist  bei  schtüem  auch  die 
ding  iidXXiCTO,  jüidXXa  wegen  des  comparativs  ^ifiXXov;  hat 
er  schfiler  etwa  im  zusammenhange  mit  dXXoc  alias  in  dem 
I  X  des  comp,  das  assimilierte  i  (j)  der  comparatiyendnng  luiv 
i  gelernt,  so  ist  ein  für  allemal  a]Ues  schwaidcen  abgeschnitten« 
|e  noch  zwei  beispiele  aus  oberen  classen  an«  wie  oft  werden 
I  gegensätze  wol  erkannten  Wörter  ebrios  and  sobrius  Ter* 
It!  hat  man  aber  den  schüler  auf  den  Zusammenhang  von 
I  'saftig'  mit  der  harz  träufelnden  ab-ies  und  mit  i-m-b-er 
riesen ,  so  wird  er  vor  dieser  klippe  geschützt  sein,  die  un* 
eit  in  der  Orthographie  von  ^getreide',  'allmählich',  *gibst'  ist 
it;  das  richtige  wird  aber  besser  gemerkt,  wenn  man  das 
i  mittelhochdeutsch,  das  der  junge  in  obersecunda  lernt,  für 
fälle  beizieht  (getragede:  getreide,  gesaget:  geseit;  allmahe- 

kurz :  die  neue  methode  erleichtert  eb^,  weil  sie  das  yer- 
\8  fördert,  auch  die  memoriale  fixierung,  sie  ist,  wenn 

sagen  darf,  ein  stück  rationeller  mnemonik.  diese  das  ge- 
it  unterstützende  seite  der  neueren  Sprachwissenschaft  ist 

für  unser  papierenes  Zeitalter,  das  in  Satumus  gold  zu  yer* 
B  sich  noch  kein  alchemist  gefunden  hat,  von  der  höchsten  be- 
g.  es  müsten  nun  aber  ganz  befremdliche  einflüsse  obwalten, 
äle  diese  praktischen  Vorzüge  der  neuen  methode  nicht  auck 
M  ferment  jedes  Unterrichts  nach  sich  zögen,  wir  meinen  die 
ige  teilnähme  und  arbeitslust  der  schüler.  hat  man 
a  und  dort,  wo  der  neuen  Wissenschaft  im  allgemeinen  der 

Terschlossen  ist,  sie  doch  in  der  obersten  dasse  als  oondi- 
a  für  nötig  fallende  grammatische  repetition  benützt;  über- 
hat gewis  schon  jeder  lehrer  bei  vergleichungen  elementarster 
I  sich  von  selbst  aufdrängen ,  das  freudige  Interesse  wahrge- 
fty  welches  die  schüler  an  solchen  Zusammenstellungen 
i;  es  dürfte  also  gerade  die  comparative  seite  der  neuen 
lähaft   in  der  letztgenannten  beziehung  von  bedeutendem 

iein.  welch  grosze  vorteile  so  aus  der  neuen  methode  für 
Hre  erwachsen,  hat  Lattmann  im  Clausthaler  programm 
bre  1871  überzeugend  dargetban.    ' 

I  verspricht  denn  unser  Schützling  für  ratio,  veritas,  memoria, 
1  diligentiaque  die  herlichsten  fruchte,  und  doch  rufe  ich 
a:  ]Lir|b^v  dfav;  masz  halten  gilt  hier  wie  nirgends! 
[  nicht  davon  reden,  dasz  ein  lehrer,  der  dem  etymologisieren 
Bachvergleichen  toto  pectore  ergeben  wäre,  leicht  in  dem 
itt  der  lectüre  gehemmt  würde  und  das  richtige  Verhältnis 
lehvergleichung  als  eines  bloszen  adminiculum  des  Unterrichts 
ke;  ich  will  nur  vor  allem  darauf  hinweisen ,  wie  nahe  ftlr 
Ker  der  neueren  Sprachwissenschaft  die  gefahr  liegt,  dinge 
pnterricht  hereinzutragen ,   welche  entweder  noch  nicht  fest- 


336         Zar  frage  über  die  Terwendung  der  spracbhist 

steben  oder  fllr  die  schule  zu  compticiert  sind,  fi 
U  beri'.u  greifen ,  welche  ganz  anezerhalb  dsB  sehfllt 
liegen  (aus  dem  aanscrit  wird  nur  ganz  instruetivei 
dadstui  u.  dgl.  beizuzieben  sein) ,  darüber  nicbt  blos: 
zuhaltende  Socratiscbe  hebammenmethode ,  Bondera 
umgängliche  repetition ,  welche  sieb  in  oberen  clsi 
auf  das  clementarate  zu  beziehen  hat,  zu  vergesBen 
nicht  etwa  das  toujoura  des  perdrix  eeiue  achlimni 
den  Gcblllem  zwar  den  geHcfamack  für  anstem  nn 
beizubringen,  aber  den  ftlr  schwarzbrod  abband 
lassen,  kurz  zum  docenten  zu  werden  statt  zu  nnte: 
sondere  ist  fllr  die  lateinische  etymologie  viel  mS8 
scher  takt  nötig;  ich  würde  z.  b.  kein  bedenken  tra 
zische  amantes  omentes  auf  lohrer  anzuwenden,  die  si 
tantischon  liebe  zur  etymologie  etwa  zu  dem  wahiu 
Bämtliclie  lateinische  Wörter  der  wurzel  ghar  sobro 
sie  in  dem  Yanigekschen  etymologischen  wörtert 
stehen,  den  achUtem  in  ihrem  Bpiachlichen  und 
sammenhang  mit  der  wurzel  klar  machen  zu  wollen; 
zum  spasz  einen  kleinen  auszug:  es  erscheinen  da 
fomax,  gtisco,  vultas,  gratus,  helvus,  bilis,  lutnni] 
rutilus,  Tireo  usw.  für  schUler  müsten  solche  ding 
plicierten  erklärung  das  Voltaire'eche  witzwort  bee 
otj'molo^e  bedeuten  die  vocole  nichts  und  die  cc 
wenig*;  nicht  so  werden  sie  denken,  wenn  man  ihm 
mit  fu-n-do,  äi^p  mit  ventus,  ct^a  mit  vestiB  zuaa 
da  ganz  landläufige  gesetze  zur  anschaunng  komm 
lieh  die  bedeutung  keine  Schwierigkeit  macht, 
seihst  die  festen  resultate  nicht  alle  in  die  schule 
werden;   es  kann  nur  von  einer  Vermittlung  zwisi 


sp  räch  V  ergleicbung , 


ich   möchte  sagen,  fast  nur 


ung  der  bisherigen  methode  mit  hülfe  de 


ch enden  die  rede  sei 
maszvoll  gearbeitete  ( 
chiächü  grammatik 
tiken  von  Müller  und  Latt 
k  (I873)ftbgefa3zt. 


ist  ents( 

SBche  und  ebenso  die 

in  diesem  sinne  sind  die  lateii 

von  Schmi 

viel  im  allgemei 


quid  nimis  betr.  der  anwcndung  der  sprach  wisaenscha 
Treten  wir  nun  in  die  speciellen  fragen  ein 
cla^sen  oder  etwa  nur  in  den  oberen  oder  gar  nur 
darf  nur  im  griechischen  oder  auch  im  lateinische: 
gleichung  beigezogen  werden?  dasz  den  oberen  das» 
der  Sprachforschung  nicht  ganz  vorenthalten  werden 
liegt  das  jüngste  Zugeständnis  von  dem  gewis  sei 
Peter,  emer.  director  von  Schulpforta,  in  seiner  sei 
unserer  gymnasien'  vor;  um  so  feuriger  vertheidig:t  ei 
jethode  für  seine  Vorschule   d.  i.   für  die  mittlei 


rgsnltate  beim  schul  unterriclit.  337 

i  unaeres  gymnasiums ;  die  argumente,  welche  er  vorbringt, 
a  lam  teil  auf  einer  Voraussetzung  des  von  uns  soeben  ge- 

'iDTiel',  teils  darauf,  dasz  er  ein  bestimmtes  buch  ins  äuge 
die  gr.  TOn  Cuvtius);  so  z.  b.  stöszt  er  sich  —  und  das  mit 
—  an  den  78  §g  kutlehre  hei  Curtius;  Koch  hat  nie  auf  IT 
irt;  er  int  aber  sebr,  wenn  er  in  der  heweisfllLruiig  diese  78 
benutzt,  dasz  er  den  griechischen  Unterricht  damit  beginnen 
enkt.  wenn  iLm  dann  ferner  die  Qber  den  nominativ  der 
{fmata  stehenden  stamme  ein  dorn  im  äuge  eind,  so  wollen 
Berseits  gern  zugeben,  dasa  ein  ungeschickter  lehrer  diese 
ümpfe'  zu  sehr  in  den  vordergi'und  drängen  und  so  allerdings 
die  BusBchliesz]icbe  wunelkost,  die  er  seinen  pfleglingeu  reicht, 
einen  grammatikalischen  vegetarianismus  daa  geistige  emHh- 
Tstem  deraelbc^n  empfindlich  stören  kann;  andererseits  frage 
>rscbt  die  alte  metbodu  nicht  auch  nach  dem  stamm?  mueten 
slit  lernen:  petie?,  pcditis,  stamm  pedit-,  vO£,  VUktÖC,  stamm 
*  im  gegenteil  die  obenanätellungkann  für  die  einprSgung 
iradigmata nnr  von  vorteil  sein, —  Dagegen  schlieszt  Scbra- 
in  scfanlnunn ,  der  in  didaktischen  und  pSdagogischen  fragen 
feiner  bedeutenden  autoritüt  genieszt,  in  seiner  erziehnnga- 
aterrichtslehre  s.  411—12  die  unteren  classen  nicht  aus,  be- 
ber mit  recht,  dasz  wo  auch  die  betreffenden  resultate  ver- 
t  werden,  sie  von  der  srt  sein  müssen,  dasz  sie  unverstfind- 
I  verdrängen  und  die  arbeit  des  schalers  er- 
tern;  in  den  höheren  classen  soll  'durch  die  einsieht  in  den 
gBprocess  der  formen  dem  schüIer  eine  geistigere  und  deshalb 

berschaft  Über  die  spräche  gesichert  und  die  formale  kraft 
nchunterrichtä  gestärkt  werden',  man  beachte  —  damit 
ek  in  die  zweite  der  oben  aufgestellten  speciellen  fragen  ein, 
krader  nicht  zxvischen  latein  und  griechisch  unterscheidet;  es 
(lieh  ein  beliebtes  Schlagwort,  der  griechische  elementar unter- 
Prfe  und  solle  zwar  nach  den  ergebnissen  der  sprach  verglei- 
(arbessert  werden,  nicht  aber  der  elementaruntemcht  im  latei- 
l';  natürlich  weist  man  auf  die  geringere  reife  der  lateinischen 
ttitzen,  sowie  nuf  den  minder  durchsichtigen  formalismus  hin 
■ans  folgt  nui',  dasz  den  anföngern  im  lateinischen  weniger 
pes  geboten  werden  soU,  aber  noch  lange  nicht,  dasz  ihnen 
pn  jeuer  bom  j^anz  zu  vcrschlicszen  ist,  nach  meiner  ansieht 
■.wir  den  jungen  /.v^a-  in  mancher  Ijin.-irlit  vidK-ii;}-]!.  ?u  viel 

riwisscn  fallen  aber ,  wo  sich  der  gesunde  mensch envorstand 
machen  soll,  gcwis  auch  zu  wenig;  ich  glaube  z.  b.  nicht 
^zu  haben,  wenn  ich,  als  ich  classenlehrer  derquinta  war,  den 
ücbou  bei  der  ersten  erlemung  der  betreffenden  syntaktischen 
klärte,  und  bin  erstaunt,    dasz  Schrader  a.  a.  0.  den  locativ 

nlicb  bat  sich  die  i>bilolo;fnversaininlang  in  Halle  (1867)  «as- 


338        Zur  frage  über  die  Verwendung  der  spraohhistorischen 

aus  dem  gründe  erst  den  oberen  classen  zuschiebt,  weil  es  noch  ] 
gelungen  sei,  den  locativ  auch  in  allen  übrigen  bildungen,  üi  d 
er  unzweifelhaft  vorhanden  oder  früher  gewesen  ist,  demangi 
Schülers  kenntlich  zu  machen,  man  wird  sich  allerdings  in  qi 
hüten,  heri,  peregri,  temperi,  vesperi,  pridie  usw.  beizoziehen 
gar  von  der  abschwächung  des  locat.  i  in  das  ablativische  e  ^ 
here,  peregre,  rure  zu  sprechen,  aber  es  ist  doch  schon  gewi 
nicht  zu  unterschätzender  gewinn,  wenn  der  schüler  durch  zv 
menhalten  von  Romae  «=  Bomai,  Corinthi  =  Corinthoi,  hui 
humoi  mit  ruri,  domi  («=  domui,  wie  Dietsch  an  einer  stelle 
Sali.  Cat.  hergestellt  hat)  nicht  blosz  von  dem  unverstftndliche 
netiv  erlöst ,  sondern  auch  die  formen  domi  and  ruri  in  ihren 
hältnis  zu  den  anderen  casusformen  der  betreffenden  Wörter 
stehen  und  so  die  ganze  regel  leichter  behalten  lernt;  ist  ja 
damit  die  oben  erwähnte  Schradersche  hauptbedingong  für  h 
hung  der  neuen  methode  durchaus  erftlllt.  auch  diepronomi 
declination  zog  ich  immer  in  den  elementanmterricht  herein; 
terminologie  trägt  ebenso  wie  das  wort  locativ  nicht  wenig 
bei,  die  betreffende  regel  stets  praesent  zu  halten,  ja  soga 
scheute  mich  nicht,  schon  in  sexta  das  unverstftndliche  von 
sumus  und  eram  neben  es ,  estis  usw. ,  im  letzteren  falle  durd 
weis  auf  Verlust*  von  Verlieren  (=  Verliesen'),  wenigstens  teil 
hinwegzuräumen,  femer  auf  ame-m  «^  ama-i-m  (im  gegensa 
moneam,  legam ,  audiam)  unter  beiziehung  von  sim,  wozu  in  q 
velim,  nolim  usw.  kam,  ebenso  auf  amare  =»  amase  unter  hi 
auf  es-se  aufmerksam  zu  machen ,  sodann  in  quinta  die  formen 
malle  nolle  im  anschlusz  an  das  eben  gesagte  zu  erklftren  und 
beiziehung  von  facil-limus  =  facil-simus  und  assimnlo  «»  ads 
von  'as^imilation'  zu  sprechen;  alle  diese  spracherscheinnngei 
anschaulichte  ich  aber  heuristisch  construierend  nndg 
pierend  an  der  Wandtafel  und  —  was  von  der  höchsten 
tigkeit  ist  —  fragte  von  zeit  zu  zeit  wieder  nach  der  erklSi 
endlich  —  erschrecken  Sie  nicht,  meine  herren,  —  gebrauch 
auch  die  ausdrücke  a-conjugation ,  a-declination,  e-coigugation 
aus  dem  einfachen  gründe,  weil  ich  die  Wahrnehmung  gemacht 
damit  eine  denkoperation,  nemlich  der  überschritt  von  der  z 
II  usw.  zum  characterlaut  a,  e  usw.,  und  damit  auch  eine  gelegc 
zum  irren  gespart  war  (von  consonantischer  declination  und  ( 
gation  sah  ich  für  die  unterste  stufe  ab),  ich  glaube  mit  bezn 
die  eben  erwähnten  terminologieen  noch  beiftlgen  zu  müssen ^ 
vom  lateinischen  Schulunterricht  die  förmliche  sjstematisi« 
der  declination  und  conjugation  nach  der  stammtheorie,  sow 
von  Schreier  (Olmützer  programm  1871)  so  unglücklich  in 
gesetzte  behandlung  der  geschlechtsregeln  nach  jener  ganz  i 
schlleszen  ist.  wie  weit  man  aber  in  der  behandlung  der  latein: 
elementargrammatik  nach  sprachvergleichender  methode  üb< 
ziel  hinausschieszen  kann ,  davon  ist  die  im  jähre  1856  erschi 


resultate  beim  schulunterrichi  339 

liieinische  grammatik  für  österreicbiscbe  untergymnasien'  von 
Vini^ek,  nun  gymnasialdirector  zu  Trebitsch  in  Mähren,  ein 
sprechender  beweis,  der  Verfasser  bat  denn  aucb  nacbgerade  die 
vmrrong  eingesehen,  und  seine  lateinische  elementargrammatik  yom 
jihre  1873  darf  neben  dem  buche  von  Mtlller  und  Lattmann  und 
der  die  oberen  classen  in  den  anmerkungen  reichlicher  bedenkenden 
lateinischen  grammatik  von  Schmitt-Blank  als  vorbild  dienen, 
in  wie  weit  den  lateinischen  neopbyten  der  tmnk  an  der  neuen 
quelle  zuträglich  ist;  bei  s&mmtlichen  liegt  der  Schwerpunkt  der 
Benerung  in  der  bis  jetzt  sehr  stiefmütterlich  bedachten  wort- 
biUimgslehre  und  in  der  nach  Curtius  System  bearbeiteten  sjntax. 
flrianben  Sie  mir  hier  einen  kleinen  excurs.  es  hat  nemlich  in 
leoester  zeit  Jolly,  privatdocent  in  Wttrzburg,  in  seiner  beaohtens- 
werthen  brochure  ^schulgrammatik  und  Sprachwissenschaft*  s.  76 
nter  anschlusz  an  eine  von  ihm  verfaszte  arbeit,  welche  in  Curtius 
Studien  zur  lateinischen  und  griechischen  grammatik  erschienen  ist, 
•iie  rationellere  systematisierung  der  untergeordneten  sfttze  vorge- 
sddagen.  darnach  sollen  bei  der  Unterordnung  folgende  gesichts- 
yimcte  festgehalten  werden:  1)  die  Unterordnung  des  ursprtinglich 
soordinierten  nebensatzes  wird  durch  kein  eigenes  wort,  sondern 
Wtx  durch  den  ton  der  stimme ,  häufig  auch  durch  den  modus  des 
Wboms  ausgedrückt  z.  b.  oro  dicas,  ßouXei  ^^vu)^€v;  2)  ist  der 
lebensatz  durch  ein  satzbindendes  wort  an  den  hauptsatz  angeknüpft, 
Hd  zwar  a)  durch  eine  von  dem  relativpronomen  der  betreffenden 
|nche  abgeleitete  casusform ,  bzw.  coi\junction  z.  b.  die,  b)  durch 
Ihe  von  einem  anderweitigen  stamme  abgeleitete  z.  b.  jüirj,  3)  durch 
Mnelation.  fdr  weitere  einteilung  empfiehlt  er  dann  Delbrücks 
totecessive,  subsecutive  und  coincidente  Untersätze,  wir  glauben 
lies  nicht,  dasz  es  angezeigt  ist,  dem  schüler  der  unteren  und 
rfttleren  classen  die  tbatsache  zum  bewustsein  zu  bringen,  dasz  die 
Ipnehgeschichte  nicht  auf  den  weg  vom  fertigen  gedanken  zum 
Üt,  sondern  auf  den  umgekehrten  hinweist.  aUerdhigs  wüste  das 
Irik,  mit  dem  die  spräche  heranwuchs,  nichts  von  temporal-,  causal- 
usw. ,  aber  wir  haben  eben  in  unteren  und  mittleren  classen 
Sprachgeschichte,  sondern  die  fertige  spräche  als  ausdruck  des 
ler  fertigen  denkens  zu  lehren,  in  oberen  classen  natürlich  wird 

nidit  versäumen  z.  b.  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dasz  jedes 
'snd  jedes  Öttujc  *wie'  heiszt. 

Zum  grammatischen  unterriebt  überhaupt  nur  noch  die  bemer- 
Wäg,  dasz  die  fortwährende  Verweisung  auf  die  muttersprache  oder 
Sf  bekanntes  aus  anderen  sprachen  ein  gut  stück  praktischer 
■mchvergleichung  bildet;  namentlich  wird  die  später  einsetzende 
f0chische  elementargrammatik  möglichst  viel  und  zwar  noch  mehr 
Ics  z.  b.  bei  Koch^  schon  geschehen,  aus  dem  lateinischen  beiziehen 

*   die   mittlerweile   erschienene    dritte   aufläge  entspricht  auch  in 
beziehnng  ganz  unseren  wünschen. 

22* 


{ 


340  Zur  frage  über  die  Verwendung  der  Bprachhistoriaohen 

müssen,  ebenso  bietet  das  mittelhochdeutscbe  in  oberseoiuida  sdt 
viel  gelegenbeit  zu  vergleicbungen  mit  dem  lateinischen  und  grie 
cbiscben,  z.  b.  eine  =  allein  unus ;  der  artikel  vor  pron.  {KMseM.  n 
vergleichen  mit  dem  betrefifenden  griechischen  Sprachgebrauch;  di 
possessiv  gebrauchte  ir  =  auTf]c,  auTUiv;  müezen  in  pot.  wimseb 
&ätzen  vgl.  griech.  ujqpeXov  in  irreal,  wunschs.;  gen.  nach  wilnsdM 
vgl.  griech.  gen.  nach  6pdT€c6ai  usw.;  einem  wol  spredhea  et ht 
maledicere  alicui;  mit  slner  eines  krefte  «>"  sua  unins  ▼!;  eitoo 
mir  innecllcbe  leit  als  ich  gedenke  «s  com;  vil  man^ger  wQni 
der  min  ouge  an  sach  (attracfcion  des  rel.  wie  im  griech.)  o«  a.  di« 
zusammenhaltung  der  drei  so  engverwandten  spxadien  dflift 
namentlich  dann  recht  nutzbar  werden,  wenn,  was  andh  ans  andara 
gründen  sehr  wünschenswerth  ist,  der  Unterricht  im  lateinisdM 
griechischen  und  deutschen  in  einer  band  liegt. 

Es  erübrigt  mir  nun  noch  ein  wort  über  einen  weiteren  Ta 
schlag  Jollj's  a.  a.  o.;  er  verlangt  nemlich  für  die  obersten  cUm 
eine  ex  professo  gegebene  anleitung  in  den  prindpien  dergn 
cbischen  und  lateinischen  etjmologie  und  vergleichenden  granunsti 
einzusetzen,  allerdings  ist  eine  systematische  zusammen&ssnngan 
passende  erweiterung  des  in  früheren  jähren  gelegentlich  erlönie 
sprachvergleichungspensums  namentlich  an  denjenigen  anstalten,  i 
welchen ,  wie  bei  uns  in  Baden ,  grammatiken  des  alten  stils  eiagi 
führt  sind,  sehr  wünschenswerth;  wenn  aber  Jolly  zu  einem  sdldie 
zwecke  nur  einen  englischen  leitfaden  von  Pils  kennt,  so  mOchte  ic 
darauf  hinweisen,  dasz  prof.  Baur  in  Maulbronn'  bereits  im  jalu 
1871  eine  solche  sprachwissenschaftliche  einleitung  dem  semins 
Programm  beigegeben  hat  und  in  diesem  jähre  (1874)  dieselbe  'sprMl 
wissenschaftliche  einleitung  in  das  griechische  und  lateinische  fl 
obere  classen'  im  buchhandel  erschienen  ist.  wo  grammatiken  i 
neuen  ricbtung  eingeführt  sind,  da  läszt  sich  eine  zusammenfassu 
in  den  oberen  classen  ohne  weiteres  lehrbuch  und  ohne  stundenznsi 
bewerkstelligen,  jedenfalls  aber  musz  Homer,  dieser  für  d 
Sprachgeschichte  so  ergiebige  schriftsteiler,  nach  der  etymologiseiM 
und  historischen  ricbtung  in  secunda  in  der  weise  ansgebent 
werden ,  dasz  man  in  untersecunda  die  betreffenden  resnltate  gd 
^entlieh  und  gruppierend  beizieht,  dagegen  in  obersecnnda,  t 
auch  der  Unterricht  im  mittelhochdeutschen  für  unsere  zwecke  i 
verwenden  ist,  vor  beginn  der  Homerlectüre  ein  vocabular,  welcb 
•die  häufigst  wiederkehrenden  wurzeln  mit  ihren  auslftnfem  und  d 
wichtigsten  lautgesetzo  der  Sprachvergleichung  enthält,  aöswead 
lernen  und  während  der  lectüre,  auch  später  in  prima,  öfters  wiede 
holen  läszt ;  in  Heidelberg  wird  zu  diesem  behufe  ein  von  direct 
dv.  Uhlig  entworfenes  autographon  benutzt,  welches  in  hinfiic 
auf  die  eingefühi-te  schulgrammatik  auch  eine  kurze  Homerise 
formenlehre  enthält. 


'  jetzt  gymnasialdirector  in  Tübingen. 


resultate  beim  schulanterricht.  341 

Soll  ich  den  praktischen  gehalt  meines  Vortrags  in  thesenform 
konzasanmiendrfingen,  so  dürfte  sich  folgende  fassung  empfehlen: 
1)  die  feststehenden  resultate  der  neueren  Sprachwissenschaft  sind 
der  schale  nicht  länger  vorzuenthalten ;  namentlich  ist  die  schul- 
grammatik  nach  denselben  zu  verbessern.  2)  in  der  mitteilung 
dieser  resultate  musz  stets  auf  den  geistigen  reifezostand  der  be- 
tteimden  schüler  sorgfältigst  rücksicht  genommen  und  masz  ge- 
Uten werden ;  insbesondere  aber  ist  die  veranschaulichung  an  der 
Wandtafel  und  die  jeweilige  anlehnung  des  neuen  an  bekanntes  nie 
m  Terabsftumen.  3)  in  unteren  classen  sind  nur  solche  resultate 
der  Sprachvergleichung  zu  verwenden ,  durch  welche  Unverstand 
Bdies  in  klarer  und  einfacher  weise  weggeräumt  und  die  memoriale 
ixienmg  erleichtert  wird.  4)  in  oberen  classen  ist  sprachwissen- 
lehaftliches ,  von  allem  complicierteren  abgesehen ,  nicht  blosz  ge- 
legentlich, sondern  auch  in  zusammenfassender  und  erweiternder 
vose  vorzutragen;  insbesondere  ist  die  Homerlectüre  in  diesem 
nnne  zu  verwenden.  ^ 

Bei  diesen  thesen  haben  wir  natürlich,  wie  Sie  aus  dem  ganzen 
vertrag  ersehen,  nicht  nur  den  lateinischen  und  griechischen,  sondern 
neh  den  deutschen  Sprachunterricht  im  äuge,  was  das  französische 
kitrifft,  so  entnehme  ich  JoUjs  mehrfach  genannter  brochflre,  dasz 
Aankreich  bereits  ganz  auf  den  resultaten  von  Diez  romanischer 
(nounatik  und  Wörterbuch  ruhende  handbücher  (von  Brächet)  für 
ie  französische  spräche  besitzt,  welche  auch  in  englischer  ttber- 
■tnmg  vorliegen  und  in  England  eingeführt  sind;  die  unlängst  er- 
ridenene,  für  deutsche  schulen  bestimmte  französische  grammatik 
M  Körting  soll  nach  denselben  grundsätzen  abgefaszt  sein,  hoffen 
Ikdenn,  dasz  das  geistige  dement  im  Unterricht  sich  immer  mehr 
Iritend  mache  und  auch  dem  jugendlichen  |(opfe  der  weg  zu  den 
fe%edeckten  gesetzen  überall  gebahnt  werde;  denn  Mas  aufgedeckte 
|Hetz  ist  dem  leben  des  geistes  ebenso  verwandt  als  der  znfUlige 
■ri  dunkle  stoff  ihm  fremd  ist'.  (Schrader.) 
^  Vielleicht  kann  unser  verein,  wqnn  er  dereinst  sein  lOOjähriges 
Ikttlam  feiert^  die  these  aufstellen,  die  gymnasialschtüer  mit  indo- 
pnaaischer  grammatik  zu  bewirthen  und  sie  aus  diesem  home  der 
Ifealthea  'unbeworren'  die  gi'ünen  kilLuter  des  arischen  sprach- 
piuns  pflücken  lassen. 

v.    *  auf  der  diesjähripren  (1875)  versammlang  mittelrheioischer  gymna- 

■lllehrer  hatte  ich  mich  erboten  folfjende  thesen  zu  vertheidigen: 
1   die   resultate    der   Sprachvergleichung  sind  im  classischen  Unter- 
richt  der   unteren   gymnadialclassen   so   weit   zu  verwenden,    als 
dadurch   die   rasche  und   feste  aneignung  der  formen  unterstützt 

t.         oder  mindestens  nicht  erschwert  wird. 

j^  -.  darüber  hinaus  sollen  die  betreffenden  mitteilungen  an  die  schüler 
in  oberen  classen  gehen,  bei  gelegenheit  der  notwendigen  gram> 
malischen  repetitionen,  der  einführnng  in  die  Homerlectüre  und 
der  aus  mehr  als  einem  gründe  wänschenswerthen  lesung  eines 
Plautinischen  Stückes. 

Heidelberg,  im  mui  1875.  C.  Lang. 


342         E.  Waradein:  neues  vereinfachtes  HomerwOrterbach. 

25. 

Neues  vereinfachtes  Homerwörterbuch  nach  der  REiHSNroLOi 

DER  VERSE  VON  EdUARD  WaRADEIN.    I.  OdTSSEE.    Stottgllt, 

Metzlersche  buchh.  1874.  VIII  u.  168  8.  8. 

Unter  dem  titel  eines  *  neuen  vereinfachten  Homerw(Ha^ 
buchs'  wird  ein  werkeben  dargeboten,  welches  den  doppelten  xweek 
verfolgt,  einerseits  jedem,  ^der  es  im  griechischen  auch  nur  so  weit 
gebracht  hat,  dasz  er  griechisch  lesen  kann  und  die  haaptregeln  det 
declination  und  conjugation  weisz,  die  möglichkeit  zn  gewBhnit 
ohne  jede  weitere  hülfe  die  Homerischen  gedichte  mit  leichtigkot 
und  geringem  Zeitaufwand  durchzulesen,  andrerseits  ein  mittel ai 
die  band  zu  geben,  die  griechische  spräche  ganz  leicht  und  sehiell 
und  dennoch  gründlich  zu  erlernen',  es  wäre  in  der  that  höchst  e^ 
freulich,  wenn  ein  mittel  gefunden  wäre,  die  Homerischen  gedidile 
zu  lesen,  ohne  mehr  griechisch  zu  verstehen  als  ein  qoaiianer  oder 
Untertertianer,  nur  ist  ref.  fest  davon  überzeugt,  dasz  niemand  mit 
so  geringen  kenntnissen  jene  gedichte  zu  lesen  und  zageniefizenTe^ 
mag,  wenn  er  auch  dieses  neue  Wörterbuch  zu  hülfe  nimmt  die 
Schönheiten  eines  Originaltextes  wird  doch  nur  der  kennen  lemeB, 
welcher  die  Originalsprache  beherscht.  gesetzt  aber  anch,  er  köoate 
die  Schwierigkeiten  überwinden,  welche  ihm  die  formenlehre  ent- 
gegenstellt, so  bleibt  doch  der  mangel  an  Wörtern,  so  dasz  niehti 
übrig  bleiben  würde ,  als  die  vorkommenden  Wörter  aoswendijf  m 
lernen;  wenigstens  bringt  auch  Waradein  in  seinem  vereinfiMhlai 
Wörterbuch  für  die  späteren  gesänge  weniger  Wörter  als  für  die 
früheren,  ob  aber  jemand  durch  das  auswendiglernen  von  wÖrten 
einer  ihm  fremden  spräche  angenehmer  berührt  wird,  als  durch  du 
aufschlagen  —  das  ty>erlasse  ich'  dem  verf.  so  viel  scheint  nir 
sicher  zu  sein,  dasz  niemand  mit  den  griechischen  kenntnissen  eiaM 
quartaners  unter  beihülfe  dieses  Wörterbuches  an  den  HomerisdMZ 
gedichten  sonderlichen  geschmack  finden  könnte. 

Aber  auch  der  verschlag,  in  der  schule  gleich  im  ersten  jahrei 
nachdem  man  die  hauptregeln  der  declinationen  und  conjugationtt 
gelernt  hat ,  zur  lectüre  der  Homerischen  gedichte  zn  schreiten  ludl 
in  quarta  sofort  ein  halbes  buch  Odyssee  durchzunehmen,  ersAazt 
mir  ebenso  wenig  durchführbar ,  wie  der ,  in  dem  folgenden  Jahne* 
curse  ein  ganzes  epos ,  entweder  die  Iliade  oder  die  Odyssee  n 
lesen,  dieser  versuch,  in  derselben  zeit,  wie  jetzt  —  der  verf.  eigt 
selbst,  er  wolle  nicht  mehr  zeit  darauf  verwenden  —  in  einem  jafaie 
mit  Untertertianern  (denn  das  ist  ja  wol  der  zweite  Jahrgang)  eil 
ganzes  epos  zu  lesen,  will  mir  unausführbar  erscheinen,  so  Isnp 
nicht  die  erfolgreiche  probe  beigebracht  ist :  ich  glanbe  ^ 
mehr,  dasz  dieses  nur  vielleserei  ist  und  nur  obertlichliehM 
zur  folge  haben  wird ,  nicht  aber ,  dasz  sich  die  studierenden  iiit 
gröszerer  leichtigkeit  auch  in  allen  anderen  Schriftstellern  zorecbt 
wer  auf  diese  weise,  wie  herr  Waradein,  den  natnrwissen.- 


Ä"n 


E.  Waradein:  neues  vereinfachtes  Homerwörterbach.         343 

haften  und  der  neuem  litteratur  den  weg  auf  dem  gymnasium 
ihnen  will,  der  wird  dem  gymnasium  und  dessen  schtQem  einen 
tt  schlechten  dienst  erweisen,  am  allerwenigsten  aber  würde  man 
ordi  diese  betreibung  der  lectüre  das  abwehren ,  dasz  die  schüler; 
(bald  sie  vom  schalzwange  befreit  sind,  die  griechischen  büoher 
ii  Unwillen  bei  seite  legen,  oberflächliches  beschäftigen  mit  einem 
^genstande  kann  und  wird  nie  begeisterung  hervorrufen ,  nie  den 
^genstand  liebgewinnen  lassen,  die  gründe  für  die  ersoheinung, 
itt  ehemalige  gymnasiasten  so  gern  den  alten  classikem  den 
leken  kehren,  liegen  doch  wol  tiefer;  gibt  es  doch  so  manchen,  der 
dlologie  studiert  hat,  und,  sobald  er  ins  schulamt  kommt,  keinen 
tdem  Schriftsteller  wieder  in  die  band  nimmt,  als  den,  welchen  er 
der  schule  erklären  musz. 

Gfesetzt  aber  auch ,  es  wäre  das  vorliegende  werkchen  nach  der 
len  oder  andern  der  vom  verf.  bezeichneten  selten  eine  hülfe ,  so 
Igt  es  sich,  inwiefern  der  verf.  sein  ziel  erreicht  hat. 

Wir  übergehen  dabei,  dasz  herr  Waradein  meint,  die  frage, 

die  Homerischen  gesänge  das  werk  eines  einzigen  dichters  seien, 

re  von  Minckwitz  in  seiner  Vorschule  mit  schlagenden  gründen  zu 

asten  des  einzigen  dichters  entschieden  —  eine  ansieht,  welche 

dl  wol  auf  mehr  als  einen  widersprach  stoszen  dürfte. 

Auch  in  dem  Wörterverzeichnis  selbst  wird  der  verf.  vielfach 
kt  recht  haben,  zunächst  scheint  eine  genaue  durcharbeitung  des 
amten  hülfsmaterials  zu  fehlen,  zu  v.  1  wird  bemerkt:  «iroXu- 
ivoc  viel  umhergetrieben ,  auch  gewandt,  klug»,  die  erste  be- 
long  ist  doch  wol  aufgegeben  und  so  hätte  die  letztere  allein  an- 
Ihrt  werden  sollen,  aber  wenn  auch  die  erstere  noch  anerkannt 
Qi,  so  hätte  meines  erachtens  nach  der  verf.  zu  seinem  zwecke 
eine  bedeutung  anführen  sollen,  es  dürfte  kaum  das  vorliegende 
riftchen  ein  repertorium  sämtlicher  bedeutungen  bringen  wollen. 
m  diese  art  der  anführung  mehrerer  bedeutungen  für  jedes  ein- 
10  wort  findet  sich  auf  jeder  seite  belegt:  so  zu  v.  3:  *bk  doch, 
I,  auch,  femer,  aber,  sondern,  dagegen»,  zu  v.  4:  «vöoc  sinn, 
iMÜce,  rath,  geist,  verstand,  klugheit,  sitte,  Charakter». 
.  Zu  bedauern  ist  auch,  dasz  sic^  nicht  wenige  geradezu  fidsche 
Mitangen  nachweisen  lassen,  v.  4  wird  Korä  in  der  Verbindung 
F-6ufiöv  übersetzt  mit  ^gegen',  während  v«  29  richtig  mit  'in' 
netzt  ist.  V.  10  wird  als  bedeutung  von  d^60€V  (sie)  angegeben : 
m  teil,  ein  wenig',  v.  11  bringt  herr  Waradein  für  aliruc  die  be- 
dang 'acbwer',  obgleich  schon  Nitzsch,  anm.  1  s.  6  sagt:  'nicht 
I schnellen,  auch  nicht  den  schweren,  sondern  den  jähen  tod,  in 
Iman  leicht  stürzt',  v.  36  |uvr|CTri  die  verlobte,  v.  38  eCcKOiroc 
käelend,  gut  treffend,  natürlich  musz  auch  'ApTeicpÖVlTic  immer 
fcder  Argostödter  sein.  v.  48  djaqpi  nur,  wegen,  diese  wenigen 
lljiele  aus  den  ersten  50  versen  mögen  genügen, 
f  d^q)i  V.  48  mit  ''nur'  zu  übersetzen,  kommt  vielleicht  auf  rech- 
k  der  drackfeliler,  an  denen  das  büchlein  nicht  arm  ist.    auch 


344  Philologische  programme  der  provinzen 

hier  einige  belege  aus  den  ersten  versen :  v.  5  £  statt  I  (fl^pQC]^ 
Y.  10  d  statt  ä,  y.  16  ^XGio,  v.  34  dq)€T^piiciv,  y.  46  Aigistoir  ibk 
mittelbar  darauf  57  statt  47,  y.  13  toutov. 

Endlich  möge  noch  erwähnt  werden,  di^  die  einen  wOrUtn 
oft  wiederholt  werden ,  während  andere  ganz  fehlen.  Mj  wiid  t.  IS 
mit  6  bedeutungen  angeführt,  y.  26  weggelassen  und  t.  82  insto 
erwähnt  mit  6  zum  teil  yon  den  zu  y.  15  Yorgebrachten  Yerschiel^ 
nen  bedeutungen.  ein  bestimmtes  princip  Iftszt  sich  nirganda  wita- 
nehmen.  y.  14  fehlt  vu|üiq)Ti,  ohne  dasz  es  Yoiher  zu  erwiluwagr 
wesen  wäre. 

Diese  andeutungen  werden  zur  Charakteristik  des  bnehes  Joi 
zur  beantwortung  der  frage  genügen,  ob  der  schule  mit  derglaidMi 
hülfsbüchern  gedient  sein  könne. 

Greiz.  Th.  SoRcnaonr. 


(18.) 

PHILOLOGISCHE  PROGRAMME  DER  PROVINZEN  SCHI* 
SIEN,  SACHSEN,  BRANDENBÜRG.    1873. 

(fortsetzan^.) 


Rathenow,     höhere  bUrgersch.     5  classen,  8  lehrer,   ISS  mMUov 
3  abit.     der  erste  ord.  lehrer  Weisker  wird  znm  reetor,  dr.  KokI* 
schütter  zam  ersten  ord.  lehrer  gewählt,  dr.  Hoff  mann  nsi  cnlr 
min.  Wapler  traten   aus,   an  ihre   stelle  W.  Müller  und  eandL  bI^ 
M.  Rühlmann.    —    Abh.  des  dr.  Kerber:    'gedanken  fiber  du  «^ 
wicklaug  der  conjugation'.  28  s.    verf.  erklärt  zunächst  die  agglatiutfw 
bestimmter  tempusformen  an  unflectierte  stamme  mit  H.  Mergnet  fB|iv* 
Corssen   für   ein  unding,    andere  haben  die  formen  in  laater  wviv 
teils   verbalen,   teils    pronominalen  Ursprungs  zerlegt,     dieae   aialw 
führt  zu  den  wundersamsten  consequenzen  und  bietet  in  etymologisaW^ 
beziehuDg   Schwierigkeiten,    die    suffixe  ga,  ta,  ra,  na,  ma,  ?a  üti 
demonstrativen   Charakters,    die   complicierten    bildangen   kSmieii  Al^ 
mannigfachsten  beziehungen  des  thätigkeitsbegriffs  anedr&okeB,  tWr 
diese  Vielseitigkeit  weist  auf  eine  allgemeine,   alle  yenchiedttBMtfll* 
vereinigende   grundbedeutung  hin.     die    diesen   stammen  Ton   CMIF^^ 
cierter  bildung  zu  gründe  liegenden  verbalwurzeln  sind  anbatsatieD  S^, 
fassen,    der  ursprüngliche  gedanke  der  complicierten  bildnogeii  benkft 
auf   localer   auffassung.      diese    locale    grundauffassnog-  Tereialgt  At' 
mannigfachen  Verschiedenheiten  im  gebrauche,  die  intentiye«  iteiativV' 
derivative,  intransitiv-passive,  causative,  desiderative  bedentnng  wie  ^ 
der  fülle,     die  bestimmten  tempusformen  bestehen  aus  zwei  itnpiiar 
lieh  getrennten  teilen,     der  erste    besteht   in  allen   selten  aus  «iMti 
Wurzel   und   einem    pronominalen   demente,     alle   tempnsstlmaie  ii*^ 
complicierte  bildungen.     sowol  die   verba  als  die  nomina  Toa  ueafM' 
cierter  bedeutung  haben  sich  aus  complicierten  bildungen  entwiekell»  äi 
werden  zu  verb.  oder  nomen  nur  durch  personal-  oder  casuBSvffiz.  y^,} 
complicierte  bildung  kann  an  sich  declin.  und  coni.  werden,    aberwl^' 
feinem  tacte   hat  die  spräche  es  vermieden,  dieselbe  complieieftt  Hl* 
düng  zugleich   als  temporalstamm  in  der  coniug.   und  als  partiiipl>^ 
stamm  desselben  temp.  in  der  decl.  zu  brauchen,     amayisti  üftwSiwk 
^o  viel  wie  der  dort  im  lieben  du«  und  ähnlicher  bedentang  alle  TeiW" •  I 
rmen.     die   sich  bei  der  auffassung   der  tempusstämme  als  coflyH-  ' 


Schlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1873.  345 

eierUr  bildnngen  aus  wurzel  und  demonstrAtivem  pronominalstamm  er- 
lelenden  gedanken  haben  für  ans  etwas  hartes,  die  hier  angenommene 
inpiüiigliehe  unbestimmte  redeweise  ist  für  den  Urzustand  wahrschein- 
Bdi,  de  war  anch  verständlich,  allmählich  entfaltete  sich  die  Ursprung- 
lake  onbettimmte  ausdrucksweise  zu  der  spätem  bestimmtheit.  das 
•b  dieser  entfaltnng  erörtert  verf.  eingehend,  ebenso  die  entwioklnng 
in  genera,  das  pass.  kein  verb.  refl.  auch  die  entwicklung  des  pass. 
Ml  dem  activbegriffe  wird  geleugnet,  act.  pass.  med.  sind  nur  ver- 
lAisdene  erscbeinnngsformen  derselben  unbestimmten  localen  aus- 
iitekiweiee,  und  dies  sucht  yerf.  durch  Zusammenstellung  der  gr,  suff. 
UgreSflieb  zu  machen,  ebenso  werden  die  modi  coni.  und  opt.  als  nur 
ünekiedene  formen  einer  ausdrucksweise,  die  die  handlung  ganz  im 
dbemeinen  als  etwas  blosz  gedachtes  hinstellt,  aufgefaszt.  nach  dieser 
Imitong,  die  also  wesentlich  das  walten  der  complicierten  bildung^n 
ii  der  formation  der  conjngation  erweisen  will,  geht  verf.  zur  be- 
kudlang  des  praes.  über  und  erörtert  im  In  cap.  die  grundbedeutung 
In  praesens,  verf.  geht  von  der  meinung  Akens  aus,  das  praes.  sei 
uipriinglich  eine  allgemeine,  aller  zeitlichen  bestimmung  bare  form, 
Bs  rein  abstracte  form,  die  rein  abstracte  prädicierung  einer  thätigkeit 
IMI  subjecte  gewesen,  und  will  diese  meinung  nun  ausführlicher  be- 
irinden, die  er  selbst,  ohne  von  Aken  zu  wissen,  in  seiner  dies,  inaug. 
MügefQhrt.  er  behauptet  die  Unmöglichkeit  einer  plötzlichen  entstehung 
Iv  Bannigfaltigkeit  der  tempora  und  nimmt  für  die  entwicklung  der- 
Nften  drei  Stadien  an.  zuerst  gab  es  nach  ihm  nur  eine  zeit,  die 
Ngenwart,  die  präsentia  dieser  ersten  periode  entbehren  jedes  zeit- 
NMimmenden  Charakters,  auf  der  zweiten  stufe  behalf  man  sich  mit 
lü  unbeetimmten-  tempusformen  und  liesz  das  zeitverhftltnis  aus  der 
Hite  des  Sprechens  errathen,  erst  auf  der  dritten  stufe  bilden  sich 
hMen  für  Vergangenheit  und  zukunft.  diese  entwicklung  des  praes. 
H  verf.  nun  durch  den  spätem  gebrauch  erweisen,  das  praesens  soll 
Hfc  in  der  spätem  zeit  andere  tempora  vertreten,  den  aorist,  das  lat. 
Uly  das  fut.  I,  das  griech.  perf.  in  gewissen  verbis,  ja  es  soll  die  ver- 
llguigenbeit  ausdrücken,  eine  meinung  über  das  praes.,  welche  die 
Mmenen  unter  den  syntaktikem  kaum  zugeben  werden,  ob  nicht 
ptUie  erklärang  II*  955  für  solche  ausdracksweisen  doch  vielleicht 
Ml  von  solchen  festgehalten  wird,  die  noch  sehende  äugen  und  den- 
hiea  verstand  haben?  wir  glauben,  der  Grieche  hat,  wo  er  das 
ktoi.  gesetzt  oder  gehört,  auch  den  eindruck  desselben  und  nicht  den 
mr  «idem  zeit  gehabt,  mochten  auch  zeitpartikeln ,  die  scheinbar 
^•in  anderes  Zeitverhältnis  weisen,  dabei  stehen,  auch  der  binweis 
4ie  allgemeinen  sätze  dürfte  des  Verfassers  ansieht,  das  praes.  sei 
später  noch  als  allgemeines  tempus  gebraucht,  nicht  erweisen, 
direkt  das  praesens  aus,  was,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  za 
seit  gegenwärtig  ist.  von  continnierlicher  thätigkeit  liegt  nichts 
»sem  gebrauche  des  praesens,  auch  der  gebrauch  des  praes.  rar 
long  wiederholter  handlnng^n  beweist  nichts  für  die  ansieht  des 
die  mit  beziehung  auf  die  diss.  inaug.  versuchte  anfstellung  einer 
momentoram  praesens,  praeterita,  fntura  neben  dem  momentum 
ms,  praeteritum ,  futurum  und  der  achtzehn  verschiedenen  be- 
ibangen der  handlung  zum  praes.  hat  etwas  sehr  künstliches  und  ge- 
Itagenes,  ein  schlusz  aus  dieser  tabelle  dürfte  kaum  gestattet  sein, 
allem  aber  es  sich  kaum  empfehlen,  in  der  schulgrammatik  diese 
lufig  doch  noch  auf  rein  snbjectiver  diftelei  beruhende  vielseitig- 
der  bedeutung  des  praes.  an  die  spitze  zu  stellen  und  etwa  zu 
leben,  einen  quartaner  in  diese  complicierten  Verhältnisse  hinein- 
Iren.  ref.  ist  auch  sehr  für  aufnähme  der  überaus  schätzenswerthen 
ibnisse  der  spracliwisscnschaft,  so  weit  sie  sicher  sind,  in  die  schul- 
imatik,  und  wünschte  wol,  dasz  man  in  den  höheren  regionen  bald 
'ier  einsieht  käme,  dnsz  ein  verständiger  griechischer  Unterricht  nur 


34o  r'ii^'^^-^ziMiiic  i-ri'zruub«:  aar 


*.:.  Cfj  LJki^l  tJLir  tp^rurthUK  mit 
U\.  ^itti  «i  XJULA  lÜKSA  mitra.  axel  LI««'  & 
c^tr  tyx*>t3i'mrlt^»:tik-ii^H  t^^riiäesk  dmü  fLJ  die 
ib   dtrf  4.»V«£.^    cet    tv>ff«s  fSx   ci« 

•:Ijr£M!r&  4Ali.t£;t«b  uib^z.  wird,  si«  vssicilS. 

iKTUtu^  «.i^f  Ct/  »dcc»:«.    dftj  zwtit«  cfriieS 

f'^rsi  4^  prA^^MAMtasuBeft.     nmcL  dea  vcfi. 

«;if  *,  ii^  ja,  tA.  *kA  eoBpUcieite  bUdnfca.  d. 

«tittAt«  wtlcL«  dnrch  sufüm  dtm^matrmAn 

%tftJejt«t  ftijbd.     die   unpracLe  bi 

v«/fcbi«4«be  pn/thtnBhil'inngtu^  jede 

zlthnun^,     yrir  niütsen  et  uns  rersa^B,  dca  iakalt 

ar^oft«  ibiUatei]«b,  der  za^emewene  raca  Icft  «■• 

dJ4   ftaif«i>e  dtr  capitelabmchriftea  aaf.     dms  dritte 

«]*%  pratt.   im  vtrhältius  zu  den  fibrigca 

uiiAUg-meiiti^rteo    einffteLen    praeteritu,    da«    Aalla 

pr«f;terituiD.     weon  wir  durch  Torgtebende  anxei^  mi% 

*i^kz  dit  blick«;   anderer  gelehrten  •pracfarergleichcr 

tj^-A^Mkl   und    dieselben   zor   eingehenden 

p«ra4oz«n   a&ftichten,  die   leider   meist  mit  einer 

UHlf.u ,    die    einem    zweifei  in  ihre  richtigkeit  wenig 

Mcbeint,  veranlatzt  werden,  so  hat  die  anzeige  ihren 

H«:i*zige,  vob  vielem  »tudiom  der  einschllgigen  Uttermtar 

bandlung   vor   dem    gescbicke   de«   rergessenwerdens   oder   gimiEd 

iinb«ackt«tbIeibeD«  zn  bewahren,  erreicht. 

haAvi/K« BUKO.  «tadt.  gymn.  8  cl aasen,  13  lehrer,  SIS  achiler 
ffommer,  267  im  winter,  &  abit.  mathemat.  dr.  Unit,  collab.  dr.  Kaci 
bier,  elementarlehrer  Jahnke  traten  ein,  coUab.  Debael  tnt  i 
rothcm  adlerordcn  in  den  rabestand,  als  prob,  rerwaltete  eaad.  Grm 
die  fünfte  collaboratar  —  Abb.  des  dr.  Kaesebier:  Me  CalK^ac 
vö^Uiv  poeta/  IH  a.  die  gattang  Ijrriscber  poesie,  welche  alt  demaai 
vö^oc  bezeichnet  wird,  ist  bisher  für  durch  kein  denkmal  bekannt  | 
balten,  dabcr  über  die  compositioo  der  vdfiot  die  arteile  Terschiei 
waren,  yari.  will  nun  nachweisen,  dasz  Katlimachos  v6^0l  gedichtet  hi 
und  diese  uns  erbalten  sind,  er  glaabt  entdeckt  zn  haben,  daas  drei  n 
den  überlieferten  gedicbten  des  K.  die  sieben  bestandteile,  welelnni 
Polluz  IV  OC  zum  vö^oc  gehören,  auszerdem  eins  rier  Ton  den  best« 
teilen  enthält,  jene  drei  sind  hymni  in  Apoll.,  in  Cerei.,  in  Ittme.  If 
das  eine  der  h.  in  lovem.  er  begannt  mit  der  behandlang  des  hyi 
in  Apollinem.  er  zerfällt  in  vier  gröszere  teile:  1 — 16.  17 — 31.  SS — 1 
105 — 113.  das  prooimion  zerfällt  in  zwei  teile:  1 — 8  and  9 — 16.  d 
sind  nach  dem  verf.  die  beiden  von  Pollaz  als  iiropx^  ^ui^  M^TOI 
bezeichneten  teile  des  vö^oc.  der  zweite  teil  17 — 31  Eerf&lU  abeia 
in  zwei  teile  17-23  (v.  24  wird  für  unecht  erkl&rt)  und  25—31.  da 
erkennt  verf.  die  KaTaTpond  und  fieTaKaTaTpoird  des  vöfioc  mit  t. 
beginnt  der  hauptteil  und  reicht  bis  v.  104.  darin  werden  des  got 
hervorragende  lugenden  und  glänzende  thaten  besangen,  es  ist  i 
6)Li9aXöc  des  vÖ)lioc.  die  composition  dieses  teils  wie  die  der  froh« 
Hucht  verf.  als  strophische  zu  erweisen,  y.  44  wird  athetiert.  1 
sprechen  werden  besonders  v.  68—64,  weil  sie  an  Verderbnissen  leidi 
V.  64  wird  gestrichen,  ebenso  v.  62.  den  cq>paT{c  genannten  teU  i 
vö^oc  findet  verf.  in  v.  105—112,  den  dniXoTOC  endlich  in  y.  118  i 
Htellt  dann  das  gedieht  als  v6)lioc  her.  einen  grund  für  die  riehtigfc 
der  herstollung  sieht  verf.  auch  darin,  dasz  jeder  teil  mit  dem  naa 
des  gottcs  oder  einer  anrufung  anhebt,  auch  bei  jedem  teilchen  < 
omphalos  erscheint  dasselbe,  nur  v.  77  und  100  haben  nar  ein  p 
nonicn.    verf.  geht  nun  zum  hymnus  in  Cererem  über,    hier  erkennt 


Schlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1873.  347 

l— <9  die  ^irapxd.  v.  2  und  120  wird  die  fiberlieferte  lesart  iroXO- 
gegen  Dindorfs,  Schneiders  nnd  Meineckes  iroXuTp6q>€  geschützt. 
:opxd  gliedert  sich  in  drei  Strophen  sn  2,  4  und  3  versen.  y.  10 
(teUt  die  ^eTapxd  dar.  v.  16  ist  lückenhaft  überliefert,  verf. 
H  alle  ausfüllungen,  die  versucht  sind  nnd  stellt  her:  rplc  6'  iirl 
n)C  v^cou  bpd^ec  6)Li(paXöv  "Evvav  Töccoki,  wonach  aeichen  einer 
für  die  übrigen  teile  des  verses  gesetzt  werden,  hinter  diesen 
ihaften  vers  schaltet  dann  verf.  mit  Näke,  Schneidewin  nnd  Mei- 
ans  Clem.  Alex.  V  101  Klotz  den  vers  ein:  KaXXix^pip  b'  irti 
KaB4L€0  irouböc  dirucroc.  nun  hat  er  die  ^6T.  auch  anf  9  verse  ge- 
.  hier  begannt  eine  Strophe  von  3,  folgt  eine  von  4  nnd  schliesst 
on  8  versen.  das  Verhältnis  ist  also  demjenigen  in  der  krtapxd 
entgegengesetzt,  mit  v.  17  beginnt  die  KaTaTpond  und  reicht 
t4,  mit  V.  25  beginnt  die  ^eTaKaTaTpo1rd  und  reicht  bis  v.  31. 
lert  sind  diese  stücke  in  drei  abschnitte  zu  1,  2,  4  versen.  der 
ic  nmfaszt  32 — 118.  32  f.  bilden  den  eingang,  117  f.  den  schlnsz. 
tan  teile  der  fabel  von  Erysichthon  entsprechen  sich  34 — 37  und 
,  38—40  und  51—53,  41—45  und  46—50;  im  zweiten  58—72  haben 
si  abschnitte  zu  4,  7.  4  versen,  im  dritten  vier  zn  4,  7,  4,  7  versen. 
rten  will  verf.  110  hinter  107  setzen  und  mit  109  die  erzählung, 
Bahr  die  gebete  des  Triopas  fortfuhren,  bei  dieser  Ordnung  sind 
ischnitte,  in  denen  von  Erysichthon  erzählt  wird,  7  verse  lang, 
payic  findet  verf.  in  119—134.  den  anfang  kennzeichnet  der  neue 
.  verf.  bespricht  Schneiders  anstosz  an  clirotrc  119,  rechnet  den 
laensang  bis  128  und  scheidet  zwei  abschnitte  119 — 124,  125 — 128, 
sich  ein  schwieriger  abschnitt  129—134  fügt,  nach  124  nimmt 
liae  lücke  von  einem  verse  an,  ebenso  nach  180,  in  der  er 
il:  tdcb€  TeX€cq>op{ac  itotI  töv  Ocöv  b'  dxptc  ö^aprdv.  der  epi- 
UU  hier  fünf  verse  135—139.  yn  hymnos  in  lavacrum  Minervae 
rarf.  die  ^irapxd  in  1—12,  die  fieTapxd  in  13—32,  die  Kararpoird 
-42,  die  ^CTaKaTaTpoird  in  43 — 54,  die  6^<paX6c  in  55 — 186,  die 
C  in  137 — 140,  den  ^it(Xoyoc  in  141.  auch  hier  sind  die  anfange 
■Minen  teile  durch  namen  der  göttin  oder  ausrufungen  gekenn- 
Bl.  der  hymnus  in  Jovem  ist  dreiteilig^,  v.  1 — 4  in  3  -|-  2  versen 
die  ^irapxd,  die  fiCTapxd  würde  nach  dem  überlieferten  texte  ans 
I  2  Hh  ^  versen  bestehen,  aber  Verfasser,  in  der  meinung,  wir 

I  hier  2  -f~  3  haben,  versetzt  v.  65  hinter  v.  5.  der  ö^cpoXöc 
il  10—90  in  drei  teilen.  10—45.  46—78.  79—90.  der  erste  teil 
laus  5  +  13  +  13  +  5  versen,  und  doch  ist  dabei  86  anszu- 
!■  nnd  vor  42  eine  lücke  von  einem  verse  anzunehmen,  die 
tftion  des  zweiten  ist  bei  Verwerfung  von  55  nnd  nmsetznng  von 
Inr  9  diese  :6  +  3  +  4  +  5  +  3  +  6.     der  dritte  teil  besteht 

tS  +  5  versen,  in  79  ist  mit  Meinecke  zn  lesen:    iircl  T^voc 
bcTUiv  und  vor  87  mit  demselben  gelehrten  eine  lücke  ansn- 

II  V.  91—96  bilden  den  epilog.  die  anfange  der  einzelnen  be- 
He  des  vö^oc  sind  durch  namen  des  gottes  oder  ein  anf  ihn  be- 
ne  pronomen  'gekennzeichnet,  KOTaTpoird,  ^€TaKaTaTp(md  nnd 
B  fehlen,  den  schlusz  der  abhandlung^  macht  eine  Übersicht  der 
^•nen  resultate,  die  sich  der  Wissenschaft  zu  eingehender  begüt- 
ig empfehlen,  uns  will  das  meiste,  wenn  nicht  zweifellos  sicher, 
iahrscheinlich  erscheinen. 

•fsoAM.  gymn.  13  classen,  20  lehrer,  411  Schüler  im  sommer, 
I  Winter,  die  Vorschule  hatte  in  drei  classen  im  sommer  123,  im 
f  122  Schüler,  4  abit.  zu  mich.,  16  zu  ostern.  cand.  Schwabe, 
Pieol.  und  phil.  .John  traten  ins  collegium  ein,  M.  Seyffert 
EvoD  der  anstalt  zu  ^rabe  geleitet.  —  Abh.  des  dir.  dr.  Fr  ick: 
ksor  griech.  moduslehre'.  7  s.  vf.  schlieszt  sich  an  die  bei  Enslin 
■Bene  tabelle  von  Deuschle  an,  weicht  jedoch,  wie  er  auch  selbst 
Laicht  unwesentlich  in  anordnung  und  ausfüllung  ab.  wir  wünsch- 
t 


348  Philologische  programme  der  provinsen 

ten  wol,  verf.  möchte  sich  entschlieszen ,  die  labelle  in  etwas  watenr 
ausführung  and  mit  beifügnng  von  kurzen  clasBisehen  stellen  Ar  j«ta 
einzelne  Verhältnis  weitem  kreisen  zngänglich  zu  machen,  ol^e  sweiM 
würde  er  sich  den  dank  aller  lehrer  des  griechischen  in  obem  daiM 
und  vieler  schüler,  denen  ja  freilich  die  grammatik  dasselbe,  abermM 
nicht  in  der  so  vorteilhaften  Übersicht  bietet,  verdienen,  nnr  die  TC^ 
Weisung  auf  die  grammatik  von  Bnttmann  würden  wir  unterlassen  bslMi 
die  grammatik  dieses  gelehrten ,  dessen  wesentliche  Verdienste  vm  9b 
Philologie  und  speciell  um  die  griechische  grammatik  nnd  lezlkeli|b 
wol  keiner  leugnen  wird,  gehört  doch  heute  zn  den  bttcbem  ^nes  8b# 
wundenen  standpunctes,  heute,  wo  die  Sprachwissenschaft  sehen  ssW 
deutende  resultate  erzielt  hat,  dasz  es  nicht  rathsam  ersebeint,  UM 
Verwendung  in  der  schule  zn  unterlassen,  die  grammatik  von  O.  CiiitM 
oder  eine  von  ähnlichem  standpnncte  aus  nnd  mit  gleichem  pUsgil^ 
schem  takte  verfaszte  dürfte  allein  das  richtig^  hfilfkmittel  IIb  ii 
unterriebt  im  griechischen  sein,  werthvoll,  ja  Kusserst  wertbtoO  M 
die  Ilias  lesenden  primaner  sind  die  mitgeteilten  stehenden  fiberssUiUiJ 
Homer,  epitheta  und  sjnonjma.  es  wird  auf  diese  weise  doe^^ 
Schülern,  die  einmal  ihr  Verständnis  durch  gute  übersetiOBg  bekmM 
sollen,  eine  bestimmte  Übersetzung  von  worten  vorgelegt,  wefcbe  fMUi 
noch  keineswegs  alle  durchaus  sicher  erklärt  sind  nnd  deren  wiedeigik 
in  den  lexicis  oft  viel  zu  wünschen  übrig  läszt,  ancb  bei  Seiler,  im 
gibt  verf.  von  den  verschiedenen  Übersetzungen  diejenige,  welche  isil 
dem  gegenwärtigen  stände  der  erörterungen  über  die  betr.  werte  M 
als  die  wahrscheinlichste  herausstellt,  die  im  ansehlnsse  bald  an  diesi 
bald  an  jenen  gelehrten  gewählt  ist.  ' 

ScHLEusiNORN.  köuigl.  prcusz.  henneberg.  gymn.  6  classen,  9  leM 
125  Schüler  im  sommer,  119  im  winter,  9  abit.  dr.  Duck  trat  all  ifl 
lehrer  ein,  Superintendent  Conrad,  religionslehrer  der  anstalt^  Tli 
starb.  —  Abb.  des  Oberlehrers  Bader:  Me  dis  inrrpi{JOtc'.  9  s.  M 
einer  vor  sechs  jähren  geschriebenen  abhandlang,  man  bat  drei  «ittl 
von  Gcotc  naTpüJotc  zu  unterscheiden,  familiengStter,  g^ntUgOtteri  vi 
allen  Staatsangehörigen,  aber  privatim  verehrte  götter.  zu  Athen  hall 
jeder  bürger  seine  ihm  eigentümlichen  gottheiten,  wie  Plat.  Enthjdii 
s.  302  <^  lehrt  und  zahlreiche  beispiele  beweisen  nnd  zwar  beispN 
aus  den  verschiedensten  teilen  Griechenlands,  eine  ganze  reihe  it 
belegen  für  solche  privaten  gottesdienste  teilt  verf.  mit  sorgfUlin 
angäbe  der  schriftstellerstellen,  auf  die  er  sich  stützt,  mit.  aneh  9 
der  griech.  fabelgeschichte  werden  belege  für  die  verebmng  Ton  Ml 
irarptüoic  beigebracht,  darauf  wendet  sich  verf.  zu  bespnehnng  41 
Oeol  TraTpqiioi  der  gcntes ,  die  sich  nur  für  Athen  bestimmt  naehi 
lassen,  hier  haben  die  verschiedensten  gentes  ihre  bestimmten  prii 
Gottesdienste  und,  obschon  nicht  für  alle  gentes  die  ezistens  prii 
gottesdienste  zu  erweisen  ist,  so  ist  dieselbe  doch  dorebans 
scheinlich.  möglich  ist  auch,  dasz  die  gentes,  denen  bestimmte 
tiimer  erb-  und  eigentümlich  waren,  den  dienst  der  gottheiten, 
sie  von  Staatswegen  zu  opfern  hatten,  auch  privatim  geQbt 
durch  Kleisthenes  neuordnung  entstanden  in  Athen  nene  gentes; 
sie  waren  durch  gemeinsamen  religiösen  dienst  verbunden,  alle 
zusammen  verehrten  den  'AttöXXwv  irarpCiJOC.  an  gentilgötter  IsTi 
)>ei  Plat.  leg.  IV  7176  zu  denken,  an  dritter  stelle  behandelt  verf. 
6€oi  trajpCboij  die,  wenn  auch  von  allen  bürgern,  doch  nnr 
privatdienste  verehrt  wurden,  solchen  privatdienst  hatte  Dieiqftes 
den  Megarern,  Artemis  bei  den  Sikjonern,  Ares  bei  den  Eleeni, 
(Ion  in  Eleusis,  Zeus  bei  den  Persern,  Apollon  beim  gansen 
stamme  (Apollon  wurde  besonders  in  Athen  auf  das  höchste 
durch  privaten  gottesdienst  wurden  allgemein  auch  verehrt  die  BsU 
dänischen  und  ägyptischen  könige  nach  Alexander,  auch  diese  dieurf 
nn  man  als  iraTpuia  l€pd  bezeichnen,    schlieszlicb  zieht  der  rerf.  A 


Schlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1873.  349 

«gebnU:  wo  Griechen  lebten,  sind  hausgötter  unter  dem  namen  irarptjioi 
Ttrehrt,  daneben  gab  es  6€ol  irarpi^oi,  welche  von  allern  bürgern,  aber 
Mit  privatdienst,  verehrt  wurden,  endlich  auch  Bcol  irarpifioi,  deren 
ihaste  die  einzelnen  gentes  des  Staates  privatim  oblagen. .  diese  dienste 
icr  6€ol  norrptfioi  sind  sehr  alt,  stammen  aus  Pelasgerzeit,  die  ent- 
Hdfceng  der  culte  läszt  sich  nur  mutmaszen.  ausgebreitet  haben  sich 
it  «Ute  erst  nach  ansbildung  der  gewohnheit  statnen  von  göttem  auf- 
Müellen.  der  ausdruck  Ocol  irarpipoi  ist  sicher  vor  den  tragikern  nicht 
Mekwelsbar,  ihr  dienst  entschieden  viel  älter,  verf.  sucht  dann  die 
frifaide  der  dienste  der*  6eol  irarpijioi  im  einzelnen  zu  erforschen,  in 
liikii  fällen  mag  es  nur  ein  gewisser  aberglaube  gewesen  sein,  der 
nicken  dienst  entstehen  liesz,  oft  auch  eine  bürgerliche  sitte,  auch  die 
inroluilieit,  den  stamm  abzuleiten  von  einem  heros.  andere  götter 
fvden  zu  6€otc  narpipoic,  weil  sie  gewissen  lebensrichtnngen  vor- 
jMHtn  and  darum  von  einem  geschlechtsahnherrn  privatim  verehrt 
IMPea.  aoch  willkür  und  etwas  wie  eigennutz  konnte  zur  einrichtung 
Imt  privatcapelle  eines  gottes  veranlassen  und  ein  solcher  ward  dann 
•iikl,  nemlich  durch  Übergang  des  dienstes  auf  die  nachkommen  zum 
MC  «aTp«{K>C.  gleiche  und  ähnliche  gründe  vermehrten  im  laufe  der 
ilit  die  a»zahl  der  6£ol  narpipoi.  oft  hatte  eine  familie  mehrere  6€ol 
pKcp^MH,  die  an  gemeinsamer  stelle  verehrt  wurden,  in  ältester  zeit 
sie  ihr  beiligtnm  am  herde,  in  späterer  an  einem  andern  orte 
hause,  nach  Petersen  in  der  exedra.  verf.  bespricht  dann  den  ZeOc 
;  es  hiesz  nie  irarptjioc,  wie  aus  Fiat.  Euthyd.  s.  302^  bervor- 
der  Zcuc  ^pKCtoc  bezieht  sich  mehr  auf  das  haus  und  seine  teile 
auf  die  familie.  verf.  wendet  sich  zur  besprechung  der  gebrauche, 
welchen  die  Ocol  iraTpifioi  verehrt  wurden,  sie  wurden  von  allen 
liedern  geroeinsam  geübt,  doch  vollzog  der  hausvater  allein 
eigentliche  opfer.  die  ^ier  war  entweder  eine  regelmäszige  oder 
geMhah  je  nach  erfordernis.  hierher  gehören  die  festlichkeiten  bei 
gebart  eines  kindes.  später  werden  die  geburtstage  alle  jähre  am 
e  der  Ocol  irarptjioi  begangen,  ihnen  ward  auch  geopfert, 
ein  familienglied  sich  dem  tode  nahe  fühlte,  ebenso  bei  ein- 
eines Sohnes  in  die  öffentlichen  körperschaften.  mit  dem  cnlt 
Ocol  troTpiuoi  war  der  cult  der  manen  verbunden,  auch  die  genti- 
•acra  der  Ocol  irarpipoi  wurden  an  bestimmten  tagen  voU- 
,  jede  gens  hatte  für  ihre  gottheiten  priester  und  altäre.  der 
der  Ocol  iraTpipoi  war  ein  sehr  heiliger,  das  verlangte  schon  ihr 
in  jeder  not,  bei  jeder  wichtigen  angelegenheit  wandte  man 
an  sie  als  lenker  und  leiter  des  gesamten  geschicks  der  familie. 
Zuwanderung  nahm  man  diese  gottheiten  in  ihren  bildern  mit. 
sorgte  so  viel  er  konnte  für  schütz  und  erhaltnng  seiner  Ocol 
sie  blieben  bei  den  männlichen  gliedern  der  familien  von 
t  zu  geschlecht,  auch  bei  den  töchtern,  wenn  sie  £it(kXv)P01 
von  diesen  OuTcxTpdciv  ^iriKXi^poic  empfiengen  dann  deren  älteste 
die  Ocol  irarpipoi.  auch  der  Staat  hatte  ein  gewisses  Verhältnis 
dienste  der  Ocol  iraTpipoi. 
RoszLKBBH.  klostersch.  und  stiftsgjmn.  der  familie  von  Witzleben, 
en,  9  lehrer,  im  sommer  94,  im  winter  100  schüler,  4  und  10  abit. 
hiele  und  dr.  Winkler  verlieszen  am  schlusz  des  Schuljahres  die 
lt.  —  Abh.  des  prof.  dr.  Steudener:  Vergiliana.  16  s.  das  pro- 
m  erörtert  kritisch  und  exegetisch  eine  reihe  von  stellen  der  Aeneis. 
4^r  spitze  I  1 — 11:  verf.  stöszt  an  lunonis  iram  neben  vi  superum, 
o  namine  laeso  neben  quidve  dolens  an,  behandelt  die  mehrfachen 
Dgsversuche  und  Verbesserungsvorschläge  der  gelehrten  und  ver- 
dann  zunächst  v.  4.  wir  glauben  seine  gründe  billigen  zu  müssen, 
beseitigt  verf.  v.  9  und  schreibt  v.  8  und  10:  quo  nuraina  Uesa. 
—  Inpulerint.  weiter  wird  auf  den  zweck  der  von  Weidner  als 
iam  II  bezeichneten  verse  12 — 33  eingegangen,  dann  schlieszlich 


1 


350  Personalnotizen. 

noch  ein  paar  einzelheiten  besprochen,  wie  die  beiiehang  des' 
V.  6,  das  für  a  quo  genommen  nnd  anf  Aeneas  bezogen  wird, 
erklärnng  von  snper  v.  29,  das  dnrch  überdiei  wiedergegeben 
die  nebengründe,  das  indicnm  Paridis  nnd  die  rapti  Oanjmedis 
einleitend  bezeichnet  wird.    verf.  behandelt  weiter  1 48—49.   dti 
adorat  wird  erklärt  und  das  fnt.  imponet  ins  praesens  inponlt 
wandeln  vorgeschlagen.    Juno  sagt:  betet  da  noch  jemand  die 
und  legt  noch  jemand  geschenke  auf  ihren  altar?     mit  leieh 
Änderung  hat  verf.  hier  der  rede  der  Juno  ihren  gewis  von  V 
einst  gegebenen  schlusz  zurückgegeben.  Juno  erscheint  in  einer 
gereizten,  der  ruhigen  Überlegung  durchaus  nicht  zugänglichen  st 
St.  behandelt  nun  I  81 — 82,  erörtert  die  besohaffenheit  des  win 
bekämpft  dabei  Lad  ewig,  auch  in  bezug  auf  die  von  ihm  vorge 
sprachlichen  gründe,  und  schlieszt  mit  einer  bemerkung  gegen 
in  bezug  auf  luctantis  ventos,  er  will  luctantes  als  epet.  perpit. 
gefaszt  wissen,    weiter  bespricht  verf.  I  124  ff.,  erklärt  gegen 
alto  für  den   dativ  in  der  bedeutung  über  das  meer  hin  nnc 
prospiciens  als  für  prospectnms  stehend,  wobei  der  freiere  ( 
des  part.  praes.  bei  Vergil  durch  stellen  belegt  und  Münsche: 
rnng,    prospiciens  heisze  sorgend,   zurückgewiesen   wird,     «nd 
spricht  verf.  das  gleichnis  I  393,    auch  neuerdings   behandel 
Berliner   zeitschr.   für    gjmn.-w.  1874   heft  2  von  Brandt,    b< 
terras  capere  aut  captas  iam  despectare,  ludunt  stridentibus 
cinxere  polum   cantusque  dedere  nach  ludunt  als  anstdssig,  b 
die  verschiedenen  von  erklärern  aufgestellten  Interpretationen 
gezeigten  worte,   will  captas   despectare   beibehalten,   rednce 
stridentibus  alis  durch :  'sie  spielen  zurückgekehrt  mit  den  raui 
flügeln'  erklären  und  solum  für  polum  lesen,  meint  aber,  unter  b 
auf  bis  senos,  397 — 398  könne  vielleicht   auch   ursprünglich 
haben:    u.  r.  i.  1.  st.  Hi  coetu  cinxere  polum.     wir  sehen  in  j 
klärung   und   leichten   änderung    einen   weniger    guten  answe 
der  einschiebung  eines  hi  und  der  statuierung  zweier  schwanabti 
deren  eine  schon  auf  dem  lande  sitzt,  während  die  andere  noc 
luft  kreist,     wir  freuen  uns  nach  der  lectüre  des  eben  besp: 
programmes  gestehen  zu  müssen,  dasz  es  eins  von  den  leide 
seltenen  ist,  welche,  weil  sie  nicht  das  schon  fünfzig  mal  gesi 
einundfunfzigsten  male  in  andern  werten  wiederholen,  der  wisi 
einen  wirklichen  nutzen  bringen  und   den   leser   in  feiner  ei 
wesentlich  fördern,    möchte  St.  uns  bald  fortsetinngen  bieten, 

(fortsetzung  folgt.) 

Gütersloh.  H.  E.  Beni 

(9.) 

PERSONALNOTIZEN. 

(Unter  mitbenutzung  des  'centralblattes'  von  Stiehl  und  de 

Schrift  für  die  österr.  gjmnasien'.) 


CrnenBangen,  befttrdcrangen,  versetnangen  •  »«saeiehn 

Amen,   dr.,   Oberlehrer  am   Friedrichsgymn.  in  Berlin   als  *} 

prädiciert. 
Beck,  dr.,   ord.  lehrer  an  der  Friedrichsrealschnle  in 

Berlin 
Bellermann,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  königsstädt.  real- 

schule  in  Berlin 
'^erlit,  G.,  bisher  hülfslehrer  am  Nicolaigymnasium 

in  Leipzig 


SU  ob 
bef 


Personalnotizen. 


351 


,  ZU  Oberlehrern 
befordert. 


Brngieh,  dr.,  ord.  prof.  der  nniv.  Göttingen,  erhielt  den  kais.  österr. 

orden  der  eizemen  kröne  II  cl.,  den  k.  brasilian.  rosenorden  II  cl. 

Bod  das  commandenrkreuz  vom  groszherrl.  türk.  Medschidjeorden. 
Cirtze,  ord.  lehrer  am  gymn.  zu  Thom,  erhielt  das  officierkreuz  vom 

orden  der  k.  ital.  kröne. 
Derichsweiler,  dr.,  director  des  gymn.  in  Weiszenbnrg,  zum  director 

des  Ijcenms  in  Metz  ernannt, 
^inse,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  znm  granen  kloster 

in  Berlin 
phtnkbahn,  dr.,   ord.  lehrer  am  domgymnasinm   in 
1^    Mersebnrg 

Mldsthmidt,  dr.,  ord.  lehrer  am  Fried richsgymn.  in 
r    Berlin 

prihn,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Meldorf 
peaie,  dr.,  director  des  gymn.  in  Parchim,  in  gleicher  eigenschaft  an 

!das  gymn.  zu  Schwerin  berufen. 
•hn,  dr.,  ord.  lehrer  am  Kölnischen  gymn.  in  Berlin  1        nh«rlAlirArn 
Ufbahn,  dr.,  ord.  lehrer  am  Lnisenstädt,  gymn.  in  f      feefördert^^^ 
iBfbans,  dr.,   Oberlehrer  am  stadtgymn.  in  Stettin  als  ^professor' 

pridiciert. 
3ien,  M.,  an  der  realschule  in  Döbeln  als  Oberlehrer  angestellt, 
retsaehmar,   dr.  jnr.  in  Leipzig,  als  prof.  des  röm.  rechts  an  die 
OBiT.  Rostock  bemfen. 

>ws,  dr.,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Rössel  als  'professor'  prädiciert. 
psins,  dr.  geh.  regierungsrath ,  oberbibliothekar,  ord.  professor  der 
oniT.  Berlin,  erhielt  das  commandenrkrenz  mit  dem  stern  des  groszh. 
bmd.  Ordens  vom  Zähringer  löwen. 
•blhorn,  dr.,  bisher  hülfslehrer  am  Nicolaigymn.  in 

Leipzig 
•ibaner,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  königsstädt  real- 
•ehnle  in  Berlin 

zel,  dr.,  ord.  lehrer  am  Friedrichsgymn.  in  Berlin 
jer,  dr.,  oberl.  am  gymn.  in  Parchim,  zum  director  dieser  anstalt 
ernannt. 

Her,  dr.  Ang.,  ord.  lehrer  am  Friedrichs- Werdersehen 
prmn.  in  Berlin  • 

ller,  dr.  Heinr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  znm  granen 
kloster  in  Berlin 
tsebe,  dr.,  ord.  lehrer  am  Sophiengymn.  in  Berlin 
pelt,    dr. ,   bisher  hülfslehrer   am  Nicolaig^ymn.  in 
Leipzig 

don,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  Lnisenstädt.  realsch. 
in  Berlin 

tsig,  dr. ,  bisher  hülfslehrer  am  Nicolaig3rmnasinm 
in  Leipzig 

1,  dr.,  ord.  lehrer  am  Friedrichs-Werdersohen  gymn. 
in  Berlin 

vndh eller,  dr.,  ord.  lehrer  am  stadtgymn.  in  Stettin 
ode.  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Bnnzlan 
denberg,    dr.    an    der   gymnasial-    und   realschul- 
Mstalt  in  Plauen 

se,  dr.,  ord.  lehrer  am  Kölnischen  gymn.  in  Berlin 
^«rwein,   dr. ,   ord.  lebrer  am   gymn.  in  Rostock,  zum  director  des 

?yinn.  in  Neubrandenburg  ernannt. 
^Ud,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  zu  Waidenburg  in  Schi.,  zum  bürger- 
meister  von  Wittenberg  gewählt. 

^tnidt.  dr.  Job.,   ord.  lehrer   am  Luisenstädt.  gymn.  in   Berlin  zum 
Oberlehrer  befördert. 


zu  Oberlehrern 
befördert. 


zu  Oberlehrern 
befordert. 


852  PeraonalnotiteiL 

8  oh  neide  via,  dr.,  ord.  lehrer  am  ktihd.  ia  Hamsln  1 
Scholtse,  ord.  lehnr  an  d«r  DorotheenatSdl  realecb. 

in  Berlin  J 

Schall,  dr.  Ferd.,  proviniialaahaLr«th  inMBAater,  als  'geheimetn 

rungsTath'  chiirafateri«iert. 
Schwerin^,  dr.,  privatdooent  von  der  theol.  akademie  in  Müiuter,^ 

daa  gjata.  in  Brilon  als  Oberlehrer  bamfen. 
Stein,  Oberlehrer  am  g7iiin.  in  Nenai,   in  gkiuber  eigenscban  a 

gjmn.  zn  St.  Marzellen  in  Köln  bemfen. 
Treaner,   Studien  lehr  er  in  Culmbaob,   vom  ^ubreelor  in  Herabt 

Wefaaar,   A.,   kn  der  gijtnnaBial-  tmd  Mklichulanstalt   in 

Oberlehrer  anfrestellt.  * 

Weieke,  Oberlehrer  an  der  Utein.  baaptsohtile  der)     ,     , 

FranekeacheD  aUfton^n  in  Balle  {-  ^'^    ^ 

Witte,  oberl.,  conrector  am  domgjmn.  in  Kateebarg  |         '"' 
Zettnow,  dr..  ord.  lehrer  an  der  BÖphieBrealiohiile  in  Berlin, 

lehrer  befardert. 

Ib  rakMUs«  catrcttBt 
Goisran,  Oberlehrer,  profeisor  am  grmn.  in  QaedliiibliT(. 
""""' "",  obarl,  am  gjma.  in  PlSlL 


Hooh,  dr^  Oberlehrer  am  ejmn.  In  UfiDCtareffel. 
BBiohe.  oberl-,  prof.  an  der  realaefa.  am  twinger  In  Breal»n. 
.  lehrer  am  progTun.  in  Halmedy,  nnd  erhielt  i 


den  ptanei.  kronenorden  IT  el. 
Waldhaaer,  ord.  lehrer  am  gyinn.  in  Hemel, 

OMlsrlWBi  _  j 

Bernhard;,  dr.  Qottfried,   geh.  reoernngeralh,   ord,  prof.  4aF,!p 

Hchen  litteratar  an  der  unir.  Halle,  am  »0  mttrz,  7$  jähre  ut,    " 
Deimling,  dr.,  oberichalrath  in  Karlamhep  cm  II  mSrz. 
Friedlein,  dr.  Qottfried,  rector  am  gjmn.la  Hof,  am  31  mai,  47  jähr 

alt.      (tüchtiger   mathematiker.      mitbegvünder   and    redacteui  M 

blKtter  für  das  bair.  gymnasial-  and  realBchalweeen.} 
Hilgera,  dr.  Joaepb,  direotor  dea  grmn,  au  Hagcnan,  am  äO  april. 
Höfer,  Oregor,  sehnlratb,  eeit  87  jabren  rector  des  Lndnigsg^mo.  H 

Mfiocben,  am  81  mal,  6i  jähre  alt. 
Hoffmann,  H.,  ord,  lehrer  am  gjma.  In  Thorn. 
Knocbenhaner,   Wilhelm,    hofratb,    emer.   re als c bald irector  In  IM 

ningen,  am  IS  mSra. 
Liohtnsr,  ord.  lehrer  am  Luiaenst&dt.  gjmc.  in  Berlin. 
Lyell,  Charlea,  baronet,  geb.  linor.  1797  la  Kinaord/  in  SohotlUa^ 

genialer  geolog,  geat.  am  23  febr.  in  LoodoQ. 
Hetger,  dr,  oberl.,  courector  am  gfmn>  an  Verdi.... 
Mörike,  Ednard,  geb.  am  8  aept,  18M  in  Lndnigsbnrg,  atarb  aml 

zu  Stuttgart. 
M  Uli  er,  dr.  Job.  Jao.,  professor  der  phjaik  an  polytechaicnm  in  ZI 

am  15  jannar. 
von  Palmer,  dr.  Christian,  ord.  prof.  dar  theologic  an  der  nni 

Tübingen,  am  39  mai  daselbst,    (bedentend  als  tbeolog  und  pl 

'evangel.  pädagogik'  4e  anfl.) 
Piderit,  dr.  Karl  Wilhelm,  direotor  dea  gymu.  in  Hanau,  am  W 
'60  jähre   alt.     (treffliche   scbnlaasgaban  der  rhetorischen 

Ciceros.) 
Scbrürs,  Peter,  ord.  lehrer  am  gjaa.  in  Ualtnedy,  Hm  1  jmiL 
T.  Uechtriti,  Peter  Friedr-,  geh. jastiirath,  freund  Imint 

tiker  und  dramut.  dichter,  75  jabra  alt,  am  16  febr. 
Wiedmann,  director  des  gfmn.  tn  Attendorn. 


ZWEITE  ABTEILUNO 

FÜR  GYMNASIÄLPiDAGOGIK  UND  DIE  ÜBBIGEN 

LEHBFlGHEB 

MIT    AU88CHLU8Z    DBB   CLASSISCHEN    PHILOLOOIB 

H£RAUSOEG£BEN   VON  PROF.   DR.  HERMANN  MA8IUS. 


26. 

NOCTES  SCHOLASTICAE. 


Zar  frage  Über  die  didaktische  und   pädagogische  an- 
leitung  der  schulamtscandidaten. 

Die  hier  bezeichnete  frage  ist  eine  derartige,  dasz  sie  mehr  aus 
ler  gewissen  fülle  eigener  lebendiger  erfahrungen  heraus  als  aus 
lexion  und  berathnng  in  einer  befriedigenden  weise  erörtert  wer- 
kann ;  wer  diese  erfahrungen  nicht  hat  machen  können ,  läuft, 
er  gleichwol  an  eine  solche  Untersuchung  heranzugehen  vor- 
ig hat,  immer  grosze  gefahr,  sich  in  eitle  und  thörichte 
itasieen  zu  verirren,  sich  mit  nebelbildern  zu  beschäftigen,  wäh- 
er  concretes,  reales,  lebendiges  vor  sich  zu  erblicken  glaubt, 
i  zn  idealisieren ,  anstatt  praktisch  brauchbares  zu  liefern,   daher 
denn  auch  das  hiesige  lehrercoUegium ,  als  ihm  diese  frage  ge- 
ward, es  nicht  wagen  wollen,  selbst  auf  die  discussion  ein- 
len,  und  hat  es  dem  Verfasser  überlassen,  sich  so  gut  oder 
lecht  es  gehe  hierüber  zu  äuszem.   ich  gestehe  nun,  dasz  ich  mich 
äaszerst  unfähig  hierzu  halte ,  will  aber  doch  einen  kleinen  bei- 
zur  beantwortung  der  vorgelegten  frage  bieten ,  einen  beitrag, 
sich  mehr  in  abstractionen  als   in  erfahrungen  bewegen  wird. 
id  vielleicht  ist  auch  das  nicht  völlig  werthlos,  wenn  aus  unserm 
►ise  etwas  von  ideen  zu  einer  frage  beigesteuert  werden  könnte, 
welche  den  königl.  schulbehörden  ohne  zweifei  viel  praktisches 
iterial  vorliegt. 

So  viel  ich  weisz ,  ist  Preuszen  das  erste  land ,  in  welchem  man 
m  den  zukünftigen  lehrern  gefordert  hat,  dasz  sie  zwischen  ihrer 
iversitätszeit  und  dem  wirklichen  eintritt  in  das  lehramt  eine  art 

K.  imhxb.  f.  phil.  u.  pid.  II.  »bt.  1875.  hfl.  8.  23 


354  Noctes  scholasticae. 

von  Probezeit  beständen,  ähnlich  wie  die  Juristen  eine  solch« üxrar 
praktischen  ausbildung  gewidmete  zeit  zu  bestehen  haben,  diejui* 
sten  haben  allerdings  eine  längere  zeit  der  praktischen  scholiUY  ^ 
zurückzulegen  als  wir,  haben  dafür  aber  auch  die  günstigere stfll- 
lung,  dasz  sie  bereits  von  ihrer  ersten  auscultatorenthfttigkeit  als 
im  unmittelbaren  dienst  des  Staates  stehend  betrachtet  werden. 

Dieses  sogenannte  probe  jähr  nun  führt  einen  sehr  flbki 
namen.  was  man  probt,  nimmt  man,  wenn  es  für  gat  befafite: 
wird,  definitiv  an,  z.  b.  wenn  man  eine  uhr  zur  probe  nimmt,  odff 
gibt  eS;  wenn  es  sich  nicht  bewährt,  zurück,  bei  unseim  probe» 
jähr  ist  eine  derartige  definitive  entscheidung  nicht  in  aussiiM 
gestellt ;  wenn  seine  lehrerqualification  sich  während  dieses  probi- 
jahres  auch  noch  so  gering  erwiese,  würde  dies  doch  kein  hiiäonii 
gegen  eine  etwaige  definitive  anstellung  geben,  sondern  man  wflidi 
es  den  anstalten,  die  es  mit  einem  solchen  lehrer  versnoben  woO|H| 
gewähren  müssen,  es  ist  also  eigentlich  keine  probezeit,  soila 
ein  Übungsjahr,  und  so  würde  ich  auch  dies  jähr  zu  nennen  lafta» 
da  es  in  der  that  nicht  ganz  unwesentlich  ist,  ob  man  den 
oder  den  andern  namen  wählt. 

Dies  Probejahr  nun  würde  füglich  ganz  in  Wegfall  komoMi 
können ,  wenn  es  den  behörden ,  welche  einen  lehrer  bemfen,  imbi^ 
nommen  wäre ,  diesen  lehrer ,  im  fall  er  sich  unbrauchbar  erwiM^ 
wieder  zu  entlassen ;  da  dies  aber  nicht  möglich  ist,  sondern  es  oibi* 
bar  viel  schwerer  hält ,  aus  einem  amt  heraus  —  als  in  dieses  uk 
hineinzukommen ,  so  ist  ein  solches  probejahr  doch  wenigstens  ete 
wenn  auch  noch  so  geringe  garantie  gegen  die  anstellung  ?oft 
brauchbaren  lehrern,  und  insofern  eine  derartige  einriehtnng  i 
angemessen,  wenn  sie  auch  in  ihrer  form  vieles  zu  wünschen 
lassen  sollte,  wie  denn  das  auch  sicherlich  bei  dem  jetzigen 
jähre  der  fall  ist.  indes  ist  diese  einrichtung  viel  wichtiger  ftr 
jungen  lehrer,  dem  so  über  die  tiefe  kluft  hinüber,  welche  die 
Wissenschaft  und  die  angewandte  Wissenschaft  trennt ,  von 
der  schule  eine  liebende  und  hülfreiche  band  entgegengestreckt  wiA 
es  klingt  über  alle  maszen  schauerlich :  haben  Sie  schon  Ihr  piok^: 
jabr  abgemacht,  oder  etwas  menschlicher:  erledigt?  erst 
das  probej  ahr  zu  einem  jähre  der  Übung  in  diesem  sinn  and 
wird ,  von  den  schulen  selbst  so  aufgefaszt  wird  —  und  ich  gl 
dasz  dies  nicht  viel  so  geschieht  —  wird  ein  neuer  geistimd 
neues  leben  hineinkommen,  von  diesem  gesichtspuncte  aus  bin 
allein  im  stände ,  diese  ganze  frage  zu  betrachten. 

Wir  unterscheiden,  denke  ich,  auf  naturgem&sze  weise, 
der  angehende  lehrer  von  der  Universität  her  mitbringt,  und  waii^ 
zu  diesem  mitgebrachten  hinzuerwerben,  hinzugewinnen  soll.  j 

Was  er  mitbringt,  ist  in  der  regel  ein  gewisser  grad  TÄ* 
wissenschaftlicher  bildung ,  welche  wieder  in  verschiedene  msnaaH 
sich  spaltet :  ich  hebe  solcher  momente  unter  den  vielen  zwei  herfQL 
1)  die  kenntnisse  in  dem  gebiete  der  speciellen  wissenscliafti  ml 


•.Aim^^ 


Noctes  scholastdcae.  356 

in  gewisses  universelles  wissen,  welches  diese  specielle  wissen- 
&haftliche  bildong  gleichsam  umgibt,  und  2)  ein  wissenschaftliches 
Oimen,  um  mich  so  auszudrücken:  also  ein  moment  der  reception, 
ad  ein  diesem  entsprechendes  der  production.  z.  b.  im  phüologi- 
then  wSre  die  kenntnis  der  litteratur  eines  Volkes  ein  solches 
cment  der  wissenschaftlichen  kenntnis,  dag^en  die  ffthigkeit,  eine 
oidarische  ode  zu  verstehen,  zu  interpretieren,  kritisch  zu  behan- 
in,  ein  moment  des  wis^toschaftlichen  könnens.  diese  momente 
id  natürlich  untrennbar  verbunden,  aber  sie  lassen  sich  doch  be- 
ifflich  auseinanderhalten,  wie  denn  auch  die  art  und  weise  der 
isehnng  beider  eine  ungleiche  ist,  eben  so  eine  ungleiche  ist,  wie 
I  mischungsverhältnisse  in  der  luft  u.  dgl.  verschiedene  sein  können. 
10  völlige  harmonie  ist  nicht  zu  erwarten^ bei  dem  einen  wird  das 
ile  moment ,  bei  dem  andern  das  zweite  überwiegen,  die  schule 
>eekhs  hat  eine  entschiedene  richtung  nach  der  seite  des  ver- 
iMDS,  kennens  und  wissens  hin  gehabt;  in  der  schule  Gottfried 
»rmanns  hat  die  richtung  auf  das  können  prftvaliert.  man  musz 
fcllrlich  einer  solchen  einseitigkeit  bei  unsem  jungen  leuten  ge- 
Irtig  sein,  und  musz  diese  einseitigkeit,  wenn  sie  mit  innerer  gei- 
gcr  tüchtigkeit  verbunden  ist,  auch  respectieren,  sch&tzen  und 
»kennen ;  aber  man  musz  auch  eben  hierüber  ein  sicheres  bewust- 
n  haben. 

Unsere  jungen  leute  haben,  so  weit  ich  das  habe  beurteilen 
inen,  überwiegend  eine  hinneigung  zu  jener  ersteren  richtung, 
•  seinen  natürlichen  grund  in  den  prüfungen  hat,  auf  die  sie  sich 
embereiten  haben,  wenn  die  prüfungen  mehr  darauf  hinstreben, 
%  dem  können  und  der  kraft  eines  jungen  matmes  eine  ansieht  zu 
liitnen,  wird  das  Studium  diese  richtung  einschlagen,  überdies  ist 
nermeszlich  leichter,  sich  ein  wissenschaftliches  ganze,  z.  b.  die 
bdiische  litteraturgeschichte,  einzuprägen,  als  z.  b.  sich  die  f&hig- 
zum  Verständnis  des  Aeschylus  zu  erwerben,  weil  man  dort  ein 

Itnismäszig  faszbares  vor  sich  hat,  während  fdle  arbeit  auf  dem 
gebiete  den  jungen  mann  nur  an  den  eingang  eines  unab- 
weiten  gebietes  führt,  die  griechischen  antiquitftten  lassen 
4  oder  6  wochen  durchmachen,  die  lectüre  des  Aeschylus» 
auf  ein  können,  auf  eigene  kraft  usw.  hinstrebt,  läszt  sich 
in  4  oder  6  wochen,  und  überhaupt  gar  nicht  durchmachen, 
positive  wissen  habe  ich  daher,  so  weit  ich  habe  beobachten 
Ben,  oft  sehr  grosz  und  weit  gefunden ^  das  eigentliche  können 
ftgen  zum  teil  sehr  gering. 

Es  wird  nun,  wenn  dies  der  zustand  der  dinge  ist,  die  schule, 
leher  ein  junger  mann  sich  anschlieszen  soll,  hierauf  durchaus 
bcht  nehmen  müssen,  wenn  sie  jenem  eine  wirkliche  liebe  be- 
^en  und  zu  seiner  weiteren  entwicklung  etwas  beisteuern  will. 
I^rird  ihn ,  wenn  bei  ihm  das  können  und  die  kraft  prävalieren 
|0,  in  eine  richtung  auf  ein  ganzes,  auf  ein  System,  auf  positive 
^etnisse  zu  bringen  suchen;  sie  wird  ihn  im  entgegengeseftzten 


i 


356  Noctes  Bcholasticae. 

falle  zu  einer  auf  das  können,  auf  kraftentwicUang  gericlitelfl& 
thStigkeit  veranlassen  müssen :  jedenfalls,  sei  es  in  der  einen,  sei  m 
in  der  andern  richtung,  zu  einem  streben ,  welches  der  wissenscU^ 
welcher  er  sich  gewidmet  hat,  und  der  allgemein  gdstigen  bildng, 
mit  voller,  inniger  liebe  zugewendet  ist.  wenn  es  uns  nicht  gdiagt, 
dieses  auf  die  geistigen  guter  gerichtete  streben  rege  zn  eihate 
und  zu  bilden  und  zu  leiten,  ist  der  junge  lehrer  meiat  für  denh* 
ruf  verloren,  der  ja  nur  dann  mit  ehVen  betrieben  werden  buk 
wenn  er  die  Wissenschaft  zur  Voraussetzung  hat.  denn  die  sdndi 
vermittelt  die  Jugend,  welche  ihr  anvertraut  wird,  xmi  die 
Schaft:  wie  kann  jemand  ein  lehrer  sein,  für  den  die  eine  oderüi 
andere  eine  verschwindende  w&re?  ich  glaube  auch,  dan  diBfl^ 
fahrung  hierfür  zeugen  werde,  dasz  der  schule  die  dringeiii 
pflicht  obliege,  zu  geistiger  und  wissenschaftlicher  strebsamlrait • 
zuregen,  denn  ich  kann  nicht  finden,  dasz  in  den  jnngm  taadiihlB 
im  allgemeinen  ein  so  starkes  streben  vorhanden  wftre, 
keiner  anregung  bedürfte;  ich  finde  vielmehr,  dasz  der  trieb 
Studium  an  stärke  mehr  und  mehr  abgenommen  habe  und 
immer  abnehme. 

In  der  uns  vorgelegten  frage  ist  zwar  nnr  von  di< 
und  pädagogischer  anleitung  die  rede ,  nicht  von  der  a&latuqg 
wissenschaftlichem  Studium,  und  es  ist  vielleicht  die  absieht 
jener  fragestellung  gewesen ,  die  discnssion  so  zn  beschrlnk«;  i 
glaube  jedoch ,  dasz  die  scientifische  anleitung  von  der  di 
und  pädagogischen  untrennbar  sei.    denn  die  wahre  didaktik 
nicht  blosz  die  kenntnis  des  gegenständes,  sondern  auch  die 
dik  des  eigenen  Studiums  zur  Voraussetzung,  und  die 
Wirksamkeit  ruht  zum  guten  teile  auf  begeistertem  stadinm. 
nur  wer  ganz  in  der  Wissenschaft  lebt,  wird  auch  liebe  zur 
Schaft  und  eine  höhere  und  edlere  Stimmung  und  richtong  der 
schaffen  können,    eine  didaktik  und  eine  p&dagogik  ohne  jene 
tung  auf  Studium  wird  immer  zu  einer  hohlen,  meehanieehMi 
geistlosen  werden. 

Diese   scientifische  anleitung  wird   sich   natttrlioh  nack 
wissenschaftlichen  Sphären,  auf  welche  sie  sich  bezieht ,  y( 
gestalten :  im  groszen  und  ganzen  aber  wird  sie  sich  doch  ab 
dreifache  herausstellen : 

1)  als  eine  solche,  welche  auf  er  Weiterung  des  wissenB 

2)  als  eine  solche,  welche  auf  Vertiefung  geht; 

3)  als  eine  solche,  welche  auf  eigene  prodnction  geht* 
Im  philologischen,  wovon  ich  allein  etwas  verstehe,  wllzdi 

erste  richtung  eine  möglichste  Umfassung  der  alten  antom 
streben,  die  jetzt  den  jungen  lehrem  fieist  ganz  abgeht;  die 
eine  selbständige  gründliche  durcharbeitung  eines  einzelneii 
mit  herbeiziehung  des  gesamten  exegetischen  und  kritisehen 
rials ;  die  dritte  endlich  production  eigener  gedanken  ans  dem 
der  speciellen  Wissenschaft,  wie  sie  sich  aus  der  zweiten  ricUfll 


Noctes  scholasticae.  357 

DZ  von  selbst  ergibt  und  an  diese  anschlieszt.  in  der  gescbichte 
irde  sieb  ebenso  ergeben  1)  eine  ausbreitung  über  die  s&mtlichen 
(toriseben  gebiete,  2)  ein  Studium  der  eigentlicben  quellenschrifU 
Her,  3)  die  bistorische  selbständige  abbandlung. 

Es  ist  bier  nicbt  der  ort,,  diese  andeutnngen  weiter  zu  yer- 
gen;  icb  gebe  jedocb  zu  bedenken,  dasz  diese  Studien  sieb  in  ent- 
liedener  abnabme  befinden;  dasz  sich  die  gelehrte  bildnng  im 
lologischen  durchscbnittlicb  nicht  über  den  standpunct  der 
ibnerschen  und  Weidmannseben  ausgaben  erbebt;  dasz  wenige 
»r  den  lebrem  sind ,  welche  die  mühe  einer  wirklich  Philologi- 
en arbeit  noch  übernehmen  mögen;  dasz  die  meisten  sich  mit 
'  aneignung  von  resultaten  begnügen,  statt  selbst,  auch  nur  an 
ma  autor,  die  arbeit  der  Jahrhunderte  zu  wiederholen,  und  nicht 
nl  auf  die  resultate,  als  auf  den  gang  der  forschung,  die  arbeit 
f  jene  resultate  hin,  zu  sehen. 

Ein  zweiter  punet  ist  die  theoretische  ausbildung  der  angehen- 
i  lehrer  in  bezug  auf  didaktik  und  p&dagogik.  hiermit  ist  es  um 
les  schlimmer  als  mit  dem  ersten  bestellt,  auf  den  universit&ten 
rden  derartige  collegia,  denen  der  praktischen  theologie  ent- 
Bchend,  entweder  gar  nicht  gelesen,  oder,  wenn  sie  gelesen  wer- 
I,  Ton  lebrem  gelesen ,  welche  gar  keine  praktische  kenntnis  und 
■16  erfahrung  besitzen,  man  kann  sagen ,  dasz  die  allermeisten 
damtscandidaten  in  dieser  hinsieht  völlig  roh  zu  uns  kommen, 
stehen  weit  hinter  den  elementarlehrem  zurück  und  sind  bis 
die  allerersten  elemente  hinab  völlig  laien.  sie  kennen  keine 
lire  didaktik  und  pädagogik  als  die,  welche  sie  aus  gewissen 
(Benmgen  von  ihrer  eigenen  Schulzeit  her  besitsen,  und  diese 
bflder  sind  zum  teil  sehr  bedenklicher  art.  bei  einigen  wenigen 
fiae  natürliche  iixc  für  Unterricht  und  erziehung  da.  zu  einer 
jni  und  technik  darin  bringt  es  fast  niemand,  dies  ist  einer  der 
feKsten  mängel  in  unserem  Schulwesen,  und  hierauf  ist  es  unsere 
»te  pflicht,  die  leitenden  behörden  aufmerksam  su  machen* 
irertraut  eine  heerde  kühe  nicht  dem  ersten  besten  menschen 
£ier  sich  zu  ihrer  fEIhrung  anbietet;  man  vertraut  dagegen  eine 
kr  blühender  knaben  lebrem  an,  die  keine  ahnuQg  davon  haben, 
uinder  zu  lehren  und  zu  erziehen  seien,  noch  vi^  weniger,  wozn 
Henn  zu  erziehen  seien,  diesem  Übelstande  würde  dadurch  zu 
llgnen  sein ,  dasz  man  von  den  angehenden  lebrem  den  beweis 
Itrte,  dasz  sie  im  besitze  einer  gewissen  kenntnis  von  didaktik 
1  Pädagogik  seien:  dasz  sie  beide  disciplinen  sowol  in  ihrem 
[torischen  als  in  ihrem  systematischen  teile  einigermaszen 
Bten ,  so  dasz  die  schulen  bei  den  dort  eintretenden  candidaten 
igstens  gewisse  allgemeine  Vorstellungen  und  begrifife  voraus- 
■■  könnten,  welche  nunmehr  von  den  jungen  leuten  auf  die 
■Bebe  praxis  angewandt  werden  sollten,  die  praktische  theo- 
I  bildet  einen  wichtigen  bestandteil  der  theologischen  bildung: 

etik,  liturgik,  homiletik  und  pastorallehre  sind  ganz  unerläsz- 


■beti 

i 


358  Noctes  scholasticae. 

liehe  disciplinen  für  den  jungen  theologen:  glaubt  man,  dasz  der 
lehrer  einer  solchen  theoretischen  bildung  über  seine  zukflxiftige 
Wirksamkeit  weniger  bedürfe?  früher  war  es  yielleicht  mögUeb, 
hierin  naturalist  zu  sein;  jetzt  aber,  wo  durch  Herbart  und  söse 
schule,  um  andere  nicht  zu  erwähnen,  diese  disciplinen  zu  einer 
solchen  ausbildung  gelangt  sind,  ist  es  dringend  nötig,  daszTon 
oben  herab  sorge  getragen  werde,  den  schulen  andere  individoei 
zuzuschicken  als  solche,  die  über  ihren  lebensbemf  vOllig  ignoran* 
ten  sind. 

Die  Pädagogik  und  didaktik  weist  aber  ebenso  auch  über  sidi 
hinaus  in  andere  wissenschaftliche  gebiete ,  welche  yielleicht  melar 
als  billig  ist  von  den  zukünftigen  lehrem  yemachlftssigt  werden: 
diese  gebiete  sind  1)  die  psych ologie  und  2)  die  ethik.  die 
letztere  liefert  unter  anderm  dem  pädagogen  die  sittlichen  ideeSi 
welche  er  an  dem  zögling  zu  erziehen  hat,  die  psychologiemaditili 
mit  den  Operationen  des  vorst^llens  und  des  denkens ,  und  mit  dn 
innern  process  im  gefühlsieben  und  in  dem  gebiete  des  begehrw 
und  wollens  bekannt,  innerhalb  deren  sich  alle  didaktik  und  iDi 
erziehende  thätigkeit  ununterbrochen  bewegt,  wie  will  denn  u  K 
ein  lehrer  zur  aufmerksamkeit  führen ,  der  überhaupt  nicht  vW 
was  aufmerksamkeit  ist ,  und  in  welchem  innern  process  sich  die 
aufmerksamkeit  bildet  und  erhält? 

Das  Probejahr  musz  diese  disciplinen  als  theoretische  bereSi 
voraussetzen,     es  kann  wol  zu  weiteren  Studien  anregen  und  ein 
tieferes  bewustsein  erstreben ,  aber  diese  disciplinen  nicht  gani  foi 
neuem  aneignen,    die  schule  kann  dem  candidaten  nur  bieten,  dtfi 
er  das  erkannte  richtige  übe  und  für  sich  und  für  seine  etwtigtt 
Schüler  nutzbar  mache,    mit  dem,  was  überhaupt  nicht  da  ist,  litft 
sich  auch  nichts  machen,    wo  dagegen  diese  disciplinen  als  wiiUÜ 
percipierte  vorhanden  sind ,  da  kann  die  schule  auch  ihrerseits  dii 
hand  reichen  und  ihre  mitwirkung  und  hülfe  eintreten  lassen,  v*  1 
wird  dies  teils  dadurch  thun ,  dasz  sie  nach  der  theoretischen  uto  : 
hin  das  wissen  erweitert  und  begründet,  teils  dadurch,  dasz  sie  A  i 
praxis  leitet.  j 

Was  das  erstere  anbetrifft,  so  ist  es  durchaus  wünschenswerAi  I 
dasz  der  junge  lehrer  dahin  geführt  wird,  nicht  mehr  in  lehrbfiditf* 
seine  pädagogische  Weisheit  zu  suchen ,  sondern  vielmehr  nach  dtf 
quellen  verlangt,  welche  ja  jetzt  immer  zugänglicher  gemacht  werdifr 
ein  und  dasselbe  wort  in  lebendigem  Zusammenhang  erkannt  isteii 
völlig  anderes,  als  wenn  es  aus  diesem  Zusammenhang  gelOstist  v> 
ein  beispiel  zu  nehmen,  wie  imendlich  oft  ist  Buffon  das  schöne  weit 
nachgesprochen,  Ue  stile  c'est  Vhomme',  und  wie  leichtsinnig  ist  M 
von  hunderten  falsch  verstanden,  weil  niemand  sich  die  mttbegA 
es  da  zu  lesen,  wo  es  von  Buffon  gesagt  ist:  in  der  rede,  die  er  btt 
seiner  aufnähme  in  die  Acad6mie  frangaise  gehalten  hat.  wie  btfoi 
erscheinen  uns  die  werte  eines  kirchenvaters,  wie  Athanasins,  wett 
^vir  sie  in  den  excerpten  bei  Gieseler  lesen,  und  wie  tief  gedacht 


Noctes  Bcholastioae.  359 

Bd  wahr,  wenn  wir  sie  im  Zusammenhang  an  ort  und  stelle  lesen, 
ies  ist  auch  mit  der  pädagogischen  litteratur  der  falL  Pestalozzi 
um  nur  im  Zusammenhang  gelesen  werden,  zu  diesen  quellen  ist 
an  der  junge  lehrer  hinzuführen,  von  Xenophon,  Plato  und  Aristo- 
iles  an  bis  auf  unsere  zeit  herab,  natttrlich  kann  das  probejahr 
ierzn  nur  den  weg  zeigen  und  den  anfang  machen,  spftter  reicht 
lom  das  ganze  leben  aus ,  um  diesen  quell  für  sich  zu  erschöpfen. 
I  Herbart  allein  hat  man  eine  unendliche  arbeit. 

Dies  ist  das  eine;  das  zweite  ist  die  praktische  seite.  die  schule 
\i  hier  einen  doppelten  liebesdienst  zu  erweisen,  ihre  thStigkeit 
t  dem  jungen  lehrer  ist,  um  es  so  auszudrücken 

1)  eine  reinigende, 

2)  eine  darstellende. 

iiiigend,  indem  sie  den  jungen  lehrer  die  tausend  Verkehrtheiten 
aden  lehrt,  welche  sich  dem  Unterricht  und  der  erziehenden 
Itigkeit  ansetzen,  keine  praxis  leidet  an  so  vielen  üblen  Unarten, 
\»  die  des  lehrers.  diese  haben  in  tausend  Ursachen  ihren  grund; 
Id  ist  es  befangenheit,  welche  die  spräche  hemmt,  bald  ist  es  die 
ästige  trSgheit  und  indolenz,  welche  z.  b.  verkehrte  wieder- 
longen,  unangenehme  flickwörter  gebrauchen  lehrt,  bald  mangel 
i  lebensart  und  feinem  gefühl,  welches  die  spräche  ins  niedere  und 
Beine  herabzieht  u.  dgl.  hiervon  ist  nun  die  praxis  des  unter- 
ÜB  zu  reinigen;  daneben  aber  zugleich  ihm  vor  äugen  zu  stellen 
t  echte  didaktik  und  die  wahrhafte  pädagogik,  und  zwar  in  lei- 
Dgen  und  in  personen,  welche  dem  jungen  lehrer  zeit  seines 
bens  als  leuchtende  steme  vor  äugen  stehen  sollen,  unsere  zeit 
;  in  dieser  beziehung  tief  in  verfall  gekommen,  man  verstand  sich 
r  50  jähren  unvergleichlich  viel  besser  auf  diese  dinge  als  heutzu- 
p.  der  philanthropinismus  und  Pestalozzi  lebten  damals  noch  in 
kn  und  begeisterten  männem  fort,  welche  eine  wohlgelungene 
kntunde  mit  ebenso  vieler  freude  betrachteten,  wie  wir  eine 
lUliche  conjectur.  um  so  mehr  müssen  wir  uns  vorhalten,  was 
I ideale  des  pädagogischen  wirkens  seien,  und  wie  sich  die  wirk« 
ikeit  zu  ihnen  verhalte ,  und  dasz  man  sich  nicht  etwa  über  sich 
bhe. 
f    Goethe  hat  irgend  einmal  im  gebiete  der  kunst  einander 

telerei  und  band  werk,  dilettantismus  und  kunst  g^enüber- 
It,  und  namentlich  dem  dilettantismus  seine  rechte  Stellung 
gewiesen,  dilettanten  im  scbulfache  gibt  es  eigentlich  nicht;  es 
ft nichts,  was  darin  den  dilettanten  anlocken  könnte,  von  kunst 
■B  auch  nicht  viel  die  rede  sein,  aus  gründen,  die  ich  hier  nicht 
krickeln  kann;  es  ist  die  rechtschaffene  und  ehrbare  Sphäre  des 
Augen  handwerks,  innerhalb  deren  wir  mit  fug  und  recht  stehen 
ben  können ,  zu  der  aber  auch  jeder  lehrer  hinaufstreben  sollte, 
^handwerk  aber  zeigt  sich  auch  hier  als  das,  welches  einen  gol- 

eboden  hat.    es  offenbart  sich  in  der  technik  des  docierens  und 
ens,  in  dem  sichern,  festen  und  stetigen  gange,  den  es  ein- 


i 


360  Noctes  scholaeticae. 

schlägt,  in  der  Solidität,  die  es  in  seinen  leiston  erstxebt,  iml 
ähnlichen  dingen,  die  Jugend  ist  kein  stoff,  um  daran  kOngÜeziidi 
zu  bilden  und  zu  experimentieren  mit  idealen  gedanken.  liaber. 
weniger  hoch  hinaus,  als  das  wohl  einer  jungen  seele  riskiert  a 
dieser  sichern  technik  nun  soll  die  schale  den  oandidaten,  den  m 
bei  sich  aufgenommen  hat,  hinführen,  indem  sie  ihm  in  darsidluigai 
dieser  art  muster  vor  äugen  hält. 

Es  ist  also  1)  eine  reinigende  und  2}  eine  darstellende  i 
Wirksamkeit,  die  sie  ihm  darbietet. 

Es  ist  nicht  gut,  über  andere  anforderungen,  welche  eine  sokob  . 
an  einen  candidaten,  dessen  sie  sich  bildend  annehmen  soll,  in  Bteäm 
hätte,  noch  über  das,  was  sie  ihm  zu  leisten  hätte,  sa  sprediei,  di 
jeder  glaubt,  des  guten  mehr  als  genug  zu  haben,  und  wenig  davoB 
zu  finden,    ich  rechne  dahin  wahre  liebe  einerseits  an  der  wiasap- 
schaft,  der  bei  der  jugend  eine  statte  bereitet  werden  sollt  andenr 
seits  zu  der  jugend ;  den  selbstsuchtslosen  dienst  im  amt  nnd  h»  ^ 
rufe;  die  collegialische  gesinnung,  welche  nichts  für  sich,  8<md«n 
alles  nur  im  bunde  mit  gleichgesinnten ,  für  den  gleichen  nnbk 
arbeitenden  amtsgenossen  sein  will;  den  sittlichen  wandel|  wddiflr 
auf  der  grundlage  eines  ernsten  und  treuen  Charakters  mht; 
christliche  demut,  welche  sich,  der  eigenen  Schwachheit  bewiuA, 
gott  wendet,  der  auch  in  dem  schwachen  ein  Werkzeug  zn 
dienste  erwählen  kann  usw.     freilich  wo  dieser  geist  nicht  weU| 
hilft  weder  scientifische  noch  didaktisch-pädagogische  anleitong  d« 
allergeringste;  aber  es  ist  übel  von  solchen  dingen  zu  reden»  wol 
sie  nicht  faszbar  sind,  und  zwar  in  formein  gebracht  werden  kSmui^ 
aber,  ob  sie  da  seien  oder  nicht,  nur  in  ihren  Wirkungen  erkuai 
oder  geahnt  werden  können,     fragen  wir  vielmehr,  was  mm  cBt 
schule,  wenn  alle  diese  Vorbedingungen  da  sind,  thun  kQnneuil 
thun  solle,  um  wirklich  dem  jungen  candidaten  hül&eich  und  sfit^l 
lieh  zu  werden. 

So  wie  dies  jetzt  oft  geschieht,  kann  es  unmöglich  die  leeUt 
weise  sein,  wir  übergeben  ihm  oftmals  lectionen,  bei  denen  et  aar 
scheinend  nicht  viel  darauf  ankommt,  ob  sie  mit  gutem  erfolge  g^ 
geben  werden ,  nebenlectionen  und  flickstunden ,  so  dasz  man  siekt^ 
es  ist  uns  nur  darum  zu  thun ,  den  candidaten  einigermaazen  natar- 
zubringen  und  zu  beschäftigen ;  oder  aber  wir  geben  ihm  lectionfli^ 
die  bei  dem  wirklichen  lehrer  sich  in  schlechter  band  befinden,  s* 
dasz  wir  hoffen ,  sie  bei  dem  candidaten  sicherlich  nicht  sohlediier, 
wol  aber  vielleicht  besser  unterzubringen,  in  dem  ersteren  falle  M 
kaum  zu  erwarten,  dasz  dieser  mit  rechtem  interesse  an  die  leotioMl 
herangehe;  denn  er  sieht  ja  so  gut  als  wir,  dasz  man  ihn  eben  aar 
abfinden  will;  in  dem  letzteren  sieht  er  allerdings,  dasz  man  gal* 
dienste  von  ihm  erwartet,  es  fehlt  ihm  aber  der  lehrer,  der  ihm  tU0 
anleitung  geben  oder  als  vorbild  dienen  könnte,  oder  aber  wir 
lassen  uns  von  dem  wünsche  leiten ,  einem  schwer  belasteten  \Artt 
durch  den  candidaten  einige  lectionen,  namentlich  correotnreDi  ab- 


Noctes  Bcholasticae.  361 

a  kOnnen;  wo  es  denn  nicbt  wohl  zu  erwarten  ist,  dasz  der 
le  lehrer  sich  nun  doch  der  lectionen  und  correcturen  so 
1  oder  sich  um  sie  so  kümmern  werde,  als  ob  es  seine  eigene 
,  die  jetzt  nur  für  ihn  gethan  werde,  in  allen  diesen  fUlen 
candidat  immer  nur  als  Stiefkind  oder  richtiger  als  *pack* 
behandelt  fühlen,  und  die  liebe,  die  nicht  das  ihre  sucht, 
u  auch  kann  es  ja  nicht  vermieden  werden,  dasz,  indem 
dat  lectionen  von  3  oder  4  lehrem  vertritt,  oder  also  von 
el  lehrem  eine  anleitung  erhftlt  (wenn  er  sie  erhftlt,  und 
"er  nicht  vielmehr  froh  sind ,  jene  lectionen  los  zu  sein),  in 
Kshender  weise  angeleitet  werde,  alle  diese  ttbelstftnde,  die 
einmal  in  ihrer  ganzen  schwere  dargestellt  habe ,  können 
angeordnete  verfahrungsweise  durchaus  nicht  empfehlen, 
i  man  nun  wirklich  fragt,  welche  hülfe  und  handreichung 
jungen  candidaten  vom  director,  von  den  Ordinarien  und 
tlichen  lehrem  der  ihnen  übergebenen  lectionen  dargeboten 
>  wird  man  auch  da  finden,  dasz  dieselbe  sehr  gering  zu 
e.  kurz  intra  muros  peccatur  et  extra, 
aus  ergibt  sich  wenigstens  einiges  von  dem ,  was  etwa  zn 
1  sein  dürfte,  um  das  probejahr  nützlicher  zu  machen, 
weise  den  candidaten  an  einen  der  tüchtigsten  lehrer  der 
olcher  lehrer,  die  ihm  wirklich  zeigen  kOnnen,  wie  das 
;en  und  die  anderweitige  behandlung  der  schüler  zu  be- 
i,  und  suche  es  möglich  zu  machen,  dasz  diese  in  ein  wirk- 
leres  Verhältnis  zu  dem  candidaten  treten  und  diesen  als 
inen  pflegling  und  lehrling  betrachten ,  der  ihnen  anver- 
ans  herz  gelegt  sei.  das  viele  bildet  den  menschen  nicht, 
lor  das  eine  und  einfache,  viele  koche  verderben  den  brei; 
vden  auch  viele  leitende  lehrer  den  jungen  mann  eher  ver- 
I  leiten  und  erziehen,  dieser  6ine  lehrer  nun  hat  ihn  dann 
eh  zu  nehmen,  statt  etwa  überall  herumzuhospitieren,  hAlt 
HUididat  nun  einstweilen  ganz  an  diesen  einen,  und  sucht 
■d  gesinnung  desselben  einzudringen,  er  geht  mit  ihm  in 
Aionen,  d.  h.  nicht  etwa  in  alle,  sondern  in  eine  bestimmte 
•ction  desselben ;  in  diese  aber  nicht  sporadisch ,  sondern 
denn  das  vereinzelte  besuchen,  hilfk  nicht  viel,  lehrt  den 
ft  wenigstens  nicht  die  einheit  des  Unterrichts  kennen,  ich 
B  collegen,  wenn  er  meine  lectionen  besuchen  wollte^ 
I  eine  art  von  bedingiing  gestellt,  dasz  er  diese  lection  nun 
I  zeit  dauernd  besuche,  denn  der  sporadische  besuch 
A  nicht  viel  helfen,  wol  aber  mir  schaden,  in  seinen  äugen. 
Band  wird  so  blödsinnig  sein  zu  glauben,  dasz  man  sich 
Mch ,  immer  gleich  frisch ,  immer  gleich  entschieden  usw. 
)b  ich  mag  mich  nun  nicht  dem  Schicksal  aussetzen,  nach 
r  zwei  lectionen  beurteilt  zu  werden,  ist  also  der  candidat 
^  so  möge  er  eine  zeit  lang  die  sämtlichen  lateinischen 
jJKses  seines  tutors  mit  diesem  besuchen,  als  beständiger 


l 


362  Noctes  Bcholasticae. 

gast,  der  ihm  nicht  von  der  seite  geht,  ist  dies  eine  zeit  lang  ge- 
schehen ,  so  wird  der  lehrer  sich  gelegentlich  einmal  y<m  ihm  ab- 
lösen lassen,  d.  h.  nicht  indem  er  ihn  statt  seiner  in  die  diM 
schickt,  sondern  indem  er  selbst  dabei  ist  und  ihn  dies  oder  du 
nach  seiner  weise  thun  läszt.  ich  will  ein  beispiel  nehmen:  eiiifc 
eine  anzahl  von  capiteln  eines  autors  gelesen  in  g^genwart  des 
didaten,  der  siQ  also  alle  mit  gelesen  hat;  wie  angemessen  ist 
nun,  den  candidaten  diesen  abschnitt  wiederholen  zu  lassen. 
Wiederholung  wird  dem  candidaten  immer  stoff  genug  bieten, 
zu  berichtigen ,  zu  belehren,  dann  wird  der  lehrer  es  auch 
dürfen,  ihm  eine  aufgäbe  selbst  anzuvertrauen,  etwa  wenn  der 
eben  den  Themistokles  hat  sehen  lassen,  nun  dem  candidaten 
Aristides  zu  übergeben,  oder  auch  auf  einige  zeit  einen  teil 
lectionen  ganz  abzuzweigen  und  ihm  etwa  d^e  lectttre  des  Ofid 
zuvertrauen.  dies  hätte  doch  einen  sinn  und  würde  einer  wizUiflhi 
Schulung  nahe  kommen,  in  einiger  zeit  kann  der  oursus  bei 
ersten  lehrer  beendigt  sein,  so  dasz  der  lehrling  in  diesem 
kann  losgesprochen  werden:  in  wie  ^langer  zeit,  kann  nii 
sagen ;  es  können  6 — 8  wochen  hierzu  ausreichen ;  es  kann  aber 
ein  halbes  jähr  dazu  erforderlich  sein. 

Dies  verfahren  nun  ist  nicht  ohne  beispiel.  in  dem  pra! 
England  werden  so  geistliche,  lehrer,  &rzte  usw.  praktisch  gel 
nach  absolvierten  Studien  gehen  die  jungen  leute  (giengen  siew< 
stens)  in  der  regel  zu  einem  vorzüglichen  geistlichen  usw.  und 
zu  diesem  in  das  nächste  persönliche  Verhältnis,  begleiteten 
geistlichen  bei  seinen  pastoralen  besuchen,  den  arzt  zu  den 
lernten  so  unter  den  äugen  eines  bewährten  Schulmannes  und 
dessen  äugen  unterrichten,    in  Rom  wurden  vorzügliche  j 
wie  Cicero,  in  das  contubemium  eines  hervorragenden 
redners  oder  Juristen  gegeben,    die  ritterliche  erziehung  des 
alters  hatte  völlig  diesen  Charakter. 

So  wird  also  auch  der  zukünftige  lehrer  auf  einige  zeit 
sam  in  das  contubemium  eines  bewährten  lehrers  gethan 
und  in  diesem  Verhältnis  allmählich  zu  eigenem  gleichen 
hingeführt  werden,   ich  setze  dabei  voraus,  dasz  der  lehrer  sdbik 
seinem  fache  tüchtig  ist,  und  dasz  er  das  verlangen  in  sich 
sein  eigenstes  wesen  und  das  beste,  was  er  in  dieser  beziehung 
und  kann,  mitzuteilen  und  so  fortzupflanzen,   die  wähl  des 
ist  natürlich  sache  des  directors ,  der  ja  in  gewisser  weise  allein 
stände  ist,  zu  beurteilen ,  was  jeder  seiner  coUegen  zu  bieten  und 
leisten  vermöge. 

In  derselben  weise  wird  an  die  erste  lehrlingsstaÜon  sich 
zweite  und  dritte  anschlieszen  können,  wenn  eine  gröszere 
von  lehrem  da  ist,  welche  befähigt  scheint,  eine  solche  schnlov 
übernehmen,    die  zahl  solcher  lehrer  ist  gering;  denn 
nicht  blosz  kenntnisse  oder  lehrtalent  dazu,  sondern  auch  d» 
sinnung,  welche  bereit  ist,  einem  jungen  manne  so  freund  und 


Noctes  scholasticae.  363 

werden,  das  ganze  menschliche  leben  ist  ja  ein  beständiges 
)en  und  empfangen,  sollen  diese  beiden  in  rechter  weise  vor  sich 
len,  sa  mnsz  zwischen  ihnen  liebe  und  dank  stehen. 

Was  nun  femer  die  pädagogische  seite  anbetrifft,  so  wird  der 
tdidat  auch  hier  praktisch  in  die  gronds&tze  einer  yerständigen 
1  ernsten  christlichen  pSdagogik  eingeführt  werden  kennen,  wir 
Dnen  ja  den  Unterricht  nicht  von  der  sittlichen  behandlung  der 
Hier,  und  wollen  ja  durch  den  Unterricht  zugleich  sittlich  wirken, 
im  auch  dies  sitÜiche  wirken  nicht  in  dem  Unterricht  völlig  auf- 
il,  sondern  daneben  seine  eigene  sphSre  und  seine  eigenen  mittel 
..  die  sittliche  behandlung  zerfällt  nach  Herbart  inl)regierung 
1  2)  zu  cht,  von  denen  die  erstere  alle  störenden  und  hemmen^ 
1  «lemente  fem  hält,  die  letztere  dagegen  in  positiver  richtung 
I  lo  erziehenden  seinem  ziele  zuführt,  in  der  einen  wie  in  der 
lern,  in  regierung  wie  in  zucht  wird  der  candidat  von  dem  lehrer, 
D  wir  ihn  anvertraut  haben,  lernen,  auch  ohne  viele  Worte,  an 
lem  thun,  ja  auch  selbst  dies  thun  ist  nicht  immer  nötig;  sein 
Ui's  sein  wird  hier  bildend  und  leitend  wirken  können,  der  her- 
\  Karl  August  bat  einmal  an  Knebel ,  als  dieser  statt  der  pension 
m  dienst  erbat,  zurückgeschrieben:  es  müste  auch  leute  geben, 
nicht  arbeiteten,  sondern  durch  ihr  bloszes  dasein  segen  ver- 
Heien,  so  wirken  vorzügliche  lehrer  durch  ihr  bloszes  sein,  ohne 
I  mmor  zu  machen,  von  einem  solchen  lehrer,  wie  ich  ja  deren 
me  und  gekannt  habe ,  wird  der  candidat  dann  lernen ,  wie  die 
nud  je  nach  ihrem  lebensalt  er  zu  behandeln  sei:  auf  der  einen 
!•  liebevolle  herablassung ,  auf  der  andern  tiefer  sittlicher  ernst, 
pgkeit  des  willens,  consequenz  des  ganzen  wirkens  usw.  alle 
p  dinge  lernen  sich  nicht  von  vielen,  sondern  von  einem,  der 
pdben  in  sich  trägt,  wie  denn  wir  alle  sagen  werden,  dasz  das 
dy  welche»  wir  zu  verwirklichen  suchen,  nicht  vielen  einzelnen, 
einem  oder  wenigen  entnommen  sei.  ein  Apoll  wird  nicht 
it,  indem  der  künstler  die  ingredienzien  hierzu  von  10  schönen 
entnimmt;  ebenso  wird  auch  der  vorzügliche  lehrer  an  einem 

durch  einen  lehrer  gebildet,  dessen  vorbild  ihm  dann  wie  ein 
an  gleicher  stelle  leuchtender  stem  vor  äugen  stehen  wird. 

Hiermit  sind  nun  auch  zum  teil  schon  die  weiter  vorgelegten 
beantwortet : 

1)  wie  der  candidat  beim  eintritt  in  den  Organismus  der  schule 
I  die  an  ihr  geltende  Ordnung  einzuführen  sei  ? 

Wenn  unter  Organismus  der  schule  die  Verteilung  der  lectionen 
41ie  betrefifenden  lehrer  zu  verstehen  ist,  so  ergibt  ihm  das  der 
skatalog ,  den  man  ihm  ja  vorlegen  wird,  und  an  dessen  con* 
n  ich  ihn  gern  teilnehmen  lasse,   sowie  die  einsieht  in  eine 
aufeinanderfolgender   programme.     die  Ordnung  der  schule 
er  aus  den  Schulgesetzen  und  den  ersten  conferenzen  kennen, 
das  weitere  wird  ihn  ja  der  director  instruieren  können. 


k 


364  Noctes  scholasticae. 

2)  wie  das  hospitieren  der  probanden  zu  ordnen  nnd  frnc 
zu  machen  sei? 

Man  wird  hier  unterscheiden  müssen  das  hospiüerow  ii 
oben  entwickelten  sinne,  was  billiger  weise  gar  nicht  hospi 
genannt  werden  sollte,  von  dem  anderweitigen  besuche  von 
stunden  anderer  lehrer.  jenes  erstere  ist  kein  zu  gaste  sein,  sc 
ein  teil  der  Schulung,  ein  stetiges,  ununterbrochenes,  was  da 
tere  anbetrifft,  so  ist  auch  hier  die  hauptwamung,  es  nicht  zu 
vagabundierenden  zu  machen,   dies  ist  nemlich 

a)  unfruchtbar,  weil  es  nur  sporadische  belehrung  gibt, 
man  das  überhaupt  belehrung  nennen  kann:  dies  hospitierei 
doch  nur  dann  ersprieszlich  sein,  wenn  es  die  methode  des 
richts  eines  lehrers  als  ein  ganzes  kennen  lehrt  und  in  dei 
seiner  pSdagogik  einführt,  dazu  gehört  aber  ein  stetige  besi 
wisser  in  sich  verbundener  lehrstunden,  z.  b.  der  dem  etile  ; 
meten  lateinischen  stunden  einer  classe  oder  der  dem  griecl 
grammatischen  unterrichte  gewidmeten,  der  junge  lehrer 
immer  auf  den  gewinn  eines  ganzen  hingewiesen  werden. 

b)  es  ist  nachteilig ,  indem  es  den  laufenden  unterrichl 
wenn  der  candidat  so  anscheinend  planlos  in  die  classe  gei 
kommt,  dies  ist  ganz  anders,  wenn  auch  die  classe  sieht,  da 
selbe  hineinkommt,  um  vdrklich  die  behandlung  eines  gegen£ 
kennen  zu  lernen;  ja  es  hebt  die  lection  in  den  äugen  der 
wenn  diese  sieht,  dasz  die  art  und  weise  der  behandlung  ein 
chen  beachtung  werth  gehalten  wird. 

c)  das  sporadische  hospitieren  hat  den  nachteil ,  dasz  der 
tierende  auf  die  etwaigen  Schattenseiten  einer  lection  mehr 
als  auf  das  gute,  dies  ist  das  dauernde  und  gleiche,  w&hi 
auch  dem  allerbesten  lehrer  mit  einer  lection  nicht  immer  g< 
will,  leider  sind  unsere  candidaten  mehr  geneigt,  das  ihnen  n 
haft  scheinende,  das  negative,  mehr  zu  sehen,  als  dem  guten 
tiven  nachzusinnen  und  nachzuspüren,  dem  wird  am  besi 
steuert  werden,  wenn  das  hospitieren  so  lange  stetig  fortdan< 
der  candidat  glaubt,  in  den  geist  und  in  die  methode  des 
oder  die  behandlungsweise  für  diese  bestimmte  disciplin 
drungen  zu  sein. 

Dies  hospitieren  ist  keinem  lehrer  angenehm,  es  fol 
daraus ,  dasz  es  von  seiten  der  schule  zu  ordnen  sei.  der  d 
wird  darin  den  vermittler  abgeben,  dasz  ein  lehrer  in  den 
willige ;  der  candidat.  wird  diese  einwilligung  als  eine  en 
gunst  schätzen  und  daflir  dankbar  sein,  diesen  dank  auch 
grosze  discretion  in  seinem  etwaigen  urteil  documentieren  x 
ein  beliebiges  hospitieren  ist  ebenso  wenig  zuzugeben,  wie 
stetes  und  vagabundierendes,  es  gibt  lehrer,  bei  denen  der  m 
allenfalls  fehler  und  mängel  kennen  lernen  würde;  bei  i 
lehrem  ist  das  hospitieren  unbedingt  zu  verhüten,  man  1 
den  schwachen  lehrer  nicht  dem  scharfen  äuge  des  candidatei 


Noctes  Bcholasticae.  866 

mstellen,  wie  kein  verständiger  menscb  seine  schmutzige  wasche 
(dgt;  die  schule  ist  kein  ort,  wo  man  durch  fehler  anderer  lernen 
knn. 

Hat  der  candidat  so  durch  stetiges  hospitiexBn  sich  hinreichend 
Iber  das  wie  orientiert,  so  ist  es  seine  sache,  sich  auch  persönlich 
Iber  das  warum  zu  unterrichten  und  so  in  die  verschiedenen 
Kthoden  eingeftthrt  zu  werden,  denn  allerdings  ist  das  wie  und 
10  ohne  ein  warum  und  darum  ein  halbes  und  unsicheres. 

Die  dritte  frage  ist  auf  die  dem  candidaten  zu  llberweisenden 
Bterrichtsstunden  gerichtet;  hierfür  sollen  gewisse  regeln  gegeben 
icrden. 

Bei  der  von  mir  entwickelten  ansieht  musz  ich  überhaupt  das 
{tue  jetzige  probejahr  in  seiner  jetzigen  gestalt,  und  also  auch 
Im  tjstem  der  Unterrichtsstunden  verwerfen :  so  dasz  dem  candi- 
kbm  gewisse  lectionen  anvertraut  werden ,  zu  deren  erteilung  die 
ttiigl.  scbulbehörde  ihre  Zustimmung  zu  geben  hat.  in  Wahrheit 
lirft  man  jetzt  den  candidaten  ins  wasser  hinein,  und  fragt  erst 
iUierher,  ob  er  auch  wol  schwimmen  gelernt  habe,  wir  begehen 
hnit  eigentlich  ein  unrecht  an  den  schülem  und  deren  angehSrigen, 
iiem  wir  schüler  als  lehrer  über  schüler  setzen  und  ilmen  dafür 
m  Schulgeld  abnehmen ,  dasz  diese  candidaten  an  unsem  schülem 
iterrichten  lernen  sollen,  da  nun  aber  einmal  das  Unterrichts- 
Ittdensjstem  leider  da  ist  und  wol  auch  bleiben  wird,  so  will  ich 
lefa  für  diesen  fall  wenigstens  andeuten,  wie  es  nach  meinem  dafür- 
llten  besser  eingerichtet  werden  könnte: 

a)  man  lasse  sie  unterrichten  in  dingen,  von  denen  sie  wenig- 
■tt  etwas  verstehen,  also  z.  b.  den  philologen  in  philologischen 
PBden,  und  nicht  in  der  religion,  wovon  er  müglichenfalls  gar 
Üto  versteht,  den  mathematiker  nicht  im  französischen  usw.,  d.  h. 

Stehe  mehr  auf  ihn  als  auf  die  stunden,  in  denen  er  am  wenig- 
schaden anrichten  werde. 

b)  man  gebe  ihnen  nicht  etwa  viererlei  lectionen,  sondern  be- 
:e  sie  möglichst  auf  wenige  lectionen  und  wenige  dassen.  es 

sehr  wohl  auf  ein  minimum  von  6  stunden  verzieht  geleistet 
i;  vier  stunden  sind  besser  als  sechs,  wenn  die  vier  conoen- 
werden  könnten. 

c)  man  hebe  die  forderung  auf,  dasz  sie  im  zweiten  Semester 
lectionen  bekommen  sollen,    im  zweiten  Semester  würden  sie 

deicht  das  wieder  gut  machen  können,  was  sie  im  ersten  Semester 
idiadet  haben. 

d)  man  mache  es  möglich,  dasz,  wo  eine  classe  überfüllt  ist, 
|l  dieser  ein  teil  abgezweigt  werde,  und  dieser  in  einem  ganzen 

einem  fähigen  candidaten  anvertraut  werde;  an  diesem  teile 

le  er  so,  iui  zweiten  semester  etwa,  seine  kraft  erproben  können, 

rlich  unter  der  controle  des  betreffenden  lehrers.   es  ist  leicht 

lieh,  die  stunden  so  zu  legen,  dasz  die  stunden  des  letzteren 

it  mit  denen  des  candidaten  zusammenfallen. 


l 


368 


StatiBtisches  aus  Prenazen. 


zu  dem  ergebnis  gelangt,  dasz  etwa  1100  jener  scbfller  die  g 
Samen  classen  als  realclassen  benutzen  und  daher  eigentti 
realscbule  zuzurechnen  sind,  die  dadurch  entstehende  abw( 
ist,  wie  unten  zahlen  beweisen  werden ,  nicht  sehr  bedeaten< 
doch  immerhin  ein  hindemis  exacter  forschung.  der  nachfol 
darstellung  hat  natürlich  nur  die  amtliche  Zählung  jener  ( 
Samen  classen  zu  gründe  gelegt  worden  können. 

Ein  anderer  übelstand  ist,  dasz  bei  den  sftmmÜichen  1 
lehranstalten  die  gesamtfrequenz,  nicht  die  wirkliche  frequei 
bestimmten  tages  angegeben  ist,  während  bei  der  volkszähl 
Sachlage  unbedingt  die  zahl  eines  bestimmten  tages  erheischt 
meinen  erfahrungen  stellt  sich  die  gesamtfrequenz  etwa 
schnittlich  im  allgemeinen  um  72  ^^^  hSchstens  2  procent  hl 
die  thatsächliche  frequenz  eines  tages,  während  sie  in  dei 
prima  selten  abweicht,   eine  folge  der  amtlichen  frequenzzäh] 
demnach,  abgesehen  von  anderem,  dasz  sich  die  procente, 
die  primaner  bez.  abiturienten  Ton  der  gesamtsunune  der 
bilden ,  etwas  niedriger  berechnen ,  als  sich  bei  der  thatsäc 
frequenz  eines  tages  ergeben  würde,   es  soll  nicht  verkannt ' 
dasz  die  berechnung  jener  gesamtfrequenz  sehr  heilsam  und  z 
trole  unumgänglich  nötig  ist  —  sie  verfElhrt  freilich  auch, 
aus  mitteilungen  weisz ,  zu  ungenauigkeiten  —  aber  sollte 
nicht  empfehlen ,  die  frequenz  eines  tages ,  die  schon  amtlj 
jeder  einzelnen  anstalt  angegeben  werden  musz,  ebenfalls 
öffentlichen? 

Die  zunächst  nachfolgende  tabelle  I  ist  eine  tabelle  der 
Schulbildung  in  Preuszen:  sie  berechnet,  wie  viel  schfiler 
lehranstalten  (gymnasien,  progymnasien ,  realschulen  ersi 
zweiter  Ordnung,  amtlich  anerkannter  höherer  bürgerschulen) 
einzelnen  halbjahren  auf  je  100,000  einwohner  kommen. 
halbjahr  1871/72  konnten  ohne  weiteres  die  ergcbnisse  d 
liehen  Volkszählung  vom  1  december  1871  zu  gründe  gelegt ' 
für  die  anderen  halbjahre  aber  muste  die  entsprechende  bevölk 
Ziffer  erst  durch  berechnung  gefunden  werden,  denn  aus  vergl 
der  die  bevölkerung  Preuszens  im  jähre  1867  darstellenden 
bei  Hübner  und  der  zahlen  der  Volkszählung  von  1871  in 
höherem  Schulwesen  ergibt  sich,  dasz  sich  die  bevÖlkei 
Preuszen  in  jenen  4  jähren  in  allen  provinzen  um  folgende  p 
vermehrt  (bez.  in  Pommern  vermindert)  hat: 


e 
o 

N 

M 


I 


'S  u 


a 

Z  s 

O  Cm 

0, 


c 

'i 

u 

(X) 

c 
•i 

Schleswig 
Holstein 

1,499    5,273  -0,063  3,022|3,385  1,761  1,449 


u 

► 
o 
e 
e 

C9 


e 


88 


0,999  8,958  1,497   (56t 


^  die  Vorschulen  sind  nicht  mitgezählt. 


StatistischeB  aus  Preuszen. 


369 


entsprechend  hat  die  bevölkerong  jedenfalls  auch  Ton  halb- 
albjahr,  nach  der  gewöhnlichen  berechllangsweifle  in  geo- 
ir  Progression,  zugenommen,  bez.  in  Pommern  abgenommen, 
ras  dieser  betracbtung  und  darauf  gegründeter  berechnung 
ebenden  bevölkerungsziffern  sind  in  der  nachfolgenden 
a  den  zahlen  der  höheren  schaler  je  in  den  einzelnen  pro* 
i  Verhältnis  gesetzt  worden, 
ergebnis  ist  folgendes, 
kamen  auf  je  100,000  seelen: 


I. 


inzen 


iidenbarg 

hsen 

Dmern 

isen- 

laa 

QDOver 

stfalen 

len 

mscen 

ileaien 

r  Rhein- 

inz    und 

enzollem 

shleswig- 

itein 


; 

Schüler 

»onuner 
1868 

tonuner 
1871 

winUr 
1871/72 

somioer 
187S 

Winter 
1872/78 

619,9 
510,0 
495,2 

•onmtr 
1878 

;!     559,5 

460,7 

j!     384,7 

611.6 
507,1 
445,5 

612,8 
494,6 
448,9 

625,0 
580,1 
469,7 

621,2 
680,6 
518.3 

•    302,2 
1    236,7 

343,7 
,     353,5 
'•     343,2 

321,4 

445,2 
394,0 
378,5 
380,1 
357,0 
368,8 

435,2 
892,8 
380,1 
376,4 
363,8 
368,9 

471,9 
424,0 
385,1 
885,0 
865,0 
868,4 

467,8 

416,4 

884,9 

888,3 

869,7   ' 

865.7 

499,1 
486,0 
893,7 
885,0 
875,0 
868,7 

i 

328,4 

340,9 

362,4 

347,4 

869,4 

850,4 

.;     184,4 
i!    358,2 

.    251,7 

,    409.9 

248,8 
i    413,2 

261,4 
422,8 

255,8 
424,2 

827,2 
482,1 

I  dieser  Übersicht  ergibt  sich  erfreulicher  weise,  daez  die 
tr  Schüler  höherer  lehranstalten ,  auch  verhftltnismAazig  be- 

in  Preuszen  in  stetiger  zunähme  begriffen  ist,  dasz  von 
I  1871  mehr  als  je  5  schüler,  von  1868  bis  1873  mehr  als 
Qer  auf  je  10,000  einwohner  hinzugekommen  sind,  und  dasz 
t  Sommer  1872  bis  1873  die  zunähme  im  ganzen  hat  je 
r  auf  10,000  einwohner  beträgt,  die  zunähme  ist  im  ganzen 
IDg,  stärker  im  sommer  als  im  winter,  teils  wol,  well  die 
lenigen  anstalten,  deren  jahrescursus  zu  ostem  beginnt, 
ili,  teils  weil  auch  das  bürgerliche  jähr  im  ganzen  mit  oetem 

infolge  dessen  ist  der  zudrang  zu  ostem  viel  grOszer  als 
lelis,  während  doch  zu  michaelis  ein  immerhin  beträchtlicher 
Schülern  auäscheidet. 

>  reihenfolge  der  einzelnen  provinzen  ist  namentlich  nach 
uner  1873  festgestellt;  doch  stimmt  auch  in  den  anderen 
m,  im  durchschnitt  berechnet,  die  reihenfolge  damit  über- 
'  würde  Preuszen,  das  sich  in  letzter  zeit  in  seinem  höheren 
Wm  besser  entwickelt  hat,  nach  Schlesien  zu  stehen  kommen, 
idies  nicht  in  den  beiden  letzten  halbjahren  überholt  hätte. 
B  stetigsten  sind  die  fortschritte  in  Pommern  und  Preuszen, 

i*tf.phil.  a.  päd.  II.  aht.  1S75.  hf!.  S.  24 


370 


Statistisches  aus  Preuezen. 


vielleicht,  weil  dort  die  Jahrescurse  nicht  überall  streng  dureh- 
geführt  werden  oder  wenigstens  nicht  in  allen  dassen  gleichmbiig 
zu  derselben  zeit  einen  bestimmten  abschlusz  finden.  atBrkere  fin* 
quenz  im  winter  zeigt  sich  in  der  Eheinproyinz  nnd  in  8chlenBi| 
weil  daselbst  die  katholischen  lehranstalten ,  in  ersterem  auch  &  | 
evangelischen  ihre  curse  gegen  ende  des  sommers  schliessen  nudiB 
winter  eröffnen,  stärkere  frequenz  im  sommer  zeigt  sich  in  Bnotej 
bürg,  Sachsen,  Hessen-Nassau,  Hannover,  Posen,  Schleswig-Hol 
und  zum  teil  in  Westfalen. 

Voran  stehen  die  drei  fast  rein  evangelischen  provinzenBi 
bürg ,  Sachsen  und  Pommern ,  femer  die  ganz  Überwiegend  eva>] 
gelischen  Hessen -Nassau   und  Hannover,     eine  ausnähmet 
nehmen  unter  den  fast  rein  oder  überwiegend  evangelischen 
vinzen  nur  Schleswig-Holstein  und  Preuszen  ein.  ersteres,  dai, 
die  Übersicht  ergibt,   die  höheren  schulen  jedenfedls  nor  teSfapeMJ 
entwickelt  hatte,  ehe  es  preuszisch  wurde ,  nimmt  zwar  noch  i 
die  letzte  stelle  ein,  wird  aber  bald  einige  katholische  proviinmi 
reicht  haben,  und  ist  in  der  betreffenden  zeit  in  eine  kräftigen 
Wicklung  eingetreten,  als  die  meisten  anderen  provinzen. 
leidet  bei  dem  teilweise  herschenden  mangel  an  leichten  V( 
straszen  und  der  dtlniien  bevölkerung  auch   in  bezug  auf 
höheren  schulen  mehr  not  als  irgend  eine  andere  alte  evangelii 
provinz ,  scheint  aber  für  die  Zukunft  besseres  zu  versprechen. 

Neben  Schleswig-Holstein  und  mehr  noch  als  dieses  haben  a( 
Hannover  und  Hessen  -  Nassau  kräftig  entwickelt ,  in  denen  die 
nähme  namentlich,  wie  in  Schleswig-Holstein ,  auf  rechnung 
reallehranstalten  zu  setzen  ist.    man  gewinnt  dadurch  die 
Zeugung ,  dasz  jene  drei  provinzen  in  ihrem  höheren  bildi 
durch  die  annexion  nicht  wenig  gefördert  sind,  so  trefflich  sie 
vorher  schon  mehrere  Seiten  des  höheren  Unterrichts  ai 
hatten,   es  ist  wol  wahr,  dasz  die  starke  zunähme  der  fipeqaeni 
weise  dadurch  zu  erklären  ist,  dasz  manche  anstalten,  die  b« 
annexion  wegen  mangelhafter  leistungen  in  keine  kategorie  hol 
lehranstalten  Preuszens  aufgenommen  werden  konnten,  inxi 
das  erreicht  haben    —  dieser  gesichtspunct  ist  überhaupt  bei 
urteilung  der  frequenz  festzuhalten  —  aber  ist  denn  dies  niebt 
ein  fortscbritt  zu  bezeichnen ,  der  namentlich  dem  in  Preuszen 
beträchtliche  rolle  spielenden  bürgerstande  zu  gute  kommt, 
sich  verschiedene  anstalten  so  wesentlich  gebessert  haben? 

unter  den  alten  evangelischen  provinzen  zeichnet  sich  P< 
durch  frischen  aufscbwung  vor  allen  aus.  vielleicht  hat  die  nibe 
reichshauptstadt  und  der  reichshauptprovinz  darauf  einflosz 

In  Brandenburg  selbst  freilich  hat  die  zahl  der  höheren 
zuletzt  scheinbar  verhältnismäszig  abgenommen:   in  Wahrheit 
jedoch  ihre  zunähme  nur  nicht  mit  der  zunähme  der  besonder! 
der  hauptstadt  reichlich  einströmenden  bevölkerung  gleichen 
halten  können. 


StaüetiecbeB  auE  PreuBzon. 


371 


ter  den  überwiegend  katholischen  provinzeu  ragt  Westfalen 
n  bervor  und  würde  eine  noch  efarenvolleve  Stellung  ein- 
,  wenn  nicht  seine  unteren  clnssen  merkwürdig  schwach  be- 
Iren,  Schlesien,  in  welchem  die  katholiken  nur  eine  um 
Oborwie'gende  mebrheit  haben,  aber  verhältniamäszig  viel 
höhere  lehmnstaltcn  besitien,  ist  zurückgegangen,  Poeen 
eblieben,  die  Rheinprovinz  dem  wenigstens  nahe  gekommen. 
,n  sich  kaum  des  gedankens  erwehren ,  dasz  dies  infolge  des 
mpfes  durch  den  Widerwillen  einiger  katholiken  gegen  an- 
lerbei geführt  ist,  auf  die  der  staat  mit  kräftigem  entschlusz 
id  gelegt  hat. 

nachfolgende  tabelle  11  soll  dazu  dienen,  einen  tiberblick 
zu  geben,  in  welchem  Verhältnis  die  gesamtheit  der  schUler 

gynmasislsjstem  augehörigen  anetalten  (gymnssien  und 
laaien)  zu  der  gesamtheit  jener  achUler  steht,  welche  die 
Jsystem  angobörigen  onstalten  (realscbulen  erster  und 
>rdnung  und  höhere  bUrgerscbuien)  besuchen,  es  schien  in 
alle  ausreichend,  die  berecbnung  auf  drei  hatbjahre  zu  be- 
n.  die  tabelle  giebt  je  unter  1)  an,  wie  viele  pfocente  s&mt- 
btüer  höherer  lehranstalten  dem  gymnasialsystem ,  unter  3) 
I  dem  realsyatem  angehörten: 

n. 


T3,&1 
26.46 
73.7* 
26.2S 

77.68 


68.33 
31.67 
09,82 
40.18 

6e,<j3 

37.1)2 


41.40 

(19,06 
30.94 

'e,B3  51.37 

5,70  4Ä.68 

4,30  57.32        ' 

7.94  63,24        I 

a.06  36,76        \ 

Ubelloii  isl   lIoheiiEoller 


75,86 
B4,14 
76,33 


3t.&9 
62.22 
37,78 
57.82 
43.68 
56.19 
43.81 


1 


372 


Statistisches  aus  Preuszen. 


Die  reihenfolge  der  provinzen  ist  nach  dem  jähre  IBTSindff^ 
weise  gebildet,  dasz  diejenigen  provinzen,  welche  jo  die  griSnoij 
anzahl   von   schillern    des    gymnasialsystems   besitzen,  je  v( 
gehen. 

Man  sieht,  dasz  die  realbildung  im  ganzen  in  bedent 
vordringen  begriffen  ist.    sie  hat  seit  1868  um  etwa  19  pi 
gegen  &üher  zugenommen,  die  in  besserer  läge  befindlidlie 
nasialbildung  hat,  da  sie  bei  der  gröszeren  schttleranzahl  den 
lust  weniger  empfindet,  doch  um  etwa  9  procent  gegen  frfiher 
genommen. 

Voran  stehen  alle  alten  provinzen,  diejenigen,  in  dcnei 
Staatsgedanke,  dem  doch  die  gymnasialanstalten  groszenteüs 
am  kräftigsten  ausgeprägt    ist.     Brandenburg  und   Bhein] 
nehmen  unter  ihnen  die  letzte  stelle  ein,  weil  in  ihnen  die  ii 
mit  am  stärksten  blüht,    die  drei  neuen  provinzen  haben 
jugendlichem  ungestüm  auf  die  anstalten  des  realsjstems 
voran  Nassau,  das  seine  procente  der  schüler  dieser  art  seit! 
um  mehr  als  ^3  vermehrt  hat.    diese  provinzen  machen  gleu 
den  eindruck  der  Vertreter  kühneren  fortschritts;  die  aHsB 
vinzen  erscheinen  im  Verhältnis  dazu  als  die  conservativen. 
namentlich  aber  Schlesien,  haben  sogar  ihre  gymni 
vermehrt ,  die  realanstalten  vermindert,    es  spiegelt  sich  darin 
leicht  zum  teil  der  einfiusz  von  männern,  die  in  jenen  mit 
katholicismus  und  selbst  mit  staatsfeinden  kämpfenden  pi 
den  Staatsgedanken  mit  besonderer  energie  vertreten  zu 
glaubten,    nicht  ohne  Zusammenhang  damit  dürfte  z.  b.  sein, 
in  jenen  provinzen  vor  einigen  jähren  Umwandlungen  vom 
schulen  in  gymnasien  vorgekommen  sind. 

Würden  die  oben  erwähnten  1100  schüler  gebührend  btti 
gymnasialanstalten  in  abrechnung,  bei  den  realanstalten  in 
gebracht,  so  würden  sich  für  1873  nur  60,84  procent  besadMT 
gymnasialanstalten  und  39,16  besucher  von  realanstalten 

Ein  anderes  bild  bietet  sich  dar,  wenn  man  ausschlieodiAi 
gymnasien  und  realschulen  erster  Ordnung,  nicht  aber  die 
kategorien  ins  äuge  faszt.   darüber  gibt  tabelle  III  ausknafk, 
anzeigt,  wie  viel  procente  sämtliche  schüler  1)  die 
2)  die  realschüler  erster  Ordnung  bildeten,    für  1873  ist  dum 
zusammengestellt,    wie  viel   procente  beide   zusanmu 
gebildet  haben. 

Die  reihenfolge  der  provinzen  in  tabelle  lU  ist  nach  der 
reihe  gebildet,    sollte  die  reihenfolge  der  provinzen  nur  nack' 
gymnasien  von  1873  gebildet  werden,  so  würde  sie  der 
unter  tabelle  II  sehr  ähnlich  werden  und  folgende  sein: 
Pommern,  Posen,  Preuszen,  Sachsen,  Westfalen,   Branc 
Schleswig- Holstein,  Rheinprovinz,  Hannover,  Hessen-Nassan. 
den  realschulen  erster  Ordnung  würde  die  reihenfolge  Ittr 
folgende  sein :  Hannover,  Brandenburg,  Westfalen,  Preasiea,  W^ 


StaÜBtisches  aus  Preuszen, 


373 


z,  Sachsen,  Posen,  Schlesien,  Pommern,  Hessen-Naasau  und 
wig-Holstein. 

m. 


Realschalen 

GymMMea  «nd 

1 
rinzen         i 

Gymnasien 

erster  «»-411009 

real  schulen 
erster  ardnimg 

ftommer    sommer 

•ommer 

sommer 

•ommer 

toamer 

sommer 

18SS 

1871 

1878 

1868 

18U 

1878 

18178 

lesien 

76,39 

69,00 

76,86 

22,32 

23,67 

22,23 

98,09 

QBzen 

•  67,87 

66,20 

67,06 

26,35 

26,93 

26,57 

98,62 

en           i 

67,33 

68,67 

67,16 

29,04 

26,20 

24,68 

91,84 

Btfalen   ' 

62,77 

60,14 

69,49 

25,64 

26,56 

27,28 

86,77 

haen 

67,98 

63,92 

60,66  ' 

:  27,89 

26,86 

26,96 

86,61 

imern     | 

!  71,30 

70,23 

68,26  '■• 

20,33 

17,29 

17,41 

86,66 

ndenbg. 

68,99 

57,28 

66,58 

26,06 

27,41 

27,46 

84,03 

ino7er 

71,04 

47,01 

46,80 

17,99 

38,10 

38,79 

79,09 

iinprov.  ; 

1  52,24 

47,19 

46,43  ' 

23,51 

23,74 

26.56 

72,98 

leswig- 

»Utein 

89,86 

1 

69,06 

56,34 

— 

3,66 

6,68 

61,87 

iocU~ 

ssau 

58,71 

40,88 

37,64  1 

2,39 

7,60 

12,26 

49,89 

zen 

6543 

1 

69,50 

58,82  1 

23,12 

24,02 

24,44 

88,26 

*bige  tabelle  gibt  gleichsam  den  groszen  fandierten  grund- 
hGherer  bildung  von  gymnasialer  und  realer  art  an ,  während 
eineren  geistigen  erwerbongen  mehr  durch  progymnaden, 
lolen  zweiter  Ordnung  und  höhere  bürgerschnlein  beseichnet 
a.  wiederum  zeichnen  sich  die  alten  provinzen  durch  jene  art 
sitz  aus;  nur  die  Bheinprovinz  thut  sich  unter  ihnen  durch 
keit  in  kleineren  erwerbungen  hervor,  die  neueren  provinzen 
ihr  zur  seite  und  übertreffen  sie  in  dieser  hinsieht  teilweiae; 
•chftftigsten  ist  Hessen-Nassau,  das  freilieh  seine  oigaai- 
m  auf  realem  schulgebiet  eben  erst  begonnen  zu  haben  Mheinl 
wig'Holstein  will  mit  seinem  realismus  wenigistena  nicht  hoch 
;  es  blinzelt  durch  seine  kleinen  realen  schnlbüdnngen  ziemlich 
idlicb  nach  dem  freiwilligenexamen  hindurch ,  ist  aber  sonst 
ise  gut  gymnasiale  provinz  und  würde  dies,  beilttnfig  bemerkt, 
iel  mehr  sein,  wenn  man  seiner  gymnasialbildung  eint  gelinde 
bebe  beimischung  gestattete,  besonders  vomelun  steht 
ien  da,  das  sich  mit  kleineren  schulen  höherer  art  iast  gar 
befaszt  hat;  zugleich  sind  seine  realschüler  im  verh&ltnis  zu 
bedeutenden  Industrie  doch  wenig  zahlreich,  weshalb  es  auch 
löhere  technische  anstalten  besitzt,  durch  realschulen  erster 
lg  thun  sich  namentlich  provinzen  mit  hochentwickelter  in- 
li  zum  teil  namentlich  solche  mit  höheren  technischen  an- 
i hervor,  wie  Hannover,  Brandenburg,  Westfalen  und  Bhein- 
!•  überraschend  erscheint  mir  die  ziemlich  hoch  realistische 
I  in  Preuszen.  auch  sie  verräth  eine  gewisse  Vornehmheit,  da 
■I  im  ganzen  gut  gymnasiale  provinz  ist,  verrfith  aber  zu- 


i 


374  Statistisches  aus  Preuszen. 

gleich  den  nüchtern  praktischen  sinn,  der  namentlich  dem  Ost- 
preuszen  eigentümlich  ist. 

Die  procente  der  gjmnasien  haben  doch  schon  ziemlich  staik 
abgenommen,  diese  anstalten  sind  um  fast  10  prooent  der  frflheiei 
procente  (im  Verhältnis  zu  sämtlichen  höheren  schalen)  zuittek* 
gegangen,  dem  gegenüber  musz  es  für  die  realschulen  erster  Ord- 
nung immerhin  noch  als  gewinn  erscheinen,  wenn  sich  ihre  prooenta 
freilich  nicht  um  viel,  aber  doch  noch  um  fast  6  procent  der  firüheni* 
procente  vermehrt  haben,  im  ganzen  ist  der  höhere  grondbesitt' 
geistiger  bildung  von  88,25  auf  83,26  herabgegangen,  aUo  nmmdrj 
als  öYj  procent  der  früheren  procente  gefallen. 


Eine  fernere  tabelle  möge  veranschaulichen ,  wie  viele  proonli 
die  gymnasialprimaner  der  einzelnen  provinzen  1)  von  den  gesaahl 
gymnasiasten ,   2)  von  den  sämtlichen  schülem  aller  uijiimiiiriyB 
anstalten  je  der  einzelnen  provinzen  bilden,    wenn  alle  schÜler  Ü'' 
gymnasium  vollständig  durchliefen,  sollten  in  prima,  das 
cursus  von  2  jähren  umfaszt ,  im  Verhältnis  zu  den  thatsäcfalich 
geföhr  10  Jahren  des  gymnasialcursus^  etwa  den  fünften,  oder,  dl 
«die  generation  in  prima  um  etwa  8  jähre  älter  ist,  als  die  in  MDdl|i 
und  da  sämtliche  generationen  bis  zur  sexta  hin  (einedüieailich)  i 
einer  zeit  etwas  vermehrter  frequenz  eingetreten  sind ,  etwas  uttktf t 
dem  fünften  teil  der  sämtlichen  sohüler  des  gymnasiamB  bilda^j 
also  etwa  19  procent,  die  freilich  in  Wirklichkeit  nirgend 
werden,  von  den  sämtlichen  gymnasialmäszig  eingerichteten  iImiI 
etwa  18  procent.     da  in  diesem  falle  der  sommer  1871,  wihxMil 
dessen  viele  primaner  und  selbst  manche  secundaner  noch  nnter  dm\ 
Waffen  standen,  kein  richtiges  bild  der  sache  gew&hrte,  so 
auszerdem  noch  der  winter  1871/72  zur  vergleichnng  herbeigeiogHt^ 
werden. 

Die  reihenfolge  in  nebenstehender  tabelle  ist  nach  der  viertn' 
colonne  gebildet. 

Dasz  Westfalen  an  der  spitze  steht,  hat  eine  eigene  bewuiteifc 
in  dieser  einzigen  provinz  betrug  nämlich  stets  die  zahl  der  primaMT 
der  gymnasien  mehr  als  die  je  der  sextaner,  quintaner  und  qnaitaiii« 
in  Hessen -Nassau  betrug  sie  wenigstens  bis  zum  winter  1871/n 
noch  mehr  als  die  der  sextaner,  in  allen  anderen  provinzen  weo^tf 
als  die  aller  anderen  classen,  offenbar  jetzt  das  normalere  verhBUiiilt 
jenen  beiden  provinzen  stehen  in  diesem  puncto  am  nächsten  Hai' 
nover  und  die  Bheinprovinz ,  die  auch  in  obiger  reihenfolge  dn 
nächsten  platz  einnehmen.  : 

i 

m 

^  ein  ähnliches  resultat  ergibt  sich,   wenn  man  annimmt,  wM  dtf  ) 

WHhrheit  näher  kommen  dürfte,  dasz  der  gymnasialcarsus  11 — IS'/t  1*1^  ^ 

im  dtirchschnitt  dauert,  von  den   primanern  aber  der  grösiere  teu  Wl  ^ 
fahren  in  der  prima  sitzt. 


Statist  ischee  aua  Prenwen. 


375 


IV. 


1 

1                      Procente,  welche  die  primaoer  der  erymBUien 

,    1)  von  sämtlichen  ryinnasiastea 

2)  von  den  sehttlem  aller  antUlten 

Bxen 

i                         bilden. 

des  erymnMialtyttemt  btldea. 

tommer 

tommer 

Winter 

Sommer 

^ . 

tommer 

•ommer 

Winter 

tonuner 

1868 

1871 

1871/72 

1778 

1868 

1871 

1871/79 

1878 

tfalen 

18,017 

16,364 

18,032 

17.160 

16.026 

14,603 

16,091 

16,607 

i  13,815 

11,871 

12,125 

11,602 

13,322 

11,370 

11,640 

11,089 

noyer    t 

111,649 

11,647 

11,413 

11,211 

11.279 

11,162 

11.042 

10,832 

inprov. 

13,718 

12,583 

12,811 

10,817 

11,544 

10.134 

10,515 

8,940 

isen 

9,001 

10.246 

11,318 

10.760 

8.966 

10,081 

11,183 

10,488 

Mwig.   , 

1 

stein. 

,   8,712 

8,738 

9,356 

9.432 

hat  keine  progymnaiien 

esien    ' 

8,461 

8,567 

9,689 

9,173 

8.461 

8,039 

9,142 

9,178 

iszen 

1   8,817 

8,729 

8,990 

9,038 

8.817 

8,729 

8.990 

8,866 

mern 

8,131 

7,288 

8,264 

8.985 

7,618 

6,580 

7,407 

8,386 

idenbg. 

7,604 

7,606 

8,181 

8,185 

7,282 

7,498 

8,076 

8,058 

fn 

9,502 

8,244 

9,093 

8,066 

9,016 

7,666 

8,494 

7,192 

\n%en    , 

10,065 

9,737 

10,466 

10.000 

9,660 

9,161 

9,864 

9,507 

ahrscbeinlich  genieszen  in  Westfalen  und  yerbftltnismftsdg 
ihm  nahestehenden  provinzen  möglichst  viele  schttler  priyat- 
dit  statt  des  Unterrichts  in  den  unteren  und  mittleren  olassen, 
iit  teilweise  von  katholischen  priestem ,  und  treten  hingegen 
itt  viele  erst  in  obere  classen  ein.  dies  wird  auch  dadurch 
(i,  dasz  in  Westfalen  sich  regelmäszig  bei  den  gymnasien  die 
Anzahl  von  extraneem  unter  den  abiturienten  vorfindet ,  bis 
^2  procent/  durch  verspäteten  eintritt  in  die  anstalten 
sber  leider  die  obigen  zahlen  wesentlich  und  unberechenbar 
ittt.  denn  auch  in  anderen  provinzen  ist  die  zahl  der  sohttler, 
;  in  quinta  oder  einer  höheren  dasse  eintreten,  ziemlich  ba- 
I,  und  die  procente  der  primaner  sinken  daher  insofern  in 
verthe,  als  sie  nicht  mehr  das  Verhältnis  zwischen  demjenigen 
I  angeben,  die  die  gymnasien  bez.  progymnasien  von  unten 
äunachen.  noch  mehr  macht  sich  dies  in  der  vierten  liste 
,  welche  das  Verhältnis  der  abiturienten  der  gymnasien  und 
llen  zu  den  übrigen  schülem  angibt,  es  fordert  dies  dringend 
^idung  aller  gewagten  behauptungen  auf.  da  aber  die  zahl 
nmeer  unter  den  maturi  im  ganzen  doch  eine  verschwindend 
bt,  und  da  auch  die  aufnähme  von  schülem  in  prima  im 
aelten  ist,   wird  man  doch  sagen  können,  dasz  mit  jenen 


k.  in  Münster  allein  von  1864 — 68  80  fremde  maturitätsaspiranten, 
■  ganzen  283  gymnasinlabiturienten,  also  auf  das  jähr  über  56, 
^—73  275,  also  auf  das  jähr  55.  darnach  wird  anch  glaubhaft, 
i  wiederholt  habe  behaupten  hören,  dasz  an  diesem  gymnasiitm 
hi  termin  sich  bis  über  80  abiturienten  eingefunden  haben, 
m  hatte  1869—73  so<^ar  315,  also  durchschnittlich  68  abitu- 
ft  Tgl.  Wiese  d.  höhere  Schulwesen  III  s.  885  anm.  3. 


L 


376 


StatistiBcheB  aus  Prenezen. 


primaner-  und  abiturientenprocentzahlen  angegeben  wird,  in  wel 
chem  Verhältnis  etwa  die  gesamtheit  der  einer  primaner-  bei 
abiturienbildung  bedürftigen  zu  der  gesamtheit  der  thats&düic 
nach  der  gymnasialen  bildung  in  den  einzelnen  classen  gebildete 
steht,  übrigens  fällt  es  auf,  dasz  im  ganzen  der  westen  Prensm 
dem  Osten  in  der  erzielung  zahlreicherer  primaner  erheblich  yoni 
ist.  man  wird  kaum  umhin  können ,  anzuerkennen,  dasz  der  weiU 
rühriger,  der  osten  schwerfälliger  ist,  was  nicht  hindern  wCbrd 
dasz  dieser  mehr  nachhaltige  kraft  besitzt. 

Nach  Umrechnung  jener  1100  gymnasiasten  sieigen  die  pn 
cente  der  gjmnasialprimaner  in  der  zweiten  hSlfte  der  tabeDeii 
jähre  1873  von  9,507  auf  9,671. 

Die  gleiche  rechnung  auf  die  realschale  übertragen,  eigilil 
folgende  tabelle: 

V. 


Provinzen 


Procente.  welche  die  realprimaner  (erster  CMrdnanf) 


1)  von  all(>n  realRchülem  erster 
Ordnung-  bilden, 


Sommer 
1868 


Sommer 
1871 


w inier 
1871/72 


Sommer 
1873 


2)  TOB  sllen  sdiUcn  kt 
realsystens  bUdci< 


Sommer 
1868 


Mommer 
1871 


1871/71 1  W. 


1)  Westfalen 

2)  Prenszen 

3)  Hessen- 

Nassau 

4)  Pommern 
6)  Schleswig- 
Holstein 

6)  Hannover 

7)  Kheinprov. 

8)  Sachsen 

9)  Schlesien 

10)  iJrandenbg. 

11)  Posen 
im  ganzen 


4,431 
4,177 

2,700 
2,214 


4,237 
4,287 
2,216 
4,801 
2,982 

2,967 

3,700 


6,202 
5,347 

7,822 
3,590 

6,742 
3,687 
5,148 
4,978 
4,498 
4,271 

4,000 

4,559 


6,209 
5,829 

5,821 
4,728 

5.128 
3,587 
5,066 
5,203 
4,746 
3,467 

8,867 

4,666 


7,188 
6,268 

6,807 
5,725 

6,607 
5,563 
5,360 
5,007 
4,942 
3,875 

8,022 

5,060 


8,869  4,862 

8,436  I  4,271 

1,469  '  1,087 

1,884  2,793 


0,776    0,603   OjW 

2,862  I  2,876    2,296   tß 

2,657     2,962    2,947    iß 

1,962     8,674    8,827   a.tf 

4,687     4,024    4,274  |  i^ 

1,984     8,418  I  2,267  |  U* 

halte  keine  retlsdunraitfririi» 
and  Höhere  barfpersehil« 

2,667  I  2,980  I  8,052  1  i» 


4,924 
4,699 

0,801 
8,688 


iß 

iß 

Iß 


Die  reihenfolge  ist  nach  der  vierten  colonne  bestimmt. 

Wieder  übertrifft  der  westen  im  allgemeinen  den  osten,  äoi 
machen  Preuszen  und  Pommern  eine  rühmliche  ausnähme,  0 
Hannover  und  die  Rheinprovinz  stehen  auch  nicht  sehr  günstig* 

Schleswig  -  Holstein  hatte  1868  gar  keine  realschule  &i 
Ordnung. 

Die  27  procente  von  Hessen-Nassau  im  jähre  1868  haben  i 
nig  zu  bedeuten;  es  sind  wirklich  27  schüler  der  drei  ans  100 sd 
lern  bestehenden  realclassen  erster  Ordnung  zu  Wiesbaden. 

Im  allgemeinen  vermehrten  sich  die  procente  der  primanff 
den  realschulen  erster  Ordnung  auffallend  schnell,  im  ganzes  i 
1868  um  fast  37  procent,  in  Pommern  übersteigt  das  wachst 
aber  158  procent ,  in  anderen  ist  es  wenigstens  sehr  bedeutend. 


StatisÜBcbefl  aus  Preuszeu.  377 

)t  dies  ohne  zweifei  eine  folge  der  Verfügung  vom  7  december 
870:  man  erstaunt  aber  doch,  wenn  man  damit  vergleicht,  dasz  die 
rocente  der  gymnasialprimaner  im  verh&ltnis  zu  der  gesamten 
Kennzahl  abgenommen  haben,  das  ist  bei  den  realschulen  in 
einer  provinz  auszer  Hessen-Nassau,  wo  es  so  gut  wie  nichts  zu  be- 
eoten  hat,  eingetreten,  unzweifelhaft  haben  sich  dadurch  die  real- 
ebden  erster  Ordnung ,  deren  frequenz  in  den  primen  an  einzelnen 
rten  bereits  die  der  gjmnasien  eingeholt  hat,  wesentlich  gehoben. 
ie  erhalten  nun  allmShlich  wirklich  ein  haupt,  vde  sie  es  Mich 
rOnschen. 

Rechnet  man  die  1 100  oben  erwShnten  schÜler  um ,  so  sinken 
ie  procente  der  primaner  von  den  gesamten  realschttlem  im  jähre 
^873  in  der  letzten  colonne  von  3,244  auf  3,158. 


Es  folgt  femer  eine  überaus  wichtige  VI.  abituriententabell^ 
ieeelbe  wurde  gewonnen ,  indem  je  die  winterfrequenz  der  gymna- 
im  bez.  realschulen  erster  Ordnung  mit  der  folgenden  sommer- 
peqnenz  zusammenaddiert  und  durch  zwei  getheilt  wurde,  woraus 
■h  der  durchschnitt  der  betreffenden  Jahresfrequenz  ergab,  und 
liem  die  jährliclie  zahl  der  abiturienten  je  in  den  einzelnen  pro- 
iaen  zu  dieser  Jahresfrequenz  in  Verhältnis  gestellt  wurde,  es 
Itte  sich  nach  der  obigen  berechnung  etwa  so  stellen,  dasz,  wenn 
b  sehüler ,  die  gleichzeitig  in  die  unterste  classe  einer  anstalt  ein- 
ilen,  zum  abiturientenexamen  gelangten,  die  abiturienten  etwa 
'/i — 10  procent  der  gesamten  schüler  bilden,  thatsftchlich  stellt 
A  das  Verhältnis  aber  ungünstiger,  übrigens  habe  ich,  da  un- 
4|B^ch  die  realschulen  erster  Ordnung  für  die  realschulen  zweiter 
Ihung  und  höheren  bürgerschulen  mit  verantwortlich  gemacht 
IMen  können,  weil  diese  anstalten  oft  ohne  hinblick  auf  jene  ge- 
HJMet  werden,  und  das  Verhältnis  der  abiturienten  der  refdschulen 
Mer  Ordnung  zu  den  sämtlichen  schülem  dieser  anstalten  und 
Mso  nur  das  Verhältnis  der  gymnasialabiturienten  zu  den  schülem 
hf  gymnasien  berechnet,  wer  das  Verhältnis  auch  zu  den  schülem 
W  gesamten  anstalten  des  real-  bez.  g3rmna8ial8j8tems  kennen 
ken  will,  kann  dies  durch  vergleichung  der  obigen  tabellen  er- 
fthen. 

'-  Die  zahl  der  gymnasialabiturienten  hat  im  ganzen  Verhältnis- 
kig  um  mehr  als  l^^  procent  der  procente  von  1868  abge- 
tomen,  die  der  realabiturienten  seit  jener  zeit  verhältnismäszig 
ft  mehr  als  100  procent  der  procente  von  1868  zugenommen. 
bet  das  jabr  1871,  das  bei  den  gymnasien,  weil  schon  1870 
lüche  abiturienten  vorweg  genommen  waren,  einen  starken  rück- 
ll^  in  der  zahl  der  abiturienten,  verhältnismäszig  um  mehr  als 
hirocent  aufwies,  brachte  bei  den  realschulen  keine  Stockung  her- 
1^  sondern  vermehrte  überall,  auszer  in  Schlesien,  die  zahl  der 
PJorienten  weit  über  Verhältnis. 


[ 


StatUtiBcheB  auH  Preuaien. 


Dasz  Schleswig- Holstein  in  der  rechten  colonne  vornuBteht,  ist 
von  geringer  bedeutung,  da  es  dies  mehr  seinem  grosxen  mongelifl 
scbQlem  der  reatechule  erster  Ordnung  (ea  hat  nur  im  ganian  tdrt 
classun  derselben) ,  als  der  starken  zahl  der  abitnrienten  zn  duka 
hat.    diese  betrug  nümlich  nur  5. 

Bechnet  man  jene  1100  schuler  um,  so  dflrfi«  aicb  ergebo^ 
dasz  dio  g}-mnasien  im  jähre  1873  etwa  4,25  procent  abitnnoital 
hatten,  also  doch  in  den  procent«n  nicht  eben  znrtlclcgegangen  ajod« 
dasz  hingegen  die  realscbulabiturienten  auf  etwa  1,80  proonll 
herabsinken;  doch  ist  diese  Schätzung  bei  dem  mangel  ansreii' 
anhaltspuncte  allerdings  eine  nur  ungefSkre. 

Den  schlusz  mögen  einige  angaben  &ber  diejenigen  unta 
abiturientcn,  welche  studieren  wollen,  bilden,    leider  liegt  in  bl   _ 
hierauf  noch   nicht  eine  genügende  erfabmng  bei  den  realscfanla 
erster  Ordnung  vor,  da  ihnen  das  studinm  erst  im  jähre  1870 
öffnet  ist.   der  einflusz  auf  das  jähr  1871  ist  za  gering  geweseo, 
dasz  er  beacbtung  verdiente,    es  können  also  für  die  realschulen  i 
die  jähre  1872  und   1873   in  betracht  gezogen  werden.     fOr  i 
gymnaaium  liegen  mir  die  zahlen  für  1868  und  1871 — 73  und 
das  quinquennium  1869 — 73  vor.     sie  zeigen  aber  su  wenig  ab* 
weichung ,  als  dasz  sie  alle  erwähnt  zn  werden  verdienten,    idi  b» 
schränke  mich  daher  auf  die  mitteilung  darUber,  wie  viel 
der  gymnasial abiturienten   sich   während  des  gesamten  qninqsflt 
niums  1869 — 73  und  wie  viele  1873  dem  studinm  nigevi 
Dies  geben  die  zahlen  in  tabelle  Tu  an. 

Die  drei  neuen  provinzen  machen  in  dem  qninquenninm  ond 
im  ganzen  auch  nocfa  1873  den  anfang.  je  mehr  sich  diese  pnmnnB 
der  pflege  des  realschul wesens  gewidmet  haben,  nm  so  mehr  ttti 
sie  bemUht,  die  gymnasien  nun  auch  wirklich  fOi  das  studinm 
^>ohst  zu  Verwertben.   in  den  alten  provinzen  ist  die  zahl  derer  oioU 


statistisches  aus  Preuszen. 


379 


bedeutend,  die  auch  für  einen  andern  bernf  als  das  Studium  gym- 
siale  Vorbildung  suchen. 

YII. 


Schleswig:- 
HoUlcin 

1 

Hessen-     1 

Nassau      | 

> 

O 
g 

s 

Rhein-      | 
provinz     1 

e 
o 

"3 

Branden-    H 
bürg-       U 

Posen      1 

o 

M 

•  a 

u 

a 

E 

s 

1 

S 

M 

s 

M 

s 

a 

►-i»ra!!87,94  83,11  81,95  80.22  79,63  79.16  78,96  78,76  78,68  77,59  76,90 

79,33 

mn     95,00  83,72  82,14  77,85  74,68  83,38  80,25  79,88  78,34  74,13  75,88 

77,94 

üeber  die  procente  der  sich  dem  Studium  widmenden  unter 
n  abiturienten  der  realschulen  erster  Ordnung  gibt  folgende 
belle  auskunft : 

VIII. 


1 
1 

z 

OB 

e 

u 

5 
o 

1    c 

•    5  =" 

1 

z 
26,09 

.5P  = 

SPS 

Preuszen 

Hessen- 
Nassau 

o 

► 
o 
c 

§ 

S 

s 
8 

S 

M 

ä 

CA 

Rhein - 
provinz     | 

e 

s 
i 

S 

Ufa    ;31,58  31,25 

26,32 

20,00 

16,88 

16,66 

16,79 

15,38 

10,71 

6,08 

18,46 

19»        3,70 

20,00 

1,85 

— 

— 

21,43 

— 

26,47 

6,77 

27,60 

2,94 

10,59 

Die  reihe  von  1872  ist  ziemlich  werthlos,  da  der  zufall  dabei 
mtr  sein  spiel  treibt,  auch  die  reihe  unter  1873  hat  nur  rela- 
«I  werth.  80  sind  z.  b.  die  20  procent  in  Schleswig  -  Holstein  so 
erklären,  dasz  unter  5  abiturienten  einer  war,  der  sich  dem 
iUnm  widmen  wollte,  gröszern  werth  werden  diese  berechnongen 
't  erhalten,  wenn  die  erfahrungen  etwa  eines  5jährigen  Zeitraums 
m.  so  viel  aber  geht  daraus  hervor,  dasz  die  realschüler, 
nch  sie  nach  den  bestehenden  Verfügungen,  wenn  sie  studieren 
doch  nur  neuere  philologen  oder  mathematiker  zweiter 
Im  an  realanstalten  werden  können,  dennoch  die  ihnen  gewährte 
^rimis  in  hohem  grade  ausgenutzt  haben,  nnd  dasz  jetzt  schon 
V5  der  realabiturienten  das  Studium  wählt,  wahrlich  kein 
ites  zeichen  für  ihre  ideale  gesinnung.  man  erkennt,  dasz  die 
ler  krisis  da  ist,  dasz  den  realabiturienten  entw^er  dies  stu- 
in  noch  gröszerem  umfange  gestattet  werden,  oder  dasz  eine 
tion  gegen  ihren  ungestümen  andrang  stattfinden  musz. 


Es  sind  fast  nur  trockene  zahlen ,  die  ich  hiermit  veröffentlicht 

aber  wer  sie  zu  lesen  versteht,  empfindet  den  herzschlag  des 

und  Staates  und  sein  innerstes  leben,    um  sie  recht  lesen  zu 

dazu  gebort  freilich  eine  weit  ausgebreitete  geographische, 

)gTaphische   und  statistische  kenntnis  und   vielleicht  besitzen 

in  dem  erforderlichen  masze  überhaupt  nur  sehr  wenige  men- 

aber  auch  durch  gemeinsame  arbeit  kommt  manche  kenntnis 


380 


Statistisches  aus  Preuszen. 


zu  stände,  und  deshalb  habe  ich  diese  zahlen ,  die  mit  nnefhitÜicbei 
schärfe  und  klarheit  die  entwicklung  der  hohem  schnlbildimg  ii 
Preuszen  darthun,  der  allgemeinen  benutzung,  namentlich  bei  da 
jetzt  brennenden  fragen ,  übergeben ,  zumal  ich  durch  umstttnde  gt 
zwungen  bin,  von  Weiterer  Verfolgung  des  gegenständes  einstweüe 
abzusehen,  die  erläuternden  hinzugefügten  bemerkongen  madia 
daher  auch  nicht  den  anspruch  einer  mehrseitigen  dorchdringoBi 
des  gegenständes,  vielleicht  wird  aber  mancher  leBer  ans  yorstdiei 
dem  die  Überzeugung  gewonnen  haben,  dasz  es  von  zeit  am  seitin 
umgänglich  notwendig  ist,  das  sorgsam  aufgehäufte  matenal  stitiali 
scher  nachrichten  Über  das  höhere  Schulwesen  in  ähnlicher  weise  i 
verarbeiten,  und  es  sollte  mich  sehr  freuen,  wenn  ich  den  anstM 
dazu  gegeben  hätte,  dasz  künftig  derartige  berechnnngen  leg^I 
mäszig  erfolgen  und  sich  auf  eine  menge  von  gegenständes,  di 
nicht  geringere  Wichtigkeit  haben,  ausdehnen. 


Nachtrag. 

Nach  vollendetem  druck  obigen  artikels  sind  endlich  auch  i 
lange  ersehnten  statistischen  nachrichten  über  die  fk^qneni  di 
höheren  lehranstalten  im  winter  1873/74  und  sommer  1874  wi 
über  die  abiturienten  1874  im  centralblatt  für  die  gesamte  utei 
richtsverwaltung  in  Preuszen  erschienen,  es  wird  dadurch  m(^d 
die  obige  Zusammenstellung  bis  zum  sommer  1874  fortzufahren.  < 
geschieht  dies  in  allseitigem  anschlusse  an  die  obigen  tabeUentniti 
festhaltung  derselben  grundsätze;  nurmuste  bei  der  durch  den  toI 
endeten  druck  der  arbeit  gebotenen  raumbeschränkung  die  horiioi 
tale  statt  der  verticalen  linie  in  der  aneinanderreihung  der  proviiui 
gewählt  werden.^ 

I.  Anzahl  der  schüler  höherer  lehranstalten,  die  in  den  ei 
zelnen  provinzen  auf  je  100,000  ein  wohner  vorhanden  waren: 


Br. 


Sa. 


Pm.  !  H.-N.     Ha. 


Wc. 


Ps. 


Pr. 


Seh.     Rh. 


winter 
1873/74 

Sommer 
1874 


6144 
618,0 


512,8520,1 
527,9i531,3 


503,2 
556,9 


426,4 
4644 


388,8 
405,2 


374,9380.2 
383,51380,4 


364,2 
380,3 


376,7 


S.-IL|fl 


819,4tf 


36a,435S3|^ 


Vergleicht  man  diese  tabelle  mit  der  obigen ,  so  geht  dan 
hervor,  dasz  auch  in  der  letzten  zeit  die  anzahl  von  schülem  hOto 
lehranstalten  sich  in  Preuszen  erfreulich  gemehrt  hat.  Brandenbi 
und  Sachsen  scheinen  einstweilen  an  der  grenze  ihrer  leisioil 
fähigkeit  auf  dem  gebiete  der  höheren  schulen  angekommen,  erst« 


^  zugleich  sind  folgende  abkürzangeu  eingetreten:  Pr.  Preiu*' 
Br.  Brandenburg,  Pm.  Pommern,  Ps.  Posen,  Seh.  Schlesien,  Sa.  Saefc» 
S-H.  Schleswig-Holstein,  Ha.  Hannover,  We.  Westfalen,  H.-N.  He* 
Nassau,  Rh.  Rheinprovinz,  zus.  zusammen. 


Statistisches  aus  Preussen. 


S81 


jedenfalls  nur  im  verhSltnis  zu  der  überraschend  starken  znnahme 
Ar  bevGlkerung.  am  kräftigsten  sind  in  der  letzten  zeit  Pommern, 
Aaen-Nassan  und  Hannover  vctrwärts  gekommen.  Westfalen  be- 
knptet  seine  ehrenvolle  Stellung  unter  den  katholischen  provinzen. 
Sdüeswig-Holstein,  das  früher  eine  ausnahmestellung  einnahm ,  hat 
im  anschluBZ  an  die  übrigen  provinzen  erreicht. 

n.  Procente,  welche  1)  die  schttler  des  gymnasialsystems, 
S)  die  Schüler  des  realsystems  von  den  sämtlichen  schülem  höherer 
Uranstalten  bilden: 


Seh. 


Ps. 


1>73,75!75,10 

«*  «)  26,26j24,90 


Pm. 


73,32 
26,68 


Pr. 


Wf. 


68,42 
31,58 


66,09 
34,9] 


Sft. 


Br. 


61,87 
8843 


57,69 
42,31 


Rh. 


65,02 
44,98 


S.-H.     Ha. 


61,14 
48,86 


45,95 
54,05 


H.-N. 


87,67 
68,33 


zus. 


61,00 
39,00 


Die  reihenfolge  ist,  bis  auf  den  Wechsel  zwischen  Posen  und 

flehlesien,  der  ohne  grosze  bedeutung  ist,  die  alte  geblieben,     die 

-  «ODservativen  provinzen  zeichnen  sich  durch  gymnasialanstalten,  die 

kiidiistriellen  und  die  neuen  provinzen  durch  BeaUehranstalten  aus. 

f  m.  Procente,  welche  1)  die  schttler  der  gynmasien,  2)  die 
MriUer  der  realschulen  erster  Ordnung  von  sämtlichen  schülem 
("Merer  lehranstalten  bilden: 


!  SchJ    Pr.    '    Pi.    I  We. 


Sft. 


1>  73,76  67,04 
2i|'20,61  26,17 


67,63 
24,90 


62,76 
27,54 


59, 
25,61 


Pm. 


8666 


,60 
17,21 


Br. 


56,39 
87,81 


Hm. 


44,56 
32,60 


Rh. 


44,69 
26^261 


S.-H. 


51,14 
6.08 


H..M. 


37,67 
12,49 


lOt. 


58,04 
23,98 


Die  reihenfolge,  für  deren  feststellung  man  den  maszstab  durch 
liemng  der  je  in  einer  colonne  befindlichen  zahlen  erhält,  hat 
80  behauptet,  wie  sie  fClr  sommer  1873  festgestellt  werden 
ite. 
IV.   Procente,  welche  die  gjmnasialprimaner  1)  von  sämtlichen 
nasten,   2)  von  den  schülem  aller  gymnasialmäszigen  an- 
bilden : 


We.       H.  N.  I     Ha. 


1)15.811 
2^  14,762 


12,209 


11,086 


Rh. 


Sa. 


S.-H. 


9,627 


—      10,7497.819 


10,195 
9,865 


9,186 


Scb. 


8,778 


Pr. 

9,373 
9,185 


Pm. 

8,479 
7,702 


Br. 

8,183 
7,940 


Pt. 

8,728 

7,855 


rat. 

9,780 
9,259 


Die  alte  reihenfolge  ist  wie  in  den  früheren  tabellen  des  nach- 
ts, festgehalten,   sollte  nach  dem  maszstabe  des  Jahres  1874  eine 
le  reihenfolge  gebildet  werden,  so  müsten  mehrere  Verschiebungen 
itreten. 

ff 

V.   Procente,  welche  die  realprimaner  erster  Ordnung  1)  von 
ffl  realschülem  erster  Ordnung,  2)  von  allen  schülem  realschul- 

'ÄÄjziger  anstalten  bilden: 


384  Maturitätszeugnis,  nicht  matoritäteprüfaiig. 

mehrzahl  eine  lange  reihe  von  jähren  immer  in  derselben  i 
gewirkt  haben. 

Von  den  umständen,  welche  auf  yerkürzung  des  maszstal 
lehrer  leicht  einflusz  üben  können,  will  ich  nur  einen,  Tic 
nicht  einmal  den  bedeutendsten,  anführen,  es  ist  sicher  ei 
stand,  wenn  die  tüchtigkeit  der  lehrer  unbedingt  und  aosschli 
oder  auch  nur  vorzugsweise  aus  den  leistungen  ihrer  sdiA 
urteilt  wird,  während  jeder  lehrer  vom  untersten  bis  zun  ol 
recht  wohl  weisz,  dasz  andere  umstände  auf  diese  leistungen 
gröszeren  einflusz  haben,  allein  die  hoffnung,  dasz  dieser  mi 
vom  publicum  nicht  nur,  sondern  auch  von  den  yorgesetzl 
hörden  in  nicht  allzufemer  zeit  werde  aufgegeben  werden, 
wol  eine  vergebliche  sein,  so  lange  aber  dieser  maszstab  l 
wird  es  unvermeidlich  sein,  dasz  ebenso  die  lehrer  einer  anst 
insbesondere  der  vorstand  derselben ,  welcher  ja  mit  recht  ii 
linie  für  den  zustand  der  anstalt  verantwortlich  gemacht  wir< 
mangel  einer  auszerhalb  des  coUegiums  stehenden  oontrol 
alles  Pflichtgefühls  nach  und  nach  dahin  gebracht  werden,  dei 
stab  immer  mehr  zu  verkürzen ,  nach  welchem  nicht  nur  sie 
stungen  der  schüler  messen,  sondern  indirect  selbst  wieder  ge 
werden,  es  wird  dies  um  so  weniger  der  fall  sein,  je  ener 
die  natur  des  individuums  ist;  allein  die  anzahl  derjenigen 
nicht  sehr  grosz  sein,  welche  von  dem  erwähnten  umstände 
nicht  beeinfluszt  werden.  "*"  wenn  nun  in  bezug  auf  den  ei 
wähnten  maszstab  der  schülerbeurteilung  im  günstigsten  fi 
rückgang  auch  ein  sehr  langsamer  ist,  so  wird  er  sich  ( 
längerer  zeit  fühlbar  machen  und  als  correetiv  wird  kai 
besseres  mittel,  als  die  abordnung  von  tüchtigen  commissä 
maturitätsprüfung  gefunden  werden,  gerade  weil  rector  unc 
des  gymnasiums  ihren  schülem  so  nahe  stehen,  liegt  auch  die 
nahe,  dasz  sie  bei  beurteilung  der  leistungen  der  rücksicht  i 
bethätigten  guten  willen  des  schülers  einen  zu  groszen  einfl 
statten  (sicher  ist  sie  ja  ein  factor,  der  nicht  auszer  acht  zi 
ist),  und  dasz  sie  in  fällen,  in  welchen  sie  vielleicht  gerade 
der  erwähnten  rücksicht  bei  Versetzung  eines  schülers  in 
classen  nicht  ganz  glückliche  schritte  gemacht  haben,  sid 
mehr  anders  zu  helfen  wissen  als  dadurch,  dasz  sie  einen 


*  wenn  der  hr.  verf.  (s.  76)  annimmt,  dasz  sich  die  lehrer  v 
lassen,  dahin  zu  streben,  dasz  der  erwartung  und  der  forden 
commissärs  für  das  momentane  der  prüfang  genügt  werde,  odei 
nnterschleife  zu  ignorieren  and  nachhelfende  winke  zn  geben,  so 
meinung,  welche  er  von  den  lehrern  hegt,  gewis  eine  minder  | 
als  die  von  mir  ausgesprochene,  und  es  dürften  solche  lehrer, 
auf  die  kurzsichtigkeit  des  commissärs  speculieren  (denn  nur  k 
tige  commissare  werden  über  der  schale  den  kern,  Über  dem 
tanen  das  wesentliche  übersehen),  wol  die  besorgnie  reehtfertlg( 
sie  bei  abwesenheit  eines  commissärs  sioh  durch  «nderc  rüek 
als  die  mit  recht  maszgebenden,  mit  leiten  lassen. 


Maturitätszeugnis,  nicht  maturitfttsprüfung.  385 

«ehlUer,  welcher  nicht  in  die  oberste  classe  hätte  gesetzt  werden 
tollen,  nun  mittels  des  maturitätszeugnisses  aus  derselben  entfernen, 
wdl  aie  die  flberzeugong  haben,  dasz  derselbe  bei  Wiederholung  der 
daase  doch  das  nicht  lernen  würde,  was  er  vor  Versetzung  in  die- 
Mlbe  sich  bfttte  aneignen  sollen. 

Die  Ton  mir  besprochene  abhandlung  macht  mir  den  eindruok, 
ib  bitte  der  hr.  verf.  das  besondere  Unglück  gehabt,  sich  öfters 
BOBmissären  gegenüber  zu  befinden ,  welche  ihre  aufgäbe  unrichtig 
■%6&8st.    ich  kann  solche,  allerdings  mögliche,  fftlle  nur  als  sel- 
hM  ausnahmen  betrachten,  denn  in  der  r^gel  werden  so  herror- 
figaule  mSnner,  wie  diejenigen,  aus  deren  zahl  die  commissftre  ge- 
■ttlt  werden,  eine  richtige  erkenntnis  ihrer  aufgäbe  besitzen  und 
in  urteile  der  lehrer  den  gebührenden  einflusz  gestatten,    es  ist 
lUer  ganz  richtig,  wenn  der  hr.  yerf.  (s.  76)  sagt,  dasz  die  prüfung 
ih  temporäre  der  Zufälligkeit  unterworfen  sei,  aber  diese  zufiHlig- 
Mt  kann  sich  doch  naturgemäsz  in  der  regel  nur  auf  einzelne  lei- 
tengen  beziehen,  und  solche  commissäre  werden  denn  doch  wol 
Ar  selten  sein,  welche,  nachdem  sie  sich  überzeugt  haben,  dasz 
Im  urteil  der  lehrer  in  der  überwiegenden  anzahl  von  fällen  durch 
litexamen  bestätigt  wurde,  in  dem  einen  oder  andern  falle,  in 
idohem  dieses  nicht  zutri£Pt,  das  einstimmige  votum  der  lehrer 
porieren  möchten,    ebenso  aber,  wie  es  denkbar  ist,  dasz  einzelne 
Mmiasire  ihre  aufgäbe  nicht  richtig  erfaszten,  ist  es  doch  wol  auch 
i9|lieh ,  dasz  an  einer  anstalt  die  majorität  des  collegiums  auf  eine 
iMfae  bahn  geräth ,  besonders  wenn  längere  zeit  der  einflusz  eines 
kitigen  oommissärs  und  das  hinzutreten  neuer  lehrkräfte  gefehlt 
rti  wdcfae  unter  günstigen  umständen  regenerierend  wirken  können, 
•bei  setze  ich  als  selbstverständlich  voraus,  dasz  eine  weise  vor- 
pHttte  behörde  in  dem  falle,  in  welchem  wesentliche  differenzen 
^77)  zwischen  collegium  und  commissär  auftreten,  nicht  sofort 
llRit  sein  werde,  sich  unbedingt  auf  die  seite  des  commissärs  zu 
HIni,  sondern  ganz  gewis  in  folgenden  jähren  durch  abordnung 
Mver  erprobter  commissäre  sich  klarheit  über  die  läge  der  dinge 
pehaffen  und  erst  dann  das  geeignete  verfügen  werde. 
b  NacUdem  ich   im   vorstehenden   den  wichtigsten  grund  be- 
Meben ,  welcher  mir  gegen  die  beseitigung  der  maturitäteprüfung 
liprechen  scheint,  möchte  ich  mir  erlauben,  auf  wenige  einzelne 
Ittte  der  gediegenen  abhandlung ,  welche  mich  zu  den  vorstehen- 
ll  Zeilen  veranlaszt  hat,  noch  kurz  einzugehen, 
r   Die  amtliche  inspcction  (s.  66)  kann  das  nicht  vollkommen  er- 
Inn,  was  die  gesetzlich  verordnete  maturitätspiüfung  gewirkt  hat, 
deswegen  nicht,  weil  die  zeit,  welche  einer  solchen  inspection 

rgemäsz  gewidmet  werden  kann,  notwendig  viel  ktlrzer  be- 
werden  musz  als  jene,  welche  ein  maturitätsexamen  in  an- 
nimmt,  bei  jeder  inspection  können  nur,  so  zu  sagen,  bluten 

reifende  fruchte,  vielleicht  hie  und  da  die  art  der  pflege  der- 
beobachtet  werden,  beim  maturitätsexamen  aber  musz  sich 

■.jthrb.  f.  phil.u.päd.  II.  «bt.  187f>.  hn.8.  25 


386  Maturitätszeugnis,  uicht  mataritätsprüfung. 

die  reife  frucht  zeigen,  aus  welcher  der  baam  am  besten  beorUil 
wird,  gerade  beim  maturitätsexaraen  hat  die  administratum  ^ 
Staates  die  beste  gelegenheit  nachzosehen  (s.  68),  ob  die  wirUidike 
den  gesetzlichen  normen  für  die  thätigkeit  der  lehrer  entspiidi 
und  je  mehr  dieses  der  fall  ist,  desto  weniger  wird  sie  in  derlif 
sein,  unmittelbar  in  die  thätigkeit  des  untergeordneten  kreisesei: 
zugreifen,  und  die  anerkennungen,  welche  bei  solchen  gelegenheii 
ausgesprochen  werden,  sind  sicher  der  beste  beweis  dafftr,  dasx  nki 
das  mistrauen  gegen  die  f&higkeit,  den  reinen  willen  nnd  die  redfic 
keit  der  untergebenen  das  innere  motiv  ist,  obschon  ichdordii 
nicht  bestreite ,  dasz  bei  solchen  gelegenheiten  auch  mSogel  an  d 
untergebenen  gefunden  und  auf  die  eine  oder  andere  weise  beseiti 
werden  können,  wenn  letzteres  auch  eine  folge  der  maiaziti 
Prüfungen  ist,  wird  deshalb  überhaupt  die  ausnähme  nnd  dssi 
norme  als  regel  angenommen  ?  wenn  das  gymnaeiom  (s.  71)  li 
über  den  abschlusz  seiner  thätigkeit  mit  amtlicher  antoritftt  in  de 
von  ihm  ausgestellten  maturitätszeugnisse  ausweisen  soll  —  ist 
dann  nicht  partei  und  richter  in  einer  person?  das  gymnasioml 
aber  unter  anderen  zwecken  doch  ganz  gewis  auch  den,  Ar  andc 
bildungsanstalten  vorzubereiten  und  darf  sich  wol  nicht  so  absot 
betrachten,  dasz  es  diesen  anstalten  überlassen  könnte,  ob  A 
der  bildung  der  schüler  eine  Vorbereitung  für  ihre  anfgaboia 
erkennen  (s.  72).  auch  in  der  dispensation  von  der  mflwdlich 
Prüfung  (s.  73)  vermag  ich  keinen  Widerspruch  mit  der  notwei4| 
keit  (oder  besser  zweckmäszigkeit)  der  maturitätsprttfong  sa  sahi 
sondern  sehe  es  vielmehr  als  eine  aufmunterung  fOr  die  candiditi 
an ,  wenn  sio  durch  eifer  und  tüchtige  leistungen  während  des  TQ 
hergehenden  cursus,  und  diese  sind  doch  sicher  in  der  fast  ansnalutt 
losen  regel  durch  das  gleiche  in  bezug  auf  die  übrigen  corse  beding 
sich  jene  ehrende  auszeichnung  erwerben  können,  welche  durch di 
dispensation  von  der  mündlichen  prüfung  ausgesprochen  wird.  d( 
stärkste  einwand  dagegen ,  welcher  mir  bekannt  geworden  ist,  o 
welchen  auch  der  hr.  verf.  ausgesprochen  hat,  ist  der,  dasiesÜ 
den  lehrer  unangenehm  sei ,  bei  dieser  prüfung  nicht  mit  den  tu 
züglichen  leistungen  seiner  l3esten  schüler  glänzen  zu  können,  ^ 
dieses  kommt  für  mich  nicht  in  betracht ,  weil  ich  es  für  ganx  ve 
fehlt  ansehe,  wenn  der  lehrer,  der  es  doch  besser  wissen  mnsi, <>i 
verleiten  läszt,  dem  von  mir  oben  gerügten  falschen  prineqi  ob 
cessionen  zu  machen,  welches  dann  besteht,  dasz  seine  thitigki 
vorzugsweise  aus  den  brillanten  leistungen  seiner  schüler  beiortfl 
werde  —  ja  gerade  diese  dispensation  erscheint  mir  als  das  M 
gegenmittel  gegen  die  Versuchung  (s.  81),  dasz  die  lehrer  die  sehA 
als  gegenständ  ihrer  eitelkeit  behandeln,  wenn  man  aber  die  f^ 
fung  nebenbei  —  und  das  halte  ich  durchaus  nicht  für  verftU^' 
dazu  benutzen  will ,  um  die  leistungen  des  lehrers  za  beurteibBi  > 
kann  dieses  gerade  am  besten  bei  den  minder  begabten  geseb^^ 
'lenn  während  kaum  ein  lehrer  so  schwach  sein  dürfte,  dasi^ 


C.Wagner:  flores  et  fructas  Latini.  387 

Torzflgliche  talente  trotz  seiner  methode  vorzügliches  leisten,  so 
wird  sich  der  tüchtige  lehrer  dadurch  auszeichnen ,  dasz  er  auch  die 
fthigkeiten  der  minder  begabten  —  natürlich  nicht  der  talentlosen, 
denn  solche  gehören  nicht  in  die  oberclasse  —  in  einer  weise  ent- 
wickelt, welche  es  ihnen  möglich  macht,  billigen  anforderungen  zu 
entsprechen,  nochmal :  ich  kenne  kein  besseres  correctiv  gegen  die 
oben  erwähnte  Versuchung,  gegen  das  pietätslose  hetzen  der  schüler, 
gegen  die  Ungeduld,  gegen  die  lieblose  behandlung  und  beurteilung 
der  minder  begabten  und  langsamen  schüler.  gerade  das  aber,  was 
durch  die  besprochene  dispensation  geschieht,  ist  das,  was  ein  lehrer- 
coUegium  mit  recht  beanspruchen  kann,  womit  es  sich  aber  auch 
l)e6cheiden  musz,  nemlich  die  anerkennung:  die  reife  solcher  can- 
didaten,  deren  beföhigung  von  ihm  selbst  als  unzweifelhaft  aner- 
kannt wurde,  sei  dieses  in  der  that,  während  über  andere,  über 
welche  das  urteil  des  coUegiums  nicht  ebenso  günstig  lautet,  noch- 
mal  eine  eingehende  prüfung  zu  entscheiden  hat. 

Doch  ich  habe  wol  schon  mehr  räum  in  anspruch  genommen 
ils  ich  sollte,  und  wiederhole  nur,  dasz  die  interessante  abhandlung 
mir  den  eindruck  machte ,  als  habe  ein  tüchtiger  mann  das  Unglück 
gehabt,  sich  mehrmals  commissären  gegenüber  zu  befinden,  welche 
ihre  aufgäbe  sehr  unglücklich  aufgefaszt,  und  sei  dadurch,  was  sehr 
erklärlich  ist,  verleitet  worden,  die  ausnähme  und  das  abnorme  als 
r^l  anzunehmen,  ich  hoffe,  durch  gegenwärtiges  den  hm.  verf. 
nicht  gekränkt  zu  haben  und  schliesze  mit  dem  ausdrucke  des  herz- 
lichen dankes  für  die  mannigfache  anregung,  welche  ich  durch  die 
gediegene  arbeit  erhalten  habe. 

ASCHAFFENBORG.  BlELMAYR. 

29. 

flores  et  fructus  latini.    puerorum  in  usum  legit  et  obtulit 
Carolus  Wagner,  phil.  dr.  prof.  a  oonsiliis  in  Hassia 

SCHOLASTICIS.    EDITIO  TERTIA,  AUOTIOR  ET  EMENDATIOR.     LipsiaC 

snmptus  fecit  et  venumdat  Em.  Fleischer  (C.  A.  Schulze).     1876. 
VIII  und  227  8.    8. 

Die  erste  aufläge  dieses  lateinischen  florilegiums  erschien  im 
j.  1856.   ref.  hat  sie  damals  in  der  Mützellschen  gymnasialzeitschrift 
[(1857  s.  3^1 — 344)  angezeigt  und  schon  damals  seine  ganze  und 
volle  Übereinstimmung  mit  dem  plane  und  der  ausflihrung  des 
huches  ausgesprochen,    er  verweist,  wenn  überhaupt  nötig ,  bezüg- 
lich der  Verteilung   des  aus  den   verschiedensten  prosaikem  und 
dichtem  entnommenen  stoffes  auf  jene  anzeige  umsomehr,  als  eine 
Veränderung  der  einzelnen  abteilungen,   und  mit  recht,   nicht  für 
nßüg  befunden  wurde ,  wol  aber  eine  bedeutende  Vermehrung  des 
Stoffes. 

Ueberall  weht  in  dem  buche  ein  frischer,  wohlthuender  und 
Webender  hauch,  gewürzt  durch  kurze,  kernige  und  sinnige  Sprüche 

25* 


388  L.  Noir^:  pädagogisches  skizzenbach. 

(commode  et  breviter  dicere,  Cic),  zu  denen  hin  und  wieder  dmitschi 
sinngleiche  Sentenzen  in  anmerkungen  in  sehr  passender  wdB 
hinzugefügt  werden. 

Während  in  der  ersten  aufläge  —  die  zweite  ist  dem  re£  oid 
zu  gesiebt  gekommen  —  der  lateinische  text  nur  128  Seiten  flUlt 
bietet  diese  ausgäbe  168  s.;  von  169 — 176  folgen:  dictorum  f<Hit< 
principes,  von  da  bis  227 :  index  nominum  clarissimomm  usw.  u 
Yocabula  in  CXXX  primis  huius  libelli  paginis  obvia  germanice  re< 
duntur  mit  einigen  metrischen  Vorbemerkungen  (a — f)  in  lateinischi 
spräche,  ref.  will  gleich  hier  seine  freude  darttber  ausdrucken,  da 
der  sehr  verdiente  herausgeber  des  buches  seinen  (des  ret)  aosgi 
sprochenen  wünsch,  den  index  TCTpdtXujTTOC  (Latine,  Gtennmio 
Gallice,  Anglice)  zu  beseitigen,  hat  in  erfÜUung  gehen  lassen,  mt 
wie  ref.  glaubt ,  zum  vorteil  des  buches.  die  angäbe  der  quantitt 
auf  der  Stammsilbe  und  der  paenultima  geflQlt  sehr. 

Wenn  hr.  W.  die  nicht  wesentlich  veränderte  praeüatio  mit  da 
Worten  schlieszt :  quam  (humanitatem  promovendam)  si  quid  ad 
iuverim,  operam  meam  bene  collocasse  videbor,  so  f&gt  re£  ü 
ganzem  herzen  hinzu :  optime  collocasti.  —  Druck  und  papier  fiiii 
schön. 

Sondershausen.  Gottlob  Habtmabi. 

30. 

Pädagogisches  skizzenbuch  von  Ludwig  Noir^.   Leipog,  f* 
lag  von  Veit  &  Co.  1874.  XI  u.  331  s.  gr.  8. 

Der  philologische  lehrer  wird  unter  den  zahlrmchen  scIiriftBB 
mit  welchen  Ludwig  Noir^s  regsamkeit  in  unmittelbarer  folgs  fi 
leseweit  beschenkt  hat,  das  pädagogische  skizzenbuch  nicht ndii 
achtet  lassen,  ein  anregendes  werk ,  obschon  es  anderes  bieM  d 
der  titel  verheiszt!  nicht  sowol  pädagogisch  überhaupt  alavifiliBflk 
im  engem  sinne  didaktisch  ist  der  inhalt;  und  nicht  skizxem  siadai 
die  uns  vorgeführt  werden ,  sondern  zum  groszen  teile  farbensatti 
mit  breitem  pinsel  ausgemalte  bilder;  endlich  können  die  hWi 
kaum  als  eigentliches  buch  gelten ,  wozu  ja  ebenso  wenig  der  v 
äcblieszende  einband  als  eine  das  ganze  durchdringende  groM 
anschauung  des  Verfassers  genügt,  einheit  des  behandelten  stof 
und  gleichmäszigkeit  der  stofiTbehandlung  aber  wird  man  yeigdMi 
suchen ;  ja  die  letztere  hat  der  verf.  sogar  ausdrücklich  TersdaBlIj 
gewidmet  ist  das  buch  'den  drei  groszen  deutschen  erziefaemLiidffi 
Beethoven,  Ludwig  Uhland,  Ludwig  Bichter',  eine  susammflBflte 
lung,  die  wol  Verwunderung  erregen  kann  und  den  gedankenad 
legt,  ob  etwa  Ludwig  Noir6  als  vierter  namensverwandter  aichjW 
erziehem  anzureihen  strebt,  doch  belehrt  uns  eine  folgende  beBO 
kung  des  verf.,  dasz  er  in  jenen  namensgenossen  gleichaam  pitnv 
verehrt,  denen  seine  pietät  die  zwölf  vereinigten  anftfttie  dafg< 
bracht  hat. 


L.  Noirt^:  pädagogisches  skizzenbuch.  389 

Der  verf.  versucht,  wie  erimvorwort  erklärt,  das  Interesse 
in  der  pSdagogik ,  der  lieblingswissenschaft  des  vorigen  Jahrhun- 
derts, die  heute  *nur  den  speciellen  berufsgenossen  überlassen'  sei, 
wieder  zu  erwecken  und  so  zur  befreiung  der  schule  von  'scholasti- 
seher  verirrung'  beizutragen,  da  nach  seiner  meinung  die  ^auszer- 
blb  der  schulkreise  stehenden  gebildeten  mit  gröszerer  Unbefangen- 
heit als  die  fachgenossen  zu  urteilen  vermögen',  trotzdem  aber 
gründet  der  verf.  seine  'berechtigung'  zu  dem  gewagten  versuch 
nm  teil  auf  seine  Wieljährige  beschäftigung  mit  der  sache',  also 
tof  seine  Wirksamkeit  als  schulmann,  indem  er  offenbar  für  sich  den 
Torzüg  in  anspruch  nimt,  zwar  fachgenosse  zu  sein  aber  dennoch  die 
Mszenstehenden  zu  unbefangener  beurteilung  leiten  zu  können, 
weiterhin  gründet  der  verf.  seine  berechtigung  auf  die  ^lebendige 
begeisterung  für  die  hohe  aufgäbe  der  heranbildung  der  Jugend' 
imi  hierzu  ist  er  gewis  vollauf  befugt,  wie  ihm  jeder  leser  seines 
Werkes  freudig  zugestehen  wird,  gerade  diese  echte  wärme,  welche 
die  ganze  darstellung  des  verf.  durchdringt ,  macht  die  lectüre  trotz 
tthlreicher  imd  erheblicher  bedenken  gegen  die  vorgetragenen  an- 
aichten  und  den  selbstgenügenden  vertrag  des  verf.  zu  einer  wirk- 
Kch  genuszreichen ,  obwol  Mas  Ich  des  autors  überall  hervorguckt'. 

Der  erste  der  zwölf  aufsätze  ist  überschrieben  *die  classiker 

und  die  schule';  was  er  aber  behandelt,  kann  hier  so  wenig  wie 

bei  den  folgenden  abhandlungen  verzeichnet  werden,     denn  wenn 

loch  angeführt  wird ,  dasz  der  verf.  die  art  des  litteraturstudiums 

bekÄmpft,  welches  zu  den  litterar-historischen  büchem  greift  statt 

sich  in  die  litterarischen  meisterwerke  selbst  zu  versenken;  dasz  er 

denselben   imterschied,    den  Goethe   in   seiner  italienischen   reise 

twiscben  dem  alten  und  neuen  herausgefunden ,  in  dem  gegensatz 

fon  Händel  und  Bach  neben  Meyerbeer  und  Wagner  erkennt;  dasz 

jr  Ton  der  ephemeren  bedeutung  des  Theuerdank  gegenüber  dem 

;|Kiemden  werthe  irgend  eines  volksliedchens,  von  den  meisterhaften 

^tdksschriften  des  Jeremias  Gotthelf  mit  einem  kräftigen  hieb  auf 

^erbachsche  dorfgeschichten  spricht;  dass  er  die  demokratische 

e  vom  militarismus  und  die  forderung  unentgeltlichen  schul- 
iterrichts  verwirft  —  wenn  das  alles  angeführt  wird,  so  ist  damit 
bunte  manigfaltigkeit  der  vom  verf.  besprochenen  dinge  doch 
t  annähernd  erschöpft,  ja  es  wäre  schwer  auch  nur  mit  bestimmt- 
it  die  hauptpuncte  der  auseinandersetzung  hervorzuheben,  da  die- 
selben zu  wenig  markiert  sind,  um  den  referenten  der  gefahr,  dasz  er 
A  nicht  nach  dem  sinne  des  verf.  finden  könnte,  zu  überheben,  so 
•»g  denn  ebne  weitere  rücksicht  einzelnes  hier  mitgeteilt  werden, 
t%88  dem  ref.  geeignet  erscheint  die  raanier  des  verf.  zu  kennzeichnen 
Äd  dadurch  etwa  zur  eigenen  kenntnisnahme  seiner  aufsätze  den 
jlJBer  einzuladen,  ^an  herm  Paul  Lindau'  gerichtet  und  in  humo- 
Iprtische  form  gekleidet,  belehrt  uns  der  erste  essay  mit  einem  wort- 
S»el,  'das  wesen  des  classikers  bestehe  darin,  dasz  er  nicht  für  die 
^se  geschrieben  habe';  dasz  aber  in  der  litteratur  'dauer  haben 


390  L.  Noire:  pädagogisclies  skizzenbuch. 

werde ,  was  zu  uns  in  die  schule  kommt',  und  mit  jener  spieJenden 
erklärung  nicht  zufrieden,  führt  der  verf.  als  charakterisierend  nodi 
einen  ausspruch  von  John  Stuart  Mill  an,  welcher  'so  ziemlich  den 
nagel  auf  den  köpf  trifft'.  Mill  sagt :  'man  nehme  irgend  einen  ffk 
eines  antiken  classikers  und  man  wird  finden,  dasz  hier  der  gedaab 
seine  form  geschaffen  und  dieselbe  vollkommen  durchdrungen  hit 
da  ist  jedes  wörtchen  mit  zwingender  notwendigkeit  an  seiner  stdk; 
von  welcher  seite  man  immer  dem  in  den  werten  gebundenen  thai- 
sächlichen  sich  nähert,  überall  findet  man  dieselbe  gedrungene  feit^' 
keit  und  geschlossenheit,  so  dasz  ein  falsches  aufFaseen  unmSglki 
wird.'  dieses  wort  bewiese  zunächst,  dasz  Mill  selbst  kein  ekäku 
im  antiken  sinne  ist ,  da  er  sich  hier  der  banalsten  aller  einguigi- 
formeln,  die  höchstens  für  ein  kochbuchrecept  sich  eignet,  la  be- 
dienen nicht  verschmäht  hat:  'man  nehme  .  .  und  man  wird findcir 
aber  das  wort  beweist  auch ,  dasz  Mill  bei  seinem  urteil  Aber  & 
alten  classiker  nicht  auf  dem  wissenschaftlichen  boden  unbefiuigeBer 
historischer  betrachtungsweise  steht ,  sondern  in  der  veralteten  art 
eine  rein  exemplarische  bedeutung  den  classikem  zuspridit.  seinane- 
spruch  gibt  eine  brillante  antithese:  *wie  anders  die  neueren!  OBw/; 
aber  er  bewährt  sich  nirgends,  wo  er  auf  einzelnes  angewendet  wiri 
oder  ist  es  bei  dem  classiker  der  classiker,  bei  Homer,  wirklich  te 
fall ,  dasz  an  jeder  stelle  'der  gedanke  seine  form  geschaffen'  hat? 
gibt  es  da  wirklich  nichts  rein  formelhaftes ,  und  ist  alles ,  was  mak 
seit  den  entdeckungen  der  germanisten  über  die  epische  poesie  g^ 
lehrt  und  gelernt  hat,  ein  irrtum?  —  Ist  bei  Piaton  wirklich  *jedei 
wörtchen  mit  zwingender  notwendigkeit  an  seiner  stelle',  und  vai 
jene  dem  philologen  wolbekannten  überhängenden  sätachen  vai 
Sätze  nach  Mill,  der  sie  doch  nicht  wegleugnen  kann,  etwa  alle  nn- 
platonisch?  —  Und  wenn  es  wahr  wäre,  was  der  verf.  an  andeier 
stelle  anführt ,  dasz  man  aus  den  reden  des  Demosthenes  kein  weit 
hinwegnehmen  könnte ,  wie  war  es  da  möglich ,  bei  der  dritten  Fki" 
lippischen  rede  so  lange  im  ungewissen  zu  bleiben,  welche  verriet 
der  Überlieferung  uns  den  echten  text  des  groszen  redners  gibt?  -* 
Aber  selbst  da ,  wo  jene  gerühmte  ^festigkeit  und  geschlossenlietf 
im  höchsten  masze  vorhanden  sind,  bei  Thukjdides,  ist  da  auch  Ar 
den,  der  die  griechische  spräche  beherscht,  alles  so  klar  und  denUi^ 
'dasz  ein  falsches  auffassen  unmöglich  wird'?  —  Eine  weitete e^ 
läuterung  des  begriffes  des  classischen  versucht  der  verf.  doroh  die 
aufstellung  des  dreifachen  gegensatzes  der  'liederlichkeit,  gört* 
reichigkeit  und  der  phrase'.  der  letzten  dieser  drei  krankheiten  dee 
unclassischen  gilt  sein  schärfster  pfeil.  mancher  leser  des  akiaan- 
buches  wird  wol  fragen^  ob  der  verf.  gar  nicht  fühle ,  dasiersiek 
selbst  getroffen. 

'Die  behandlung  der  deutschen  classiker  in  der 
schule'  ist  der  titel  des  zweiten  aufsatzes,  an  dessen  epitse  ab 
motto  der  Schillersche  vers  von  den  bauenden  königen  steht,  diedv 
kämei-n  zu  thun  geben,     diese  kämer  teilt  der  verf.  *in  drei  daaeea: 


L.  Noir^:  pädagogisches  skizzenbuch.  391 

)  die  «kademiker,  2)  die  feuilletonisten  und  3)  die  eigentlicheii 
iner  par  excellence,  eine  gewisse  sorte  von  philologen'.  Ton  dieser 
tittflnclasse,  die  den  verf.  ^specieU  interessiert.'^  könnte  er  Mem 
BMigten  leser  ganz  unglaubliche  dinge  mitteilen*,  er  thut  es  aber 
Riieswegs,  sondern  um  dem  laien  eine  vorsteUung  von  der  'misz- 
ndlnng  der  alten  classiker'  zu  geben ,  erzählt  er  eine  nicht  mehr 
»e  gesehichte,  die  sich  weder  auf  einen  classiker  noch  auf  einen 
tten  bezieht,  sondern  auf  Hroswitha  und  die  bekannte  von  Aschbach 
igeregte  controverse,  im  folgenden  abschnitt  zieht  der  verf.  gegen 
i»  *natzlo8en  quälen'  zu  felde,  welche  ^die  aus  philologischer  hyper- 
nÜk  stammenden  variantenjagden  der  deutschen  Jugend  in  unseren 
Bheren  bildungsanstalten'  bereiten,  aber  es  war  doch  vorher  der 
sweis  zu  liefern,  dasz  dieser  unfug  wirklich,  und  zwar  nicht  etwa 
OB  Einern  unglücklichen  schulmanne,  sondern  in  weiterem  umfange 
erflbt  wird,  in  der  folgenden  abhandlung  macht  der  verf.  einen 
lebehlusz  von  der  beschaffenheit  der  gedruckten  commentare  zu 
mischen  dichtungen  auf  die  art,  wie  diese  mündlich  in  der  schule 
lUtrt  werden,  was  dort  geschehen  konnte,  das  muszte  hier  bei  der 
mk  grOezeren  zahl  und  bei  der  viel  ausgedehnteren  Verbreitung 
lUlrender  Schulausgaben  um  so  mehr  gethan  werden;  und  eine 
■iterung  der  in  der  Haupt-Sauppeschen  Sammlung  vereinigten 
tvol  als  auch  der  bei  Teubner  erschienenen  bearbeitungen  grie- 
hbeber  und  lateinischer  autoren  würde  den  schlusz  erlaubt  haben, 
Imi  wie  in  diesen  beliebten  hülfsmitteln  des  Unterrichts  so  gewisz 
■dl  beim  unterrichte  selbst  regelmSszig  von  qualvollen  varianten« 
Igden  nichts  zu  finden  sei ,  dasz  es  also  mindestens  überflüssig  sei 
ha  Unwillen  unkundiger  leser  gegen  längst  überwundene  oder  doch 
Kf  spärliche  ausnahmen  beschränkte  misbräuche  wachzurufen,  sehr 
pk dagegen  ist,  was  der  verf.  über  ein  'anregendes  und  in  hohem 
iide  geistbildendes  Studium  von  Varianten'  sagt,  nemlich  Venn 
nelben  nicht  ergebnisse  von  zuftlligen  schreibfehlem,  sondern  der 
iÜBnden,  stets  nach  gröszerer  Vollendung  ringenden  dichterkraft 
hlber  sind'  z.  b.  in  den  beiden  recensionen  von  Schillers  spazier- 
allein  wer  diese  Übungen  nicht  auf  wenige,  gewählte  bdspiele 
Inken ,  wer  sie  an  Gtötz  und  Iphigenie  in  ikren  verschiedenen 
Iten  vornehmen  und  am  ende  zur  grossen  historisch-kritisohe& 
ausgäbe  in  der  schule  greifen  wollte ,  der  würde  eine  an  sich 
liehe  sache  durch  Übertreibung  zu  einer  langweilenden  und 
ItTiiii  verderblichen  machen.  Umgekehrt  aber  würde  man  eine  nur 
kder  Übertreibung  schädliche,  an  sich  jedoch  nützliche  Übung  aus 
kv  schule  verdrängen ,  wenn  man  jede  kritische  erörterung  bei  der 
mg  der  alten  Schriftsteller  mit  pedantischer  consequenz  ferne 
m  und  nicht  hie  und  da  in  solchen  föllen  gestatten,  ja  empfehlen 
Ite,  wo  eine  Variante  zu  scharfsinniger  Unterscheidung  oder  ge- 
dckter  combination  und  dadurch  zur  einführung  in  das  tiefere  ver- 
Inis  einer  stelle  willkommene  gelegenheit  bietet,  derselbe  ge- 
itspunkt  ist  auch  geeignet,  gegenüber  den  ausfuhrungen  des  verf* 


392  L.  Noir^:  pädagogisclieB  skizzeabach. 

im  nSchsten  abschnitt  richtig  za  orientieren,  hier  wird  da 
richten  auf  die  sogenannten  rednerischen  und  poeiisohen  fi| 
heftig  bekämpft,  eine  anleitung  zur  richtigen  anffassoiig  der 
liehen  rede  weise  aber  warm  empfohlen;  also  auch  hier  ist « 
die  Sache  selbst,  sondern  das  übermasz  und  die  ungeschicklj 
des  betriebes,  wogegen  der  verf.,  aber  —  was  dem  leaer  n 
gedeutet  werden  durfte  —  weder  zuerst  noch  auch  allein  so 
veranlaszt  ist.  was  *von  dem  tüchtigen  lehrer  in  besag  anf 
kläru;ig  der  dichtung'  (und  in  den  meisten  pnncten  doch  wc 
eines  prosaischen  Schriftwerks)  geleistet  werden  mnsz ,  hat  d« 
in  folgenden  punkten  angedeutet:  1)  'soll  er  alle  einzelsch' 
keiten  ebnen',  2)  Von  sachlichen  erklftrungen  das  wissenswei 
vortragen',  3)  'über  die  entstehungsgeschichte  intereesante  i 
geben',  4)  'zu  dem  erwecken  und  anregen  der  poetischen  stin 
ftlhren  und  5)  zu  dem  ^bewusztwerden  der  schönen  form'  b* 
Schüler  beitragen,  als  probe  endlich,  ob  diese  fordenmgen 
sind,  betrachtet  der  verf.  den  vertrag  des  gedichts  durch  den  » 

Polemisch  ist  der  dritte  aufsatz  'über  erklftrer  deut 
dichter',  welcher  sich  in  erster  linie  gegen  H.  DttntBen  i 
kungen  zu  ausgewählten  öden  von  Klopstock  und  gegen  des 
klärungen  zu  Schillers  lyrischen  gedichten  wendet,  um  die 
methode  Düntzers  als  verwerflich  zu  erweisen;  weiterhin  dann 
E.  Viehoffs  commentar  zu  Schillers  gedichten,  der  übrigens  * 
gemeinen  als  geschmackvoll'  bezeichnet  wird,  den  vorwnrf  gel 
'philologischen  detailkrams'  erhebt  und  endlich  mit  *ein  pi 
schreckenden  beispielen'  ungeeigneter  erlftutenmgen  aus 
briefen  an  eine  Jungfrau  über  aesthetik,  bearbeitet  von  A.  W. 
abschlieszt. 

Den  glanzpunct  des  skizzenbuches  bilden  die  vom  verf.  im  ^ 
aufsatze gegebenen  'beispiele  dichteri  scher  interpreta 
zunächst  die  auslegung  des  gedichtes  von  Chamisso:  das  sohlof 
court,  obwol  auch  hier  die  redselige  darstellung  des  verf.  de; 
liehen  kern  mit  allzu  reichlicher  Hülle  umkleidet  hat.  dem 
gewisz  des  guten  zu  viel,  wenn  der  lehi^r  seine  erklftrung jenei 
anspruchslose  einfachheit  ausgezeichneten  gedichtes  mit  einer 
an  seine  schüler  einleitet,  die  fast  den  umfang  einer  gaauen  se 
nimmt  und  die  'kinder'  belehrt,  dasz  'mit  dlgemeinen  ästhe 
urteilen  nicht  viel  ausgerichtet  wird',  wie  viel  besser  ist  es 
der  lehrer  ohne  Umschweife  an  die  auslegung  herantritt  und 
urteile,  mit  denen  'nicht  viel  ausgerichtet  wird',  ohne  weiter 
meidet,  auch  die  vom  verf.  gebotene  erklärung  selbst  ersehe 
80  vielen  zuthaten  versetzt,  wie  sie  in  der  schule  unmöglich  g 
werden  dürfen,  da  ja  die  aufgäbe  des  lehrers  ist,  zu  sanunc 
nicht  zu  zerstreuen,  eine  parallele  trägt  gewisz  manchmal  sui 
digeren  auffassung  bei,  wenn  sie  sich  ungesucht  darbietet  ose 
bereits  bekanntes  zum  vergleiche  heranzieht,  wenn  aber  d( 
genannte  gedieht  zur  erläuterung  stellen  aus  Shaket 


L.  Noirä:  pädagogisches  skizzenbuch.  393 

küg  Johann  und  Goethes  Faust  herbeizieht,  an  Chamissos  er- 
hfliiiiQSg  und  Freiligraths  gesiebt  des  reisenden,  verglichen  mit  der 
lohtlichen  heerachau  von  Zedlitz,  sowie  an  ühlands  capelle  erinnert, 
dagentlich  auch  Victor  Hugos  und  Benmgers  gedenkt  und  damit 
kUflsst:  *zu  unserem  gedichte  lieszen  sich  Freiligraths  bilderbibel, 
■tthisBons  wünsch,  Bttckerts  wunderherliches  aus  der  Jugendzeit 
id  etwa  Berangers  iie^fUhlte  Souvenirs  d'enfance  heranziehen'  — : 
nd  dadurch  der  sinn  des  schtQers  auf  das  object  der  betrachtung 
«emtriert  und  kann  er  sich  dasselbe  durch  die  vergleichung  mit 
bekanntem  verdeutlichen?  oder  sind  die  ^kinder',  denen  der  verf. 
■  aehlosz  Boncourt  erklärt,  mit  allen  jenen  verglichenen  dichtungen 
■iraat?  —  Nach  weiteren  bemerkungen  Aber  die  förderung  des 
ntiflchen  Verständnisses  durch  die  composition,  welche  die  stim- 
■Bg  des  lyrischen  gedichtes  ausspricht,  und  durch  die  Illustration, 
•Ue  die  Situation  darstellt,  wendet  sich  der  verf.  in  dem  folgenden 
fuehes'  überschriebenen  abtehnitte  zur  erklärung  der  homerischen 
tiDe,  in  welcher  Friamos  von  Achilleus  den  leichnam  des  Hektor 
(Q  485  ff.) ,  indem  er  an  Chateaubriands  reflexionen  über 
scene  sich  anschlieszt.  wenn  der  verf.  zu  den  letzten  versen: 
^tXiiv  b*  er  oCttu)  TIC  ^irix6övtoc  ßpoTÖc  äXXoc, 
dvbpöc  Traiboq)dvoto  iroTi  CTÖ^a  x€ip'  öp^T€C0at  — 
b  ergreifenden  worte  der  bibel  vergleicht:  Hch  bin  euer  bmder 
•iq[>h.  lebt  mein  vater  Jacob?':  so  ist  hier  die  ähnlichkeit  wol 
pnager  als  in  der  berühmten  stelle  der  Odyssee  (t  19)  eljüi'  'ObuceOc 
ri,  ^  nicht  nur  im  altertnm  von  Vergil  (Aen.  1 378)  in  den  Worten 
■1  pius  Aeneas  eqs.  nachgebildet  worden  ist,  sondern  ohne  zweifei 
jKb  in  0.  Freytags  Ingo  bei  der  erkennungsscene  vorgeschwebt  hat. 
he  vorzügliche  erklärung  von  Uhlands  romanze  Bertran  de  Born 
lAlieszt  die  ^beispiele  dichterischer  Interpretation'  ab. 

Manches  treffende  und  zwar  in  einer  für  weitere  leserkreise 
nden  darstellung  enthält  der  fünfte  aufisatz,  welcher  ^das 
aehatudium,  die  grundlage  hüherer  geistesbildung^ 
delt  und  sich  besonders  auf  L.  Geigers  Ursprung  und  eni- 
ung  der  menschlichen  spräche  und  vemunft  stützt,  doch  hat 
verf.  auch  hier  einen  allzu  fernen  ausgangspunct  gewählt  und  ist 
Versuchung  zu  digressionen  nicht  entgangen. 
Das  thema  der  sechsten  abhandlung  bUdet  *die  gefahr  der 
seitigkeit  in  den  Sprachstudien',  der  verf. ,  der  hier  aus 
Hiein  anekdotenschatze  besonders  reichlich  zu  spenden  für  gut  be- 
laden hat,  deutet  namentlich  ^drei  hauptrichtungen  der  einseitigen 
irimiDg  der  classischen  Studien'  an:  ^das  phrasentum,  das  anhäufen 
rstandener  worte  und  realien  in  unverdautem  wissenskram  und 
ich  das  gedankenlose  übersetzen,  durcbjagen  durch  den  schrift- 
um  das  pensum  zu  vollenden',  den  erneuten  kämpf  gegen 
^phrase,  wie  sie  in  den  gelehrtenschulen  blüht  und  gehegt  wird% 
et  der  verf.  selbst  mit  der  hinlänglich  abgegriffenen  phrase  ^es 
e  eulen  nach  Athen  tragen'  und  wendet  sich  alsbald  gegen  den 


394  L.  Noir^:  pädagogisches  skizzenbudu 

lateinischen  aufsatz,   während  er  die  ^gesunde,  kemhttfte  geiite- 
übung',  wie  die  lateinischen  stilttbungen  sie  enthalten,  MUBdrflcUkk 
hier  wie  an  einer  andern  stelle  anerkennt,  aber  gßgen  dif^jeaige  tvk 
Wendung    des   lateinischen  anfsatzes,    welche  jüngst  BBrwlifcM» 
wieder  so  nachdrücklich  empfohlen  hat,  nnd  gegen  d^  einIenoUnit 
begründung  des  auf  solche  weise  für  das  eindringende 
der  alten  schriftsteiler  erzielten  nutzens  bringt  der  retS.  mMä  im\ 
wie  der  phrase  in  den  deutschen  ausarbeitongen  der  sehllkr 
gegengearbeitet  werden  könne,  zeigt  der  verf.  an  einem  ergi 
beispiele.    das  ^phrasenthnm  in  der  pftdagogisehen  littaiifaii' 
kämpft  der  verf.  im  einzelgefecht  gegen  Koppe  rOmiiche 
Altertümer  und  Bones  deutsches  lesebuch  für  höhere  lehranrtritBfc 

Im  siebenten  aufsatze,  welcher  die  Überschrift  *todi«8  wietaifii 
trägt,  geht  der  verf.  wieder  von  femer  liegendem  ans,  mdos 
einen  artikel  von  M.  Ducamp  über  die  auf  dem  finniMMhoi 
nasialwesen  lastende  tradition  eines  schädlichen  Systems  an 
^Bevue  des  deux  mondes'  reproduciert.  nach  weiteren  ndi 
über  jesuitische  einflüsso  auf  die  gymnasialbildung  übeilwipt 
über  die  an  den  französischen  lehranstalten  durch  Domys 
eingeführte  Schablone  für  die  benützung  der  unterrichtsMit und: 
einer  der  jugend  in  den  mund  gelegten  Philippika,  in  weleheri 
gegen  die  Überladung  mitwissens  stoff  pathetisch  protestiert,  *— ; 
solchen  Vorbereitungen  gelangt  der  verf.  dazu,  anrogeben, 
zum  Hodten  wissen'  rechnet :  *  Weltgeschichte,  wenn  sie  niohts 
enthält  als  namen,  daten  und  zahlen';  lobpreisnng  der  *h< 
der  antiken  weit'  ohne  eingehende  beachtnng  der  alten  konat, 
erörterung  dieser  kunstschöpfungen,  *ohne  die  lebendige 
gleichzeitig  mitwirken  zu  lassen'  und  überhaupt  worterUlrDiigi 
barer  gegenstände,  Venn  nicht  die  anschanung  des 
in  abbildung  oder  getreuer  nachbildung  ergänzend  hiDinkoamf  1 
'litterar-historischer  notizenkram'  und  'Utterarische  kri 
noch  manches  andere^  dessen  aufzählung  hier  nicht  wiederholt' 
soll,    nur  mag  bemerkt  werden,  dasz  der  verf.  nun  eehlusse 
von  dem  nutzen  des  turnens  handelt,  was  der  leser  unter  der 
Schrift  Hodtes  wissen'  wol  nicht  zu  finden  hoffte. 

üeber  den  rest  des  skizzenbuches  sollen  hier  nor  noeh  kms 
andeutungen  folgen,  da  derselbe  auf  gebiete  hinübersehweift,  ii 
welche  ref.  nicht  zu  folgen  vermag,  oder  in  formen  sich  bew^jt^ 
eigentümlichkeit  durch  einen  nüchternen  bericht  nicht  wii 
werden  kann,    im  achten  aufsatze  werden  die  'forte ehr itte 
naturwissens  und  ihr  einflusz  auf  das  geistige  leben' 
einer  weise  besprochen,  welche  das  evangelium  der  reinen 
predigt,  die  völlige  Verdrängung  *  der  mystisch-theologisehen  vdft'^ 
anschauung'  durch  die  'empirisch-philosophische  natnrbetrMdrfflt^'*^ 
in  aussieht  stellt  und  mit  der  verheiszung  schlieszt,  dastdor^M^ 
wickelungsgeschichte  der  menschlichen  yemunft  andi  die  pfivii^ 
"»chule  nicht  verschlossen  bleiben  werden'. 


L.  Noirä:  pädagogisches  skizzeubuch.  395 

Mit  echtem  humor,  aber  mit  jener  einseitigen  Übertreibung, 
khe  in  allen  anfsätzen  des  skizzenbuches  lästig  wird ,  sind  in  der 
unten  nummer  gewisse  ^schulmeisterk rankheiten'  cha- 
cierisiert.  wie  der  verf.  in  anderen  partieen  eine  yerirrung  oder 
tohrtbeit  der  phantasie  des  lesers  möglichst  schreckhaft  ausmalt, 
i  dann  g^en  diese  selbstgeschaffenen  feinde  siegreich  den  ritter- 
bea  strausz  zu  bestehen ,  so  hat  er  in  den  bildem  des  doctor  Or- 
108  y  Professor  Salmasius ,  präceptor  Petulans  und  conrector  Miser 
ki  sowol  Charaktere  als  vielmehr  carricaturen  gezeichnet,  nur 
m  Portrait  des  herm  doctor  Sublim is  wird  man  die  lebenswahrheit 
iht  absprechen  dürfen. 

Welche  bunte  fülle  von  mitteilungen  der  zehnte  aufsatz  enthält, 
it  weder  die  Überschrift  'die  kunst  und  der  meister'  ahnen, 
fk  Termöchte  dies  ein  referat  in  kürze  zusammenzufassen,  nur  eine 
ge  sei  hier  erwähnt,  die  der  leser  sich  wol  auf  werfen  mag.  der 
rfl  beginnt  mit  dem  satze ,  -  es  sei  ihm  'stets  merkwürdig  yor- 
JDDmmen,  wie  viele  leute  über  schule  und  pädagogik  mitreden', 
1  führt  dies  dann  in  seiner  weise  mit  bezug  auf  'pfarrer,  kreis- 
tctoren  und  consistorialräthe,  bäckermeister  und  handschuhmacher' 
iter  aus.  wie  kann  dem  verf.  als  merkwürdig  auffallen ,  was  ja 
B  natürlich  erscheint,  wenn  wirklich  nach  seiner  ausdrücklich 
gesprochenen  Überzeugung  gerade  diese  'auszerhalb  der  schul- 
ise  stehenden'  beurteiler  'ungetrübteren  blick  und  gröszere  un- 
hngenheit'  also  mit  recht  auch  grosze  neigung  zum  urteil  über 
iidfragen  mitbringen? 
In  der  elften  abhandlung  über  'die  ideale  bil düng' musz 
wnste  abweisung  des  'utilitätsprincips'  wohlthätig  berühren, 
aach  im  übrigen  des  verf.  wege  nicht  unsere  wege  sind,  für 
erkeit  des  zwölften  aufsatzes  'zum  leben  der  deutschen 
ache'  bietet  die  'grammatische  novelle  in  Callots 
ier'  mit  dem  titel  'Olibrius'  eine  ergötzliche  entschädigung. 
Turf,  wird  in  folge  einer  Versündigung  gegen  den  conditionalis 
dem  geiste  des  mit  diesem  modus  aufs  innigste  verknüpften  pro- 
Olibrius  rastlos  verfolgt,  bis  er  endlich  am  Schreibtische  des 
Friedrich  Pecht  die  ersehnte  erlösung  von  dem  unhold  findet. 
Genug,  der  vorstehende  bericht  erftUlt  seinen  zweck,  wenn  er 
läszt,  nicht  was  alles,  sondern  nur  wie  vielerlei  originelles 
reproduciertes ,  wahres  und  übertriebenes,  beifallswerthes  und 
kliches  Noires  pädagogisches  skizzenbuch  enthält,  was  für  den 
enossen  hemmend  und  störend  wirkt,  die  Weitläufigkeit  der 
itellung,  mag  für  einen  weiteren  leserkreis  in  vielen  fällen  unter- 
ind  und  erheiternd  sein,  denn  es  ist  nicht  die  einförmige  breite 
schnurgeraden  landstrasze,  sondern  die  wechselvolle  ausbreitung 
gewundenen  wildwegs,  von  welchem  der  verf.  gern  auf  ein  nahes 
entfernteres  feld  abschweift,  um  eine  lockende  blume  zu  pflücken 
einen  lohnenden  ausblick  zu  gewinnen. 
M.  E. 


396  Nekrolog. 

31. 

NEKROLOG. 


Je  mehr  frende  die  lateinische  versification  frfiher  den  dario  ( 
übten  ihr  leben  lang  bereitete,  und  je  mehr  sich  solehe  fibaii«ii  (■ 
mag  sagen  was  man  will)  für  das  eingehende  veratSndnis  der  al 
dichter  darcbaus  fruchtbar  erwiesen:  desto  mehr  iat  es  la  bekU( 
dasz  dieselben  heutzutage  vielfach  —  wenn  überhaupt  betrieben  " 
stiefmütterlich  behandelt  werden,  immer  geringer  wird  die  tibi 
altehrwürdigen  zeugen  für  diese  seite  classis^er  bildang.  aU 
solcher  galt  in  weitern  kreisen  der  am  2  december  v.  j.  Terttoil 
pastor  Moriz  Thümmel  zu  Zenden  bei  Niemegk  (proF.  Braadeabi 
geboren  am  25  april  1810  zu  Weiszenfels,  söhn  eines  dortigen  eai 
und  küsterSf  besuchte  er  1820  und  1821  die  Thomasschale  sn  Lei| 
sodann  bis  1827  die  landesschnle  Pforta.  Rankes  und  «adersr 
innernngen  haben  uns  kürzlich  ins  gedächtnis  gemfen,  mit  wal 
thatkraft  dort  unter  Ilgens  markiger  leitnng  die  altertnmsstndlOT 
trieben  wurden,  bis  1830  studierte  Th.  in  Leipiig,  trat  nach  beste 
nem  ersten  ezamen  in  das  predigerseminar  zu  Wittenberg  und  ftbefli 
daselbst  zwei  jähre  später  das  nauslehreramt  bei  den  kindeni  des 
würdigen  H.  L.  Heubner,  ebenfalls  eines  alten  Portensers  tob 
ciassischer  bildung.  damals  genosz  Schreiber  dieses  mit  askn 
andern  knaben  den  äuszerst  anregenden  Unterricht  des  entseUsAi 
in  den  elementen  lateinischer  versification,  die  schon  cur  reife  fIrtH 
des  gymnasiums  gefordert  wurden,  um  1837  wurde  Th.  naeh  EsM 
in  der  £lbaue  als  pfarrer  berufen,  von  wo  er  1868  nach  Zendes  Ik 
gieng. 

Voll  echten  humors,  ein  gewandter  und  allezeit  bereiter  w* 
und  dichter  in  der  muttersprache  wie  in  der  spräche  Latinmt,  ik 
selten  unter  fremdem  namen  —  denn  neidlos  Iiess  er  andern  dto  0 
gebührenden  lorbeem  —  pflegte  er  namentlich  von  Ratsseh  sif  ^ 
verkehr  mit  den  litterarischen  kreisen  Wittenbergs;  mancher  ^j^ 
jeder  ehren-  und  jubeltag  wurde  durch  seine  sauber  gearbeiteten^!^ 
treu  gemeinten  aber  auch  neckischen  Inhalts  verherlicht.  die  U^ 
jähre  wandte  er  seine  ländliche  muse  insbesondere  der  ▼'S'*''^ 
biblischer  Stoffe  zu.  bei  B.  H.  Rübener  in  Wittenberg  erseUeaV 
eine  Übersetzung  ausgewählter  psalmen  in  lateinische  distidisB  ^ 
dem  titel  'MeduUa  Psalterii',  mit  ebenfalls  versifleierter  auf  die  fHM 
versuche  eines  Eobanus  Hessus  u.  a.  eingehender  vorrede;  dii  jß. 
darauf  ebd.  bei  Herros^  ^Parabolae  N.  T.  latine  redditae  et  Bf'^ 
S.  Jacobi*  in  gleicher  weise  übertragen,  ungedmekt  bliebes,  ^ 
handschriftlich  nach  seiner  art  aufs  sauberste  ansgeffthrt  das  '^^ 
sum  Psalterium*  (alle  150  psalmen  in  gewandte  disticha  geklsiMij 
acta  apostolorum  in  hexametern ,  endlich  wenige  tage  vor  seist*  ^ 
vollendet  die  Genesis,  sein  andenken  wird,  wie  im  engera  kü^*^ 
heimatf  so  weiterhin  manchem  mitschüler  aus  fast  versdioUeM' *? 
unverstandener  zeit,  aber  auch  manchem  dankbaren  schfller, ß^jt 
später  ein  jüngerer  freund  werden  durfte,  und  zahlreichen  fi**** 
jedes  alters  ein  theures  bleiben. 

Zerbst.  0.  8l* 


logische  Programme  der  provinzen  Sdüesien,  Sachsen  usw.  397 

(18.) 

LOGISCHE  PB06RAMM£  DEB  PBOYINZEN  SCHLE- 
SIEN, SACHSEN,  BRANDENBDBG.    1873. 

(fortsetEQng.) 

I  referent  bei  den  beiden  ersten  Serien  Ton  beriehteratsttangen 
B  philologischen  programme  der  drei  oben  genannten  proTinsen 
QMe  und  in  einer  anmerkang  unter  dem  texte  that,  erlaabt  er 
iimal  an  die  spitze  und  in  den  text  zu  setzen,  indem  er  mm 
male  an  die  herren  directoren,  welche  bis  jetzt  noch  nicht  so 
«wesen  sind,  seine  mehrfach  ausgesprochene  bitte  um  fiber- 
'  der  Programme  ihrer  anstalten  Ton  1873  und  1874  zu  erfüllen, 
febenste  bitte  richtet,  aus  dem  schulkaleuder  sind  mir  mehr- 
rogramme  von  1873  bekannt  geworden,  die  philologischen  Inhalt 
md  zum  teil  wie  das  neue  programro  von  Volkmann  in  Jauer 
%  critica  nova'  nicht  unbedeutende  ausbeute  für  die  Wissenschaft 
ihen,  aber  sie  konnten  noch  nicht  besprochen  werden,  weil  sie  bis 
ch  nicht  zu  meiner  band  gekommen,  ich  gedenke  mich  in  meinen 
ntattungen  auf  die  philologischen  programme  zu  beschrSnken, 
se  soweit  thunlich  aus  dem  ganzen  preuszischen,  später  yielleioht 
1  ganzen  deutschen  vaterlande  zu  behandeln,     die  ergebentse 

die  herren  directoren  der  höheren  lehranstalten  Preoszens  um 
Ag  der  von  ihren  anstalten  ausgegangenen  programme  philo- 
D  Inhalts  ist  in  besondern  gedruckten  Zuschriften  ergangen,  ich 
>le  sie  hier  so  ergeben  wie  dringend,  denn  meine  berichte  im 
•e  an  die  das  collegium  durchlaufenden  programme  zu  machen 
aiiszer  stände,  dieselben  kommen  in  der  regel  erst  zwei  jähre 
n  erscheinen,  kommen  oft  in  grosser,  oft  in  geringerer  menffe, 

man  sich  einen  plan  für  die  arbeit  nicht  machen  kann,  ich 
also  auch  hier  nochmals  um  gütige  Übersendung  der  philo- 
t  Programme  von  1874  an. 

iwiTz.  königl.  kathol.  gjmn.  11  classen,  18  lehrer,  861  tehftlar. 
rienten.  —  Abb.  von  dr.  Krause:  ^der  name  des  gottet  Baal 
iicher  und  sprachgeschichtlicher  beziehung*.  in  der  einlaitnng 
it  verf.  den  Zusammenhang  der  griechischen  götterlehre  mit  den 
rischen  Vorstellungen  des  Orients,  behauptet  einen  tiefgreifenden 
las  Orients  auf  die  religiösen  Vorstellungen  des  occidents,  mainty 
lett  der  griechischen  götter  und  heroen  sei  aus  einer  rielheit 
•n  entstanden,  die,  ursprünglich  epitheta  des  gottes  Baal,  tpiter 
lia  aufgefaszt  und  für  ebenso  viel  namen  ebenso  vieler  rer- 
ir  götter  gehalten  sind.  verf.  will  eine  reihe  mythologiseher 
DUersncben,  denen  der  name  des  Baal  zu  gründe  liegt,  ab- 
S  bespricht  den  Belosthurm  in  Babylon  nach  Herod.  1»  187  und 
\f  1.  abschnitt  III  behandelt  die  menschenopfer  zur  ehre  Baals, 
tapal  jener  hohe  Belosthurm  war.  diese  menschenopfer  finden 
Karthago,  Griechenland  und  Italien  wie  in  Asien,  dafür  werden 
[•bracht,  diese  meuschenopfer,  welche  die  Überlieferung  dem 
I,  Kronos,  Zeus,  Dionysos,  Apollon  bringen  läszt,  werden  vom 
P  den  Baal  bezogen,  der  unter  den  verschiedenen  namen  ver- 
d.  abschnitt  IV  behandelt  den  Baalcnlt  in  Palästina,  wie  er 
beiliß:en  Schrift  als  jüdischer  götzendienst  bekannt  ist.  im  ab- 
IT  ist  die  rede  vom  liualcult  auf  Kreta  und  Theseus  Verhältnis 
Ur  Minotauros  wird  hier  für  den  phönikischen  Baal  e/klärt,  die 
Ut  vieler  gottheiten  und  die  anrnfnngen  als  stiere  auf  Baal 
■gestalteten  zurückgeführt,  Minotanros  durch  sonnenstier  über- 
iSjhnth  durch  opferstlitte,  Theseus  identificiert  verf.  mit  Zeus, 
Mr  habe  er  den  Minotauros  besiegt,   die  Helena  geraubt,     ab- 


m 

i 


398  Philologische  programmc  der  provinzen 

schnitt  VI  handelt  vom  Heraklestempel  in  Tjros  nach  Hen 
Arrian  2,  16.  im  Herakles  wird  weiter  im  folgenden  abschnit 
oder  Baal  wiedergefunden,  verf.  erklärt  Herakles  für  einen 
des  Baal  zur  bezeicbnung  desselben  als  handelsgottes.  Mercv 
dann  etymologisch  mit  Herakles  verknüpft  die  identitEt  Ton 
Mercurius,  Melkart  und  Baal  wird  weiter  nachzuweisen  yeni 
schnitt  VIII  ist  überschrieben  Mercnrius  Hermes  und  sucht  d 
dasz  auch  Hermes  nur  ein  beiname  des  Baal  sei.  die  beortc 
oft  einigen  scbein  für  sich  habenden  beweise  überlassen  wir  d 
logen,  abschnitt  IX  bespricht  die  Baalsäule,  eine  s&ule  war  d 
Symbol  zur  darstellung  der  gottheit,  bei  Orientalen  und  Qric 
die  Säule  die  älteste  form  des  götterbildes.  das  wird  Tom 
weitem  dargethan.  die  Baalsäule  wurde  nach  dem  verf.  von  der 
durch  q)a\f)c,  <pd\r)C,  cpaXXöc  bezeichnet,  abschnitt  X  handelt  fib« 
und  Pallas,  jener  name  soll  aus  ha-baal,  dieser  aus  baalat  e 
sein  un'H  beide  nur  gott  und  göttin  bezeichnen.  ApoUon  ist  8< 
Pallas  mondgöttin.  als  solche  entspricht  sie  der  Alargfatis  in 
Athene  wird  als  fem.  zu  Adon  erklärt  und  herrin,  götün  üben 
name  Minerva  etrusk.  Menrfa  wird  mit  ^/|V,  |ui/|vr)  mond  snsamme 
und  80  Minerva  mit  Athene  und  baalat  identificiert.  der  abe 
bespricht  Delphi  und  Delos  und  bringt  auch  sie  mit  dem  I 
zusammen,  AeXqpoi  «»  aiol.  BeXcpoi  wird  als  Baalstätte  erkli 
als  Baalinsel,  abschnitt  XII  ist  Polydeukes  überschrieben, 
seines  bruders  Kastor  cult  wird  vom  verf.  ans  dem  Orient  i 
Polydeukes  als  Baal,  Kastor  als  Astarte  aufgefasst,  jener  für  i 
dieser  für  den  mond  erklärt,  in  Italien  soll  nnter  Kastor  c 
liehe  göttin  gedacht  sein,  auch  der  name  Helena  Selene  wii 
mondgöttin  bezogen,  Menelaos  für  den  phönikisohen  sonnei 
erklärt,  abschnitt  XIII  betitelt  sich  Bellerophon,  nnter  dei 
der  Baal  des  westens  bedeute,  soll  Baal  in  Korinth  verehrt  si 
erklärt  den  Pegasus  für  das  flüg^Irosz  des  Baal,  die  chimai 
finsternis  des  westens.  die  drei  begriffe  entstammen  der  zeit 
sten  Baalcultus;  von  den  spätem  Griechen  wurden  diese  wie 
behandelten  nicht  mehr  verstanden,  abschnitt  XIV  ist  übei 
Volcanus.  das  wort  ist  componiert  aus  Baal-can  and  heisst 
feuers.  Mnlciber  ist  aus  melech  und  abar  opfern,  st.  abar,  irOp, 
von  gleicher  wurzel.  'H<paiCTOC  entspricht  dem  namen  Vesta,  1 
St.  esch  (ignis),  woher  deutsch  asche.  Volcanus  ist  Baal  als 
abschnitt  XV  ist  betitelt  Sardanapal.  der  name  ans  Sardan 
Zeichnung  des  Sonnengottes  und  apal  (Apollon),  er  benennt  eine 
gott.  der  name  tian,  Verkürzung  von  Sandon,  ist  identisch 
Zdv,  Zi\y  und  sonne,  bedeutet  herr.  er  verbrannte  sich  nach  de 
selbst,  auch  Paris  ist  ein  name  für  den  Sonnengott.  XVl 
diesem  heroen  ward  in  Thessalien  gedient  und  dieser  Peleusc 
ein  Baalcultus  von  allcrgrausamster  art,  mit  menschenopfem. 
war  in  Thessalien  von  hoher  bedeutung  und  von  dem  Pelei 
oder  Baal  wurden  orte  und  gegenden  vielfach  genannt,  m 
wird  der  kentaur  Xeipwv  verehrt,  auch  er  ist  nur  efbe  gc 
Baal  oder  Bei.  centaurus  ans  cen  das  feuer  und  tanrus 
feuerstier  und  ist  nur  ein  name  für  Baal  Moloch.  XVII.  Achil 
name  vom  semit.  ahal  herzuleiten  bezeichnet  den  strahlenden, 
den  und  ist  nur  ein  beiname  des  gottes  Baal,  er  erschein' 
und  zwar  als  Sonnengott  durch  das  gespann  unsterblicher  r 
sind  die  rosse  des  Sonnengottes  Baal,  er  wurde  in  ältester  s 
menschenopfer  verehrt,  danach  ist  Achilleus  mit  Herakles 
und  die  'llias  wird  zu  einer  erweiterung  des  auf  die  erobenn 
bezüglichen  teils  der  Heraklessage,  Homeros.  ist  nur  ein  gr» 
partic.  von  homar  sagen,  erzählen,  und  homer,  dies  partic,  bed( 
erzähler.      Herakles  und  Achilleus   sind  das  endresultat  einer 


Schlesien,  Sacbsen,  Brandenburg.  1873.  399 

sagendichtongf,  die  als  homer,  d.  i.  als  erzählang  bezeiebnet 
^yill.  Odyssens.  aacb  er,  dessen  name  arsprÜDgUch  'OXuT€i}c 
t  nichts  als  der  Sonnengott  Baal,  Penelope,  seine  gattin  die 
tin  Astarte.     XIX.  Pelops.    der  name  bezeichnet  den  Baal  des 

er  ist  also  auch  ein  Sonnengott,  als  solchen  charakterisiert 
l^espann  geflügelter  rosse,  die  znrückführun^  der  Olympien  anf 
nd  Herakles  heiszt  nichts  anderes,  als  dass  der  Baalealt  anlass 
pielen  gegeben.  Pelops  als  söhn  des  Tantalos  zeigt  an,  dasz^ 
engott  ein  söhn  des  gottes  Tan,  Don,  Zan,  Zen,  wovon  Aavooi. 
ard  der  name  zu  Zeus,  der  zweite  teil  des  namens  Tantalos- 
n  höchsten  gott  als  leidend  nach,  wie  sich  Ihn  die  Orientalen 

XX.  Pelasger  und  Hellas.  TTeXacToi  stammt  vom  namen  Baal 
bezeichnet  das  volk  des  Baal.  Hellas  ist  nichts  als  eine  cnt- 
von  Pelasgia,  "EXXiivec  also  identisch  mit  TTeXacfoi,  zn  welchem 
er  der  phllister  ein  analogon  bildet,  beide  sind  gleichbedeutend, 

seinem  Baalcultns  ist  der  ansganf^spunct  des  namens  Hellas- 
ftlatium  und  Latiam.  die  namen  Palatinns,  Pales,  Palilia  er- 
n  alten  Baalcultus,  den  ältesten  römischen  götterdienst.    Borna- 

sem.  Ruma  zusammengebracht,  es  bedeute  die  hohe,  die  hoch- 
uch  Latium  ist  vom  gotte  Baal  genannt,  ist  identisch  mit  Pa- 
id  bezeichnet  das  Baalsland.  XXH.  grundbedeutnng  des  namen 
as  wort  bedeutet:  der  mächtige,  starke,  gewaltige,  der  henr. 
lel  pul  oder  pol,  welche  den  ton,  der  dnrch  anschlagen  oder 
>ezeichnet  wird,  nachahmt.  XXUI.  Baal  in  eigennamen,  so  in 
I,  Hasdrubal,  Isabel,  Beelzebub.  XXIV.  Baal  als  Zeus.  Zeus 
lieh  durch  seinen  Ursprung  als  beiname  des  gottet  Baal,  die 
Tiech.  form  für  Zeus  ist  A6v  oder  Tdv.  di  rdv  bedeutet  Zeus,, 
ibedeutnng  von  Zeus  =»  Tan,  Don  ergibt  sich  aus  dem  semi- 
es  heiszt  herr,  wie  Baal,  mit  Zeus  ist  Dionysos  identisch,  der 
BS  weingottes  nur  eine  orgiastische  form  des  Zenscultns.  Do- 
j|^utet  die  Zeusstätte.  mit  Zeus  identisch  ist  Tantalos»  nur 
t  hier  Zeus  als  der  leidende,  Danaos  als  donnergott,  Poseidon,, 
in  Adouis  hat  sich  der  name  Adon  Baals  unverändert  erhalten. 
eszen  unser  referat  über  dies  programm  mit  der  wol  verseih- 
age:  was  werden  unsere  O.  Curtius,  Pott,  M.  Müller  sagen  zn 

der  gewisheit  ihrer  Sicherheit  vorgetragenen  opinionen  des 
.  Krause  in  Gleiwitz? 

rsHBERO.  gymn.  11  classen,  16  lehrer,  369  und  367  ■ohfiler, 
«nten.  —  Abb.  von  dr.  Dietze:  'die  lyrischen  krenzgediekte 
•eben  mittelalters'.  die  zahl  der  krenzgedichte  ist  unter  den 
ilen  am  bedeutendsten,  bedeutend  geringer  in  Nordfrankreieb,. 
Ifsten  in  Deutschland,  hier  fast  kein  rein  religiöses  kreoslied. 
Mt  man,  bei  einem  auf  eine  kreuzfahrt  bezüglichen  liede,  ob 

einer  andern  gattung  zuzuweisen,  der  umfang  des  begiiffes 
1  ist  nicht  sicher,  es  hat  wol  das  wort  im  laufe  der  seit  einen 
■Item  sinn  bekommen,  die  ursprüngliche  gestalt  des  reUgiÖsen 
Its  liegt  in  den  sog.  leisen  euer  lurleisen  vor.  solche  lleder 
■r  nachabmung   an,   an  die  stelle  des  kyrie  eleison  trat  der 

so  in  altfranz.  liedern.  im  deutschen  können  wir  den  über- 
I  volkslyrik  zur  knnstlyrik  nicht  so  verfolgen,  schon  das  älteste 
1  zeigt  volle  cntwickclung.  eine  andere  art  kreuzlieder  sind 
Sprüche,  cinstrophige  gedicbte,  durch  Friedrich  von  Hausen 
rtdicbtung  erhoben,  bald  erscheint  die  form  des  liedes  die  be- 
te,   der  älteste  dichter  mbd.  kreuzlieder  ist  Friedr.  von  Hausen. 

sich  noch  an  roman.  Vorbilder  An.  vgl.  des  minnesanges  früh- 
I  Lachmann  nnd  Haapt  46,  9.  auf  der  kreuzfahrt  auch  ge- 
ll, 8.  dort  klagt  er,  dasz  ihn  sein  weh  auch  auf  der  fahrt 
■rUUzt,  hier  schmäht  er  die,  welche  der  gotes  vart  sich  aus 
[•ntzieiien,  in  53,  11  wendet  er  sich  gegen  die,  welche  ihr  ge- 


l 


400  Philologische  programme  der  proyinzen  Schleuen,  Sachsen  mw. 

lübde  brechen.  Zeitgenosse  H.s  ist  Heinrich  von  Rucke.  Ton  ihm  ei] 
kreazleich  (ms.  fr.  96 — 99)  and  ein  sprach  (ms.  fr.  102,  14).  hier  win 
das  darch  eine  kreuzfahrt  erworbene  Terdienst  geprieeen.  beide  gt 
dichte  sind  aas  dem  spätiierbst  1190.  Beinmar  der  alte  nahm  an  iki 
krenz fahrt  1190  unter  Leopold  VI  teil,  auf  diese  fahrt  besfiglieli  at 
fr.  180,  28  und  181,  13.  Albrechts  von  Johannadorf  kreoslieder  \um 
eine  gewisse  durch  den  abschied  von  der  heimat  vemrsaohte  idiiNr' 
mut  durchblicken ;  von  ihm  sind  ms.  fr.  86,  26.  87,  6.  28.  88,  19.  89,  tL 
94,  15,  alle  vor  der  fahrt  zum  heiligen  lande  entstanden,  die  1189  ote 
1190—1191  stattfand.  Hartmann  von  Aue  zog  com  heiUgen  lande  mr 
gefähr  1196—1197.  von  ihm  sind  ms.  fr.  209,  26.  210,  85.  211, 20.  218,  i 
darunter  ist  das  erste  ganz  besondere  schön.  Hildebald  von  Schwaagi^ 
am  ende  des  12n  und  au  fang  des  18n  jahrhonderta,  nahm  an  dem  kreH- 
zuge  von  1196—1197  teil,  sein  kreuzlied,  das  auch  all  ematet  «iiit- 
lied  bezeichnet  werden  kann,  steht  in  v.  d.  Hagens  minneeing.  1,  SW^ 
auch  in  Bartschs  liederdicht,  s.  65.  Otto  von  Botenlauben  nahm  m 
an  Leopolds  VII  von  Oesterreich  kreuzzog  1217.  sein  krenzlisd  ii 
v.  d.  Hagens  ms.  1,  31.  Bartschs  liederdioht.  8.  120.  denaeibca  nf 
machte  Neithard  von  Keuental  mit.  seine  kreuilieder  bei  t.  d.  Hsga 
2»  103.  117.  unter  den  liedern  Walthers  von  der  Vogelweide  sind  nm 
kreuzgedichte  rein  religiöser  gattung.  seine  thätigkeit  für  daa  ■nitiiiii ' 
kommen  eines  kreuzzuges  geht  aus  vielen  sprfichen  hervor,  so  M 
12,  6.  29,  15  Lm.  nach  dem  verlnst  von  Damiette  ist  78,  24  gedicM 
aufs  neue  betrieb  er  den  kreazzug,  als  er  sich  verzögert,  dmek  11,1 
und  21,  25.  als  dann  der  kaiser  den  zag  unternahm  und  krank  gtw{ 
den  umkehren  muste,  ermahnte  W.  den  gebannten  so  ■ohnell  als  all^i 
lieh  sein  versprechen  zu  lösen  in  10,  10.  hierher  gehört  aneh  10,9; 
und  das  gedieht  'vor  Akers'  von  dem  Verfasser  von  Vridankea  baicM ' 
denheit,  der  vielleicht  Walther  ist.  Walthers  beide  krensUeder  ststaj 
76,  22  und  14,  38  Lra.  eine  kreuzfahrt  hat  Walther  selbst  wol  MI 
mitgemacht,  das  letzte  der  lieder  ist  in  verschiedenem  umfange  li  dvi 
hss.  überliefert  und  ganz  verschieden  sind  auch  die  anaiehten  ftber  dl| 
lied.  verf.  spricht  das  lied  dem  Walther  ab  wegen  seiner  farbl 
und  kälte  und  wegen  des  auf  eignes  betreten  des  heiligen  landaa 
schieden  hinweisenden  ausdrucks,  der  nicht  in  Walthers  amnd 
der  Palästina  nie  betreten,  wir  glauben,  gegen  diese  atreidraag  i 
nicht  viel  einzuwenden  sein,  bruder  Wemher  war  gleich  thltig  Iv 
kreuzzug,  auf  ihn  gehen  v.  d.  H.  ms.  2,  227.  235.  288.  8,  16\ 
aus  Tirol  fordert  im  7n  liede  (v.  d.  H.  ms.  1,  318)  zur  befi 
heiligen  landes  auf.  nach  lied  22  ist  ihm  daa  acheiden  sehr 
geworden,  zuletzt  behandelt  verf.  die  einzelnen  Strophen  nüid.  9kt^ 
Sänger,  die  oft  auf  eine  kreuzfahrt  ihrer  verfaaaer  deuten,  die  iMM 
des  burggrafen  von  Lüenz  in  v.  d.  H.  ms.  1,  211^,  die  lieder  von  BlH 
wig  von  Kaute  ebd.  2,  63,  die  Strophe  von  herrn  Nenne  ebd.  8, 891t  M 
liedes  von  Reinmar  dem  fiedler  ebd.  2,  162;  das  lied  daaelbst  8»  M 
dem  Neithard  zugeschrieben,  das  lied  von  Hawart  von  AnthoHi  ill 
2, 162,  endlich  das  lied  des  wilden  Alexander  ebd.  8,  27^  mSehtaa  m 
in  den  philologischen  programmen  recht  oft  arbeiten,  wie  die  ebittM 
sprochene,  lesen,  arbeiten,  die  von  eingehendem  atudium  des  ftflii 
Standes,  gesunder  kritik  und  exegese  zeugen  und  das  neaSi  was  4M 
bringen,  mit  begründeten  beweisen  stützen,  solche  arbeiten  SU  MI 
ist  eine  erquickung,  zumal  wenn  vorangegangen  ist  die  le^tiie  aMJ 
Programms  wie  das  Gleiwitzer  über  Baal,  das  allenthalben  die  usMiW 
dige  kenntnis  des  gegenständes,  besonders  der  verauehten  dintaM 
der  griechischen  namen  aus  den  schätzen,  welche  die  beaehSfUgMV  ij 
allen  indoeuropäischen  sprachen  erschlossen,  femer  gesunde  hntik 
exegese  und  endlich  auch  für  das  mannigfache  so  neue  wie  wiK 
liehe  die  beweise  vermissen  liesz.  (forte.  loIfU 

Gütersloh.  H.  K.  BmOKOL 


i 


ZWEITE  ABTEILUNO 

)K  OYMNASIALPlDAGOGIK  WD  DIE  ÜBRIGEN 

LEMFlGHEB 

MIT    AU88CHLU8Z   DER   CLA88I8CHBN   PHILOLOOIB 

HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.  DR.  HERMANN  MaSIUS. 


32. 

DB  UNIVERSITÄT  KÖLN  IN  IHREM  KAMPFE  GEGEN  DEN 
AUFSTREBENDEN  HUMANISMUS. 

UMRISSE. 


Wenn  man  den  bildongsdrang  des  deutschen  yolkes  in  den 
|ttaren  zeiten  des  mittelalters  sich  vergegenwärtigt,  ist  kamn  etwas 
^    es  so  sehr  geeignet  wehmut  oder  zom  hervorzarafen  als  die 
lehmung,  dasz  gerade  diejenigen  institute,  welche  am  aller- 
berufen zu  sein  schienen ,  jenem  dränge  feste  zielpuncte  an- 
nnd  festen  halt  zu  geben,  —  ich  meine  die  zahlreichen  uni- 
Lten,  welche  seit  der  mitte  des  vierzehnten  Jahrhunderts  Ober- 
i  deutschen  landen  gegründet  worden  waren  —  bis  Ober  das 
des  mittelalters  hinaus  der  groszen  culturbewegung,  welche 
entschiedener  unser  volk  ergriff,  sich  fem  gehalten  und  in 
ler,  Iftcherlich- pedantischer  abgeschlossenheit  zu  keinerlei 
^er  einwirkung  auf  das  volk  es  gebracht  haben,    in  einen 
kreis  von  Überlieferungen  gebannt,  die  zwar  für  Schaustellung 
ler  fechterkünste  die  verschiedenste  behandlung  er£EJuren| 
niemals  ernstlich  in  zweifei  gezogen  werden  durften,  bewegten 
ihre  lehrer  fort  und  fort  in  illusionen,  für  welche  die  wirklich- 
nichts  entsprechendes  hatte ,  weshalb  diese  freilich  auch  immer 
ihren  einwirkungen  sich  verschlosz.    als  dann  die  grosze  krisis 
reformation  kam ,  standen  die  Vertreter  der  alten  Wissenschaft 
irathlos  da. 
Allerdings  finden  sich  zwischen  den  einzelnen  Universitäten 
le  Verschiedenheiten,   hierbei  aber  ist  die  hauptsache  die  ver- 
lene  Stellung,  welche  diese  anstalten  zu  dem  überall  andringen- 

>•  jfthzb.  f.  phil.  n.  pftd.  U.  abt.  1875.  hft  9.  26 


402  Die  Universität  Köln 

den  hamanismus  einnahmen,  der,  wie  wenig  er  anch  im  gaam ge- 
neigt schien,  in  die  nationale  culturbewegung  mit     Bferem  Toniiälr 
nis  der  nationalen  bedürfnisse  einzugehen,  diesen  znn&chst  dodieoi 
gewisse  befriedigung  verhiesz  und  für  die  neuen  entwiddmigai  m 
teil  auch  entsprechende  formen  darbot,   da  ist  nun  besonders  wA 
würdig,  dasz,  während  die  Universität  Erfurt,  wie  dies  KampseUt» 
in  vortrefflicher  weise  gezeigt  hat,  ein  hauptsitz  hnmanistiadiv  W 
strebungen  wurde,  die  Universität  Köln,  obwol  auch  an  ihr  dv 
humanismus  mit  einer  gevdssen  Zähigkeit  geltung  ni  gewiiMi 
strebte ,  als  feste  bürg  der  dunkelmänner  in  vermf  kam  und  nett 
blosz  für  die  Zeitgenossen ,  sondern  für  alle  folgenden  geseUedIv  ■ 
ein  gegenständ  der  misachtung ,  ja  des  spottes  werden  konnte,  ni 
doch  darf  man  sagen :  die  Universität  Leipzig  ist  bis  som  jakre  ISSt 
den  neuerungen  kaum  minder  abhold  gewesen ;  auch  Bostoek  ni 
Frankfurt,  Ingolstadt  und  Freiburg  haben  den  frischen  anhanchli 
rings  die  weit  verwandelnden  geistes  nur  mit  misbehagen  anf  fli 
wirken  lassen;  selbst  Tübingen  und  Heidelberg  haben  diesem  gorii^ 
kein  wahrhaft  freies  weben  und  walten  gestattet,    warom  hatiai 
gerade  Köln  in  so  besonderer  weise  Ungunst  erfahren  nnd  sdata 
gelitten?    es  zeigt  sich  auch  hier,  dasz  ehre  und  nnehie  selMii 
höchsten  angelegenheiten  oft  durch  Zufälligkeiten  bestimmt  wtfte 
und  diese  unter  umständen  für  das  urteil  der  weit  eine  bedeota| 
erhalten,  welche  auf  lange  zeit  hinaus  eine  unbefangene,  billige,  Mt^ 
den  grund  dringende  Würdigung  fast  unmöglich  macht,  oder  loBki^ 
man  jetzt  nicht  zu  der  annähme  berechtigt  sein,  dasz  die  oniTsnU^ 
Köln  in  etwas  anderem  lichte  vor  uns  stehen  würde,  wenn  sie  ii#^ 
durch  einzelne  fanatiker  in  die  Beuchlinistenfehde  geraUm  ni  ■ 
durch  die  epistolae  obscurorum  virorum  dem  gelftchter  aller  te' 
alten  abgewandten  hingegeben  worden  wäre? 

Vielleicht  ist  es  da  nicht  unangemessen,  in  diese  bewegnag  Wt* 
mal  ruhig  und  besonnen  einzutreten  und  die  momente  sa  einB' 
klaren  historischen  urteile  zusammenzusuchen,  versetzen  wir  WM: 
also  in  die  mitte  der  zum  teil  so  stürmischen,  so  leidenadiaSBii^ 
geführten  kämpfe  jener  zeit,  welche,  wenn  auch  oft  darehfiondi 
und  dargestellt,  doch  immer  wieder  neue  züge  darbietet,  im 
gesichtspuncte  gewinnen  läszt. 

Indem  wir  aber  die  Universität  Köln  !im  kämpfe  gegoi  dn. 
aufstrebenden  humanismus  zum  gegenstände  unserer  betraditHl, 
machen,  müssen  wir  zunächst  das  wissenschaftliche  lekii 
uns  vergegenwärtigen,  welches  um  das  ende  des  mittelalten  ia  if 
waltete. 

Als  der  rath  der  'heiligen'  stadt  Köln  im  jähre  1388  ate 
kaiserlicher  und  päpstlicher  Zustimmung  die  universitftt  ins  lehn 
rief  und  reichlich  ausstattete,  konnte  dieselbe  bereits  auf  einente* 
volle  Vorgeschichte  zurückblicken,  in  Köln  hatten  an  den  ttngri 
vorhandenen  kirchlichen  lehranstalten  Albert  der  gi  osze,  das  nuaie 
seiner  zeit,  Thomas  von  Aquino,  von  seinen  umgel  ongen  als  dodfl 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  hamanismas.       403 

ngelicus  gefeiert,  und  Duns  Scotus,  der  mit  recht  doctor  subtilis 
tieiz,  schaaren  von  wiszbegierigen  um  sich  versammelt;  neben  der 
drehlichen  Wissenschaft  waren  dort  auch  mathematik  und  astrono- 
oie,  naturwissenschaften  und  medicin  gelehrt  worden,  die  uni- 
renitftt  hatte  also  nur  zusammenzu&ssen  und* zu  erweitem,  was  in 
Biacberlei  formen  bereits  vorhanden  war,  um  mit  recht  als  eine 
ioditer  der  groszen  hochschule  von  Paris,  für  welche  sie  gern  sich 
■fcUrte,  gelten  zu  können/  sie  bestand  aber  aus  vier  durch  beson- 
iere  Privilegien,  rechte  und  einkünfte  gesicherten  facultäten,  der 
kologischen,  juristischen,  medicinischen  und  der  fär  diese  drei  vor- 
breitenden ui;istenfacultät  und  vereinigte  so  in  sich  alles  wissen 
mer  zeit,  darum  sah  sie  nun  auch  aus  allen  umliegenden  landen 
iditQer  herbeiströmen;  aus  ihren  doctoren  wählte  das  domcapitel 
hs  erzstiftes  seine  gelehrten  acht  priestercapitularen,  der  erzbischof 
leme  weihbischöfe  und  generalvicare,  das  hohe  gericht  der  stadt 
■eist  seine  schÖffen;  aus  ihnen  nahmen  auch  die  benachbarten 
Anten  nicht  selten  ihre  rätlie  und  ärzte ;  auf  den  groszen  reform- 
XAcilen  zu  Pisa,  Costnitz  und  Basel  war  auch  diese  universitfit  ver- 
nten.  dasz  sie,  mit  der  kirche  im  engsten  zusammenhange  stehend 
■d  von  dieser  auch  mit  einträglichen  pfründen  ausgestattet,  als 
JM  besonders  starke  säule  der  kirche  angesehen  wurde,  kann  nicht 
■ffiJlen.  und  sie  wollte  es  sein,  sie  setzte  darein,  dasz  sie  es  wäre, 
ben  höchsten  rühm,  darum  wandten  ihr  auch  die  päpste  besondere 
post  zu.  warum  hätte  da  der  rath  von  Köln,  obschon  seine  bttrger- 
initer  als  provisoren  der  Universität  erschienen ,  nicht  auch  darin 
fans  angemessenes  erkennen  sollen ,  dasz  der  dompropst  nach  den 
Irtuten  beständiger  kanzler  der  universit-ät  war  und  die  functionen 
hes  prokonzlers  fast  immer  einem  der  domcapitularen  übertrug? 
iebt  mit  unrecht  hat  man  Köln  in  jener  zeit  das  deutsche  Rom  ge- 
iut.  war  es  doch  auch  mit  kirchen  und  klöstem  erfüllt  wie  keine 
pdere  stadt  in  deutschen  landen;  hatte  es  doch  auch  in  seinem 
ervollen  dorne  für  alles  kirchliche  leben  einen  unvergleichlichen 
Ipunct.  man  berechnete,  dasz  in  dem  einzigen  dominikaner- 
jährlich an  17000  messen  gelesen  wurden,  und  man  vor- 
auf weiteres  zählen ,  wenn  man  daran  dachte,  dasz  die  stadt 
Iviele  gotteshäuser  habe  als  das  jähr  tage.'  und  wie  nun  die 
■Daten  in  vielfacher  Verbindung  mit  der  Universität  standen,  so 
p^fie  auch  die  klosterleute  an  sie  reges  interesse.  vor  allen  hatten 
I  freilich  die  Dominikaner  bedeutung  und  einflusz.  ihnen  waren 
I  den  kirchen  die  predigtstüble,  an  der  Universität  die  katheder  für 


'  Bianco,  ycrsucb  einer  geschichte  der  ehemalig^en  Universität  und 

^  gymnasien   der  stadt  Köln   3 — 7;    Ullmann,   reformatoren  vor    der 

"^fmation  11,  250  f  ;    vgl.  C.  Passow,  zar  gescbichte   der  deutschen 

rersitäten  im  14njahrh.  25.     mit  enthusiasmus  spricht  von  dem  alten 

J  Aeneas  Sjlvius. 

[*  nach  einer  bemerknng  Pfefferkorns  in  seiner  1616  erschienenen 
sbvrmung'  Zeitschrift  des  Hergischen  geschichtsvereios  VI  252,  a.  2. 

26* 


404  Die  Universität  Köln 

den  Vortrag  der  thomistischen  tbeologie  vorzugsweise  übeHaflsei, 
während   die  Augustiner  Chorherren  und    die  Angnstinerereimta, 
sowie  die  Antoniterherren  mehr  stillen  betrachtongen  sich  ^"»g^^ 
wer  aber  in  den  bezirk  des  Carthäuserklosters  eintrat,  das  mit  adaa 
gebäuden,  gärten,  weinpflanzungen,  teichen  den  räum  einer  UfliM 
Stadt  innerhalb  der  ringmauem  des  groszen  Köln  einnahm,  der 
fühlte  sich  vom  geiste  tiefsinniger  mjstik  angeweht,  vielleicht  andi 
zu  reformatorischen  gedanken  erregt,    gewis  fanden  nun  alle  difin 
betrebungen  an  der  Universität  stets  wieder  eine  eonoentrierade 
und  ausgleichende  instanz,  während  sie  selbst  dadurch  das  eigene 
leben  in  bedeutsamer  weise  bestimmen  sah.     denn  auch  die  kn- 
begierigen,  welche  zu  den  kathedem  sich  drängten,  kamen,  sovdfc 
sie  nicht  in  den  vier  bursen  der  stadt  aufnähme  gefunden  hatta, 
nicht  selten  aus  der  stille  der  klöster  herbei,    die  bursen  aber,  ge- 
schlossene anstalten,  zunächst  zur  Verpflegung,  daneben  aber  hA 
zu  besonderer  Unterweisung  der  ihnen  zugeführten  bestimmt,  hnAr 
ten  in  ihren  räumen   auch  die  verschiedenen  anachauungen  vai 
grundsätze  ihrer  rectoren  und  lehrer  zur  geltung  und  wirkten  so  in 
ihrer  art  auf  die  Universität  hinüber,  es  ist  also  klar,  dass  das  leboi 
dieser  nicht  so  leicht  in  starre   einförmigkeit   gezwängt  werdflB 
konnte ,  wenn  es  auch  in  allen  seinen  einstaltungen  ein  entschiedoi 
kirchliches  gepräge  trug.' 

Wir  können  uns  jetzt  freilich  nur  mit  mühe  eine  bestumnltte 
Vorstellung  schaffen  von  dem  leben  und  streben  einer  soldiea 
bildungsanstalt,  welche  die  manigfaltigsten  kenntnisse,  nach  den 
fachwerk  der  vier  facultäten  geordnet,  darbot  und  doch  niemalB  nr 
idee  einer  allgemeinen  humanitätsbildung  sich  zu  erheben  Tir- 
mochte,  welche  in  ihren  Vorlesungen,  repetitionen  und  disputatioiui 
mit  gröszter  gründlichkeit  zu  verfahren  glaubte  und  doch  in  vifllA 
fällen  ein  bloszes  schein  wissen  darbot,  welche  über  vielerlei  littsn- 
rische  hilfsmittel  verfügte  und  doch  nur  sehr  langsam  die  strebta* 
den  von  einer  stufe  zur  andern  emporführte,  welche  endlich,  wA* 
rend  sie  der  leitung  der  geister  noch  sicher  zu  sein  meinte,  in  dM  ' 
geleiteten  immer  mehr  die  lust  zu  kecker  Opposition  erweckte.  iri> 
fern  stand  doch  all  dieses  scholastische  wissen  den  {irischen  qneU* 
wahrer  erkenntnis :  wie  war  doch  so  vieles  sache  äuszerlidier  über* 
lieferung  und  unfruchtbarer  wortmacherei !  wie  wenig  konnten  dii  ■ 
täglich  erneuerten  Verhandlungen  über  die  bedeutsamsten  fingn  A 
ihrer  Vermischung  mit  leeren  subtilitäten  selbst  denen,  diosieii' 
stellten,  erhebung  und  erquickung  des  geistes  gewähren !  und  dflt' 
noch  sagt  man  wieder :  was  Jahrhunderte  lang  die  feinsten  dsDbr 
befriedigte ,  den  redlichsten  herzen  halt  und  gewisheit  bot,  war  «i 


'  auszer  den  beiden  werken  Biancos  über  die  geschiohte  diti' 
Universität  ist  znr  kenntnis  ihres  lebens  von  Wichtigkeit  Kratftf  f^ 
Zeichnungen  des  Schweiz,  reformators  Bullinger  über  sein  tttiuÜi^^ 
Kmmerich  und  Köln.  Elberfeld  1870.  über  die  vier  bonen  Yfl  Wi^f^i 
''•«  höhere  Schulwesen  in  Preuszeu  I  338. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  anfstrebenden  hnmanismaB.       405 

»ben  nur  ein  auf  willkürlichen  Voraussetzungen  ruhender,  aus  in- 
hahslosen  Spitzfindigkeiten  zusammengefügter  gedankenbau,  oder 
«thielt  es  nicht  doch  auch,  wenngleich  in  wunderlichen  formen, 
Wahrheiten,  die  eine  auch  solche  formen  durchleuchtende  und  durch- 
«Irmende  lebenskraft  besaszen?  wir  können  hier  auf  eine  ab- 
•ehlieszende  erklärung  verzichten ;  aber  bemerken  dürfen  wir  doch, 
dm  diese  Wissenschaft  am  ende  des  mittelalters  sich  ausgelebt  und 
f  inen  greisenhaften  ausdruck  bekommen  hatte,  dasz  sie  den  scharfen 
hftiDg  einer  neuen  zeit  kaum  noch  vertragen  konnte. 

Wie  damals  auch  in  Köln  die  Wissenschaft  betrieben  wurde, 

du  sagt  uns  ein  mann,  der  eben  dort  in  den  anfügen  des  sech* 

xdmten  Jahrhunderts  humanistischen  Studien  zugewandt  war  und, 

wie  seine  später  erfolgte  umkehr  zeigt,  dem  alten  keineswegs  schroff 

ud  leidenschaftlich  gegenüber  stand,  Johann  Cochläus.    er  beklagt 

ii  seiner  meteorologia  Aristotelis  den  schaden,  welcher  dem  gemein- 

wohl  aus  der  verkehrten  art,  das  studium  zu  betreiben,  erwachse. 

dabei  ist  er  der  ansieht,  es  sei  zuvörderst  der  schauerliche  stil  der 

■eisten,  welcher  einen  gedeihlichen  Unterricht  verhindere,    man 

Meine,  eloquenz  und  philosophie  seien  ganz  unverträgliche  dinge. 

■od  wie  wenig  werde  den  Jünglingen  geboten!     wenn  sie  zu  den 

Uheren  Studien  gekommen,  halte  man  sie  bei  der  vetus  ars,  den 

libris  phjsicorum  und  de  anima  sogar  bis  zur  erlangung  des  ma- 

(istergrades  auf;  man  lege  ihnen  nur  ein  kleines  teilchen  der  philo- 

iophie  vor  und  dieses  werde  durch  einen  ellenlangen  commentar 

auseinander  gezerrt ,  durch  trügerische  subtilitäten  verdunkelt  und 

Vs  in  tausend  Stückchen  zerhackt ;  der  Zusammenhang  werde  durch 

Aemdartige  fragen  aufgehoben,  die  ganze  sache  werde  durch  so- 

jUstische  probleme,  welche  den  träumen  des  Demokrit  so  ähnlich 

ieien  wie  ein  ei  dem  andern ,  völlig  entstellt,    das  ist  in  der  that, 

9dt  er  dann  aus ,  in  unserer  zeit  das  äuszerste  verderben  fast  aller 

jNsdien,  dasz  man  den  text  vernachlässigt  und  nur  seine  meinungen 

Iber  den  text  vorbringt;  das  sind  aber  nur  lumpen,  mit  denen  die 

llilosophie  bekleidet  wird ,  das  ist  Vergeudung  der  schönen  blühen- 

mä  Jugendzeit/ 

t  Die  Universität  Köln ,  welche  in  der  ersten  zeit  nicht  gerade 
Meutende  männer  zu  lehrem  gehabt  hatte,  war  auch  in  den  an- 
m^  einer  neuen  periode  geistiger  entwicklungen  nicht  reich  an 
■■Torragenden  docenten.^  zunächst  aber  stand  sie  noch  im  besten 
nfe  und  war  ohne  zweifei  eine  der  besuchtesten  hochschulen 
Beotschlands.    denn  nicht  blosz  aus  den  gegenden  am  Niederrhein, 


*  Otto,  Cochläus  7  f.  über  die  groszen  mängel  der  damaligen  juris- 
ideDz  ebd.  84  ff.  vgl.  Ullmann  1,  33  f.  über  das  vorwalten  der  theo- 
fie  in  Köln  ebd.  11,  233  f. 

*  über  die  erste  zeit  Passow  25  n.  61  (a.  131).  es  mag  nebenbei 
lerkt  werden,  dnsz  auch  in  dem  yon  dieser  Universität  bestimmten 
use  überall  die  klosterschnlen  höhere  Studien  verfallen  lieszen,  weil 
>6  an  der  Universität  bessere  pflege  zu  finden  schienen. 


406  Die  Universität  Köln 

aus  Westfalen  und  Holland,  sondern  auch  ans  dem  fittdlidwn 
Deutschland  und  der  Schweiz,  ja  aus  Schottland,  Dänemark, No^ 
wegen ,  Schweden  und  Liefland  strömten  ihr  schüler  zu.*  ab«  Im 
Reuchlinistenfehde  führte  zu  jähem  verfall,  von  dem  die  onivenittt) 
weil  bald  auch  der  stürm  der  reformation  sie  erschütterte,  vM 
wieder  sich  erheben  konnte,  hatte  sie  im  jähre  1516  noch  370  ii* 
scriptionen,  so  zählte  sie  deren  1518  nur  noch  180;  im  jähre  15)7 
war  sie  auf  72,  sieben  jähre  später  auf  54  herabgekommen.' 

Das  hängt  nun  freilich  sehr  eng  mit  dem  zasammen,  wttirir 
jetzt  weiter  zu  betrachten  haben,  wir  vergegenwärtigen  mit  im 
folgenden  das  andringen  und  eindringen  des  hamanii- 
mus.    versuchen  wir  hier,  etwas  bestimmtere  bilder  zu  geifiiiBBL 

Die  ersten  Vertreter  des  über  die  alpen  nach  Dentediland  gv 
brachten  h'umanismus  erschienen  groszenteils  als  jugendlich  mimkipi 
von  starkem  Selbstgefühl  geleitete,  zu  raschem  angriff  an^dmli 
neuerer,  wenn  sie  nun  aber  an  den  Universitäten  einen  plati  n  gr 
winnen  und  ihrer  sache  freunde  zu  erwerben  suchten,  so  stiesiai  Bi 
zunächst  schon  deshalb  auf  Schwierigkeiten ,  weü  in  den  ordnnnga 
der  Universitäten,  selbst  in  der  facultas  artium,  für  bnmanistisdMi 
Unterricht  gar  nichts  vorgesehen  war;  nach  der  ganz  zonflmässiga 
Verfassung  und  praxis  dieser  anstalten  erschienen  sie  als  miwiU- 
kommene  eindringlinge.  die  art  aber,  in  welcher  die  kecken  neuerer 
nun  doch  sich  geltend  zu  machen  suchten,  reizte  die  vertheidiger 
des  alten  bald  zu  nachdrücklicher  gegenwehr,  die  formell  immer  be- 
rechtigt zu  sein  schien  und  in  den  meisten  fällen  auch  raschen  e^ 
folg  hatte,  so  geschah  es  nun ,  dasz  manche  humanisten  jener  zeil 
recht  eigentlich  ein  Wanderleben  führten  und  auch  da,  wo  der  reii 
der  neuheit  ihnen  beifall  verschaffte,  nicht  leicht  festen  fosi  n 
fassen  vermochten,  auch  waren  ja  diejenigen,  welche  nm  ihre  lehr- 
stuhle  sich  versammelten,  nur  selten  genügend  vorbereitet,  um  diBi 
was  sie  gaben,  zu  bleibendem  gewinn  aufnehmen  zn  können;  A 
selbst  aber,  die  humanisten,  besaszen  in  der  regel  weder  omfasseBie 
noch  gründliche  kenntnisse  und  wirkten  viel  weniger  durch  lebea- 
diges  einführen  in  die  classische  litteratur,  als  dordi  gewindtBi 
nachbilden  classischer  muster  in  gebundener  und  nngebmideMr  \ 
rede,  wie  sie  denn  am  liebsten  sich  poeten  nannten.  Heiurieh  Bebd  i 
in  Tübingen  und  Eoban  Hesse  in  Erfurt  zeigen  uns  dies,  was  abir  | 
den  gegensatz  zwischen  humanismus  und  Scholastik  anlangt,  so  vtf  ^ 
dieser  ein  vorzugsweise  formeller  oder  ästhetischeif.  jener  beklin|Bi  : 
in  der  Scholastik  vor  allem  die  geschmacklosigkeit,  stellte  aber  diB 


'  dabei  kann  es  nicht  auffallen,  dasz  g^erade  Kölner  aach  aoeh  tt 
italienischen  Universitäten  weitere  kenntnisse  za  erwerben  snohten.  N 
stand  Cochläus  bei  seinem  aufcnthalte  in  Bologna  mit  dem  KOmt 
patricier  Rink  und  einem  andern  Kölner  in  freundlicher  Terbiataf* 
Otto  68. 

"*  Krafft  15  f.    vgl.  über  den  rasch  abnehmenden  bemeh  aoa-EsW 
Heidemann  in  der  festschrift  des  gyronasiams  zu  Essen  1874,  s.  63— 68^ 


in  ihrem  kämpfe  gegen  d«a  auretrebeaden  humaniEmus.       407 

(^Se  derselben  keine  «ndere  lehre,  die  er  mit  ernst  und  oon- 
X  vertreten  hätte,  entgegen;  selbst  antike  lebensweiaheit  kam 
tonderlich  in  betracht.  ja  man  geht  Tielleicht  aicht  zu  weit, 
man  sagt,  dasz  die  angriffe  der  humanisteu  vor  allem  gegen 
steten  lehrbUcher  und  gramiiiatilien  gerichtet  gewesen,  von 
du  doctrinala  Aleiandri  in  solchem  ansehen  stand,  dasz  man 
■  nnd  formen  der  besten  lateinischen  Schriftsteller  verwarf, 
üfl  nicht  ans  diesem  wunderlichen  buche  als  angemessen  nach- 
en  werden  konnten.' 

smerhin  ist  es  begreiflich ,  dasz  auch  in  Köln  die  humanisten 
iner  gesicherten  oder  gar  ausgebreiteten  Wirksamkeit  ge- 
il, die  nrtistenfacultat ,  für  welche  der  rath  der  stadt  1420 
acfatvolle  achola  artium  (Jonius  facultatis  artium)  gebaut 
war  nicht  für  sie.  als  im  october  1477  der  damals  achtzehn- 
I  Conrad  Celtes  in  die  dortige  universitUtsmatrikel  sich  ein- 
lieez,  fand  er  für  seine  wiszbegierde  noch  gar  nichts,  was  an 
e  Studien  auch  nur  erinnert  hätte,  er  hat  dies  später  in  einem 
te  lebhaft  genug  beschrieben. 

Nemo  hie  latinam  grammaticam  docet, 
Nee  eipolitis  rhetoribus  atudet; 
Mathesis  ignotn  est,  figuris 

Quidqne  sacfis  numeris  recludiL 

Nemo  hie  per  aiem  Candida  sidera 

Inquirit,  aut  quao  carUinibus  vagis 

Moventur,  aut  quid  doctus  alto 

Contineat  Ptolemaeus  art«. 

Bidentur  illic  doctu  poemata , 
Maronianos  aut  Ciceronioä 

Libroa  verentur,  tanquam  Apella 
Came  timet  atoraacbo  suilla." 

pnige  jähre  später  (seit  14!^4)  kamen  humanisten  nach  KQln. 
^sn  einen  verständigen  günner  an  dem  probste  Heinrich  Man- 


rckhard,  de  liagnae  laliiine  in  GertnsDin  fatia  S81  f.  gerade 
pg  anf  die  verhällDisse  der  Kölner  hocliaciiule  eagt  Hermann 
ii  Boschs  in  seinem  VBlInm  liurnsnitatis:  o  temporum  inscitiaml 
Ib  in  tenebria  deüitDr  aeviim!  I.iivua  Hierooymue  propter  lati- 
nnoQem  ae  nli  ipais  iiicuniibiilia  intcr  OrnromaticoB  Rhetoreaqtie 
Mophoa  detritntn  easR  dicit,  ui  nie  posiut  esae  ntilia  Ecclesiae. 
I  proh  dolor  optimae  indolia  pueri  et  ecclasiaiticü  qnoqne  officlii 
■ndi  OrainiDaticoa  et  ßiietores  audire  qnotidianU  fere  convitils 
Btnr,  praeter  unum  Aleisnclrum  Oallum  cum  glosea  noCablli  Co- 
Ksto.  quem,  si  consultum  eomm  profectni  tellent,  prohibendl 
I  procul  aapicere.  au  incorruptnm  latinae  lingaae  sennaneni 
kbit  Aleiandri    textus   iuformiB?     Pamei    aridns   cUina   Kqaam 

gfabach,  die  frülictn  wanderjahre  iee  Conrad  Celle«  S!  f. 


408  Die  Universität  Köln 

gold,  der  seit  1495  wiederholt  das  amt  eines  rectors  der  muTeinitt 
verwaltete  und  zur  förderung  humanistiscber  bestrebimgen  anftU 
genug  besasz.  Cocbläus,  der  im  april  1504  als  artist  immatrieafittt 
wurde ,  erwähnt  unter  den  m&nnem ,  mit  denen  er  dort  in  niboni 
literarischen  verkehr  getreten,  auch  einen  poeten,  den  Bemadni  m 
Florennes  (in  der  landschaft  Namur)  J*^  noch  günstiger  schieiieii 
dinge  sich  zu  gestalten,  als  Hermann  von  Nuenar,  ein  main 
gräflichem  geschlecht  und  domherr  (späterhin  domprobst)  de»  cn* 
Stiftes  Köln,  die  Vertretung  der  humanistischen  Studien  tLbermbk 
ein  entschlossener  Vertreter  kann  er  übrigens,  wie  oft  er  anehgdbU 
worden  ist,  nicht  genannt  werden;  Pirkheimer,  der  ein  soloharini^ 
hat  gelegentlich  von  ihm  bemerkt,  es  sei  seine  art,  semper  partnoi 
et  nil  nisi  delicias  parere.'* 

Wir  wissen  nicht,  in  welcher  Verbindung  mit  ihm  der  tieiffieb 
Jobannes  Bhagius  Aesticampianus  (aus  Sommerfeld  in  der  hmäüj 
gestanden,  der,  nachdem  er  in  Rrakau  und  Bologna  stadierti  inBflB 
vom  papste  den  dichterlorbeer  erhalten  und  dann  in  DentscUaBd  m 
verschiedenen  orten  gelehrt  hatte,  um  das  jähr  1505  in  ESlnoM 
Stellung  suchte,  er  hatte  dort  wahrscheinlich  auch  Ulrich  von  HnttA 
und  dessen  lachlustigen  freund  Crotus  Bubianus  zu  schfllen." 
wenn  Cocbläus,  der  damals,  wie  erwähnt,  ebenfalls  in  Köln  sieh  waSr 
hielt,  sein  zuhörer  gewesen  wäre,  —  ausdrücklich  bat  er  es  niigsiil: 
gesagt  —  so  würde  zugleich  Karl  von  Miltitz,  sein  vertrauter  tnmai, 
des  Bhagius  schüler  gewesen  sein.''  von  diesem  erfahren  wir  flbi- 
gens  noch,  dasz  er  in  Köln  über  Plinius  gelesen,  auf  seinen  weitem 
Wanderungen  haben  wir  ihn  hier  nicht  zu  begleiten.'* 

Entschieden  ist,  dasz  Hermann  von  Nuenar  ein  besonderer] 
gönner  des  liebenswürdigen  Johannes  Caesarius  war.    derselbe,  be-  { 
reits  im  jähre  1468  zu  Jülich  geboren  ^^  hatte  seine  Studien  inPirii  [ 
gemacht  und  war  dann  1491  nach  Köln  gekommen,  wo  erlilgt'' 
eine  ziemlich  unsichere  existenz  gehabt  zu  haben  scheint,  bis  er  BÜ 
Hermann  in  nähere  Verbindung  kam.    in  dessen  begleitnng  sdita 
er  sich  1508  einer  gesandtschaft  an,  die  im  auftrage  des  enbisdwli 
Philipp  von  Dhaun  nach  Italien  ging ,  und  gelangte  mit  dieser  bsA 
Bologna ,  wo  er  dann  mit  Hermann ,  der  unter  seiner  leitu^g  dfll 
Studien  obliegen  wollte,  einige  zeit  verweilte,  die  genauere  kemtni . 
des  griechischen,  die  ihn  später  so  bedeutend  erscheinen  liesi,  W 
er  wol  auf  dieser  italienischen  reise  erworben,    dann  hat  er  dnitfc 
seine  rhetorica  und  dialectica,  durch  seine  ausgäbe  des  gFunmatiktfi 


>o  Otto,  Cocbläus  7. 

»  Krajfft,  39,  vgl.  102. 

"  8traiiBz,  Ulrich  von  Hütten  22. 

"  Otto  9.  vgl.  72. 

^*  siehe  über  ihn  im  allgemeinen  Manlias,  Commentt.  ranm 
in  scriptores  rerum  Lnsat.  p.  434  f.,  Pescbeck  im  n.  Lansiti. 
XX  (1842)  187  fr.     Scbmidt,  Petrus  Mosellanus  16—19,  74  m. 

^^  corpus  ref.  I  724  f.;  vgl.  ebd.  762. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  humanismus.       409 

lomedes,  besonders  aber  durch  seine  auch  von  Melanchthon  ge- 
lunte  ausgäbe  der  historia  naturalis  des  Plinins  unter  den  huma* 
lien  seines  Zeitalters  einen  ehrenplatz  sich  verdient,  doch  niemals 
iiurlich  zu  lohnender  Stellung  es  gebracht. 

Der  oft  neben  ihm  genannte  Hermann  von  dem  Busche  war 
L94  oder  anfang  1495  zum  Studium  der  rechte  in  Köln  eingetroffen 
id  hat  dann  fünf  jähre  lang  daselbst  sich  angehalten,  nach  einem 
eehselvoUen  Wanderleben  kehrte  er  erst  1507  oder  1508  zu  den 
Blnem  zurück,  und  noch  immer  bewahrte  er  eine  maszvoUe  haltung 
igenfiber  den  mfinnern  der  streng  kirchlichen  richtung,  bis  er  end- 
i  entschieden  für  Beuchlin  sich  erklärte,  nachdem  er  hierauf  etwa 
rei  jähre  (1516  f.)  als  der  erste  rector  der  groszen  schule  in  Wesel 
iwirkt  hatte,  führte  ihn  sein  unruhiger  geist  zum  dritten  male  nach 
Bin  (1518),  wo  er  nun  mit  der  herausgäbe  seines  vallum  humani- 
ftis  den  offenen  kämpf  gegen  die  Vertreter  des  alten  eröffiiete.  er 
lite  diese  sciirift  auf  den  rath  des  £rasmus ,  dem  die  in  der  ur- 
rtnglichen  fassung  enthalteneu  ausfälle  auf  die  Kölner  theologen 
i  derb  erschienen  waren ,  noch  in  Wesel  umgearbeitet  und  sie  nun 
it  recht  zu  einer  apologie  der  humanistischen  Studien  gemacht,  die 
tdi  für  die  theologie  den  gröszten  werth  haben  könnten,  an  Her- 
nn  von  Nuenar  hatte  wol  auch  er  keinen  recht  zuverlässigen  be* 
hfttzer;  aber  die  Antoniterherren  von  Köln  gewährten  ihm  gast- 
Mmdliche  aufnähme  in  ihrem  kloster.  zu  amtlicher  Wirksamkeit 
iaiigte  er  dort  so  wenig  als  Caesarius ;  wir  haben  vielmehr  anzu- 
fallen, dasz  beide  nur  Privatunterricht  erteilten,  also  wol  nur  in 
pem  sehr  engen  schülerkreise  sich  bewegten.*' 

Fester  war  an  dieser  Universität  die  Stellung  anderer  huma- 
ipfeen.  wir  nennen  besonders  Johannes  Phrissemius  und  Arnold 
pi  Wesel,  der  erstere,  welcher  unter  seinen  schülem  den  nachmals 
iberühmten  schulmann  Job.  Bivius  und  den  groszen  Züricher 
logen  Heinrich  Bullinger  zählte,  hatte  zunächst  der  theol()gie 
zuwenden  wollen ,  war  aber  wegen  seiner  verliebe  für  die  clas- 
m  Studien  zu  den  höheren  wür^pn  der  theologie  nicht  zu- 
worden,  worauf  er  zur  Jurisprudenz  übergegangen  war, 
aus  der  artistenfacultät  zu  scheiden,  in  welcher  er  vielmehr  die 
le  eines  decans  erlangte  —  ein  begeisterter  schüler  des  Budolf 
>la  und  herausgeber  des  von  diesem  verfaszten  Werkes  de  in- 
Lone  dialectica,  sonst  wie  Hermann  von  dem  Busche  mit  den 
itoniterherren  befreundet,  deren  kloster  damals  überhaupt  huma- 


*'  Krafft  32  u.  60.  die  wandernnp^en  nnd  bestrebangen  des  merk- 
ren  mannes  sind  oft  dargrestellt  worden,  es  genüfi^t  hier,  aaf  fol- 
le  Schriften  zu  verweisen:  Erhard,  geschiebte  des  wiederaufblühens 
lenschaftlicher  bildung  III  61  ff.;  Cornelius,  die  Münste rächen 
»»nisten  und  ihr  Verhältnis  zur  reformation  (Miinster  1841);  Heide- 
vorarbeiten zu  einer  geschichte  des  hohem  schaiwesens  in 
^^tl,  I  u.  II;    Liessem,    de  Herrn.   Buschii   vita    et   scriptis.     Bonn 


410  Die  Universität  Köln 

nistischen  bestrebungen  nicht  abhold  gewesen  zu  sein  scheinl."  te 
neben  Phrissemius  genannte  Arnold  von  Wesel  war  1501  BBoh  KBi 
gekommen  und  hatte  1504  als  schtUer  der  Montaner  bone  dk 
magisterwürde  erhalten  —  ein  auch  des  griechischen  knndigw,  W 
sonders  aber  um  die  erklärung  des  G^llius  und  des  MaeroUns  iw- 
dienter  mann,  der  1518  und  1520  ebenfalls  decan  der  artistenfiMdtt 
wurde,  sein  mitschttler  war  einst  Cochläus  gewesen,  dessen  iplt» 
hin  so  stark  hervortretende  feindseligkeit  gegen  die  reforaiaftiQnil^l 
Vergessenheit  gebracht  hat,  dasz  er  längere  zeit  zu  den  etwilsattW: 
humanisten  gehörte.'®  jünger  war  Jakob  Sobins,  der,  wie 
in  besonders  enger  Verbindung  mit  Hermann  von  Nnenar 
zu  haben  scheint,  eine  zeit  lang  ganz  der  Hutiensehen  riohtniig! 
gewandt,  nachher  als  rechtsgelehrter  und  orator  des  rrnibs  von 
in  hohen  ehren. '^ 

Immerhin  konnte  ^  wer  sinn  für  humanistische  Stadien  Intk^! 
in  Köln  etwas  tüchtiges  lernen,  das  zeigen  uns  vor  uideieii 
Heinrich  Loriti  Glaveanus,  der  in  den  jähren  1508 — 14, 
unter  Caesarius,  diesen  Studien  oblag'^  und  Petms  MoseUanot,  iV] 
1509  in  Köln  eintrat  und  durch  Arnold  von  Wesel  nnd  Jakob 
iu  die  Philosophie ,  dialektik  und  rhetorik  eingeführt  wnxde, 
aber  durch  Caesarius  und  Hermann  von  dem  Busche  die  gri< 
und  lateinischen  classiker  kennen  lernte ,  im  griechischen  aoflh 
dem  unsteten  Engländer  Richard  Crocus  Unterricht  hatte, 
selbst-  als  lehrer  auftrat.*'  ein  wackerer  schüler  Arnolds  TOn 
war  auch  Johann  Bronchorst  aus  Nymwegen  (NoTiomagnt), 
später  (1542)  mit  zwei  anderen  Kölner  gelehrten,  dem 
Gisbert  Congolius  und  dem  Juristen  Johann  Strubbe,  nadi 
berufen  wurde  zur  reform  der  dortigen  Universität.**  nach 
wird  man  sagen  dürfen ,  dasz  in  Köln  die  ansätze  zn  ansgeddate] 
und  erfolgreicher  pflege  der  humaniora  nicht  gefehlt  haben ,  ja 
manche  andere  Universität  in  dieser  beziehung  hinter  ihm 
zurückgeblieben  ist. 

Aber  die  leidenschafblichkeit  der  theologen  hemmte  das 
streben,  und  eben  die  mönchische  gegenwirknng  ut 
darzustellen,  da  treten  uns  gleich  männer  vom  übelsten  mh 
gegen,  Jakob  von  Hoögstraten,  Konrad  Collin,  Arnold  von  T< 

wir  müssen  sie  etwas  genauer  uns  ansehen. 


"  Krafft  19  ff. 

'^  Krafft  26  ff.   Cocliläas  ist  wol  schon  damals  auf  die  sehrifUei 
trefflichen  exegeten  Rupert  von  Dentz,  die  schon  für  Wessel  bei 
aufenthalte  in  Köln  viel  anregendes  gehabt  hatten,  aufmerksam  gemiiiMH 
er  hat  sie  später  heransgegeben.     Otto  158  ff. ,  vgl.  Ullmaan  U  M  t 

»9  Krafft  38  ff. 

>o  Schreiber,  Glareanus  6  ff.,  Krafft  33  f. 

>i  Schmidt,  Mosellanus  14  ff. 

^  Krabbe ,  die  Universität  Rostock  im  15n  und  16n  jahrh,   441  & 
448  f.  452  f.     Krafft  29,  vgl.  19. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  humanismus.       411 

Wem  wäre  der  finstere  und  brutale  ketzermeister  Hoogstraten 
abekannt?  in  ihm  war,  wie  man  mit  recht  gesagt  bat,  der  fana- 
iKhe  mOnchshasz  gegen  alle  humanistischen  und  reformatorischen 
liitrebungen  jener  zeit  verkörpert,  er  hatte  in  Köln  seine  Studien 
;«Daeht,  war  dort  in  den  Dominikanerorden  getreten  und  prior  des 
inenn  klosters,  dann  auch  professor  der  theologie  an  der  univer- 
MMi  geworden;  die  eingreifendste  und  gefläirlichste  Wirksamkeit 
Npnn  er  zu  entfalten,  als  er  macht  und  befugnisse  eines  inquisi- 
on  erhalten  hatte.**  neben  ihm  erscheint  der  über  zwanzig  jähre 
■igere  Ronrad  Collin,  mitglied  desselben  ordens  und  erst  1511  von 
Udelberg  nach  Köln  berufen,  wo  er  einen  weitläufigen  comment^ir 
M  den  Sentenzen  des  Thomas  von  Aquino  herausgab  und  bald  auch 
ilt  eifriger  streitgenosse  Hoogstratens  für  das  alte  kirchentum  ein- 
nt*^  der  dritte  im  bunde,  Arnold  von  Tongern,  war  rector  der 
Mnsa  Laurentiana  und  ein  ebenso  entschiedener  lobredner  des  Al- 
Nrios  Magnus,  wie  Hoogstraten  und  Collin  bewunderer  des  Thomas 
RM  Aquino.*^  im  Dominikanerkloster  bestand  übrigens  eine  von 
hr  theologischen  facultät  unterschiedene  und  ganz  dem  ordens- 
■fteresse  dienende  Studienanstalt,  an  welcher  neben  den  genannten 
Khunisten  auch  Tilmann  ßmeling,  Bernhard  von  Lutzenburg,  der 
r  eines  ketzerkatalogs ,  und  seit  1523  auch  der  aus  Italien 
kehrte  Johann  Host  als  lehrer  thätig  waren.**  merkwürdig 
nun  doch,  dasz  neben  diesen  männem,  deren  Vorlesungen  und 
itationen  das  kloster  als  eine  hauptburg 'der  Scholastik  erschei- 
lieszen,  ein  Ordensbruder  Jakob  von  Gouda,  der  sich  selbst 
US  nannte,  noch  den  mut  haben  konnte,  mit  lateinischer, 
sogar  mit  deutscher  poesie  sich  zu  beschäftigen;  zuletzt  fireüich 
Hoogstratens  starker  arm  ihn  nieder.*' 
Gewisz  wäre  es  unbillig,  wenn  wir  all  den  unglimpf,  welchen 
hnmanisten  über  die  Dominikaner  von  Köln  gebracht  haben, 
weiteres  als  berechtigt,  wenn  wir  namentlich  den  ganzen  inhalt 
epistolae  obscurorum  virorum  als  treuen  Spiegel  des  wirklichen 
en  wollten,  wir  müssen  doch  auch  berücksichtigen,  dasz  Her- 
von  dem  Busche  längere  zeit  mit  Arnold  von  Tongern  in 
haftlicher  Verbindung  stand,  dem  auch  Johannes  Murmellius, 
in  als  humanistischer  schulmann  zu  groszer  berühmtheit  ge- 
,  fort  und  fort  achtung  und  anhänglichkeit  bewiesen  hat,  dasz 
ich  Bullinger  als  student  die  Vorlesungen  und  disputationen 
Dominikanerklosters  fleiszig  besucht  zu  haben  scheint,  wenn 
hu  in  den  Jahren  der  Reuchlinistenfehde ,  die  durch  Hoogstratens 
Igestüm  einen  so  bösartigen    Charakter  erhielt,    auch  Ortuinus 

f    ^  Hub.  Cremens,   de  Jae.  Hochstrati  vita   et  scriptis,  Bodo.  1869, 
li  Ladw.  Geiger,  Jobann  Reuchlio,  Leipzig  1871. 

M  Krafft  48  f.  113  f. 
b    B  Krafft  50.     Reichling,  de  To.  Murmellii  Tita  et  scriptis  14  f. 
[  t»  Kraflfl  48  f.   122.     (ieiger  359  f. 

*i  Kraflfl  38. 


L 


412 


Die  umyersität  EGln 


Gratius,  der  in  Deventer  neben  dem  gefeierten  Alezander  Begiii 
gewirkt  hatte  und  humanistischen  bestrebungen  eigentlich  fW^Akj 
fem  stand,  von  den  streitbaren  humanisten  zu  den  dmiki 
geworfen ,  ja  mit  besonderer  feinseligkeit  behandelt  wurde ,  so  fl^ 
klärt  sich  dies  wol  am  einfachsten  daraus,  dasz  er  jenen  wie  ob  d^ 
trünniger  erschien,  aber  wir  wissen ,  dasz  der  grosse  Eraamni,  ivj 
ja  an  der  heftigkeit  der  freunde  Beuchlins  anstosz  nahm  und 
deshalb  ihre  urteile  nicht  ohne  weiteres  gelten  Hess,  itlr 
Gratius  anerkennende  worte  hatte  ^  dasz  auch  GlareanuSi  ohwdi 
Beuchlins  seite  getreten,  mit  ihm  eine  regere  verbindimg 
dasz  die  wackeren  bestrebungen  des  Murmellius  an  ihm, 
Arnold  von  Tongern,  teilnehmende  förderer  fanden,  weshalb« 
eine  lehrschrift  desselben  durch  folgende  gar  nicht  barbarisdie 
ausgezeichnet  hat: 

Felices  anni  nobis,  nova  tempora  mundo 
Nascuntur,  nova  nunc  gaudia  mundus  agit; 
Noster  Joannes  haec  nunc  Murmellius  orbi 
Nuncupat  et  doctis  consulit  usque  viris.*^ 

gewisz  hat  er  zu  unvorsichtigen  schritten  sich  fortreisten 
aber  in  dem  scharfen  conflicte  des  alten  und  des  neuen,  der 
gröszten  stile  gefaszt  und  durchgeführt  werden  konnte,  haben 
eben  doch  auch  kleinliche  beweggrtinde  und  gemein-] 
interessen  mit  eingemischt,  und  in  dem  durch  die  kftmpfer 
wirbelten  staube  konnte  auch  eines  tüchtigen  mannes  bild  als 
bild  erscheinen,    dasz  Ortuinus  Gratius  sich  entschlieszen  k( 
der  vertheidigungsschrift  Pfefferkorns  ein  lateinisches  gewaad 
geben,  läszt  sich  wol  erklären,  aber  kaum  rechtfertigen,  und 
versuch,  die  Wirkung  der  dunkelmännerbriefe  durch  die  lamc 
nes  obscurorum  virorum  abzuschwächen,  musz  als  ein  gSnxlich 
fehlter  bezeichnet  werden.'* 

Bei  solchen  bemerkungen  denken  wir  natürlich*  nicht 
das ,  was  an  den  Kölnern  widerwärtig  und  tadelnswerth 
musz,  in  eine  trügerische  beleuchtung  zu  stellen,    verfolgen  wir 
einzelnen  die  momente  der  von  ihnen  dem  humanismos 
durchgeführten  bekämpfung,  so  können  wir  darüber  nicht  in 


'^  Beichling  15,  17  f.      man  musz   bei  diesen    verten  sieh 
wärtif^  halten,  dasz  die  lehrschriften  des  Murmellias  im  gegemtt < 
den  alten  Schulbüchern  eine  bedeutsame  reform  einleiteten. 

*^  im  ersten  supplementbande  der  opera  Hutteni  von  BdeUilf 
findet  sich  auch,  zwischen  den  beiden  abteilnnf^en  der  epp«  obseW. 
rorum  (die  erste  erschien  1515,   die  zweite  1517),  die  lange  gm 
Schollene  defensio  Pfefferkorns,  welche  O.  6.  redigiert  hat,  io*^. 
letztern  lamentationes.     in  fällen,  wo  das  eigene  verfahreh  des 
der  iHcherlichkeit  ang^enommen  hat,  wird   es  immer  sehwer  Miit^ 
rechte  position  wieder  zu  gewinnen,    vgl.  über  O.  O.:  Geiger  tÜ- 
877.  321.  353. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  hmnanismus.       413 

Imtz  sie  beschränkt,  unbesonnen ,  gehässig  verfahren  sind  und 
rtrauen  auf  die  macht  der  kirche,  deren  sache  sie  zu  führen 
«n,  mittel  angewendet  haben,  welche  die  gegner  ohne  not  er- 
»n  und  den  streit  2rum  nachteile  für  sie  selbst  und  jene  in 
9  bahnen  trieben,  sie  hatten  in  manchen  fäUen  gewis  nicht 
it,  wenn  sie  an  den  humanisten  oberflächliche  nenerungssucht, 
^l  an  ernst  und  eifer  in  den  Studien,  sittliche  leichtfertigkeit 
en;  aber  wenn  ihnen  wieder  geschmacklosigkeit,  neid  und  hab- 
hÜnde  verkennung  der  zeitbedttr&isse  vorgeworfen  wurde,  so 
en  sie  darüber  sich  auch  nicht  sonderlich  beklagen,  der  billige 
oler  kann  eben  nur  dafür  sorgen,  dasz  auf  der  einen  seite  nicht 
in  schatten  zurücktritt ,  auf  der  andern  nicht  alles  in  hellem 
>  erscheint.*^ 

Cs  ist  zuweilen  angenommen  worden,  dasz  bereits  im  jähre 
die  Kölner  theologen  gegen  Caesarius  und  Hermann  von  dem 
e  feindlich  aufgetreten ;  doch  haben  wir  darüber  keine  ^nver- 
3  nachricht.'^  vielmehr  dürfte  jetzt  nach  Liessems  unter- 
Qgen  kaum  noch  zweifelhaft  sein ,  dasz  Hermann  damals  gar 
in  Köln,  sondern  in  Leipzig  sich  befand,  als  er  im  jähre  1507 
iöln  zurückgekehrt  war,  lag  es  ihm  zunächst  noch  so  fem,  die 
sitftt  anzugreifen,  dasz  er  sogar  in  einem  damals  geschriebenen 
ite  die  an  ihr  blühenden  Studien  höchlichst  zu  rühmen  wüste, 
imt  er  von  der  stadt,  nachdem  er  andere  Vorzüge  derselben 
ien  hat: 

Onmes  ingenuas  hinc  miro  amplectitur  artes 
Et  colit  affectu  veroque  baec  somina  cultu 
Äuget,  ut  est  altrix  studiorum  maxima  et  isto 
Nomine  par  claris  (quas  Oraecia  iactat)  Athenis. 
Quid?   prius  arboribus  silvae  lignisque  carebunt, 
Aequor  aquis,  montes  umbris  et  gramine  campi, 
Frigore  tristis  hiems,  ver  flore  et  frugibns  aestas, 
Quam  careas  doctis  clarisque  Colonia  felix 
Prudentum  ingeniis  et  respondere  paratis 
Ad  quodcumque  libet  in  qualibet  arte  movere.** 


die  Universität  Löwen,  1426  von  Köln  ans  gegründet  and  in  ab- 
ier  kirchlichen  neuerungen  ihrer  mutter  durchans  nicht  unwürdig, 
doch  zum  linmanismus  eine  ganz  andere  Stellung,  ihr  war  seit 
las  Collegiiim  Buslidianum  incorporiert,  welches  nach  den  ab- 
•  leines  Stifters  Hieronymus  Buslidius,  einem  freunde  des  Eras- 
iem  Studium  der  drei  sprachen  (griech.,  lat.,  hebr.]  zu  besonderer 
It&g  gereichen  sollte  und  diesem  Studium  sicherlich  von  vom  ^ 
li  einen  festen  halt  bot.  siehe  Val.  Andreas,  fasti  academici  studii 
jPiÜs  Lovan.  (1650)  275  ff.  dasz  in  Löwen  doch  ErasmuB  starke 
langen  erfahren  hat,  soll  dabei  nicht  verschwiegen  werden. 

J  Krafft  33. 
■Liessem  51  f. 


i 


414  I>ie  universiiät  Köln 

aber  schon  1508  trat  er  mit  der  rede  de  studio  et  leciione  8b< 
literarum  zu  den  theologen  von  Köln  in  einen  wenn  and 
etwas  verhüllten  gegensatz.  ob  er  in  dieser  rede,  die  so  nacli 
lieh  auch  de  avaritia  omni  ope  ecclesiasticis  fugienda  handel 
sonders  noch  gegen  Ortuinus  Gratius  die  waffen  kehrte,  wie 
annahm,  iSszt  sich  kaum  entscheiden,  noch  weniger,  dasz  er 
concurrenten  um  die  gröszere  zuhörerzahl  beneidet  habe.** 
gewis  darf  man  ansehen ,  dasz  im  jähre  1506  der  wackere  I 
genötigt  wurde  (es  geschah  auf  betrieb  der  Dominikaner) ,  ac 
zu  weichen'^;  wir  erfahren,  dasz  man  ihn  hinderte,  ttber  Auj 
bücher  zu  lesen.^  mit  ihm  verli^szen  auch  seine  schüler  Hutt 
Crotus  die  stadt,  um  sich  nach  Erfurt  zu  begeben,  dessen  unii 
schon  damals  für  die  humanistischen  Studien  gewonnen  i 
schien,  andere  Jünglinge  aus  Köln  waren  noch  1514,  als  I 
in  Cottbus  eine  schule  einzurichten  strebte,  mit  diesem  in 
düng.*'  —  Kein  besseres  Schicksal  als  Bhagins  hatte  bald  i 
der  humanistisch  gebildete  Jurist  Petrus  Bavennas.  der8elb< 
aus  Italien  an  die  Universität  Oreifswald  gerufen,  auf  hartem 
für  die  Wissenschaft  seiner  heimat  teilnehmer  zu  erwerben  g 
war  dann  kurze  zeit  in  Wittenberg  geblieben,  im  jähre  15G 
nach  Köln  gekommen,  hier  hatte  er  zuerst  unter  auszerordeni 
zudrange  von  lernbegierigen  Vorlesungen  gehalten,  bald  m 
schriftsteiler  zu  wirken  begonnen ;  allein  schon  zu  anfang  def 
1508  trat  der  harte  Dominikaner  Hoogstraten  gegen  ilm  wa 
obwol  nun  Ortuinus  Gratius  des  angegriffenen  mit  entschlos 
sich  annahm,  so  muste  dieser  doch  nach  wenigen  monatei 
verlassen.*' 

Und  nicht  blosz  in  Köln  hielt  der  eifer  der  dortigen  schol 
das  emporkommen  der  humanistischen  Studien  zurück,  sondei 
in  weiteren  kreisen  wirkte  er  lähmend,  als  der  treffliche  Bod 
Langen,  domherr  in  Münster,  etwa  im  jähre  1493  die  doi 
dieser  stadt  durch  einführung  jener  Studien  zu  neuem  lebei 
wecken  versuchte ,  traten  ihm  die  Kölner  mit  aller  entschie 
entgegen  und  erst  im  jähre  1498  gelang  es  ihm,  unter  dem 
des  neuen  bischofs  Konrad  von  Bietling ,  den  ungern  zurficki 
nen  plan  zu  verwirklichen,  er  hat  gelegentlich  in  einem 
seine  Verwunderung  darüber  ausgedrückt,  dasz  die  alte  (Tolon 
tocbter  Roms,  die  dichter  und  humanitätslehrer  yerschmSl 
doch  allein  ihren  eigenen  rühm  zu  preisen  im  stände  seic 
auch  nur  ihnen  der  grosze  Alexander  zu  danken  habe,  das 
gedächtnis  der  menschen  fortlebe ;  aber  vergeblich  hat  er  sie  ( 

"  Reichling  17. 
>^  Strausz  25  f. 
w  Krafft  45. 
w  Krafft  37  f. 

'^  Muther,  aus  dem  universitäts •  und  gelehrtenleben  im  ; 
der  reformation.     £rlangen  1866. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  hnmanismus.       415 

8i  rebus  servandns  bonos,  qnas  maxima  liqoit 
Borna  tibi,  Musis  cur  sua  dona  negas?*^ 

mier  der  ersten  Zöglinge  der  umgebildeten  domschule,  der  jüngere 
Tohannes  Aelius ,  konnte  sich  in  Köln  nicht  behaupten,  als  er  es  ge- 
wagt hatte,  die  alten  Schulbücher,  die  man  in  Münster  beseitigte, 
ii  KSln  aber  noch  für  unentbehrlich  hielt ,  zu  tadeln,  er  kehrte  zu- 
liebst (1504)  nach  Münster  zurück,  wo  er  als  lehrer  an  der  schule 
n  8t.  Mauritz  anstellung  fand ,  wirkte  dann  aber  an  der  blühenden 
tAttle  zu  Emmerich  und  wurde  endlich  (1628  oder  1530)  rector  der 
Aunschule  in  Münster.** 

Die  hier  berührten  thatsachen  waren  indes  nur  vorspiele  zu 
dem  gewaltigen  kämpfe ,  der  unter  dem  namen  der  Beuchlinisten- 
iekde  allbekannt  ist.  wir  wissen^  wie  die  angriffe,  welche  Hoog- 
itnten,  im  jähre  1511  inquisitor  haereticae  pravitaüs  geworden, 
mlchst  gegen  Beuchlin  richtete,  bald  weit  umher  die  geister  er- 
ngten,  wie  die  humanisten ,  Beuchlins  sache  als  gemeinsame  ange- 
I^genheit  behandelnd,  gegen  die  über  so  grosze  machtmittel  ver- 
ll^den  beschützer  des  alten  einen  rücksichtslosen  krieg  erOffiieten, 
\ä  welchem  sie  alle  mit  dem  alten  unzufriedenen  hinter  sich  hatten 
tod  selbst  in  Köln  auf  starke  sjmpathieen  rechnen  konnten,  wie 
lahnell  auch  der  ganze  Dominikanerorden,  die  deutsche  kirche,  ja 
'^Ibst  der  papst  in  bewegung  gesetzt  wurden,  wie  dann  dieser  kämpf 
die  ungeheure,  rings  alle  weit  ergreifende  bewegung,  welche  von 
Ittenberg  ausgieng,  sich  hineinzog  und  im  gegensatze  zu  dieser 
aufstrebenden  universit&t  die  alte  hochschule  von  Köln  als  sitz 
ärgsten  dunkelmänner  in  verruf  kam.  es  wäre  hier  nicht  ange- 
m,  auf  die  einzelheiten  einzugehen,  die  durch  Kampschulte, 
rasz  und  Geiger  die  gründlichste  behandlung  erfahren  haben; 
hervorheben  dürfen  wir,  dasz  doch  auch  die  dunkelmänner  eine 
lerbare  rührigkeit  entwickelt  haben,  während  die  epistolae 
rorum  virorum ,  nachdem  sie  bei  ihrem  ersten  erscheinen  un- 
)s  aufsehen  gemacht  hatten,  in  den  folgenden  Jahrzehnten  fast 
wieder  gedruckt  worden  sind  und  auch  andere  Streitschriften 
humanisten  derselben  zeit  kaum  zwei  auflagen  erlebt  haben, 
iten  die  Kölner  Dominikaner  und  ihre  freunde  die  eigenen 
iflen  in  drei,  ja  in  sechs  auflagen  auf  den  markt.^  freilich  half 
diese  rührigkeit  zu  keinem  bleibenden  resultate.  als  am  12n 
rember  1520  auf  dem  domhofe  zu  Köln,  fast  unter  den  äugen  des 
[en  kaisers  Karl  V,  nach  dem  verlangen  des  päpstlichen  legaten 


*"  Parmet,  Kudolf  von  Langen  73  ff.,  vgl.  208  f.  218  f.  229  f.,  aus 
lllehen  stellen  8ich  ergibt,  wie  eng  doch  die  Verbindung  Langens  mit 
UId  war.  vgl.  Nordhoff,  denkwürdigkeiten  aus  dem  Müust.  humanis* 
ki.     1874. 

>'  Dillenburger,   geschichte  des  gjmuasiums  zu   Emmerich  I  16  f. 
ll  Döring,  geschichte  des  gjmnasinms  zu  Dortmund  II  29  f . 
f   ^    siehe    die    sorgfältigen    bibliographischen    Zusammenstellungen 
^iogs  im  zweiten  snpplementbande  der  opera  Hutteni. 


i 


416  Die  uniTersität  Köln 

• 

Aleander  und  gewis  unter  freudiger  Zustimmung  der  Kölner  theo- 
logen,  Luthers  Schriften  verbrannt  wurden,  mochte  dieser  act  yida 
schon  als  lächerlich  erscheinen ,  am  meisten  vielleieht  dem  feisei 
Erasmus,  der  in  jenen  tagen  zu  Köln  sich  aufhielt;  die  verbremumg 
der  päpstlichen  bannbuUe  und  der  decretalen  vor  dem  Elsteiihon 
zu  Wittenberg  am  lOn  december  desselben  Jahres  war  der  entficUot' 
sene  und  unendlich  bedeutsamere  gegenact. 

Bald  zeigte  es  sich,  dasz  der  verfall  der  nniversitlt 
Köln  nicht  mehr  aufzuhalten  sei.   über  diesen  nur  wenige  worte. 

Zwar  kehrte  der  treffliche  Caesarius,  der  1513  seinen  sitiiuiA 
Münster  verlegt  und  dort  unter  groszem  beifall  Unterricht  im  gni' 
chischen  gegeben  hatte ,  später  nach  Köln  zurück  nnd  suchte  diu, 
obwol  seit  1520  der  reformation  nähertretend,  ein  leidliches  TW* 
hältnis  zu  den  patronen  des  alten  aufrecht  zu  erhalten;  aber 
gerade  in  dieser  spätem  zeit  sehr  bedeutende  litterarische 
ist  der  Universität  von  keinem  nutzen  gewesen,  die  zerrtttkmg  te 
Universität  Erfurt,  an  welcher  die  humanisten  zu  entschiedenitv 
geltung  gekommen  waren,  wurde  für  die  Kölner  eine  wamimgfor 
unvorsichtiger  annäherung  an  den  humanismus,  dem  viele  jene  ifl^ 
rüttung  schuld  gaben.^^  als  im  jähre  1522  die  Statuten  der  artisin- 
facultät  reformiert  wurden,  machte  die  Universität  dem  hnmanismiii 
der  doch  weit  und  breit  die  öffentliche  meinung  zu  beheradM 
schien,  nur  geringe  Zugeständnisse ;  ja  man  bestimmte  ansdrüdklidii 
dasz  alle  lehrer  und  schüler  bei  Vorlesungen ,  prüfungen  und  dispi* 
tationen  der  alten,  scholastischen  redeweise,  im  gegensatze  in ds 
neuen,  polierten  sich  bedienen  sollten.*^  dem  rathe  der  stadt  Uiäk 
es  nun  freilich  nicht  an  gutem  willen,  der  verödenden  univerntli 
neues  leben  zuzuführen;  aber  der  im  jähre  1525  begonnene  versodi 
durch  den  humanistisch  geschulten  rechtsgelehrten  Sobius  eine  wiiiB- 
liehe  reforhi  der  anstalt  einzuleiten,  erwies  sich  als  unausfthibar, 
auch  das  bemühen,  den  alternden  Erasmus  nach  Köln  zu  ziehen, 
geblich  blieb.^  der  einflusz  dieses  eben  so  oft  angefeindeten  als  be* 
wunderten  gelehrten  auf  die  höfe  des  kurfürsten  und  erzlnsolioll 
Hermann  von  Wied  und  des  herzogs  Wilhelm  von  Cleve,  deraoA 
in  kirchlicher  beziehung  eine  reformation  im  vermittelnden  sinne  te 
Erasmus  anzubahnen  schien,  hat  der  Kölner  Universität ,  die  ja  sodt 
diese  neuerungen  mit  aller  entschiedenheit  bekämpfte,  keineriei  rot- 
teile  gebracht,  kaum  eine  anregung  zum  bessern  gegeben.^  wirwuMli 
dasz  selbst  Melanchthons  berufung  in  die  nähe  des  kurfttrsten  Htf^ 
mann  und  sein  entwurf  einer  kirchen-  und  Schulordnung  ftlr  das  tfi' 
Stift,  wie  gemäszigt  er  auch  gehalten  war,  keine  frucht  getragei.' 

4«  Kraflft  22. 

«  Bianco,  die  alte  Universität  Köln  I  anl.  297. 
«  Krafft  42  ff. 

*^  siehe  bes.  Wolters,  Konrad  von  Heresbach,  Elberfeld  18CT,  das  < 
vielfach  anregende  darstellung. 

*^  Matthes,  Ph.  Melanchthon  234  f. 


in  ihrem  kämpfe  gegen  den  aufstrebenden  liumanismus.       417 

Aber  der  humanismus  behauptete  sich  doch  immer  noch  in  Köln. 
er  schien  noch  einmal  zu  einer  gewissen  geltung  gelangen  zu 
nnen,  als  der  später  so  berühmte  schulmann  Johann  Monheim  im 
ire  1536,  im  todesjahre  des  Erasmus,  zu  dessen  grundsätzen  er 
ih  TöUig  bekannte ,  lehrer  der  dortigen  domschule  geworden  war, 
B  bis  dahin  dem  humanismus  sich  verschlossen  hatte,  aber  auch 
Dl  trat  mönchischer  eifer  entgegen,  und  1545  ging  er  nach  Dussel- 
irf  hinweg,  wo  ausgezeichnete  gunst  der  Verhältnisse  seiner  tüch- 
fkeit  einen  weiten  Wirkungskreis  eröffnete.^*  schon  drei  jähre  vor- 
r  hatten,  wie  oben  erwähnt  worden  ist,  zwei  andere  humanisten, 
»hannes  Noyiomagus  und  Gisbert  Congolius,  für  welche  kein  ersatz 
erlangen  war,  wol  auch  nicht  gesucht  wurde,  von  Köln  sich  weg- 
iwendet.^^  mit  der  Verdrängung  des  erzbischofs  Hermann  von  Wied 
rioren  in  Köln  die  zu  reformen  im  geiste  des  Erasmus  geneigten 
n  letzten  halt,  es  half  doch  auch  nur  wenig,  dasz  der  gelehrte 
lebdmcker  Johannes  Gymnicus,  ein  zögling  der  schule  zu  Deventer 
id  dort^  Studiengenosse  von  Hermann  Buschius,  Murmellius  usw. 
ine  officin  in  Köln  den  humanisten  ofifen  hielt.^^  die  artistenfacultät 
wahrte  standhaft  die  alten  Ordnungen  und  sah  nur  zuweilen  einen 
manisten  ihren  prüfungen  sich  unterziehen ,  um  so  den  titel  eines 
igister  artium  zu  erwerben,  so  befand  sich  bei  einer  solchen  pril- 
Bg,  die  am  4n  februar  1545  gehalten  wurde,  als  der  neunzehnte 
r  Friesländer  Cyprianus  Yomelius,  der  bereits  andere  Universitäten 
mcht  und  dazwischen  wieder  lehrerstellen  angenommen  hatte,  da- 
ds  aber  in  Dortmund  wirkte;  er  war  ein  gewandter  lateinischer 
Ater.« 

Köln  war  für  die  thätigkeit  der  Jesuiten  ein  empfänglicher  bo- 
M.  für  diese  hatte  sich  schon  früher  im  hause  des  canonicus  bei 
k  Gereon  und  lehrers  an  der  Montanerbnrse  Andreas  Herll  von 
vdewick,  den  schon  Cochläus  unter  seinen  lehrem  zählte,  eine 
Iqiestätte  gebildet;  es  war  ein  sammelpunct  der  katholischen 
Agilitäten  der  stadt.  in  diesem  hause  fand  auch  der  junge  Peter 
insiiis,  während  er  in  Köln  studierte,  gastliche  aufnähme*  der 
Iftit  Peter  Faber  wurde  von  HerU  bei  seiner  ankunft  in  dieser 
mit  freudigem  grusz  empfangen.^ 

^  Krafft,  die  gelehrte  schalcv  za  Düsseldorf  unter  dem  rectorate  Joh. 
leims.    Düsseldorf  1853;  vgl.  Bouterweck  in  Herzog^  theo!.  Rf.  XX 

ff. 

"  im  jähre  1541  hatte  auch  der  tüchtige  Jurist  Oldendorp  weichen 
Üisen.    Düring  1  34  f. 

*-  er  verlegte  bücher  von  Murmellius,  Vruchterus,  Bredenbach  u.  a. 
ifft  u.  Creceüus,  mittheilungen  über  Alexander  Hegius  u.  s.  schüler, 
^«r  Zeitschrift  des  Bergischen  geschichtsvereins,  bd.  VU  272. 
••  über  ihn  Döring  II  17  ff. 

.  ^  Otto,  Cochläus  9.  vgl.  Sacchiuus,  de  vita  et  rebus  gestis  P.  Ca- 
^^  (lngol»t.  1616)  13  f.  und  Cassian,  das  katholische  Deutschland  im 
»i-^hrh.  (Wien  1866)  97  ff. 

Zittau.  Heinrich  Kämmel. 

''•^•^rb.  f.  phil.a.päd.  Il.abl.  1875.  hft.9.  27 


418  üeber  unsere  schriftzeichen. 

33. 

ÜBEB  UNSERE  SCHßlFTZEICHEN. 
Vortrag,  gehalten  in  der  anla  des  kOnigl.  gymnasiiuns  zu  B 


Geehrte  Versammlung !  das  für  den  heutigen  Vortrag  ( 
thema  klingt  möglichst  einfach :  jeder  von  uns  hat  in  den 
Jahren  seine  abc-studien  in  der  schule  gemacht,  das  lei 
schreiben  hält  jeder  von  uns  für  ebenso  einfach  wie  notwen 
doch  wird  es  von  weit  mehr  als  der  halben  menschheit  i 
nicht  gelernt;  auch  hat  es  Jahrtausende  gekostet  diese  kon 
finden ,  lehrbar  zu  machen  und  zu  verbreiten,  keine  erfin* 
humaner  und  folgenreicher  gewesen  als  diese,  lassen  Sie  i 
das  wesen,  die  Ursprünge  und  die  stufenmSszige  entwickl 
Schrift  mit  einander  betrachten,  vieUeicht  dasz  sich  daraus  d 
fallende  Schlüsse  ergeben,   denn 

Das  ists  ja,  was  den  menschen  sierat y 
und  dazu  ward  ihm  der  verstand, 
dasz  er  im  innern  herzen  spüret, 
was  er  erschafft  mit  seiner  hand. 

Unsere  buchstabenschrift  ist  nicht  die  einzig  mOgliche 
auch  eine  bild  erschrift,  ja  der  telegraphist  bedient  sidi  nur 
fachsten  zeichen,  jede  schrift  ist  aber,  um  es  kurz  zu  8a§ 
art  von  spräche,  die  spräche  an  und  für  sich,  das  sprechen 
menschen  ebenso  angeboren,  wie  das  denken,  ist  das  merkm 
göttlichen  ur^rungs.  kein  einzelner  mensch  hat  jemals  eine 
erfunden,  die  schriftzeichen  dagegen  beruhen  blosz  auf  li 
übereinkommen,  für  jeden  einzelnen  gesprochenen  laut  alle 
ist  ein  gewisses  zeichen  festgesetzt  und  könnte  jeden  augenl 
dem  wege  des  gesetzes  geändert  werden ,  wie  dergleichen  i 
und  Born  mehrfach  geschehen  ist.  wenn  der  deutsche  reichs 
er  uns  nach  metem  und  litem  zu  messen  aufgegeben,  uns  a 
reichsschrift,  für  druck-  und  Schreibschrift  gleichmäseig,  Yon 
wie  vielen  orthographischen  wirren  könnte  dadurch  ein  zie 
werden !  denn  selbst  bei  uns  ist  die  alte  Heysesche  regel :  ' 
wie  du  richtig  sprichst!'  keineswegs  sachgemäsz,  geschwe: 
bei  den  romanischen  sprachen,  laute  und  buchstaben  enti 
sich  nicht  mehr,  um  die  Schwierigkeiten  der  hochdeutsche 
Schreibung  zu  übergehen,  wenn  wir  plattdeutsch  dat  16d: 
w6dher,  fru  M^llersche  sprechen,  wir  wissen  nicht,  ob  der 
consonant  besser  durch  ein  hochdeutsches  d,  t  oder  1  wiedei 
sei,  blosz  weil  die  gehauchten  Zahnlaute  in  unser  hochd 
aiphabet  gar  nicht  aufgenommen  sind,  es  gibt  eine  grosi 
von  Völkern  in  allen  Weltteilen  auszer  Europa,  welche  i 
ine  schiift  und  kein  alpbabet  haben,    sie  sprechen  wol  ei 


Ueber  unsere  ecliriftzerclieii.  419 

ler  minder  grosze  anzabl  von  lauten  in  ihren  Sätzen  aus ,  aber  sie 
aben  weder  von  der  anzabl  noch  von  der  beschaffenbeit  derselben 
in  leises  bewustsein.  die  Hawayi  im  groszen  ocean  sprechen ,  wie 
lax  Müller  erzählt,  das  englische  wort  steel  für  stahl,  indem  sie  es 
D  richtig  wie  möglich,  nachzusprechen  versnoben,  kila  aus.  sie 
nterscbeiden  nämlich  nicht  zwischen  k  und  t;  zwei  anlautende 
nsonanten  können  sie  nicht  hervorbringen ,  und  jedem  auslauten- 
In  consonanten  lassen  sie  einen  vocal  nachklingen,  so  wird  aus 
ieel  in  der  Hawajispracbe  kila.  einige  australische  sprachen  haben 
pnrnur  acht  consonanten,  während  wir  Deutschen  doch  20  unter- 
oheiden  und  die  alten  Indier  gar  39  hatten,  nach  dem  bau  der 
MDSchlichen  sprach  Werkzeuge  hat  die  Wissenschaft  ungefähr  80 
■nie  als  möglich  herausgefunden;  jeder  von  diesen  erscheint  in 
Igend  einer  spräche  der  weit,  aber  keine  lebende  spräche  articuliert 
adi  nur  die  hälfte  der  möglichen  laute. 

Jede  spräche  hat  also  ihre  besonderen  laute,  wenn  diese  durch 
Ibereinkommen  festgestellt  sind,  so  dasz  geschriebene  buchstaben 
Üs  mittel  ihrer  darstellung  dienen ,  so  wird  die  gesamtheit  dieser 
iDchstaben  aiphabet  genannt,  der  name  kommt  von  den  beiden 
Katen  buchstaben  der  griechischen  spräche  alpha  «=:  a,  b^ta  =  b. 
igene  alphabete  oder  lautliche  scbriftzeichen  haben  wenige  nationen 
den  europäischen,     in  Europa  gibt  es  eigentlich  nur  vier 

ibete  nämlich  1)  das  türkisch -arabische  —  2)  das  griechisch- 
le  —  3)  das  romanisch-lateinische  —  4)  das  deutsche,    diese 

breiten  sich  jetzt  mit  unserer  cultur  und  unseren  colonisten 

die  ganze  erde  aus. 

Wenn  somit  die  lautschrift  den  vorzug  der  wellherschaft  vor 

bilderscbrift  voraus  hat,  den  des  ehrwürdigeren  alters  hai  die 

re.    schon  vor  6000  jähren  schrieben  die  Aegypter  und  Chi- 

mit  wortbildem ;  jedes  einzelne  wort  bezeichneten  sie  durch 

deutlich  erkennbares  bild.    die  kunst  solche  bilder  zu  schreiben 

SU  lesen  wurde,  zwar  nicht  öffentlich,  gelehrt  und  gelernt,  nicht 

mittel  der  bildung,  sondern  als  geheime  Weisheit ,  der  besitz  der 

ift  war  eigentum  und  merkmal  einer  priesterkaste ,  welche  ihre 

kft  gerade  dadurch  zu  erhalten  strebte  und  in  China  bis  heute 

Iten  hat.     wenige  werden  unter  Ihnen  sein,  welchen  es  nicht 

»Ihaft  vorkömmt ,  alle  Wörter  durch  bilder  zu  bezeichnen ;  ich 

Ihnen  später  die  möglich keit  aus  jenen  sprachen  zu  erklären 

leben,  nachdem  ich  vorher  die  Vorzüge  und  nachteile  einer  sol- 

bilderschrift  kurz  angegeben  und  dann  ausgeführt  habe,  wie 

'e  lautschrift  aus  derselben  hervorgegangen  ist. 

Ursprünglich  ist  die  kunst,  seine  meinung  in  bildem  zu  sagen, 

[lieh    viel   einfacher  und  natürlicher,  als  die  kunst  mit  laut- 

len  za  schreiben,    noch  heutiges  tages  ziehen  wir  selbst  jene, 

nur  angeht,  unwillkürlich  vor.   jeder  gewerbsmann,  wenn  er, 

den   mund  zu  öffnen,  d.  h.  schriftlich  den  vorübergehenden 

27* 


420  Geber  unsere  Bcbriftzeichen. 

kund  thun  will:  'hier  wohnt  ein  bScker,  ein  ecbnater*,  ert 
es  nicht  in  buchstaben  über  die  thdr,  Bondom  er  ISsst  ät 
kringet,  einen  scbuli  an  eeinc  thQr  malen,  oder  sefait  die  p 
selbst  in  sein  scbaufenater.  wenn  einer  zerbrechliche  wur 
Ecbickt,  er  klebt  nicht  einen  geschriebenen  befehl  aof  den 
't>eid  vorsichtig,  dasz  die  gläser  nicht  zerbrechen!',  sondern 
einfüLch  ein  glas  auf  den  kästen,  das  bild  des  glasee  ist  dann 
schaulichste  satz,  welcher  in  anbetracht  der  nmstSnde  nid 
verstanden  werden  kann,  das  gefUhl  der  gröszem  einEachl 
von  jeher  die  menschen ,  selbst  die  wilden  Indianer,  dazu  g 
ihre  gedanken  abwesenden  in  ermangelang  von  boten  dord 
zn  verkünden,  einen  sehr  hübschen  brief  der  art  kann  man  i 
tain  Marriats  ansiedlem  von  Conada  s.  238  finden,  solche 
Schrift  ist  nicht  mit  den  rebussen  zu  Terwecbseln,  da  sie  1 
und  handlungen  darstellt,  während  die  reboase  in  der  genni 
Willkür  der  zusammengestellten  bildet  einen  unnatflrlicbe 
■verstecken. 

Aber  so  einfach  und  natürlich,  wie  die  bilderachrift  ii 
kSnnte  wol  blind  sein  gegen  ihre  mängel?  wenn  man  ein  e 
lesen  kann,  hat  man  damit  keinen  achlüssel  znm  TeretSndnis  i 
bilder,  ja  nicht  einmal  zum  Verständnis  desselben  bildeB,  wes 
anderer  Umgebung,  in  ver&ndorten  umständen  erscheint,  ei 
z,  b.  am  fenster  eines  hauses  künnte  bedeuten:  'hier  werden 
verkauft',  oder:  'hier  wird  wein  geschenkt',  so  vieldeutig 
bild  schon  bei  der  dorstellung  alltäglicher  handlangen,  h 
mehr  noch,  wo  es  auf  die  form  des  satzes  ankommt,  und  mr 
der  bilduug!  nehmen  wir  nur  einen  so  einfachen  satz  wie 
unser,  der  du  bist  im  himmel ,  geheiligt  werde  dein  namel'  - 
cbur^zeicbenkün stier  würde  ihn  mit  bloszen  bildem  allgffina: 
ständlich  ausdrücken?  vollends  unmöglich  scheint  es,  die 
form  der  wÖrter,  wie  denvocativ  'vuter',  den  imperativ  'weri 
verschiedene  art  der  Wörter,  das  pronomen  'unser',  'der*,  'd 
vorbum  'heiligen'  usw.  bildlich  darzustellen,  während  wir 
buchstaben  ohne  mühe  schreJbcu.  wahrlich  es  ist  eine  kuu 
einer  so  kleinen  anzahl  von  lautzeichen  in  immer  neuen  mal 
Setzungen  jegliches  wort  mit  seiner  form  wiederzugeben,  <( 
endlich  viel  gröszere  kunst  als  die  ist,  mit  bewoglltf  ~  "'' 
drucken,  wenn  wir  den  erfinder  der  lautieichen  aalag 
er  verdiente,  wie  Guttenberg,  eine  statue,  aber  t~ 
ti.ndem  von  gold  und  elfenbein. 

Wir  alle  haben  die  kunst  zu 
einmal  fragen,  wem  hat  die  i 
verdankt'?    in  unsem  schulen  gel 
denn  die  deutsche  Volksschule 
sie  ist  eine  errungenschaft  d 
ihrerseits  haben  das  achroil 
Karl  dem  Groasen  die 


üeber  unsere  schriftzeiclien.  421 

rmaniscben  urwälder  trugen,  jene  mönche  brachten  die  latei- 
lehe  Schrift,  die  römische  spräche^  die  römischen  bücher.  aus  der 
Bischen  mönchsschrift  ist  allmählich  durch  gewohnheitsmäszige 
tendrkel  und  entstellungen  die  deutsche  entstanden,  sowol  die 
otsche  druck-  als  die  Schreibschrift,  jene  mit  eckigen  Verzierungen, 
686  in  cursiverer  form,  unser  deutsches  aiphabet  ist  auch  nach  der 
ikenfolge  und  zahl,  ja  nach  den  namen  der  buchstaben  dem  römi- 
Imd  fast  gleich,  ein  unterschied  zwischen  groszen  und  kleinen 
■dittaben  hat  sich  erst  in  sehr  später  römischer  zeit  gebildet. 
bvail  sind  die  formen  der  kleinschrift  nur  geläufigere  nachahmung 
■r  groszen  oder  uncialbuchstaben.  —  Sowie  das  deutsche  aiphabet 
M  der  fremde  her  eingeführt  ist,  so  auch  das  römische,  die  Römer, 
■ren  geschieh te  754  v.  Chr.  beginnt,  haben  ihre  buchstaben  von 
M  nnteritalischen  Griechen  gelernt,  sie  haben  statt  des  griechi- 
iwn  t]  (e)  das  h  hinzugesetzt,  weggelassen  aber  das  G  (th),  weil  sie 
I  aicht  sprechen  konnten ,  das  ui  (ö)  als  unnötig ,  und  das  ip  (ps), 
■te  doppellaut.  die  lateinischen  buchstaben,  eine  geläufigere  ab- 
Ittdang  der  griechischen,  sind,  wie  wir  sie  lernen,  die  currenthand- 
Ikrift  des  ersten  Jahrhunderts  vor  Christi  geburt.  praktisch  war  es 
te  den  Römern,  dasz  sie  die  griechischen  buchstaben  namen  alpha, 
te,  gamma,  delta  usw.  abkürzten  zu  a,  be,  ce,  de  usw.,  und  bei 
te  stammen  consonanten  be,  ce,  de  usw.  die  vocale  dahinter,  bei 
h  luübvocalen  ef ,  el ,  em  usw.  die  vocale  davor  setzten,  die  grie- 
en  buchstabennamen  waren  zwar  klangvoller,  sonst  aber  ihnen 
ebenso  bedeutungslos,  wie  die  vier  von  ihnen  neu  gebildeten 
,  phi,  chi  und  psi.  —  Jene  namen  aber  würden  noch  heute  es 
von  wem  die  Griechen  das  aiphabet  erhalten  hatten,  wenn 
es  uns  nicht  selber  erzählten,  die  buchstabenschrift,  erzählen 
habe  zuerst  Kadmos,  ein  phönizischer  königssohn ,  etwa  1500 
.,  in  Hellas  gelehrt,  sie  nennen  sie  auch ,  bevor  ihre  zahl  und 
gesetzlich  neu  geregelt  wurde,  die  phönizische.  die  Hellenen 
haben  die  form  der  phönizischen  buchstaben  verschönert  und 
ihnen,  sie  zuerst,  ein  wirklich  vollständiges  aiphabet  gemiacht.  die 
ier  nämlich  rechneten,  wie  die  Semiten  überhaupt,  die  vocale 
als  bindemittel  der  laute;  in  den  consonanten  schien  ihnen  das 
ilhafte,  der  kern  eines  wertes  umschlossen;  den  saft,  der  die 
lebensfrisch  durchströmte ,  sahen  sie  als  selbstverständlich 
ftir  die  schrift  überflüssig  an.  so  hatten  z.  b.  die  consonanten 
k  den  begriff  der  gerechtigkeit,  und  dieses  dingwort  las  man 
k;  sollte  es  adjeetiv  sein,  so  las  man  zaddik,  verbum  zadak  = 
ar  gerecht,  adöm  hiesz  rotb,  adam  er  war  roth,  und  adäm  der 
h,  eigentlich  der  rothe.  dies  a,  womit  die  letzten  drei  Wörter 
en,  war  aber  nicht  etwa  ein  vocal,  sondern  es  entspricht 
hebräischen  consonanten,  der  den  vocal  a  hinter  sich  hat. 
semitisches  wort  fieng  mit  einem  vocal  an,  dagegen  ein  conso- 
wnrde  nie  ohne  einen  nachklingenden  vocal  gesprochen,  und 
die  sckrift  dann  immer  der  spräche  irgendwie  entspricht,  so 


422  Ceber  unsere  schriftKeicheiL 

enthielt  das  phönizisch- hebräische  aiphabet,  die  qnelle  aller  dnüt- 
lichen  alphabete,  nur  consonanten,  22  an  der  sahL    flfar  jeden  tm 
ihnen  diente  ein  eigenes  zeichen  und  war  mit  einem  worte  der  mbi- 
tischen  spräche  benannt,  welches  eben  diesen  conBonanten  «un m- 
fange  hatte,   die  ersten  namen  derselben  sind  folgende:  1)  ihf  im 
rind  (nicht  der  vocal  a,  sondern  ein  hanchlant,  den  die  GriedHi 
nicht  sprachen)  —  2)  bßth  das  haus  —  3)  glmel  oder  gaul  te 
kameel  —  4)  daleth  die  thOr  usw.    die  grieohen  haben  die  ntiMi 
und  zeichen  behalten ,  aber  an  die  stelle  der  von  ihnen  nicU  g^ 
sprochenen  hauch  -  und  Zischlaute  ihre  vocale  eingeeetit  i.  k  ijbiä 
an  die  steUe  von  alef  =>  alpha  den  vocal  a.    sie  waren  eb«  n 
musikalisches  volk ,  auch  sie  lernten  zwar  die  consonanten  nie  okM 
nachklingenden  vocal ,  d.  h.  buchstabierend ,  aber  die  Tocale  wnidB 
als  allein  singbar,  bei  ihnen  den  mitlautem  gleidigeordnet.  wlkniil 
femer  die  semiten  mit  der  linken  band,  also  andi  von  reeUiMh 
links  schrieben,  haben  die  Griechen,  nachdem  sie  ihnen  anfioigiMh 
darin  gefolgt  waren,  nachher,  weil  sie  in  werk  und  spiel  nidtt  Inta^ 
sondern  rechts  waren,  den  gebrauch  eingefClhrt,  mit  der  ndte^ 
band ,  d.  h.  von  links  nach  rechts ,  mit  umgewendeten  bnehiUa-^'^ 
köpfen,  zu  schreiben,    in  allen  diesen  neuerungen  sind  ihanCi.^ 
litterarischen  nationen  der  weit  gefolgt. 

Auch  die  phönizischen  consonantenzeichen ,  wenn  ihre 
auch  je  nach  dem  anlaut  aus  dem  eigenen  wortvorrath  der  wpntti^ 
verständig  gewählt  sind,  bedürfen  noch  einer  erkUbrong  te  iMi 
form,  die  nur  bei  sehr  wenigen  mit  ihrem  bilde  scheinbar  ati— ly| 
zumal  da  sie  keineswegs  nach  einem  aus  der  sache  hergenomiMMÜ: 
gründe  auf  einander  folgen,  das  semitische  alphabot  soll  aehonSOOK 
jähre  v.  Chr.  im  handelsgebrauch  gewesen  sein,  damals  war  in  ta^ 
nähe  keine  andere  cultur  blühender  und  altehrwflrdiger  ab  S^i 
ägyptische,  der  ägyptische  kalender  datiert  schon  von  3282  v.Qb»'' 
die  Aegypter  wurden  schon  durch  die  natur  ihres  landee,  eines 
derte  von  meilen  langen  marschstreifens  längs  dem  Nilstrom, 
seine  regelmäszigen  Überschwemmungen  zu  ackerbaolichem 
zur  rechenkunst,  zur  beobachtung  der  gestime  und  atrengm 
abteilung  gezwungen,  unzählige  denkmäler  sind  dort  nodi 
mit  der  schrift  jener  fernen  Jahrhunderte  bedeckt,  die 
haben  diese  schrift  hieroglyphen,  d.  h.  heilige  bilder,  genannt, 
sie  besonders  an  den  tempeln  und  von  einer  verschwiegenen 
käste  geübt  war.  die  ägyptischen  priester  gaben  jeden 
durch  sein  eigenes  einfarbiges  bild  wieder,  die  umriaae  dar 
bilder  wurden,  weil  sie  nur  zur  schrift  dienten,  niemals  iuxA 
verbessert,  sondern  im  streben  nach  bequemlichkeit  in  dar 
verkümmert,  in  welcher  die  band  sie  mit  einem  zage  malen 
es  war  natürlich  leicht,  gegenstände  wie  bäum,  lOwe,  bans  i 
nen  und  zu  lesen,  damit  auch  andere  wÖrter  bezeichnet 
könnten,  half  man  sich,  sinnreich  oder  nicht,  so,  daszjede 
glyphe  die  Wörter  alle  mit  bedeutete,  welche  dieselben 


Ueber  unsere  Bchriftzeichen.  423 

ithielten.  also  auch  sie  sahen,  wie  die  Phönizier,  die  vocale  nicht 
lg  den  andern  lauten  gleichgeordnete  Sprachmittel  an.  das  bild  des 
oibes  köt  bedeutete  auch  kät  klugheit;  die  buchrolle  zömd  auch 
ftm  mftchtig;  mund  hro  las  man  auch  haro  zu,  ehrai  gegen,  here 
oben,  ob  man  nun  ^mund'  oder  'zu'  oder  ^gegen'  oder  'ruhen'  ver- 
tehen  sollte,  ergab  der  Zusammenhang.  685  ägyptische  wortbilber 
Kdien  wieder  aufgefunden  sein,  bei  anderen  Wörtern,  welche  weder 
lorch  eine ,  noch  durch  mehrere  hierogljphen  in  einem  rahmen  sich 
idveiben  lieszen,  namentlich  bei  den  eigennamen,  verfielen  die 
pnester  auf  die  auskunft,  jeden  consonanten  durch  ein  besonderes 
«ortbild,  wovon  dann  blosz  der  anlaut  galt,  darzustellen,  alle  zu- 
KDimen  aber  entweder  durch  einen  rahmen  oder  durch  ein  dahinter- 
gwetztes  deutebild  eines  mannes,  flusses  usw.  als  ^in  wort  zu  kenn- 
sticbnen.  ja  man  ging  später  so  weit,  nur  den  ersten  anlautenden 
consonanten  eines  wortes  durch  eine  bekannte  hieroglyphe  desselben 
olauts  zu  schreiben  und  nun  ein  deutebild  daneben  zu  malen. 
4r.  Oppel  erzählt:  man  hatte  tempel  für  Sebek,  den  gott  der  ewig- 
knt  den  anfangslaut  seines  namens  'S'  konnte  unter  anderen  hiero- 
^Tphen  das  krokodil  saKi  bezeichnen,  man  legte  also  vor  dem  tem- 
fÄ  einen  umfriedigten  weiher  an  und  fütterte  hier  mit  göttlichen 
ckren  ein  lebendes  krokodil  als  symbol  der  gottheit.  daraus  erkannte 
iftt  eingeweihte  den  dienst  des  Sebek ,  dessen  name  wie  der  des 
krokodils  saki  mit  s  begann,  darum  wurden,  beiläufig  gesagt,  nicht 
Mch  alle  übrigen  krokodile  göttlich  verehrt,  diese  tödtete  man,  wo 
üd  wie  man  konnte,  dieselbe  bewandnis  liat  es  mit  der  Verehrung 
inr  katzen  und  weiszen  stiere,  von  den  685  wortbildem  konnten 
SO  ein  a,  17  ein  d,  18  ein  s,  15  ein  k  bezeichnen;  unter  den  ver- 
Hthiedenen  a  und  b  muste  nach  bestimmten  lautregeln  gewählt  wer- 
IjIaL  mit  der  scbrift  und  dem  lesen  begann  man  immer  da,  woher 
köpfe  der  bilder  es  zeigten,  nachher  haben  die  köpfe  aller 
rftischen,  griechischen,  lateinischen  und  deutschen  buchstaben 
ler  nach  der  seite  hingezeigt,  nach  welcher  gelesen  werden  soll; 
was  wir  die  dicken  m- striche  nennen,  sind  also  ursprünglich 
vorderen  profillinien  irgend  welcher  thier-  oder  anderer  bilder 
resen.  aber  während  man  die  europäischen  sprachen  sämtlich 
kann,  ohne  sie  zu  verstehen,  konnte  von  der  ägyptischen 
^he  kein  fremder  ein  wort  lesen,  ohne  sie  zu  verstehen.  n 

Oeehrte  Versammlung  I  hofifentlich  ist  Ihnen  auch  der  geschicht- 
Idie  Ursprung  unserer  alphabete  jetzt  klar  geworden,  die  Phönizier 
BmI  Hebräer  sind  den  Aegyptern  eine  zeit  lang  unterworfen  ge- 
MBen:  sie  lernten  das  Wunderland  der  pyramiden  auch  durch  den 
■idel  kennen,  den  Aegyptern  haben  sie  die  kunst  abgelauscht, 
ffe  namen  mittelst  einer  reihe  von  wortbildem  zu  schreiben,  deren 
llBze  anfangscoDsonanten  gerechnet  wurden,  sie  haben  sich  diese 
■isonantenbilder  als  kostbarste  handelsbeute  in  ihre  heimat  mit- 
i^mmen  und  mit  einheimischen  namen  benannt,  die  mit  dem  he- 
lfenden laute  begannen,     das   wesentlichste  verdienst  ihrer  er- 


424  Ueber  unsere  schriftzeichen. 

ünduDg  besteht  nur  in  zweierlei,  1)  dasz  sie  die  kostbare  erfindmi^ 
nicht  einer  priesterkaste  überlieszen,  und  2)  dasz  sie  nicht  meiordas 
d  17  mal,  das  k  15  mal  verschieden  schrieben,  sondern  immetint 
demselben  bilde,  und  darum  auch  sich  zur  strengen  regel  macht«, 
von  jedem  worte  jeden  consonanten  zu  schreiben,  die  oonsoniiifai- 
bilder  selbst  waren  von  denAegjptem  hergenommen«  so  wir  id 
(das  rind)  die  cursive,  d.  h.  die  mit  laufender  band,  ohne  ahraactwi 
umstrichene  form  eines  adlerbildes.  das  griechische  alpha  kehrt  da 
köpf  desselben  um,  nach  rechts  hin ,  und  macht  ans  dem  nicht  aalr 
verständlichen  gaumenlaut,  der  dem  a  vorausgieng,  einen  TOcaL  d» 
ausgestreckte  band  mit  darüberragendem  daumen  wnrde  nun  hefaili* 
sehen  daleth,  griechisch  delta,  lateinisch  d;  die  bomschlange  nm  f; 
der  löwe  zum  1,  die  eule  zum  m,  die  Wellenlinie  zum  n,  damoek 
immer  seines  Ursprungs  fihnlichkeit  bewahrt. 

Wir  wollen  das  facit  der  Untersuchung  ziehen,  nnaere  cdirift 
ist  nicht  von  einem  manne  erfunden,  sondern  von  vOlkenL  <b 
Aegypter  stellten  ihre  Wörter  durch  bilder  dar,  welche,  als  die  fn 
ihrer  umrisse  geläufiger  wurde,  blosz  noch  den  anfangabnohttibi 
des  gezeichneten  gegenständes  bedeuteten.  2)  ein  alphabefe  TM 
ägyptischen  consonanten  haben  sich  die  Phönizier  angeeignet  ml 
diese  mit  eigenen  Wörtern  benannt.  3)  unsere  vocalzeichfln 
solche  consonanten ,  welche  die  Griechen  nicht  sprechen. 
4)  die  Griechen  haben  zuerst  ein  vollständiges  aiphabet,  anch  nt 
für  die  sangbaren  vocale,  aufgestellt  und  die  schrift  reehtdtafig  gl- 
macht.  5)  das  griechische  aiphabet  haben  die  Bussen  einflneüii 
andererseits  die  Römer  und  Deutschen  mit  immer  grOsierer  mgot 
zu  cursiver  bequemlichkeit  auf  ihre  sprachen  übertragen,  die 
Aegypter  malten,  die  Phönizier  buchstabierten,  die  Griechen  saagM, 
die  Deutschen  lautieren,  wenn  ich  nun  noch  hinzufüge,  daizdi» 
Türken  arabisch  schreiben,  so  sehen  Sie  wol,  dasz  alle  enroptischai 
Schriftarten  aus  dem  semitischen  Orient  gekommen  sind,  wie  dit 
sonne  aus  dem  osten  zu  uns  kommt,  so  sind  auch,  schon  lange for 
der  Verkündigung  des  evangeliums ,  die  elemente  der  schzift  niA 
Wissenschaft  aus  dem  osten  uns  überliefert. 

Die  anfange  der  schrift  liegen  bei  jedem  volke  anszerhalb  dm 
bereiehs  der  beglaubigten  geschichte.   dasz  aber  gerade  eine  refluih 
folge  von  Völkern  in  der  Vervollkommnung  der  schrift  ftinamliir  wat 
den  wogen  der  zeit  ablösen  muste ,  hat  seinen  yemttnftigen  gmd. 
dasz  die  ägyptischen  priester,  nachdem  sie  Jahrhunderte  laagwori-^ 
bilder  gelernt  und  geschrieben,  nicht  zu  lautzeiehen  über{^aBgMi^ 
erklärt  sich  einfach  aus  der  macht  einer  im  kastendonkel  gehattnA 
tradition.     aber  warum  begannen  die  Hebräer  nnd  Oiiechen  d»- 
schreiben  sofort  mit  bloszen  lautzeichen?    die  antwort  ist:  mS 
diese  Völker  die  erfindung  einer  schrift  auf  ihre  spräche  ohna  tot 
eben  fortschritt  gar  nicht  anwenden  konnten,    denn  dieaofariflM 
ein  product  der  spräche;  sie  verhält  sich  zur  spräche  wie  diebaov' 
kröne  zum  stamm,   keine  eiche  trägt  palmenblätter. 


üeber  unsere  schriftseichen.  425 

Der  niedrigste  zustand  des  Sprachenlebens  ist  dexjenige'  der 
fonuinten  silben-  oder  wnraelspraohen.  der  ursprüngliche 
Mseh  hat  in  lauter  eilben  und  wurzeln  gesprochen,  und  wo  ein 
Ik  auf  der  weit  in  dem  zustande  Adams  und  Evas  sich  noch  be- 
idflt»  thut  es  dies  noch  heute,  von  allen  Silbensprachen  haben  es 
IT  zwei ,  die  Ägyptische  und  die  chinesische ,  zu  einer  litteratur  ge* 
»cht,  besonders  die  letztere,  die  auch  besser  bekannt  ist.  in  der 
imeiiBchen  spräche  also  ist  jede  silbe  ein  begriff  fOr  sich,  eine 
hate  ihrer  eigenen  art,  und  kann  weder  durch  flezion  noch  durch 
mmmenaetzung  einen  buchstaben  verlieren,  ohne  völlig  abzu- 
Heben:  schi  heiszt  zehn,  eul  heiszt  zwei,    während  wir  Deutschen 

15  zwei  zig,  goth«  tvai  tigjus,  das  neue  wort  zwanzig  gebildet 
iben,  kann  der  Chinese  nur  eul-schi  zusammensprechen,  wenn  er 
nazig  meint,  wir  flectieren:  der  fremde,  plur.  die  fremden,  der 
Uaese  sagt :  i  der  fremde ,  pei  die  classe ,  also  i-pei  die  fremden- 
Ittse.  eine  formenlehre  gibt  es  im  chinesischen  gar  nicht,  die 
Hze  spräche  setzt  sich  aus  450  Wurzelsilben  zusammen,  wie  wir 

16  f&r  das  Sgyptische  kennen,  diese  450  Wurzelsilben  sind  die 
kaiente,  die  unveränderlichen  atome  der  spräche,  in  laute  unteilbar. 
Ml  dieselbe  silbe  bedeutet  je  nach  der  ausspräche  und  betonung^ 
■aduedenes.  so  bezeichnet,  wie  Max  MüUer  in  seinen  Vorlesungen 
üteih,  in  Cochinchina  die  silbe  ba  1)  eine  dame,  2)  ahn,  8)  forsten- 
Iwtling,  4)  was  von  einer  ausgepreszten  frudit  übrig  bleibt^ 
)irei,  6)  ohrfeigen,  unter  ba  ba  ba  ba  sollen  also  bei  richtiger 
Miprache  die  Cochinchinesen  verstehen:  drei -damen- ohrfeigten- 
kp  fitarstengttnstling.  aus  den  450  chinesischen  Wurzelsilben  wer- 
jpalao  durch  verschiedene  betonung  1263,  und  dann  durch  blosz 

Hehe  Zusammensetzung  42718  wOrter,   die  im  kaiserlichen 

wOrterbuche  verzeichnet  stehen,    so  nennt  der  Chinese  den  tag^ 

■B  söhn  der  sonne,    blosze  formw0rter  hat  er  gar  nicht,    wa 

eine  "Präposition  setzen:  'mit  einem  bakeP,  lateinisch  baoulo, 

der  Chinese:  'anwenden  stock'  y-cang.     die  Verschiedenheit 

wortclassen,  der  verba,  nomine  und  formwOrter  wird  von 

gar  nicht  gefühlt    wie  wir  zuftUig  unter  stolz  sowol  ein  subst» 

«a  adj.  verstehen :  'der  stolz  ist  keine  tugend',  *stoh  Heb  ich 

Spanier',  so  bedeutet  ly  chinesisch  sowol  pflügen  als  den 

ab  den  pflügenden  ochsen,  und  ägyptisch  anh  lu  leben,  daa 

und  lebend  oder  lebendig,    der  Chinese  hat  aber  die  syntak- 

e  rege] ,  dasz  das  subject  immer  dem  verbum ,  das  a^jectiv  im- 

seinem  Substantiv  vorangeht,     ngo  tk  ni  heiszt:   ich  schlage 

,  ni  ta  ngo  du  schlägst  mich,    ngo  und  ni  sind  aber  keineswegs 

mina.     für  ^ich  hören'  wird  mit  einem  appellativum  gesagt: 

bt hören'  oder  'dummkopf  hören',  oder  etwas  ebenso  höfliches. 

keiszt  also    ngo   adjectivisch  vor  jin   gestellt    'ein   sddechter 

b\  umgekehrt  jin  ngo   der  mensch   ist   schlecht.     t4  heiszt 

'  Max  Müllers  Vorlesungen  über  Sprachwissenschaft  sind  benatzt. 


426  Ueber  unsere  BchriftzeicheiL 


^grösze',   ^grosz'  und   'gro8z  sein,  schlagen';    ik  jin  ein 
mensch ,  jin  tä  der  mensch  ist  grosz. 

Eine  solche  verknöcherte  spräche  war,  sobald  das  yolk  ; 
wurde,  weil  der  anbau  von  getreide  und  reis  an  der  schölle  £ 
wol  auch  einer  bleibenden  Überlieferung  von  generation  % 
ration,  und  einer  erhaltung  durch  die  schrift  sehr  fthig,  i 
aiphabet  hätte  ihr  gepasst  wie  ein  rock  dem  äffen,  die  wun 
lieszen  sich  durch  bilder  malen,  z.  b.  \y  der  ochs  oder  der  p: 
zeichnete  zugleich  das  pflügen  und  pflügend,  kurz  alle  ersehe 
formen  des  begriffs,  aber  den  buchstaben  1  und  j  entspra 
bild  der  Wirklichkeit,  die  wurzeln  verwehrten  geradezu  e 
lösung  in  ihre  laute ,  weil  sie  bei  verschiedener  aoasprache  n 
denen  sinn  annahmen,  die  bilder  dagegen  genügten  dem  vi 
nis  und  waren  das  natürlichste  mittel  der  schrift.  keine  men 
erflndung  geht  aber  über  das  bedürfnis  hinaus.  —  Die  seh 
mit  ihr  die  bildung  ist  in  China  wie  in  Aegjpten  das  eigentv 
priesterkaste ,  der  mandarinen,  geblieben,  daher  kommt 
Veränderlichkeit  der  chinesischen  bildung.  die  mandarinen 
einzigen  Staatsbeamten,  über  den  unendlichen  schwierigkei 
in  der  bilderschrift  überlieferte  erst  einmal  zu  erlernen,  verl 
jede  lust ,  sie  auch  noch  zu  vermehren,  jeder  satz  in  einei 
sischen  buche  gibt  neue  räthsel  auf.  bis  zum  25n  jähre  c 
bücher  lesen  und  nachschreiben  zu  können  ist  dort  schon 
die  masse  des  volkes  übt  nur  die  mechanischen  thfitigkeitc 
erwerblichen  existenz,  soweit  sie  sich  in  der  familie  forterben 
930  V.  Chr.  geb.  ist  die  kunst  mit  geschnittenen  holzpls 
drucken  erfunden,  aber  seit  reichlich  2000  jähren  ist  die 
gegen  400  millionen  menschen ,  trotz  innerer  revolutionen 
selben  stufe  des  lebensgenusses  und  der  arbeit  stehen  geblie 
Ich  habe  beim  chinesischen  länger  verweilt,  weil  dasselbe 
besten  unterrichten  kann,  warum  die  menschen  auf  der  erst 
ihres  Sprachenlebens  nur  eine  bilderschrift,  aber  noch  kein  i 
erfinden  konnten ,  und  inwiefern  jenes  mittel  die  kttnste  sta 
lebens  zu  erhalten  wol  geeignet,  sie  zu  mehren  höchst  nnvolll 
ist.  unvollkommen  ist  es,  weil  es  ein  geheimbesitz  der  erfii 
käste  bleibt,  weil  es  dem  lernenden  die  ganze  lebenszeit  kos 
der  Überlieferung  erst  zu  bemächtigen,  weil  es  endlich  zum  a 
geistiger  begriffe,  denen  keinerlei  sinnliches  bild  entsprid 
nicht  eignet. 

Auf  der  nächst  hohem  stufe  des  Sprachenlebens  ste 
Turanier,  nomadische  vÖlker,  die  Tartaren,  Malayen, 
Türken  und  Ungarn,  ihre  sprachen  nennt  man  agglntinat 
leimende)  oder  endungssprachen ,  weil  sie  auszer  den  begr 
Wurzelsilben,  welche  unveränderlich  sind,  andere,  ihres  begr 
Sinnes  entkleidete,  blosze  deutesilben  anhängen,  um  die  wan 
des  dingwortes  und  Zeitwortes  zu  bezeichnen,  im  türkischei 
die  Wurzel  für  ^lieben';  daraus  werden  durch  blosze  anleimi 


Ueber  unsere  scbrlftzeichen.  427 

mdimgen  36  andere  Zeitwörter  abgeleitet  und  jedes  verbum  wird 
vieder  regelmäszig  auf  dieselbe  weise  conjngiert :  sev-er-im  ich  liebe, 
leT-er-sen  du  liebst,  sev-er  er  liebt,  sev-er-iz  wir  lieben,  sey-er-siz 
ihr  liebt ,  sev-er-ler  sie  lieben,     die  turanischen  sprachen  sind  alle 
Ton  sehr  durchsichtigem  sjstem,  aber  unter  einander  in  den  formen 
gewaltig  verschieden,   weil  während  des  nomadischen  lebens  die 
Aeatesilben  sich  rasch  abnutzten  und  jede  unverständlich  werdende 
form  durch  neue,  leichtere  anleimungen  wieder  ersetzt  wurde,    alle 
tannischen  vOlker  haben,  wenn  sie  endlich  zu  festeren  Wohnsitzen 
Ibergiengen ,  von  den  anwohnenden  Völkern  sich  deren  aiphabet  er- 
borgt, weil  aber  keine  Stetigkeit  der  erhaltung  oder  entwicklung 
i&  der  spräche  lag,  sind  ihnen  die  fruchte  der  bildung  fremd  ge- 
Uieben.  die  Türken  haben  nur  den  arabischen  koran.  Ungarn  allein 
idieint  sich  aufzuraffen. 

Ueber  die  turanische  stufe  haben  sich  auf  der  ganzen  erde  nur 
iwei  Völkerfamilien  zu  organischen   Sprachgebilden  erhoben:   die 
Arier  und  die  Semiten,  die  Arier  sind  die  Stammväter  der  Inder, 
Perser,  Kelten,  Römer,  Griechen,  Germanen  und  Slaven.   sie  mögen 
in  einer  urzeit   mit    den   Stammvätern   der    semitischen  Araber, 
Hebräer,  Phönizier  und  Assyrier  zusammen  gewohnt  haben,  nach- 
ker  durch  eine  grosze  kluft  staatlichen  lebens  von  ihnen  getrennt, 
kiben  sie  mit  verschiedenen  Wörtern  und  verschiedener  grammatik 
ihre  spräche  ausgebildet,    gemeinsam  haben  sie  dies ,  dasz  sie  mit 
den  Wurzelsilben  andere  an  sich  nicht  bedeutungslose  endungen  un- 
auflöslich derart  verbanden ,  dasz  die  bestandteile  der  neuen  Wörter 
ihre  Selbständigkeit  und  ihr  einzelleben  völlig  verloren ,  indem  die 
ieaen  Wörter  bis  zur  Unkenntlichkeit  sich  von  ihnen  entfernten,  im 
Müskrit,  der  spräche  der  alten  Indier,  erkennt  man  noch,  wie  die 
leelination  und  conjugation  aus  der  ansetzung  von  hinzeigenden 
wurzeln  an  die  begrifflichen  entstand,    da  ist  die  arische  wurzel  für 
-  Vieben';  sanskrit  da-dä-mi  geben  ich,  dadä-ti  geben  er  «>  griechisch 
rfi-dö-mi,  di-dö-si  =  lateinisch  do,  dat.  schon  im  lateinischen  ist  da 
FÜo  Verschmelzung  d6r  demente  ganz  unkenntlich ,  aber  der  form- 
iterschied  gewahrt,    ein  paar  beispiele  mögen  Ihnen  zeigen ,  dasz 
die  Wörter  selbst,  nicht  blosz  ihre  formen,  ein  früher  gemein- 
leben der  Indogermanen  noch  immer  bezeugen :  sanskrit  dama 
[aus)  ist  =  altpersisch  dema,  keltisch  daimh,  griechisch  döma, 
lisch  domus,  im  deutschen  aber  ist  das  wort  erst  zu  timber,  dann 
n  zimmer  geworden,     das   baus  der  Urväter  ist  uns  nur  noch  ein 
limmer.    der  bruder  ist  sanskrit  bbrätbii,  altpersisch  brätar,  latei- 
lich  frater,  slavisch  bratru,  gothiscb  bröthar,  althochdeutsch  bruo- 
dir.  als  die  Arier  in  seszhaftem  leben  die  ersten  künste  friedlicher 
j  «ütur  entwickelten,  wurde  ihrer  spräche  für  alle  zeiten  der  Stempel 
J^ehier  höheren  Vernunft  aufgeprägt,     obwol  ihre  grundwörter  auch 
'lilbenwurzeln  gewesen  waren,  reichlich  500  an  der  zahl,   wurden 
'fcch   aud    denselben    von    vorn    berein    die   verschiedenen  wort- 
■••Ussen,   die  noniina,   verba  und  formwörter  mit  so  innerlicher 


i 


418  Ueber  unsere  schriftzeichen. 

33. 

ÜBER  UNSERE  SCHRIFTZEICHEN. 
Vortrag,  gehalten  in  der  aula  des  kOnigl.  gymnasiums  zu  HanmL 


Geehrte  Versammlung !  das  fUr  den  heutigen  vortsrag  gewiUi» 
thema  klingt  möglichst  einfach:  jeder  von  uns  hat  in  den  kisd«^ 
Jahren  seine  abc-studien  in  der  schale  gemacht,  das  lesen  nd . 
schreiben  hält  jeder  von  uns  für  ebenso  einfach  wie  notwendig,  xai 
doch  wird  es  von  weit  mehr  als  der  halben  menschheit  noägir 
nicht  gelernt;  auch  hat  es  Jahrtausende  gekostet  diete  knnstn  er- 
finden, lehrbar  zu  machen  und  zu  verbreiten,  keine  erfindimg  iit 
humaner  und  folgenreicher  gewesen  als  diese,  lassen  Sie  mu  ilio 
das  wesen,  die  Ursprünge  und  die  stufenmftszige  entwiöUang  dir 
Schrift  mit  einander  betrachten,  vielleicht  dasz  sich  daraus  doeh  wt 
fallende  Schlüsse  ergeben,   denn 

Das  ists  ja,  was  den  menschen  sierety 
und  dazu  ward  ihm  der  verstand, 
dasz  er  im  innern  herzen  spüret, 
was  er  erschafft  mit  seiner  hand. 

Unsere  buchstabenschrift  ist  nicht  die  einzig  mögliche;  6t  gM 
auch  eine  bilderschrift,  ja  der  telegraphist  bedient  sidi  nur  dereB* 
fachsten  zeichen,   jede  schrift  ist  aber ,  um  es  kurz  zn  sagen,  sai 
art  von  spräche,    die  spräche  an  und  für  sich ,  das  sprechen  ist  to 
menschen  ebenso  angeboren,  wie  das  denken,  ist  das  merkmilseoMi 
göttlichen  Ursprungs,   kein  einzelner  mensch  hat  jemals  eine  spnek 
erfunden,    die  schriftzeichen  dagegen  beruhen  blosz  auf  Idne  sai 
übereinkommen,   für  jeden  einzelnen  gesprochenen  laut  aller  uMt 
ist  ein  gewisses  zeichen  festgesetzt  und  könnte  jeden  angenbliek  srf 
dem  wege  des  gesetzes  geändert  werden ,  wie  dergleichen  in  AtlNi 
und  Rom  mehrfach  geschehen  ist.   wenn  der  deutsche  xeichsiag,  ^ 
er  uns  nach  metern  und  litem  zu  messen  aufgegeben,  uns  auck  sin ' 
reichsschrift,  für  druck-  und  Schreibschrift  gleidbmSszig,  Torschris^ 
wie  vielen  orthographischen  wirren  könnte  dadaroh  ein  ziel  gssiUt 
werden !   denn  selbst  bei  uns  ist  die  alte  Heysesche  regel :  'sdmibi  ; 
wie  du  richtig  sprichst!'  keineswegs  sachgemäsz,  geschweige tai 
bei  den  romanischen  sprachen,    laute  und  bnchstaben  entspiectv 
sich  nicht  mehr,    um  die  Schwierigkeiten  der  hochdentschen  nd^ 
Schreibung  zu  übergehen,  wenn  wir  plattdeutsch  dat  IMher,  M  | 
w^dher,  fru  M611ersche  sprechen,  wir  wissen  nicht,  ob  dermiUkn  ^ 
consonant  besser  durch  ein  hochdeutsches  d,  t  oder  1  wiedenogshi 
sei,  blosz  weil  die  gehauchten  Zahnlaute  in  unser  hoöhdeulBshM 
aiphabet  gar  nicht  aufgenommen  sind,    es  gibt  eine  grosie  msigs 
von  Völkern  in  allen  Weltteilen  auszer  Europa,  welche  nodi  gv 
keine  schrift  und  kein  alpbabet  haben,    sie  sprechen  wol  eine  ndff 


lieber  unsere  schriftzeTclieiL  419 

1er  minder  grosze  anzahl  von  lauten  in  ihren  sftizen  aus ,  aber  sie 
iben  weder  von  der  anzahl  noch  von  der  beschaffenheit  derselben 
B  leises  bewnstsein.  die  Hawayi  im  groszen  oeean  sprechen,  wie 
Ax  Müller  erzählt,  das  englische  wort  steel  für  stahl,  indem  sie  es 
)  richtig  wie  möglich,  nachzusprechen  yersnchen,  kila  aus.  sie 
iterscheiden  nämlich  nicht  zwischen  k  und  t;  zwei  anlautende 
üBonanten  können  sie  nicht  hervorbringen,  und  jedem  anslanten- 
m  consonanten  lassen  sie  einen  vocal  nachklingen,  so  wird  aus 
eel  in  der  Hawayisprache  kila.  einige  australische  sprachen  haben 
nrnor  acht  consonanten,  wirrend  wir  Deutschen  doch  20  unter- 
beiden  und  die  alten  Indier  gar  39  hatten,  nach  dem  bau  der 
eiischlichen  Sprachwerkzeuge  hat  die  Wissenschaft  ungeflUir  80 
ote  als  möglich  herausgefunden;  jeder  von  diesen  erscheint  in 
g«nd  einer  spräche  der  weit,  aber  keine  lebende  spräche  articuliert 
leh  nur  die  hälfte  der  möglichen  laute. 

Jede  spräche  hat  also  ihre  besonderen  laute,  wenn  diese  durch 
)ereinkommen  festgestellt  ^ind,  so  dasz  geschriebene  buchstaben 
%  mittel  ihrer  darstellung  dienen ,  so  wird  die  gesamtheit  dieser 
ichstaben  aiphabet  genannt,  der  name  kommt  von  den  beiden 
«ten  buchstaben  der  griechischen  spräche  alpha  «»  a,  bdta  «>  b. 
gene  alphabete  oder  lautliche  schrifbzeichen  haben  wenige  nationen 
mer  den  europäischen,  in  Europa  gibt  es  eigentlidi  nur  vier 
phabete  nämlich  1)  das  türkisch -arabische  —  2)  das  griechisch- 
insche  —  3)  das  romanisch-lateinische  —  4)  das  deutsche,  diese 
ar  breiten  sich  jetzt  mit  unserer  cultur  und  unseren  colonisten 
Wr  die  ganze  erde  aus. 

Wenn  somit  die  lautschrifk  den  Vorzug  der  weltherschaft  vor- 
pr bilderschrift  voraus  hat,  den  des  ehrwt^igeren  alters  h%ti  die 
Irtere.  schon  vor  5000  jähren  schrieben  die  Aegypter  nnd  Chi- 
Mn  mit  wortbildem;  jedes  einzelne  wort  bezeichneten  sie. durch 
p  deutlich  erkennbares  bild.  die  kunst  solche  bilder  zu  schreiben 
pi  XU  lesen  wurde,  zwar  nicht  öffentlich,  gelehrt  nnd  gelernt,  nicht 
[aiittel  der  bildung,  sondern  als  geheime  Weisheit,  der  besitz  der 
war  eigentum  und  merkmal  einer  priesterkaste,  welche  ihre 
ft  gerade  dadurch  zu  erhalten  strebte  und  in  China  bis  heute 

iien  hat.    wenige  werden  unter  Ihnen  sdn,  welchen  es  nicht 
Ihaft  vorkömmt ,  alle  Wörter  durch  bilder  zu  bezeichnen ;  ich 

Ihnen  später  die  möglichkeit  aus  jenen  sprachen  zu  erklären 
BDcben,  nachdem  ich  vorher  die  Vorzüge  und  nachteile  einer  sol- 
■I  bilderschrift  kurz  angegeben  und  dann  ausgeführt  habe,  wie 
isre  lautschrift  aus  derselben  hervorgegangen  ist. 

li  Ursprünglich  ist  die  kunst,  seine  meinung  in  bildem  zu  sagen, 
Ipdlich  viel  einfacher  und  natürlicher,  als  die  kunst  mit  laut- 
en zu  schreiben,  noch  heutiges  tages  ziehen  wir  selbst  jene, 
(«B  nur  angeht,  unwillkürlich  vor.  jeder  gewerbsmann,  wenn  er, 
it  den  mund  zu  öffnen,  d.  h.  schriftlich  den  vorübergehenden 

27  • 


i 


420  Ueber  unsere  Bcbriflzeicheii. 

kund  thun  will:  *hier  wohnt  ein  bäcker,  ein  schuster',  «r  ^cWkt 
es  nicht  in  buchstaben  über  die  thür,  sondern  er  lÄsitsi^*** 
kringel,  einen  schuh  an  seine  thür  malen,  oder  setit  die  j^J^o^Qcte 
selbst  in  sein  Schaufenster,  wenn  einer  zerbrechliche  wub^^^  ^^ 
schickt,  er  klebt  nicht  einen  geschriebenen  befehl  auf  den  Icta: 
^seid  vorsichtig,  dasz  die  gläser  nicht  zerbrechen !%  sondern.  ^  ■>tt 
einfach  ein  glas  auf  den  kästen,  das  bild  des  glases  ist  daim.  cte» 
schaulichste  satz,  welcher  in  anbetracht  der  amstftnda  mofat  mt 
verstanden  werden  kann,  das  gefdhl  der  grQszem  an&ehbottU^ 
von  jeher  die  menschen ,  selbst  die  wilden  Indianer,  diin  g0A^^ 
ihre  gedanken  abwesenden  in  ermangelung  von  boten  dnrdi  '''''f  I 
zu  verkünden,  einen  sehr  hübschen  brief  der  art  kann  man  n  <^ 
tain  Marriats  ansiedlem  von  Canada  s.  238  finden,  soldbe  biU|^{ 
Schrift  ist  nicht  mit  den  rebussen  zu  verwechseln,  da  sie  begni] 
und  handlungen  darstellt,  während  die  rebnsse  in  der  gesmaifff^i 
Willkür  der  zusammengestellten  bilder  einen 
verstecken. 

Aber  so  einfach  und  natürlich,  wie  die  bilderschrift  i>t,  ]f^ 
könnte  wol  blind  sein  gegen  ihre  mSngel?   wenn  man  ein 
lesen  kann,  hat  man  damit  keinen  Schlüssel  zum  verstBadniii 
bilder,  ja  nicht  einmal  zum  Verständnis  desselben  bildes,  w€Bi< 
anderer  Umgebung,  in  veränderten  umständen  erscheint  eil 
z.  b.  am  fenster  eines  hauses  könnte  bedeuten:  ^faier  werden 
verkauft',  oder:  'hier  wird  wein  geschenkt',    so  viddeiiiagU! 
bild  schon  bei  der  darstellung  alltäglicher  handlungen,  wie 
mehr  noch,  wo  es  auf  die  form  des  satzes  ankonunt,  und  la 
der  bildung !    nehmen  wir  nur  einen  so  einfachen  sats  wie  *^ 
unser,  der  du  bist  im  himmel,  geheiligt  werde  dein  name!'  -* 
eher» Zeichenkünstler  würde  ihn  mit  bloszen  bildem  aUgemeiB 
ständlich  ausdrücken?    vollends  unmöglich  scheint  es,  die" 
form  der  Wörter,  wie  den  vocativ  *vater*,  den  imperatiT^werde*! 
verschiedene  art  der  Wörter,  das  pronomen  'unser*,  'der*,  Wi 
verbum  'heiligen'  usw.  bildlich  darzustellen,  während  wir 
buchstaben  ohne  mühe  schreiben,    wahrlich  es  ist  eine  komtt 
einer  so  kleinen  anzahl  von  lautzeichen  in  immer  neuen 
Setzungen  jegliches  wort  mit  seiner  form  wiederzugeben, 
endlich  viel  gröszere  kunst  als  die  ist,  mit  beweglichen  ktttf' 
drucken,   wenn  wir  den  erfinder  der  lautzeichen  aufspttren 
er  verdiente,  wie  Guttenberg,  eine  statue,  aber  nicht  von 
Sondern  von  gold  und  elfenbein. 

Wir  alle  haben  die  kunst  zu  schreiben  gelernt:  lassen  8m] 
einmal  fragen,  wem  hat  die  menschheit  diese  knnst 
verdankt?    in  unsern  schulen  gelernt  wird  sie  erst  seit  400, 
denn  die  deutsche  Volksschule  ist  nicht  älter  als  dr.  Haitim 
sie  ist  eine  errungenschaft  des  protestantismns.    die 
ihrerseits  haben  das  schreiben  von  den  mönchen  gelemt» 

dem  Groszen  die  fackel  des  christentmns  in  daa  dnakol 


Deber  uaeete  eehriftieiclien,  421 

nrwSlder  trugen.  JKne  möncbe  brachten  die  latei- 
die  rOmiscbe  spräche,  die  r(Jmi>jclii!n  bUcIitir.  aus  der 
icbsschrift  ist  allmShlich  durch  gewobnbeitsniäBEige 

entstellungen  (litt  deutsehe  entstanden,  sowol  dio 
-  «Is  die  achreih scbrift,  jene  mit  eckigen  Verzierungen, 
erer  form,  unser  deutsches  aiphabet  ist  auch  nach  der 
1  zahl,  ja  nach  den  naroen  der  buchetaben  dem  rOmi- 
ch.  ein  unterschied  zwischen  groszen  und  kleinen 
t  sich  erat  in  t,ebr  später  rSmisoher  zeit  gebildet, 
e  formen  der  kleinachrift  nur  geläufigere  nachahmucg 
er  uncialbuchataben.  —  Sowie  das  deutsche  alphabet 
»hereingeführt  i^t,  so  auch  das  römische,  die  Körner, 
ite  754  V.  Chr.  beginnt,  haben  ihre  buchstaben  von 
eben  Griechen  g«.'lemt.    nie  haben  statt  des  griecbi- 

fa  hinzugesetzt,  weggelassen  aber  das  8  (th),  weil  sie 
len  konnten,  dag  uj  (ü)  als  unnötig,  und  das  iji  (ps), 
nt.  die  lateinischen  buchstaben,  eine  gelUufigere  ab- 
riechiachen,  sind,  wie  wir  sie  lernen,  die  currenthand- 
en  Jahrhunderte  vor  Christi  geburt.  praktisch  war  es 
n,  daaz  sie  die  griechischen  buchstabennamen  alpha, 
delta  usw.  abkürzten  zu  a,  be,  ee,  de  usw.,  und  bei 
ionsonanten  be ,  i^e,  de  usw.  die  vocale  dahinter,  bei 
n  ef,  el,  em  u&w.  die  vocale  davor  setzten,  die  grie* 
tabennamen  wurcu  zwar  klangvoller,  eonst  aber  ihnen 
ledeutnngsloa ,  wie  die  vier  von  ihnen  neu  gebildeten 
lud  psi.  —  Jene  namen  aber  würden  noch  beute  es 
•m  die  Griechen  dus  alpbabet  erhalten  hatten ,  wenn 
tat  selber  erzählten,  die  buchstabenschrift,  erzäblen 
•tKadmos,  ein  phönizischer  königsaohn ,  etwa  IGOO 
las  gelehrt,  sie  nennen  sie  auch,  bevor  ihre  zahl  und 
neu  geregelt  nurJe,  die  phSnizisohe.  die  Hellenen 
I  form  der  pbCnizischcn  buchstaben  versckünert  und 
Herst,  ein  wirklich  vollätündiges  alpbabet  gemacht,  die 
lieh  rechneten,  wie  die  Semiten  Überhaupt,  die  vocala 
dttel  der  laute;  in  den  consonanten  schien  ihnen  daa 
n  kern  eines  Wortes  uuisehlossen;  den  saft,  der  die 
ifrisch  durchströmt'; ,  sahen  sie  als  selbstverständlich 
^ft  ühevQttssig  an.  so  hatten  z.  b.  die  consonanten 
riff  der  gerechtigkcit,  und  dieses  dingwort  las  man 

■  adjectiv  sein,  .so  las  man  zaddik,  verbum  zadak  ^ 
,  ad6m  hiesz  roth ,  adam  er  war  roth ,  nnd  ad&m  der 
Sieb  der  rotiie.  dies  a,  womit  die  letzten  drei  Wörter 
•  aber  nicht  etwa  ein  vocal,  sondern  es  entspricht 
iien  consonanten,   der  den  vocal  a  hinter  sich  hat. 

■  wort  fieng  mit  einem  vocal  an,  dagegen  ein  conso- 
k  ohne  einen  nachklingenden  vocal  gesprochen,  nnd 
Mann  immer  der  spräche  irgendwie  entspricht,  so 


422  üeber  unsere  Bchriftzeichen. 

enthielt  das  phönizisch  -  hebräische  aiphabet,  die  quelle  aller 
liehen  alphabete,  nur  consonanten,  22  an  der  zahL  ftr  jed 
ihnen  diente  ein  eigenes  zeichen  und  war  mit  einem  worte  de 
tischen  spräche  benannt ,  welches  eben  diesen  consonanten  z 
fange  hatte,  die  ersten  namen  derselben  sind  folgende:  1)  i 
rind  (nicht  der  vocal  a,  sondern  ein  hauchlaut,  den  die  Gi 
nicht  sprachen)  —  2)  böth  das  haus  —  3)  glmel  oder  gan 
kameel  —  4)  daleth  die  thür  usw.  die  griechen  haben  die 
imd  zeichen  behalten,  aber  an  die  stelle  der  Ton  ihnen ni< 
sprochenen  hauch  -  und  Zischlaute  ihre  vocale  eingesetzt  z.  b; 
an  die  stelle  von  alef  =s  alpha  den  yocal  a.  sie  waren  ei 
musikalisches  volk ,  auch  sie  lernten  zwar  die  consonanten  nj 
nachklingenden  vocal ,  d.  h.  buchstabierend ,  aber  die  Tocale  ^ 
als  allein  singbar,  bei  ihnen  den  mitlautem  gleichgeordnet,  w 
femer  die  semiten  mit  der  linken  band,  also  auch  von  recht 
links  schrieben,  haben  die  Griechen,  nachdem  sie  ihnen  an£BD| 
darin  gefolgt  waren,  nachher,  weil  sie  in  werk  und  spiel  nich 
sondern  rechts  waren,  den  gebrauch  eingeführt,  mit  der  i 
band ,  d.  h.  von  links  nach  rechts ,  mit  umgewendeten  bucbi 
köpfen,  zu  schreiben,  in  allen  diesen  neuerungen  sind  ihi 
litterarischen  nationen  der  weit  gefolgt. 

Auch  die  phönizischen  consonantenzeichen ,  wenn  ihre 
auch  je  nach  dem  anlaut  aus  dem  eigenen  wortvorrath  der  s 
yerstSndig  gewählt  sind,  bedürfen  noch  einer  erklAnmg  fi 
form,  die  nur  bei  sehr  wenigen  mit  ihrem  bilde  scheinbar  8 
zumal  da  sie  keineswegs  nach  einem  aus  der  sache  hergenon 
gründe  auf  einander  folgen,  das  semitische  alphabot  soll  sehe 
jähre  v.  Chr.  im  handelsgebrauch  gewesen  sein,  damals  war 
nähe  keine  andere  cultur  blühender  und  altehrwtlrdiger  i 
ägyptische,  der  ägyptische  kalender  datiert  schon  von  3282 
die  Aegypter  wurden  schon  durch  die  natur  ihres  landes,  eint 
derte  von  meilen  langen  marschstreifens  längs  dem  Nilstroi 
seine  regelmäszigen  Überschwemmungen  zu  ackerbaulichem 
zur  rechenkunst,  zur  beobachtung  der  gestime  und  strenge 
abteilung  gezwungen,  unzählige  denkmäler  sind  dort  nod 
mit  der  schrift  jener  fernen  Jahrhunderte  bedeckt,  die  6; 
haben  diese  schrift  hieroglyphen,  d.  h.  heilige  bilder^  genann 
sie  besonders  an  den  tempeln  und  von  einer  verschwiegenen  p 
k^ste  geübt  war.  die  ägyptischen  priester  gaben  jeden  gegi 
durch  sein  eigenes  einfarbiges  bild  wieder,  die  umrisse  dei 
bilder  wurden,  weil  sie  nur  zur  schrift  dienten,  niemals  durd 
verbessert,  sondern  im  streben  nach  bequemlichkeit  zu  d( 
verkümmert,  in  welcher  die  band  sie  mit  einem  zuge  malen 
es  war  natürlich  leicht,  gegenstände  wie  bäum,  löwe,  haus  zi 
nen  und  zu  lesen,  damit  auch  andere  Wörter  bezeichnet 
könnten,  half  man  sieb,  sinnreich  oder  nicht,  so,  daszjed* 
glyphe  die  Wörter  alle  mit  bedeutete ,  welche  dieselben  cons< 


lieber  unsere  schriftzeichen.  423 

thielten.  also  auch  sie  sahen,  wie  die  Phönizier,  die  yocale  nicht 
s  den  andern  lauten  gleichgeordnete  Sprachmittel  an.  das  bild  des 
irbes  köt  bedeutete  auch  kät  klugheit;  die  buchrolle  zömö  auch 
•m  m&chtig;  mund  hro  las  man  auch  haro  zu,  ehrai  gegen,  here 
ihen.  ob  man  nun  ^rnund'  oder  'zu'  oder  *gegen'  oder  'ruhen'  ver- 
»hen  sollte,  ergab  der  Zusammenhang.  685  ägyptische  wortbilber 
illen  wieder  aufgefunden  sein,  bei  anderen  Wörtern,  welche  weder 
orch  eine ,  noch  durch  mehrere  hierogljphen  in  einem  rahmen  sich 
ehreiben  lieszen,  namentlich  bei  den  eigennamen,  verfielen  die 
nriester  auf  die  auskunft,  jeden  consonanten  durch  ein  besonderes 
rortbild,  wovon  dann  blosz  der  anlaut  galt,  darzustellen,  alle  zu- 
lammen  aber  entweder  durch  einen  rahmen  oder  durch  ein  dahinter- 
foetztes  deutebild  eines  mannes,  flusses  usw.  als  6in  wort  zu  kenn- 
wichnen.  ja  man  ging  später  so  weit,  nur  den  ersten  anlautenden 
Bonsonanten  eines  wortes  durch  eine  bekannte  hieroglyphe  desselben 
mlauts  zu  schreiben  und  nun  ein  deutebild  daneben  zu  malen. 
dr.  Oppel  erzählt:  man  hatte  tempel  für  Sebek,  den  gott  der  ewig- 
beit  den  anfangslaut  seines  namens  'S'  konnte  unter  anderen  hiero- 
gljphen das  krokcdil  saki  bezeichnen,  man  legte  also  vor  dem  tem- 
pä  einen  umfriedigten  weiher  an  und  fütterte  hier  mit  göttlichen 
diren  ein  lebendes  krokodil  als  symbol  der  gottheit.  daraus  erkannte 
der  eingeweihte  den  dienst  des  Sebek ,  dessen  name  wie  der  des 
krokodils  saki  mit  s  begann,  darum  wurden,  beiläufig  gesagt,  nicht 
nch  alle  übrigen  krokodile  göttlich  verehrt ,  diese  tödtete  man ,  wo 
nd  wie  man  konnte,  dieselbe  bewandnis  hat  es  mit  der  Verehrung 
Inr  katzen  und  weiszen  stiere,  von  den  685  wortbildem  konnten 
Mein  a,  17  ein  d,  18  ein  s,  15  ein  k  bezeichnen;  unter  den  ver- 
loiiiedenen  a  und  b  muste  nach  bestimmten  lautregeln  gewählt  wer- 
ini.  mit  der  schrift  und  dem  lesen  begann  man  immer  da,  woher 
iid  köpfe  der  bilder  es  zeigten,  nachher  haben  die  köpfe  aller 
hibräischen,  griechischen,  lateinischen  und  deutschen  buchstaben 
buner  nach  der  seite  hingezeigt,  nach  welcher  gelesen  werden  soll; 
M  was  wir  die  dicken  m- striche  nennen,  sind  also  ursprünglich 
ie  Torderen  profillinien  irgend  welcher  thier-  oder  anderer  bilder 
Inresen.  aber  während  man  die  europäischen  sprachen  sämtlich 
nen  kann,  ohne  sie  zu  verstehen,  konnte  von  der  ägyptischen 
pnche  kein  fremder  ein  wort  lesen,  ohne  sie  zu  verstehen.  s 

i  Geehrte  Versammlung !  hoffentlich  ist  Ihnen  auch  der  geschieht- 
idie  Ursprung  unserer  alphabete  jetzt  klar  geworden,  die  Phönizier 
Did  Hebräer  sind  den  Aegyptern  eine  zeit  lang  unterworfen  ge- 
PBsen:  sie  lernten  das  Wunderland  der  pyramiden  auch  durch  den 
■ndel  kennen,  den  Aegyptern  haben  sie  die  kunst  abgelauscht, 
Ite  namen  mittelst  einer  reihe  von  wortbildem  zu  schreiben,  deren 
beze  anfangsconsonanten  gerechnet  wurden,  sie  haben  sich  diese 
msonantenbilder  als  kostbarste  handelsbeute  in  ihre  heimat  mit- 
IBommen  und  mit  einbeimischen  namen  benannt,  die  mit  dem  be- 
ißenden laute  begannen,     das   wesentlichst«  verdienst  ihrer  er- 


424  Uebcr  unsere  Bcliriftzeiclieii. 

ündung  besteht  nur  in  zweierlei,  1)  dasz  sie  die  kostbare  erfindm^ 
nicht  einer  priesterkaste  überlieszen,  und  2)  dasz  sie  nicht  melir  dai 
d  17  mal,  das  k  15  mal  verschieden  schrieben,  sondern  immet aä 
demselben  bilde,  und  darum  auch  sich  zur  strengen  regel  macbia, 
von  jedem  werte  jeden  consonanten  zu  schreiben,   die  oonaonani»- 
bilder  selbst  waren  von  den-Aegyptem  hergenommen,    bo  war  Jkf 
(das  rind)  die  cursive,  d.  h.  die  mit  laufender  hand,  ohne  abrasatMi 
umstrichene  form  eines  adlerbildes.   das  griechische  alpha  kehrt  doi 
köpf  desselben  um,  nach  rechts  hin,  und  maoht  aus  dem  niehtnekr 
verständlichen  gaumenlaut,  der  dem  a  yorausgieng,  einen  TOcaL  dii 
ausgestreckte  hand  mit  darüberragendem  daumen  wnrde  nun  brinii- 
schen  daleth,  griechisch  delta,  lateinisch  d ;  die  homechlange  smi  f; 
der  löwe  zum  1,  die  eule  zum  m,  die  Wellenlinie  zum  n^  dainodk 
immer  seines  Ursprungs  ähnlichkeit  bewahrt. 

Wir  wollen  das  facit  der  Untersuchung  ziehen,  nneere  adnift 
ist  nicht  von  einem  manne  erfunden,  sondern  von  TÖlkern.  db 
Aegypter  stellten  ihre  Wörter  durch  bilder  dar,  welche,  als  die  foiB 
ihrer  umrisse  geläufiger  wurde,  blosz  noch  den  anfongebnohstiÜMi 
des  gezeichneten  gegenständes  bedeuteten.  2)  ein  alphabei  toi 
ägyptischen  consonanten  haben  sich  die  Phönizier  angeeignet  Joi 
diese  mit  eigenen  Wörtern  benannt.  3)  unsere  vocabeioheii  wmi 
solche  consonanten ,  welche  die  Griechen  nicht  sprechen.  koBatei. 
4)  die  Griechen  haben  zuerst  ein  vollständiges  alpbabet,  auch  oft 
für  die  sangbaren  vocale ,  aufgestellt  und  die  schrift  rechtaltafig  gl- 
macht.  5)  das  griechische  aiphabet  haben  die  Boeaen  ein«i»BHi| 
andererseits  die  Römer  und  Deutschen  mit  immer  grösierer  ndga« 
zu  cursiver  bequemlichkeit  auf  ihre  sprachen  übertragen,  dil 
Aegypter  malten,  die  Phönizier  buchstabierten,  die  Griechen  8aiig«i 
die  Deutschen  lautieren,  wenn  ich  nun  noch  hinsaftige,  den  di» 
Türken  arabisch  schreiben,  so  sehen  Sie  wol,  dasz  alle  europlMchw  | 
Schriftarten  aus  dem  semitischen  Orient  gekommen  sind,  wie  di»  j 
sonne  aus  dem  osten  zu  uns  kommt,  so  sind  auch,  schon  lange TBf  ; 
der  Verkündigung  des  evangeliums ,  die  elemente  der  sehrift  nad  ; 
Wissenschaft  aus  dem  osten  uns  überliefert. 

Die  anfange  der  schrift  liegen  bei  jedem  yolke  anezerhalb  im 
bereichs  der  beglaubigten  geschichte.  dasz  aber  gerade  eine  nShmr 
folge  von  Völkern  in  der  Vervollkommnung  der  schrift  ftiniMiAir  att 
den  wogen  der  zeit  ablösen  muste ,  hat  seinen  vernünftigen  gnad. 
dasz  die  ägyptischen  priester,  nachdem  sie  jahrhnnderte  lang  wort*^ 
bilder  gelernt  und  geschrieben,  nicht  zu  lautzeiehen  übei]^BiagM^ 
erklärt  sich  einfach  aus  der  macht  einer  im  kostendunkel  gubaliW 
tradition.  aber  warum  begannen  die  Hebräer  und  Griechen  dN 
schreiben  sofort  mit  bloszen  lautzeichen?  die  antwort  ist:  vd  j 
diese  Völker  die  erfindung  einer  schrift  auf  ihre  spräche  ohne  tot* 
eben  fortschritt  gar  nicht  anwenden  konnten,  denn  dieiokrifliit 
ein  product  der  spräche;  sie  verhält  sich  zur  spräche  wie  dmhnar 
kröne  zum  stamm,   keine  eiche  trägt  palmenblätter. 


Ueber  uxiBere  schriftzeichen.  425 

Der  niedrigste  zustand  des  Sprachenlebens  ist  deijenige'  der 
pnumten  silben-  oder  Wurzelsprachen,  der  ursprüngliche 
«•eh  hat  in  lauter  silben  und  wurzeln  gesprochen,  und  wo  ein 
Ik  auf  der  weit  in  dem  zustande  Adams  und  Evas  sich  noch  be- 
idet,  thut  es  dies  noch  heute.  Ton  allen  Silbensprachen  haben  es 
BT  zwei ,  die  ägyptische  und  die  chinesische ,  zu  einer  litteratur  ge- 
Mhtf  besonders  die  letztere,  die  auch  besser  bekannt  ist.  in  der 
BBeaigchen  spräche  also  ist  jede  silbe  ein  begriff  für  sich,  eine 
bne  ihrer  eigenen  art,  und  kann  weder  durch  flexion  noch  durch 
mmmensetzung  einen  buchstaben  verlieren,  ohne  yOUig  abzu- 
nben:  schi  heiszt  zehn,  eul  beiszt  zwei,  während  wir  Deutschen 
18  zwei  zig,  goth.  tyai  tigjus,  das  neue  wort  zwanzig  gebildet 
iben,  kann  der  Chinese  nur  eul-schi  zusammensprechen,  wenn  er 
lanzig  meint,  wir  flectieren:  der  fremde,  plur.  die  fremden,  der 
hisese  sagt :  i  der  fremde ,  pei  die  classe ,  also  i-pei  die  fremden- 
eine formenlehre  gibt  es  im  chinesischen  gar  nicht,  die 
^rache  setzt  sich  aus  450  Wurzelsilben  zusammen,  wie  wir 
B5  filr  das  ägyptische  kennen,  diese  450  wurzelsüben  sind  die 
Inente,  die  unveränderlichen  atome  der  spräche,  in  laute  unteilbar. 
■1  dieselbe  silbe  bedeutet  je  nach  der  ausspräche  und  betonung 
ndiiedenes.  so  bezeichnet,  wie  Max  Müller  in  seinen  Vorlesungen 
■Heilt,  in  Cochinchina  die  silbe  ba  1)  eine  dame,  2)  ahn,  8)  fOrsten- 
fcwtling,  4)  was  von  einer  ausgepreszten  frudit  übrig  bleibt^ 
^drei,  6)  ohrfeigen,  unter  ba  ba  ba  ba  sollen  also  bei  richtiger 
l^nrache  die  Cochinchinesen  verstehen:  drei -damen- ohrfeigten- 
M  fBrstengttnstling.  aus  den  450  chinesischen  Wurzelsilben  wer- 
■laiio  durch  verschiedene  betonung  1263,  und  dann  durdi  blosz 
MerHche  Zusammensetzung  42718  wOrtcor,  die  im  kaiserlichen 
Mdwdrterbuche  verzeichnet  stehen,    so  nennt  der  Chinese  d«i  tag 

fe  «->  söhn  der  sonne,    blosze  formwOrter  hat  er  gar  nicht,    wo 
eine 'Präposition  setzen:  ^mit  einem  bakeP,  lateinisch  baoulo, 
der  Chinese:  ^anwenden  stock'  y-cang.     die  verschiedenheii 
wortclassen,  der  verba,  nomina  und  formwOrter  wird  von 
gar  nicht  gefühlt,    wie  wir  zufällig  unter  stolz  sowol  ein  subst» 
ein  adj.  verstehen :  Mer  stolz  ist  keine  tugend',  ^stolz  lieb  ich 
Spanier',  so  bedeutet  ly  chinesisch  sowol  pflügen  als  den 
ab  den  pflügenden  ochsen,  und  ägyptisch  anh  lu  leben,  das 
und  lebend  oder  lebendig,    der  Chinese  hat  aber  die  syntak- 
e  regel ,  dasz  das  subject  immer  dem  verbum ,  das  adjectiv  im- 
seinem  Substantiv  vorangeht,     ngo  iä  ni  heiszt:   ich  schlage 
,  ni  ta  ngo  du  schlägst  mich,    ngo  und  ni  sind  aber  keineswegs 
mina.     für  ^icb  hören'  wird  mit  einem  appellativum  gesagt: 
ht  hören'  oder  'dummkopf  hören',  oder  etwas  ebenso  höfliches, 
keiszt  also    ngo   adjectivisch  vor  jin   gestellt    'ein  schlechter 
h%  umgekehrt  jin  ngo   der  mensch   ist   schlecht.     t4  heiszt 

f   *  Max  Müllers  vorlesnngen  über  sprachwiBsenschaft  sind  benutzt. 


l 


426 


Ueber  unsere  schriftzeichen. 


^grösze',  ^grosz'  und  ^grosz  sein,  schlagen';    t&  jin  ein  groaur 
mensch ,  jin  tä  der  mensch  ist  grosz. 

Eine  solche  verknöcherte  spräche  war,  sobald  das  yolk  sanU 
wurde,  weil  der  anbaa  von  getreide  and  reis  an  der  BohoUe  fiMdiiillk 
wol  auch  einer  bleibenden  Überlieferung  von  generation  wn  gm 
ration,  und  einer  erhaltung  durch  die  schriftsehr  fthig,  abcrai 
aiphabet  hätte  ihr  gepasst  wie  ein  rock  dem  äffen«   die  wnnddhi 
lieszen  sich  durch  bilder  malen,  z.  b.  \y  der  ochs  oder  dar  pfliig  h- 
zeichnete  zugleich  das  pflügen  und  pflügend,  knn  alle  ereöhaiiiim^ 
formen  des  begriffis,  aber  den  buchstaben  1  nnd  j  entaprioli  Ui 
bild  der  Wirklichkeit,    die  wurzeln  verwehrten  geradem  eiiw  Mf 
lösung  in  ihre  laute,  weil  sie  bei  verschiedener  anaspradhe 
denen  sinn  annahmen,    die  bilder  dagegen  genügten  dem 
nis  und  waren  das  natürlichste  mittel  der  schrifb.  keine 
erfindung  geht  aber  über  das  bedürfnis  hinaus.  —  Die  ■obnftnl 
mit  ihr  die  bildung  ist  in  China  wie  in  Aegjpten  das  eigentnm  MT 
priesterkaste ,  der  mandarinen ,  geblieben,    daher  komint  die  ifr 
Veränderlichkeit  der  chinesischen  bildung.    die  mandarineii  aiad  ii 
einzigen  Staatsbeamten,    über  den  unendlichen  schwierigkeitanv'B 
in  der  bilderschrift  überlieferte  erst  einmal  zn  erlemeni 
jede  lust,  sie  auch  noch  zu  vermehren,   jeder  sati  in 
sischen  buche  gibt  neue  räthsel  auf.    bis  zum  26n  Jahrs 
bücher  lesen  imd  nachschreiben  zu  können  ist  dort  sohon 
die  masse  des  volkes  übt  nur  die  mechanischen  thüaigkeileii 
erwerblichen  ezistenz,  soweit  sie  sich  in  der  fandlie  forteben. 
930  v.  Chr.  geb.  ist  die  kunst  mit  geschnittenen  holiplatt» 
drucken  erfunden,  aber  seit  reichlich  2000  jähren  ist  die 
gegen  400  millionen  menschen ,  trotz  innerer  revolntioiien 
selben  stufe  des  lebensgenusses  und  der  arbeit  stehen  geUielMi* 
Ich  habe  beim  chinesischen  länger  verweilt,  weU  dasselbe 
besten  unterrichten  kann,  warum  die  menschen  anf  der 
ihres  Sprachenlebens  nur  eine  bilderschrift,  aber  noeh  kein  üji/ktUt-] 
«rfinden  konnten,  und  inwiefern  jenes  mittel  die  künale 
lebens  zu  erhalten  wol  geeignet,  sie  zu  mehren  hOchat  invtoOikmmf^ 
ist.   unvollkommen  ist  es,  weil  es  ein  geheimbeaits  der 
käste  bleibt,  weil  es  dem  lernenden  die  ganze  lebenszeit  koaWi 
der  Überlieferung  erst  zu  bemächtigen,  weil  es  endlich  lom 
geistiger  begriffe,  denen  keinerlei  sinnliches  bild  entqprieUi 
nicht  eignet. 

Auf  der  nächst  hohem  stufe  des  sprachenlebent  rtehi  fi* 
Turanier,  nomadische  Völker,  die  Tartaren,  ICalijen,  tat0» 
Türken  und  Ungarn,  ihre  sprachen  nennt  man  agglnfeinaim  (0* 
leimende)  oder  endungssprachen,  weil  sie  ausser  den  b^griflUtf 
Wurzelsilben,  welche  unveränderlich  sind,  andere,  ihres  begriflMki^ 
Sinnes  entkleidete,  blosze  deutesilben  anhängen,  um  die  waadlntü 
des  dingwortes  und  Zeitwortes  zu  bezeichnen,  im  türkisohenilktCT 
die  Wurzel  für  ^lieben';  daraus  werden  durch  blosze  i  aleimaag  toa 


Ueber  unsere  schriftzeichen.  4äl 

«■dangen  36  andere  Zeitwörter  abgeleitet  und  jedes  verbum  wird 
«jeder  regelmftszig  auf  dieselbe  weise  coi^'ogiert :  sey-er-im  ich  liebe, 
I0f-er-sen  du  liebst,  sev-er  er  liebt,  sey-er-iz  wir  lieben,  sey-er-siz 
ihr  liebt ,  sey-er-ler  sie  lieben,  'die  toranisohen  sprachen  sind  alle 
vm  sehr  dorchsichtigem  sjstem,  aber  unter  einander  in  den  formen 
gewilüg  yerschieden,  weil  während  des  nomadischen  lebens  die 
dntasilben  sich  rasch  abnutzten  und  jede  unyerständlich  werdende 
im  durch  neue,  leichtere  anleimungen  wieder  ersetzt  wurde«  alle 
toinischen  yölker  haben,  wenn  sie  endlich  zu  festeren  Wohnsitzen 
tbffgiengen ,  yon  den  anwohnenden  yölkem  sich  deren  aiphabet  er- 
hvgt,  weil  aber  keine  Stetigkeit  der  erhaltung  oder  entwicklung 
der  spräche  lag,  sind  ihnen  die  frflchte  der  bildung  fremd  ge- 
die  Türken  haben  nur  den  arabischen  koran.  Ungarn  allein 
«heint  sich  aufsurafifen. 

üeber  die  turamsche  stufe  haben  sich  auf  der  ganzen  erde  nur 
zwei  YÖlkerfamilien  zu  organischen  Sprachgebilden  erhoben:  die 
Arier  und  die  Semiten,  die  Arier  sind  die  stammyäter  der  Inder, 
Parier,  Kelten,  Römer,  Griechen,  Germanen  und  Slayen.  sie  mögen 
ii  einer  urzeit  mit  den  stammyätem  der  semitischen  Araber, 
Hstater,  Phönizier  und  Assyrier  zusammen  gewohnt  haben,  nach- 
her durch  eine  grosze  klufb  staatlichen  lebens  yon  ihnen  getrennt, 
haben  sie  mit  verschiedenen  Wörtern  und  yerschiedener  gnunmatik 
Ansprache  ausgebildet,  gemeinsam  haben  sie  dies,  dasz  sie  mit 
ien  Wurzelsilben  andere  an  sich  nicht  bedeutungslose  endungen  un- 
•aflOslich  derart  yerbanden,  dasz  die  bestandteüe  der  neuen  Wörter 
ftce  lelbst&ndigkeit  und  ihr  einzelleben  yöllig  yerloren,  indem  die 
Biaen  Wörter  bis  zur  Unkenntlichkeit  sich  yon  ihnen  entfernten,  im 
:iMikrit,  der  spräche  der  alten  Indier,  erkennt  man  noch,  wie  die 
^4idination  und  conjugation  aus  der  ansetzung  yon  hinzeigenden 

)hi  an  die  begrifflichen  entstand,  da  ist  die  arische  wurzel  Air 
l';  Sanskrit  da-d&-mi  geben  ich,  da-d&-ti  geben  er  ■■  griechisch 

-mi,  di-dö-si  «s  lateinisch  do,  dat.  schon  im  lateinischen  ist  da 

Verschmelzung  d6r  demente  ganz  unkenntlich,  aber  der  form« 
ied  gewahrt,    ein  paar  beispiele  mögen  Ihnen  zeigen,  dasz 

die  Wörter  selbst,  nicht  blosz  ihre  formen,  ein  früher  gemein- 
leben der  Indogermanen  noch  immer  bezeugen:  sanskritdama 

i)  ist  S9  altpersisch  dema,  keltisch  daimh,  griediiioh  döma, 
:h  domus,  im  deutschen  aber  ist  das  wort  erst  zu  ümber,  dann 
>i  Zimmer  geworden,  das  haus  der  uryäter  ist  uns  nur  noch  ein 
linimer.  der  bruder  ist  sanskrit  bbrätha,  altpersisch  br&tar,  latei- 
Üch  frater,  slavisch  bratru,  gotbisch  bröthar,  althochdeutsch  bruo- 
Itf.  als  die  Arier  in  seszhaftem  leben  die  ersten  künste  friedlicher 
Mtur  entwickelten,  wurde  ihrer  spräche  für  alle  Zeiten  der  Stempel 
l^r  höheren  Vernunft  aufgeprägt,  obwol  ihre  grundwörter  auch 
Iben wurzeln  gewesen  waren,  reichlich  500  an  der  zahl,  wurden 
ftb  aus  denselben  von  vorn  herein  die  Terschiedenen  wort- 
Imssen,   die  noniina,  verba  und  form  Wörter  mit  so  innerlicher 


i 


428  üeber  unsere  schriftzeichen. 

energie  und  biegsamkeit  unter  einander  verschieden  abgeleitet,  das 
sie  gegenseitig  formell  selbständig  dastanden ,  ohne  von  ihren  Stoff' 
liehen  elementen  abhängig  zu  sein  und  ohne,  wie  bei  den  AQg3rpten 
oder  Chinesen,  zugleich  den  gegenständ,  die  eigenschaft  und  £• 
thätigkeit  bezeichnen  zu  müssen,  oder,  wie  bei  den  nomadoi,  im 
einen  bestandteil  immerfort  durch  einen  andern  zu  ersetsen.  dienr 
war  aber,  wie  die  that,  so  das  gepräge  einer  geweckteren  ventmit 
denn  wie  unendlich  viel  begriffliche  Unterscheidung  hat  sich  in  jflM 
wortclassen  mit  ihrer  organischen  flezion  den  folgenden  geechM- 
tem  zu  bewustlosem  und  mühelosem  empfang  doch  M^on  il^ 
lagert!  —  Als  ein  volk  mit  solcher  spräche  durch  die  erfordenÜMi 
eines  ackerbaulichen  und  commerciellen  lebens  zur  erfindmig  is 
Schrift  veranlaszt  wurde,  konnte  es  unmöglich  mit  einer  bilder-  ml 
Silbenschrift  sich  begnügen  oder  auch  nur  fertig  werden,  die  «o* 
zelnen  Wurzelsilben  hatten  ja  gar  keine  selbständige  bedeafang 
mehr,  wenn  wir  die  Wörter  *sich',  ^sein',  ^selbst'  ansspreohen,  mr 
fühlt  es  noch ,  dasz  sie  von  derselben  hauptwurzel  aasgegangen  fliil 
und  nur  ihre  endungswurzeln  sich  ursprünglich  untersäiiedaii 
solche  Wörter  wären  im  chinesischen,  wie  im  türkischen  eine  reio0 
Unmöglichkeit,  sie  könnten  weder  durch  6in  bild ,  iiooh  dnroh  öi» 
Vereinigung  eines  wurzelbildes  mit  einem  endongs-  oder  dentcUU 
geschrieben  werden,  wir  zeigen  wol  durch  einen  schnh  noch  imBur, 
dasz  einer  schustert ,  aber  dasz  einer  geschustert  hat  oder  sehuten 
wird,  kann  das  bUd  des  schubs  uns  nicht  verdeutlichen,  fiesaboist 
In  den  indogermanischen  und  semitischen  s^Nrachen  von  anfwig  tt 
nicht  das  wortatom  gewesen,  da  haben  Sie  den  innerlichen,  iwingot- 
den  grund,  warum  die  fiectirenden  sprachen,  wo  auch  immer  sie  Ml 
zum  bedürfnis  der  schrift  sich  ausgelebt  hauen ,  sofort  in  den  Im* 
ten  der  wirklichen  wortatome  sich  bemächtigen  musten.  dadank 
gewannen  sie  statt  vieler  hunderte  von  bildem ,  die  sich  ihnen  dv> 
boten ,  die  wenigen ,  leicht  faszlichen  zeichen  eines  alphabets.  dN 
letzten  schritt  in  der  erfindung  des  heutigen  alphabets  haben  & 
arischen  Griechen  gethan;  ihnen- gebührt  die  ehre  dessen,  irowt 
jede  elementarschule  ihren  Unterricht  beginnt,  die  PhOnizier  hitlBi 
eigentlich  die  aus  Aegypten  geschmuggelte  waare  nur  handelsnlBV 
benutzt  und  verbreitet  und  mit  neuer  etikette  versehen,  die  Gli- 
chen brachten  mit  den  vocalen  erst  System  und  leben  in  die  saeke. 
sie  übten  die  schrift;  nicht  zum  zwecke  bloszer  tradition,  senden  dl 
allgemeines  mittel  der  menschlichen  bildung  und  Vernunft  vt 
hülfe  der  schrift,  der  eine  auf  den  ergebnissen  des  andern  fort* 
bauend,  haben  sie  alle  Wissenschaften  und  künste  erfänden,  nieU 
zu  kastenmäszigem  gebeimbesitz,  sondern  zu  öffentlichem  gemflt* 
gut.  jeder  trug  in  sich  gleiches  recht  zu  priesterlicher  wttrde. 

Von  dieser  zeit  an  gewinnt  das  aiphabet  seine  weltgesducttr 
liehe  mission.  es  wurde  den  Eömern  überliefert,  damit  diese  es  n- 
samt  den  geistigen  schätzen,  die  darauf  gebaut  waren,  in  der  gum 
damals  zugänglichen  weit  verbreiteten  und  der  religion  die  wege 


Ueber  unsere  schriffczeiclien.  429 

Wmten,  welche  ihren  jungem  befiehlt,  nicht  mehr  zu  herschen,  son- 
4vii  zu  dienen,  und  jedwedes,  das  sie  zmn  heile  dienlich  weiss,  alle 
MBschen  zu  lehren,  und  nun  strOmen  die  schätze  der  christlichen 
Udong  in  die  uralten  statten  heidnischer  macht  wieder  zurück,  all- 
ibonU  erscheinen  die  missionäre,  gesittung  und  aufklttrung  zu 
kiogen,  und  das  erste,  was  sie  die  beiden  lehren,  ist  gotte«  wort, 

tbibel,  in  der  landessprache  und  in  europftisoher  schrift  die 
doner  brittische  bibelgesellschaft  hatte  bis  1854'  schon  26  mil- 
Sonen  bibeln  in  177  Übersetzungen  und  150  sprachen  gedruckt,  mit 
wnchiedenen  alphabeten;  da  berief  1854  unser  landsmann  Bunsen 
«Bsn  congresz  der  hauptsächlichsten  missionsgesellschaften  nach 
Lo&don ,  auf  welchem  für  alle  ferneren  publicationen  von  dem  Ber- 
liaer  professor  Lepsius  ein  musteralphabet  für  alle  sprachen  der 
weit  mit  lateinischen  buchstaben  vorgelegt  wurde,  dieses  muster- 
alphabet ist  seitdem  In  Europa  zu  immer  allgemeinerer  geltimg  ge- 
kagt.  es  ist  anerkannt  als  eine  genügende  und  als  die  geeignetste 
fnmdlage  der  künftigen  weltschnft.  alle  sprachen,  welche  noch 
krine  andere  litteratur  haben,  werden ,  wie  man  hofft,  nie  einer  an- 
cbn  tchrift  sich  bedienen,  von  250  sprachen  der  weit  wurde  mehr 
ib  die  hälfte  vor  10  jähren  bereits  in  dem  Lepsiusscheu  aiphabet 
ftdroekt  und  gelesen;  jedes  folgende  jähr  hat  neue  eroberungen 
dMelben  gesehen,  es  ist  ein  ziel  der  menschlichen  entwicklung, 
te  Qinstmals  eine  religion  alle  menschen  verknüpfe,  viele  andere 
äaigungspuncte  müssen  dem  vorausgehen,  schon  bringen  im  dienste 
in  handeis  dampf  und  electricität  die  enden  der  weit  in  ungeahnte 
MBib;  es  wird  keine  ewigkeit  mehr  dauern,  dass  jemand,  wenn  er 
üaeqprache  lesen  gelernt  hat,  auch  alle  oder  die  meisten  anderen 
Ipnchen  zu  lesen  verstehen  wird. 

^  Die  ursprüngliche  erfiudung  der  schrift  hat  eigentlich  nichts 
iMiiles,  wie  Guttenbergs  erfindung  der  druckerei  oder  die  e&t- 
iidnmg  von  Amerika ,  oder  die  reformation.  sie  hat  noch  keinen 
lUter  anders  als  zu  dem  bekannten  räthsel  von  den  18  fremden 
|MiUen  und  ihren  5  dolmetschen!  begeistert*  während  ein  genie 
Hfc  eingeborener  geisteskraft  eine  arbeit  von  generationen  voraua- 
lat,  entstand  der  gebrauch  der  schrift,  weil  daa  schreiben  und  lesen 
pk  doch  gegenseitig  bedingt,  in  ganz  allmfthliöher,  langsamster  ver> 
Eiitang.  wenn  trotzdem,  dasz  etwas  geniales  nicht  nun  gründe 
P|t,  die  Wirkungen  der  schrift  heute  nicht  nur  die  weit  umge- 
lUten ,  sondern  jeden  einzelnen  auf  eine  höhere  stufe  der  vemunft 
kheben,  so  musz  sie  schon  aus  den  edelsten  vernunftrieben  ur- 
Irfinglich  hervorgeflossen  sein,  und  so  ist  es  in  der  that  dann 
MBU  zwar  der  wesentliche  unterschied  des  menschen  vom  thier  in 
iir  spräche  an  sich,  in  dem  vermögen ,  seine  Wahrnehmungen  selbst 
llMkffend  auf  andere  wesen  zu  übertragen  besteht,  so  bleibt  doch 
lies  vermögen,  ungereizt,  in  dem  niedrigen  kreise  sinnlicher  be- 


k  *  Lepsius  Standard  aiphabet  1863  ist  benutst. 


l 


430  Ueber  unsere  scliriftzeichen. 

dürfnisse.    der  wilde  hegt  keinen  gedanken,  kein  geftüil,  kana 
willen ,  der  in  die  ferne ,  der  in  die  zakunft  reichte,     seine  woii» 
richten  sich  nur  an  hörende,  das  gesprochene  wort  schellt  nnmittdl- 
bar  zum  freund  oder  feind  hinüber,    eine  zeichnong  von  bildem  ü 
schon  eine  künstlerische  regung,  sie  dient,  wie  dergesengdemokn^ 
so  dem  äuge ,  den  innerlichen  eindruck  der  dinge  gleichsem  wiedv 
fremd  und  gegenständlich  vorzustellen,  auf  dasz  der  geist  die  fi% 
heit  des  nachdenkens  darüber  gewinne,    daher  ist  audi  eine  scUft 
mit  wortbildem  nirgends  in  einem  yolke  geübt,  wo  niöht  ans  Mm 
Wohnsitzen  heraus  eine  mOglichkeit  besdbaulichen  lebens  sidi  mUr 
wickelt  hatte,    mit  dem  vemunfttriebe,  der  die  knnst  sa  leidiMi 
entdeckte,  verbindet  sich  nun  bei  der  schrift,  da  diese  wesenfliflh 
ftlr  andere  geschieht,  der  innerlichste  quell  des  mensehlicfaen  IbImh^ 
der  trieb  der  liebe,  die,  von  gott  in  unser  herz  gepflanzt,  jedei  i^ 
lebte,  erlernte,  gewollte  gleichgesinnten  mitzuteilen  dringt,  wlhivl 
aber  das  wort  in  grOszerer  entfemung  des  ortes  oder  der  seit  ragt 
hört  verhallt,  können  durch  die  schrift  auch  örtlich  entfernte  ft» 
empfindungen  tauschen,  zeitlich  entfernte  ihre  caltnr  den  koniMi' 
den  geschlechtem  übermitteln,     das  geschriebene  wort  spriolita 
allen  gegenden  und  Zeiten,   wichtig  ward  daher  die  knnst  des  kiM 
erst  da,  wo  das  ackerbauliche  leben  eines  volkes  nnter  mlcfatigM 
regenten  eine  geschichtliche  Überlieferung  hervorrief!    die  boik- 
staben  heiszen  lateinisch  litterae^  und  sehr  passend  verstehen  ^ 
lateiner  darunter  nicht  nur  die  demente  der  schrift,  sondendki' 
darin  niedergelegte  wissen,  die  gesamte  sprachlidie  bildong  uid 
litteratur.  —  Wenn  eine  litterarische  bildung  den  werdendoi  g^ 
schlechtem  zur  mitgift  angesammelt  wird ,  ^o  wirkt  diese  wiedcnn 
veredelnd  auf  alles  kommende  leben ,  erhaltend  und  schütwnd  tff 
die  spräche  selbst  zurück,   denn  die  schrift  ist  für  eine  spräche,  wii 
schon  vorher  gesagt  ist,  was  das  laubdach  für  den  bäum,  bietet  bA 
dem  bäumlein  kein  licht  und  luft  zur  entfaltung  seiner  krOBS,  ^ 
vergeht  es  schnell,  jede  spräche  lebt  sich,  wie  der  banm,'»11inlliM 
und  unaufhaltsam  aus ,  aber  je  mehr  sie  eine  classische  littendnr  6^ 
zeugt,  desto  kräftiger  widersteht  sie  dem  nagenden  lahne  der  mL 
wie  wenig  ist  unser  hochdeutsch  seit  Schiller  und  Lessing  yeribitetl 
dagegen  bei  den  wilden  Amerikas  ändert  sich  die  spräche  Cut  llf 
lieh,    ein  missionär  schreibt  über  ein  wüstenvolk  Südafirikaii  te 
der  schrift  und  der  schule  entbehrt:  *die  vereinzelten  dorfbewokiV 
sind  gezwungen ,  von  ihrem  geburtsdorfe  aus  die  wildnis  oft  *■ 
grosze  strecken  zu  durchziehen,  dann  begeben  sich  yftter  nnd  rntttt* 
und  alle,  welche  eine  last  tragen  können,  wochenlang  anf  dieniK 
und  lassen  ihre  kinder  von  einigen  schwachen  alten  beaafincUigek 
der  kleine  nachwuchs ,  von  dem  einige  zu  lallen  anfemgen ,  wtinrfld 
andere  gerade  einen  ganzen  satz  fertig  bringen,  nnd  die  nodhiUei* 
sich  herumbalgen  und  mit  einander  spielen ,  diese  einSftchen  UbIv 
der  natur  gewöhnen  sich  den  lieben  langen  tag  an  eine  selbst" 
erfundene  spräche,  die  beweglichen  mit  geläufigerer  snnge 


üeber  niiBere  Bchriftzeicheii.  431 

1  m  den  weniger  reifen  herab ,  und  so  geht  ans  diesem  kinder- 
lel  ein  dialekt  mit  einem  bunten  gemisch  von  Wörtern  nnd  phrasen 
rror,  die  regellos  an  einander  gelmüpft  werden,  nnd  nach  dem 
starben  einer  generation  ist  der  Charakter  der  spräche  total  ver- 
dert' 

Idi  habe  Ihnen  in  der  einleitnng  gesagt,  dass  die  heutige  be- 
aehtnng  uns  vielleicht  zu  auffallenden  wünschen  fahren  konnte; 
k  kann  es  mir  nicht  versagen,  deren  zwei  noch  aus  -dem  vertrag 

I  feigem:  der  erste  betrifR;  unsere  deutsche  druckschrift,  der  zweite 
schreib-  xmd  leseunterricht. 

Die  gebrüder  Orimm,  und  nach  ihnen  viele  gelehrte,  verlangten, 
solle  die  deutsche  druck-  und  Schreibschrift,  weil  sie  doch  nur 
ü  den  lateinischen  buchstaben  verderbt  sei,  ganz  wieder  verbannen 
■d  sich  durchaus  nur  der  letzteren ,  zumal  sie  runder  und  schöner 
Ann,  bedienen,  damit  hatten  sie  wol  recht  der  altnationalen 
neaschrift  gegenttber,  welche,  auf  buchenstftbe  (daher  buchstaben) 
IHdmitzt,  zu  priesterorakeln  gedient  hat,  die  aber  um  so  weniger 
«dient,  der  Vergessenheit  entrissen  zu  werden,  als  sie  audi  wol 
idits  weiter  ist  als  eine  entstellung  der  griechischen  buchstaben. 
kr  unser  jetziges  schriftsystem ,  da  es  von  einem  lebenden  volke 
i  tiglichem  gebrauche  geübt  war,  hatte  ein  recht  des  bestehens  wie 
ris  sndere  sitte.  vollends  war  es  unmotiviert,  die  logische  unter- 
Mdung  der  dingwOrter  von  den  übrigen  durch  grössere  schrift 
dider  ganz  zu  verbannen,  wenn  dennoch  die  lateinischen  lettem 
m  jähr  zu  jähr  im  deutschen  druck  an  herrschaft  gewinnen,  so  hat 
H  jetzt  seine  volle  berechtigung  aus  der  wahrscheinlichen  bestim- 
Wmg  der  lateinischen  schrift  zur  weltschrift.  unsere  deutsche  litte- 
hr  hat  mehr  als  jede  andere  einen  kosmopolitischen  beruf,  sie  ist 
knfen  und  verpflichtet ,  an  dem  gedankenverkehr  der  übrigen  völ- 
fer  beherschend  teilzunehmen,  das  deutsche  aiphabet  aber  ersdiwert 
In  fremden  das  lernen  unserer  spräche;  erschwert  es  doch  uns 
Ibst  in  der  elementarschule  das  erlernen  unserer  eigenen  spräche; 
jü  damit  komme  ich  auf  das  zweite: 

^  Man  möge  es  mir  als  lehrer  zu  gute  halten,  wenn  ich  schliesz«» 
1^  diese  pftdagogische  seite  der  frage  hervorhebe.  *wir  alle,  denen 
k  deutschen  schriftzeichen  lieb  sind,  wie  eine  traute  erinnemng  an 

II  eigene  kindheit,  wie  viele  mechanische  mühe  hfttten  wir  erspart, 
Im  wir  statt  der  deutschen  kleinen  und  grossen,  geschriebenen 
M  gedruckten,  und  der  lateinischen  kleinen  und  groszen  buch- 
Vben  nur  die  letzteren  hätten  lernen  dürfen ,  statt  sechs  alpbabete 
■r  zwei !  denn  für  das  kleine  kind  sind  wirklich  alle  jene  alpha- 
jls  verschieden ,  jede  mechanische  erleichterung  aber  ist  ihm  ein 
ibtiger  gewinn.  —  Man  bedenke  doch  nur,  dasz  das  kind  in  seiner 
lache,  also  in  seiner  Vernunft,  dieselben  schweren  stufen  der  ent- 
Iklung  durchläuft,  wie  die  menschheit  vor  ihm  in  Jahrtausenden 
kum  hat.  mit  dem  zustand,  worin  Adam  und  Eva  lebten,  beginnt 
lien  weg  seines  lebens.    in  unschuldsvoller  heiterkeit  träumt  es 


432  Ueber  unsere  sehriftzeichen. 

dahin,  das  heimatliche  zimmer  ist  sein  paradies,  der  weihnaehtsi 
bescheert  ihm  alle  thiere  in  friedlichem  verein,  bild  und  ding 
ihm  noch  gleich,  es  wundert  sich,  wenn  es  einen  lebenden  ] 
sieht,  dasz  er  die  beine  rührt,  nur  wo  sein  sinnliehes  bedit 
waltet,  da  erwacht  sein  begehren,  wo  es  befriedigt  ist,  seine 
erst  wenn  es  sich  der  yerschiedenheit  seiner  person  von  anderen 
wuszt  wird  und  'ich'  sagt,  gesellt  sich  der  eigenwille  und  bald  i 
die  Sünde  seiner  seele  zu.  es  spricht  in  endongeloBen  b^ 
Wörtern,  wie  die  Chinesen,  und  stellt  nur  das  subject  voran:  m 
gut!  zucker  süsz!  mama  geben  zuoker!  —  dann  folgt  einnoD 
sches  leben,  wo  der  familienvater  zum  herm  wird  nnd  swisc 
fremden  das  faustrecht  gilt,  zu  dem  bedürfiiis  der  nahnmg  tritt 
trieb  hinzu,  die  körperkraft  zu  üben,  sich  zu  recken  und  zn  stred 
über  die  natur  oder  über  schwächere  zu  heredien.  das  sind 
ersten  flegeljahre,  die  ohne  den  stock  gerechter  weise  kaum  vori 
gehen,  der  augenblick  regiert  die  kinder  auf  ihrer  toraniBehen  iti 
sie  fühlen  schon,  dasz  ihre  spräche  aus  flectierten  Wörtern  bell 
sie  gebrauchen  und  vergessen  endungen  und  ilexionen.  —  Aber 
wenn  das  seszhafte  leben  in  der  schule  beginnt,  ersohliesit  sidi 
herz  der  gewohnheit,  deutlich  und  richtig*  zu  sprechen,  in  d 
periode  tritt  dann  die  erfindung  des  lesens  und  scdireibena.  anoh  i 
fioU  noch ,.  wie  die  neuere  pädagogik  mit  recht  betont,  mit  bilc 
und  anschauungsmitteln  nicht  gekargt  werden;  blosz  meebutfi 
wissen  vergiszt  der  knabe  ebenso  leicht,  wie  der  nomade  seit« 
Wörter,  darum  sage  ich  auch ,  weg  aus  der  schule  mit  den  fl 
flüssigen  alphabeten !  noth'wendig  ist  nur  das  lateinisöhOi  das  s 
auf  der  ganzen  weit  gebraucht  wird,  das  lernen  überfiflssigarzek 
ist  ein  hemmschuh  für  eine  gesunde  Übung  der  kraft,  hierin  \ 
zu  leicht  an  der  kindlichen  seele  gesündigt,  und  nur  zu  oft  der  gi 
zu  derjenigen  flüchtigkeit  gelegt,  welche  das  hauptleiden  um 
Schüler  ist.  —  Das  deutsche  volk  hat  in  maasz  und  gewidik 
zeichen  der  übrigen  weit  angenommen,  warum  sollte  es  nidit  a 
wenn  wir  es  auch  kaum  erleben  werden,  auf  gesetzgeberisehemu 
eine  einfachere  schrift  und  eine  gleiche  rechtscbreibung  einf&l 
können?  geehrte  Versammlung!  nicht  alle  Wünsche,  dk  i 
hegen  darf,  sind  erfüllbar,  möge  mir  aber  der  wünsch  erfttUt  B 
dasz  Ihnen  der  behandelte  gegenständ  teilnähme  eingeflOszt. 
Husum.  P.  D.  Gh.  Hsmnies 


0.  Schneider:  Isokrates  ausgewählte  reden.  438 


34. 

'ES  AUSGEWÄHLTE  REDEN.   FÜR  DEN  SCHULOEBRAÜOH  BR- 

ciT  VON  DR.  Otto  Schneider,  Professor  emerit.  am 
NASivM  zu  Gotha,  erstes  bandohen.  Demonious,  Eua- 
AS,  Areopaoiticus.  zweite  AUFLAGE.  Leipzig,  B.  G.  Teubner. 
.  VI  u.  117  8.  8. 

3  in  zweiter  aufläge  vorliegende  erste  bändchen  Isokniteisoher 
ftt  ref.  in  erster  aufläge  wiederholt  und  öfter  in  der  secunda 
igen  gymnasii  gelesen,  wie  der  herausgeber  im  Torworte 
btig  bemerkt,  so  ist  diese  bearbeitung  in  doppelter  hinsieht 
nlausgabe;  einmal,  weil  sie  bestimmt  ist,  dem  scholzwecke 
m ,  sodann  weil  sie  unmittelbar  eine  frucht  der  schule  ist. 
iden  seiten  hin  ist  denn  diese  bearbeitung  eine  vortreffliche 
en.  nur  darf  man  nicht  vergessen  und  übersehen,  dasz  diese 
m  leuchtendes  muster  von  tiefen  kenntnissen  in  der  griechi- 
»rache,  von  allseitiger  gründlicher  belesenheit  in  den  alten 
a,  einen  reichen  schätz  von  feinen  bemerkungen  bietet,  die 
enmerk  anderer  tüchtiger  gelehrten  in  der  weise  auf  sich 
8z  wir,  z.  b.  in  der  trefflichen  bearbeitung  Demosthenischer 
on  Behdantz ,  vielfache  Verweisungen  auf  unser  vorliegendes 
iden. 

le  besondere  zierde  des  buches,  durch  die  es  sich  vor  andern 
sgaben  auszeichnet,  besteht  darin,  dasz  0.  Schneider  auf  aus- 
lete  leistungen  im  gebiete  der  philologie  hinwies;  er  glaubt, 
t  unbestrittenem  rechte,  so  seine  ausgäbe  nicht  bloss  ftlr 
nere  schüler,  sondern  auch  für  angehende  lehrer  brauchbar 
t  zu  haben. 

nken  wir  also  dem  herausgeber  für  seine  treffliche  bearbei- 
md  wünschen  wir,  dasz  das  buch  in  weitester  Verbreitung 
sn  stifte ,  den  es  zu  bringen  durchaus  mächtig  ist«  der  tezt 
wenigen  ausnahmen,  der  von  Baiter  und  Sauppe. 

snn  ref.  einige  bemerkungen  folgen  läszt,  um  nicht  gaas 
kuic  vom  herausgeber  zu  scheiden,  von  denen  vielleioht  die 
er  die  andere  berücksichtigung  verdient,  so  sollten  di^ 
ich  nur  ein  kleines  zeugnis  davon  ablegen,  dasz  er  sich. schon 
e  seiner  Schulzeit  unausgesetzt  mit  Isokrates  und  den  andern 
ichen  Schriftstellern  der  dekado  beschäftigt  hat.  den  anstosz 
rorzugung  gerade  dieser  Schriftsteller  gab  wiederum  Rost, 
i  uns  den  Panegyricus  in  der  trefflichsten,  gewinnreichsten 

IB. 

1 1 ,  4 :  TOCOUTiu  —  öcov  Vgl.  uoch  Isokr.  8,  47  tocoüt({i  — 
«ivoi  ^€v  —  f)|Li€ic  be.  für  TOcoöTOv  —  öcovirep  vgl.  12, 121 
•V  ßeXTiouc,  ocovTTep  biev^T»^oiev ;  8,  47,  Plut.  Pompej.  77 
Ihf  —  öcov  Ol  ^^v  —  Ol  hi. 

■k.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abl.  1875.  hH.  9.  28 


i 


434  0.  Schneider:  Isokrates  ausgewählte  reden. 

1,  11:  beiTMa,  Aeschin.  ep.  12,  4,  Plut.  Nik.  29,  Pompcg.  36, 
Luk.  Skjth.  7,  und  in  dem  bekannten  schol.  toO  oIkou  b€CT|xa  1K|H- 
(p^pujv. 

1,  10:  T^V€i,  vgl.  auch  Plut.  de  his  qui  sero  (Wyttenl).  HI) 
12 :  Y^V€i  [xi\  oubfcv  AlciüTTtjj  TrpocrJKUJV,  An*.  2,  16,  4. 

1,  13:  Ta  TTpoc  Touc  Oeouc,  ganz  so  2,  20,  noch  treffender  ftr 
den  sinn  der  stelle  Demosth.  3, 26  rd  bk  irpöc  TOuc  Oeoik  €iciEfik\ 
Isokr.  11,  15. 

1,  19:  diraTT^^^^cOai ,  vgl.  ^iribciicvucdai  Is.  9,  4,  XeiulCeB. 
2,  1,  21  (Kühn)  =  denuntiare,  Piderit  zu  Cic.  de  or.  1,  §  103. 

1,  29 :  KOivrj,  lies  Is.  10, 40;  zudem  vgl.  noch  fELr  den  gedaskn 
Plut.  Oth.  13  KOivfiv  f)  TuxTi  irap^xo^ca  teuTf|v  irficiv,  L78.or.  2,10 

Xdc  iv  TUJ  TToX^jLltjJ  TliXOC  KOlvdC  VCfltZcVTCC. 

1,  36:  ßeßaiOT^pav,  Aeschin.  2,  173  -rtiv  btiMCKporiav  ßepotoc 
f Xeiv,  Plut.  Philop.  5  Tfjv  TTÖXiv  ix^iv  ßeßaiÖTcpov,  Ib.  6, 87;  16, J8. 

1,  37:  KttTacTaGetc,  Is.  2,  4;  8,  50,  zu  KaTdcraac  3,  55. 

1,  43:  TT€Trpu)|Li^vr],  die  jedem  zugeteilte  ^otpa;  daro  vgl  19,29. 

1,  44:  TTpaTMOcreiac,  2,  18  stehen  sich  gegenüber  iproda- 
•npaTMareia. 

1,  48:  ekÖTUJC,  lies  15,  136. 

1,  46:  elXiKpiveic,  Xen.  Cyr.  2,  4,  29  Twv  bwoTurrdTunftfi 
7rpo0ij^u)v. 

1,  49:  Sttou,  vgl.  5,  120,  140,  142. 

1,  50:  dTT(,  T^jLivdZiecOai  2,  35,  bibdcKCiv  Aescb.  3, 18. 

1,  52:  dTTiKpareiv  c.  acc.  ist  eine  sehr  seltene  constmotioii. 

Zu  9,  1:  dTTiqpepo^^vujV ,  treffend  19,  33,  Mfttzner  ad  Aoüpk* 
s.  240,  Aesch.  1,  40.  3,  77,  Caes,  6,  19. 

ILiouciKf),  vgl.  Lotholz  zu  Bas.  s.  80;  Thuk.  5,  16,  6. 

9,2:  €1  t(c  dcTiv,  vgl.  Mätzner  ad  Lyk.  s.  305  und  treisi* 
die  ähnliche  ausein andersetzung  bei  Tacitus  Agr.  46 :  *8i  qw  pf' 
rum  manibus  locus ,  si ,  ut  sapientibus  placet  non  cnm  corpore  tf* 
stinguntur  magnae  animae'  usw. ;  überhaupt  ist  diese  stelle  flir  ^ 
ersten  paragraphen  des  Euagoras  sehr  zur  vergleiehnsg  geeigaA 
so  z.  b.  'nosque,  tuam  domum,  ab  infirmo  desiderio  et  mnliihn^ 
lamentis  ad  contemplationem  virtutum  tuamm  voces'  usw.;  A^ 
Apol.  c.  32. 

AeiTTcvT'  oiibejLiiav  —  UTTcpßoXriv,  Luk.  Ikar.  7  koI  |iiib6|ilw 
ToTc  fiXXoic  UTTepßoXfjv  diroXifiirdveiv. 

irepi  —  bieXGeiv,  Aesch.  1,  157  bieSi^vm  ircpi  ti&v  trouitu^ 

9,  10:  oub€v6c,  lies  5,  27.   der  gedanke  ähnlich  2,  48  und 49» 

Tfl  XÖ€i,  vgl.  15,  94,  133. 

9,  14:  aux)Liu»v,  siccitates,  Caes. 

9,  18:  bir|V€TK6V,  biaqp^peiv  im  lobenden  sinne,  Plat.  ApcL 
c.  23. 

9,  21:  TiTveiai,  Plut.  Pyrrh.  1,  4  dx  bt  xfic  4>e{aCTivovim 
OuTar^pec,  Stob.  fior.  I  s.  176  (Meineke)  o{Stoc  ö  ßui|iAc  ircpläfiä- 


0.  Schneider:  Isokrates  aasgewählte  reden.  435 

>v  TÖv  KQipöv,  ^v  Jj  TÖ  xocjLia  cuv^ßt]  T€v&6ai,  XiOivoc  TiTveiai, 
je  h*  übpicfi^vTic  irpoOccjniac  Trap€X6oua)C,  xP^^^oc  öpärm. 

\ii\lovwc  f|  kqt'  ävOpujTrov,  Plat.  Apol.  c.  5,  Jusün.  24,  8 
yenem  supra  hnmanum  modum  insignis  polchritadinis. 

(prj^ac,  treffend  Xen.  Hipp.  9,  9  (oi  Geol)  irdvra  Icaci  Ka\ 
Docrj^aivouci  iL  &v  dO^Xuici  xai  iv  kpoic  Kai  iv  oiuivotc  xal  £v 
fJMatc  Kai  iv  öveipaci,  Cjrop.  8,  7,  3,  Mem.  1,  1,  3,  Luk.  Ikar.26. 

9,  22 :  TTiXiKOUTOic,  lies  ep.  8,  9. 

xdXXoc  xai  ^|Lir]v  xal  cuicppocuvtiv ,  in  anderer  folge  stehen 
eee  snbst.  in  der  näheren  erklärung;  vgl.  4,  52;  15,  276;  Plat. 
Bmetr.  1. 

9,  30:  dv  dccpaXeia,  vgl.  7,7  und  9;  8,  90;  9,  69;  12,  233 
id  Xen.  Hier.  2,  10  iv  äcqpaX€i(jt  xaGicrdvau 

TauTiic  Tf]c  vuKTÖc,  wie  Ovid.  trist.  I  3:  cum  snbit  illins 
isiissima  noctis  imago. 

bieXidv,  Thuk.  4,  110  -rfiv  iruXiBa  bii^pouv. 

9,  31 :  Ti  bei  X^TOVta  biaipißciv;  6,  104;  3,  63  ri  bei  ^cncpo- 
»T€iv;  Ae'sch.  3,  141  ti  bei  rä  nXeiu)  X^f^iv; 

9,  32:  Ktti  ^övoc  —  Kttl  fiei',  so  7,  75,  ep.  9,  4. 

9,  33  f. :  gedanke  Justin.  37,  1 :  ut  non  sui  tantum  temporis, 
mun  etiam  superioris  aetatis  omnes  reges  maiestate  superaverit. 

9,  39:  jLiTibfev  uTrocT€iXd^€vov,  Plat.  Apol.  c.  10  oöre  ^iya 
Ire  c^iKpöv  dTTOKpuipd|Lievoc  tiü)  Xifw  oöb'  i^irocTeiXdfievoc, 
at  Tit.  19,  2,  moral.  (Wjttenb.)  I  s.  229  TrofißricidZecdai  Kai 
jbiv  UTTOCT^XXecOai,  Aesch.  2,  70,  Demosth.  4,  51;  ttbrigens  vgL 
Bnote  Jacobs  Attika  XXVII  1. 

9,  39:  dTußßdv€uC€V,  lies  Kühn  ad  Xen.  comm.  1,  1,  18. 

9,  40:  XÖTUJV  euperrjc:  red^ttnstler.  yergl.  Aesch.  1,  166; 
173,  200,  215. 

9,  42:  Kp.  TTGieicOai  Trepi,  auch  2,  18. 

9,  44 :  ToG  irpocduTTOU,  der  herausgeber  citiert  jetzt  noch  Menke 
Lnkian  Timon  s.  147.  ich  weisz  nicht,  ob  dort  folgende  stellen 
km  angefahrt  sind :  Luk.  Ikar.  23,  30,  Xen.  Cyr.  1,  3,  9,  Plat. 
».  (Wyttenb.)  I  s.  802. 

9,  47:  Tpiripeic  £vauTniTif)caTO,  vgl.  Sommerbrodt  zu  Luk. 
IT.  21  und  Aesch.  2,  173,  174:  T61X0C  olKobo^efv,  veuicoiKOUC 
b5o^€iv. 

9,  51 :  TToXu  Sv  fpTOV  €Tri,  dafttr  15,  11  etri  b*  öv  oö  ^iKp6v 
|0V.  —  fjXOov  oiKrjCüVTec,  Arr.  An.  1, 26, 4:  dirl  oIkicjliüj  dgf]X9ov. 

9,  52:  TToXXd  KaiiupGuJKiJüC,  Flut.  Timol.  22  KttTiupGou  jiiaXXov 
»oral.  III  s.  986. 

9,  53:  ouK  eqpGacav  —  xai,  auch  17,  23. 

9,  56:  TTdXiv  dv^Xaße,  Xen.  Cjr.  4,  6,  7,  Plat.  crit.  c.  16  ivf^e, 
ftoc  7T€pi  TiXeiovoc  TToioö,  jLir|Te  dXXo  \xr\bkv  irpö  toO  biKaiou, 
kr.  4,  74. 

9,  57 :  ßaciXeuc,  Isokr.  9,  20,  64;  8,  68  ßaciXeüc  6  jii^ac,  Plat. 
iL  c.  32  ö  |Li€Tac  ßaciXeuc,  Xen.  Ages.  1,  6  ßaciXeuc  ö  TTepcuiv, 

28* 


i 


436  0.  Schneider:  Isokrates  ausgewählte  reden. 

Aesoh.  3,  132,  163  6  Tuiv  TTepcdiv  ßociXeuc,  Arr.  An.  1, 9,  2  |i^ 
ßaciXeuc. 

9,  58 :  irix  tö  ßaciXciov  diriCTdc,  so  Xen.  Cjr.  2,  3,  22  ^neibiv 
KaTacTujfiev  M  töv  bpöfiov. 

9,  59:  dK  —  TrpatMäTUüv,  es  ist  also  nichl  nötig  mit  Wolf 
öpfiTiGevTOC  hinzuzusetzen  nach  analogie  von  8,  116;  reList  gut 
der  ansieht  Schneiders;  für  Wolf  könnte  sprechen  7,  7  Aoac€bai)i6- 
vioi  re  tö  ^^v  iraXaiöv  dK  cpauXujv  Kai  TaTreiv<Xiv  iröXeuiv  6p|U|- 
O^VTCC  —  Kardcxov.  —  xaid  fiixpöv,  negativ  schon  11,  31. 

9,  64:  Tf|V  T^p  TTÖXiv  -^  clXe,  Justin.  25, 4,  Ptolemaeam  tdeo 
strenuum  et  manu  fortem  fuisse  tradunt,  ut  nrbem  Corcjnun  com 
sexaginta  ceperit. 

9,  65:  ol  ji^v  Tdp  elXov,  C.  N.  Epam.  5  namqoe  ille  (Agi* 
memnon)  cum  universa  Graecia  vix  decem  annis  nnam  cepit  urbeOt 
ego  contra  ex  una  urbe  nostra  dieque  uno  totam  Ghraeciain  libenvi* 

9,  69 :  diTiCTricuj  Tf)V  bidvoiav,  das  gegenteil  steht  6, 8  dnocri)- 
cai  Tfiv  bidvoiav  tujv  dxofievurv. 

9,  71 :  Ti  Tdp  diT^XiTrev  eubaifiovioc;  vielleicht  eine  nofolÜNr 
die  kraft  der  rhetorischen  frage. 

9,  72:  cöiraibiac  xal  iroXimaibiac,  wir:  viele  und  gute  kmd«r, 
anschauung  des  Griechen? 

Geöc  Iv  dvGpuuTTOic,  ein  gott  in  menschengestalt. 

9,  73 :  f)ToO|Liai  usw.,  gedanke  wie  15,  7 ;  2,  36. 

TOTC  TCXVlKlüC  f  XO^Cl,  2,  44  TOIV  GÖTU)  T€XVIKU>C  Tr€Troiftfi^v»v. 

9,  74:  im  toic  fpTOic  qpiXoTijiioujLi^VGUc ,  Mfttiner  ad  Lji 
243,  316,  Xen.  Mem.  2,  6,  11  (Kühn). 

9,  77:  qpiXocoqplav ,  vielleicht  so:  zu  s.  8  mit  bezog  aof  dtf 
weiter  unten  folgende  usw.  • 

X^Y^iv  Kai  Tipdireiv,  wie  auch  5,  13;  15,  132:   vgL  ep.  9,8 

7TpdTT€lV  f|  XeT€lV. 

9,  80:  7Tapo£uv€iv,  fehlt  wol  die  construction  mit  diri,  wie^ 
3,  4;  6,  12;  mit  dem  dat.  Lyk.  87. 

7,  4:  dvbeiaic,  auch  schon  2,  33  a\  ydp  ^erptÖTfirec  fifiUov 
dv  Tak  dvbeiaic  f|  raic  öirepßoXaic  fveiciv. 

7,  5 :  ibc  dm  TÖ  ttgXu,  schon  2,  34. 

7,  10:  Güeiv,  so  Plat.  Alkib.  I  121«  ßaciXdwc  TeWeXiofa*» 
Guei  Kai  dopidZei  f]  'Acia,  Luk.  Gall.  9,  21,  26. 

7,  11 :  dvbpöc,  treffend  Aeschin.  ep.  11, 10  icn  hk  Kol  ndXctfC 
Kai  dvbpöc  €Ö  q)povoOvTOC  fpTov,  Isokr.  15,  250  t#|v  iröXiv  —  *•* 
bk  (pp6\r\c\v  dvbpöc. 

biaXiTTÖVT6c,  Aesch.  3,  220  el  fif)  cuv€X(£>c,  dXXd  biaXchnUV* 

7, 12:  bi€CKapiq)T]cd|Li69a  xai  bieXucajLicv :  vgl.  BehdantiD0>^ 
Olynth.  II  9. 

oubdva  xpovov,  Caes.  7,  24  ne  quod  omnino  tempiis  is^ 
mitteretur  ab  opere. 

7,  16:  dv  T^vofievTiv,  genügt  die  blosze  verweismigaiif  S^** 

TÖV  bfjjLiov  KOTaTatiwv,  opp.  Aesch.  1,  173;  2,  174. 


0.  Schneider:  IsokrateB  ansge^HUilte  reden.  487 

7, 17:  irap*  Ik6vtu)v  tujv  'QX^ivujv  Tf|v  f|T€iLiov{av  fXaßov, 
az  80  8,  30  irap*  ^kövtujv  toiv  'QXrjvuiv  T#iv  fiTCfioviav  4X6- 

ifACV. 

7,  20:  4£ouciav  toC  ttouTv,  aber  3,  46  Xaßdiv  b*  iSoudav, 
CT€  TTOuiv  6,  Ti  Sv  ßouXuifiai. 

7,  25:  ^Tibev  beojLi^vouc,  lies:  tragen. 

7,  29 :  äpx€c9ai,  hier  mit  dem  be^ff  des  heiligen,  anfangs,  der 
eihe,  Buttmann  Lexil.  I  26  (Xen.  Cyr.  1,5,  14:  drrö  OeSv  6p- 
k0at). 

7,  32:  TOIV  oiKuiV  Tüüv  )Li£T<SiXujv ,  8,  88  Touc  oTkouc  toOc 

^iCTOUC 

7,  32:  TOUC  bk  KttT*  djLiTTopiav  dKir^^irovrec,  TOtc  5*  de  xdc 
iXac  dpTaciac  dq)op|Lif)v  irap^xovTCC:  vergl.  die  Shnliche  stelle 
irk.  57  TToic  tap  Ol)  beivöv  touc  jifev  dirl  £|üiTrop(av  dirobrvioOvTac 
i€iib€iv  inX  Tf|v  Tfic  TTÖXeuic  ßorjöeiav,  toOtov  bi  ^övov  —  Kai 
tT*  ^pxaciav  dKTrXeiv,  Mätzner  übersetzt:  dasz  dieser  allein  gar 
Hü  erwerb  ausschiffte;  Is.  17, 4.  zu  bemerken  ist  der  regelmSszige 
•brauch  der  verben  der  äuszeren  bewegung  mit  4k  componiert» 

7, 33 :  buoiv  Gdiepov  irdGoiev,  f|  —  fj  *wo  dagegen  ein  verbum 
nzntritt,  pflegt  ein  neuer  satz  mit  f\  ydp  —  fi  zn  feigen',  dazu 
ll.  Plat.  Apol.  c.  32  buoTv  Tdp  9dT€p6v  4cti  tö  TeGvdvai-  fi 
«P— ^. 

7,  36:  Td  irpöc  cqpdc  auTOÜc,  s.  zu  §  31, 

7,  41 :  dOeXiiceiv,  im  wechselnden  sinne  Xen.  Cyr.  8,  7,  26. 

7,  60:  7rX€0ve£iaic  —  IcÖTTiTac,  4,  17  icojLioipf)cai  —  TrXeo- 
Sac. 

7,  60:  Tdc  icÖT.  kqI  Tdc  6^0 lÖT.,  Aeschin.  3,  83  Icoc  Kai 

KNOC. 

7,  78:  ö^oiac  Kai  irapaTrXiiciac  (Entz  ad  SalL  Cat.  14,  4), 
HS.  5,  16,  Isokr.  15,  192,  Demosth.  3,  27. 
7,  81 :  eic  toOto  Td  TrpdTM-i  Aeschin.  3,  82,  Demosth.  3,  9. 

Zum  index. 

bibövai  7,  64;  biacKapi(päc9ai  7,  12;  KordcTacic  1,  37;  7,23. 
kfOdvui  —  Kai  9,  53.  —  Die  äuszere  ausstattong  des  baohes  T€r^ 
Mt  volles  lob. 

Sondershausen.  Gottlob  Habticann« 


35. 

BER  DIE  FÜNFZEHNTE  VERSAMMLUNG  MITTELRHEINI- 
BBER  GYMNASIALLEHRER    IN   HEIDELBERG    UND   DIE 

SCHÜLFRAGE. 


'  Bas  (^esetz  über  das  unterrichtswesen  steht  vor  der  thür,  ei  ist 
l^b  pflicht  des  lehrerstandes  seine  arteile  und  wünsche  aotsn- 
^hen.     in  diesem  gefühle  hatte   die   15e  Tersammlung  mittelriieini- 


l 


438  Ueber  die  löe  Versammlung  mittelrh.  gymnasiallefarer  in  Heidelberg. 

scher  gymnasiallehrer,   welche  am  pfiogstdienstag  in  Heidelberg  abge- 
halten ist,  folgende  thesen  zur  debatte  gestellt: 

1)  das  gymnasium  hat  in  jeder  classe  der  mathematik  nnd  den  Bat8^ 
Wissenschaften  zusammen  6  stunden  wöchentlich  in  iriduMii 
welche  von  fachlehrem  in  methodischer  weise  aossonatien  nni 
bei  erfüllung  dieser  forderungen  erscheint  dasselbe  ala  die  beiti 
vorbereitungsanstalt  für  jede  art  von  wissenschaftlichen  stadiei* 
2]  für  höhere  bildungszwecke  ist  neben  dem  gymnasium  ein  driBfW* 
des  bedürfnis  die  sechsclassige  lateinlose  realschnle  mit  der  b^ 
rechtigung,  ihren  abiturienten  ein  zeugnis  ffir  den  eiiyihngci 
militärdienst  auszustellen. 

3)  wirkliche  einführung  in  das  römische  altertnm  und  genfigeod« 
Verständnis  der  schwierigeren  lateinischen  selraliärifUteller 
(Virgil   und   Livius    eingeschlossen]   können   ohne   kenntnis  toi 

friechischer  spräche  und  litteratur  nicht  erreicht  werden,  ei  M 
ies  einer  von  den  gründen,  weshalb  die  realschulen  I  ordimg 
oder  realgymnasien  zu  den  ihrem  lateinischen  nnterricht  in  in 
oberen  classen  gesteckten  zielen  nicht  zu  gelangen  YermSgea. 

4)  wenn  in  einem  gymnasium  in  folge  von  biforcation  oder  Ol 
anderem  gründe  ein  teil  der  schüler  vom  gpiechischen  dlspendert 
ist,  so  werden  hierdurch  der  lateinische,  der  dentsohe  und  dir 
geschichtliche  Unterricht  schwer  geschädigt. 

5)  der  Vorschlag,  den  fremdsprachlichen  Unterricht  im  gymauini 
mit  dem  französischen  zu  beginnen  und  das  lateinische  ent  !■ 
einer  mittleren  classe  folgen  zu  lassen,  ist  zurücktaweiies.  fii* 
für  diese  änderung  geltend  geroachten  vorteile  sind  snm  teil  sii- 
gebildet,  teils  stehen  sie  in  keinem  Verhältnis  zu  der  sieheici^ 
starken  Schädigung  des  classischen  Unterrichts. 

6)  im  Interesse  gröszerer  Vertrautheit  mit  dem  altertnme,  beütfcr 
einsieht  in  die  grundlagen  unserer  bildung,  der  weckong  vd 
Stärkung  idealen  sinns  erscheint  ein  starkes  betonen  dei  griaeU- 
schen  Unterrichts  am  gymnasium  im  allgemeinen  geboten,  ii^ 
besondere  wäre  eine  Vermehrung  der  griechischen  stunden  isefc 
an  preusziscben  gymnasien  wünschenswerth;  jedenfalls  vb^ 
42  wöchentliche  stunden  in  allen  classen  zusammengenoBM 
das  geringste  masz,  mit  welchem  man  die  notwendigen  siele  dei 
griechischen  Unterrichts  erreichen  kann. 

Die  Versammlung  versprach  von  bedeutung  zu  werden,  die  obenUi 
Schulbehörden  von  Baden,  Württemberg,  Baiem,  Hesaen •  Darmitodti 
Rheinprovinz,  Elsasz-Lothringen  waren  vertreten,  dazu  zahlreiehe  diiw* 
toren  und  lehrer  ans  diesen  gegenden  und  Hessen- Nassau,  andi  dii 
königreich  Sachsen  war  vertreten  darch  Eckstein  aus  Leipzig,  der  !■* 
fällig  in  Heidelberg  war.  endlich  beteiligten  sich  einige  profeewH 
der  Universitäten  Würzburg,  Straszburg  und  Heidelberg,  die  foraelli 
leitung  der  Verhandlungen  durch  herrn  director  Uhlig  (Heidelberg)  vtf 
vorzüglich  —  kurz  der  günstigen  bedingungen  waren  viele:  aber  dtiaoA 
sind  die  Verhandlungen  eigentlich  resultatlos  geblieben,  das  lag  H* 
teil  an  der  fassung  der  thesen.  sie  waren  zu  vorsichtig,  nm  UBiwti- 
deutig  zu  sein,  these  3  verurteilt  das  realgymnasinm  und  these  t  e^ 
wirft  den  plan  zu  einer  reformierten  realschule.  aber  es  ist  das  nin| 
klar  ausgesprochen  und  auch  in  der  debatte  lehnte  der  referent,  Gesu* 
aus  Frankfurt,  diesen  gedanken  ab.  man  liesz  deshalb  these  %  tsdj 
fallen  und  damit  auch  die  abstimmung  über  die  eigentlich  breoseve 
frage,  indem  man  nur  das  verlangen  nach  mittelschulen  ansipeA 
welche  ihre  abiturienten  mit  dem  militärzeugnis  entlassen.  hteiM 
wurde  von  einigen  das  bedenken  geäuszert,  dasz  durch  err^tsig 
solcher  mittelschulen  die  allgemeine  bildung  der  geschäftlichen  beb* 
herabgedrückt  werden  könne,  im  gegenteil,  sie  wird  gehoben  weiÄ**» 
was  nützt  es  denn,  unsägliche  mühe  an  die  demente  der  alten  spite^ 


[Jebar  die  16e  Tersammlung  mittelrh.  gymnasiallehrer  in  Heidelberg.  439 

iSTorwenden,  nm  da  abzubrechen,  wo  diese  arbeit  erst  eben  anfängt 
rteht  natsbar  zu  werden  ?  die  geistige  schalong  ist  nieht  aosichlieszlich 
u  dts  latein  gebunden,  über  diesen  tum  gnten  teil  nutzlosen  be- 
■ikangen  wird  viel  wichtiges  und  wesentliches  Yersttumt.  in  der  ge- 
Mkiehte,  der  geographie,  im  deutschen  sind  unsere  tertianer  und  seenn- 
daaer  stümper.  eine  gute  mittelschule  mit  einer  neueren  spräche  wird 
tiie  weit  bessere  allgemeine  bildung  gewähren  als  es  die  mittleren 
dsiMo  der  gymnasien  vermögen,  strebsame  und  wohlhabende  schftler 
Verden  dann  nach  der  mittelschule  auf  einer  fachschule  fremde  sprachen, 
ipeeielle  gebiete  der  geographie,  der  geschichte,  der  naturwissenschaf- 
tez  ziw.  betreiben,  die  ihr  beruf  fordert,  die  andern  thesen  1.  4.  6.  6 
dtd  angenommen,  freilich  mit  einigen  änderungen,  die  aber  den  sinn 
siekt  wesentlich  berühren,  am  lebhaftesten  war  die  Übereinstimmung 
btt  these  5,  welche  die  Ostendorfschen  vorschlage  verwirft,  die  debatte 
bichte  hierbei  bemerkenswerthe  mitteilungen  über  ältere  plane  ähn- 
Üflher  art.  sonst  ist  oft  mit  kleinen  majoritäten  oder  doch  nicht  mit 
te  gefühl  abgestimmt,  dasz  alle,  welche  gleich  stimmten,  nun  auch 
wiriüich  einig  wären  in  der  praktischen  erledigung  der  frage,  gelegent- 
Beb  warf  Eckstein  die  frage  auf,  ob  das  griechische  dem  latein  in 
iir  Stundenzahl  gleichzustellen  oder  gar  vor  demselben  zu  bevorzugen 
nl  Eckstein  hat  seine  stärke  bekanntlich  ganz  vorzugsweise  im  latei- 
luelieD,  deshalb  ist  es  ein  zeichen  der  zeit,  dasz  gerade  von  ihm  diese 
bderong  zur  erwägung  gestellt  wurde,  femer  wurde  von  zwei  selten 
rfse  beschränkung  der  lateinischen  stunden  empfohlen,  reichsschulrath 
Btnmeister  empfahl  die  einrichtung  von  Elsasz- Lothringen:  8  statt 
iOitnnden.  es  habe  sich  gezeigt,  dasz  8  stunden  genügten,  über  diese 
viehtigen  dinge  ist  man  hinweggegangen  und  redete  hin  und  wieder 
fter  gmndsätze  und  methoden.  das  ist  der  hauptgrund,  weshalb  die 
rtiismmlung  resultatlos  verlief,  die  thesen  konnten  sich  schärfer  fassen 
■Men,  aber  die  discussion  muste  sich  auf  klarstellnng  des  Sinnes  be- 
lArinken,  alsbald  hätte  man  mit  namensaufruf  abstimmen  sollen,  wer 
B 10  oft  und  so  lebhaft  besprochenen  dingen  noch  keine  überzeugeog 
{•vonnen  hat,  auf  den  kommt  es  nicht  an.  gewis  sind  solche  ver- 
iMmluogen  zunächst  dazu  da,  meinungen  in  der  debatte  auszutauschen 
Hli  zu  vertheidigen,  aber  jetzt  muste  denjenigen  männem,  welche 
tMB&chst  über  das  Unterrichtswesen  beschlieszen  sollen,  ein  beitrag 
(iKefert  werden  zur  beurteilung  der  Stimmung  der  lehrerweit  über  die 
Mügsten  schulfragen,  die  so  mannigfaltig  zusammengesetzte  Heidel- 
MiVer  Versammlung  war  dazu  besonders  geeignet,  noeh  besser  aber 
tfie  et,  wenn  von  den  leitenden  behörden  frag^bogen  an  die  einzelnen 
Malten  geschickt  würden  mit  doppelfragen  —  so  dasz  dann  die  lehrer 
Ui  mit  ihrer  Unterschrift  für  die  eine  oder  andere  seite  ansiosprechen 
iNea.  oder  so,  dasz  angegeben  würde,  von  so  viel  lehrem  der  anstalt 
Itoiten  so  viel   für  diese,  so  viel  für  die  entgegengesetzte  ansieht. 

t würde  dadurch  ein  verhältnismässig  dentliches  bild  von  den  mei- 
m  der  lehrerweit  über  das  latein  in  der  realsehule,  den  lateinischen 
Mbats,  die  erhöhnng  der  griechischen  stunden,  die  Verwandlung  der 
tea  in  eine  elementarclasse  usw.  erhalten,  gewis  können  diese  mei- 
te|^n  nicht  entscheidend  sein,  das  wird  am  wenigsten  ein  lehrer  for- 
Im  —  das  urteil  der  fachleute  ist  ?on  zu  vielen  dingen  beeinfluszt  — , 
W  wichtig  wäre  es  doch  das  urteil  zu  vernehmen. 

Zum  Schlüsse  sei  es  dem  ref.  gestattet,  hier  einige  sachliche  be- 
iHkiiDgen  anzuknüpfen  und  zwar  zunächst  über  die  schrift  von  E.  Lsas 
pnasium  und  realsehule.  sie  hat  das  grosze  verdienst  mit  nachdruck 
Mit  zu  haben,  dasz  es  notwendig  ist  den  risz  zu  beseitigen,  der  durch 
Ire  bilduDg  geht  und  in  dem  gegensatz  von  gjmnasium  und  reel- 
le seineu  ausdruck  findet,  der  gebildete  musz  fähig  sein,  die  ent- 
duDg  seines  volkes  auf  allen  gebieten  mit  Verständnis  zu  begleiten. 
lalb  darf  auch  die  schule,   so  weit  sie  nieht  fachschule  ist,  keinen 


[ 


440  Ueber  die  16e  Versammlung  mittelrh.  gymnasiallehrer  in  Heödelbeig. 

andern  unterschied   kennen   als   den  der  höheren  und  niederen  ttnfe. 
die  Volksschule  bildet  die  knaben,   welche  schon  mit  dem  14n  jabre  in 
das   leben   übergehen,    die    mittelschule    behält  sie  bis  migeflhr  sm 
16n  jähre  und  entläszt  ihre  abiturienten  mit  dem  'schein',    «nf  faeh* 
schulen  mancherlei  art  können  dann  beide  kateg^rieen   ihre   bildoy 
vervollständigen,    die  höchste  stufe  ist  das  gymnasinm,  nntenehiite 
nicht  nar  durch  den  um  3  jähre  längeren  cnrsne,  sondern  vor  iHm 
durch  die  einrichiung  seines  lehrplans.    hier  allein  wird  grieehiMfc  wA 
lateinisch  gelehrt,  aber  auch  keiner  soll  diese  humanietische  STOiidlagt 
entbehren,  der  diese  längste  zeit  auf  seine  allgemeine  aosbiidirnff  w- 
wenden  kann,     das  gymnasium  musz  deshalb  alle  diejenigen  rorkeai^ 
nisse  geben,  welche  notwendig  sind,  um  den  Unterricht  an  den  n^ 
schiedenartigen  faehschulen  und  vor  allem  den  Vorlesungen  der  uifi^ 
sität  zu  folgen,    das  gymnasium  leistet  das  jetst  nicht  in  ffenfigeadir 
weise,    es  hat  noch  zu  viel  von  einer  philologischen  faehechnle,  Lsas 
hat  einige  änderungen  im  lehrplan  vorgeschlagen,  die  ee  dun  aihr 
befähigen  sollen,     diese  vorschlage  sind  wohldurchdacht  nnd-  praktiiQk 
durchführbar,  doch  bedarf  es,  glaube  ich  auch  noch  einiger  andw» 
vor  allem  der  folgenden: 

1)  die  sexta  musz  elementarclasse  werden,  der  lateinUehe  uti^ 
rieht  erst  in  quinta  begannen,  die  schüler  der  oberen  claasen  leigci 
oft  ganz  überraschende  lücken  in  sehr  elementaren  dingen,  arge  w* 
wechslungen  von  Vorstellungen,  die  bei  dem  elementamnterricht  gelliif 
gemacht  werden  müssen,  der  grund  davon  liegt  darin,  dats  die  haifl' 
kraft  der  schüler  schon  von  dem  lateinischen  in  anspmch  genonHi 
wird,  ehe  die  elementaren  kenntnisse  und  fertigkeiten  befestigt  sind,  h 
verdrängt  dann  eine  Vorstellung  die  andere,  es  vrärd  nur  eingekn^ 
was  eingeübt  werden  sollte,  und  schon  von  quinta  an  hören  die^lsfü 
der  lehrer  nicht  auf  über  lücken  an  der  und  an  jener  stelle,  ein  gismr 
teil  der  schüler  musz  dann  in  quinta,  quarta  und  tertia  die  dopptlftt 
zeit  sitzen  und  der  cursus  der  gymnasien  dauert  gewis  für  die  «Uftt 
nicht  9  sondern  10  jähre,  für  manche  aber  11  und  12.  nnd  was  hsbM 
denn  die  meisten  abiturienten  an  wirklich  festem  besitz  von  dem  gii^ 
chischen  und  lateinischen?  es  ist  herzlich  wenig,  man  darf  beaserai 
erfolg  hoffen,  wenn  eines  nach  dem  andern  gelernt  wird,  die  wüli, 
welche  in  sexta  hierdurch  frei  wird,  ist  der  sagengeschichte,  der  ■stl^ 
geschichte,  vor  allem  aber  dem  deutschen  zuzuwenden,  wird  das  lateii 
ganz  abgeschafft,  so  sind  6  stunden  nötig,  will  man  Termitteln  wA 
4  stunden  latein  lassen,  um  die  ersten  anfange  zu  überwinden,  so  gt- 
nügen  4  stunden  deutsch,  das  lesebuch  masz  in  sexta  ein  ksopt- 
bildungsmittel  sein,  die  begebenheiten  und  gegenstände  der  natu,  ms 
groszen  Schicksale  und  die  beiden  der  Völker  macht  es  dem  kaibti 
bekannt,  vor  allem  aber  wird  das  Sprachgefühl  gebildet  nnd  das  fi^ 
stäudnis  der  regeln  vorbereitet,  die  der  knabe  später  lernt,  deshalb  mam 
viel,  recht  viel  gelesen  und  wieder  erzählt  werden.  Yor  allem  aberoMi 
dem  knaben  zeit  und  kraft  gelassen  werden,  alles  dies  wirklich  fai  M 
aufzunehmen,  und  sie  fehlt  ihm,  wenn  er  das  ganze  pensam  dessoti- 
Spiesz  verarbeiten  soll. 

Jetzt  hat  das  deutsche  in  sexta  2  oder  3  stunden  wöchentlid  wA 
in    diesen    stunden  wird    grammatik    getrieben   mit   rttcksicht  aaf  te^ 
latein,   dann  Orthographie  und  interpunctionslehre,    dann  mfissea  M-*   * 
dichte  gelernt  werden  —  was  bleibt  da  noch  an  zeit  für  das  lesebaMt 

Wird  durch  solche  änderung  etwa  heimlicher  weise  die  azt  an  £s 
humanistische  grundlage  des  gymnasiums  gelegt?  gewis  nicht.  W 
fähig  ist  zum  studieren,  der  musz  griechisch  und  lateinisch  inSjahna 
lernen  können,  wer  das  nicht  kann,  der  ist  eben  nicht  fUhig  aui  sfei- 
dieren.  und  wie  ganz  anders  lernen  die  jungen,  die  in  den  eleisatsa 
sicher  sind?  jeder  weisz  es,  der  in  quinta  oder' quarta  schüler 
einer  gpiten  Volksschule  erhielt. 


Erklärung.  441 

t)  die  zweite  fordemng  ist:  in  den  oberen  classen  ist  die  prodaction, 
K  »ind  die  sogenannten  freien  arbeiten  zu  beschränken,  vor  allem 
ilt  dies  Ton  dem  lateinischen  anfsatz,  der  die  beste  kraft  der  prima 
ir  lieh  in  ansprach  nimmt,  ein  tüchtiger  lehrer  wird  die  besprechnng 
Bd  correctnr  lateinischer  aufsätze  zwar  sehr  anregend,  sehr  fruchtbar 
■•eben  können,  aber  einen  anderen  gegenständ  nicht  weniger,  sondern 
teit  mehr,  der  lateinische  aufsatz  ist  in  neuester  zeit  so  oft  ver- 
tbcidigty  auch  ist  die  macht  der  tradition  in  der  schule  so  stark,  dass 
vol  die  meisten  gegner  öfter  hin-  und  hergeschwankt  haben,  ehe  sie 
ra  (ler  Überzeugung  kamen,  er  musz  fallen,  mir  ist  der  letzte  zweifei 
iveh  die  prog^mnasmata  von  Moritz.  Seyffert  genommen,  es  sind  das 
Iraebttüeke  aus  musterbearbeitungen  lateinischer  aufsätze.  wenn  ein 
■s  feistroller  mann  und  dazu  ein  so  groszer  Stilist  dergleichen  phrasen 
■ebeibt,  so  musz  wol  in  dem  lateinschreiben  selbst  eine  starke  ver- 
nehung  liegen,  leeres  gerede  zu  machen. 

3)  das  griechische  ist  dem  lateinischen  in  der  Stundenzahl  gleich- 
Mitellen  nud  im  lateinischen  selbst  ist  die  einseitige  rücksicht  auf 
■ÜUitische  fertigkeit  fallen  zu  lassen  und  mehr  gewicht  auf  gute  über- 
Mtiang  aus  dem  lateinischen  in  das  deutsche  zu  legen,  das  griechische 
iprieht  für  sich  selbst,  und  auch  für  den  zweiten  satz  nur  einige  werte 
^r  begründung.  gewis  ist  die  syntax  und  ist  ferner  die  gewöhnung  an 
^  genaue  auffassung  und  Scheidung  des  wortsinnes  eine  wesentliche 
■afgabe  des  gjmnasiums,  aber  wir  gehen  darin  zu  weit,  wir  bemühen 
^,  den  secundanern  feinheiten  des  Sprachgebrauchs  beizubringen^ 
•eiche  grosze  philologen  des  vorigen  Jahrhunderts  nicht  beachteten, 
Vtiui  sie  lateinisch  schrieben,  jene  beherschten  die  spräche,  unsere 
l>bfiJer  lernen  feine  brocken,  und  was  ist  das  resultat?  Waitz  in  Göt- 
^gen,  dessen  seminar  von  sehr  zahlreichen  Studenten  ans  allen  teilen 
^tscblands  besucht  wird  und  meist  von  durchschnittlich  wohlbegabten 
M  strebsamen  Studenten,  klagte  mir  einmal  lebhaft,  wie  wenige  der- 
iiben  einen  lateinischen  text  geläufig  übersetzten,  und  das  gleiche  ist 
Üerer  orten  beobachtet,    am  meisten  aber  sieht  man  es  auf  der  schule 

t.    und  doch  haben  wir  die  letzte  kraft  der  schüler  angespannt. 

SrRASZBURa  im  Elsasz.  G.  Kaufmann. 


36. 

ERKLÄRUNG. 


'  In  dem  vorigen  jahrgange  dieser  Zeitschrift  hat  der  unterzeichnete 
Iten  'das  lateinische  vocabularium*  behandelnden  aufsatz  veröffentliekt, 
If  welchen  herr  Studienlehrer  Ludwig  Mayer  in  dem  programm  des 
nigl.  Wilhelmsgymnasiums  zu  München  am  Schlüsse  des  Schuljahren 
ilV74  'copia  verborum,  ein  wichtiger  teil  der  classischeu  Studien*  8.  24 
l^eist.  wenn  herr  M.  verwundert  fragt,  was  z.  b.  vocabeln,  wie  for- 
^  und  tenax  unter  ein  und  derselben  rabrik  sollen,  so  hat  er  wol 
Ersehen,  d.-isz  die  vorgeschlagene  anordnung  streng  alpha- 
%ti3ch  ist,  also  die  Wortklassen  (das  substantivum  und  das  adjecti- 
iB)  ebenso  wenig  ausscheidet,  wie  unsere  progressiv  geordneten  wörter- 
felber.  herr  M.  hat  offenbar  nur  nach  dem  anfange  meines  aufsatzes 
I  keft  4  geurteilt,  da  es  möglich  ist,  dasz  es  auch  anderen  lesern 
llter  zeitschritt  bei  durchsiebt  jenes  heftes  ergangen  ist  wie  hm.  M., 
iBiache  ich  auf  diesen  an* sich  wichtigen  umstand  hierdurch  nochmals 
llhierksaro. 

'-'  Zur  genugthuang  gereichten  mir  folgende  werte  in  The  Nation 
i  498,  ^i'ewYork,  Jan.  14,  1875,  welche  ich,  da  sie  für  die  diesseitigen 


I 


432  Ueber  unsere  sehriftzeichen. 

dahin,  das  heimatliche  zimmer  ist  sein  paradies,  der  weilmaohta: 
besoheert  ihm  alle  thiere  in  friedlichem  verein,  bild  und  ding 
ihm  noch  gleich,  es  wundert  sich,  wenn  es  einen  lebenden  1 
sieht,  dasz  er  die  beine  rührt,  nur  wo  sein  sinnliehes  bedlL 
waltet,  da  erwacht  sein  begehren,  wo  es  befriedigt  ist,  seine 
erst  wenn  es  sich  der  yersdiiedenheit  seiner  person  von  änderet 
wuszt  wird  und  'ich'  sagt,  gesellt  sich  der  eigenwille  und  bald  i 
die  Sünde  seiner  seele  zu.  es  spricht  in  endongslosen  begi 
Wörtern,  wie  die  Chinesen,  und  stellt  nur  das  subject  voran:  m 
gut!  zucker  süsz!  mama  geben  zucker!  —  dann  folgt  ein  non 
sches  leben,  wo  der  familienyater  zum  heim  wird  und  swisc 
fremden  das  faustrecht  gilt,  zu  dem  bedttrfius  der  nahnmg  tritt 
trieb  hinzu,  die  körperkraft  zu  üben,  sich  zu  recken  und  zu  stred 
über  die  natur  oder  über  schwächere  zu  hersehen.  das  sind 
ersten  flegeljahre,  die  ohne  den  stock  gerechter  weise  kaum  vorti 
gehen,  der  augenblick  regiert  die  kinder  auf  ihrer  tonmiflchen  iti 
sie  fühlen  schon ,  dasz  ihre  spräche  aus  flectierten  Wörtern  bell 
sie  gebrauchen  und  vergessen  endungen  und  ilexionen.  —  Aber 
wenn  das  seszhafte  leben  in  der  schule  beginnt,  ersohliesit  sidi 
herz  der  gewohnheit,  deutlich  und  richtig*  zu  sprechen,  in  d 
periode  tritt  dann  die  erfindung  des  lesens  und  sdureibens.  watk  \ 
soll  noch,,  wie  die  neuere  pSdagogik  mit  recht  betont f  mit  UU 
und  anschauungsmitteln  nicht  gekargt  werden;  blosz  meohsaiM 
wissen  vergiszt  der  knabe  ebenso  leicht,  wie  der  nomade  seltei 
Wörter,  darum  sage  ich  auch ,  weg  aus  der  schule  mit  den  ti 
flüssigen  alphabeten!  noth'wendig  ist  nur  das  lateinische,  das» 
auf  der  ganzen  weit  gebraucht  wird,  das  lernen  überfiflssigarflQC 
ist  ein  hemmschuh  für  eine  gesunde  Übung  der  kraft,  hierin  i 
zu  leicht  an  der  kindlichen  seele  gesündigt,  und  nur  zu  oft  dergr 
zu  derjenigen  flüchtigkeit  gelegt,  welche  das  hauptleiden  ms 
Schüler  ist.  —  Das  deutsche  volk  hat  in  maasz  und  gewkiit 
zeichen  der  übrigen  weit  angenommen ,  warum  sollte  es  mM  v 
wenn  wir  es  auch  kaum  erleben  werden,  auf  gesetzgeberischem  n 
eine  einfachere  schrift  und  eine  gleiche  rechtschreibnng  enfU 
können?  geehrte  Versammlung!  nicht  alle  Wünsche,  die  i 
hegen  darf,  sind  erfüllbar,  möge  mir  aber  der  wünsch  carfUH  i 
dasz  Ihnen  der  behandelte  gegenständ  teilnähme  eingeflOsst 

Husum.  P.  D.  Ch.  HnnmiM 


0.  Schneider:  bokrates  aatgewüUte  reden.  433 


34. 

»KBATES  AUSGEWÄHLTE  REDEN.  FÜR  DEN  fiOHULOEBRAüOH  BE- 
KLART  VON  DR.  OtTO  SCHNEIDER,  PROFESSOR  EMERIT.  AM 
OTMNASIUH  ZU  GoTHA.     ERSTES   bXnDCHEN.     DeMONIOUS,   EuA- 

OORAS,  Areopaoiticus.  zweite  AUFLAGE.  Leipzig,  B.  G.  Teubner. 
1874.  VI  u.  117  8.  8. 

Das  in  zweiter  aufläge  vorliegende  erste  bändchen  Isokrateischer 
den  hat  ref.  in  erster  aufläge  wiederholt  und  öfter  in  der  secunda 
m  hiesigen  gymnasii  gelesen,  wie  der  herausgeber  im  Torworte 
hr  richtig  bemerkt ,  so  ist  diese  bearbeitung  in  doppelter  hinsieht 
ne  Schulausgabe;  einmal,  weil  sie  bestimmt  ist,  dem  schulzwecke 

I  dienen,  sodann  weil  sie  unmittelbar  eine  frucht  der  schule  ist. 
ich  beiden  selten  hin  ist  denn  diese  bearbeitung  eine  vortreffliche 

II  nennen,  nur  darf  man  nicht  vergessen  und  übersehen,  dasz  diese 
d)eit,  ein  leuchtendes  muster  von  tiefen  kenntnissen  in  der  griechi- 
dien  spräche,  von  allseitiger  gründlicher  belesenheit  in  den  alten 
hiechen,  einen  reichen  schätz  von  feinen  bemerkungen  bietet,  die 
Im  augenmerk  anderer  tüchtiger  gelehrten  in  der  weise  auf  sich 
Pg,  dasz  wir,  z.  b.  in  der  trefflichen  bearbeitung  Demosthenischer 
fiden  von  Behdantz ,  vielfache  Verweisungen  auf  unser  vorli^endes 
«eh  finden. 

Eine  besondere  zierde  des  buches,  durch  die  es  sich  vor  andern 
■dralaosgaben  auszeichnet,  besteht  darin,  dasz  0.  Schneider  auf  aus- 
Itteichnete  leistungen  im  gebiete  der  philologie  hinwies;  er  glaubt, 
Bid  mit  unbestrittenem  rechte,  so  seine  ausgäbe  nicht  bloss  ftlr 
Msamere  schüler,  sondern  auch  für  angehende  lehrer  brauchbar 
^ttacht  zu  haben. 

Danken  wir  also  dem  herausgeber  für  seine  treffliche  bearbei- 
VBg,  und  wünschen  wir,  dasz  das  buch  in  weitester  Verbreitung 
|tt  Segen  stifte ,  den  es  zu  bringen  durchaus  mächtig  ist«  der  tezt 
Hk  mit  wenigen  ausnahmen,  der  von  Baiter  und  Sauppe. 

Wenn  ref.  einige  bemerkungen  folgen  länt,  um  nicht  gaas 
|pU|ißöXu)c  vom  herausgeber  zu  scheiden,  von  denen  vielleidht  die 
■e  oder  die  andere  berücksichtigung  verdient,  so  sollten  di^ 
Mnn  auch  nur  ein  kleines  zeugnis  davon  ablegen,  dasz  er  sich  schon 

A  ende  seiner  Schulzeit  unausgesetzt  mit  Isokrates  und  den  andern 
iHechischen  Schriftstellern  der  dekade  beschäftigt  hat.  den  anstosz 
■r  bevorzugung  gerade  dieser  schriftsteiler  gab  wiederum  Rost, 
^  mit  uns  den  Panegyricus  in  der  trefi^lichsten ,  gewinnreichsten 
'•ise  las. 

Zu  1 ,  4 :  TOCOUTUJ  —  6cov  vgl.  noch  Isokr.  8,  47  tocout({i  — 
^v  dK€ivoi  jn^v  —  fmeic  bL  für  tocoOtov  —  öcovirep  vgl.  12, 121 
öcoÖTOv  ßeXtiouc,  öcovTTcp  biev^TKOiev;  8,  47,  Plut  Pompej.  77 
•coÖTOv  —  öcov  Ol  ixi\  —  Ol  bi. 

"•Jahrb.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  9.  28 


i 


444  Philologische  programme  der  provinzen 

logen  zu  denen  seiner  spätem  dramen  fortgeschritten.  Tielleieh 
sogar  wahrscheinlich  aber  hat  Thespis  Vorgang  ihm  gar  nicht 
geschwebt,  sondern  er  ist  von  selbst  auf  diesen  weg  gekommen  h« 
den  epischen  gedieh ten  besonders  der  kykliker.  darauf  setil 
Voss  mit  Beruh ardy,  der  in  den  prologen  bei  £.  vielmehr  einleit 
von  historischen  büchern  als  von  epischen  dichtongen  sieht,  mneeia 
Bemhardy  wird  widerlegt,  den  schlusz  macht  eine  erörtenuog  der  ; 
hat  £.  mit  den  prologen  den  zweck  erreicht,  der  ihn  an  ihre 
führung  veranlnszte,  und  die  frage  wird  bejaht  und  endlich  E. 
den  Vorwurf  vertheidigt,  als  habe  er  durch  die  prologe  einen  fei 
der  dramatischen  composition  gemacht,  wobei  verf.  auf  den  wesenl 
unterschied  zwischen  dramatischer  composition  bei  den  alten  i 
der  neuzeit  genau  eingeht,  anhangsweise  bespricht  verf.  noc 
prologe  der  Iph.  in  Aul.  und  des  Rhesos,  die  ja  beide  nicht  i 
deisch  sind. 

Heilioen STADT,  köuigl.  kath.  gjm.  6  classen,  11  lehret,  218  sc 
9  abit.  —  Abb.  des  Oberlehrers  dr.  Schneiderwirth:  *die  P 
nach  griechisch-römischen  quellen',  verf.  leitet  seine  arbeit  ein  m 
Zeichnung  der  uns  verlorenen  autoren,  welche  über  die  geechieh 
Parther  geschrieben,  auszer  ihnen  haben  wir  nnr  serstrenta  bemerk 
in  den  erhaltenen  Schriftstellern,  auszerdem  münzen,  aus  dene 
wenig  ausbeute  zu  gewinnen,  die  Parther  sind  von  weltgesehiebl 
bedeutung,  sie  haben  die  Unterjochung  des  Orients  durch  den  oc 
gehindert,  die  cultur  befördert,  gleiohwol  hat  man  den  bruohst 
ihrer  geschichte  in  Deutschland  wenig  beachtnng  geschenkt  i 
dadurch  für  unsere  kenntnis  des  altertums  entstandenen  rist  will 
eintreten  und  nach  griechisch-römischen  quellen  den  kämpf  der  Pt 
gegen  die  Seleukiden  und  gegen  Rom  erzählen,  verf.  beschrei 
ersten  groszen  abschnitte  zuerst  das  land  und  führt  dann,  wa 
ihrer  ältesten  geschichte  bekannt  ist,  vor.  ihre  kämpfe  für  unabhi 
keit,  Unterwerfung  unter  Meder  und  Perser,  teilnalune  an  den  P 
kriegen,  den  fall  an  Makedonien,  die  kämpfe  makedonischer  sat 
und  gewaltherren  in  und  um  Parthien,  bis  sie  endlich  unter  Sei 
Nikator  kamen  und  in  das  syrische  reich  einverleibt  wurden,  db 
ther  erhoben  sich  gegen  die  Seleukiden,  von  den  Arsakiden  an^ 
zwei  jähre  lang  gieng  alles  gut,  da  fiel  Arsakes  I  und  sein  naä 
Tiridates  I  kam  in  nachteil,  dasz  er  zu  den  Skythen  fliehen  i 
es  kam  ihnen  aber  nun  die  zerrüttete  läge  des  syrischen  reiel 
statten.  Tiridates  I  gewann  seinem  volke  die  freiheit  wieder, 
oberte  auch  Hyrkanien,  besiegte  den  Seleukos  II  und  begrfindel 
herschaft  der  Parther  immer  fester,  starb  nach  87jähriger  re^ 
sein  nachfolger  Artaban  I  hatte  mit  Antiochos  III  kämpfe  au  bes 
die  unglücklich  abliefen.  Artaban  muste  bundesgenosse  vonAat 
werden,  blieb  aber  herscher  von  Parthien  und  Hyrkanien.  anf  Ai 
folgte  Priapatios«  welcher  15  jähre  regierte,  dann  folg^  Phrahi 
er  bezwang  die  Marder,  nach  seinem  tode  innerer  hader  im  Seleul 
reiche  wie  im  reiche  von  Baktra.  dadurch  bekam  das  Parllifl 
luft.  auf  Phrahates  I  folgte  Mithridates  I,  er  macht  daa  kleine 
zu  einem  groszen.  er  erneuert  die  angriffe  auf  Medien,  der  '. 
wurde  mit  abwechselndem  erfolge  geführt,  endlich  siegen  die  Pi 
Atropatene  ward  ein  vasallenreich  der  Parther,  Medien  parthiseh 
vinz.  Mithridates  greift  Hyrkanien  an,  die  Perser  werden  4bh 
ebenso  die  Elymaier,  vergebens  treten  ihm  die  Syrer  entgegcB, 
lonien,  Armenien,  Mesopotamien  werden  erobert,  das  grieduBehc 
von  Baktra  wird  angegriffen  und  zerstört,  Mithridates  rieht 
Indien,  sein  reich  geht  vom  Euphrat  bis  zum  Indus,  vom  pen 
meerbusen  bis  zum  hyrkanischen  meere.  dieses  wurde  Tpn  ih] 
auch  im  Innern  gefestigt,  die  Seleukiden  beginnen  abermals 
kämpf  gegen  die  Parther,  wurden  aber  aufs  neue  besiegt,  der  gefi 


Schlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1873.  445 

JSaig  von  Mithridates  ehrenvoll  behandelt.  Mithridates  starb  136, 
ka  folgte  sein  söhn  Phrahates  II,  er  hielt  den  gefangenen  Seleukiden- 
Aüg  Demetrins  II  Nikator  fest,  um  ihn  wider  seinen  brnder,  der  den 
^Tischen  thron  usurpiert,  zu  gebrauchen,  dieser  brnder  Antiochos  VII 
n^te  den  parthischen  planen  entgegenzuwirken  durch  einen  neuen 
taiog  gegen  die  Parther  129.  er  siegte,  mit  einem  ungeheuren  beere 
liBjrien  eingebroahen,  in  drei  treffen,  gewann  Babjlonien  und  Medien, 
h  folgenden  jähre  sind  die  Parther  glücklicher,  die  syrischen  feinde 
Ittden  yemichtet,  Antiochos  stirbt  bald  darauf.  Phrahates  II  bestraft 
tm  die  städte,  die  mit  den  Syrern  gemeinsame  saohe  gemacht,  darunter 
Ueiikia  am  Tigris,  mit  dem  siege  über  Antiochos  VII  sind  die  Par- 
har  unbestrittene  herren  im  obern  Asien,  doch  hatten  sie  nach  der 
MiKheidenden  schiacht  gegen  Antiochos  noch  grosze  gefahren  zu  be- 
kiken,  aber  sie  wurden,  freilich  nur  unter  schweren  kämpfen  und  nach 
IB  falle  zweier  könige  überwunden,  zuerst  machten  die  gegen  An- 
gebot VII  zu  hilfe  gerufenen  Skythen  zu  schaffen,  in  einer  schiacht 
ift  ihnen,  während  deren  die  Griechen  im  parthischen  beere  über- 
itngen,  fiel  Phrahates  II,  nun  zogen  die  Skythen  nach  plünderungen 
iy  nur  teile  setzten  sich  in  grenzländern  des  Partherreiches  fest,  auf 
krmkatet  II  folgte  Artaban  II,  er  nahm  den  kämpf  auf,  fiel  aber  bald, 
■i  folgte  Mithridates,  der  den  krieg  gegen  die  Skythen  fortsetzte  und 
r  bewältigte  diesen  feind  und  wandte  sich  wieder  gegen  den  westen, 
IM«n  Statthalter  Himeros  seine  Stellung  nur  zum  nachteile  des  reichs 
ibrsQcht.  dem  treiben  dieses  mannes  machte  Mithridates  ein  ende, 
r  begründete  auch  die  horschaft  der  Parther  über  Armenien,  Syrien 
Mi  indirect  auch  in  ihre  gewalt,  indem  es  der  vasall  der  Parther,  der 
Mg  Ton  Armenien  nahm,  im  zweiten  abschnitt  führt  yerf.  uns  die 
Ivner  im  kämpfe  gegen  Rom  vor;  unter  den  nächsten  nachfolgern 
Btbridates  II  Mnaskires,  Sanatroikes,  Phrahates  III  ward  das  Parther- 
iiflii  durch  thronstreitigkeiten  geschwächt,  von  verderblichen  folgen 
jir  auch  der  treulose  abfall  Tigranes  II  von  Armenien,  sie  verloren 
im  nördlichen  Mesopotamien  ihr  regiment.  zwischen  Römern  nnd 
lem  fand  die  erste  bezeugte  berührung  92  statt,  damals  suchten 
Parther  römische  freundscbaft  nach,  die  bitte  ward  gewährt,  diese 
lg  war  nur  vorübergehend,  dauernd  werden  die  beziehungen 
im  dritten  Mithr idatischen  kriege,  nach  dem  siege  des  Lncnllus 
Tigranokerta  (69)  erschienen  armenische  und  pontische  gesandte 
4n  bitte  um  bnndesgenossenschaft  beim  Partherkönig,  auch  Lncnllus 
Lte  gesandte,  sich  ebenfalls  um  ein  bündnis  bewerbend,  der 
lerkönig  trat  auf  die  seite  des  letztern,  hielt  jedoch  nur  neutralität. 
tiiu,  des  Lucullns  nachfolger,  verlangte  durch  gesandte  erneuerung 
wmrtngBj  Phrahates  III  gieng  auf  den  antrag  ein  und  fiel  sogar  in 
m  ein  und  belagerte  Artakata.  als  sich  Tigranes  den  Römern 
rorfea,  wurde  ihm  nicht  etwa  Armenien  genommen  und  den  Par- 
gegeben,  er  behielt  es.  es  kam  nun  zu  Streitigkeiten  mit  den 
,  die  zum  kriege  führten,  obgleich  Phrahates  III  jetzt  das 
idschaftsbündnis  zu  erneuem  suchte,  die  Parther  verloren  darch 
iche  gewaltmaszregeln  grosze  stücke  ihres  gebietes,  der  könig 
von  Pompeius  dazu  höhnisch  bebandelt.  Phrahates  versuchte  noch 
tal  durch  gesandte  ein  leidliches  Verhältnis  herzustellen,  zurück- 
lesen,  begann  er  krieg  mit  dem  Römervasallen  Tigranes  II,  dieser 
Pompeius  zu  hilfe,  da  kam  von  Phrahates  wieder  eine  bittende 
idtschaft.  Pompeius  kam  Tigranes  nicht  zu  hilfe,  sandte  aber  be- 
ächtigte  zur  Schlichtung  des  Streites  über  die  grenze  zwischen 
tates  und  Tigranes.  Phrahates  liesz  sich  den  ungerechten  urteile- 
!h  wie  mehrfache  kränkungen  aus  furcht  vor  den  röm.  legionen 
gefallen,  auch  unter  Mithridates  III  war  die  Stellung  des  Parther- 
keine  vorteilhafte,  dieser  erklärte  gleich  dem  Armenierkönige 
ivasdes    krieg,    den   er  glücklich    führte,     während  desselben  aber 


446  .  Philologische  programme  der  provinzen 

usurpierte  sein  brtider  den  thron.  Orodes.  es  folgen  non  thront 
keiten,  Mithridates  floh  zum  syrischen  Statthalter  and  bat  nm  i 
einsetzang  auf  den  parthischen  thron,  derselbe  wollte  ihm  in 
sein,  ward  jedoch  durch  andere  befehle  gehindert.  Mithrida 
führte  nun  den  krieg  gegen  den  bmder  allein,  siegte,  wurde 
vertrieben,  floh  nach  Babylon,  wo  er  sich  dem  bmder  ergeben 
der  brnder  liesz  ihn  tödten.  nun  war  Orodes  I  königi  gegen  ihn 
nabm  der  triumvir  M.  Licinius  Crassus  als  proconsal  Yon  Syrlei 
krieg,  schlug  zunächst  den  Statthalter  von  Mesopotamien,  drang 
dieses  land  ein,  kehrte  dann  ungehöriger  weise  nach  Syrien  xnr&ek 
mit  schlieszt  verf.  seine  auf  eingehenden  Studien  beruhende  und  ni 
beherschung  des  stoflfes  geführte,  von  gesundem  urteil  leugende 
eine  fortsetzung  ist  verhieszen,  wir  sehen  ihr  im  interesse  der  geic 
Wissenschaft  mit  begierde  entgegen,  wünschen  nur,  dasz  Yen,  si 
schliesze,  die  quellenstellen,  auf  welche  er  seine  behauptung 
entwickelungen  gründet,  für  den  ersten  teil  nachträglich,  für  dei 
ten  gleich  bei  der  Veröffentlichung  beizubringen. 

Webmiobbode.  gräflich  StoUbergsches  gymn.  6  claBsen,  1$ 
239  Schüler,  6  abit.  —  Abb.  des  rectors  dr.  Bschmann:  'disf 
qua  auctor  antiquitatis  Germanicae  reliquias,  quae  Wemigeroda« 
vantur,  ad  illustrandam  Taciti  Germaniam  adhibere  eonatur'. 
einer  den  gegenwärtigen  blühenden  zustand  der  schule  sehild 
und  wünsche  für  die  zukunft  aussprechenden,  in  äusserst  schönen 
geschriebenen  einleitung  geht  verf.  auf  die  Verdienste  der  areh 
sehen  Wissenschaft  nm  die  schriftstellererklärung  ein  nnd  wend 
dann  zur  besprechung  der  auf  das  deutsche  altertom  bes6| 
antiquitäteusaramlung  der  StoUbergischen  grafen  und  rerheisi 
schätze  aus  der  Sammlung  näher  zu  behandeln,  aus  denen  sich 
für  die  erklärung  von  Tacitus  Germania  ergibt,  verf.  bespridit 
Tacitus  bericlit  über  die  Wohnungen  der  alten  Germanen  in  cap 
sein  angenmerk  ist  besonders  auf  die  dort  erwähnten  unterirc 
höhlen  gerichtet,  deren  sich  noch  im  gebiet  der  grafsehaft  finden 
solche  beschreibt  verf.  vasen  erwähnt'  Tao.  cap.  V,  und  zwar  s 
und  irdene,  von  jenen  besitzt  das  musenm  in  Wernigerode  keiae 
plare,  zahlreiche  aber  von  diesen,  und  zwar  teils  unverletz 
gegrabene,  teils  trefflich  hergestellte  und  ergänzte,  wichtiger 
die  ehernen  gefäsze.  diese  aber  übergeht  verf.,  weil  Tacitus  die 
nicht  erwähnt,  von  waffen  redet  der  römische  beschreibar  Gern 
cap.  VI.  die  zahl  der  eisernen  geräthe,  die  aus  dem  gannai 
altertum  übrig  geblieben  ist,  ist  eine  verschwindend  klehie  ssg 
der  steinernen  und  ehernen  geräthe.  an  eisen  müssen  unsere  adtf 
mangel  gelitten  haben,  ein  exemplar  einer  eisernen  frameaspi 
im  dortigen  museum,  fest,  aber  unschön,  schöner  sind  die  e 
frameaspitzen.  eine  spitze  einer  gröszeren  lanze  ist  Torhaadea 
ständige  Schwerter,  panzer,  helme  fehlen,  von  solchen  sind  nur 
und  zierrathen  dort  gesammelt,  schilde  sind  überhaupt  nicht  TOrh 
was  sich  aus  Tac.  ann.  II  13  leicht  erklärt,  au  Germ.  cap.  XU 
verf.  erläuternd  an:  die  in  Wernigerode  erhaltenen  torqnea  seien 
ehern  und  von  groszer  ähulichkeit.  auch  die  armringe  der  alte 
manen  pflegten  gewunden  zu  sein,  wie  sich  ans  dortigen  ezeai 
und  aus  dem  erhaltenen  fragmente  des  ahd.  Hildebranuliedes  e 
die  dort  bewahrten  sind  mehr  für  den  arm  einer  Jungfrau  passe 
für  den  eines  Soldaten,  die  königlichen  gesohenke  dieser  art 
sowol  von  bedeutendem  werthe  als  umfange,  wie  sich  aus  Nibel.  tn 
ergibt:  'da  gie  er  bi  dem  wazzer  —  sint  den  grimmegen  tM*. 
bekennt  sich  verf.  auch  zu  Eöchlys  conjectur  in  cap,  XV  insigBii 
für  magna  arma,  meint  aber,  es  könne  auch  mag^ae  armülae  | 
den  haben,  von  dem  in  cap.  XV  erwähnten  gelde  finden  sick  sw 
münzen  in  der  Sammlung,  viel  mehr  in  der  gräflichen  mfinssaa 


Schlesien,  Sachsen,  Brandenburg.  1873.  447 

Dd  in  der  von  K.  Zeisberg.  verf.  geht  über  auf  die  cAp.  XVII  er- 
IkDten  nadeln,  deren  feinheit  und  brauchbarkeit  gerühmt  wird,  auch 
M  »olchen  aus  erz  hat  die  Wernigeroder  Sammlung  noch  exemplare. 
I  folgen  erläuterungen  aus  der  Sammlung  zu  cap.  XXIV  durch  hin- 
•itangen  auf  einen  würfel,  der  mit  der  fünf  bezeichnet  ist,  zu  c.  XXXI 
ireh  erwähnung  yorhandener  eiserner  ringe,  die  letzten  selten  widmet 
vf.  der  besprechung  des  germanischen  götterdienstes ,  im  anschlusse 
1  eap.  XLV,  IX,  XXVII,  unter  mater  im  cap.  XLV  sei  Nerthus  yerstan- 
M.  Ton  den  ebergestalten,  welche  die  alten  Germanen  auf  schlld 
id  heim  führten,  ist  im  dortigen  museum  ein  exemplar  erhalten,  das 
mt  »ehr  als  amulet  gebraucht  scheint,  cap.  XLV  handelt  auch  vom 
iffBStein  und  verf.  weist  aus  seinen  schätzen  bernsteinschmucke  nach. 
I».  IX  erwähnt  die  hauptgötter,  cap.  XXVII  spricht  von  den  be- 
Bttangen,  wobei  er  auf  die  urnen,  die  man  in  den  grabhügeln  gefun- 
01«  und  auf  die  grabhügel  selbst  eingeht,  fünf  der  letztern  bespricht 
irC^genau  nach  ihrem  inhalte.  möchte  es  dem  geehrten  Verfasser 
cht  an  zeit  fehlen,  die  übrigen  schätze  des  dortigen  museums  weitern 
«i«en  SU  erschlieszen.  des  dankes  derjenigen,  welche  als  meister  und 
mgmt  sich  des  Studiums  des  deutschen  altertums  befleiszigen,  kann  er 
KVis  sein,  und  auch  ferner  stehende  werden  abhandlungen  gleich  be- 
Hrtendes  inhaltes  und  ebenso  ansprechender  form  stets  gern  lesen. 
WS  aber  auch  durch  solche  arbeiten  die  genauere  kenntnis  unseres 
Üartama  wesentlich  gefördert  wird,  braucht  in  einer  wissenschaftlichen 
liUchrift  nicht  besonders  hervorgehoben  zu  werden. 

QusDLiirBUBO.  königl.  evangel.  gymnasium  9  classen,  16  lehrer, 
%  schaler,  13  abit.  —  Abh.  des  prof.  dr.  Merkel:  'nachtrage  zum 
Üfnunm  von  1871'.  zunächst  führt  der  Verf.  die  auf  s.  4  jenes  pro- 
PMunes  angedeutete  hypothese,   wonach   ziemlich   alle   im  texte  des 

Rjleischen  Agamemnon    entdeckten    ausfälle    von   versen    sich    er- 
D  aus  dem  schadhaften  zustande   einer  hs.  des  lOn  Jahrhunderts, 
iRn  paginierung  sich  so  ergäbe,  dasz   alle  im  Laurentianus  einzeln 
verbanden  erscheinenden  verskola  in  jenem  original  gesondert  und 
krechter  abfolge  als  zeilen  sorgsam  bemessener  Seiten  gedacht  und 
teehnung  gebracht  würden,  aus.    in  einem  stücke,  dem  Agamemnon, 
der  Laur.  die  grundlage  zur  reconstruction  nicht,  sie  musz  nach 
aas  den  neuen  hss.  gewonnen  werden  und  der  gelehrte  glaubt  sie 
iinen  zu  haben,    für  Agam.  gründet  sich  die  kritik  seit  P.  Victorius 
•iae  hs.  des  ganzen  Stücks  von  ziemlich  neuem  datum  und  beson- 
•igeatümlichkeiten.    es  fragt  sich,  ob  dieser  cod.  Florentinus  eine 
ung   unserer   notizen    über   die   recension   des  12n  Jahrhunderts 
diese  frage  will  verf.  erörtern  und  beginnt  mit  auszählung  der 
des  archetypos  im  Agamemnon,     die  neunte  Seite  dieses  arche- 
endete   mit   274   Hrn.,    nach   welchem   verse   das    fragment   aus 
ehios  ausgefallen   scheint;  in  der  mitte  der  lOn  seite  endigte  die 
•eite  des  Laurent,  mit  einer  lücke  von  730  versen,  welche  allein 
t.  ausfüllt,     diese  verse  füllten  ungefähr  20  Seiten  des  archetypos. 
der  lln  seite  ist  nach  349  eine  lücke  von  einem  verse,  auf  der  16n  nach 
fehlt  ein  verspaar,  auf  der  17n  fehlt  ein  vers  nach  653,  die  18e  hat 
e  einbusze  erlitten  (nach  xa^KoO  ßaqpdc  wird  das  punctum  gestrichen), 
19  wird  unten  nach  625  ein  vers  ergänzt,  auf  23  nach  759  mit  Her- 
eine   lücke  angenommen,  832  erklärt  sich   die  grammatische  nn- 
eit  daraus,   dasz  hier  aus  zwei  halben  versen  einer  von  abschrei- 
gemacht ist,    welche   die   andern   hälften   der   beiden   nicht   lesen 
ten,   s.  29   ist   bei   972   eine   entschiedene    lücke   auch   im  Florent. 
deutet.    8.  32  des  archetypos  begann  mit  zeile  15  der  33n  seite  des 
ent.,  8.  34  mit  z.  31  der  letzten  erhaltenen  seite  des  Laurent.,  s.  35 
sz  mit   1168,    s.  36  mit  1204,  s.  37  mit  1240,  s.  38  mit  1276,  s.  39 
1313,   doch  ist  nach  1284  eine  lücke,  s.  40  mit  1349,  s.  41  mit  1386, 
mit   1486,  s.  43  mit  1464,  s.  44  mit  1499,  s.  45  mit  1535,  s.  40  mit 


li 


448  Philologische  programme  der  provinzen  Schlesien,  Sachsei 

1571,  8.  47  bis  1606,  am  Schlüsse  fehlen  swei  verse,  8.  48 
36  Seiten  bis  zum  schlusE.  verf.  wirft  nun  die  frage  auf:  li 
mit  hilfe  dieser  ermittelangen  über  die  seitenabgrenznngen  im 
pns  berechnen,  wie  viel  räum  auf  den  verlorenen  12  blättern  d 
den  Choephoren  zugefallen,  wie  grosz  die  lUeke  im  eingang  diesei 
ist?  verf.  rechnet  aus,  dasz  uns  etwa  nur  12  bis  13  verse  im  < 
dieses  Stückes  fehlen,  da  in  diesem  umfange  ein  dialogischer 
sich  nicht  ausgestalten  konnte,  so  nimmt  M.  an,  die  leisten  se 
Agam.  im  archetypos  hätten  wol  mehr  zeilen  enthalten  und  e< 
so  auf  den  prologos  eine  genügende  anzahl  von  versen.  die  zc 
der  Seiten  erscheint  im  Agamemnon  in  viel  g^ösierer  regelmä 
als  in  den  meisten  andern  dramen.  der  iFlorenünuB  bietet  ni 
deres,  als  dasz  er,  wo  Laurent,  fehlt,  diesen  vertriit  und  ' 
sprechnng  der  Strophen  eintritt,  ihn  ersetat  und  der  metr.  ki 
nötige  grundlage  liefert,  und  dasz  er  dem  Laur.  sur  seite  die  1 
des  archetypos  um  einige  schritte  weiter,  bis  annähernd  zu  dem 
wo  die  eigentliche  metrische  forschung  beginnt,  fördert,  der  k« 
der  metrischen  forschung  liegt  in  dem  satze,  daas  alles  subjed 
gestalten  der  verszeilen  von  übel  sei.  das  subjectlve  ändern 
einem  rationellen  auf  grund  der  ermittelung  traditioneller  üb 
werden,  die  uns  überkommenen  verszeilen  sind  die  der  s] 
metriker,  und  auch  sie  haben  wir  oft  nicht  mehr,  die  metrik 
tage  müste  auf  den  überlieferten  rhythmischen  perioden  in  il 
verbürgten  abgrenzung  fuszen,  und  diese  darf  man  als  erhalt« 
auch  oft  entstellt  und  fast  unkenntlich,  betrachten,  der  begin 
Perioden  wie  das  ende  sind  in  der  Überlieferung  -nleht  deutl 
zeichnet,  lagen  wol  oft  nicht  im  versanfang  und  veraende  des  J 
in  den  hss.  traten  in  zeiten  metrischer  gleichgilUgkeit  sehlim 
derbnisse  ein,  schon  seit  10  jh.,  mehr  im  13 — 14.  im  Florent 
Unwesen  nicht  weiter  gediehen  als  im  Laur.  verf.  führt  non 
weiohungen  des  Florent.  vom  Laurent,  in  den  beiden  ersten  eh{ 
Agamemnon  vor  und  legt  dann  den  bestand  seiner  allein  eri 
aulometrie  dar.  den  schlusz  machen  einige  emendationeni  zu  9i 
für  ßiarai,  448  dccov  für  öccoic,  534  KaicocTp(|iouc  für  kokoci 
669  2!eq)0pou  fiTU^voc  oder  riydivoc  für  2;€q>0pou  'Htovtoc,  321 
irdpoc  für  dXXtuv  irdpa,  950  Yamiiac  ÖLK&tac  für  dxdTO,  1016  wpö 
für  irpöc  cqpuYdc,  über  die  emendation  von  xäpiy  gesteht  vei 
unsicher  zu  sein,  1081  öövip  für  öopia,  und  «Tocifioic  für  ir 
1086  ficXaxxP^wv  für  ficXoTK^pwv,  1088  Tp<rtav  für  xöxnv-  moc 
der  geehrte  hr.  verf.  doch  entschlieszen,  seinen  immer  ans  eing 
Studien  hervorgegangenen  und  von  wesentlicher  bedentnag 
Wissenschaft  bleibenden  lateinischen  und  deutschen  pablieatk 
ansprechenderes  äuszeres  kleid  anzuziehen,  gewis,  er  wfiide  seil) 
bedeutenden  ergebnisse  dem  weitern  gelehrten  publioom  dada 
lesbarer  machen. 

Gütersloh.  H.  E.  Bwsii 


ZWEITE  ABTEILUNG 

Ob  GYMNASIALPÄDAGOeiK  WD  DIE  ÜBKIGEN 

LEHBFÄGHEB 

MIT   AU8SCHLU8Z   DER   CLASSISCHBN   PBILOLOOIS 

HERAUSGEGEBEN  VON  PROF.   DR.   HERMANN  MASIUS. 


37. 

ZUR  PRAXIS  DER  SCHULMATHEMATIK. 


Seit  ich  in  diesen  Jahrbüchern  meine  aphoristischen  bemer- 
wnge*^  über  den  mathematischen  Unterricht  auf  gymnasien  ver- 
imtlicht  habe,  welche  trotz  ihrer  scharfen  spräche  nicht  ohne 
Hrkennung  geblieben  und  auch  in  der  Schraderschen  gymnasial- 
Hagogik  an  der  einschlägigen  stelle  benutzt  sind,  habe  ich  den 
igenstand  nicht  aus  den  äugen  verloren,  und  heute  wende  ich  mich 
pKomehr  zu  ihm  zurück,  weil  ich  mit  schwerwiegenden  erfahrungen 
I^Brechnen  habe,  an  dieser  stelle  musz  ich  mich  zwar,  was  die 
iheollegen  anlangt,  in  etwas  beschränken,  da  ich  vorzugsweise  die 
ksamkeit  der  nicht-mathematischen  collegen,  vielleicht  auch 
directoren  und  schulräthe  in  anspruch  nehmen  möchte;  gleich- 
werden auch  erstere  einige  bemerkungen  finden,  die  ihnen  viel- 
t  der  nähern  erwägung  würdig  scheinen  dürften,  nebenbei  soll 
einem  altem  lehrbuche  gezeigt  werden ,  dasz  über  gewisse  Seiten 
methode  des  mathematischen  Unterrichts  ein  abschlusz  gefunden 
der  solche  leistungen  ganz  und  gar  zurückweist. 
i  Mit  der  einführung  der  neuen  masze,  gewichte  und  münzen  ist 
lilich  das  leben  wie  die  schule  von  einem  ungeheuren  ballast  be- 
Bit  worden ,  der  geschäftskreise ,  gespräch  und  lectüre  mit  unend- 
ihen  Schwierigkeiten  belegte  und  ein  leichtes  gegenseitiges  ver- 
Indniäs  in  sehr  vielen  fällen  unmöglich  gemacht  hat.  für  den 
ienunterricht  an  unsern  hohem  lehranstalten  kann  also  von  jetzt 
.  eine  neue  aera  datieren ,  denn  die  belehrungen  über  münzen, 
PK  imd  gewichte,  die  ehedem  einen  so  bedeutenden  teil  der 
terrichtszeit  zu  absorbieren  pflegten  —  es  war  das  zwar  eine 
nehaus  falsche  ansieht,  welche  so  verfahren  zu  müssen  glaubte» 

Hjahrb.  f.  phil.u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  10.  29 


i 


450  Zur  praxis  der  schulmathemafcik. 

aber  sie  hatte  einen  für  naive  verstandeskräfte  schwer  sa  über- 
wältigenden schein  von  berechtigung  —  sind  nun  ganz  UherAüBÖg 
geworden,    auch  der  umstand,  dasz  man  jetzt  wol  nothgednmgn 
schon  in  der  sexta  die  vollen  consequenzen  des  decimalen  sjiiems 
ziehen,   dasz  somit  der  bruch  als  zahl  verschwinden  und  nur  ab 
zahlform  beibehalten  werden  musz,  wird  gewisse  lehrerkraie anf 
andere  vordem  perhorrescirte  bahnen  bringen  und  die  gegenaeit^vi 
bestrebungen  verständiger  lehrer  als  gerechtfertigt  erscheinen  hutti, 
wobei  sich  denn  von  selbst  versteht,  dasz  die  brutale  ignoraii 
solche  bestrebungen  als  zu  idealen  anschauungen  entsprangen  niflU 
fernerhin  denuncieren  kann,   es  erheben  sich  zwar  nodi  hier  mid  eh 
stimmen,  welche  der  alten  Verteilung  der  lehrpensa  im  rechenmitar- 
richte  der  gymnasien  trotz  aller  wissenschaftlichen  mahnnngoi  toi 
competenter  seite  das  wort  reden,  allein  das  vorgehen  der  elflomtv- 
lehrer,  sogar  derer  auf  dem  flachen  lande,  in  entgegengesetiier  riel- 
tung  und  das  rechtzeitige  eingreifen  der  schnlvorstfinde  nnd  lekal- 
behörden  werden  solche  velleitäten  doch  bald  in  das  nichts  loiflflk- 
weisen  und  den  deckmantel  pädagogischer  erfahrnng,  mit  dem  ma 
sich  zu  umhüllen  liebt,  als  zu  sehr  durchlöchert  und  mottenachlKig 
nicht  ferner  mehr  gelten  lassen. 

In  einem  puncto  sind  alle  beteiligten  einig :  der  rechenuBfar' 
rieht  in  den  unteren  gymnasialclassen  ist  fast  überall  niekt  wdar 
reichend  und  hemmt  und  beeinträchtigt  aller  orten  die  erfidge  te  ^ 
mathematischen  Unterrichts  auf  den  obem  classen.  trots 
Zugeständnisses  trägt  man  aber  selten  bedenken,  die  hf 
fahrlässigkeit,  das  rechnen  dem  ersten  besten  lehrer  oder 
zu  überantworten,  in  aller  gemütsruhe  fortzusetsen,  indem 
kaum  die  entschuldigung  oder  selbstvertheidigung  hinsuftgl,  ta, 
es  sich  im  augenblicke  nicht  anders  machen  lasse,  wennglmch  füUtf 
zusetzen ,  dasz  dieser  augenblick  von  jahrelanger  dauer  srin  vM 
solche  ausreden  sind  mehr  als  ironie:  für  lateinische  und  grieohUi: 
lehrer  wird  überall  aufs  beste  gesorgt  und  ihrethalben  werte  g^; 
rade  andere  fachlehrer  zurückgedrängt,  anstatt  dasz  man  aus 
der  bisherigen  lehrervorbildung  sich  entschlieszen  sollte,  gerdfete^ 
mathematiker  und  naturhistoriker  eher  eine  stelle  in  den  uUB 
classen  zu  gewähren,  da  sie  zu  ihrer  Specialbildung  die  frühen tfi 
bildung  auf  dem  gymnasium,  also  nicht  unbedeutende  kenntuMiii 
lateinischen  und  griechischen  hinzurechnen  dürfen,  was  beksantUl 
bei  den  eigentlichen  philologen  nach  Seiten  der  mathematik 
naturwissenschaften  nicht  der  fall  ist.  dem  erkannten  mangd 
man  dadurch  zu  begegnen,  dasz  man  für  den  rechenuniSRMH 
elementarlehrer  berief,  denn  das  sind,  sagte  man  sich,  gute 
meister  und  sie  werden  den  klagen  über  den  schlechten  rechenuit*' 
rieht  am  ersten  abhelfen  können,  die  erfinder  dieser  einriehtni 
haben  schwerlich  viel  von  der  mathematik  verstanden,  denn  abUlfi  • 
ist  nicht  geschaffen  und  konnte  auch  auf  diese  weise  nicht 
werden,   das  will  ich  zuerst  nachzuweisen  suchen. 


Zar  praxis  der  schulmathematik.  461 

£8  ist  keine  blosze  phrase,  dasz  man  mit  den  vier  species  durch 
I  leben  kommen  könne,  es  ist  das  in  der  that  die  ganze  Wahrheit. 
»  fragen  nemlich ,  welche  das  gewöhnliche  geschftftsleben  an  die 
illiematik  stellt,  erfordern  zu  ihrer  technischen  erledigung  nur 
ügkeit  in  den  vier  ersten  rechnungsarten.  demnach  besteht  auch 
I  aufgäbe  der  elementarschule  einzig  und  allein  darin ,  allseitige 
Aenfertigkeit  in  diesem  engen  kreise  zu  erzielen,  die  Untersuchung 
r  vom  leben  vorgelegten  aufgäbe  bis  zu  der  ausrechnung,  also  die^ 
alyse  der  aufgäbe,  gelingt  in  den  allermeisten  fftllen  durch  ein- 
die  Überlegung,  und  zu  dieser  führt  man  nicht  nur  durch  metho- 
ieh  geordnete  zahlreiche  Übungen,  sondern  auch  durch  ander- 
dtige  ausbildung  der  verstandeskräfte,  damit  diese  in  reifem 
Jnren  allen  nöthig  werdenden  Überlegungen  genüge  leisten  können» 
1  entsteht  die  sog.  raisonnierende  oder  schlieszmethode,  deren 
iaptspitze  in  der  zurückführung  auf  die  einheit  beruht,  früher 
■Imi  das  kopfrechnen  in  den  elementarschulen  naturgemftsz  eine 
iroBze  stelle  ein ,  allein  dasselbe  trat  mehr  und  mehr  mit  der  ein- 
Ummg  des  decimalsystems  in  den  gewöhnlichen  verkehr  zurück» 
I  würde  fernerhin  die  quelle  unzähliger  fehler  werden ,  so  dasz 
Bder,  auch  der  schüler,  sich  desselben  so  viel  als  möglich  enthalten 
inn,  wenngleich  man  die  schlagfertigkeit,  an  die  es  gewöhnte, 
iidit  gern  entbehren  mag.  die  bruchform  wird  ebenfalls  aus  dem 
Aen  entschwinden,  man  wird  vielleicht  noch  mit  halben,  vierteln 
ftd  achteln  handeln,  aber  nicht  mehr  mit  Yj  ^^^^  V4 »  Vs«  Vs  i"®^* 
M  dürfen ,  so  dasz  auch  die  Volksschule  sich  dieser  formen  je  eher 
|. lieber  entschlagen  musz.  die  kaufmännische  arithmetik  machte 
ilher  wie  auch  jetzt  nur  die  Voraussetzung,  kaufmännische  begritfe 

I  analysieren  und  drei  oder  vier  formein  zu  entwickeln,  welche  das 
pvoUte  resultat  der  angestellten  rechnungen  möglichst  sicher 
Irilien ,  und  in  gleichem  falle  findet  sich  die  sogenannte  politische 
ttmetik  oder  die  rechenschablonen  einzelner  subalternen  beamten- 
Migorieen,  in  denen  man  selten  der  fertigkeit  eine  wurzel  ausza- 
Iken  oder  einen  logarithmen  aufzuschlagen  benöthigt  sein  dürfte. 
1^  Ganz  andere  bedürfnisse  hat  der  rechenunterricht  auf  gymna- 
m  zu  berücke<ichtigen.  sie  entspringen  dem  umstände,  dasz  der- 
pe  für  den  mathematischen  Unterricht  in  den  obem  elassen  pro- 
Ibntisch  vorbilden  soll  und  musz.  aus  diesem  gründe  kann  auch 
i  elementarlehrer  den  rechenunterricht  in  den  untern  elassen  nicht 
tteilen ,  da  er  die  bedürfnisse  der  obem  gar  nicht  oder  höchstens 
kr  oberflächlich  kennt,  die  elementarschule  sieht  ihre  aufgäbe  in 
W  gewinn ung  der  resultate,  das  gymnasium  legt  auf  die  ergebnisse 
kr  wenig  gewicht,  weit  mehr  und  vorzugsweise  aber  auf  die  art 
t  Zahlenverbindungen  und  die  Umwandlung  derselben  in  andere 
llformen.  alle  die  Operationen ,  die  später  in  der  tertia  an  alge* 
ibehen  und  buchstabengröszen  vorgenommen    werden   müssen, 

II  in  der  sexta  und  quinta  an  numenschen  zahlen  fest  einzuüben 
■  das  rechnen  mit  Zahlenaggregaten  —  zusammengesetzter  zahlen 

29» 


i 


452  Zur  praxifl  der  acholmathematiV. 

—  so  wie  die  mechanischen  Operationen  mit  klanu  lenmchMi  ml 
ein  hauptthema  für  diese  imterrichtsstufen.  dabei  darf  mdit  n- 
beachtet  bleiben,  dasz  die  für  diese  materien yonulegeiideaiinid M 
einzuübenden  regeln  über  ausfühmng  und  anordnnng  der  eiBMlMi 
rechenweisen  später  in  keiner  art  abgeftndert  werden,  hflchihM 
ergänzungen  imd  Weiterbildungen  finden  dürfen,  damit  m  koMr 
stelle  der  Zusammenhang  verloren  gehe  und  die  stetigknt  dar  o^ 
Wicklung  ins  stocken  gerathe.  sach-  und  wort-  und  «eiche— tt* 
rungen  über 

2  +  3  —  (1  +  1) +  (1  +  1  +  1)  —  l  +  l-fl  +  1+1-8 

6  —  2  =  (1  +  1  +  1  +  1  +  1)  -  (1  +  1) 

=  1  +  1  +  1  +  1  +  1  —  1  —  1  —  1  +  1+1 -S 

7  +  3  —  5  —  9  +  16  —  11  +  22  =  7  +  3  +  16  +  22  —  6—9-11 

=  (7+3  +  16  +  22)  — (5  +  9+11)  — 48— 25-« 

87.65=87(70  — ö)=87. 70  — 87-5— (90  — 8).70— (90— S)-S 
=  (90  .  70  —  3  .  70)  —  (90  •  5  —  3  •  6) 
=  90  .  70  —  3  .  70  —  90  .  5  +  3  .  5  — (90— 3)(70-i) 
1  4  2  —  5       ,       1 


8  — ö  6  6-(8  — 6)  •  3  —  7 
sind  für  sexta  und  quinta  unbedingt  erforderlich  und  in  der  qnuli 
durch  von  selbst  sich  darbietende  formein  zur  buchatabenberednuDV 
hinüberzideiten ,  damit  in  dem  tertianer  nicht  der  gedanke  nt 
komme,  diese  sei  etwas  wiUkürliches,  vielleicht  eigene  zar  jj^ige  ft 
ihn  erfundenes,  werden  die  gedachten  yorttbongen  und  tibV' 
leitungen  nicht  vorgenommen ,  so  ist  von  einem  firfihzeitigQB  ttf* 
ständnis  des  arithmetischen  und  auch  teilweise  des  geometriMte 
lehrpensums  in  der  tertia  keine  rede ,  so  lernt  auch  hier  aeifart  der 
bessere  schüler  nur  mechanisch  und  es  dänmiert  ihm  vielleidit  s^ 
das  lichtvollere  erfassen  dieser  abstractionen  entgegen,  wemiffdii 
schule  verlassen  musz.  in  der  kritischen  beurteilung  der  BcettM^ 
sehen  lehrbücher  kommen  wir  noch  einmal  auf  diesen  gegattttfl 
zurück. 

Wenn  in  der  elementarschule  die  ausdehnung  des  reduu* 
über  grosze  zahlen  nicht  erforderlich  ist,  wenn  femer  nur  die  ent* 
vier  rechnungsarten  daselbst  in  betracht  zuziehen  sind,  so  mntfdti 
gymnasium   in  beiderlei   hinsichten   diese  beschr&nkungen  lilli>  : 
lassen,    ein  anderes  ist  es  mit  2  und  3  und  17  und  267  au  redwüi 
ein  anderes  mit  7^94,  8947673  usw.,  weil  die  richtigkeit  der  nül'  ^ 
täte  in  kleinern  Zahlenrechnungen  sich  weniger  schwer  und  gewiMtf* 
maszen  instinctiv  herausfühlt  als  in  solchen  mit  grOeseni  ttlta 
und  die  so  erzeugte ,  vielleicht  rathend  gewonnene  sicheilieit  €t^ 
erleichterung  gewährt,  ein  überspringen  von  sohwierigkeiteiL  fft* 
läszt,  das  in  vielen  fällen  von  Übel  ist    dieser  punot  wird  wie  HA- 
fach  überschätzt,  so  doch  häufig  genug  zum  nachteil  einee  maair 
tigen  rechnens  übersehen  und  steht  in  Verbindung  mit  der  findenng 
vieler  lehrer,  dass  die  resultate  der  aufgaben  in  den  sammelwalne 


Zur  praxia  der  scliuliuiLthematik. 


453 


uungsfUgt  werdon  sollen,  ein  solches  verfahren  ist  für  den 
■ebKdlicfa,  weil  et-  dadurch  zum  rathen  und  planlosen  arbeiten 
irird,  für  den  lehrer  aber  zum  mindesten  überflüssig,  dieser 
erdiee  jede  aufgäbe,  die  er  stellen  will,  vorher  auf  ihre 
igkeiten  hin  prüfen ,  damit  den  schUlem  nicht  unbilliges  zu- 
t  werde,  was  vielfach  namentlich  von  jtlngern  lehrem  über- 
ird.  dasz  in  der  quaiia  das  radicieren  in  bestimmten  zahlen 
nnd  bia  zur  vollen  mccbaniscben  fertigkeit  wenigstens  bei 
4ntwnrzel  eingeübt  werden  müsse,  ist  uns  in  keiner  weise 
mft,  weil  spllter  ivol  die  theoretische  Unterweisung  dnroh  ein 
iapiele  erläutert  &ber  niemals  aus  Zeitmangel  die  volle  fertig- 
dieeer  Operation  trzielt  wird, 
■a  hfingt  mit  den  einzuführenden  logarithmen  zusammen,    auf 


insiisitun  musz 

nan    für  die  ansrechnung  von   4567-894 

m  lassen: 

1667 

4567 

894 

894 

36636 

und  nicht                  1«368 

41103 

41103 

18368 

36536 

4082998 

4082998 

in  rechnen  musz 

456,  7(89}  ■  0,  9(764)  für  siebenstellige 

9  nnd  dnrcll  die 
brOdie: 

klammerzeichen  angedeutete   periodische 

456,78989898 

6,9(764) 

4111109090 

329752929                                            J 

27407393                                            ■ 

1827159                                            ■ 

329752                                           fl 

37407                                           ■ 

1827                                           ■ 

T 

329                                           ■ 

i 

\ 

447,0456914                                          -H 

■lals  anders  gerechnet  hat  als : 

a 

+  2„ft  +  A' 

+  s 

~ 

+  2o*ft+a6> 

\ 

-(-     a'ö+2afi'  +  6»       . 

|-3a*>  +  A<. 

r  die  division  hat  man  sich,  was  form  und  sprachlichen 
anlangt,  vielfach  herumgestntten.  wenn,  was  niemand 
t,  46785 :  679  identisch  ist  mit  so  mnsz  man  sprechen '. 


454 


Zur  praxis  der  schnlmaÜiematik. 


46785  dividirt  durch  679  und  nicht  679  dividirt  in  46785  od«rgir 
46785  dividirfc  in  679.  auch  schreibt  man  sehr  viel  leichter  und  bener 

^^^  '     697  I  46785  |  67,1 . . 


46785  I 
4182 

4965 
4879 

860 


67 


,1..    I 


als: 


4182 

4965 
4879 

860 


schon  der  raumerspamis  halber,  abgesehen  von  dem  vortmle,  dm  m 
dem  ersten  Schema  divisor  und  quotient  als  moltiplicandns  owl 
multiplicator  unter  einander  zu  stehen  kommen,  das  gebiftnoUiehe 
Schema  für  die  wurzelausziehung  scheint  das  folgende  zu  sein: 

1/2'=  1,414 
1 


2| 

100 

96 

28 

1  400 

281 

282 

1  11900 

11296 

Wir  müssen  es  trotz  des  vielseitigsten  gebrauöba  perhorreMknii 
nicht  allein  weil  es  umständlich  ist,  sondern  auch  weil  ee  die  opflo- 
tion  nicht  als  die  direct  entgegengesetzte  der  potenzienmg 
läszt  und  somit  dem  schüler  zum  teil  unyersüüidlioh  bleibt,  da 

(432,56)2  = 


=  16 
24 
9 
172 

4 
4320 
25 
51900 
36^ 

187108,1536 


j/187 108,1686 
16 

27 
24 


MM 

m 


so  ist  auch 


31 
9 

220 
172 

488 
4^ 

4841 
4320 


5215 
25 

51903 
51900 


36 
36 


Znr  präzis  der  schulmathematik.  457 

idi  ladb  den  lehrstunden  in  secunda  und  prima,  er  achtet  das  kleine 
png  nnd  huldigt  ans  unbedacht  dem  Vorurteile,  es  sei  schwieriger 
mi  darum  auch  ehrenwerther,  den  Pythagoras  und  das  problem  des 
hffjpoB  zu  demonstriren  als  das  sieb  des  firatosthenes.  solche  ge- 
\niksa  sind  nun  zwar  jugendlich  naiv,  treten  aber  nicht  selten 
diidigend  hervor  und  sollten  in  jedem  falle  energisch  zurück- 
(•wiesen  werden,  wer  wie  ich  jahrelang  in  allen  dassen  unterrichtet 
mi  stets  das  bestreben  empfunden  hat,  das  möglichste  unter  ge- 
Itbeiien  umständen  zu  leisten,  der  kann  nur  davon  zeugnis  geben. 
Im  der  rechenunterricht  in  der  sexta  und  die  anf&nge  der  geometrie 
i  der  tertia  für  den  tüchtigen  und  einsichtsvollen  lehrer  interes- 
ttter  sind  als  die  andern  partieen  der  elementaren  mathematik. 
iMMheh  greifen  die  stunden  in  sexta  und  tertia  die  physischen  krttfte 
1«  lehrers  mehr  an  als  jene  in  secunda  und  prima,  und  darum  ist  es 
fiGg,  fOr  sie  jüngere  kräfte  heranzuziehen. 

Heilung  für  die  bezogenen  übelstftnde  kann  nur  in  der  voll- 
Hidigen  durchführung  des  fachlehrersystems  gefunden  werden, 
Mb  dasselbe  mit  allen  seinen  consequenzen  angenommen  wird,  jRie 
■  lA  der  westfälischen  directoren-instruction  (Wiese,  preuszisches 
dUwesen  I  s.  716)  auseinandergesetzt  worden,  diese  instruction 
ttmet  überhaupt  geist  und  leben  und  es  ist  nur  zu  bedauern,  dasz 
h  sieht  allgemein  vorgeschrieben  ist ,  sondern  nachfolger  gefanden 
ptk  die  nicht  im  entferntesten  sich  mit  ihr  vergleichen  lassen,  man 
ihr  zu  groszen  idealismus  vorgeworfen,  und  den  lebendigen 
rganismus  des  lebrercollegiums  ersetzt  durch  die  auto- 
ratie  des  anstaltsdirectors,  die  weder  physisch  noch 
iienschaftlich  ausreichen  kann,  zum  beweise  setzen  wir 
US  berührenden  gedanken  hierher.  *der  director  ist  viertens 
it  des  ganzen  innem  gebietes  der  anstalt,  sowol  des  unter- 
als  der  erziebung  (?)  der  ihr  zur  bildung  (sie!)  anvertrauten 
die  grundlage  des  unterrichte  bildet  der  allgemeine  lehrplan 
die  modificationen,  welche  durch  specielle  anordnungen  fOr  ein* 
•nstalten  getroffen  sind,  die  aufgäbe  des  direotors  ist  es  nun, 
lUem  dahin  zu  wirken ,  dasz  dieser  lehrplan  von  dem  lehrer- 
pfun  als  ein  organisches  ganzes  erfaszt  und  verstanden,  dasz  er 
wie  in  seinen  teilen  in  den  conferenien  zum  gegenstände 
^er  und  gründlicher  erörterungen  gemacht,  die  gedeihlichste 
seiner  ausMhrung  erwogen  und  dadurch  in  jedem  einzelnen 
iede  des  collegiums  ein  lebendiges  interesse  für  eine  frucht- 
j^ende  fortentwickelung  der  ganzen  anstalt  hervorgerufen  und 
Iten  werde,  die  bei  dieser  durcbarbeitung  des  lehrplans  betonten 
itze  stehen  zwar  im  allgemeinen  teils  durch  höhere  verord- 
nen teils  durch  die  zum  gemeingut  gewordene  und  sich  immer 
fer  entwickelnde  idee  des  hohem  deutschen  unterrichtswesens 
fest,  allein  im  einzelnen  ist  noch  vieles  durchzubilden,  sowol 
den  umfang  als  was  die  methode  der  verschiedenen  unterrichte- 
betritft :  und  wiederum  hat  jede  anstalt  nach  der  eigentümlich- 


456  Zur  praxis  der  scholmatliematik; 

man  den  weg  des  kleinen  zeigers  x  minuten,  so  mnsi  dar  gxtao» 
zeiger  o;  -f-  60  minuten  durchlaufen,  und  da  die  geedhwindSgiDnln 
1  und  12  sind^  so  ist  der  weg  des  gröszem  zeigers  so  viel  mal  gitar 
als  der  des  kleinem ,  wie  viel  mal  seine  geschwindigkeit  die  dn 

letztem  übertrifft,  und  dadurch  erhält 

X         ^  J_ 

60  +  a?  12 

oder  in  fernerer  behandlung 

12x=60'+  X 
12a;  —  a;  =  60 
11  a;  =  60 

60 
X  =  -jY  usw. 

so  musz  man  auch  die  vorhin  genannte  aufgäbe  in  der  quiaii  dei 
gymnasiums  in  analoger  weise  behandeln,  damit  die  varberaitaiy 
perfect  werde,  demnach  sagt  man :  die  zinsen  von  700  sind  so  ni 
mal  gröszer  als  die  von  450,  wie  viel  mal  700  selbst  gröner  ist  ib 
450  und  erhält  damit: 

450  22,5      , 

_  =  _.  oder 

450  •  ic  =  22,5  •  700  oder 
22,6  ■  700 
^  ""        46Ö        • 

Diese  andeutungen  sind  für  die  kundigen  and  nachdsokflida 
leser  hinreicliend,  um  meine  gedanken  klar  zu  stellen«  ich  kfiuitt 
bei  grösserer  ausführlichkeit  noch  schlagender  specificieren,  aber  ü 
glaube  hinlänglich  dargethan  zu  haben,  dasz  gerade  der  imaniBai* 
hang  zwischen  dem  rechenunterricht  in  den  unteren  daesen  mid  dM 
mathematisch-wissenschaftlichen  auf  den  oberen  eine  andere  behnd- 
lung  des  erstem  erfordert,  als  diejenige  ist,  welche  auf  der  eleimittf' 
schule  als  zweckmäszig  erachtet  werden  musz.  und  nun  wird  vm- 
auch  die  behauptung  nicht  auffallend  finden,  dasz  ein  elementaiUnt 
den  rechenunterricht  in  sexta,  quinta  und  quarta  im  aUgemfliiBI 
nicht  ertheilen  kann,  wer  unterrichten  und  lehren  will,  vom  bA 
weit  über  den  zu  unterrichtenden  erheben,  er  musz  ana  dem  woDli 
schöpfen  und  im  stände  sein,  jede  augenblickliche  und  jede  kttii^gi 
Schwierigkeit  ins  äuge  zu  fassen,  ein  primaner  steht  in  benig  im 
wissen  und  methodik  in  der  lateinischen  spräche  gewiss  eichonr  ih 
ein  seminaristisch  vorgebildeter  elementarlehrer  in  der  matiietiutt  \ 
und  doch  wird  es  keinem  schul  vorstände  einfallen,  einen 
in  die  sexta  zum  lateinischen  Unterricht  zu  schicken,  aei 
noch  so  tüchtig  und  wie  man  zu  sagen  pflegt ,  von  nator  som  Ufff 
geschaffen. 

Aber  auch  dort,  wo  ein  mathematiker  ex  professo  den 
Unterricht  leitet,  sieht  es  häufig  genug  nicht  besi    r  aas  alsaidtf^ 
wärts;  der  junge  lehrer  hat  meist  hohe  schrauben  im  köpfe,  arMtat 


Zar  praxis  der  schulmathematik.  457 

dcfa  nach  den  lehrstunden  in  secunda  und  prima,  er  achtet  das  kleine 
\mng  und  huldigt  aus  unbedacht  dem  verurteile,  es  sei  schwieriger 
md  darum  auch  ehrenwerther,  den  Pythagoras  und  das  problem  des 
k^ypus  zu  demonstriren  als  das  sieb  des  Eratosthenes.  solche  ge- 
inken  sind  nun  zwar  jugendlich  naiv,  treten  aber  nicht  selten 
±fidigend  hervor  und  sollten  in  jedem  falle  energisch  zurück- 
Bwiesen  werden,  wer  wie  ich  jahrelang  in  allen  classen  unterrichtet 
ad  stets  das  bestreben  empfunden  hat,  das  möglichste  unter  ge- 
»henen  umständen  zu  leisten,  der  kann  nur  davon  zeugnis  geben, 
ISS  der  rechenunterricht  in  der  sexta  und  die  anfönge  der  geometrie 
i  der  tertia  für  den  tüchtigen  und  einsichtsvollen  lehrer  interes- 
mter  sind  als  die  andern  partieen  der  elementaren  mathematik. 
eilich  greifen  die  stunden  in  sexta  und  tertia  die  physischen  kräfte 
as  lehrers  mehr  an  als  jene  in  secunda  und  prima,  und  darum  ist  es 
tllig,  für  sie  jüngere  kräfte  heranzuziehen. 

Heilung  für  die  bezogenen  übelstftnde  kann  nur  in  der  voll- 
ladigen  durchführung  des  fachlehrersjstems  gefunden  werden, 
«DU  dasselbe  mit  allen  seinen  consequenzen  angenommen  wird,  yrie 
i  in  der  westfälischen  directoren-instruction  (Wiese,  preuszisches 
thnlwesen  I  s.  716)  auseinandergesetzt  worden,  diese  instruction 
dimet  überhaupt  geist  und  leben  und  es  ist  nur  zu  bedauern ,  dasz 
e  nicht  allgemein  vorgeschrieben  ist ,  sondern  nachf olger  gefunden 
li,  die  nicht  im  entferntesten  sich  mit  ihr  vergleichen  lassen,  man 
liihr  zu  groszen  Idealismus  vorgeworfen,  und  den  lebendigen 
rganismus  des  lehrercollegiums  ersetzt  durch  die  auto- 
xatie  des  anstaltsdirectors,  die  weder  physisch  noch 
wissenschaftlich  ausreichen  kann,  zum  beweise  setzen  wir 
m  rma  bertlhrenden  gedanken  hierher.  Mer  director  ist  viertens 
irigent  des  ganzen  innern  gebietes  der  anstalt,  sowol  des  unter- 
idits  als  der  erziehung  (?)  der  ihr  zur  bildung  (sie !)  anvertrauten 
mnd.  die  grundlage  des  Unterrichts  bildet  der  allgemeine  lehrplan 
jjld  die  modificationen,  welche  durch  specielle  anordnungen  für  ein- 
|he  anstalten  getrofifen  sind,  die  aufgäbe  des  directors  ist  es  nun, 
allem  dahin  zu  wirken,  dasz  dieser  lehrplan  von  dem  lehrer- 
^om  als  ein  organisches  ganzes  erfaszt  und  verstanden,  dasz  er 
t^mzen  wie  in  seinen  teilen  in  den  conferenzen  zum  gegenstände 
Itiger  und  gründlicher  erörterungen  gemacht,  die  gedeihlichste 
seiner  ausführung  erwogen  und  dadurch  in  jedem  einzelnen 
jliede  des  collegiums  ein  lebendiges  interesse  für  eine  frucht- 
löngende  fortentwickelung  der  ganzen  anstalt  hervorgerufen  und 
ft*llen  werde,  die  bei  dieser  durcharbeitung  des  lehrplans  betonten 
föidsätze  stehen  zwar  im  allgemeinen  teils  durch  höhere  verord- 
nen teils  durch  die  zum  gemeingut  gewordene  und  sich  immer 
Irfer  entwickelnde  idee  des  höhern  deutschen  Unterrichts wesens 
Rufest,  allein  im  einzelnen  ist  noch  vieles  durchzubilden,  sowol 
den  umfang  als  was  die  methode  der  verschiedenen  unterrichts- 
reige  betrifft :  und  wiederum  hat  jede  anstalt  nach  der  eigentümlich- 


458  Zur  praxis  der  schulmathematik. 

keit  ihrer  mittel  und  lebrer,  ihrer  örtlichkeit  und  ihres  ganxenbeMD- 
dern  standpunctes  recht  sorgfältig  zu  überlegen,  wie  gerade  nenf 
dem  angemessenen  wege  sich  dem  ziele  nfthem  kOnne  and  mflsN . . . 
obwol  nämlich  der  director  die  höhere  ttberaiöht  des  gamen  IhIni 
und  den  mittelpunct  bilden  musz,  in  welchem  erkenntais  und  pmii 
ihre  einheit  findet,  so  kann  er  doch  nicht  alles  allein  tkai, 
und  eine  teilung  der  umfassenden  arbeit  wird  in  jeder 
hinsieht  zweckmäszig  sein,  zu  dem  ende  yerieilen  die  aü- 
glieder  des  coUegs  die  hauptfächer  des  Unterrichts  der  ari  nnler  eii- 
ander,  dasz  der  einzelne  ein  einzelnes  fach  zur  speciellen  an&kht 
und  bearbeitung  übernimmt,  sich  mit  dem  stoffe,  den  hilfinnittdi, 
der  methode,  den  wissenschaftlichen  fortschritten  dieses  &elies,dH 
dasselbe  betreffenden  Verordnungen  bekannt  macht  und  die  nsftiK 
dische  durchführung  durch  die  ganze  anstalt  oder  eine  ihrer  bildinp- 
stufen  als  seine  besondere  aufgäbe  betrachtet,  einem  jedn  wiii 
natürlich  dasjenige  fach  zufallen ,  in  welchem  er  selbst  am  meutai 
beschäftigt  ist:  allein  seine  sorge  erstreckt  sich  auch  über  seil« 
eigwBne  leb  rerthätigkeit  hinaas  auf  die  übrigen  lehrer, 
welche  in  demselben  zweige  unterrichten,  mit  ihm  ab 
dem  hauptlehrer  haben  sie  zunächst  das  ineinandergreifen  deaimli^ 
richts  zu  überlegen  und  ihn  in  der  entwerfung  des  lehrplüM  ft 
unterstützen;  zugleich  wird  er  selbst  wohlthun,  wenn  er  sich  W 
kurze  chronik  über  sein  fach  anlegt,  in  welcher  er  sowol  littemiiM 
notizen,  eigene  bemerkungen,  beobachtungen  und  erfidimngeiitTV*'| 
Ordnungen  usw.,  als  auch  den  genehmigten  fachlehrplan  nadii 
hauptumrissen  einträgt,  ebenso  ist  er  es,  von  welchem  baBpMdh| 
lieh  die  vorschlage  zur  anschaffung  von  büchem  und  aadem  Ur 
mittein  für  das  von  ihm  vertretene  fach  erwartet  werden» 
diesen  vorarbeiten  der  hauptfachlehrer  und  der  mit  ihnen  in  dv=j 
selben  föchem  beschäftigten  amtsgenossen  gehen  alsdann  die  msftt';; 
dischen  oder  fachlehrpläne  hervor,  in  denen  jeder  einielne 
gegenständ  nach  lehrstoif,  methode  und  hülfsmitieln  dbxdi 
classen  der  schule  einer  scharfen  und  bestimmten  abgrsaiing 
einer  jeden  zugetheilten  lehrabschnittes  verfolgt  wird;  diesslhlj 
bilden ,  nachdem  sie  in  der  conferenz  berathen  und  Ton  uns 
den  eventuell  nothwendigen  modificationen  genehmigt  sind, 
specialinstructionen  für  die  behandlung  der  einseinen  vnt 
gegenstände^  durch  welche  jeder  neu  eintretende  lehrer  in  dsttj 
gang  derselben  eingeführt  wird:  sie  sind  übrigens  Yon  Mit 
einer  revision  zu  unterwerfen,  damit  das  lehrercoll^am  sieh 
wissenschaftlich  und  didaktisch  in  Vertrautheit  mit  der  saohe 
imd  keine  auf  dem  betreffenden  gebiete  neue  und  bedeatiaasv^] 
scheinung  unbeachtet  vorübergehe.' 

Ich  bin  in  der  that  überzeugt ,  zunächst  dasz  wenn  dissi  ii 
struction  wirklich  durch-  und  ausgeführt  würde ,  niemals  die  Uifli 
über  einen  ungenügenden  rechenunterricht  erhört  Verden  wirili 
falls  ein  mathematiker  denselben  ertheilte,  der  eet.  par.  nicht  sin  A 


Zur  präzis  der  sclialmathematik.  459 

ichter  lehrer  wäre ,  und  dann  weiterhin ,  dasz  sie  in  der  mathe- 
k  gerade  um  so  eher  erfüllt  werden  musz,  als  director  und 
Irath  meistenteils  die  'notwendige  controle  nicht  handhaben 
ton.  herr  Dorschel  in  Stargard  wünscht  meine  erfahrungen. 
denn  zwei  für  eine,  an  einem  wesillllischen  gymnasinm  war  ein 
er  mathematischer  lehrer,  der  vor  vielen  anderen  den  Vorzug 
I,  gate  disciplin  halten  zu  können;  er  hatte  deshalb  ruf  und 
anerkennung.  mit  den  kenntnissen  seiner  schfiler  stand  es  herz- 
lehlecht,  sie  wüsten  im  groszen  und  ganzen  gar  nichts,  d.  h. 
I  etwa  die  schlechtem  sondern  auch  die  besten  befanden  sich 
tieaem  unzulässigen  standpuncte,  und  die  schriftlichen  arbeiten 
ibiturientenprüfung  wurden  Jahrzehnte  lang  dadurch  gewonnen, 
das  brouillon  der  dem  p.-s.-collegium  einzusendenden  vorlagen 
lehrer  gestohlen  wurde,  da  kam  ein  neuer  director,  der  viel- 
t  etwas  hatte  munkeln  hören ,  und  um  die  ttbelstände  zu  heben, 
l  er  auf  seine  studierstube  und  studierte  den  schon  damals  ver- 
m  Kries.  gewandt  im  reden  that  er  sich  nun  zuweilen  die 
gthnung,  auch  von  der  mathematik  bescheiden  zu  sprechen,  der 
r  schmunzelte  in  seinen  hart,  denn  ein  solcher  mann  konnte 
seinen  cirkel  nicht  verderben,  ein  vorwitziger  candidat  aber 
Um,  mann  unverschämt  ins  geeicht  gelacht  haben ,  was  freilich 
nschafUich ,  aber  nicht  durch  die  regeln  der  klugheit  gerecht- 
|t  war.  an  einem  gjmnasium  in  Ostpreuszen  war  ein  bekannter 
«matiker  unter  drei  directoren  —  erst  der  dritte  hat  ihn  be- 
|t,  der  niemals  studiert  und  niemals  ein  examen  bestanden 
r,  weil  er  wahrscheinlich  seine  aus  Schlesien  datierten  diplome 
li  erbschaft  oder  auf  eine  andere  weise  an  sich  gebracht;  zur 
Aar  Untersuchung  waren  sie  nicht  mehr  vorhanden,  so  weit 
ie  Sache  unverfänglich  und  könnte  vielleicht  auch  heute  noch 
Iren,  dasz  aber  ein  solcher  allerdings  gewandter  elementarlehrer 
k  zwanzig  und  mehr  jähre  die  erste  lehrsteile  der  mathematik 
iden  kann,  ohne,  was  wohl  zu  beachten,  sich  fachwissenschaft- 
inntergefördert  zu  haben,  das  übersteigt  doch  alle  grenzen  und 
iü  demjenigen  coUegen  recht  zu  geben  ^  der  es  vor  kurzem  ans- 
tDchen,  dasz  schulrätbe  und  directoren  nicht  selten  es  redit 
^•then,  wenn  ihr  mathematicus  nachsieht  verdiene,  es  ist 
1^  non  omnia  possumus  omnes,  und  niemand  verlangt  von  dem 
Itasialdirector  tiefere  mathematische  kenntnisse  —  mit  der 
hnathematik  allein  reicht  man  indes  auch  hier  nicht  aus  —  man 
loch  einem  guten  director  zu ,  urteile  über  leistungen  und  dis- 
I  seines  mathematikers ,  erstere  wenigstens  indirect,  fällen  zu 
sn,  so  dasz  die  dienstliche  autorität  nicht  geschädigt  wird;  aber 
steilen  über  \vissen  und  methode,  über  lehrbücher,  hülfsmittel, 
lloren  geht  er  am  besten  zur  berathung  mit  seinem  mathe- 

een  collegen  über  und  wenn  auch  nur  in  der  strengen  weise 
n  mitgetheilten  instruction.  was  aber  die  schulrätbe  anlangt, 
jltiach  den  neuesten  ereignissen  die  anstellung  von  katholischen 


■ 


460  Zur  praxis  der  scholmathemalik. 

und  evangelischen  schulräthen  hinfällig  geworden;  man  benfi 
daher  in  den  rath  des  oberpräsidenten  wirkliche  laehadralittti^ 
dann  wird  es  mit  dem  mathematischen  unterrichte  ftof  gjiiiMMi 
schon  besser  werden,  ohne  dasz  eine  wissenschaftliche  prüfiofh 
commission  allzu  strenge  urteile  ÜQlt  und  den  mathernttton 
anstalt  ftir  fehler  verantwortlich  macht,  die  der  scholrsfh 
ich  könnte  über  diese  dinge  noch  manches  beibringe,  nodi 
erfahrung  mitteilen ,  an  dieser  stelle  werden  jedoch  dioae 
andeutungen  genügen,  aber  einen  andern  punct  wiU  ich  aieU  mi 
stillschweigen  übergehen,  es  ist  wol  an  allen  anstalten  ans  Yonekrift 
der  brauch  eingeführt,  dasz  die  directoren  häufig  die  lehntnata 
besuchen,  um  sich  über  den  gang  des  Unterrichts,  Aber  diehiltBif 
der  Schüler,  über  die  art  und  weise,  wie  der  lehrer  die  diaciplian 
handhaben  und  den  Unterricht  fruchtbringend  zu  machen  aiidit, 
unterrichten,  und  die  so  gesanmielten  erfahrongen  fOr 
leitung  der  anstalt  zu  benutzen,  an  und  für  dch  ist  daa  nkfat  i 
nicht  tadelnswerth ,  sondern  verdient  alle  anerkennnng, 
der  schulvorstand  die  nötige  einsieht  hat,  die  gewoniieBfln 
rungen  zu  verwerthen,  oder  aber  die  nötige  energie,  daa 
in  rechter  weise  abzustellen,  oder  endlich  auch  den  nOtigen  taisli 
vertrauen  der  lehrer  in  rechter  art  zu  gewinnen,  wenn  nicht' 
regel  'abusus  non  toUit  usum'  zu  beherzigen  wftre«  ao  mSchto 
wis  mancher  coUege  nach  seinen  praktischen  erüahnuigeB  den 
wand  von  zeit  und  die  gelegenheit  zu  gegenseitigem  bgv 
nutzen  der  dargelegten  einrichtung  entgegenhalten  und  ihren 
fall  wünschen:  keines weges  aber  darf  sie  all^  und  unerglniil 
stehen  bleiben,  das  lehrercollegium  einer  anstalt  mnai  ein 
ganisches  ganze  bilden,  und  kein  director  kann 
seine  person  ein  solches  allein  herstellen,  öffsnüicha 
fungon  sind  billiger  weise  in  verruf  gekommen,  daa  abil 
examen  gibt  nicht  aller  orten  und  nicht  allseitige  gelegenheiti 
achtungen  von  pädagogischer  Wichtigkeit  anzustellen , 
wiederhergestellt  und  als  allgemeine  Vorschrift  angeordnet 
was  man  früher  classenexamina  nannte,  diese  können  in 
weise  eingerichtet  sein,  entweder  treten  die  in  einer  clasaa 
richtenden  lehrer  unter  dem  Vorsitze  des  directors  insanmMi 
prüfen  die  betreifende  classe  an  einem  tage  uno  tenora  in 
gegenständen  und  dann  wird  sich  zeigen,  wo  daa  gute,  v 
mangelhafte  zu  finden ,  welcher  lehrer  zu  wenig  eifer ,  wddMK- 
viel  an  den  tag  gelegt,  dann  werden  mit  den  ttbelstftndeaa  andk 
mittel,  ihnen  abzuhelfen,  erkannt  werden,  da  hilft  kein  aehein 
tinig,  Schüler  und  lehrer  erkennen  sich  in  voller  Wahrheit,  and 
müste  mit  ihrer  Wahrhaftigkeit  schlecht  bestellt  sein, 
director  nach  einem  solchen  classenexamen  nicht  mit  all 
andeutungen  über  die  hervorgetretenen  resultate  sich  genOgen 
könnte,  wenn  er  noch  genöthigt  sein  sollte,  persönliche 
zu  machen,  die  empfindliche  gemüter  verletzen  dürften,  eine 


3 


Zur  präzis  der  schulmathematik.  461 

t  der  classenprüfungen  ist,  an  einem  tage  die  ganze  anstalt  in 
Bern  lehrüache  zu  revidieren,  damit  die  betreffenden  fachlehrer  ein 
id  ttber  die  leistungen  nach  den  yerscbiedenen  classen-  und  alters- 
alini,  über  das  gegenseitige  ineinandergreifen ,  das  vorbereiten  für 
ihere  classen  und  das  wiederholen  vorhergegangener  lehrpensa 
hahan  imd  durch  nachfolgende  meditation  und  besprechung 
Behtbar  machen,  jeder  director  wird  mir  zugeben  müssen,  dasz 
ine  arbeit  durch  solches  verfahren  unendlich  erleichtert,  dasz  das, 
m  in  der  that  erreicht  werden  soll,  mit  groszer  Sicherheit  zum  vor- 
Mn  kommen  wird  und  gerade  in  den  fächern,  für  welche  er  keine 
^alstudien  gemacht  hat. 

Aus  meinen  erlebnissen  weisz  ich  die  nothwendigkeir  solcher 
issenexamina  zu  schätzen  aber  auch  die  Unbeliebtheit  zu  würdigen, 
e  sie  bei  schwerfälligen  collegen  finden,  ich  habe  aber  immer 
Ar  gehalten ,  dasz  für  ein  rechtes  ziel  auch  die  rechten  mittel  ein- 
ihalten  werden  sollen:  ich  habe  demnach  zweimal  in  der  conferenz 
eines  frühem  collegs  unter  Zustimmung  des  directors  dahin  gehende 
itrBge  gestellt,  die  aber,  obgleich  angenommen,  in  ihrer  ausführung 
[  calendas  graecas  vertagt  wurden :  nach  einer  dritten  annähme  der 
iederholt  von  mir  gestellten  antrage  wurde  ein  versuch  gemacht, 
dl  ich  selber  vorgieng  und  in  unmittelbarer  aufeinanderfolge  der 
iBsen  tertia  bis  prima  nach  ihren  verschiedenen  abteilungen  in  der 
iQiematik  prüfte:  der  versuch  hat  keine  nachfolge  gefunden;  der 
lector  hat  in  seinem  disciplinarberichte  meine  bemühun|[en, 
liürlich  nicht  unter  meinem  namen,  als  bemerkenswerth 
rvorgehoben,  ist  dafür  belobt  worden,  und  ich  —  hatte  ärgerliche 
dtbritte  mit  den  collegen,  wobei  der  director  niclft  einmal  auf  meine 
ib  trat,  habeant  sibi !  und  kehren  wir  nach  diesen  abschweifungen 
limserm  thema  zurück,  nicht  ohne  jedoch  es  zu  betonen,  dasz  per- 

iche  erlebnisse  nur  der  sache  halber  mitgeteilt  werden,  es 
t  im  schulleben  noch  viel  schein,  und  man  darf  nicht  an- 
,  ihn  von  zeit  zu  zeit  aufzudecken. 

Nach  altem  gebrauche  beginnt  auch  heute  noch  der  Unterricht 

geometrie  in  der  quarta:  anderwärts  hat  man  demselben  eine 

mte  formenlehre  oder  den  geometrischen  anschauungsunter- 

substituiert,  ich  kann  mich  mit  diesen  einrichtungen  nicht  ein- 
iden  erklären,    die  drei  untern  classen  haben  wöchentlich  10 

len  und  die  sind  nur  eben  ausreichend,  um  eine  angemessene 

^keit  im  rechnen  zu  erzielen ,  auf  der  andern  seite  aber  ist  ein 

t derer   anschauungsunterricht   durchaus  tiberflüssig,   weil  der 
rieht    in    der   geometrie    überhaupt   und    ausschlieszlich,    auf 
lasien  wenigstens,  allein  auf  anschauung  beruhen  sollte,    es  ist 
pädagogischen  und  wissenschaftlichen  standpuncte  aus  durchaus 
isig,  die  anfangsgründe  der  geometrie  nach  Euklid  oder  nach 
mdre  zu  lehren,     letzterem,  der  bei  uns  durch  Grelle,   Tell- 
►f,  vielleicht  auch  durch  Brettner  eingebürgert  worden,  ist  es 


i 


462  Zur  praxis  der  schulmaihematik. 

nur  in  geringem  grade  gelungen,  die  härten  und  ni 
des  erstem ,  insofern  dessen  werk  als  lehrbuch  für  die  ji 
trachtet  werden  darf,  zu  mindern ,  er  ttbertrifflt  ihn  sogar 
läufigkeit  und  in  der  künstlichkeit  des  systematiBdlien  i 
nirgends  als  in  der  mathematik  erlangt  der  alte  sati:  tanti 
quantum  memoria  tenetur  eine  so  eminente  bedentnng,  und 
folge  zu  geben ,  musz  das  gedächtniswissen  auf  das  Ueinvfe^  i 
beschränkt  werden ,  und  das  kann  wiederum  nur  dadurch  fa<w] 
werden,  dasz  man  die  anschauung  nicht  allein  zur  hfllfe  »iir%w  ^  « 
dern  dasz  man  sie  ausschlieszlich  zum  principe  des  beweiset 
das  wird  auch  noch  in  anderer  weise  erkannt,  ^e  allee  daak* 
der  erfahrung  ausgeht,  so  auch  die  mathematik;  sie  ist 
Schaft,  die  in  der  natur  gegebenen  anschauungen  der  gendetf 
der  ebene,  der  flächen  und  der  körper  werden  begrifflieh 
die  grösze  und  gestalt  treten  zunächst  als  wesentliohe 
hervor ,  ihnen  tritt  die  läge  der  verschiedenen  gebilde  rar 
damit  auch  der  Übergang  der  einen  läge  in  eine  andere,  wflOS^ 
bewegung  gegeben  ist.  die  bewegung  ist  aber  xnnichst  eiB0 
schreitende  oder  aber  eine  drehende :  als  masz  der 
bewegung  ist  die  strecke,  als  das  der  drehenden  der  winkd 
sehen,  und  somit  haben  wir  die  grundlegenden  definiücnen: 
linie  ist  der  geometrische  ort  eines  punctes ,  der  sich  in 
richtung  fortbewegt,  und  winkel  ist  der  drehungsonterscUsd 
gei:aden  (oder  zweier  ebenen),  dem  winkel  unn  der  geraden  BiiBl 
als  drittes  zur  seite  die  (geradlinig  begrenzte)  figur,  die  didanki 
steht,  dasz  sich  mehre  gerade  in  mehren  puncten  schneideA 
aber,  dasz  sich  eine  strecke  abwechselnd  fortschreitend  und 
bewegt  bis  dahin,  dasz  sie  in  ihre  ursprüngliche  läge 
ist.    damit  haben  wir  denn  die  beiden  Sätze:   zwischen  n 

giebt  es    ^      — -  linien,  n  Seiten  und  ^7^  -^   diagOBilflAt 

die  auszen-(drehungs-) winkel  jeder  nseitigen  fignr  sind  ^S 
mithin  die  innenwinkel  derselben  =  (n  —  2)  flachen,    also 
auch  in  der  einfachsten  figur,  dem  dreieck,  die  drei  ii 
=  TT  (einem  flachen)  und  da  das  dreieck  so  beschaffen  sein 
dasz  zwei  seiner  winkel  möglichst  grosz,  der  dritte  aber 
klein  ist,  so  geht  dasselbe  über  in  das  gebilde  zweier  panlldn: 
einer  dritten  schneidenden,     man  kommt  zugleich  zu  dem 
einer  grösze,  die  sich  beständig  der  grenze  0  nähert,  ohne  jeMhl 
zu  werden. 

Gesetzt  auch ,  diese  anschauungen  würden  mit  recht  tob  tej 
wissenschaftlichen  bedenken  getroffen ,  die  man  gegen  me  erihite 
hat,  so  würde  ich  mich  doch  noch  sehr  lange  besinnen,  obuhfli 
nicht  dennoch  dem  ersten  unterrichte  zu  gründe  legen  sollte»  A 
ihnen  entsprechenden  resultate  sind  unbedingt  richtig,  der  mg 
diese  resultate  zu  erhalten ,  ist  möglichst  kurz  und  gewährt  vdDi 
Verständnis,  das  jederzeit  klar  hervortritt,  während  jeder  anden  ■ 


Zur  praxis  der  Bchnlmathexnatik.  463^ 

)llen  durch  wucherndes  gesträuch  verdeckt  wird,  wie  die* 
er  auszenwelt  unbedenklich  feststeht,  weil  mit  der«nnahme 
alle  erscheinungen  weit  leichter  und  besser  erklftrt  werden 
ÜB  wenn  eine  scheinexistenz  der  auszenwelt  statuiert  wird, 
le  sinnliche  und  von  den  möglichen  fehlem  befreite  an- 
vollstftndig  beweisgültig  und  jeder  deduotion  aus  kfinsUich 
den  begriffen  vorzuziehen ;  ich  wiederhole :  die  mathematik 
rwissenschaft  mit  dem  zusatze:  und  nicht  philo- 
ich  will  noch  einzelnes  specialisieren.  wenn  man  den 
den  geometrischen  ort  eines  punctes  erklärt,  der  in  der- 
ene  verbleibend  sich  so  um  einen  festen  punct  bewegt,  dass 
B  dieselbe  entfemung  beibehalten,  so  ist  es  auch  notwen- 
;e  andere  krumme  linien,  namentlich  die  drei  übrigen  kegol- 
and  die  Wellenlinie  ihrer  entstehung  nach  herbeizuziehen» 
parabeln,  Wellenlinien  treten  bald  genug  in  den  wissen- 
ten  horizont  der  schüler,  die  wesentlichen  merkmale  der- 
nd  für  die  mathematische  geographie  und  für  die  phjsik 
rlich ,  ihre  demonstration  aber  diesen  disciplinen  vorzube- 
t  nicht  rathsam ,  da  dieselbe  an  dem  von  uns  angezeigten 
»t  leichter  und  fruchtbringender  bewirkt  werden  kann,  ba 
len  flächen  spricht  man  auch  von  den  abwickelbaren  und 
ionsflächen  aus  demselben  gründe,  und  indem  man  sie  zur 
isierung  der  in  der  elementaren  Stereometrie  vorkommen- 
er benutzt,  erhält  der  tertianer  eine  ausreichende  Übersicht 
ganzen  gebiete  der  schulgeometrie,  in  der  nicht  einmal  die 
ler  Symmetrie,  der  projection  und  der  perspective  zu  fehlen 
.  im  weitem  verlaufe  des  unterrichte  kann  man  an- 
8-  und  synthetische  beweise  in  fruchtbarer  weise  mit  eiik- 
abiniren.  Scheitelwinkel  sind  einander  gleich,  weil  sie  das 
derselben  drehung  sind  oder  aber,  weil  wenn  a  und  y  die 
tnkel  und  ß  ihr  gemeinschaftlicher  neben  winkel  a-\~  ßt^a^n 
y  =z  n  also  a  -\-  ß  =  ß  -}-  y  oder  a  =  y.  dasz  man  sich 
»z,  in  den  synthetischen  beweisen  gerade  im  anfange 
ni  machen,  selbst  wenn  sie  für  die  betreffenden  schüler 
|üch  sind,  versteht  sich  von  selbst,  um  die  nOtige  ver- 
fang geistiger  Vorgänge  durch  sinnliche  mittel  redit  ein- 
en lehren,  so  ist  nichts  unverfänglicher  als  der  sohlnsz: 
I  Winkel  a  und  ß  sind  einander  gleich  und  zusammen  gleich 
eben,  also  ist  jeder  ein  rechter,  und  doch  thut  man  wohl 
hreibeo  zu  lassen :  a  -{-  ß  =  7T.  und  a  =  j3,  also  a-^a  =  tc 

i^s  7t  oder  a  =  — .    auch  vielfache  mittel  der  anschauung 

I  nebeneinander  stellen,     ist  z.  b.  0  der  halbierungspunct 

le  AB^  so  heiszt  das  AO  =  OB  aber  auch  -40  =  -r-  ÄB^ 

den  Euklidöchen   beweis   für   den   satz:    *der  peripherie- 
t  gleich  der  balfto  des  zugehörigen  centrum- winkeis'  gibt, 


l 


464  Zur  praxia  der  schnlm&thematik. 

musz  man  auseinandersetzen  und  zeigen,  dasz  die  sohenke] 
Winkels^  dessen  Scheitel  in  der  peripherie  des  kreiaee  hemin^ 
wird,  stets  durch  dieselben  puncte  gehen,  also  stete  denselben 
ausschneiden ,  dasz  also  alle  peripheriewinkel  ttber  denselben 
einander  gleich  sind,  und  dann  fährt  man  fort,  der  säte  kau] 
noch  synthetisch  dadurch  bewiesen  werden,  dasz  man  xeigt, 
peripheriewinkel  ist  gleich  der  hftlfte  des  zilgeliQiigen  c 
winkeis  auch  der  winkel  der  sehne  und  tangente.  somit  hat  n 
dieser  stelle  nicht  zwei  sätze,  sondern  nur  einen  sati,  und  es 
sichtlich,  dasz  die  zweispaltung  des  einen  gedankens  fllr  den  1 
unnöthig  ist,  aber  davon  sich  herschreibt,  dasz  man  gesagt  ha 
contrumwinkel  ist  doppelt  so  grosz  als  der  zugehörige  peri] 
Winkel,  ähnliches  tritt  noch  an  anderen  stellen  henror.  so 
noch  in  den  meisten  lehrbüchem:  U.  wenn  man  doxeh  emen 
innerhalb  des  kreises  zwei  sehnen  legt,  so  ist  das  prodoct  d 
schnitte  der  einen  sehne  gleich  dem  der  abschnitte  der  aweiten 
und  2.  wenn  man  von  einem  puncte  auszerhalb  des  kreise 
tangente  zieht,  so  ist  das  quadrat  derselben  gleich  dem  prod« 
einer  beliebigen  sekante  und  dem  auszerhalb  des  kreiBee  lii| 
stücke  derselben',  es  musz  heiszen:  ^gegeben  ein  kreis  n 
punct,  so  ist  das  product  der  zugehörigen  absehnitte  jeder 
diesen  punct  gehenden  geraden  unveränderlich,  weil  fttr  einen 
halb  des  kreises  liegenden  punct  gleich  dem  quadrate  der  1 
kürzesten  sehne,  und  für  einen  auszerhalb  des  kreises  befind 
punct  gleich  dem  quadrate  der  tangente\ 

Vor  allem  gehören  die  anschauungsbeweise  in  die  elem 
Stereometrie,  namentlich  in  diejenige,  welche  anf  den  g  jmni 
speciell  gelehrt  werden  kann,  weil  der  Zeichenunterricht  anf 
anstalten  wol  immer  in  den  ersten  anfangen  stecken  bleiben 
so  versteht  es  sich  von  selbst,  dasz  der  Stereometrie  nur  wenig 
gewährt  werden  kann ,  wie  beklagenswerth  das  auch  sein  mag 
so  mehr  musz  die  anschauung  herbeigezogen  werden,  sfttn 
^steht  eine  gerade  auf  zwei  sich  schneidenden  geraden  in 
scbnittpuncte  senkrecht,  so  steht  sie  senkrecht  auf  der  dun 
schneidenden  geraden  bestimmten  ebene',  oder  *zwei  winkst 
dreiseitigen  körperlichen  ecke  sind  stets  gröszer  als  der  dritte 
'die  n  winkel  einer  nseitigen  körperlichen  ecke  sind  kleii 
zwei  flache',  sind  durch)  die  anschauung  unmittelbar  gs] 
während  die  synthetischen  beweise  oftmals  einen  zu  gros» 
parat  erfordern :  keinenfalls  dürfen  erstere  unterdrückt  werde 
sind  präcise  und  klar  vor  die  schüler  hinzustellen,  damit  li 
als  das  erscheinen,  was  sie  in  Wahrheit  sind,  bestätigungei 
correcturen  der  anschauung,  insofern  letztere  durch  YenD; 
nerung  specieller  daten  dem  irrthum  anheimfallen  kann,  di 
der  herleitung  der  cubischen  inhalte  der  kOrper  das  Caval 
princip  platz  greifen  müsse,  ist  uns  niemals  zweifUhaft  ge 
auch  dieses  ist  nur  ein  reiner  ausfiusz  der  anschauung  i  die 


Zur  praxis  der  schulmathematik.  465 

L  ganzen  gebiete  der  geometrie,  welche  auf  gymnasien  gelehrt 
Brden  kann^  die  vorherrschende  rolle  zu  spielen  hat. 

Der  systematische  aufbau  der  geometrischen  sätze  ist  nächst 
ir  anschauung  vorzugsweise  zu  berücksichtigen,  wenn  man  irgend 
eiche  Unterrichtserfolge  sicher  stellen  will,  er  gibt  allein  die  not- 
endigen anhalts-  und  orientierungspuncte,  und  erlaubt,  die  einzeln- 
aiten  zurückzusetzen  mit  dem  bewustsein,  durch  nachdenken  die- 
slben  in  jedem  besondem  falle  wieder  reproducieren  zu  können. 
18,  was  wir  mathematische  bildung  nennen  dürfen,  hängt  allein 
(m  ihm  ab,  und  wenn  ein  mann,  der  solche  erhalten,  späterhin  auch 
ttxe  und  beweise  vergessen  hat,  das  ganze  steht  ihm  doch  noch  klar 
or  äugen  und  er  fühlt  es  deutlich  heraus,  dasz  die  mathematik  nicht 
or  eine  illustration  der  logischen  gesetze  und  der  methode,  wie 
■a  überhaupt  im  studieren  vorauschreiten  müsse,  sondern  weit 
mta  die  Vermittlerin  der  beziehungen  der  auszenwelt  zu  unserm 
■sie  durch  masz  und  zahl  ist.  gegen  den  systematischen  aufbau 
kndigen  mündlicher  Unterricht  und  lehrbücher  in  gleicher  weise, 
id  die  folgen  davon  sind  künstliche  beweise  und  langathmige  aus- 
Bandersetzungen,  die  in  einer  so  logischen  Wissenschaft  wie  die 
laihematik  nicht  vorkommen  sollten,  einige  andeutungen  werden 
IS  erhärten,  es  ist  schon  oben  eine  kleine  skizze  gegeben  worden 
ber  den  Zusammenhang  zwischen  linien,  winkeln  und  figuren  in 
Ken  allgemeinen  beziehungen.  hieran  anknüpfend  kann  nun  ein 
oppelter  weg  eingeschlagen  werden  ^  entweder  es  werden  die  ein- 
ibien  arten  der  figuren  nach  beschaffenheit  und  zahl  der  winkel 
id  Seiten  abzuhandeln  sein,  oder  aber  es  sind  andere  gesichtspuncte 
lEnifinden,  wenn  der  erste  weg,  wie  es  gar  bald  sich  ausweist,  sich 
Uit  fruchtbar  erweisen  sollte,  da  bieten  sich  nun  dar  die  begriffe 
^gruenz,  gleichheit  und  ähnlichkeit,  als  Übereinstimmung  in  ge- 
Ul  und  inhalt,  beziehungsweise  in  inhalt  oder  in  gestalt  allein. 
I^pruente  figuren  decken  einander  (symmetrische  figuren  können 
leongruente  verwandelt  werden,  wenn  eine  derselben  in  ihrer 
^M  um  180^  gedreht  wird) ;  gleiche  figuren  können  in  congruente 
zerschnitten  werden,  und  ähnliche  erfordern  gleiche  winkel 

gleiche  Verhältnisse  homologer  selten,   die  beiden  ersteren  be- 

ungen  begreift  man  sofort,  nicht  aber  die  letzte,  und  das  rührt 

weil  man  das  Zwischenglied  ausgelassen,    notwendig  musz 

begriff  der  ähnlichen  läge  eingeschoben  werden ,  und  also  sind 

iche  und  ähnlich  liegende  figuren  als  solche  zu  erklären,  welche 
■nllele  Seiten  haben,  aus  der  Parallelität  der  selten  ergibt  sich 
■m  die  gleichheit  der  Verhältnisse  homologer  selten  und  der  be- 
lis  der  ähnlichkeit  durch  zurückführung  auf  die  analogen  con- 
^nz^ätze.    das  alles  bedingt  aber  den  einschub  des  Satzes  'wenn 

in  einem  dreieck  eine  parallele  zur  grundlinie  zieht,  so  ver- 
sieh die  oberen  abschnitte  zu  einander  wie  die  ganzen  selten 

umgekehrt',    dieser  darf  also  nicht  mit  hülfe  des  satzes:  ^paral- 

amme  oder  dreiecke  von  gleichen  grundlinien  verhalten  sich 

Jl.  Jahrb.  f.  phil.  n.  päd.  II.  ahl.   1&75.  hfl.  lU.  30 


ti 


466  Zur  praxie  der  sclirilmatbeinatik. 

wie  ihre  hohen  usw.'  bewiesen  werden,  sondern  ist  nnabbSiigig  tob 
ihm  herzuleiten,  schon  deshalb,  weil  man  das  verhSltnis  von  figana 
als  ein  doppel Verhältnis  von  strecken  darstellen  miiai,  mid  tooiit 
erst  die  einführung  des  einfachen  verhftltnisseB  naehmweiaea  htk 
der  erste  teil  der  planimetrie  beschäftigt  sich  also  in  rein  gpomtl^ 
rischer  methode  mit  linien  und  winkeln  und  mit  der  congraens  ni 
gleichheit  der  figuren,  auch  des  kreises:  der  zweite  teil  fOlirt  änA 
das  vergleichen  an  strecken  und  figuren  znr  zahl  und  handelt  wmd 
von  zahlenausdrücken  der  strecken  und  dann  von  denen  der  igm 
und  kreise. 

Dieser  systematische  aufbau  bedingt  auch  ansaohhui  alles  lioU 
streng  noth wendigen  oder  alles  Jessen,  was  sich  als  eineeinlHhi 
Wiederholung  erweist,  bedingt  somit  au&tellang  der  MnmuB^ 
liehst  knapper  zahl  durch  betonung  der  neuen  und  die  entwiddm 
fortführender  gedanken.  es  gibt  lehrer,  die  es  sieh  aagek^pea  im 
lassen ,  dasz  jeder  schüler  zu  jeder  zeit  jeden  sati  dea  lehiboeh« 
kennt  und  beweisen  kann,  das  ist  in  der  that  ein  ecgebnii  gntm 
energie  und  ausdauernden  fleiszes,  hat  aber  für  denswec&detvalff- 
richts  wenig  zu  bedeuten,  der  besteht  n&mlich  nieht  dariUi  diB 
man  viel  weisz,  sondern  dasz  man  viel  kann,  die  repetitioMi  k 
der  mathematik  sollen  nicht  auf  einfache  Wiederholung  dea  ^otlaf 
gerichtet  sein,  sondern  die  lösung  vieler  aufgaben  ermQglielNn.  Ä 
auflösung  von  aufgaben  ist  aber  nicht  Sache  der  mathntnaBed 
erfindung,  denn  die  kann  man  nicht  von  schülem,  lAmdeni  mir 
vorzugsweise  begabten  verlangen,  wol  aber  sacbe  der  sarllddttka|: 
auf  bekanntes  und  überliefertes,  gewisse  angaben  treten  iMi  fl 
den  Vordergrund,  wir  nennen  sie  hauptaufgaben  nnddOdndij 
solche  auf:  ein  dreieck  zu  construiren  1)  aus  drei  eeiteni  t)  MJ 
zwei  Seiten  mit  dem  eingeschlossenen  winkel,  3)  ana  \ 
und  einem  gegenüberliegenden  winkel,  4)  aus  zwei  winkeln  ait  tf\ 
eingeschlossenen  seite,  ö)  ein  dreieck  in  ein  anderea  an  i 
mit  beibehaltung  der  läge  der  grundlinien  und  zwei  andern  krj 
Stimmungsstücken,  6)  ein  dreieck  zu  constmieren  ans  eil 
nen  seite,  dem  gegenüberliegenden  winkel  und  einem  drifttat^^ 
Stimmungsstücke,  7)  einen  kreis  zu  construiren,  der  drei 
kreise  berührt  —  Gergonnesche  lösung  — ,  8) ,  9)  und  10) 
geometrischen  ort  eines  punctes  zu  finden,  der  sich  nm 
puncto  in  derselben  ebene  verbleibend ,  so  hemmbewegti 
verhältnisz  oder  die  summe  der  quadrate  oder  die  difibnM  ^^^ 
quadrate  der  entfemungen  unverändert  bleibt,  11)  ein  dreieck^ 
construieren,  das  einem  gegebenen  dreiecke  congment  nnd 
andern  gegebenen  gleich  sei,  12)  ein  dreieck  za  eonatmienBt 
einem  gegebenen  congruent  und  einem  zweiten  gegebenen 
sei,  13)  ein  dreieck  in  gleiche  oder  verhältnisgleicfae  teile  n 
von  einem  eckpuncte  oder  einem  puncte  einer  seite  oder 
puncto  im  innern  aus,  14)  ein  dreieck  aus  den  drei  htfhen  si' 
struieren.     diesen  aufgaben  treten  andere  sogenannte  gnad-  <"] 


Znr  praxifl  der  schalmathematik.  467 

adamentalaufgaben  zar  seite ,  die  bestimmte  forderangen  der  con- 
rmerenden  geometrie  erftillen  und  demnach  überall  wiederkehren. 
Bselben  lauten:  1)  einen  winkel  anzutragen,  2)  eine  parallele  zu 
dien,  3)  einen  winkel  zu  halbieren,  4)  eine  strecke  zu  halbieren, 
eine  senkrechte  zu  fällen,  6)  eine  senkrechte  zu  errichten,  7)  eine 
reeke  in  n  gleiche  teile  zu  teilen,  8)  eine  tangente  im  puncte 
MB  kreises  zu  legen,  9)  eine  tangente  von  einem  auszerhalb  ge- 
{«nen  puncte  an  den  kreis  zu  legen,  10)  an  zwei  gegebene  kreise 
M  gemeinschaftliche  tangente  zu  legen,  11)  für  zwei  gegebene 
eiae  eine  chordale  zu  construieren,  12),  13)  und  14)  zu  zwei  ge- 
ibenen  strecken  das  matiiematische  oder  das  geomecrische  oder  das 
nnonische  mittel  zu  construieren,  15)  zu  drei  gegebenen  strecken 
e  Tierte  proportionale  zu  finden,  16)  eine  strecke  in  verhftltnis- 
eiche  teile  zu  teilen,  17)  eine  strecke  so  zu  teilen,  dasz  das  grtezere 
Bek  das  geometrische  mittel  werde  zwischen  dem  kleinem  stttcke 
id  der  ganzen  strecke,  18)  zu  einem  innerhalb  oder  auszerhalb 
MS  kreises  gelegenen  puncte  die  zugehörige  polare  zu  con- 
raieren. 

Diese  aufgaben  enthalten  die  zielpuncte  der  planimetrischen 
mmasialgeometrie,  und  sie  in  Verbindung  mit  dem  Torhin  be- 
rocbenen  systematischen  aufbau  setzen  uns  in  den  stand ,  das 
ilerrichts-  und  Übungsmaterial  in  der  zweckmftszigsten  weise  den 
kfllem  darzubieten,  dasz  dabei  eine  sorgfältige  durchbildung 
I  einzelnen  nicht  fehlen  darf,  versteht  sich  von  selbst,  ver« 
Merungen  zeigen  sich  immer  wieder  an  verschiedenen  steUen  als 
liwendig,  Umstellungen  und  näherer  aneinanderschlusz  anschei- 
md  auseinandergehender  sätze,  so  wie  die  ausmerzung  künstlicher 
Bweise  und  auflösungen  sind  stete  folge  des  ernsten  naehdenkens, 
m  Stoff  den  schülem  in  der  leichtesten  und  angemessensten  form 
B  vermitteln,  damit  sie  verstehen  und  nicht  auswendig  lernen  und 
I  wohl  geordneten  und  durchsichtigen  gedankenverbindungen  ge- 
^igen.  auch  hierfür  ein  beleg  aus  der  praxis.  wenn  man  die  drei 
1)  ein  rechtwinkeliges  dreieck  zu  construieren  mit  einer 

te  und  der  projection  der  zweiten  auf  die  hypotennse;  2)  durch 

gegebenen  punct  innerhalb  eines  g^febenen  kreises  eine  sehne 

Isgen,  so  dasz  die  differenz  der  entstehenden  abschnitte  gleich 

gegebenen  strecke;  3)  ein  dreieck  zu  construieren  ans  einer 

dem    gegenüberliegenden   winkel    und   der  diesen  winkel 

ierenden  transversalen  einer  vergleichenden  betrachtung  unter- 
jhht,  so  wird  man  die  erste  und  dritte  fQr  eine  geometrische  lösung 

i  ganz  leicht  finden,     die  dritte  ist  ja  mit  dem  problem  des 

US  'gegeben  ein  winkel  und  ein  punct  auf  seiner  halbierungs- 

es  soll  durch  diesen  punct  eine  strecke  von  gegebener  länge 

Igt  werden,  so  dasz  ihre  endpunete  auf  die  Schenkel  des  gegebe- 

winkeis  fallen'  identisch  und  von  dem  alten  geometer  in  einer 

geometrischen  construction  für  den  rechten  winkel  gelöst  (vgl. 

aafgabensammlung  von  La  Fremoire,  deutsch  von  Beuschle)« 

30* 


468  Zur  praxis  der  schnlmathem atik. 

die  zweite  aufgäbe  wird  zuweilen  in  einem  zu  frUhen  omsoa  gesUli 
und  dann  also  gelöst:  man  verbinde  den  mittelponot  des  kreiMBmi' 
dem  gegebenen  puncte  und  beschreibe  über  der  so  erhaltenen  ttnoki 
einen  halbkreis ,  in  welchem  man  durch  die  halbe  gegebene  ikeeb 
einen  punct  bestimmt,  der  mit  dem  gegebenen  puncte  YeitemdencBi 
verlangte  sehne  gibt,  diese  lösung  ist  schwer  in  eine  be&iedigMd 
analjse  zu  bringen  und  musz  dem  schüler  als  ein  kleines  knnsMd 
erscheinen,  leichter  ist  eine  andere  lösung  mit  leicht  dnrdhidiaii 
lieber  analjse.  sei  der  gegebene  punct  P  und  die  Terkngte  lefai 
ÄB^  so  dasz  ÄP  <  BPy  so  schneide  man  iLP  Ton  SPundtwi 
von  B  aus  ab  «=  BQ,  verbinde  dann  Q  und  P  mit  dem  kreianuitoS 
puncte  0,  dann  ist  POQ  ein  gleichschenkeliges  dreieek  mit  In 
kannten  seiten ,  und  somit  die  aufgäbe  zurttcl^fQiirt  auf  die  In 
kannte:  ein  dreieek  aus  drei  Seiten  zu  constrnierea.  dan  diM 
lösung  besser  ist,  als  die  gewöhnliche,  die  eigentlich  auf  dieobe 
genannte  sechste  aufgäbe  sich  gründet,  ist  wol  auf  den  ersten  Uic 
klar,  sie  leidet  nur  an  dem  groszen  Übelstande,  dass  die  anajjsis  di 
abschneiden  der  ^P  von  B  statt  von  P  aus  erfordert,  was  sonst  da 
schüler  geradezu  verboten  werden  musz.  und  diese  schwiengke 
wird  auch  nicht  durch  einführung  des  sogenaimten  symmetriscbe 
punctes  Q  gehoben,  da  Q  allerdings  zu  P  symmetrisch  liQgti  sbf 
so ,  dasz  die  gerade ,  für  welche  die  symmetrische  läge  stattfinde! 
erst  construiert  werden  musz.  geht  man  nun  zur  algehnöfl^ 
lösung  über,  so  findet  man  für  1)  durch  beranziehung  desl^ytti 
goraa,  wenn  man  die  gegebene  kathete  a,  die  projeotion  y^ma  ai 
X  und  die  projection  der  zweiten  kathete  mit  l  bezeichnet  sofort  dk 
gleichung  a^  =  x  '  {l  -}-  x).  für  nr.  2  tritt  sogleich  der  sehasMifc 
beim  kreise  heran,  ein  punct  im  kreise  hat  eine  kürzeste  sehne^  ikn 
halbe  länge  sei  a ,  die  verlangte  sehne  hat  zwei  abschnitte,  dura 
kleinster  x  sein  soll,  dann  ist  der  andere  x-^ly  weil  x  -f- 1  -^  «■■? 
also  hat  man  die  gleichung  a^  =^  x  {l  -\-  x). 

Was  nun  die  dritte  aufgäbe  anlangt,  so  bestimmen  seite  vai 
Winkel  einen  kreis ,  und  die  mitte  der  seite  noch  die  mitte  de«  sb* 
gehörigen  bogens.  diese  drei  puncte  seien  Ä^  C  und  Jlf,  so  AmuM 
die  gegebene  seite  und  MC  die  sehne  des  halben  kreisbogOM  V^ 
wenn  nun  B  der  dritte  punct  des  dreiecks  ist,  dann  musz  drriid 
MCD  ähnlich  MCB  sein,  wenn  JD  der  schnittpunct  von.iCis' 
BM  ist,  also  folgt  MC^  =  MD  -  MB.  ist  nun  a  —  MC  undW 
kannt,  ebenso  BB  gegeben  =  l  imd  MJD  =»  o;,  so  ist  wjedo» 
a*^  =u  X  (l-\-  x),  die  drei  gegebenen  aufgaben  sind  also,  wenn  Joi^ 
identisch,  doch  unmittelbar  zusammenhängend  und  ihre  geometriNh 
lösung  ist  dadurch  bewirkt,  dasz  man  um  l  als  durofamesser  eis» 
kreis  schlägt,  an  den  endpunct  von  l  eine  tangente  von  der  giW 
a  legt  und  den  endpunct  dieser  mit  dem  mittelpuncte  des  kniN' 
verbindet,  dann  ist  das  auszerhalb  des  kreises  liegende  Segment  ^' 

Diese  auseinandersetzung  wird  hoifentlich  meine  gedankflS  A9| 
art  und  naturgemäsze  behandlung  von  Sätzen  und  aofgabes  "^ 


Zar  praxis  der  schulmathematik.  469 

deren  beweisen  und  lösungen  klar  machen,  das  nähere  eingehen 
mf  die  Stereometrie  kann  ick  mir  unter  hinweisung  auf  das  früher 
bemerkte  ersparen ;  es  erübrigt  nur  noch  eine  kurze  erörterung  über 
das  arithmetische  lehrpensum.  dasselbe  ist  seinem  umfange  nach 
iwischen  verschiedenen  lehrem  höchst  strittig,  allein  wenn  man  be- 
denkt, dasz  die  geometrie  eine  summe  von  arithmetischem  wissen 
iHid  können  verlangt,  so  wird  man  nicht  sehr  fehlen,  wenn  man  sich 
XQ  der  ansieht  bekennt,  in  die  schularithmetik  gehöre  alles  das- 
jenige, was  zur  erledigung  des  geometrischen  pensums  erforderlich 
sei.  dahin  gehören  zunächst  die  sieben  grundoperationen  und  die 
algebraischen  gleichungen  ersten  und  zweiten  gradeft  kettenbrüche 
and  combinationslehre  sind  abzuweisen,  dagegen  die  Reihen  für 
log  (1  -f-  ^) )  sin  X  und  cos  x  mitzutheilen ,  damit  die  einrichtung 
des  logarithmischen  handbuches  ganz  und  gar  verständlich  werde, 
aoeh  eine  allgemeine  summationsformel  ftlr  geschlossene  reihen  ist 
im  anschlusse  an  die  progressionen  zu  entwickeln  und  der  binomische 
lefarsatz  in  die  aufgäbe  des  potenzierens  einzuschlieszen.  die  ent- 
wicklang der  Cardaniseben  formel  schlieszt  sich  leicht  an  die  er- 
ledigung von  X  -\-y  =^  a  und  xy  ^=  h^  an,  und  der  irreducibile  fall 

wird  wie  die  Umwandlung  der  formein  x  =  — — =^-^ — — usw. 

durch  Substitutionen  goniometrischer  functionen  in  der  trigono- 
meirie  erledigt,  hauptsacbe  bleibt  auch  hier  das  lösen  von  aufgaben, 
nicht  allein  schematischer,  in  denen  rechenschwierigkeiten  zusammen- 
gehftnfb  sind,  sondern  von  aufgaben,  die  dem  bürgerlichen  leben  und 
der  geometrie  entnommen  sind ,  von  denen  bekanntlich  die  ersteren 
Beifit  auf  gleichungen  ersten ,  die  letzteren  auf  gleichungen  zweiten 
indes  führen,   schematische  aufgaben,  beispielsweise  von  der  form : 

xt  =  yz 

X'\-y'\-z-\-t  =  a 

a;2  +  y2  ^  ;g2  +  ^2  =  52 

x^  +  y^  +  z^  +  t^  ^  c* 

uid  ähnliche  finden  sich  in  jüngster  zeit  vielfach  in  den  schul- 
Fogrammen  als  abiturientenaufgaben  angeführt  und  es  scheint 
daraus  hervorzugehen,  dasz  sie  mit  verliebe  auch  beim  unterrichte 
behandelt  werden,  ich  finde  mich  in  der  läge,  die  aufgaben  mehr 
sn  betonen,  welche  sachliche  grundlagen  in  werte  kleiden  und  durch 
«ine  analyse  die  gleichungen  herzustellen  verlangen,  wünschens- 
werth  sind  vorzugsweise  algebraische  lösungen  geometrischer  auf- 
gaben neben  rein  geometrischen  analysen.  die  physik  bietet  gewis 
«in  weites  feld  für  schöne  aufgaben,  aber  ich  würde  ratben,  dasselbe 
anf  gymnasien  nur  sparsam  zu  betreten,  da  die  sachlichen  Schwierig- 
keiten recht  häufig  bedeutender  sind,  als  dasz  sie  schüler  dieser  an- 
*Wten  mit  interesse  und  ohne  furcht  entgegen  nehmm  sollten, 
^«nn  die  physik  aber  im  unterrichtsplan  mehr  räum  erhält,  dann 
^wde  ich  gern  diese  beschränkung  fallen  lassen. 


I 


470  Zur  praxis  der  schulmatheinatik. 

Hüten  musz  man  sich  beim  vortrage  der  arithmetik,  aUznaeiff 
in  abstractionen  sieb  zu  verlieren :  die  allgemeine  zahl  wird  achOka 
erst  nur  nach  der  bestimmten  verständlich,  und  ich  moai  dfliUb 
an  dieser  stelle  auf  die  oben  gemachten  bemerkungen  Aber  dfli 
rechenunterricht  verweisen,  die  abstractionen,  wie  sie  z.  b.  H.  Schwin 
in  der  Zeitschrift  für  math.  und  naturw.  Unterricht  bei  der  entviek- 
lung  der  ersten  arithmetischen  grundbegriffe  verlangt,  sind  fllrdn 
tertianer  unbrauchbar,  sie  geben  weder  fireude  noch  volles  venttBi* 
nis.  andererseits  musz  die  abstraction  nicht  gescheut  werden,  wcm 
es  sich  um  die  ganze  kenntnisnahme  eines  problems  handelt  fii 
auflösung  eines  6jstems  von  n  gleichungen  mit  n  unbekuinten  flünt 
auch  im  elementarunterrichte  die  determinantenmetfaode  ins  Mi 
ein  Schüler,  der  drei  gleichungen  mit  drei  unbekannten  behandatt 
hat  und  zu  den  schluszgleichungen  gekommen  ist,  wird  Yonsfllbifc 
einsehen ,  dasz  dasselbe  verfahren  bei  vier  und  fünf  gleiakiuigHi 
nicht  ausführbar  ist,  er  wird  also  fragen,  wie  man  diese  ftlkodtf 
das  Problem  im  allgemeinen  erledige,  soll  ihm  da  die  determiniiti 
in  ihrer  ersten  entstehung  vorenthalten  werden?  ich  bin  nioht  dff 
ansieht,  wenn  ich  auch  vorschlage,  die  betreffenden  mitteilaiigai 
mehr  historisch  zu  halten,  hierher  gehört  auch  noch  die  bemsricu^ 
dasz  die  diophantischen  aufgaben  nach  der  divisionsmethode  wd 
nach  der  weise  der  Gaussschen  congruenzen,  sowie  die  nnnuriidMS 
gleichungen  höherer  grade  zur  auflösung  nach  der  NewtoaiA« 
approximationsmethode  vorgelegt  werden  müssen. 

Ein  wesentliches  hilfsmittel  des  Unterrichts  ist  das  lehrbnA 
welches  niemals  fehlen  sollte,  da  auch  das  sdilechtesto ,  wie  aai 
sich  auszudrücken  beliebt,  besser  als  gar  keines  ist.  frölich'diBMi 
und  ausarbeitungen  des  Vortrages  von  selten  der  sohlller  giiid  fV 
der  art,  dasz  sie  zur  zeit  wol  nur  an  wenigen  orten  plati  graifti* 
doch  gibt  es  auch  noch  recht  mittelmäszige  lehrbficher,  die  htrff 
mehr  schaden  als  nutzen,  man  musz  für  diese  frage  notwoidig 
zwischen  groszen  und  kleinen  anstalten  unterscheiden  und  eneh  dk 
sogenannten  utraquistischen  anstalten  ins  äuge  fassen,  d»  b.  soliM 
in  denen  die  muttersprache  der  Zöglinge  nicht  die  deatsehe  o■ll^ 
richtssprache  ist.  an  gröszeren  gymnasien,  etwa  mit  18  getnmihB 
classen,  sind  mindestens  vier  lehrer  der  mathematischen  vnd  ttikv* 
wissenschaftlichen  fächer  nothwendig,  und  die  einheit  des  lehtplMi 
durchzuführen  ist  hier  eine  nicht  leichte  aufgäbe,  sie  .kann  Bf 
durchgeführt  werden  durch  einen  streng  naeh  dM 
gesetzlichen  bestimmungen  des  norm  allehr  plana  eat* 
worfenen  leitfaden,  der  auch  die  normativen  f flr  dt> 
rechenunterricht  enthält,  ein  solcher  leitfaden  emQ|^Bctt 
einheit  in  den  definitionen,  in  den  zeichen  und  algorithnMn{  ^ 
schreibt  das  durchzunehmende  lehrpensum  auf  jeder  stufe  unswflilil' 
haft  Vormund  gestattet  endlich  der  individualitit  i^ 
lebrers  in  der  umkleidung  des  gerippes,  in  der  durok' 
'ngung,  ancignung  und  erweiterung  desselben ToU* 


I 


Zar  praxis  der  schulmathematik.  471 

freiheit,  ohne  die  des  neben-  oder  überstehenden  leh- 
rers  in  irgend  einer  weise  zu  beschränken,  das,  was  der 
leitfiden  enthält,  musz  gewust  werden,  unabänderlich  und  unent- 
wegt, dann  hat  niemand  sich  zu  beschweren  und  zu  entschuldigen 
imd  andere  für  seine  nachlässigkeit  oder  ungeschicktheit  verant- 
wortlich zu  machen,  man  setze  einmal  den  umgekehrten  fall,  dasz 
Bin  weitläufiger  angelegtes  handbuch  im  gebrauche  sei,  dessen  inhalt 
sieht  ganz,  sondern  nur  zum  teil  in  den  lehrstunden  bewältigt  werden 
kann,  weil  es  auch  anderen  zwecken  wie  dem  Selbstunterrichte  oder 
der  onterstfitzung  des  häuslichen  fleiszes  dienen  soll ,  dann  werden 
dnreh  lehrerwechsel,  durch  längere  erkrankungen  und  Vertretungen, 
durch  schlechte  schülerjabrgänge  und  wer  weisz  wie  viele  andere 
BBtftftnde  lücken  über  lücken  in  der  wissenschaftlichen  ausrüstung 
der  zOglinge  entstehen ,  die  kein  lehrer  beseitigen  kann ,  da  das  not- 
wendige nicht  fest  umgrenzt  worden  und  das  subjective  belieben 
bei  lehrem  und  schülem  mehr  als  bedenkliche  Schwankungen  ver- 
OTBacht.  der  eine  lehrer  hält  diesen  satz,  der  andere  jenen  für  über- 
flfissig,  der  eine  will  periodische  decimalbrüche  an  dieser  stelle,  der 
andere  an  jener,  dieser  fordert  vielfache  lösungen  und  beweise,  jener 
anr  eine  einzige  naturgemäsze  lösung  für  das  vorgelegt  problem 
md  einen  einzigen  durch  die  Stellung  des  lehrsatzes  bedingten  be- 
weis. 80  entsteht  eine  dissolution,  die  auch  ernstes  streben  der  col- 
legen  niemals  wird  beseitigen  können,  an  kleineren  anstalten  sind 
aeist  nur  zwei  mathematische  lehrer  und  jeder  von  ihnen  hat  eine 
Ibgere  reihe  von  jähren  dieselben  schüler,  so  dasz  er  auch  mit  einem 
frOezem  handbuche  nicht  fehlen  kann ,  da  es  in  seiner  band  liegt, 
4y  material  desselben  nach  seiner  begabung  zurechtzulegen  ohne 
tiftlrchten  zu  müssen ,  seinen  nachfolger  zu  beeinträchtigen,  indes 
tee  ich  auch  hier  einen  scharf  abgegrenzten  leitfaden  zur  unter- 
itttzung  des  mündlichen  Unterrichts  für  zweckdienlicher  als  ein 
•MiftÜirliches  lehrbuch,  das  womöglich  der  abklatsch  des  mündlichen 
VBrtngs  seines  Verfassers  sein  soll,  abgesehen  davon,  dasz  letztere 
^deicht  in  der  mathematik  kaum  als  möglich  und  noch  weniger  als 
shtbringend  vorgestellt  werden  kann  —  er  führt  zum  mindesten 
einer  unerträglichen  breite  der  darstellung,  deshalb  auch  zur 
itheit  und  zu  opfern  an  zeit,  die  die  meisten  lernenden 
»ken  musz  —  unsere  Wissenschaft  beruht  auf  dem  lebendigen 
^e  des  lehrers,  dereine  selbständige  durcharbeitung 
^  Seiten  des  scbülers  verlangt  und  somit  auch  nur  eine  zusammen- 
MloDg  der  notwendigen  anhaltspuncte  in  einem  kurzen  leitfaden 
•fordert,  für  utraquistische  anstalten  hat  der  mündliche  Unterricht 
^möglich  noch  gröszere  bedeutung,  hier  ist  er  zunächst  das 
kne  und  das  alles  und  ein  ausführliches  lehrbuch  der 
I^Gszte  fehlgriff,  so  dasz  ich  nicht  abgeneigt  wäre,  dem  ver- 
lier eines  solchen  für  solchen  zweck  jede  pädagogische  begabung 
kosprechen  schon  aus  dem  gründe,  weil  in  langen  auseinander- 
••buniren  die  ^efahr  des  raisverstanden  Werdens  sich  eben  so  an- 


I 


472  Zur  praxis  der  Bchnlmathematik. 

häuft  wie  in  langen  rechnungen  die  reohenfehler.    »  illler  mÜMier 
andern  muttersprache  als  die  unterrichtaspn         amd,  im  aifiNBge 
wenigstens,  mehr  als  andere  auf  das  gedächtnkwisseiL  «nguiiuM 
und  da  ist  es  doch  eine  quälerei  sonder  gleichen,  du  gedBdrtaülbcr 
das  geringste  masz  hinaus  in  anspmch  za  nehmen  und  toi  te 
strengen  bestreben  abzuweichen,  anschanung  und  wortaoi- 
druck  und  zeichendarstellung  desselben  gidankeii  ii 
der  möglichst  gröszten  congruenz  hinzustellen,    wir  Terlangu  te 
ja  bei  jedem  lehrstoffe,   in  der  mathematik  trifft  es  du 
wesen  der  Wissenschaft  selbst,  und  deijenigSi  welcÜMtdiBier 
auffassung  nicht  beizutreten  sich  wenigstens  den  anftbhein  gibt,  daf 
auch  nicht  mitreden  wollen,    der  mündliche  Unterricht  boabeieWigi 
auf  jeder  stufe  des  lemens,  in  der  elementarschide  wie  «af  dMi 
gymuasium  und  der  Universität,  den  Zöglingen  die  ertiea  gnmdriMi 
in  fester  Umgrenzung  unter  hinwegräumung  der  seitraiibendaB  wd 
ermüdenden  Schwierigkeiten  und  hinweisung  auf  fernere  aMpmh 
zu  geben,  und  erfordert  auf  Seiten  der  schüler  eine  telbstladige  wd 
ausreichende  aneignung  des   übermittelten  lehrstoffiss  dnrdh  ist- 
gebende  aufmerksamkeit  und  rasch  nachfolgende  hSoslidie  repe* 
tition  an  der  band  eines  leitfadens,  nicht  eines  handbaehes,  iräiL 
dieses  die  freie  reproduction  der  gedanken  behindert,     eirt  der  ia 
den  elementen  einer  Wissenschaft  gefestigte,  über  die  bedenUidMi 
Schwierigkeiten  hinausgeführte  jünger  ist  beflüiigt,  weiter  aiqge- 
dehnten  darstellungen  nahe  zu  treten  und  läuft  jedenfaUi  mnidar 
gefahr,  sein  urteil  durch  form  der  darstellung  und  geistreiohe  wt 
fassung  des  Stoffes  gefisuigen  nehmen  zu  lassen,  als  derjenige,  waUkr 
bei  schlechter  mündlicher  Unterweisung  sofort  antodidactiseh  TOnr 
gehen  gezwungen  ist.    wenn  auch  für  andere  wiBSensohAflflE  diMtr 
gedanke  limitirt  werden  müste ,  für  die  mathematik  ist  er  ohne  aOt 
einschränkung  festzuhalten.  Heis  und  Eschweiler  haben  ihmxnÜBV 
Planimetrie  schon  vor  mehr  als  15  jähren  auf  eine  andere  wM 
volle  rcchnung  getragen,    dieselben  haben  ein  grOsmee  lehibach 
über  die  genannte  disciplin  verfaszt  und  dasselbe  in  zwei  .tefla  g^  , 
teilt,   deren  erster  unsem   anforderungen  vollständig  eBtspkK  l 
indem  er  nur  das  strenge  system  der  planunetrie  enthalte  B  seilt 
während  der  zweite  teil  die  erweiterungen  desselben  naeh  IdffsttM 
und  aufgaben  in  sich  schlieszt.    über  die  ausfühmng  liart  sieh  w^ 
den  Verfassern  rechten,    der  plan  selbst  ist  unanfechtbar  nnd  iM 
Schriftsteller  darf  ihn  meiner  ansieht  nach  fortan  nnbeachtst  IsHflk 
Eine  negative  illustration  zu  allem,  was  ieh  bis  jelslMl" 
eiuandergesetzt,  liefern  die  mathematischen  lehrbflöher  von  Bnttsv 
—  lehrbuch  der  geometrie  von  Brettner,  neu  bearbeitet  voo  Eiste 
Ratibor  bei  Wichura  1867;  I  teil  planimetrie  175  Seiten  md  U' 
figurenin  Steindruck;  II  teil  trigonometrie  146  Seiten  und 51  fligWi 
III  teil  Stereometrie  102  Seiten  und  89  figuren.    von  der  sritlnlft 
liegt  mir  vor  die  5e  aufläge  in  der  ursprünglichen  fb  m  der  Bcitts^ 
sehen  bearbeitung  (1857),  die  sich  als  leitfaden  einfuhren  will,  tbtf 


Zur  praxig  der  schulmathematik.  473 

loch  noch  232  Seiten  aufweist  und,  wie  ich  vernehme,  jetzt  neu  aus- 
pm«ben  werden  soll,  vielleicht  ebenfalls  in  erweiterter  form.  — 
^ae  mit  diesem  lehrbuche  geleistet  werden  kann ,  darüber  liegen 
mr  directe  erfahnmgen  vor,  von  deren  discussion  ich  indes  vor- 
infig  absehen  will,  um  zu  einigen  darlegungen  überzugehen, 
raldie  die  unbrauchbarkeit  desselben  nachweisen  werden,  auf  eine 
OHummenbängende  kritische  erörterung  kann  ich  ebenfalls  nicht 
ingehen,  denn  sonst  müste  ich  ein  buch  schreiben ,  um  alles  unzu- 
Ingliche  und  verkehrte  anzuführen,  greifen  wir  in  das  capitel  der 
ledmalbrüche ,  so  werden  sofort  periodische  und  ungeschlossene 
ikiitperiodische  decimalbrüche  —  numerische  irrationalzahlen  — 
Dit  einander  verwechselt,  und  über  die  multiplication  und  division 
kr  erstem,  mit  der  doch  schon  mehr  als  50  jähre  vorher  Meier 
äirsch  seine  aufgabensammlung  begann,  auch  nicht  ein  einziges 
vOrtchen  angeführt,  die  Verwandlung  eines  decimalbruches  in  einen 
lewöhnlichen  bruch  musz  wörtlich  mitgeteilt  werden : 

*Auch  ein  decimalbruch  läszt  sich  in  einen  gemeinen  bruch  ver- 
irandeln.  ist  er  ein  endlicher  decimalbruch,  so  schreibt  man  ihn  mit 
lern  nenner  und  hebt  auf,  so  lange  es  geht:  z.  b. 

0,032  =  -^  =     * 


1000  125 


ifi  er  ein  periodischer  mit  der  periode  beginnender  decimalbruch^ 

E macht  man  die  periode  zum  Zähler  und  eine  mit  so  vielen  9 ,  als 
>  periode  ziffem  hat,   geschriebene  zahl  zum  nenner,  und  hebt 
Npenn  es  geht  auf. 


0,1111...  =  4- 

0,142857  142857 


142867  15873  5291  1 


^999^9  llilU  37837  7 


er  endlich  ein  nicht  unmittelbar  mit  der  periode  anfangender 
nodischer  decimalbruch ,  so  wendet  man  beide  bis  jetzt  gelehrten 
)den  an.   ist  z.  b.  0,0833  . .  (wo  hier  die  periode  beginnt,  ist 

it  zu  ersehen !)  gegeben,  so  sagt  man  0,08  «»  r^rrr  und  die  periode 

n  lüü 

CS  —    von  den  hundertteilen,  mithin  stdit 
0,08333  . .  =    '^,  =  41,  =  --/^  =  4  =     ' 


100  9U0  180  36  12 


0.06G  =  {j  =  -;^  =  -i- 


nehme  doch  gefälligst  notiz  von  der  rechenfertigkeit ,  welche 

15    _3 1_ 

180  ae  12 


s  buch  voraussetzt  ,^-  =  —r  =  -rz- A 


i 


474  Zur  präzis  der  schulmatlieinaäk. 

Es  läszt  sich  hier  kurz  nach  folgender  ans  dieser  dantellny 
abgeleiteten  regel  verfahren,   man  setze  das  komma  hinter  äa  enli.j 
periode  und  von  der  sich  so  ergebenden  zahl  zieht  man  die  us  ^ 
Ziffern  vor  der  periode  bestehende  zahl  ab.     diese  diffBrens  iife  fc| 
Zähler,  und  der  nenner  ist  ein  product  aus  einer  mit  so  yieklnieaM 
bestehenden  zahl  als  die  periode  ziffem  hat,  und  der  einheü eiür 
hohem  Ordnung  mit  so  yielen  nullen  als  demimalstaHen  Tor^ 
periode  stehen,   also : 

83  . 
0,08333  .  .  gibt  ^  und  9  •  100  =  900, 

also :  0,08333  . .  =  -^  usw. 

6 
0,066  .  .  gibt  ~-  und  9  •  10  =«  90, 

also :  0,066  . .  =  -^  . 

23478 

0,2347878  . .  gibt  -^  und  99  •  1000  —  99000, 

*  °         23244  ' 

aUo:  0,2347878..  =  4^,' 

Die   darstellung  musz  für   quintaner  und   qnartanw,  akU 
tertianer  wie  Br.  vorschreibt,  also  lauten: 

-X    .^  «^  4678  2330 


^; 

*"''°  -     100     = 

50 

2) 

46,(78)  =  X 

■ 

4678,(78)  =  100  x 
46,(78)  =       Ix 

4632           =    99  a? 

oder  46 

,(78) 

3) 

978,45(326)  —  x 

978,45326,(326)  «  : 
97346,(326)  =- 

100000  x 
100  X 

ndcr 

4682  16U 


99  84 


oder  978,46(326)  —  .•"«*•* 


97747481  =    99900  x 

und  daher  die  eine  regel: 

Man  setze  den  periodischen  bruch  gleich  x^  mnltiidieiere 
gleichung  erstens  mit  einer  1  und  so  vielen  nullen  als  TorstellaitBi 
periodenstellen,  dann  zweitens  mit  einer  1  und  so  vieieiL  niiUflB  d 
vorstellen  da  sind ,  subtrahiere  beide  gleichungen  von  ftinandtir  m 
löse  nach  x  auf. 

Das  will  aber  alles  noch  nicht  viel  sagen,    herr  Brottaer  In 
spricht  auch  natürlich  recht  breit  und  doch  unfertig  die  geonwtriieli 

reihe  und  leitet  die  formel  s  =  -z her  für  die   fialiende  in 

1  —  e 

unendliche  reihe. 


Zur  praxis  der  sehulmathematik. 


475 


8  einzige  praktische  beispiel  der  elementaren  zahlenlehre, 
die  sommation  des  periodischen  decimalbruches  ist  ihm  nicht 
Umens  werth,  geschweige  denn,  dasz  er  die  Übereinstimmung 
'er&hrens  mit  dem  oben  hergeleiteten  nachweisen  sollte:  wir 
das  hier  nachholen ,  wenn  auch  nor  zum  nutzen  der  lehrer, 
das  buch  noch  gebrauchen  wollen,    es  ist 

f326^  =     ^^^^^     -J-       326         ,  826  , 


100 


97846 
100 

97846 
100 

97845 
100 


+ 

+ 


+ 


326 


100000 

326 
100000 


326 
99900 


100000 
(   ^  + 


100000000 


1000 


+ 


1000000 


1  — 


^  97846 

J_  100 

1000 

999  •  97846  +  326 


+ 


+   ...   1 


326        1000 


100000      999 


99900 

97846326  —  97846 
999Ö0 


97845  (1000  —  1)  +  326     

99900  "" 

die  decimalbrücbe  schlieszen  sich  bei  Br.  die  kettenbrttohe 
.  ihre  definition  wird  in  numerischen  beispielen  angedeutet, 
in  also  geschlossen:    ^man  bedient  sich  der  kettenbrttche, 

mit  groszen  zahlen  geschriebene  brfiche,  die  sich  nicht  auf- 
lasen, in  mit  kleineren  zahlen  geschriebene  und  ihnen  fast 
brttche  zu  verwandeln,  teils  um  geometrische  verhftltnisse 
;  als  brttche  schreiben  lassen  [wie  naiv !])  deren  glieder  grosze 
ind  und  keinen  gemeinschaftlichen  divisor  haben,  mit  Ueine- 
en  möglichst  genau  auszudrücken.' 

(SU  diese  andeutungen,  die  nirgends  verwerthet  werden? 
«h  als  numerisches  beispiel  die  zahl  3,141592  . .  •  gewfthlt 

um  hernächst  in  der  geometrie  die  Metiussche  zahl  -r^  ab- 

,  herr  Fiedler  hat  dieselbe  zwar  aufgeführt,  aber  ihre  ab- 
für  unnötig  erachtet,  was  man  sonst  bei  seiner  ebenfalls 
^chen  langweiligkeit  kaum  begreifen  kann. 
1  darf  in  Br.s  arithmeük  nicht  suchen,  das  unzulftngliche, 
iehe  tritt  allüberall  hervor,  in  der  lehre  von  den  algebrai- 
Uen,  wie  bei  den  gleichungen  sowol  im  text  als  auch  in  den 
m:  nirgends  wird  das  wesentliche  hervorgehoben  und 
r  breiten  geschwätzigkeit  verbergen  sich  selbst 
rfahrenen  leser  die  wenigen  körner  einer  ge- 
n  Unterweisung,  auch  in  den  rechnungen  findet  man 
reraltete  formen  und  es  ist  einem  gerade  zu  mute,  als  läse 
inem  vor  langen  langen  jähren  geschriebenen  buche,  das  in 
llgenden  auflagen  auch  in  nichts  fortgeschritten  ist.  einige 
tjDÖgen  das  gesagte  bewahrheiten :  sie  sind  nicht  ausgesucht, 
;geradezu  dem  ersten  aufschlagen  entnommen,  das  System 
gleichungen 


t 

i 


476 


Zur  praxis  der  schnlmathematik. 


X  -{-  y  mm  14t 

a;  +  i»  —  12 

y  +  Ä  —  10 

wird  auf  zweifache  weise  aufgelöst,  nur  nicht  auf  die  gehtinw 
die  jeder  schüler  kennen  musz,  nemlich  ^  -f-  y  -}~  5  "■  18,  l( 
£;  =  4,  j^  e=3  6,  o;  =  8.   statt  dessen  schreibt  Br.  eintiial: 

X  -j-  y  aa  14 

a:4-xf  =  12 


a:  +  £f  =  12 
y  +  ;?  =  10 


y  —  m 


2 
10 


2y  = 

y  = 

12 
6 

daher  o?  -f-  6 

:8 

14 

daher  8  +  ^ 

4. 

12 

und  fuhrt  das  andere  mal  eine  noch  wunderlichere  reohnung 
indem  er  von  der  Substitutionsmethode  gebrauch  maclii. 

An  einer  andern  stelle  wird  die  aufgäbe:  *drei  nhlen U 
eine  stetige  geometrische  proportion,  ihre  summe  betrigt  S6, 
product  aber  216,  welche  zahlen  sind  es?'  also  gelöst: 

a  ',  ae  =  ae  ',  ac^,  daher 

26 


a  +  ae  +  ae^  =    26 

a-i 

+  ^  + «» 

a»e»     —  216 

a=  j/^^^          6        • 
r     e^    ~     e 

usw.  woraus  folgt  e  = 

3 

1 

l  3 

f  "^    =2 

8 

a  = 

\    -18 

^  1 

Dasz  es  heiszen  musz: 

oc            y 

y           2 
x  +  y  +  z=  26 

xz  *»y^ 

j^3    e»  216 

xyz  —  216 

y  =  6      deshalb 

iT  +  r  ==  20 

xz 

=  36     usw. 

weisz  ja  jeder  secundaner,  der  nur  halbwegs  aunrmohwMhm  i 
rieht  empfangen,  über  die  dioph.  aufgaben  Vvua  auch  gieqsioclHi 
nur  angefahrt,  der  gegenständ  sei  schwer  und  man  mOg«  rid 


Zur  präzis  der  achnlmathematik.  477 

ir  bebandlung  von  3  aufgaben  genügen  lassen,  aus  dieser  behand- 
le —  der  bekannten  divisionsmethode  —  kann  kein  mensch  etwas 
nca,  und  der  fall  dreier  unbekannter  und  einer  gleiohung  ist 
4lrlkh  übergangen,  kein  problem  ¥rird  ordentlich  angegriffen. 
•  eapitel  Ton  den  arithmetischen  reih^i  fuhrt  nicht  au  der  so 
ickten  summationsformel  Air  dieselben  bei  der  die  bii^omial- 
«fificienten  eine  so  hervorragende  rolle  spiden  und  der  binomiscl^e 
hrsats  selbst  wird  mit  hülfe  der  comlnnationslehre  hergeleitet, 
Me  dasz  auf  einen  verstftndlichen  Zeichenausdruck  gedrungen  wird 
Iff  dass  negative  oder  bruchexponenten  in  fhige  kommen,  rechnen 
nt  m«i  aus  dem  buche  gewis  nicht,  denn  das  zu  diesem  zwecke 
geftlhrte  ist  zu  leicht  und  zu  unbedeutend. 

Die  Fiedlersche  bearbeitung  der  übrigen  teile  des  lehrbuches 
m  jähre  1867  und  1868  unterscheidet  sich  von  der  ursprünglichen 
nk  mannigÜEdtige  zusätze  und  historische  anmerkungen  sowie 
ich  die  aufnähme  der  sätze  des  Menelaos  und  des  Ceva  in  der 
mimetrie;  die  trigonometrie  und  Stereometrie  scheinen  unver- 
dert  geblieben  zu  sein  und  von  der  sphärischen  trigonometrie  und 
1  kegelschnitten  nehmen  wir  hier  natürlich  keine  notiz,  weil  sie 
I  gymnasialcursus  keine  aufnähme  gefunden  haben,  übrigens  ge- 
ht die  sphärische  trigonometrie  in  die  Stereometrie,  am  das  ur- 
rflngliche  buch  brauchbar  zu  machen,  hätte  eine  gänzliche  um- 
beitnng  desselben  stattfinden  müssen,  das  hat  der  neue  bearbeiter 
ix  vermocht,  und  so  finden  wir  ^e  planimetrie,  die  keinem  der 
n  entwickelten  gesichtspuncte  gerecht  wird ,  weder  nach  selten 
r  anschau  ung  und  des  systematischen  aufbauee,  noch  nach  selten 
r  geometrischen  analysen  und  constructionen.  wenn  hezr  Fiedler 
Mm  jeden  abschnitte  einige  haupt-  und  grundaufgaben  hinzu- 
ilgt,  so  scheint  er  damit  die  ersten  grundlagen  itlr  geometrische 
ngen  geben  zu  wollen,  aber  er  bedenkt  nicht,  dasz  einem  schttler, 
IT  sein  buch  durcharbeiten  musz,  keine  zeit  dafür  übrig  bleibt 
jkend  zugleich  an  keiner  stelle  desselben  dazu  auch  nur  indirecte 
liitung  gegeben  wird,  wenn  man  die  sätze  des  Menelaos  und  des 
|ia  mitteilt ,  so  musz  man  doch  auf  die  Gtorgonnesche  lösung  des 
ikmsproblems  losgehen  wollen,  sonst  hat  das  keinen  sinn,  und 
pn  man  die  flächeninhaltsformeln  der  planimetrie  ableitet,  so 
m  man  auch  die  Simpsonsche  regel  mituehmeii,  die  für  die  ge- 
PBlichen  lebensspbftren  allein  brauchbar  ist. 

Zur  herleitung  von  n  =  3,141592  wird  dio  gewöhnliche  de* 
•lion  mit  hülfe  der  in-  und  umgeschriebenen  polygone  (ass  regel- 
kiige  Vielecke)  angewandt  und  dann  historisch  das  Archimedessche 

^Itnis  3 ^,  und  das  Metiussche  —r^  angeführt,    weiter  werden 

i  geometrische  constructionen  mitgeteilt,  unter  andern  die  Gelder- 
kconstruction  der  Metiusschen  zahl  und  die  bekannte  Spechtsche : 
■I  man  aber  so  weit  geben  wollte,  so  muste  auch  hinzugefügt 
■pB  einmal  die  herleitung  durch  die  Simpsonsche  regel  und  die 


I 


478 


Znr  präzis  der  schalmaibeiiiatik. 


Leibnitzscbe  reihe  fUr  — .    letztere  darfte  nmsoweniger  fiUaii 

^ie  moderne  mathematik   ja  die  berechnang  irraüoiialflr 
durch  reihenentwickelong  bewirken  musas.    Fiedler  dncb 
weniger  anstand  nehmen,  das  aaszafübren«  als  er  in  dn 
metrie  die  reihen  für  sin  nnd  cos  mitteili    man  sielii,  ai 
tiberall  feste  principien. 

In  der  trigonometrie  habe  ich  mich  nach  der  anwendngi 
Bezoutschen  methode,  die  in  der  arithmetik  aasdrflcUidi 
worden ,  zwar  nicht  für  den  fall  wo  sie  vorzügUdie  dimie 
sondern  für  eine  allgemeine  betrachtnng,  f&r  die  man  kanmTOii 
gebrauch  machen  wird,  aber  vergebens  omgesehen. 


Ist  tag  (p  = 


a 
T 


so  folgt  aas 


8in  tp 


eo8  tp  b 

ain  g>  =  X  •  a  xmd  cos  tp  «=»  X'*  6,  also  1  ■—  X  (fl^  +  S^  ote 

also  sin  9>  e=  =  und  cos  9  ^ 


ist  femer  a  sin  o;  +  ^  cos  x 


V  + 


s»  Cy  SO  setzt  man  a  ■«  A  «1 
h  ^=  Xsiutp  und  c  =  X  sin  (o;  -f-  9^)  9  ^  <^^^  <^^  ^  m.%  -|"  ^\ 
cos  X  =  cos  (g>  +  rc).   es  ist  aber  X  =  J^(flt  j^  ^t)  und  -r-  »1|< 

also  sind  alle  hilfsgrößzen  bekannt,    diese  doch  so  leichten 
die  aber  wegen  ihrer  anwendangsföhigkeit  eine  gxoBie 
haben,  finden  sich  nicht,  dafür  lange  aaseinandersetemgaiinl' 
unmasse  von  leichten  rechenausführungen,  die  jeder  sebfllor  1 
im  köpfe  vollbringt,  wenn  ihm  die  wenigen  grondfonnehi,  16—1 
etwa,  geläufig  sind,     was  soll  man  dazu  sagen,  wem  maa 
meilenlangen  erörtemngen  über  natur  und  Wahrheit  der 
riechen  functionen  nicht  zu  den  kurzen  resultaten  kommt: 

1)  die  goniometrischen  functionen  sind  periodiseh  also 

sin    {  sin    r 

j  (2flf«  +  9) 


\. 


cos     ^    9)   SS    SOS 

tng   V  tng 

2)  die  Zeichenregel  derselben  lautet:  sinns  ist  positiT  inlwll 
Cosinus  negativ  in  II  und  III  und  tangente  positiy  in  Uli 
(die  lateinischen  zahlen  bezeichnen  die  qnadiranten) 

3)  Cosinus  und  cotangente  sind  sinus  und  tai^g^te  des 
winkeis 

um  in  kurzen  Sätzen  den  umfang  und  die  lösnng  der 
haben:  Mie  functionen  der  winkel  aller  grade,  minntennndi 
auf  functionen  der  winkel  unter  45^  zurückzuführen*. 

Dasz  wenn  man  winkel  von  2  an  -{-  tp  einführt,  aaeh£0i>< 
Planimetrie  vom  winkel  gegebene  definition  nicht  piuut»  das 
auch  negative  winkel  eingeführt  werden  müssen,  Teratebt  adk' 
selbst,    die  winkel  von  der  grösze  2or7r  -{-  9  hat  man  aber  vnr  f^ 
nötig ,  wenn  man  den  in  der  Brettnerschen  arithmetik  wirkBcfc  ^ 


adjpki 


Zur  pr&iis  der  »chalmathematili. 


479 


«u  irredacibiÜB  erledigen  will,  auch  die  prasis  der  wirk- 
reefanting  leidet  an  vielfacben  Ungeschicklichkeiten,  man 
ir  die  folgende  g«gen(lberstellung ,  in  der  die  linke  seite 
mg  von  Fiedler  gibt,  die  rechte  meine  eigene  mit  bezug- 
»on,  «M'l>ei  P.  vorhergegangen  ist. 


Gegeben  a  :>•=  lö,  c 
.:.m[180-(^+.)] 
a:Bin|!;  also 


,|sin(^+«)-sm^ 


8  ^  —  aalaßig  -^  . 


»inß- 


-  cotg/ 

i  umgetragen  gibt 

_>T •_       ys 

'  »        sCs  ~  IS 
mm.    y  —  106"  usw. 


-6  —  6, 
■  +  '-' 


S  =  60». 


•I.J 


-  'g  J  "'S  \ 


-('->) , 


■  +  (« 


-»)  ■ 


L^setzt  gibt: 


die  werthe 
9  1  .     y 

3»^  (^ 


oder 


cot«  y. 
woraus 

-^  =  63»  24'  47",6     und 
y  =  106"  49'  35",3. 


die  gegebenen  daten  ist  meine  recbnnng  jedenfalls  die 
'ihre  zweckmSszigkcit  ergibt  sich  aber  noch  aus  einem 
Jude.  BO  leichto  aufgaben  wie  die  vorgelegte  berechnet 
^Bten  nach  der  geometrischen  analyais,  waa  Fiedler  nie* 
htb.  die  führt  sofort  auf  ein  dreieck  mit  zwei  bekannten 
Mt  dem  eingesclilort.^enen  winke),  dessen  trigonometrische 

ion  in  unserm  fnllu  auf  das  Verhältnis  "  ,  ,  fuhrt,  so 

o  +  c  —  b 
■nch  ein  grSszerer  Zusammenhang  gewKhrt  ist. 
■  ich  schlieszlich  noch  einen  blick  anf  die  Stereometrie 
P,  so  ist  diese  schon  deshalb  ungeschickt  genug  angelegt, 
^einmal  der  versuch  gemacht  ist,  sie  in  gleicher  weise  wie 
totrie  aufzubauen,  man  beachte  ferner  nur  die  lehre  von 
nichen  ecke,  von  den  regelmäszigen  kOrpern,  wie  den 


480  Zur  praxis  der  schnlmathematit. 

schuitten  der  kugel  u.  dergl.  und  wird  auch  hier  wieder  b«ttti|^ 
finden,  dasz  probleme  wol  angegriffen,  nicht  al  orledigt  aiid«  im 
Eulersche  satz  gehört  beispielsweise  zum  nachweise ,  dan  die  tM 
möglichen  poljeder  (regelmftszige  körper)  auch  wirklioh  exiitinii 
darf  daher  nicht  unterdrückt  werden,  um  so  waufv,  als  Mine  her 
leitung  keine  Schwierigkeiten  macht,  die  körperliche  ecke  wird  er 
ledigt  durch  das  sphärische  dreieck  —  ich  halte  diesen  weg  fibr  da 
besten ,  da  er  der  geringen  anschauungsföhigkeii  und  der  going« 
fertigkeit  im  zeichnen ,  welche  bei  unseren  gymnaaiaaten  natfliU 
sind ,  rechnung  trägt  —  und  da  ist  es  nun  das  einfaehate  vm  dv 
weit,  den  winkel-  und  seitensatz,  die  sechs  congrueniBltie  und  da 
satz  über  den  flächeninhalt  herzuleiten,  auch  die  beiden  fonnebi 

sin  a  sin  b  Bio  c 

ein  a  sin  ß  sin  y 

COS  a  =  COS  &  cos  c  ^  sin  a  sin  h  cos  ft 
mitzuteilen ,  da  ja  die  Umwandlung  der  letzten  derselben  nad  fa 
entsprechenden  für  das  polardreieck  wegen  der  in  der  gewämlnhi 
trigonometrie  erlangten  rechenfertigkeit  in  jedem  fidle  sohongi' 
sichert  ist.  wünschenswerth  würde  es  auch  gewesen  sein,  wenn  fa 
inhalt   der   pyramide   vermittelst  der  summe   der   qnadiatakki 

2n'  =  — ^^^ — -   ^"^       hergeleitet,  vor  allem  aber,  daa  4i 

zusammengehörige  auch  wirklich  zusammengestellt  worden  wlia 

SchHeszen  wir  diese  bemerkungen  ab.  die  Breünerachen  Ur 
bücher  sind  in  der  form,  in  welcher  sie  gegenwärtig  vorliegen,  itBSt 
werthlos  und  deshalb  ungeeignet,  dem  mathematischen  natenidi 
zumal  an  utraquistischen  gymnasien  zu  gründe  gelegt  su  wardn 
sie  beschweren  das  gedächtnis  der  zöglinge  mit  einem  ballest ,  da 
zu  nichts  anderem  nützen  kann  als  zu  der  vorstellnng,  die  wAit 
matik  sei  zur  quäl  der  schüler  erfunden,  sie  geben  sn  wenig«  osai 
selbständiges  arbeiten,  wie  es  sich  für  schüler  ziemt,  an  ermS^idM 
und  machen  es  selbst  dem  lehrer  unmöglich,  das  überflflas^  aosa 
scheiden  oder  das  unzulängliche  zu  ergänzen  oder  das  verkehis  n 
verbessern,  das  wäre  imge&hr  dieselbe  aufgäbe  ala  die, 
schlechten  schüleraufsatz  in  eine  genieszbare  form  zu  gie8ie& 

Ich  wiederhole ,  die  Brettnerschen  lehrbücher  sind  eine  Bege* 
tive  illustration  meiner  früheren  erörterungen,  imd  wenn  milk ■■ 
einer  fragen  will,  weshalb  ich  denn  diese  kritik  an  dieser  stilb  ih 
da  doch  der  Verfasser  wie  der  bearbeiter  nicht  mehr  anf  sdv 
weilen,  so  habe  ich  nur  das  eine  wort:  selbstvertheidignug. 
Posen.  Fmu- 


E.  Koch:  griechische  schulgrammatik.  481 

38. 

fltlECHlSCHE    SCHULGRAMMATIK    AUF    GRUND    DER  ERGEBNISSE    DER 

vergleichenden  sprachforschung  bearbeitet  ton  dr.  e  rn  s  t 
Koch,  prof.  an- der  k.  sächs.  Fürsten-  und  landesschule 
zu  Grimma,  dritte  aufläge.  Leipzig,  druck  und  verlag  von 
B.  G.  Tenbner.  1874.  XII  u.  384  s.  8. 

Bef.  will  nur  mit  wenigem  auf  die  neue  aufläge  dieses  sehr  ver- 
Üenstlichen  buches  hinweisen;  der  bearbeiter  des  buches  hat  es  in 
nditer  Würdigung  des  zu  leistenden  verstanden,  hervortretenden 
Dlngeln,  sei  auch  die  anzahl  derselben  vei'hältnismäszig  gering, 
eignete  abhülfe  zu  schafifen. 

§  6  anm.  lautet :  lang  —  das  durch  contraction  entstandene  ai 
md  Ol,  z.  b.  '€pfiaT,  XP^coi.  aber  weder  hier  noch  23  und  33  ist 
)twas  über  die  quantität  und  b^tonimg  von  efiTrXoi  gesagt.  §  7, 3,  c : 
verliert  nur  die  einsilbige  enclitica  ihren  accent',  wol  mit  einem 
nsatze  wie :  der  im  paroxytonon  liegt.  §  1 1  anm.  wol :  vor  yocalen 
md  diphthongen ,  ebenso  §  17,  4.  unter  §  19,  1  genauer:  werden 
{«bildet;  §  26,  5  (sjnkope).  §  56  anm.  1  eici  6eol,  aber  so  müste 
neh  ohne  den  begriff  der  existenz  betont  sein,  weil  €!c(  das  erste 
rort  im  satze  ist,  nach  §  7.  5.  b).  —  §  83,  2,  b):  nos  fugiat,  c) : 
idi  vor  etwas  fürchten ;  anm.  ist  wol  vor  q)ößiij ,  wie  Üblich ,  der 
liikel  TLU  einzusetzen,  wie  ref.  dieses  an  anderer  stelle  mit  bei- 
fielen  belegt  zu  haben  glaubt,  von  sehr  praktischen  beispielen  der 
{Vgleichenden  forschung  verweist  ref.  ganz  in  der  kürze  beispiels- 
pise  auf  §  9,  6;  §  13.  sehr  geföllt,  dasz  der  artikel  sofort  mit  dem 

Pm  an  den  a-  und  o-stämmen  zur  einübung  gelangt,  die  Home- 
e  formenlehre  ist  kurz,  bündig,  verständlich^  ausreichend,  das 
dständige  paradigma  Traibeuuj,  sowie  eine  Übersicht  der  tempus- 
pdong  findet  der  schüler  in  zwei  tabellen  am  ende  des  buches. 
Für  die  syntax ,  die ,  bei  trefflicher  kürze  und  klarheit  in  der 
rang  der  regeln,  mit  praktischem  sinne  ausgewählte  beispiele  als 
^e  bietet,  erlaubt  sich  ref.  nur  eine  bemerkung,  da  er  wol  schon 
einige  auf  die  syntax  zielende  wünsche  ausgesprochen  hat. 
ler  trifft  das  urteil  des  leider  zu  früh  dahingeschiedenen  professor 
iberger  zu,  der  sich  in  anerkennender  weise  (Teubners  mit- 
igen 1873,  nr.  3,  s.  42)  über  den  syntaktischen  teil  dieser 
ktik  ausgesprochen  hat.  ref.  würde  aber  in  einigen  para- 
)hen  in  der  einen  oder  andern  anmerkimg  rücksicht  nehmen  auf 
wenn  auch  seltenem  Sprachgebrauch  des  besten  atticismus ;  er 
itder  ansieht,  dasz  gerade  die  tüchtige,  kleinere  ausgäbe  Lysiani- 
4er  reden  von  Frobberger  bald  da,  bald  dort  geeignete  anhalt- 
•Bcte  bietet. 

Ref.  wünscht  der  umsichtigen,  trefflich  vermittelnden  gram- 
Wschen  arbeit  des  hrn.  Koch  eine  immer  gröszere  Verbreitung. 
?^  Die  Uuszere  ausstattung  läszt  nichts  zu  wünschen  übrig. 

SONDERSIIAUSEN.  GOTTLOB  HabTMANN. 


lS;ahrb.  f.  phil.  u.  päd.  II  abt.  187.-).  hfl.  10.  31 


1 

[ 


482  Zur  Psychologie  Aber  mens,  animoa,  ingeninm, 

39. 

ZÜB  PSYCHOLOGIE  ÜBEB  MENS,  ANIlfüS,  INOENIDIL 

•  

In  den  *reden  und  aafsätzen'  von  O.  BflmeliB»  kndv 
der  Universität  Tübingen  —  auch  Verfasser  der  Shakespeuwtafitt 
—  vom  jähre  1875  findet  sich  das  eine  und  and^,  yon  demnek 
Schulmänner  gewinn  ziehen  könnten  und  soUtea.  dieBemxwMb 
würde  aber  sehr  unvollkommen  entsprochen,  wenn  dies  hiernr 
etwa  im  auszug  mitgeteilt  würde,  denn  nicht  der  Udiiste  gona 
und  gewinn ,  den  ich  daraus  den  amtsgenossen  sogeweadefc 
möchte,  besteht  in  der  durch  dieses  buch  gebotenen 
meisterhafter  darstellungsform ,  welche  schlechterdings  anyaMnt 
genossen  und  angeeignet  sein  will,  man  weisz  ja  in  der  tbat  nidikk 
soll  man  die  packende  darlegung  des  Werdens  der  gedanken  und  dii 
überzeugende  dialektik  oder  aber  die  plastisch -poetische  ■BsefaB* 
lichkeit  in  diesen  reden  und  aufsätzen  höher  anschlagen,  wlhnil 
man  so  manches  grosze  buch  über  kleine  gegenstände  schon  im  fi- 
cerpt  geschrieben  wünschen  möchte ,  wäre  jeglicher  anssog  aas  di^ 
sen  'kurzgefaszten  urteilen  ^über  grosze  fragen'  ein  nnzedit  aickt 
allein  gegen  den  Verfasser,  nein  und  noch  mehr  an  dem  leeer. 

Es  sollen  demnach  vorerst  nur  die  nummem  bezeichnet  wsrihs, 
die  auch  um  ihres  inhalts  willen  in  unseren  kreisen  nicht  nngiihw 
bleiben  sollten,  es  sind  dies :  die  reden  über  Hegel  nnd  lor  Vtt 
des  geburtstags  des  deutschen  kaisers,  sodann  die  korsen  im  ls|nli^ 
stil  gehaltenen  aufsätze  über  die  Ökonomie  der  ftmter,  flbor  ftndt, 
und  mitleid  in  der  tragödie,  zu  Hermann  und  Dorothea*,  über  är; 
teilung  der  Universalgeschichte,  über  Stransz,  wider  seinen 
glauben  und  wider  die  formein  des  alten,  vor  allem  aber  die  nb' 
über  den  in  der  aufschrift  genannten  gegenständ,  über  die  lekrt 
von  den  seelenvermögen.  i 

Diese  rede  bietet  dessen,  was  in  der  schule  nnmittelbamiBi 
umfassenderem  gewinn  verwendbar  ist,  am  meisten,  anf  drei  Unrf 
bezügliche  puncto  hinzuweisen ,  sei  deshalb  die  aufgäbe  der  mt  ; 
folgenden  Zeilen ,  nachdem  zuvor  die  leitenden  grondgedankoi  te"  \ 
selben  werden  vorgelegt  sein. 

Die  seit  etwa  hundert  jähren  Übliche,  aber  in  nenereriritto' j 
sonders  von  Herbart  und  seiner  schule  angefochtene  anbtelliiBgii^'i 
drei  seelen vermögen,  ^vorstellen,  wollen  und  fühlen',  ist  sDerihlP  j 


*)  anknüpfend  an  die  hier  zur  spräche  gebrachten  äasseilleUDäHia 
der  herrlichen  dichtung,  möchte  ich  an  einen  kandigem  die  ftagtril^ 
ten:  lassen  sich  innere  gründe  aufzeigen,  waram  der  dioliter  «s  ff  i 
sängen  die  namen  der  musen,  und  zwar  jedem  einielnea  Mra4t  Wi 
von  dieser  oder  jener  muse  vorgesetzt  hat,  oder  ist  dies  TerralM  ^ 
zig  aus  seiner  gewissermaszen  registratorischen  ordnungdiebe  ü  * 
klären,  der  die  blosz  sachlichen  Überschriften  jeden  gesaagt  ^^\ 
genügten? 


Zur  Psychologie  über  mens,  animas,  ingeniam.  483 

Bohriüchbar,  um  durch  irgend  welche  art  von  attributen  dieser  sog. 
rermOgen  einzelne  individuen  zu  charakterisieren  und  so  zu  sagen 
Ol  geistiges  Signalement  derselben  zn  geben,  dies  läszt  sich  viel- 
lehr  scheinbar  nur  durch  aufzfthlung  einer  groszen  reihe  von  unter- 
shflidungsmerkmalen  bewerkstelligen,  sobald  man  aber  diese  hun- 
nrte  von  prädicaten,  die  wir  in  bttchem  und  im  leben  von  mensch- 
dben  persönlichkeiten  ausgesagt  finden,  Schürfer  ins  äuge  faszt, 
dQt  sich  heraus,  dasz  dieselben  denn  doch  wiederum  nur  wenige 
if^pen  von  psychischen  lebensttuszerungen  und  vorgingen  bilden 
id  sich  darnach  ordnen  lassen,  und  zwar  machen  sich  folgende 
ei  classen  von  erscheinungen  bemerklich,  welche  einesteils  je  unter 
dl  gleichartig  sind ,  andemteils  jedesmal  von  denen  der  anderen 
appen  ihrem  wesen  nach  ganz  deutlich  sich  unterscheiden. 

'Wenn  wir  von  jemand  aussagen,  dasz  er  von  den  gegenständen 
iner  sinnlichen  Wahrnehmung  sich  die  gestalt,  grösze  und  färbe 
iebt  und  sicher  einpräge,  den  ort  dieser  Wahrnehmung  oder  einen 
imal  zurückgelegten  weg  nicht  wieder  vergesse ,  oder  dasz  er  sinn 
r  mechanische  causalität  habe,  jede  maschine  schnell  begreife,  oder 
in  er  gut  erzähle  oder  seine  meinungen  überzeugend  darzulegen 
id  gegen  einwände  zu  begründen  wisse,  dasz  er  leicht  sprachen 
me,  dasz  er  seine  Vorstellungen  vielföltig  unter  einander  in  immer 
me  combinationen  bringe  oder  dasz  er  anläge  zur  mathematik  habe, 
mr  einer  abstrakten  gedankenbewegung  nur  schwer  zu  folgen  ver- 
lege; so  ist  leicht  zu  erkennen,  dasz  wir  mit  diesen  und  hundert 
hdichen  prädicaten  den  intellect  eines  menschen  kennzeichnen,. 

rintellectuellen  anlagen  und  kräfte,  die  vorstellungsreihen ,  die- 
he  wustsein  erfüllen,  aber  nicht  nach  ihrem  inhalte,  sondern 
|di  ihren  formalen  Seiten,  ihrem  flusz,  dem  grade  ihrer  bestimmt- 
|tty  der  art  ihrer  Verbindungen  und  verknüpAingen.' 

'Von  einer  ganz  andern  art  sind  dagegen  prädicate  wie  die  fol- 
ien.  wir  hören  von  jemand ,  dasz  es  ihm  eine  wichtige  herzens- 
elegenheit  sei,  gut  und  viel  zu  essen,  eine  noch  wichtigere,  gut 
viel  zu  trinken,  oder  er  sei  sehr  sparsam  und  auf  Vermehrung 
Vermögens  bedacht;  er  sei  gesellig,  fOr  seine  handlungsweise 
ein  entscheidender  punct,  was  die  leute  darüber  sagen,  eben 
gehören  aber  auch  die  urteile,  es  sei  jemand  gafhenig,  mit- 
lig,  oder  er  sei  wiszbegierig  und  interessiere  sich  für  Wissenschaft- 
fragen,  er  liebe  die  musik  und  die  gaben  der  poesie;  sein 
ktsgefUhl  sei  stärker  entwickelt  als  die  empfänglichkeit  für  die 
Ipuigen  des  gewissens,  sociale  und  politische  fragen  beschäftigen 
p  lebhafter,  als  kirchliche  und  religiöse  dinge,  alle  diese  und  ahn- 
jk  prädicate ,  so  buntscheckig  und  fremdartig  sie  sich  neben  ein- 
ausnehmen, haben  doch  den  gemeinsamen  ausgangs-  und 
lelpunct,  dasz  sie  angeben,  auf  was  ein  mensch  sein  interesse 
seine  aufmerksamkeit  richtet,  welche  motive  ihn  bestimmen, 
er  für  guter  hält,  die  er  erstrebt,  was  für  übel,  die  er  vor  ande- 
I  vermeidet,  oder  mit  anderen  werten,  sie  sagen  uns,  welche  trieb - 

31* 

i 


474 


Zur  praxiB  der  schulmathematik. 


Es  läszt  sich  hier  kurz  nach  folgender  aus  dieiwr  danfedbiig 
abgeleiteten  regel  verfahren,  man  setze  das  konama  Hinter  die  enki 
Periode  und  von  der  sich  so  ergebenden  zahl  zieht  man  die  SM  te 
zififern  vor  der  periode  bestehende  zahl  ab.  diese  difforeni  ist  im 
Zähler,  und  der  nenner  ist  ein  product  aus  einer  mit  so  vielen 
bestehenden  zahl  als  die  periode  ziffem  hat,  und  der  einbeit 
hohem  Ordnung  mit  so  vielen  nullen  als  demimalgtellen  vor  im 
periode  stehen,   also : 


0,08333  . .  gibt 


83 
3 

76 


also:  0,08333.. 


und  9  •  100  =  900, 
76 


900 


usw. 


0,066  .  .  gibt 


6 
0 


also :  0,066  . .  = 


und  9- 10  =  90, 
6 


90 


0,2347878  . .  gibt 


23478 
234 

23244 


und  99  1 1000  —  99000, 


also :  0,2347878  . . 


23244 


99000  - 

Die   darstellung  musz  für   quintaner  und   qnartaner,  wM 
tertianer  wie  Br.  vorschreibt,  also  lauten: 


2330 
60 


1)  46.78  =  ^  =- 

2)  46,(78)  =  X 

4678,(78)  =  100  a? 
46,(78)  =      Ix 

4632  =    99  X 

3)  978,45(326)  =  x 

978,46326,(326)  «  100000  x 
97346,(326)  =        100  x 


oder  46,(78) 


4682 
99 


84 


oder  978,45(326)  — 


viutm 


97747481  =    99900  x 

und  daher  die  eine  regel: 

Man  setze  den  periodischen  bruch  gleich  x^  mnltqdiMeCi 
gleichung  erstens  mit  einer  1  und  so  vielen  nullen  als  YonUDmwt 
periodenstelleU;  dann  zweitens  mit  einer  1  und  so  vielen  mBm  ^ 
vorstellen  da  sind ,  subtrahiere  beide  gleichungen  von 
löse  nach  x  auf. 

Das  will  aber  alles  noch  nicht  viel  sagen,    herr 
spricht  auch  natürlich  recht  breit  und  doch  unfertig  die 

reihe  und  leitet  die  formel  s  = her  fttr  die   falleiA  iü 

1  —  e 

unendliche  reihe. 


Zur  präzis  der  ftchulmaihematik. 


475 


Dms  einzige  praktische  beispiel  der  elementaren  zahlenlehre, 
nlich  die  summation  des  periodischen  decimalbraches  ist  ihm  nicht 
I  erwfihnens  werth,  geschweige  denn,  dasz  er  die  Übereinstimmung 
MB  Terfahrens  mit  dem  oben  hergeleiteten  nachweisen  sollte:  wir 
tten  das  hier  nachholen ,  wenn  auch  nur  zum  nutzen  der  lehrer, 
kbe  das  buch  noch  gebrauchen  wollen,    es  ist 

0,40(«}  Jo;  =   -—^       -|-  ^f^f^^^^    +  ITwyvwvST  i  •  •  • 


100 


97846  . 826_ 

'  100  '   100000 

97846  .    326 

ICH)  '^    100000 


100000 


1000 


100000000 


+ 


1000000 


97845 


1000 


IrtA     I 


+ ...) 


826    1000 


100 


100000   999 


9J845_  ,    326   ^^ 
100    »   99900  "^ 

97845  (1000  —  1)  +  326 


999  •  97845  +  826 


99900 


99900 

97845826  —  97845 
99900 


An  die  decimalbrüche  schlieszen  sich  bei  Br.  die  kettenbrttohe 
I  d.  h.  ihre  definition  wird  in  numerischen  beispielen  angedeutet, 
i  dann  also  geschlossen:  'man  bedient  sich  der  kettenbrflche, 
b  um  mit  groszen  zahlen  geschriebene  brache ,  die  sich  nicht  auf- 
^  lassen,  in  mit  kleineren  zahlen  geschriebene  und  ihnen  fast 
iehe  brüche  zu  verwandeln,  teils  um  geometrische  Verhältnisse 
I  sich  als  brüche  schreiben  lassen  [wie  naiv !])  deren  glieder  grosze 
len  sind  und  keinen  gemeinschaftlichen  divisor  haben,  mit  kleine- 
zahlen  möglichst  genau  auszudrücken.' 

Wozu  diese  andeutungen,  die  nirgends  verwerthet  werden? 
in  noch  als  numerisches  beispiel  die  zahl  3,141592  . . .  gewfthlt 

:den,  um  hernächst  in  der  geometrie  die  Metiussche  zahl  -rr^  ab- 

llv 

lUen.  herr  Fiedler  hat  dieselbe  zwar  angeführt ,  aber  ihre  ab- 
mg  für  unnötig  erachtet,  was  man  sonst  bei  seiner  ebenfalls 
tträglichen  langweiligkeit  kaum  begreifen  kann. 

Man  darf  in  Br.s  arithmetik  nicht  suchen,  das  unzulängliche, 
iderliche  tritt  allüberall  hervor,  in  der  lehre  von  den  algebrai- 
m  zahlen,  wie  bei  den  gleichungen  sowol  im  text  ab  aach  in  den 
fielen:  nirgends  wird  das  wesentliche  hervorgehoben  und 
*einer  breiten  geschwätzigkeit  verbergen  sich  selbst 
B  erfahrenen  leser  die  wenigen  körner  einer  ge- 
llten Unterweisung,  auch  in  den  rechnungen  findet  man 
EbII  veraltete  formen  und  es  ist  einem  gerade  zu  mute,  als  läse 
i  in  einem  vor  langen  langen  jähren  geschriebenen  buche,  das  in 
■n  folgenden  auflagen  auch  in  nichts  fortgeschritten  ist.    einige 

Cle  mögen  das  gesagte  bewahrheiten :  sie  sind  nicht  ausgesucht, 
a  geradezu  dem  ersten  aufschlagen  entnommen,    das  System 
Arei  gleichungen 


476 


Zur  praxis  der  schalmathematik. 


a;  -f*  3/  =  1^ 
a;  -f.  5  «s  12 

wird  auf  zweifache  weise  aufgelöst,  nur  nicht  auf  die  gebllluni 
die  jeder  schüler  keimen  musz,  nemlich  x  -{•  y  -j-  g  ^«  1%^  % 
je;  s=r  4, 2/  <=  6,  o;  =  8.   statt  dessen  schreibt  Br.  einmal: 

X  -^  y  ==s  lA     a;  +  3/=14 


ir-t-0  =  12 

y  +  £J  =  10 


3/  —  ^=    2 

y  ^  Z  =10 


23/ 
3/ 


12 


»    6   daher  a;  -f"  ^  "^  ^^ 

x~B 

daher  8  +  i?  —  12 
0-«4. 

und  führt  das  andere  mal  eine  noch  wunderlichere  reohnung 
indem  er  von  der  Substitutionsmethode  gebrauch  machi. 

An  einer  andern  stelle  wird  die  aufgäbe:  *drei  laUen  U 
eine  stetige  geometrische  proportion,  ihre  summe  betrBgt  86, 
product  aber  216,  welche  zahlen  sind  es?'  also  gelOst: 

'^   daher 


a  :  ac  =  ae  :  ae* 


26 


a  '\-  ae  -{-  ae^  = 

=  216 


a^e^ 


usw.  woraus  folgt  e 


a 


a 

a 
3 

JL 

3 

J6 
3 

3 


26 


l  +  e  +  e« 
|/äl6" 6 


-^  =  2 


18 


Dasz  es  heiszen  musz: 


X 


y 


xyz 


26 
216 


xz 

y' 
y 


216 

^      deshalb 


X  -^  z  =  20 
xz  =  no 


usw. 


weisz  ja  jeder  secundaner,  der  nur  halbwegs  anannohoida  fl 
rieht  empfangen,  über  die  dioph.  aufgaben  wird  auch  gmpndm 
nur  angeführt,  der  gegenständ  sei  schwer  und  man  m(lg«  wA 


Zur  präzis  der  schnlmathematik.  477 

Kr  befaandlung  von  3  aufgaben  genügen  lassen,  aus  dieser  behand- 
Sy  —  der  bekannten  divisionsmethode  —  kann  kein  menscb  etwas 
wum^  und  der  fall  dreier  unbekannter  und  einer  gleiobnng  ist 
kUrlieh  übergangen,  kein  probl^n  ¥rird  ordentlich  angegriffen, 
i»  oapitel  Ton  den  arithmetischen  reih^i  führt  nicht  au  der  so 
itkten  summationsformel  Air  dieselben  bei  der  die  binomial- 
Njfficienten  eine  so  hervorragende  rolle  spiden  und  der  binomiscl^e 
ksats  selbst  wird  mit  hülfe  der  oomlnnationslehre  hergeleitet, 
hM  dasz  auf  einen  verstftndlichen  Zeichenausdruck  gedrungen  wird 
1er  dass  negative  oder  bruchexponenten  in  fhige  kommen,  rechnen 
nt  m«i  aus  dem  buche  gewis  nicht,  denn  das  zu  diesem  zwecke 
sgefübrte  ist  zu  leicht  und  zu  unbedeutend. 

Die  Fiedlersche  bearbeitung  der  übrigen  teile  des  lehrbuches 
nn  jähre  1867  und  1868  unterscheidet  sich  von  der  ursprünglichen 
urch  mannigfaltige  zusfttze  und  histoiische  anmerkungen  sowie 
nrch  die  aufnähme  der  sätze  des  Menelaos  und  des  Ceva  in  der 
Itnimetrie;  die  trigonometrie  und  Stereometrie  scheinen  unver- 
■dert  geblieben  zu  sein  und  von  der  sphärischen  trigonometrie  und 
■I  kegelschnitten  nehmen  wir  hier  natürlich  keine  notiz,  weil  sie 
m  gjmnasialcursus  keine  aufnähme  gefunden  haben,  übrigens  ge- 
prt  die  sphärische  trigonometrie  in  die  Stereometrie,  um  das  ur- 
Irtngliche  buch  brauchbar  zu  machen,  hätte  eine  gänzliche  um- 
ibeitung  desselben  stattfinden  müssen,  das  hat  der  neue  bearbeiter 
idit  vermocht,  und  so  finden  wir  eine  planimetrie,  die  keinem  der 
bm  entwickelten  gesichtspuncte  gerecht  wird ,  weder  nach  selten 
lir  Anschauung  und  des  systematischen  aufbauee,  noch  nach  selten 
■r  geometrischen  analysen  und  constructionen.  wenn  hezr  Fiedler 
htm  jeden  abschnitte  einige  haupt-  und  grundaufgaben  hinsn- 
Mgt,  so  scheint  er  damit  die  ersten  grundlagen  ftlr  geometrische 
kngen  geben  zu  wollen,  aber  er  bedeiik:t  nicht,  dasz  einem  schttler, 
^  sein  buch  durcharbeiten  musz,  keine  zeit  dafür  übrig  bleibt 
Borend  zugleich  an  keiner  stelle  desselben  dazu  auch  nur  indirecte 
ieitung  gegeben  wird,  wenn  man  die  sätze  des  Menelaos  und  des 
>tft  mitteilt ,  so  musz  man  doch  auf  die  Oergonnesche  lösung  des 
Kbnsproblems  losgehen  wollen,  sonst  hat  das  keinen  sinn»  und 
IfeD  man  die  flächeninhaltsformeln  der  planimetrie  aUeitet,  so 
üb  man  auch  die  Simpsonsche  regel  mitnehmen ,  die  für  die  ge- 
Imlichen  lebensspbftren  allein  brauchbar  ist. 

Zur  herleitung  von  n  =  3,141592  wird  die  gewöhnliche  de* 
leiion  mit  hülfe  der  in-  und  umgeschriebenen  polygone  (ass  regel- 

Itzige  Vielecke)  angewandt  und  dann  historisch  das  Archimedessche 

1  mvft 

Aältnis  3^  und  das  Metiussche  —  -    angeführt,    weiter  werden 

W  geometrische  constructionen  mitgeteilt,  unter  andern  die  Gelder- 
hi  construetion  der  Metiusschen  zahl  und  die  bekannte  Spechtsche : 
■Ol  man  aber  so  weit  gehen  wollte,  so  muste  auch  hinzugefügt 
pien  einmal  die  herleitung  durch  die  Simpsonsche  regel  und  die 


i 


488  G.  Bümelin:  reden  und  aa&ftUe. 

den  Inhalt  eines  ganz  kurzen  aufsatzes  samt  der  angehliigteB  miti- 
anwendung  ausziehe. 

Wie  alt  ist  Hermann  im  Goetheschen  epoB?  niBmand  hlltib 
für  jünger  als  25  jähre,  und  doch  erzfthlt  die  matter,  es  an  an  eiiMB 
montag  morgen  vor  nunmehr  20  jähren  gewesen,  dasz  der  yite  ik 
seine  erste  liebeserklärung  gemacht  habe,  und  dieser  anaehroiiinni 
ist  nicht  der  einzige,  die  mutter  geht  durch  garten,  feld,  wembeift 
und  sieht  die  ftille  der  trauben,  imterscheidet  auch  bereits  die  reite- 
den  der  einzelnen  Sorten,  gleich  darauf  wird  erwfilmt,  dass  die  «nto 
folgenden  tages  anheben  solle;  juliimd  September  sind  yerwedwlL 
der  Verfasser  schlieszt  mit  der  beherzigenswerthen  wamimg:  * 
unter  den  denkbar  günstigsten  umständen  einer  diöhterischan 
Position  derartige  Widersprüche  sich  einnisten,  was  mtlsaea  wir  flir 
möglich  halten  in  Schriftwerken,  die  von  minder  welterfidmea 
autoren  verfaszt,  aus  dunkleren  zeitaltem  stanmien,  dem  Yertenr 
nie  gedruckt  und  übersichtlich  vor  äugen  lagen?  die  philologen  be- 
achten dies  nicht  genug;  sie  schlieszen  zu  leicht  tmd  nach  mf 
falsche  lesarten,  Verschiedenheit  der  Verfasser,  oder  soolien  du 
widersprechende  durch  künstliche  mittel  in  einklaag  zu  bring«.' 

Doch  auch  der  übrige  Inhalt  ist  auszerordenÜidi  lehrreich  mi 
anregend,  wir  finden  unter  den  reden  eine  über  Hegel,  andere  Ute 
das  rechtsgefühl,  über  den  begriff  des  volks,  über  das  veililltiiifl  dar 
politik  zur  mord;  imter  den  aufsätzen  das  verschiedenste,  efaaHO 
statistische  und  nationalökonomische  auseinandersetsnngen  wie  be- 
merkungen  über  die  einteilung  der  universalgeschiditei  endlich 
auch  eine  Würdigung  der  litterarischen  Wirksamkeit  ton  Dtiü 
Strausz. 

Ob  die  art,  wie  Eümelin  an  seine  stoffe  heraatritti  jed« 
interessiert  wie  mich ,  ist  fraglich,    er  bedarf  eines  Iftngeni 
und  nötigt  den  leser,  sich  zimächst  über  vieles,  was  nidht 
zu  gehören  scheint,  mit  ihm  auseinanderzusetzen;  dann  erst,  nn 
er  sich  das  feld  frei  gemacht  zu  haben  glaubt,  folgt  das  oigoatBril 
raisonnement,  nun  scheinbar  gesichert  und  begründet,  dennodiBidit 
immer  überzeugend ,  meist  in  Überraschender  weise  selbstlndjg  ui 
von  dem  hergebrachten  abweichend,  stets  neue  gesichtsponeiefc^ 
die  betrachtung  an  die  band  gebend,   der  weg,  welchen  er  fUntiit 
nicht  eben  bequem  zu  gehen;  aber  er  leitet  aufwSrts  nnd  lolmtai^ 
einer  weiten  aussieht,  wie  sie  nur  jemand  geben  kann,  dertfberdv 
gleichen  umfang  des  wissens  und  des  blickes  gebietet,    in  der  nk 
Über  Hegel  ist  mir  besonders  die  billigkeit  und  unparteiliohkeiti  aft 
welcher  der  mensch  und  die  Wirksamkeit  gewürdigt  werden,  n|*' 
nehm  gewesen ;  über  das  System  und  die  schule  wird  abfiffljg  f^ 
urteilt,  wie  das  bei  dem,  der  zu  Lotze  weitergegangen  ist  nnd  Uff 
und  da  selbst  einen  nachhall  von  Schopenhauerschen  Stadien  tt* 
klingen  läszt,  zu  erwarten  stand,    allein  gerecht  und  feinsinBig  s^ 
gleich  ist  es ,  dasz  mit  der  anerkennung  der  verd    iste  des  IiU*" 
sophen  um  das  Verständnis  der  geschichte  in  den  ereignissen 


Bericht  uftw.'der  SOn  yersammung  dentscher  pliilologen.       489 

Ige  ein  triumph,  eine  be Währung  Hegelscher  Staatsweisheit  geftin« 
toi  wird,  fast  noch  treffender  sind  die  mSngel  in  der  litterarischen 
kiligkeit  des  andern  landsmannes,  David  Stransz,  herausgehoben, 
nr  ist  es  ganz  aus  der  seele  gesprochen,  wenn  behauptet  wird, 
frischlin  sei  ein  so  gutes  und  dickes  buch  gar  nicht  werth  und  die 
pstalt  Ulrichs  von  Hütten  sei  nicht  in  den  historischen  hintergrund 
ngeseichnet,  auf  dem  sie  ganz  verständlich  werde,  andererseits 
ttirt  mich  der  letzte  aufsatz  ^wider  die  formein  des  alten  glaubens' 
ia seinem  abschlusz  unbefriedigt,  und  auch  das  urteil  über  Strausz 
itilistische  bedeutsamkeit,  so  hervorragend  sie  ist,  Iftszt  sich  wegen 
dir  surfickstellung  Lessings  anfechten.  —  Indes  über  dies  und  an- 
dres kann  gestritten  werden,  den  hohen  werth  des  buches  sollen 
«ad  können  diese  bemerkungen  nicht  schmftlem. 

Halle.  0.  Nasbmann. 


41. 

BERICHT   ÜBEE   DIE  VERHANDLUNGEN  DEB  DREISZIG- 
8TBN   VERSAMMLUNG    DEUTSCHER   PHILOLOGEN    UND 

SCHULMÄNNER  IN  ROSTOCK, 
vom  28  September  bis  1  october  1875. 


In  der  sweiten  hälfte  des  septembermonais  d.  j.  entfaltete  sieh  in 
1»  ilten  hansastadt  Rostock  eine  falle  deatsohen  leben«  und  wirkent, 
Vii  es  dieser  ort  bisher  noch  nicht  gesehen  hatte,  swei  ereignisse 
Mnn  es,  um  die  sich  nach  einander  diese  kondgebongen  gruppierten: 
kaiiermanöver  des  neunten  armeecorps  und  die  SOe  yersammlang 
{her  Philologen  und  Schulmänner,  beide  ereignisse  bilden  su 
ider  eine  gegenseitige  ergänzong;  denn  deutsche  manneskraft,  wie 
rieh  dranszen  auf  den  manöverfeldern  bewies,  nnd  deateche  wissen- 
wie  sie  Yorzagsweise  auch  yon  den  philologen  gepflegt  wird, 
zusammen  bilden  erst  die  volle  bittte  dentschep  lebens.  gianzYoll 
prächtig  war  das  erscheinen  des  kaisers  und  seiner  trappen  und 
die  begeisterung  des  Yolkes,  bescheidener  und  anscheinbarer  fflr 
ange  der  einzng  der  philologen,  die  aber  darum  nicht  minder  liebe 
waren,  denn  wenn  auch,  wie  es  zu  gehen  pflegt,  der  glani  und 
gepränge  de/  Rostocker  kaisertage  das  interesse  der  einwohner  im 
Len  grade  in  ansprach  genommen  und  fflr  die  dauer  des  man5Ters 
Yollständig  absorbiert  hatte,  so  fanden  dooh  auch  die  bestrebunges 
deutschen  philologen  bei  dem  gebildeten  teil  Yon  Rostocks  ein- 
lluierschaft  den  lebhaftesten  anklang  und  die  philologen  selbst  die 
istlichste  aufnähme,  und  die  zu  ehren  des  kaisers  festlich  geschmückte 
\ßi,t  hatte  mit  ausdrücklicher  absieht  ihren  schmuck  noch  nicht  ab- 
liegt, als  die  münner  des  deutschen  geistes  und  der  deutschen  bildung 
iKogen. 

H  Die  30e  philologenversammlung  tagte  vom  28  September  bis  1  october 
Itden  räumen  der  Tonhalle,  zu  Präsidenten  waren  auf  der  vorjährigen 
imluDg  in  Innsbruck  die  herren  prof.  dr.  F.  Y.  Fritzsche  und  schul- 
(tor  Krause,  beide  in  Rostock,  erwählt. 

,Die  zahl  der  erschienenen  mitglieder  betrug  310,  welche  Ziffer  frei- 
}ßk  auf  früheren  versammlangen  zum  teil  bedeutend  übertroffen  wurde. 


i 


490         Bericht  über  die  Verhandlungen  der  80n  Yezsammlung 

es  erklärt  sich  diese  geringe  anzahl  gewii  ans  der  Imge  Bostoeks,  dai 
an  einem  ende  des  deutschen  reiches  gelegen  für  die  tSddeiitsdk« 
collegeo  weniger  leicht  erreichbar  ist. 

Die  in  anlasz  dieser  Versammlung  erschienenen  fettMluiften  Mk 
folgende  t 

1)  von  der  Universität  Rostock:  de  nnmeriB  orationii  tololM  diBi 
F.  V.  Fritzsche. 

2)  von  der  groszen  Stadtschule  (gymnasinm  and  realichnle)  n 
Rostock :  zwei  niederdeutsche  gebete  des  fünfzehnten  jahrknadertiL  im 
K.  £.  H.  Kr a use.  lobgedicht  auf  die  zusammenkauft  Frans  I  and  KnlT 
in  Aigaes  mortes.     von  dr.  F.  Lindner. 

3)  zu  Laurembergs  Scherzgedichten,  ein  kritischer  beitrag  inLipf 
bergs  ausgäbe,  festschrift  zur  begrüszung  der  Rottoeker  philoleg«- 
Versammlung  von  Friedrich  Latendorf.    Roatoek  1875b 

Als  geschenke  waren  auszerdem  in  hinreichenden  ezMipUrtn  ih- 
gegangen: 

1)  Troja  und  seine  ruinen.  Vortrag  von  dr.  Heinrlek  SeklU* 
mann,  gehalten  in  der  aula  der  Universität  Rostock  den  17'aagut  UIL 
Waren  1875. 

2)  Vortrag  über  das  encyclopädische  Wörterbuch  d«r  frininiliriMi 
und  deutschen  spräche  von  prof.  dr.  C.  Sachs,  gehalten  in  der  gwil- 
schaft  für  neuere  sprachen  in  Freiburg  im  Br.  von  prof.  T.  MerktL 
anhang  von  dr.  A.  Strodtmann  und  dr.  Paul  Lindau.    Berlin  IM 

Erste  allgemeine  Sitzung. 
Dienstag, 'den  28  September,  loy«  nhr. 

Am  präsidententische  befinden  sich  prof.  Fritzsche  and  dir. 
als  Vertreter  der  mecklenburgischen  regierung  und  der  ftadt 
sind  anwesend  der  schulrath  dr.  Hartwig  und  der  bürgennoistor  dr. 
biegel,  als  Vertreter  der  Universität  Rostock  prof.  dr.  tob 
magnificenz. 

Der  erste  präsident,  prof.  Fritzsche,  beginnt  seino 
über  das  Verhältnis  der  fortsehritte  der  philologie  wfthrend  d«r  «■'■^ ^ 
hälfte  dieses  Jahrhunderts  zu  den  fortschritten  der  lotsten  f6  Jakre 
folgenden  werten: 

^Hochansehnliche  Versammlung!    mit  frende  habe  loh  d«B 
übernommen,  Vertreter  der  Wissenschaft  hier  an  einem 
scher  erde  herzlich  zu  begrüszen.     hat  mir  doch  Ihr  gfitigM 
im  vorigen  jähre  das  erste   präsidium   unserer  jetsigon  ym 
einstimmig  übertragen,     auf  das  prächtige  militäriaehe  t^thaotpifl, 
ches  sich  nahe  bei  Rostock  zu  wasser  und  zu  lande  dam  möge 
folgt  nun  ein  drama  des  tiefsten  friedens.    aber  auch  wir  stM  i 
von  geistigen  militärschaaren,  auch  wir  dienen  dem  etaate  mit 
scher  treue.  —  Es  ist  bekannt,  dasz  Sr.  königl.  hoheit  dem  _ 
das  wohl  der  schulanstalten  seines  landes  sehr  am  henMB  Bagt, 
dasz  diese  von  Seiten  Sr.  königl.  hoheit  sieh  eines  g^roMen 
interesses  erfreuen,    mit  tiefgefühltem  danke  bekenne  ich 


Se.  königl.  hoheit  geruht  hat,  unsere  versammlang  in  Bortoefc  —  P* 

■  mm 


nehmigen  und  zu  bewirthen.    zu  den  Vorbereitungen 
das  Präsidium  von  vielen  selten  kräftigo  unterstütanng  arfalina. 
Staatsregierung  betrachtet  die  förderung  der  schulen  and  i  * — 
für  eine  ihrer  hauptaufgaben ,  und  so  war  sie  et,  weloke 
unternehmen   wesentlich  schützte  und  förderte,    die  fiadi 
viele  angesehene  bürger  dieser  Stadt  haben  sieh  ebenfalla  bei 
bereitungen  mit  hingäbe  und  liebe  würdig  beteiligt,    onsera 
dige  Universität  zeigte  natürlich  für  unsere  vrissenschafKUehe 
lung  ebenfalls  ein  lebendiges  interesse.    so  haben  bei  den 


deutscher  philologen  und  Schulmänner  in  Rostock.  491 

rbeiten  für  die  einzelnen  sectionen  mehrere  fachprofessoren  dem  prä- 
idiain  ihre  mitwirkun^  bereitwillig^  geliehen.  —  Zur  erreichnng  unserer 
wecke  pflegen  wir  uns  bei  diesen  Zusammenkünften  gern  mit  dem  ans- 
prach des  Apollo:  yvübOi  ccauröv  zu  beschäftigen,  der  jüngere  philo- 
^  lobt  den  jetzigen  stand  seiner  Wissenschaft  und  läszt  von  hier  aus 
me  blicke  in  eine  goldene  zukunft  schweifen,  ein  veteran  aber  sieht 
*era  auch  in  seine  ferne  Jugendzeit  zurück  und  liebt  es,  das  sonst  und 
Im  jetzt  mit  prüfendem  äuge  zu  vergleichen.' 

Nach  diesen  einleitenden  worten  ist  der  redner  bei  seinem  thema 
iBfelangt  und  wirft  also  die  frage  auf:  'in  welchem  Verhältnis 
itehen  die  fortschritte  der  philologie  und  besonders  der 
Ijnnasien  während  der  ersten  hälfte  dieses  Jahrhunderts 
II  den  f ortschritten  der  letzten  25  jähre,  und  welche  aus- 
lichten sind  uns  für  die  nächste  zukunft  eröffnet?' 

Redner  hofft,  dasz  bei  der  beantwortung  dieser  frage  vor  einem  so 
lewählten  auditorium,  wie  er  es  vor  sich  hat,  flüchtige  andeutungen  an 
■teile  eingehender  ausführungen  genügen  werden.  —  ]3ann  fährt  er  fort: 
''die  wissenschaftlichen  fortschritte  eines  Volkes  hängen  immer  mehr 
oder  weniger  von  den  politischen  ereignissen  ab,  und  gerade  in  der 
dtttschen  geschiebte  tritt  diese  erscheinung  oft  in  den  Vordergrund, 
■aeh  den  siegeu  von  1813 — 1815  erhob  sich  die  Wissenschaft  mit  solcher 
Mbaelligkeit,  dasz  sie  bald  einen  herlichen  aufschwnng  nahm,  so  haben 
neh  schon  die  letzten  5  jähre  gesunde  fortschritte  und  bedeutende  er- 
folge aufzuweisen,  und  muste  nicht  auch  das  jähr  1870  eine  gleiche 
^kung  hervorbringen,  oder  vielmehr,  muste  nicht  dieses  jähr  der 
deutschen  bildung  noch  gröszere  und  reichere  fruchte  verheiszen  als 
jcfie  siege?  das  so  lange  ersehnte,  entbehrte  gut  der  deutsehen  reichs- 
^iaheit  besitzen  wir  erst  seit  1870;  von  diesem  gute  sind  einem  jeden 
mkren  Deutschen  begeisterung  für  kaiser  und  reich  unzertrennlich, 
4be  begeisterung,  welche  das  jähr  1815  noch  nicht  erzeugen  konnte. 

Wie  ich  nun  selbst  den  stand  der  philologie  nur  günstig  beurteile, 
i»  möchte  ich  hier  den  Schwarzsehern  entgegentreten,  welche  den 
^tbea  Untergang  unserer  philologie  und  noch  vieler  anderer  wisaen- 
ten  prophezeien  mit  ausnähme  der  naturwissenschaften.     so  musz 

denn  auch  die  einseitigen  lobredner  der  frühern  philologie  als  meine 

ler  bezeichnen,     dennoch  achte  ich  die  ehrenwerthen  gesinnungen 

»r  gegner,  es  sind  wohlwollende  und  einsichtsvolle,  ja  teils  be- 
»,  wissenschaftlich  erprobte  männer.  eine  Wahrnehmung  tritt  uns 
überall  entgegen,  dasz  diese  gegner  mit  ihren  ideen  nicht  sowol 

^f  geg^nwart  leben  als  vielmehr  in    vergangenen   zelten  nmher- 

reifen.    zugegeben,  dasz  das  stillleben  der  frühern  zeit  für  das  ge- 

der  Studien  ersprieszlicher  war  als  die  ruhelose,  geräoschvoUe 

iwart,  so  folgt  daraus  doch  nur,  dasz  wir  dennoch  vorwärts  gehen 

diese    Schwierigkeiten   überwinden   müssen,     bekanntlich  sind  es 
den   politischen    ereignissen   gerade   die   socialen   Verhältnisse, 

16  auf  die  cultur,    Wissenschaft  und  auf  die  nnterrichtsanstalten 
gewaltigen  einflnsz  ausüben,     betrachte  ich  nun  die  socialen  ver- 

isse  der  neuzeit,  so  möchte  ich  fast  sagen,   dasz  wir  jetzt  wie  in 

mir  neuen  weit  zu  leben  scheinen,  wie  nun  jeder  sich  den  socialen 
Mältnissen  der  gegenwart  assimilieren  soll,  so  hielt  es  auch  der  Staat 
^  seine  pflicht,  zum  teil  neue  einrichtungen  zu  trefi'en  und  dies«  dem 
Ufirfnisse  der  gegenwart  richtig  anzupassen,  eine  war  hier  unab- 
llbiich,  dasz  bildung  sehr  oft  jetzt  lebensfrage,  ja  eine  bedingung  der 
Ibtenz  ist,  und  dasz  nicht  sehr  oft  jemand  ein  gesichertes  fortkommen 
II,  der  nicht  in  seinem  fache  selbständig  zu  denken  fähig  ist.  jeder 
B  fortan  von  sich  sagen  können:  cogito,  ergo  sum;  freilich  nicht  in 
|ft  sinne  des  Cartesius,  aber  auch  nicht  in  dem  sinne  des  Epikur. 
'  8o  war  denn  das  streben  unserer  regierungen  zumeist  darauf  ge- 
trtet,  gedankenlosigkeit  aus  der  volkschule  zu  verbannen  und  höhere 


492        Beriebt  über  die  TerhoDdlungen  der  SOn  Tereammiung 

bildoDB  allgemein  zu  veTbreiten.  in  anderer  beiitbung  war  aber  die 
ileutacbe  Bchula  acbon  früher  naBtergültig)  so  «nide  äie  bücliste  rui- 
sicht  angewondet;  man  verstand  ea,  die  bewllfarteii  ciaric^btiuigeQ  >iiii 
früher  featzuhalten  und  eifrig  zd  fördern,  offeobar  haben  ansere  m^r 
rangen  dem  jetzigen  bedlirfnUse  der  witsensehaften  und  ganz  besoodtn 
der  Philologie  recbnnng  getragen,  und  die  vnTbadtngun^u  ein« 
deihlichea  fortentwicklnng  sind  erfüllt,  mein«  ^^er  verdamm^ii 
freilich  fast  jede  nene  einrichtnag,  namentlich  die  der  verglekheodc« 
sprach forachung,  worin  sie  nicht  eine  nene  wiiiencchaft  sehen  waWea. 
sondern  vielmehr  eine  riickgüngige  bewe^ng.  doch  kann  dieie  omI 
BO  junge  wizEenichaft  «ich  achon  auf  sichere  reanlt«le  and  ganz  bej«i> 
tendc  erfolge  stutzen,  in  der  tbat  sollte  man  die  Tergleicheoden  sprich- 
Stadien  schon  jetzt  hoch  achten  und  sie  als  einen  factor  ansehen,  mii 
dem  wir  auch  in  der  pbilologie  tu  reohnea  haben,  verkleinern  lliit 
sich  freilich  alles  and  jedes  anoh  noch  eo  schöne  wiaaenichsnilcl.r 
streben,  anstatt  sicbere  entdecknngen  anznerkennen,  wanden  die  gigt" 
die  kebrseite  hervor  nnd  halten  sieb  an  kable  hjpoibe^en.  vttna  ^' 
schön  emporbliihende  sprach wiBsengcbaft  ohne  bÄweiBe  mit  solcliti 
waffen  angegriffen  wird,  ae  erheben  sieb  »olcbe  angrlffa  nicht  über  if 
nivean  des  gewöhnlichen  nnd  verdienen  nicht,  beacbtat  zn  weriu. 
wenn  aber  unsere  gegner  die  jetzigen  leistilngen  der  philologen  Öbci- 
baupt  angreifen,  und  wenn  sie  ftir  die  g/mnaaien  sogar  die  frühem 
iuBtitationen  snrückfordern,  ao  machen  sie  scheinbare  gründe  geltend, 
worauf  antwort  geboten  scheint.' 

Redner  wendet  sich  nan  im  folgenden  zunSchst  gegen  ilie  behsop- 
tung  der  gegner,  dasz  früher  noch  mehr  theoretloobe  werke  gesuhrie^ 
wui^en  als  jettt,  eine  bebauptung,  deren  riabtigkeit  er  einfach  he»U«l". 
auf  dem  gebiete  der  conjectnralkritik  und  dar  hShcrn  hritll:  iitut 
neuerdings  gute  und  gelehrte  antersnchtmgea  seböne  früeble  getrifü 
auch  werde  dabei  die  besonoenheit  nicht  ausser  aagen  gesetit;  sD« 
meist  seien  Immanuel  Bekker  und  Bentlej  noch  jetzt  Vorbilder  in  ^~' 
böbem  kritik.  dann  beseitigt  er  den  einwand  der  gegner,  dasz  n 
bedeutende  gestalten  wie  die  eines  Friedrich  Aogcst  Wolf,  Qattbvi 
Hermann,  Aagost  Boeokh  in  der  neuem  seit  niobt  mehr  antreffe  dadl 
die  erklUniug,  warum  groszartige  schulen  in  der  pbitolugie  der  gsf*' 
wart  nicht  melir  wie  früher  möglich  seien,  einerseit*  batten  früher,  *• 
jeder  studierende  überhaupt,  besouders  jeder  theologe,  zugleich  hnmai»! 
zn  werden  sich  bestrebte,  die  grUnder  einer  sebnle  immer  viel  gröivi* 
auEwahl,  und  andererseits  waren  die  eigentliobeo  philotogen,  daiitut 
ein  facb  betrieben,  viel  mehr  auf  dinen  lebrer  angewiesen  als  wis  jtM. 
wo  die  pbilologie  studierenden  meist  zwei  allerdings  verwandte  li'At 
umfassen  nnd  sich  daher  unter  mehrere  lebrer  verteilen,  nlao  nfirlK 
jene  männer  in  unserer  gegenwärtigen  zeit  auch  nicht  ao  leicht  groBt 
schulen  gegründet  haben,  dann  zn  dem  eigentlichen  ziele  der  ge^B'<' 
sehen  angriffe,  den  gymnasieo,  zurückkehrend  fShrt  rcdner  also  foit: 

'Die  freunde  durchgreifender  reformen  glauben,  das*  sie  du  mU 
auf  ihrer  seile  haben;  das  volk  ist  aber  diesen  grunzen  reformeD  df 
gymnasien  abgeneigt  und  steht  hier  meinen  gegnem  viel  näher,  dix) 
reformer  und  unsere  gegner  bewegen  sich  meist  in  eztremen.  JM^ 
möchten  am  liebsten  beinahe  alles  ttndern,  diese  an  den  fröberea  i> 
stitntionen  gar  nichts  geilndert  sehen,  dasz  nnsera  regierung  nanStip 
reformen  nicht  herbeiwünscht,  scheint  die  erfahnmg  zu  beEtSli{^B:  btl 
der  nnzabl  von  re  form  vorschlagen  iat  es  doch  nur  ein  verschniadttl 
kleiner  tril,  welcher  von  der  regiernng  bestätigt  wird,  atsu  gebt  re|i<- 
rung  und  volk  band  In  band;  das  volk  zeigt  ein  unbedingtes  vtrtnW' 
zu  derselben,  denn  es  weisz  eben ,  dasz  die  reformeii  meistern  sst^ 
helfen,  dasz  die  zahl  der  lehrgegenstände  nicht  ohne  not  vermehrt  "ii^ 
nnaere  gegner  aber  klagen  schon  jetzt  über  eine  überbürdnug  i*' 
gymnasien  und  stehen  also  den  anschannngen  sehr  nahe,  denen  info!(* 


deutschet'  philologen  und  schulmänner  in  Rostock.  493 

» Tltar,  um  für  die  realien  mehr  räum  zu  (gewinnen,  für  ihre  söhne 
irweitige  dispensationen  erbaten  and  dagegen  den  lateinischen  nnter- 
;  sehr  gern  bestehen  Heszen.    ebenso  beschweren  sich  unsere  gegner 

die  jetzige  grosse  beschrftnkung  des  lateinischen,  die  gymnasien, 
icen  sie,  hieszen  einst  mit  recht  lateinische  schulen;  mit  geringen 
em  wurden  damals  staun enswerthe  erfolge  erzielt,  aus  diesen 
den  wurden  die  grösten  mftnner  gebildet,  auf  welche  Deutschland 
I  nach  Jahrhunderten  stolz  ist.  so  viel  steht  fest,  dasz  der  latei- 
he  Unterricht  ebenso  notwendig  ist  wie  der  griechische,  dasz  beide 
«hen  sich  gegenseitig  ergänzen,  und  dasz  mit  dem  verfalle  der 
ft  spräche  auch  die  andere  notwendig  sinken  würde,  aber  ein  so 
Bger  kritiker  wie  Gottfried  Hermann  glaubte  doch,  dasz  der  be- 
f&kte  lateinische  Unterricht  immer  noch  für  formelle  bildung  aus- 
hend  sei  und  verwahrte  sich  nur   gegen  weitere   beschränkungen, 

welchen  er  für  die  gymnasien  das  schlimmste  besorgte,  solche 
fcere  beschränkungen  sind  bis  heute  nicht  eingetreten  und  auch 
tt  zu  fürchten  für  die  zukunft.  im  griechischen  war  der  unterrieht 
Wolf  ein  mangelhafter  und  ist  seiSiem  ein  glanzpunct  geworden. 
Bon  auch  der  lateinische  Unterricht  immer  noch  genügend  ist,  so 
scn  doch  unsere  gjmnasien  jetzt  wol  höher  stehen  als  jene  viel- 
liesenen  lateinischen  schalen,  weiter  beschränkt  darf  allerdings  das 
inische  nicht  werden;  denn  da  die  philolog^e  und  Wissenschaft  ein 
lein^t  vieler  nationen  ist,  wurden  von  jeher  die  gelehrten  werke 
meist  lateinisch  geschrieben  bei  allen  nationen.  geschähe  dies 
it,  80  würde  ein  sehr  grosser  teil  dieser  werke  dem  auslande  ver- 
ossen  bleiben;  auch  würde  das  ausländ  repressalien  brauchen  und 
r  philolog  in  seiner  muttersprache  schreiben,  da  müste  ein  jeder 
9log  zu  einem  lebendigen  polyglotten  werden  oder  unsere  wissen- 
it  würde  bald  verkümmern,  dennoch  wissen  unsere  gegner  gegen 
ire  jetzigen  gymnasien  vielerlei  vorzubringen  und  zu  bemängeln. 
I  wenige  worte  über  eine  hauptbeschwerde.  im  allgemeinen  be- 
^n  sie,  dasz  der  Unterricht  ein  ganz  gründlicher  und  wahrhaft 
teher  sein  müsse;  das  Stadium  der  lateinischen  spräche  sei  und 
to    doch    die   hauptsacbe.     dies  Stadium  bilde  den  formsinn  ganz 

Slich ;  es  sei  nötig  für  die  deutsche  spräche  und  ausserdem  sei  es 
ich  nur  angewandte  logik.  so  lernten  die  schfiler  bald  aueh 
■I  forschen,  und  auf  den  Universitäten  studierten  sie  dann  ebenso 
lilich  ein  jeder  sein  hauptfach  und  lernten  dann  vieles  andere  biniu. 
■atage  sei  der  gymnasialunterricht  ein  encyklopä^eher;  num  be- 
■  jeUt  gleich  mit  dem  vielwissen  und  verkehre  das  goldene  sprich- 
b  'non  multa  sed  multum'  in  sein  gegenteil.  soweit  unsere  gegner. 
ktn  denn  aber  nicht  unsere  Schüler  zu  allererst  ihr  eigenes  Jahr- 
fert  und  dessen  wichtigste  entdeckungen  richtig  yersteben  lernen, 
'war  dies  nötig,  mästen  da  nicht  teils  einige  neue  lehrgegenttiade 
i^ommen,  teils  mehrere  alte  im  stundenplane  besser  bedaeht  ^rerdanT 
ireisheit  der  jetzigen  gjmnitsien  besteht  hauptsäehlieh  darin »  daai, 
k  auch  der  gjmnasialunterricht  sich  jetzt  über  mehr  diaeiplinen 
reitet  hat,  er  dennoch  die  alte  gründlichkeit  gewahrt  hat.  dasz 
Mi  hohe  und  schwer  zu  treffende  ziel  so  glücklich  erreicht  worden 
halte  ich  für  die  frucht  zeitgemaszer  Organisation  und  so  zugleich 
I  für  einen  triumph  unserer  philologenversammlungen. 
Bo  bezichen  denn  unsere  Jünglinge  auch  jetzt  noch  gründlich  vor- 
ftet  die  Universität,  wo  sie  in  einer  der  frühem  analogen  weise 
gtadium  obliegen  und  sich  auf  den  Staatsdienst  vorbereiten,  dem 
In  können  sie  jetzt  nicht  mehr  so  leicht  verloren  gehen,  allerdings 
das  Studium  früher  ein  freieres;  allein  die  jetzigen  ezamina  und 
fee  beschränkungen  musz  eben  jeder  in  seinem  eigenen  Interesse 
■I  den  kauf  nehmen,  er  musz  jene  grössere  freiheit  opfern  auf  dem 
rdes  Vaterlandes. 


i 


494        Bericht  über  die  verliandlungen  der  30n  vonaminliiiig 

Die  gegner  verdammen  aber  mit  den  ^mnaaien  mgl^kh  imIi  mA 
die  Zeitrichtung,  sie  möchten,  glanbe  ich,  jene  frühere  periode  nild^ 
rnfen  können,  die  zeit  des  humanismus,  wo  der  philolog  alt  fiwt  aIM> 
niger  Vertreter  der  geistesbildnng  änsierlich  in  höehitem  aBiekiilni 
aber  seitdem  haben  grosze  männer  auch  noch  in  andern  wiateaiAifttt 
einen  sehr  ehrenvollen  platz  eingenommen,  dennoeh  acbeima  fii 
Philologen  mehr  gewonnen  als  verloren  zu  haben,  das  ftiiiiliMMt  im 
höhern  geistesbildung  ist  die  olassische  philologie  nnd  wird  m  IHM 
bleiben,  sie  kommt  einerseits  dem  Staate  nnd  Tolke  zu  gute  lud  tiM 
andernteils  den  pbilologen  selbst  gröszere  fruchte  denn  früher«  m 
zahl  der  eigentlichen  pbilologen  nnd  deren  unmittelbarer  fehUer  wmIIi 
früher  doch  nnr  einen  sehr  kleinen  bruehteil  der  gelehrten  aM«  te 
Volk  selbst  konnte  sich  an  den  groszen  ideen  unserer  harliehen  wUmi- 
Schaft  direct  noch  nicht  beteiligen :  diese  Scheidewand  ist  gefallea,  A 
fruchte  der  philologie  erntet  jetzt  auch  das  volk.  eine  gania  laU  lli 
gjmnasien  ist  ins  leben  getreten,  und  so  ist  denn  aaoh  dar  wia»- 
schaftliche  Wirkungskreis  der  pbilologen  ein  grösierer  gewordaa;  rii 
schönes  gut  ist  uns  zu  teil  ff e worden,  das  bewuetsein,  dem  Staate 
volk  unmittelbar  und  in  weitem  umfange  dienen  zn  kSnnen.  an  *"' 
erhabenen  dienst  haben  sich  mit  der  philologie  nenera 
vereinigt  und  wirken  zusammen  im  schönsten  blinde ,  und  _ 
und  realschulen,  sie  bilden  ein  und  dasselbe  volk.  eo  iat  denn  flr 
ein  edler  Wettstreit  geboten,  eine  darüber  hinaosgehenda  rivalitit 
vom  übel. 

Auch  möchte  ich  dies  ^ine  betonen:  Jeder  Dentaoha  ist  jatst  ili 
glied  des  reiches,  für  welches  er  mitzuwirken  hat.  seinam  fBistai  wi 
dem  engern  Vaterland,  dem  sein  dienst  zunftohst  gehSrt,  bleibt  tf  Ji 
auch  ferner  von  herzen  zugethan.  dagegen  war  der  frfiliara  paitiBW 
rismus  den  pbilologen  nicht  selten  schädlich;  dieselbe  wisse uieksftliifct 
bildung  in  einem  Staate  war  vielleicht  schon  im  nacbbarstaata 
80  konnten  sich  damals  die  schüler  groszer  pbilologen  kanm  dnrsh  gav 
Deutschland  ausbreiten,  der  damals  so  heftige  streit  in  den 
war  wol  wesentlich  auch  ein  streit  um  die  wissenscbaftUaha 
in  Deutschland  und  hatte  auszerdem  noch  einen  politischen 
ich  erinnere  nnr  daran,  welche  kluft  damals  noch  Sftddtntsöhlsaft  1W 
Norddeutschland  trennte,  dieser  streit  der  schulen  war  fBr  dis  wiMM- 
Schaft  nachteilig;  unser  verein  hat  diesen  streit  immer  bakftsspit.  tet 
aber  das  alles  so  geworden  ist,  verdanken  wir  wol  erst  den  nagca  fV 
1870;  seitdem  ist  auch  die  patriotische  Zuneigung  gekonuMn. 

Aber,  fragen  die  gegner,  ist  unser  jetziger  eifer  flr  das 
reich  nicht  auch  ein  einseitiger  particularismus?  hat  Dentsdilsdl 
Wissenschaften  der  ganzen  weit  in  pacht  genommen?  sind  sie  si^ 
vielmehr  gemeingut  aller  nationen?  müssen  wir  nicht  aneh  für  tnmk 
Völker  mitwirken?  stand  in  dieser  beziehung  die  frfthera  pMlsli|i> 
nicht  höher  da,  deren  tendenz  auch  zum  teil  kosmopolitisch  warf  >■» 
dasz  wissenschaftliche  werke  nicht  ausscblieszlich  Dentschlaad  U^ 
hören,  ist  freilich  gewis;  aber  nicht  minder  gewis  ist,  dasa  disss  W9M 
der  gegenwart  nach  auszen  noch  viel  schneller  zu  finden  siai.  i* 
ganzen  ist  der  Charakter  solcher  werke  ein  internationaler  nnd  «srtf 
schon  früher,  wo  bei  uns  die  schulen  eines  Hermann  und  Boackh  wd  f* 
England  die  eines  Porson  fast  ganz  gleichzeitig  blühten,  ahar 
hatten  unsere  älteren  pbilologen  schon  damals  meist  DentscUaai  ^ 
iiVLge  gefaszt,  und  in  sehr  vielen  fällen  kann  man  dies  historiseh  asflk- 
weisen,  um  wie  viel  mehr  müssen  wir  jetzt  ein  gleiches  thonl  iMt* 
beziehnngen  zu  auswärtigen  gelehrten  beschränken  sich  gans  sif  dtf 
rein  wissenschaftliche  gebiet,  den  streit  führte  man  früher  fibsihi^^ 
besonders  gegen  ausländer  viel  rücksichtsloser,  jetst  schralbsa  M 
alle  Philologen  und  gelehrten  in  einem  durchaus  humanen  ton,  aad  ihi* 
Polemik  ist  streng  objectiv.    so  können  denn  die  werke  r^ttnMBAft 


deutscher  philologen  und  schulmänner  in  Rostock.  495 

•lehrten  jetxt  im  aaslande  nur  Sympathie  erwecken,  über  diese  hat 
ich  gtkBK  neuerdings  der  holländische  kritiker  Gebet  in  einer  freund- 
<^en  snschrift  an  mich  und  indirect  an  andere  deutsche  philologen 
■i^feaprochen.  ich  bezweifle  nicht,  dasz  das,  was  Cobet  mir  in  classi- 
sher  spräche  zuschickte,  auch  dem  Inhalte  nach  classisch  ist. 

Was  schlieszlich  Deutschland  selbst  betrifft,  so  war  die  Sehnsucht 
■ch  einem  einigen  deutschen  reiche  schon  längst  sehr  gross  und  fast 
Dgemein.  unser  verein  beabsichtigte  schon  bei  seiner  gründung  wenig- 
\muB  die  deutschen  philologen  innig  mit  einander  zu  verbinden;  die 
leiehen  ansichten  wurden  schon  von  früheren  philologen  geteilt,  samm- 
lefen  von  ausgaben  waren  für  ganz  Deutschland  bestimmt;  man  sieht 
tea  schon  daraus,  dasz  die  allermeisten  derselben  in  deutscher  spräche 
kcefaazt  sind,  namentlich  alle  Schulausgaben,  ich  habe  hier  nament- 
mk  eine  doppelte  art  von  ausgaben  vor  äugen,  die  bis  in  die  neueste 
eit  fallen  und  Ihnen  allen  bekannt  sind,  dem  titel  nach  für  den 
ehalgebrauch  bestimmt  sind  sie  der  gröszem  hälfte  nach  wirklich  em- 
tfehlenswerthe  Schulausgaben;  noch  wichtiger  sind  die  ausgaben,  welche 
lae  mittelstellung  einnehmen,  geeignet  zum  gebrauch  studierter  an- 
lebender  lehrer.  solche  bücher  waren  früher  eine  Seltenheit;  doch 
laben  einige  frühere  gelehrte  vorgearbeitet,  diese  bücher  stehen 
rissenschaftlich  viel  höher  als  jene  erste  classe  von  ausgaben,  sie 
»fassen  griechische  und  lateinische  schriftsteiler,  doch  nur  classiker, 
itlehe  für  schulen,  Universitäten  und  privatlectüre  besonders  notwendig 
änd.  berühmte  philologen  und  auch  schon  heimgegangene  waren  mit- 
■ibeiter  oder  begründer,  herausgeber  aber  professoren,  schulmänner, 
privatgelehrte :  alle  wollten  durch  uneigennützige  arbeit  sich  gemein* 
■Itslich  machen,  man  möchte  wünschen,  dasz  diese  ausgaben  sich  an 
nU  noch  vermehren;  gerade  jetzt  kommen  sie  in  ruf  und  kommen 
•iaem  praktischen  bedürfnisse  entgegen. 

Was  aber  unsere  zeit  betrifft,  so  ist  die  Signatur  derselben  keine 
Mdere,  als  diesem  deutschen  reiche  redlich  zu  dienen;  das  endlich  ge- 
ladene grosze  Vaterland  soll  uns  nicht  verloren  gehen,  die  liebe  zu 
kiser  und  reich  wollen  wir  unsem  schülem  tief  ins  herz  hineinsohreiben. 
Im  ist  ein  neues  band,  welches  alle  philologen  Deutschlands  innig  ver- 
ladet, damit  sind  uns  auch  in  wissenschaftlicher  beziehung  keine 
fefunstigen  aussiebten  eröffnet:  sollten  wir  für  kaiser  und  reich  dienend 
int  noch  besser  wirken  können  als  bei  der  ehemaligen  lerspUtterung? 
Mil  begann  die  zweite  hälfte  dieses  Jahrhunderts  ungünstig  wegen  der 
llgen  des  Jahres  1848,  woran  alle  Wissenschaften  schwer  zu  tragen 
■Itea;  dennoch  hat  die  philoIogie  rüstig  fortgearbeitet,  die  erfolge 
lit  1848  sind  geradezu  groszartig  zu  nennen:  praktische  thätigkeit 
Btin  ohne  Wissenschaft  entspricht  nicht  mehr  dem  bedürfnisse  der 
ligenwart. 

f  Für  kaiser  aber  und  reich,  für  unser  ganzes  geliebtes  Vaterland 
iMen  Sie  uns  fortan  unablässig  fortarbeiten  bis  zum  letzten  athem- 
p^  unsere  lebens.  was  wir  jetzt  säen,  geht  dem  vaterlande  nicht  ver- 
■leii,  unsere  kinder  und  kindeskinder  werden  es  einernten.' 

Nach  dieser  mit  groszer  wärme  gesprochenen  und  sehr  beifällig 
■fgenommcnen  rede  gab  prof.  Fritzsche  einen  kurzen  nekrolog  der 
•deutenderen  im  letzten  Jahre  verstorbenen  gelehrten,  er  beschränkte 
leb  auf  männer  wie  Tischendorf  in  Leipzig,  Hitzig  in  Heidelberg, 
ßpperdey  in  Jena,  Clason  in  Kostock,  Donner,  Ewald  u.  a. 

Hierauf  ergriff  herr  schulrath  dr.  Hartwig  aus  Schwerin  das  wort, 
1^  die  Versammlung  namens  der  mecklenburgischen  regierung  zu  be- 
piszen: 

:,  'Hochzoverehrende  herrenl  wenn  Sie  zur  erörterung  wissenschaft- 
liher  fragen  an  einem  orte  zusammengetreten  sind,  wo  unmittelbar 
feirher  den  musen  durch  kriegerisches  getöse  schweigen  auferlegt  war, 
Ü  ist  dies  allerdings  ein  zufälliges  zusammentreffen,    es  liegt  aber  nahe, 


1 


496        Bericht  über  die  verhandlangen  der  8Qn  vemaininlmig 

in  diesem  zusammentreffen  einen  hinweis  zu  erblicken  «if  den  destoeh« 
geist,  welcher  mit  seinen  neigangen  den  beschftftignngen  des  Mtto 
zugewendet,  den  ihm  dargebotenen  kämpf  matig  anfofiiniti  SMk  liok- 
kehr  ruhiger  zeiten  aber  sich  mit  verdoppeltem  eifer  den  wJgieMchift« 
zuwendet;  auf  den  deutschen  geist,  welcher  die  wiMensehnflei  botk- 
schätzend,  sie  zwar  um  ihrer  selbst  willen  betreibt,  in  ihnen  nbwtkitk- 
wol  nicht  ein  todtes  capital  ansammelt,  sondern  sie  nntsbar  nuwt  nr 
nationalen  erziehung  und  zur  erreicbunff  nationaler  nwecke;  wie  ff 
denn  einst  Preuszens  könig  nach  anglückfichen  k&mpfen  bot  anbahMf 
besserer  zeiten  die  Universität  BerUn,  jftng^  aber  nnaam  kaiicr  ii 
Universität  Straszburg  gründen  liesz.  durch  Ihre  wähl  MeeUeabn 
hocbzuverehrende  herren,  für  die  diesmalige  yersammlung,  habt  81 
den  beweis  gegeben,  dasz  Sie  solche  hochschltiani^  der  mimmtAA 
auch  hier  zu  finden  und  deshalb  in  diesem  lande  wiHkomaien  n  wk 
hoffen,  diese  hoffnung  täuscht  Sie  nicht.  Se.  kgL  hoheit| 
herzog,  dessen  landesväterliche  fürsorge  dem  nnterrichtsweMB  anf 
stufen  von  jeher  in  besonderem  grade  zugewendet  gewesen  iit| 
vor  einem  jähre  mit  groszer  freude  Ihren  entschlnss,  ^e  dieqlbtige  v»> 
Sammlung  in  unserm  lande  abzuhalten,  auch  das  minlsterinm  A  buk 
erfreut,  Vertreter  der  deutschen  pädagogik  in  Ihnen  hier  TsrsewtWsi 
finden,  und  von  ihm  ist  mir  der  ehrenvolle  auftrag  geworden,  Tham  dl 
willkommen  in  Mecklenburg  zuzurufen,  ich  thne  dies  mit  dem 
dasz  die  eindrücke,  die  Sie  in  Mecklenburg  empfangeni  not 
die  erinnerungen ,  die  Sie  mit  hinweg^ehmen ,  nur  frenndHche 
mögen.' 

Die  beg^üszung  seitens  der  Stadt  Rostock  hatte  herr 
dr.  Crumbiegel  übernommen,     er  sprach  folgendes; 

'Meine  herren!  nachdem  meine  geehrten  Vorredner  Ton  üuSBlfM^ 
männischen  standpuncte  aus  sich  verbreitet  haben  über  das  wsssSj  M 
und  den  zweck  ihres  Vereins,  kann  ich  mich  weiterer  einleitender Mte 
nach  dieser  richtung  hin  enthalten,  ich  habe  Ihnen  den  festesgrsfl  ml 
das  willkommen  des  magistrats,  der  repräsentirenden  büryenebsft  mi 
gesammten  bewohner  Rostocks  darzubringen,  wir  haben  soeben  M- 
und  freudentage  hier  verlebt;  Se.  majestät  der  kaiser  hat  Bosloekäl 
seiner  gegenwart  beglückt,  und  er  führte  mit  sieh  einen  teÜ  Mtap 
rühm-  und  sieggekrönten  heeres.  welchen  anteil  die  wissensehsft  WJ 
die  schule  daran  hat,  dasz  ein  solches  beer  aufgestellt  weiden 
darüber  herscht  jetzt  nur  eine  stimme,  so  ist  es  ein  erfroalkhii  i^ 
eignis,  dasz  unmittelbar  an  diese  kriegerischen  fest-  nnd  firendisli|i 
sich  die  Versammlung  dieser  hauptfactoren  des  deutsehen  henw  * 
schlieszt.  der  kaiser  und  das  ganze  armeecorps  haben  Tielfaeii  ei  9tt 
gesprochen,  dasz  es  ihnen  hier  wohl  gefallen  unter  uns;  dann  ki^ 
ich  den  wünsch,  dasz  auch  Sie,  meine  herren,  sich  liier  behagKeh  fttk 
mögen  und  der  Stadt  Rostock  ein  freundliches  andenken  bewslnfr 
mit  diesem  aufrichtigen  wünsche  heisze  ich  Sie  allerseits  henUeh  «8* 
kommen.' 

Herr  prof.  von  Zeh  ender,  magnificenz,  begrüsste  die  TerssHfllBl 
mit  folgenden  werten: 

'Meine  hochgeehrte  herren ,  philologen  und  schulminnerl  idi  vfl 
Ihre  kostbare  und  kurz  bemessene  zeit  nicht  unanffemeasen  IsMS  ii 
anspruch  nehmen;  versagen  kann  ich  es  mir  aber  nicht»  Sie  nah  ii 
naraen  der  Universität  zu  begrüszen.  mit  freuden  werden  8ie  oi  ab 
bereit  finden,  die  zwecke  Ihres  hierseins  nach  kr&ften  su  nMsin;Bf^ 
freuden  haben  wir  Ihnen  unsere  universitfttsgebftude,  dnnh  die  i 
ficenz  unsers  groszherzogs  erst  vor  wenigen  jähren  mit 
erstanden ,  zu  freiester  disposition  überlassen,  so  sehr  wir  nns 
Ihres  dankes  würdig  zu  machen  bestrebt  sein  werdeUi  liierflir  bwlsif  Sl 
des  dankes  nicht;  denn  wie  hätte  wol  der  tempel  unserer  wisseasAsi 
esser  und  würdiger  verwendet  werden  können  als  dadnrok,  dma  ti 


deutscher  philologen  und  schulmänner  in  Rostock.  497 

Ihaen  für  Ihre  zwecke  zur  disposition  gestellt  wurde,  mögen  diese  ver- 
kttdlangeii  einen  ehrenvollen  platz  einnehmen  in  den  annalen  Ihrer 
fnammenkünfte,  segensreich  wirken  für  die  erziehung  der  Jugend,  reiche 
frftebte  tragen  auf  dem  gebiete  der  Wissenschaft,  und  endlich  möge 
die  wähl  des  ortes  Sie  nicht  gereuen,  mögen  Sie  alle  nur  angenehme, 
fireiudliche  und  liebe  erinnerungen  aus  Rostock  in  Ihre  heimat  mit- 
Mhmen!' 

Der  Präsident  Fritzsche  dankt  in  einer  kurzen  erwiderung  den  letzten 
4rei  rednern  und  erklärt  hierauf  die  30e  Versammlung  deutscher  philo- 
lofen  und  schulmänner  feierlichst  für  eröffnet. 

Es  folgen  jetzt  mitteilungen  des  zweiten  Präsidenten,  herm  dir. 
Krause,  die  von  ihm  zu  secretairen  vorgeschlagenen  herren  dr.  Krüger 
lad  dr.  Blaurock,  beide  aus  Rostock,  werden  von  der  Versammlung 
«BDinm  consensn  angenommen,  sodann  macht  dir.  Krause  mitteilung 
Iber  die  erschienenen  festschriften  (siehe  oben)  und  begründet  hierauf 
Ae  thatsache,  dasz  die  von  der  Universität  zur  verfugung  gestellte  aula 
liebt  zum  versammlungslocal  gewählt  sei,  durch  die  angäbe,  dasz  die- 
selbe in  akustischer  hinsieht  Schwierigkeiten  biete,  hierauf  anzeige  der 
Ttncbiedenen  locale  für  die  einzelnen  sectionssitzungen.  über  den  jetzt 
fOB  dir.  Krause  gemachten  Vorschlag  einer  Statutenveränderung,  nach 
welchem  in  rncksicht  auf  die  grösze  der  insertionskosten  der  schlusz- 
Mts  Ton  §  3,  c:  'welche  einige  monate  vor  der  Versammlung  durch  das 
«wlblte  Präsidium  derselben  bekannt  gemacht  werden'  gestrichen  wer- 
ita  soll,  erhebt  sich  eine  kurze  debatte,  an  der  sich  besonders  prof. 
Xekstein  aus  Leipzig  beteiligt  der  verschlag  wird  von  dir.  Krause 
ielbst  zurückgenommen,  nachdem  prof.  Eckstein,  der  die  Berliner  und 
Würzburger  Statuten  s.  z.  wesentlich  redigierte,  die  erklämng  abgegeben, 
^4ui  durch  besagten  schluszsatz  dem  präsidium  keineswegs  die  freiheit 
■  finommen  werden  solle,  je  nach  den  umständen  den  termin  der  ersten 
^  nkSodigung  früher  oder  später  zu  bestimmen. 

Hierauf  erhält  herr  hofrath  prof.  dr.  von  Leutsch  aus  Göttingen 
in  wort  und  richtet  an  die  Versammlung  im  interesse  des  von  ihm 
lidifierten  anzeigers  die  bitte  um  mitteilung  von  notizen  über  im  kriege 
^0/71  gefallene  deutsche   philologen  und  schulmänner,  verspricht  zu- 

Kch  ein  regelmäszigeres  erscheinen  des  anzeigers  und  macht  schliesz- 
auf  eine  in  der  Waisenhausbuchhandlung  zu  Halle  erschienene  schrift 
hl  buchhändlers  Bertram  'manuscript  und  correctur'  aufmerksam. 

Kach   ihm   richtet   prof.  Eckstein    an  den  Präsidenten  Fritzsche 

fentlich  die   bitte,  eine   pflicht  der  pietät  gegen  Gottfried  Hermann 

herausgäbe  des  noch  fehlenden  (siebenten)  bandes  von  Hermanns 

ola  zu  erfüllen,     dir.  Krause  teilt  in  bezug  hierauf  mit,    dasz 

gjmnasiallehrer  Fritzsche  in  Güstrow  bereits  mit  der  herausgäbe 

bandes  beschäftigt  sei. 

Nach   einer  jetzt  gemachten  längern  pause  folg^  der  Vortrag  des 
prof.  dr.  Susemihl,  magnificenz,  in  Greifswald:    'über  die  eom- 
tion   der  politik  des  Aristoteles*,  von   dem  wir  im  folgenden  einen 
et  geben. 

Die  eigentlich  systematischen  Schriften  des  Aristoteles  sind  wenig- 
lltns  ihrer  groszen  mehrzahl  nach  nicht  von  ihm  selber  herausgegeben. 

fcicht1ich  der  poetik  bezeugt  er  dies  selbst  (c.  15  z.  e.).  aber  sie 
mit  der  absieht  einer  künftigen  herausgäbe ,  wenn  auch  vielleicht 
ist  für  die  zeit  nach  seinem  tode,  von  ihm  verfaszt.  sie  sind  im 
ntlichen  freie,  erweiternde  Überarbeitungen  seiner  mündlichen  vor- 
von  seiner  eigenen  band,  aber  man  hat  zur  ergänzung  gleich  bei 
ersten  herausgäbe  auch  entwürfe  von  ihm  für  diese  vortrage  und 
hgeschriebene  collegienhefte  seiner  zuhörer  mit  benutzt,  so  dasz 
t  selten  doppelte,  ja  dreifache  bearbeitungen  derselben  partieen 
iMtanden  sind,    die  anf  uns  gekommenen  redactionen  sodann,  d.  h.  die 

ff.  j-ihrb.  f.  phil.u.  päd.  II.  abl.  IST.S.  hft.  10.  32 


t 


498        Bericht  über  die  verhandluugen  der  80n  yersunniliing 

des  Andronikos  von  Rhodos  and  seiner  nachfolger,  haben  ftberditi 
sohnitte,  die  erst  von  Peripatetikern  herstammen,  mit  anfgeBonmi 

Fremde  bestandteile  dieser  art,  doppelte  receneionea,  9pnß% 
Übergänge,  ungleichmäszigkeiten  der  ansfühmng,  lÜcken,  yewetw 
finden  sich  reichlich  aach  in  der  politik,  nnd  dae  ganae  derselbe 
nur  ein  torso,  aber  es  weist  deutlich  den  bis  ins  einseifte  feil 
gliederten  grnndplan  des  Aristoteles  auf. 

Aus  der  einleitong  (I  1.  2)  über  den  wahren  begriff  yon  kaai 
Staat  im  unterschied  von  einander  nnd  im  gegensats  aar  nlaioal 
lehre  über  beide  erwächst  die  hanpteinteilnng  in  SkoBonuk  (I  9 
nnd  Politik  im  engern  sinne,  letztere  xerfUlt  wieder  ia  Terfiss 
und  gesetzgebungslehre.  die  gesetzgebnngslehre  fehlt  gans  nnd 
nachweislich  wider  des  Aristoteles  absieht,  die  TerfaMongslehrs 
VIIl)  liegt  auch  nur  unvollständig  vor.  Aristotelei  nntarsdeidet  | 
Piaton  eine  beste  Verfassung  von  den  übrigen ,  sieh  iohrittweiM  i 
weiter  von  ihr  entfernenden  Verfassungen,  diese  aweiteilnng  is 
grundlage  seiner  Verfassungslehre,  aber  in  kunstvoll  emqplifilerter  i 
er  beginnt  mit  einer  kritik  der  von  anderen  theoretikem  anfgesb 
musterverfassungen  und  derjenigen  wirklich  bestehenden  verfam 
die  sich  eines  besonders  guten  rufes  erfreuen  (b.  II).  seine  ei| 
ansichten  über  die  beste  Staatsform  schimmern  dabei  sehon  vii 
durch,  aber  er  läszt  dieser  kritik  doch  noch  nieht  nnmittelbar  a 
resultat  die  eigene  aufstellung  folgen,  er  legt  vielfflehr  saTSrden 
positiven  allgemeinen  grundlagen  für  alle  Verfassungen  (III  1 — IS 
baut  auf  denselben  dann  in  einem  zweiten,  spedeUen  teil  (III  1 
YIII  B.  e.)  die  besonderen  Verfassungen  nach  einander  anf,  anen 
Idealkönigtum  (III 14 — 17)  und  die  eigentlich  normale  bette  Terlsi 
die  eigentliche  aristokratie  (III 18.  VII.  YIII),  dann  zweitens  die  11 
Staatsformen  (IV.  V.  VI). 

Jene  allgemeinen  bestimmungen  zerlegen  sieh  wieder  in  iwei 
pen,  eine  ganz  allgemeine  (III  1 — 5)  und  eine  die  besonderen  ▼) 
sungen  und  ihren  werthunterschied  herausarbeitende  (in  6— IS). 
wird  gezeigt,  1)  welches  der  wahre  begriff  des  Staatebürgers  ist  (DI 
2)  dasz  jeder  Staat  nur  durch  änderung  seiner  Verfassung  ein  si 
wird  (III  3),  3)  dasz  die  bürgertngend  je  nach  der  verfassong  eiiK 
schiedene,  die  beste  Verfassung  aber  diejenige  ist,  in  welcher  die 
mit  der  mannestugend  möglichst  zusammenfällt  (HI  4),  daas  ebei 
halb  aber  auch  in  dieser  besten  kein  bürger  gewerbliche  thili 
treiben  darf  (III  5).  hier  wird  1)  der  untersehied  der  richtigen  (( 
Verfassungen  nnd  der  abarten  (irapcKßdcetc)  entwickelt  (III  6)  in 
drei  formen  der  ersteren,  königthum,  aristokratie  und  politie,  sow 
drei  entsprechenden  der  letzteren,  tjrannis,  Oligarchie  nnd  deaok 
zunächst  nach  dem  blosz  numerischen  maszstab  des  hersehens  vontf 
mehreren  oder  vielen  gewonnen  (III  7).  dann  aber  seigt  ndi  1 
vorderste  a)  dasz  dieser  maszstab  doch  bei  der  Oligarchie  nnd  < 
kratie  nur  eine  accessorische  bestimmung  ergibt  nnd  das  eigen 
wesen  beider  Verfassungen  vielmehr  in  der  eigennÜtsigen  herseliaf 
der  reichen,  hier  der  armen  besteht  (III  8),  femer,  b)  dasa  a)  ' 
dies  demokratische,  noch  jenes  oligarchische  rechtsprincip  das  ' 
ist,  sondern  nllein  das  aristokratische  (III  9),  dass  jedoch  f)  *** 
letztcrii  selbst  eine  bedingte  berechtigung  des  demoeratiseben  sie 
im  Staatsleben  folgt,  indem  bei  einer  wirklichen  tüchtigen  bOrges 
diese  selbst  der  souverän  (xOpioc)  sein,  dabei  aber  die  beaondinni 
geschäfte  den  von  ihr  zu  beamten  gewählten  besonders  tftehtSgcn 
nern  überlassen  musz  (III  10.  II).  schrittweise  nähert  rieh  ab 
Untersuchung  der  beantwortung  der  frage,  welche  von  den  ricbtigf 
fassungen  denn  nun  die  richtigste  oder  beste  ist,  nnd  wim  die  ai 
zu  ihr  stehen,  aber  wirklich  geleistet  ist  diese  antwort  docb  noeh 
im  gegenteil,  die  frage  selbst  wird,  wenn  auch  mit  nnderan  wortei 


deutscher  philologen  und  schulm&nner  in  Rostock.  499 

■  folgMiden  f)  deutlich  aufgeworfen,  soviel  Wiederholungen  aus  dem 
iekstroraufgehenden  dieser  folgende  abschnitt  (III  12.  18)  daher  auch 
Hitldlt,  er  ist  nicht  mit  Bemajs  als  eine  blosse  andere  bearbeitnng 
iisst  ihm  Toranstehenden  (III  10.  11)  ansusehen,  im  gegen teU,  Thurot 
Mt  das  richtige  erkannt,  indem  er  durch  Umstellung  von  1283^  9 — 13 
ssdttelbar  vor  1284*  3  (€l  hi  Ttc  usw.)  sinn,  vorstand  und  xnsammen- 
issf  herstellte  und  sugleich  eine  grosse  l&cke  unmittelbar  vor  der  so 
Mfestellten  partie  nach  Conrings  teilweisem  vorgange  nachwies,  von 
Isa  drei  denkbaren  fällen  ist  nur  einer  erhalten  und  xwar  der  gerade 
IS  schwersten  denkbare,  dasz  die  tfichtigkeit  einzelner  die  aller  ande- 
«i  MIrger  zusammengenommen  tibertrim,  der  ausnahmsfall  der  aller- 
MMtsa  Verfassung,  des  absbluten  königtums  solcher  einselner.  es  fehlt 
Ist  fall  des  hestehens  einer  ganzen  bürgerschaft  aus  lauter  tüchtigen 
ritasem  ohne  das  dazwischwischentreten  eines  solchen  umslandes,  d.  h. 
Hi  eigentliche  aristokratie  oder  normale  beste  Verfassung  des  Aristo- 
idsa.  es  fehlt  der  fall,  dasz  die  zahl  der  tüchtigen  leute  eine  geringere 
Hii  die  gesamttüchtigkeit  der  übrigen  bürger  doch  immer  noch  grösser 
ü  als  die  besondere  tüchtigkeit  dieser  einzelnen,  d.  h.  die  bereits  von 
lir  höhe   herabsteigende    gemischte    aristokratie    oder    auch    gar   nur 

Die  nun  folgende,  groszenteils  in  übler  Ordnung  überlieferte  ab- 
nadlong  über  das  königtum  (III  14—17)  lässt  als  berechtigt  im  ent- 
ikkejiten  Staate  von  allen  königtümem  allein  jenes  ideale  bestehen. 
Im  ichluszcapitel  des  3n  buches  leitet  unmittelbar  über  zu  der  aus- 
fvialtang  der  eigentlichen  besten  Verfassung^  die  im  7n  und  8n  buche 
miefangen,  aber  weitaus  nicht  vollendet  wird,  der  gesamtorganismns 
h  Werkes  zwingt  nicht  minder  als  alle  speciellen  beweise  zu  der  an- 
ühAs,  dasz  sonach  diese  beiden  bücher  vor  das  vierte  zu  stellen  sind, 
iah  der  besprechung  von  zwei  wichtigen  Vorfragen  (YII 1  und  YU  2.  8) 
Ügskt  sich  der  entwurf  der  besten  Verfassung  nun  zunftchst  über  die 
ktteren,  natürlichen  (VII  4 — 7)  und  sodann  über  die  inneren,  socialen 
ii  socialpolitischen  bedingungen  (Vn  8—12)  für  das  Zustandekommen 
Mff  solchen,  kommt  dann  aber  im  ausbau  von  ihr  (YII  18  bis  YIII  s.  e.) 
hht  über  die  erziehung  hinaus,  ja  bringt  nicht  einmal  dies  capitel  zum 
■Bhluss.  alle  von  Aristoteles  selbst  gemachten  Vorausankündigungen 
iVexug  auf  andere  puncte  bleiben  unerledigt. 
Der  anfaag  des  vierten  buches  (IV  1.  2)  stellt  die  dem  staatskun- 
noch  ausser  der  kenntnis  der  im  absoluten  sinne  (teXdkc)  beste» 
die  ausdrücklich  als  im  voraufgehenden  abgethan  beaeich* 
ird,  obliegenden  zahlreichen  aufgaben  ausdrücklich  auf,  zeigt,  wie- 
facher  bedeutung  noch  von  einer  relativ  besten  Verfassung  die 
eein  kann  und  ausserdem  noch,  wo  beides  nicht  zutrifft,  wenigstena 
der  relativ  besten  ansgestaltung  der  jedesmal  geff ebenen  verCMsnng^ 
jetzt  darauf  hingewiesen  wird,  dass  es  vom  Oligarchie  und  demo- 
mehrere  Unterarten  von  sehr  Teraohiedenem  weithe  gibt,  wir 
i  erst  jetzt  bestimmt,  dasz  im  allgemeinen  die  rangordnnng  der 
ingen  diese  ist:  königtum,  eigentliche  und  dann  nneigentuohe- 
»kratie,  politie,  demokratie,  Oligarchie,  tyrannis.  endlich  wird  ge- 
ll die  reiben  folge  der  noch  zu  besprechenden  fünf  puncte  bezeichnet 
ll  streng  an  diese  reihenfolge    bindet   sich   auch   die   sich  demnächst 

eilieszende  ausführung,  wenn  schon  die  abschnitte  III  3  und  4  anf.. 
erlich    von  Aristoteles   selbst  herrühren,   die    in  III  12  begonnene 
»nchung    auvollendet    abbricht   und  die  bemerkungen  III  12  ende 
iJll  13  ende    vielmehr    mit  III  9  hätten  verbunden  werden  müssen, 
^ines    stört    diese    harmonic    wesentlich,     die   fünf  abschnitte  sind 
lieh  III  3-10.  III  11.  III  12.  III  14—16  nebst  VI  1—7,   endlich  V. 
VI  gehört  also  vor  buch  V  und  die  citate  des  letztem  buches  im 
rühren  teils  überhaupt,   teils  in  ihrer  jetzigen  gestalt  erst  von 
Urheber  der  uns  überlieferten  redaction  her.     auch  das  8e  capitel 

82* 

♦■ 
< 


i 


500        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  30n  vereammlang 


vom  6n  bache  gehört  nemlich  in  der  that  zmn  tbema  von  Hl  14— 1( 
und  VI  1 — 7,  es  ist  der  ansatz  zu  der  in  III  16  ans^rficklioh  voiMtl- 
tenen  ergänzung,  aber  es  ist  auch  beim  blossen  ansatse  in  einer  lol- 
chen  geblieben,  und  nicht  minder  fehlt  die  in  VI  1  anfang  in  aninckt 
gestellte  besprechung  der  'combinationen'.  dasz  aber  in  der  nng- 
Ordnung  der  Verfassungen  genauer  auf  die  beste,  politieaiÜge  deao- 
kratie  zunächst  erst  die  beste,  politieartige  Oligarchie  und  dann  ent  die 
zweitbeste  demokratie  usw.  folgt,  lieg^  zwar  nur  einschliesBlieh,  aber 
doch  deutlich  genug  in  den  wirklich  gegebenen  anafühningen. 

Schon  im  Verzeichnis  der  Schriften  des  AristoteleB  bei  DiogOBN 
Laertios  findet  sich  eine  politik  genau  von  8  b&chem;  lehoa  diM 
exemplar  scheint  also  wenigstens  nicht  erheblich  amfXiiglieher  gewcKt 
zu  sein  als  unser  jetziger  besitz,  jenes  Verzeichnis  r&hrt  aber  luehici 
sorgfältigsten  Untersuchungen  von  dem  Smymäer  Hermippot,  dem  idiin« 
des  Kallimachos,  als  letzter  quelle  her.  —  — 

Nach  schlusz  dieses  Vortrags  begaben  sich  die  mitglieder  ii  an 
ihnen  angewiesenen  sectionslocale.  es  constitnierten  sieh  folgw^ 
sectionen :  1)  die  pädagogische,  2)  die  germanistisch-romanlaehe,  t)  fi> 
orientalische,  4)  die  mathematisch-natnrwissenschaftlidhe. 

Am  nachmittage  desselben  tages  fand  wieder  in  der  Tonhaüt  eh 
wol  von  allen  mitgliedem  besuchtes  festessen  statt,  anter  den  Uia|V 
des  festmarsches  aus  ^Tannhäuser*  begann  die  täfel.  der  priiidMti 
prof.  Fritzsche,  brachte  den  ersten  toast  auf  Se. majeatit oei  katv 
aus,  gleich  darauf  der  zweite  präsident,  dir.  Kranae«  einen  toait  Mf 
Se.  königl.  hoheit  den  groszherzog  Friedrich  Franz  II.  als  dritter  n^ 
ner  sprach  herr  dr.  Krüger  (Rostock);  er  begr&sste  in  llofm  ü- 
sprache  im  namen  der  Rostocker  collegen  die  anwesenden  glMe.  Vdi 
darauf  sprach  herr  prof.  Eckstein  (Leipzig)  folgendes:  'meine  dMB 
und  herren!  Sie  haben  toaste  gehört  auf  kaiser  und  reieh  nnd  pttf' 
herzog,  Sie  sind  begrüszt  von  den  Rostocker  collegen,  tfiiis  fehlt 
dieser  alten  Stadt  zu  gedenken,  die  in  ihrer  einriehtoni;  bis  aif 
heutigen  tag  das  mittelalter  bewahrt  hat,  trotzdem  dass  sie  im  _ 
politischen  liberalismus  steht,  dieser  stadt,  die  ein  bedentender'ilkklif 
mit  dem  alten  Athen,  ihren  hafen  Warnemünde  mit  dem  PlilBf  n^ 

fliehen  hat.  viel  drastischer  als  dies  wort  Fritz  Beoters  ist  «in  * 
eres,  das  ein  Römer  von  den  nordischen  barbaren  aussagte:  d** 
eorum  stomachus!  mag  das  gelten  oder  nieht,  dines  haben  saefc'^ 
alten  philologen  anerkannt:  die  gastlichkeit  der  nordisehea  barbüi^ 
die  alte  banse-  und  seestadt  und  die  an  alter  nieht  minder  beriM* 
Universität,  die  nur  einmal  ein  Bützowsches  interregnnm  gehabt  M 
lebe  hoch!*  der  toaste  folgten  noch  viele,  unter  denen  besonden  iti* 
launige  dichterische  improvisation  des  herm  dr.  Latendorf  attf  M<^ 
rin  bemerkenswerth  ist. 

Gegen  8  uhr  trennte  sich  die  gesellschaft  in  der  heitersten  liV^ 
um  sich  Kpäter  noch  einmal  auf  Steinbecks  bierkeller  sn  TereiDigw»^ 

Von  den  beiden  gesungenen  tafelliedern   teilen  wir  das 
gaudcamus  Rostochiense,  mit: 


1.  Gaudeamus  igitur 

Rostochi  dum  sumus! 
post  peractos  dies  gratos 
huc  et  illuc  dissipatos 

nos  habebit  domus. 

2.  Ubi  sunt,  qui  ante  nos 

Rostochi  fuere? 
abeas  Berolinum, 
adi  mare  Balticnra, 

mos  si  vis  vidiere. 


3.  Pugnae  Salaminiae 
vidimus  exemplnm. 
Caesar  ipse  posterae 
classicae  victoriae 
consecravlt  templnm. 

4  Cena  nostra  breris  est, 

brevi  finietnr, 
venit  nox  veloeiter, 
Bacchi  vis  atroelter  — 

nemini  parcetur. 


deatscher  philologen  und  schnlm&imer  in  Rostock. 


ÖOI 


ft^Vivat  Philologia 
occid-  orientis! 
vivat  Academia, 
Tivat  res  scholastica, 
cos  aetema  mentis. 

6.  Vivant  omnes  Lalagae, 
Phjllides  formosae, 
yivant  et  Penelopae 
nostrae  et  Lncretiae 
bonae  laboriosae. 


7.  Ter  vivat  Germania 

et  qoi  eam  regit. 
Caesarea  maiestas, 
magni  Ducis  Caritas 

qnae  nos  hie  protagit. 

8.  Pereat  tristitia 

omnis  criticorom. 
pereat  diabolns 
omnis  academicns 

atqne  irrisores. 


Zweite  allgemeine  sitzung. 
Mittwoch,  den  29  September,  IOV4  nhr. 

Auf  der  tagesordnung  steht  zonftchst  der  rortraff  des  herrn  hofrath 
prof.  dr.  H.  Fritz  sehe  in  Leipzig  'über  den  dW|p  draddc  bei  Pindar». 

Im  anschlusz  an  das  Horazische  Pindarom  qnisqms  usw.  zeigt  red- 
itr,  dasz  die  begeisterung  schon  des  altertoms  für  Pindar  namentlich 
bi  der  tiefe  seiner  gedanken  seinen  grund  habe,  Pindar  nennt  sich 
tibti  coqxk,  weiser  und  sänger  zugleich,  interessant  ist  dasz  schon 
Uk  jfingere  Zeitgenosse  Herodot  sich  auf  Pindar  beruft  (vöfxoc  ßactXcOc 
imuiv);  noch  höher  stellt  ihn  Plato  insonderheit  wegen  der  sittlichen 
Mteii,  wie  sie  bei  Pindar  ausgeprägt  sind,  sie  bewirkten,  dasz  Pindars 
fiektongen  sich  vollständig  erhielten,  während  von  Simonides  u.  a.  nur 
bscmenta  da  sind,  er  schildert  den  sieg  in  Olympia  usw.,  an  dam 
mt  nur  die  Verwandtschaft,  sondern  das  ganze  heimatland  des  preia- 
l^uronten  teilnahm,  selbst  in  den  Hades  zu  den  entschlafenen  dringt 
■i  künde,  der  juSel  ist  wie  der  siegesjubel  in  unsem  jüngsten  kriegs- 
hben.  vor  allem  wird  den  göttem  gedankt  und  geopfert,  groszer 
Ikiten  betrachtung  erweckt  grosze  gedanken.  der  dichter 
i^kt  an  die  macht  der  gottheit,  an  die  ahnen  des  Siegers  osw. 

Der  Sieger  musz  den  sieg  verdient  haben;  oder  vielmehr  der  sieg 
iifc  sin  gnadengeschenk  der  gottheit  (ZcO  fxcrdXai  dp€Tal  Ik  c^ev  |  6va- 
Mc  ir^vrat),  aber  nur  dem  guten  schenkt  die  gottheit  einen  solchen 
iif.   Tifia  ö'draeolci  dvriKCiToi. 

:  Wer  ist  dieser  dvf|p  dyaOöc?  es  ist  der  held  und  der  gate  mann 
Msich;  der  held  bei  Homer  ist  dfaBdc,  und  gott  bei  Plato  (Timaeoa) 
WdraOöc.  wie  gott  bei  Plato  eine  urgestalt  des  sehdnen  usw.  vor- 
hbrebt,  so  wohnt  bei  Pindar  die  urgestalt  des  mannes»  wie  er  sein 
ML  der  religiöse  zug  bei  Pindar  erinnert  an  die  psalmen  wie  an  Klop- 
htk.  wir  können  auch  hier  sagen:  intra!  et  heic  deoa  est.  die 
Mmigkeit  charakterisiert  Pindar  insbesondere;  so  wird  der  erste 
■iptsatz:  Tifidv  6€Öv!  der  g^te  mann  erkennt  seine  abhXngigkeit  von 
feit  und  dagegen  seine  eigene  schwäche  als  sterblicher,  er  fünlt,  dasz 
m  durch  die  gottheit  ihm  kraft  zu  grossen  thaten  kommt,  ao  lernt 
V  nasz  zu  halten  in  allen  dingen;  er  will  nicht  selbst  ein  gott  sein. 
Schreckend  sind  die  bilder  von  Phaethon  und  von  Bellerophon. 

Wie  gegenüber  der  [i^ottheit,  so  wahrt  der  gute  mann  die  göttlichen 
i^QDgen  auch  gegenüber  den  bürgern;  das  Vaterland  ist  selbst  von 
ir  gottheit  prescliatfeu  und  neben  Zeus  wohnt  die  Themis,  weil  cdf- 
^Ifia  sospita.  echt  dorisch  betrachtet  Pindar  den  mann  geschaffen  als 
k  sein  Vaterland,  der  gute  wehrt  den  feind  ab,  fest  gleich  einem  Ajax 
M  raft  sterbend,  was  Uoraz  nachdichtet:  dulce  et  decorum  est  usw. 
■tkts  geht  dem  wackern  manne  über  die  eintracht  der  bürger;  nichts 
Wr  die  gerechtigkeit.  denn  übler  ruf  haftet  an  Phalaris.  neben  ge- 
Mtigkeit  walten  milde  und  gnade:  quondam  cithara  tacentem  osw. 
hr.  od,  II  17.     der  reichtum  musz  in  enger  Verbindung  mit  der  tugend 


i 


502         Bericht  über  die  Verhandlungen  der  30n  verBammlimg 

stehen;  der  reicbtam  des  guten  mannes  erhöht  anch  den  elui 
Vaterlandes  (fiCToXoTTp^ircia)  in  aufwand,  £ncht  der  rosse  für  die  s 
usw.  ein  fürst  wie  Thero  ist  dtCiOöc,  gänzlich  analog  der  gotthei 
Plato.    überall  hin  sendet  er  segen  [Oljmpic  II,  extrentf.]. 

Im  kreise  der  seinigen  erscheint  der  av)P|p  är(aQ6c  simlehit  e: 
mit  kindesliebe,  gleich  dem  Antilochus,  der  flir  seinen  vater  Kesto 
leben  liesz  (Pythic.  6).  es  klingt  wie  eine  mahnong  des  Deksl 
wenn  Chiron  dem  Achill  zurief:  ehre  vater  und  mntter!  und  ti  q 
pov  KcbvCtiv  TOKduiv  dTaOolc?  —  Castor  und  PoUnz  sind  dem  di 
das  ideal  der  bruderliebe. 

Auch  ein  vaterherz  hat  der  dvfip  dyaOöc.  von  gnun  gebeugt 
zehrt  sich  Hiero  bei  dem  Verluste  seiner  tochter;  da  tröstet  ihn  P 
(flebili  sponsae  iuvenemve  raptum  plorat  usw.).  da  redet  Pindar 
freunde  als  freund,  der  dvV|p  dyaOöc  kann  nicht  leben  ohne  trea 
nossen,  fiia  ipuxi^  sind  Achill  und  Patroklos.  diese  freandschaft  ht\ 
sich  in  treue,  milde,  heiterem  zusammenleben:  fXmc^la  bt  «pp^ 
cufiiröxaici  öfxiXctv  ficXiccdv  dfx€(߀t  rprytöv  irdvov.  da  erklingen  i 
und  Saitenspiele,  gepflegt  wird  die  mnsenkunst  dTXalCcrai  6i  KOl 
ciKdc  ty  duiTtfi ,  und  der  lohn  dieses  mnsendienstes  ist  onsterblie 
seines  namens,  im  anschlusz  an  Horaz:  nigro  invidet  Orco! 

An  diesen  Vortrag  reihte  sich  ein  sehr  anziehender  Vortrag  des 
Bartsch  aus  Heidelberg:  'vom  germanischen  geiste  in  den  ronanB 
sprachen'. 

Der  vortragende  beabsichtigte  die  einwirknng  in  seigen,  w 
das  germanische  element  auf  die  romanischen  sprachen  ansgeiibt 
das  in  dem  wortbestande  desselben  Ittngst  und  mit  glftniendem  ei 
nachgewiesen  ist,  daher  diese  etjmologische  seite  gsns  übergi 
wurde,  dagegen  wurde  bezüglich  der  ableituog  dasjenige  hervorreh 
was  entweder  in  bestimmten  ableitungsendangen  gennaniseher  her 
ist  oder  bei  lateinischer  endung  germanischen  einflusz  verrSth.  ii 
Zusammensetzung  zeigen  sich  deutsche  einwirkungen  teils  in  snbsl 
vischen  compositis,  wie  in  den  mit  ablaut  gebildeten,  teils,  wo» 
meisten,  in  den  Zusammensetzungen  mit  prftpositionen.  von  dei 
balen  Zusammensetzungen  wurden  die  imperativiseh  gesehriel 
hervorgehoben,  ferner  in  den  pronomin albildungen  nnd  in  den  t 
bien  wurden  zahlreiche  analogien  und  gleichnngen  swisohen  romt 
und  germanisch  bemerkt,  endlich  machte  der  vortragende  auf 
reihe  syntaktischer  erscheinungen  aufmerksam,  in  denen  sich  g( 
■nischer  geist  kund  gibt,  den  letzten  gegenständ  des  >  Vortrags  bi 
die  bedeutungslehre,  indem  an  einer  aus  grosser  fülle  ansgewl 
zahl  von  Wörtern  die  nicht  aus  dem  lateinischen,  sondern  ans  den 
manischen  erklärbare  romanische  entwickelung  der  bedevtungen  p 
wurde,  auch  wies  der  vortragende  auf  diejenigen  Wie  hin,  in  < 
durch  anklang  an  deutsche  st&mme  veranlasst  der  romanische  au« 
von  dem  im  lateinischen  üblichen  für  denselben  begriff  abweicht. 

Dieser  durch  zahlreiche  beispiele  illustrierte  Vortrag  des  gels 
redners  erfreute  sich  des  ungeteilten  beifalls  aller  suhörer. 

Nachdem  jetzt  gjmnasialdirector  Krause  als  swetter  prii 
einige  geschäftliche  mitteilungen  gemacht  und  n.  a.  auf  die  jsts 
eingegangene  festschrift  des  herrn  dr.  Lat endo rf:  'beitraginLa 
bergs  Scherzgedichten'  sowie  auf  den  vertrag  des  prof.  Merkel 
das  encyklopädische  Wörterbuch  von  prof.  Sachs'  (s.  o.  erste  siti 
hingewiesen  hatte,  erhielt  prof.  £ckstein  das  wort  snr  ords 
mäszigen  feststellung  des  nächstjährigen  Versammlungsortes,  er  I 
aus,  dasz  locale  Schwierigkeiten  die  abhaltung  der  yersammlnng  in 
der  mitteldeutschen  Städte  (Weimar,  Eisenach)  nicht  rathsam  erscl 
lieszen,  dasz  aber  auch  das  zuerst  vorgeschlagene  süddentsche  8 
bürg  bis  jetzt  noch  nicht  zu  einem  Versammlungsorte  geeignet  sei 
daher  die  wähl  auf  Tübingen  gefallen  sei.    Tübingen,  dessen  n 


deutecher  philologen  und  schulm&imer  in  Rostock.  503 

ntit  an  jabren  der  Rostocker  nicht  viel  nachstelle,  diese  stadt,  die  zwar 
■lekt  dnreh  ihren  handel  aber  dnrch  ihre  reisende  läge  sieb  ansseichne, 
is  «iaeai  lande  gelegen,  das  gerade  diesem  vereine  stets  seine  besondere 
tdlaabme  geschenkt  habe,  in  einem  lande,  dessen  schalen  ihren  alten 
Ttka  bewuirten,  müsse  als  besonders  geeignet  erscheinen  fdr  abbaltnng 
«iser  versammlang  deatseher  philologen  and  schalmänner.  aneb  sei 
na  dort  aas  bereits  eine  freandlicbe  aafnahme  sagesichert  in  besag 
sif  das  prilsidiam  für  die  dortige  versammlang  seien  die  berren  prof. 
Tmdfel  and  prof.  Schwabe  sa  prftsidenten  vorgesehlagen. 

Die  Tcrsammlang  billigte  die   wähl  Tübingens  und  bestfttigte  die 
gttsnnten  berren  als  Präsidenten. 

Hieranf  ergreift  gymnasialdirector  Kr  aase  das  wort,  nicht  in  sei- 
■m  amt  als  sweiter  präsident  zn  einer  geschSftlichen  mitteilang,  ton- 
im  zu  einer  nachweisung  über  die  vitae  Catonis  fragmenta 
Ksrbargensia.  der  archivar  Könnecke  habe  diese  f^agmente  einer 
•Bfeblich  lateinischen  quelle  des  Plutarcb  für  die  vita  Catonis  min.  in» 
Fsidaischen  archivalien  gefanden  and  H.Nissen  habe  sie  bekanntlich 
■U  dem  Marburger  index  lectionam  für  das  Wintersemester  eben  berans" 
figeben.  die  handschrift  solle  mit  Sicherheit  dem  beginn  des  ISn  jähr- 
iunderts  angehören,  handschriften  könnten  leicht  tSaschen  and  am  so 
Widiter,  je  grösser  die  freade  sei,  die  das  aaffinden  verlorener  band- 
sAriften  mache.  Gustav  Freytag  habe  den  stoff  zn  einem  schönen 
itasae  benntst.  ein  nahe  liegendes  beispiel  über  tl(asehang  in  betreff 
4»»  alters  einer  handschrift  finde  sich  in  des  vortragenden  kleiner  fest* 
sekrift,  ein  anderes  biete  der  streit  über  die  Rostocker  Sallnstbandsebrift. 
*-  Hinsichtlich  der  Marbarger  fragmente  habe  schon  A.  V.  Gntsehmid 
iiZaraekes  litterar.  centralblatt  vom  85n  angast  d.  j.  s.*1162  erklllrt, 
■SB  habe  es  augenscheinlich  nicht  mit  einem  lateinischen  original, 
iMdem  mit  einer  Übersetzung  aus  dem  griechischen  su  thun.  vom  alter- 
tai  könne  keine  rede  sein,  stamme  das  bruchstück  wirklich  aus  dem 
Mfang  des  13n  jahrbanderts,  so  sei  es  interessant  wegen  seiner  ver- 
liHaismissig  reinen  latinität.  man  könne  den  Übersetzer  etwa  mit 
iMaardns  Aretinus  vergleichen,  aber  ob  zweifellos  die  handschrift 
iMe.  XIII  inenntis  sei?^ 

'Meine  berren',  fährt  der  vortragende  fort,  'ich  kann  Ihnen  nun 
ll|en,  dasz  die  fragmente  zweifellos  Übersetzung  sind,  ich  kann  Ihnen 
iü  Übersetzer  nennen :  den  Florentiner  Lapus ,  and  kann  Ihnen  den  , 
Itveis  hier  gedruckt  in  die  band  legen,  der  foliant,  den  Sie  hier  sehen, 
Jh  Venediger  druck  von  1496,  enthält  die  Übersetzung  des  Platarch, 
den  Cato  und  die  fragmente.  ich  habe  sie  voIbtSmUg  vergliehen, 

die  vergleichuDg  lleg^  hier,  in  die  Nissenschen  fragmente  einge- 

m,    vor.    es   stimmt  alles  genau;   in  den  eonjeotaren  für  die  an- 
irllchen  stellen  hat  Nissen  oft  das  richtige  getroifen,  oft  auch  oieht. 
bedaure  herzlich,  dem  gelehrten  seine  treude  stören  sa  müssen. 
^    Der  incunabel druck  in  meinem  besitz,  den  ich  auf  einer  anction 

^r  erwarb,  und  der  aus  den  doubletten  der  herzoglioben  bibliothek 
»tha  stammt,  hat  zwei  teile  von  146  und  144  folioseiten.    teil  II  hat 


*  dem  referenten  sind  durch  herrn  dir.  Krause  nachtrilglich  noch 
llgende  uotizen  mit(>eteilt:  ^seitdem  hat  zunächst  herr  prof.  Teuf  fei 
I  tSt.-anz.  für  Württemberg  seine  Überzeugung  ausgesprochen,  dasz  die 
llgmente  eine  ungenaue  Übersetzung  seien,  s.  das  referat  im  deut- 
ken  reichsanzeiger  1875  nr.  235.  ebenso  erklärte  sich  Otto  Seeck 
I'  Hermes  X  heft  2  mit  v.  Gutschmid  völlig  einverstanden,  und  H. 
jlliaen  selbst  in  der  Jenaer  litteraturzeitung  1875  nr.  41  macht  be- 
fHit,  dasz  die  fragmente  aus  der  Übersetzung  des  Lapus  von  Florenz 
^akf  von  der  J.  Bernays  ihm  eine  ältere  ausgäbe  (1520  Ascensius) 
fpchafft  habe.' 


504        Bericht  über  die  yerhandlungen  der  80n  yenammlang 

hinter  der  Übersetzung  des  Platarch  noch:  1)  Bnffiis  de  neU 
sulari  imperialiqae  dignitate  ac  de  accessione  Bommi  impeiiL  t)  Plt- 
tonis  virl  illustris  vita  per  Guarinam  Yeronensem  edita.  8)  AniMSm 
viri  illustris  vita  per  Guarinum  Veronensem  edita.  4)  Caroli  atpi 
viri  illustris  vita  per  Donatum  Acciolum  editft.  auf  fol.  144»  imm- 
Seite,  schlieszt  der  zweite,  hier  mit  dem  ersten  snsammenfebntat 
teil  mit  den  Worten :  virorum  illnstrinm  vitae  ex  Platareho  QtMM  k 
latinum  versae :  solertique  cnra  emendatae  foelioiter  explicisat:  |  Ym^ 
tiis  impressae  per  Bartolcimeum  de  Zanis  de  Portesio  Anno  nottii  Ht 
uatoris  1496.     die  octo  Mensis  lunius  (I).  * 

Teil  II  fol.  64,  rückseite,  beginnt:  Catonis  Inniorto*  Tili  ühMtall 
vita  ex  Plutarcho  Graeco  in  Latinum  per  Lapum  Florentiniui  T«m. 

Das  erste  Nissensche  fragment  steht  foL  68  rüekseit«  s.  7  Ut  42, 
das  zweite  fol.  71  Vorderseite  z.  3  bis  34. 

Der  alte  und  der  Nissensche  druck  mit  der  darchTerglftidwing  üd 
hier  den  herren  zur  einsieht  bereit.'  • 

Hierauf  erfolgte  der  schlusz  der  Sitzung  gegen  1  nhr.  —  ^ 

Am  abende  dieses  tages  fand  im  stadtthe&ter  an  ehren  dar  nt 
Sammlung  eine  f estvorstellung  statt;  es  wurde  Lessingt 'Nathn te 
weise'  gegeben;  voraus  gieng  ein  prolog  von  Hermann  Ebert. 

Nach  dem  theater  begann  um  9  uhr  der  festeommeri  in  im 
festlich  geschmückten  versammlungssaale.  herr  gymnaaiallehrar  Battg 
(Rostock)  führte  das  hauptpräsldium,  unterstützt  von  mahreraa  fio^ 
Präsidenten,  vou  ausgebrachten  toasten  erwähnen  wir  das  bock  arf  ; 
kaiser  Wilhelm  (berr  Reuter),  auf  den  groszherzog  Friedriok  Fnu  11  ; 
(prof.  Schirrmacher -Rostock),  auf  die  philologenversammlang  ML 
Philippi-Rostock).  der  räum  dieser  blätter  gestattet  uns  nielilp  an  Ai 
zahlreichen  au  diesem  abend  gehaltenen,  zuiA  teil  sehr  laonigOn  lita 
einzugehen,  auf  Vorschlag  des  hauptpräsidenten  worden  an  den  kaiMb 
den  groszherzog,  den  cultusminister  dr.  Falk  und  an  den  fBrstea  Bt 
marck  depeschen  abgesandt,  spät  noch  blieben  die  teilnebmer  ii  itt 
heitersten  Stimmung  beisammen. 

Dritte  allgemeine  Sitzung. 
Donnerstag,  den  30  September,  9^/^  nhr. 

Für  diese  Sitzung  waren  zwei  vortrage  angekündigt  von  hunfnL 
dr.  Oppert  vom  coll3ge  de  France  aus  Paris  und  von  herni  pnL  k» 
Rohde  aus  Kiel. 

Nach  einigen  geschäftlichen  mitteilungen  des  zweiten  pzUtolM 
sprach  zunächst  herr  prof.  Oppert  'über  den  heutigen  stand  dsr  kdr 
Schriftforschung  und  über  die  beziehung  Assyriens  snr  blMlsckMi  gl" 
schichte  und  Chronologie'. 

Redner  will  aus  dem  groszen  gebiete  der  keilschriftforsekaag  Mt 
zwei  allgemein  interessante  punkte  herausheben. 

1)  es  gibt  zwei  arten  von  keilschrift;  die  eine^  die  nnprilnriiiki^ 
aus  hieroglyphen  entstandene,  idiographische  und  später  syllaUlibi 
Schrift  der  Assyrer,  Armenier,  Meder,  Susianer  und  Sumerier  neaat  BM 
die  anarische  im  gegensatz  zu  der  später  wahrscheinliob  seit  C|yiM 
aus  der  babylonischen  schrift  gebildeten  al  tpersisohen  odor  ari- 
schen keilschrift.  es  ist  nun  klar,  dasz  die  anarische  achrifti  dsfü 
sich  fünf  Völker  bedienten,  um  fünf  sprachen  ausxudrQeken.  av  fp 
einem  volke  erfunden  sein  kann,  wer  ist  dieses  Tolk?  dieas  tn^ 
soll  den  ersten  punct  dieses  Vortrags  bilden,  alles  l&aat  aaf  rfMi 
nordischen  oder  wenigstens  mehr  nördlichen  ausgang^pnnct  diasos^vlki* 
schlieszen,  dessen  existenz  redner  schon  im  jähre  1864  erkannte. 

'  ebenso  teil  I  fol.  91.  M.  Catonis  senioris  Tiri  illustris  vita  tf 
Plutarcho  Graeco  per  Franciscum  Barbarum  in  Latinum  Tersa. 


deutBcher  philologeu  und  schülmänner  in  Rostock.  505 

Man  hat  non  dieses  volk  mit  einem  falschen  naroen  akkadiBch 
oiannt.  yeranlaszt  durch  eine  Sonderbarkeit  des  um  die  keilschrift 
oekverdienten  Irländers  Hinks.  der  wirkliche  name  dieses  Volkes  ist 
UrSumer.  Hinks,  mit  dem  redner  im  jähre  1865  hierüber  zu  sprechen 
lelcgenheit  hatte,  nannte  diese  spräche  deshalb  die  akkadische,  weil 
kof  allen  hierhin  gehörigen  Inschriften  sowol  ältester  wie  späterer  zeit 
lie  könige  sich  insgesamt  als  könige  von  Sumer  und  Akkad  bezeichnen, 
ros  welchen  beiden  namen  nun  aber  nur  der  name  Akkad  in  der  bibel 
rorkomme  (Genes.  10,  10].  redner  weist  indes  nach,  dasz  aus  4  directen 
^randen,  die  wir  hier  nicht  ausführen  können,  die  spräche  nicht  akka- 
Uieh,  sondern  sumerisch  zu  nennen  sei,  zu  welchen  directen  beweisen 
Ir  den  ausdruck  sumerisch  noch  besondere  beweise  gegen  die  bezeich- 
iBBg  akkadisch  kommen,  man  soll  also  den  falschen,  unwissenschaft- 
lehen  namen  aufgeben  und  den  richtigen  einführen,  so  gleichgültig  an 
nd  für  sich  der  name  ist,  so  hört  er  doch  auf,  es  zu  sein,  wenn  man 
&18  diesem  falschen  namen,  wie  es  geschieht,  die  unzulässigkeit  ge- 
viiser  traditionen,  und  namentlich  der  biblischen,  herleiten  will,  auf 
Ui  wesen  dieser  sumerischen  spräche,  die  sich  an  das  turanlsche  idiom 
a  Tieler  hinsieht  anschlieszt,  im  specielleu  eingehen,  kann  der  redner 
a  diesem  vortrage  um  so  weniger,  als  noch  manche  puncto  unbestimmt 
nd  strittig  sind. 

8)  der  zweite  punct,  auf  den  redner  aufmerksam  macht,  sind  die 
ttsiebungen  der  spätem  assyrischen  geschichte  zu  den  thatsachen  der 
ibel.  während  im  groszen  und  ganzen  durch  die  auf  findung  der  keil- 
eliriften  die  historische  bedeutung  der  bücher  der  könige  und  der 
kroniken  in  beträchtlicher  weise  gewachsen  ist  (wie  auch  das  ansehen 
•t  altehrwürdigeu  Herodot  durch  die  entdeckung  und  erklämng  der 
llpersischen  texte  über  allen  zweifei  gestellt  ist),  gibt  es  doch  auch 
tncte,  wo  nach  der  meinung  mancher  gelehrten  absolut  keine  überein- 
timmung  hergestellt  werden  kann,  und  wo  man  nach  diesen  gelehrten 
ta  assyrischen  monumenten  recht  geben  soll  und  nicht  der  bibel. 
•gen  diese  ansieht  wendet  sich  der  redner.  nach  der  biblischen  chro- 
ftlogie  besteht  zwischen  dem  tode  Salomos  und  der  wegfahrung  der 
All  Stämme  eine  Zwischenzeit  von  257  jähren;  es  ist  bekannt,  dasz 
le  bücher  der  könige  und  die  Chroniken  aus  den  reichsannalen  schöpfen, 
ach  den  assyrischen  eponymenlisten  beschränkt  sich  aber  diese  zeit  auf 
10 jähre,  diese  eponymenlisten  sind  Verzeichnisse  (täf eichen)  von  namen, 
ach  denen  die  Assyrer,  wie  die  Athener  nach  ihren  archonten,  das  jähr 
aicichneten.  jene  gelehrten  nun  wollen  dadurch  Übereinstimmung 
[visehen  beiden  berichten  schaffen,  dasz  sie  nicht  blosz  47  jähre  aus 
ar  geschichte  Judas  und  Israels  herausnehmen,  sondern  auch  einen 
|aig  als  apokryph,  als  von  der  bibel  erfunden,  hinstellen,  der  an 
jni  stellen  der  königsbücher  und  der  Chroniken  als  könig  von  Assyrien 
aiaeht  ist,  nämlich  den  könig  Phul.  redner  hingegen  bringt  die  über- 
patimmung  dadurch  zu  wege,  dasz  er,  ohne  die  biblische  Chronologie 
i  geringsten  anzutasten,  vielmehr  in  den  assyrischen  berichten  Ifieken 
ivimmt.  solche  lücken  sind  von  vorn  herein  sehr  denkbar,  denn  da 
ir  die  Assyrer  nach  eponymen  rechneten,  während  man  in  Babylon 
ad  im  südlichen  Chaldiia  die  jähre  nach  den  jähren  der  regierenden 
loige  bestimmte,  so  fehlten  natürlich,  wenn  ein  babylonischer  könig 
kar  Assyrien  geherrscht  hatte,  die  eponymen  in  den  listen  und  sogar 
I  den  für  Ninivo  geraachten  tafeln  auch  die  königsnamen,  da  die 
karlieferung  wuszte,  dasz  nach  dem  oder  dem  eponymus  so  und  soviel 
plkre  ausgefallen  seien,  wenn  demnach  eine  Unterbrechung  der  epo- 
fUenlisteii  von  vorn  herein  als  denkbar  und  erklärlich  erscheint, 
a  weist  nun  redner  im  folgenden  durch  angestellte  rechnung  nach,  dasz 
h  auch  wirklich  stattgefunden  haben  musz.  er  gelangt  zu 
Pltem  resultat  unter  betonung  der  thatsache,  dasz  der  name  Phul 
Miklich  ein  babylonischer  sei,  durch  combination   verschiedener   facta 


k 


506        Bericht  über  die  yerhandlungea  der  SQn  YerHammlnng 

und  beBouders  herbeiziehung;  der  beiden  feststehenden  lonnoifiMtandai 
vom  15  juni  763  und  Tom  13  jani  809.'    es  ist  also  gnmdlos,  ik  vA- 
stenz  des  königs  Phul  zu  bezweifeln.  —  Noch  ein  anderer  sthiiitaig 
Widerspruch  zwischen  der  bibel  und  den  assyrischen  keiliehiiflit,  im 
sich  an  den  namen  Asrija  knüpft,  wird  vom  vortragend«!  dnreh  imHh 
erklärung  der  keilschriften  gehoben,    es  ist  sn  bedanem,  das*  vsilnl> 
liehe  bücher,  die  bis  jetzt   den  keilschriften  gegenOber  ai^  in  dNr 
respectvollen  und  keineswegs  für  die  forscher  allein  aehmeieMkiftH 
reserve  befunden  haben,  wie  auch  z.  b.  das  ansgezeiehnato  wsik  ?■ 
Max  Duncker,  dergleichen  unreife  ideen  als  historisch  bogribidft  *> 
nehmen  und  dadurch  denselben  einen  nachdmck  yarsdiaffea,  to 
thatsachen  haben  dürfen,  redner  schlieszt  mit  einer  karaan 
betrachtung  über  die  ausbreitung,  welche  die  assyrischen  atadliB 
letzten   jähren  auch    in   Deutschland   gewonnen  haben»   wo 
lange  zeit  unter  dem  Unglauben  und  der  zweifelsoeht  sa  letdan 

Nach  diesem  mit  grosser  lebendigkeit  gesprochenen  und  inltaM  ht 
Zuhörer  mit  vollstem  interesse  verfolgten  vortrage  sprach  harr 
Roh  de    'über   griechische  novellendichtung  und  ihren 
mit  dem  Orient',    leider  zwang  die  kürze  der  seit  den  i 
zu    sprechen,    weshalb    der  Vortrag   vielleicht  nicht  allgeaciB  H  !■ 
geltung  gelangte,  die  er  verdiente,     redner  wies  darauf  bin,  da«  ^ 
grosze  zahl  kleinerer  erzählung^en   in  poesie  und  proaa  goMlngak  wd 
eigentum  nicht  eines  einsigen,   sondern  vieler  vdlker  saSan,  ohne 
man  bestimmt  nachweisen  könnte,   bei  welchem  volko  ale 
standen,    allein  die  thierfabel  hat  nachgewiesener  maaien 
zur  geburtsstätte.     aber  auch  viele  andere  kleine  enlhlongaa 
chen  der  Griechen,  die  man  bisher  nach  dem  Oriente  glanbta  ^ 
zu  müssen,   erscheinen  dem  vortragenden   viel   uraprttnffliehar  laiv 
griechischen    fassung.    er  glaubt,   dasz  sie  von  Qriechenland  enfttf 
nach    dem    Orient   verbreitet   haben,     ihrem  Charakter  nach  tMMß 
diese  novellen  in  mehrere  gruppen;   einige  sind  erotischer  nator  (ish 
der  Sammlung  des  Aristides  von  Milet);  andere  behandeln  ttaU 
den  indischen  Scherzgeschichten  lächerliche  Stoffe  (so  beoondert  !■  ^ 
baris);  noch  andere  sind  pathetisch- tragischen  Inhalts  oder  fallsniiil 
kategorie  der  rachenovellen.    die  Sammlung  des  Aristidea  ist  als  ili 
ausnähme   zu  betrachten;  sonst  pfleg^ten   solche  eraShlnngan  wol  ikKJ 
aufgezeichnet   zu   werden,   sondern  pflanzten  sich  von  mnad 
fort.    Alexander  der  grosze  soll  der  erste  gewesen  sein«  der  tieh 
geschichten  erzählen  liesz;  durch  ihn   wurden  sie  nickt 
lieh  in  den  Orient  eingeführt,  wo  sie  später  mit  so  grosser  vorUsbe  ^\ 
pflegt  sind. 

Auf  die  frage  des  Präsidenten,  ob  jemand  in  diesem  Tortrafs 
bemerken  wolle,   meldet  sich  hofrath  Leute ch  (GdtÜngen)  SSH 
nachdem  er  einleitend  die  dem  vortrage  zn  gründe  UegandeB  sair 
fassenden,  mühsamen  Studien  anerkannt  und  alsdann  die  nrkrall 
genialität  des  altgriechischen  geistes  gepriesen,  ans  der  as  sieh 
dasz    auch   das   scheinbar  unbedeutendste,    das   nur  so  ppbonhg  f*" 
schaff'ene  für  lange  Jahrhunderte  und    die  versohiedansten  vSlh«  ib 
mittel  zur  cultnr  ward,  bemerkt  er  zur  sache  selbst  folgcndas. 
erscheint  ihm  der  name  'novelle'  verfehlt  deshalb,  weil  dadl 
Sache  in  ein  falsches  licht  gesetzt  werde;  denn  der  Vorredner 
von  einer  novellistischen  richtung  als  etwas  besonderess  Im 
sehen,    während  doch  jene   erzählungen  nur  ein  ansflnss  dsi 
erzeugung  der  Griechen  überhaupt  seien,    zweitens  habe  dar 
die  schöne  Verbindung  und  gruppierung  seines  Stoffes  dadnrdi 


'  man  kann  ja  die  ganze  biblische  Zeitrechnung  durch  die 
flnstemis  von  809  auf  das  genaueste  feststellen. 


deutscher  philolog^n  und  schulmftnner  in  Rostock.  507 

4iii  er  parallelen  (gezogen  habe  aus  der  gefichichte  der  noyellistik 
merer  seit,  dadurch  sei  aber  manches  zu  sicher  hingestellt;  er  hStte 
«tvts  mehr  vorsieht  gewünscht,  drittens  endlich  habe  er  sich  sehr  ge- 
treat,  dasz  der  Vorredner  den  Griechea  die  selbständige  erfindnng  dieses 
Itteratursweiges  gewahrt  habe,  redner  stützt  diese  ansieht  noch  durch 
Mge  stellen  aus  Homers  Ilias.  somit  zeige  sich  denn  auch  hier,  dasz 
«fr  unser  wissen  nicht  vom  orient  als  dessen  urquell  abzuleiten  haben, 
Hadern  dasz  die  Orientalisten,  wenn  sie  vorwärts  wollten,  von  den 
dtüischen  philologen  recht  tüchtig  lernen  müsten. 

Kach  diesem  vortrage  folgten  programmgemäsz  'mitteilun^en 
Iss  Präsidenten  Fritzsche  über  eine  bitte  des  bibliotne- 
kars  prof.  dr.  Bindseil  in  Halle*,  es  betraf  diese  bitte  die  von 
prof.  Bindseil  herausgegebene  concordanz  zum  Pindar,  über  welche  die 
ttrtanunlung  ein  gutachten  abgeben  solle,  wie  aber  schon  die  philologen- 
Virtammlung  in  Halle  sich  gegen  derartige  concordanzen  ausgesprochen, 
l.a.  auch  ans  dem  materiellen  gründe,  weil  solche  werke  allzu  umfang- 
tlieh  und  theuer  würden,  so  kann  auch  jetzt  der  prilsident  nichts  zur 
iBpfehlung  dieser  arbeit  sagen,  so  sehr  er  auch  sonst  die  Wissenschaft- 
Uen  gründe  anerkennt,  von  denen  sich  der  Verfasser  leiten  liesz. 

Hierauf  erfolgte  der  schlusz  der  Sitzung  um  12  uhr. 

Am  nachmittag  fand  eine  festfahrt  nach  Wamemünde  statt,  an 
lileher  sich  die  mehrzahl  der  gaste  beteiligte. 

Das  zu  ehren  der  fremden  veranstaltete  raketenmanöver  sowie 
ibige  andere  mit  den  dortigen  rettung^apparaten  angestellten  Übungen 
htea  für  viele  Zuschauer  einen  neuen,  groszartigen  anblick  dar.  nach 
iir  ankunft  in  Rostock  um  7  uhr  bewegte  sich  der  zug  der  zurück- 
likehrten  vom  strande  nach  dem  markte,  wo  eine  prachtvolle  illumi- 
Union  des  rathhauses  die  laute  bewunderung  aller  hervorrief,  um  9  uhr 
^Ireimgte  man  sich  dann  noch  einmal  in  der  Tonhalle,  wo  für  unter- 
iftttong  durch  concertmusik  gesorgt  war. 

Vierte  allgemeine  Sitzung. 

Freitag,  den  1  october,  1074  uhr. 

'  Bevor  die  beiden  angekündigten  vortrage  des  gymnasiallehrers 
bHeinr.  Schmidt  in  Wismar  und  des  Oberlehrers  dr.  Pfitzner  in  Parehim 

tlten  werden,  macht  der  erste  präsident,  prof.  Fritzsche,  mitteilung 
zwei  audienzen,   die   das  präsidium  bei  dem  groszherzoge  gehabt, 
htomuf  der  zweite  präsident  folgende  eingegangenen  depeschen  verliest: 

'Schwerin,  den  30  septbr.  —  Prof.  Fritzsche,  Rostock,  bin  sehr 
^iankbar  für  den  mir  übersendeten  grusz.  wünsche  der  Versammlung 
rfirSliliches  gedeihen,  bedaure  Ihren  Sitzungen  nicht  persönlich  bei- 
prohnen  zu  können.  groszherzog.' 

I  'Yarzin,  den  30  septbr.  —  An  präsidium  der  Versammlung  dmit- 
■•liar  Schulmänner.  Rostock.  —  Für  Ihren  freundlichen  gmsi  Wilieh 
eiankend,  vertraue  ich  auf  femer  erfolgreiches  wirken  der  deutschen 
UKhnle  und  ihrer  pflege  deutscher  gesinnung.  v.  Bismarck.' 

-  Nachdem  alsdann  der  zweite  präsident  noch  auf  folgendes  werk,  das 
■M'elegt  ist:  der  gott  zu  Pytho,  eiue  didaskalia,  herausgeg.  von  Karl 
laither.     Leipzig,   in  comm.  bei  Friedr.  Fleischer.    1871.  aufmerksam 

Eacht,  gelangt  gymnasiallehrer  dr.  Schmidt  zum  wort,  das  thema 
es  fast  eine  stunde  dauernden  Vortrages,  über  den  wir  im  folgenden 
In  referieren,  lautete:  'über  den  bildlichen  ausdruck  der  Griechen'. 
Die  philologische  forscbung  der  Jetztzeit,  erörtert  einleitend  der 
riber,  ist  zu  ihren  ^roszen  resultaten  hauptsächlich  durch  den  rein 
loschen  maszstab  gelangt,  den  sie  an  die  sprachlichen  erscheinungen 
fi,   und  auf  diese   weise  hat  sie  unter  anderm  eine  tiefere  kenntnis 


5C)8        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  30n  venMunmlwng 

der  flexionsformen,  der  formenwörter  und  der  grmmmatik  fiberhii^  » 
schlössen,  doch  musz  das  streben  der  wisaensohaft  auch  danif  n* 
richtet  sein,  die  mit  unmittelbarer  naturinnigkeit  wirkenden  Mikta  Iff 
antiken  spräche  zu  erschlieszen  and  so  dem  antiken  gfliste  in  MtaM 
inneren  wesen  näher  zu  treten,  dahin  gehört  die  kenntnii  4er  ikr 
griechischen  modulation,  die  aus  der  wort-  und  satisiellang  und  Mm 
anderen  mittein  erschlieszbar  ist  und  ans  das  so  wirkangvroUe  mA« 
der  griechischen  rede  lehrt ;  dahin  gehört  anch  die  kenntnis  der  pUfti- 
schen  bilder  der  alten  sprachen,  weiche  ans  die  maleiiaehe  fiU^ift 
namentlich  der  dichter  erkennen  läszt  and  einen  weiteren  blick  iiAi 
entwicklang  der  spräche  eröffnet. 

Die  hierauf  zielenden  grundlegenden  forschnngen  können  am  biila 
in  der  griechischen  spräche  gemacht  werden,  da  diese  eine  reinirti^ 
nale  und  daher  vollkommen  natürliche  entwicklang  seigt,  idQii«dtii 
modernen  sprachen  durch  die  antiken  zu  sehr  beeiatflaast  sind  wk 
selbst  die  ältesten  deutschen  Sprachdenkmäler,  wie  Ulfilas  bibtltti^ 
Setzung,  die  althochdeutschen  ^lossare,  Otfried  nsw*  eine  so  Hub 
einwirkung  lateinischer  und  biblischer  spräche  and  denkweise  tüp/tf 
dasz  es  schwer  hält,  ja  unmöglich  ist,  die  arsprttnglidi  dertiehe  tf 
schauung  überall  festzustellen,  auszerdem  erscheint  die  al'  _ 
spräche  schon  aus  dem  gründe  als  natarfrlscher,  weil  das  leben  Im  Mm 
natur  eine  frischere  und  bezeichnendere  bildersprache  ersengtt  ebiü' 
abgeschlossenen  räumen  bei  streng  geordneter  bernflicher  thjtlghljt 

Man  gehe  von  einem  Studium  zunächst  der  Homerisehea 
aus,  denn  diese  zeigen  in  voller  ausführung  die  plastisehe 
nicht  eines  einzelnen,  wenn  auch  des  gn^östen  diehters,  sondern  dis 
ganzen  Volkes,    die  tropen  (=  metaphern),  welche  in  den  I 
vorrath  übergegangen  sind,  sind  nichts  als  knne  skisaen, 
und  abbreviaturen  dieser  gleichnisse.    es  g^lt  dann,  in 
nach   und   nach  verlöschenden  zügen   die   nrsprüngliehe   bildHefce  n; 
schauung  wieder  zu  erkennen,   ein  ähnliches  stndinm,    wie  wen  iv 
geologe   aus  abdrücken  oder  Fragmenten  von  versteineningen  die 
sprünglichen  Organismen  wieder  zu  erkennen  versueht.    von  imi  H^ 
ten  aus  sucht  der  naturforscher  bis  zu  diesem  liele  Tormdringei.  tf 
erforscht  zuerst  die  jetzt  lebenden  Organismen,  denen  die  der 
analog  gewesen  sein  müssen;  sodann  vergleicht  er  eine  mögfiollt 
fangreiche  reihe  antiker  Versteinerungen  oder  fragmente,  daisilt  dif 
einem  stücke  schwer  oder  gar  nicht  erkennbare  an  anderen  fand» 
erkennen  lasse,     so  sollte  auch  der  philologe  snerst  weaigiteM 
lebende  spräche,    am  besten  seine   mutterspraehe,  namentluh  wll 
das  von  convenienzen  so  wenig  beherschte  volk  gebrancbt,  lebeafif 
durchdringen  versuchen,  dann  eine  sehr  grpsse  iSllb  Ton  daten  m  ^ 
altgriechischen  spräche  sammeln  und  nun  durch  gegenseitige  W^^ 
chung  anhaltspuncte  für  das  Verständnis  gewinnen. 

Durch  einige  beispicle  wurde  erläutert,  dasz  man  erst  durok  jßfß 
erweiterten  gesichtspuncte  und  durch  eine  einheitliche  anffassoff  ^ 
einzelnen  stellen  gröszeres  licht  für  die  Interpretation  der  altn  mW^ 
steller,  namentlich  der  dichter,  gewinne,    so  habe  man  s.  b.  (TSij|L  dl| 
Passowsche  Wörterbuch]  für  das  adjectiv  aTOuiv  die  allerrerseliieMM 
bedeutungen  aufgestellt;   es  solle   ^glühend',  'schimmernd'»  *biMMt 
'schwarzgebrannt'  usw.  bedeuten,  auch  von  kesseln  gesagt  MSm^  vtf 
'feuer  darunter  angezündet  sei',    und  doch  zeige  schon  eine  stribi*! 
ersten  pythischen  Kpinikion  Pindars,  dasz  bei  dem  worte  an  dou  Csifci» 
erscheinung  gar  nicht  zu  denken  sei;  es  werde  ohne  amnaluBe  awfM 
der  gluthitze  und  übertragen  von  einem  feurigen  oder  aneh  Uelgisrigü  \ 
temperament  und  wesen  gebraucht,     man  müsse  anfhÖzen, 
an  das  zu  denken,  was  auf  eine  einzelne  stelle  passe  mtd 
bedenken,  dasz  ein  plastisch   darstellender  dichter  gmu 
als   lediglich  logische    Verdeutlichung   erstrebe.     besn|f  wurde  hioW 


deutscher  philologen  und  schulmänner  in  Rostock.  509 

iueh  auf  eine  stelle  bei  Pindar,  Ol.  X,  genommen,  wo  der  atOujv  AXib- 
W^  dessen  'angeborene  gemütsart  nicht  zn  ändern  sei*,  unmöglich  der 
'branngelbe  fuchs*  sei :  denn  was  habe  die  färbe  mit  der  Sinnesänderung 
n  thnn?  auszerdem  zeige  das  yerb  at6€iv,  welches  (im  gegen satz  zu 
|pmxcc6ai)  die  feuersglut  ohne  rücksicht  auf  die  lichterscheinung  be- 
liehne, die  bei  atOujv  zu  gründe  liegende  Vorstellung. 

Femer  wurde  hervorgehoben,  dasz  man,  ehe  man  sich  ganz  heimisch 
\m  griechischen  gemacht  habe,  die  verwandten  sprachen  nicht  allzu  sehr 
lar  Interpretation  herbeiziehen  solle;  das  sei  sache  späterer  zeit,  in  der 
B«  historische  entwicklung  des  bildlichen  ausdruckes  noch  weiter  zu 
r«ifolgen  sei. 

Eine  Wissenschaft  der  'tropologie'  (in  des  redenden  sinne)  kann 
auf  umfangreichen  Sammlungen  von  materialien  auferbaut  werden, 
mnsz  dabei  zunächst  von  zwei  ganz  verschiedenen  gesichtspuncten 
gehen,  den  einen  hat  Karl  Hense  in  werthvollen  abhandlungen  über 
Be  i^ersonificationen  im  griechischen  innegehalten,  er  geht  von  dem 
liaselnen  tropos  (metapher)  aus  und  zeigt,  wie  weit  sich  ihr  gebrauch 
mlreeke.  man  musz  in  dieser  weise  fortfahren  and  auszer  der  personi- 
Ication  die  bildliche  anwendung  der  naturkräfte  und  naturobjecte  über- 
Nupt  zeigen,  der  zweite  weg  besteht  darin,  dasz  man  zusammenstellt, 
Vielehe  bilder  auf  einzelne  hervorragende  gegenstände  angewandt  werden. 
lls  ein  beispiel  wurde  Pindars  reichtum  an  bildlicher  beseichnnng  des 
jpManges  hervorgehoben.  —  Aus  solchen  Sammlungen  von  materialien 
Verden  am  besten  positive  forschungen  sich  begründen  lassen  nnd  die 
|e£ihr  vorgefaszter  und  deshalb  irre  leitender  meinungen  am  leichtesten 
kreh  sie  beseitigt  werden. 

Es  folgte  hierauf  der  Vortrag  des  Oberlehrers  hm.  dr.  Pfitzner  in 
Pteehim,  in  i^relchem  derselbe,  von  der  zeit  gedrängt,  nur  eine  kurze 
Aarakteristik  der  beicleu  Florentinischen  handschriften  des  Tacitus  gab. 
ftl  erfreute  sich  dieser  vertrag  schon  nicht  mehr  eines  grossen  audi- 
iMinms  wie  die  früheren,  weil  von  den  mitgliedem  manche  teils  schon 
iübgereist  waren ,  teils  sich  zur  abreise  rüsteten. 

;.      Das  ende  der  diesjährigen  schönen  philologenversammlnng  war  nahe, 
erübrigten   denn  nur  noch   die  referate  über  die  thätigkeit  der  ver- 
iedenen  sectionen.    zuerst  referierte  der  Vorsitzende  der  pädagogi- 
hen    section,    herr    gymnasialdirector    Krause,    sodann    der   vor- 
nde  der  germanistisch-romanistischen  seotion,  herr  prof. 
Reinhold  Bechstein  aus  Rostock,     über  diese  beiden  sectionen 
nken  wir  in  einer  fortsetzung  noch  ausführlicher  zu  berichten,    der 
referent  war  herr  prof.  dr.  Philip pi  aus  Rostock  als  Vorsitzender 
orientalischen  section. 

Die  orientalische  section  hat  3  Sitzungen  gehalten,  nachdem  die- 
in  der  ersten  Sitzung  dienstag  den  28  sept.  sich  constitaiert  hatte, 

welcher  gelegenheit  prof.  Philippi  zum  Präsidenten,  prof.  Redslob 

bürg)  zum  vicepräsidenten,  dr.  Nottebohm  (Berlin)  nnd  stad.  phil. 

er  (Schwerin)  zu  Schriftführern  erwählt  waren,  füllten  den  g^^sten 

der  zweiten  sitzung  am  29  sept.  Verhandlungen  über  die  angelegen- 
en der  deutschen  morgenländischen  gesellschaft  aus. 

Daran  knüpfte  sicli  ein  Vortrag  des  hrn.  prof.  Oppert  (Paris):  'über 
Sprache  der  alten  Meder%  sowie  ferner  bemerkungen  des  hrn.  geh. 
rath  Fleischer  (Leipzig)  'über   das   Verhältnis   der  darstellnng  ur- 
nglicher   persischer   Wörter   in  semitischer  Schrift  zu  den  Ursprüng- 
en persischen  Wörtern  selbst*,    die  dritte  Sitzung  am  30  sept.  wurde 
wünsch  nnd  unter  zahlreichem  hospitium  der  pädagogischen  section 
dem  sectionslocal  der  letzteren  abgehalten,    herr  professor  Schlott- 
nn    (Halle)    hielt  einen  Vortrag   'über  die   neu   entzifferten   griechi- 
en  Inschriften  in  sogenannter  cypriotischer  schrift,  insbesondere  die 
fein  von  Idalion». 


i 


510      Bericht  usw.  der  30n  yersammlung  deutbcher  philologen. 

Sodann  gab  herr  prof.  Schlottmann  noch  einige  noiiaen  1)  ib« 
die  unweit  des  Onondazaflusses  (im  »taate  Neujork)  ansgegrabeaa  itatM 
mit  phönicischer  inschrift  im  anschlosz  an  seinen  über  dieaen  fegw- 
stand  auf  der  vorjährigen  generalversammlang  in  Innsbmok  gehaoBMa 
Vortrag,  sowie  2)  über  die  momente,  welche  in  letzter  seit  fir  die  «Up 
heit  der  moabitischen  altertümer  hervorgetreten  sind,  «m  acblnm  kt 
Sitzung  wurde  herr  prof.  Roth  (Tübingen)  cum  präses  der  orientaUfd« 
section  für  die  31  e  Versammlung  deutscher  philologen  und  ■ebulmlwfr 
einstimmig  gewählt. 

Was  endlich  die  mathematisch -naturwissenschaftliche  seettsa  tt> 
langt,  so  fiel  das  referat  über  deren  thätigkeit  während  dieser  fv- 
Sammlung  aus,  weil  der  versitzende  derselben,  herr  dr.  Adaa  ssi 
Schwerin,  nicht  mehr  anwesend  war. 

Dem  herkommen  gemäsz  ward  hierauf  von  dem  ersten  prldJeitw 
diese  letzte  Sitzung  und  damit  die  diesjährige  versammloag  flbetksift 
durch  eine  schluszrede  beschlossen,    wie  anderswo  so  waren  es  sw 
hier  werte  des  dankes,  die  der  würdige  prftsident  an  die  Tersanalni 
richtete,  werte  des  dankes  an  die  mitgUeder,  die  bis  ans  eads  s» 
gehalten  und  noch  jetzt  am  vierten  tage  erschienen  waren;  daak  star 
auch  der  Corona  der  früheren  tage,  dank  besonders  den  aiaacn,  tii 
teils  in  den  allgemeinen  Sitzungen,  teils  in  den  seetionea  freiwillig  olv 
auf  wünsch  vortrage  gehalten,     an  diese  danksagnng  knttpfle  slu  dh 
bitte  um  entschuldigune  für  das  präsidium,  wenn  es  seinen  oblinfenbitta 
nicht  ganz  so  nachgekommen  sei,  wie  es  selbst  wol  gewfiiueht  ~ 
'und  nun  noch  die  abschiedsworte!'  schlieszt   der  redner.    'der 
unserer  arbeit  allhier  ist  für  Sie  alle  der  anfang  au  neoen 
denn  die  akademischen  ferien  und  die  Schulferien  eilen  sa 
diejenigen  herren,  welche  zum  teil  aus  weiter  ferne  an  nna 
sind,   sie   bitten  wir  beim  abschiede  recht  herzlich,   dass 
lieben  Stadt  Rostock,  unserer  ehrwürdigen  Universität  und  den 
die  sie  hier  gefunden  haben,   auch  noch  in  der  ferne  ein 
andenken  schenken  mögen!' 

Der  letzte,  dessen  stimme  in  dieser  Sitzung  in  dem  saale  eiUtfli 
der  diese  tage  hindurch  eine  so  besuchte  pflege^tte  des  X6f9C  gewMM 
war,  war  hofrath  prof.  Leutsch.     er  sprach  n>Igeade8; 

'Es  ist  mir  der  ehrenvolle  auftrag  geworden,  den  daak,  dsavlr 
in  so  reichem  masze  schuldig  sind,  hier  ausznspreehen.  da  hsb* 
ich  denn  nun  vor  allem  zuerst  dem  präsidium  zu  danken,  es  ist  Av 
ein  dank,  der  schon  sehr  häufig  ausgesprochen  worden;  aeU  eriM 
stereotyp  sein,  so  musz  er  etwas  persönliches  haben,  dass  leb  BM^^ 
meinem  innem  dränge  folgcj  das  thue  ich  um  so  lieber,  well  ioh 
dasz  ich  mich  mit  allen  anwesenden  in  Übereinstimmung  beflads 
ist  mir  nicht  blosz  rührend,  es  ist  mir  erhebend  gewesen,  hier  In 
Philologie  zu  treiben  unter  der  leitung  eines  mannes,  der  niehA 
der  liebling,  sondern  auch  einer  der  nächsten  verwandten  OslIflM 
Hermanns,  dieses  praeceptor  Germaniae,  gewesen  ist.  er  bat  VM  M 
so  liebenswürdig  geleitet:  wie  sollen  wir  ihm  anders  danken«  als  ~  ' 
dasz  wir  ihm  sagen,  dasz  wir  ihn  auch  in  diesen  tagen  als  den 
söhn  Gottfried  Hermanns  erkannt  haben?  ich  glaube,  dasa  darin 
unser  zweiter  präsident,  herr  dir.  Krause,  seinen  dank  geftiadsa  hit: 
er  wird  seinen  lohn  darin  finden,  einem  solchen  Vertreter  der  yblTnlspi» 
zur  Seite  gestanden  zu  haben;  ebenso  auch  die  herren  seeniska' 
redner  dankt  dann  im  folgenden  den  verschiedenen  aossebfiassni  b^ 
sonders  dem  wohnungsausschusz ,  weiter  der  Universität  nnd  der  llsik  ' 
Hostock.  'Rostock  wird  ja  immer  gepriesen',  fährt  er  fort*,  'als  a^t 
hansestadt;  ich' bin  weit  entfernt  davon,  ihr  diesen  mhm  sa  sebalbflk 
Rostock  ist  aber  auch  eine  wahrhaft  classische  Stadt,  denn  am  sisbsili* 
tage  wurde  Apollo  geboren,  und  diese  zahl  7  ist  seitdem  ballig  gavtM' 
in  Griechenland,     nun  finden  wir  aber  hier  7  Strassen,   die  Ins  Iss' 


Yersammlung  von  Bchulmännern  höherer  lehranstalten.        511 

ikreiit  7  strandthore,  7  kirchen  usw.  wir  finden  aber  auch  7  rosen  auf 
mm  Lindenberge  (?),  nnd  was  ist  die  rose?  die  blume  des  Dionysos! 
0  walten  hier  in  verbindang  Apollo  and  Dionysos,  meine  herren,  dieser 
ladt  sagen  wir  jetst  lebewohl,  sugleich  damit  lassen  Sie  uns  rufen 
sWhoeh ! 

(fortsetznng  folgt.) 

Fraüenmark.  Adolf  Brandt. 

42. 

nBESAMMLUNG  VON  SCHULMÄNNERN  HÖHERER  LEHR- 
ANSTALTEN,  GEHALTEN  ZU  HALBERSTADT. 


Im  verwiehenen  jähre  traten  nach  einiger  Unterbrechung  die  be- 
tannten  Oschersleber  schulmännerversammlungen  wieder  ins  leben. 
mm  ort  der  diesjährigen  Zusammenkunft  war  Halberstadt  bestimmt  und 
Ir.  Gustav  Schmidt,  director  des  domgymnasiums  su  Halberstadt,  zum 
fMiitzenden  gewählt  worden,  auf  seine  einladung  hatte  sich  am  sonn- 
ig Tor  pfingsten  c.  eine  recht  zahlreiche  Versammlung  im  locale  der 
tiesigen  löge  eingefunden,  herr  provinzialschulrath  Todt  (Magdeburg) 
ad  einige  ehrengäste  waren  erschienen;  anszerdem  waren  die  beiden 
IjBnasien  und  die  beiden  realschulen  zu  Magdeburg,  gymnasiüm  und 
fvaischule  zu  Halberstadt,  die  gymnasien  zu  Quedlinburg,  Wernigerode, 
Wolfenbüttel,  Blankenburg  und  Braunschweig  durch  ihre  direotoren  und 
Ukitr  vertreten,  director  dr.  Schmidt  (Halberstadt)  eröffnete  die  ver- 
■ammlung  um  11 V4  uhr  durch  eine  begrüszung  der  auswärtigen  gaste, 
kvsi  gegenstünde  waren  zur  Verhandlung  vorgeschlagen  worden,  director 
IT.  He  ine  mann  (Wolfenbüttel)  schlug  vor,  über  den  wegfall  des  nach- 
HiltagsuDterrichts  in  debatte  zu  treten,  Oberlehrer  dr.  A.  Richter 
(Htlberstadt,  domgymnasium)  beantragte  über  die  frage  zu  verhandeln : 
'vis  ist  die  ju^^end  in  den  oberen  classen  zur  lectüre  der  deutschen 
•bttiker  anzuleiten.'*  die  Versammlung  beschlosz,  dasz  zunächst  der 
^^t^v^re  gegenständ  zur  berathung  kommen  sollte,  der  antrag  von 
ir.  Richter,  ein  referat  über  die  Verhandlungen  der  Versammlung  nach 
■bsfli  herkommen  in  einer  Zeitschrift  erscheinen  zu  lassen,  fand  die 
lifiirwortung  von  schulrath  Todt  und  die  billigang  der  Versammlung; 
te  onterzeichnete  wurde  auf  Vorschlag  des  Vorsitzenden  zum  referenten 
IMrählt. 

Dr.  Ki  cht  er  (Halberstadt)  berichtete  zunächst  einleitend,  dasz  das 
pMelite  thema  der  reihe  der  fragen  entnommen  sei,  welche  die  be- 
prtknngsgegenstände  der  ersten  conferenz  der  direcioren  in  der  provinz 
Ikbsen  bildeten,  die  frage  sei  zwar  in  folge  dessen  vielfach  durch- 
iltrbeitet  worden,  bei  der  gedachten  conferenz  sei  es  jedoch  aas  mangel 
El  seit  nicht  zur  mündlichen  erörterung  und  debatte  darüber  gekommen. 
Ml  der  bedeutuog  der  sache  und  der  mannigfaltigkeit  der  ansiehten,  die 
pib  in  bezog  auf  diesen  punct  geltend  machen  können,  glaubt  referent 
ril dieser  Versammlung  zur  eingehenden  besprechnng  vorlegen  zu  dürfen. 
MiDe  aKsicbt  gienge  nicht  darauf  hin,  die  für  die  debatte  bestimmte 
Mit  darcli  einen  langen  Vortrag  über  die  frage  erheblich  zu  kürzen, 
Moal  sie  neuerdingH  in  mehreren  allseitig  bekannten  druckschriften 
Üa  den  verschiedensten  seilen  aus  eingehend  erörtert  sei.  er  beab- 
ilhtige  vielmehr  zum  zweck  mündlicher  berathung  das  gestellte  thema 
ll  die  teile,  die  es  darbietet,  zu  zerlegen  und  die  in  den  unterabtei- 
hbgen  liegenden  fragen  durcli  tbesen  zu  beantworten. 
*  Seine  erste  these,  welche  zunächst  feststellen  sollte,  dasz  die 
Itatschen  classiker  auf  allen  classen  höherer  schulen  gelesen  werden 
iDeo,  lautete: 


512       Versammlung  von  Schulmännern  höherer  lehTanstalten« 

1)  die  beschäftigang  mit  den  deutschen  claseikem,  betonden  ■ 
der  neuhochdeutschen  litteratur,  bildet  einen  wetentiidien  \ 
staadteil  auf  allen  classen  höherer  lehranstalteii. 

Referent  bemerkt  dasa,  dasz  die  these  nieht  nur  gegen  eiBMUI 
humanistische  oder  dogmatische  ansichten,  welche  den  werfk  ud  i 
bedeutung  unserer  classischen  nationalen  litteratnr  rerkennen,  soeli 
auch  gegen  jene  kenner  unserer  spräche  und  litteratnr  MfiekUti 
welche  die  lehrstunden  am  gymnasium  und  an  der  realsehiae  mit  mm 
mittelhochdeutschen  oder  gar  althochdeutschen  und  gothieehea  eon 
ausfüllen  und  die  beschäftigung  mit  der  neuhochdentsehen  Utteratiri 
priyatbeschäftigung  der  Schüler  überlassen  möchten,  ihre  begiBaii 
beruhe  darauf,  dasz  die  kenntnis  unserer  litteratnr  ein  unefselibH 
bestandteil  unserer  allgemeinen  bildung  sei,  der  in  gleieher  wtim  • 
entwicklung  unserer  phantasie  und  unseres  gesohmaekea,  nnserei 
kenntnisvermögens ,  wie  unseres  Charakters  fördert  nnd  miaere  mm 
Persönlichkeit  veredelt,  unsere  höheren  lehranstalten  bitten  aSer  i 
ses  wesentliche  stück  der  bildung  unserer  jngend  in  Tennftteb. 
folge  dies  aus  ihrem  Charakter  als  deutsehe  aohnlen,  welche  < 
nationale  gut  unserer  spräche  und  litteratnr  au  wahren  nnd  in  Bck 
berufen  sind;  es  folge  dies  aus  ihrem  wesen  als  lehranataltea.  eis 
seits  bedürften  die  werke  unserer  classiker  einer  erkUrmig,  wraa 
dem  Verständnis  der  Jugend  nahegeröckt  werden  sollen,  nnd  anderem 
erwerbe  erfahrungsmäszig  unsere  Jugend  die  kenntnis  onaerer  Ifttsnl 
schätze  nicht  von  selbst,  etwa  nur  durch  vermittelnng  dea  hanies.  I 
endlich  die  neuhochdeutsche  litteratur  anf  allen  elaasen  unserer  bS 
ren  schulen  zu  treiben  sei,  gehe  daraus  hervor,  daea  der  gebalt  > 
meisterwerke  unserer  litteratur  allen  stufen  der  jngendliehen  entwv 
lung  des  geistes  nicht  nur  entspricht,  sondern  dieselben  fiberragt 

Da  keiner  der  anwesendeu  Germanisten  den  altdentaebea  nl 
rieht  auf  kosten  der  beschäftigung  mit  der  nenhoehdentseben  litlsri 
treiben  wollte,  so  wurde  die  these  einstimmig  von  der  Tenaanrii 
angenommen. 

Die  zweite,  vom  referenten  absichtlich  weitgefasate,  these  gtb 
einer  sehr  lebhaften  debatte  Veranlassung  und  gieng  ans  darselbeaH 
einem  amendement  von  director  dr.  Holzapfel  (Magdebnrg,  realsehili 
in  folgender  fassnng  hervor: 

2)  der  Unterricht  in  der  deutschen  litteratnr  erfordert  aneh  wd  < 
obern  stufe  erläuternde  classenleotüre  ^on  meisterweilcsB  i 
selben. 

Die  absieht  des  referenten  gieng  dahin,  die  art  nnd  weiss  • 
beschäftigung  mit  der  deutschen  litteratur  znnftcbst  im  allcaveli 
zu  bestimmen ,  indem  er  den  von  Hiecke  aufgestellten  grandsalii  ^ 
jeder  deutsche  Unterricht  auf  lectüre  beruhen  müsse,  anf  den  litleitl 
Unterricht  in  den  oberen  classen  höherer  schulen  zur  anwendnng  bnd 
er  wies  darauf  hin,  wie  sich  im  lateinischen  nnd  grieebiaehen  dl 
langjährige  bewährte  praxis  ein  canon  von  sehriftstellem  ud  wv) 
herausgestellt  habe,  die  als  muster  und  repräsentanten  ibrer  galt 
gelten  und  an  denen  der  gang  der  litteratnr  gezeigt  werden  kSi 
diese  verteilen  wir  auf  die  einzelnen  classen  nnd  fllbren  Ae  lefa) 
unmittelbar  zur  frischen  quelle  der  litteraturkenntnia,  indes  wir  ih 
die  werke  selbst  in  die  band  geben,  in  ähnlicher  weise  aei  !■  di 
sehen  zu  verfahren,  er  fordert  erklärung  der  litteratnrwerfce,  ^ 
sich  dieselben  von  selbst  nicht  vollständig  dem  verstlndala  der  M 
erschlieszen,  freilich  hnbe  diese  interpretation  ein  anderes  ausii 
die  erklärung  eines  antiken  Schriftstellers,  er  empfiehlt  efnen  vH 
weg  zwischen  den  überspannten  anforderung^n  von  Hieeke  nnd  dea 
schlagen  von  P.  Wackemagel  und  R.  v.  Raumer,  deren  aaalehtei 
bezng  anf  lyrische  gedichte  berechtigung  haben,  er  bfilt  alles 
wünschenswerth ,  was  Hiecke  für  das  erste  und  zweite  atadlliB  dai 


Versammlung  von  Schulmännern  höherer  lehranstalten«       513 

kliniDg  forciert,  während  alles,  was  er  sonst  verlange,  fiher  das  ziel 
Idnaoigehe.  zum  erstem  gehöre:  sinngem&szes  vorlesen  des  ganzen 
oder  eines  gröszern  abschnittes,  wegränmnng  der  Schwierigkeit  im  ein- 
itlnen  durch  historische  und  sprachliche  erläuternngen,  auffassung  des 
■Uns,  dem  der  schriftsteiler  gefolgt  ist.  daran  schlieszen  sich  be- 
wkrende  mitteilnngen  aus  der  litteraturgeschichte ,  poetik,  metrik  und 
rktorik. 

8ehulrath  Todt  (Magdeburg)  regte  die  weitere  debatte  an,  indem 
tr  die  fragen  anfwarf:  'welche  meisterwerke  bedürfen  der  erklärung 
ud  in  welcher  weise  soll  erklärt  werden?'  er  wies  daranf  hin,  dasz 
wsrke  wie  Lessings  Laokoon  wohl  der  erklämng  bedürften,  während 
•ädere,  namentlich  poetische  werke,  nur  dem  äsäetischen  gennsz  dar- 
gtboten  zu  werden  brauchten. 

Dr.  Richter  fordert  erklärung  von  prosawerken,  von  schwierigen 
epischen  gedichten  und  von  dramen;  nur  bei  einzelnen  lyrischen  und 
Itiehteren  epischen  gedichten  genüge  sinngemäszes  vorlesen. 

Director  v.  He  ine  mann  legt  gewicht  auf  ästhetische  erläuterung 
dtr  knnstform. 

Prof.  Voigt  (Halberstadt,  domgymnasium)  weist  darauf  hin,  dasz 
Dopstocks  öden  nur  mit  erklärung  gelesen  werden  können. 

Director  dr.  6.  Schmidt:  ehe  die  schüler  zur  lectüre  der  antiken 
trafodie  kommen,  soll  am  deutschen  drama,  z.  b.  ao  Schiiiers  Teil,  die 
kaiMtform  des  dramas  ihnen  zum  bewustsein  gebracht  werden ;  auch  er- 
fordere die  sprachliche  form  erklärungen. 

Probst  und  director  Bormann  (Magdeburg,  pädagogium  u.  kl.  u. 
1*  fr.):  die  notwendigkeit  einer  erklärung  gebe  eine  riehtsohnur  zur 
tniwahl  der  werke,  die  in  der  classe  gelesen  werden  sollen,  während 
tadere  der  häuslichen  lectüre  zu  überlassen  seien,  er  warnt  davor, 
innh  die  erklärung  das  kunstwerk  zu  zerpflücken  und  empfiehlt,  wo  es 
•aginglich  ist,  die  erklärung  in  form  der  einleitung  der  lectüre  voraus- 
luehicken. 

Director    Paulsieck    (Magdeburg,    realsohnle    H)    unterscheidet 

Bwisohen  erklärung  des  teztes   und  ästhetischer  erklärung   des   kunst- 

Werkes  nach  Inhalt  und  form;  nur  die  letztere  will  er  gelten  lassen,  die 

'tigentlicbe  lection  der  privatbeschäftignng  anheimgeben,     lyrische  ge< 

^chte,  in  denen  die  reflexion  vorwalte,  bedürften  der  erklärung. 

Director  Holzapfel  legt  gewicht  auf  gutes  vorlesen  und  verlangt 
^tmentlich  classenlectüre. 

Dr.  Richtor  betont,  dasz  dem  standponcte  unserer  classen  eemäsz 
4is  erklärung  sich  nicht  nur  auf  eine  ästhetische  beeohränken  könne, 
andern  manche  historische  und  sprachliche  erläuternngen  mit  auf- 
iMkaen  müsse,  ferner  hebt  er  hervor,  dasz  es  bei  erklärung  von  knnst- 
INrken  auf  den  totaleindruck  ankomme,  das  Verständnis  mancher  einzel- 
kiiten  könne  und  werde  erst  dem  sohüler  später  aufgehen. 

Schnlrath  Todt  faszt  die  gewonnenen  ergebnisse  der  debatte  zu- 
NMimen  und  will  die  erklärende  classenleotüre  so  eingenohtet  wissen, 
ijits  sie  anleitung  und  anregung  zur  selbständigen  besebäfUgong  mit 
In  deutschen  classikern  gebe. 

Director  Dihle  ^.Quedlinburg)  verständigt  sich  mit  Richter  über  den 
rinn  der  zweiten  these,  entwickelt  verwandte  ansichten  wie  die  von 
lormann  und  Richter  und  zieht  in  betreff  der  lyrik  die  analogie  des 
ttrchenliedes  herbei,  man  könne  auch  ohne  weitere  erklärung  manches 
lernen  lassen,  wozu  das  leben  erst  das  rechte  Verständnis  gebe. 

Nachdem  Oberlehrer  Hynitzsch  (Quedlinburg)  geuusz  und  ver- 
ttndnis  des  kunstwerkes  als  gegensatz  behandelt,  worauf  von  anderer 
•ite  (schulrath  Todt,  dr.  Richter)  entgegnet  wird,  dasz  sich  beides 
(■genseitig  nicht  ausschliesze,  und  dr.  Ne bring  (Wolfenbüttel)  viel 
istüre,  aber  wenig  erklärung  empfiehlt,  kommt  die  debatte  zum  ab- 
phlnsz. 

11.  iahrK.  f.  phiJ.  n.  nrid.   11.  abt.  1875.  hf».  70.  88 


514       VersammluDg  von  Bchulmännem  höherer  lehranBÜüten. 

Die  dritte  bis  fünfte  these  Richters  bestimmten  den  nrnfasgier 
lecttire;  sie  wurden  in  folgender  fassang  angenommen: 

3)  aus  dem  mittelalte r  sind  abschnitte  des  NibelnngenliedM  ni 
eine  auswabl  der  lieder  Walthers  von  der  Vogelweide  im  <kWm1 
zu  lesen,  im  übrigen  ist  die  kenntnis  der  mittelalteiliehea  Itli- 
ratur  durch  Übersetzungen  und  Inhaltsangaben  an  fermlUdi. 

4)  für  die  beschäftigung  mit  der  neuem  litteratnr  ist  dnrek  4m  im 
director  Dietrich  (Erfurt)  aufgestellten  lehfplan  mit  eiai|«i, 
nicht  unerheblichen  modificationen  ein  ansgangapnneft  nr  w- 
ständigung  gegeben. 

5)  die  besoh&ftigung  mit  der  deutsehen  litteratnr  nnf  der  icUi 
sehlieszt  in  gewisser  weise  mit  der  seit  der  IMheitakrieif  al. 
doch  kann  auch  die  neuere  und  neueste  literator  snr  keuw  te 
Schüler  gebracht  werden,  soweit  sie  den  bUdongicweek«  te 
schule  dienstbar  ist. 

Zur  dritten  these  bemerkte  referent,  dass  er  die  frage,  wleviit 
das  mittelhochdeutsche  auf  den  höheren  schulen  getrieben  werdae  mI, 
nicht  ihrem  ganzen  umfange  nach  in  die  debatte  sieben  wolle,  er  krito 
dieselbe  durch  die  entscheidung  für  erledigt,  dass  die  beaeUflbai 
mit  dem  mittelhochdeutschen  bei  dem  Vorhandensein  der  wM  naiht 
nöthigen  lehrkräfte  wol  als  wünschenswerth  in  betrachten,  jedeiftli 
aber  auf  das  bezeichnete  masz  zu  beschrftnken  sei.  sa  den  UMeritv- 
werken,  deren  kenntnis  durch  Inhaltsangaben  und  fibeiMtraiMi  n 
vermitteln  sei,  rechne  er:  Hildebrandslied,  Waltharini,  Heiland,  QMiii^ 
rosengarten,  thierepos,  abschnitte  ans  Hartmann  von  der  Aue,  Pwifil 
Yriedancks  bescheidenheit.  die  Osterwaldsohen  eraUilangen  Ml  te 
alten  deutschen  weit  empfiehlt  er  zur  privatlectttre. 

Auf  den  zweifei  von  Holzapfel,  ob  die  fordemngen  dieser  Unm  irf 
realschul en  gegenwärtig  schon  ausführbar  seien,  bemertt  sehiliiA 
Todt,  dasz  nach  seinen  erfahrungen  die  mdglichkeit  Walther  TQS  iv 
Vogelweide  auch  auf  realschulen  mittelhochdeutsch  sn  lesen |  Tti^ttpi 
zumal  an  lehrkräften  gar  kein  mangel  mehr  sei. 

Zur  vierten  these  setzt  referent  zunftehst  den  lelirplan  TOB  DlelriA 
auseinander,     er  ist  folgender: 
tertia  b:    Uhland  (erzählende  gediehte),  Schwab,  JastiniiKt'' 

ner,  Chamisso. 
tertia  a:    Körner,  Arndt,  Sohenkendorf,  Bttekert. 
secunda  b:    Nibelungenlied,    Walther  von  der  Vogelwei^ti 

Klopstock. 
secunda  a:    Schiller  (bailaden,  culturhistorisehe  gediefate,  liishtHt 

ideendichtungen ,  historische  Schriften,  dramen). 
prima:    Lessing,  Herder,  Goethe,  Schiller,  je  ^n  seBtstir. 
Auster  den  modificationen  dieses  lehrpiana,  die  ans  der  itdukkt 
auf  die  Individualität  der  lehrer  und  die  zusammensetsonif  der  dMi* 
nötig  wären,  macht  Richter  zur  kritik  desselben  folgendes  geHesd: 

1)  sind  erweiterungen  nöthig;  es  fehlt  s.  b.  Lnther,  Hsui  Ssfihi, 
es  fehlt  von  III 6  bis  IIb  an  prosalectüre ,  in  IIa  und  I  nmss  etassbo 
von  Shakespeare  herangezogen  werden; 

2)  andererseits  scheint  ihm  Herder  nur  in  beschrlnkter  weiss  W^ 
die  schule  zu  gehören,  jedenfalls  sei  er  nicht  ein  halbes  jäte  liB|  * 
treiben ; 

3)  die  Verteilung  wird  eine  wesentlich  andere  sein  kennen,  ftikMi 
Klopstock  von  Hb  nach  I,  Walther  von  der  Vogelweide  jedealUk  siA 
IIa  zu  legen. 

Diese  kritik  findet  allgemeine  Zustimmung,     auf  den  sweiM  *■ 

schulrath  Todt,  ob  sie  nicht  die  ganze  Dietriohsche  Torlnge  nailsVl 

erwidert  Richter,  dasz  mit  ausnähme  der  gewünschten  besobti^knf  ^ 

lectUre  Herders   alles,  was  Dietrich  verlangt,  jedenfalls  odt  sna  !■ 

'    nj^e  der  sehullectüre  gehöre;  auch  könne  Dietrichs  plan  litlsrsilW 


Versammlung  von  Schulmännern  höherer  lehranstalten.       515 

for  tnderen  pläoen  die  priorität  für  sich  in  ansprach  nehmen,  ebenso 
wBueht  probst  Bor  mann,  dasz  wenigstens  unter  den  höheren  schulen 
eiisr  provinz  eine  Verständigung  über  den  lehrplan  im  deutschen  erzielt 
warde,  und  befürwortet  den  Dietiichschen  plan  als  ausgangspunct  einer 
•olehsn  hinsichtlich  des  umfanges,  nicht  der  anordnung.  was  letz- 
tere betrifft,  so  warnt  er  vor  dem  vorschlage  (Schraders),  Walther  von 
teVogelweide  nach  I  zu  legen;  es  sei  das  zu  verführerisch,  in  rück- 
liekt  auf  die  abgehenden  wünsche  er  in  Hb  einen  cursns  Schillerscher 
ketue,  unbeschadet,  dasz  derselbe  in  erweiterter  gestalt  und  höherer 
wtise  in  I  wiederkehren  könne,  gegen  Oberlehrer  dr.  Holstein  (Magde- 
kvf,  domgymnasium),  der  über  das  lehrbuch  von  Panlsieck  verhandelt 
Mhea  will,  bemerkt  Richter,  dasz  damit  die  debatte  auf  ein  fremdes 
ftblst  geleitet  würde,  die  frage  nemlich,  ob  auch  in  den  oberen  classen 
loeli  deutsche  lesebücher  geführt  werden  sollen. 

Bei  erklärnng  der  fünften  these  bringt  referent  zunächst  den  grund- 
nti  in  anwendung,  dasz  das  beste  für  die  Jugend  nur  eben  gut  genug 
mL  im  ganzen  lasse  sich  daher  sagen,  dasz  wir  unsere  belehrungen 
Uer  deutsche  litteratur  auch  mit  ablauf  der  zweiten  classischen  periode 
IthUeszen  werden,  was  die  neuere  und  neueste  litteratur  betrifft,  bo 
kSimen  wir  hier  leicht  ein  zu  viel  und  zu  wenig  thun.  ein  zuviel 
lebeiBt  es  zu  sein,  mit  Osterwald  bei  gelegenheit  einer  frage  über  Heine 
al  einen  kleinen  essay  über  den  weitschmerz  zu  extemporieren,  in 
ItB  lord  Byron  und  Lenau  nicht  fehlen  dürfen,  und  ebenso  würden 
Hr  anstand  nehmen,  Hamann,  Jean  Paul,  Zacharias  Werner,  Berthold 
Lierbach  in  die  zahl  der  Schriftsteller  aufzunehmen,  die  in  der  sohule 
lesprochen  werden  müssen,  denn  die  aufgäbe  der  schule  kann  es  nicht 
•fai,  über  jede  litterarische  erscbeinung  zu  orientieren,  anderseits  sei 
hn  gar  nicht  abzusehen,  warum  die  schule  sich  auch  gegen  die  er- 
ekeinungen  der  neuesten  litteratur  verschlieszen  solle,  die  den  bildungs- 
wteken  derselben  dienstbar  sind,  als  beispiele  werden  Finten,  Geibel, 
Hitav  Freytag  angeführt,  die  schule  solle  in  lebendiger  wechsel- 
rirkong  mit  dem  geistigen  leben  der  nation  gebend  und  empfangend 
Ich  jede  herrliche  geistesblüte  zu  eigen  machen,  welche  unserer  jngend 
pthört. 

Diese  ausführung  fand  allgemeine  Zustimmung. 

Hieran  schlössen  sich  noch  folgende  vier  thesen  als  folge  runden: 

6)  ein  vollständiger  Vortrag  der  litteraturgeschichte  als  selbständiger 
Wissenschaft  findet  keine  stelle  im  lehrplan  höherer  lehranstalten, 
vielmehr  ist  der  Unterricht  in  der  litteraturgeschichte  mit  der 
lectüre  zu  verbinden. 

7)  ein  abstracter  und  systematischer  Unterricht  in  der  poetik  findet 
nicht  statt,  doch  sind  die  schüler  bei  der  lectüre  der  deutschen 
und  griechischen  dichtungen  planmäszig  mit  dem  wesen  der  dicht- 
gattungen  bekannt  zu  machen. 

8)  auch  in  der  rhetorik  findet  kein  abstracter  und  systematischer 
Unterricht  statt,  doch  wird  der  Inhalt  der  rhetorik  bei  lectfire 
der  alten  redner,  namentlich  des  Cicero,  und  bei  durchnähme  der 
aufsätze  den  schülern  zum  bewnstsein  gebracht. 

9;  es  ist  die  nötige  zeit  auszuwerfen,  um  den  schülern  ein  littera- 
risches kunstwerk  als  ganzes  zur  anschauung  zu  bringen. 
Zur  sechsten  these  bemerkte  referent,  dasz  in  einer  zeit,  in  welcher 
m  deatdche  litteraturgeschichte  sich  als  selbständige  Wissenschaft  von 
hr  deutschen  geschichte  abzweigte,  es  nahe  lag,  diese  neue  disciplin 
heb  in  den  lehrplan  der  höheren  schulen  einzuführen,  die  fortge> 
ftrittene  didaktik  habe  aber  den  Vortrag  einer  vollständigen  litteratur- 

rehichte  auf  diesen  schulen  beseitigt,  denn  sie  habe  die  gymnasien 
ihrer  bestimmung  zurückgerufen,  durch  beschäftigung  mit  den  ele- 
laten  jeder  Wissenschaft  zu  selbständigen  wissenschaftlichen  Stadien 
Vianzubilden.    was  auf  höheren  schulen  als  litteraturgeschichte  gelehrt 

38* 


516  Nekrolog. 

worden  sei,  sei  meistens  nur  ein  an  selbständiger  abbab  au  pSunci 
werken  gewesen,  man  hätte  die  schüIer  auch  Über  perioden  hingtflhit, 
in  welchen  weni^  bildende  elemente  für  die  jagend  enthalftea  MCi, 
und  hätte  über  eine  masse  von  namen ,  notiteo  und  nrteilea  iber  dk 
Schriftsteller  und  ihre  werke  es  nicht  zur  bildenden  kenntaU  vad  wm 
genusz  dieser  werke  selbst  kommen  lassen,  an  stelle  dee  blotm  f•^ 
trags  sei  auch  hier  ein  ordentlicher  Unterricht  sn  teilen,  er  soll  in 
äuge  behalten,  dasz  die  kenntnis  der  beiden  elassUehen  periodean- 
serer  litteratur  als  ein  notwendiges  erfordernis  unserer  budong  isn- 
sehen  ist.  den  hanptbestandteil  dieses  unterriehts  bilde  die  dnrcEnihM 
der  meisterwerke  selbst,  damit  verknüpfe  sieb  natnrgemlsi  die  Mh 
graphie  des  dichters,  dessen  innere  entwicklang  sieh  ebea  in  irfiii 
werken  darlegt,  ebenso  seien  die  verwandten  persOnliöhkeitea,  disM 
an  die  haupterscheinung  einer  periode  anschliessend  snr  TenlebktMki 
•betrachtungsweise  heranzuziehen,  endlich  können  übersiobteallber  gUH 
entwicklungsreihen  als  anregung  zu  weiteren  Stadien  dienen. 

In  Übereinstimmung  damit  sprach  auch  schulrath  Todft  gegen  d« 
Vortrag  der  litteraturgeschichte,  wie  er  noch  auf  tödhtersobilen  iUick 
sei;  V.  Heinemann  empfiehlt  zur  Überleitung  von  der  eittei  nr 
zweiten  classischen  periode  eine  Übersicht  in  4-^  standen  n  gebw. 

Referent  sprach  noch  über  den  von  einigen  selten  Inat  _ 
wünsch,  in  prima  eine  zusammenfassende  übersieht  über  den 
gang  der  deutschen  litteratur  zu  geben  und  machte  Torschtedene  ^ 
dagegen  geltend,  dem  stimmten  auch  Bor  mann  nnd  Dihle  Üiwk 
erklärten  es  auch  für  unausführbar,  diese  Übersicht  mit  den  fsiUlf 
der  deutschen  geschichte  in  prima  zu  verbinden. 

Zur  ausführung  und  debatte  über  these  7 — 9  fehlte  es  sa  lA 
namentlich  zu  einer  Verständigung  über  den  nntersehied  des  gelallt 
liehen,  aber  planmäszigen,  und  des  systematischen  unteniehtsi  ebW 
konnten  die  ansichten  und  forderungen,  wie  sie  Laas  aafgettillt  ki^ 
nicht  mehr  besprochen  werden,  doch  würde  wol  von  keiner  selli  It* 
fürwortet  sein ,  dei^  Unterricht  im  deutschen  in  dem  masse  sa  siitf 
rhetorischen  zu  machen,  wie  Laas  das  will. 

Sämtliche  thesen  werden  angenommen. 

An  diese  Verhandlungen  schlosz  sich  ein  fröhliches,  von  enstes  wd 
heiteren  trinksprüchen  belebtes  festmahl.  sum  ort  der  nXehsliB  R* 
sammenkunft  wurde  wieder  Halberstadt  bestimmt  and  dlreetor  Spiflfb 
(Halberstadt,  realschule)  zum  versitzenden  gewählt. 

Halberstadt.  Dr.  Arthur  Biohtii- 


43. 

NEKROLOG. 


DigDum  Und«  mata  veltt 

HorsUia 

Dr.  Jacob  A.  Becker,  seit  1843  lehrer  am  gymnaalnm  laKite 
starb  plötzlich  am  26  februar  d.  j.  zu  Wiesbaden,  wohin  er  rieh  iMh 
seiner  1873  erfolgten  Pensionierung  zurückgezogen  hatte,  tial  betnMrt 
von  seiner  familie  wie  von  seinen  zahlreichen  freonden.  er  «ar  ih 
mann  von  seltener  philologischer  Wissenschaft  and  von  ebenao  UsdtNK 
wie  heiterem  Charakter,  zu  Heidesheim  bei  Mains  am  14  septamharifli 
geboren,  besuchte  er  das  bischöfliche  gymnasinm  (semiBUiUi)  ttn* 
Stadt  von  1819—1825,  in  welchem  er  in  jeder  elasse  die  ereten  fnta 
erhielt,  studierte  dann  zu  Gieszen  philologie,  wo  er  in  dam  VOR  Fi 
Osann  reorganisierten  philologischen  Seminar  mit  der  goldanaR  meiaffl 
ausgezeichnet  wurde,     nach  Hihmlich  bestandenem  ezam<tt  war  ar  v 


Prognunme  der  höheren  lehranstalten  der  provinz  Westfalen  1874.  517 

lidift  hanslehrer  bei  dem  erzherzog  Stephan,  besitzer  der  herschaft 
Sekaambnrg  in  Nassau,  dann  accessist  und  lehrer  am  gymnasium  zu 
Wtilbnrg.  im  jähre  1834  ins  engere  Vaterland  zurückgekehrt,  wirkte 
er  loerst  in  den  oberen  classen  des  gymnasiums  zu  Bensheim,  dann  seit 
1S48  in  denen  zn  Mainz,  nach  dem  tode  des  director  Grieser  ward  er 
pfofisorisch  zu  dessen  nachfolger  ernannt;  aber  zum  teil  schon  unter 
4eiii  Torgänger  erwachsene  Verhältnisse  bestimmten  die  damalige  regie- 
raif,  wie  es  scheint,  nicht  ohne  einflusz  eines  hohen  geistlichen  herrn 
m  dem  aaslande ,  die  reichlichst  dotierte  stelle  auch  einem  ausländer 
n  fibertragen.  B.s  Verdienste  um  die  anstalt  wurden  dadurch  anerkannt, 
Im  er  (mit  anderen  collegen)  mit  dem  titel  professor  und  nachher  mit 
4eiii  Philippsorden  decoriert  wurde. 

Dasz  er  ein  eifriger  lehrer  war,  das  lassen  wir  seine  zahlreichen 
Mhfiler  bezeugen,  in  wie  auszer  Hessen,  was  weniger  bekannt  sein 
ifirfie,  ist  das,  dasz  er,  obwol  im  besitze  einer  ungewöhnlichen  gelehr- 
Makeit,  den  rühm  des  lehrers  dem  verführerischeren  des  Schriftstellers 
forsiehen  zu  müssen  glaubte.  —  Schon  auf  der  Universität  fühlte  die 
rtiebe  ader  seines  heitern  humors  sich  von  dem  lateinischen  komiker 
fersnz  angezogen,  und  er  hatte  zu  dessen  bearbeitung  vielfache  samm- 
iBgen  gemacht,  nur  zwei  specimina  hiervon  in  den  Mainzer  program- 
Hm  von  1852  und  1870  zu  veröffentlichen  war  ihm  vergönnt:  1)  de 
iomaBomm  censura  scentca.  accedunt  variae  de  didascaliis  Terentianis 
[laettioneB  partim  chronologicae  partim  criticae,  pietätsvoll  seinem 
ikrer  Fr.  Osann  gewidmet,  der  bekanntlich  sich  auch  um  die  lateini- 
cksn  komiker  namhafte  Verdienste  erworben  hatte;  2)  qnaestiones  de 
itlii  Donati  in  Terentium  commentariis,  pars  I.  —  Von  der  in  letzterer 
•brlft  versprochenen  fortsetz nng  ward  er  teils  durch  die  folgende  kriegs- 
•it,  teils  durch  den  Überzug  nach  Wiesbaden  und  den  bald  darauf  er- 
bifenden  tod  abgehalten.  —  Am  28  februar  ward  seine  irdische  hülle 
■ter  groszer  teiloahme  von  hoch  und  nieder,  namentlich  unter  be- 
l^tong  der  lehrer  und  schüIer  des  Mainzer  gymnasiums,  auf  dem  fried- 
Mfe  der  Stadt  beerdigt,  in  welcher  er  seine  erste  Jugendbildung  ge- 
Mnen  und  in  welcher  er  dagegen  der  bildung  der  jug^nd  seine  bestea 
■A&iiesjahre  gewidmet  hatte,    have  pia  anima! 


44. 

PROGRAMME  DEB  HÖHEBEN  LEHRANSTALTEN  DER 

PBOVINZ  WESTFALEN  1874. 


BiELiFELD.  gymnasium  und  realschule  erster  Ordnung,  ins  lehr- 
Mleginm  traten  ein  G.  Rubel  von  Remscheid,  dr.  Wold.  Richter 
(M  Torgau,  dr.  J.  Mannhard  von  Husum,  dr.  G.  Faltin  von  Mets, 
).  Perthes  von  Dortmund,  zu  mich.  1873  gieng  gymnasiall.  Gramer 
h  $ls  rector  der  höheren  bürgerschule  zu  Munster  im  Elsasz,  oberl. 
ir«  Alf.  Eberhard  als  prof.  am  kloster  U.  L.  F.  zu  Magdeburg;  es  trat 
h  oberl.  dr.  Hedicke  von  Bernburg,  ord.  lehrer  dr.  Wilbrand  von 
live,  zu  Ostern  1874  ord.  lehrer  W 11  h.  Sohle  er  von  Hamburg,  die  schule 
Üelt  wieder  ansehnliche  geschenke.  schülerz.  am  schlusz  333,  abit.  des 
nu.  8,  der  realsch.  3.  —  Abh.:  Moli^re  in  England,  von  Oberlehrer 
V  Claas  Humbert.  22  s.  4.  der  verf.  fuhrt  hier  einen  in  seinem 
f  einigen  jähren  erschienenen  werke  über  Möllere,  Shakespeare  und 
I  deutsche  kritik  angedeuteten  gedanken  weiter  aus;  um  Moli^res 
flh  auch  durch  historische  Zeugnisse  zu  belegen,  stellt  er  die  urteile, 
lebe  die  bedeutendsten  englischen  kritiker  und  schriftsteiler  über  ihn 


518  Programme  der  höheren  lehranstalten  der  provins  Westfiilan  1871 

gefällt  haben,  zusammen,  woraus  sich  um  so  mehr  tehliessen  lasit,  als 
sich  annehmen  lasse,  dasz  in  noch  höherm  masce  als  die  deatsche  kritik 
die  Engländer  ihren  Shakespeare  über  MoUöre  atellen  mliften.  die  tlh 
handlang  zerfällt  in  zwei  teile:  urteile  der  Engländer  fiber  If.  im  all- 
gemeinen und  urteile  über  einzelne  werke,  das  progrwnm  enthlU  wb 
den  ersten  teil  und  bringt  die  höchst  anerkennenden,  teUweiie  W- 
geisterten  urteile  englischer  antoren  über  Moli&re  als  meneehea,  ab 
kritiker  und  besonders  als  dichter,  woraus  erhellt,  data  den  aal^fihh 
ten  autoren  unter  den  dramatikern  aller  ceiten  and  Völker  Moliin  tti- 
selbe  bedeutung  hat  wie  der  tragiker  Shakespeare,  et  sind  luater  Mdm 
Gibbon,  Hugh,  Blair,  Eemble,  Dibdie,  Francis  Jefffej,  Haglttt,  Inak 
d'Israeli,  W.  Scott,  Bezant. 

Bochum,  gjmn.  es  gieng  ab  dr.  Pieper,  ee  trat  eis  d&JiL 
Czwalina  von  Mors,  schülerz.  158,  abit.  mich.  1878  4,  osten  18741 
—  Abb.:  commentationis  de  Graecorum  hjporchematis  pars  prier.  im 
oberl.  dr.  Walther.  16  s.  4.  1)  de  hyporchematis  noaniae:  l||a^ 
chematicum  distinctum  est  a  ceteris  melicae  poesis  ganeiitas  ad  ftd 
latiorem  exspatiandi  campum  aperuit  arti  orchestioae.  2)  qoaa  aiai- 
brationes  illius  exstent  apud  veteres  scriptores.  die  hjpwehaMta 
schon  bei  Homer  angedeutet;  II.  18,  804  ist  nicht  mi|  Arialaich  aa 
tilgen;  die  dreizahl  des  hyporchema,  sänger,  tKnier,  nmailDBry  hkA 
dann  später  wieder,  der  sängerchor  umschloss  einen  tlasanhsr,  te 
den  inhalt  des  gesanges  mimisch  darstellte;  mit  dem  aurflcktitlaa  te 
gesanges  entstand  aus  dem  hjporchema  der  pantomimva.  die  drataaU 
auch  bei  Lncian.  de  salt.  §  16.  der  paean  dagegen  Terlaagt  aar  sMi 
chöre,  die  sänger  des  paean  tanzen  zugleich,  and  swar  nUfL  dh 
musiker  bedienten  sich  in  ältester  zeit  der  oither,  splAar  dar  tÜL 
3)  de  hyporchematis  origine  et  incrementis.  es  entstand  naek  &JM 
der  pyrrhiche ,  was  zu  verwerfen  ist ;  die  pyrrhiche  diente  aUda  A« 
cult  des  kretischen  Zeus,  nicht  des  Apollo;  es  entstand  vialaalvsai 
dem  paean,  dieser  ernst,  jenes  heiter,  daher  hyporekeaaala  nieht  Mmi 
auf  Apollo  gedichtet,  das  hyp.  soll  bei  den  Kretern  entataodaa  aiiii 
die  es  von  dort  entlehnenden  Derer  passten  die  eereaaoaiasa  Am 
Apollocult  an.  Thaletas  wird  als  der  erste  hyporehematikar  geaiMl» 
d.  h.  er  machte  mit  den  kretischen  hyporchemen  die  LaeedXaiOBier  kl* 
kannt  und  verdrängte  die  cither  durch  die  tibia.  ihm  fast  gleidsattfl 
ist  Xenodamus  von  Eythera  und  Xenokritus;  auch  PlndaTy  ftatfaia^ 
Simonides,  Bakchylides  werden  als  hyporehematikar  genannt;  sack 
Aristophanes  und  Sophokles  haben  die  gattnng  versneht.  geM  ^^ 
des  peloponnesischen  krieges  wurde  das  hyporchema  vom  utj^fnaktf 
verdrängt. 

BuRosTBiNFUBT.  gvmn.  und  realsch.  ercfter  ordnang.  obeiL  Xf- 
salus  starb  am  8  novbr.  1873;  es  trat  ein  cand.  Blaakenbarg  SU 
Mühlhausen;  der  ord.  lehrer  dr.  Wandt  geht  ab  an  die  realsekdaM 
Elberfeld,  hülfsl.  Gottbrecht  ans  gymn.  sa  Hamm,  Edler  aaakBV' 
ford;  als  ord.  lehrer  tritt  ein  dr.  Weidemann  von  der  ffsahik>ii * 
Kiel,  als  hülfsl.  cand.  Lagrize  aus  Metz  und  dr.  Theopold  9aß.§k^ 
Lippe,  schülerz.  200,  abit.  des  gymn.  13,  der  realseh.  S«.  —  Ohwik- 
handlung. 

(fortsetznng  folgt.) 
Hbrford. 


Persona]  notizen.  519 

(9.) 

PEBSONALNOTIZEN. 

(Unter  mitbenutzung  des  'centralblattes'  yon  Stiehl  und  der  ^Zeit- 
schrift für  die  österr.  gyrnDasien'.) 

BraeBBaBfCB«  befSrderBBfCB ,  YcraeteBBipeB«  BBSaelehBBBfeB* 

Urbe,  ord.  lehrer  an  der  Andreasschnle  In  Berlin,  znm  Oberlehrer  be- 
fordert. 

Ulm  an n,   Stadienlehrer  am  St.  Annengjmnasram.  in  Aagsbarg,   als 
grmnasialprofessor  nach  Landau  versetzt. 

Uinline,  dr.,  oberl.  am  Magdalenengymn.  in  Breslau  |  alz  'professor' 

Hieb  off,  dr.,  oberl.  am  Kölnischen  gymn.  in  Berlin    (      prftdieiort. 

Ireuker,  dr.,  ord.  lehrer  am  Friedr.-Wilh.-gymn.  in  Kdln,  zum  oberl. 
befördert. 

^fiitner,  dr.,  ord.  lehrer  am  Friedr.-gymn.  in  Breslan,  als  Oberlehrer 
an  das  gymn.  in  Schweidnitz  versetzt. 

Syiienhardt,  dr.,  Oberlehrer  am  Friedr.-Werderschen^ 

gymn.  in  Berlin  I  als  'professor* 

*reese,  dr.,  oberl.  am  gymn.  in  Stralsund  r      prftdiciert. 

(ertziza,  oberl.  am  gymn.  in  Lyck  j 

kimme,  dr.,  director  des  gymn.  zu  Heiligenstadt,  erhielt  den  preusz. 
rothen  adlerorden  IV  cl. 

(attmann,  dr.  oberl.,  zum  direetor  des  gymn.  in  Schrimm  ernannt. 

lateke,  dr.,  oberl.  am  gymn.  in  Burg,  als  'professor'  prftdiciert. 

lajnowsky,  prof.  am   gymn.  in  Königgrätz,  zum  director  des  gymn. 
in  Wittingen  ernannt. 

Uiter,  dr. ,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Paderborn,  zum  Oberlehrer  be- 
fördert. 

Uff,  dr.,  oberl.  am   gymn.  in  Arnsberg,  zum  direetor  des  gymn.  in 
Attendorn  ernannt. 

Ulstein,  dr.,  Oberlehrer  am  domgymn.  in  Magdeburg,  als  'professor' 
prädiciert. 

Uek,  dr.  hofrath,  ord.  prof.  der  univ.  Göttingen,  erhielt  den  preozz. 
kronenorden  II  cl. 

tlmperding,  ord.  lehrer   am   progymn.  in  Siegburg ,  zum  Oberlehrer 
ernannt. 

Ifer,  dr.  prof.,  director  des  Friedr.-Wilh.-gymn.  zu  Köln,  erhielt  den 
pr.  rothen  adlerorden  IV  cl. 

Ay ssler,  dr.,   oberl.  am  gymn.  in  Opneln,  alz  ^profezsor'  prftdiciert. 

iwitsch,  dr.,  rector  der  höh.  bUrgerschule  in  Cnun,  als  Oberlehrer  an 
die  realsch.  in  Reichenbach  versetzt. 

hzel,  oberl.  am  gymn.  in  Stralsund,  als  ^professor'  prl&diciert. 

Iiiig,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Beuthen,  alz  Oberlehrer  an  daz  gymn. 
in  Patschkaa  berufen. 

tahmer,   dr. ,   oberl.  an   der  realschule  in  Stralsund,  als  'professor' 
prädiciert. 

^osta,  ord.  lehrer  am  Kneiphöfschen  gymn.  in  Königsberg,  zum  Ober- 
lehrer befördert. 

llrz,  prof.  am  Ludwigsgjmn.  in  München,  zum  rector  daselbst  ernannt. 

intz,  dr.,    oberl.   am   Kneipböfschen  gymn.  in  Königsberg,  als  'pro- 
fessor'  prä<Iiciert. 

ilger,  dr.,  oberl.  am  Wilbelmsgymn.  in  Berlin,  als  director  des  gymn. 
in  Lackau  bestätigt. 

^hl,  dr.,  ord.  lehrer  an  der  realschule  in  Neisze,  zum  Oberlehrer  be- 
fördert. 


520  PersonalnotizeiL 

V.  Ranke,  dr.  geh.  reg.-rath,  ord.  prof.  der  nniy.  Berlin,  eriiielt  dai 

comthurkreuz  I  cl.  vom   hess.  Verdienstorden  Philipp«   dei  grou- 

mütigen. 
Rantz,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Düren  )iiim  Oberlehrer  be* 

Reithaus,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Stralsund  )  fSrdeil 

Richter,  dr.  Arth.,  oberl.  am  domgymn.  in  Halherstadtl  ^  .      #       , 
Schuck,  dr.  oberl.,  prorector  am  Johaanesgymn.  in      f     jj-^SST^ 

Breslau  J      P"«»«w*i 

Sommerbrodt,  dr.,  proylnsialschulrath  sn  Breslaa,  ernieli  den preoSi 

rothen  adlerorden  III  cl.  mit  der  schleife. 
Sonnenburg,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  in  Bonn,  erhielt  das  pfUiMt 

'Oberlehrer'. 
Steinbart,  dr.,  director  der  realsch.  in  Rawitschf  nun  dueetor  im 

realsch.  in  Duisburg  ernannt. 
Stier,  dr.,  ord.  lehrer  der  realsch.  in  Neisze,  cum  Oberlehrer  enml. 
Snffrian,  dr.,  geh.  reg.-  und  proyinzialschalrath  in  M&OBter,  aiUib 

das  Lippesche  ehrenkreuz  II  cl. 
Unger,  prof.  am  gymn.  in  Hof,  zum  rector  daselbst  emumt 
VaniSek,  Alois,  director  des  untergymn.  in  Trebitsoh,  snm  direeft<tf  te 

staatsgymp.  in  Kenhaus  ernannt. 
Wiese,  dr.,  geh.  oberreff ierungsrath  usw.  in  Berlin,   «rhieH  dsD  ski- 

rakter  eines  wirkl.  gen.  oberregierungsrathes. 
Wilmanns,  dr.,  ord.  prof.  und  oberbibliothekar  der  iiniT.  KSrngArnft 

in  gleicher  eigenschaft  an  die  univ.  Berlin  bemfea* 

JabUftam. 

Am  18  october  begieng  oberstudienrath  dr.  K.  A.  Sohmid,  rtetirte 
gymnasiums  in  Stuttgart,  beffründer  und  heraasKeber  der  'sev 
klopädie  des  gesamten  erzienungs-  und  anterriehteweaant'i  i^ 
öOjähriges  amtsjubiläum  unter  der  allgemeineten  und  ehreMilbbi 
teilnähme  aus  allen  gegenden  Deutschlands«  nnter  den  muät 
fachen  anszeichnungen,  welche  dem  jubilare  an  teil  wvd^  Mi 
wir  an  dieser  stelle  die  yerleihung  des  eomthnrkrensei  dai  M^ 
württembergischen  Friedrichsordens  hervor. 

In  rahestand  getreten t 

Rose,  conrector  des  gymn.  zu  Hameln,  und  erhielt  derselbe  ta  ffi^ 

rothen  adlerorden  IV  cl. 
Stephan,  director  des  gymn.  zu  Sehrimm. 

Gestorben  t 

Ebel,  dr.,  ord.  prof.  der  uniy.  Berlin. 

Eichholtz,  dr.,  ord.  lehrer  am  gymn.  zum  grauen  kloeter  in  Btili» 
Freyschmidt,  dr.,  oberl.  an  der  Friedriehsrealscbnle  in  Beite» 
Peschel,  dr.  Oskar,  geh.  rath,  ord.  prof.  an  der  onir.  Ltfpdfi  tf^ 

langem  leiden  am  1  septbr.  ^ 

Schwydop,  oberl.,  prof.  am  Kneiphöfschen  gymn.  in  KSnigriMfl^'^ 
Solly,  dr.,  ao.  prof.  an  der  univ.  Berlin.  ' 

Stadelmann,  dr.  Heinrich,  Studienlehrer  in  Speier,  aterb  —  1  ^^ 

zu  Schopf  loch  in  Franken,  46jährig.    (glücklicher  naebbfldiiir*^ 

Übersetzer  antiker   dichtung;    ein   langjähriger   trener  iiitaiWfr 

auch  dieses  blattes.) 
Straten,  dr.,  Oberlehrer  am  gymn.  in  Meldorf. 
Walther,  dr.,  Oberlehrer  an  der  realschnle  in  Frankfort  a^diO. 
Wiskemann,  dr.  oberl.,  prof.  am  gymn.  in  Hersfeld« 


ZWEITE  ABTEILUNG 

l  GTMNASIALPlDAeoeiE  UND  DIE  tlBBIGM 

LEHRFlGHER 

MIT  ▲U88CHLÜSZ   DXB  CLA8SIB0BSH  PBIC.0L0OIB 

HERAU80B0EBEN  VON  PROF.  DB.  HBBIUNM  MAJBIUS. 


46. 

IE  ABHÄNGIGKEIT  DES  0TMNA8IALLEHREBB  VOM 

ÜBTEILE  ANDEBEB. 


Der  priTatmann  kann  urteile  anderer  Aber  aein  thmi  und 
«I  annehmen  oder  ablehnen,  kritik  an  sich  selbst  üben  oder  iiidit 
beides  ist  gröstenteils  in  sein  belieben  gestellt. 

Anders  der  Staatsbeamte,  ist  sehon  sein  ganaes  leben 
tserhalb  seines  amtes  —  freilich  bei  der  einen  beamtesMlasee 
rmildem,  bei  der  andern  einer  schXrfem  beurteilnng  anggt- 
t|  so  ganz  im  besondem  seine  amtliehe  th&tigknt.  die  Oftnt- 
bait  seiner  Stellung,  die  ihn  auch  zu  fortwährender  selbst- 
rfiieilung  nötigt,  bringt  dies  einmal  so  mit  sich,  aber  aiehtblosz 

•  mitbttrger  urteilen  über  ihn;  aneh  der  Staat  braoobt  fttr 

•  leistungsiUhigkeit  einen  prttfungsmesser,  um  sa  erbiuctai^  an 
ahe  stelle  er  den  einzelnen  bringen  und  wo  and  wie  er  seine 
I  und  leistungen  am  besten  yerwerthen  kann. 

Unterliegt  nun  auch  der  lehrer  und  seine  amtiishe  fhitigkait 
rbeurt eilung,  so  hat  er  keinen  gnmd,  sieh  darüber  in  bo* 
im;  das  ist  einmal  das  gemeinsame  loos  aller  beawten.  aVga- 
m  über  Yon  den  imforderumgen,  die  im  aUgemeinen  an  dae  att^ 
t  gebaren  aller  beamten  gestellt  werden,  so  setst  sieh  im  beson- 
Iflber  den  gjmnasiallehrer  das  urteil  fest: 
1)  nach  dem  ausfalle  seiner  Staatsprüfung; 
S)  nach  der  Stellung  zu  seinen  schülern  (und  deren  ange- 

hörigen) ; 
S)  nach  den  berichten  des  directors  und  schulrathes  über 

seine  amtliche  thStigkeit; 
4)  nach  dem  Verhältnis  zu  seinen  amtsgenossen  und  mit* 

bürgern;  innerhalb  des  preuszischen  Staates  auch 

•iahrb.  f.  phil.  a.  prid.  II.  »bt.  1875.  hH.  11.  84 


I 


522    Die  abhängigkeit  des  gjmnasialleliren  vom  urteOe  andenr. 

5)  nach  den  bescheiden  der  königlichen  wissensohtfi 
liehen  prüfangscommissionen  über  die  mflndliehe  bm 
schriftliche  prüfung  der  abiturienten,  und endlidi 

6)  nach  den  etwaigen  wissenschaftlichen  leiBtungeidfl 
lehrers  in  programmen,  Zeitschriften  nnd  bflchem. 

NB.  Die  Öffentlichen  prOfangen  am  seUnsM  doB  idnl 
Jahres  bleiben  hier  wol  besser  ganz  ausser  beiraoht.  bei  andera 
Völkern  wird  denselben  eine  weit  grössere  Wichtigkeit  beigel^  A 
bei  uns  Deutschen,  bei  jenen  arten  sie  daher  g«r  nicht  adtn  a 
groszartiges  schaugepränge  aus,  um  die  eitelkeit  der  sehfllerai 
ihrer  angehörigen  zu  kitzeln,  die  leistungen  der  schule  in  ein  iii(l(| 
liehst  günstiges  licht  zu  stellen  und  dadurch  das  urteil  6m  u 
meisten  beteiligten  zu  fälschen  und  zu  bethören«  unter  mu  lebi 
ken  weder  lehrer  und  schüler,  noch  die  in  der  regel  nicht  aUrsidM 
Zuhörer  den  öffentlichen  schulprtifungen  in  gleicher  weise  beaditiiii 
in  wenigen  stunden  wird  in  sich  drftngender  aufeinanderfolge  in  i 
vielen  unterrichtsgegenstftnden  geprüft,  dasz  nur  der  faehmani 
halbwegs  im  stände  ist,  sich  über  den  prüfenden  lelirar  md  seia 
leistungen  ein  einigermaszen  begründetes  urteil  festausteOea;  di 
urteil  der  zuhörer  dagegen  pflegt  hin  und  heran  schwanken,  j 
nachdem  der  lehrer  befangen  oder  unbefangen  dabei  auftritt  hÜi 
wünschenswerth  ist  es  aber,  dasz  sich  unsere  schlnaaprflftagBii  ihi 
bescheidenen  Charakter,  den  sie  bis  jetzt  gehabt,  auch  CaneiiiiBba 
wahren,  die  beistimmende,  liebevolle  miene,  das  aaerkennends  vffi 
des  lehrers,  die  gute  censur,  die  Versetzung  in  die  höhen  dsM  — 
das  sind  ebenso  gefahrlose  als  sicher  wirksame  mittel,  die  leiitopg» 
des  Schülers  anzuerkennen ,  seinen  lerneifer  ansnspomen  und  sM 
ein  günstiges  urteil  der  eitern  über  lehrer  nnd  adiide  n*^ 
zielen. 

Beginnen  wir  nun  mit  dem,  was  am  nSchsten  liegt,  sut  te 
urteilen  der  schüler,  die  sie  sich  über  den  lehrer  aehoawik* 
rend  ihrer  Schulzeit,  teils  nach  derselben  zu  bilden  pfl^gan.    . 

Der  gymnasiallehrer  steht  gleichsam  mit  dem  einen  fnsn  laiv 
praxis,  wie  der  volksschullehrer,  mit  dem  andern  in  der 
Schaft,  wie  der  Universitätslehrer,  und  er  sftnke,  wenn  er  der 
Schaft  untreu  würde ,  in  kurzer  zeit  zu  einem  bloaaen 
hinab,  während  nun  die  beiden  anderen  die  bildang  dar  gros* 
mehrzahl  ihrer  Zöglinge gewissermaszen  ab8chlieaien,ao 
sich  der  gymnasiallehrer  nie  in  einem  solchen  yerhSltniaae  m 
schülem ;  denn  er  schlieszt  nichts  ab ,  sondern  legt  nur  den  graal 
zu  ihrer  spätem  bildung.  er  darf  daher  auch  nidit,  wie  die 
anderen,  auf  anerkennende  beurteilung  seitens  seiner  löglinga, 
nachdem  diese  die  schule  verlassen  haben ,  mit  bestimmthflii  M^- 
nen;  denn  wer  fragt  bei  dem  fertigen  hause  noch  riel  naflh  svi' 
grundlage?  das  thut  selbst  der  bauherr  nicht  mehr,  wemsrl' 
seinen  bau  fix  und  fertig  über  dem  boden  dastehen  sieht. 

Dem  entsprechend  nimmt  die  grosze  mehrsaU  der  sMkr^ 


IKe  ablitagigkeit  des  gyiiiiiarädlehreni  Tom  orteOe  uderer.    6Sd 

gjBiiisieii  spSter  nach  ihrem  abgange  eine  gleichgiltige,  wenn  nicht 
gv  nnireuidliche  Stellung  zu  schule  und  lehrer  ein«  nicht  blosz  die, 
welche,  um  eine  subaltemenlaofbahn  einzuschlagen,  oder  um  sich 
dM  xeognis  ftir  einjährigen  militftrdienst  su  erwerben,  die  anstalt 
bonidien  und  mit  halber  gymnasialbildung  Terlaesen,  sondern  auch 
liekt  wenige  Ton  den  schflJem,  die  die  abiturientenprUfong  bestan- 
den haben,  werden  der  Wissenschaft,  sn  der  dae  gymnasium  den 
fmd  8U  legen  bemüht  ist,  in  dem  tftglichen  einerlei  der  spftteni 
benfiuurbeit  untreu,  verlieren  so  auch  das  interesse  an  ihrem  firOhem 
MhnUeben  und  das  gedächtnis  an  die  mtthwaltung  ihrer  lehrer.  ist 
die  loeht  der  schule  minder  straff  gewesen,  dann  bleiben  auf&llende 
^jenheiten  oder  blöszen  einzelner  lehrer,  kleine  glflcklich  ausge- 
ttrie  listen  und  gelungene  Umgehungen  der  schultncht  seitens  der 
•ikiler  am  längsten  und  zfthesten  in  ihrer  rOckerinnerung  haften 
nd  geben  zur  Unterhaltung  über  ihre  frttheren  lehrer  den  belieb- 
tvien  redestoff. 

Nur  die  alumnatsanstalten  befinden  sich  in  rflcksicht  auf  ihre 
biheren  schüler  in  einer  weit  gflnstigem  läge,  man«  sieht  dies 
ndit  deutlich  an  ihren  erinnerungsfesten;  denn  diese  machen  sich 
vie  Ton  selbst,  während  die  flbi^en  gjmnasien  in  der  regel  erst 
deriei  anderweitige  hebel  ansetzen  mttssen,  um  ihre  gedenktage 
ttigermaszen  würdig  zu  feiern,  aber  die  treue  anhftnglichkeit  der 
iMer  an  solche  anstalten  mit  alumnaten  ist  nicht  iJlein  der  aus- 
%ack  ihres  Verhältnisses  zu  ihren  früheren  lehrem,  sondern  es  wir- 
kt selbstredend  auch  andere  umstände  günstig  mit  ein.  die  lieb- 
fnronnene  örtlichkeit,  das  jahrelange,  enge  zusammenleben  der 
tfg^inge  und  in  folge  dessen  die  gemeinsamen,  guten  und  schlimmen 
kblttisse  mancherlei  art  —  das  macht  lehrem  und  schülem  solche 
käfd  zu  wahren  freuden-  und  ehrentagen. 

%!  Im  allgemeinen  thut  aber  der  gymnasiallehrer  gut,  auf  gün- 
Hige  beurteilung  seitens  seiner  früheren  sdifller  mit  be- 
Pimmtheit  nicht  zu  rechnen,  findet  er  sie  dennoch,  desto  besser 
kr  ihn;  er  mag  dann  das  wohlwollende  urteO  als  eme  besondere 
des  Schicksals  hinnehmen. 

Von  den  schülem  freilich,  die  auf  dem  wohlgel^gten  gründe 
gymnasialbildung  später  in  die  äugen  faUende,  hühere  bauten 
werden  sich  manche  in  daa^barer  rOckerinnerung  auch 
noch  fragen:  von  welchem  lehrer  habe  ich  im  gymnasium 
Ito^t  aufpassen,  auffassen  und  das  aufgefaszte  mündlich  und  schrifb- 
idi  wiedergeben  gelernt  und  so  zum  lernen  überhaupt  die  erste 
Kregung  erhalten,  die  mich  jetzt  beföhigt  meine  besondere  fach- 
IJMenschaft  mit  den  übrigen  zu  verbinden,  die  daraus  gewonnene 
lltticht  dem  leben  dienstbar  zu  machen  und  in  wort  und  schrift 
P  nutz  und  frommen  meines  Volkes  zu  verwerthen?  wird  dem 
ksmasiallehrer  brieflich  oder  durch  mündliche  Unterhaltung  davon 
jknde ,  so  sind  dies  lichtblicke  in  seinem  leben ,  die  ihn  für  ander- 
iite  Undankbarkeit  seiner  früheren  schüler  vollauf  entschädigen. 

84* 


524    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallelirers  Tom  nrtofle  andflME. 

Aber  auch  schon  während  der  sohulzeit  urteileii  die  scktier 
über  den  lehr  er.  soll  oder  kann  sioh  dieser  dem  entsiehen?  ai- 
wort :  gewisz  nicht. 

Denn  wie  er  luft  und  licht  Eum  athmen  nnd  leben  bnnoU,  m 
zu  freudiger,  fruchtbarer  Wirksamkeit  die  anerkennnng  ud 
neigung  seiner  zOglinge.  daraus  folgt:  er  mnsz  ihr  urteil 

Die  jüngeren  schüler  werden  aber  jedem  lehrer  bald 
nung  zollen,  teilweise  auch  ihre  Zuneigung  entgegentragen,  woiflr 
es  nur  versteht  zu  cht  zu  halten;  darnach  stellt  sieh  nabewiitar 
weise  ihr  urteil  über  den  lehrer  fest  davon  httngt  ihm 
ihr  ganzes  gebaren  ab. 

Jener  vater  erwiderte  also  seinem  freunde,  der  ihm  ftr 
söhn  ein  gjmnasium  empfahl  und  die  kenntnisse  nnd  leiatong«  Im 
lehrer  desselben  weiüäuftig  aufzählte,  nicht  gaai  mit  nmeeU;  du 
ist  mir  alles  ziemlich  gleichgiltig;  ich  meinesteile  urteile  tina 
werth  oder  unwerth  einer  schulanstalt  anders,  ich  fir^  bht 
halten  die  lehrer  gute  zucht  oder  nicht?  dem  ireu  tt 
zucht  halten,  soviel  werden  sie  doch  wol  wissen,  dasa  mn  sik 
von  ihnen  noch  etwas  lernen  kann;  wenn  aber  nicht,  so  wird  <r  ai 
seinem  scharfen  äuge  imd  obre  die  schwächen  der  lehrer  gir  hat 
ausspähen,  auf  dumme  dinge  verfallen  und  so  meine  gatan  alwMtei 
die  ich  mit  ihm  habe,  zu  schänden  machen. 

Der  vater  meinte  mit  seinem  urteile  natOrlich  nioU  C 
eigenartige  (subjective)  zucht,  die  der  einzelne  lehrer  übt,  M 
dem  die  allgemeine  (objective),  die  durch  die  ganie  anstatt  hn 
waltet;  nach  dieser  letztem  stellte  er  werth  oder  unwerth  ca> 
schule  im  allgemeinen  fest. 

Jene  ist  von  niemandes  beihilfe  abhängig;  ja  im  wüSrnmitm 
falle  erzwingt  sich  der  lehrer,  wenn  er  nur  sonst  das  seng  danU 
selbst  in  einer  zuchtlosen  schule  gehorsam  und  aneikeumag.  m 
ist  also  nach  der  persönlichkeit  des  lehrers  verschiedeB;  derciv 
thut  und  läszt,  was,  wenn  es  der  andere  thäte  oder  liesse,  mitaU^ 
gerade  eine  entgegengesetzte  Wirkung  hervorbrächte,  in  daaiateMi 
classen,  namentlich  aber  in  quarta  und  tertia,  dringt  die  mgautSf 
zucht  des  einzelnen  lehrers  schwerer  durch;  dagegen  ist  sie  in  Äi 
oberen  classen  leichter  durchschlagend,  denn  wenn  hier  der  khü 
sich  nur  stets  bereit  zeigt,  alles  was  er  ist  und  kann  eamiibi 
zu  nutz  und  frommen  seiner  schüler,  so  werden  sidi  diese  soflh  wiB 
ganze  eigenart  williger  gefallen  lassen,  durch  seine  lehre  fltar' 
Wissenschaft  und  durch  seine  persönlichkeit  auch  für  edles,  wUSif 
gebaren  gewonnen  werden.  • 

Aber  der  junge  lehrer,  der  bei  seinem  eintritt  ins  gymnari* 
der  erfahrung  noch  ganz  entbehrt,  wird  seine  eigenartige  vi 
nach  allen  Seiten  hin  nur  dann  entfalten  lernen,  wenn  er  dural'' 
allgemeine,  die  durch  die  ganze  schule  hencht,  kräftig  niv 
stützt  wird. 

Für  die  allgemeine  zucht  ist  aber  in  seiner  dasse der  ordi 


Die  abhftiigigkeit  des  gymiuinallehren  vom  urteile  andere.    626 

»vins,  im  ganzen  gymnasium  der  director  verantwortlich. 
beide  bloss  in  ihren  stunden  gute  disciplin  halten,  so  wiU 
wifarHefa  nicht  viel  sagen,  denn  der  natnr  der  sadie  nach  flben 
m  iatA  oensnr,  Versetzung,  zum  teil  auch  noch  durch  ihren  einflusB 
fiof  die  abiturientenprttfung  einen  solchen  druck  auf  ihre  schttler, 
Imb  diese  ihm  willig  oder  unwillig  folge  leisten  mflssen. 

Die  anderen  lehrer  sind  aber  flberidlten,  scharfen  urteilen  von 
itttai  ihrer  schtQer  und  deren  angehOrigen  weit  mehr  ausgesetzt^ 
biBOBders  wenn  sie  in  gegenständen,  die  mit  recht  oder  unrecht  für 
■nider  wichtig  gelten,  unterrichten  mttssen.  das  zuchthalten  wird 
ikneB  deswegen  weit  schwerer;  denn  die  sehtQer  geben  auf  ihr  urteil 
n  der  oensur  weniger  und  schlagen  ihren  einflusz  auf  die  Versetzung 
n  die  nSchst  höhere  classe  geringer  an  als  den  der  hauptlehrer.  ee 
hna  daher  nicht  fehlen,  dasz  sie  durch  disciplinarfUle  nidit  selten 
ii  die  läge  kommen ,  die  beihilfe  des  Ordinarius  oder  dee  directors 
ii  anspruch  nehmen  zu  mflssen,  auf  deren  urteil  Aber  den  vor- 
liegenden fall,  d.  h.  zugleich  auch  immer  Aber  den  beistand 
M^enden  lehrer  alles  ankommt. 

Es  ist  dies  einer  der  schwierigsten,  kitzlichsten  puncto 
k  dem  ganzen  schulleben,  denn  freudigkeit  des  lehrers  in  seinem 
binife  oder  dumpfer  mismut,  treibende  Tust  am  wirken  und  schaffen, 
oder  geknicktes  ehrgefllhl  und  gelfthmte  thatkraft  —  idles  hSngt  bei 
lolehen  disciplinarflUlen  davon  ab,  ob  das  fraglidie  urteil  so  oder 
10  tnsftllt.  es  verlohnt  daher  der  mflhe,  gerade  auf  diese  art  der 
^OQrteilung,  der  möglicher  weise  jeder  lehrer  ausgesetzt  ist, 
Otwas  nfther  einzugehen. 

Kommt  bei  einem  lehrer,  der  sonst  mit  seinen  schfllem  -fertig 

,  doch  einmal  ein  disciplinarfall  schlimmerer  art  vor,  so  wird  er 

in  der  regel  selbst  zu  helfen  wissen;  seine  zeither  geflbte  snb- 

Joetive  zucht  ist  hinreichende  gewfthr  dafBr,  dasz  fie  aDgemdne  der 

schule  trotz  des  einzelnen  falles  darunter  nidit  schaden 

sieht  er  sich  aber  dennoch  veranlaszt,  beistand  zu  suchen,  so 

eine  den  bericht  des  lehrers  irgendwie  answeifUnde  unter- 

g  ganz  vom  Abel,    der  vereinzelte  fall  spricht  entschieden 

r  den  lehrer  und  gegen  den  sdifller.   ja  seihet  wenn  jener  aus* 

eise  einmal  fehlgegriffen  hfttte,  auch  dann  mun  sieh  der 

T  auf  die  seite  des  lehrers  stellen  und  nicht  auf  die  dee  schfl- 

denn  was  wftre  die  folge  des  entgegengesetzten  verfishrens? 

heilbar  würden  die  fölle  sich  mehren ,  wo  der  lehrer  den  beistand 

dtt  directors  suchen  mtiste  —  und  doch  ist  nur  das  eine  gute 

Mlinle,  in  der  die  lehrer  die  beihilfe  des  directors  wenig 

Oder  gar  nicht  brauchen,    des  directors  machtbeftignis*  tritt  in 

'Iher  solchen  schule  scheinbar  zwar  zurück  und  mehr  in  den  hinter- 

^t^nd;  aber  desto  gröszer  ist  dabei  sein  verdienst;  denn  nur  seiner 

fli^icht  und  tüchtigkeit  verdanken  es  die  lehrer  zum  teil,  dasz  sie 

^b ,  ohne  seine  beihilfe  tagtäglich  in  anspruch  zu  nehmen ,  unter 

pkren  schülem  frei  und  selbständig  bewegen  können. 


• 

i 


526    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrerB  YOm  urteile  andner« 

Aber  auch  die  lebrer,  die  die  zügel  der  zncht  minder  gsfnaäk 
und  8tra£f  fübren,  verdienen,  wenn  sie  sich  an  den  ordinariM  oibr 
director  bilfesucbend  wenden  müssen,  die  schonendste  rfOuäaMr 
nähme,  äuge  und  ohr  der  schttler,  besonders  der  öfter  etraSlUig«, 
sind  immer  o£fen  und  scharf;  sähe  die  Untersuchung  ttber  den  lU- 
fall  nur  im  entferntesten  so  aus,  als  sollte  auch  über  den  lehrir 
ein  urteil  gesprochen  und  auch  über  ihn  gerioht  gehalten  wwtai 
was  folgt  daraus?  nun  auf  der  einen  seite  würde  der  Bchlaae  sMt 
ling  dies  sicher  herausfühlen,  dasselbe  oder  fthnliohet  gqgmi  im 
It'hrer  wieder  versuchen  oder,  um  sich  klüglioher  weise  selbitfli 
decken ,  diesen  oder  jenen  mitschüler  für  soldie  versnolie  gewiBMa; 
auf  der  andern  seite  aber  würde  der  schwache  zuchthalter  ftUe  dar 
art,  ehe  er  sich  einer  solchen  Untersuchung  und  beorteiliuig  foa 
neuem  aussetzte,  gar  nicht  mehr  an  die  grosse  gloeke hingen,  dir 
durch  seine  eigene  disciplin  noch  schlaffer  machen  nnd  so  snflk  <b' 
zucht  der  ganzen  anstalt  je  länger  desto  mehr  untergraben,  dm 
ein  solches  übel  Mszt  weiter  um  sich,  und  alle  lehrer,  nidit  Uott 
der  director,  müssen  hier  hilfreich  beispringen ;  hier  beisst  es  so  gm 
mit  recht:  heute  dir,  morgen  mir. 

Jedes  urteil  in  einem  straffalle,  welches  das  ansdin  des  Ittrat 
in  den  äugen  der  schüler  zu  schmälern  im  stände  wäre  —  dMiik 
selbst  für  den  lehrer  imerträglich,  der  im^ übrigen  seine  gans»  tmür 
liehe  thätigkeit  der  beurteilung  durch  andere  geim  und  wSBf 
unterwürfe.  — ■  Wollte  der  director,  der  dem  lehrer  gegenflbsr  indt 
umsichtig  und  schonend  genug  vorgegangen  wäre,  die  saoiiediinli 
ein  hohes  strafmasz  wieder  gut  machen  und  so  dem  straflUKgA 
schüler  seine  eigne  machtvoUkommenheit  zeigen  und  fUdbar  naetai 
—  so  wäre  auch  damit  wenig  oder  nichts  erreicht,  denn  wsi  viB 
das  besagen,  wenn  der  schüler  doch  herausmerkt,  dasa  daa 
des  lehrers  mit  in  frage  gezogen  ist? 

Aber  überhaupt  strafen?  haben  wir  gymnasiaMehrer 
strafen ,  die  den  schüler  sicher  und  empfindlich  trefien?  der  vo^ 
gesetzte  des  Soldaten,  der  polizei-  und  strafrichter  —  dvs  batai 
solche  strafen,  wir  lehrer  aber  nicht;  es  müste  denn  einer  dssisi^ 
arbeiten,  arrest  und  carcer  nennen  oder  gar  die  prflgektnft,  A^ 
für  die  oberen  classen  unmöglich,  selbst  für  die  onteren  hOsMt^ 
denklich  ist.  aber  was  wäre  von  einem  gjmnasiam  sn  nrWIfli,  ^ 
dem  täglich  oder  auch  nur  allwöchentlich  solcherlei  stnfin  aiiliä 
vielfach  verhängt  werden?  da  sich  mit  jeder  wiederliohDig  dB 
strafe  die  empfindlichkeit  derselben  notwendiger  weise  abstnpft 
so  würde  die  zahl  der  strafen  ins  maszlose  wachsen  nnd  sieh  sltarfkr 
lieh  immer  mehr  schüler  daran  gewöhnen,  doch  wosn  Aber 
bestreitbare  sache  erst  viel  werte  machen?  auch  eine  tot 
erlassene  Verfügung  des  preuszischen  unterriehtsministera  sshtfc 
sparsame,  maszvolle  Verwendung  solcher  strafen  $1b  selbii* 
verständlich  voraus. 

Wir  gy mnasiallehrer  haben  zwar  auch  zuchtmittei}  absr  iktß 


Die  ftbh&iigigkeit  des  gymnaBiallehren  Tom  atteüe  anderer.    627 

Hrnlien  nicht  auf  ftoszerlicher  macht  Vollkommenheit;  sie  woneln 
Mmehr  allesamt  in  einem  ethischen  unteignmde,  d.  h.  in  der 
rissenschaftlichen  Strebsamkeit  und  sittlichen  Persönlichkeit  des 
ahms.  diese  ethischen  zuchtmittel  reichen  auch  vollkommen 
um  flir  die  grosze  mehrzahl  der  schttler,  wie  sie  dem  gymaasiom  zu- 
fdSihri  werden,  aber  doch  nicht  gegen  die,  deren  eigner  familie 
NhoB  der  sittliche  antergrond  fehlt 

Gegen  diese  art  schaler,  die  selbst  die  sonst  wohlbegrOndete 
neht  einer  anstalt  su  durchbrechen  wagen,  wftren  wir  lehxer  rat&- 
od  hilflos,  wenn  wir  nicht  wenigstens  eine  strafe  besSssen,  die,  weil 
Beden  Sträfling  immer  empfindlich  trifft  und  zugleich  auch  seine 
fMiimungsgenossen  nachdenklich  und  stutzig  macht,  diesen  namen 
virklich  verdient,  schon  Melanchthon  hat  sie  als  wirksame,  zweck- 
■itsprechende  anempfohlen  mit  den  worrten:  'ich  will  lieber  eine 
rereinsamte  schule,  als  eine  Tcrliederte  (malo  scholam  deso- 
•tam  quam  dissolutam).' 

üebel  ists  um  eine  schule  bestellt,  in  der  der  dirsotor  znrttcik- 
oiMai,  diese  strafe,  die  einzige,  die  wir  besitzen,  rechtzeitig  zu 
'sriiSngen,  und  in  der  die  schttler  dieses  ftuszerste  zuchtmittel  der 
Mchlieszung  nicht  glauben  fOrchten  zu  mflssen. 

Der  director  bekommt  zur  aufnähme  sOhne  aus  familien  von  so 
Aer  Sitte  und  feiner  bildung,  dasz  selbst  der  lehrer  seine  eigenart 
^t  befruchten  könnte;  aber  er  darf  auch  denen  die  aofoahme 
■At  versagen,  die  aus  ihm  bislang  unbekannten,  vielleieht  unge* 
Bdeten  oder  roh  gearteten  familien  stammen,  ist  es  nun  nicht  redit 
id  pflicht  der  lehrer,  wenn  die  ganze  wudit  der  sittlichen  zncht- 
Atel  über  einen  zOgling  der  letztem  art  nichts  vermag,  durch  seine 
lliemung  —  mag  der  betroffene  und  seine  angehMgen  darOber 
tteilen,  was  sie  wollen  —  die  flbrigen  schttler  vor  unsitilioher 
Mieckung  zu  schützen  und  so  die  zucht  der  ganzen  anstalt  sn  retten 
il  tu  bewahren? 

•  Es  dreht  sich  bei  der  entfemung  eines  schttkrs  mA  nie  allein 
ft  sufmerksamkeit,  fleisz  oder  forte chritte;  denn  diese 
id  je  nach  der  begabung  des  einzelnen  sehr  verschieden  und  darum 
fekigel,  die  sich  dabei  zeigen,  bald  milder,  bald  stiengerin  be- 
iiüen;  auch  hat  der  lehrer  in  der  oensur  und  der  verweiganuig 
W  Versetzung  ausreichende  zuchtmittel  dagegen,  selbst  der  iSdl  der 
ifcmung  eines  schülers  wegen  ganz  mangdhafter  begabung  flUt 
ÜKr  betracht;  denn  er  tritt  Suszerst  selten  ein,  weil  die  lehrer,  da 
I strafe  auch  die  eitern,  und  zwar  ganz  unverschuldet,  mit 
ife,  darüber  sehr  glimpflich  und  milde  zu  urteilen  pflegen. 
'  £s  bleibt  also  nur  das  zuchtlose  betragen  übrig;  dies  aber 
|t  ganz  in  der  band  des  schülers.  ist  er  nun  von  hause  aus  an 
llitlosigkeit  gewöhnt  und  darum  geneigt,  auch  die  disciplin  der 
Hde,  sei  es  in  oder  auszerhalb  derselben,  sei  es  offen  oder  im  ge<^ 
Itoen,  zu  unterwühlen,  da  mag,  wenn  das  gjmnasium  über  ihn 
•e  seine  einzige  strafe  verhängt,  auch  seine  familie  veraakul* 


528    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrerB  vom  urteile  aadenr. 

deter  maszen  mitleiden,  denn  das  gymnaeium  ist  kein  corractiai^ 
haus  für  von  ihrer  familie  sittlich  verwahrloste  k  %  eondacn  n» 
Stätte ,  in  der  gute  sitte  und  edle  bildung,  wie  sie  die  gxoaie  suk^ 
zahl  unserer  Zöglinge  aus  dem  väterlichen  hause  in  die  schule  wä^ 
bringt,  erhalten,  gehegt  und  gepflegt  werden  soll,  der  mittMMIij|li 
vater  wird  freilich  über  härte  der  strafe  und  über  zu  grotw  stM|i 
der  lehrer  klagen  und  unberufene  auf  seine  seite  treten*  aber  sokhv 
bittern  urteile,  die  die  lehrer  dabei  zu  hören  bekommen,  mQgtt 
sie  sich  getrösten;  denn  sie  dürfen  auf  die  beistimmnng  imd  biDjpif 
der  Väter  rechnen,  deren  wohlgeartete  kinder  sie  so  vor  ninitfliAir 
ansteckung  behüten. 

Mag  diese  strafe  nun  in  dem  bloszen  rathe  an  den  Titer,  im 
sehn  fortzunehmen,  oder  in  einem  förmlichen  beachlnssste 
entfernung  seitens  des  lehrercollegiums  bestehen,  «ie  wird  iiiMr 
erst  nach  eingehendster  erwägung  aller  gründe  f&r  und  wider  f» 
hängt,  es  ist  daher  bedenklich  und  au^Uend,  daas  der  bueüUna 
der  entfernung  —  wenigstens  in  Preuszen  —  vor  seiner  anaflüimv  ' 
noch  einer  bestätigung  durch  die  königliche  aufslGhtabehfirdebedsfi 
hinreichend  gegen  misbrauch  wäre  eine  (noch  so  streqge)  vakt» 
suchung  des  falles  durch  das  pr.  seh.  k.  auf  gmnd  einer  eingd^tA 
besch werde  des  vaters.  aber  selbst  wenn  diese  dervorgem- 
neten  behörde  begründet  erschiene,  so  dürfte  die  antennzduuig  nokt 
sowol  die  wiederaufnähme  des  Schülers  in  die  anetalt  beiweebi^ 
als  die  mahnung  an  das  lehrercollegium ,  von  seinem  rechte  fbriü 
einen  maszvoUem  gebrauch  zu  machen,  denn  jeden&Ua  fthkn« 
die  lehrer  selbst  besser  als  jeder  andere  heraus,  ob  und  wamvcB 
dem  ungesetzlichen,  ungehorsamen,  unsittlichen  gebaren  eiaei  soU- 
1er s  gerade  ihrer  anstalt  gefahr  droht,  nach  den  thfttsaehan  sbr 
ist  der  misbrauch  der  strafe  äuszerst  selten,  eher  der  alln legi^ 
liehe  gebrauch  zu  tadeln. 

Soll  aber  diese  strafe  auf  schüler  und  lehrer  fördenam  wiifai^ 
so  ist  sie  rechtzeitig  zu  verhängen,  d.  h.  ehe  der  aohwaeks 
zuchthalter  das  Steuer  ganz  aus  der  band  verliert,  oder  dar  U" 
sichere  gefahr  läuft,  durch  immer  wiederkehrenden  kämpf  mit  dv 
ungebühr  seiner  schüler  seine  eigene  und  daduroh  anoh  die  saflU 
der  ganzen  anstalt  zu  untergraben,  wenn  der  direetor  slomt  ni 
zaudert  —  was  wird  die  folge  sein?  offenbar  die  notwendji^ 
öfterer  Wiederholung  der  strafe,  bis  jener  sich  zuletit  fingen  BMi: 
was  wäre  besser  für  dich,  den  schüler  loswerden,  oder  dm 
schwachen  lehrer?  kommt  der  direetor  aber  in  diesen  awisipilt 
mit  sich  selber,  dann  trägt  er  durch  zu  langes  zandem  eingottd 
schuld  an  einer  so  überaus  peinlichen  läge,  bei  vereinielten  ftta 
braucht  er  sich  wegen  bitterer  urteile  seitens  der  beteefate 
schüler  und  ihrer  angehörigen  wahrlich  nicht  zu  härmen}  kelmn  A' 
fälle  in  folge  seines  zauderns,  wie  das  nicht  ausbleiben  kau,  ate 
öfter  wieder,  dann  trifft  ihn  und  seine  anstalt  der  tadel  aieU  V 
■verdient. 


Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrers  vom  nrteile  anderer.    529 

NB.  Gegen  die  strafe  der  entfemung  hat  man ,  um  dies  der 
eltsamkeit  wegen  nicht  ganz  mit  schweigen  zu  übergehen,  sogar  die 
crringemng  der  schtilerzahl  und  die  minderung  des  Schulgeldes 
geltend  gemacht,  aber  das  ist  der  klftglichste  einwand  von  allen. 
BiSgen  dem  ausgewiesenen  scbüler  einige  gesinnungsgenossen  nach- 
cdgen,  das  ist  ja  ein  segen  für  die  eitern  der  rückbleibenden, 
oit  dem  Vollzüge  der  strafe  werden  die  schwachen  zuchthalter  neuen 
noth,  alle  lehrer  grOszere  freudigkeit  gewinnen,  die  zucht  der  schule 
deh  wieder  befestigen  und  die  schülerzahl  sich  eher  mehren  als  min- 
ien, denn  welcher  vater  würde  seinen  söhn  nicht  lieber  einer  schule 
nit  guter  zucht  anvertrauen,  als  einer  zuchtlosen? 

Wäre  der  director  eitel  genug,  vor  den  leuten  mit  einer  groszen 
ichülerzahl,  oder  vor  der  königlichen  aufsichtsbehörde  mit  einer 
proszen  schulgeldeinnahme  prunken  zu  wollen,  so  werden  kenner  die 
nche  leicht  durchschauen  und  den  werth  dieses  ruhmes  auf  das  rich- 
ige  masz  hinabschrauben,  denn  einmal  ist  das  gynmasium  eine  an- 
ttalt,  die  dem  Staate  ihre  steuern  nicht  in  klingender  münze  auszu- 
aUen  hat,  sondern  in  den  geistig-sittlichen  leistungen  der  schüler. 
lolcher  leistungen  bedarf  der  staat  zu  seiner  erhaltung  und  fort- 
nitwicklung  aber  nicht  minder  als  eines  mit  gold-  und  Silberbarren 
mgefüllten  Staatsschatzes,  zweitens  aber  ist  die  schülerzahl  eines 
Qrmnasiums  ein  sehr  zweifelhafter  werthmesser  seiner  leistungen; 
inie  sehr  hohe ,  wenn  sie  nicht  in  der  grösze  der  stadt  oder  in  con- 
Ssttionellen  Verhältnissen  eine  entschuldigung  findet,  meist  kein  lob, 
riel  eher  ein  tadel. 

Wo  gäbe  es  aber  endlich  ein  lehrercollegium,  das  ohne  die 
dringendsten  gründe  geneigt  wäre  die  ausschlieszung,  diese  einzige 
llp^e,  die  wir  besitzen,  über  einen  schüler  zu  verhängen?  ist  sie 
iber  angezeigt,  dann  sollen  die  lehrer,  vorab  der  director,  damit 
ikbt  zaudern  und  abgünstige  urteile  der  beteiligten  oder  un- 
bcmfener  nicht  fürchten,  denn  jeder  baumeister  musz  den  stein, 
im  er  seinem  baue  einfügen  will ,  behauen ,  oder,  läszt  er  sich  nicht 
mauen,  als  unnütz  fortwerfen. 

Aus  all  dem  gesagten  aber  folgt:  das  urteil  seiner  schüler 
knin  dem  lehrer  nimmermehr  gleichgiltig  sein;  wie  sein  leib  luft 
Ni  licht  zum  athmen  und  leben ,  so  bedarf  seine  seele  zu  freudiger 
feUsamkeit  die  anerkennung  und  Zuneigung  seiner  schüler.  trotz- 
ittn  wird  er  sich  aber  wie  vor  dem  feuer  hüten,  um  ihre  gunst  zu 
buhlen,  anszer  seiner  amtlichen  thätigkeit  daher  anderweitige 
iBttel,  um  sich  in  ihre  gunst  einzuschleichen,  als  tief  unter  seiner 
•firde  liegend  verschmähen,  denn  selbst  wenn  es  ihm  gelänge, 
tech  solche  mittel  seinen  zweck  während  ihrer  Schulzeit  wenig- 
^8  scheinbar  zu  erreichen,  so  träfe  ihn  nach  derselben  desto 
Mierer  die  misachtung  seiner  früheren  schüler. 

Namentlich  junge  lehrer,  die  mit  den  älteren  schülem  allerlei 

ELhrungen  zu  suchen  pflegen,  laufen  die  äuszerste  gefahr  dadurch 
en  und  sieb  selbst  zu  schaden,    darüber  hat  sich  vor  einiger  zeit 


530  Vortrag  über  Pindar. 

in  dieser  Zeitschrift  ein  erfahrener  seholmaim  in  teiner  aUnl' 
lung:  *noctes  scholasticae'  —  so  nmsiohtig  aua^asprodm,  tm 
kaum  noch  ein  wort  über  die  sache  zu  sagen  flbrig  l^kibt  jofi 
lehrer  vergessen  bei  ihren  berührongen,  die  sie  mit  Ütenm-soUln 
eingehen,  nur  zu  leicht,  dasz  sie  es  mit  unebenbflrtigeB  nlki 
haben  und  verleiten  diese  dadurch ,  dasz  sie  dieselben  «ieii  gU^ 
stellen,  zur  eitelkeit,  zur  Überhebung  und  sum  cliquenweMik  dv 
Cliquenwesen,  das  jene  unwissentlich  oder  gar  absiditlkli  dajiql 
unter  den  schülem  fOrdem,  hat  die  nnliebsamaten 
drauszen  unter  den  leuten  zur  folge;  aber  es  lockert  aaeii  die 
innerhalb  der  schule,  zunftchst  pflegt  es  sidi  gogen  andtn 
lehrer  zu  wenden,  später  aber,  sobald  der  junge  leimr  ia  diehBlr 
ren  classen  aufrückt,  folgerechter  weise  auch  g^gen  diesea 
gewöhnlich  hat  eine  solche  clique  zum  ansbKngeecbild  den 
^Vereinigung  zu  gegenseitiger  wissenschaftlicher  fortbfldnDg';  h 
aller  regel  artet  sie  aber  unter  anregung  bereits  abg^gsagOMradfr 
1er  zu  einem  seminar  aus  für  irgend  eine  stndentiacbe  Teriniim 
d.  h.  sie  verpflanzt  das,  was  allenfalls  auf  die  nniversitit  geUM^ 
zum  nachteü  aller  schüler  und  gar  nicht  selten  snm  siehen  n^ 
derben  einzelner  ins  gjmnasium.  hat  der  director  sdioit  in äi^ 
gemeinen  eine  pflicht,  gegen  solches  Unwesen,  das  nnter  den  IsalM^ 
namentlich  aber  unter  den  in  mitleidenschaft  gesogeaen  ilftuit  Al 
schüler  die  schärfste  beurteilung  findet,  donih  aUeiMhihi 
darbietende  mittel  einzuschreiten,  so  im  besondem  g^gSB  jsigt 
lehrer,  die  durch  ungebürliche  annttherung  an  ftlteie  sbMhr  dii 
Unwesen  neue  nahrung  zuführen. 

Im  ganzen:  so  lange  noch  die  grosze  Überzahl  der  soUkr  Ai 
wunderlichen  glaubens  lebt,  dasz  censur,  vei-setzong  und  das  vtf 
über  den  abiturienten  in  der  endprüfung  in  das  belieben  Ai 
lehrers  gestellt  sei,  also  von  dessen  machtToUkommenkeit 
abhänge  —  und  nicht  ganz  allein  von  ihrem  eigenen 
gebaren,  ihren  eigenen  wissensch'aftlichon  leistnngen -^  so 
haben  wir  lehrer  es  nach  dieser  seite  hin  mit  unebenbilrtigfi 
zu  thun,  auf  deren  urteil  wir  nicht  mehr  geben  sollen,  ab  dmAi 
es  verdient. 

(schlasz  folgt) 

Beuthen  an  der  Oder.  OLAWKr. 


46. 

VORTRAG  ÜBER  PINDAE. 
gehalten  in  der  philosophisch -historischen  geaelltehaft  an  üiMslII' 


Ich  musz  die  nachsieht  der  gesellschaft  sehr  in  aaspnuk 
men,  wenn  ihr  die  wähl  des  gegenständes.  Aber  den  idi  tüli 
ftorechen  werde,  weniger  zusagt,    ein  anderes  thema,  welcheiÜ 


Vortrag  über  Pindar.  531 

lir  früher  ausgedacht  hatte,  zeigte  sich  bei  näherer  beirachtung 
ohwieriger  als  es  anfangs  erschien ,  gewis  erforderte  es  sehr  aos- 
ecfehnte  Torbereitungen  en  detail ,  zu  denen  es  mir  in  der  letzten 
Bit  an  der  nötigen  musze  fehlte,  ich  wollte  nemlich  die  geschiohte 
m  Philologie  an  unserer  Universität  darstellen,  womöglich  nicht  in 
llgemeinen  umrissen,  wie  sie  schon  mehrere  mal  von  manchen 
istoriken  beiläufig  abgethan  worden  ist,  sondern  mit  genauer  an- 
•be  der  eigentümlichen  Verdienste  eines  jeden  namhaften  lehrers 
ad  gelehrten,  die  Schwierigkeit  aber,  dem  einzelnen  gerecht  zu 
rtrden  und  der  besondere  mangel  an  zureichenden  berichten  über 
10  lehrerthätigkeit,  über  den  eigentümlichen  Charakter  des  akade- 
liachen  Unterrichts  in  den  drei  verflossenen  Jahrhunderten  —  von 
rflherem  Studium  der  philologie  kann  kaum  die  rede  sein  —  be- 
kimmte  mich  zunächst,  bis  etwa  reichere  quellen  sich  mir  erschlossen 
aben,  die  Untersuchungen  hieiHber  fallen  zu  lassen  und  nur  ge- 
igentlich  das  material  dazu  zu  vermehren ;  vielleicht  kann  ich  später 
•rauf  zurückkommen  und  würde  als  Pfälzer  und  Heidelberger  vor- 
iglich mich  dazu  aufgefordert  fühlen,  den  gang  zu  beschreiben, 
ralchen  die  humaniora  auf  unserer  hochschule  genonmien  haben. 
m  einem  hübschen  gedieht,  welches  vor  mehr  als  300  jähren  Jacob 
Bejllus  verfaszte,  wissen  wir  allerdings  soviel,  dasz  Heidelberg 
Aon  damals  fUr  eine  Juristenschule  galt,  neben  welcher  unserer 
Ulologie  nur  ein  sehr  bescheidenes  leben  zu  führen  vergönnt  war. 
a  der  Voraussetzung,  dasz  es  bei  uns  nicht  mehr  so  schlimm  bestellt 
ii  wie  damals,  wende  ich  mich  denn  zu  meinem  heutigen  thema. 
Im  object  nun,  welches  ich  an  die  stelle  jener  Schilderung  setzte, 
lird,  wie  ich  hoffe,  auch  Ihnen  nicht  ganz  interesselos  sein,  wenn 
IVdi  Pindar  mehr  zu  den  bewunderten  als  gelesenen  autoren  ge- 
irt.  ich  will  versuchen,  in  cultur-  und  litterargeschichilicher  weise 
k  verfahren,  wenn  ich  von  den  bearbeitungen  des  dichters  spreche, 
H  kann  damit  die  auffassung  desselben  von  den  ersten  zeiten  an  in 
lirbindnng  treten  und ,  so  weit  es  die  erhaltenen  angaben  erlauben, 
pttigt  werden,  in  welchem  grade  man  den  Pindar  zu  verstehen,  zu 
Isieszen,  zu  beurteilen  vermochte. 

Die  Zeitgenossen  waren  gewis  am  meisten  im  besitz  der  mittel, 
kn  dichter  auf  seinen  oft  verschlungenen  wegen  zu  folgen,  seine 
Insten  winke  zu  begreifen,  seine  absichtlich  verhüllten  andeu- 
hBgen  zu  erkennen ;  denn  ihnen  lag  das  klar  vor  äugen ,  was  für 
fe8  zum  teil  in  undurchdringliches  dunkel  versenkt  ist,  das  factische 
iiterial  seiner  gesänge.  dieses  auch  für  die  nachweit  zu  sichern 
M  damit  ihr  einen  vollkommenen  einblick  in  die  production  des 
llehters  zu  gewähren,  war  man  gewis  nicht  bedacht,  es  fehlte  ein 
ife,  der  gespräche  mit  bedeutenden  dichtem  aufzeichnete,  desto 
ibiger  bemächtigte  sich  die  sage  der  poetischen  thätigkeit  Pindars 
U  als  einzelne  der  peripatetiker  unter  andern  auch  die  bio- 
l^)hie  ausgezeichneter  münner  zum  gegenständ  ihrer  gelehrten  be- ' 
MuDgen  machten ,  hatte  sich  Pindars  leben  mehr  wie  das  anderer 


522    Die  abhängigkeit  des  gjmnasialleliren  vom  urtefle  anderer. 

5)  nach  den  bescheiden  der  königlichen  wissensohaft- 
lichen  prüfangscommissionen  über  die  mflndliche  ml 
schriftliche  prüfung  der  abiturienten,  und  eadHdi 

6)  nach  den  etwaigen  wissenschaftlichen  leistungendei 
lehrers  in  programmen,  Zeitschriften  und  bflcheni. 

NB.  Die  Öffentlichen  prüfnngen  am  scUusae  des  iM* 
Jahres  bleiben  hier  wol  besser  ganz  auszer  beiraoht.  bei  aadoMi 
Völkern  wird  denselben  eine  weit  grössere  Wichtigkeit  beigel^  ab 
bei  uns  Deutschen,  bei  jenen  arten  sie  daher  g«r  nicht  seUn  ii 
groszartiges  schaugepränge  aus,  um  die  eitelkdt  der  sofaflkrnd 
ihrer  angehörigen  zu  kitzeln,  die  leistungen  der  Bchnlo  in  ein  mlfg- 
lichst  günstiges  licht  zu  stellen  und  dadurch  das  urteil  der  m 
meisten  beteiligten  zu  fälschen  und  zu  bethören,  nnter  uns  eehei- 
ken  weder  lehrer  und  schüler,  noch  die  in  der  regel  nicUt  nUniete 
Zuhörer  den  öffentlichen  schulprtifungen  in  gleicher  weise  beaeUng^ 
in  wenigen  stunden  wird  in  sich  drängender  aufeinanderfidgo  iB  lO 
vielen  unterrichtsgegenstftnden  geprüft,  dasz  nur  der  faohnaii 
halbwegs  im  stände  ist,  sich  über  den  prüfenden  lehrer  md  mm 
leistungen  ein  einigermaszen  begründetes  urteil  feettneteDen;  in 
urteil  der  zuhörer  dagegen  pflegt  hin  und  her  an  ach  wanken,  ji 
nachdem  der  lehrer  befangen  oder  unbefangen  dabei  anitritt  UöM 
wünschenswerth  ist  es  aber,  dasz  sich  unsere  schlnsaprflfaBgwi  i» 
bescheidenen  Charakter,  den  sie  bis  jetzt  gehabt,  aooh  fimuiriui  k- 
wahren.  die  beistimmende,  liebevolle  miene,  das  anerkenneadtmi 
des  lehrers,  die  gute  censur,  die  Versetzung  in  die  höhere  düBS  — 
das  sind  ebenso  gefahrlose  als  sicher  wirksame  mittel«  die  kistqgn 
des  Schülers  anzuerkennen,  seinen  lerneifer  anxusponuni  und 
ein  günstiges  urteil  der  eitern  über  lehrer  nnd  lohple 
zielen. 

Beginnen  wir  nun  mit  dem,  was  am  nSohsten  li^,  mit  te 
urteilen  der  schüler,  die  sie  sich  über  den  lehrer  aohoBWlh- 
rend  ihrer  Schulzeit,  teils  nach  derselben  zu  bilden  pflegen« 

Der  gymnasiallehrer  steht  gleichsam  mit  dem  einen  ftiSM  iite 
praxis,  wie  der  volksschullehrer,  mit  dem  andern  in  der 
Schaft,  wie  der  Universitätslehrer,  und  er  sänke,  wenn  er  der 
Schaft  untreu  würde ,  in  kurzer  zeit  zu  einem  blosaen 
hinab,  während  nun  die  beiden  anderen  die  bildang  der 
mehrzahl  ihrer  Zöglinge gewissermaszen  abschliesieniSO 
sich  der  gymnasiallehrer  nie  in  einem  solchen  verhdtnisae  ■ 
schülem ;  denn  er  schlieszt  nichts  ab ,  sondern  legt  nur  den  fru' 
zu  ihrer  spätem  bildung.  er  darf  daher  auch  niditi  wie  die 
anderen,  auf  anerkennende  beurteilung  seitens  seiner  löglingti 
nachdem  diese  die  schule  verlassen  haben,  mit  bestimmfhat 
nen;  denn  wer  fragt  bei  dem  fertigen  hause  noch  riel 
grundlage?  das  thut  selbst  der  bauherr  nicht  mehr, 
seinen  bau  fix  und  fertig  über  dem  boden  dastel  liL 

Dem  entsprechend  nimmt  die  grosze  mehrsani   [er  sehAlsr  iftt 


Die  abhängigkeit  des  gymnaeiallehrerg  Tom  urieüe  anderer.    636 

gymnasien  spSter  nach  ihrem  abgange  eine  gleichgUtige,  wenn  nicht 
gar  unfreundliche  stelliing  zu  schule  und  lekrer  ein«  nicht  blosz  die, 
welche,  um  eine  subaltemenlaufbahn  einzuschlagen,  oder  um  sich 
das  Zeugnis  ftir  einjährigen  miliifirdienst  lu  erwerben,  die  anstalt 
besuchen  und  mit  halber  gymnasialbildung  verlassen,  sondern  auch 
nicht  wenige  Ton  den  schttlem,  die  die  abiturientenprtlfong  bestan- 
dm  haben,  werden  der  Wissenschaft,  zu  der  das  gymnasium  den 
grund  zu  legen  bemttht  ist,  in  dem  tftglichen  einerlei  der  spfttem 
bemfsarbeit  untreu,  verlieren  so  auch  das  interesse  an  ihrem  firOhem 
sehulleben  und  das  gedftchtnis  an  die  mtthwaltung  ihrer  lehrer.  ist 
die  zucht  der  schule  minder  straff  gewesen,  dann  Ueiben  auffidlende 
eigenheiten  oder  blöszen  einzelner  lehrer,  kleine  glflcklich  ausge- 
flUirte  listen  und  gelungene  Umgehungen  der  schultncht  seitens  der 
sehfller  am  längsten  und  ztthesten  in  ihrer  rOokerinnerung  haften 
und  geben  zur  Unterhaltung  über  ihre  früheren  lehrer  den  belieb- 
testen redestoff. 

Nur  die  alumnatsanstalten  befinden  sich  in  rflcksidit  auf  ihre 
früheren  schüler  in  einer  weit  gfinstigem  läge,  man  sieht  dies 
recht  deutlich  an  ihren  erinnerungsfesten;  denn  diese  machen  sich 
wie  von  selbst,  während  die  Abrufen  gymnasien  in  der  regel  erst 
illerlei  anderweitige  hebel  ansetze  mflssen,  um  ihre  gedenktage 
einigermaszen  würdig  zu  feiern,  aber  die  treue  anhftnglichkeit  der 
ichfller  an  solche  anstalten  mit  alunmaten  ist  nicht  allein  der  aus- 
dmck  ihres  Verhältnisses  zu  ihren  früheren  lehrem,  sondern  es  wir- 
ken selbstredend  auch  andere  umstände  günstig  mit  ein«  die  lieb- 
gewonnene örtlichkeit,  das  jahrelange,  enge  zusammenleben  der 
lOglinge  und  in  folge  dessen  die  gemeinsamen,  guten  und  soblimmen 
erlebnisse  mancherlei  art  —  das  maoht  lehrem  und  scfafllem  solche 
fcete  zu  wahren  freuden-  und  ehrentagen. 

Im  allgemeinen  thut  aber  der  gymnasiallehrer  gut,  auf  gün- 
stige beurteilung  seitens  seiner  früheren  sdiüler  mit  be- 
tiimmtheit  nicht  zu  rechnen,  findet  er  sie  dennoeh,  desto  beeser 
hr  ihn;  er  mag  dann  das  wohlwollende  urftefl  als  eme  besondere 
giinst  des  Schicksals  hinnehmen. 

Von  den  schfllem  freilich,  die  auf  dem  wohlgel^glen  gründe 
lar  gymnasialbildung  später  in  die  angen  faUende,  höhere  bauten 
mflühren,  werden  sich  mandie  in  daa^barer  rOekerinnemng  auch 
ipftter  noch  fragen:  von  welchem  lehrer  habe  ich  im  gymnasium 
nerst  aufpassen,  auffassen  und  das  aufgefaszte  mündlich  und  schrifb- 
lieb  wiedergeben  gelernt  und  so  zum  lernen  überhaupt  die  erste 
aregung  erhalten,  die  mich  jetzt  befähigt  meine  besondere  fach- 
wissenschaft  mit  den  übrigen  zu  verbinden,  die  daraus  gewonnene 
■nsicht  dem  leben  dienstbar  zu  machen  und  in  wort  und  schrift 
m  nutz  und  frommen  meines  Volkes  zu  verwerthen?  wird  dem 
Umnasiall ehrer  brieflich  oder  durch  mündliche  Unterhaltung  davon 
hinde,  so  sind  dies  lichtblicke  in  seinem  leben,  die  ihn  für  ander- 
■reite  Undankbarkeit  seiner  früheren  schüler  vollauf  entschädigen. 

84* 


524    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrers  Tom  nrtofle 

Aber  auch  schon  während  der  sohulzeit  orteüen  die  schüL 
über  den  lehr  er.  soll  oder  kann  aioh  dieser  dem  entsiehen?  n 
wort :  gewisz  nicht. 

Denn  wie  er  luft  und  licht  zum  athmen  nnd  leben  bmeU,  i 
zu  freudiger,  fruchtbarer  Wirksamkeit  die  anerkannimg  nad  ii 
neigung  seiner  Zöglinge,  daraus  folgt:  er  mnsz  ihr  urteil  beaoUa 
Die  jüngeren  sc^üler  werden  aber  jedem  lehrer  bald  maAm 
nung  zollen,  teilweise  auch  ihre  Zuneigung  entgegentngen,  woifl 
es  nur  versteht  zucht  zu  halten;  darnach  stellt  aioh  nabewarti 
weise  ihr  urteil  über  den  lehrer  fest  davon  httngt  ihm  gegvittc 
ihr  ganzes  gebaren  ab. 

Jener  vater  erwiderte  also  seinem  freunde,  der  ihm  ftr  teile 
söhn  ein  gymnasium  empfahl  und  die  kenntnisse  nnd  leütong«  di 
lehrer  desselben  weiüftuftig  aufzählte,  nicht  gaai  mit  nniecht:  dl 
ist  mir  alles  ziemlich  gleichgiltig ;  ich  meinesteile  urteile  IUm 
werth  oder  unwerth  einer  schulanstalt  anders,  ich  fr^  m 
halten  die  lehrer  gute  zucht  oder  nicht?  dem  ireu  i 
zucht  halten,  soviel  werden  sie  doch  wol  wiaseB,  daea  mem  ad 
von  ihnen  noch  etwas  lernen  kann;  wenn  aber  nicht,  so  wird  er  n 
seinem  scharfen  äuge  und  obre  die  schwächen  der  lehrer  gar  ba 
ausspähen,  auf  dumme  dinge  verfallen  und  so  meine  gatan  absidila 
die  ich  mit  ihm  habe,  zu  schänden  machen. 

Der  vater  meinte  mit  seinem  urteile  natOrlich  nioU  i 
eigenartige  (subjective)  zucht,  die  der  einzelne  lehrer  flbt,  M 
dem  die  allgemeine  (objective),  die  durch  die  ganie  anstett  h 
waltet;  nach  dieser  letztern  stellte  er  werth  oder  anwerth  en 
schule  im  allgemeinen  fest. 

Jene  ist  von  niemandes  beihilf e  abhängig;  ja  im  wiMiin— li 
falle  erzwingt  sjch  der  lehrer,  wenn  er  nur  sonst  das  leng  dank 
selbst  in  einer  zuchtlosen  schule  gehorsam  und  aaerkauraag.  i 
ist  also  nach  der  persönlichkeit  des  lehrers  verBchiedea;  der  eil 
tbut  und  läszt,  was,  wenn  es  der  andere  thäte  oder  liesae,  mUeie 
gerade  eine  entgegengesetzte  Wirkung  hervorbrächte,  in  denuatep 
classen,  namentlich  aber  in  quarta  und  tertia,  dringt  die  eigeaaiüi 
zucht  des  einzelnen  lehrers  schwerer  durch;  dagegen  ist  sie  ia  d 
oberen  classen  leichter  durchschlagend,  denn  wenn  hier  der  leta 
sich  nur  stets  bereit  zeigt,  alles  was  er  ist  und  kann  ffiir»— *» 
zu  nutz  und  frommen  seiner  schüler,  so  werden  sich  diese  sneh  sa 
ganze  eigenart  williger  gefallen  lassen,  durch  seine  lefarefltari 
Wissenschaft  und  durch  seine  persönlichkeit  auch  für  edles,  eitfjl 
gebaren  gewonnen  werden.  • 

Aber  der  junge  lehrer,  der  bei  seinem  eintritt  ins  gyianeein 
der  erfahrung  noch  ganz  entbehrt,  wird  seine  eigenartige  üf 
nach  allen  Seiten  hin  nur  dann  entfalten  lernen,  wenn  er  daroh^ 
allgemeine,  die  durch  die  ganze  schule  herscht,  kräftig  inA 
stützt  wird. 

Für  die  allgemeine  zucht  ist  aber  in  seiner  dassa der  ord 


Die  abhftngigkeit  des  gymiuinallehren  vom  urteile  anderer.    626 

^rinsy  im  ganzen  gymnasium  der  director  verantwortlich, 
im  beide  blosz  in  ihren  stunden  gute  disciplin  halten,  so  wiU 
ft  wahrHefa  nicht  viel  sagen,  denn  der  natnr  der  sadie  nach  flben 
)  dBreh  censnr,  Versetzung,  znm  teil  aach  noch  durch  ihren  einflim 
f  die  abiturientenprttfdng  einen  solchen  druck  auf  ihre  schfUer, 
m  diese  ihm  willig  oder  unwillig  folge  leisten  mflssen. 

Die  anderen  lel^r  sind  aber  überleiten,  scharfen  urteilen  voa 
itai  ihrer  schtQer  und  deren  aagehOrigen  weit  mehr  ausgesetzt^ 
Monders  wenn  sie  in  gegenstftnden,  die  mit  recht  oder  unrecht  für 
inder  wichtig  gelten,  unterrichten  mttssen.  das  zuchthalten  wird 
im  deswegen  weit  schwerer;  denn  die  sehüler  geben  auf  ihr  urteil 
i  der  oensur  weniger  und  schlagen  ihren  einflusz  auf  die  Versetzung 
1  die  nSchst  hOhere  classe  geringer  an  als  den  der  hauptlehrer.  es 
Bm  daher  nicht  fehlen,  dasz  sie  durch  disciplinarfSlle  nicht  selten 
i  die  läge  kommen ,  die  beihilfe  des  Ordinarius  oder  des  directors 
1  anspruch  nehmen  zu  mflssen,  auf  deren  urteil  Aber  den  vor- 
Agenden  fall,  d.  h.  zugleich  auch  immer  Aber  den  beistand 
Mhenden  1  e  h  r  e  r  alles  ankommt. 

Es  ist  dies  einer  der  schwierigsten,  kitzlichsten  puncto 
I  dem  ganzen  schulleben,  denn  freudigkeit  des  lehrers  in  seinem 
mfe  oder  dumpfer  mismut,  treibende  Tust  am  wirken  und  schaffen, 
kr  geknicktes  ehrgefllhl  und  gelfthmte  thatkrafk  —  idles  hingt  bei 
Ichen  disciplinarfUllen  davon  ab,  ob  das  fraglidie  urteil  so  oder 
t  ansfUlt.  es  verlohnt  daher  der  mflhe,  gerade  auf  diese  art  der 
•urteilung,  der  möglicher  weise  jeder  lehrer  ausgesetzt  ist, 
Niae  nfther  einzugehen. 

Kommt  bei  einem  lehrer,  der  sonst  mit  seinen  schfllem  iertig 
M,  doch  einmal  ein  disciplinarfall  schlimmerer  art  vor,  so  wird  er 
Ml  in  der  regel  selbst  zu  helfen  wissen;  seine  zeither  geübte  snb- 
Ktive  zucht  ist  hinreichende  gewfthr  dafBr,  daez  fie  allgemeine  der 
toten  schule  trotz  des  einzelnen  falles  darunter  uidit  schaden 
ilei  sieht  er  sich  aber  dennoch  veranlaszt,  beistaad  zu  suchen,  so 
tre  eine  den  bericht  des  lehrers  irgendwie  anzweifelnde  unter- 
tabnng  ganz  vom  übel,  der  vereinzelte  fall  spricht  entschieden 
It  den  lehrer  und  gegen  den  sehüler.  ja  selbet  wenn  jener  aus* 
Jimsweise  einmal  fehlgegriffen  hfttte,  auch  dum  muea  sieh  der 
hietor  auf  die  seite  des  lehrers  stellen  und  nicht  auf  die  dea  eohü- 
h.  denn  was  wäre  die  folge  des  entgegengesetzten  verfidirens? 
Itebar  würden  die  fUlle  sich  mehren ,  wo  der  lehrer  den  beistand 
ii  directors  suchen  müste  —  und  doch  ist  nur  das  eine  gute 
iHüe,  in  der  die  lehrer  die  beihilfe  des  directors  wenig 
ier  gar  nicht  brauchen,  des  directors  machtbeftignis  tritt  in 
liter  solchen  schule  scheinbar  zwar  zurück  und  mehr  in  den  hinter- 
k&d;  aber  desto  gröszer  ist  dabei  sein  verdienst;  denn  nur  seiner 
hsicht  und  tücbtigkeit  verdanken  es  die  lehrer  zum  teil,  dasz  sie 
Hl,  ohne  seine  beihilfe  tagtäglich  in  anspruch  zu  ndimen,  unter 
^n  Schülern  frei  und  selbständig  bewegen  können. 


I 


526    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrerB  Yom  urteile  aadere: 

Aber  auch  die  lehrer,  die  die  zügel  der  zncht  minder  g 
und  stra£f  führen ,  verdienen ,  wenn  sie  sich  an  den  ordinarii 
director  hilfesuchend  wenden  müssen,  die  schonendste  rfli 
nähme,  äuge  und  ohr  der  schüler,  besonders  der  öfter  straf!) 
sind  immer  o£fen  und  scharf;  sfthe  die  Untersuchung  Aber  dei 
fall  nur  im  entferntesten  so  aus ,  als  sollte  auch  Aber  den  1 
ein  urteil  gesprochen  und  auch  über  ihn  gericht  gehalten  i 
was  folgt  daraus?  nun  auf  der  einen  seite  würde  der  echlaa 
ling  dies  sicher  herausftlhlen,  dasselbe  oder  Shnliches  gegi 
k'hrer  wieder  versuchen  oder,  um  sich  klüglicher  weise  se 
decken ,  diesen  oder  jenen  mitfichüler  für  soldie  versnobe  gen 
auf  der  andern  seite  aber  würde  der  schwache  zuchthalter  fli 
art,  ehe  er  sich  einer  solchen  Untersuchung  und  beurteüui 
neuem  aussetzte ,  gar  nicht  mehr  an  die  grosse  glocke^  hinge 
durch  seine  eigene  disciplin  noch  schlaffer  machen  und  so  ai 
zucht  der  ganzen  anstalt  je  länger  desto  mehr  untergraben, 
ein  solches  übel  friszt  weiter  um  sich,  und  alle  lelirery  nich 
der  director,  müssen  hier  hilfreich  beispringen;  hier  heiBzt  es  ( 
mit  recht:  heute  dir,  morgen  mii*. 

Jedes  urteil  in  einem  straffalle,  welches  das  aasehn  des 
in  den  äugen  der  schüler  zu  schmälern  im  stände  wSre  — 
selbst  für  den  lehrer  unerträglich,  der  im^ übrigen  seine  gani 
liehe  thätigkeit  der  beurteilung  durch  andere  gern  nnd 
unterwürfe.  — ■  Wollte  der  director,  der  dem  lehrer  g^genübe 
umsichtig  und  schonend  genug  vorgegangen  wäre,  die  sacht 
ein  hohes  strafmasz  wieder  gut  machen  nnd  so  dem  strafil 
schüler  seine  eigne  machtvoUkommenheit  zeigen  und  fühlbar  i 
—  so  wäre  auch  damit  wenig  oder  nichts  erreicht,  denn  n 
das  besagen,  wenn  der  schüler  doch  herausmerkti  dasa  das  vei 
des  lehrers  mit  in  frage  gezogen  ist? 

Aber  überhaupt  strafen?  haben  wir  gjninasiallehre: 
strafen,  die  den  schüler  sicher  und  empfindlich  trefEm?  d( 
gesetzte  des  Soldaten,  der  polizei-  und  strafriohter  —  die 
solche  strafen,  wir  lehrer  aber  nicht;  es  müste  denn  einer  ds 
arbeiten,  arrest  und  carcer  nennen  oder  gar  die  prügelstrai 
für  die  oberen  classen  unmöglich,  selbst  für  die  unteren  höc 
denklich  ist.  aber  was  wäre  von  einem  gjmnasium  zu  nrtd 
dem  täglich  oder  auch  nur  allwöchentlich  solcherlei  strafiBn  i 
vielfach  verhängt  werden?  da  sich  mit  jeder  wieduriioln] 
strafe  die  empfindlichkeit  derselben  notwendiger  vreise  abel 
so  würde  die  zahl  der  strafen  ins  maszlose  wachsen  nnd  sieh  i 
lieh  immer  mehr  schüler  daran  gewöhnen,  doch  wosn  ttber  e 
bestreitbare  sache  erst  viel  werte  machen?  auch  eine  vor  I 
erlassene  Verfügung  dos  preuszischen  Unterrichtsministers  si 
sparsame,  masz volle  Verwendung  solcher  strafen  als  8( 
verständlich  voraus. 

Wir  gy mnasiallehrer  haben  zwar  auch  Suchtmittel;  abe 


Die  abh&ngigkeit  des  gymnasiallehren  Tom  urteile  anderer.    627 

bimheii  nicht  auf  ftoszerlicher  machtvollkommenheit;  sie  wuneln 
Tidmehr  allesamt  in  einem  ethischen  untergrondet  d.  h.  in  der 
wiMenschaftlichen  Strebsamkeit  und  sittlichen  Persönlichkeit  des 
iehiers.  diese  ethischen  zuehtmittel  reichen  auch  Tollkommen 
WB$  fdüt  die  grosze  mehrsahl  der  schttler,  wie  sie  dem  gymaasiiun  zn- 
gMuri  werden,  aber  doch  nicht  g^en  die,  deren  eigner  familie 
•choD  der  sittlidie  untergrtmd  fehlt 

Gegen  diese  art  schaler,  die  selbst  die  sonst  wohlbegrOndete 
neht  einer  anstalt  zu  durchbrechen  wagen,  wftren  wir  lehxer  rat&- 
md  hilflos,  wenn  wir  nicht  wenigstens  eine  strafe  besSssen,  die,  weil 
neden  Sträfling  immer  empfindlich  trifft  und  zugleich  auch  seine 
gMümungsgenossen  nachdenklich  und  stutzig  macht,  diesen  namen 
wirklich  verdient,  schon  Melanchthon  hat  sie  als  wirksame,  zweck- 
iBtsprechende  anempfohlen  mit  den  worrten:  'idi  will  lieber  eine 
▼ereinsamte  schule,  als  eine  verliederte  (malo  scholam  deso- 
btam  quam  dissolutam).' 

üebel  ists  um  eine  schule  bestellt,  in  dsr  der  direotor  zurttök- 
Mheut,  diese  strafe,  die  einzige,  die  wir  besitzen,  rechtzeitig  zu 
▼erliftngen ,  und  in  der  die  schüler  dieses  ftuszerste  zuehtmittel  dw 
ttsschlieszung  nicht  glauben  fClrchten  zu  müssen. 

Der  director  bekommt  zur  aufnähme  sOhne  aus  £unilien  von  so 
<dkr  Sitte  und  feiner  bildung,  dasz  selbst  dsr  lehrer.  seine  eigenart 
^it  befruchten  könnte;  aber  er  darf  auch  denen  die  aufoahme 
>Kht  versagen,  die  aus  ihm  bislang  unbekannten,  vieUeieht  unge- 
Udeten  oder  roh  gearteten  familien  stammen,  ist  es  nun  nicht  redit 
MI  pflicht  der  lehrer,  wenn  die  ganze  wucht  der  sittlichen  zucht- 
idttel  über  einen  zögling  der  letztem  art  nichts  vermag,  durch  seiiie 
Wfemung  —  mag  der  betroffene  und  seine  angehO^gen  darOber 
■'teilen,  was  sie  wollen  —  die  übrigen  sohttlffir  vor  unsittlicher 
■ttteckung  zu  schützen  und  so  die  zucht  der  ganzen  anstatt  zu  retten 
nd  zu  bewahren? 

Es  dreht  sich  bei  der  entfemung  eines  schfllerB  wol  nie  allein 
lü  aufmerksamkeit,  fleisz  oder  fortschritte;  denn  diese 
hd  je  nach  der  begabung  des  einzelnen  sehr  verschieden  und  danon 
Pisgel,  die  sich  dabei  zeigen,  bald  milder,  bald  stranger  sn  be- 
Meilen; auch  hat  der  lehrer  in  der  oensur  und  der  Verweigerung 
Ir  Versetzung  ausreichende  zuehtmittel  dagegen,  selbst  der  fiül  der 
Mfemung  eines  schülers  wegen  ganz  mangelhafter  begabung  flQlt 
Mer  betracht ;  denn  er  tritt  Suszerst  selten  ein,  weil  die  lehrer,  da 
li strafe  auch  die  eitern,  und  zwar  ganz  unverschuldet,  mit 
Afe,  darüber  sehr  glimpflich  und  milde  zu  urteilen  pflegen. 

£s  bleibt  also  nur  das  zuchtlose  betragen  übrig;  dies  aber 
igt  ganz  in  der  hand  des  schülers.  ist  er  nun  von  hause  aus  an 
lehtlosigkeit  gewöhnt  und  darum  geneigt,  auch  die  disciplin  der 
kle,  sei  es  in  oder  auszerhalb  derselben,  sei  es  offen  oder  im  ge« 
tfmen,  zu  unterwühlen,  da  mag,  wenn  das  gjmnasium  über  ihn 
isse  seine  einzige  strafe  verhängt,  auch  seine  familie  vera^ul-» 


i 


528    Die  abhäng^gkeit  des  gymnaeiallehrerB  Tom  uxteile  anderar. 

deter  maszen  mitleiden,  denn  das  gymnaalom  ist  kein  correeiioiii» 
haus  für  von  ihrer  familie  sittlich  verwahrloste  kinder,  Bondeni  oat 
st&tte,  in  der  gute  sitte  und  edle  bildung,  wie  sie  die  groue  mflb^ 
zahl  unserer  Zöglinge  aus  dem  väterlichen  hause  in  die  sdnde  att* 
bringt,  erhalten,  gehegt  und  gepflegt  werden  solL  der  mitbeU^gi» 
vater  wird  freilich  über  härte  der  strafe  und  über  zu  grooe  ilipgi 
der  lehrer  klagen  und  unberufene  auf  seine  seite  treten«   aber  aokhir 
bittern  urteile,  die  die  lehrer  dabei  zu  hOren  bekommen,  wSgm 
sie  sich  getrösten;  denn  sie  dürfen  auf  die  beistimmtmg  und  bHUgoif 
der  Väter  rechnen,  deren  wohlgeartete  kinder  sie  so  vor  nniJtUtdwr 
ansteckung  behüten. 

Mag  diese  strafe  nun  in  dem  bloszen  rathe  an  den  vater,  da 
söhn  fortzunehmen,  oder  in  einem  förmlichen  beaehlnBiete 
entfemung  seitens  des  lehrercoUegiums  bestehen,  sie  wird  immm 
erst  nach  eingehendster  erwägung  aller  gründe  ffir  und  widar  n^ 
hängt,  es  ist  daher  bedenklich  und  auf&llend,  dau  der  beseUnn 
der  entfemung  —  wenigstens  in  Preusz^i  —  vor  seiner  aaafldmvf 
noch  einer  bestätigung  durch  die  königliche  aufsiehtsbehSTdebedaff 
hinreichend  gegen  misbrauch  wäre  eine  (noch  so  streiige)  uatar- 
suchung  des  falles  durch  das  pr.  seh.  k.  auf  grund  einer  eingringta 
beschwerde  des  vaters.  aber  selbst  wenn  diese  der  YOigeori- 
neten  behörde  begründet  erschiene,  so  dürfte  die  untersuohaog  wiM 
sowol  die  wiederaufnähme  des  Schülers  in  die  anstalt  beiweotai^ 
als  die  mahnung  an  das  lehrercollegium ,  von  seinem  rechte  fivte 
einen  maszvollem  gebrauch  zu  machen,  denn  jeden&lla  flüdam 
die  lehrer  selbst  besser  als  jeder  andere  heraus,  ob  und  waBBTtt 
dem  ungesetzlichen,  ungehorsamen,  unsittlichen  gebaren  eines  lelfr 
lers  gerade  ihrer  anstalt  gefahr  droht,  nach  den  tbatsachen  ihr 
ist  der  misbrauch  der  strafe  äuszerst  selten,  eher  der  allm lagiA^ 
liehe  gebrauch  zu  tadeln. 

Soll  aber  diese  strafe  auf  schüler  und  lehrer  fOrderaam  wiifaii 
so  ist  sie  rechtzeitig  zu  verhängen,  d.  h.  ehe  der  Bohwaoks 
zuchthalter  das  Steuer  ganz  aus  der  band  verliert,  oder  dflr  ■■' 
sichere  gefahr  läuft,  durch  immer  wiederkehrenden  kämpf  nit  dr 
ungebühr  seiner  schüler  seine  eigene  und  dadurch  auch  die  waM 
der  ganzen  anstalt  zu  untergraben,  wenn  der  director  siiuit  nd 
zaudert  —  was  wird  die  folge  sein?  offenbar  die  notwendj^ea^ 
öfterer  Wiederholung  der  strafe,  bis  jener  sich  zuletit  fragen antf* 
was  wäre  besser  für  dich,  den  schüler  loswerden,  oder  da 
schwachen  lehrer?  kommt  der  director  aber  in  diesen  awiapsM 
mit  sich  selber,  dann  trägt  er  durch  zu  langes  zaudmm  ein  gut id 
schuld  an  einer  so  überaus  peinlichen  läge,  bei  vereinieltea  flU* 
braucht  er  sich  wegen  bitterer  urteile  seitens  der  betnCaida 
schüler  und  ihrer  angehörigen  wahrlich  nicht  zu  härmen;  kehnadii' 
fälle  in  folge  seines  zaudems ,  wie  das  nicht  ausbleiben  kau,  ak* 
öfter  wieder,  dann  trifPt  ihn  und  seine  anstalt  der  tadel  BiflU»^ 
verdient. 


Die  abhftngigkeit  des  gymnairiaHehrers  vom  urteile  anderer.    529 

NB.  Gegen  die  strafe  der  entfemiing  hat  maUi  nm  dies  der 
Usamkeit  wegen  nicht  ganz  mit  schweigen  ku  tthergehen,  sogar  die 
ningerang  der  schülerzahl  nnd  die  mindenmg  des  Schulgeldes 
dtnd  gemacht,  aber  das  ist  der  kläglichste  einwand  von  allen. 
iBgen  dem  ausgewiesenen  schüler  einige  gesinnungsgenossea  nach- 
d^,  das  ist  ja  ein  sogen  für  die  eitern  der  rttekbleibenden. 
nt  dem  Vollzüge  der  straie  werden  die  schwachen  znchthalter  neuen 
lath,  alle  lehrer  grüszere  Freudigkeit  gewinnen,  die  zuoht  der  schule 
idi  wieder  befestigen  und  die  s<äülerzahl  sich  dier  mehren  als  min- 
Ikb,  denn  welcher  vater  würde  seinen  söhn  nicht  lieber  einer  schule 
üt  guter  zucht  anvertrauen,  als  einer  zuchtlosen? 

Wäre  der  director  eitel  genug,  vor  den  leuten  mit  einer  groszen 
ckfilerzahl,  oder  vor  der  königlichen  aufsichtsbdiOrde  mit  einer 
l<08ien  Schulgeldeinnahme  prunken  zu  wollen,  so  werden  kenner  die 
•die  leicht  durchschauen  und  den  werth  dieses  ruhmes  auf  das  rieh- 
igb  masz  hinabschrauben,  denn  einmal  ist  das  gynmasium  eine  an- 
tob,  die  dem  Staate  ihre  steuern  nicht  in  klingender  münze  anszn- 
lUen  hat,  sondern  in  den  geistig-sittlichen  leistungen  der  schüler» 
Didier  leistungen  bedarf  der  staat  zu  seiner  erhaltung  und  fort- 
ilwieklung  aber  nicht  minder  als  eines  mit  gold-  und  Silberbarren 
VgefQllten  Staatsschatzes,  zweitens  aber  ist  die  schülerzahl  eines 
yamasinms  ein  sehr  zweifelhafter  werthmesser  seiner  leistungen; 
IM  sehr  hohe,  wenn  sie  nicht  in  der  gr(teze  der  stadt  oder  in  con- 
wionellen  Verhältnissen  eine  entschuldigung  findet,  meist  kein  lob, 
U  eher  ein  tadel. 

Wo  gäbe  es  aber  endlich  ein  lehrercoUegium,  das  ohne  die 
imgendsten  gründe  geneigt  wäre  die  ausschlieeznng,  diese  einzige 
bife,  die  wir  besitzen,  über  einen  schüler  zu  verhfaigen?  ist  sie 
kr  angezeigt,  dann  sollen  die  lehrer,  vorab  der  dix«ctor,  damit 
idit  zaudern  und  abgünstige  urteile  der  beteiligten  oder  on- 

rfener  nicht  fürchten,    denn  jeder  baumeister  moss  den  stein, 
er  seinem  baue  einfügen  will,  behauen,  oder,  lisit  er  sich  nieht 
ÜlMen,  als  uiinatz  fortwerfen. 

jt  Aus  all  dem  gesagten  aber  folgt:  das  urteil  seiner  schOler 
Ita  dem  lehrer  nimmermehr  glei<£giltig  sein;  wie  sein  leib  luft 
jM  licht  zum  athmen  und  leben,  so  bedarf  seine  seele  an  freudiger 
Idnamkeit  die  anerkennung  und  zuneigniig  seiner  sohfller.  troti* 
Mn  wird  er  sich  aber  wie  vor  dem  feuer  hüten,  um  ihre  gunst  zu 
ihlen,  anszer  seiner  amtlichen  thätigkeit  daher  anderweitige 
ittel,  um  sich  in  ihre  gunst  einzuschleichen,  als  tief  unter  seiner 
Irde  liegend  verschmähen,  denn  selbst  wenn  es  ihm  gelänge, 
feth  solche  mittel  seinen  zweck  während  ihrer  Schulzeit  wenig- 
tos scheinbar  zu  erreichen,  so  träfe  ihn  nach  derselben  desto 
iierer  die  misachtung  seiner  früheren  schüler. 
'.  Namentlich  junge  lehrer,  die  mit  den  älteren  schülem  allerlei 
Mlhrungen  zu  suchen  pflegen ,  laufen  die  äuszerste  gefahr  dadurch 
•Ben  und  sich  selbst  zu  schaden,    darüber  hat  sich  vor  einiger  zeit 


{ 


530  Vortrag  über  Pindar. 

in  dieser  Zeitschrift  ein  erfahrener  schnlmann  in  seiner  abhu 
lung:  ^noctes  scholasticae'  —  so  umsichtig  aoegesproehen,  d 
kaum  noch  ein  wort  über  die  sache  su  sagen  übrig  l^leibt  jin 
lehrer  vergessen  bei  ihren  bertthrungen,  die  sie  mit  llteren-edrilb 
eingehen,  nur  zu  leicht,  dasz  sie  es  mit  unebenbürtigen  ntti 
haben  und  verleiten  diese  dadurch,  dass  sie  dieselben  rieh  gioel 
stellen,  zur  eitelkeit,  zur  überhebung  und  sum  cliqnenweeen.  di 
Cliquenwesen ,  das  jene  unwissentlich  oder  gar  abrieUtioh  dadoR 
unter  den  schülem  fördern,  hat  die  unliebsamsten  urM 
drauszen  unter  den  leuten  zur  folge;  aber  es  lockert  auch  die  nti 
innerhalb  der  schule.  zunSchst  pflegt  es  ridi  gegen  ander 
lehrer  zu  wenden,  später  aber,  sobald  der  junge  Idmr  in  dieUh 
ren  classen  aufrückt,  folgerechter  weise  auch  gegen  diesen  seÜM 
gewöhnlich  hat  eine  solche  clique  zum  aushftngeschfld  den  nsMi 
^Vereinigung  zu  gegenseitiger  wissenschafüieher  forttiUuig';  i 
aller  regel  artet  sie  aber  unter  anregung  bereits  abgegangener  wM 
1er  zu  einem  seminar  aus  für  irgend  eine  studentische  ferlundusj 
d.  h.  sie  verpflanzt  das,  was  allenfalls  auf  die  nniversitftt  gshk 
zum  nach  teil  aller  schüler  und  gar  nicht  selten  som  siehe»  jb 
derben  einzelner  ins  gjmnasium.  hat  der  direotor  sehen  im ri 
gemeinen  eine  pflicht,  gegen  solches  Unwesen,  das  unter  den  leotoi 
namentlich  aber  unter  den  in  mitleidenschaft  gesogenen  Ttten  di 
schüler  die  schärfste  beurteilung  findet,  dorch  alle  rieh fti 
darbietende  mittel  einzuschreiten,  so  im  besondera  gegen  jnig 
lehrer,  die  durch  ungebürliche  annftherung  an  filtere  sohflkr  da 
Unwesen  neue  nahrung  zuführen. 

Im  ganzen:  so  lange  noch  die  grosze  Überzahl  der  sdiflisrdi 
wunderlichen  glaubens  lebt,  dasz  censur,  vei-setsnng  und  das  iiitl 
über  den  abiturienten  in  der  endprüfung  in  das  belieben  dl 
lehrers  gestellt  sei,  also  von  dessen  machtvollkommenhti 
abhänge  —  und  nicht  ganz  allein  von  ihrem  eigenen  ritäichi 
gebaren,  ihren  eigenen  wissensch'aftlichon  leistnngen —- SO IflV 
haben  wir  lehrer  es  nach  dieser  seite  hin  mit  unebenbürtigei 
zu  thun,  auf  deren  urteil  wir  nicht  mehr  geben  sollen,  als  dssidb 
es  verdient. 

(schlass  folgt.) 

Beuthen  am  der  Oder.  Olawsit. 


46. 

VORTRAG  ÜBER  PINDAE. 
gebalten  in  der  philosophisch  -  historischen  geselUchaft  an  llriirifcf 


Ich  musz  die  nachsieht  der  gesellschaft  sehr  in  snspraek  Mh 
men,  wenn  ihr  die  wähl  des  gegenständes,  über  den  ieh  krii 
sprechen  werde,  weniger  zusagt,    ein  anderes  thema,  welche«» 


Vortrag  über  Pindar.  531 

Qir  früher  ausgedacht  hatte,  zeigte  eich  bei  näherer  betrachtiixig 
idhwieriger  als  es  anfangs  erschien ,  gewis  erforderte  es  sehr  aus- 
gedehnte Vorbereitungen  en  detail,  zu  denen  es  mir  in  der  letzten 
Bit  an  der  nötigen  musze  fehlte,  ich  wollte  nemlich  die  geschichte 
1er  Philologie  an  unserer  Universität  darstellen,  womöglich  nicht  in 
iQgemeinen  umrissen,  wie  sie  schon  mehrere  mal  von  manchen 
Ustoriken  beiläufig  abgethan  worden  istj  sondern  mit  genauer  an- 
fibe  der  eigentümlichen  Verdienste  eines  jeden  namhaften  lehrers 
md  gelehrten,  die  Schwierigkeit  aber,  dem  einzelnen  gerecht  zu 
Verden  und  der  besondere  mangel  an  zureichenden  berichten  über 
lie  lehrerthätigkeit,  über  den  eigentümlichen  Charakter  des  akade« 
Biachen  Unterrichts  in  den  drei  verflossenen  Jahrhunderten  —  von 
Mherem  Studium  der  philologie  kann  kaum  die  rede  sein  —  be- 
dimmte  mich  zunächst,  bis  etwa  reichere  quellen  sich  mir  erschlossen 
üben,  die  Untersuchungen  hieiüber  fallen  zu  lassen  und  nur  ge- 
egentlich  das  material  dazu  zu  vermehren ;  vielleicht  kann  ich  später 
larauf  zurückkommen  und  würde  als  Pfälzer  und  Heidelberger  vor- 
flglieh  mich  dazu  aufgefordert  fühlen,  den  gang  zu  beschreiben, 
telchen  die  humaniora  auf  unserer  hochschule  genommen  haben. 
OS  einem  hübschen  gedieht,  welches  vor  mehr  als  300  jähren  Jacob 
licjllus  verfaszte,  wissen  wir  aUerdings  so  viel,  dasz  Heidelberg 
dion  damals  für  eine  Juristenschule  galt,  neben  welcher  unserer 
Philologie  nur  ein  sehr  bescheidenes  leben  zu  führen  vergönnt  war. 
B  der  Voraussetzung,  dasz  es  bei  uns  nicht  mehr  so  schlimm  bestellt 
iri  wie  damals,  wende  ich  mich  denn  zu  meinem  heutigen  thema. 
Im  object  nun,  welches  ich  an  die  stelle  jener  Schilderung  setzte, 
vird,  wie  ich  hofife,  auch  Ihnen  nicht  ganz  interesselos  sein,  wenn 
IKfa  Pindar  mehr  zu  den  bewunderten  als  gelesenen  autoren  ge- 
hlrt.  ich  will  versuchen,  in  cultur-  und  litterargeschichtlicher  weise 
to  verfahren,  wenn  ich  von  den  bearbeitungen  des  dichtere  spreche, 
fei  kann  damit  die  auffassung  desselben  von  den  ersten  zeiten  an  in 
prbindung  treten  und ,  so  weit  es  die  erhaltenen  angaben  erlauben, 

Eigt  werden,  in  welchem  grade  man  den  Pindar  zu  verstehen,  zu 
eszen,  zu  beurteilen  vermochte. 

Die  Zeitgenossen  waren  gewis  am  meisten  im  besitz  der  mittel, 
km  dichter  auf  seinen  oft  verschlungenen  wegen  zn  folgen*  seine 
kbisten  winke  zu  begreifen,  seine  absichtlich  verhüllten  andeu- 
Itaigen  zu  erkennen ;  denn  ihnen  lag  das  klar  vor  äugen ,  was  für 
^  zum  teil  in  undurchdringliches  dunkel  versenkt  ist,  das  factische 
fetter  ial  seiner  gesänge.  dieses  auch  für  die  nach  weit  zu  sichern 
|Ul  damit  ihr  einen  vollkommenen  einblick  in  die  production  des 
lehters  zu  gewähren,  war  man  gewis  nicht  bedacht,  es  fehlte  ein 
|ll,  der  gespräche  mit  bedeutenden  dichtem  au&eichnete.  desto 
Ifiriger  bemächtigte  sich  die  sage  der  poetischen  thätigkeit  Pindars 
ftd  als  einzelne  der  peripatetiker  unter  andern  auch  die  bio- 
l^>bie  ausgezeichneter  männer  zum  gegenständ  ihrer  gelehrten  be- ' 
feebuDgen  machten ,  hatte  sich  Pindars  leben  mehr  wie  das  anderer 


532  Vortrag  über  Pindar. 

koryphtten  jener  blütezeit  hellenischer  litteratur  in  einen  eyi 
mythen  verwandelt,  nicht  nur  lassen  sich  auf  den  mnnd  d« 
fenden  kindes  oder  später  des  jflnglings  bienen  nieder, 
sÜBzen  gesang  einzoflOszen,  er  bringt  es  anch  so  weit,  dasx  ix 
satz  zu  andern  durch  die  götter  begeisterten  stngezn  er  i 
die  gOtter  selbst  begeistest  und  Pan,  hingerissen  Tom  rem  d 
Pindars,  sie  den  Nymphen  vorträgt,  welche  bei  seiner  gebi 
den  reigen  um  sein  väterliches  haus  aofgefährt  hatten,  di 
bewerben  sich  um  die  mächtigen  töne  seiner  hymnen.  wen 
vor  seinem  tode  erscheint  ihm  Persephone  im  tranm  nnd 
sich  darüber,  dasz  er  sie  allein  unter  allen  gotibeiten  no( 
besungen  habe;  zugleich  weissagt  sie  ihm,  er  werde  das  nai 
wenn  er  bei  ihr  sei.  und  wirklich  kam  Pindar  nicht  mehr  di 
von  der  göttin  verlangten  hymnus  niedennschreiben,  aber  c 
sich  einer  mit  seinen  dichtungen  sehr  vertrauten  frenndin  e 
im  träum  und  trug  ihr  ihn  vollständ^f  vor.  de  erwacht,  » 
ihn  dann  auf  und  beglückte  die  weit  mit  dem  aneedotom 
andern  wäre  es  Demeter  gewesen,  die  in  gleichem  einne,  aber 
dem  dichter  einen  solchen  schmeichelhaften  vorwarf  gemad 
der  tod  nahte  sich  ihm  in  anmutigster  weise,  jndem  er  auf  i 
ihm  zärtlich  geliebten  knaben  Theozenos  gelehnt  plOtdich  ve 
so  wurde  ihm  das  gebet  erfüllt  um  das  beste,  was  im  leben 
teil  werden  könne,  er  hatte  den  theoren  zu  Zens  Ammon  in 
aufgetragen,  diesen  wünsch  an  den  gott  zu  richten,  sogar  di< 
seiner  frauen  Megakleia  und  Timozena  könnten  blosse  pen 
tion  seiner  groszen  berühmtheit  und  der  hohen  ehren  sein, 
allenthalben  vornehme  gastfreunde  erwiesen;  aneh  die  der 
Protomache  und  Eumetis  lassen  eine  deutung  auf  ttberlegei 
dichterischen  wettkämpfen  und  auf  poetische  erfindungsg; 
von  diesen  mythischen  dementen  seiner  biographie  las» 
immerhin  eklige  historische  nachrichten  absondern.  Tai 
mutter  Deiphantus  und  Eleidike;  freilich  hat  man  jenem  di 
ker  Pegredes  und  Skopelinus,  welche  seine  lehver  gewee 
mögen,  und  dieser  die  dichterin  Myrtis  untergeschoben,  dies 
denn  mit  ihrem  leiblichen  söhne  sich  in  einen  mnsisdien  af 
gelassen  haben,  was  ihr  von  Korinna  zum  vorwnrf  gemadi 
sie  sagt  in  den  wenigen  bruchstücken ,  die  uns  von  ihr  gl 
sind,  dasz  sie  ßavd  q>oGc'  £ßa  ITivbäpoto  iror'  £piv.  doA 
nach  Aelian  V.  H.  XIII  25  selbst  so  kühn  gewesen,  and  hat 
mal  den  sieg  über  ihn  davon  getragen,  wie  es  sdieint,  falli 
erfahrungen  in  die  Jugendzeit  des  lyrikers,  und  man  darf  vi 
annehmen,  dasz  in  späteren  jähren  Myrtis  nicht  mit  gleid 
folge  gegen  ihn  auftreten  konnte,  daher  Korinna  damab  m 
grund  sich  über  ein  solches  wagnis  ungünstig  aosspradi* 
soll  im  unmut  ob  seiner  niederlage  die  Korinna  ein  scliwein  £ 
haben,  was  Schneidewin  unglaublich  scheint,  lieber  eohilt 
Aelian  einen  nugator  und  nennt  die  geschicfate  eine  infieeti 


Vortrag  über  Pindar.  533 

riola  a  male  sanis  grammaticulis  ex  iis  locis  extorta,  qui  y3v  Boiui- 
tiov  proTerbimn  tangunt.  es  kann  dennoch  an  der  sache  etwas 
liehtiges  sein ,  denn  Eorinna  hatte  die  kampfrichter  bei  dem  böoti- 
idien  agon  dadurch  gewonnen,  dasz  sie  im  einheimischen  dialekt 
MBg,  wfthrend  Pindar  von  vom  herein  die  künstliche  form  der  Ijri- 
•Aen  spräche  sich  angeeignet  hatte,  welche  ans  epischen  nnd  dori- 
Mhen  elementen  gemischt  einem  grösseren  publicum  zusagen  muste. 
JOMT  derbe  ausdruck  musz  auf  die  schweHftlligkeit  und  plumpheit 
far  mondart,  die  daheim  doch  besser  gefiel,  gedeutet  werden,  in 
idnder  schlimmem  lichte  wird  uns  der  ungalante  ausspruch  des 
jungen  poeten  erscheinen,  wenn  man  bedenkt,  dasz  die  erhabene 
^yrik  Pindars  sich  nicht  scheut,  die  mutter  der  Solischen  heroen 
Cratheus  und  Salmoneus  eine  kuh  zu  nennen  (P.  N.  142).  übrigens 
•lud  er  in  seinen  lehrjahren  zu  Eorinna  im  Verhältnis  eines  füg- 
amien  Jüngers  zur  erfahrenen  meisterin,  welche  ihm  über  seine  ver- 
tiiehe  unumwunden  Zurechtweisungen  erteilen  durfte,  wie  das  be- 
kannte *man  solle  mit  der  hand  sften,  nicht  mit  dem  ganzen  sack', 
llf  Pindar  mit  seinen  kunstmitteln  zu  verschwenderisch  umge- 
gngen  war.  sonst  wissen  wir  von  seinen  lehrjahren  wenig,  zu  den 
Ukram  wird  auch  Lasus  von  Hermione  gezfthlt,  ein  gewandter 
bdmiker,  der  eigentümliche  Übungen  angestellt  haben  musz,  wie 
Ke,  ein  ganzes  lied  zu  verfassen,  in  welchem  kein  c  vorkam,  äciTMOC 
iM\ ,  wie  zufällig  in  dem  dn ,  aus  sechs  versen  bestehenden  psalm 
ler  Lutherschen  Übersetzung  kein  k  zu  finden  ist.  die  eigentüm- 
Behe  richtung  der  poesie  Pindars  wurde  wol  frühe  auch  dadurch 
kestimmt,  dasz  er  ftgide,  d.  h.  Zeitgenosse  eines  der  angesehensten 
Biechischen  geschlechter  war,  das  in  Theben,  Sparta,  Thera  und 
Kyrene  seine  Vertreter  hatte,  noch  mehr,  dasz  er  einer  familie  an- 
yriiOrte,  die  schon  lange  priesterliche  functionen  im  dienste  Apollos 
tanah.  die  hohe  achtüng,  welche  ihm  insbesondere  zu  Delphi  be- 
Mesen  wurde,  konnte  ihn  in  dem  glauben  bestärken,  er  sei  dem 
■otte  selbst  theuer;  all  seine  dichtungen  sind  von  dem  gedanken 
Ittthdrungen,  dasz  götterhuld  das  höchste  gut  des  manschen  sei 
IM  er  nur  dadurch  etwas  vermöge,  ein  beweis  solober  ausaeich- 
pUig  war  es ,  wenn  der  dichter  an  den  theoxenien  in  Delphi  zu  dem 
pMe  geladen  wurde ,  woran  nur  die  dem  gott  ganz  besonders  nahe 

thenden  Verehrer  sich  beteiligen  sollten,  der  prophetes  in  Pjtho, 
b.  der  oberpriester  rief  aus:  TTivbdpioc  6  )üioucoiTOiöc  in\  rö 
tciirvov  Tili  Oeuj.  dies  vorreebt,  zum  tische  des  gottes  zu  kommen, 
gieng  auf  die  epigonen  des  dicbters  über. 

Die  lyrische,  wie  nachher  die  dramatische  dichtung,  war  bei 
in  Griechen,   wir  wissen  nur  nicht  mehr  in  welchem  umfange, 

ß anstand   des   Wetteifers,     nicht  blosz  die  athleten  und  wagen- 
[er  stritten  mit  einander  um  den  preis,  auch  die  dichter,  welche 
im  glücklichen  :;ieger  besangen,  giengen  einen  wettkampf  ein; 

tris  auch  nicht  blosz  in  dieser  gattung,  sondern  bei  vielen  fest- 
en veranlassungen.    Pindar  scheint  mit  groszen  Schwierigkeiten 


534  Vortrag  über  Pindftr. 

in  der  ersten  periode  seines  poetischen  wirkens  g«  [mplt  m 
so  dasz  ihm  Soszerst  selten  gelang,  seine  riTalen  zu  übertiefiiBB.  ii 
der  Pjthia  IX,  die  etwa  in  sein  vierzigstes  jähr  ftllt,  konnte 
erst  von  zwei  orten  sprechen,  von  Aegina  nnd  Megara^  wo  er 
Vaterstadt  Theben  ehre  gemacht  hStte;  erst  in  aeinem  8te  jdv» 
ol.  74  erhielt  er  den  aaftrag ,  einen  olympischen  deger  n 
und  seine  öden  sprechen  in  starken  ausdrucken  von  den 
künsten  ^TTißouXia,  die  seine  Widersacher  anwandten ,  um  ibn  A 
verkleinem  nnd  ihm  den  kränz  zu  rauben,  aber  aach  NeiklTS 
von  seiner  Zuversicht,  diese  neider  zu  überwinden,  die  nttgiMv 
entschiedenheit  sich  in  Pyth.  I  Suszert.  die  namen  dieeer  ffgwr 
sind  uns  nicht  erhalten;  es  magren  ihrer  viele  gewesen  aein,  dm 
groszen  abstand  von  Pindars  geist  und  kunst  das  pnUieam  lUtM 
bald  zu  ermessen  vermochte,  er  fand  daher,  dasz  'blind  der  4ldk 
liehen  häufe  an  gemüt  zumeist  sei'.  mOglidi,  daei  BiBMiriifai  4l^ 
unter  zu  rechnen  ist,  welcher  viel  älter  als  Pindar  doohnochiji 
ihm  in  die  schranken  treten  konnte,  doch  ist  nicht  ohne 
anzunehmen ,  dasz  darum  ein  feindliches  verhMtnia  swiaohen 
und  überdies  noch  zwischen  Pindar  und  Bakdivlides.  dm 
des  Simonides,  bestanden  habe,  wenn  es  auch  für  Bakd^lidee  lalK 
kend  sein  mochte,  dasz-  seine  eignen  landslente  in  KetDa  ndfeM 
gehung  seiner  bei  Pindar  einen  hymnus  auf  Apollo  besfedüll 
(Isthm.  I  8).  wir  haben  die  deutung  auf  beide  kanetgcaoMei^ 
Ol.  I  86  wol  nur  prosaischen  scholiasten  zuzusehveiben, 
Schöpfer  auch  von  anderen  ergötzlichen  histörchen  eind,  wie 
der  an  N.  V  sich  anschlieszenden.  bei  Bakch^des 
eine  grosze  ähnlichkeit  der  metrischen  formen  mit 
er  schlosz  sich  demnach  in  der  ausübung  seiner  lyrik  mehr  m  lil^ 
dar  als  an  seinen  oheim  an.  Simonides  selbst  mag  dnxeh 
liebere,  dabei  höchst  anmutige  und  gemüÜidie  diditong  Inge  P 
hohen  grad  von  popularitftt  bewahrt  haben,  die  von  der 
erhabenem  dichtung  Pindars  erst ,  nachdem  sie  ihre  ToUflttdnv 
reicht  hatte,  überboten  werden  konnte,  bis  dahin  aber 
liehen  vorrang  behielt,  einmal  aber  durchgedrungen  an 
anerkennung,  behauptete  Pindar  sich  um  so  glftniendee.  i 
sehen ,  gegründet  auf  die  würdevollste  sittliche  haltong  nnd 
frömmigkeit,  erhob  ihn  zum  geistigen  fOhrer  seiner  aatiflik  .lAl 
viel  man  auf  seine  aussprüche  gab,  kann  die  bekaasEle 
lehren,  dasz  die  Athener  ihn  für  die  ehrenvolle  «Atiwwi^ 
mit  einem  bedeutenden  geschenk  erfreuten  und  seine  Worts  iMV 
that  mit  geld  aufwogen.  Isokrates,  der  älteste  gewihrsmaitt  dM 
weisz  aber  nichts  von  dem,  was  man  später  hinsndiflliMs»;«-^ 
dadurch  nur  für  die  darum  zu  Theben  über  ihn  veifaBagte 
entschädigt  worden,  er  hatte  in  der  blute  seines 
der  that  das  höchste  ansehen  bei  allen  irgend  bodeats^dl  **» 
genossen,  Hiero,  Thero,  Xenokrates,  Thrasybolos,  Cteemhalf 
Sicilien,  Arcesilaus  in  Cyrene^  Megakles  in  Athen  p  Diagans  v 


Vortrag  über  Pindar.  535 

thodus,  den  Aleuaden  in  Thessalien,  den  vornehmsten  geschlechtem 
n  Aegina,  unter  denen  dasjenige  des  auch  von  Herodot  erwähnten 
uampon  besonders  zu  nennen  ist,  weil  in  3  öden  N.  Y,  IsÜun.  IV 
md  V  von  ihm  besungen,    alle  diese  bewarben  sich  eifrig  um  seine 
puist  und  sein  praeconium.    doch  wissen  wir  im  ganzen  wenig  von 
Minem  leben,   welcher  unterschied  mit  unserer  litterarischen  tradi- 
tton!   wir  können  Schiller  und  Goethe  woche  für  woche,  ja  tag  für 
teg  verfolgen,  während  uns  niemand  belehrt  über  die  entwicklung 
4m  inneren  wie  künstlerischen  lebens  von  Pindar  und  über  das  ein- 
wirken seiner  Schicksale  und  erfahrungen  auf  sein  dichten,    nur  aus 
leinen  werken ,  von  denen  vielleicht  kein  zehntel  uns  geblieben  ist» 
kSunen  wir  versuchen  Schlüsse  zu  ziehen  und   mit  hülfe  einiger 
ihronologischen  daten,  namentlich  für  die  olympischen  öden  es 
wigen,  die  stufen  nachzuweisen,  auf  denen  er  nach  und  nach  den 
noith  seiner  dichterischen  grösze  erstieg,  und  auch  die  spuren  des 
ladilassens  seiner  kraft  und  energie  hier  und  da  wahrnehmen,   für 
beides  hat  die  neueste  darstellung  Pindars  yon  L.  Schmidt  das 
iciste  geleistet:  früher  war  man  versucht,  die  sämtlichen  gedichte 
les  Ijrikers  als  erzeugnisse  von  gleichem  werthe  anzusehen,    von 
Betern  standpuncte  aus,  welchen  die  beurteilung  des  Pindar  jetzt 
txeicht  hat,  wollen  wir  einen  rückblick  auf  die  zeiten  werfen,  wo 
■in  sich  mit  dem  dichter  eifrig  beschäftigte,  aber  nur  allmählich 
br  bedingungen  eines  wahren  Verständnisses  und  künstlerischen 
fBnusses  seiner  werke  herr  wurde,    vieles  läszt  sich  sagen  von  dem 
«rdienste  der  Alexandriner  um  die  interpretation  im  einzelnen^ 
jeht  so  von  ihrer  auffassung  des  poetischen  Stiles  und  der  organi- 
lüon  der  öden,    bemerkenswerth  ist,  dasz  auch  der  stoiker  Chry- 
ippus,  ein  Zeitgenosse  des  bedeutendsten  alexandrinischen  kritikers 
kiiitarch,  den  Pindar  commentierte ;  dann  dessen  gegner  Krates 
Ml  Mallos,  welcher  als  der  erste  grammatiker,  den  Born  kennen 
nte,  in  der  geschichte  der  philologie  eine  wichtige  stelle  ein- 
immU    aus  dem  bis  dahin  geleisteten  bildete  der  mann  mit  den. 
kirnen  eingeweiden,  Didymus,  einen  neuen  commentar,  welcher  den 
■I  erhaltenen  scholien  zu  gründe  liegt,   hierauf  haben  wir  nun  von 
In  lesem  Pindars  zu  sprechen ,  vor  allem  von  der  bewunderungs- 
llDen  Schilderung  des  Horaz;  von  Plutarch,  welcher  seinem  lands- 

Kn  ein  sehr  reges  interesse  zuwandte  und  in  einem  leider  ver- 
nen  buche  über  Deiphantus  und  Pindar  eigens  von  ihm  handelte; 
Mi  Pausanias ,  der  seiner  in  der  periegese  gedenkt ,  von  Apollonius 
md  Herodianus,  von  Aristides,  Lucian,  Philostrat,  Athenäus,  den 
drcbenvätem  Clemens  Alex,  und  Origenes,  dann  Libanius  und 
hlianus,  endlich  Stobäus.  diese  alle  und  noch  andere  autoren,  die 
I  nennen  zu  weit  führen  raüste,  gedenken  des  Pindar  oft  und  gem^ 
kden  ersten  byzantinischen  Jahrhunderten  tritt  stillschweigen  ein. 
kotius,  der  freilich  mehr  auf  prot^aiker  achtete,  gedenkt  keiner 
todschrift  von  ihm  im  myriobiblon,  und  so  alte  handschriften  wie 
In  Aeschylus,   Sophokles   und  Aristophanes  existieren  nicht  von. 


536  Vortrag  über  Pindar. 

Pindar.  der  erste  Byzantiner,  welcher  sich  so  riel  wir  wiasei 
annahm,  ist  Eostathius,  von  seinen  scholien  blieb  die  eia 
gerettet,  merkwürdig  ist  in  diesem  prooemiom  die  ahniuii 
bezttglichkeit  der  sogenannten  parekbasen,  d.  h.  digresBionan 
person  des  Siegers,  er  findet,  dasz  dieser  mit  der  abaohweifiu 
gar  nicht  in  Verbindung  stehe  und  er  nur  dadnrcli  geehrt 
dasz  ihn  der  gesang  auf  gleiches  niveau  mit  den  groeien  gc 
der  heroenweit  hebe,  bald  dasz  eine  verschmelznng  und  verf^ 
mit  dem  preis  des  gekrönten  Wettkämpfers  wirklieh  etatthih 
durch  den  genealogischen  Zusammenhang,  oder  durch  die  im  i 
oder  in  der  geschichte  erscheinenden  und  jetzt  von  den  siegi 
folgten  Yorbüder,  oder  indem  eine  hervortretende  gnome  i 
besungenen  Zeitgenossen  und  an  den  beiden  der  Toneit  verai 
licht  wird,  diese  sfttze  waren  den  philologen  der  renaissanoe 
durch  eigenes  nachdenken  noch  aus  einer  ihnen  bekannt  gewc 
Überlieferung  gegenwärtig,  die  ausgaben  des  Aldne  in  Venec 
des  Kallierges  in  Rom  eröfiheten  ihnen  eine  nene  weit,  in  de 
schauen  schwelgend  sie  doch  weit  entfernt  waren,  den  ide 
dieser  dichtungen  zu  begreifen  und  ihre  eigentliehe  bedent 
fassen,  es  genügte  ihnen,  die  bestandteile,  die  ihrem  blic! 
zunächst  darboten,  die  erzählenden  und  gnomisdien  perti 
einzelnen  in  betracht  zu  ziehen,  und* vorzüglich  sagten  iln 
prächtigen,  vom  edelsten  religiösen  und  sitflidhen  geiste 
drungenen  denksprüche  zu ,  welche  in  jener  wemger  das  Sstli 
als  das  ethische  würdigenden  zeit  das  wesentlichste  eigebi 
poesie  Pindars  zu  enthalten  schienen.  Melanchthon  madit  dii 
lische  anwendung  derselben  in  einem  gedichte ,  welches  seine 
nischen  Übersetzung  beigefügt  ist,  zum  hauptzweck  ihrer  1 
auffallender  ist,  was  er  von  dem  historischen  werttie  vidi 
sagt:  quae  canunt  regum  memoranda  facta  litteris nnllis  alüs 
ähnlich  spricht  sich  Caspar  Peucer,  Melanchthons  sohwiegem 
der  vorrede  der  Übersetzung  Melanchthons  ans,  welche  n( 
lebzeiten  desselben  1558  in  Basel,  nach  seinem  tode  1568  in^ 
borg  herauskam :  legatur  Pindarus  propter  veterem  hietorian 
sertim  cum  multa  narret,  quae  nuspiam  alibi  exstant.  dodi  i 
hinzu :  historiis  vero  intexit  ubique  gravissima  praeeept|  UMi 
femer,  dasz  magis  penetrant  in  animos  talia  scripta,  in 
dulcissime  mixta  sunt  historiis  praecepta:  qnod  onm  in  Pii 
carminibus  splendidissime  et  suavissime  fiat,  nihil  dnlHom  est 
lectionem  bonis  naturis  valde  prodesse.  die  eigentliche  bestu 
der  Siegeslieder  verkennt  er  ganz  und  gar,  wenn  er  sagt:  vi 
Pindarum  sumpta  occasione  ex  urbis  aut  &miliae  alicnins 
relicto  humili  argumento  velut  evolantem  in  sublimem  aeC 
regionem  laetissimo  cantu  veteres  historias  celebrare.  S 
scheint  mit  mehr  poetischem  sinn  den  Pindar  geleseii  zn  hab 
anfang  des  folgenden  Jahrhunderts  arbeitete  Firasmas  Scfami 
gleich  Professor  der  mathematik  und  griech.  spr^die  in  Witti 


Vortrag  über  Pindar.  88T 

ienstlicher  weise  als  kritiker  und  ex^[et  Pindars  und  sein 
itar  ist  noch  hente  beachtenswerth.  verfehlt  aber  mnsz  die 
de  vorausgehende  Synopsis  dispositionis  heisxen,  ihre  ein- 
in  exordinm,  propositio,  confirmatio,  digpressio,  regreesio, 
8  macht  aus  dem  siegeslied  eine  panegyrische  rMe  imd  serlegt 
ganze  dichtung  in  alle  teile,  ja  teilehen,  vermag  aber  nidht 
lere  band  aufzuzeigen ,  welches  sie  zosammenhttlt.  indem  or 
ression  freilich  nach  dem  vorgange  griechischer  erklirer  als 
;  überall  beliebtes  abschweifen  vom  eigentlichen  objeot  be- 
:,  bleiben  seine  leser  unbekannt  mit  der  wirkliohen  anläge 
jfes&nge.  Gerhard  Yossius  ist  Schmidt  in  seiner  poötik  ge* 
^enn  er  behauptet:  ordinem  in  vario  argumento  magis  regit 
I  poetae  quam  anxia  artis  cura;  itaque  ooncessum  etiam  est 
ab  uno  ad  aliud  devolare  argumentum  —  fit  hoc  apnd  Pin* 
saepe  —  per  digressionem :  erebo  in  amoena  qnaedam  vireta 
nir.  Pindarus  und  viele  philologen  waren  damals  derselben 
g.  es  mag  hinreichen,  Bobert  Lowth  zn  nennen,  weldier  in 
werke  praelectiones  de  sacra  poesi  Hebfaeoruni  1768  anlaes 
nnen  blick  auf  Pindars  digressionen  zu  werfen  und  ihn  wegen 
3  an  Zusammenhang  zu  tadeln ,  welchen  nur  die  dürftigkeit 
[enstandes  entschuldige,  einer  besseren  ansieht  darüber  be- 
wir  nun  meines  wissens  zuerst  bei  Johann  Gottlob  Ekhneider 
sm  1774  zu  Straszburg  erschienenen  ^versuch  über  Pindars 
nd  Schriften'.  Heyne,  obgleich  er  den  dichter  in  den  ejUns 
ischer  Vorlesungen  eingeführt  hat  (die  nttohsten  vorginger 
B  Oxonienses  West  und  Welsted  1697}  und  1778  eine  da- 
rdienstliche ausgäbe  besorgte,  beobachtet  dodi  über  die  an- 
r  ode  ein  tiefes  stillschweigen,  hier  gieng  der  sehüler  über 
rer  hinaus ,  er  entdeckte,  um  mich  seiner  werte  zn  bedienen, 
llkommenen  bau  und  die  Schönheit  an  dem  kürper  der  öden', 
man  bis  dahin  'blosz  aus  den  SchmidtMhen  skeleten*  be- 
.  Schneiders  verdienst  ist  durch  den  anfeatai  von  Friedridi 
über  Pindar,  erschienen  1792  in  den  nachtrügen  in  Siilien 
oner  theorie  der  schOnen  künste  I  1,  49  —  76  etwaa  in 
I  gestellt  worden,  da  Jacobs  denselben  Inhalt  inlsslNvever 
iederholt.  beide  beschrSnken  übrigens  ihre  anerkennung  des 
I  durch  manche  nach  unseren  heutigen  bcfgriffsn  nngegtüa- 
BStellung,  erlSutem  auch  zu  wenig  die  wahiheit  ihrer  anaidit 
gedichten  selbst,  weniger  den  Organismus  derselben  als  ihre 
he  und  rhythmische  Schönheit  hob  Wilhelm  v.  Humboldt  her- 
Icher  als  junger  mann  zu  derselben  zeit  wie  Jacobs  eifHg  Pindar 
ie  und  von  einigen  öden  sehr  dankenswerthe  Übersetzungen 
,  er  sagt  unter  anderm :  'es  ist  nicht  Pindars  absieht,  in  dem 
des  hörers  durch  ein  durchgeführtes  thema  ein  bestimmtes 
fege  zu  macheu,  es  ist  ihm  genug,  ihn  durch  mehrere  ein- 
HDSze  und  glJinzende  bilder,  durch  tiefe  und  gedankenreiche 
ftu  den  empßndungen  der  grösze  und  erhabenheit  überhaupt 

ik  f.  phil.  u.  p.a.  ü.  aht.  lbT5.  hfl.  11.  86 


I 


538  Vortrag  über  Pindar. 

zu  stimmen,  welche  die  feier  eines  sieges  in  den  grossen  spielan  for- 
derte, imd  die  durch  den  bei£EÜl  der  znjauchsenden  menge,  dank 
das  ehrwürdige  alter  der  feier,  endlich  durch  masik  und  tau  la 
mächtig  unterstützt  wurden.'    und  an  einer  andern  stelle  legi  er 
dem  Tindar  und  Aeschjlus  vorzugsweise  die  gäbe  bei  mit  dv 
grOsten  bestimmtheit  auftretende  gestalten  su  schadOFen,  mdir  eiBMli 
als  in  enger  Verbindung,  mehr  ruhig  als  in  zu  reger  bewegug,  aa 
dasz  vor   der  einbildungakraft    gewissermaszen  eine  verluBdiqg 
musikalischer  und  plastischer  eindrücke  entstehe.'   er  bemerkt,  *k 
diesem  sinne  könne  man  wol  bestreiten ,  was  Pindar  von  rioh  nt* 
sage ,  er  sei  kein  bildner  auf  festem  fuszgestell  weilende  gebiUs  n 
machen'. 

Mit  tieferer  imd  wärmerer  empfindung  als  Jacobe  OAdgitamr 
anerkennung  der  dichterischen  eixiheit  jener  schOpfnngen  wig  Hn^ 
boldt  blickte  Thiersch  auf  die  Verflechtung  von  vef^gangenhflit  nd 
gegen  wart,  von  überirdischem  und  menschlichem  in  6inen  kxau  im 
ruhmes ,  die  durch  ihre  geschlossenheit  erst  das  enkominm  mid  cp- 
nikium  ausbildet,  er  hob  die  Wichtigkeit  des  mytfane  und  MJMT 
verklärten  gestalten,  welche  einer  grauen  vorzeit  angehUrig  doA 
für  stammverwandt  mit  den  Zeitgenossen  galten,  hervor,  de» 
ungeachtet  konnte  er  sich  nicht  von  der  Vorstellung  gani  1offf»^fl^—i 
dasz  manchmal  nur  zufällige  umstände  und  gedenken  nur  «nftiah»* 
eines  mythus  gefllhrt  hätten,  es  blieb  also  Dissen  vorbdialtoB,  d» 
zweckmäszigkeit  und  bezüglichkeit  der  gewählten  sagen  fUr  nm 
nirgends  fehlende  eigentümlichkeit  der  epinikien  zu  erkllnn  nl 
als  solche  zu  erweisen,  dasz  ihm  diese  schöne  aufgäbe  m  Itaa  gi- 
glückt  «ei ,  behaupteten  seiner  zeit  die  sehr  günstigen  kritikM  fiia 
Welcker  und  von  Boeckh,  auf  dessen  historischen  f orsclnuigCB  aa 
groszer  teil  der  Übersichten  Dissens  beruht,  so  anerkenneasMft 
nun  auch  das  bestreben  dieses  eifrigen  und  begeisterten  engsiw 
war ,  den  Zusammenhang  der  Pindarischen  gesänge  anfsuheDfla  vi 
damit  uns  in  stand  zu  setzen ,  sie  mit  ähnlichen  gefDUen  md  Öl- 
drücken auf  uns  wirken  zu  lassen  wie  auf  die  ereten  niliOrsr,  it 
läszt  sich  doch  nicht  leugnen ,  dasz  das  emsige  beeireben  fUr  iDm 
eine  erklärung  zu  geben,  ja  zu  erfinden,  DisiBcn  h&nfig  auf  ali«V 
gelockt  hat  und  die  methode ,  allgemeine  begriffe  von  glOek  wi 
tugend  als  leitende  puncto  des  ideenganges  überall  xa  snbetitaiBVi 
eher  für  die  analyse  einer  lobrede  als  die  eines  preisgediditei  pMlIr 
dessen  Wirkung  aus  der  individuellsten  haltung  groesartiger  ikihi 
und  Verhältnisse  hervorgeht,  diese  Schattenseite  von  Dimsm  d>^ 
Stellung  ist  denn  auch  von  den  eben  genannten  beartflikn  inK 
übersehen  worden,  sie  haben  sich  aber  nicht  damit  begnügt,  i>>* 
hypothesen  zu  bestreiten ,  sondern  auch  einfachere  und  der  po^ 
sehen  ausführung  entsprechendere  grundlagen  einiger  SMgeÄl^ 
nachgewiesen,  darin  sind  noch  andere  wie  Gottfried  HermaBB  (dNe* 
falls  recensent  von  Dissens  Pindar,  aber  minder  gt  g  wie  Wakb^ 
geneigt),  Rauchenstein,  Ernst  von  Leutsch,  Th.  Mommeen  aaflb  9^ 


Vortrag  über  Pindar.  689 

t  benehnng  auf  einzelne  öden  gefolgt,  jetzt  hat  L.  Sehmidt  die 
rgebniase  seines  Vorgängers  einer  ToUstftndigen  und  durebgraifen- 
m  prttfung  unterzogen  und  eigene  gegründetere  aoffassongen  oft 
i  die  stelle  gesetzt. 

Pindar  besasz  die  kunst,  in  der  Situation  der  gefeierten  Sieger 
M  eigentümliche  zu  entdecken,  welches  sie  in  bwiehung  braefate 
1  einer  entsprechenden  in  der  durch  die  sage  ▼erklirten  heroischen 
Mneit,  in  welcher  noch  die  gOtter  mit  den  menschen  in  firennd- 
diem  verkehr  standen,  diese  erhebung  der  heitern  und  glSasenden 
Bgenwart  zu  der  in  idealem  sinne  angeschauten  vei^gangenheit  ist 
n  grundzng,  der  in  dem  uns  noch  erhaltenen  reste  Pindariseher 
Msie,  die  epinikien  auf  die  sieger  in  Olympia,  Delphi,  Nemea  und 
if  dem  Isthmus  durchzieht,  das  gefühl,  sich  lu  jener  hübe  empor- 
Bfaragen  zu  wissen,  war  in  den  äugen  der  so  geehrten  das  be- 
Ifickendste,  was  sie  in  dieser  weit  erreichen  konnten  und  die  er- 
dtnng  ihres  ruhmes  als  Olympioniken  und  pythioniken,  nemeoniken 
id  isthmioniken  durch  die  preislieder  ihnen  die  wichtigste  an- 
ilegenheit.  vielleicht  hat  dies  vorzüglich  dazu  beigetragen,  daai 
ieser  teil  von  Pindars  werken  nicht  mit  den  übrigen  untei^gegangen 
i,  die  für  uns  als  Schöpfungen  von  aUgemeinerem  und  mehr  un- 
ittelbarem  interesse  noch  höheren  werth  haben  nrasten,  besonders 
nie  hymnen,  skolien,  dithyramben  und  fhrani.  von  dem  hin- 
iszenden  schwung,  dem  göttlichen  enthusiasmus  Pindars,  den 
ioraz  rühmt,  gibt  wenigstens  das  Ittngere  dithyrambenfiragment 
me  besonders  klare  Vorstellung,  das  siegeslied  mag  v<m  den 
iheren  lyrikem  mehr  mit  beziehung  auf  die  Personalien  des  da* 
tfch  gepriesenen  individuums,  auf  seine  fiunilie,  seinen  stamm,  der 
ismöglich  bis  zu  der  mythischen  periode  zurOckgeftlhrt  wurde,  ge- 
Uitet  worden  sein ,  und  noch  Simonides  schemt  dieses  verfahran 
fobachtet  zu  haben.  Pindars  fortschritt  bestand,  wenn  man  jene 
Mahme  hinsichtlich  der  vorgünger  fassen  darf,  in  einer  innigeren 
■knüpfnng  des  jüngst  erlimgten  ruhmes  mit  dem  liogst  gekaan- 
ü  des  hauses,  geschlechtes  und  Staates,  so  dass  der  glans  des  neuen 
Ufes  heller  leuchtete  durch  die  glorie,  welche  einst  die  ahnen 
likrahlte  und  diese  gleichÜEdls  su  firischem  lichte  belebte  durch 
|ii  preis  der  feurig  nachstrebenden  gegenwart  es  ist  nun  ein 
lisentlicher  vorzug  der  griechischen  poesie  überhaupt^  dau  aie  iidt 
if  eine  einheimische  mythologie  stützen  kann,  welche  für  sie 
rineswegs  zur  antiquität  geworden  ist,  wie  das  schon  von  der 
huschen  sage  und  von  unserer  deutschen  gilt,  die  Zeitgenossen 
iiss  Pindar  und  Aescfaylus  wenigstens  glaubten  noch  an  die  wahr- 
iit  jener  traditionen ,  sie  sehen  darin  keine  fingierte  grundlage  der 
hhterischen  phantasie;  daher  diente  auch  der  griechische  Sänger 
hki  blosz  der  Unterhaltung  und  ergötzung  seines  publicums,  er 
ttkie  auch  auf  sein  gefÜhl,  das  er  mächtig  hob  und  zu  den  edelsten 
Hichen  regungen  steigert,  denn  diese  gründeten  sich  auf  die 
tensten  und  ergreifendsten  anschauungen.    das  ethische  und  pla- 

S6* 


k 


540  Vortrag  über  Pindar. 

stische  element  der  dichtung  Pindars  wird  aber,  wie  HnmboUt 
richtig  empfand,  wirkungsvoll  nnterattttit  durch  die  kraft  dei 
rhythmas,  dessen  gestalt  allen  sprttchen  und  aohildenmgaii  jodv 
betrachtung  und  jedem  bilde  sein  besonderes  oolorit  gibt  muitiMr 
jeden  gesang  den  nur  ihm  eigenen  ton,  die  nur  ihm  eigene  stimmiiig 
verbreitet,  man  möchte  gern  wissen,  wie  weit  Hnmboldt  gelaigt 
war  in  erforschung  der  metrik  Pindars,  als  er  in  dem  eingaognr 
Übersetzung  der  vier  Pjthia  folgendes  schrieb:  *mieh  über  me  aidi- 
bildung  der  lyrischen  silbenmasze  der  Griechen  im  deatadMi  ge- 
nauer zu  erklären,  verspare  ich,  bis  ich,  wie  iqh  bald  hofle,  ia 
stände  bin,  über  die  Pindarisohen  silbenmasie  selbst  reohflBiflhft 
abzulegen,  eine  arbeit,  die  um  so  notwendiger  ist,  als  gendidi» 
neuesten  und  berühmtesten  herausgeber  des  Pindar  sie  lom  neht 
geringen  nachteil  der  genaueren  kritischen  behandlung  des  diflUsn 
so  gut  wie  gänzlich  vernachlässigt  haben',  dies  schrieb  er  m 
december  1795  in  der  neuen  deutschen  monatsschrift  von  Genli  nad 
ein  halbes  jähr  vorher  an  F.  A.  Wolf:  'ich  vrill  jetit  vollstiwHgi 
aber  so  kurz  als  möglich  meine  grundsätze  über  Pindars  mefcnknii 
über  die  art,  wie  er  in  dieser  rücksicht  emendiert  werden  mnsi,  snf- 
stellen'.  an  denselben  schreibt  er  28  november  1795  mit  basNhni 
auf  die  berühmtesten  herausgeber  Pindars:  'Heyne  konnte  iehiMh 
nicht  umhin  bei  gelegenheit  der  silbenmasze  und  meiner  vonilMihs 
dazu  eins  gelegentlich  abzugeben,  obgleich  ich  ihn  nicht  gOMUft 
habe',  diesen  ausfall,  der  übrigens  ganz  gerecht  ist,  h&tte  eriAfli 
5  Januar  1796  um  alles  in  der  weit  zurücUaufen  mQgen«  wie  giw 
seine  berechtigung  zu  einem  so  strengen  urteil  war,  kfiBBM  vir 
nicht  wissen,  da  er  seinen  Vorsatz  nicht  ausgeführt  hat.  im  te 
älteren  ausgaben  finden  wir  allerdings  die  Strophen  in  fids  V- 
rhythmische  glieder  geteilt;  oft  sind,  wie  in  einem  kaleidesknp  fc 
verschiedensten  unter  einander  heterogensten  metrs  sosamMi^ 
geworfen,  welche  das  gefühl  der  einheit  und  hamumie  duich* 
nicht  aufkommen  lassen,  dies  gründet  sich  auf  die  grille  dsr  gBi^ 
matiker  überall  viersilbige  füsze  zu  finden,  sogenannte  ^pn^^ 
antispasten,  Choriamben,  ioniker,  epitrite,  paeone  von  mandMAi 
formen,  wo  die  reihe  durch  hiatus  und  ancipität  einer  ailbe  la  flüta 
schien,  ehe  die  letzte  syzygie  geschlossen  war,  wurde  kataleiaoto 
gar  brachykatalexe  statuiert,  bisweilen  gieng  man  aaöh  IQI|^ 
darüber  weg.  Gottfried  Hermann  tilgte  in  seiner  wichtigMl  M*" 
mentatio  de  metris  Pindari  viele  übelstände  der  alten  abteämgii' 
stellte  eine  menge  verse  in  ihrer  eigentlichen  form  und  auadshtfV 
her,  da  er  aber  die  norm  nicht  gelten  liesz,  dass  jeder  WS  iNi 
Pindar  mit  einem  wortausgang  schlieszen,  also  versmidA  ond  «sp- 
ende immer  zusammenfallen  müsse,  gelang  es  ihm  nickt,  fltav 
mit  gleicher  Sicherheit  zu  verfahren,  er  gab  dem  Pindar  ilfft* 
men,  die  dieser  nicht  anwandte  und  liesz  namentlich  anakiv* 
von  iamben  und  anapästen  in  der  mitte  der  verse  zu,  wekhstf* 
sorgfältigere  betrachtung  ausschlieszen  muste.    Boeckh  hat  das  f 


*  Vortrag  «ber  Pindar.  Ml 

entt,  jenes  princip  aiifgestellt,  erident  durchgeftthrt  und  dadoreh 
B  Pmdariache  metrik  im  ganzen  und  groaien  fixiert  zn  haben,  die 
rophen  nnd  epoden  sind  von  ihm  mit  sehr  wenigen  ausnahmen 
dier  geordnet,  wir  finden  in  seinem  text  weit  Ungwe  Terse  als 
i  Hermann  oder  gar  Heyne  und  dessen  sftmtlichen  vorgftngenu 
rgebens  hat  man  sich  gegen  diese  formen  aufgelehnt,  sie  ergaben 
ah  in  folge  der  von  den  alten  überlieferten  regel  ans  der  wort- 
"eehung.  wo  diese  auch  nur  an  einer  stelle  in  den  Strophen,  a&ti- 
rophen  und  epoden  eintritt,  musz  man  die  verknflpfiuig  der  ein- 
Inen  rhythmischen  glieder  zu  einem  ganzen  Toraussetzen.  es  ge- 
igte aber  nicht ,  diese  Zusammensetzungen  von  2,  3,  4,  5  gliedern 
1  einer  periode,  die  man  unter  dem  namen  eines  yerses,  eines 
iehos  nur  in  uneigentlichem  sinne  begreifen  konnte,  man  muste 
ahmehmen,  wie  die  kola  bei  Pindar  nicht  weniger  wie  bei  andern 
rrikem  in  einer  symmetrischen  folge  zu  einander  stehen,  dasz  die 
nhythmie  bei  ihm  wie  bei  den  ttbrigen  lyrikem  darin  liegt,  dasz 
lieder  von  gleicher  grösze  in  einer  bestimmten  anzahl  einauder  ent- 
peehen  müssen,  und  dies  entweder  so  geschieht,  dasz  dieselben 
lUen  unmittelbar  auf  einander  folgen  in  stichischer,  distichisöher, 
riitichischer  usw.  aufistellung  oder  ein  centrum  einsdblieszen,  welches 
b  isoliertes  kolon  ist  oder  ein  wiederholtes,  meeodisch  oder  palino- 
Bieh.  das  ensemble  solcher  perioden  erstreckt  sich  einige  male  über 
[iBze  Strophen,  abgerechnet  den  ersten  (proodos)  oder  letzten  Ten 
j^odos)  und  nimmt  demnach  eine  ^iel  grOszere  ausdehnung  ein  als 
•e  von  vielen  leuten  perhorrescierten  langen  verse,  für  die  man 
■krzhaft  behauptete ,  dasz  ein  anderes  format  der  bflcher  nOtig 
Pürde.  ich  schreibe  sie  gewöhnlich  auf  die  rftnder  eines  doctor- 
Ifloms  als  des  bequemsten  materials.  dasz  Boeckh  nun  diese  sym- 
Istrie  mit  seinem  scharf  beobachtenden  geiste  nicht  wahrnahm, 
■det  seine  erklftrung  in  einigen  vorurteiltti,  die  er  nicht  ablegen 
Poehte,  wie  wenn  er  den  einzelnen  daktylischfioi  fasz  für  eine  rhyth- 
liiehe  grösze  von  zwei  trochften  erklftrte  statt  von  einem  nur  und 
dreizeitige  Iftnge  nicht  gelten  liesz,  ohne  die  man  in  der  messung 
Pindarischen  perioden  nicht  zurecht  kOmmL  das  Terdienst^ 
Symmetrie  nachgewiesen  und  aus  den  alten  riiythmikem 
idert  zu  haben,  gebührt  Wes^hal  und  Boesbach. 
f  Man  wird  bei  vergleichung  dessen,  was  auf  diesem  fdde  bis 
fpttfried  Hermann  die  philologen  wüsten,  und  dessen,  was  heute 
irtBteht,  einen  allgemeinen  unterschied  wahrnehmen,  dort  in  jeder 
ift  mehrere  falsch  abgeteilte  glieder ,  indem  es  überhaupt  für  rich- 
fB  messung  an  einem  regulativ  fehlte,  hier  der  complez  eines 
Koszartigen  strophenbaues.  die  strophe  föllt,  wie  gesagt,  nicht 
Iken  mit  dem  einen  System  zusammen  oder  zerfällt  in  zwei,  in 
ili,  sehr  selten  in  vier  perioden ,  die  mitunter  in  einander  über- 
pifen  und  sich  in  einander  verschlingen,  es  ist  darum  der  cha- 
jkter  der  Pindariscben  dichtung  nicht  blosz  ein  plastischer,  sondern 
pb  architektonischer,     nur  von  dieser  architektonik  ausgehend 


I 


542  G.  Biedermann:  lateinisches  elementarbucfaf 

kann  man  die  ausdehnung  der  einzelnen  teile  richtig  besümineii,  ns 
also  auch  richtig  definieren,  was  durch  glficklichen  takt  Hennau 
und  in  höherem  grade  Boeckh  gelungen  ist.  der  dialekt,  den  Pindv 
in  seiner  dichtung  anwandte,  ist  ein  ans  epischen,  dorischen  md 
Solischen  formen  mit  feiner  auswahl  gemischter,  die  loliamen  «^ 
lehnt  er  meistens  der  delphischen  spräche,  also  auch  in  diesem  n 
der  heiligen  Pjtho  treu,  dem  vorbilde  des  eben&Ue  bOotiadkn 
dichters  Hesiod. 

Heidelberg. L.  Eatsib.  t 

47. 

Lateinisches  eleicentabbuch  für  die  erste  klassb  der  iJLTta* 
SCHULE  (sexta)  VON  GsoRa  Biedermann.  Mfiiiohen,Th6odK 
Ackermami.  1876.  VII  u.  136  8.  8. 

Erst  durch  die  neue  Schulordnung  vom  20n  augost  1874  Uni 
die  bayerischen  gjmnasien  einen  neunjährigen  corsos  statt  dei  Kl 
dahin  achtjährigen  erhalten  und  hiermit  zugleich  die  verpflieUiil 
überkommen,  auch  in  die  elemente  des  lateinischen  einnifUnii 
während  vorher  schon  beim  eintritt  in  die  unterste  dlasse  eiiff 
Studienanstalt  die  kenntnis  der  anfangsgründe  der  lateimidA 
spräche  vorausgesetzt  worden  war.  in  folge  dieser  nmgestdtiiif 
erschienen  nach  einander  als  lehrmittel  für  die  unterste  cUsse  naht 
dem  bewährten  büchlein  von  A.  H.  Hartwig  das  elementaihudi  te 
bekannten  Verfassers  einer  verbreiteten  schulgrammatik,  L.  S^gd- 
mann,  eigentlich  eine  Umarbeitung  seines  schon  in  vier  aufUf** 
ausgegebenen  vorbereitungsunterrichts ;  femer  ein  elementiriNidi 
des  deutsch-lateinischen  Unterrichts  von  A.  Brunner  und  J.  KKn» 
diesen  reiht  sich  nun  Biedermanns  elementarbuch  an,  das  dv* 
selben  zwecke  wie  das  werkchen  von  Engelmann,  aadi  in  dB* 
lieber,  doch  nicht  völlig  gleicher  anordnung  des  Stoffes  verftlgt 
grammatische  Unterweisung  und  lexicalische  belehmng  gehen  Uv 
mit  steten  Übungen  band  in  band;  auf  systematische  darsteDnC 
und  Vollständigkeit  wird  aus  praktischen  gründen  versiditet,  ^ 
gegen  auf  Sparsamkeit  und  faszlichkeit  der  regeln  besondfres  gs* 
wicht  gelegt,  nach  einleitenden  bemerkungen  über  ansspraekeai 
Schreibung  werden  die  declinationen  der  substantiva  nnd  a^eetiv* 
so  behandelt,  dasz  durch  mitteilung  weniger  verbalformen  sogieMk 
die  bildung  kleiner  Sätze  möglich  wird,  hierauf  wird  die  conjuptifl* 
von  esse  und  nach  der  comparation  der  adjectiva  die  erste  wajjop' 
tion  im  activum  und  passivum  abgehandelt,  den  schlnss  bOdfla^i* 
grund-  und  Ordnungszahlen  bis  mille,  die  pr&positionoi,  endfidiA 
personalen  und  possesiven  pronomina ,  die  demonstraÜTa  hie,  Oki ' 
und  das  relativum.  im  anhange  sind  einige  zusammenhangende  kl^ 
stücke  zum  übersetzen  ins  deutsche  mitgeteilt,  die  bei  BmOBff' 
Kraus  behandelten  adverbia  übergeht  Biedermann ,  ebenso  die  ^ 
Engelmann  aufgenommenen  deponentia  der  ersten  ooigngatioii;  ^ 
gegen  hat  Engelmann  die  demonstrativen  und  relativen  proWHWi^ 


R.  Hofinann:  BchalbibeL  648 

Aggeachlossen.  ein  Wörterverzeichnis  hat  Biedermann  im  gegen- 
Uie  zu  den  anderen  genannten  verfiissem  seinem  buche  mit  rocht 
ieht  angehftngt,  da  bei  der  ttbersichtlichen  znsammenstellang  der 
ocabeln  kein  bedtUfais  vorliegt  und  da  die  sichere  einprSgnng  der 
rOrter  gewis  gefördert  wird,  wenn  sie  der  schttler  gerade  da  nach- 
Bsehlagen^gezwungen  ist,  wo  er  ihnen  zum  ersten  male  begegnete. 
m  den  gennsregeln  ist  nach  F.  Heerdegens  verschlag  im  Nflm- 
wrger  gymnasialprogramm  von  1873  wieder  auf  die  alt^  reimverse 
n  abgekürzter  gestalt  zurückgegriffen  worden,  als  ein  glttcklicherer 
priff  erscheint  es,  wenn  die  regeln  Ober  die  ausspräche  in  der  ratio- 
nellen, jüngst  von  A.  Spengel  in  den  Sitzungsberichten  der  MOnche- 
■er  akademie  vertretenen  weise  gegeben  werden,  die  schroibung  ist 
digegen  noch  nicht  durchaus  nach  den  jetzt  anerkannten  normen 
geregelt  und  es  finden  sich  noch  der  buchstabe  j,  millia,  auctumnus, 
DanubiuB  usw.  in  der  fassung  der  rogeln  war  durch  Engelmann 
trefflich  vorgearbeitet ;  doch  liesze  sich  manches  wol  noch  präciser 
(eben  z.  b.  bezüglich  der  zweiten  declination  auf  er.  auch  die  ord- 
•nng  kann  im  einzelnen  vielleicht  noch  gewinnen;  stftnde  z.  b. 
Ae^tus  statt  in  §  12  erst  in  §  17,  wo  die  regel  durch  aufnähme 
im  Begriffes  ^Iftnder'  ergänzt  werden  kann,  so  bedttrfte  es  keiner 
msdracklichen  angäbe  des  genus.  in  §  9  erscheint  der  begriff  oon- 
jigation  gebraucht,  ohne  dasz  er  vorher  erlftutert  wftro.  beilftufig 
kemerkt  erscheint  hier  die  Schreibung  mit  c,  wfthrend  sonst  koigu- 
|ition  geschi'ieben  wird,  so  auch  z.  b.  vocativ,  wtfhrond  sonst  vokativ 
Itoht.  in  §  15  tritt  der  begriff  attribut  auf,  der  auch  dem  schttler 
Meh  nicht  erklärt  ist.  anderes  dürfte  gestrichen  werden,  weil  es 
tter  die  unterste  stufe  hinausgreift,  z.  b.  §  16  die  erwfthnung  der 
hai  fero  und  gero  zusammengesetzten'  a^jectiva.  solche  und  ver- 
edle kleinigkeiten  werden  bei  der  benutzung  des  buches  nodi 
pkb^ich  entdeckt  werden,  dasz  sie  der  brauchbarkeit  fllr  die  schule 
|beh  keinen  einirag  thun,  zumal  da  sie  bei  einer  neuen  anflage  leicht 
)ert  werden  körmen,  bedarf  keiner  weitem  andeutung.  auch 
die  vorzügliche  ausstattung  empfiehlt  sich  Biedennanns  buch, 
wir  die  anerkennung  recht  vieler  lehrer  der  untersten  olassen 
ischen. 
MöNNERSTADT.        EmMunou 

48. 

f-  SCHÜLBIBEL. 

llBLISCHE  GESCHICHTE  UND  LEHRE  IN  URKUNDLICHEM  WORT  FÜR 
DIR     HÖHEREN    ABTEILUNQBN    DER    EVANOELI80HBN    SCHULE   BE- 

'  ARBEITET  VON  DR.  RuDOLPH  HOFMANN,  ORD.  PROFESSOR 
DER    THEOLOGIE    UND    DIRECTOR   DES    KATECHET.  UND    pIdAOOG. 

"    SEMINARS  AN  DER  UNIVERSITÄT  ZU  LEIPZIG.    Dresden,  C.C.Mein- 

;    hold  und  söhne.   1875. 

Lln  anbetracht,  dasz  religiöse  und  kirchliche  fragen  dermalen  in 
Vordergrund  des  öffentlichen  lebens  getreten  sind,  darf  die  an^ 


t 


544  R.  Hofmann :  schulbibeL 

zeige  und  besprecbung  dieses  buches  in  keinem  blatte  fehlen,,  du 
irgendwie  mit  den  angelegenheiten  von  schule,  kirche  and  aiait^ 
theologie  und  bibelwissenschaft  sich  beschäftigt,  wie  denn  audib»* 
reits  vor  geraumer  zeit  die  Augsb.  allg.  ztg.  (8  april  1875  nr.  98  befl.) 
einen  eingehenden  und  im  wesentlichen  zustimmenden  bericht  dv- 
über  erstattet  hat.  nirgends  aber  darf  dies  weniger  untexfaleiben,  ab 
in  unsem  Jahrbüchern,  denn  wäre  auch  die  frage,  ob  für  die  em* 
gelische  Volksschule  eine  schulbibel  mehr  und  mehrniiAbireialieh« 
bedürfnis  sei,  nicht  so  entschieden  zu  bejahen,  als  dies  von  dem  Ta^ 
fasser  mit  guten  gründen  geschieht ;  hinsichtlich  deijenigen  sohalfliv 
deren  lehrer  den  grösten  leserkreis  dieser  blätter  bild^,  stdiici 
jedem  einsichtigen  jedenfalls  fest,  dasz  zu  gründlicher  nntörweinm 
in  bibelkunde  und  christlicher  religion  ein  solches  lehnnittel  etw» 
höchst  notwendiges,  darum  längst  gewünschtes,  und  eine  gedifgvi 
bearbeitung  dess<^lben  hoch  willkommen  ist. 

Zur  begründung  des  eben  gesagten  möge  es  mir  geeiattet 
an  diesem  orte  die  Sätze  zu  wiederholen,  mit  denen  ich  in 
anfsätzen  ^über  den  religionsunterricht  in  evangelisclien  schnlen  nf 
der  schule  des  obergymnasiums'  im  Württemberg,  oorrespondan* 
blatt  1873  s.  175  ff.  meinen,  durch  vielj&hrige  er&hnmg  hen«^ 
gerufenen,  gedanken  und  wünschen  ausdruck  gegeben  habe.  LuiÜMn 
bibelübersetzung  ist  und  bleibt  natürlich  nicht  allein  als  fondgrabt 
der  religiösen  kenntnisse  von  geschichte  und  lehre,  sondern  ragUA 
als  meisterwerk  deutscher  spräche  das  grundbuch  auch  dea  gynnir 
siums.  dessenungeachtet  haben  wir  an  unserer  dermaligen  LuUmt- 
bibel  dasjenige  mittel  nicht,  dessen  wir  für  die  an^bendesrBE-. 
gionsunterrichts  auf  den  obem  stufen  desselben  bedflxfen,  wM 
anders  dieselben  in  ihrer  vollen  bedeutsamkeit  erfaait  und  difliff 
gemäsz  gelöst  werden  sollen,  geben  wir,  wie  als  das  eimig  rioUigi 
verlangt  werden  musz,  um  unsere  schüler  mit  der  bibliMhen  xiK- 
gionswelt  nicht  blosz  bekannt,  sondern  vertraut  zu  maohen,  gfbai 
wir  diesen  von  stunde  zu  stunde  die  abschnitte  zum  dnroUMi 
teilweise  zum  auswendiglernen  an,  aus  denen  sie  mit  selbstliidjgaB 
nachdenken  den  geschichtlichen  oder  lehrhaften  Stoff  schöpfen  toDoi 
und  können ;  so  begegnen  wir  Schwierigkeiten  und  bedenkm  itf^ 
schiedener  art.  dieselben  haben  nach  uraltem  herkommen  die  voll- 
ständige bibel  im  unveränderten  Luthertext  in  bänden,  das  bt  tt 
viel  und  zu  wenig,  denn  es  ist  ein  offenes  geheimnis,  das  zwtreiir 
zelne  pädagogen  und  namentlich  theologen  in  abrede  siefaen,  aadtft 
aber,  und  wol  die  meisten  erzieher,  schulmänner  und  ^ttesgdflhii 
mit  den  überzeugendsten  gründen  als  unzweifelhafte  walnlMttil 
sich  tragen  und  aussprechen ,  d&sz  im  alten  testament  eine  beMdt*. 
liehe  anzahl  höchst  verfönglicher  abschnitte  sich  findet,  die, 
sie  von  der  Jugend  in  der  schule  und  vollends  zu  hanse  gelesSB 
den ,  das  sittliche  Schamgefühl  verletzen  und  der  phantasie  f erdor^ 
liebe  nahrung  zuführen,  wiederum  enthalten  d'  e  bflcher  aicki 
wenige  stücke  genealogischen,   statistischen,  levi'  [sehen  inbiH^ 


R.  Hofmann:  schalbibeL  545 

dclie  zwar  für  den  gelehrten  bibelforscher  sehr  frerthyoll,  aber 
r  die  schule  auch  auf  der  stufe  des  gymnasiums  völlig  entbehrlich 
id.  selbst  von  einigen  lehrbüchem  ist  der  volle  umfisng  nicht 
Idachterdings  notwendig,  doch  mOge  immerhin  der  ganze  psalter, 
ie  Propheten  und  das  ganze  buch  dei;  spräche,  ohnehin  auch  Hiob, 
•nchem  erwünscht  sein,  yieles  von  den  geechichtsbttchem  bleibt 
me  allen  schaden  in  der  schule  unbenutzt  und  ungelesen.  anderer- 
ita  ist  in  den  psahnen.  Hieb,  propheten  notonsdh  die  Lutherbibel 
i  sehr  vielen  stellen  teils  unverständlich  und  in  betreff  des  sinns 
r  einzelnen  worte,  besonders  aber  des  Zusammenhangs,  irreleitend, 
als  gibt  sie  den  urtext  entschieden  falsch  und  schief  wieder,  ftlr 
ihrer  und  schüler,  für  den  Unterricht  überhaupt,  ist  dies  ein  mis- 
bnd,  der  bei  der  verfügbaren  zeit  von  zwei  woohenstunden  die 
rirklich  nutzbringende  behandlung  und  verwerthung  der  bibel 
ahau  unmöglich  macht  und  vorerst  als  unerreichbares  ideal  er- 
dbeinen  iSszt  wenn  es  unumgänglich  notwendig  ist,  vornweg  die 
fadach  berichtenden  abschnitte  der  bibel  der  vorbereitenden  privat- 
Ntflre  der  schüler  zu  überlassen,  und  dieser  stoff  sodann  in  der 
ikntnnde  nur  repetitorisch  abgefragt  wird,  so  ist  hier  schon,  noch 
Mhr  aber  bei  den  lehrbüchem,  eine  abhSlfe  dringenderes  bedürfiiia, 
h  die  beseitigung  schlechter  teztausgaben  griechischer  und  rümi- 
Aer  classiker.  der  religionsunterricht  des  gymnasiums  kann  seiner 
■ilsabe,  wie  sie  die  heutige  evangel.  kirche  und  biblische  wissen- 
Aaft  stellen  musz,  so  lange  nicht  vollkommen  gerecht  werden,  bis 

tals  absolut  unentbehrliche  lehrmittel  eine  dem  dermaligen  stand 
dinge  entsprechende  schulbibel  zur  verfDgung  steht. 
1  Eine  solche  schulbibel  musz  von  der  Lutherbibel  auf  der  einen 
IJte  alles,  was  darin  zu  viel  ist,  ausmerzen,  teilweise  durch  zusam« 
ide  summarien  ersetzen,  auf  der  andern  das,  was  jene  zu 
hat,  ergänzen,  die  ergänzung  kann  aber  auf  zweierlei  weise 
ten,  entweder  in  der  art  der  von  Meyerschen-Stierschen  be- 
Inng,  so  dasz  der  Luthertext  im  ganzen,  etwa  auf  gmnd  der 
iwärtig  in  der  arbeit  begriffenen  revision  der  Cansteinschen 
—  diesem  seit  zwölf  jähren  fortgehenden,  nunmehr  auch  auf 
alte  testament  sich  ausdehnenden  denkmal  dentscfa-evangeliseher 
und  sorge  für  unser  Lutherwerk  —  unverändert  stehen  bleibti 
aber  mit  etwas  freierer  Stellung  gegenüber  dem  herkSmmliohen 
im  letzteren  falle  wäre  jedoch  ein  weit  engeres  anschliessen 
ir  geboten,  als  die  an  sich  treffliche  Bunsensche  bearbeitung 
Iftreist,  d.  h.  der  Luthertext  müste  ganz  unangetastet  stehen  blei- 
p,  auszer  wo  er  entschieden  falsch  ist  oder  schiefes  bietet;  auch 
wo  geändert  würde,  dies  in  der  pietät-  und  stilvollen  weise  zu 
dehen,  wie  man  heutzutage  unsere  gothischen  bau  werke  des 
ilalters  restauriert,  die  vielen  stellen  alten  und  neuen  testa- 
welche  als  geflügelte  worte  der  bibel  in  der  Lutherschen 
lg  durch  Spruch-  oder  liturgische  bücher  oder  herkommen 
evangelischen  volke,  selbst  unsern  weltlichen  schriftsteilem. 


t 


646  R.  Hofmann:  sdiiilbibeL 

theuer  und  geläufig  sind ,  müsten  sogar  dann  unverftnäert  bekam 
werden ,  wenn  daran  durch  leichte  ändemng  etwas  zn  besaeni  wto 
solche  Sprüche  z.  b.  ^Christum  lieb  haben  ist  besser,  denn  aDai 
wissen'  lieszen  sich  ja  durch  kleingedmckte  anmerknngen  bmb- 
tigen.  das  gleiche  könnte  geschehen  mit  abschnitten,  weMwdiB 
kritik  entschieden  verurteilt  hat,  die  aber  dennoch  nidit  gaoi  «i|- 
fallen  dürften,  z.  b.  die  geschichte  von  der  ehebrecherinJoh.  7,58  i 
weitere  erklärende  bemerkungen  können  dabei  wol  entbehrt  werda; 
eher  wären  sehr  genau  revidierte  inhaltsangaben  der  eimelpw  ik 
schnitte  des  textes  am  platze,  ebenso  wie  andere  angelegeahflitai 
der  gymnasien  im  deutschen  reich  derzeit  zum  zweck  einhflidkhff 
einricbtungen  geordnet  werden,  ist  es  notwendig  nnd  thnnlieh,  te 
auch  die  Zersplitterung  des  religionsunterrichts  in  nnseren  mitU* 
schulen  (gymnasien)  ernstlich  ins  äuge  gefaszt  nnd  die  nlttjga 
schritte  gethan  werden,  um  die  bei  aller  Freiheit  aocb  hier  eitolr 
liehe  einheit  anzubahnen,  der  erste  schritt  dieser  art  ist  aberinflna 
erachtens  die  herstellung  einer  guten  schulbibel.  eine  lolebe  iolili 
aber  das  gemeinsame  werk  der  kirche  und  schule  sein,  wihncUfr 
lieh  ein  besseres  werk,  als  wenn  die  erstere  die  letxtere  nor  ebna 
bevormunden  und  über  gebühr  zu  beherschen  oder  diese  von  te 
kirche  sich  zu  emancipieren  und  derselben  widerpart  zn  haltoit^ 
müht  ist. 

Es  wäre  in  der  that  unbescheiden  gewesMi,  diese  vor 
drei  jähren  geschriebenen ,  der  Schulpraxis  entsprossenen  _ 
hier  in  solcher  ausführlichkeit  zu  wiederholen,  wenn  damit  ihM 
zugleich  der  zweck  erreicht  wäre ,  im  folgenden  am  so  kflrnr  all 
zu  können,    hat  sich  ja  dadurch  in  nngesuohter  weise  daigsAM^ 
wie  überraschend  grosz  die  Übereinstimmung  in  dieser  augekftt 
heit  unter  theologen  und  schulmännem  entlegener  MndsehiAn  to 
deutschen  reichs  ist.    denn  nicht  allein  im  bewnstsein  des 
bedürfnisses  einer  schulbibel  und  in  der  begrttndnng  de88elba^ 
auch  hinsichtlich  der  art,  wie  demselben  entsprochen  werden iotti^ 
lautet  die  obige  auseinandersetzung  vielfach  beinahe  bis  anb  mit 
hinaus  gleich  mit  dem  ^Vorwort  für  lehrer  nnd  erzieher*,  die  Si  ^ 
— XVI  die  herausgäbe  der  vorliegenden  schulbibel  nnd  densg»* 
staltung  in  überzeugender  weise  rechtfertigt,    so  ist  denn  dv  Be- 
richterstatter wie  der  leser  aller  weiteren  darlegnng  des  mitte 
Verfasser    im  erfreulichsten  einklang    stehenden  nrteib  ii  iB* 
wesentlichen  puncten  überhoben,  und  der  weitere  teil  dieser 
kann  sich  darauf  beschränken,  einerseits  in  kurzem  abrisi  die 
tümlichkeiten  der  gebotenen  gäbe  zu  kennzeichnen,  sn  sagSb, 
der  verf.  in  dieser  schulbibel  nach  inhalt ,  umfang  nnd  tona 
und  was  er  damit  bezweckt,  andererseits  durch  offene  mittwim 
dessen ,  was  an  dem  buch  minder  befriedigend  und  einer 
rung  bedürftig  erscheint,  nach  kräften  einiges  dain  beizntngieB,  m 
dasz  eine  neue  umgearbeitete  ausgäbe,  die  wol  nicht  lange  WBti^ 
sich  warten  lassen ,  zu  einem  tioch  vollkommeneren  banstein 


B.  Hofmann:  schulbibeL  547 

Ür  den  neubau  unserer  theuren  evangelischen  kircbe,  den  jeder 
^abensfreudige  sobn  derselben  mit  Zuversicht  hofft  und  anstrebt, 
md  dessen  fundamente  da  und  dort  bereits  zu  tage  treten,  worin 
Hr  besteht,  kann  hier  selbstverständlich  nicht  erörtert  werden. 
lieaer  und  jener  wink  im  nachfolgenden  dürfte  jedoch  etliche  für 
jleiehgesinnte  wohl  verständliche  andeutnngen  enthalten. 

Mit  klarer  einsieht  in  die  läge  der  dinge  legt  der  verf.  in  sei-» 
Dem  Vorwort  dar,  dasz  und  warum  ein  bloszer  bibelanszug  der  evan- 
gelischen Christenheit ,  die  mit  den  reformatoren  darin  eins  ist  und 
Ueibt,  dasz  die  ganze  bibel  quelle  und  norm  des  religiössittlichen 
glaubens  und  lebens  ist,  nicht  genüge,  sie  verlangt  auch  für  die 
■ehnle  eine  bibel ,  deren  erstes  es  sein  musz ,  durchaus  nichts  vom 
wesentlichen  inhalt  des  bibelworts  auszulassen  und  auch  von  der 
Lntherbibel  möglichst  viel  zu  behalten,  neben  diesem  conservativen 
Interesse  hat  aber  andererseits  die  rücksicht  auf  wirklich  berechtigte 
ibrderungen  der  gegenwart  herzugehen ,  wonach  beim  gebrauch  der 
Inbel  zur  Unterweisung  der  Jugend  nicht  alles,  was  in  diesen  heiligen 
vkunden  enthalten  ist,  beibehalten  werden  darf,  sondern  das  eine 
und  andere ,  was  offenbar  nicht  für  kinder  geschrieben  ist  und  nicht 
Ar  sie  taugt ,  weggelassen  werden  musz.  —  Läszt  man  die  von  so 
^len  Seiten  und  mit  guten  gründen  vorgebrachten  bedenken  in 
leireff  mancher  sittlich  und  ästhetisch  anstöszigen  stellen  des  alten 
lestaments  fortwährend  unbeachtet  und  kommt  nicht  auch  noch 
4Bdem  wohlbegründeten  wünschen  hinsichtlich  der  Verständlichkeit 
Vid  gesunden  auffassung  der  bibel  entgegen,  so  ist  mit  Sicherheit 
"durauf  zu  rechnen ,  dasz  das  evangelische  volk  immer  weniger  nach 
;Mner  bibel  fragt  und  dieselbe  namentlich  mehr  und  mehr  aufhört, 
r«im  buch  des  hauses  zu  sein.  —  Demgemäsz  musz  eine  bearbeitung 
^kr  bibel  für  die  schule,  eine  schulbibel,  geboten  werden,  welche 
^esteils  nichts  von  dem  eigensten  wesen  der  schrift  nach  inhalt 
^irie  nach  form  preisgibt,  andern  teils  nichts  enthält,  was  in  der 
Miale  nicht  lesbar  ist. 

I  Gemäsz  diesen  grundsätzen  und  diesem  zweck  hat  nun  der 
perf.  in  seiner  schulbibel  ausgelassen,  was  in  das  eigentliche 
mbett  der  Offenbarungsgeschichte  nicht  gehört,  somit  —  nichts 
m  neuen  testament,  wol  aber  vom  alten  gewisse,  jedoch  nicht 
geschlechtsregister,  rein  jüdische  gesetzesbestimmungen  und  die 
krjphen,  da  sie  das  ansehen  einer  Offenbarungsurkunde  nicht 
nspruchen  können;  endlich  einzelne  bücher,  welche  denselben 
lioff  behandeln;  hat  in  eins  zuammengearbeitet,  nicht  blosz 
fa  zweite  bis  fünfte  buch  Moses,  die  bücher  Samuels,  die  königs- 
'%nd  Chronikbücher,  sondern  auch  die  vier  evangelien;  hat  offenbare 
[Unrichtigkeiten  der  Lutherbibel  beseitigt,  und  zwar  im 
en  testament  in  genauem  anschlusz  an  die  principien  und  arbei- 
der  'fast  von  der  ganzen  evangelischen  kirche  Deutschlands 
uftragten  commission',  soweit  dieselben  bis  jetzt  gedruckt  vor- 
legen, nemlich  in  dem  bereits  fertigen  neuen  testament  und  in  den 


548  B.  Hof  mann:  schuUnbel. 

von  prof.  Biehm  1873  im  auftrag  der  conferenE  als  probe 
gegebenen  büchem:  Is  buch  Mose,  psalter  und  Jcaia;  liat 
geradezu  ausgeschlossen  alle  ttsthetisch-BitÜiek  aastOengn«^ 
Zählungen  des  alten  testaments;  dagegen  aber  mehrere  fllr  diii«^ 
stSndnis  wichtige  zugaben  eingeschaltet:  teÜB  einleifenb«^ 
iSuterungen,  jedoch  in  möglichst  engem  rahmen,  über  dia  geaeUehU 
liehen  verhttltnisse  der  biblischen  bttcher,  namen  dar  TiirfMMi, 
kanon,  text  der  Schriften,  teils  pragmatische  ttberbliokei  mfcii 
über  den  geschichtsinhalt  und  lehi^ehalt  der  einselneB  ofbnbtKfUft 
Perioden  licht  geben. 

In  betreff  der  formalen  seite  hat  er  beibehalten  das  vAat 
liehe  wort  und  möglichst  auch  die  äussere  gestalt  unserer  faibd^ 
hingegen  die  bücher  anders  geordnet  nach  chronologis,  uitk- 
abfassung,  beziehungsweise  auch  nach  dem  stofi^  z.  b.  die  IdnUchV 
und  prophetischen  bücher  da  eingereiht ,  wo  sie  geschichtlich  ihft 
stelle  haben,  auszer  wo  dies  nicht  thunlidi  war,  wie  bei  dem  poHit 
und  den  neutestamentlichen  briefen.  doch  ist  auch  bei  den  leMeni^ 
wie  bei  Hieb  u.  a.  die  aufeinanderfolge  der  bücher  gdadit 
die  einteilung  hat  die  alte  capitel-  und  versbeieichnmig  B#< 
beibehalten,  auszer  wo  dies  unbeschadet  anderer  rttcksiditeB 
schehen  konnte,  bei  dem  psalter,  den  neutestamentlichen 
und  der  Offenbarung  des  Johannes,  die  spräche  ist  die  IiiiifaBi% 
wie  sie  von  der  genannten  conmiission  mit  aller  Schonung  das  attV'' 
tümlichen  kolorits  revidiert  worden  ist,  jedoch  mit  ansg 
gebrauch  der  von  derselben  eingehaltenen  grundsütse,  indondii 
heutigen  feineren  gefühle  für  das  schickliche  noch  in 
masze  rechnung  getragen  wird. 

Nach  diesem  mit  sicherer  band  gezeichneten  entwnzf 
wir  nun  in  dieser  schulbibel  ein  sorgfältig  und  fleiszig  dsnl^ 
geführtes  werk  gefertigt,  dem  die  herzen  vieler,  die  es  mit 
kirche  und  schule  wohl  meinen ,  zufallen  werden,  es  ist  ein 
das  in  betracht  der  grösze  der  aufgäbe  und  soweit  es  aof  den 
warf  möglich  ist,  im  ganzen  und  in  vielen  wesentlichan 
wohlgelungen  heiszen  kann ,  und  -hir  welches  vor  allem  die 
weit ,  und  zwar  vornehmlich  die  gelehrten*  und  realschnlan,  äUkt 
minder  aber  auch  die  lehrerseminarien  und  die  sog.  tffrhtnriwiBHt 
aufrichtig  dankbar  zu  sein  alle  Ursache  haben. 

Am  würdigsten  bethätigt  sich  aber  dieser  dank,  gewis  saah  hl 
sinne  des  verf.,  da  er  in  löblicher  bescheidenheit  *ain  i 
demütigen  und  selbstverleugnenden  liebe  geschaffim  haben  will,  db 
im  voraus  darauf  verzichtet,  es  allen  recht  zu  machen*,  doroh 
liehe  winke  über  etwaige  Unebenheiten,  lücken  und  mBagal  des 
mehr  fertig  vor  uns  stehenden  gebäudes. 

Die  ausstellungen ,  die  ich  einzig  mit  der  oben 
absieht  zu  machen  mir  erlaube,  lassen  sich  unter  die  Deidan 
puncte   befassen:   die  schranken,   welche  eine  schnlhibd 


R.  Hofmann :  schulbibel.  549 

Igen  wart  sich  zu  stecken  hat,  sollten  mit  rücksicht  auf  die  natur 
(T  Sache,  d.  h.  auf  die  bedttrfnisse,  die  eine  solche  zu  befriedigen 
i,  zum  teil  auch,  um  die  eigenen  grundsätze  des  verf.  consequenter 
ordizoführen ,  einesteils  enger  gezogen,  andemteils  aber  um  ein 
itee  weiter  gesteckt  worden  sein. 

In  erster  beziehung  ist  nur  das  6ine  gemeint :  eine  schulbibel 
uerer  zeit,  welche  aus  ganz  guten  gründen  den  text  der  Lutheri- 
lien  bibelttbersetzung ,  wie  er  als  ergebnis  der  fleiszigen  und  um- 
ditigen  arbeit  der  revisionscommission  teils  vorliegt  teils  in  aus- 
dit  steht,  als  maszgebend  anerkennt,  hätte  sich  die  selbstbeschrttn- 
Bng  auflegen  sollen ,  dasz  der  verf.  vorerst  nur  das  neue  testament 
iit  dem  revidierten  text  veröffentlicht ,  mit  allem  anderen  aber  zu- 
»wartet  hätte,  bis  auch  das  alte  testament  vollständig  revidiert 
sriiegt.  statt  dessen  gibt  dieselbe  nur  drei  alttestamentliche  bücher 
idem  texte  der,  erst  noch  voraussichtlich  manche  änderungen  er- 
ihrenden,  probe  von  Riehm,  die  sämtlichen  übrigen  Schriften  aber 
ider  fassung  und  mit  den  Verbesserungen,  welche  der  verf.  selbst 
■dl  den  von  jener  commission  aufgestellten  grundsätzen,  aber  nach 
(gener  wähl  für  gut  befunden  hat.  wir  haben  auf  diese  weise  einen 
OB  drei  verschiedenen  revisionsorganen  (commission,  Biehm,  Hof- 
unn)  festgestellten  text  erhalten,  da  ist  z\i  fürchten ,  dieser  um- 
Ind  kennte  der  aufiiahme  und  abnähme  des  buchs  empfindlichen 
htrag  thun.  eine  Wartezeit  von  einigen  jähren  hätte  sich  reichlich 
jriohnt,  indem  dadurch  in  höherem  grade  ein  werk  erzielt  worden 
Üre,  das  schon  durch  den  auf  ganz  einheitlicher  grundlage  auf- 
Iribauten  text  diejenige  vertrauensvolle  au^hme  sich  gesichert 
■Ite ,  die  ihm  in  vollem  masze  zu  gönnen  und  zu  wünschen  ist.  es 
ja  immerhin  möglich  gewesen,  zugleich  mit  der  ausgäbe  des 
testaments  das  so  umsichtig  entworfene  programm  für  die 
dtung  des  ganzen  vorzulegen  und  die  vollständige  schulbibel 
aussieht  zu  stellen  für  die  nicht  ferne  zeit,  welche  uns  die  voll- 
lige  textre Vision  auch  des  alten  testaments  bringen  wird.  — 
frkge ,  ob  in  einer  schulbibel  nicht  besser  auch  der  stoff  etwas 
und  z.  b.  die  psalmen  und  noch  mehr  das  hohe  lied  nicht 
ganzer  Vollständigkeit  geboten  werden  sollten,  möchte  ich  weder 
ten  noch  verneinen. 

Entschieden  aber  möchte  ich  die  behauptung  aussprechen  und 

begründen  suchen,  dasz  sich  der  verf.  die  schranken  zu  enge  ge- 

skt  habe ,  enger  als  es  nicht  allein  das  ideal  einer  schulbibel  aus 

iTer  zeit  und  für  dieselbe  verlangt,  sondern  auch  seine  eigenen 

idsätze  zugelassen,  teilweise  selbst  gefordert  hätten. 

Fürs  erste  wird  dem  gebrauch  der  schulbibel  eine  viel  zu  enge 
ize  gesteckt,  wenn  derselbe  s.  IX  auf  das  11 — 13e  lebensjahr 
Schüler  eingeschränkt  und  gesagt  wird,  mit  dem  eintritt  in  die 

^humenenzeit  solle  die  ganze  bibel  den  kindem  eingehändigt 
len.    was  zur  rechtfertigung  dieser  wol  die  meisten  leser  über- 


550  KHofmann:  BohnlbibeL 

rascbenden  und  mit  der  sonstigen  wol  allzu  grossen  Sngstlidikä: 
des  verf.  in  betreff  der  decenz  der  ausdrücke  wenig  ttbernnstüuia 
den  Vertrauensseligkeit  gegenüber  Ton  den  katedinmenoa  bemari 
ist ,  überzeugt  wol  keinen  mit  der  erfabrung  des  lebens  bekanti 
pfarrer,  lehrer  und  erzieber.  diesen  allen  wird  es  schwer  ersidiffic 
sein,  wie  gerade  auf  dieser  altersstufe  die  sittlich  anstösiigen  staDc 
des  alten  testaments  weniger  bedenklich  sein  sollen »  weil  'die  kife 
chumenenzeit  an  sich,  mit  der  weihe ,  die  über  sie  ao^gegosssB ii 
das  ihrige  dazu  beitragen  wird,  die  darin  liegende  yeirnichinig ffl 
den  kindem  fem  zu  hidten'.  vielmehr  ist,  ob  auch  der  pastordi 
katechumenenunterricht  mit  allem  ernste  behandelt  und  die  eoi 
firmation  noch  so  wichtig  und  eindringlich  zu  machen  weiss,  kn 
zeit  unpassender  für  einhändigung  der  ganzen  bibel,  als  die  tih 
verf.  bezeichnete,  das  alter  von  11 — 18  jähren  ist  dasjenige«  i 
welchem  alle  jene  stellen  ein  für  allemal  dem  heranwaclisendcB  gi 
schlecht  unbekannt  bleiben  sollten,  weil  es  gerade  in  diesen  jiln 
am  ehesten  gift  daraus  saugt,  der  schaden ,  der  tu  befllrehtoi  ii 
wenn  es  nach  dem  verschlag  des  verf.  gehalten  wird,  wire  «i 
gröszer,  als  wenn  diese  und  jene  selbst  erwachsenen  glieder  di 
kirche  zeitlebens  kein  vollständiges  bibelbuch  in  die  hinde  beklM 
indes  erbeten  ja  nach  löblicher  sitte  der  neuzeit  in  den  mdita 
evangelischen  ländem  die  in  der  kirche  getrauten  von  ihror  g 
meinde  eine  ganze  bibel ,  und  diese  zeit  ist  eben  die  geeignete  n 
die  eingetretene  Verspätung  in  keiner  weise  zn  bedanern«  bn  i 
sein  20s  jähr  hat  jeder  christenmensch  vollauf  zu  thon,  den  seh 
in  einer  noch  mehr  verkürzten  schulbibel  gebotenen  inhalt  ventehi 
und  üben  zu  lernen. 

Fürs  andere  hat  vielleicht  eine  zu  grosze  und  in  der  ihsii 
der  schriftstellerwelt  seltene  bescheidenheit  des  verf.  ihn  Teriünd« 
seiner  schulbibel  ausdrücklich  diejenige  umfassende  bestininuiaig  i 
geben,  die  sie  haben  kann  und,  so  gott  will,  auch  haben  wirdtfi 
lieh  vornehmlich  auch  einerseits  den  bedürfhissen  der  hanssadsfll 
andererseits  und  noch  mehr  denen  der  gelehrten-,  real-  und  obi 
realschulen ,  und  zwar  bis  zum  sl)schlusz  der  gymnasiaJieit,  S0V 
der  theologischen  und  schuUehrerseminarien  und  der  tOchteriasüM 
zu  dienen,  für  diesen  zweck  ist  das  vorliegende  werk ,  wie  ota  h 
merkt,  schon  in  seiner  jetzigen  gestalt  eine  nützliche  und  weriMl 
gäbe  und  es  hätte  niemand  mit  recht  es  dem  verf.  verargen  kflni 
wenn  er  ohne  scheu  seinem  buche  die  adresse  an  alle  diese  kni 
beigegeben  hätte. 

Allerdings  wäre  aber  im  interesse  dieser  höheren  sebnlsii  j 
doch  auch  abgesehen  davon,  zu  wünschen,  dasz  der  yerf. nochi 
einer  weiteren  beziehung  sich  die  grenzen  seiner  arbeit 


<  diese  an  prüderie  grenzende  ängstlicbkeit  hat  den  verf.  h ' 
1  Mos.  2,  25  sogar  zar  auslassang  eines  ganz  schönen  siifi  der  UM 
sehen  erzählnng  verfübrt. 


R.  Hofinann:  schnlbibeL  561 

90  gesogen  hätte,  dem  genannten  zwecke  zu  lieb»  der,  wie  ge* 
{i,  nicht  als  neuer  und  besonderer,  sondern  als  ein  ganz  angesucht 
iÄ  die  natur  der  sadie  gegebener,  einer  schnlbibel  unserer  gegen- 
ri  Torschweben  musz  und  mittelst  derselben  erreicht  werdrat  soll 
d  kann,  muste  notwendig  da  und  dort  manches  gesagte  nicht  oder 
den  gesagt,  und  umgekehrt  manches  nichtgesagte  ausdrücklicher 
d  genauer  gesagt  sein,  mit  andern  werten:  diese  nnd  jene  be- 
■knng  möchte  man  wegwünschen  und  andererseits  ist  an  nichi 
■igen  stellen  des  alten  testaments  eine  beriohtigoQg  des  textes^ 
10  ein  stärkeres  eingreifen  von  selten  des  Terf.,  zu  vermissen,  wo- 
leh  itir  den  gebrauch  in  der  schule  empfindliche  mftngel  und 
eken  entstehen. 

Es  wird  genügen,  zum  beleg  für  diese  beiden  behauptungen 
lige  besonders  aufMlende  proben  herauszugreifen  und  zugleich 
ndeuten,  wie  bei  einer  zweiten  bearbeitung,  insbesondere  mittelst 
Igftltiger  revision  der  Übersetzung,  welche  da  und  dort  sicherlich 
U  weiter  gehen  dürfen,  als  die  der  commission,  das  fehlende 
Mite  ergänzt  werden  können. 

Wegzuwünschen  wäre  z.  b.  die  bemerkung  s.  178,  nicht  etwa 
V  wegen  der  ableitung  der  Leviratsehe  von  Levi  (statt  von  Levir, 
K  wol  ein  druckfehler  sein  mag*),  sondern  weil  der  im  ^uch  Bath 
pU^gende  fall  keineswegs  die  durch  das  gesetz  vorgeschriebene 
ihatsehe,  sondern  vielmehr  eine  in  unbestimmbarer  zeit  entstan* 
volkssitte,  somit  etwas  ganz  besonderes  ist,  da  es  sich  ja  gar 
um  einen  bruder  des  verstorbenen  mannes  handelt,  es  ist  dies 
in  meinem  programm  vom  j.  1856  und  in  manchen  anderen 
überzeugend  genug  nachgewiesen.  —  Ein  zweites,  was  den. 
nahe  legt,  es  möchte  weggeblieben  sein,  ist  der  satz  s.  359: 
hohelied  Salomos  läszt  duroh  den  irdischen  Schleier  die  himm- 
liebe durchscheinen,  die  gott  mit  der  gemeine,  als  seiner  ge* 
braut,  verbindet  und  die  stärker  ist  als  der  tod.'  dieses 
alten  Sauerteigs  steht  ebenso  sehr  mit  der  sonstigen  gesunden 
mg  dieser  schulbibel,  z.  b.  bei  der  firage  über  den  Verfasser 
itateuchs  und  den  des  zweiten  teils  von  Jesaia,  wie  mit  der 
dt  im  Widerspruch,  denn  wo  steht  in  dem  gedieht  auch  nur 
leile  von  himmlischer  liebe?  wie  will  man  einem  Christen- 
len  unserer  tage  auch  nur  den  schatten  davon  hinter  dieeem 
)r  nachweisen?  sage  man  doch  offen  dem  volk  und  den 
>m:  *das  hohelied  ist  eine  bochpoetische  und  ergreifende 
Bderung  von  den  freuden  und  leiden  einer  treuen  in  allen  ver- 
kussen  sich  bewährenden  bräutlichen  liebe,  schon  die  alten 
pcben  ausleget  haben  aber  dem  gedieht  eine  allegorische  den- 
k  gegeben,  als  ob  dadurch  das  liebesverhältnis  zwischen  gott 
1  dem  volk  versinnbildlicht  wäre,    in  folge  davon  ist  das  buch 

tD  alttestamentlichen  kanon  aufgenommen  worden  und  haben 
auch  einzelne  christliche  ausleger  alter  und  neuer  zeit  he- 
uen lassen ,  die  liebe  Christi  zu  seiner  kirche  hineinzugeheim- 


l 


552  R.  Hofinann:  Bchalbibel. 

niesen ;  allein  der  text  berechtigt  in  keiner  weise  zu  dieser 
—  Endlich  können  wir  mit  der  schon  oben  angeführten  lassmg  dv 
ansieht  über  die  apokryphen  nicht  übereinstimmen ,  dan  rie  Ui 
ansehen  einer  Offenbarungsurkunde  nicht  beanspraehen  kÜBMi'. 
das  ist  ohne  aUen  anstand  zuzugeben,  aber  können  denn  i.  h.  dv 
buch  Esther  oder  das  hohelied  mit  irgend  einem  flir  wob  GfariMM 
giltigen  grund  diesen  anspruch  erheben?  die  bereehtignng  n  & 
sem  anspruch  beruht  überhaupt  nie  und  nimmermehr  Mif  IniM^ 
liehen  gründen  und  menschlichen  autoritäten.   der  antendhiad  ihr 
von  kanonischen  und  apokryphischen  büchem  des  alton  teetaoMli 
hat  lediglich  nur  die  durchaus  morschen  stützen  des  maohtipivii 
der  alten  jüdischen  Synagoge  zur  gmndlage.    was  hat  aber  dff 
glaube  des  Christen,  ob  ein  buch  offenbarunganrknnde  sei  oiv 
nicht,  mit  diesem  jüdischen  tribunal  zu  schaffisn?'  daa  eönigntk* 
tige  in  dieser  sache  ist  das,  was  hr.  Schultz  in  seiner  alttestttMlL 
theologie  I  s.  17  also  ausdrückt:   ^diese  lesebüeher,  die  wog,  ^ 
kryphen,  schon  frühe  von  den  synoden  zu  Hippo  und  Kartk^i 
393,  415  und  419  n.  Chr.  in  der  abendländisch-katholiBelMn  kndki 
endgiltig  in  die  Sammlung  heiliger  bücher  aufgenommen ,  zinllk 
kenntnis  der  religiös-sittlichen  zustände  in  Israel  zn  Jesn  leit 
behrlich.   sie  sind  es  ja  hauptsttchlich,  die  uns  ein  bild  daTOa 
können ,  was  glaube ,  sitte ,  hoffhung  war  in  den  frommen 
denen  sich  das  Christentum  sowol  in  Jesus  selbst  als  in 


*  die  katholische  kirche  beagt  sich  prineipiell  imter  die  aataiifll 
der  traditioD  and  der  concilien,  kraft  welcher  antoritüt  nicht  nur  maiNktt 
von   den   altjüdiscben   satzniigeii,    sondern   alles  mögUehe  mWi  vi^ 
dauliches  und  nnverdanlicbes,  den  klreheng^noMen  in  giaabea  vitff 
tbun  auferlegt  ist.     diese  dürfen  sich  darüber  in  keiner  weise  bekiMMf 
was  sie  zu  leiden  haben,  geschieht  nach  ihrem  willen  ond  klr^HflMj 
grundsatz.    volenti  non  fit  inioria.     sind  sie  jm  mach  nm  so  bMMn 
Christen,  je  mehr  sie  sieb  von   ibrer  kirche  nnd  deren  nnfsUbSHB 
Oberhaupt  zumuten  lassen;  denn  sie  gehören  Cbiiito  an,  ym/Xwiä^ 
weit  sie  der  kirche  angehören  und  sich  unterwerfen,    der  eraafiHMht 
Christ  dagegen  gehört  der  kirche  an,  nur  weil  und  so  weit  er  ChM 
angehört,    kraft  dieser  'durch  den  söhn  uns  gewonnenen  fnShitSffi^ 
8,  36  hat  für  uns  jegliche  knecbtschaft  unter  der  menachen 
mögen  sie  den  kanon  oder  die  auslegung  und  muffasiUDg 
der  kirche,  z.  b.  in  betreff  des  bohenlieds  u.  dgl.  betreffen,  eia 
mal  aufgehört,    wenn  wir  unter  derlei  uns  nodi  bengeut  aadi  VHa  ip^j 
wider  unser  gewissen  und  unsem  wahrbeitssinn  streiten  mag,  10  ^^''Kq 
wir,  was  wir  nicht  zu  wollen  prineipiell  berechtigt,  nein  Y&towfcf  f*^ 
pflichtet  sind,     dasz  man  sich  bei  uns  so  schwer  Ton  dieetn  ^'■"^ 
losmacht,  beruht  scblieszlich  auf  dem  völlig  verkehrten  Torarlitt,  l4^, 
jenigen,  welche  möglichst  viel  von  traditionellem  saaertalg  ümAÖM^ 
haben  eben  deshalb,  auch  in  der  evangelischen  chrietenhetti  ^k^ 
'entschieden  gläubigen  und  frommen'  zu  gelten,  pnd  niui  hdie 
nötig,  ihnen  in  Wissenschaft  und  leben  noch  alle  mögliche 
zumachen,    die  freien  fürchten  die  knechtischen,    ni 

hat  grundsätzlich  mit  dieser  furcht  und  diesem  yomrieil  . 

beweist  dies  durch  mehr  als  ^in  beispiel;  nur  da  nnd  dort  koBH^rfl 
stück  oder  ring  der  rostigen  kette  zum  Vorschein.  der  flHL 


B.  Hofmann:  schulbibel.  568 

üngem  näherte;  sie  lehren  die  form  verstehen,  in  welcher  das  neue 
»ligiöse  leben  gestalt  gewann,  und  ihr  Zusammenhang  mit  der 
nblischen  religion  ist  so  stark,  der  geist  alttestamentlioher  frOmmig- 
iMit  bei  aller  Verschiedenheit  dieser  bttcher  so  mächtig  in  ihnen, 
iasz  es  unbedingt  gerechtfertigt  ist,  sie  auch  der  religiösen  er- 
banung,  wenn  auch  in  mehr  nebensächlicher  weise,  zugänglich  zu 
Bachen,  das  ist  gegen  die  einseitigkeit  übertriebener  bibelverehrung, 
wie  sie  wol  in  der  reformierten  kirche  vorgekommen  ist,  entschieden 
isttznhalten.'  das  evangelische  volk  lutherischer  confession  will  mit 
neht,  in  der  von  Luther  so  schön  formulierten  beschränkung,  die 
apokryphen  in  seiner  bibel  nicht  missen,  und  auch  eine  schulbibel 
^brf  sie  nicht  vornehm  ignorieren,  sie  wird  vielmehr  dieselben 
zwar  nicht  voUständig,  wol  aber  in  ausgiebigen  proben,  z.  b.  aus 
Sirach  und,  was  die  geschichtlichen  abschnitte  betrifft,  in  auszttgen, 
4ie  jedoch  die  färbe  und  lebendigkeit  des  Originals  beizubehalten 
kben,  aufnehmen  müssen,  wenn  sie  anders,  was  wiederholt  als 
bringender  wünsch  ausgesprochen  sein  möge,  recht  allgemein  ver- 
leitetes schul-  und  hausbuch  werden  soU.  —  Doch  damit  haben 
irir  bereits  das  andere  gebiet  der  wünsche  betreten,  welche  dahin 
4ehen ,  der  verf.  möchte  mit  gröszerer  entschiedenheit  und  selbst- 
thltigkeit  das  eine  und  andere  behandelt  haben,  d.  h.  in  berichtigung 
^  Luthertextes  um  ein  gut^s  stück  weiter  gegangen  sein,  darüber 
3K>ch  einige  werte  und  etliche  belegproben. 

£s  musz  zwar  bereitwillig  anerkannt  werden ,  dasz  keineswegs 
Vosz  da,   wo   die  revisionscommission  oder  Biehm  vorgearbeitet 
jii))en ,  sondern  auch  je  und  je  an  andern  dunkeln  stellen  die  selb- 
•:4ttiidig  berichtigende  band  des  verf.  wahrzunehmen  ist.     so  sind 
hub.  nicht  allein  1  Mos.  4,  26,  sondern  auch  4  Mos.  10,  29  und 
}S8,  23  und  in  manchen  andern  bei  Luther  ganz  unverständlichen 
z.  b.  2  Sam.  23,  5.  Sprüche  30,  15  u.  a.  die  fehler  gehörig 
»essert.     allein  wer  A  sagt,  soUte  auch  B  und  C  sagen;  eine 
zahl  der  berichtigung  höchst  bedürftiger  sätze  und  abedmitte 
dieser  wohlthat  nicht  teilhaftig  geworden  und  sollte  bei  einer 
rbeitung  einer  gründlichen  revision  unterworfen  werden,  mit- 
auch  solche,  die  Biehm  gleichfalls  noch  unbeanstandet  ge- 
rn hat. 

Gleich  1  Mos.  2,4 — 7  musz  an  der  hand  der  neuen  erklärer 
bessere  Ordnung  und  construction  gebracht  werden.     Luthers 
[t  gibt  kein  richtiges  bild  von  dem  hergang.  —  Der  ausspruch 
'1  Mos.  4,  7   wird    in    der    Übersetzung  Luthers   notwendig  mis- 
standen;  man  findet  darin  den  zwar  schönen,  aber  nicht  in  den 
imenbang   passenden  gedanken:    frömmigkeit   ist  die  wurzel 
Sittlichkeit,    hier  ist  zu  ändern ,  aber  nicht  nach  der  auffassung 
Bunsen ,  die  mehr  geistreich  als  einfach  und  natürlich  ist ,  son- 
mit  Oehler  (theol.  des  alten  testaments  I  s.  249  u.  a.) :   'nicht 
,  wenn  du  gut  handelst,  so  hebt  sich  dein  angesicht,  siehst  du 
^r  aus'  usw.    dies  ist  bei  vergleichung  mit  v.  6  der  entschieden 

N.  jmhrb.  f.  phil.  u.  p&d.  II  abt.  1875.  hft.  11.  36 


554  B.  Hofinann :  schulbibeL 

richtige  und  einfache  sinn  dieser  worte.  —  Auch  bei  1  \ 
läszt  sich  der  Luthertext  nicht  festhalten ,  die  meisten  aus] 
verschiedenen  standpuncten  sind  in  der  volletftndig  klan 
Setzung  eins:  ^nicht  soll  mein  geist  in  den  menschen  wa 
immer,  in  ihrer  abirrung  (von  göttlicher  Ordnung)  sind  si 
und  es  seien  ihrer  tage  (fortan)  120  jähre/  —  Die  scfareibai 
fluth'  s.  11  sollte  aus  triftigen  grttnden  beseitigt  und  mil 
vertauscht  werden.  —  Dasz  1  Mos.  15, 3  die  worte  bei  Lutiu 
völlig  anderes  besagen  als  der  grundtext,  ist  nicht  wohl 
zweifbin.  Bunsens  erklSrung  und  ttbersetsung  trifft  jeden! 
sinn  besser,  und  sollte  sie  auch  nicht  ganz  zutreffend  sein,  g 
doch  lieber  annähernd  richtiges  als  entschieden  fiedsehes.  - 
selbe  ist  zu  sagen  über  die  anmerkung  su  1  Mos.  41,  43.  - 
1  Mos.  47,  22  ist  notwendig  zu  verbessern,  gleichfalls  nach '. 
—  In  der  viel  besprochenen  stelle  1  Mos.  49,  10  sollte  je 
^der  meister'  und  ^der  held'  nicht  stehen  bleiben  und  du 
leichter  änderung  gesetzt  sein:  ^der  herscherstab'  und  *d( 
bringer'.  —  2  Mos.  17,  15.  16  ist  bei  Luther  unverstftnd 

musz  berichtigt  werden,  etwa  in  der  fassung: 'der 

mein  panier,  und  sprach :  ja  (ich  hebe)  die  band  sum  throne  J 
krieg  hat  Jehova  gegen  Amalek  von  kind  zu  kindeskiiid«' 
von  dem  inhalt  der  capitel  2  Mos.  21  —  23,  die  den  gei 
humanität  im  mosaismus  so  trefflich  beurkunden,  mehr 
wenigen  stellen  s.  78  aufgenommen  sein  sollte,  sei  im  vorflb 
bemerkt  und  dabei ,  für  den  fall  künftiger  aufhahnie ,  auf  de 
bei  Luther  23,  19  'du  sollst  das  böcklein  nicht  kochoi,  di 

an  seiner  mutter  ist'  statt ' in  seiner  mutter  milc 

gewiesen.  —  2  Mos.  32,  4  geben  die  worte:  'er  entwad 
einem  griffel  und  machte  ein  gegossenes  kalb*  durchaus  ki 
das  sich  zu  klarer  Vorstellung  erheben  l&szt.  neuere  wOrtc 
und  auslegungen  müssen  hier  und  sonst  oftmals  bei  schi 
technischer  dinge  noch  mit  allem  fleisz  benutzt  werden, 
thers ,  hierin  begreiflicher  weise  besonders  unklare  und  irre 
Übersetzungen  zu  berichtigen,  ja,  wie  Luther  selbst  sei 
fleischer  und  handwerker  aller  ürt  zu  rathe  zog,  nm  die  > 
mögliche  deutlichkeit  zu  erzielen,  musz  der  bearbeiter  sol 
scfauitte  in  unsem  tagen  neben  den  litterarischen  hüfiunitti 
den  Wörterschatz  des  jetzigen  tageslebens  und  der  gasse  m 
und  benützen,  wenn  er  eine  allseitig  genügende  sdbial-  an 
bibel  zu  stände  bringen  will.  —  2  Mos.  32,  29  ist  wieder 
Luther  ganz  und  gar  unrichtig  verstanden  und  wiedezgegel 
commentar  von  Keil  trifft  hier  wol  das  rechte,  es  liiri  sl 
zu  sagen  sein:  'versehet  euch  heute  mit  einer  gäbe  fttr 
(weihet  euch  seinem  dienste),  indem  ihr  (den  eben  bewie« 
horsam  bewährend  in  seinem  dienst)  söhn  und  bruder  nie 
kennet  und  euch  so  einen  sogen  erwerbet.'  —  4  Hos.  16, 2 
dem  hebr.  text  17,  3.  7)  ist  ebenfalls  ohne  verbessenmg  g 


E.  Hofmann:  sclralbibeL  5&6 

Terstehen,  es  musz  etwa  übeAetzt  werden:  'die  pfannen  dieser, 
»  durch  ihre  sttnden  ihr  leben  verwirkt  haben»  schlage  man  an 
eiten  blechen.'  —  5  Mos;  5,  7.  8.  9  hat  Luther  in  anfÜEÜlender 
jd  wirklich  tadelnswerther  weise,  da  es  sich  um  die  hanptnrlrande 
8  mosaismus  handelt,  die  im  hebrftischen  mit  dem  tezt  in  2  Mos. 
^,  3.  4.  5  fast  ganz  und  gar  gleichlautenden  worte  teilweise  in 
llkllrlich  yerftnderter  form  wiedergegeben,  dort  v.  7  'vor*,  hier 
3  *neben';  dort  v.  8  'kein  bildnis  machen  einigerlei  gleichnis', 
er  Y.  4  HEein  bildnis  noch  irgend  ein  gleichnis  machen*;  dort  ▼.  9 
ber  die  kinder',  hier  v.  5  'an  den  hindern'  gesetst  die  sohnlbibel 
■t  nicht  minder  auffallend  alle  diese  fehler  rahig  stehen,  wihrend, 
an  irgendwo,  hier  eine  berichtigung  ebenso  leiäit  als  unerlftszlich 
Ire. 

Doch  genug  der  ausstellungen.  sie  betreffen  sftmÜich  leichtere 
■duditliche  abschnitte  des  pentatenchs.  daraus  mag  ersehen  wer- 
B,*  wie  Viele  derartige  wünsche  nach  berichtigungen  in  sein«n 
Mischen  stücken,  im  segen  Jakobs,  Bileams,  Moses,  desgleichen 
i  sonstigen  dichterischen  oder  prophetischen  Schriften  sich  geltend 
■den  lieszen  und  wie  entschied^  im  interesse  dieses  bibäwerks 
■I  der  Sache,  der  es  dienen  soll,  verlangt  werden  muss,  dasz  in 
■er  zweiten  bearbeitung  ein  gründlich  revidierter  tezt  geboten 
ittde.  geschähe  das  nicht,  so  hfttte  jedenfalls  die  gelehrt^oschule 
Um  grund  zu  erklären:  da  behalte  ich  lieber  meine  vollständige 
klherbibel,  zumal  wenn  sie  einmal  in  der,  ob  auch  vielleicht  allzu 
icmenden  revision  der  commission  voriiegen  wird^  und  beheUe 
Hl  damit  wie  bisher,  andere  dagegen  wenden  sich  in  ihrer  not 
■Deicht  von  allen  bibeln  mit  Luthers  tezt  ab  und  legen  bei  ihrem 
Mnrricht  einzig  die  Übersetzung  von  Bansen  oder  anderen  lu 
le;  wieder  andere  lassen  sich  gar  an  diesem  oder  jenem  bibel- 
genügen, also:  'est  periculum  in  mora'  und:  Sideant  con- 
ne  quid  detrimenti  capiat  respublica*. 

Andererseits  konnten  diese  ausstellungen  zeigen ,  dasi  ei  dem 
iterstatter  keineswegs  um  bloszes  tadeln  zu  thun  war.  er  hat 
redlich  bemüht,  überall  zu  zeigen,  wo  und  wie  gebessert  wer- 
ikann  und  soU.  zugleich  musz  der  verehrte  hr.  vorl  seibat  dem 
1,  wie  viel  mehr  dem  wiederholten  ausdruck  der  anerkmaung, 
iweg  es  anftlhlen,  dasz  die  ganze  beepreehung  einzig  nur  cto- 
mitzuarbeiten an  dem  hochwichtigen  werk,  das  er  mit  so 
lichem  und  dankenswerthem  ernst,  fleisz  und  geschieh  unter- 
jtomen  hat,  und  bandreichung  zu  thun,  auf  dasz  bei  einer  noch- 
iKgen  durcharbeituug  der  groszen  und  schweren  aufgäbe  bei  ihm 
iinem  gewissen  sinn  sichs  bewahrheite,  wie  ^das  bessere  der  feind 
Eguten'  ist. 

I    SOBÖNTHAL.  L.    MbZOEB. 


36 


i 


656        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  80n  venwininlirag 

BERICHT   ÜBER   DIE  VERHANDLUNGEN  DER  DBES 
STEN   VERSAMMLUNG    DEUTSCHER   PHILOIiOOEN  1 

SCHULMÄNNER  IN' ROSTOCK, 

vom  28  September  bis  1  october  1875. 

(fortsetzang  and  schlnsx,) 


Pttdagogisohe  seotion. 

Erste  Sitzung,  mittwooh,  den  29  sept.,  Ton  S— 10  nhr. 

•  Nachdem  tags  zutot  nach  schlnsz  der  ersten  allgemeinen  si 
sich  die  pädagogische  section  in  der  aula  des  gymnatinrns  consti 
hatte,  bei  welcher  gelegenheit  dir.  Krause  zum  Torsitzenden,  die  k 
lic.  Schmidt  aus  Rostock  und  dr.  Wellmann  aus  Waren  in  scdiriftni 
erwählt  waren,  fand  am  mittwoch,  den  29  septbr.,  morffens  8  uk 
erste  Sitzung  statt,  auf  die  tagesordnung  war  ebenMIs  in  dei 
Versammlung  des  vorhergehenden  tages  die  zweite  der  beiden 
meldeten  prof.  Ecksteinsohen  thesen  und  ein  Tortng  des  dir 
dr.  Nölting  in  Wismar  gesetzt. 

1.    Die  zur  besprechung  gelangende  these  des  prof.  Ecketein  L 
^es  ist  dringend  an  der  zeit,  die  Ordnung  des  achalljalirea  nael 
bürgerlichen  jähre  zu  regeln,  und  die  nniversitäteB  sind  zu  dei 
^  nähme  an  dieser  zweckmäszigen  regelung  anfznfordem.' 

Prof.  Eckstein  erhält  zunächst  das  woct  znr  begrfindnng  i 
these.  nach  der  kurzen  historischen  notiz,  dass  die  ■ehnlferisB 
gar  nicht  so  etwas  altes,  sondern  erst  zu  anfang  dieses  Jahriiu 
entstanden  seien  und  nach  flüchtiger  berÜhmng  der  frage  nael 
Sömerferien  geht  der  thesensteller  dazu  über.  Über  die  gxoszc 
schiedenheit  der  ferien  in  den  verschiedenen  teilen  DentscUaB 
sprechen,  grosze  Verschiedenheit  in  bezug  auf  ferien  besteht  besQ 
zwischen  Nord-  und  Süddentschland  und  selbst  zum  teil  swisefas 
einzelnen  preuszischen  landesteilen.  Eckstein  ist  zwar  kein  freu 
centralisierung  und  will  auf  geistigem  gebiete  den  particnlaiiü 
Deutschland  gewahrt  wissen;  auch  gewährt  diese  Tersehiedenhei 
ferien  für  den  schulmann  den  vorteil,  anderswo  hospitieren  m  U 
deunoch  aber  ist  Eckstein  für  aufgäbe  der  jetzigen  elnriehtaB| 
anschlusz  der  ferien  mehr  an  das  bürgerliche  wie  an  das  .kirel 
jähr,  weil  wirklich  in  der  bestehenden  einrichtnng  von  somnei 
Wintersemester  ein  groszer  nachteil  liegt,  der  nachteil  ist  wol  gei 
da,  wo  das  Schuljahr  im  herbst  beginnt;  hingegen  die  schiden,  i 
Ostern  beginnen,  haben  vor  sich  ein  traurig  zerrissenes  somraertsa 
wo  man  nicht  warm,  oder  vielmehr  zu  warm  wird,  daiu  eins 
anderer  Unterbrechungen.'  Eckstein  meint,  die  vorteile  des  ansski 
an  das  bürgerliche  jähr  liegen  darin,  dasz  eine  gleichmlaiigsn 
teilung  der  arbeitskraft  der  sehüler  auf  die  winterseit  in  Stande  kc 
also  dasz  jedes  semester  etwas  von  der  winterzeit  abbekomme,  e 
in  die  mitte  des  Jahres  eine  gröszere  ferienzeit  gelefft  wisseoi  ek| 
dies  vielleicht  für  die  kleineren  sehüler  bedenken  taabem  kSaaa 
diese  einrichtnng  spricht  die  analogie  vieler  länder:  Rnssland,  8i 
den,  England,  weniger  Frankreich  richten  sich  naeh  dem  bfiffsri 
jähr.  Eckstein  verkennt  die  Schwierigkeiten  nicht,  die  sldi  dc 
führung  seines  Vorschlags  entgegenstellen,  besonders  nieht  dss 
festhalten  an  den  terminen,  an  denen  nun  seit  einer  langen  leih 
Jahren  die  ferien  gewesen,  der  thesensteller  wünscht,  Sass  bis 
über  die  frage  nach  den  Schulferien  allein  debattiert  und  erst  dss 
frage  nach  den  Universitätsferien  besprochen  werde. 


deutacher  philologen  und  schulmänner  in  Rostock.  567 

• 

Bector  Fnlda  will  die  fragen  nach  dem  schnljahr  und  den  schal- 
erieD,  die  in  Ecksteins  auseinandersetzung  zasamraengeworfen  seien, 
(«trennt  wissen. 

Director  Krause  erwidert  hierauf,  beide  fragen  lieszen  sich  natur- 
^eroäsz  nicht  trennen;  wenn  man  über  das  Schuljahr  spreche,  so  müsse 
Btn  eben  auch  über  den  anfang  und  die  Unterbrechungen  desselben, 
I.  i.  die  ferien  sprechen,  derselbe  eröffnet  die  discussion,  nachdem 
taf  seine  anfrage  die  Versammlung  ihre  Zustimmung  erteilt,  dasz  zuerst 
iter  das  Schuljahr  allein  debattiert  werde. 

Director  Raspe  (Güstrow)  bittet  prof.  Eckstein,  einmal  ein  ge- 
lAneres  bild  zu  geben  über  die  künftige  läge  der  schultage  und  arbeits* 
itanden. 

Prof.  Eckstein:  die  sache  ist  sehr  einfach,  die  kirchlichen  feste 
ni  ostem  (die  heilige  woche)  würden  eine  kurze  Unterbrechung  herbei- 
fihren,  pfingsten  wieder,  dann  folgt  eine  längere  Unterbrechung  von 
ß&f  Wochen  in  den  hundstagen  und  endlich  die  Weihnachtszeit,  in  der 
tlagere  erbolung  zu  gewähren  ist. 

Director  Steinhausen  (Friedland  i.  M.):'  so  einfach  liegt  die  sache 
lieht,  wenn  wir  mit  dem  ersten  Januar  beginnen,  so  wird  allerdings 
fis  gleichheit  der  beiden  semester  erreicht,  aber  nur  scheinbar,  denn 
veon  prof.  Eckstein  sagt,  dasz  die  hundstagsferien  6  wochen  dauern 
lollen,  so  würden  von  dem  zweiten  semester  schon  6  wochen  abgehen; 
lisa  noch  die  weibnachtsferien.  also  das  zweite  semester  würde  un- 
rerhältnismäszig  verkürzt,  auch  michaelis  musz  mindestens  eine  kleine 
ptose  gemacht  werden,  um  Schülern  noch  ezspectanz  zur  Versetzung  zu 
{«währen. 

Prof.  Eckstein:  schon  jetzt  steht  das  Sommersemester  in  gani 
pOBzem  misverbältnis  'zum  Wintersemester,  besonders  wenn  ostern 
l^t  fällt. 

Director  Steinhausen:  ganz  recht!  so  wie  es  ist,  kann  es  nicht 
ikiben.  es  fragt  sich  nur,  ob  nicht  ein  anderer  reformvorschlag  ge- 
Mcbt  werden  kann,  z.  b.  der,  dasz  das  Schuljahr  am  1  april  beginne 
ikoe  rücksicht  auf  osteru. 

Director  Raspe:  prof.  Eckstein  hat  in  der  begründung  seiner  these 
iMagt,  dasz  die  schüler  dabei  vielleicht  zu  kurz  kommen  möchten, 
■ran  musz  aber  gleich  die  ganze  frage  scheitern,  denn  wir  sind  um 
br  Schüler  wegen  da.    wenn  die  schüler  schon  durch  4  wochen  heraus- 

fcDen,  wie  viel  mehr  werden  sie  es,  wenn  wir  6  oder  gar  6  wochen 
n  haben! 

UProf.  Eckstein:  in  Süddeutschland  dauern  die  langen  ferien  bei- 
e  7  wochen  (Raspe:  das  ist  auch  nicht  gut!),  dieser  schade  ist 
Ibrdings  anzuerkennen,  ist  aber  kleiner,  wenn  die  ferien  zwischen 
pa  beiden  schulhalbjahren  liegen. 

ft  Director  Stein  (Oldenburg):  dieser  reform  steht  wol  nur  entgegen, 
Im  allen  reformen  entgegensteht:  das  ungewöhnliche  der  saehe.  die 
Iform  soll  das  möglichst  vollkommene  leisten;  das  ist  gleich  unmög* 
Kh.  die  Ungleichheit  der  semester  wird  bleiben,  wenn  wir  das  schul- 
|lkr  mit  dem  15  Januar  beginnen  und  mit  dem  30juni  enden  lassen,  so 
(bd  das  5Vt  monate.  davon  gehen  ab  8  tage  osterferien  und  4  tage 
jingstterien,  zusammen  etwa  %  monat,  bleiben  ö'/e  monat.  das  zweite 
hftester  würde  mit  dem  15  august  beginnen  und  mit  dem  20  december 
iUieszen.  dieses  zweite  semester  ist  ja  allerdings  kürzer,  hat  aber 
■0  Vorzug,  dasz  die  arbeitszeit  in  die  küblere  Jahreszeit  fällt  und 
Üiter,  dasz  die  thätigkeit  der  schüler  gar  nicht  unterbrochen  wird. 
y^  und  4V6  monate  geben  zusammen  ungefähr  41  wochen,  was  dem 
MTange  des  heutigen  Schuljahres  entspricht,  allerdings  werden  sich 
■irisse  übelstände  herausstellen,  aber  vollkommener  ist  die  neuere  ein- 
tbtung  als  die  ältere. 


558        Bericht  über  die  verhandlangen  der  80n  venwwninlfiiig 

• 

Provinzialschulrath  dr.  Klix  (Berlin):  die  firage  steht  bereiti  leit 
25  Jahren  aaf  der  tagesordnung.  es  müste  doeh  tot  allem  Mch  dM 
Verbindung  hergestellt  werden  zwischen  schule  nnd  miUtftr  m  Orts« 
und  michaelis.  das  darf  man  doch  nicht  so  mit  einem  haadwinlni  M 
Seite  setzen ;  denn  wenn  auch  einige  hochgestellte  militin  fir  dm  m- 
gestrebten  fall  Snderungen  in  der  militärorganisation  in  aoMiflhlm- 
stellt  haben,  so  bleibt  das  doch  noch  sweifelhaft.  wir  h«beii  ukib 
deutschen  Ostseeprovinzen  und  die  Schwell  mit  ine  ange  m  hmm. 
also  Schwierigkeiten  bleiben,  ich  glaube  nicht,  da»  die  gefeBWiitfft 
Ordnung  so  durchaus  schlecht  sei.  die  katholischen  anataltea  fcahii 
ihren  schulanfang  zu  michaelis  gesetit;  aber  su  ostem  Ist  dock  te 
anfaug  vorteilhafter,  denn  unsere  beiden  semeeter  mfiMen  dea  de* 
druck  eines  iambus  machen  und  nicht  eines  trochine.  •  was  im  eomB» 
Semester  versäumt  wird,  wird  im  langen  Wintersemester  stats  eiogtksH 
wir  wollen  beim  alten  bleiben! 

Prof.  Eckstein:  was  die  militftrfrage  anlanget,  so  kommt  dlsiilfci 
doch  wenig  in  betracht  für  die  schulf^age;  immer  nur  wenige  sekllir 
werden  zur  zeit  davon  betroffen,  was  die  bürgerliehen  YerklltBiw 
anlangt,  so  wird  der  eintritt  der  lehrseit  ein  anderer  werden,  WHi 
der  schulanfang  ein  anderer  wird,  die  universitlten  wftrden  natUil 
eine  ganz  andere  einrichtung  treffen,  aber  der  yergleieh  mit  dem  mi 
ist  wirklich  schief,  ich  habe  nur  das  ^iae  ins  äuge  gefasit»  du  Mh 
knüpfen  an  das  kirchliche  zu  beseitigen  und  gans  bMonaers  den  wssM 
zu  ostern. 

Director  Steinhausen:  ich  darf  dir.  Stein  wol  erwiflem,  te 
seine  rechnung  doch  immerhin  nicht  vollkommen  richtig  ist.  wen  vir 
6  Wochen  hundstagsferien  haben,  so  musz  in  den  S  unten  filsii  ii 
dieser  zeit  so  viel  verlernt  sein,  dasz  l'/t  mdnate  dain  gehSrta,  ■ 
das  verlernte  wieder  einzuholen;  also  sind  sie  beinahe  an  stuiAü. 
(rufe:  oh!) 

Prof.  Hertzberg  (Bremen):  das  metrische  System  von  wMM 
Klix  verstehe  ich  nicht  recht,  was  das  anbetrifft,  dass  die  knabsiB 
viel  verlernen  würden,  so  kann  man  das  durch  sogen,  farianslnnta  ik* 
ändern,  wie  sie  bei  uns  in  Bremen  üblich  sind,  da  haben  die  sciflVi 
welche  wollen,  3  woclien  mit  ungefähr  3  stunden  täglich  besetit  Am 
einrichtung  erfordert  allerdings  ein  opfer  der  lehrer;  dasselbe  wirdibv 
durch  klingende  münze  wieder  gut  gemacht. 

Oberlehrer  Schneider  (Qartz  a.  O.):  mit  jährlieher  TerssiMI 
kommen  wir  bei  kleinen  gjmnasien  nicht  aus;  man  wird  immer vili' 
darauf  zurückkommen  müssen,  zu  beiden  terminen  sn  venetsen.  H** 
Semester  steht  also  selbstänoig  da;  darum  darf  nicht  die  fem  A* 
iambus,  auch  nicht  des  trochäus,  sondern  ein  spondens  gewonnsn  ffi^ 
den.  den  gewinnen  wir  durch  prof.  Ecksteins  Vorschlag,  die 
Zeitunterschiede  sind  wirklich  nicht  schwer  wiegend,  es  ist 
ordentlich  unbedeutend,  wenn  3  wochen  weihnachtoferien»  1  woebsi 
ferien,  5  wochen  hundstagsferien  und  etwa  i  woche  oetoberteim  p" 
geben  werden,  jedenfalls  sind  so  die  beiden  Semester  gltiuhmiiif'f- 
jetzt  sind  die  hundstage  ganz  furchtbar  störend;  es  ist  mit  der  flBlItf 
anstrengung  nichts  zu  erreichen,  ich  bin  entschieden  dafBTi  das 
jähr  mit  dem  bürgerlichen  jähr  gleichmässig  zu  teilen,  dia 
z.  b.  das  etwas  gestörte  Verhältnis  zum  milltär,  sind  nicht 

Director  Steinhausen:  was  Eckstein  gesagt  hat,  ist 
dasz  6  wochen  im  Semester  störender  sind  als  zu  ende,  was  _ 
Hertzberg  aus  Bremen  gesagt  hat,  sogen,  ferienstonden  einäaühMi 
geht  wol  für  Bremen,  aber  nicht  für  kleine  gymnasien.  wena  sl« 
Oberlehrer  Schneider  gesagt  hat,  dasz  bei  kleinen  gymaasisn  eins  jtt^ 
liehe  Versetzung  nicht  möglich  sei,  so  kann  ich  ihm  mitteilen,  dsM  ^ 
sie  wirklich  durchgeführt  habe. 


deutscher  philologen  und  schalmänner  in  Rostock.  569 

Rector  Fat  da  (San^erhansen) :  ich  hin  für  heibehaltnng  des  zu 
•tem  bef^innenden  Schuljahres,  allerdings  unter  m&sziger  verlängerong 
er  osterferien.  mit  dem  anfan^  des  gymnasialschuljahrs  häng^  auch 
uaammen  der  anfang  des  Schuljahrs  bei  den  Volksschulen,  gesund- 
eitarücksichten  verbieten  für  diese  den  anfang  su  j'anuar.  die  Jugend 
rird  erst  wetterfest  mit  dem  besuche  der  schule,  es  ist  hingewiesen 
.nf  die  grossen  Schwierigkeiten,-  die  durch  die  verftnderlichkeit  des 
«terfestes  entstehen,  in  unserer  provinz  Sachsen  ist  schon  ein  ver- 
lieh gemacht,  diesem  nach  teil  zu  begegnen,  da  je  nach  der  läge  des 
•terfestes  die  ferien  sich  zu  demselben  verschieden  stellen,  bei  frühen 
«terterminen  liegen  sie  fast  ganz  nach  denselben,  sonst  vorher,  wenn 
inn  die  osterferien  noch  etwas  verlängert  werden,  so  läszt  sich  dadurch 
lie  Schwierigkeit  des  wechels  auf  die  angegebene  weise  noch  bedeutend 
rermindem.  einen  hanptgrund  für  die  beibebaltung  der  bestehenden 
»rdnung  finde  ich  in  den  militärverhältnissen;  diesen  punct  kann  ich 
ades  jetzt  nicht  erörtern,  da  er  mit  der  Universitätsfrage  zusammen- 
liängt. 

Oberlehrer  Schneider:  dir.  Steinhausen  möchte  ich  erwidern, 
ich  hatte  gesagt:  wäre  jährliche  Versetzung  durchführbar,  so  würde 
uns  die  ferienfrage  nicht  so  interessieren,  ich  meine  aber,  derartiges 
kt  nur  möglich  an  gymnasien,  wo  cöten  sind,  sonst  halte  ich  jähr- 
liehe Versetzung  für  pädagogisch  falsch,  sextaner,  quintaner  unreif  in 
die  folgende  classe  hinüberzuwerfen  ist  gefährlich;  sie  ein  ganzes  jähr 
nrückzuhalten ,  falsch,  also  weil  die  kleinen  gymnaslen  in  der  regel 
keine  parallelcöten  haben,  so  halte  ich  jährliche  Versetzung  daselbst 
ftr  undurchführbar. 

Director  Krause:  ich  glaube,  die  debatte  ist  auf  abwege  gerathen, 
Mf  die  frage  nach  jährlicher  oder  halbjährlicher  Versetzung,  kehren 
wir  zur  ersten  frage  über  das  Schuljahr  zurück. 

Prof.  Eckstein:  ich  kann  mich  sehr  kurz  fassen,  es  sind  eine 
reibe  von  bemerkungen  gemacht,  aus  denen  hervorgeht,  dasz  es  seine 
Schwierigkeiten  haben  wird,  sich  von  den  alten  Verhältnissen  loszn- 
iiis2en.  am  liebenswürdigsten  hat  der  College  aus  Sangerhausen  auf 
tie  Witterungsverhältnisse  hingewiesen,  nun,  Sangerhausen  ist  wol 
^as  windig,  aber  wenn  z.  b.  ostern  in  den  märz  fällt,  da  wird  die 
iWterfestigkeit  der  Jugend  auch  gerade  nicht  erreicht,  ich  begreife 
i^r  nicht,  wie  man  die  osterferien  vor  oder  nach  ostern  legen  kann. 
iD  viel  ist  aber  doch  auch  hervorgegangen  aus  den  erörterungen,  dass 
^  Verhältnisse  jetzt  so  bedenklich  sind,  dasz  eine  abänderung  wün* 
isbenswerth    ist.      die  frage   nach  Semester-  oder  jahrescursen  ist  ja 

ecklich  abgeschnitten;  darüber  ist  man  meist  einig,  nun  haben  wir 
dieser  eanzen  frage  uns  wirklich  nicht  einzulassen  in  eine  klein- 
hhe  berechnung  der  wochen ;  ich  habe  nur  im  allgemeinen  gesagt,  das 
Unljahr  solle  mit  dem  bürgerlichen  in  Übereinstimmung  gesetzt  werden« 
bk  bleibe  bei  meiner  Überzeugung. 

Da  sich  niemand  weiter  zum  wort  meldet,  läszt  der  versitzende 
bröber  abstimmen,  ob  die  Versammlung  mit  dieser  these  des  prof.  Eek- 
lein  eiuvorstande«.     es   ergibt   sich   eine  ansehnliche  majorität  dafür. 

Prof.  Eckstein  erhält  das  wort  zur  begründung  des  zweiten  teils 
•iner  tiiese,  der  worte:  'und  die  Universitäten  sind  zu  der  teilnähme 
m  dieser  zweckmäszigen  regelung  aufzufordern',  er  hält  diesen  punct 
Ir  schwieriger  darum,  weil  wir  in  Deutschland  noch  durchaus  auf  die 
imester  angewiesen  sind,  doch  glaubt  er,  dasz  die  Universitäten  mit 
RNiden  eine  solche  einrichtung  begrüszen  werden,  die  sie  von  dem 
MBmer  erlöst,  ^wir  haben  in  dieser  sache  nicht  die  initiative  und 
liuieu  den  anschhisz  der  Universitäten  an  diese  regelung  nur  als  einen 
Vnsch  bezeic'iineu.     eine  agitation  dafür  ist  bereits  im  werke. 

Rector  Fulda  ist  der  ansieht,  dasz  das  zwischen  den  Universitäten 
■d   dem   militär   bestehende  Verhältnis  nicht  geändert  werden  könne; 


560        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  80n  yenunmloiig 

denn  manöver  könnten  immer  nnr  im  herbit,  nie  im  winter  abfehaltt» 
werden,  es  würde,  wenn  also  keine  congrnem  swiechen  dtn  entrebtt» 
veränderten  nniversitätssemestern  und  .dem  militärJAlur  mSgUeh  sei,  ti» 
Student  3  semester  einbUszen  müssen. 

Gymnasialdirector  Kruse  (Qreifswald)  conttAÜert  naeh  soiaeB  «^ 
fabrnngen  unter  den  universitätslebrem  selbst  ein  groasea  üHarMie  fh 
abänderung  der  bestehenden  semesterordnung  and  ttbereimtifliimiag  aü 
dem  Schuljahre,  besonders  auch  die  profesaoren,  welohe  aSluM  hMHkM, 
hätten  den  sehnlichsten  wünsch,  Schulferien  und  nniTenitltoferieB  ii 
Übereinstimmung  gebracht  zu  sehen,  et  käme  auf  d«n  Teimeh  an,  ok 
die  Universitäten  sich  nicht  zum  anschlosc  an  die  angaatrabto  regeinf 
bewegen  liesen. 

Prof.  Eckstein  bestätigt  die  erf abrangen  des  dlreetor  KraMwa 
Leipzig  aus  und  fügt  hinzu,  dasz  auch  x.  b,  geriehtabaamta  aiir.  «a 
lebhaftes  Interesse  an  einer  änderung  hätten. 

Der  Präsident  läszt  abstimmen:  der  zweite  teil  dar  EekataiaKkia 
these  wird  fast  einstimmig  angenommen. 

2.  Vortrag  des  gymnasialdirector  Nölting  aoa  Wiamar:  '8btr 
einige  gangbare  fehler  in  der  Schulausgabe  des  griechiaehen  und  lateir 
nischen'. 

Redner  kann  bei  der  kürze  der  zeit  nicht  aoafilhrliab  aaf  zBt 
fehler  eingehen,  die  nach  seiner  erfahrung  in  der  anaapraaha  das  gm* 
chischen  und  lateinischen  gemacht  werden,  er  waisa  aahr  woU,  dm 
die  richtige  ausspräche  einer  todten  spräche  nieht  die  badantaif  kt 
wie  die  einer  lebenden,  auch  würden,  selbst  wann  dia  wiMaasebA 
im  Stande  wäre,  die  ausspräche  genau  festzustellen,  rialiaiafat  deck 
unsere  organe  dieser  ausspräche  nicht  gewachsen  aaia.  maaeiwii  i* 
jedoch  möglich,  sehr  ausführlich  erörtert  ist  die  falsche  auaapraelie  te 
diphthonge  at,  €t,  et,  €U  in  den  erläuterungen  zu  Curtina  acbnlgramaalik. 
nach  den  erfahrungen  des  redners  wird  falsoherwaiaa  cn  und  o  p^ 
gleich  gesprochen ,  ebenso  et  und  €U.  redner  zieht  aaeh  ab  vaa  te 
ausspräche  des  Z^  welches  weich  gesprochen  werden  man,  abaaia  VM 
der  ausspräche  des  6  und  will  nur  auf  zwei  pnneta  hinwaliaB,  f» 
denen  der  eine  schon  öfter  besprochen  wurde,  dar  aadara  aoeh  aieH 
der  eine  punct  betrifiPt  die  Verschiedenheit  der  ansspraaha  in  dar  ynM 
und  poesie.  in  der  poesie  wird  fast  allgemein  jetzt  der  aeeant  all  pr 
nicht  vorhanden  übergangen,  in  der  prosa  herscht  ar  allaln.  ta  «tri 
in  der  prosa  in  Wörtern  wie  dvOpuiiroc  die  von  nator  lange  aad  h 
Wörtern  wie  T0irr€c6ai  die  durch  position  lange  vorletata  ailbe  pv 
flüchtig  gesprochen  und  besonders  in  Wörtern  letzterer  art  fast  gzip 
verschluckt;  gerade  so  wie  wir  im  Deutschen  eine  vorletata  rilbs  ait 
mehreren  consonanten  nach  sich  völlig  unbetont  lassen,  wann  dar  aort* 
accent  auf  der  drittletzten ,  silbe  steht,  man  sollte  hier  aoeh  dar  fHB' 
tität  neben  dem  accent  und  trotz  desselben  zu  ihrem  raoht  vaikili* 
und  sich  nicht  damit  entschuldigen,  dasz  der  uns  g^nz  gelänfiga  daMki 
accent  solches  unmöglich  mache,  wir  haben  auch  im  daataehea  riii 
ganze  menge  von  Wörtern,  in  denen  accent  und  länge  aiah  gana  ai* 
vertragen,  z.  b.  aufständisch,  achtungsvoll  usw.  lange  endailban  Bti4* 
weiter  falscher  weise  kurz  gesprochen,  so  wir  sie  nieht  mit  einaa  csi- 
sonanten  schlieszen,  z.  b.  coqpia.  in  Wörtern  wie  crponTfföC,  WP  ^ 
accent  auf  der  letzten  silbe  liegt,  kommt  ebenfalls  die  länge  derTl^ 
letzten  silbe  nicht  zum  ausdruck. 

Der  zweite  punct  betrifft  die  ausspräche  grieehiaohar 
gesetzter  Wörter,  die  doch  sicher  eine  elnheit  bilden,   solche 
8etzung-en  haben  wir  uns,  verführt  durch  die  Schreibart  nnaarer 
gewöhnt  zu  zerreiszen  und  sprechen  nicht  irapoivdl  sondern 
eine  unnatürliche  auseinanderzerrung,  da  solche  Wörter  im 
iranz  gewis  ebenso  einheitlich  zu  sprechen  sind,  wie  wir  im 
ire  Zusammensetzungen  auch  in  der  ausspräche  ala  einhält 


deutscher  philologen  und  aohnlinftiiner  in  Bottodc  561 

Ml,  wenn  wir  i.  b.  sprechen:  herein,  herum,  darelB  new.  nnd  niditt 
ir-eiB,  her-om,  d^r-ein. 

Im  Uteinieehen  ist  die  Sachlage  eine  gans  andere,  während  wir 
m  aoBspraehe  des  gpriechischen  eiqjBr  theorie  Terdanfcen,  Ist  die  In  den 
shnlen  übliche  aosspraohe  des  lateiniechen  doch  offenbar  die  kirch* 
ehe,  also  eine  traditionelle,  diese  nnn  nmangestalten ,  wie  es  als  an« 
smeseen  erscheinen  könnte,  also  nicht  allein  den  slschlant  aneinmenen 
eim  c,  sondern  auch  bei  ti^  femer  das  «  yereehieden  an  spreehen^ 
okarf  im  auslante^  weich  in  der  mitte  Ton  awei  roealen:  aas  wird 
■saerordentlich  yiel  Schwierigkeiten  machen,  nodb  schvderiger  wfirde 
B  sein,  die  l&nge  durch  position,  welche  Corssen  wenigatena  bei  vielen 
rtetem  nachgewiesen  hat,  in  der  ausspräche  einanfäuren:  rir,  pMtBf 
tfßfu  usw.  ob  das  möglich  sein  wird,  beaweifelt  redner  durehauSb 
Bteresiant  ist  ihm  der  gegenständ  dadbroh,  weil  in  den  yersehiedenen 
^nlen  Terschiedener  gebrauch  herscht.  einaelne  sobulen  halten  sich 
{aas  an  die  traditionelle  ausspräche:  AeMiiMt,  puer^.  erti  aUmfthlieh, 
Msonders  in  folge  der  grammatik  von  Zumpt,  wnrden  die  endsUben 
liag  gesprochen,  nun  ist  man  aber  Tiel  weiter  gegangen;  man  hat 
umfangen,  udgeftthr  wie  im  griechischen,  einen  kursen  stamm  kurs 
n  sprechen,  also  h6mOf  Hgo»  redner  meint  nun,  wenn  man  so  weit 
|ilie,  dasz  man  die  kürsen  richtig  spreche,  so  weit  man  es  Tcrmöge, 
IS  dfirfe  man  auch  nicht  auf  halbem  wege  stehen  bleiben  und  müsse 
«irklich  alle  resultate,  die  z.  b.  Corssen  erlangt  habe,  in  der  ansspraohe 
tmrenden.  ob  das  aber  wtinschenswerth  sei,  bleibe  dahingestellt;  klar 
Mi,  dass,  je  weiter  man  sich  entferne  von  der  traditionellen  ansspraehe^ 
disto  grössere  conflicte  entständen  mit  dem  leben,  das  ja  so  viele  Wörter 
dni  lateinischen  entlehnt  habe,  so  dasz  der  vorteil  den  naohteil  viel* 
kiefat  nicht  aufwiegen  würde,  redner  schliesst  mit  der  frage»  woher  es 
Wnme,  dasz,  während  man  sonst  den  vocal  vor  einer  position  durchaus 
hm  spreche,  man  in  einem  einsigen  werte  die  länge,  steonlich  allgemein 
i|tcche,  nemlich  in  dem  werte  i$i7 

Nach  diesem  vortrage  schreitet  man  sur  feststelluug  der  tages- 
•daong  für  die  nächste  sitsung  am  folgenden  tage,  für  die  nur  die  seit 
Vü  8—9  uhr  morgens  zu  geböte  steht,  auf  Vorschlag  des  herm  prof» 
Isrtiberg  (Bremen)  wird  nach  einigen  Verhandlungen  beschlossen, 
iiaea  für  die  orientalische  seetion  angekündigten  Vortrag  des  herm 
lief.  Schlottmann  aus  Halle  über  die  sogenannte  esrpriousehe  sehrift 
feit  anzuhören  und  zu  diesem  sweeke  die  numerisck  kleinere  orienta- 
Ibhe  seetion  zu  ersuchen,  für  morgen  das  sitanngslocal  der  pädagogi* 
Men  seetion  mit  dieser  zu  teilen. 

^    Es  fragt  sich,  womit  die  voraussichtlieh  noch  bleibende  seit  ans- 
NföUt  werden  soll,    da  es  nicht  möglich  ist,  in  derselben  die  .snrüek- 

tllte  erste  these  des  prof.  Eckstein  gribidlieh  an  behaiideln*,  so 
ilieszt  die  Versammlung  im  einverständnis  mit  dem.  thesensleller 
Mbst  einen  vertrag  des  herra  dir.  dr.  Rehdants  ans  Krensbnrgt  ^ie 
Msche  litteratur  und  die  deutsche  Jugend'  auf  die  lagesordmmg  sa 

Zweite  Sitzung,  donnerstag,  den  30  sept.,  von  8 — 9  uhr. 

In  der  heute  vereinigten  orientalischen  und  pädagogisch-didaktischen 
llktioD  überträgt  der  Vorsitzende  der  letzteren  dem  versitzenden   der 


•i 

*  diese  these  lautete :  'der  dualismns  der  höheren  schulen  ist  weder 
horch  ein  gesamtgjmnasium  (bifurcation  oder  gar  trifürcation)  noch 
Itoeh   Vernichtung   der   realschulen   zu   beseitigen,     den   realschülem 

Bder  besuch  der  Universitäten  gestattet  werden,  aber  unter  grösseren 
hränkungen.     die  errichtung  von  mittelschulen  ist  ein  dringendes 
Würfhis. 


I 


562         Bericht  über  die  verhandlmigen  der  80n  Tenamnilnng 

ersteren,  herrn  prof.  Philippi  ans  Rostock,  das  prXsidinm,  nadbdti 
der  orientalischen  section  gedankt  für  die  bereiiwilligkeity  mit  du 
anf  den  wünsch  der  pädagogischen  section  eing^angeii. 

Hierauf  hält  herr  prof.  Schlottmann  (Halle)  den  aiigeküiidii 
Vortrag  ^iiber  die  neu  entzifferten  griechischen  insohriftan  in  m 
cypriotischer  schrift,  insbesondere  die  tafel  Yon  Idalion'. 

Redner  kann  bei  der  ktine  der  seit  nur  die  hauptpanete  di 
gegenständes  berühren,  er  beabsichtigt,  snerst  eine  knne  fiber 
über  die  geschichte  dieser  entdeckung  sn  geben,  sodann  Qber  da«  n 
der  Schrift  das  sicherstehende  und  eine  übersetrang  der  tafel  Ton  In 
mitsnteilen,  hierauf  eine  bisher  noch  nicht  yerenehte  gesehiehti 
deutung  ▼orsnbringen  und  endlich  eine  der  basonden  sehwtef 
stellen  specieller  zur  prüfung  Torsolegen.  —  Seit  langen  saitea 
stierten  in  fast  allen  tnünssammlnngen  Enropas  eine  aniahl  tob  miii 
die  man  schleohterdingH  nicht  unterzubringen  wüste,  mit  einer  ael 
die  man  nicht  deuten  konnte,  manche  hielten  die  lelurtft  fflr  phSaid 
«0  erklärte  noch  Qesenius  in  seinem  bahnbrechenden  werke  bmm 
Phoen.  eine  solche  münze  für  phönicisch,  während  er  von  einer  and 
deren  Zeichnung  er  beifügte,  behauptete,  dass  sie  nicht  phSnidaeh 
der  geniale  forscher  auf  dem  gebiete  der  nnmlsniatik,  der  kariog 
Lujnes,  ist  der  erste  gewesen,  der  diese  denkmäler  in  richtiger  w 
örtlich  untergebracht  hat.  er  erkannte,  dasz  diese  tämtliehen  mli 
nach  Cypern  gehören,  er  erkannte  die  Identität  der  sehrift  mit  aadsi 
Gjpern  gefundenen  denkmälern.  er  ist  selbst  da  geweaen  nnd  hst 
bedeutendste  dieser  denkmäler,  die  tafel  von  Idalion,  in  aeineB  b< 
gebracht,  eine  auf  beiden  selten  schön  beschriebene  erstafel,  mit  eil 
ringe  an  der  seite,  der  zum  aufhängen  diente,  er  hat  dieae  fSotsckoi 
niedergelegt  in  seinem  epochemachenden  werke:  nnmismatione  et 
scriptions  cypriotes.  seitdem  ist  dieser  name  'oypriotiaeh*  nersel 
geblieben;  Franzosen  und  Engländer  gebrauchen  ihn,  aneh  redner 
ihn  beibehalten  wissen.  Luynes  machte  nun  anch  dantnngaveiwi 
ausgehend  von  einer  münzinschrift,  wo  er  in  den  bnchataben  EY  < 
abkürzung  von  dem  namen  des  köni^s  Enagoraa  erkannte,  di 
knüpfte  er  weitere,  aber  falsche  conjectnren.  auf  diese  deotu 
versuche  von  Luynes  gründet  sich  dann  der  unglttekliehe  vemek 
Roth,  die  ganze  Inschrift  von  Idalion  in  semitischer  spräche  si 
klären.  Luynes  selbst  erkannte  wol  die  schwächen  dieeer  arbeit,  li 
sie  jedoch,  weil  sie  an  ihn  anknüpfte,  in  prachtvoller  avastattai| 
deutscher  spräche  in  Paris  drucken,  wobei  er  besondere  fypen  (Gr 
cypriotische  schrift  gieszen  liesz. 

Der  erste  weitere  schritt  zur  entzifferung  nnd  erkllmng  dieisr 
Schriften  geschah  durch  den  auf  dem  gebiete  der  semitischen  epignf 
hervorragenden  Franzosen  Yoget,  der  das  glück  hatte,  die  erste  phSiddf 
griechische  bilinguia  zu  finden,  dennoch  kam  man  bedeniend  «li 
dufch  die  auffindung  einer  phönicisoh-cypriotischen  bilingnia,  dii  i 
englische  consul  Laug  auf  dem  gründe  des  alten  Idalion  entlsd 
ein  griechischer  freund  deutete  ihm  den  phönicischen  teil  deriailhi 
in  demselben  stehen  nun  zu  anfang  die  Worte:  4m  vierten  jahie 
königfs  Malkjathftn,  des  königs  von  Kition  und  Idalion*;  anf  der  grie 
scheu  Seite  entsprechen  nach  jetzt  feststehender  deatnng  die  WM 
ßaciK^Foc  MtXKideovuic  KtTtOi  Ka[c]  'IboXtwv  ßaaX^Foc.  Lan«  eiku 
nun  durch  suharfsinnige  combination  die  stelle  dieser  einiuneane 
die  in  der  cypriotischen  schrift  durch  puncto  geschieden  alnd,  g 
richtig,  lesen  aber  konnte  er  noch  nichts. 

Dem  Engländer  George  Smith  blieb  es  vorbehalten,  snent  eimel 
zu  lesen,  er  las  zuerst  das  wort  ßaciX^Foc,  und  hiervon  anagehend  1 
er  durch  scharfsinnige  combination  zur  entziffemng  einer  liemiie 
anzahl  von  zeichen,  auch  erkannte  er  schon,  dasa  die  worte  aa  e 
verschieden  auslauteten,  dasz  also  casusendungen  vorhanden  tefai 


deatMher  phiiologen  und  nohnlmänimr  in  Boatodc  668 

ftker  di«  spräche  dem  indogermanUehen  spraehttmmm  aiigieli6r«n  mfitte. 
idoeh  hielt  er  trots  des  Wortes  ßactX^Foc  die  spräche  nieht  fBr  grieehiseh. 

Der  erste,  der  wirklich  licht  in  die  sache  bradite,  ist  der  Teistor* 
MM  Brandes,  dessen  letste  arbeit  die  entsiifemng  dieser  insehriften 
«r.  er  erkannte  snerst  den  griechischen  Charakter  nnd  hat  ganae 
iUen  richtig  gelesen;  allerdings  mnsten  auch  manche  misgriffe  mit 
■torlanfen.  Moriti  Schmidt  selgte  diese  arbeiten  an  nnd  beseidmete 
\m  mit  recht  als  eine  der  glKnsendsten  entdecknngiett  der  nemeit.  er 
ilbat  arbeitete  weiter  nnd  liat  im  wesentlichen  snerst  das  i^lablsohe 
fitem  dieser  schrift  richtig  erkannt,  dann  schrieben  Deker  nnd  8igls* 
Hmd  in  der  Cnrtinsschen  seitschrift  iiber  diesen  gegenständ,  sfo  haben 
ilbetKadig  mit  Schmidt  zum  teil  die  gleicl|en  ei^bnisse  gewonnen. 
■  einigen  pnnoten  sind  sie  bedeutend  weiter  gegangen  als  Sdimidt  nnd 
Mben  namentlich  sprachTergleichend  eine  ansahl  Ton  formen  richtig 
«stimmt.  Seh.  hat  dagegen  einwendnngen  erhobe%  in  einseinen  pnncten 
iH  recht,  io  gewissen  haaptpnncten  mit  unrecht,  an  erwShnen  ist  noch 
ine  besprechung  dieses  gegenständes  Ton  Bergk,  der  einsehies  richtig 
limerkte,  leider  aber  in  wesentlichen  stficken  die  arbeit  seiner  tot- 
fliger  nicht  genug  berücksichtigte. 

Was  nun  die  cypriotische  schrift  selbst  anbetrifft,  so  ist  dieselbe 
Mas  syllabische  und  erinnert  an  die  assyrische  keilschrift.  das  eigen« 
Naliche  besteht  darin,  dass  Yon  den  mutae  die  3  labiales  ba,  pa,  pha, 
tts  8  dentales  da,  ta,  tha  und  die  8  gutturales  ga,  ka,  kha  durch  je 
Ab  seichen  ausgedrückt  werden,  die  Silben  werdea  in  anderer  weise 
flbUdet  als  in  der  assyrischen  keibchrift,  nemlich  so,  dass,  wenn  ein 
WMonant  das  wort  endet,  die  geschlossene  silbe  mit  e  geschlossen  wird. 
M  aufeinanderfolgenden  consonanten  in  der  mitte  wird  der  dem  yorher* 
priMuden  Tocale  entsprechende  laut  hinangefiigt:  iaiMoc  ■■  |Aic66c.  bei 
JPMten  mit  swei  consonanten  an  anfaug  wird  iwischen  diese  ein  vocal 
■lietst,  der  dem  Tolgenden  entspricht:  iroToXic  ■■  irrdXic  (yorgl.  das 
Mwa  des  hebr&ischen).  charakteristisch  ist  femer,  dass  das  digamma 
Itoehaus  geschrieben  ist.  ausserdem  haben  Deker  nnd  Sigismnnd  in* 
Ital  gefunden,  dasz  auch  der  coasonant  je  yorluiDden  ist,  was  Schmidt 

C  unrecht  in  sweifel  gezogen  hat.  endlioh  ist  noch  liininfilgen,  dasi 
ny  (v)  nicht  geschrieben  wird,  wo  es  yor  einem  starken  consonanten 
lekt,  z.  b.  irdTo  für  irdvra,  dOpunroc  für  dvOpumoc 
^-  Was  die  spräche  betrifft,  so  ist  das  denkmal  ein  höchst  wichtiges. 
Riehst  bestätigt  sich  die  griechische  ttberliefemng«  dasa  beeonders 
■Itadier  sich  in  Cypem  niedergelassen  haben,  es  sind  eine  gansa  an- 
von  eigennamen ,  welche  specifisch  arkadisch  sind,  statt  dud  ist 
r  geschrieben  dirO  c.  dat.,  statt  t  findet  rieh  öfter  u;  ttOpöStti. 
r  uiden  sich  einzelne  formen,  die  Qomerisch  sind:  IM,  ö  fibr  6o 
kommen  specifisch  cjrprische  eigenheiten,  welche  wif  als  solche 
n  aus  den  eigennamen  bei  HesYchins.  so  ist  beaonden  heryof- 
n  das  Yon  Hesychius  als  cyprisch  beseiehnete  wie  ■«  Kod,  dc  ■• 
t  dann  besonders  die  wunderliche  eigenheit  des  cyprischen.  dass  es 
I  gen.  s.  auf  ou  ein  v  ephelkysticon  hat.  Schmidt  sieht  diese  yon 
'  er  und  Sigismnnd  gemachte  entdeckung  yöllig  mit  unrecht  in  iweiftl. 
taterdem  finden  sich  noch  eine  anzahl  yon  sprachgeschichtlioh  höchst 
inrkwürdigen  und  interessanten  formen,  z.  b.  das  längst  yermntete 
iF^vai  für  öoOvai,  ferner  der  acc.  sing,  der  dritten  dedination  mit  v: 
iMeran,  den  arzt.  •  • 

Redner  liest  nunmehr  eine  Übersetzung  der  tafel  yon  Idalion  yor, 
ei  bemerkend,  dasz  ihm  im  ganzen  alles  sicher  zu  sein  scheint,  dass 
h  die  in  betracht  kommenden  zahlen  der  geldsummen  sehr  zweifel- 
sind, 'als  die  Stadt  Idalion  Meder  und  Kittier  belagerten  in  des 
lokypros  jähre,  des  sohnes  des  Onasagoras,  beauftragte  der  könig 
'  ypros  und  die  Stadt,  die  Idalier,  den  Onasilos,  den  söhn  des 
ikjrpros,  den  arzt  and  die  gebrüder,  die  menschen,  die  im  kämpfe 


i 


664        Bericht  über  die  Verhandlungen  der  80n  Tertammlmig 

gelitten  hatten,  ohne  lohn  za  heilen,  and  sngleioh  BAgton  m  der  kBal| 
und  die  Stadt  dem  Onasilos  und  den  gebrfidem  atutatt  der  Uze  ni 
anstatt  ehrengeschenks  m  geben  seitens  des  haosae  dos  ^i^f  vi^ 
seitens  der  Stadt  an  silber  1  talent  (hier  steht  ein  saUseiehea  rli »  du 
man  viel  zu  hoch  für  11  talente  erkl&rt  hat),  oder  aber  es  solHe  gthsa 
statt  dieses  Silbertalentes  der  köniff  und  die  atadt  dem  OnasUotui 
den  gebrndem  von  dem  lande  des  königs«  welches  in  dam  Alsaprii 
tischen  heiligen  bezirke  liegt,  das  in  der  niedemnff  befindHeka  gnai- 
stück,  welches  des  Onkas  tennenflnr  heiszt  und  alle  darauf  veiiiiii 
nen  pflanzungen,  es  abgabenfrei  inne  zu  haben  mit  ToUer  nntaBisnm 
während  lebensdauer.  sollte  aber  jemand  den  Onasüoa  oder  die  |f* 
brüder  oder  die  kindeskinder  des  Onasikjpros  ans  diesom  graadsÜak 
exmittieren,  alsdann  soll,  wer  sie  exmittiert,  sahlea  dem  Onasiks  edtf 
den  gebrüdern  oder  den  kindeskindem  diese  sÜbersammey  aasUberds 
talent.  und  dem  Onasilos  allein  ohne  die  andern  gebrftder  sagte  la  te 
könig  und  die  Stadt  zu  geben  anstatt  des  ehrengeschenkes,  das  sa  te 
taxe  kommt,  an  silber  42  minea,  oder  aber  es  sollte  gaboa  dor  kisi| 
und  die  Stadt  dem  Onasilos  statt  dieser  silbersnmmo  Ton  dorn  laade  i« 
königs,  dem  Malanischen,  in  der  ebene  gelegenen,  das  giiinilsWAi 
welches  des  Amenias  tennenflnr  heiszt,  samt  lülen  darauf  bofladttelm 
Pflanzungen,  welches  grandstück  anstösst  an  den  baoh  dos  Diyndes  wd 
an  die  priesterin  der  Athene,  und  den  in  dem  aekorfeldo  von  ttaail 
gelegenen  garten ,  welchen  da  Diweithemis,  der  dolmotseher,  iaas  Wl 
als  tennenflnr,  welcher  anstöszt  an  Pasagoras,  den  söhn  dies  OsiM- 
goras,  und  alle  darauf  befindlichen  pflanzungen,  dlesolbaa  slBeke  i^ 
gabenfrei  inne  feu  haben  mit  voller  nutzniesznng  wihrond  labsamdL 
sollte  aber  jemand  den  Onasilos  oder  die  kinder  des  Onasiloa  aas  alt 
sem  lande  oder  aus  diesem  garten  entfernen,  alsdann  soll,  war  sie  «^ 
fernt,  zahlen  dem  Onasilos  oder  den  kindem  diese  saamio  aa  iflbir) 
42  minen.  —  Und  dies  auf  die  talente  bezügliche, 'diese  TOtoiabaiM 
werte  legte  der  könig  und  die  Stadt  nieder  zu  der  gSttfai  Athaas,  9» 
über  IdaUon  ist,  mit  eidsohwüren,  nicht  zu  brechen  diese  ansage  wlbnai 
lebensdauer.  sollte  jemand  diese  ansage  brechen,  dem  soll  ss  dM 
frevelschuld  sein,  diese  ländereien  und  diese  gärten  solltan  dssOssri 
kypros  kinder  und  kindeskinder  inne  haben,  welche  in  dam  heffigV 
bezirke  von  Idalion  sind.' 

Da  mittlerweile  die  zeit  schon  sehr  weit  vorgerüekt  ist  (am  9  dt 
soll  die  dritte  allgemeine  Sitzung  beginnen),  so  kann  redner  die  biMi* 
letzten  teile  seines  Vortrags  nicht  mehr  in  vorgenommener  weiss  sih 
führen,  er  weist  nur  noch  kurz  darauf  hin,  wie  diese  InsobiUlsa  Mer 
nisse  für  eine  uralte  oultur  auf  Cypem  seien,  die  mit  YotdersiJw  ^ 
Verbindung  stehe.  derTortrag  wird  mit  grossem  beifall  watgmamam 
man  begibt  sich  darauf  schleunigst  in  die  dritte  allgemeine  sitSMgi  ^ 
welche  ein  anderes  mitglied  der  orientalischen  sectiony  prof.  OpMrt^ 
Paris,  einen  Vortrag  über  assyrische  keilsohriftforsohnng  aagekfiMi^kA 

Dritte  Sitzung,  freitag,  den  1  oct.,  von  8 — 10  ahr. 

^  Auf   der  tagesordnung  steht  .zunächst  der  in  der  Torigaa 
aus  mangel  an  zeit  nicht  mehr  gehaltene  vertrag  des  kam 
dr.  Rehdantz  aus  Kreuzburg:  ^über  die  römische  Htteratar  aad 
deutsche  Jugend'. 

Redner  geht  ohne  einleituag  in  die  sache  und  beseiehaet 
Vortrag  von  vom  herein  als  einen  kämpf  gegen  die  phrase,  die  dsnh 
die  römische  litteratur  bei  unserer  Jugend  allzu  sehr  geaftbrt  wird.  '** 
kennte  sie  nicht,  diese  dämonen?  wir  hören  sie  ja  in  der  latanatleMh 
wir  ringen  gewaltig  gegen  sie  im  kämpfe  wider  den 
mir,  der  ich  leider  durch  das  Studium  des  Demosthenes  ein  SQ 
ohr  bekommen  habe  für  alles,  was  phrase  ist,  mir  tönt  slSy 
sie  gut  gemeint  ist,  in  tischreden  usw.  unaufhörlich  ontgafSB.* 


daottcher  philologen  und  flchnlmftaner  in  RottodL  5W 

e  pbraae  wird  in  den  schulen  genihri  durch  das  lateinische.    wMh- 

wir  im  deutschen  aufsats  viel  an  sehr  den  yedankaninhalt  hetooan, 
itt  den  inhalt  mit  der  form  oonform  su  machen,  wanden  wir  im 
nlselien  alle  kraft  auf  die  form,  ohne  auf  den  Inhalt  denkend  da- 
hen.  diese  gedanken  sind  dem  redner  gekommen  daroh  aina  saane 
•r  nnterseconda  eines  gjrmnaaiQms,  wo  bei  dar  fibarsatanng  eiaas 
saareichen  satses  ans  einem  lateioisohen  sohiiftstelür  as  groaiar 
Ca  der  erklilrung  bedurfte,  um  die  sehfiler  an  beftiadigen.  <die 
sa  achiittelten  ihre  jugendlichen  hüapter,  nnd  mir  gioag  es  dnroh 
aale:  ist  denn  wirklich  «die  lateinische  litteratar  so  toU  von  phraaaa? 
B  wirklich  unsem  jung^  sum  bewustaeia  konmieii  dia  onwahrksit 
»r  Schriften?  sollte  wirklich  daraus  sich  erkliran  laasitt  das  ab- 
lan  des  Studiums  dieser  classiker?  und  warum  ist  aas  erst  jatat 
mm  bewnstsein  gekommen?  wir  alle  wissen  ja,  wie  nm  1600  das 
«tea  der  lateinischen  litteratar  elektrisch  auf  die  geister  befreiend 
le.  nun  schärften  swar  die  Streitigkeiten  des  Ito  imd  17n  Ji^r- 
torts  den  blick  für  den  inhalt  dieser  sohrifteni  aber  wir  wissen 
,  wie  in  den  schulen  das  streben  der  besten  lohrar  dieser  aait»  der 
tea,  wie  alle  ihre  exercitationes  nur  darauf  gaiiohtat  waren  and 
'  mit  mehr  oder  minder  bewustsein,  die  Oden  su  bildan  aa  dam 
alen  geweba  der  toga  yirilis  Bomana,  ohne  dia  wahriieit  der  ge* 
ten  su  beräcksicbtigen.  so  stand  es  mit  diesen  sahalen;  etwas 
er  die  norddeutschen  schulen,  etwas  mehr  grfindliehkait  and  etwas 
r  hahnebächene  Steifigkeit,     wie  konnte  auch  yon  dnar  lait  naah 

dreiszisjährigen  kriege,  wie  konnte  Ton  lehrera  damaUgar  aaity 
diesen  homines  obscuri  et  humUes,   wie  koaata  Toa  aokSiaa  dia 
isnt  politische  litteratar  der  Bömer  aaf  irgend  walcha  gatst>  and 
befriedigende  weise  erörtert  werden?' 
Redner  zeigt  nun  im  folgenden,  wie  die  phrase,  nur  ein  Istaen  Ton 

aantel  tod  tagend  und  Wahrheit,  in  das  hen  des  fransösisahen 
SS  gefallen  und  von  diesem  nicht  selbst  denkandan  Talke  ailrig 
legt  sei,  wie  dann  wir  Deutsehen  auf  den  standpnnat  gekomman 
i,  dasz  wir  als  massstab  unserer  bildnng  dia  frtuiaösisMa  gaaall- 
llsphrase  ansahen,  'nun,  die  freiheitsicriege  haban  aas  aofl  pdU- 
an  kindem  zu  jtinglingen ,  die  stürme  Ton  1866  and  1870  sa  mla^ 

geschlagen,  hat  aber  diese  gewaltige  entwioklang  nnaars  tanam 
IS  Tertiefend  gewirkt  auf  uns,  dass  wir  nicht  melur  dam  formalis- 
su  liebe  das  wesen  der  dinge  ausser  acht  lassen?  iah  könnta  das 
dem  lateinischen  Unterricht  nicht  sagen.'  radaor  kaauat  non  aaf 
I  Torfall  aus  seiner  Schulzeit  su  sprechen,  wo  er  nnd  aaiaa  mit- 
br  zuerst  in  praktischer  weise  bekanntaohaft  gamaehl  alt  dar 
rfschen  phrase.  'damit  trat  ein  widarwilla  bei  nna  ai«  gagaa  dia 
■lache  litteratar,  der  lange  jähre  unaaarottbar  bliab.»  was  wir. ab 
Inge  fühlten,  ist  mir  später  klar  gewordaa.  nidrt  viala  latainisoha 
Ihm  sind,  auf  Wahrheit  und  sdiöahait  das  Inbalta  aaimsehsil, 
kmh  und  geeignet,  die  geister  und  harsea  nnserer  jagand  wailar 
■den.'  redner  findet  den  grund  hierfttr  in  dar  art  &i  antstahnag 
limischen  litteratar,  die,  geboren  durch  das  eintreten  dar  halleni* 
I  gedankcnwelt,  wie  einst  zu  Perikles  Zeiten  die  sophistische  bil- 
V  so  neben  allem  gnten,  was  sie  brachte,  doch  auch  Tieles  gesunde 
vreiszend,  wesentlich  negativ  wirkte,  auf  diesem  so  rasierten 
a  nun  eine  eigne  litteratur  zu  eraeagen,  dazu  fehlte  es  einerseits 
lOmischen  geiste  an  arkraft,  andererseits  auch  der  römischen  ge- 
bte  an  den  auszem  günstigen  bedingungen.  die  blutigen  bürger- 
ß  hinderten  die  Sammlung  und  klärang,  bei  der  es  nur  möglich  ist, 
B  nreinigen  feistes  zu  schaffen,  diese  parteikimpfe  sind  henror- 
ba  aus  dem  ebrgeiz  einzelner,  und  die  lateinischen  Schriften  sind 
iiagelbilder  dieser  kämpfe,  kein  wunder  daher,  dass  in  ihnen  dar 
j^  die   leidenschaft,   die  phrase  so  wichtig  sind«    ja,  es  gibt  Tiala 


i 


566        Beriobt  über  die  verhaiidluiigen  der  80n  Tonaiiiiiiliing 


werke  der  römischen  litteratnr,  welche  die  achtimic  ▼or  der 
l^radezu  trüben,    daza  kommt,  daaz  dem  praktiMhen  r9miadieB 
jeder  sinn  für  das  ideale  fehlt,  das  um  der  saehe  aelbat  wQhm  neb 
einer  sache  hingibt,    der  Deutsche  brauobt  aber  dieae  Uealitit;  danni 
kann  anch  die  römische  litteratnr  sein  hers  aaf  keiae  weite  erflHML 
^wer  da  glanbt,  dase  Livius,  wo  er  rhetorischer  sohriftateUer  whd,  Um 
Caesar,  dieser  gewaltige  geist  in  seinen  diplomatitehen  eoniBMBluiN» 
dasz  diese  sich  messen  könnten  mit  den  Griechen,  mit  Heredeto  i«i- 
seliger,  aber  treuherziger  Wahrheitsliebe,  mit  Thnkjdidea  SBpeittillil> 
keit,  mit  Xenophons  bescheidenheit,  der  kennt  nieht  die  wiriraag 
Schriften  anf  das  herz  der  jngend.    nnd  das  hers  mnti  gefaHt 
die  maszlosigkeit  und  bescheidenheit  des  lateinitohen  aaedniehi  mM 
sich  in  dem  häufigen  gebrauch  des  Superlativs:  vir  elariaiiaw  «•  dffjp!« 
gegen  welche  lügen  man  erst  allmählich  abstumpft,     ea   gibt  keiM 
römischen  Schriftsteller,  selbst  den  liebenswürdigen  Vergil  ud  CMI 
nicht  ausgenommen,  der  an  die  Qriechen  hinanreichte. 

Trotz  dieser  absprechenden  urteile  erkennt  jedoeh  redaer  die 
litteratur  nicht  nur  um  ihrer  formbildenden  bedeatang  willen  an  (wd 
welcher  rernünftige  lehrer  möchte  diesen  formalismos  aa^gebeaf),  w 
will  anch  unter  beschränkung  und  richtiger  aaswabl  der  Ist- 
türe  den  in  ihr  steckenden  ethischen  werth  yerwerthet  aehea.   aoUf* 
ten,  wie  leider  auch  die  prachtvolle  Miloniana  wird  man  freiKek  hMm 
lassen  müssen,     aber  zur  erziehung  unserer  jugead  ra  gntea  ilHli* 
bürgern  sind  manche  Schriften  der  Kömer  geeignet  doroii  Ma  alnM^ 
geeetzlichen  sinn,  der  durch  sie  hindurchweht,  dureh  die  ToUet  offc^ 
fähige  Vaterlandsliebe,  die  sich  in  ihnen  offenbart,    aa^  bUdet  der 
das  concrete  und  reale  gerichtete  sinn  der  Römer  ein 
gewicht  zu  unserm  hang  zur  abstraction  und  an  trlaiaereiea. 
dem   erklärt  nur  die  römische  litteratur  und'  g^schiehte  dea  gaag  te 
Weltgeschichte  bis  auf  unsere  tage;   die  Napoleoaen  habea  sieh  W 
Caesar  und  Aug^stus  raths  erholt,     'kennen  also  raflaaea  wir  da 
die  mittel,  durch  welche  alles  geworden  ist,  aber  befraohtaader 
wir  wirken  durch  die  alle  keime  der  befruchtung  in  aiah 
griechische  litteratur.    also  kurz!    wir  werden  die  grammatiauh  fswMJi 
Stellung  des  lateinischen  unerschütterlich  festhalten,  die  lat^Bie  fMl* 
halten,  aber  sie  äuszerlich  beschränken,  innerlich  siebten,  ao  dusii 
den   letzten   5  jähren   des   gymnasialcurses   griechisch   aad  laliMiA 
gleichviel  Unterrichtsstunden  haben.' 

Die  frage  des  Vorsitzenden,  ob  die  yersammlnng  Über  ditsM  b 
geschmackvoller  form  und  mit  grosser  wärme  gehaltenea  vortiaf  dM 
debatte  wünsche,  wurde  bejaht. 

Director  Lothhola  (Stargard  i.  P.)  betont,  data  in 
wärtig  viel  ventilierten  frage  so  viel  feststehe,  daaa  der 
unserer  nationalen  litteratur  durch  Schiller,  Herder  aaw.  Mk 
lieh  anlehne  an  das  Studium  der  griechischen  litteratur  and 
römischen,    mit  recht  sei  auch  in  neuerer  aeit  wiederholt  anf  dii 
Seligkeit  der  römischen  litteratur  im  Verhältnis  zur  griechiaukji  My 
gewiesen;    aber  dennoch  glaube  er,    dasz  dir.  Rehdanta  die 
litteratur  zu  ungünstig  beurteilt  habe,    was  den  hinweia  aaf  dea 
hyperbolischen  gebrauch  des  lateinischen  superlatiya  betrefltoi  aof 
sich  ähnliche  redewendungen  auch  im  deutschen,  ohne  daaa 
ursprünglich  darin  liegenden  Übertreibung  überhaupt  noek 
dagegen  sei  groszes  gewicht  darauf  zu  legen,  daaa  der  si 
unseres  wissenschaftlichen  lebens  gestört  werden  würde,  wanndblifc 
litteratur  nicht  mehr  in  dem  bisherigen  umfange  betrieben 
unsere  ganze  Jurisprudenz  verdankten  wir  den  Römern , 
das  Studium  anderer  Wissenschaften,  besonders  der  theolefie,  nl 
kenntnis  der  lateinischen  spräche  erforderlich,    redner  wi^desM^  dl* 
ihm  die  auseinandersetzungen  des  herm  dir.  Rehdanta  etwaa  JUmUWw 


deutsclier  philologen  and  schulmäimer  in  Rostock.  567 

sheinen,   und  fürchtet  nicht  so  üble  sittliche  folgen  der  lat.  litteratnr 
ir  die  schule  wie  der  Vorredner. 

Director  Steinhaas en  (Friedland  i.  M.)  billigt,  was  dir.  Rehdants 
ber  den  die  jagend  mehr  anziehenden  inhalt  der  griechischen  sohrift- 
heller  gesagt  hat,  ebenso  ist  er  aber  auch  damit  einverstanden,  dase 
B  dem  lateinischen  Unterricht  auf  dem  gymnasiam  durchaus  festzu- 
alten  sei.  denn  wenn  Cicero  in  de  officiis  an  Quintus  schreibe:  ^de 
»bo8  ipsis  utere  tno  iudicio  —  nihil  enim  irapedio  — ,  orationem  aotem 
•aünam  efficies  profecto  legendis  nostris  pleniorem',  so  gelte  das  nicht 
loox  für  Quintas,  sondern  besonders  auch  den  lehrem  stehe  das  recht 
a,  de  rebus  ipsis  suo  iudicio  uti.  man  dürfe  sich  nicht  scheuen,  die 
rahrheit  zu  sagen  und  auch  in  der  prima  bei  der  lateinischen  lectüre 
aranf  hinzudeuten,  dasz  hier  eine  phrase,  dort  ein  nngeschichtlicher 
inn  sich  geltend  mache,  die  primaner  seien  in  der  läge,  die  Wahrheit 
Q  schätzen,  redner  fuhrt  dann  in  bezui;  auf  die  grammatisch- formale 
tsllung  des  lateinischen  des  weiteren  ans,  welch  eine  unentbehrliche 
dldungsschule  des  geistes  durch  den  lateinischen  Unterricht  gewonnen 
ferde.  er  ist  daher  der  ansieht,  dasz  das  griechische  vermehrt,  das 
tteinische  aber  nicht  allzusehr  verkürzt  werden  dürfe. 

Dir.  Rehdantz:  in  der  sache  stimme  ich  dem  letzten  redner  ja 
bei;  ich  will  nur  2  stunden  des  lateinischen  Unterrichts  in  der  secnnda 
uf  das  griechische  übertragen,  dem  ersten  redner  mnsz  ich  aber 
Mfen,  dasz,  wenn  wir  uns  nicht  mehr  bewust  sind,  phrasen  lu  ge- 
kranchen,  wir  dann  auch  schon  der  phrase  verfallen  sind,  was  er 
fstagt  hat  über  den  Zusammenhang  unsers  wissenschaftlichen  lebens, 
•0  ist  das  zwar  richtig,  aber  diese  speciellen  Wissenschaften  der  juris- 
iradenz  wie  der  theologie  beschäftigen  uns  in  der  schale  sehr  wenig 
nd  gehören  auf  die  Universitäten. 

Provinzialschulrath  Wehrmann  (Stettin)  hält  eine  beschränkung 
^  lateinischen  für  nicht  geboten,  sobald  man  dem  nachteile,  den  die 
ithaische  litteratnr  auf  unsere  Jugend  ausüben  könne,  durch  richtige 
faterpretation  begegne,  wenn  die  lateinischen  Schriftsteller  so  gelesen 
«Irden,  als  ob  sie  lauter  Wahrheit  und  Vorbilder  enthielten,  könnten 
ik  freilich  schädlich  wirken,  aus  dem  drastischen  beispiele,  das  dir. 
lehdantz  aus  seiner  präzis  angeführt,  gehe  doch  nur  die  forderung 
Wrror.  in  schonender  und  zarter,  dann  und  wann  auch  kräftiger  weise 
üf  ein  etwaiges  Verderbnis  in  dem  jedesmaligen  Schriftsteller  hinzu- 
Hifen,  bei  dem  sonst  ein  hoher  sittlicher  ernst  wohl  vorhanden  sein 
taue.  Schiller  -ergreife  bekanntlich  unsere  Jugend  mächtig,  und  ge- 
Nie  er  sei  reich  an  phrasen.  die  schöne  Miloniana  dürfe  man  freilich 
v  der  schule  nicht  lesen,  weil  der  redner  für  eine  angerechte  sache 
Mnite,  die  Ode:  Integer  vitae  nicht  bis  zum  Schlüsse  lüs  lebensregel 
Üfftellen. 

Provinzialschulrath  Kl  ix  (Berlin)  erklärt,  es  sei  gegenüber  der 
1  in  einer  pädagogischen  section  ausgesprochenen  ansieht,  der 
lleinisehe  aufsatz  sei  die  blute  und  stütze  des  gymnasiums,  neuerdings 
^  wohlbekannter  seile  her  in  höhnender  und  widerwärtiger  weise  be- 
mptet,  dergleichen  thorheiten  müsten  ein  ende  nehmen,  das  lateinische 
lirke  eDtsittlichend,  die  lectUre  des  Cäsar  sei  eigentlich  ein  attentat 
■f  die  deutsche  Jugend,  durch  viel  latein  in  der  schule  zöge  man  viele 
MQiten  heran,  als  er  seines  freundes  Rehdantz  recht  kräftige  polcmik 
■gen  die  phrase  zu  anfang  seines  Vortrags  gehört,  habe  er  gefürchtet, 
Mz  der  verehrte  Demostheniker  auch  in  die  art  dieser  leute  gerathen 
rf.  indes  sei  in  diesem  Vortrag  umgekehrt  wie  in  der  ars  poetica  die 
■lier  formosa  am  ende  erschienen,  der  schlusz  habe  ihn  sehr  getröstet, 
■r  scheine  ihm  eine  kleine  inconsequenz  darin  zu  liegen,  die  lateinische 
Hsratur  so  anzuerkennen  und  doch  ihr  die  phrase  vorzuwerfen,  ihm 
i  die  lateinische  phrase  doch  noch  viel  lieber  als  die  französische, 
I  sie  doch  immer  noch  einen  inhalt  habe,    von  ganzem  herzen  stimme 


568        Bericht  über  die  verhandlangen  der  SOn  ventaininliing 

er  aber  der  ansieht  bei,  dasz  der  griechischen  lectfire  ffiSnertr  rsns 
in  den  schulen  zu  gönnen  sei.  er  wolle  aber  dir.  Rehdanti  gebstai 
haben,  seinen  vertrag  drucken  sn  lassen  als  einen  heilMimen  dlmpfiB 
gegenüber  allen,  die  die  philologen  als  bornierte  menschen  danasttllsi 
suchten,  die  immer  nur  in  der  Vergangenheit  lebten. 

Prof.  Dinter  (Grimma)  bittet  dir.  Behdants  um  ein  veneichnif  4t 
lateinischen  schritten,  die  er  für  die  sehullectfire  noeh  lalasse.  e 
wisse  allerdings  nicht  recht ,  was  nach  dem  absprechenden  nrteila  dt 
Tortragenden  noch  übrig  bleiben  solle. 

Dir.  Rehdantz:  ich  nenne  phrase  nur  die  gans  bewnste  dirir 
genz  des  inhalts  mit  der  form,  und  diese  geht  ulerdingt  durch  ndi 
Schriften. 

Da  sich  niemand  weiter  zum  werte  Ineldet,  so  fragt  der  TSf 
sitzende ,  ob  die  Versammlung  als  solche  sich  über  den  Tortrag  abi- 
sprechen  wolle. 

Dir.  Stein:  insofern  keine  these  vorliegt,  iat  keine  abstünanf 
möglich. 

Provinzialschulrath  Klix:  aber  es  darf  ein  antrag  gestellt  wtrtai 

Dir.  Rehdantz:  ich  möchte  also  bitten  an  eonatatleren,  ob  fii 
Versammlung  sich  im  allgemeinen,  abgesehen  von  allen  apeGiAUflta, 
mit  der  tendenz  dieses  Vortrags  einverstanden  erkl&rt. 

Dir.  Stein:  wenn  es  sich  darum  handelt,  dem  Tortrage  samtlbmis 
auf  grund  der  vom  redner  gegebenen  definition:  phraae  ist  bewaitoih 
des  Widerspruchs  zwischen  Inhalt  und  form,  d.  h.  mit  andern  trtw 
lüge ,  dann  müssen  wir  wohl  alle  mit  dem  vortrage  einveretandeB  icii< 
aber  es  sind  doch  auch  noch  viele  andere  puncte  berührt,  die  weit  Itai 
diese  elementare  bestimmung  hinausgehen;  ich  bitte  daher  fflier  dlM 
puncte  erst  um  eine  debatte. 

Provinzialschulrath  Klix:  ich  stelle  den  antrag,  dem  redner  ta 
dank  auszusprechen  für  seinen  vertrag  mit  der  bitte,  denselben  n  var 
öffentlichen. 

Da  der  antrag  unterstützt  wird,  so  läset  der  vorsitaende  abatiaMt^ 
die  Versammlung  erklärt  einstimmig  sich  dem  redner  an  dadk  fW 
pflichtet  und  bittet  ihn  um  Veröffentlichung  seines  vortrage. 

Da  der  gymnasial lehrer  B.  Pansch  aus  Rendsburg  auf  ib  h^ 
sprechung  seiner  angekündigten  thesen  über  evangeUaehen  reU|lMr 
Unterricht  an  höheren  schulen  im  hinblick  auf  die»  kune  aor  w0k 
bleibende  zeit  verzichtet,  so  erhalt  herr  Oberlehrer  dr.  Frio4rUk 
Latendorf  aus  Schwerin  das  wort  zur  begrtindung  der  Ton  ika  |^ 
stellten  thesen,  welche  lauten:  *Für  die  statiatiseh-blographiMkM 
angaben  in  den  schulprograramen  ist  es  wünschenswerthi  ri^  M^ 
wendig,  dasz 

1)  für  neu  eintretende  lehrer  nicht  blosz  ihr  äusserer  büdunmm 
sondern  auch  ort  und  zeit  der  gehurt  und  stand  der  ehsA  V" 
gegeben  wird; 

2)  für  abiturientcn  und  die  aus  'den  oberen  claasen  angachdJBid* 
Schüler  die  persönlichen  angaben  über  ort  und  seit  der  «borti 
stand  und  Wohnort  der  eitern  in  derselben  vollatlndlgken  wlir 
geteilt  werden,  wie  es  bereits  von  selten  des  reichs  in  nbSarliBftV' 
und  freiwllligenzeugoissen  verlangt  wird; 

3)  über  die  todesfälle  ehemaliger  zöglinge  genauer  und  regelBitsi|i' 

bericht  abgestattet  wird; 

4)  dasz  periodische   Zusammenstellungen  von  lehrem  tiad  ssUlü* 
nicht  blosz  bei  Jubiläen  der  einzelnen  anatalten,  aondera  gW^ 
zeitig  und  gemeinsam  von  allen  höheren  schulen  imgaBset<' 
sehen  reiche  veröffentlicht  werden; 


deutscher  philologen  und  achulmänner  in  RoBtock.  569 

5)  dasz  In  diesen  wiederkehrenden  listen  mit  der  chronologischen 
anordnung  zugleich  eine  gliedernng  nach  berufsfächern  Yerbunden 
wird,  um  das  beharren  und  den  Wechsel  innerhalb  derselben  in 
ihrer  örtlichen  und  zeitlichen  bedingtheit  klar  zu  erkennen,  und 
endlich 

6)  yielleicht  die  hauptsache,  dasz  sorgsame  alphabetische  register 
über  lebende  und  abgeschiedene  und  über  das  von  ihnen  beiden 
erreichte  lebensalter  —  womöglich  für  den  Zeitraum  mehrerer 
generationen  —  angefertigt  werden,  um  einerseits  die  absolute 
und  relative  mortalität  der  verschiedenen  berufsciassen  zu  ver- 
folgen, andererseits  zugleich  innerhalb  nicht  weniger  familien- 
gp^ppen  das  beharren  und  den  Wechsel  in  phjsischen  und  psychi- 
schen qnalitäten  (u.  a.  neigungen,  körperliche  gesnndheit, 
krankheitsaulagen  u.  dgl.)  anschaulich  zu  beobachten.' 

Der  thesensteiler  sagt  einleitend,  dasz  er  lieber  durch  eine  erst  in 
wa  2  bis  3  monaten  fertige  eigene  statistische  arbeit  in  der  praxis 
tuigt  hätte,  was  er  in  den  thesen  nur  andeuten  konnte,  so  könne 
bei  der  kürze  der  zeit  nur  ganz  allgemein  die  gesichtspuncte  an- 
iben,  die  ihn  bei  diesen  thesen  geleitet  hätten,  es  sind  zwei  gesichts- 
incte,  ein  allgemeiner  und  zugleich  politischer  und  ein  specieller  und 
fleich  individueller,  die  vergleichung  der  oft  sich  widersprechenden 
ogramme  thut  evident  dar,  dasz  hier  ein  mangel  vorliegt,  dasz  nun 
n  politisches  bedürfnis  vorhanden  ist,  ist  schon  damit  bewiesen,  dasz 
Ml  Seiten  des  reichs  gewisse  statistische  angaben  von  den  schulen 
irlaDgt  werden,  prof.  Virchow  sagte  vor  4  jähren  auf  der  Schweriner 
kthropologenversammlung:  'unsere  zeit  musz  gut  machen,  was  die 
irgangenheit  gesündigt  hat';  er  sprach  das  in  bezug  auf  volksüber- 
»feruDg.  redner  aber  meint,  dasz  wir  nicht  bloss  die  Sünden  der 
irgftDgenheit  gut  zu  machen,  sondern  auch  die  mängel  der  gegen  wart 
itingleichen  und  dafür  zu  sorgen  haben,  dasz  unsere  nachkommen  in 
esem  puncte  besser  von  unserer  gereifteren  einsieht  denken,  gegen- 
>er  der  ansieht,  die  der  thesensteiler  dieser  tage  von  collegen  gehört, 
At  im  lauf  der  geschichte  doch  eigentlich  nur  fSr  wenige  menschen 
«  bedürfnis  vorhanden  sei,  ihren  ausgangspunct  genau  zu  kennen, 
eicht  er  die  Überzeugung  aus,  kein  einziges  Individuum  stehe  so 
idrig,  dasz  es  in  seinem  kreise,  in  der  Ordnung,  in  welche  es  gott 
vtellt,  vergessen  werden  dürfte,  und  andererseits  kein  Individuum 
ihe  SO  hoch,  dasz  es  vergessen  dürfte,  dasz  es  den  besten  teil  dessen, 
ü  es  der  weit  gibt,  nicht  sich  zu  danken,  sondern  der  weit  entlehnt 
i,  im  einzelnen  seine  thesen  zu  vertheidigen,  dazu  fehlt  dem  redner 
llrdings  die  zeit. 

Provinzialschulrath  Klix  bittet  den  thesensteiler  um  nähere  schrift- 
kt  entwicklung  seiner  speciellen  gesichtspuncie. 

Dr.  Fried r.  Latendorf  antwortet,  dasi  er  dies  in  dem  letaten 
■  ihm  geschriebenen  programm  des  Schweriner  gymnasiums  bereits 
dum. 

Der  Präsident  spricht  dem  thesensteller  den  dank  der  Versammlung 
s  und  die  bitte,  über  these  6  und  6  noch  ganz  besonders  detaillierte 
tichtspuncte  aufzustellen. 

Nachdem  hierauf  der  Vorsitzende,  herr  gymnasialdirector  Krause, 
r  Versammlung:  seinen  dank  abgestattet  dafür,  dasz  sie  ihm  seine 
liidialgeschäfte  immer  leicht  gemacht  habe,  ist  die  letzte  Sitzung  der 
44gogisc}ien  sectiou  für  die  diesjährige  Versammlung  geschlossen. 

Auf  die  aufforderung  des  provinzialschulrath  Kl  ix  bezeugt  die  ver- 
Amlung  ihrem  Präsidenten  für  die  umsichtige  durchführung  seiner 
m  so  mühsamen  wie  die  geduld  oft  auf  die  probe  setzenden  auf- 
ht  ihren  dnnk  durch  ein  allgemeines  erheben  von  den  sitzen. 

H.jthrb.  f.  phil.u.  päd.  II.  abt.  187?.  hft.  II.  37 


570        Bericht  über  die  verhandlangen  der  30n  Yenttmmlaiig 

Germanistisch-ro  man  istische  Section. 
Erste  Sitzung,  dienstag  den  28  sept. 

Bei  dem  referat  über  die  sitznngen  der  germaniBtiseh-romaiiiitiMbei 
section  bemerkt  referent  im  voraus,  dasz  es  ihm  leider  nieht  nSgliak 
war,  denselben  selbst  beizuwohnen,  und  dasi  daher  dieser  kbscr 
gehaltene  teil  seines  berichte  sich  nicht  auf  eigne  anfieichnafn 
gründet. 

Die  german.-roman.  section  constitnierte  sich  nach  dem  schlnai  dir 
ersten  allgemeinen  sitsnng  in  einem  anditoriwn  der  oniTenittft  oatcr 
Vorsitz  des  herrn  prof.  dr.  Reinhold-Beohstein  (Bostoek). 

Nach  einigen  begrüszungsworten  erinnert  derselbe  an  den  im  letriM 
jähre  erfolgten  tod  einiger  fachgenossen,  hierauf  mittallnnfsn  nr 
schiedener  art.  die  im  jähre  1859  eingegangene  ^Zeitschrift  f&r.aealwhi 
mundarten'  ist  in  diesem  jähre  von  Frommann  wieder  ins  leben  p- 
rufen,  ein  verein  für  niederdeutsche  Sprachforschung  gagrifaidet,  k, 
Lübben  in  Oldenburg  zur  weiterführung  des  mit  dem  TSistOffbisw 
dr.  Schiller  in  Schwerin  gemeinsam  begonnenen  mittelniederdeataota 
Wörterbuchs  auf  längere  zeit  beurlaubt. 

Hierauf  wähl  der  Präsidenten  und  Schriftführer;  prisident  ist  jnL 
dr.  Bechstein,  vicepräsideut  geheimer  hofrath  prof.  dr.  Bartseh  m 
Heidelberg;  Schriftführer  sind  die  herren  dr.  Nerger  und  privstdscMt 
dr.  Lindner,  beide  aus  Rostock. 

Nachdem  hierauf  die  tagesordnung  für  die  nächste  sitinng  feilp" 
setzt  ist,  vertagt  sich  die  Versammlung. 

Zweite  sitzuug,  mittwoch  den  89  sept.,  8—10  ahr. 

Der  Präsident  macht  die  mitteilung,  dasz  iVb:  die  section  «iigi* 
gangen  sind  ein  Vortrag  über  das  encyklopädische  wdrterbach  der  fril^ 
zösischen  und  deutschen  spräche  von  prof.  dr.  Sachs,  gehalten  fM 
prof.  Merkel  in  Freiburg,  nebst  anhang  enthaltend  kriliken  Toa  ^ 
A.  Strodtmann  und  dr.  Paul  Lindau,  sowie  eine  namenülek  flr 
romanisten  interessante  schrift  von  prof.  Bartsch,  alsdann  hält  dtf 
Tagesordnung  gemäsz  hcrr  dr.  Lübben  (Oldenbon^)  den  angekfiadiflM 
vertrag:  'Charakteristik  der  mittelniederdeutschen  Utteratnr'.  das  mm* 
niederdeutsche,  das  führt  der  redner  ans,  erreicht  das  mittelhoehdeatMht 
nicht  in  der  lyrik  und  im  epos,  übertrifft  es  aber  fast  im  draaSi  ^ 
war  seiner  zeit  eben  so  gut  Schriftsprache,  wie  das  hochdeatsehSi  tf^ 
weist  in  der  prosa  eine  erstaunen  erregende  reichhaltigkeit  aoL  ftsl' 
lieh  verdrängte  dann  mit  dem  sinken  der  hansa  das  hoehdentsehs  Ü^ 
sen  sprachzweig  als  Schriftsprache  immer  mehr;  jetst  ffleicht  das  aisita^ 
deutsche  einer  majestätischen  eiche,  die  freilich  aus  ihrer  wnnel  Mit 
mächtige  schöszlinge  treibt,  deren  krpne  aber  vergangen  ist. 

Es  knüpft  sich  an  diesen  vertrag  eine  knrse  diseossion.  naeh  4l^ 
selben  erörtert  herr  prof.  Sachs  (Brandenburg)  die  frage:  'wis  M 
falsche  gelehrsamkeit  und  volksweisheit  die  spräche  beeinflnsstf*  » 
diesen  sehr  interessanten  vertrag  knüpft  sich  eine  lebhafte  debatls,  fit 
wegen  der  vorgerückten  zeit  abgebrochen  werden  moss. 

Dritte  Sitzung,  donnerstag  den  30  Sept.,  morgens  8  nhr. 

Auf  der  tagesordnung  steht  ein  vertrag  des  herrn  prof.  dr.  Mali 
(Berlin):  'über  die  celtischen  sprachen  und  deren  einflosi  auf  ^ 
deutsche,  englische,  französische  und  die  übrigen  romanischen  spraiiit 
die  ein^anderung  der  Gelten  aus  Asien  nach  Europa  geschah  fiflhir  tl* 
die  der  Germanen,  als  nun  diese  später  die  ihnen  voransgegsagesit 
Völkerschaften  teils  verdrängten,  teils  sich  auch  mit  ihnen  TarmisehMi 
nahmen  sie  überall  die  höhere  cultur  der  besiegten  an,  wo  sie  riek  v^ 


deutscher  philologen  und  Bchulmänner  in  Boetock.  571 

tenselben  berührten,  so  übernahmen  sie  auch  eine  meng'e  celtischer 
»ezeicbnungen  für  gegenstände,  die  sie  erst  dieser  höheren  cnltor  ver- 
tankten,  redner  bringt  zahlreiche  beispiele  bei  zur  erläatemng  dieser 
richtigen  thatsacbe. 

Es  erfolgt  eine  kurze  debatte;  nach  derselben  wird  die  Sitzung  bis 
1  uhr  Tertagt. 

Hierauf  hält  herr  geh.  hofrath  prof.  dr.  Bartsch  dem  verstorbenen 
Ireslauer  germanisten  Heinrich  Rückert  einen  langem  nekrolog, 
lurch  den  er  sich  den  von  dem  versitzenden  ausgesprochenen  dank  der 
rereammlung  erwirbt. 

Heinrich  Rückert  wurde  am  14  februar  1828  in  Coburg  geboren, 
Friedrich  Rückerts  ältester  söhn,  in  Coburg  und  später  in  Erlangen, 
wohin  der  vater  als  docent  der  orientalischen  sprachen  berufen  wurde, 
erhielt' Rückert  seine  ausbildung;  1840  bezog  er  die  dortige  Universität, 
um  Philologie  zu  studieren,  g^eng  1841  nach  Berlin  und  von  da  nach 
Bonn.  1845  habilitierte  er  sich  als  privatdocent  für  geschichte  und 
deutsches  altertum  in  Jena«  wurde  1852  auszerordentlicher  professor  in 
Breslau,  später  Ordinarius,  hier  blieb  er  bis  zu  seinem  tode.  in  den 
tS  jähren  seines  dortigen  wirkens  war  er  niemals  recht  gesund,  in  den 
letzten  jähren  muste  er  wiederholt  seine  Vorlesungen  aussetzen,  den- 
Boeh  war  er  ununterbrochen  literarisch  thätig  und  geistig  rüstig,  rheu- 
Batismus  nötigte  ihn  im  letzten  Jahre  nach  Landau  zu  gehen;  von  dort 
•ehrieb  er  noch  heitere  briefe,  um  so  überraschender  war  die  todes- 
buide  für  alle  seine  freunde:  am  11  September  starb  er  zu  Breslau, 
Wohin  er  zurückgekehrt  war. 

Seine  thätigkeit  war  nicht  ausschliesslich  philologisch,  sondern  zu- 
fleich  auf  die  gesebichtsforschung  gerichtet,  daher  er  auch  bei  seinen 
philologischen  arbeiten  besonders  die  culturhistorische  seite  der  ger- 
manistischen Wissenschaft  hervorhebt,  seine  'annalen  der  deutschen 
ftschichte.  2e  aufl.  1861'  und  seine  'geschichte  des  mittelalters'  zeich- 
ien  sich  ans  durch  gute  gruppierong  und  schöne  darstellung,  ohne  je- 
ioch  die  Wissenschaft  besonders  gefördert  zu  haben,  sein  bestes  werk 
bt  ohne  zweifei  seine  'deutsche  culturgeschichte  in  der  seit  des  über- 
imngs  aus  dem  heidentum  in  das  Christentum',  die  1854  in  zwei  bänden 
iibgeschlossen  war.  den  Übergang  von  geschichtlichen  zu  germanisti- 
■dien  arbeiten  bildet  die  herausgäbe  des  'lebens  des  heiligen  Ludwig' 
K50.  bedeutsamer  war  seine  ausgäbe  des  'welschen  gastes'  1851,  die 
^te  und  bis  jetzt  einzige  ausgäbe  dieses  gedichtes.  in  seinem  zwei 
hbre  später  von  ihm  ebenfalls  zuerst  herausgegebenen  'bruder  PhiKpps 
darienleben'  war  der  mitteldeutsche  Charakter  verkannt,  ins  jähr  1857 
fent  seine  ausgäbe  des  'Lohengrin';  in  den  letzten  jähren  edierte  er 
hu  'könig  Rother';  über  der  ausgäbe  des  'Heliand'  ist  er  dahinge- 
langen. 

Rückert  ist  zu  rücksichtsvoll  und  zu  schwankend  zwischen  ver- 
lehiedenen  parteien,  um  zum  herausgeber  geeignet  zu  sein;  dage|;en  ist 
■^  ein  feiner  erklärer.  ein  gewisser  mangel  an  präcision  schadet  jedoch 
t^ioer  darstellung;  die  geistreichen  gedanken  verlieren  dadurch  an  be- 
wtüng  und  eindringlichkeit;  dies  scheint  auch  seinen  akademischen 
Erträgen  geschadet  zu  haben,  seine  Persönlichkeit  war  die  liebens- 
^rdigste  und  humanste,  die  man  sich  denken  kann;  im  gegensatz  zu 
•901  vater  war  er  schmal  und  zierlich;  mit  ihm  aber  hatte  er  das 
«Unkle,  schöne  äuge,  dessen  feuer  bei  ihm  jedoch  zu  einem  milden 
^chte  gedämpft  war.  trotzdem  dasz  er  auszerordentlich  zurückgezogen 
■•ble,  war  er  doch  von  allen  collegen  hochgehalten;  auf  ihn  ist  an- 
wendbar der  Vera  aus  der  Antigene : 

'nicht  mitzuhassen,  mitzulieben  bin  ich  da\ 

^nn  Rückert  auch  nicht  tief  einschneidet  in  die  geschichte  des  ger- 
manistischen Studiums,   so   war  er   doch  ein  echter   Vertreter    humanen 

37* 


572      Bericht  usw.  der  30n  Yersammlung  deutBcher  philologen. 

Wirkens,  und  die  deutsche  philologie   hat  «n  ihm  einen  bedentealei 
jünger  verloren  an  Charakter  und  geist. 

Nach  diesem  vortrage  wird  der  pr&sident  f8r  das  nftehete  Jahr  be- 
stimmt: herr  prof.  Adalbert  von  Keller  in  Tübingen,  nun  sweites 
Präsidenten  wird  herr  prof.  Ludwig  Holland  gewult. 

Hierauf  folgt  ein  bericht  des  berm  dr.  Theobald  moM  Haabirf 
'über  den  14.  nederlandsche  taal-  en  letterkundig  congres  te  MiMtriebL 

Zu  diesem  congress  ergiengen  einladungen  auch  an  den  in  mImi 
bestrebungen  ihm  verwandten  niederdeutschen  verein«  es  bildeten  üA 
3  sectionen,  eine  für  Schauspielkunst,  buchhandel  nnd  knnitgeMUcUi» 
die  zweite  für  geschiohte  (bier  trafen  Protestanten  nnd  katlmkm  bart 
auf  einander),  die  dritte,  für  die  fachgenossen  die  wiehtigite,  fb  lÜt^ 
ratur  und  poesie.  zur  erreichnng  grösserer  versehmeliung  mmaAm 
dem  katholischen  Belgien  und  dem  protestantischen  Holland  wwoe  ver> 
geschlagen,  die  vlämiscben  eigentttralicbkeiten  fallen  sn  laifen.  Tide 
wollten  auch  eine  politische  einheit,  einige  auch  ein 
mit  Niederdeutschland  in  wissenschaftlichen  bestrebungen.  ein 
zusammengehen  würde  für  beide  teile  von  grossem  TOiteil  Min; 
niederdeutsche  Orthographie  z.  b.,  die  erst  in  ihren  anfingen  ftMfcli 
könnte  sich  nach  dem  muster  der  Schwestersprache  gestalten. 

Vierte  Sitzung,  freitag  den  1  october,  morgeikii  8  nhr. 

Nach  einem  vortrage  des  herrn  dr.  Begemann   ans  Berlin:  'Osr 
das  Annolied',  worin  der  redner  u.  a.  das  verhältnif  der  kaiaeicbMiE 
und  des  Annoliedes  dahin  feststellt,  dasz  keins  von  beiden  au  Um 
andern,   sondern  beide  aus  einer  altem  quelle  sch5pfen|  wild  W  •■- 
trag  des  herrn  prof.  Sachs  eine  von  herrn  dr.  Theobald  aaf||eNWi 
Zuschrift  an  den  bibliothekar  herrn  dr.  Hansen,  nütglied  det  gülin 
besprochenen  Vereins  für  niederländische  sprachei  genchtet|  ISdgsdhi 
Inhalts:    'die    deutsch-romanistische    abteilung  der  80n   TefianalBf 
deutscher  philologen  und  Schulmänner  spricht  Ihnen  nnd  Ihren  frtaiiM 
ihre    lebendige    Sympathie    aus    für   Ihr    auf   anbahnnng  nlherer  Be- 
ziehungen zwischen  der  niederländischen  und  der  TolketflmUeb  wMtt- 
deutschen  litteratur  gerichtetes  streben  und  gibt  sieh  der  hafJBMBg  hh 
dasz  es  gelingen  werde,  die  nahe  Verwandtschaft  der  spnMhea  dvk 
eine   übereinstimmende   Schreibweise    klarer    als    bisher   ine   liflhfe  P 
»teilen. 

Hierauf  folgt  ein  bericht  des  herrn  dr.  Nerger  (Roatoek)  'tber  ^ 
neu  gegründeten  verein  für  niederdeutsche  spraehfoneanng*.  ^ 
berichterstatter  ersucht  die  Versammlung,  für  das  gedeihen  det  Ttfiii* 
zu  wirken  und  namentlich  durch  gewinnung  neuer  mitgUeder  aebM  |d^ 
mittel  und  kräfte  zu  vermehren.  —  Es  melden  sich  sofort  mehren  lü^ 
mitglieder  an. 

Zum  schlusz  hält  noch  herr  dr.  Theobald  einen  Tortng  ft* 
'Vereinbarung  über  phonetische  Schreibweise  für  die  dialeetÜBiwHi^i 
an  den  sich  eine  sehr  lebhafte  debatte  anschliesat.  es  wird  datf^ 
schusz,  bestehend  aus  den  vier  herren  dr.  Theobald,  prof.  8aflli»fc 
Nerger  und  dr.  Begemann  damit  beauftragt,  bis  cur  niebaten  pUUlii^ 
Versammlung  in  Tübingen  unter  heranziehong  geeigneter  krlfti  vi^ 
schlage  auszuarbeiten  für  eine  zweckmäszigere  beceiehnnng  ifiM^ 
lieber  und  dialektischer  laute,  die  bisher  nicht  haben  beseiehnet  m'i' 
können.  \ 

Damit  schlieszt  die  germanistisch- romanistische  seetlon  dir  A^ 
jährigen  Versammlung  ihre  thätigkeit  im  hinblick  schon  anf  aeoe  nl^ 
in  den  sectionssitzungen  des  nächsten  Jahres. 

Frauenmark.  Adolf  BiAnv« 


Yenammlimg  von  lehrern  höherer  lehranstalten  Sohleaent.    678 

49. 

^BSAMMLÜNG  VON  LEHBEBN  HÖHEBEB  LEHB- 
^STALTEN  SCHLESIENS,  GEHALTEN  Zu  BBE8LAÜ. 

)er  ^verein  von  lehrern  höherer  lehranftalten  Sehlesieni'  hielt  am 
fti  seine  sweite  generalversammlang  ah,  hei  der  die  anetalten  von 
an  (7),  Brieg,  Freibarg,  Grosi-Ologau  (2),  Oörliti  (gymaX  Jaaer^ 
an,  Neisze  (realsch.),  Oels,  Ohlan»  Batibor,  Beichenbaeh,  Sehweid* 
Sprottan,  Striegan  nnd  Wohlan  dnreh  70  mitgUeder  yerireten  waren, 
die  beiden  proWnziaUchalräthe,  geh.  rath  Dulenbnrger  nnd  Bonuner» 

nahmen  teil. 

fit  übergehnng  des  minder  wichtigen  wollen  wir  nnr  erwfthneny 
der  vorstand  in  dankenswerther  weise  hiesige  firmen  (Priebatseh* 
kart)  veranlasst  hatte,  eine  ansstellong  von  gans  nenen  oder  sehr 
len  lebrmitteln  in  einigen  aimmem  des  sitsnngsloeals  (realeehnle 
heiligen  geist)  sn  veranstalten. 

)ie  erste  Versammlung,  welche  voriges  jähr  in  Brieg  abgebalten 
B,  hatte  beschlossen,  eine  waisennnterst&tsnngseasae  in  gründen, 
diese  angelegenheit  referiert  der  zeitige  voriitsende  des  sn  diesem 
ke  gewählten  provisorischen  Vorstandes,  dir.  Müller  (Breelan,  Job.« 
«).  das  ministerinm  hat  noch  einige  ändemnffen  gewünaebt,  vmA 
eselben  jetzt  vorgenommen  sind,  so  dürfte  in  Inner  seit  die  grÜn* 

des  fonds  erfolgen. 

>ie  diesjährige  Versammlung  eröffnet  dir.  Beisaeker  (Brealan,  Matth.« 
•)  mit  begrüszung  der  erschienenen  mitglieder  nnd  erstattet  berieht 
das  verflossene  vereinsjahr.  danach  s&hlt  der  verein  über  SSO  mit» 
sr;  cassenbestand  ca.  460  mark,  das  k.  proviasialsehnleolleginm 
ebt  bericht  über  die  alljährlich  abzuhaltenden  versammlnngon. 
Inf  Antrag  von  Stenzel  (Breslau,  iwinger)  wird  naeh  kwier  debatle 
dossen,  an  das  staatsministerinm  eine  petition  betreffe  abftndenuif 
er  bestimmungen  des  statuta  der  königl.  witwenoaase  absneenden« 
bh  das  carenzjahr  wegfallen  zn  lassen,  den  witwen  %  dee  gehalte 
lension  zn  gewähren  nnd  auch  die  'städtieeben  behöroen  am,  an* 
Iten. 

Die  nächste  Versammlung  soll  gleich  naeh  den  oeterfeieriafen  wie» 
m  Breslau  abgehalten  werden,  der  vorstand  dee  alchstea  jabrea 
ht  aus  dir.  Reimann  (Breslau,  heil,  geist)' Toreitsendery  8ehmidt 
list)  Stellvertreter,  Stenzel  (Breslau,  swinger)  eaeeenwarti  Biehter 
I  Schriftführer,  Adrian  (Oörlits),  {Meyer  (Preibnrg),  Zopf  (Brief) 
taer. 

Herauf  hielt  Schmidt  (Breslau)  seinen  anffekündigtea  T0ttraf& 
realschule  I  Ordnung,  ihre  aufgäbe  nnd  berechtignng'. 
Udner  versichert  zuerst,  dass  ihm  jede  agcreeenre  teadens,  tniU> 
er  19  jähre  als  lehr  er  der  mathematik  und  plqrsik  an  einer  real« 
e  beschäftigt  sei,  fernliege,  seine  aufgäbe  sei  schwierig «  da  er 
i  zwei  Seiten  sich  wenden  müsse,  gegen  die,  welche  der  realsohnle 
irfen,  sie  hätte  ihre  aufgäbe,  dem  bürgerstande  eine  tüchtige  bil- 

zu  geben,  aus  den  äugen  gelassen,  und  g^gen  die,  vrelcbe  die 
ehule  als  eine  neben  dem  gjmnasinm  vollständig  überflüssige  an- 
hinstellen. 

üe  anfange  der  realschalen  scheinen  dem  ersten  Vorwurf  eine  ge- 
>  berecbtii^'ung  zu  verleihen,  sie  wurden  gegründet,  um  dem  intelli- 
B  bürgerstande  gelegenheit  zu  geben,  sich  in  naturwissenschaften 
len  neuern  sprachen  ein  masz  von  wissen  anzueignen,  das  er  auf 
Ijmnasiam  nicht  finden  konnte;  sie  verdanken  also  ihre  entstehnng 
imstande,  dasz  die  gymnasiale  bildung  in  diesen  fächern  eine 
I  seigte. 


574    VerBamxnlung  von  lehrern  höherer  lehransttlten  SehlenoDt. 

Redner  gibt  zu,  dasz  das  streben  nach  gewissen  bereebtigvnfM 
vielfach  ein  motiv  gewesen  sei,  den  lehrplan  an  modifieiareB;  aber  ei 
sei  eine  Übertreibung,  die  jetzige  realscbule  I  ordnnnc  eindg  als  «b 
product  dieser  berechtigungsjagd  hinzustellen,  so  gewaltsam  lasse  sieh 
ein  schulwiesen  nicht  ganz  in  andere  bahnen  treiben,  so  selmell  wiit 
die  zahl  der  realschulen  nicht  gewachsen  zumal  bei  den  dQrfügea  bs- 
rechtigung^n,  wenn  nicht  ein  innerer  grund  vorbanden  gewesen  wiie. 

Das  gymnasium  gewährte  in  natnrwissenschaften  wenig  oder  niebli^ 
die  realschnle  viel;  daher  wurde  der  gedanke  rege 9  denen  diese  lesl- 
bildung  zu  geben,  die  sich  technischen  fUchem  widmen  woHtea,  W 
denen  ein  wissenschaftliches  Studium  der  naturwissaneohaftan  aStIg  M, 
z.  b.  berg-,  bau-,  hütten-  und   forstfaeh.     der  Staat  veriangle  dm 
kenntnis  des  latein;  aber  nicht  dies  allein,  sondern  vor  allem  der  M- 
danke,  dasz  Staatsbeamte  von  so  einflussreiober  stellong  eine  tfleht^ 
allgemeine  bildung  von  der  schule  mitbringen  mttsten,  war  der  _ 
zur  einftihrung   des   latein.     die   ideale  seite   der  bildung  durfte 
konnte  auf  den  realschulen  nieht  mehr  vemaebllasigt  WMden, 
sie  die  Vorbereitung  fUr  die  höheren  technisohen  Stadien  an  sieh 
wollten. 

Rßdner  ist  von  der  notwendigkeit  der  mittelscbolan  oder  hShvHi 
bürgerscbulen  ohne   latein  (wie  Breslau  deren  8  beaitit)  ndt  betecb- 
tigung    ihrer    abiturienten    zum    einjährigen    dienst    ttbetsengt;   dlssi 
hätten  jetzt  den  zweck  der  realschulen  von  früher  in  erflIUeB;  tnli- 
dem  machten  sie  die  realschulen  nicht  überflüssig,     die  gvniiiäaieB  «t* 
nigstens  thäien  es  nicht;  denn  wie  geh.  rath  Wiese  anf  den  oetdfcw 
conferenzen  bemerkte,  handle  es  sieh  erst  darum,  ein  aolelwe  gymaastei 
herzustellen,    zunächst  müsse  es  eingestandenermaaaeB  die  nalsnriss»- 
schaften  mehr  berücksichtigen.     Laas  teile  denselben  je  1  standm  m; 
weiter  gehe  kein  anderer  verschlag;  nur  welchem  gegenstände 
abgenommen  werden  sollen,  darüber  seien  die  ansiohten  sehr 
den.    in  2  stunden  könne  aber  dem  sohüler  nur  ein  gewisMa 
der  allgemeinen  begriffe  beigebracht  werden,    die  gegner  der 
wären  damit  auch  zufrieden;  aber  wenn  eine  solene  TorbÜdvag 
für  andere  facultäten  genüge,  so  doch  nieht  für  die.  welche  natnnriiscB- 
Schaft  oder  medicin  studieren  wollten,    die  ansienten  von  piofeswf 
der  naturwisBenschaft ,   welche  den  gjmnasialabiturienten  wegen  ssiHr 
besseren    geistigen   Schulung   trotz  der  geringeren  vorkenntniae  ftr- 
zögen,  stützten  sich  auf  die  üble  erfahmnr,  die  sie  mit  ein  oder  iwii 
realscbulabiturienten  gemacht  hätten  und  würden  dnreh  entgegeiurenMi 
urteile  aufgewogen;  andererseits  motiviere  das  urteil  die  bequenuiiUlit 
der  herren  professoren,  die  es  störend  fänden,  daai  einielae  rinlsiiiii- 
abiturienten  über  das  gewöhnliche  masz  der  Vorbildung  liliiaiisghiHi* 
es  sei  aber  ein  unwürdiges  und  unhaltbares  verhiltius«   dnn  fswd* 
diese  fäcber  auf  der  Universität  erst  mit  dem  ABC  beginnen  mlsM- 
auch  der  mangel  an  guten  lehrern  der  naturwissenschnft  bernhe  duH^t 
höchstens  verlöre  sich  der  gjmnasialabiturient  in  eine  apecialitH  ^rf 
käme  nicht  zu  dem  nötigen  überblick  des  gesamten  gebiete,    dar 
wand,  dasz  ja  alle  groszen  naturforscher  von  den  gymnulen  n 
seien,   sei  halb   trivial,  halb  unwahr;  denn  einerseits  hfttten  rie 
überhaupt  nicht  studieren  können  und   das   genie  breche  sieh 
bahn;   möglicher  weise  hätten  sie   aber  bei  besserer  vorMldnng  IK^  I. 
mehr  leisten  können;    andererseits  wären  viele  lebrstOhle  mit  isil' 
besetzt,   die  nie   ein  abiturientenexamen  auf  dem  gjnr'isiiun  alglkf^ 
hätten. 

Redner  gibt  zu,  dasz  die  gjmnasialabiturienten  durch  den  Aw 

bildenden  einflusz  der  Sprachstudien  mehr  an  strenff  logieehes  isaN*  Wi 

irewöhnt  und  dadurch  auch  mehr  zur  wissensohaftliehen  arbeit  ffsä^  l** 


K 


^en.    aber  die  realschulen  seien  auch  verbessernngsAhig. 
suchen  sie  so  umzugestalten,  dasz  der  realschnlabitnnent  dneh  ^ 


Venammlimg  von  lehrem  höherer  lehranstalten  Schlesieni.    575 

weiterten  amfang  der  Sprachstudien  in  g^edankenreichtam,  präcision  and 
Gewandtheit  des  ausdrunks,  Sicherheit  des  urteile  nicht  hinter  den  an- 
dern abiturienten  zurückstehe,  dann  würde  die  realschule  eine  weit 
bessere  Vorbildung  für  das  Studium  der  sogenannten  realen  disciplinen 
gewShren. 

Der  Vorschlag,  bis  secunda  eine  einheitliche  bildung  (gymn.  lehrplan 
mit  etwas  grösserer  berücksichtigung  der  naturwissenschaft)  zu  geben, 
und  dann  eine  bi-  oder  trifurcation  eintreten  zu  lassen,  wie  in  den 
octoberconferenzen  dir.  Reisacker  vorgeschlagen,  sei  zu  beachten,  aber 
•r  scheine  praktisch  nicht  durchführbar,  erstens  sei  der  schüler,  der 
irgend  einer  abteilung  heizutreten  sich  entschlossen  habe,  schon  früher 

Seneigt,  die  andern  fkcher  zu  vernachlässigen,  and  die  erstrebte  ein- 
eitliche  bildung  würde  vielleicht  schon  von  tertia  an  illusorisch  — 
lehrer  an  realschulen  hätten  darin  bezüglich  des  latein  schon  viele  trübe 
erfahrungen  gemacht  — ,  zweitens  wäre  die  gefahr  der  Zersplitterung 
der  kriifte  des  Schülers  noch  weit  gröszer  als  jetzt  auf  der  realschule; 
auch  müste  rücksicht  auf  die  gesundheit  des  schülers  genommen  wer- 
den, und  schlieszlich  würde  eine  zwei-  oder  dreifache  prima  besonders 
an  communalanstalten  wegen  ihrer  kostspiel igkeit  heftigen  Widerspruch 
erfahren. 

Die  realschulen  ohne  latein  Gallenkamps  seien  zu  sehr  fachschulen 
«nd  befähigten  deshalb  nur  zu  rein  technischen  Studien,  dürften  sich 
such  etwa  nur  in  den  centren  der  industrie  und  teohnik  halten,  redner 
b&lt  ein  etwas  geringeres  masz  von  mathematischen  und  naturwissen- 
schaftlichen kenntnissen  mit  einer  gründlichen  sprachlichen  bildung  für 
«rstrebenswerther. 

Was  nun  die  Verbesserung  der  realschulen  betreffe,  so  müsse  die- 
selbe die  mathematisch -naturwissenschaftliche  seite  des  unterrichte 
mehr  berücksichtigen;  dazu  sei  aber  eine  Vermehrung  der  Stundenzahl 
nicht  nötig,  es  empfehle  sich  in  rücksicht  auf  die  phjsik  die  anfangs- 
gründe  der  differentialrechnung  in  prima  hinzuzufügen,  (die  einteilung 
<ler  classenpensa  könne  erst  nach  feststellung  der  übrigen  unterrichte- 
gegenstände  versucht  werden.) 

Die  hanptfrage  sei:  wie  können  bessere  resultate  durch  den  betrieb 
^er  fremden   sprachen  auf  der  realschule  erreicht  werden?    gegen  die 

'  »ehanptung,  dasz  dies  ohne  erlemung  des  griechischen  unmöglich  sei 
(Laas),  wendet  redner  ein,   dasz  man  auch  ohne  kenntnis  des  griechi- 

I  ichen  sich  mit  griechischer  kunst  und  Wissenschaft,  antiquitäten  und 
geschichte  bekannt  machen  könne,  auch  auf  dem  gymnasium  würde 
oei  der  beschränkten  lectüre  die  kenntnis  dieser  dinge  mehr  durch  den 
feschichtliehen,  lateinischen  und  deutschen  Unterricht  vermittelt,  ond 
^ese  quelle  sei  auch  dem  realschüler  nicht  verschlossen,  wenn  man 
nicht  etwa  meine,  zum  grammatischen  Verständnis  der  übrigen  sprachen 
**i  griechisch  absolut  notwendig,  so  drohe  das  den  realschulen  prophe- 
zeite Unglück  nicht  allzusehr,  redner  bezwecke  mit  seinen  vorschllgen 
^nszer  erzielung  besserer  sprachlicher  erfolge  auch  einen  gemeinsamen 
^terban  beider  anstalten;  er  befürworte  ein  starkes  entgegenkommen 
•*itens  der  realschulen,  hoffe  aber  auch  auf  eine  gleiche  bereitwilligkeit 
^^  concessionen  seitens  des  gjmnasiums. 

Der  lateiniäche  Unterricht  müsse  den  Schülern  eine  sichere  gramma- 
•ische  grundlaji^e  verschaffen  und  ihm  von  vorn  herein  die  irrige  ansieht 
Jj^öehmen  latein  sei  nebensache;  daher  seien  dem  latein  in  VI  bis  IV  9, 
**^  bis  11  h  G,  11^/  bis  I  5  stunden  wöchentlich  zuzuweisen. 

Für  französisch  eeien  in  V  und  IV  3  stunden  (also  wegen  der  durch 
^^ö  lateinisclien  Unterricht  schon  gewonnenen  grammatischen  grundlage 
^eniger  nla  bisher)  anzusetzen,  die  ausreichten,  die  formenlehre  excl. 
J^r  unreo:eIm;iszip'oii  verba  durchzunehmen,  in  III  und  116  6,  IIa  und 
*  ^  stunden. 


576    VerBammlung  von  lehrern  höherer  lehranstalten  Schleneni. 


Für  das  englische  sei  in  der  mittelstafe  (III  und  Uh)  kein  niiBf 
da  einerseits  die  phjsik  als  neuer  ffegenstaod  hinsatretei  anderemiu 
viele  Schüler  mit  dem  einjährigen  dienstzeuffnis  die  «ehiu«  Teriiiwwi, 
für  die  der  beginn  einer  neuen  spräche  sweoklos  sei.  ffir  die  obcntef« 
seien  je  2  standen  genügend,  im  examen  sei  bloss  das  Terstladaii  eb« 
nicht  zn  schwierigen  prosaikers  nachzuweisen,  der  schSler  soll  Uims 
im  Stande  sein  bei  Fortsetzung  seines  Studiums  einschlafende  fa^ 
wissenschaftliche  Schriften  ohne  erhebliche  Schwierigkeiten  sa  leseL 

Auf  diese  weise  würde  in  den  unter classen  das  latein  das  oentran 
des  Unterrichts  werden,  von  III  an  würde  das  fransösisehe  der  stsDhui 
des  griechischen  auf  dem  gymnasium  zu  dem  UUAn  entepreehen.  & 
sprachlichen  anfordemngen  an  die  realschüler  blieben  swsr  Im  vw- 
gleich  mit  den  an  die  gjmnasiasten  gestellten  anrüek,  aber  das  sei  W 
den  geforderten  mehrle istungen  in  den  realien  natftrlloh.  es  komm 
nur  darauf  an,  wie  die  sprachlichen  unterrichtsgegenstiUide  betiislw 
würden,  und  welchen  >influsz  sie  auf  die  ganze  gefistifs  ndfSe  4m 
Schülers,  ausübten. 

Als  bestes  kriterium  für  diese  sei  der  deutsche  anfsata.  aUfeaiis 
anerkannt,  daher  müste  der  sprachliche  Unterricht  vor  allem  den  idies- 
kreis  erweitern ,  im  logischen  denken  und  disponieren  befestigea  lai 
zur  beherschung  der  muttersprache  führen,  somit  sei  die  leetlbe  alj^ 
liehst  umfangreich,  und  man  mache  die  schaler  mit  der  slsssitfisi 
litteratur  der  fremden  sprachen  bekannt  das  ziel  sei  nicht  aafeitigflf 
freier  aufsätze  oder  conversationsfertigkeit,  die  ja  hdehstens  lehrer  to- 
säszen,  die  selbst  längere  zeit  in  Frankreich  oder  England  aagehndt 
hätten,  sondern  die  fähigkeit,  den  fremden  antor  in  ein  gutes  dsilMk 
zu  übertragen  und  umgekehrt,  daher  sei  auch  im  abitoiientcnsii— 
blosz  die  anfertigung  eines  lateinischen  und  fransösisehen  SAmtiiliMi 
zu  verlangen. 

Die  Verteilung  der  lehrgegenstände  ergibt  folgender  lectloa^plii; 


Sexla 


Qaintt 


Ontrtt 


Tertia 


Uot«-. 
secnnda 


Beligion 

Deutsch 

Lateinisch      .... 
Französisch    .... 

Englisch 

Geogr.  und  geschichte 
Naturwissenschaften 
Mathem.  und  rechnen 

Schreiben 

Zeichnen 

Gesang  

~8är 


2 

4 
9 


8 
2 
4 
2 
2 


2 
4 
9 
3 

3 
2 
3 
2 
2 


2 
8 
9 
8 

4 
2 
5 
2 
8 


2 
8 
6 
6 

4 
2 
7 

2 


2 

8 
6 
6 

8 
6 

4 

8 


1 
8 
6 
4 
1 
8 
6 
6 


I 


2 


30 


32 


82 


82 

+  2 


82 


+  «     +« 


tm  deutschen  erscheine  eine  Vermehrung  deV  stondenzaU  M^ 
nötig ;  im  gegenteil  könnten  die  4  stunden  in  V  den  Wegfall  der  sM 
stunde  geschichte  ermöglichen,  da  die  sagen  des  classisehen  altSfttff 
mit  mehr  vorteil  von  dem  lehrer  des  deutschen  behandelt  würden;  dsfr 
träten  3  stunden  geographie  ein. 

Für  da»  rechnen  seien  in  VI  4,  in  V  3,  In  IV  nnd  III  2 
genügend,  und  fände  dasselbe  damit  seinen  abschlusz;  die  eise 
in  116,    die  ihren  Ursprung  der  berücksichtigung  kanfininnls^hsr  ^ 
dürfnisse  verdanke,  liege  dem  zwecke  der  realschnlen  fern. 

Mathematik    beginne  in  IV  mit  3  stunden  planimetriCi  daaH  ^ 
^mnasium  nicht  zu  sehr  zurückbleibe;   dafür  erhalte  sie  In  Uli ^ 


Yenammliiiig  von  lehrem  höherer  lehranttalien  Sehleiiani.    577 

«  in  inft  3  für  algebra,  2  fär  plaoimeirie,  in  III  a  umgekehrt ,  in 
4,  in  IIa  und  I  6  standen. 

Eeschreibende  natnrwissenschaft  Ton  VI  bie  Ilif  S  ttnnden,  ph^eik 
nne  in  IIb  mit  4  Bt.,  chemie  erst  in  IIa,  hier  jedes  i  S  stJ,  in  I  h 
,  nnd  Übungen  im  chemischen  laborstorinm. 

Zeichnen  ist  obligatorisch  k  t  st.,  lineameichnen  in  I  8  st.,  in  Ter- 
en  mit  projectionalehre.  das  linearseichnen  beginne  in  nia,  nnp 
TOtt  beiden  sei  obligatorisch. 

Die  80  umgestaltete  realschale  würde  mit  dem  gymnaeiam  sieh 
n  in  die  y orber eitang  derer,  welche  auf  oniversititen  und  (eehni- 
n  hochschnlen  studieren  wollten,  w&re  aber  kein  hlndenris  für  die 
rickhing  der  mittelschalen  ohne  latein,  welche,  ausgestattet  mit  der 
chtignng,  einjährige  dienstzeagnisse  anssnstellen ,  die  andern  an- 
ten  Ton  einer  anzahl  nicht  dahin  gehörender  schttler  entlasten  würde» 
leineren  Städten,  wo  die  mittel  nicht  aasreichten,  könnten  ebenfalls 
he  mittelschalen  ohne  latein  errichtet  werden,  oder  bfirgersehnlen 
latein,  deren  lehrpUn  jedoch  dem  der  realsehnle  bis  Hb  entsprechen 
te,  gerade  so  wie  die  progymnasien  den  gjmnatien. 

Dagegen  kann  sich  redner  mit  der  anffassnng  der  stellnnff  der 
icholen  von  Bonitz  nicht  befreunden,  die  entfinrnang  des  latein 
de  den  risz  in  der  bildung  unserer  höheren  stände  ▼oUeaden.  die 
Itate  im  latein  seien  allerdings  mangelhaft,  .aber  daraus  folgere  er, 
(  der  Unterricht  verstärkt  werden  müsse. 

Was  zuletzt  die  bereohtigungen  anlange,  so  sei  er  auf  starken 
BTspruch  gefaszt;  denn  er  beanspmehe  Weehtignng  für  alle  faeol* 
Itadien,  er  behaupte  nicht,  dasz  der  realsehalabiiivient  ebenso  gut 
der  gy mnasialabiturient  für  die  philologiseh-historisehen  Stadien 
Mreitet  sei,  aber  ein  gesundes  Verhältnis  werde  erst  dnroh  diese 
ehstellung  erreicht,  bis  jetzt  habe  man  mit  ungleichen  waffen  ge- 
ipft;  die  befähigteren  sehüler  seien  der  bereehtignngen  wegen  immer 
gymnasien  zugeführt  worden,  eine  gefahr  sei  fii  dieser  gleieh- 
Motigung  nicht  zu  finden,  die  nötige  allgemeine  bildung,  auch  naeh 
sprachlichen  seite  hin,  würde  die  realsehnle  auch  gewähren;  das 
Basium  bestehe  besonders  für  die,  welche  sieh  für  theologie,  philo- 
s  und  historische  Studien  vorbereiten  wollten ;  Juristen  würden  beide 
eine  ziemlich  gleiche  anzahl  entlassen  und  für  die  bedeateade  sa- 
i  von  verwaltungsbeamten,  die  aus  den  jaristen  herrorgiengen,  haltd 
lie  realschulbildung  für  entschieden  empfehlenswerth.  für  medlcda 
ite  die  realschule  natürlich  weit  besser  vor.  nnd  tollte  ja  eiamsJ, 
realschüler  sich  philologischen  und  historisehen  Stadien  wldmea 
en,  so  würde  er  entweder  bald  snrüoksehreekeat  oder  er  wfiide» 
ja  schon  oft  realabiturienten  in  iVt  jnhren  da4  esunea  naf  deai 
aasium  gemacht  hätten,  auch  die  kraft  in  sieh  fühlen*  die  iehwlerif • 
pa  zu  überwinden. 

'Gebe  man  der  realschule  gleiehee  reeht,  daaa  köaaea  nad  werdaa 
Mden  höheren  Unterrichtsanstalten  als  sehwestera  ohne  neld  nad 
^8t  in  gleichem  streben  sich  in  die  arbeit  teilen,  der  Wissenschaft 
I  neue  junger  zuzuführen. 
Es  wird  beschlossen,  über  die  gestellten  thesen: 

l)  die  realschule  I  Ordnung  hat  ihre  Schüler  nicht  für  den  eintritt 
in  das  bürgerliche  leben,  sondern  für  wissenschaftliche  Studien» 
sei  es  auf  Universitäten  oder  technischen  hochschnlen  auszubilden. 

ß  sie  hat  wie  bisher  die  naturwissenschaften  in  bedeutend  grösserem 
^    umfange  als  das  gjmnasium  in  ihren  lehrplan  aufzunehmen. 

I]  um   den   sprachlichen  Unterricht  für  die  allgemeine  bildung  der 
k   Schüler  wirksam  zu  machen,  ist  der  unterridit  im  lateia  wesent- 
.  lieh  zu  verstärken. 


I 


578    Venammlang  von  lehrem  h^^herer  lehranstalteil  Sohleneoi. 

4)  die  englische  spräche  ist  nur  in  IIa  und  I  in  je  8  st.  wSelieBÜM 
zu  lehren;  die  schäler  sollen  darin  nnr  bis  sam  Terstiiidais  elaei 
leichten  prosaikers  geführt  werden. 

5)  die  abitnrienten  der  realschale  I  Ordnung  erhalten  in  Jedsr  Ui- 
sicbt  gleiche  rechte  mit  den  gymnasialabitorienten, 

eine  abstimmung  nicht  yorsanehmen,  dagegen  in  eine  allgemcitte  dsbstti 
einzutreten« 

Koerber  (Breslau,  Elisabethgymn.,  prof.  der  natnrwisssasnhsll  ss 
der  Universität) :  nach  seiner  meinung  seien,  nachdem  die  mittelseksks 
an  stelle  der  realschulen  getreten,  die  letiteren  anf  den  ansstsrbeshf 
gesetzt,  these  1  setze  voraus,  dass  die  realsehnle  dasselbe  leiste  vii 
das  gymnasium  und  die  vorbereitenden  technischen  sehnten,  aber  ssr 
die  weihe  der  hellenischen  bildung  befKhige  snm  nniversellen  stidhii 
auf  der  Universität,  nach  dem  ausspruch  vieler  mitglieder  von  prfifiu^ 
commissionen  fehle  den  realabiturienten  etwas,  was  die  gyanaäsl- 
abiturienten  voraus  hätten;  das  drängen  sum  stndinm  habe  in  dvtts^ 
hebung  der  jungen  leute  seinen  grund,  die  sieh  jetst  einbüdetea,  sli 
realabiturienten  etwas  besonderes  su  sein,  sehen  seien  einige  ifst 
schulen  zu  gymnasien  umgewandelt  worden,  andere  wfirden  in  mltlil- 
schulen  werden  müssen,  das  gymnasium  nehme  chemie  and  ea|Biifc 
hinzu  und  verstärke  die  naturwissenschaft  etwas,  dann  seien  As  nsl* 
schulen  überflüssig. 

Schmidt:  eine  Verstärkung  sei  nur  in  dem  masse  mSglieh,  dM 
die  erworbenen  kenntnisse  der  sogenannten  allgemeinen  bildnag  M^ 
sprechen ;  den  Unterricht  in  den  reellen  erheblich  verstibkien,  dan  tr 
als  Vorbereitung  für  das  Universitätsstudium  gelten  könne,  das  Sil  d« 
gymnasium  nicht  im  stände,  vollends  noch  mehr  gegenstjnde  Site 
nehmen,  müsse  sich  das  gymnasium  entschieden  wei^m,  damit  es  lilM 
an  demselben  überflusz  von  lehrgegenständen  kranke  wie  die  ml* 
schule. 

Dir.  Heine  (Breslau):  er  stimme  dem  ersten  teil  der  thesis  1  M 
sei  aber  ein  gegner  des  zweiten,  die  gymnasien  versichteten  gen  srf 
die  verschiedenen  staatlichen  berechtigungen,  die  realsehnlen  wiasehCtf 
sie.  wenn  einmal  die  realabiturienten  su  jedem  faeolMtHtadlsB  i» 
gelassen  würden,  dann  bekämen  wir  theologen,  die  kein  neues  iMta^ 
ment,  Juristen,  die  kein  corpus  iuris  lesen  könnten,  medieiner  alt  vi 
ohne  Sprachbildung ,  und  auch  die  naturwlssensehaftler  wfirden  ia  ivrf 
teile  gespalten,  dadurch  käme  ein  risz  in  die  Wissenschaft;  nntirte 
gemeinsamen  dach  der  Universität  sollten  sich  dann  die  ▼erseUstaV 
richtungen  vereinigen,  gewöhnlich  entsprösse  der  stamm  einer  wsilA 
hier  solle  der  stamm  aus  den  zweigen  hervorgehen,  ee  mfisse  stoetli'  . 
heitliche  bildung  sein,  es  tauge  nichts,  dasz  der  eine  so,  der  aadsnit 
vorbereitet  hinkomme,  das  gymnasium  bereite  aber  genfigend  ver;  dtf 
Jurist  sei  im  latein  so  weit  vorgebildet,  dass  er  bei  weiterem  fortaiM^ 
das  corpus  iuris  lesen  könne;  ebenso  komme  der  medieiner  mit 
kenntnissen  aus.     dasz  aus  einzelnen  realabitnrlenten  etwas 


auf  die  unteren  schiehten,  der  ventM 
sohlimmern  risz  zu  wege  bringen,  wctf 
recke,  ein  gymnasial abitnrient,  der  asV" 
wenn  er  in  3  fahren  nieht  fsili»  «srf^ 


sei,  sei  noch  kein  beweis,  denn  die  gesetze  seien  für  die  menMi  tSß^ 
für  die  ausnahmen.    —   Der  risz,   der  durch  die  wegnähme  M  h^ 
entstände,  erstrecke  sich  nur  auf 
des  redners  würde  einen  weit 

er  sich  bis  zur  Universität  erstrecke,  ein  gymnasial abitnrient| 
Wissenschaft  studiere,  möge,  wenn  er  in  3  jähren  nieht  fertig  eert^ 
länger  studieren;  auch  die  realschulen  gäben  nicht  die  genfigeads  fl^ 
bildung  und  sollten  es  wol  auch  nicht,  mit  demselben  recht  UssftJ 
die  andern  facultäten  auch  eine  Vorbereitung  auf  ihr  spedellsB  CMs 
verlangen;  davon  sei  man  aber  zurückgekommen,  nnd  s.  b.  die  ti0^ 
betriebene  juristische  Propädeutik  ^ei  abgeschafft. 

Nordtmeyer  (Breslau,  h.  geist):    eine  vergleiohnng  Islle  sM^ 
Ungunsten  der  realschule  nus,   weil   das  material  sn  ungleich  sei;  ^ 


§ 

Yemmmlang  Yon  lebrem  höherer  lehnuMtalten  Schleiiiiit.    579 

m  Achickten  erst  ihre  söhne  auf  daa  gviiuiasiam,  nnd  wenn  es  dort 
it  gienfi^,  auf  die  realschale;  über  %  der  sdifiler  sei  Torher  erst 
dem  gymnasium  gewesen,  ningekehrt  giengen  die  guten  realschfiler 
1er  auf  das  gymnasiam.  daher  seien  die  leistnngen  nngleieh  nnd 
nrteil  der  nniversität  beeinflosst. 

Hoehne  (Wohlan):  die  Statistik  des  Torredners  spreehe  fOr  das 
inasinm.  warum  schickten  denn  sogar  reallehrer  ihre  söhne  auf  das 
inasinm?  die  frage  sei:  war  die  realschiile  bedBrfnis,  nnd  ist  sie  es 
t  noch?  die  alte  sei  es  gewesen,  dann  aber  habe  man  SQ  Tiel 
infgepropft,  die  regierang  habe  berechtignngen  gegeben,  und  das 
ein  fehler  gewesen«  die  Hoffmannsche  mittelsehale  sei  aie  sohnle 
snkanft  and  sie  werde  die  realsehule  remiehten.  anf  dem  grmna- 
1  sei  die  hauptsache  die  sprachliche  bildnng,  natorgesehiohte  bis  III 
e  er  für  genögend.  die  andern  anstalten  sollten  das  latein  fallen 
en;  dies  allein  sei  nicht  der  weg  sam  altertom,  sondern  der  elgent- 
s  sei  das  griechische,  darch  das  dringen  des  latein  in  den  nuttel- 
Bt  würde  aach  nichts;  die  realsehalen  sollten  mehr  fransösisoh  nnd 
lach  treiben;  den  mittelpnnct  müsten  die  natnrwissensehaften  bilden, 
demnach  müsten  sie  mit  entsprechenden  berechtignngen,  s.  b.  fttr 
tfach  usw.,  verseben  werden,  aber  nicht  für  die  nnlFersitlt. 
Bector  Mejer  (Freiburg):  hellenische  bildang  liege  auf  dem  knnst- 
let,  and  diese  könne  man  sich  ebenso  gnt  wie  das  logisehe  auf  an* 
\m  wege  erwerben,  redner  erachtet  die  blfnreation  niebt  für  so 
rierig,  nnd  befürwortet  gemeinsame  bildnng  bis  seonnda,  Tonda  fttr 
»logen  und  Juristen  gymnasiale,  für  medleiner  nnd  natnrwissea- 
ifller  reale  Vorbereitung,  medidner,  mathematiker  nnd  natnrwissen« 
iftler  sollten  den  gymnasiasten  eigentlich  gar  nieht  anfinebmen. 
Director  Heine  fragt  dagegen,  ob  denn  sehen  so  grosse  klagen 
lalb  erhoben  worden  seien?  aber  theologle  i.  b.  könne  kein  real- 
tter  studieren,  weshalb  solle  man  die  berechtignng  gewtthrea,  deren 
realsehule  schon  genug  habe. 

Pinzger  (Reichenbach):  die  realsehule  wünsohe  für  sich  keine 
ichtigungen,  sie  wäre  z.  b.  die  berechtignng,  eiig&hrige  dienstsenff- 
le  auszustellen,  gern  los ;  aber  für  das  siel  Ihres  strebens  branehe  ue 
leihen.  —  Wenn  theologen  vom  gymnasinm  jetst  oft  das  hebrllsehe 
kholten,  warum  nicht  auch  das  griechische?  — «  Anf  die  urteile  der 
fessoren  dürfe  man  nicht  so  viel  geben,  da  sie  ja  das  material  Ton 
realschulen  zu  wenig  oder  gar  nieht  l^ennen. 

Director  Hasp  er  (Gr.-Glogau):  die  realsohnlen  beanspmehten  iwmr 
kte,  aber  die  pflichten  hätten  sie  nicht  hingestellt,  es  sdielne,  als 
Ürften  sie  die  rechte,  um  existieren  zu  können;  das  könne  uns  aber 
tt  bestimmen,  das  griechische  sei  nnentbebrliehs  der  heUenisaias 
Ihre  sich  mit  dem  deutsehtum  in  dem  idealismns,  nnd  den  bmnohten 
I  deshalb  stellen  wir  die  Hellenen  Über  die  Römer,  es  wire  ein 
iSck,  wenn  wir  später  ideale  nnd  reale  ftrste  haben  würden«  übfi- 
•  zweifle  er  auch  nach  dem  neuen  plane  daran,  dasi  die  realsehnle 
■aner  haben  werde. 

Schmidt:  er  sei  überzeugt,  dasz  die  realsehule  primaner  haben 
de,  wenn  sie  die  berechtigung  erhalte,  seine  thesen  würden  fallen, 
die  Gymnasiallehrer  keine  kenntnis  der  realschulen  hätten,  der 
ibe,  dasz  die  gymnasien  eine  Universalbildung  gewährten,  sei  aber- 
dbe.  der  sinn  für  spräche  verhalte  sich  zu  dem  sinn  für  natnr- 
•snschaft  etwa  wie  der  gehörssinn  zu  dem  gesichtssinn ,  nnd  beide 
Aen  »eibständig  ausgebildet  werden. 

Rector  Koeszler  (Striegau):  dem  Vorwurf,  dasz  an  den  realschulen 
Materielles  gelehrt  werde,  stehe  der  gegenüber,  dasz  an  den  gymna- 
I  bei  der  beschäftieung  mit  dem  altertum  mitunter  die  pflege  des 
Isnalitätsbewustseins  vernachlässigt  worden  sei.  der  dnalismns  sei 
•len,  eine  einheit  nicht  mehr  möglich,    um  die  Idealität  zn  pflegen, 


i 


580    In  obitum  poetae  clarissimi,  amici  carisBimi  Henrioi  StaiMinimn. 

müsse  aber  latein  getrieben  werden,  und  swar  grfindlieh.  aneh  in 
der  realschale  müsten  sprachen  das  centmm  sein,  theologen,  phQo- 
logen  und  historiker  könnten  sich  allerdings  nor  auf  dem  gymnasimi 
die  nötige  vorbildang  erwerben,  in  kleinen  st&dten  sei  ttbri^bni  eiM 
schule  ohne  latein  ganz  unmöglich. 

Director  y.  Raczek  (Gr.-Glogan) :  er  sei  realschaldireetor  geweioi 
und  unter  seiner  leitung  sei  die  anstalt  in  ein  gymnaoiam  nmgewudsU 
worden,  er  sei  froh  gewesen,  als  er  den  letzten  realschüler  lotgewoidei. 
das  beste  kriterium  bleibe  der  deutsche  aufsatz,  und  dieser  fei,  aach 
bei  den  besten  realschülern ,  stets  nüchtern«  das  ideale  komme  bv 
aus  dem  g^echischen. 

Richter  (Breslau,  zwinger):  wir  seien  keine  ideaUsten  mekr;  dai 
moderne  habe  eine  so  grosze  berechtigung,  dasz  das  gynrnasiimi  te 
Jetztzeit  nicht  mehr  entspräche,  das  gjmnasium  müsse  aneh  etm 
reales  mitgeben,  wenn  es  der  neozeit  genügen  wolle;  daher  müsse« 
die  realien  mehr  pflegen,  dazu  empfehle  sich  die  erriohtang  tod  imI- 
gjmnasien. 

Schmidt:  auch  die  reahchulen  pflegten  den  idealismus.  woa 
dienten  denn  die  deutschen  classiker?  die  beschlftigiuig  mit  den  ■ltl^ 
Wissenschaften  sei  ebenfalls  nicht  ohne  idealitttt,  aas  Tentlnd^te 
allgemeinen  gesetze  sei  ein  ideal. 

Nach  einigen  persönlichen  bemerkangen  wurde  die^  debatts  if- 
schlossen;  eine  abstimmung  wurde,  wie  erwähnt,  nicht  beliebt,  disir 
zweck,  einen  gedankenaustausch  herbeizuführen,  erreicht  seL 

Zwei  andere  thesen,  betreffend  den  griechischen  «atenrielit  in 
Schneck  (Breslau,  Matth.-gjmn.)  und  die  prädicate  beim  'obeiMn^ 
examen  von  Guhrauer  (Breslau,  Magd.)  kamen  wegen  Torgerfiektsr  MÜ 
nicht  mehr  zur  berathung. 

Nachmittag  vereinigte  ein  diner  die  teilnehmer  noch  bis  SOB  staL 

Breslau.  G.  Duaui. 


50. 

IN  OBITUM 

POETAE  CLABISSnn,  AMICI  GABIS8IMI 
Henrioi  Stadelmanni. 


Solvite,  o  Phoebi  comites,  capillosl 
ora  nobiscum  atque  genas  acerbis, 
Yirgines  Divae,  lacrimis  rigate!^ 
tu  quoque,  Apollo! 

Namque  qni  vestrum  est  ubi  personabat 
duicibns  nemus  fidibns  modisque 
verba  cogebat  lepidis,  poeta 
ingeniosus : 

Huius  excepit  spiritum  pudica 
ore,  quam  dilexit  amore  fido, 
uzor  eztremum.  —  Miseranda  fata 
ncc  toleranda! 

Prob  dolor!    conclamat  amica  turba 
atque  conclamant  pueri  tenelli; 
irriti  quaerunt  oculis  parentem 

non  redenntem.  ** 


ramme  der  höheren  lehranstalten  der  provinz  Wettfiden  1874.  68t 

AmbiamQS  ergo  rogom  flagrantem 
naeniat  tristesqne  canamus  atque: 
molliter,  gemamns,  amiee  snaTis, 
088a  cubanto! 

NoN.  OoTOBR.  MDCCCLXXV.  Awc.  Beiohbmhabt. 


(44.) 

KOOBAMME  BEB  HÖHEREN  LEHBANSTALTEN  DBB 
PBOVINZ  WESTFALEN  1874. 

(fort8etsang.) 


Dortmund,  gymn.  und  realsch.  erster  Ordnung.  reL-lehrer  Perthe« 
;  ab  an  da8  gymn.  zu  Bielefeld;  httlfsl.  dr.  Bttbel  fett  Migeftellt, 
ülfsl.  cand.  Biedenweg  vom  progjmnaainm  in  Garts  nsd  eand« 
elsieck;  gymnasiallebrer  Nodnagel  geht  ab  an  die  realsch.  ga 
sn,  hülfsl.  Bert   wird  aU  ord.  lehrer  angeetellt.     sehttlen.  408, 

des  gymn.  10  and  1  ext.,  der  realseh.  1.  —  Abb.:  gesehichte  dei 
lasiams  zu  Dortmund.  III.  von  dir.  dr.  A.  Döring  (enthält  tu- 
h  einen  aufsats  über  Jacob  Schöpper  als  theologischen  und  drmma- 
m  Schriftsteller  vom  Gymnasiallehrer  H.  A  Jnnghans).  41  ••  4. 
ambach,  Schöpper  und  die  reformatorische  bewegong  in  IX>rtmniid 
570.  Lambach  war  friedfertig,  auch  freisinnig,  aber  noeh  nicht 
hiedener  vertheidiger  der  evangelischen  lehre,  ein  kateehiemat 
iredigers  Schöpper  von  1549  ist  das  erste  naohweialioh  in  Dort- 
1  gedruckte  buch.  Jacob  Schöpper,  geb.  1612  bis  1616,  starb  1654; 
it  geschrieben  Synonyma,  enth.  bocbdeutacbe  namen  ffir  lateinische 
»r,  um  die  niederdeutschen  prediger  mehr  ans  hoehdentsche  in 
bnen;  sodann  theologische  Schriften,  einen  kateehismns  fttrselifller 
rer  schulen,  lateinisch,  halb  katholisch,  halb  evangeliseh;  lateiniaehe 
(hismuspredigten ,  in  freisinnig  katholischem  sinn;  endlieh  6  latei- 
e  Schuldramen  (Inhalt  hier  ansführlich  angegeben).  1656  trat 
ger  Job.  Heitfeldt  für  das  Lutherthnm  anf,  wurde  aber 'abgeteilt. 
Bewegung  nahm  zu;  prediger  D.  Wiokradt  ist  156S  fSiderer  der 
nation,  und  seitdem  ist  auch  Lambach  entschieden  anf  dieser  selte. 
sth  gab  immer  mehr  nach;  in  8  von  den  4  pfarrUrohen  wurde  1570 
lesse  abgeschafft. 

IOtbbsloh.  gymn.  schülerz.  ^6,  abit.  IS.  —  Ohne  abhaadluBc. 
Iaobn.  realsch.  erster  Ordnung,  cand.  Bartlinf  ffieng  ab  as  die 
Khnle  zu  Barmen- Wnpperfeld ;  es  trat  ein  ord.  lenrer  dr.  Wolff 
ter  reaischule  zu  Stettin;  prorector  dr.  Behröer  gieng  ab  fn  die 
dinle  zu  Perleberg;  die  3e  oberlehrerstelle  erhlett  dr.  Treutler 
der  realschnle  zu  Remscheid;  als  ord.  lehrer  angestellt  cand. 
ettig;  hülfsl.  caed.  Metz  gieng  ab.    schfilers.  821,  ablt.  4. —  Als 

rede  am  Geburtstage  dea  kaisers.    von  Oberlehrer  dr.  Trentler. 

4. 

Lamm.     gymn.    hülfsl.   dr.  Mücke   angestellt;   als  ord.  lehrer  trat 

hr.  Ed.  Mein  ecke;    prof.    Rempel   wegen   krankheit   beurlaubt. 

erz.  159,  abit.  4.  —  Ohne  abhandlung. 

IsBFOBD.     Friedrichs^ymn.    oberl.  Meier  zum  3n  oberl.  ernannt; 

K.  Müller  provis.  hülfsl.     schülerz.  156,  abit.  6.    —    Abb:    ge- 
lte  des   gymnasiums   zu   Herford.     III.     von   prof.  dr.  Kölscher. 

4.    die  gesehichte  des  gymnasiums  von  1640 — 1660:  A.  Lonieerus, 
Slandorp,  Catharinus  und  andere  rectoren;  Streitigkeiten  swisehea 


582  Programme  der  höheren  lehranstalten  der  proyini  Weii&kn  1811 

aebtissin  und  rath  der  Stadt  über  das  (rjmnasiam;  der  vergldeli  vw 
1643;  die  ältesten  schulgesetse;  die  griechische  syntaz  für  das  ^mu- 
siam  von  1667. 

HözTEB.  könig  Wilhelmsgymn.  als  Ir  Oberlehrer  dr.  O.  Groseh 
von  Wernigerode,  als  Ir  ord.  lehrer  dr.  Herrn.  Nölle  von  OsnaMck' 
angestellt;  der  ord.  lehrer  Lorenz  g^eng  ab  an  die  höhere  bürgeneh. 
zu  Freiburg  in  Schlesien  und  trat  prov.  für  ihn  ein  dr.  K.  Frick  au 
Schwerin,  als  probelehrer  cand.  R.  Michels  ans  Schwerin;  eand.  dr. 
K.  Czwalina  gieng  über  an  das  gjmn.  zu  Wesel  als  ord.  lehrer,  der 
prov.  lehrer  dr.  H.  Müller  von  Nenstrelitz  gieng  ab  an  dae  p&dmgoglui 
zu  Ilfeld.  schülerz.  126.  —  Abh.:  de  re  metrica  LncretÜ  ter.  Eri. 
Büchel.  9  s.  4.  die  abhandlnng  behandelt  einzelne  eigentfimliek- 
keiten  der  'metrik  des  Lucretius,  haupts&ehlich  L.  Mfillers  boeh  si 
gründe  legend,  und  g^bt  viele  beispiele  an«  dem  dichter  an. 

Iserlohn,  realsch.  erster  Ordnung,  es  starb  proreetor  J.  J.  Kruiei 
auch  ein  hart  mitgenommenes  opfer  der  alten  bnrschensohafliverfolgufi 
der  ord.  lehrer  Grunicke  gieng  ab  an  die  realschule  in  Aseheiflebtfi; 
als  oberl.  trat  ein  A.  Hollenberg  vom  Joachimsth.  gymn.  sn  Beriiii 
es  geht  ab  zeichenl.  Schürmann  an  die  höhere  hnrgenehnle  laMu^ 
bürg,  an  dessen  stelle  tritt  L.  Brnne  von  Minden;  f3r  eine  nene  Wh- 
lehrerstelle  ist  gewählt  cand.  Wagner  zu  Hersfeld.  sehfilenahl  tl^ 
abit.  3.  —  Abh.  des  oberl.  O.  Ries:  discussion  einer  mit  der  elliMO 
und  ihren  verschiedenen  krümmnngshalbmessem  znsemmeiih&ngeMii 
curve.     16  s.    4. 

Lippstadt,  realsch.  erster  Ordnung,  hülfsl.  Marschall  gieng  ab 
an  die  höhere  bürgersch.  zu  Nassau;  als  ord.  lehrer  trat  ein  dr.  WiUt 
von  der  höheren  schule  zu  Chur,  gieng  darauf  ab  an  das  gymnasim  n 
Greiz;  es  trat  ein  hülfsl.  dr.  Frenkel  und  cand.  Callenberg;  es  gekl 
ab  hülfsl.  Killmann  als  ord.  lehrer  an  die  höhere  bürgerschide  sa  Ift 
Friedland,  schülerz.  275,  abit.  8.  —  Abh.  des  ober!,  dr.  Mfilleri  im 
erste  chemische  lehrgang.  20  s.  4.  die  abhandlung  will  die  erfthroitN 
des  verf.  in  bezug  auf  die  Vorzüge  und  mängel  des  Arendtseheo  Iw 
bucbes  (1868),  welches  er  seinem  unterrichte  zu  gründe  gelegt  hil|  br 
gründen  und  entsprechende  Verbesserungsvorschläge  machen. 

Minden,  gymn.  und  realsch.  erster  Ordnung.  hülfsL  Köhlsr  trti 
ein,  oberl.  Quapp  gieng  ab  als  director  der  realsch.  erster  ordmsg  ü 
Leer,  oberl.  Bosch  als  dirigent  der  höheren  bürgerschnle  so  ArolMi 
es  traten  ein  ord.  lehrer  dr.  Schröder  von  der  höheren  bOrgencL  A 
Delitzsch,  als  zweiter  hülfsl.  dr.  Lacke  mann,  es  gehen  ab  dr^Yei^ 
1  ander  als  ober],  am  lyceum  zu  Hagenau,  dr.  Yöloker  an  das  C^ 
zu  Prenzlau,  es  tritt  ein  dr.  Bus s manu  von  Hamm,  sehfilers.  890|  eUk 
des  gjmn.  3,  der  realsch.  4  und  1  ext.  —  Abh.  des  oberL  dr.  Baasisf: 
die  brombeeren  der  gegend  von  Minden.     15  s.    4. 

MÜNSTBB.  akademie.  winter  1874/5.  prooem.  scr.  J.  Bospatt;  itf 
Philippi  III  regis  Macedonum  ab  a.  205  a.  Ch.  usqne  ad  seenniBB  ei* 
Romanis  bellum  gestae.     15  s.    4. 

SiEOBN.  realschule  erster  Ordnung,  die  feierliche  einweihsag  ^ 
neuen  realschulgebäudes  fand  am  2  juni  1873  statt,  der  frfihere  nrafei 
Oberlehrer  dr.  Langensiepen  wurde  definitiv  entlassen,  derord.lshitf 
dr.  Schwarz  zum  oberl.  ernannt,  eine  5e  ord.  lehrerstelle  eingsfiehti^ 
der  ev.  rel. -lehrer  pf.  Reuter  schied  aus;  es  geht  ab  hülfsl.  dr.  H. Potl' 
mahn  an  die  realschule  zu  Lippstadt,  tritt  ein  cand.  dr«  Pape  vi* 
Halberstadt,  das  25jährige  directorjubiläum  des  dir.  dr.  Sohnabsl  ^ 
diesem  gelegenheit  zur  begründung  einer  neuen  Stiftung  snm  belli* 
verwaister  und  groszjlUiriger  töchter  von  lehrern  der  schnle.  scUUi^ 
zahl  297,  abit.  10.  —  Abh.  des  dr.  J.  Heinzerling:  die  8ienilla'*' 
mundart.  18  s.  4.  die  genannte  mnndart  gehört  zu  den  binnendsotsiktf 
mundarten,  d.  h.  den  hochdeutschen,  die  neignng  sum  niederdenticti' 
zeigen,  und  zwar  zn  der  niederrheinfrUnkischen;  als  nnterabteihng  der 


Programme  der  höheren  lehranstalten  der  provinz  Westfalen  1874.  583 

selben  hat  sie  nicht  ausschliesslich  die  herschaft  in  dem  ganzen  Sieger- 
lande, sondern  ist  ein  stück  von  der  hessischen  mnndart  eingenommen. 
die  anklänge  einerseits  an  das  niederdeutsche,  anderseits  der  gegensats 
gegen  das  hessische  machen  die  siegerländer  mnndart  zn  einem  inter- 
eesanten  gegenständ  der  Untersuchung,  der  verf.  betrachtet  hier  die 
Tocale,  die  lehre  von  den  consonanten  hat  er  erst  begonnen;  es  ist  zu 
wünschen,  da8z  er  mnse  und  gelegenheit  finde,  bald  die  abhandlung  zn 
vollenden,  dabei  auch  die  versprochene  vollständige  idiotismensammUing 
so  geben,  d.  h.  die  Biegener  programme  von  H.  Schütz  zn  vervoHstän* 
digen,  deren  werth  seiner  zeit  von  J.  Grimm  im  deutschen  wörterbuche 
gewürdigt  worden  ist.  als  sehr  instructiv  begrtiszen  wir  die  beigegebene 
■pracbkarte  des  Siegerlandes. 

SoBST.  archigymn.  als  ord.  lehrer  trat  ein  eand.  Aug.  Klempt, 
als  ord.  lehrer  angestellt  hülfsl.  A.  Fromme.  Schülers.  271,  abit.  8.  — 
Abb.  des  oberl.  dr.  Bresina:  über  die  bewegung  materieller  puncto 
aaf  einer  rotierenden  starren  geraden  linie.     29  s.    4. 

Abmsbbbo.  gymnasium  Laurentianum.  gymnasiall.  dr.  v.  Fr  icke  n 
gieng  als  regierungsschulrath  nach  Königsberg,  cand.  Rehdans  als 
külfsl.  an  das  gymn.  zu  Culm,  Küster  als  ord.  lehrer  an  das  gymn.  zu 
Attendorn,  es  trat  ein  cand.  Goeke.  schülerzahl  am  schlusz  223, 
abit.  26.     keine  abh. 

Attbndobn.    gymnasium.    das   bisherige    progymnasium ,   1825  mit 
drei  lehrern  und  drei  classen  eröffnet,  ist  als  paritätisches  gymnasium 
1878  eröffnet,     es  traten  ein  als  gymnasiall.  K.  Küster  von  Arnsberg, 
oberl.  dr.  Ernst  Peiffer  aus  Mülhausen  imElsasz,  oberl.  Raradohr 
vom   Lyceum   I    zu    Hannover;    provis.  hülfsL  Joh.  Brül    schied    aus. 
sebUlerzabl  68.  —  Abh.  des  gymnasial!.  K.  Küster:  'Lessing  als  philo- 
log.*  22  s.  4.    eine  antike  natur  ist  Lessing  schon  oft  und  mit  recht  ge-r 
nannt.     von  ihm  gilt  das  wort  Goethes,  wie   von  einem  (classiker  und 
romantiker  in  Italien):    'jeder,   der  von  Jugend    an   seine  bildung  den 
Oriecben  und  Römern  verdankt,    wird    nie   ein    gewisses  antikes    her- 
kommen verleugnen,  vielmehr  jederzeit  dankbar  anerkennen,  was  er  ab- 
geschiedenen   lehrern    schuldig   ist,    wenn    er  auch  sein   ausgebildetes 
taleDt  der  lebendigen  gegenwart  unaufhaltsam  widmen  wird  und,  ohne 
es  zu  wissen,    modern  endigt,    wenn  er  antik  angefangen  hat.'     er  ist 
iamer  den  alten  treu  geblieben,    er  gehörte  in  die  zeit,  von  der  Goethe 
ss^  (urteile  französischer  kritiker):   ^die   Franzosen  haben  durch  ein- 
^hniDg  misverstandener  alter  lehren   und  durch  nette  convenrenz  ihre 
Poesie  dergestalt  beschränkt,  dasz  sie  zuletzt  ganz  verschwinden  mnsz, 
<)t  sie  sich  nicht  einmal  mehr  in   prosa  auflösen  kann,     der  Deutsche 
^tr  auf  gutem  wege  und  wird  ihn  gleich  wieder  finden,  sobald  er  das 
*chüdliche  bestreben  aufgibt,  die  Nibelungen  der  Ilias  gleichzustellen.* 
eben  darum,  weil  er  sich  unablässig  mit  den  alten  beschäftigte,  verfiel 
^  oft  in  langes  schweigen;  denn  eben  dies  Studium  gab  ihm  einen  ge- 
lten  halt,    eine    befriedigung   in   sich;   denn   'indem  dasselbe*,    wie 
5^ethe  an  einem  andern   orte  sagt   (campagne  in  Frankreich),    'unser 
iiUieres  mit  groszen   gegenständen  und  gesinnungen   füllt,   bemächtigt 
*■  sich  aller  wünsche,  die  nach  aussen  strebten,   hegt  aber  jedes  wür- 
^%e  verlangen  im  stillen  busen;  das  bedürfiiis  der  mitteilung  wird  im- 
^fr  geringer,    und  der  liebhaber  arbeitet  einsam,   für   genüsse,    die  er 
^it  anderen  zu  teilen  kaum  in  den    fall    kommt.'      überall,    wenn    wir 
^^essings  werke  durchblättern,   tritt   uns   seine  philologische  und  histo- 
rische gelehrsamkeit  entgegen,  er  ist  kein  dilettant  gewesen,      aber  er 
''Jcht   nicht   den   letzten   zweck   in   den   philologischen  Untersuchungen, 
^^  will   der   modernen   weit   das   altertum  als  Spiegel   für  litteratur  und 
*^ben  vorhalten,    er  ist  ein  ganzer  pbilolog  gewesen;  seine  philologische 
^'^Hhie  in  seinen  Untersuchungen  über  Schriftsteller  ist  musterhaft,     er 
^^>t  in  den  alten;    wie  manche  Sentenzen  entlehnt  er   aus   ihnen,    und 
^^''gends  ist  darin  etwas  gesuchtes,     in   der  geschichte  der  alten  litte- 


584  Lippesche  programme  1874. 

ratur  and  kanst  sind  seine  kenntnifise  und  leistungen  henrorragend.  er 
hat  nicht,  wie  die  fachphilologen,  von  vornherein  eine  lebentufgabt 
sich  gestellt,  sondern  überall  auf  der  hoehwacht  der  seit  itehendY  «ultt 
er  sich  zu  den  antiquarischen  Studien,  durch  deren  aiubeatiug  er  eia 
Zeitbedürfnis  glaubte  befriedigen  su  können,  io  der  formalen  philolefit 
bezeichnen  wir  sunächst  Lessings  belesenheit  als  eine  nngewShaliBM, 
seine  kenntnis  der  kunst  als  ebenso  gross;  seine  beletenheii  dehnt  ndk 
aus  bis  cum  untergange  der  alten  litteratnr  und  Bber  einen  tehr  bt- 
trSchtlichen  teil  der  neuern  bearbeitung.  waa  seine  kritik  anbetrifk^ 
so  ist  sie  nicht  mit  besonderem  lob  hervoriuheben ,  sie  leidet  an  n^ 
jectiven  einfallen,  an  dem  mansel  einer  siebern  metbode.  Mine  e^ 
klärung  ist  besser,  er  will  stets  den  Schriftsteller  nur  ana  aiek  erUbt 
wissen,  warnt  vor  dem  herbeischleppen  überflfissigen  materials.  seiM 
ästhetische  kritik  ist  epochemachend  geworden,  seine  9tym6hpaAm 
Untersuchungen  verdienen  keine  weitere  beachtnng.  wir  wiiaen,  iau 
er  die  lateinische  spräche  gut  zu  handhaben  wnste.  anf  (gnte  fib•^ 
Setzungen  gab  er  viel,  seine  Verdienste  um  die  litteratnrgeMhiehts 
der  Griechen  und  Römer  sind  allbekannt;  ebenso  um  die  knnstarttUs- 
logie;  er  sieht  im  einzelnen  schärfer  als  Winkelmann,  knrs,  er  ist  «i 
echter  phiiolog  gewesen;  er  hat  seinem  volke  den  ewigen  weitkte 
classischen  Studien  gezeigt. 

Bocholt,  höhere  bürgerschule.  lehrer  Jansen  und  Wasttr^ 
giengen  ab,  es  traten  ein  Fr.  Weber  vom  oollegium  snSohwjiiate 
Schweiz,  Joh.  Janssing,  zuletzt  rector  in  iischeberg;  letalerer  ftaf 
nach  6  monaten  ab  und  trat  ein  Q.  Seppeier  vom  rallisgymnisiiuin 
Osnabrück,    schülerzahl  72.  —  Keine  abhandlang. 

(schluBs  folgt.) 
Hebford.  Hölsohkl 


51. 

LIPPESCHE  PROGRAMME  1874. 


Detmold,  gymnasium  Leopoldinum  nebst  realcUaeen.  all  ^ 
gymnasiall.  trat  Rieh.  Stegmann  von  Soest  ein;  dr.  HnehtBttf 
gieng  als  oberl.  an  das  gymn.  zu  Seehausen  ab,  eand.  Heraatib 
hülfsl.  au  das  gymn.  zu  Mors,    als  erster  oberl.  trat  ein  proH  dr.TrefU* 


aus  Friedland,  als  erster  gymnasiall.  B.  Winkelsesser  tob  a>^ 
zu  Guben,  schülerzahl  196,  abit.  des  gymn.  3,  der  realseh.  7.  —  U** 
Abhandlung. 

Lemgo,  gymnasium.  der  englische  Unterricht  in  qnntte  fiel^ 
und  trat  dafür  Unterricht  in  botanik  und  Zoologie  ein.  soliillemUlK 
abit.  7.  —  Abhandlung  des  ord.  lehrers  dr.  von  Gell:  'über  das  starf" 
tane  formensystem  einer  form  2r  und  6r  Ordnung'.     18  s.  4. 

BücKEBUBG.  gymnasium.  am  19n  juli  1878  starb  eonreetor  drW* 
Fuchs,  als  hülfsl.  trat  ein  cand.  Kam  Iah  ans  Minden,  m  in/t  it^ 
gymnasiallehrerwitwen-  und  waisencasse  gestiftet  ■rbfllonsM  M 
abit.  6.  —  Abhandlung  des  oberl.  Chr.  Berkenbnsek:  'die  lahiti* 
der  hyperbel'.    27  s.  4. 

Herford.  HOlaob» 


1^' 


^ 


ZWEITE  ABTEILUNG 
tTMNASIALP.'iDAeOGlK  UND  DIE  ÜBRI6EN 
LEHEFiCHEfi 

.AU80E0EBBN    VON    l'ROF.    DIt.    HeRMAMN    MaSIUS. 


(45.) 

iBHÄNGIGKEIT  DES  G  YMN  ÄS  1 4L  LEHRERS  VOM 
URTEILE  ANDEEER. 

men  wir  neu  von  den  arten  der  beorteilung,  der  der 
]lebreruiiterworfeuist,diebe scheide  derwiesenschaft- 
irUfangscommisäioueii  Über  die  leistnngen  der  abitn- 
aia  eine  der  wichtigsten  heraus  und  h&ren  wir  über  diese 
euszen  wenigstens  seit  längerer  zeit  schon  eingebürgerte 
iche  einrichtung  die  ansieht  eines  alten  Gcbulmanneii.  er 
in  einen  jüDgern  tehrer  darüber  also : 

iBn  ich,  geehrter  herr,  Ihrem  wünsche,  meine  ansieht  Ober 
Bg  des  gymnasiallehrers  zn  den  urteilen  der  wissen- 
«n  prtlfungsconimissionen  kennen  zu  lernen,  hier  nacb- 
10  wUste  ich  nicht,  was  mich  anderes  dazu  berechtigte,  als 
tgjBhrige  erfahrung. 

feld,  BUS  dem  diese  herausgewachsen  ist,  sind,  wie  Ihnen 
die  deutschen  aufsfitze  der  abituricnten;   aber  manches 
he,   was  von  diesen  gilt,  wird,  mutatis  mntaodis  —  auch 
«  Unterrichtszweige  passen,  um  nun  die  durch  meine  lange 
f  hin  zerstreuten  orinneruDgeii  7,u   ordnen,   will   ich   ver- 
iese  unier  einige  allgemäiBn  gtdii.'hU^uacte  zu  sammela : 
er  zweck  der  einrichtung  der  wissenschaftlichen  prttfungs- 
immissionen  (in  Preuszen); 
ie  dabei  beteiligten; 
IT  inhalt  der  urteile,  und 
ie  auffassung  der  urteile  durch  den  lehrer. 
p  staatliche  einrichtung  ist  wenigstens  ftlr  die  lehrer  an 
«szischen  höheren  lebranstalten  so  maazgebend,  duz  bb 

.£  phil.  u.  |.:.il.  IJ.iht.  in-ib.  hfl.  IS.  SB 


I 


586    Die  abhSugigkeit  des  gymnasiallelirerB  vom  nrtefle  aadarer. 

kaum  zweckentsprechend  wäre,  Ibnen ,  geebrier  herr,  einseitig  bl 
meine  ansiebt  darüber  kundzugeben,  sie  bat  anbSnger  and  1 
redner  gefunden,  aber  aucb  gegner.  von  den  letzteren  hebe  ieh  x 
ebe  icb  Ibnen  meine  eigene  erfabmng  darlege,  wenigstenB  einen  ^ 
weg  beraus  und  zwar  einen  sebr  entscbiedenen.  ich  meine  profei 
J.  Hülsmann,  der  seine  grundansicbt  über  die  sache  in  dieser  a 
scbrift  (Ile  abt.  1874  beft  1  s.  35  f.)  niedergelegt  bat. 

J.  H.  macht  durch  diesen  seinen  aufisatz  auf  den  leser  den 
druck  eines  geistig  strebsamen,  freimüthigen  inannes,  der  fDr  » 
amtliche  thätigkeit  und  sein  wissenschaftliches  streben,  ohne  irg 
eines  S  u  s  z  e  r  n  anstoszes  zu  bedürfen ,  selbst  einsteht,  leicht 
greiOich,  dasz  ein  solcher  mann  auch  den  einflusz,  den  die  beschf 
der  wissenschaftlichen  prttfungscommissionen  etwa  auf  den  Idi 
üben  sollen ,  abzulehnen  geneigt  ist.  zum  bessern  verstSndnis 
Sache  mag  aber  die  aufzählung  folgender  tbatsacben  dienen: 

1)  zu  einer  gewissen  Verstimmung,  die  gegen  die  nrteilsiassi 
der  wissenschaftlichen  prüfungscommission  zu  Bonn  ui 
den  lehrem  mehrerer  gymnasien  der  Bheinprovinz  plstx 
griffen  hatte,  nahm  das  königl.  rheinische  provinzialsd 
collegium  durch  ein  anschreiben  (12n  Septbr.  1871)  an 
ihm  untergeordneten  anstalten  Stellung,  da  'die  gntacb 
der  commission  zu  Bonn  auf  die  betreffenden  lehrer  ni 
selten  einen  befremdenden,  teilweise  selbst  einen  t 
letzenden  eipdruck  gemacht  bStten." 

2)  darauf  folgte  die  dieses  anschreiben  misbilligende^ 
fOgung  des  ministers  v.  Mühler  vom  5n  Januar  1872,  de 
hauptstelle  also  lautet: 

Vas  dann  den  anstalten  selbst  als  gntachten  über 
abiturientenarbeiten  zugefertigt  wird ,  haben  dieselben  i 
als  das  urteil,  worin  wissenschaftliche  prüibngBeommisi 
und  provinzialscbulcollegium  übereinstimmen,  nnbedii 
zur  Weisung  und  nachachtung  dienen  zu  lassen.' 

3)  namentlich  gegen  diese  stelle  der  ministeriellen  verfüg 
hat  herr  dir.  Bonitz,  der  im  übrigen  die  staaÜiehe  einricht 
anerkennt  und  billigt,  in  der  Berliner  Zeitschrift  fltr 
gymnasial wesen  (november  1872)  seine  wohlb^prtti 
tevL  bedenken  ausgesprochen ,  und  endlich 

4)  herr  prof.  J.  B.  Meyer,  mitglied  der  Bonner  prflftn 
commission,  in  der  Zeitschrift  'im  neuen  reich'  1^ 
nr.  26  —  darauf  erwidert  und  neue  vorschlBge  in  betreffe 
Schulrevisionen  gemacht. 

Prof.  J.  Hülsmann  geht  nun  (in  di  eser  Zeitschrift  a.  a.a)  d 
die  ganze  Streitfrage  wegen  des  für  oder  wider  ge¥ri88ermasfeB  > 
einfachen  tagesordnung  über  mit  den  werten : 

^  den  Wortlaut  des  anschreibens  bat  berr  provinsialsehnlntb  U* 
'"•mann  1873  im  «eptemberheft  der  Berliner  zeitscbr.  f.  d.  gymn««"' 
nnt  gemacht. 


Die  abhäDglgkeit  des  gymnasiallehrera  Tom  urteile  anderer.    587 

*£s  liegt  keine  veranlassang  vor,  sicK  mit  der 
Sache  ausdrücklich  und  angelegentlich  zu  befassen, 
der  schaden,  den  die  schule  durch  diese  staatliche  einrichtnng  der 
wissenschaftlichen  prüfungsconunissionen  erleiden  kann  und  oft 
genug  erlitten  hat,  liesze  sich  tragen,  wenn  die  uniTersitftts- 
professoren  sich  jener  arbeit  nicht  erwehren,  wenn  sie  sich  diese 
(wie  J.  B.  Meyer  vorgeschlagen)  noch  zu  erschweren  bereit  wiren, 
80  sei  dies  ihre  sache.' 

Die  kritik  J.  Hülsmanns  gipfelt  aber  in  den  sfttzen: 
a)  'die  ganze  einrichtung  ist  eine  belSstigung  der  uniTersitäts- 
professoren ,  noch  dazu  einiger  wenigen  aus  der  philosophi- 
schen facultät,  die  nicht  einmal  die  desfalsigen  wünsche 
aller  übrigen  professoren  und  deren  anforderungen  an  die 
leistungsfKhigkeit  der  zur  Universität  übergehenden  abitu- 
rienten  zu  vertreten  im  stände  sind/ 

'ihre  mühewaltung  ist  eine  meist  1)  wirkungslose,  2)  ver- 
drieszliche  und  noch  dazu  nicht  ^ten  3)  unerwünscht  wir- 
kende arbeit. 't  * 
h)  'die  nachrevisionen  sind  1)  der  mehrzahl  nach  yergebliche 
arbeit,  da  sie  zu  besonderen  bemerkungen  keinen  anlasz 
geben;  andere  2)  geben  zu  tadel  Veranlassung,  der  ent- 
weder, ohne  wesentlich  beachtet  zu  vrerden,  gleichgiltig 
hingenommen  wird,  oder  verletzt.' 
c)  'sie  führen  zu  collisionen  zwischen  dem  künigl.  provinzial- 
scbulcollegium  und  der  wissenschaftL  prüfnn^commission.' 
Ganz  abgesehen  von  dem  logischen  Widerspruche,  dasz  die 
ttfiliwaltung  des  revisors  *meist  1)  wirkungslos,  nicht  selten 
•*ber  3)  unerwünscht  wirksam'  sein  soll,  so  ist  dieselbe  für  den  be- 
^l^offenden  lebrer  blosz  deswegen  wahrÜch  nicht  vei^blioh,  weil 
jv&er  zu  bemerkungen  über  die  yerbesserten  arbeiten  keine  Teran- 
Ittsimg  gefunden  hat.   es  sei  denn,  ein  lehrer  wftre  so  bodenlos  ein- 
C^bildet,  dasz  er  seine  leistung  über  jede  kritik  erhaben  glaubte, 
^bst  über  die  beistimmende,  die  nichts  wesentUehes  zu  tadeln 
ß^.   eher  könnte  in  dem  lehrer,  wenn  sich  der  fisll  Öfter  wieder- 
wte,  ein  leiser  zweifei  auftauchen,  ob  auch  der  revisor  der  ihm 
fliegenden  arbeit  dieselbe  aufmerksamkeit  und  sorgfidt  zugewandt, 
>k  er  selbst  der  Verbesserung,  oder  ob  jener  sidi  nicht  etwa  die 
w&  vielleicht  verdrieszliche  arbeit  leicht  gemacht  habe. 

In  der  regel  wird  aber  der  lehrer  auch  diese ,  um  so  zu  sagen, 
passive  anerkennung  seiner  leistung  seitens  des  revisors  nicht  ab- 
^nen;  denn  eingepfercht  in  die  engen  vorstellungskreise ,  die  in 
^  vielen  kleinen  gjmnasialstädten  maszgebend  sind,  bedarf  er  der 
eiligen  aufmunterung  und  Zustimmung  von  auszen  her  gar  sehr; 
Men falls  wird  er  aber  dieselbe  seinen  amtsgenossen  und  dem  direc- 
•Or  und  schulrathe  gegenüber  sehr  wohl  verwerthen  können. 

Lob  oder  tadel  des  revisors  —  nun  in  beiden  ftillen  wird  der 
Mirer  kritik  üben  und  sich  fragen  müssen :  ist  der  tadel  des  revisors 

38* 


588    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  vom  urteile  aadeier.      % 

begründet  oder  sein  lob  verdient?  gegen  den  tadel  wird  er  ÖA 
natürlich  wehren  —  freilich  nur  so  lange,  als  er  die  gründe  des 
revisors  dafür  nicht  stichhaltig  findet,  im  andern  falle«  wo  flm  die 
Selbstkritik  zur  anerkennung  des  tadeis  zwingt  i  wird  er  nch  iki 
nicht  blosz  gefallen  lassen  ^  sondern  auch  für  die  sokniift  beaelitffli 
müssen;  denn  wer  Iftszt  sich,  wenn  er  es  irgend  vermeiden  fanm, 
gern  zum  zweiten  male  tadeln?  ja  selbst  wenn  diem  lehier  die 
nötige  schärfe  der  Selbstkritik  fehlte,  so  wird  ihn  der  edialiatii  — 
und  zwar  mit  recht  —  zur  beachtnng  des  tadeis  nOtigan. 

Oanz  anders  verhSlt  es  sich  freüich  mit  der  vorher  angesogeaei 
ministeriellen  Verfügung  (vom  5n  januar  1872)  de  noB  appellttdo; 
doch  dagegen  hat  herr  dir.  Bonitz  a.  a.  o.  bereits  bedenken  eriiobeii 
und  die  rede  kommt,  da  es  sich  dabei  gerade  um  eine  sehr  widitip 
art  der  beurteilung  der  gymnasiallehrer  handelt,  auch  in  diaeen 
briefe  weiter  unten  noch  einmal  darauf  zurück. 

J.  Hülsmann  stellt  zwar  nicht  die  frage,  aber  sie  dringt  «h 
bei  seiner  abgunst  gegen  die  staatliche  einrichtong  der  wisMOiiehifr 
prüfungscommissionen  wie  von  selbst  auf:  *wosn  llbarhiapt 
abiturientenprüfungen?  vor erlasz des abitarientenrBgkBMb 
hat  es  ja  dem  Staate  an  beamten  und  gelehrten  nicht  geMdi'  — 
Ganz  richtig,  das  passt  jedoch  nur  auf  die  begabten  edilller;  d» 
helfen  sich  auch  ohne  prüfung,  ja  sogar  trotz  einer  sohlediten  wMk. 
später  von  selbst  weiter,  wie  stehts  aber  mit  der  übergroenn  wAt 
heit  der  mäszig  begabten  oder  unbegabten,  die  sieh  tretiden 
zu  den  höheren  lehranstalten  herandrängen? 

Welch  schroffe  unterschiede  geistiger  bildnng  and  geietigtf 
leistungsf&higkeit  mögen  sich  vor  einführung  der  abitnrieniBH|irtlhug 
schon  unter  den  Studenten,  später  aber  noch  weit  mehnmisr  te 
beamten  aller  höheren  beruf sclassen  gezeigt  haben,  je  nzribilwi 
sie  von  diesem  oder  jenem  gymnasium  zur  hochschule  Agegngm 
waren. 

Selbst  jetzt  ersitzt  sich,  um  so  zu  sagen,  gar  '»^^f>'f  na* 
begabte  primaner  das  prüfungszeugnis,  weil  er  nns  lebrer  trab 
seiner  wenig  genügenden  leistungen  durch  seine  BchnUagentai 
durch  gutes  betragen,  treuen  fleisz  und  ernsten  willen  n  miMw 
beurteilung  und  zur  erteilung  des  Zeugnisses  gewiasermanen  Ter 
leitet  und  zwingt. 

Wie  würde  aber  die  zahl  der  unbeföhigten  erst  waohsen,  whb 
sie  sich  auch  ohne  jede  prüfung  ein  abgangszeugnis  lur  hoeheobde 
in  prima  ersitzen  könnten,  femer  wie  peinlich  wäre  i^la^^»«  flto  te 
lehrer  die,  auch  ohne  prüfung  in  seine  band  gelegte,  maobttoD- 
kommenheit ,  für  oder  gegen  die  erteilung  eines  abgangneogaiMV 
zu  stimmen,  jetzt  schon  ist  es  schwer  genug  einen  aonefc 
aber  für  Universitätsstudien  ungeeigneten  sdhQler  Ton 
Fähigkeit  zu  überzeugen ;  durch  den  gänzlichen  Wegfall  jeder  prtflnf 
würde  dies  noch  viel  schwerer  werden,  und  wie  harter,  nngendrtff 
beurteilung  seitens  der  schüler  und  deren  angehöligen  wtra der 


Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  vom  urteile  anderer.    589 

lehrer  ausgesetzt,  der  doch  einmal  einem  primaner  das  abgangs- 
Zeugnis  verweigerte,  im  grossen  und  ganzen  wttre  aber  die  folge: 
in  dem  einem  gymnasinm  würde  ttbergrosze  milde  in  erteilong  der 
abgangszengnisse  einreiszen,  an  dem  andern  aber  vielleiclit  wied«: 
ttbergrosze  strenge  hersohen%  je  nachdem  entweder  gntmtttige  nach- 
sieht oder  strenges  Pflichtgefühl  unter  den  lehrem  die  Oberhand 
g^ewOnne. 

Soll  aber  die  abiturientenprflfnng  auch  femer  bestehen  bleiben, 
so  musz  der  staat  die  beurteilung  der  leistungsffthigkeit 
ler  einzelnen  gymnasien,  wie  sie  in  der  prflfung  zu  tage  tritt,  doch 
irgend  jemandem  anheimgeben. 

Aber  wem?  selbstverständlich  nicht  dem  director  des  gynma- 
dmns.  denn  dieser  ist  ja  als  lehrer  bei  der  sache  beteiligt,  so  dasz 
lach  seine  eigenen  leistungen  mit  in  frage  konmien;  dann  ist  er 
Inrch  den  amtlichen,  vielleicht  auch  persönlichen  verkehr  mit  den 
lehrem  in  seinem  urteile  über  die  leistungen  der  abitnrienten  viel- 
fach beengt,  gegen  dasselbe,  wenn  es  ungttnsüg  ausfiele,  würden 
lieh  die  lehrer  weit  mehr  als  gegen  die  bescheide  der  wissenschaft- 
lichen prüfungscommission  sträuben  und  wenn  es  beistimmend 
laatete,  dasselbe  trotzdem  mit  dem  mistrauen  aufiiehmen,  dasz  es 
mehr  das  ergebnis  bloszes  Wohlwollens,  der  ausflusz  milder  nach- 
ncht  oder  kluger  vorsieht  wäre,  selbst  vereinzelte  Vertretungen  des 
ichulrathes  bei  der  prüfung  durch  den  director,  wie  sie  bisweilen 
rorkommen,  haben  immerhin  ihr  bedenkliches. 

Es  bliebe  also  nur  der  provinzialschulrath  übrig,  die  betrefien- 
len  räthe  sind  aber  durch  die  verschiedenartigste  arbeit,  die  sie  auf 
lieh  nehmen  müssen,  überaus  belastet;  ihnen  zu  ihrer  zeitherigen 
ntthwaltung,  die  jetzt  schon  eine  ungewöhnliche  arbeitskraft  voraus- 
letzt,  auszerdem  noch  die  alleinige  beurteilnng  der  durch  den 
lehrer  verbesserten  schriftlichen  arbeiten  der  abiturienten  aufbürden 
—  das  hiesze  wahrlich  von  ihnen  unmögliches  fordern. 

Man  hat  das  gymnasium  gewissermaszen  eine  philosophisdhe 
Busultät  im  kleinen  genannt  —  wo  fände  äch  da  ein  schnlraüi,  der 
Pber  die  leistungen  der  abiturienten  in  allen  unterrichtsftchem  ein 
K>Ilgiltiges  urteil  abgeben  könnte?  ohne  ein  so  vielseitiges  wiaeen 
m  verlangen,  tragen  die  lehrer  ihrem  schulrathe  ihr  vertrauen  schon 
mtgegen,  wenn  es  von  ihm  heiszt:  in  einem  fache  grfindliöh,  im 
illgemeinen  aber  philosophische  durchbildnng. 


'  in  den  zwanzigern  dieses  Jahrhunderts,  wo  für  die  abgangsseng- 
■isse  3  nummem  herkömmlich  und  gesetzlich  waren,  sprach  sich  b.  b. 
Itr  rector  des  gyronasiums  zu  Brieg  bei  der  abiturientenprüfang  grnnd- 
lätzlich  gegen  erteilung  des  Zeugnisses  nr.  1  aus;  auch  der  begabteste, 
Idt  guten  positiven  kenntnissen  ausgerüstete  Schüler  erhielt  höchstens 
las  Zeugnis  nr.  2,  während  nr.  1  ringsum  in  Schlesien  freigebig  erteilt 
Ivnrde.  der  griind  war  nicht  etwa  geringere  leistungsfähigkeit  der  lehrer 
lad  Schüler  des  Brieger  gymnasiums,  sondern  eine  strengere  ansieht  des 
mctors  Yon  der  sache. 


590    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  vom  urteile  andecer. 

Es  liegt  also  offenbar  in  dem  interesse  der  schalräilie  Mlbst, 
die  last  der  beurteilung  der  abiturientenarbeiten  zum  griMen  Uik 
auf  die  schultern  anderer  m&nner  abzuwälzen,  die  nicht  wis  ae 
mit  den  einzelnen  gymnasien  und  lehrem  in  yiel£Eudie  bertb- 
rung  kommen  und  lauch  eine  unfreundliche  gar  nicht  zn  schoiui 
brauchen. 

Prof.  J.  Hülsmann  hat  den  oben  erwähnten  aufsatz  dae  oüt^ 
gliedes  der  Bonner  prüfungscommission,  prof.  J.  B.  Meyer,  m  der 
Wochenschrift  'im  neuen  reich'  gelesen  und  zieht  dazaiis  die  aeUun- 
folgerung :  die  von  dem  letztem  angeführten  beispiele  'von  Temifllh 
lässigter  schulaufsicht,  von  unterlassener  oder  falscher  ooneotnr  and 
beschämend,  und  abhilfe  so  schreiender  mängel  und  schiden  dringad 
notwendig.' 

Nun  das  spräche  ja  geradezu  für  beibehaltung  der  wissen- 
schaftlichen prüfungscommissionen.  der  betreffende  Bchuhitt 
wird  solche  mängel  und  schaden  wol  auch  bemerkt  haben,  die 
wissenschaftliche  prüfungscommission  hatte  nur,  als  ganz  unbetei- 
ligte mittelbehörde,  freiere  band,  sie  rückhaltslos  aof^deokai  od 
weit  mehr  zeit  und  musze  sich  in  sie  zu  vertiefen  ala  der  admlntti 
dem  wenige  wochen  vor  der  mündlichen  prflfung  der  abibuieiiea 
von  so  vielen  anstalten  auf  einmal  die  schriftlichen  arbeiten  mr  eis- 
sicht  vorgelegt  werden. 

Selbst  durch  einzelne  collisionsfälle  zwischen  der  kOniglidm 
aufsichtsbehörde  und  zwischen  der  wissenschaftlichen  prttfinigi- 
commission,  auf  die  J.  Hülsmann  zu  reden  kommt,  werden  die  rot' 
teile  dieser  staatlichen  einricktung  nicht  aufgewogen,  unbegrün- 
dete erwiderungen  eines  lehrers  unschädlich  zu  machen  —  dunhit 
ja  das  provinzialschulcollegium  das  einfache  mittel  in  der  band,  die- 
selben an  diesen  zurückzusenden. 

Neu  war  mir  übrigens  eine  Vermutung  J.  Hülsmanna,  die  er 
gleichfalls  in  seinem  aufsatze  in  dieser  Zeitschrift  auageaprodwa. 
er  hält  es  nemlich  'für  äuszerst  wahrscheinlich ,  dasz  die  TOn  J.  B. 
Meyer,  dem  mitgliede  der  Bonner  prüfungscommission,  gacQgin 
mängel,  wenn  nicht  ausschlieszlich ,  so  doch  vorzugsweise  ia  te 
abiturientenarbeiten  einzelner  katholischer  gymnasien  derBheni- 
provinz  zum  Vorschein  gekommen  wären.' 

Er  bringt  dies  mit  der  ultramontanen  richtung  innerhalb  dar 
katholischen  kirche  in  Verbindung,  dasz  sich  diese  richtung,  weUe 
die  Jesuiten  gern  mit  der  katholischen  kirche  Überhaupt  identifleiens 
möchten,  in  Preuszen  unter  den  ministem  Eichhorn,  v.  Baumarnnd 
V.  Mühler  in  die  zeither  blosz  von  katholischen  geistlichen  geleMse 
lehranstalten  verschiedener  art  und  zum  teil  auch  in  die  volkaedsle 
derselben  confession  eingedrängt  und  immer  mehr  räum  geweeuMS 
hat  —  das  war  eine  allbekannte,  viel  beklagte  thatsache. 

Neu  aber  wäre  es  und  noch  weit  gefährlicher,  wenn  sidi  diaie 
richtung,  wie  man  aus  J.  Hülsmanns  Vermutung  (und  auch 


Die  abhängigkeit  des  gymnaBiallehrera  Tom  artefle  anderer.    591 

chen  reden  prof.  Sybels)  schUeszen  muez,  bereits  anoh  in  einzelnen 
gjmnasien  der  Bheinprovinz  einzunisten  anfienge. 

Da  hiesze  es  sich  zur  abwehr  rüsten  und  von  der  Wissenschaft 
und  dem  Staatsgesetze  das  nötige  rüstzeug  holen,  ein  guter  anCang 
ist  bereits  gemacht  mit  der  nunmehr  gesetzlichen  allgemeinen 
Vorprüfung  der  theologen;  diese  ist  so  recht  geeignet,  die  tiefe  kluft 
allmählich  wieder  aus&len  zu  helfen,  die  schon  jetzt  die  einseitig 
theologische  bildung  sehr  vieler  geistlichen,  katholischer  und  au<^ 
evangelischer,  von  der  allgemeinen,  wissenschaftlichen  bildung  der 
übrigen  Staatsbürger  scheidet. 

Inzwischen  aber  —  bis  die  Wissenschaft  und  das  Staatsgesetz 
über  den  dermalen  entbrannten  kämpf  im  laufe  der  nSchsten  Jahr- 
zehnte wieder  ganz  herr  werden,  da  findet  der  schulrath,  was  die 
höheren  lehranstalten  anbetrifft,  gerade  an  der  prüfVmgscommission 
die  wirksamste  bundesgenossin.  denn  sie  trSgt  ja  nicht  den  namen: 
katholische  oder  evangelische,  sondern  den  namen:  wissen- 
schaftliche prüfungscommission  und  kann  —  noch  besser  als  der 
schulrath  —  diesem  ihrem  Charakter  durch  ihre  ganz  fireie  Stellung 
anerkennung  und  nachachtung  erzwingen. 

Was  endlich  prof.  J.  Hülsmann  gegen  die  von  prof.  J.  B.  Meyer 
in  Vorschlag  gebrachten  regelmftszigen  inspecticmen  der  gymnasien 
seitens  der  schulrftthe  in  Verbindung  mit  mitgliedem  der  wissen- 
schaftlichen prüfungscommission  gelegentlich  in  seinem  au&atie 
sagt,  dem  wird  jeder  gymnasiallehrer  gern  beistimmen, 
an  beurteilern  haben  wir  im  vergleich  mit  anderen  beamten- 
dassen  jetzt  schon  wahrlich  genug;  das  wftre  wieder,  wie  J«  EL 
ganz  richtig  sagt ,  ein  neues  mistrauensvotum  gegen  lelmr,  directo- 
ren  und  schulräthe.  die  segensreiche  einwirknng  der  schulrftthe  auf 
den  von  F.  A  Wolf  im  wesentlichen  erst  begründeten  gymnasial- 
lehrerstand, wobei  der  gründer  an  nichts  weniger  dachte,  aJs  an  oon- 
fessionelle  unterschiede,  hat  sich  aber  in  Preussen  und  auch  ander- 
wftrts  bereits  über  ein  halbes  Jahrhundert  so  wohl  bewBhrt,  dasi  aie 
lei  ihren  schulinspectionen  der  mitwirknng  von  mitgliedem  der 
Wissenschaftlichen  prüfungscommissionen,  die  ja  bai  ihrer  gansen 
geistigen  arbeit  mehr  auf  die  theorie  als  auf  die  präzis  angewiaaen 
sind ,  sehr  wohl  entrathen  können. 

Nachdem  ich  mir  durch  die  darlegung  der  ansieht  prot  J.  Hflla- 
Banns,  der  im  gründe  die  ganze  staatliche  einrichtung  der  wissen- 
schaftlichen prüfungscommissionen  beseitigt  wissen  will,  gewisser- 
maszen  den  weg  gebahnt,  werde  ich  nun  versuchen,  Ihnen,  geehrter 
herr ,  auf  ginind  meiner  eigenen  erfahrung  meine  gedanken  Über  die 
lache  mitzuteilen. 

Ad  nr.  A.  der  zweck  der  staatlichen  einrichtung  der  wissen- 
schaftlichen prüfungscommissionen  (in  Preuszen). 

Schon  oben  ist  gesagt:  der  gymnasiallehrer  steht  mit  dem  einen 
losze  in  der  praxis ,  mit  dem  andern  in  der  theorie.  auf  diese  that- 
lache  gründet  sich ,  wie  die  forderung  wissenschaftlicher  leistungen 


582  Programme  der  höheren  lehranstalten  der  proYini  Westfiden  1871 

aebtissin  und  rath  der  Stadt  über  das  gymnasinm;  'der  vergleieh  toi 
1643;  die  ältesten  Schulgesetze;  die  griechische  syntax  für  das  gyauM- 
sium  von  1667. 

HözTBB.  könig  Wilhelmsgymn.  als  Ir  Oberlehrer  dr.  O.  Groseh 
von  Wernigerode,  als  Ir  ord.  lehrer  dr.  Herrn.  Nölle  yon  Oenabrtek' 
angestellt;  der  ord.  lehrer  Lorenz  g^eng  ab  an  die  höhere  bürgenek. 
zu  Freiburg  in  Sohlesien  nnd  trat  prov.  für  ihn  ein  dr.  K.  Friek  au 
Schwerin,  als  probelehrer  cand.  R.  Michels  ans  Schwerin;  eand.  dr. 
K.  Czwalina  gieng  über  an  das  g^mn.  zn  Wesel  als  ord.  lehrer,  der 
prov.  lehrer  dr.  H.  >iüller  von  Nenstrelitz  gieng  ab  an  daa  pftdagociiB 
zu  Ilfeld.  schülerz.  126.  —  Abh.:  de  re  metrica  LacretU  scr.  Eri. 
Büchel.  9  s.  4.  die  abhandlung  behandelt  einzelne  eigentfiMliek- 
keiten  der  'metrik  des  Lncretius,  hanptsKchlich  L.  Mfillere  back  R 
gmnde  legend,  und  gibt  viele  beispiele  aus  dem  dichter  an. 

IsEBLOHM.  realsch.  erster  Ordnung,  es  starb  prorector  J.  J.  Krnse, 
auch  ein  hart  mitgenommenes  opfer  der  alten  bnrschensohafteTerfolgWBl^ 
der  ord.  lehrer  Grunicke  gieng  ab  an  die  realschnle  in  Aschenlebei; 
als  oberl.  trat  ein  A.  Hollenberg  vom  Joachimath.  gymn.  n  BeiUiL 
es  geht  ab  zeichenl.  Schür  mann  an  die  höhere  bürgezBchiüe  snHM^ 
bürg,  an  dessen  stelle  tritt  L.  Brnne  von  Minden;  fSr  eine  aene  hÜli- 
lehrerstelle  ist  gewählt  cand.  Wagner  zu  Hersfeld.  sohiUerBahl  tU^ 
abit.  3.  —  Abh.  des  oberl.  O.  Ries:  discussion  einer  mit  der  eUioie 
und  ihren  verschiedenen  krümmungshalbmessem  zneemmenhKngenof 
curve.     16  s.    4. 

Lippstadt,  realsch.  erster  Ordnung,  hülfsl.  Marsehall  gieaf  ab 
an  die  höhere  bürgersch.  zu  Nassau;  als  ord.  lehrer  trat  ein  dr,  WiUt 
von  der  höheren  schule  zu  Chur,  gieng  darauf  ab  an  das  gymnastm  n 
Greiz;  es  trat  ein  hülfsl.  dr.  Frenkel  und  cand.  Callenberg;  es  geht 
ab  hülfsl.  Kill  mann  als  ord.  lehrer  an  die  höhere  bfirgersohnle  SB  m; 
Friedland,  schülerz.  275,  abit.  8.  —  Abh.  des  oberl.  dr.  Mfiller:  Otr 
erste  chemische  lehrgang.  20  s.  4.  die  abhandlung  will  die  eifahmaM 
des  verf.  in  bezug  auf  die  vorzöge  und  mängel  des  Areadtschea  lau- 
buches  (1868),  welches  er  seinem  unterrichte  zu  gründe  gelegt  hat|  be- 
gründen und  entsprechende  verbesserungsvorschläge  machen. 

Minden,  gymn.  und  realsch.  erster  Ordnung.  hülfsL  KShler  trat 
ein,  oberl.  Quapp  gieng  ab  als  director  der  realsch.  erster  ordanag  n 
Leer,  oberl.  Bosch  als  dirigent  der  höheren  bürgerachnle  sa  ArolaaBS 
es  traten  ein  ord.  lehrer  dr.  Schröder  von  der  höheren  bürgersbk  n 
Delitzsch,  als  zweiter  hülfsl.  dr.  Lacke  mann,  es  gehea  ab  dr.  Vor» 
1  ander  als  oberl.  am  lyceum  zu  Hagenau,  dr.  Völcker  aa  das  gjaa- 
zu  Prenzlau,  es  tritt  ein  dr.  Bussmanu  von  Hamm,  schfilers.  360^  ML 
des  gjmn.  3,  der  realsch.  4  und  1  ext.  —  Abh.  des  oberL  dr.  BaaaiBf: 
die  brombeeren  der  gegend  von  Minden.     15  s.    4. 

MÜNSTBB.  akademie.  winter  1874/6.  prooem.  scr.  J.  Bospatt:  res 
Philippi  III  regis  Macedonum  ab  a.  206  a.  Ch.  nsqne  ad  seenadBai  esa 
Romanis  bellum  gestae.     15  s.    4. 

Siegen,  realschule  erster  Ordnung,  die  feierliche  einweihaag  daa 
neuen  realschulgebäudes  fand  am  2  juni  1873  statt,  der  frfihere  fsrdla 
Oberlehrer  dr.  Langensiepen  wurde  definitiv  entlassen,  der  ord.  lehier 
dr.  Schwarz  zum  oberl.  ernannt,  eine  6e  ord.  lehrerstelle  eiageriehlati 
der  ev.  rel. -lehrer  pf.  Reuter  schied  aus;  es  geht  ab  hülfsl.  dr.  H.  Poel- 
mahn  an  die  realschule  zu  Lippstadt,  tritt  ein  cand.  dr.  Pape  fsa 
Haiborstadt,  das  25jährige  directorjubiläum  des  dir.  dr.  Sehnabel  p^ 
diesem  gelegenheit  zur  begründung  einer  neuen  Stiftung  sam  besba 
verwaister  und  groszjühriger  töchter  von  lehrern  der  sennle.  scUlsr» 
zahl  297,  abit.  10.  —  Abh.  des  dr.  J.  Heinzerling:  die  BiemiUBitr 
mundart.  18  s.  4.  die  genannte  muudart  gehört  zn  den  biaaendealsalaa 
mundarten,  d.  h.  den  hochdeutschen,  die  neigung  sam  niedefdeatacihaa 
zeigen,  und  zwar  zu  der  niederrhein fränkischen;  als  anterabteUaag  dar- 


Programme  der  höheren  lehranatalien  dar  prcrriaa  Wettfitoi  187i.  58S 

aelben  hat  sie  nicht  antSi-hlieszlich  die  hertchaft  in  dem  ganaea  8iegel^ 
lande,  sondern  ist  ein  stück  yon  der  heseisehea  mnndart  eingenommen, 
die  anklänge  einerseits  an  das  niederdentadie,  aaderteita  der  gegensata 
gegen  das  hessische  machen  die  siegerllader  nniadart  au  einem  inter^ 
eesanten  gegenständ  der  nntersnehnng.  der  mf.  betrachtet  hier  dia 
yoeale,  die  lehre  von  den  conaonanten  bat  er  erat  begonnen;  ea  iat  an 
wünschen,  daifz  er  mnse  nnd  gelegenheit  finde,  bald  die  abbandlnnff  an 
▼ollenden,  dabei  aach  die  Tersproonene  ToUttEndige  idiotitmeaaammning 
an  geben,  d.  h.  die  Siegener  programme  yob  H.  Sehfita  au  TenrollatXn* 
digen,  deren  werth  seiner  aeit  Ton  J.  Orimm  Im  deutaehaa  wörterbndie 
gewürdigt  worden  ist.  als  sehr  instmetiy  begrüsaen  wir  die  beigegebene 
sprachkarte  des  Siegerlandes. 

80BST.  archigymn.  als  ord.  lehrer  trat  ein  eand.  Ang.  Klempt, 
als  ord.  lehrer  angestellt  hülfsl.  A.  Fromme,  sebülera.  971,  abit.  8.  — 
Abb.  des  oberl.  dr.  Bresina:  über  die  bewegnng  materieller  pnnete 
anf  einer  rotierenden  starren  geraden  linie.    S9  s.    4. 

AaxsBBao.  gymnasinm  Lanrentiannm.  gymnaeiall.  dr.  ▼.  Frieken 
gieng  als  regiemngssehnlrath  nach  K5nigMierg|  eand.  Behdans  alt 
bülfsl.  an  das  gymn.  zu  Colm,  Küster  ab  ord.  lehrer  an  das  gjmn.  an 
Attendorn,  es  trat  ein  eand.  Ooeke.  sehüleraabl  am  aehlnsa  S23, 
abit.  26.     keine  abh. 

ATTBHDoaH.  gjmnasiam.  das  biaherige  progyamasinm ,  1885  mit 
drei  lehrern  and  drei  classen  eröffnet,  ist  als  pantfttiaehes  gymnaainm 
1878  eröffnet,  es  traten  ein  als  gymnaaiall.  K.  Küster  von  Arnsberg« 
oberl.  dr.  Ernst  Peiffer  aas  Mülbaoaea  ImElaaat,  oberl.  Bamdohr 
yom  Lyceum  I  zu  Hannover;  provia.  hülfet  Job.  Brül  schied  ans. 
schülerzabl  68.  —  Abh.  des  gjmnasiall.  K.  Küster:  'Lessing  als  philo- 
log.*  22  8.  4.  eine  antike  natar  ist  Lessing  schon  oft  nnd  mit  roont  ge-« 
nannt.  von  ihm  gilt  das  wort  Goethes  9  wie  von  einem  (elassiker  and 
romantiker  in  Italien):  'jeder,  der  von  jagend  an  seine  bildang  den 
Griechen  nnd  Römern  verdankt,  wird  nie  ein  gewisses  antikes  her- 
kommen verleugnen,  vielmehr  jederzeit  dankbar  anerkennen,  waa  er  ab- 
geschiedenen I  eh  rem  schnldig  ist,  wenn  er  aneh  sein  aasgebildetes 
taleut  der  lebendigen  gegenwart  ananfhaltsam  widmen  wird  und,  ohne 
es  za  wissen,  modern  endigt,  wenn  er  antik  angefangen  hat.'  er  ist 
immer  den  alten  tren  geblieben,  er  gehörte  in  die  aelt,  von  der  Goethe 
aagt  (urteile  französischer  kritiker):  Mie  Franaosen  haben  durch  eui- 
fübrung  misverstandener  alter  lehi^n  nnd  durch  nette  eonveulena  ihre 
poesie  dergestalt  beschränkt,  dasa  sie  anletat  gaaa  rereehwinden  mnaa, 
da  sie  sich  nicht  einmal  mehr  in  prosa  anflöfea  kaaii«  der  Dentsebo 
war  auf  gutem  wege  and  wird  ihn  gleich  wieder  finden,  sobald  er  daa 
schädliche  bestreben  aufgibt,  die  Mibelongen  der  Iliaa  gleichanstellen.* 
eben  darum,  weil  er  sich  unablässig  mit  den  alten  beaeklftigte,  Tcurfiel 
er  oft  in  langes  schweigen;  denn  eben  dies  stodtan  gab  Ihm  einen  ge- 
wissen halt,  eine  befriedigung  In  sich;  denn  'Indem  dasselbe  %  wie 
Goethe  an  einem  andern  orte  sagt  (eampagne  In  f^ankreleh),  'nnaer 
inneres  mit  groszen  gegenständen  nnd  gemnnngaa  füllt,  bemächtigt 
es  sich  aller  wünsche,  die  nnch  ansäen  strebten,  hegt  aber  Jedes  wür- 
dige verlangen  im  stillen  busen;  das  bedürfnis  der  mltteilung  wird  im- 
mer geringer,  und  der  liebhaber  arbeitet  einsam,  für  genüsse,  die  er 
mit  anderen  zu  teilen  kaum  in  den  fall  kommt.'  überall,  wenn  wir 
Leasings  werke  (inrchblättern,  tritt  uns  seine  philologische  and  histo- 
rische gelehrsam keit  entgegen,  er  ist  kein  dilettant  gewesen,  aber  er 
sucht  nicht  den  letzten  zweck  in  den  philolog^ischen  antersuchungen, 
er  will  der  modernen  weit  das  altertnm  als  Spiegel  für  litteratar  and 
leben  vorhalten,  er  ist  ein  ganzer  philolog  gewesen;  seine  philologische 
akribie  in  seinen  Untersuchungen  über  s^riftsteller  ist  masterhaft,  er 
lebt  in  den  alten;  wie  manche  Sentenzen  entlehnt  er  aus  ihnen,  nnd 
nirgends  ist  darin  etwas  gesuchtes,    in  der  geschichte  der  alten  litte- 


584  Lippesche  programme  1874. 

ratur  und  knnst  sind  seine  kenntnisse  und  leistungen  heiromiffliid.  er 
hat  nicht,  wie  die  fachphilolog^cn ,  von  vornherein  eine  lebenMufgabt 
sich  gestellt,  sondern  überall  auf  der  hoehwaoht  der  seit  atehend,  waalU 
er  sich  zu  den  antiquarischen  Studien ,  durch  deren  »oabeataBf  er  eil 
Seitbedürfnis  glaubte  befriedigen  su  können,  in  der  formalen  philoloffi« 
bezeichnen  wir  sunächst  Lessings  belesenheit  als  eine  nngewdhniiiat, 
seine  kenntnis  der  kunst  als  ebenso  gross;  seine  beleeenbeii  dehnt  iM 
aus  bis  sum  untergange  der  alten  litteratur  nnd  Qber  einen  sehr  be- 
trächtlichen teil  der  neuern  bearbeltung.  was  seine  kritik  anbetrifl, 
so  ist  sie  nicht  mit  besonderem  lob  hervorzuheben,  sie  leidet  an  iib- 
jectiven  einfallen,  an  dem  mangel  einer  siehem  melhode.  eeinc  «r- 
klämng  ist  besser,  er  will  stets  den  Schriftsteller  nnr  mm  sieh  eridlit 
wissen,  warnt  vor  dem  herbeischleppen  überflüssigen  materials.  seiM 
ästhetische  kritik  ist  epochemachend  geworden,  seine  etjmologiiehci 
Untersuchungen  verdienen  keine  weitere  beachtnng.  wir  wissen,  dsn 
er  die  lateinische  spräche  gut  zu  handhaben  wüste,  anf  Ignte  Uer 
Setzungen  gab  er  viel,  seine  Verdienste  um  die  litteratargesehiehts 
der  Griechen  und  Römer  sind  allbekannt;  ebenso  nm  die  knnstareUo* 
logie ;  er  sieht  im  einzelnen  scbärfer  als  Winkelmann,  kors,  er  ist  di 
echter  philolog  gewesen;  er  hat  seinem  volke  den  ewigen  werth  te 
classisohen  Studien  gezeigt. 

Bocholt,  höhere  bürgerschule.  lehrer  Jansen  nnd  Westarp 
giengen  ab,  es  traten  ein  Fr.  Weber  vom  coUegium  sn  Sohwjs  is  ler 
Schweiz,  Job.  Janssing,  zuletzt  rector  in  Ascheberg;  letalerer  glcap 
nach  6  monaten  ab  und  trat  ein  G-  Seppeier  vom  ratiiagymnaaiafli a 
Osnabrück,    schülerzahl  72.  —  Keine  abhandlong. 

(schluss  folgt.) 

Herford.  RöLnaan^ 


51. 

LIPPESCHE  PROGBAMME  1874. 


Detmold,  gymnasium  Leopoldinum  nebst  realclaseen.  all  uL 
gjmnasiall.  trat  Rieh.  Stegmann  von  Soeat  ein;  dr.  HaehtsaB> 
gieng  als  oberl.  an  das  gymn.  zu  Seehausen  ab,  eaad.  HerBtaik 
hülfsl.  an  das  gymn.  zu  Mors,  als  erster  oberl.  trat  ein  prof.  dr.  TrepU* 
aus  Friedland,  als  erster  gymnasiall.  B.  Winkelaesser  tob  0*^ 
zu  Guben,  schülerzahl  196,  abit.  des  gymn.  3,  der  realsolu  7.  —  Kall* 
Abhandlung. 

Lemgo,  gymnasium.  der  englische  unterrieht  in  q[aatta  fiel  M 
und  trat  dafür  Unterricht  in  botanik  und  Zoologie  ein.  sohftlefitkllK 
abit.  7.  —  Abhandlung  des  ord.  lehrers  dr.  von  Gall:  'ftber  das  atarf" 
tane  formensystem  einer  form  2r  nnd  6r  Ordnung*.     18  s.  4. 

BücKEBUBO.  gymnasium.  am  19n  juli  1873  starb  conreetor  dr.W. 
Fuchs,  als  hülfsl.  trat  ein  cand.  Kam  Iah  aus  Minden,  es  iil  äM 
gymnasiallehrerwitwen-  und  waisencasse  gestiftet  sehfileniU  lÜ^ 
abit.  6.  —  Abhandlung  des  oberl.  Chr.  Berkenbaseh:  'die  lehn  Vi* 
der  hyperbeP.    27  s.  4. 

Herford.  HöLSOBVi 


ZWEITE  ABTEILUNG 

POE  GYMNASIALPÄDAGOGIK  UND  DIE  tBMGEN 

LEHBFlGHEB 

MIT  AUSBCHLU81   DKR   CLAB8I80limV  PHZLOLOOU 

HEBAU80E0EBEN  VON  PBOF.  DR.  HERMANN  MaSIUS. 


(45.) 

DIE  ABHÄNGIGKEIT  DES  OYMNASIALLEHBEBS  VOM 

URTEILE  ANDEBEB. 

(schlofls.) 


Nehmen  wir  nun  von  den  arten  der  benrteilnng,  der  der 
gyumasiallehrer  unterworfen  ist,  die  b  e  8  c  h  e  i  d  e  der  Wissenschaft- 
Heben  prüfungscommissionen  über  die  leistangen  der  abita- 
dienten  als  eine  der  wichtigsten  heraus  nnd  hOren  wir  ttber  diese 
"^inPreuszen  wenigstens  seit  längerer  zeit  schon  eingebflrgerte 
--•  staatliche  einrichtung  die  ansieht  eines  alten  schnhnannes.  er 
tehreibt  an  einen  jttngem  lehrer  dartlber  also': 

«Wenn  ich,  geehrter  herr,  Ihrem  wünsche ,  meine  ansieht  ttber 
Bestellung  des  gymnasiallehrers  zn  den  nrieihm  der  wissen- 
Aaftlichen  prüfungscommissionen  kennen  su  lernen,  hier  nach- 
^mme,  so  wüste  ich  nicht,  was  mich  anderes  dam  berechtigte,  als 
i^ine  langjährige  erfahrung. 

Das  feld ,  aus  dem  diese  heraasgewachsen  ist,  sind,  wie  Urnen 
kikannt,  die  deutschen  Aufsätze  der  abitorientan;  aber  manches 
■^entliehe,  was  von  diesen  gilt,  wird,  mntatis  mntandis  —  anch 
W  andere  unterrichtszweige  passen,  um  nun  die  doroh  meine  lange 
tfahrung  hin  zerstreuten  erinnerungen  zu  ordnen,  will  ich  ver- 
liehen, diese  unter  einige  allgemeine  gesichtspuncte  zu  sammeln : 

A)  der  zweck  der  einrichtung  der  wissenschaftlichen  prüfungs- 
commissionen (in  Preuszen); 

B)  die  dabei  beteiligten; 

C)  der  i n h a It  der  urteile ,  und 

D)  die  auf  Fassung  der  urteile  durch  den  lehrer. 

Diese  staatliche  einrichtung  ist  wenigstens  für  die  lehrer  an 
llen  preuszischen  höheren  lehranstalten  so  maszgebend,  dasz  es 

N.  Jahrb.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hfl.  12.  38 


596    Die  abhängigkeit  des  gymnasiaUehrerB  TOm  nrteile  anderer. 

Es  heiszt  freilieb:  der  director  ist  blosz  der  Vermittler  zwisehen 
dem  lebrer  und  zwiscben  der  königlicben  aufsicbtsbebörde  —  blosz 
der  erste  unter  glelcben.  das  nimmt  sieb  auf  dem  papier  ganz 
gut  aus;  aber  im  leben,  in  der  scbule  selbst  yerbftlt  es  sich  doch 
ganz  anders,  der  director  bat,  jaermnsz  mancherlei  maohtmittel 
haben,  die  er  dem  einen  lehrer  gegenüber  so,  dem  andern  gegent&ber 
anders  verwenden  kann,  gerade  die  staatliche  einrichtong,  von  der 
hier  die  rede  geht,  ist  aber  so  recht  geeignet,  den  director  selbst  und 
auch  seine  lehrer  vor  dem  möglichen  misbrauch  dieser  machtmittel 
zu  schützen  und  zu  bewahren,  denn  hier  ninunt  jener  ausnaliins- 
weise  wirklich  einmal  eine  ganz  gleiche  Stellung  za  den  übrigen 
lehrem  ein.  da  seine  leistungen  in  der  sehnle,  wie  sie  bei  der 
abiturientenprüfung  zu  tage  treten ,  ebenso  dem  urteile  der  wissen- 
schaftlichen prüfungscommission  unterliegen,  wie  die  der  übrigen 
lehrer.  femer  musz  er  selbst  —  aber  auch  der  schulrath  —  sich, 
um  so  zu  sagen,  einen  lehrer  warm  halten,  der  den  guten  ruf  und 
das  ansehen  der  anstalt  vor  der  wissenschaftl.  prüfungscommission 
und  dadurch  zugleich  auch  vor  dem  königl.  Unterrichtsministerium 
begründen  und  erhalten  hilft,  mögliche  gunst  oder  abgunst  des 
directors  und  schulrathes  ist  dabei  ganz  ausgeschlossen;  denn  lob 
oder  tadel  steht  ja  —  schwarz  auf  weisz  —  zur  einsieht  aller  be- 
teiligten. 

Wird  so  der  strebsame  lehrer  aller  wohldienerei  überhoben,  da 
er  den  gröszeren  staatlichen  lebenskreisen  gegenüber  eine  ge- 
wisse sichere  Stellung  gewinnt,  so  wird  ihn  eben  dieses  gefUü  der 
Sicherheit  auch  leichter  herr  werden ,  lassen  sowol  über  etwaiges 
Cliquenwesen  innerhalb  und  auszerhalb  seines  collegiums,  als  auch 
über  die  kleinlichen  machtverhältnisse,  wie  sie  sich  in  den  engen 
vorstellungskreisen  einer  mittel-  oder  kleinstadt  herauszubilden 
pflegen. 

Ad  nr.  C.  der  inhalt  der  urteile  der  wissenschaftlichen 
prüfungscommission. 

Dieser  erstreckt  sich : 

1)  auf  die  wähl  der  themata; 

2)  auf  die  leistungen   der  abiturienten  im  verhIÜtnis  zum 
reglement,  und  endlich 

3)  auf  des  lehrers  a)  censur  der  arbeiten  und   h)  auf  seine 
Verbesserung. 

Ad  C  nr.  1.  Was  die  auswahl  der  fremdsprachlichen  exercitien 
betrifft,  da  stimme  ich  hm.  dir.  Bonitz  (vgl.  zeitschr.  f.  d.  gymnasialw. 
Berlin,  november  1872  s.  829  unten)  ganz  bei,  wenn  er  den  zweifei 
ausspricht,  ob  'anders  als  durch  die  umfassende  erfahrung  (des  aas- 
wählenden lehrers)  auf  diesem  gebiete  ein  sicheres  urteil  eixieU 
werden  könne  und  ob  jeder  revisor  in  dem  falle  sei,  auf  diesem  wege 
u  einem  urteile  gelangt  zu  sein  und  es  bewahrt  zu  haben.'  absicht- 
liche erschwerung  oder  erleichterung  der  exercitien  seitens  des 
lehrers ,  deren  z.  b.  die  königl.  ministerialverfügung  vom  5  janaar 


Die  abh&ngigkeit  des  gymnasiaUehren  vom  urteile  anderer.    597 

)72  erwähnang  thut,  wäre  natürlich  vom  reyisor  zu  tadeln,  aber 
lebe  flüle  sind  wol  selten;  denn  beides  ist  ja  geradem  gegen  das 
teiesse  des  lehrers.  einmal  würde  er,  was  doch  sicherlich  keiner 
nm  thäte,  offenbar  seinen  schülem,  das  andere  mal  dem  mfb  seiner 
istalt  and  seinem  eigenen  schaden. 

Was  dagegen  das  gewählte  thema  fOr  den  deutschen  aufiukts 
ibetrifii,  so  wird  sich  der  revisor  darüber  leichter  und  sicherer  ein 
itreffendes  urteil  bilden  können,  als  über  die  ezerdtien«  —  Hein 
rrfidiren  bei  der  wähl:  es  war  für  mich  immer  eine  art  schreck- 
hnsz,  wenn  ich  den  termin  erfahr^  an  dem  der  director  die  themata 
I  den  schnlrath  schicken  woUte.  in  der  swischenseit  kam  ich  nicht 
ler  zur  rohe,  als  bis  ich  die  vier  themata,  aus  denen  der  schnlrath 
DS  aaswählen  sollte,  aasfindig  gemacht  hatte. 

Gedruckte  Sammlungen  von  au^ben  waren  nicht  in  mainer 
grenen,  überaus  beschränkten  bücherei  \  aber  selbst  die  etwa  in  der 
rmnasialbibliothek  vorhandenen  hatte  ich  eine  gewisse  scheu  zu 
mutzen ;  denn  passende  themata  ausfindig  zu  machen  —  das  hielt 
bganz  und  gar  für  meine  arbeit  und  nicht  für  die  eines  fremden. 

War  das  blatt  mit  meinen  angaben  endlich  in  der  band  des 
rectors,  dann  sagte  ich  mir:  nun  ist  für  die  diesmalige  abitorienten- 
üfang  deine  hauptarbeit  gethan.  das  übrige  ist  Sache  deiner 
fauler;  dem  einen  wird  die  leistung  leicht  werden,  dem  andern 
hwerer.  wer  aber  von  ihnen  über  ein  solches  thema,  wie  du  es 
ich  eingehendster  Überlegung  festgestellt  hast,  trotzdem  nichts 
ehtes  zu  sagen  wüste,  der  wäre,  auch  wenn  er  sonst  in  anderen 
igenständen  mancherlei  vereinzelte  kenntnisse  besäsaCf  wegen 
uuth  an  Vorstellungen  und  mangel  an  arteil  für  aniversititB- 
ndien  überhaupt  nicht  reif. 

Die  befähigung  zur  beurteilung  deutscher  aufsÜBe,  wie  auch 
nr  wähl  des  themas,  setzt  aber,  wie  schon  angedeutet ,  bei  dem 
brer,  natürlich  auch  bei  dem  revisor,  nicht  blosz  Vertiefung  in 
ne  einzelwissenschaft  voraus,  sondern  philosophische 
archbildung.  das  wesen  der  letztem  besteht  nnn  tdls  in  der 
rmittlung  der  eigenen  erfahrung  (durch  die  sinne)  mit  der 
'emden,  wie  diese  in  den  büchem  und  wissensehaften  (■«  ver- 
mgenheit)  niedergelegt  ist,  zum  andern  teile  aber  in  der  befimeh- 
mg  der  seele  des  lernenden  mit  den  treibenden  vontelhmgen 
r  zeit  (=  gegenwart),  d.  h.  in  der  innigen  Verbindung  des 
issens  mit  dem  leben. 

Nur  eine  solche  bildung  beföhigt  den  lehr  er  zur  Stellung  pas- 
nder  themata  ftlr  die  deutschen  aufsätze  und  den  revisor  zur 
mrteilung  der  getroffenen  wähl,  auch  dem  letztem  wird  es  aldann 
ieht  werden,  sich  von  seinem  weitem  standpuncte  aus  auf  den 
igem  des  lehrers  zu  versetzen  und  auch  in  die  engsten  vorstellungs- 
«ise  des  schülers  hinabzusteigen. 

NB.  In  der  bereits  erwähnten  ministerialverfügung  (vom 
Januar  1872) ,  aber  auch  in  früheren,  älteren  findet  sich  die  klage 


598    Die  abhängigkeit  des  gymnasiaUehrers  vom  urteile  madent, 

vor,  dasz  die  themata  zu  den  deutachen  aufiafttsen  der  abüurientn 
nicht  selten  unpassend  ausgewählt  w&ren  —  ein  vorwnrfi  dembOdui 
wahrscheinlich  auch  berichte  der  wissenschaftl.  prttfnngseonuniwiflB 
zu  gründe  liegen,  wie  weit  der  tadel  wirklich  anasudehnea  und  be- 
gründet ist  —  wäre  aus  den  Programmen  zu  entnehmen,  wo  die  tiie- 
mata  verzeichnet  zu  werden  pflegen,  von  einer  solehen  mniichao  hi 
mich  teils  eine  gewisse  scheu  abgehalten,  andern  lehrem  etwM  n 
zeuge  zu  flicken,  teils  hat  mir  der  sammelfleiss  und  die  nit  dam  g«- 
fehlt,  gut  wäre  es  aber, ^  wenn  einmal  ein  lehrer  dnxeh  den  tinfc- 
sächlichen  nachweis  der  anpassenden  themata  aoa  den  progranmia 
die  Sache  ins  reine  brächte,  da  sie  nicht  blosz  den  die  thmnita  Y(ff' 
schlagenden  lehrer  betrifft,  sondern  zugleich  aoeh  immer  den  m- 
wählenden  schulrath,  in  dessen  band  es  ja  liegt,  alle  vorgeeeUagawi 
themata  zu  verwerfen  und  an  deren  stelle  selbst  ein  aaderea  ta  be- 
stimmen. 

Ad  C  nr.  2.  die  leistungen  der  abitorienten  imyeriilUBiv 
zum  reglement. 

Das  abiturientenreglement  verlangt  ftür  die  dentsdieB  aalMtae 
von  dem  abiturienten  *die  fähigkeit,  einen  ihm  bekannten  gpgst- 
stand  mit  eigenem  urteile  aufzufassen  und  wohlgeordnet,  in  nek* 
tiger,  klarer  und  gebildeter  (?)  spräche  darzustellen'. 

Die  hauptsache  ist  und  bleibt :  der  gegenständ  mnn  dem  aki* 
turienten  bekannt,  d.  h.  das  thema  vom  lehrer  pasaend  wt 
gewählt  sein,  jede  rede ,  jede  sohrift  ohne  den  nOtigen  Tarradi  m 
gedanken  artet  notwendigerweise  in  inbaltleeres  geechwälx  ana. 

Hat  der  schüler,  was  er  sagen  soll,  dann  wird  er  aadi  un  d« 
wie  nicht  allzusehr  verlegen  sein;  die  belehrung  darttber  liiigiiiaf  ji 
schon  in  untersecunda,  vor  welcher  classe  prodnotiTe  themata IJr 
den  scbüler  ganz  und  gar  vom  übel  wären,  schon  in  nnterBeemda 
hat  aber  der  lehrer  alle  nur  zu  erübrigende  zeit  darauf  zu  verwendez, 
wie  1)  der  vorrath  an  Vorstellungen  Über  die  saohe ,  die  in  der  mele 
des  Schülers  schlummern,  hervorzulocken  (inventio) ,  nnd  wie  8)  dv 
hervorgelockte,  noch  so  spärliche  stoff  zu  ordnen  (dispoaitio)  aeL 

Wie  gering  daher  auch  der  gedankenvorrath  in  den  tnftltim 
meiner  untersecundaner  sein  mochte,  trotzdem  habe  ieh  ne  ge- 
zwungen, denselben  immer  eine  art  entwurf  voranzastelhm,  bb- 
weilen  ihnen  auch  nach  der  durchnähme  der  aufafttze  in  der 
eine  aus  allen  aufsätzen  ausgezogene ,  von  mir  anszerdem 
disposition  in  die  feder  dictirt,  die  sie  mir  eingeschrieben  mit  des 
nächsten  aufsatze  einliefern  musten. 

Wie  wichtig  dies  für  schüler  und  lehrer  ist,  geht  z.  b.  ans  dit- 
ser  thatsaebe  hervor:  ich  selbst  habe  nie  den  text  der  deutochea 
aufsatze  der  abiturienten  zuerst  durchgelesen,  sondern  TOiber  imW 
die  vor  an  stehenden  dispositionen.  daraus  ersah  loh  in  lUff 
regel,  ob  die  aufsatze  selbst  den  forderungen  des  reglementiii 
den  wesentlichsten  puncten  entsprechen  würden,  oder  ob  nidii  bv 
sehr  selten  hatte  ich  nach  durchsieht  des  textea  meine  voxter  ge- 


Die  abhängigkeit  des  gymnaaiallehren  Tom  urteile  anderer.    G99 

lazte  ansieht  ganz  zu  yerwerÜBn^  meiat  nur  im  einaelnen  su  be- 
durfinken. 

Und  in  der  that,'der  umfong  der  poeitiTen  kenntBisae,  der  grad 
er  urteilsreife  des  abiturienten  Iftszt  sich  schon  aus  dem  entwürfe 
es  aufsatzes  erkennen  und  daraus  ersehen : 

ob  1)  die  gedanken  richtig  sind,  a)  nach  den  denkgesetzen 
und  h)  nach  der  erfahrung  und  zwar  der  eigenen  durch 
die  sinne,  und  der  fremden  durch  eitern,  leh)rer,  bttoher 
und  Wissenschaften,  und 

ob  sie  2)  zur  sache  gehören  oder  auszerhalb  des  ToratellnngB- 
kreises  des  themas  liegen. 

So  sind  denn  die  dispositionen  vor  den  deutschen  anfsfttzen  nicht 
losz  für  schüler  und  lehrer  überaus  widitig,  sondern  auch  he- 
uern, zeit  und  mühe  ersparend  für  den  revisor,  um  damaoh  die 
on  dem  reglement  geforderte  urteilsreife  des  abitarientMi  in  auf- 
ndung  und  anordnung  des  Stoffes  festzustellen. 

Wer  aber  den  stoff  hat,  der  wird  —  wenigstens  in  seiner 
lu  ttersprache  —  auch  die  form  leicht  finden;  darum  über  die 
prachliche  darstellung  der  gedanken  nur  ein  paar  worte. 

Alles,  was  man  hier  zu  fordern  pflegt:  richtigkeit,  Üarheit, 
firze  und  wohllaut  des  ausdrucks  —  darüber  iSszt  sich  wol  dies  und 
»es  dem  schüler  vorreden;  aber  yon  der  lehre  bis  zum  gebrauch, 
on  den  rhetorischen  regeln  bis  zu  ihrer  «nwendung  in  den  deiit^ 
chen  aufsfttzen  —  da  ist  ein  sehr  weiter,  weg.  der  lehrer  salbet 
Ann  hierbei  nur  wenig  thun;  fortgesetzte  lectüre,  langjfihrige  eigene 
bung,  geistige  begabung  —  mit  einem  worte:  die  ganze  eigenart 
es  schtüers  bedingen  seine  leistungen  in  der  sprachlichen  darstel- 
mg  seiner  gedanken. 

An  den  fehlem  und  misgriffen  im  ausdrucke,  die  in  seinen 
igenen  deutschen  aufsätzen  und  in  denen  seiner  mitsohüler  Tor- 
ommen,  wird  der  einzelne  im  laufe  der  vier  letsten  sohu^ahre 
m  besten  kennen  lernen,  was  er  zu  vermeideB  und  was  er  sn  er- 
treben  hat. 

Im  übrigen  unterstützen  den  lehrer  des  deutschen  hierin  alle 
sdem ;  es  wäre  mithin  eine  wunderliche  einbildung  desselben,  wenn 
r  die  leistungen  seiner  schüler  in  der  mutterq^raehe,  ihre  fort- 
flliritte  in  der  mündlichen  und  schriftlichen  dttstellung  der  ge- 
anken,  ohne  die  tagtägliche  beihilfe  aller  seiner  amtsgenossen 
ankbar  anzuerkennen,  sich  allein  zugute  schreiben  wollte. 

NB.  Das  reglement  verlangt  imter  anderm  auch  von  dem 
biturienten , 

dasz  er  1)  in  'gebildeter'  (?)  spräche  schreibe;  dagegen 
thut  es  2]  der  *  reinheit'  des  ausdrucks  keine  erw&hnung. 

Ad  nr.  2.  niemand  wird  mit  dem  alten  tumvater  Jahfl  ein- 
ebürgerte  fremd  Wörter  verdrängen  wollen;  jeder  femer,  der 
Oie  kunst  oder  Wissenschaft  erlernt,  wird  die  unter  aUen  cultur- 


600    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehrers  vom.  arteile  andeier. 

Völkern  gäng  und  gäben  (»>  internationalen)  kanstauadrücke  finan* 
der  zunge  gebrauchen  dürfen;  aber  es  dr&ngt  sich  dermalen  eme 
fluth  von  ganz  überflüssigen  fremdwörtefn  in  die  deataohe  rede 
und  litteratur  ein. 

Halbgebildete  mischen  sie,  um  damit  gewisaermasien  geiftign 
Staat  zu  machen,  gern  in  ihre  gespräche;  jedoch  aach  in  den  icbif- 
ten  der  gebildeten  und  gelehrten  treiben  sie  ihr  unweaen.  niflbt 
blosz  Zeitungen  und  Zeitschriften  wimmeln  von  solchen  ««««fa— 
fremd  Wörtern,  sondern  auch  sehr  viele  gjmnasialprogramme 
und  andere  prosaschriften  belehrenden  oder  erzählenden  Inhalte. 

Jüngst  ist  diesem  Unwesen  der  generalposfaneiater  Stephan  nf 
dem  von  ihm  verwalteten  Staatsgebiete  mit  so  glfloUiohan  crfdgi 
entgegengetreten,  dasz  nun  jeder,  der  deatsch  lesen  und  aohnilNa 
gelernt  hat,  die  kunstausdrücke,  die  das  postweaen  regoln,  Uflbt 
verstehen  und  für  seinen  gebrauch  verwerthen  kann,  mag  ihm  dv 
unterrichtsminister  bald  nachfolge  leisten  und  an  die  wnnel  des  aa- 
wesens  dadurch  gewissermaszen  die  axt  anlegen,  daaa  er  nm  dea 
abiturienten  auch  'reinheit'  des  ausdrucks  verlangt;  natllriieh 
wären  dadurch  zugleich  auch  die  lehrer  gezwungen,  ihren  wAA- 
lern  mit  gutem  beispiele  voranzugehen  und  namentlich  in  ilm 
programmschriften  solche  unnütze  fremdwOrter  gani  an  meiden. 

Für  einen  altclassisch  geschulten  Schriftsteller  iata  natürihi 
recht  bequem  und  leicht,  da  ein  fremd  wort  zu  gebrauchen,  wo 
er  die  mühe  scheut,  statt  dessen  ein  echt  deutsches  anafindiig  n 
machen. 

Aber  Goethe  sagt  mit  vollem  recht:  gar  oft,  w^m  wir  aiAt 
recht  wissen,  was  etwas  ist,  oder  den  muth  nicht  haben,  etwM 
rein  deutsch  auszusprechen,  dann  brauchen  wir  gern  ein  freaid- 
wort,  entweder  um  unsere  unkunde  zu  verdecken,  oder  um  naaeie 
f  eigheit  (oder  böse  absieht)  zu  bemänteln« 

Und  in  der  that  —  was  für  unheil  haben  biaweilen  aoUe 
fremd wörtdr,  unter  denen  sich  die  grosze  masse  der  halbgebiUelBa 
oder  der  ganz  rückständigen,  die  nur  deutsch  reden  und  ventekwi, 
alles  mögliche  zu  denken  pflegt  —  als  landläufige  achlagwOrter  aa- 
gericbtet ,  Fei  es  auf  staatlichem  gebiete ,  oder  auf  Vir^lt^ifthMn  aad 
wirthschaftlichem. 

Je  gröszer  die  gefahr  ist ,  dasz  das  Unwesen  in  den  aehriltaa 
immer  weiter  fortwuchere,  desto  mehr  vermisse  ich  in  dem  regle- 
ment  eine  desfallsige  forderung  an  die  leistnng  dea  >abitnriwtg 
sie  wäre,  gerade  an  die  gymnasien  gerichtet,  um  so  begründeter  nad 
billiger,  als  die  beiden  altclassischen  sprachen,  die  in  ihnen  eiiBio 
bevorzugte  Stellung  einnehmen ,  meist  als  unerschöpfliche  faadgKd^ 
für  unnütze  fremd  Wörter  ausgebeutet  werden. 

Ich  .meinesteils  habe  daher  von  untersecnnda  ab  von  den 
gebürgerten  und  den  geduldeten  lehn  Wörtern  («=  kunat  nnd  -i 
Schaft)   die   unnützen    fremdwörter  in   den  deutschen  anfitfttfa 


Die  abhftngigkeit  des  gymnasiallehren  vom  urteile  anderer.    601 

meiner  schüler  ausgeschieden  nnd  anch  in  den  arbeiten  der  abita- 
rienten  —  unter  dem  vorwürfe  geistiger  trSgbeit  —  onerbitÜich 
gestrichen. 

Ad  nr.  1.  das  reglement  verlangt  von  dem  abitarienten 
onter  anderm  auch,  dasz  er  in  'gebildeter'  spräche  schreibe. 

Ich  habe  dies  beiwort  in  den  Unterschriften  unter  den  abitu- 
riantenaufsätzen  wol  sehr  selten  gebraucht;  denn  offen  gesagt^  es  ist 
mir  unerfindlich,  was  es  eigentlich  bedeuten  soll,  man  könnte  an 
den  unterschied  von  Volkssprache  und  neuhochdeutsch'  denken;  das 
aber  meint  das  reglement  kaum,  aber  die  gefahr,  dasz  die  schfUer 
—  gleichviel  was  man  sich  bei  dem  worte  denken  mag  —  in  *un- 
gebildeter'  spräche  schreiben,  liegt  sehr  fem,  nach  der  erfahrung 
dagegen  eine  andere  sehr  nahe. 

Viele  schttler  —  namentlicfa  aus  den  unteren  und  mittleren 
Volksschichten  —  lieben  es,  wenn  sie  nur  die  feder  zum  schreiben 
ansetzen,  gewählt,  vornehm  und  so  geschraubt  zu  schreiben, 
als  wenn  sie  auf  stelzen  einhergiengen;  sie  halten  die  redeweise  in 
der  fsunilie  gewissermaszen  für  zu  niedrig  und  zu  gemein  fttr 
schriftliche  darstellung  der  gedanken.  andere  sditll^  —  beson- 
ders in  prima  —  ergehen  sich  gern  in  hochtrabenden  redens» 
Vrten,  in  philosophisch  klingenden  redewendnngen und  in  oft 
gar  nicht  verstandenen  wissenschaftlichen  kunstausdrIldEen 
fremder  zunge. 

Allen  diesen  schülem  habe  ich  wer  weisz  wie  oft  gesagt:  sprecht 
und  schreibt,  wie  euch  der  Schnabel  gewachsen  ist,  d.  h.  wie  ihr  es 
von  der  m u  tt e  r  gelernt  habt. 

Die  vorsprechenden  mütter  sind  ja  jahrtaosende  ftlter  als 
iUe  lexicographen  und  grammatiker  zusammen,  dieser  beiden  letz- 
Itren  sache  ist  es  daher  auch  gar  nicht,  gesetse  aufzustellen; 
denn  die  spräche  ist  uns  ja  gegeben;  wir  brauchen  sie  uns  nicht  erst 
■ach  erklügelten  gesetzen  zu  schaffen,  beide  haben  also  vielmehr 
mar  ihatsftchlich,  d.  h.  historisch  nachzuweisen,  was  nnd  wie 

die  m  u  1 1  e  r  vorspricht. 

Auch  heute  noch  dient  diese  dem  jungen  kiade  als  leben- 
iges lezicon  und  gibt  jedem  den  grundstodk  (■«  wnrseln)  seines 
^pfttem  auch  noch  so  reichen  wortvorrathes  an  die  band  nnd  mit  anf 
•einen  lebensweg.  aber  die  mutter  leistet  auch,  was  der  leziec^graph 
fticht  kann;  denn  dessen  buch  ist  ja  im  gründe  von  A  bis  Z  un- 
terständlich  und  sinnlos. 

Die  mutter  dagegen  spricht  dem  kinde  die  worte  in  ihrem  in- 
bigbten  zusammenhange  vor;  denn  sie  stellt  sie  immer  so  neben 
linander,  dasz  sie  ein  verständliches  ganze,  d.  h.  einen  satz 
bilden,  ja  mehr  noch,  durch  hebUng  und  Senkung  der  stimme 
bezeichnet  sie  auszerdem  noch  den  Sinngehalt  der  einzelnen  silben 
■n  worte,  des  einzelnen  wortes  im  satze  (und  im  verse)  und  des  ein- 
Mlnen  satzea  in  der  periodo. 

So  dient  die  mutter  dem  kinde  vom  frühesten  lebensalter  an 

y.  Jahrb.  I.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1975.  hfl.  12.  89 


I 


602    Die  abhängigkeit  des  gymnaBmlMnrtni  vom  utol«  anderar. 


nicht  blosz  als  lebendiges  lezicon,  sondern  zngldcli 
lebendige  grammatik. 

Darum  habe  ich  die  kurz  vorher  angedeuteten ,  sehr  hlnfig« 
sprachlichen  misgriffe  der  schüler,  mochten  sie  den  eülIehM■la^ 
druck,  eine  ganze  redewendung,  oder  die  sprachliche  dantelfa^g 
im  allgemeinen  betreffen,  unz&hlige  male  mit  den  Worten  getilgt: 
^spricht  die  mutter  so?'  auch  in  den  abitnrientenmrbeitNi, & 
von  solch  sprachlichen  misgriffen  noch  nicht  ganz  frei  waren,  hibe 
ich  dieselbe  rüge  mit  denselben  Worten  ausgesprochen. 

Meine  meinung  geht  nun  dahin:  es  stttnde  in  dem  abi- 
turientenreglement  statt  der  forderung:  einer  *galnldeifliif — 
weit  besser  die  andere:  einer  gemeingebrftuchliolien,  tob  dar 
rede  weise  der  mutter  nicht  abweichenden  spräche. 

Ad  C  nr.  3  a.  der  revisor  und  die  oensur  deranftÜMdirA 
den  lehrer. 

Der  lehrer  der  muttersprache  ist  nach  ^iner  richtong  Un  tiUar 
daran,  als  alle  seine  amtsgenossen,  während  diese  nSmlioh  in  ikm 
Unterrichtsfache  mehr  oder  weniger  selbstftndig  vorgehen  kADMi 
unbekümmert  um  die  übrigen  lehrflUsher,  so  ist  der  lelmr  d« 
muttersprache  von  allen  andern  abhängig,  seinen  sdhQlem  aMni 
ja  der  inhalt  für  ihre  deutschen  aufsätze  und  mündlichen  vortrt^ 
von  allen  Seiten  zu  und  pflegt  je  nach  dem  umfange  ihrer  poaitiveB 
kenntnisse  in  den  einzelnen  sprachen,  Wissenschaften  nnd  klliiitai 
sehr  verschieden  zu  sein. 

Aber  nach  einer  andern  seite  hin  ist  er  den  übrigen  labm 
und  auch  dem  revisor  gegenüber  in  einer  sehr  gllnatigen  laffs* 
denn  es  handelt  sich  ja  bei  ihm  um  die  mu tter spräche, «die  aieU 
blosz  innerhalb  der  schule  gesprochen  wird,  sondern  aoch  druuMa 
aller  orten  in  seinem  ganzen  vaterlande,  er  hat  also  ein  gritoMWt 
recht  als  alle  übrige  lehrer,  seinen  schülem  zu  sagen:  allea,  wm 
ich  euch  in  betreff  eurer  aufsätze  und  mündliehen  TOiMige  -* 
jetzt  in  der  schule  —  lehre,  das  könnt  ihr  spftter  aaeh  ni 
leben  unmittelbar  benutzen  und  verwerthen. 

Auffindung,  anordnung,  darstellung  des  gednkea* 
Stoffes  in  der  muttersprache  —  diese  geistige  mflhwaltong  iit 
und  bleibt  dieselbe,  mag  es  sich  drehen  um  die  geringe,  viamUar 
bare  leistung  eines  secundaners  oder  um  einen  praohÖMUi ,  wie  9* 
ein  hervorragender  Schriftsteller  oder  groszer  redner  aafltlliri.  te 
unterschied  liegt  bei  dem  prachtbaue  nur  in  der  groszen  flille  wias- 
schaftlicher  kenntnisse ,  in  der  weit  grüszeren  reife  des  nrtA 
natürlich  auch  in  hoher  geistiger  begabung. 

Wenn  dem  wirklich  so  ist,  so  wird  auch  der  revieör,  w* 
wohl  beleumdet  in  der  Wissenschaft  sein  name  wäre,  bei  sHMi 
eigenen  geistigen  Schöpfungen  keine  anderen  wege  wandeln  kfli' 
nen,  als  er  sie  den  lehrer  bei  anleitung  seiner  Schiller  an  dendi>t- 
scben  auf  Sätzen  und  bei  beurteilung  der  leti  wandeln  iMfc 

eben  diese  thatsache  wird  den  revisor  selbst,  al    r  mekden  kb^ 


Die  abhftngigkeit  des  gyumasiallehrers  TOm  nrieile  aadorer.    606 

licht  blo8z  vor  einem  ungerechten  urteüsspmche  schtttsen,  son- 
lern  auch  vor  einem  unbilligen;  denn  bei  anftngem,  wie  es  ja 
die  abiturienten  noch  sind,  gilt  ja  der  pftdagogische  grondsatz:  ape 
nagis,  quam  re  ac  maturitate  laudantur. 

Ein  solcher  Urteilsspruch  wird  aber  dem  revisor  nur  dann 
eicht  werden  und  sicher  zutreffen,  wenn  er  nicht  bloszden  ersten 
;eil  des  Urteils  des  lehrers,  wo  dieser  die  einmalige  leistong  dee  abi- 
Orienten  im  Verhältnis  zu  den  forderungen  dee  reglemente  feetstellt, 
l^enau  einsieht ^  sondern  auch  den  zweiten  teil  desselben,  der  — 
rielleicht  das  lob  im  ersten  einschränkend,  yielleiöht  den  tadel  mil- 
lemd  —  auch  auf  die  früheren  leistungen  des  sohttlers  in  secunda 
rnd  prima  zurückgreift. 

Dem  rey  isor  wird's  natürlich  leicht,  ein  von  nebenrücksichten 
j^  nicht  beeinflusztes  (objectives)  urteil  über  die  deutschen  abi- 
;nrientenarbeiten  auszusprechen,  er  hat  ja  die  schüler  in  aller  rogel 
iicht  gesehen  und  wird  sie  später  möglicher  weise  nie  TOr  äugen 
laben,  anders  der  gymnasiallehrer.  der  ist  jähre  hindurch 
nit  seinen  schülem  durch  tausend  fftden  eng  verbunden  und  ver- 
irachsen;  es  wird  ihm  also  herzenssache  sein,  nicht  alles  auf  6inen 
irurf  zu  setzen  und  den  schüler  bloss  nach  der  6inen  probearbeit  su 
t>eurteilen. 

Der  lehrer  darf  übrigens  die  beachtung  auch  dee  zweiten 
^es  seines  arteils  über  die  früheren  leistungen  des  abiturienten 
rom  revisor  sogar  verlangen;  denn  die  auffordenmg  zu  billiger 
rflcksichtnahme  darauf  zieht  sich  ja  wie  ein  rother  &den  dnroh  das 
janze  abiturientenreglement  hindurch. 

Also  nur  häufig  wiederkehrender  Zwiespalt  zwischen  dem 
»rsten  und  zwischen  dem  zweiten  teile  des  urteile  kOnnte  in  dem 
revisor  den  gedanken  an  charakterschwache  des  lehrers,  die  vor 
linem  gerechten,  aber  h arten  urteile  zurflckscheuti  erwecken,  oder 
tweifel  an  dessen  leistungsffthigkeit  anregen  und  auch  begründen* 

Ad  C  nr.  3  h,  der  revisor  und  die  Verbesserung  der  dent- 
ichen  aufsätze  durch  den  lehrer. 

'Hast  du  die  deutschen  aufsätze,  die  dir  deine  seenndaaer  and 
primaner  im  laufe  von  43  diensijahren^  eingeliefert,  alle  ohne  aoa- 
lahme  in  derselben  weise  verbessert,  wie  die  abitorientenarbeiten, 
lie  du  deinen  amtsgenossen,  dem  schulrathe  und  der  wiseensehaffl. 

Mrfifungscommission  zur  einsieht  vorlegst?'  —  wenn  jemand  diese 
irage  an  mich  stellte,  so  wäre  es  eine  arge  lüge,  wenn  ich  sie  mit  ja 
leant  wertete. 

Auszenstebende  pflegen  das  beständige  verbessern  von  schüler- 
arbeiten  für  eine  zeittödtende,  geistlose  arbeit  zu  erklären,  mag  dies 
Nif  die  unteren  classen  und  auf  die  fremdsprachlichen  ezercitia  mehr 

^  jahrlich  8  deutsche  aufsätze;  jährlich  70  schüler;  43  dienstjabre 
>  also  8  X  70  X  43  =  24,080  deatsche  aafsätze. 

89* 


604    Die  abbängigkeit  des  gymnasiallehrerB  vom  urteile  anderer. 

oder  weniger  passen ;  auf  die  deutschen  aufsfttze  in  den  beiden  obe^ 
sten  classen,  wohin  diese  allein  gehören,  passt  es  darehaiis  nifliii 
mich  bat  die  Verbesserung  in  der  regel  ^istig  ¥oll  und  gani  in  la- 
sprucb  genommen,  und  gar  nicht  selten  legte  ich  bei  demleWen 
aufsatze  die  feder  weg,  um  diesen  oder  jenen  gedanken  xeieberi  den 
ich  in  irgend  einem  der  aufsfttze  vorgefunden  hatte. 

Freilich  brauchte  ich  zu  nachsiditigem,  liebevollem  venenkn 
in  die  Unklarheit  der  gedanken  und  in  die  unreife  des  Urteils  uid  n 
tieferem  eingehen  in  die  abirrungen  vom  thema  und  in  die  vaMgi 
der  sprachlichen  darstellung  seitens  meiner  schtüer  immer  fliae 
gemütsverfassung,  wie  sie  die  eigene  geistige  besehSflagong  (gm- 
duction)  bei  mir  selbst  voraussetzt. 

Eine  solche  seelenstimmung  kann  niemand  enwingen } .  CbU(b 
sie  mir,  dann  war  auch  meine  Verbesserung  der  deateduoi  anUt» 
minder  eindringend,  oberflächlicher  und  ungenflgender.  im  allge- 
meinen habe  ich  —  selbst  eine  jeweilige  ungttnstige  aedenatinmiiiig 
mühsam  niederkämpfend  —  die  aufsfttze  der  unterseonndaner  vad 
der  Oberprimaner  am  gründlichsten  verbessert,  um  jene  in  die  saelie 
80  rasch  als  möglich  einzuführen  und  diesen  zuguterletat  noch  eiamil 
eindringlich  zu  zeigen,  welche  kritik  sie  selbst  spftteihin  an  ikn 
eigenen,  freien  leistungen  anzulegen  hfttten. 

Bei  den  abiturientenaufsfttzen  bin  ich  nun  wenigsisni 
bestrebt  gewesen,  eine  Verbesserung  nacb  allen  Seiten  hin  m  er 
zielen,  freilich  dachte  ich  dabei  zunächst  an  mich  selbst  und  tt 
meine  zufriedenstellung  und  nicht  an  den  revisor;  denn  ich  wtrli 
den  director  sofort  gebeten  haben ,  mich  von  einerlast,  dar  id 
nicht  gewachsen  wäre,  frei  zu  machen,  sobald  ich  eraeben,  daai  dii 
leistungen  meiner  schüler,  mithin  auch  die  meinigen ,  mslmn 
male  weit  hinter  den  forderungen  des  reglements  xuzUdkgsUislMB 
wftren. 

Aber  ich  hegte  nach  so  schonungsloser  Selbstkritik  dabei  dii 
hoffhung,  dasz  meine  Verbesserung  auch  den  revisor  befiriedigfls 
werde,  und  in  der  that  kann  er  daraus  sehr  wohl  abnehmen,  wie 
der  lehrer  seinen  Unterrichtsgegenstand  überhaupt  anfaaii;  dm 
keiner  brSchte  eine  solche  annfthemde  mustercorrectnr  —  amh  deU 
für  den  6inen  fall  —  zu  stände,  der  sich  nicht  vorher  dorsh  Isi^ 
jährige,  mühsamste  Übung  bei  der  Verbesserung  der  deotadiSB  srf- 
Sätze  seiner  schüler  darauf  vorbereitet  und  dazu  beflKhigi  hMs:  W 
der  revisor  aber  aus  der  Verbesserung  des  lehrers  das  enisle  ifas- 
ben  desselben  nach  den  hauptrichtungen  seines  unterriobtafMiHshB 
erkannt,  so  wird  auch  er  seine  gröszere  oder  geringere  anfriedsahtf 
mit  den  leistungen  der  einzelnen  abiturienten  aussprechen  mid  wA 
hüten,  an  einzelnheiten  und  kleinigkeiten,  die  er  selbst  sicfcflritt 
nicht  vermeiden  könnte ,  herumzumäkeln.  denn  daa  letalere  W* 
stimmt  und  ändert  und  bessert  wenig  oder  nichts  an  der  saahe- 

Ad  D.  wie  hat  der  lehrer  das  urteil  der  wissenscbafUidwi 
prüfungeommission  aufzufassen? 


] 


Die  abh&ngigkeit  des  gymnaaiaÜebren  vom  urteile  anderer.    605 

Diese  frage  ist  schon  oben  gelegentlich  an  mehreren  stellen 
wenigstens  zum  teil  beantwortet  worden,  hier  mnsz  aber  die  rede 
anf  cQe  verfttgang  des  ministers  t.  MOhler  (vom  5  jannar  1872)  de 
non  appellando  noch  einmal  znrttckkommen.^ 

Dieselbe  verlangt  also ,  dasz  wir  lehrer  nns  das  vereinbarte  ur- 
teil der  wissenschaftUcben  prüfungscommission  und  des  königlichen 
provinzialschulcollegiums  über  die  abitnrientenarbeiten  *  anbe- 
dingt' zur  nachachtung  jind  weisnng  sollen  dienen  lassen,  nun 
gesetze  des  Staates  und  anordnungen  der  behOrden  mnsz  jeder 
bfirger,  vorab  aber  der  beamte,  mOgen  sie  ihm  gefidlen  oder  nicht, 
befolgen  —  ein  hauptgrundsatz,  mit  dem  schon  die  volksschale  die 
seele  der  lenienden  kinder  befrachten  sollte,  da  auf  ihm  die  Wohl- 
fahrt aller,  d.  h.  der  bestand  des  Staates  selbst  beruht,  aber  hier 
handelt  es  sich  doch  nicht  um  gesetze  und  amtliche  anordnungen, 
sondern  um  urteile,  mögen  diese  nun  allein  von  der  wissenschaft- 
lichen prüfungscommission  herstammen,  oder  mit  der  kOnigludien 
anfsichtsbehörde  vereinbart  sein,  da  wlbre  denn  anbeding te  onter- 
werfang  unter  ein  fremdes  urteil  eine  forderung,  der  beim  besten 
willen  kein  geistig  strebsamer  gymnasiallehrer  nachkommen  und 
deren  erffillung  kein  machthaber  erzwingen  kOnnte.  die  rede-  and 
Schreibefreiheit  läszt  sich  durch  gesetze  einschrftnken,  oder  durch 
machtgebote  unterdrücken,  aber  nicht  die  gedankenfreiheii  schon 
ein  altes  Sprichwort  sagt  ja :  gedanken  —  d^e  sind  zollfrei« 

In  so  allgemeiner  ausdehnung  kann  also  die  unbedingte 
Unterwerfung  nicht  gemeint  sein,  da  die  mehrfach  angesogene 
königl.  ministerialver^gung  im  weitem  Wortlaut  auch  aaf  schrift- 
liche  erwiderungen  ('remonstrationen')  der  lehrer  gegen  die  urteile 
der  wissenschaftlichen  prüftmgscommission  besag  nimmt,  so  deutet 
herr  dir.  Bonitz  a.  a.  o.  den  sinn  der  ndnisterialverfttgong  wol  gans 
richtig,  wenn  er  meint:  nur  schriftliche  erwiderangen  der  lehrer 
seien  fortan  unbedingt  ausgeschlossen. 

Aus  meiner  erfahrung  kenne  ich  nnr  swei  hierher  besOgliche 
ftlle.  einmal  verwies  der  sdiulrath  den  sieb  beschwerenden  lehrer 
an  den  betreffenden  revisor  selbst,  aber  als  wie  an  einen  privat- 
■lann;  die  behörde  könne  sich  damit  nicht  bebssen.  in  einem 
■weiten  falle  soll  die  beschwerde  bis  an  das  königliche  onterriehts- 
Biinisterium  gelangt  sein,  da  ich  meine  nase  nicM  gern  in  die  an- 
gelegenheiten  meiner  amtsgenossen  gesteckt  habe,  weiss  ich  aber 
nicht,  wie  das  endgiltige  ergebnis  ausgefallen  ist.  aber  nach  der 
erfahrung  des  herm  dir.  Bonitz  müssen  solche  f&Ue  vor  dieser  mini- 
aterial Verfügung  öfter  vorgekommen  sein;  auch  thut  diese  selbst 
solcher  scbriftlicben  erwiderangen  von  einzelnen  lehrem  der 
Sheinprovinz  erwähnung. 

Die  abiturientenprüfung  ist  der  gipfelpunkt,  zu  dem  alle  krftfte 
im  gjmnasium  emporstreben;  es  ist  daher  ein  verdienst  des  herm 


^  vgl.  oben  die  angeführte  haoptstelle  ans  dieser  TerfQgang. 


606    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  yom  urteile  aiider«r. 

dir.  Bonitz,  dasz  er  auf  die  königliche  ministerialverfttgiiiig  Tom 
5  Januar  1872  hingewiesen  hat,  durch  welche  die  stdlimg  des 
lehr  er  8  zum  revisor  in  einem  sehr  wesentlichen  pnncte  eine  lo- 
dere als  früher  geworden  ist. 

An  eine  völlige  gefangennähme  des  eigenen  urtefls  kann  dabei 
schon  deswegen  nicht  gedacht  werden,  weil  die  commieBion  den 
namen  ^wissenschaftliche'  fUhrt;  denn  gerade  die  wissenechaft 
warnt  ja  ganz  allgemein  ihre  jünger,  anf  die  worte  des  andern  ra 
schwören,  selbst  wenn  dieser  ein  meister  p  seinem  &che  wtre. 

Schriftliche  erwiderungen  der  lehrer  auf  die  urteile  der 
wissenschaftlichen  prüfungscommission  hätten  in  der  that,  wenn  lie 
hSufig  wiederkehrten,  für  die  königlichen  voi^gesetsten  b^Orden  iiir 
unbequemes,  misliches;  jedoch  unziemliche  oder  nngereohtfertigU 
können  ja  kurzer  band  zurückgewiesen  werden,  dag^en  wtre,  da 
es  sich  hierbei  nicht  um  gesetze  oder  amtliche  Yerordnuiigeo,  eoii- 
dem  um  urteile  handelt ,  der  völlige  ausschlnsz  der  —  wahneheii- 
lich  nicht  zahlreichen  —  berechtigten  schrifUlchen  erwidenngMi 
für  uns  lehrer  sehr  hart  und  geradezu  ungerecht,  dens  irrei 
ist  menschlich;  wie  der  lehrer,  so  kann  auch  der  reTieor  eia- 
mal  irren. 

Ich  fasse  nun,  geehrter  herr,  am  ende  meiner  langieii  qnitel 
das  über  die  sache  aus  meiner  erfahrung  beigebrachte  noeh^bml 
kurz  zusammen:  die  staatliche  einrichtung  der  wissenBchaftliflhBi 
prüfungscommissionen  ist  trotz  vereinzelter  stimmen,  die  sieh  di- 
gegen  erklärt  haben: 

1)  wohlbegründet  in  der  doppelten,  der  praktiaohen  md 
wissenschaftlichen  thätigkeit  des gymnaaiallehreri,  nad 

2)  ganz  geeignet,  dem  einzelnen  lehrer  innerhalb  dea  ooUe* 
giums  und  dem  director  und  schulrathe  gQgeaüber  mm 
sichere  Stellung  zu  verschaffen,  die  ihn  aller  woUdieBWi 
ganz  und  gar  überhebt,   femer  ist 

3)  der  revisor  kenner  des  besondem  üaches,  was  bei  diar  beorW- 
lung  des  lehrers  durch  director  oder  schulrath  nidit  iiaiBflr 
der  fall  ist. 

4)  die  beiden  letzteren  kommen  mit  dem  lehrer  in  vielfiMsha  Be- 
rührung ,  in  freundliche  oder  minder  freundliche,  ao  da«  bei 
ihren  urteilen  gunst  und  abgunst  keineswegs  gani  ^aufge- 
schlossen sind,  das  urteil  des  revisors  hat  (in  den  aller 
meisten  fällen)  gar  nichts  persönliches  an  sidi;  es  ist  also  aa 
gunst  oder  abgunst  dabei  überhaupt  nicht  zu  denken. 

5)  auszerdem  befindet  sich  der  revisor  in  der  lagCi  die  leistnagea 
vieler  höherer  lehranstalten  unter  einander  vergleiciMn n 
können;  der  lehrer  kennt  aber  nur  die  leistongen  seiner 
Schüler,  wie  sollte  der  letztere  in  seinem  gegennrteil 
nicht  masz  halten  und  sich  bescheiden,  wenn  sich  der  rsfiior 
durch  das  ergebnis  der  prüfung  einmal  für  nicht  gan  be- 
friedigt erklärt,  endlich  ist 


Die  abh&ngigkeit  des  gymnaeiallehren  vom  urteile  aaderer.    607 

6^  die  mübewaltuiig  des  revisors  —  bei  dem  gans  kSrglicb  za- 
w  gemessenen  lobne  —  mebr  ein  ebrenamt;  er  wird  es  daher 
im  sinne  des  altrömischen  sebiedsriehiers  üben,  der  jede  ihm 
vorli^^de  sacbe  immer  ex  aequo  et  bono  beurteUte.    der 
gynmasiallebrer  hat  um  so  mehr  auf  eine  benrteilung  der  art 
ein  anrecht,  als  er  sich  nicht,  wie  der  universitfttslefarer,  frei 
und  nach  seiner  neigung  in  ^in  fach  vertiefen  darf,  sondern 
in  aller  regel  seinen  blick  nach  mehreren  selten  hin  wen- 
den und  sich  auszerdem  noch  allstOndlich  um  die  fortschritte 
seiner  schüler  abmühen  musz,  um  die  sich  der  universitftts- 
lehrer  gar  nicht  zu  kümmern  braucht 
Meinen  brief  an  Sie,  geehrter  herr,  kann  ich  aber  nicht 
schlieszen,  ohne  den  wünsch  auszusprechen,  dasz  ich  mich  in  der 
deutung  der  hauptstelle  der  Öfter  angezogenen  ministerialverfligung 
vom  5  Januar  1872  entweder  geirrt,  oder  dasz,  wenn  dies  nicht  der 
üeJl  wftre,  das  demnächst  erscheinende  Unterrichtsgesetz  die  saohe 
anders  auffassen  und  feststellen  werde.» 

£s  bleiben  nun  noch  die  lehrer  zur  bespreohung  übrig,  die 
nicht  zur  gjmnasialpr^ungscommission  der  abiturienten  gdiören* 
diese  können  sich  in  betreff  ihrer  wissenschaftlichen  thfttigkeit  und 
praktischen  brauchbarkeit  auf  die  bescheide  der  Wissenschaft- 
liehen  prüfungscommission  nicht  berufen,  natürlich  auch  nicht 
darnach  beurteilt  werden,  auf  welchem  wege  aber  koAmt|der  Staat 
zu  einem  werthmesser  ihrer  leistungsffthigkeit?  nun,  nach  ihrer 
Staatsprüfung  liegt  die  beurteilung  ihrer  amtlichen  Wirksamkeit 
in  der  band  des  directors  und  schulrathes.  von  deren  urteil 
hftngt  die  anstellung  des  candidaten  und  das  aufrücken  des  lehren 
ab,  und  wenn  sich  auch  die  beförderung  in  eine  oberlehrerstelle  und 
die  erteilung  des  professortitels  (inPreuazen  wenigstens)  der  unter- 
richtjsminister  und  die  bestfttigung  der  durectoren  S.  Miyestät  Höchsi- 
selbst  vorbehalten  hat  —  so  ist  auch  in  den  beiden  letzten  flQlen  das 
urteil  des  directors,  an  dessen  gymnasinm  der  lehrer  thfttig  ist, 
im  gründe  doch  maszgebend,  denn  ohne  oder  gar  gegen  dasselbe 
findet  wol  selten  eine  beförderung  statt. 

Dies  ist  auch  in  der  natur  der  sache  begründet;  denn  wohl  und 
wehe  des  gjmnasiums  liegt  zwar  jedem  lehrer  am  herzen,  vor  allem 
aber  doch  dem  director.  daraus  ergibt  sich  auch  seine  steUnng  schon 
zu  dem  schulamtscandidaten,  dessen  wähl  zum  lehrer  entweder 
seiner  anstalt  segen  bringen  kann  oder  nachteil. 

Aber  es  fragt  sich :  ist  das  Verhältnis  des  directors  zum  candi- 
daten heute  noch  ganz  dasselbe  als  in  der  zeit  vor  der  mitte  unsere 
Jahrhunderts?  damals  war  das  probejahr  für  den  candidaten  eine 
wirkliebe  prüfungszeit.  der  von  ihm  vertretene  lehrer,  derbe* 
treffende  Ordinarius  der  clas&e,  der  director  —  alle  hatten  sich  durch 
besuche  in  seineu  stunden  über  ihn  ein  urteil  zu  bilden  und  er 
selbst  etwaige  fingerzeige  derselben  bereitwillig  anzunehmen,  trotz- 


IC 


608    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallebren  Tom  urteile  anderer. 

dem  dehnte  es  sich,  selbst  wenn  der  prOfling  anoh  praktiadyroU 
bewährt  erschien,  in  der  regel  über  die  gesetzlieli  festgesteinlieit 
eines  jahres  hinaus,  der  grund  war  dieser :  bei  der  damaligea  iddit 
allzugroszen  zahl  höherer  lehranstalten  war  das  angebet  geistiger 
arbeit  bei  weitem  gröszer  als  die  nachfrage,  der  direotor  hatte  ftr 
seinen  Urteilsspruch  und  für  die  auswahl  unter  den  eaadidaten  einet 
weiten  Spielraum. 

Das  ist  aber  inzwischen  anders  geworden,  nadidem 
sich  in  den  letzten  zwei  jahrzehenden  vor  1873  —  alleiB  in  Pkeunea 
—  die  zahl  der  gymnasien  auf  218^  der  progymnaeien  snf  80,  der 
realschulen  erster  Ordnung  auf  79,  die  zahl  der  realschnlen  iweHer 
Ordnung  auf  16  und  der  höheren  bttrgerschulen  auf  83  in  edinfillir 
aufeinanderfolge  vermehrt  —  seitdem  hat  das  probe  jähr  §riam 
Charakter  als  prüfungszeit  fast  ganz  verloren;  nur  der  nameiit 
geblieben,  weil  jetzt  die  nachfrage  nach  geistiger  arbeit  grOmr  ist 
als  das  angebot ,  so  kommt  bei  der  not  um  candidaten  ftof  das  vr- 
teil  des  directors  nicht  eben  viel  an;  weitgefehlt,  dass  dieeem  flfr 
die  auswahl  auch  heute  noch  ein  weiter  Spielraum  blieboi  ist  ermekt 
selten  gezwungen  schon  dem  prttfling,  wie  einitai  hilfildirer,  die 
volle  Stundenzahl  zuzuweisen  und  für  seine  mehrarbeit  eine  tage* 
messene  geldentschädigung  zu  gewähren,  übrigens  gibt  es  jelit 
nicht  etwa  weniger  candidaten  als  früher;  im  gegenteQ,  es  sind  ihrer 
weit  mehr;  aber  trotzdem  steht  die  wachsende  zahl  derselben  nodi 
nicht  in  dem  richtigen  Verhältnis  zur  zahl  der  vielen,  in  letiter  soft 
neu  entstandenen  höheren  lehranstalten.* 

Ob  diese  thatsache ,  dasz  das  probejahr  fast  ganz  an%ehQart  Int 
für  die  candidaten  eine  prüfungszeit  zu  sein ,  den  gymnaaien  fllrder 
sam  oder  nachteilig  ist  —  das  braucht  man  kaum  m  firages.  VM 
manchen  seiten  her  werden  daher  bereits  ungünstige  arteile 
laut  über  die  leistungsföhigkeit  einer  bedenklichen  aniaU  fei 
lehrem. 

unter  anderen  stimmt  auch  herr  prof.  Fahle  in  dieser  uär 
schria  (n  abt.  bd.  109  u.  110  zweites  heft  s.  71  tt.  1874)  in  die 
klagen  mit  ein,  dasz  sich  ^der  wirklich  brauchbaren  krlfte  unter  des 
lehrem  zu  wenige  vorfänden  und  die  zahl  derer,  die  in  handwsÄe- 
mäsziger  erfassung  des  berufs  untergegangen,  allzusehr  wachse.' 

Um  nun  auf  der  einen  seite  die  leistungsfiLhigkeit  des  giDM 
Standes  zu  heben,  auf  der  andern  die  ftnszere  läge  der  lehier  asf 
gesetzlichem  wege  besser  und  sicherer  zu  stellen,  macht  prot  Nde 
a.  a.  0.  im  wesentlichen  folgende  vorschlage : 


^  die  provinz  Posen  z.  b.  hatte  bis  sa  den  viersiffem  8  _, 
im  jähre  1873  aber  18  höhere  lehranstalten.  jede  scnnle  dnreksekattl^ 
lieh  blosz  zvL  10  etatsmäszigen  lehrem  gerechnet  —  veiUlfc  sish  die 
bedürfniszahl  an  lehrem  früher  und  jetzt  wie  80  sa  180.  alao  wir 
innerhalb  des  Zeitraumes  weniger  jahrzehende  für  180  neoe  lehier  nl 
dem  entsprechend  für  ebenso  viel  candidaten  rath  zu  sohaffev. 


Die  abh&Dgigkeit  des  gymnasiallehrert  Tom  urteile  anderer.    609 

*£8  Bind  für  das  höhere  lehrfach  zwei  examina  einzaftliren: 

a.  das  erste  (leichtere)  nach  dem  triemmiom  vor  einer  pro- 
Tinzialprttfungäcomnussion  («>  zeitherigen  wissenschafU. 
prüfungscommission), 

b.  das  zweite  (abschlieszende)  nach  der  eidesleistnng  nicht 
vor  ende  des  fünften  jahres  nnd  nicht  nach  dem  siebenten 
jähre  vor  eine^  centralprfifangscommission  (in  Berlin?), 
der  prOfling  musz  sich  die  facultas  für  prima  in  einer  der 
dr  ei  ^'^  prOfungsgruppen  des  zeitherigen  reglements  erwerben 
und  darf,  wenn  er  dies  nicht  sofort  erreicht,  die  grüfung  nur 
noch  einmal  wiederholen.' 

chdem  nun  prof.  Fahle  inhalt  und  ziel  der  beiden  prttfungen  nSher 
gegeben  und  für  die  zweite  das  zeitherige  reglement  als  masz- 
bend  angenommen,  stellt  er  den  f orderungen  an  den  lehrer 
sse  berechtigungen  gegenüber: 

a.  die  erste  prüfung  berechtigt  zur  eidesleistung,  zum  probe- 

jahr  (?)  und  zur  collaboratur,  die  mit  ausreichenden  geld- 

mitteln  auszustatten  sei; 

h,  die  zweite  prüfung  gibt  dem  collaborator  den  anspmöh  auf 

1)  den  amtstitel  Oberlehrer,  2)  das  recht  zum  anCrOcken  im 

gebalt  nach  dem  dienstalter  und  3)  den  rang  der  richter 

erster  Instanz.     Oberlehrer,   denen  wegen  ansgeaeielmeter 

leistungen  der  professortitel  erteilt  worden,  erhalträ  den 

rang  eines  rathes  vierter  dasse.' 

8o  einschneidend  in  das  zeitherige  verfahren  diese  vorschlfige 

eh  wären ,  unerhört  und  ohne  Vorbild  sind  sie  nicht,     denn  mit 

r  immerhin  sehr  bedenklichen  ausnähme  der  inte,  die  nach 

machtem  Staatsexamen  unvermittelt  sogleich  in  die  volle  praxis 

itreten  und  so  unbeaufsichtigt  gewissermaszen  über  leib  und  leben 

rfügen ,  findet  sich  in  verwandten  bemftarten  die  ganz  Ihnliche 

irichtung  zweier  prüfungen  ,  z.  b.  bei  theologen,  riehtem  und 

beren  Verwaltungsbeamten. 

Freilich  könnte  man  einwenden:  bei  der  gesteigerten  nadifrage 
eb  arbeitskräften,  die  dermalen  im  lehrstande  das  aagebot  oflte- 
r  übersteigt,  scheinen  das  ja  neue  erschwemngen  m  aeia,  gaas 
•ignet,  von  der  wähl  des  bemfes  eher  absns^reeken,  als  data 
isnladen. 

Aber  wenn  die  nicht  vereinzelten  urteile  und  klagen  über 
nähme  völlig  geeigneter  lehrkräfte  in  unserm  stände  audi  nur 
m  teil  begründet  wären ,  so  musz  doch  von  irgend  woher  abhilfe 
tnmen.  dann  aber  stehen  jetzt  —  im  günstigen  gegensatze  zu 
Iberer  zeit  —  den  forderungen  auf  der  andern  seite  berech ti- 


*®  die  philosophische  Propädeutik  dem  mathematicos,  wie  prof. 
ihle  thut,  zuzuweisen,  ist  zweckwidrig;  sie  gehört  in  den  bereich  des 
lurers  der  mutter^prache ,  der  sie  für  seinen  anterricht  gar  nicht  ent- 
bren  kann. 


610    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  vom  urteile  anderer. 

gungen  des  lehrers  der  art  gegenüber,  dasz  sich  auch  begabte  higk 
dem  berufe  gern  zuwenden  werden. 

NB.  Unter  den  wesentlichen  berechtigimgeiL  erwShiit  prof. 
Fahle  auch  das  aufrücken  im  gehalt  nach  dem  dien  stalter;  iber 
ohne  nSher  anzugeben ,  wie  er  sich  das  mögUcli  denkt.  Ins  jebt 
hängt  das  aufsteigen  in  eine  höhere  stelle  von  der  yersetsnig, 
Pensionierung  oder  dem  to de  eines  amtsgenossen  ab;  datnaii 
aber  für  die  einzelne  anstalt  drei  so  unsichete  dinge,  daaidieBsi- 
alter  und  gehalt  der  lehrer  an  den  verschiedenen  gymnasiengv 
nicht  selten  sehr  verschieden  sind,  die  sofortige  ansgleichnng  dioNr 
gegensätze,*  die  bei  dem  richterstande  schon  längst  durah  gawU  ge- 
löst sind,  mag  für  den  augenblick  schwierig,  ja  unmöglich  aain;  flr 
die  Zukunft  aber  ist  sie  nicht  blosz  billig,  sondern  notwendig. 

In  Preuszen  freilich  wird  sie  durch  die  städtischen  gjnasr 
sien  neben  den  königlichen  erschwert,  das  meiste  apncht skr 
für  ein  aufrücken  sämtlicher  lehrer  nach  dem  dienst  alter  in  ftm 
10  classen  durch  eine  ganze  provinz  hin,  so  dass  die  ente  daM 
—  auszer  dem  wohnungsgeldzuschusse  —  mit  1800  maik  gslsll 
begönne ,  die  letzte  mit  4500  mark  abschlösse,  würde  daduxi^  dii 
kämmereicasse  einer  st  ad  t  je  zuweilen  in  folge  der  grOaiscai  oU 
äl  terer  lehrer  zu  stark  belastet,  so  hätte  der  staat  —  nach  srftt- 
lung  des  normaletats  an  allen,  auch  den  städtischen  gymnaaifln  — 
mit  dem,  was  er  selbst  an  seinen  gymnasien  durch  die  leitwdSip 
mehrbelastung  einer  commune  erspart,  ausgleichend  (dnvdi  seiai 
mittel)  einzutreten,  auf  diese  weise  wären  die  städtischen  hehftds 
vor  der  gefahr,  die  sie  jetzt  laufen,  bewahrt,  dasz  gerade  die 
tigsten ,  brauchbarsten  lehrer  ihren  gymnasien  den  rOokia 
Berlin  mit  seinen  'vielen  höheren  lehranstalten,  an  denen 
etat  bereits  festgestellt  ist,  wäre  schon  jetst  in  der  lag«,  dM 
ascensionsrecht  aller  dortigen  lehrer  nach  dem  dienatalter  ia 
etwa  10  classen  zu  regeln  und  festzustellen. 

Warum  prof.  Fsdile  neben  seinen  anderweitigen,  aenei 
vorschlagen,  die  wissenschaftliche  leistungsfähigkeit  und  pnWsdb 
brauchbarkeit  des  jungen  lehrers  zu  prüfen  und  lu  benrteilsif 
das  sogenannte  probe  jähr  noch  beibehalten  vrissen  wSl,  iitirf' 
fallend,  bei  der  dermaligen  not  um  candidaten  verfehlt  das  wsär 
herige  probejahr,  wie  schon  gesagt,  seinen  zweck  fast  gani.  Trwijgr 
begabte  candidaten  brauchen  ein  ungünstiges  Zeugnis  daa  diiachin 
nicht  zu  fürchten;  sie  finden  trotzdem  anstellung,  wenn  niditiä 
dieser,  so  an  jener  anstalt;  andere,  die  ein  leidliches  oder  gotH 
examen  gemacht  haben,  halten  jetzt  das  probejahr  fOr  nichta  wmgf 
als  für  eine  prüfungszeit.  gar  nicht  selten  treten  sie  in  disool- 
legien  ein,  nicht  um  weiter  zu  lernen,  sondern,  sicher  in  dflakel- 
hafter  überhebungf  denken  sie  nicht  daran,  bei  anderen  lehren  nft 
zu  suchen  und  deren  fingerzeige  zu  benutzen,  läset  sie  ma  te 
director  gewähren ,  thut  er  sogar  ihrer  Selbstüberhebung  ans  hjffi 
welchem  gründe  den  älteren  lehrem  gegenüber  noch  vorsohab,  ' 


J 


Die  abhftngigkeit  des  gymnasiaUehren  TOm  urieila  andectr.    611 

;  ftir  einen  solchen  anf&nger  zeit  nnd  lost  vortlber,  weiter  su 
reben.  und  doch,  was  spricht  denn  das  allerbeste  zengnis  fttr  ein 
teil  ans?  offenbar  doch  nur,  dasz  der  candidat  mit  dem  lernen 
len  guten  anfang  gemacht  habe,  mit  anderen  werten:  je  besser 
s  Zeugnis  des  prüflings,  desto  sohftrfer  der  sporn  fllr  dmi,  der  es 
halten,  fort  und  fort  zu  streben,  nur  mittelmftszige  kOpfe  be- 
itlgen  sich  mit  ihrem  zeugnis ,  um  auf  den  lorbeeren  aoszamlien, 
e  sie  mtthelos  errungen. 

Die  neuen  vorschlage ,  die  herr  prof.  F^e  in  betreff  der  prt^- 
mg  und  beurteilung  der  candidaten  und  oollaboratoran  macht, 
arden ,  wenn  sie  billigung  und  in  daf  schulleben  eingang  fKnden, 
A  sogenannte  probe  jähr,  dessen  zweck  ja  die  oollaboratnr  weit 
llndlioher  und  sicherer  zu  erfCQlen  geeignet  wlbre,  vOllig  überfltUsig 
Bohen.  bei  der  dermaligen  not  um  candidaten  gibt  das  probejahr 
r  wissenschaftliche  und  praktische  leistungsffthigkeit  einen  rich- 
ten werthmesser  nicht  mehr  ab.  dagegen  gewlQiren  die  neuen 
»rschlSge  auf  der  einen  seite  auch  dem  pirttflinge,  der  vielleicht 
ngsamer  arbeitet  und  das  triennium  unter  äuszerlich  ungünstigen 
nständen  hat  durchmachen  mtlssen,  zur  Vorbereitung  tkxi  die  spft- 
re  hauptprttfung  mehr  zeit"  und  musze,  femer  die  nOtigen  gäd- 
ittel  und  Bücher  (z.  b.  aus  der  gymnasialbibliothek);  sie  zwingen 
n  zugleich  zu  wissenschaftlichem  weiterstreben  nnd  bewahren  ihn 
>  vor  handwerksmäszigem  betriebe  seines  bem£B.  auf  der  andern 
ite  würden  sie  den  nicht  seltenen  dunkel  der  anftnger  nieder* 
dien  und  ihnen  zeigen ,  dasz  es ,  um  nach  dem  ersten  examen  die 
iltere  hauptprüfung  bestehen  zu  kOnnen,  erst  recht  gilt,  wissen- 
hafüich  weiter  zu  streben  und  sich  praktisch  tu  bewfthren. 

Da  das  aufrücken  der  Oberlehrer  im  gehalt  iiadi  prof.  Fahles 
VBchlägen  sich  nach  dem  dienstalter  regeln  soll,  so  kftme  das 
itfaerige  examen  pro  ascensione  yon  selbst  in  Wegfall;  denn 
V  würde  nach  der  bestandenen  hauptprüfung,  d.  h.  nach  minde- 
BD8  vier  oder  fünf  dienstjahren,  geneigt  sein,  lang  getriebene,  Heb- 
(wordene  Studien  aufzugeben,  um  auf  ungewissen  erfolg  hii^pfllr 
le  andere  der  drei  prüfiingsgruppen  des  reg^ements  nadbtriglioh 
A  ein  examen  zu  machen? 

um  dem  mangel  an  candidaten  für  die  eine  oder  die  andere  der 

rei  prüfuDgsgnippen  vorzubeugen,  anf  der  andern  aber  flberflille 

Terhüten,  müste  das  königliche  Unterrichtsministerium,  das  allein 

I  nötige  Übersicht  über  das  ganze  besitzt,  die  zahl  der  candidaten 

r  die  einzelnen  gruppen  alljährlich  veröffentlichen,  die  de- 


V  statt  der  fünfjährigen  vorbereitangszeit  muf  das  (zweite)  haiipt- 
en  wäre  eine  vierjährige  angemessener,  für  einen  begabten  colla- 
imtor  vielleicht  noch  zu  lang,  für  einen  minder  begabten,  aber  streb- 
ten ausreichend,  für  collaboratoren,  welche  das  zweite  examen  über- 
■pt  nicht  bestehen,  mäste  der  Staat,  wenn  sie  es  nicht  etwa  vorzögen, 
,  eine  andere  schule  abzugehen,  irgendwie  billige  sorge  treffen,  etwa 
geh  alterszulagen. 


612    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallehren  TOm  urteile 

kane  der  philosophischen  facnltttten  den  Binden      ,  oder  iwwk- 

entsprechender  noch  die  gymnasialdireoioren  ih. prinuuun  da 

Sachverhalt  kund  thon,  damit  der  einxelne  gleich  Ton  TonlMnHi 
seinen  küi^gen  stndien  eine  ihm  selbst  und  zogleieh  ancb  im 
staatsbedürfhisse  fSrdersame  richtnng  geben  kSante. 

Das  sogenannte  coUoqninm  pro  rectoratu  endlich  war,  yntS^ 
stens  was  die  zeit  bis  in  die  vierziger  unsere  jahrhnndBrfts.ttlMiBft 
—  alle  beamtenclassen  im  preuszischen  Staate  snr  Yerg^Mfamg  wt 
herangezogen  —  einzig  in  seiner  art. 

Damfds  wurden  nämlieh  bei  der  mtadgen  lahl  hflhKV  hkr 
anstalten  für  das  directorat  pur  lehrer  in  Torschlag  gafaraeki,  & 
sich  bereits  jähre  lang  in  der  schule  wohl  bew&hrt  und  anehdinh 
wissenschaftliche  leistungen  mehr  oder  weniger  bekannt,  warn  td 
berühmt  gemacht  hatten,  wozu  solche  mlnner  noch  einar  be- 
urteilung  und  prüfung  durch  ein  examen  vnterwerlan?  bei 
anderen  berufsclassen  rücken  altbewährte  beamte  —  ohna  jadeftn- 
liche  nachprüfung  —  in  directoratsstellen  oder  hUhan 
collegien  ein. 

In  den  letzten  zwei  jahrzehenden  sind  in  folge  der  aieh 
steigernden  zahl  höherer  lehranstalten  bei  beaetzong  der 
in  der  that  auch  jüngere  lehrer  in  frage  gekommen,  die  aieh  dank 
wissenschaftliche  leistungen  in  Programmen,  leitadoiAHi  ote 
sonst  wenig  oder  gar  nicht  hervorgeihan  hatten,  fllr 
wäre  eine  wissenschaftliche  nachprüfung  angezeigt,  die 
vor  einer  wissenschaftlichen  prüf ungscommission  paaiender  tot  im 
schulrathe  abgehalten  würde,  der  wegen  der  TioTanitigkinit  dv 
prüfungsgegenstftnde  zwei  wissenschaftlich  nnd  praktinh  naU  bt- 
leumdete  gymnasialdirectoren  oder  Oberlehrer  als 
colloquium  hinzuziehen  müste.  der  schulrath  ist  in  der 
der  zahl  der  directoren  hervorgegangen ;  er  kennt  alao  fia 
eigenschaften  eines  directors  und  dessen  pflichten  and  reeUa 
als  die  mitglieder  der  wissenschaftlichen  prüftmgaeonnniaaifln. 

«  Wenden  wir  nun  unsere  aufmerksamkeit  Ton  den 
beurteilung,   der  der  gymnasiallehrer  gleioheam  intra 
ausgesetzt  ist,  auch  einmal  nach  auszen  hin. 

Das  gymnasium  steht,  lehrer  und  schüler  bewagen  aiah 
gruud  und  boden  ihrer  bürgerlichen  gemeinde,  es  kann  dahnr  mU 
fehlen,  dasz  ihre  amtliche  thätigkeit,  ihr  ganzes  tHnnnad  Immb 
auch  der  beurteilung  seitens  ihrer  mitbürger  insgoaetat  laL  dv 
eitern  der  schüler  ist  schon  oben  an  einigen  stellen  gedaefak;  ab* 
auch  andere ,  unmittelbar  gar  nicht  beteiligte  mitbürger  nrteilsi 
über  uns  und  unsere  schüler;  ja  sie  sind,  was  das  thnn  und 
der  letzteren  auszerhalb  der  schule  anbetrifft,  gar  nioht 
besser  im  stände  darüber  zu  urteilen,  da  die  lehrer  IBmüsha 
dienste  nicht  thun  können,  so  erfahren  sie  erst  das  lehnte 
was  sich  einzelne  schüler  oder  ganze  cliqüen  de  lien  draaisti 
gegen  die  zucht  des  gymnasiums  erlauben,    die  o«  (AmMng  if 


Die  abh&ngigkeit  des  gymnasiallehren  yom  urteile  anderer.*  618 

nheimischen  schttler  mögen  wir  mhig  nnd  getrost  ihren  ange- 
brigen  überlassen;  über  die  auswärtigen  dagegen  steht  uns  eine 
ktria  potestas  delegata  zu,  die  zu  üben  wir  wie  ein  recht,  so  eine 
licht  haben. 

Trotzdem  ist  in  den  groszen  stftdten  eine  derartige  beaufirichti- 
ing  der  auswärtigen  schüler  gleich  null;  die  Schwierigkeit  der- 
Iben  ist  dort  so  grosz,  dasz  man  den  lehrem  kaum  mit  recht  einen 
nrwnrf  machen  darf,  wenn  sich  allerlei  ungebührlidikeiten  der 
hfiler  ihrer  kenntnis  entziehen,  aber  auch  in.  den  Tielen  kkinen 
fmnasialstftdten  steht  es  damit  noch  übel  genug,  arge  ansschrei- 
tngen  auszerhalb  der  schule  können  dort  den  lehrem,  wenn 
e  nicht  ihrer  amtlichen  pflicht  entgegen  äuge  und  obt  dagegen 
srschlieszen  wollen ,  auf  die  länge  freilich  nidit  yerborgen  bleiben, 
>  dast  eine  Untersuchung  eingeleitet  und  eine  bestrafimg  erfidgen 
um. 

Aber  die  leute  reden  gern  und  urteilen  scharf  über  solche 
Inge,  denken  jedoch  meist  nicht  daran,  dem  Ordinarius  oder  direetor 
izeige  zu  machen,  am  allerwenigsten  wollen  sie  sich  mit  ihrem 
imen  und  zeugnis  an  der  sache  beteiligen  und  machen  so  eine 
dtersuchung  über  straffälliges  betragen  der  sdiüler  auszerhalb 
»r  anstalt  äuszerst  schwierig  oder  geradesu  unmöglich,  dagegen 
Innen  wir  wenig  oder  nichts  thun;  es  bleibt  uns  nur  übrig,  auch 
ir  uns  das  wort  in  ansprach  zu  nehmen:  wo  kein  kläger,  da  ist 
idi  kein  richter. 

Zwei  puncto  gibt  es  aber  doch,  gegen  welche  siehmisliebige 
r teile  der  eitern  oder  auch  anderer  bewohner  der  gfoinasialstiidt 
I  richten  pflegen,  wo  die  lehrer,  wenn  sie  nur  misbrindbe  abttellem 
idlen,  dies  auch  in  ihrer  band  haben,  gewisse  nebenbeechäftigungwi 
V  lehrer  geben  nemlich,  besonders  wenn  sie  snr  bleibenden 
•wohnheit  werden,  anstosz  zu  abgünstigen  urteikn  über 
krer  und  schule,  gemeint  ist  dae  Unwesen  fortlaufender 
riTatstunden  und  die  gewerbsmäsiige  pensionahaltereL 

Früher  liefen  die  klagen  darüber  bloss  in  der  nächsten  um- 
ibung  um;  ganz  neuerdings  hat  sich  aber  auch  in  den  weitesten 
«isen  des  staatslebens  die  aufinerksamkeit  auf  diese  nebenbeaehif- 
Bgen  gerichtet,  es  lohnt  daher,  andi  auf  diese  art  der  beurtei- 
lt g  <le8  gymnasiallehrers  mit  ein  paar  Worten  einiugelieii. 

Dem  söhne  eines  wohlhabenden  mannes,  w€kin  sich  je  au- 
eilen  ein  bedürfnis  dazu  herausstellt,  für  geld  Privatunterricht 
i  erteilen  —  wer  hätte  dagegen  etwas  einzuwenden?  das  bedürf- 
M  vorausgesetzt,  hat  der  lehrer  ein  recht,  auszer  dem  honorar  für 
ine  mehrarbeit  auch  noch  den  dank  des  vaters  zu  beanspruchen, 
snn  er  dessen  entweder  unbegabten  oder  arbeitsscheutti  söhn  wirk- 
Bb  fördert  und  für  geistige  arbeit  gewinnt,  da  dies  nur  einzelfäUe 
in  werden,  so  bat  der  lehrer  üble  urteile  nicht  zu  befürchten,  aber 
B  abgunst  wendet  sich  auch  gar  nicht  gegen  solche  einzelfUle, 
ndern  gegen  fortlau fende,  gewohnheitsmäszige  privatstunden 


614    Die  abhängigkeit  des  gymnasiallelirers  yom  urteile  andaeb 

einzelner  lehrer.    das  ist  aber  ein  häszlicfaer  zopf  aus  altor  teit,  te 
endlich  ganz  abgeschnitten  werden  sollte. 

In  älterer  zeit  bezogen  nemlich  in  den  sogenannten  Tatniaiirliwi 
schulen  nur  der  rector  und  vielleicht  noch  ein  oder  zwei  haaptMinr 
ein  festes,  überaus  mftsziges  gehalt;  ftlr  die  nebenlehrar  bSdefo 
auszer  dem  geburtstagsgeschenke"  und  anderen  gaben  der  iflllkr 
das  privatstundengeld  den  hauptteil  ihrer  ganzen  einnalune.  dM 
hat  sich  schon  gegen  ende  des  vorigen  Jahrhunderte  nun  bann 
gewandt  und  in  der  ersten  h&lfte  des  unsrigen  immer  nwlv  ioi- 
geglichen.  wenn  aber  selbst  jetzt,  wo  wenigstena  in  PranrnB  dii 
wohlwollende  fürsorge  des  gegenwftrtigen  unterriehtaminiatBn  dii 
drückendsten  sorgen  von  unsem  schultern  abgewftlst  hat  —  cii 
lehrer  fortlaufend  und  gewohnheitsmftszig  privatstonden  erteüfc,  im 
stellt  sich  ein  testimonium  paupertatis  aus,  und  der  direeior  aaüli 
entschieden  dagegen  eintreten,  wir  sollen  ja  unsre  adhlller  dodk 
den  öffentlichen  Unterricht  ans  classenziel  bringen;  feruiBAto 
dies  ein  einzelner  lehrer  nicht,  so  wfire  das  geld  fttr  fortlanfendt 
privatstunden  weiter  nichts  als  eine  unverdiente  prinde  Ar  iaiii 
Unfähigkeit. 

Die  privatstunden  lähmen  die  beste  kraft  des  lehren',  die  ff 
nach  der  täglichen  amtlichen  thätigkeit  der  wiaseneehaft  wa  «idma, 
oder  durch  die  nötige  erholung  zu  erfirischen  and  m  etibka  w- 
pflichtet  ist.  hat  der  lehrer  in  der  schule  seine  pflidit  ganmal 
voll  gethan,  dann  kann  er  am  Schlüsse  des  schn^'ahrae  bU ndt 
sagen :  ich  wasche  meine  bände  in  Unschuld ,  trotzdem  daa  iah  dis- 
sen  unbegabten  oder  jenen  faulen  schüler  nicht  habe  ana  elaaasBBil 
bringen  können,  mit  den  privatstunden  dagegen  stellt  es  n- 
ders.  da  musz  er  mit  aufreibung  seiner  besten  knft  aneh  den  w^ 
fähigen  oder  trägen  schüler  weiter  fördern,  oder  —  das 
ablehnen  und  die  privatstunden  aufgeben,  thut  er  dies 
bessere  Überzeugung  dennoch  nicht,  so  geschieht  ihm  ganz  tmU, 
wenn  die  beteiligten  über  ihn  übel  urteilen«  die  ™^*rtw  Htar 
übrigens  —  freilich  mit  einzelnen  rühmlichen  ausnahmen  —  weta 
durch  die  privatstunden  nicht  sowol  die  geistig-sittliche  fiMsrmg 
ihrer  söhne  erreichen,  als  vielmehr  die  gunst  des  lehrers  ersehlekks, 
um  so  sicherer  auf  eine  gute  censur  und  auf  Versetzung  des  solw 
in  die  nächst  höhere  classe  rechnen  zu  können,  wohlhabende  sltas 
können  die  kleinigkeit  für  ihre  kinder  leicht  aufwenden,  aadcn 
bringen  ein  opfer ,  das  eine  wohlbestellte  schule  von  ihnen  niM  n 
fordern  braucht. 


*'  noch'  in  den  zwanzigem  dieses  jahrhanderts  ttberTeishtss  ii 
Brieg  die  primancr  alljährlich  ihrem  rector  ein  solches  s^hsititUi 
geschenk  (in  geld);  ja  derselbe  .war  vocationsmftssig  davmaf  «■■•' 
wiesen,  sein  nachfolger,  ein  ebenso  hervorragender  lehrer  als  m* 
fühlender  mann,  lehnte  eine  solche  gäbe  ab,  da  ihm  'legelalwig 
wiederkehrende  gnnstbezeugnngen  dieser  art  unbequem  und  bedcaktfck 
wären.' 


Die  Abhängigkeit  des  gymoaaiallehren  ▼om  arteile  anderer.    616 

Noch  schärferen  urteilen  setxt  sich  aber  die  gewerbs- 
ftaaige  pensionshalterei  einzelner  lehmr  ans. 

DkTitBr  fragen  natürlich:  warum  hiltderlehrerpensionlre? 
itwort:  natflzlich  des  er werbes  wegen,  demgemftsz  erwarten  sie, 
IT  lehrer  werde  sich,  wo  erwerb  niid  pfliebt",  wie  das  bei  der 
nsionshalterei  gar  nicht  ausbleiben  fauK,  nter  einander  ins  ge- 
linge kommen,  wenn  irgend  mOglich,  fllr  jeses  eMtsebfiidan  diese 
Wartung  ist  gewis  in  manchen  Allen  unbegrOndet  md  trMgegiadb; 
»er  nicht  allein  darauf  kommt  es  an,  sondern  flbr  die  sdmle  iat  auch 
18  wichtig,  was  trotzdem  die  leute  dransien  —  ob  mit  recht  oder 
irecht  —  über  die  sache  urteilen. 

Der  glaube  aber,  dasz  die  pensionshalterei  für  den  gymnaaial- 
hrer  ein  ergibiger  erwerbszweig  sei,  mnsz  dranszen  unter  den 
aten  weit  verbreitet  sein,  denn  wie  hätte  —  wenn  dem  nicht  so 
äre  —  z.  b.  in  einer  der  commissionen  des  prensziachen  abgeord- 
ytenhanses  der  gedauke  angeregt  und  ein  antiag  gestellt  werden 
Innen,  die  gymnasiallehrer  auf  grund  dieser  *aiisgibig«i'  erwerbs- 
lelle  von  dem  wohnungsgeldzuschusse  auszuschliesien?  nach 
Instigem  verlauf  der  erürterung  ist  der  desfidsige  antrag  nicht 
irehgedrungen;  aber  der  antragsteiler  kennt  auch  die  wahre  sach- 
ge  schlecht  genug. 

Denn  durchaus  nicht  alle  gjmnasiaUehrer  kommen  hierbei  in 
itracht,  vorab  nicht  die  bedeutende  zahl  der  wissensehafQioh  streb* 
onen  lehrer,  durch  deren  leistungen  im  beeondem  die  gymnaaial- 
Idung  auf  der  höhe,  auf  der  sie  jetzt  steht,  erhalten  wird,  diese 
la  denken  nicht  daran,  das  gymnasium  fär  eine  melkende  kuh  zu 
ilten,  die  sie  mit  milch  und  butter  zu  versorgen  bitte.  — *  Wie 
sgerecht  wäre  es  daher  gewesen,  gerade  diese  siemlieh  zablreiohe 
aase  von  lehrem  —  zum  dank  fCbr  ihre  uneigenntttaigkeit  -—  eines 
irteils  zu  berauben,  dessen  sich  alle  anderen  beamten  erfreuen. 
Mz  aber  die  gefahr,  dieses  vorteile  verlustig  angehen,  aaohnnr 
»mte  heraufbeschworen  werden,  das  ist  der  beete»  beleg  dafttr,  wie 
it  leute  drauszen  über  die  beredete  saehe  urteilen. 

Aber  auch  innerhalb  der  schule  richtet  die  penaJonahalterei 
lal  schaden  an.  denn  wie  oft  kommt  ein  aolcher  lehrer  in  die  läge, 
Mi  seinen  pensionären  mancherlei  zu  sehen  und  m  hören,  dea  er 
laaer  gar  nicht  sähe  oder  hürte.  liegt  ihm  der  erwarb  am  hemn 
»  und  das  hat  man  doch  in  den  meisten  fUlen  voraoszosetaen  — , 
>  wird  er  ihnen  vieles  durch  die  finger  sehen  müssen  und  so  die 
icbt  der  anstalt  heruntersebrauben.    jedoch  auch  unmittelbar  — 

*^  an  einem  gymnasium  hatte  vor  zwei  jahrzehenden  ein  lehrer 
MB  Staate  etwa  400  thaler  gehalt,  von  acht  schüleru  aber  2400  thaler 
nsion.  frage  und  antwort  ist  überflüssig,  auf  welche  seite  sich  das 
faiglcin  der  wage  neigen  werde,  wenn  man  —  in  einem  8tritti|ren 
lle  —  auf  die  eine  schale  der  wage  die  pfl ich t -|- 400  thaler  gehalt, 
if  die  andere  die  erwerbslnst  +  2400  thaler  pensionshonorar  legen 
Bebte. 


616    Die  abh&ngigkeit  des  gymnaBiallehreni  Tom  urieile 

durch  gegenseitige  nachgiebigkeit  der  pensionshalter  bn  atnfbiitiBi- 
mungen,  Versetzungen  der  pensionftre,  ja  selbst  bisweilea  aoek  bn 
dem  abiturientenexamen  schadet  dieser  erwerbsiweig  ivft  «fbob 
nicht  wenig. 

Hat  aber  die  pensionshalterei  bei  allen  Iriurem  ihr  bedsnUkhaii 
so  ganz  im  besondem  bei  dem  director.  schwache,  edaraoaifcn 
abhängige  lehrer  und  junge  streber  wird  es  immer  gebea,  imgb-^ 
neigt  sind,  dem  director  abzulauschen,  was  er  in  betreff  an«  p«- 
sionaire  wt&nscht  und  was  nicht,  auszerdem  merken  die  leMm  « 
bald,  dasz  ihr  pensionshalter  über  die  anderen  lehrer  immnUn  mm 
gewisse  macht  ausübt  und  diese  zu  ihren  gonaten  anaOben  mid  w- 
werthen  kann. 

Jetzt  —  nach  erfQllung  des  normaletats  für  die 
sollte   die    gewerbsmäszige    pensionshalterei    in    die 
schranken  eingedämmt  oder  lieber  daroh   geeets  gani 
werden,   man  müste  sich  freilich  mtthe  geben,  an stftB d  ige»  aekt- 
bare  familien  in  der  gynmasialstadt  zu  gewinnen,  die  väk/t  im 
Oberaufsicht  der  betreffenden  Ordinarien  und  des  direetors 
Schüler  in  obhut  und  pflege  nehmen,    wenn  der  denuriige 
nur  lohnt  und  die  ausgewählten  pensionshalter  Yon  selten  dsr 
nachdrücklich  unterstützt  werden,  so  dürften  sich  würdige 
denen   der  director  die  schüler  vertranensroll  inweieen 
überall  unschwer  finden,    freilich  wie  lange  die  lehrer  seihet  dii 
besser  zahlenden  pensionäre  für  sich  in  anspmoh  nehmen  ^  ao 
werden   wir  unter  den  mitbüi^em  wenig  pensionshalte 
denen  die  schule  volles  vertrauen  schenken  konnte. 

Die  übrigen  mittel ,  die  der  gymnasiallehrer  etwa  Dodh  besitakk 
um  sich  eine  günstige  beurteilung  seiner  amtliehen  thlti^sift 
und  seiner  anderweitigen  geistigen  bestrebungen  in 
helfen  ihm  bei  der  groszen  mehrzahl  seiner  mitbfliger  in 
nähe  wenig  oder  nichts,  ich  meine  seine  wissensohafUiehmi  Mr 
stungen  in  Programmen,  Zeitschriften  und  bflohera. 

In  den  groszen  gymnasialstädten  werden  diese 
durch  die  fülle  des  geistigen  lebens,  die  sich  in 
richtungen  hin  ergieszt,  fast  erdrückt;  in  den  vielen  kleiaflA  skff 
sind  ganz  andere  werthurteile  vorhersehend,  die  daa  intwums  im 
mitbürger  erregen  und  ihr  thun  und  lassen  r^gdn  und  bariÜMM^ 
es  dreht  sich  hier  in  der  nächsten  Umgebung  des  lehren  aOss  M 
nur  um  geldinteressen ,  lebensgenusz  und  die  kleinliehsteft  aatk^ 
Verhältnisse,  gegen  solche  interessen  kommen  wisaeaaehaft* 
liehe  bestrebungen  schwer  auf;  die  gefahr  liegt  nahe,  dassssch 
der  strebsame  lehrer,  im  kämpfe  dagegen  mürbe  gemacht,  immmt 
flusse  derselben  endlich  erliege,  aber  trotzdem  ist  ea  seiae  jfüMi 
geistige  bildung  in  den  nächsten  kreisen,  in  denen  er 
zu  verbreiten  oder  wenigstens  die  anerkennung  derselben 
den  anderen  obwaltenden  interessen  durch  seine  wisseasehaft- 
lichen  leistuugen  anzubahnen,    seine  amtsgenossen  mfissea  diM 


Die  abhängigkeit  des  gymnasiall^icen  Tom  urteile  anderer.    61 T 

willig  oder  unwillig  beachten;  der  schalratli  wird  de  gern  sehen 
und  nnterstfitzen.  im  allerschlimnisten  falle  hStte  der  lehrer  aber 
«llen  gnind,  auf  beachtung  nnd  biUigimg  derselben  seitens  der 
grossen  zahl  strebdamer  fachgenossen  aasserhalb  seiner  stadt  mit 
beeümmtheit  zu  rechnen ,  zugleich  aber  auch  die  beste  gelegenheit, 
den  guten  ruf  und  das  ansehn  seines  gymnasiums  nach  aussen  hin 
XU  verbreiten,  jüngere  lehrer  mOgen  sich  das  gesagt  sein  lassen; 
iltere  kennen  die  sache  aus  eigener  erfiriir^ng. 

Freilich  sind  selbst  unter  den  faehgenossen  stimmen  laut 
geworden  gegen  das  programmschreiben,  man  hat  die  werth- 
losigkeit  vieler  programme  fdr  die  Wissenschaft  betont,  ferner  die 
grosse  zahl,  die  die  lesung  erschwere,  ja  fast  unmöglich  mache, 
hervorgehoben  und  endlich  sogar  den  kostenpunct  gegen  sie  in  an- 
echlag  gebracht. 

Aber  den  werthlosen  Programmen  stehen  die  werthvollen 
mit  einem  gesunden  wissenschaft^chen  kerne  gegenüber,  und  wer 
bat  sie  alle  gelesen,  verglichen  und  werth  oder  unwerth  so  genau 
abgemessen,  dasz  er  mit  grund  behaupten  kOnnte:  die  werth- 
losen bilden  die  bedenklich  hohe  ttberzahl.  —  Tor  der  groszen 
masse  der  jShrlich  erscheinenden  programme  kOnnte  man  in  der 
that  fast  erschrecken;  aber  der  einzelne  liest  doch  nur  die  abhand- 
lungen ,  welche  entweder  in  sein  besonderes  fach  einschlagen  oder 
einen  inhalt  von  für  jede  schule  wichtigem  Interesse  haben,  jeden- 
falls wftre  die  Verdrängung  derselben  aus  den  Programmen  ein  ge- 
fährlicher schritt  in  die  leistungsffthigkeit  des  ganzen  Standes. 

Der  kostenpunct  fiele  aber  ganz  auszer  betracht,  wenn  das 
programmschreiben  den  zweck  wirklich  mit  erreichen  httlfe, 
den  wissenschaftlichen  Wettstreit  unter  den  amtsgenossen  einer  und 
derselben  anstalt  anzuregen  und  den  wissenschaftlichen  sinn  des 
ganzen  Standes  zu  erhalten  und  zu  stSrken.  ausser  den  universitftts- 
Professoren  —  welche  beamtenclasse  gibt  es,  die  innerhalb  eines  so 
kleinen  kreises  von  beteiligten,  wie  ilm  die  Idirer  eines  gynmasiunis 
bilden,  im  stände  wSre,  alljährlich  auch  von  der  Wissenschaft- 
1  i  eben  Strebsamkeit  der  zu  dem  kreise  gehörigen  Öffentlich  seng- 
nis  abzulegen ,  wie  wir  gymnasiaDehrer  in  unseren  Programmen  es 
anstreben  und  zum  teil  wenigstens  thatsichlich  erreichen? 

Im  ganzen:  das  gjmnasium  hat  den  grund  zu  legen  sn 
der  geistig-sittlichen  bildung  derer,  die  einst  als  lehrer,  Ordner 
vind  leiter  das  leben  des  ganzen  Volkes  bilden,  regeln  und  mit 
neuen  Vorstellungen  befruchten  sollen. 

Zu  diesem  zwecke  braucht  das  gymnasium  mittel;  aber 
auszer  einer  strafe,  von  der  oben  eingehender  die  rede  war,  besitzt 
es  keine  macbtmittel,  sondern  nur  ethische  Suchtmittel,  diese 
letzteren  reichen  aber  aus,  den  zweck  zu  erföllen;  sie  reichen  femer 
auch  aus,  uns  die  anerkennung  und  das  wohlwollen  unserer 
so  zahlreichen  beurteiler  zum  groszen  teile  wenigstens  zu  ge- 
winnen und  zu  erhalten. 

N.  jihrb.  f.  phil.  u.  päd.  II.  abt.  1875.  hO.  12.  40 


618  Zur  lehrmethode  der  geogn^hie. 

Wir  wollen  daher  nach  anderartigen  mittein,  um  nnaer  od  sa 
erreichen,  auch  gar  kein  verlangen  tragen,  denn  sonst  hlüoi  wir 
ja  nichts  besseres  und  eiligeres  zu  thun,  als  wenn  wir  bei  doi 
j  esuiten  in  die  lehre  giengen,  um  die  machtmittel  kennen  n 
lernen,  durch  die  diese  in  ihren  schulen  die  herschaft  flberdoi 
geist  ihrer  zöglinge  zu  erlangen  getrachtet  haben,  die  jesmitaa 
sind  in  der  that  bestrebt  gewesen,  nicht  durch  ethische  sudit- 
mittel,  sondern  durch  schlau  berechnete,  selbstische  macktmittel 
ihre  Schuljugend  zu  willenlosen  Werkzeugen  zu  macheiii  die  be- 
gabten Zöglinge  für  ihre  herschgelttste  auszonutien  und  sn  nr- 
werthen,  die  unbegabten  aber  geistig  zu  verdonunen.  sie  flid 
es,  die  in  ihren  schulen  durch  ihre  machtmittel  such  doi  grand 
gelegt  haben  zu  den  staatlich-kirchlichen  wirren,  die  dennabsi  da» 
geistige  leben  aller  vorgeschrittenen  cultorvOlker,  insondniMfe 
aber  des  deutschen  Volkes  im  tieüsten  gründe  untarwnhlsB. 

Das  mag  uns  gymnasiallehrem  als  wamung  dienen,  .wir  im- 
den  uns  daher  hüten  das  gleiche  zu  erstreben  und  zu  thnn;  TiebMhr 
soll  sich,  wie  zeiiher  so  auch  fernerhin,  der .1  ehrer  den  sehfllsra 
—  der  director  den  lehrern  gegenüber  sn  deä  iweiten  nd 
nicht  —  nach  der  weise  und  dem  vorgange  der  Jesuiten  —  an  des 
ersten  teil  jenes  dichterwortes  halten: 

Entzwei  und  gebiete  —  tQehtig  wort; 
verein  and  leite  —  bessrer  horti 

BeUTHEN.  OxJkWSKT» 


52.  • 

ZÜB  LEHRMETHODE  DEB  OEOGBAPHIE. 


Das  methodische  zeichnen  von  skizzen  bildet  mit  recht 
nicht  unwesentlichen  teil  des  geographischen  Unterrichts  anf  dff 
hohem  schule ;  die  vorteile  desselben  beruhen  bekannüich  auf  im 
satze:  was  man  selbst  vollzieht,  prSgt  sich  besser  ein,  als 
blosz  sieht,  aus  der  reihe  von  bedeutenderen  autoritttten, 
sich  für  die  zeichnende  methode  ausgesprochen  haben,  will  ieh 
das  urteil  von  A.  Kirchhoff  in  der  Zeitschrift  für  das  fljnmsiiil 
wesen  (von  Bonitz ,  Jacobs  und  Buhle)  25r  Jahrgang  (Berlin  1871) 
aus  seiner  lehrreichen  abhandlung  über  die  Bittersche  mettiods  is 
der  Schulgeographie  anführen:  'im  kartenzeichnen  allein  (noisliA 
im  methodischen)  kann  sich  die  topische  geographie  heilmittd  dff 
vergeszlicbkeit  schaffen ,  weil  der  schüler  erst  hieäi>ei  ein  sllstiftjf 
Interesse  für  auffassung  des  rein  räumlichen  erhSlt,  indem  dss  iha 
sonst  unnütz  erscheinende  wissen  plötzlich  die  wesenttidiste  be- 
deutung  für  die  präzis  des  könnens  gewinnt.' 

Die  zeichnende  methode  kann  selbstverständlich  in  Tenduede- 
ner  weise  zur  ausführung  gebracht  werden;  darin  aber  henwU  fibcr* 


Zur  lehrmethode  der  geographie.  619 

Dstinunmig,  dasz  man  gewisse  puncte  mit  mögliohster  genanigkeit 
stzulegen  habe,  um  von  ihnen  bei  der  anläge  der  karte  anssogehen* 
\ß  natürlichste  scheint  zu  sein,  die  anggeseichneten  pnncte  eines 
ades,  welche  bestimmend  sind  Air  seine  geetalt,  naeh  geographi- 
her  breite  und  Iftnge  dem  gedächtnis  einznprSgen,  dieselben  auf 
a  gradnetz  dieses  landes  einzutragen  nnd  die  »eichnung  selbst  an- 
schlieszen.  für  die  skizzierung  der  grossen  continente  und  der 
eane  ist  das  auch  die  beste  methode.  soll  aber  die  skiue  mehr 
itails  enthalten,  wie  bei  den  einzelnen  eoropftiachen  Undem  nnd 
«onders  den  teilen  von  Mitteleuropa,  wo  mehr  als  hundert  außge- 
ichnete  puncte  zu  merken  und  festzulegen  sind,  so  erscheint  das 
nprSgen  der  breiten-  und  Iftngengradzahlen  aller  dieser  puncte  als 
ne  starke  belastung  des  gedächtnisses. 

Um  diesem  Übelstande  abzuhelfen,  hat  bekanntlieh  t.  Canstein 
1  jähre  1835  in  seiner  ^anleitung  zum  freien  entwerfen  der  physi« 
hen  erdrilume'  vorgeschlagen,  nach  einfachen  geometrischen 
guren  zu  zeichnen,  welche  sich  der  gestalt  des  landes  am  besten 
ischlieszen  und  die  zu  lernenden  gradzahlen  auf  die  allerwichtig- 
en  zu  beschränken,  später  sind  andere  schulmtoner  in  t.  Cansteins 
sztapfen  getreten,  ich  habe  früher  selbst  mit  dieser  mettiode  ver- 
che  in  der  schule  gemacht,  ohne  mich  indes  damit  befreunden  sa 
(nn^n.  erstens  ist  es  sehr  schwer  zu  bestimmen,  welche  fignr  sich 
\r  form  des  landes  am  besten  anschlieszt  und  insofern  hat  jede  ein- 
che  geometrische  figur  etwas  willkürliches ;  man  kann  s.  b.  jedes 
nd  in  ein  dreieck  einzwängen,  so  dasz  in  dessen  um£uig  teile  seiner 
nriszlinien  zu  liegen  kommen,  zweitens,  das  merken  der  conitmo- 
m  der  für  die  einzelnen  länder  ersonnenen  figuren  ist  gar  mdit  so 
icht  und  einfach ;  es  ist  eine  belastung  des  gedächtnisses.  drittens, 
t  nun  auf  grund  der  construierten  figur  die  Zeichnung  des  landes 
»Uendet,  so  erscheint  die  erstere  als  etwas  firemdartiges  nnd  un- 
hönes  darin ,  wenn  man  sie  nicht  wegwischt,  was  aber  sdir  nnbe- 
lem  ist.  um  recht  deutlich  zu  sein,  will  ich  v.  Cansteins  fignreii- 
ethode  an  einem  bestimmten  lande,  z.b.  Italien,  erläutern;  imt  der 
Agenden  construetion  legt  er  eine  ansahl  Ton  poneten  fest:  am 
lehne  ein  gleichschenkliges  trapez  AB  CD  so:  iiC  ist  genau  in 
döstlicher  richtung  von  Ä  aus  zu  ziehen  und  erhttt  eine  beliefaige 
Ige;  diese  strecke  teilt  man  in  drei  gleiche  teile  ÄE  ^»  SO-  ■* 
C;  jeder  teil  bedeutet  30  meilen.  in  E  und  G  errichte  man  per* 
lidikel  und  gebe  jedem  25  meilen  länge,  also  EF"^  QH\  ziehe 
irch  F und  7/  eine  parallele  zm  AC  und  schneide  sie  durch  die 
)  meilen  langen  linien  AB  und  CD  ab.  dann  fallen  die  puncte 
it  folgenden  orten  zusammen : 

A  mit  Ferrara; 

B  mit  Genua; 

C  mit  Altamaura,  einer  stadt  südlich  von  Bari  in  Apulien; 

IJ  mit  St.  Eufemia; 

E  b  e  i  dem  \\  geogr.  meilen  nördlich  davon  liegenden  Ancona; 

40* 


620  Zur  lehrmethode  der  geographie. 

JP  bei  dem  3  geogr.  meilen  südlich  davon  liegeaden  Ciriti 

Vecchia; 
£r  mitten  in  den  golf  der  Tremitünseln; 
J7 mitten  in  den  golf  Yon  6a(fta. 

Terl&ngert  man  femer  AB  ttber  Ä  hinaas  um  10  meilen;  80  eririOt 
man  die  Pomündung;  verlängert  man  AB  fiber  S  hinans  um  15 
meilen,  und  ebenso  CD  Clber  D  hinaus  um  dasselbe  stflek,  so  eriiltt 
man  den  Col  di  Tenda  und  Beggio  an  der  strassse  von  Mearina;  mii 
bestimme  femer  C.  Lenca  durch  verlSngerung  der  AO  und  dnreh 
einen  von  Beggio  auf  diese  Verlängerung  gefiülten  perpendikeL  — 
Zu  den  drei  vorhin  gemachten  einwendungen  g^gen  die  flgnmi- 
methode  fttge  ich  noch  eine  vierte  hinzu :  der  schfller  ist  geii0ttgt) 
dem  v.  Cansteinschen  trapez  zu  liebe,  objecto  zu  lernen,  die  wegea 
ihrer  unwichtigkeit  auf  der  hohem  schule  gewöhnlich  gar  nidii  ge- 
lernt werden,  nemlich  Altamura,  St.  Eufemia,  die  Trenutmudn. 
dasselbe  kommt  auch  bei  verschiedenen  anderen  Iftndam  vor. 

Von  anderen  zeichnenden  methoden  will  ich  hier  ntir  noch  die 
gradnetzmethode  besprechen,  gern  hätte  ich  mich  Aber  die  ton 
director  professor  dr.  Stöszner  in  Döbeln  (kOnigr.  Sachsen)  in  lemBi 
realschulprogrammen  1870  vorgeschlagene  methode  nnterriditit, 
aber  ich  konnte  trotz  meiner  bemühungen  kein  ezemplar  de|  Pro- 
gramms erlangen  und  der  dortige  buchhändler  schreibii  es  sei  gi■^ 
lieh  vergriffen. 

Legt  man  der  skizze  von  Italien  eingradnetz  zu  gronde,  w 
musz  der  schüler  mindestens  folgende  gradzahlen  wissen: 

Genua  44 V^«  breite,  26  V^®  länge.  Gaöta  A^Vj^^  br.,  31 V,»  1. 

Cremona  45  »  br.,  27 Vj«  1.  Salerao  407,®  br.,  82V,»  L 

Addaquelle  46 V2^  br.,  28  ^  1.  Nordostecke  des  Gaigsno  48* br^ 
Pomündung  45  «  br.,  30  M.  34  »  1. 

Amomtindung  43  V^^  br.,  28  ^  1.  C.  Leuca  40  <>  br.,  36*  L 

Bom  42  0  br.,  30»  1.  C.  Spartivento  38®  br.,  34  •  L 

verfährt  man  ebenso  bei  den  übrigen  europäischen  ländetn,  ao  \A 
der  schüler  im  ganzen  wenigstens  100  gradzahlen  sich  euaiDpilBa: 
wiederum  ein  übermäsziger  anspmch  an  das  gedächtnis,  besondsn 
wenn  man  erwägt,  dasz  ftlr  die  allerwichtigsten  pmiele  der 
gesamten  erdoberfläche  das  einprägen  der  gradzahlen  nieU  m- 
gangen  werden  kann,  auszerdem  nimmt  das  entwerfen  im  gnt 
netzes  auf  der  schultafel,  welches  der  lefarer  in  jeder  niniühfi 
Unterrichtsstunde  für  seine  skizze  nötig  hat,  zeit  weg,  besondsn 
wenn  es  im  laufe  der  stunde  erneuert  werden  musz. 

Diese  übebtände  haben  mich  veranlaszt,  über  eine  beeaenvB- 
thode  nachzudenken ;  ich  glaube  eine  solche  gefunden  zu  haben  val 
erlaube  mir  sie  im  folgenden  zu  erläutern. 

Dieselbe  sucht  die  einprägung  eines  landes  dadordi  keibeaa- 
führen,  dasz  sie  die  differenzen  derjenigen  pnnete,  welch« 
^ine  ausgezeichnete  läge  haben,  ins  äuge  faazt  und  das 


Zur  lebrmethode  der  geogn^hie«  681 

nd  nach  verschiedenen  richtungen  hin  gleichsam  ans- 
iszt.   ich  behaupte,  dasz  es  leichter  ist,  Italien  mittelst  folgender 
ten  zu  zeichnen,  als  auf  grund  eines  gradnetzes.    die  stredke 
irin-6enua  nehme  ich  als  maszeinheit  d*  i.  etwa  16  geographische 
9ilen  und  lege  unter  möglichst  genauer  berflcksiohtigung  der  weltr 
genden  folgende  ausgezeichnete  puncto  fast: 
Turin  —  Cremona  «=  l^/a  imch  0- 
Cremona  —  nördliche  Pomttndung  -»  l'/.  nach  0. 
Nördliche  Pomttndung  —  Addaqnelle  ^^  2  nach  NW- 
Nördliche  Pomttndung  —  Bom  ■»  3  nach  B. 
Turin  —  Genua  =«  1  nach  SO. 
Genua  —  Amomttndung  3=*  1  nach  SO* 
Bom  —  nordostecke  des  Ghurgano  ■»  2%  nach  0. 
Nordostecke  des  Gargano  —  C.  Spartivento  -»  4  nach  8. 
Bom  —  GaSta  a>  1  nach  SO. 
GaSta  —  Salemo  =  1  nach  SO. 
C.  Spartivento  —  C.  Leuca  ■»  2%  nach  NO. 
mer  musz  beachtet  werden,  was  auch  beii  der  zugrunde- 
gung  des  gradnetzes  nicht  unterbleiben  darf,  dasa  der 
eridian  von  Genua  den  St.  Gotthardt  trifft,  sowie  aach  Corsica  und 
ordinien  halbiert;  dasz  der  meridian  der  Pomttndung  dnroh  Bom 
id  die  Sgatischen  inseln  an  Siciliens  westecke  geht.    ofUak\mt  hat 
fr  Schüler  nach  dieser  methode  weniger  und  ein&chere  sahlen  za 
erken,  als  nach  der  gradnetzmethode,  auch  wenn  man  ihn  zur 
ientierung  über  die  absolute  geographische  läge  Italiens  ansser- 
\m  noch  lernen  iSszt,  dasz  der  meridian  von  Bom  der  80e  ist,  dass 
Spartivento  und  die  westecke  Siciliens  vom  38n  paralltl  ge- 
hnitten  wird  und  dasz  die  Addaquelle  ein  wenig  unter  dem  i7a 
irallel  liegt,    ein  weiterer  vorteil  besteht  darin,  dass  der  sohttler 
gleich  die  entfemungen  gewisser  ausgezeichneter  ponete  von  ein- 
ider  kennen  lernt,  indem  er  die  distanzzahlen  sofort  in  geographi- 
he  meilen  verwandeln  kann,    will  man  zu«  erlintemng  cba  Tor- 
iges  eine  bestimmte  gegend  an  der  schnltafel  skizzieren,  um  di« 
lative  läge  der  einzelnen  teile  anschaulich  zn  machen,  so  ist  man 
cht  an  eine  vorherige  construction  von  gradlinien  odsrgo* 
lasen  figuren  gebunden,  wenn  man  die  methode  der  distanzen  an» 
sndet.    diese  methode  habe  ich  im  lauft  der  letzten  jabrs.an^ge* 
beitet  und  zwar  zunSchst  fttr  die  europlischen  linder,    die  masi- 
oheit  konnte  natürlich  nicht  ftlr alle  iSnder  dieselbe  sein;  vielmehr 
kbe  ich  dazu  immer  eine  solche  strecke  gewShlt,  mittelst  welcher 
ch  die  distanzen  zwischen  den  ausgezeichneten  puncten  eines  landes 
ler  Stromgebietes  in  möglichst  einfachen  und  leicht  behaltbaren 
Uen  ausdrücken  lassen ,  so  dasz  meistens  ganze  zahlen  und  von 
Heben  nur  halbe,  drittel  und  viertel  angewendet  sind,   zu  den  aus- 
zeichneten puncten  eines  landes  rechne  ich  die  ecken  (ans-  und 
■springende)  der  küstenlinien,  Wendungsstellen  im  laufe  der  flflsso 
.  b.  Basel,  Mainz),  fluszmündungen,  an  denen  oder  in  deren  niha 


622  Zur  lehrmethode  der  g^grapbie. 

gewöhnlich  städte  liegen ,  und  auch  die  quellen  grösserer  und  klei- 
nerer flüsse ,  welche  in  der  nShe  eines  namhaften  ber j^es  oder  in 
einem  wichtigen  gebirge  entspringen* 

Vergleicht  man  die  distanz  zweier  puncte,  z.  b.  der  nOrdlidMi 
Pomündung  und  Bom  auf  den  im  schulgebrauöh  befindlidien  karten 
von  Kiepert,  v.  Sydow  u.  a.,  so  wird  man  bald  finden,  daai  nicht 
überall  diese  distanz  genau  das  dreifache  der  strecke  Genna — TnriB 
beträgt;  es  hftngt  dies  mit  der  mehr  oder  weniger  genauen  laidi- 
nung  dieser  karten  zusammen,  ich  habe  die  distanzen  ao  genau  aa- 
gegeben,  als  es  bei  diesen  kleinen  Verschiedenheiten  der  karten  flbe^ 
haupt  möglich  war;  jedenfalls  aber  sind  sie  für  skizien  und  freie 
entwürfe  hinreichend  genau,  die  anwendung  des  geradlinigen 
maszes  ist  aber  bei  entwürfen  von  der  grösze  der  einzelnen  eoropii- 
schen  länder,  Buszland  nicht  ausgenommen,  voUatlndig  gerecht- 
fertigt, weil  zwischen  der  distanz  zweier  puncto  auf  der  erdkngd 
und  ihrer  geradlinigen  entfemung  im  kartenbilde  ein  80  geringer 
unterschied  ist,  dasz  man  beide  für  unsem  zweck'  ala  gleieh  eetien 
kann,  für  die  entfemung  von  Paris  bis  Petersburg  betrigt  dieser 
unterschied  noch  nicht  7  meilen;  denn  berechnet  man  ans  der  geo- 
graphischen breite  und  ISnge  dieser  orte  ihre  kürzeste  ent&ninng 
auf  der  kugeloberflttche ,  d.  h.  die  länge  des  zwischen  ihnen  liegen- 
den bogens  des  gröszten  kreises  —  den  erddurchmesser  zn  1719 
meilen  genommen  —  so  erhält  man  292,238...  meilen,  mieztman 
dagegen  auf  einer  karte  von  Europa  die  strecke  mit  dem  ziikieli 
so  bekommt  man  286  meilen.  soll  also  der  entwnrf  einen  fliehen- 
räum  darstellen,  dessen  gröster  durchmesser  300  geogr,  meilen  nicht 
viel  überschreitet,  so  wird  die  anwendung  des  geradlinigen 
maszes  ganz  oder  beinahe  ganz  mit  der  Wirklichkeit  flbereinfltimmen. 

Für  die  Zeichnung  auf  der  schultafel  nimmt  man  die  mll^ 
einheit  so  grosz ,  als  es  nötig  ist ,  um  das  von  den  schfllem  za  ler- 
nende recht  deutlich  zu  machen,  viel  deutlicher,  ala  sie  es  anf  der 
Wandkarte  vor  sich  haben,  wo  die  deutlichkeit  dnrdi  das  nicht  la 
lernende  und  in  vielen  fftUen  auch  durch  den  zn  kleinen  maszstab 
beeinträchtigt  ist.  zum  abstecken  der  distanzen  benutzen  die  sohflhr 
zweckmäszig  ein  kleines  lineal ,  mit  welchem  man  halbe  reebte  m- 
geben  kann  (für  die  richtungen  NO,  NW,  SO,  SW)  und  woianf  eine 
strecke  von  3  bis  4  centimetem  in  drittel  und  viertel  geteilt  ist; 
diese  strecke  ist  für  die  skizze  in  der  kladde  oder  im  heft  gewttn* 
lieh  die  maszeinheit;  statt  des  lineals  kann  allen&lls  dn  steifa 
papierstreifchen  dienen. 

Als  maszeinheit  für  die  pyrenäische  halbxnsel  kabe  iA 
die  entfemung  der  beiden  caps  de  Gata  und  Palos  angewendet^  i»  U 
eine  strecke  von  etwa  22  geogr.  meilen.   also 

C.  Finisterre  —  Bidassoamündung  C.  da  Boca  —  Tarifa  «i*  S. 
=  4.  Tarifa  —  C,  de  Gate  —  ». 

C.  Finisterre  —  C.  da  Roca  =  3.  Tarifa  —  Aranjnez  ■»  3. 


Zar  lehrmetbode  der  geogrsphie.  633 

I  Falos  —  C.  de  Creuz  ^  4.   Äraiguez    —    Bidas&oamfindang 

CreuE  — BidassotkinUiidiiug       ^  S'/j- 

S'/j.  Aranjuez  —  Tajgquelle  ^  1. 

AIa   maszeinheit    für    Frankreich,     wie    bei    Itatien,    dio 
kft  von  15  meilen,  nemlich  Dtlnkircheu  —  Amiens.    also 
)DB  —  Paris  ^  1.  DUnkircben  —  Havre  de  Gracs 

I  —  Yerdan  —  2.  =  2. 

—  Seineqoell«  ■=  2.  Havre  —  Cberbourg  —>  1. 

—  Orleans  -=  1 .  Cherbourg  —  spitze  der  norman- 
iqaelle  —  Lyon  ■>=  l^*/,.  nischen  bucht  =  1. 

i  —  Loirequelle  ■=  1.  Spitie  dieser  bucht  —  nordwest- 

tqaelle  —  ATignon  =  I.  ecke  der  Bretagne  —  2. 

iqaelle  —  Bordeaux  =  3.       Nordwestecke   der   Bretagne    — 
aaux  —  Tonlouse  =  2.  nordecko  des  Loirebusena  =i  2. 

Mise  —  C.  Grenz  =  2. 

Fflrdie  britieclien  inseln  benutze  leb  die  strecke  London 
OTcr  alB  masz,  d.  j.  etwa  14  geogr.  meilen.    also 
on  —  Bristol  =  2.  TweedmQndung   —  Glasgow  = 

ol  —  Sonthampton  ^  1.  l'/j> 

ol  —  C.  Landsend  ^  2^/3.     Glasgow  —  nordostecke  von  Lr- 
on  —  Boston  ^  2.  land  •^=  l'/j, 

on  —  Liverpool  =  3.  Nordostecke  —  uordweeteoke  Ir- 

■pOoI    —    nordkllsfe    von  Unds  -=  3. 

igleeea  =  1.  Nordostecko   —  aUdostecke  von 

■pool  —  TrentmOndung  ■=■        Irland  =  S'/s- 
',.  Nordostecke  Irlands  —  sUdspttza 

ImOndung  —  TjnemUndiing        von  Schottland  =1  1. 
l'/j.  Glasgow  —  Dundee  =  1. 

mtkndung— TweedmUndung  Dundee  —  Aberdeen  =  1. 
.  I.  Äberdeen  —  Invemesz  ^  l'/j- 

Invemesz  — C.  Duncansby  =  i'/j. 
Für  Bnssland,  Skandinavien  und  ÜBnemark  gebraucht 
tweckmfiszig  dasselbe  masz,  nSmIich  die  entfemung  der  Wolga- 
•  von  Petersburg,  d.  i.  eine  strecke  von  etwa  44  geographischen 
n.    also 

|Bburg  —  Moskau  =  2.  Kaean  —  Uralquelle  ™  2. 

SB  —  Astrachan  ^  4.  Petersburg  —  Wilna  — =  2. 

ichan  —  südostendf  des  Knu-   Petersburg  —  Riga  ^  l'/j- 
WS  •=  2.  Petersburg    —   TomeSmUndung 

«han  —  Asow  =  2,  =  2',,, 

■  —  Odessa  ^  2.  Petersburg  —  Archangel  ^  S'/j. 

»  — BuginUndung bei  Nowo-   Archangel  —  Petschoraqnelle ^  3. 
orgiewsk  >»  3.  Archangel  —  nordwestäpitze  von 

A  —  Tu!a  =  V,.  Kanin  =-=  l'/j- 

*—  Kiew  ^  2.  Tomeämandung    —    Stockbolm 

tu  —  Kasan  ^  2.  ^  2',  i- 


624  Zur  lehrraethode  der  geographie. 

Tome^mündung — Nordcap»»2.  StockHolin  —  Ystad  -■  iVj- 
Stockholm  —  Trondjem  -»  2.       Ystad  —  Skagon  «i«  1« 
Stockholm  —  C.Lindesnaes  =  2.  Tstad  —  Ribe  in  Jfltland  «»  1. 

Für  die  Balkanhalbinsel  und  das  ftgäischemeer  istdi» 
strecke  von  Constantinopel  bis  zum  Südwesteingange  deor  Daida- 
nellenstrasze  als  maszeinheit  empfehlenswerth,  das  sind  etwa  8& 
geographische  meilen.   also 

Constantinopel  —  Vama  «s  i.      C.Matapan — in8al8aatorin«"lt. 
Südwesteingang  der  Dardanellen  C.  Matapan  —  C*  Lingoeita  ■■  %* 

—  Salonichi  =  1.  Santorin  —  nordapitia  von  BImk 
Salonichi  —  Cattaro  s»  1 W  dus  •»  1. 
Südwesteingang  der  Dardanellen  Nordspitze  von  Bhodus  —  Siqfa* 

—  C.  Matapan  «==  2,  —  1. 
C.  Matapan  —  Zeitun  *»  1. 

Für  Mitteleuropa  endlich,  d.  h.  fCbr  das  Dentacha  Boiek,. 
die  oesterreichisoh-ungarischemonarchie  und  die  klei* 
nen  nachbarstaaten  beider  eignet  sich  als  maaseinheit 
die  entfemung  der  quelle  des  weiszen  Main  Yon  der  Wemqiielk 
oder  die  entfemung  der  Elbquelle  von  Eöniggrfttz,  also  eine  stmik» 
von  etwa  9  geographischen  meilen. 

1.  Das  gebiet  des  Bheines  nebst  anschlflssen  an  benachbarte 
gebiete : 

Vorderrheinquelle  —  Chur  »»  1.  Bern    —    Bhoneeintritt  in  doi 
Chur  —  eintritt  des  Rheins  in       Genfer  see  "i*  1. 

den  Bodensee  »=  1.  Mainz  —  Sohweinfiurfc  ai*  2. 

Rheineintritt  in  den  Bodensee  —    Schweinfurt  —  wdsze  Maingnelte 

Basel  =  2.  —  V/^. 

Basel  —  Mainz  «=  3^,.  Emmerich  —  Lüitich  «i*  S. 

Mainz  —  Bingen  =  Yj.  Lüttich  —  Namur  «■  */^. 

Bingen  —  Emmerich  ««=  372*        Namur  —  Luzembnig  ■■  2. 
Emmerich  -^  Rheinmündung  bei  Namm:  —  Mona  ■■  1. 

Katwjk  «=  2.  Mens  —  Gent  »■  1. 

Basel  —  Bern  =  1.  Gent  —  Antwerpen  — ■  V4- 

Namur  —  Gertmideiiberff  ^  !• 


2.  Das  gebiet  der  Weser,  nebst  anschlüssen: 

Werraquelle  —  weisze  Mainquelle  Münden  —  Leinemflndnng  ■«  S« 

SS  1.  Bremerhafen    —    HaaemVadiaig 

Werraquelle  —  eintritt  der  Fulda  bei  Meppen  ■»  1 V4. 

bei  Münden  <=»  2.  Meppen  —  Emmerich  -■  !%• 

Münden  —  Bremerhafen  =  3V4. 

3.  Das  gebiet  der  Elbe,  nebst  anschlüssen: 

Elbquelle  —  Königgrfitz  «s  1.  Schwarze  Elstermfindnng—Mfg' 

Königgrätz — Moldaumdg. = 1  ^V  deburg  »=  1  y^. 

Moldaumündung — mündungder  Magdeburg    —    HavebnUndiiBg 

schwarzen  Elster  =  3.  =»  174- 


Zar  lehrmethode  der  geographie«  626 

avelmttndung  —  Euxhafen  »»    Magdebaig  —  weisse  Mainqnello 
3  /2»  ^  3  /j. 

4.  Das  gebiet  der  Oder,  nebst  ansehlfissen: 

lerquelle    —    Glatzer  Neisse-  Glatser  Neissemflnduxig  «— >  Lau» 
mttndang  «=  2.  sitzer  Neissemttnduxig  «•  SVs» 

ierquelle  —  Weichselquelle  «s  Lansitzer     Neissemtlndiuig     — 
lV2-  Swinemflnde  «•  8. 

latzer  Neissemfindong—Prosna-  Lansitzer     Keissemflndimg     — 
mttndimg  «=  27^.  schw.  Blstermündang  «•  2. 

5.  Die  Donau. 

maueschingen  —  Begensbnrg  Draumflndnng  —  Alntamflndniig 

-  4.  - 1% 

^gensburg  —  Presburg  -■  6.      Alntamflnduig  —  nOrdL  Donau- 
"esburg  —  Waitzen  -■  2^/^.  mllndnng  «■  6Vf 

aitzen  —  Draumttndung  a»  4. 

6.  Die  Weichsel. 

eichselquelle  —  Sandomir  «»  NowoG6orgiew8k(Bngni(biidnBg) 
SVs*  —  Brahemfladimg  ^  8. 

ndomir  —  Nowo  Oeorgiewsk  Brahemfindnng  —  Daazig  -■  2. 

—  3. 

7.  Die  deutsche  Ostseeküste. 

ensburg  —  Lübeck  «»  2.  Swinemünde  <-  aordoeteokePom- 

Ibeck   —  nordwestecke  Pom«  mems  «■  4Vf 

mems  ->  2.  NordoateckePomsMms— EOnigt- 

>rdwesteckePommems— Swine*  berg  «i*  2. 

münde  «»  2.  Königsberg  — *  Memiel  «•  2. 

Will  man  in  derselben  Aizze  stücke  beaadhbartar  linder, 
dche  eine  verschiedene  maszeinheit  haben,  sor  darsttüoBg 
ingen,  z.  b.  Mittelftiinkreich  und  die  Schweiz,  to  braucht  man  mur 
s  entfemung  zweier  distanzpuncte  beider  Utoder  Mif  eSner  guten 
rte  in  geographischen  meilen  zu*  bestimmen  and  diese  ttveck* 
irch  das  gewünschte  masz  auszudrücken;  in  onserm  iUle  z.  b.  dift 
!W$ke  von  der  quelle  der  Seine  bis  Basel,  wdehe  SO  meilm  be- 
l|gt;  diese  distanz,  mit  dem  für  Frankreich  angswendetoi  mum 
messen,  ist  =  2,  mit  dem  für  Mitteleuropa  gemessen  ist  lis 

.  3V3. 

Offenbar  läszt  sich  die  methode  der  distanzen  auch  auf  die  ein- 
Inen  stücke  und  gebiete  von  Asien,  Afrika  und  Amerika  an* 
mden,  unter  der  bedingung,  dasz,  wie  schon  oben  bemerkt,  der 
üste  durcbmesser  des  gebietes  oder  landes  300  meilen  nicht  viel 
«rscbreitet,  weil  dann  die  geradlinigen  distanzen  mit  den 
rklicben  kürzesten  entfemungen  auf  der  erdoberflAche  noch  in 
Bfigender  weise  übereinstimmen,  am  besten  benutzt  man  für  die 
cmessung  solcher  gebiete  karten,  welche  nicht  den  ganzen  be* 


626  Zur  erkläruog  einer  stelle  aus  Schillen  'glocke^. 

treffenden  erdteil  enthalten,  wo  also  nicht  zu  grosse  stfleke  einer 
kugelzone  projicirt  sind ,  weil  man  dann  den  beigegebenen  gerad- 
linigen maszstab,  unter  beobachtung  der  vorhin  angegebenen  be- 
dingung,  ohne  weiteres  anwenden  kann,  will  man  aber  einiahM 
länder  auf  der  karte  des  ganzen  betreffenden  erdteils  anameeaen,  Ibo 
musz  man  mit  dem  dieser  karte  beigegebenen  maszatab  TonidUig 
sein,  um  nicht  in  grobe  irrtümer  zu  fallen;  der  maszatab  paart  be- 
kanntlich nicht  ftir  alle  teile  einer  solchen  karte  und  kann  ea  aodi 
nicht;  miszt  man  beispielsweise  auf  einer  karte,  welche  «ni  Anen 
und  Europa  enthält,  die  entfemung  zwischen  Paris  und  FMardniig 
mit  dem  daselbst  angegebenen  maszstab,  so  findet  man  bei  t.  I^jdow 
330  meilen,  bei  Kiepert  340  meilen,  wShrend  die  wirkliohe  kllneil» 
entfemung  292,2...  meilen  beträgt;  man  muss  also  andenraiftig, 
nötigenfalls  durch  rechnung,  erst  prdfen,  ob  der  beig^gebeBe  aun- 
stab  für  das  auszumessende  stück  des  erdteils  branohbar  ist. 

Für  das  zeichnen  der  oceane  und  continente  halte  idi  das  m- 
grundelegen  des  gradnetzes  für  das  zweckmftszigste;  indes  lege  idk 
darauf  weniger  wert;  wenn  der  schüler nach  methodiseher anUtmig 
gelernt  hat,  auf  der  schultafel  oder  auf  dem  parier  die  »nta^^mm 
länder  und  naturgebiete  der  erdteile  zu  skizzieren,  ao  kann  ibi, 
scheint  mir,  das  freie  entwerfen  von  ganz  Asien  oder  Amerika  er 
lassen  bleiben,  weil  allein  schon  die  construction  des  gradnelni 
dieser  beiden  continente  sehr  umständlich  ist,  gans  abgesehen  dt- 
Ton,  dasz  ein  sogenannter  erdteil,  mit  geologisöhem  enge  hetraehM, 
weiter  nichts  ist  als  ein  Agglomerat  von  ungleichartigen  stUekas, 
welche  zu  sehr  verschiedenen  zelten  entstanden  sind,  also  nkUi 
homogenes. 

Wenn  man  für  das  entwerfen  geographisdier  afcisaen  dBe  se- 
thode  der  distanzen  für  empfehlenswerth  hält,  weil  ne  keioMhi 
vorhergehende  construction  von  hilfslinien  nOfig  maefati  so  kon 
man  indes  verschiedener  meinung  darüber  sein,  welche  tob  ta 
vielen  möglichen  distanzen  zwischen  den  ansgezeiehneten  puaete 
«ines  landes  die  allerzweckmäszigsten  sind;  ich  habe  flddi  bcodU^' 
recht  zweckmässige  zu  finden;  wenigstens  wird  jeder,  dsrsidbdb 
mühe  gibt,  noch  zweckmäszigere  aufzusnchen,  bald  finden,  dssi  diii 
seine  Schwierigkeiten  hat. 

Düsseldorf. 


53. 

ZÜB  EBKLÄBÜNG  EINER  STELLE  AUS  SCHILLEBB 

* GLOCKE \ 


Cholevius  bespricht  in  seiner  bekannten  'anleitiiag  svsb- 
fassung  deutscher  aufsätze',  2e  aufl.,  s.  122  das  thems: 
mag  Schiller  im  lied  von  der  glocke 


Zur  erkläruDg  einer  stelle  aus  Sohillen  'glooke'.  687 

Dem  Schicksal  leihe  sie  die  lange; 
selbst  herzlos,  ohne  nitgeffihl» 
begleite  sie  mit  ihrem  scbwnnge 
des  lebens  wechselTolles  spiel. 

s  Schicksal  herzlos  und  ohne  mitgeftlhl  nennen?  —  darauf  auf- 
arksam  gemacht,  dasz  Schiller  nicht  das  Schicksal ,  sondern  die 
ocke  herzlos  nenne,  hat  Ch.  in  der  3n  anfl.  der  onveribidert  abge- 
ackten  stelle  seines  baches  die  anmerktmg  beigeftigt: 

'ieh  verstehe  den  sati  so:  nicht  die  i^oeke  allein*  sondern  beide 
sind  herslos;  das  Schicksal  and  anch  die  glocke  selbst,  die  üun 
die  sänge  leiht. 

Ich  bin  durch  diese  bemerkung  nicht  im  geringsten  zu  der 
loleviusschen  ansieht  bekehrt  und  glaube ,  dasz  diese  Überhaupt 
mig  Zustimmung  finden  wird. 

Zwar  ist  nicht  zu  bestreiten,  dasz  das  wort  'selbst'  unter  um: 
luden  eine  solche  vermittelungsrolle  übernehmen  kOnne»  dasz  hier 
)0  'selbst  herzlos'  so  viel  bedeutete  als  'eben  so  herzlos', 
leich falls  herzlos',  dann  aber  wird  die  klarheit  und  ooncinni- 
t  der  in  ihrer  einfachheit  so  schönen  stelle  gestOrt  und  getrübt; 
r  uns  so  natürlich  ansprechende,  keiner  aoskgekunst  und  dia* 
stischen  Steigerung  bedürftige  gedanke,    ' 

dasz  die  glocke  dem  Schicksal  die  stimme  leihe  nnd,  Indem  sie 
selbst  zwar  herzlos  (ein  todtes  metall)  sei,  doch  mit  Ihren  klingen 
das  wechselTolle  spiel  des  lebens  begleite, 

rd  durch  einen  neuen  gedanken,  die  herzlosigkeit  des  echiekaalSi 
irchkreuzt,  der  uns  unerwartet  kommt  und  noch  dazu  unbefrie* 
B^  Iftszt,  weil  er  nur  angedeutet  wird,  man  kOnnte  sageui 
herzlos  angedeutet  wird,  der  dichter  hat  ja  j^les  gesagt,  er 
lireitet  zum  schlusz  und  spricht  nun  noch  mit  der  ganzen  erhaben* 
it  seiner  rede  eine  das  werk  vollendende  und  krOnende  weihe  aas« 
•z  er  mit  den  werten 

Und,  wie  der  klang  im  ohr  Tergehet,  osw« 

idi  noch  einen  neuen  gedanken  bringe,  kann  man  nicht  dagegen 
iwenden,  denn  dieser  entflieszt  wie  Ton  selbst  und  umnittdbar 
m  eben  vorher  gesagten  und  hat  dabei  noch  den  besondem  sehOnen 
ruf,  die  'glocke'  gleichsam  vor  unserm  ohre  anettlnen  m  lasien. 

Doch  kehren  wir  noch  einmal  zu  den  in  rede  stehenden  vier 
rsen  zurück,  es  liegt  uns  hier  ein  parallelismus  vor,  dessen  erstes 
ied  von  der  ersten  zeile,  dessen  zweites  von  den  drei  anderen  ge« 
Idet  wird ;  das  zweite  glied  hat  durch  den  uns  vorgeführten  gegen* 
tz  zwischen  der  fühllosigkeit  der  glocke  und  ihrem  amte  als  schick- 
Isbegleiterin  eine  erweiterung  und  ausschmückung  erhalten,  diesen 
inigen ,  natürlichen  gegensatz  möchten  wir  auch  wol  nicht  gern 
lesen  gegen  den  andern  gedanken,  der  uns  durch  die  von  Cholevius 
m  'selbst'  erteilte  function  aufgedrllngt  wird;  denn  beide  functio- 
m  auf  einmal  kann  das  'selbst'  nicht  haben,  nicht  zu  vei^gessen, 
ez  sich  der  oben  angegebene  concessivsatz  jetzt  in  folgenden,  sich 


628  Belege  zu  Schillers  suevifimen  aas  Hebels  allenumn.  gedichten. 

selbst  richtenden  causalsatz  yerwandelt:  weil  die  glocke  eben  so 
herzlos  ist  wie  das  Schicksal,  begleite  sie  dasselbe  mit  ihren  kUngHU 
allenfalls  herauszulesen  wäre  der  schon  eher  m  statnierende  aber 
doch  auch  sonderbare  satz :  die  glocke  ist  zwar  eben  so  henlos  wie 
das  Schicksal,  aber  sie  begleite  doch  (wenigstens)  nsw« 

Man  müste  belesener  sein  als  ich,  nm  zn  wissen,  ob  ChokviQS 
der  erste  und  einzige  ist,  der  obige  behanptnng  aufgestellt  hat  ick 
erwähne  aber,  dasz  man  bei  den  auslegem  eine  andere  bemerinmg 
zu  dieser  stelle  findet«  es  könne  auüßEdlen,  dass  Schiller,  statt  ia 
glocke  eine  seele  und  mitgeftlhl  zuzuschreiben,  sie  herdoe  nenne; 
doch  tritt  dies  nur  als  beUäufige  bemerkung,  nicht  als  anssteHmig 
auf.  ich  möchte  aber  auch  in  bezug  hierauf  zu  erwigen  geben,  dssi 
die  auffassung  und  darstellung  der  glodke,  als  einer  beeadtan  und 
mitfühlenden,  gerade  am  Schlüsse  der  dichtnng  vielldehi  werngsr 
passend  gewesen  wSre,  weil  ein  derartiger  gedanke,  wenn  waA 
nicht  ganz  neu,  doch  als  ein  solcher  erscheint,  der  fOnnlioh  behandelt 
werden  muste,  nicht  blosz  angedeutet  werden  durfte. 

Als  curiosum  und  als  Illustration  zu  dem  bekannten  seU  tob 
auslegen  und  hineinlegen  füge  ich  bei  dieser  gelegenheit  Bodi  b«, 
dasz  Oötzinger  (deutsche  dichter,  2e  aufl.,  I  s.  322)  die  werte  ia 
Schillers  ^kraniche  des  Ibycus'  Mer  lieder  sttszen  rnund',  sogar  vntar 
beihülfe  allerlei  gelehrton  apparats,  durch:  der  'an  liedem  sOs» 
mund'  erklttrt,  indem  er  den  genitiv  lieder  nicht  tob  mimd  (der 
mund  der  lieder),  sondern  von  sttsz  (an  liedem  sflsi,  rmt  fiedoi 
sttsz)  abhängen  läszt.  in  der  that  begreift  man  kaum,  wie  der  flld- 
gens  um  historische  interpretation  unserer  dichter  wddTerdial» 
mann  zu  einer  solchen  verirrung  pedantischer  verstandeaanffaiiwg 
kommen  konnte,  wie  schön,  wie  dichterisdi  und  wie  natOiliohiit 
es,  statt  die  lieder,  die  sangeskunst  zu  sagen:  mund  der  lieder,  illnr 
mund  der  lieder!  so  haben  die  dichter  dler  Völker  geeproehen,  Toa 
Homers  Upf)  \c  TriXe^dxoio  und  Virgils  odora  cannm  Tis  bis  indis 
neueste  zeit. 

ASCHBRSLEBEN.  Db.  KuEI. 

64. 

BELEGE  Zu  SCHILLEBS  SUEVISMEN  AUS  HEBELS  ALLS* 

MANNISCHEN  GEDICHTEN. 

(Schiller  ist  nach  der  Cottaschen  ausgäbe  1869  in  einem  bandt,  HtWI 

nach  der  ausgäbe  Aarau  1862  citiert.) 


Abe  (hinab).  Schiller  s.  118.  Daniel:  Abe,  abe,  weisurSeU- 
del !  mürbe  Knochen,  fahret  in  die  Grube  mit  Fieudn. 

Hebel  s.  1:  Wo d' Wiese  luegt,  und  Heek  go  Todta» 

aben  ins  Thal  sprii^ 

(Das  n  ist  euphonisches  einschiebsei  vor  einem  Tooal,  vieie 
mehreren  hochdeutschen  dialecten.) 


Belege  zu  Schillers  Baevismen  aus  Hebels  allemaiUL  gediohtett.  689 

ebd.  8.  5:    und  abe  gegenem  (Jsieht  zu! 

ebd.  Bis  zum  tiefen  Bocksaum  abe. 

ebd.  Und  fallt  in  prSchtige  Zipfle. 

Ueber  e  Bücken  abe. 

ebd.  8.  4 :    Fallt  bis  zu  de  Chnödlenen  abe  FSltli  aa  lUtlL 

ebd.  8.  6:    Goht  kei  Ghrneg  in  Cheller,  ke  Zttber  aben  an 

Brunnen. 

ebd.  Jez  gohts  wieder  witers,  und  alliwil  aben  und  ab e ! 

ebd.  8.  7 :    Aber  wie  de  gohsch  vom  Bergwerdi  abe  go  Schöpfe, 
Bis  an  Stetten  aben  uf  diner  steinige  Landstrasz. 

ebd.  8.  8 :    Sieben  an  der  ufer  und  neben  an  der  abe. 

ebd.  8.  9 :    A  b  e  n  in  Budensee. 

ebd.  s.  10:  Jez  bruttlet  er  abe  go  Bhinau. 

ebd.  Wo  Liestel  aben  und  Basel. 

ebd.  Lueg,  isch  sei  nit  d'Chlftbi,  und  chunnt  er  nit  ebe 

dort  abe? 

Diese  beispiele  aus  dem  ersten  gedieht  mOgen  genOgen. 

Den  brodkorb  höher  hSngen:  Schiller  8.  268: 
Lassen  wir  uns  aus  einander  sprengen, 
Werden  sie  uns  den  Brodkorb  hoher  hSngen. 

Hebels.  152: 

Jo,  i  musz  es  sage,  und  wenns  mi  gnfidige  Landsher 

über  churz  und  lang  erfahrt,  und  henktieh  der  Brodkorb 

höher,  wie  der  selber  förchet,  nimmtg  mi  nit  wunder. 

Dahinten  bleiben  (zurückstehn).   Schiller  s.  282: 
Und  wo  der  Fürst  sich  hingetraut,  da  wlD  der  Chraf, 
Mein  gnSd'ger  Herre,  nicht  dahinten  bleiben« 

Hebel  s.  75 : 

Und  mi  Häberli  seit:  ^Do  blibi  jo  nit  dehintel* 

Drum.   Schiller  s.  282 :  Neumann : 

Das  alles  wiszt  ihr!   Wohl  bewandert  seid  ihr 
In  eures  Landes  Chronik,  Kellermeister. 

Kellermeister : 

Drum  waren  meine  Ahnherrn  Taboriten 
Und  dienten  unter  dem  Prokop  und  Ziska. 

Hebel  s.  84 : 

Drum  meint  ers  treu  (s.  t.  a.  meint  ers  doeh  anch  treu). 

ebd.  s.  123: 

Gell,  i  chumm  hüt  spoot?   Drum  isch  e  Meiddeli  g'storbe 

z'Mambach. 
D  ü  s  s  e  1  n  (leise  reden).    Schiller  s.  96 :  Spiegelberg : 

Der  Magistrat  und  Bürgerschaft  düsselten  Bache. 
Viehoff,  Schillers  gedichte  I,  s.  67  (die  schlinunen  monarchen) : 

Hört  doeh  nur  den  Kammerjunker  düsseln: 
Euch  beehrt  Madonna  mit  geheimen  Schlüsseln 
In  —  ihr  Schlafgemacb. 


630  Belege  zu  Schillers  suevismen  aus  Hebels  allemann.  gediohieo« 

Yiehoff  verwecbeelt  in  der  anmerkung  'dflsBeln'  (leiie  VBden) 
und  'duseln'  (schlaftrunken  gehen),   das  wort  findet  sioli  annerdm 
noch  bei  Schiller  in  dem  briefe  an  Soharfifenstem  (OOdekea  kritiidi» 
ausgäbe  I  s.  58):  oder  dem  Boigerl  ins  Ohr  gedisselt. 
Hebel  s.  59 : 

Aber  wo  der  Hanptma  bi  Famau  usen  an  Wald  chmuiti   • 
Düszlet  er:  Bnebe  z'ruck!   I  hör  e  WSgeli  &hre. 
Feuerjo!   (ruf  beim  brande.)  Schiller  s«  108 :  SchweiMr : 
Wir  indesz  Gasse  auf  Gasse  nieder,  wie  Fmieii  —  Bonttjo! 

Feuerjo!  durch  die  gaaxe  Stadt 
Hebel  s.  65 : 

Vetter  Hans  Jerg,  's  stürmt!  Furio !  's  lauft  alles  dran  um» 
eb.  s.  95 :      und  Furio  und  Mordio 

und  schwer!  Wetter  ziehen  no. 
Fluchen  (schwören).   Schiller  s.  96:  Spiegelberg: 

Und  fluchen ,  Sturm  zu  laufen  wider  die  Stadt, 
ebd.  s.  121:  Schweizer: 

Ich  hab'  damals  bei  meiner  Seele  geflnclit. 
Hebel  s.  62 :    's  gfluecht,  der  Uehli  muess  sterbe. 
Vgl.  Meyer,  neue  beitrage  s.  47. 

Gelt?  (nicht  wahr?)  Schiller  s.  105:  Gelt,  Brader,  gelt? 
ebd.  s.  107:  Gelt,  Bruder? 
ebd.  s.  148:  Mohr: 

Gelt  Fiesco?    Wir  zwei  wollen  Genua  CTsaminenwilrieww. 
ebd.:  Gelt!  er  hat's  schlau  gemacht? 
Gödekes  kritische  Schillerausgabe  I,  s.  193: 

Aber  gelt!  —  mit  einem  derben  Stosse 
Hat  man  dir  dein  Bttrgermaul  pitscbirt. 
Schiller  s.  118:  Daniel: 

Gelt,  Vogel!   Das  habt  ihr  freilich  yergessen. 
ebd.  Daniel:  Ja  gelt,  gelt?   Das  war  noch  eine  Zeit? 
ebd.:  Gelt,  junger  Herr,  das  habt  ihr  rein  ansgesehwitrt? 
Viehoflf ,  Schillers  gedichte  11 ,  s.  263 : 

Nun  lebe  wohl !  ich  sag'  Ade, 
Gelt?  ich  war  heut  bescheiden. 
Hebel  s.  84:  G  eil,  i  chumm  hüt  spootV 
ebd.  s.  126 :  'Gell,  es  isch  chumli  so',  seit  jets  der  ElngeL 
G  i  c  h  t  e  r  (krSmpfe).  dieses  wort  findet  sich  bei  Schiller  an•M^ 
ordentlich  häufig  in  seinen  jugendproducten,  zuletit  meines  wissou 
im  Don  Carlos  (I.  ausg.  1787;  Kurz,  kritische  anggabe  Uli  s.  340): 
0  still  von  diesem ,  weg  davon ,  nicht  weiter. 
Qas  ist  die  Nei*Ye,  wo  ich  Gichter  spttre. 
Schiller  s.  815 :  Auf  die  Illusion  des  Zuschauers,  die  Sjmpe&ie 
mit  künstlichen  Leidenschaften,  hat  Schauer,  Gicht  er  nadCtti- 
machten  gewirkt.    Gichterisch  (krampfhaft),   ebd.  s.  101 :  Oieli* 
tri  sehe  Empfindungen  werden  jederzeit  von  einer  Dissfliwaii  der 
mechanischen  Schwingungen  begleitet.  —  Daneben  findet  sidi  aaek 


Belege  su  SchUlerB  eucvismeii  aas  UebcU  allcmana.  gedichtet.  631 


e  form  krampfig,  ab.  s.  158:  'Gianettiiio  bäumt  sieb  krauipfig 
die  Hob',  wofUr  in  der  bUbnenbearbeitung  gicbteriacb  eteht. 
MSdekeB  kritische  ausgäbe  III,  b.  325.)  ebenso  krampf  für 
ichter,  wie  s.  I8ö:  Luise.  Ins  Obr  des  Allwissenden  schreit 
ich  d«r  letzte  Krampf  des  zertretenen  Wurms,  vgl.  Schillers  be- 
ghongeii  2u  eitern  usw.  s.  18:  'Dieses  Kind  (eine  Schwester  Schil- 
n)  ist.  .  ÄnHalsgicbtern  gestorben*.  -Scberr,  Schiller  und  seine 
It  ä.  71:  besonders  hart  setzten  ihm  die  kinderkrSmpfe  zu,  welche 
an  in  Scbwaben  mit  dem  nomen  'gicbter'  bezeichnet.  —  Hebel 
123:  's  bat  e  Fieberli  g'ha  und  leidige  Gicbter. 

Gift  und  Operment  (anri  pigmentum). 
Schiller  s.  165:  Miller:  Ist  mir's  doch  wie  Gift  und  Opor- 
ent,  wenn  ich  den  Federfiichser  lu  Gesichte  krieg'.  —  Hebel  s.  14; 
Sei  isch  ene  wie  Gift  und  Poperment. 
HaBSelieren  (lärmen).    Schiller  s.  106:  Spiogelberg:  Jetzt 
eif  ich,  und  meine  Kerls  drauezen  fangen  an  zu  stUrmen  and  zu 
isselieren,  als  kam'  der  jüngste  Tag.  —  Hebel  s.  9: 

Mengmol  haselierscb,  und  's  musz  der  alles  us  Weg  geh! 
Heben  (halten).    Schiller  b.  107:  Spiegelberg:  Bis  ihm  kein 
emd  mehr  am  Leibe  hebt.  —  Hebel  s.  127: 

Wemme  bete  will,  enanderno  hebt  er  eim  'b  Muul  zu. 
Hast    (hitze).     Schilters,   115:   Kosinsky:   Schaum  auf  dem 
lude,  rebn'  ich  nach  Haus,  wähle  mir  einen  dreispitzigen  Degen, 
id  damit  in  oller  Hast  in  des  Ministers  Baus.  —  Hebel  s.  31: 
Triuk  e  SchlUckli  Brenz,  er  chüelt  der  ahbe  di  Hast  ab. 
Lamento.    Schillers.  106:  Spiegelberg:  Und  das  erbfirmliche 
neter  und  Lamento.  —  Hebel  s.  31: 

Mer  han'e  Lamento  Öbbe  g'seh. 
ebd.  8.  152: 
's  wird  nit  z'beschreibe sy,  was  für  e  Lamento  ins  Land  chnnnt. 
Lebknchen.    Schiller  s.  95:  Moor:  Von  einem  Ntlmborger 
Amer  um  Lebkuchen  gewickelt.  —  Hebel  s.  45: 
Was  henki  der  denn  dra? 
Ne  sch&nen  Lebkuechen-Ma. 
Lock  (bOschet).    Schiller  s.  144:   Mohr:    Entwischt  ro:r  ein 
lek  Haare.  —  Hebel  s.  125: 

Und  e  LQckli  Heu. 
-    Lutherisch.    Schiller  s.  274:  Questenberg: 
Dasz  länger  nicht  im  Dome  lutherisch 
Gepredigt  werde  ketzerischer  GrSul 
Des  Festes  reine  Feier  nicht  besudle. 
Hebel  s.  4 : 

Dnd  schangscbierscb  der  Glauben  und  wirscb  e  luthrische 
Chetzerl 
Maie  (zweigbüschel,  Uumonstrauaz).    Schiller  s.  269:  Max: 
Wenn  alle  HUte  sich  und  Helme  schmflcken 
Mit  grünen  Maien,  dem  letzten  Raub  der  Felder. 


J 


632  fielege  zu  Schillers  saevismen  aus  Hebels  aUemaim« 

Hebel  s.  85 : 

Und  Chüngeli,  leg'di  weidlr  a, 

De  muesch  domo  ne  Meye  ba. 
ebd.  s.  84: 

und  mitem  Meyen  uffem  Hnet. 

Mordjo  (ruf  bei  einem  mord).     Schiller   s.  121:  Bluber. 
Mordjo !   Mor<\jo !  —  Schweizer  —  Spiegelberg  —  Beisst  sie  aus- 
einander!  ebd.  8.  127 :  Daniel:  (xnftdiger  Herr,  jagt  ein  Traj^  fmt- 
riger  Beiter  die  Staig  herab,  schreien  Mordjo,  Mordjo« 
Hebel  s.  95 : 

Und  Forio  und  Mordio 

und  schweri  Wetter  ziehnem  no. 


Schwätzen  (schwatzen).  Schiller  s«  119:  Danial:  Veigmm? 
Wie  schwätzt  ihr  wieder?  ebd.  s.  149:  Fiasco:  loh  ¥rill  Sie  be- 
schwätzen, bis  Sie  hierher  folgen,  ebd.  a.  108:  Sofawan:  Soipg^ 
doch,  80  schwätz  doch!  ebd.  s.  104:  d.  a.  Moor:  und  dn  baatflür 
den  Fluch  aus  dem  Herzen  geschwätzt. 

Hebel  s.  4:  Fehlt  der  näumis,  so  schwetz,  und  hettwhgm 

näumis,  se  sag  mer'sl 

ebd.  8.  8:  und   de  grüeszisch  alle  Lttt,  und  Bchwfttiiseli 

mit  alle! 

ebd.  8.  30:  ^Losz  en  schwätze',  seit  der  GrOnrodk,  *wwi 

er  nit  goh  will!* 

ebd.  8.  129 :  Er  seh  wetzt  und  fragt  sie  das  nnd  deis. 

ebd.  8.  96:  Schwetz,  Aetti,  gohts  em  eohterst  anno  80? 

ebd.  8.  98:  Schwetz  lisli,  Aetti,  bis  merltber  ä^Baukiom, 

und  do  an  Berg  nnd  Wald  yoML 

ebd.  s.  125:  ^Schwetz  mer  nit  so  närsch'  seit  drof  dar  Epgd 

und  lächlet. 

Wette rleucht  (blitz).  Schiller  s.  6  (die  aohlaohtj^  adioi 
fleugt  es  fort  wie  Wetterleucht  (vom  blitz  der  kanone).  Wott•^ 
leuchten  (subst.  in  derselben  bedeutung).  ebd.  &  819:  YomBia- 
pfindung  zum  Ausdruck  der  Empfindung  herrscht  eben  die  aduülb 
und  ewig  bestimmte  Succession  von  Wetterleuchten  aa  Da■M^ 
schlag,  ebd.  s.  109:  Schweizer:  Wir  wollen  über  aie  her  wia  & 
Sttndfluth  und  auf  ihre  Köpfe  herabfeuem  wie  Wetterleachtei. 
Wetterleuchten  (verb.  in  der  bedeutung  blitzen),  ebd.  a^  ISl: 
Leonore  —  Wenn  sein  wetterleuchtender  Blick  sie  tnt  — 
Hebel  8.  14: 

Im  Wetterleih  (d.  i.  blitzschnell),  sen  isch  der  weit  und  hau 
kei  Marcher  mee,  und  au  kei  Engel  do. 

Wüst  (häszlich).    Schillers.  6: 

Bald  herum  in  wüsten  Pfützen  drehn. 
ebd.  s.  88 :  Und  Ochsenaugen  sind  so  wüste  Aogen  nidit 
ebd.  8.  118:  Daniel:  Gottlob!   es  heilte  glttöUidi  faisanfA 
wüste  Narbe,   kritische  Schillerausgabe  von  09deke  I,  s.  214: 


Zu  den  dentBchen  geschlechtimainwi.  6SS 

Hast's  verstanden?  Denk  an  mich! 
Wüster  Vogel  packe  dich. 

Ubland  sagte  von  dem  werte  *bediademt'  in  Platens  pQger  von 
Just:  's  isch  e  wtteschtes  Wort.  —  Hebel  8.  97: 

Jo  wegerli,  nnd  's  Hus  wird  alt  und  wttest: 
der  Rege  wäscht  der'i}  wüester  alli  slacht. 

Ekfurt.  Bcxbergeb. 


65. 

ZU  DEN  DEUTSCHEN  GESCHLECHTSNAMEN. 


Im  litterarischen  centralblatt  1874  nr.  34  befindet  dch  eine 
zeige  meiner  schrifb  über  die  altdeutschen  personennamen.  der 
sbrte  referent,  dessen  wohlwollende  und  anerkennende  benrteilnng 
ch  zu  aufrichtigem  danke  verpflichtet,  gestatte  frenndlichst,  dan 
{ im  interesse  der  sache  auf  seine  gegenbemerknngen  su  antworten 
r  erlaube.  • 

Es  ist  dem  ref.  aufgefallen,  das«  die  altdentache  form  bald 
rsiv  voransteht,  bald  aber  ganz  fehlt,  und  er  meint,  sie  liitte 
mer  stehen  müssen,  tlas  wftre  allerdings  eine  gleiohmlssigere 
Ordnung  gewesen,  schien  mir  aber  nicht  nnnmginglieh  notwendig 
sein,  zumal  da  ich  mich  überhaupt  einer  sehr  Imappen  darstellnng 

wohlerwogener  absieht  beflissen  habe,  wer  genau  beobpehtei, 
nmt  wahr,  dasz  die  alte  form  überall  da  unterdrückt  worden  ist, 
>  der  an  erster  stelle  auftretende  heutige  familienname  budisttb* 
h  mit  ihr  zusammentrifft,  wie  bei  Abo,  Altwig,  Arbogaati 
ibrand,  Bernot,  Degenhard,  Edward,  Fridrich,  6er« 
ar,  Hildebrand,  Hugo>  Markwari,  Sando,  Sigmund, 
.einmar,  Walther,  Widekind,  Wilibald,  Wolfgang, 
tte  ich  solche  namen  zweimal  unmittelbar  nadi  einaader  hiliga- 
lUt,  80  würden,  muste  ich  befürchten,  mehr  leser  gdaagweill  ala 

ihrer  kenntnis  gefördert  werden,  auf  bekannte  geringe  abwei- 
nngen  der  Schreibung  im  verhftltnis  der  heutigen  tnraltelispnflha 
iubte  ich  ebenfalls  in  der  regel  keine  rflcksieht  neihmen  an  dfirftn; 
ber  stehen  z.  b.  Dietmann,  Oastolph,  Oottaokalk,  &ar« 
nth,  Heidebrecht,  Landfried,  Wienrioh  aueh  nur  dnmal 
fgefubrt.  —  Hinsichtlich  der  beziehung  der  kosefbrmen  bitte  ich 
n  ref.  s.  7  meiner  einleitung  zu  vergleichen,  wo  jedem  fehlgriffe 
areichend  vorgebeugt  sein  dürfte,  wie  sollte  sich  Timme  usw. 
f  den  ganzen  vorhergehenden  absatz  beziehen,  in  dem  sich  Diet- 
ied,  Dietber,  Dietger^  Diethard  befinden,  denen  allen  das  m  fehlt? 
•  Auch  darüber,  dasz  und  weshalb  der  zweite  teil  der  zusanunen- 
bsungen  unerklärt  geblieben  ist,  habe  ich  mich  zu  anfang  (s.  lY) 
•gesprocben.  zum  beweise,  dasz  meine  Unterlassung  stOrung 
inge,  führt  der  ref.  an,  dasz  mit  dem  namen  Wolfram,  wdcher 

H.jahrb.  I.  pi.il.  u.  päd.  II.  &h\.  1875.  hfl.  12.  41 


634  Zu  den  deutschen  geschlechtsnamen. 

s.  100  unmittelbar  hinter  Wolfermann  stehe,  nichts  amabngen 
sei.  urteile  ich  richtig,  so  soll. der  anstosz  nicht  in  der  aiifSnnanda> 
folge  dieser  beiden  namen  liegen,  sondern  darin,  dasz  die  bedeatong 
von  ram  im  dunkel  schwebe,  wer  aber  das  buch  im  znsainmenhuige 
liest  und  gebraucht,  wird  leicht  gewahr,  was  der  einigennasua 
unterrichtete  ohnehin  weisz,  dasz  ram  gleich  hram,  hraban  ist; 
man  vgl.  z.  b.  Adalhram :  Allram,  Paldhram:  Peldram,  Gkuhrui: 
Gausrapp,  Wichraban:  Wygram.  dazu  tritt,  dasz  die  fem 
Wolfram  selbst  im  altd.  genug  vorkommt,  desgleichen  in  andern 
namen  die  kürzung  ram.  wie  hätte  ich  in  unertrSglioher  hinfimg 
Wolfhraban,  Wolfhram,  Wolfram  cursiv  auftreten  lassen  dUrfSen  und 
die  reihe  der  heutigen  geschlechtsnamen  wieder  mit  Wolfram  be- 
ginnen? bei  Bertram  und  Guntram  ist  dasselbe  yer&hrsn  be- 
obachtet worden.  —  Ganz  besonders  bedauert  der  ref. ,  dm  dem 
büchlein  kein  alphabetischer  index  beigegreben  ist.  ttber  dieesn  Vor- 
wurf bin  ich  erstaunt,  das  wäre  ein  index  zu  einem  regizter,  dv 
den  umfang  gewis  um  das  dreifache,  da  im  index  jedem  namen  siis 
eigne  zeile  gebührt,  vermehrt  haben  wttrde.  —  Die  wflnzcke  dM 
geehrten  ref.  haben  es ,  wie  man  sieht ,  auf  den  bedarf  nnd  die  be- 
quemlichkeit  des  laien  abgesehen;  ich  wüste  nicht,  woduroh  idi 
sollte  zu  erkennen  gegeben  haben,  dasz  ich  diesen  vorkQgHweifle  ia 
äuge  gehabt  hätte,  wie  es  am  Schlüsse  des  Vorwortes  heiszt,  hit 
meine  schrift  den  standpunct  der  Wissenschaft  überall  zn  wahnz 
gestrebt  und  zugleich  auf  das  bewustsein  der  gebildeten  nuymig- 
fache  rttcksicht  genommen,  eine  populäre  znsammenateUnng,  vie 
der  ref.  urteilt,  habe  ich  keineswegs  beabsichtigt;  ob  dem  entaz 
Satze  seiner  gefälligen  anzeige :  *dies  büchlein  madit  keine  gelehilBt 
ansprüche',  so  freundlich  er  unstreitig  gemeint  ist,  zn  widerepceehM 
sei,  will  ich  andern  zu  entscheiden  überlassei). 

In  betreff  einzelner  deutungen  hebt  der  ref.  alz  irrig  henai: 
Wudicke,  Wuttcke,  Wattig,  die  ich  aof  den  ztamm  Wod, 
Wut  bezogen  habe,  es  liege  vielmehr  ein  slavisohea  appeOetiv  n 
gründe,  mich  dünkt,  wenn  aus  dem  lOn  Jahrhundert  anadrOeUiek 
Wodicho  nachgewiesen  wird  und  es  hente  familien  gibt»  die  Wo* 
dicke,  Wottke,  Wodick  heiszen,  darf  man  getrost  jene  nzaia 
mit  dem  u  hinzuschreiben;  vgl.  Woderich  nnd  Wnttrioh.  — 
Dasz  Göttling  dem  mhd.  getelinc  entspreche,  hatte  bekanndkh 
J.  Grimm  (gr.  I'  221)  gelehrt;  dagegen  ist  ja  an  sich  niehts 
wenden,  nur  dasz  der  name  und  zwar  hödist  beqnem  ana 
altd.  Personennamen  ebenfalls  erklärt  werden  kann;  man  nt^ 
Eberling  und  Ebeling,  Siegling  und  Seiling,  Bttthliag 
und  Bühling,  Herling,  .Perling,  Tettling»  Oerliag« 
Gundling,  Mündling,  Niedling,  Nütling,  Oerthliag, 
Redling,  Beichling.  —  Auch  den  namen  Opitz  hüt  der  nt 
für  ein  slavisches  appellativ.  mir  durfte  es  unbestritten  gsnügMi 
mich  an  Obizo,  Opizo  zu  halten;  genau  ebenso  rind  entstaadfla 
Abitzsch  und  Apitz,  Lopitzsch,  Nopitsch,  Bobitzsclt  — 


Zu  den  deutsohen  cfeseblechtsiiAmeii.  635 

Gewis  nicht  direct  zu  Beginbreht,  bemerkt  der  reü,  sei  Benne- 
bart h  za  stellen,  auch  nicht  indirect?  mein  buch  enthfit  eine 
überaus  grosze  zahl  heutiger  geschlechtsnamen »  welche  durch  yer- 
mittelung  sich  aus  dem  altd.  entwickelt  haben,  wobei  sehr  häufig 
auch  umdeutung  im  spiel  ist.  bei  Bennebarth  Übrigens  scheint 
die  Sache  ziemlich  einfach  zu  sein,  da  hier  der  zweite  yocal  schon  in 
altd«  formen  auftritt,  bard  aus  beraht  einzeln  gleichfalls  begegnet, 
andere  beispiele  derselben  art  sind  heute:  Frobarth,  Oumbart 
und  Gompart,  Hägenbarth,  Siebard  und  Segebiart»  Isen- 
bart,  Willbarth,  Harbarth  und  Herbart,  Lambardt, 
Limpardt,  Membart,  Neubart,  Bubarth.  auffallender, 
dünkt  mich,  könnte  es  erscheinen,  dasz  ich  Bennefarth  aus 
Baginfrid  gedeutet  habe,  da  der  stamm  frid,  fred  ein  a  überhaupt 
nicht  zeigt;  aber  das  jetzige  a  entspringt  aus  dem  e.  daher  die  heu- 
tigen nebenformen:  Sejffarth,  Ooffarth,  Herfart,  Lefarth, 
Mayffartb,  Biffarth  und  Befardt.  —  In  betreff  der  namen 
auf  -mann,  von  denen  der  ref.  urteilt,  dasz  sie  Vol  am  richtigsten 
in  der  regeP  unter  die  deminutiva  aufzunehmen  gewesen  wttren, 
lasse  ich  einen  sehr  deutlichen,  wie  ich  glaube,  wichtigen  unter- 
schied gelten,  die  alten  Zusammensetzungen  mit  -man,  z.  b.  Liud- 
man  (Lüttmann),  Dietman  (Tittmann),  Baginman  (Bein- 
mann) sind  ebenso  selbständig  wie  alle  übrigen  yollnamen;  andörs 
steht  es  um  die  jungem  Verbindungen  des  wertes  mit  einem  voU- 
namen,  einer  gekürzten  oder  patronymischen  form,  z.  b.  Landfer- 
mann,  Eckermann,  Arnemann,  Diesmann,  Bentzmann, 
Thielemann,  Eurtmann,  Sickermann,  Eversmann, 
Mannesmann,  diese  letztem  treten  daher  nicht  unabhängig  auf, 
sondern  scblieszen  sich  an  diejenigen  namen,  zu  denen  sie  allda  ge- 
hören können,  wie  Landfermann  zu  Landfrid,  Arnemann  zu 
Arno,  bisweilen  sind  zweifei  über  die  ältere  oder  jüngere  geltuAg 
wolberechtigt,  schwerlich  bei  Hartmann,  Hermann,  Wich- 
mann, obs'chon  die  koseformen  Hart,  Her,  Wich  als  heutige 
gescblechtsnamen  existieren,  dagegen  etwa  bei  Ahlmann,  Bai- 
dermann, Engelmann,  Hillmann,  Beineman,  Tolk- 
mann  u.  a.  m.  —  Die  auslegung  des  namens  Lohengrin  als  Garin 
le  Loherain  ist  mir  zwar  bekannt;  doch  vermute  ich,  dasi  er  in  sei- 
ner mhd.  form  auf  anlehnung  beruht,  wie  denn  Abel  geomdeia  von 
lohe  (vgl.  brant)  und  grim  abgeleitet  hat. 

Dem  von  dem  ref.  am  Schlüsse  seiner  anzeige  ausgesprochenen 
und  gut  begründeten  wünsche,  dasz  die  Statistik  mit  ihren  reichen 
mittein  sich  der  lebenden  deutschen  familiennamen  bemächtigen 
möge ,  scbliesze  ich  mich  aus  vollster  Überzeugung  an. 

Bonn.  K  0.  Ajndbesen. 


41* 


636  Programme  der  höheren  lehranstalten  der  provinz  Westfalen  1674. 

(44.) 

PROGRAMME  DER  HÖHEREN  LEHRANSTALTEN  DER 

PROVINZ  WESTFALEN  1874. 

(schlasz.) 


Brilon,  gymnasium  Petrinuro.  cand.  A.  Hcohstein  gteng  ab  ta 
das  Friedrich-Wilhelmgymnasium  zu  Köln,  ebenso  schied  aas  eandidat 
Jos.  Pietz;  als  hülfsl.  traten  ein  cand.  dr.  Stienen  und  dr.Böhmer, 
letzterer  zum  ord.  1  ehrer  ernannt,  schülerzahl  236,  abit.  S3.  —  Abb. 
des  ord.  lehrers  dr.  W.  Böhmer:  'Untersuchungen  über  die  Ci«Mlde 
des  Diocles'.     25  s.  4. 

Coesfeld,  gymnasium  Nepomuceniannm.  prof.  dr.  Hüppe  feierte 
8u  oetober  1873  sein  50jäbr.  dienstjubilänm.  als  ord.  lehrer  trat  ein 
hülfsl.  H.  Nie  her  von  der  realschule  zu  Münster;  elementarl.  Koeh 
schied  aus  als  kreisschulinspector,  für  ihn  trat  ein  L.  JfirgeBB,  der 
evang.  religionsl.  pf.  Greeven  schied  aus  und  trat  an  eeine  atelle 
pf.  Mangelsdorf;  als  probelehrer  traten  ein  dr.  Rahe  und  Baache, 
dr.  Kuho  gieng  nach  6  monaten  als  hülfsl.  an  das  gjmn.  an  Bheiae. 
schülcrzahl  140,  nbit.  14.  —  Abhandlung  des  prof.  Fr.  Rnmp:  'die 
stHtischen  gesetze  des  Keils.     9  s.  4. 

Dorsten,     progymnasium.    schülerzahl  80.  —  Keine  Abbandlong. 

MÜNSTEB.  gymnasium  Pauli num.  der  ord.  lehrer  Aag.  Baach- 
mann  gieng  als  oberl.  an  das  gymn.  zu  Warendorf,  hfilfal.  dr.  Wrede 
als  ord.  lehrer  an  das  gymn.  zu  Kempen;  der  von  CÜlm  bernfene  lehrer 
Schröder  ist  wegen  krankheit  in  ruhestand  getreten;  als  hülfal.  tratea 
ein  cand.  G.  Hane;  hülfsl.  dr.  F.  Giese  gieng  als  ord.  lehrer  an  du 
Mariengymnasium  zu  Posen,  der  ord.  lehrer  dr.  Hechelmann  ab 
director  an  das  gymn.  zu  VVarburg;  probelehrer  cand.  W.  Kern  per  aad 
dr.  C.  Botke  traten  ein,  cand.  dr.  Potthast  gieng  ab:  Ms  probelehrer 
traten  ein  cand.  K.  Starmans,  Gerb.  Marsch,  Frs.  wörmana; 
hülfsl.  Püning  von  der  realschule  und  hülfsl.  Schacht  in  ordentltehea 
gymnasiall.  ernannt,  schülerzahl  622,  abit.  53.  —  Abhandlung  des  oberL 
Beruh.  Leinemann:  'die  theorie  der  parallelen  geraden*.    16a.  4. 

Münster,  realschule  Ir  ordn.,  verb.  mit  der  pro^nzialgewerbesehDle. 
zeichenl.  Kramer  trat  ein,  hülfsl.  Nieberg  gieng  als  ord.  lehrer  an 
das  gymn.  zu  Coesfeld,  cand.  Th.  Schmülling  aam  hfilfal.  eraaiuit, 
zeichenl.  Frede  starb  22n  Januar  1874;  als  probel.  trat  ein  cand.  dr. 
H.  Ilovestadt;  dr.  Püning  geht  über  an  das  gymnaaiam.  achfilenaU 
409,  abit.  10.  —  Abb.  des  dr.  Adolf  Bergmann:  Ma  PhMre  de  Ra- 
cine comparee  &  celle  d^£uripide\     12  s.    4. 

Paderborn,  gymnasium  Theodorianum.  das  gymnasium  hnfc  18  voll- 
ständig gesonderte  classeu  (la  und  6,  IIa  und  6  in  parallelcötua  ceteilt, 
I  128,  II  118  Schüler  am  schlusz).  dr.  B.  Hüser  von  Warburg  us  ord. 
lehrer  eingetreten,  als  technischer  lehrer  Friedr.  Rohrbaoh,  obtfl* 
dr.  E.  Giefers  in  ruhestand  getreten,  gymnasiall.  dr.  Erdmann  na 
rector  der  höhern  bürgerschule  in  Papenburg  ernannt;  oand.  Merint 
gieng  ab  an  das  gymn.  zu  Warburg;  die  probelehrer  Reis  mann  ud 
Neu  haus  traten  ein.  schülerzahl  am  schlusz  483,  abit.  60.  —  AbL 
de.s  dir.  dr.  Anton  Jos.  Schmidt:  ^einiges  über  kursaichtigkeit  und 
befangcnheit  im  urteilen'.  28  s.  4.  wir  begegnen  überall,  aagt  der 
Verf.,  Widersprüchen,  wodurch  die  Unsicherheit  des  menschlichen  orteili 
erhellt,  bei  den  Hellenen  ist  bald  von  vielen  göttem,  bald  von  einem 
göttlichen  wcsen  die  rede;  die  griechischen  götter  sind  national  nach 
dem  glauben  des  volkes  und  doch  werden -sie  wieder  ala  vollkommeae 
wesen  gedacht,  in  physischer  und  moralischer  hinsieht,   und  wiedenui 


Programme  der  höheren  lehranetalten  der  proTim  WestftüieiL  1874.  837 

milaater,  schwach,  ohnmächtig;  sie  sind  allm&chtig^  und  wiederom  dem 
geschick  unterworfen,  das  chaos  der  Widersprüche  moss  den  glauben 
an  höhere  wesen  untergraben,  und  doch  finden  wir  wirkliche  glftabig- 
keit  bei  den  gebildetsten  Athenern,  widersprüohe  finden  sich  selbst 
bei  Plato  in  seiner  Würdigung  der  knabenliebe |  in  seiner  idee  der  ge- 
rechtigkeit;  die  regierungsweise  des  Platonischen  Staates  steht  im  Wider- 
spruche mit  dem  idealen  Staate;  der  ernste  philosoph  serstört  die  hei- 
ligsten rechte  des  weiblichen  geschlechts  und  verkennt  die  sittliehkeit 
des  eigenthuinsrechtes.  die  einsieht  in  solche  Widersprüche  mnss  den 
menschen  demütigen,  schützt  uns  aber  aoeh  dadurch  gerade  vor  über- 
hebang. 

Bbcklinghadsbn.  gjmnasium.  in  ruhestand  trat  prof.  dr.  W.  C as- 
pers nach  52jähriger  dienstzeit.  es  trat  ein  lebrer  Hnkesteln,  er. 
religionslehrer  pf.  Rumpf f;  gjmnasiall.  Schürhols  gienff  ab  als  kreis- 
schulinspector,  probel.  cand.  Fr.  Busch  trat  ein,  eana,  Job.  Boeil 
gieng  ab  nach  Attendorn.  schülerzahL166y  abit.  15.  —  Abb.:  'snr  le 
Tartuffe  de  Meliere,  par  dr.  Casimir  Kiohter'.    25  s.  4. 

Rbkine.  gymnasium  Dionjsianum.  als  lehrer  trat  ein  Hermann 
Gruchot  von  der  realschule  zu  Münster,  wegen  der  gestiegenen  fre- 
quenz  der  prima  und  secunda  war  eine  teilung  der  olassen  m  mehren 
fkchern  nötig,  und  wurde  deshalb  eine  neue  lehrkraft  gewonnen,  cand. 
B.  Loh  mann,  oberl.  dr.  Temme  wurde  benrlaubt  snr  Stellvertretung 
des  regieruugsschulraths  in  Münster,  als  dessen  Stellvertreter  trat  ein 
cand.  dr.  A.  Ruhe  vom  gymn.  zu  Coesfeld;  cand.  Schneiderwirth 
gieng  ab  als  hülfsl.  bei  der  hohem  bürgerschule  an  Papenburg,  Krembi 
bei  der  höhern  bürgerschule  zu  Oberlahnstein,  sehüleriahl  188,  abit. 
21.  —  Abb.  des  gymnasiall.  dr.  Frans  Drope:  'die  realien  in  den 
alten  classikern,  grad  und  art  ihrer  berücksichtignng  bei  der  leetfire*. 
15  s.  4.  der  verf.  weist  zunächst  an  literatur,  konst,  leben  der  alten 
nach,  welch  ein  reicher  bildungsgehalt  in  den  realien  des  classisehen 
altertums  liegt,  wodurch  ihre  berücksichtignng  bei  der  lectfire  gerecht- 
fertigt ist.  zuerst  sind  dieselben  soweit  sn  erledigen,  als  von  ihrer 
kcnntnis  das  volle  Verständnis  der  betreffenden  stelle  bedingt  is^;  dann 
aber  an  solche  erklärun^en  auch  erläutenmgen  sn  knüpfen,  die  Über 
das  Verständnis  der  vorliegenden  stelle  hinaosgehen,  sofern  dieselben 
dazu  dienen,  den  schüIer  fruchtbar  anzuregen»  ihm  eine  vielseitigere 
auffassung  dieser  oder  jener  partie  des  lebens  der  alten  su  verschaifen. 
was  aus  dem  geschichtlichen  und  geographischen  Unterricht  bekannt 
ist ,  ist  auszuscheiden,  so  eignet  siä  nir  tertia  das  wichtigste  ans  den 
kriegs^altertümern  der  Römer  und  der  mjthologie,  für  seennda  die 
hauptpnncte  der  griechischen  taktik,  bei  Cicero  die  römischen  staats- 
altertümer,  für  prima  die  hauptpnncte  der  alten  philosophie.  im  fe- 
biete  der  classisehen  realien  ist,  wo  es  angeht,  die  vorffihrong  einer 
bildlichen  darstellung  des  gegenständes  die  beste  art  der  erlintemng, 
daher  die  Wandtafeln  zur  veransehanliebnng  antiken  lebens  so  sehr  i« 
empfehlen  sind,  der  schüler  ist  auch  ansuhalten  seine  vorbereitong  fBr 
die  lectüre  auch  auf  die  bekannteren  realien,  namentlich  die  allgemeiB 
(geschichtlichen,  auszudehnen,  wo  bisher  noch  nicht  berührte  realien 
in  der  lectüre  erscheinen,  hat  eine  einleitung  des  lehrers  vorauszugehen, 
i\W  natürlich  kurz  sein  musz;  wo  es  die  lectüre  notwendig  macht,  sind 
auch  excurse  hu  ilirer  stelle,  ein  besonders  günstiges  geschick  einer 
anstalt  ist  es,  wenn  sie  den  schüler  in  ein  museum  plastischer  kunst- 
werke  und  altertümer  hineinführen  kann;  dadurch  ist  auch  dem  lehrer 
das  beste  mittel  ^ef^ebcn,  den  schüler  in  das  Verständnis  der  bildenden 
künste  überhaupt  einzuführen. 

KiETBRRa.  pro^yninasium  Nepomuceanum.  als  ev.  religionsl.  trat 
ein  pf.  Coers.  frymnasiall.  Glose  gieng  ab  an  die  landwirthscbaft- 
liche  anstalt  zu  Lüdinghausen,  als  hülfslehrer  trat  ein  cand.  Kolck; 
gymnasiall.  Pieper   gie%  ab   als  kreisschulinspector,  als  hülfil.  trat 


638  Programme  der  höheren  lehranetalten  der  proYins  Westfiilen  1874. 

ein  cand.  Grosseboble;  dirigent  Scballan  trat  dann  ans  als  krsii- 
schnlinspector;  die  leitung  übernahm  interimistiBch  dr.  Beekel;  hfilfid. 
caplan  Schalte  und  zeichenl.  Bö  de k er  scheiden  ani,  es  tritt  eia 
L.  Luce.     schülerzahl  58.  —  Keine  Abhandlang. 

Vrbdbn.  progymnasiam  Georgianam.  rector  Schröder  gieng  ab 
als  kreisschulinspector,  es  trat  ein  reallehrer  Wolff.  sehülera.  40.  — 
Keine  abbandlang. 

Warburo.  gymnasiam.  das  bisherige  katholische  progjnwuiom 
zu  Warburg  ist  seit  sommer  1874  za  einem  paritätischen  gymnasiui 
erweitert,  zum  ersten  director  gjmnssiall.  dr.  Adolf  Heohelmaas 
vom  gymn.  za  Münster  ernannt,  als  Interim,  lehrer  caad.  F.  Hering 
von  Paderborn  angestellt,  als  ord.  lehrer  dr.  Anton  Barkholt  tob 
Münster;  gjmnasiall.  Ludwig  geht  in  ein  pfarramt  fiber.  sohttlembl 
165.  —  Abhandlang  des  gjmnasiall.  F.  Spielmann:  ^der  Yeniisdardi- 
gang  am  9n  december  1874'.     18  s.  4. 

Wabendorf.  gymnasium.  mlchaelis  1873  trat  der  direetor  dr.  Jet. 
Franz  Gauss,  bisher  erster  oberl.  am  gymn.  an  Kempen,  afai,  als 
dritter  oberl.  Aug.  Buschmann  vom  gymn.  sn  Münster  hUliil.  dr. 
Stiene  gieng  ab  an  das  gymn.  zn  Brilon,  hülfsl.  Znmloh  als  achal- 
inspector  für  die  kreise  Dortmund  und  Bocbnm;  som  ersten  ord.  lehrer 
wurde  ernaunt  Iwan  Bäumer;  es  traten  ein  cand.  Wilh.  Botert  va4 
Fr.  Wilh.  Höh  in  g.  schülerzahl  am  sohlusz  178,  abit  S7.  —  Abhand- 
lung des  oberl.  Aug.  Buschmann:  'de  Eumene  n  rege  PergAineBoma. 
pars  prior.»  28  s.  4.  cap.  I.  de  fontibus  et  recentiornm  soriptia.  IL  ds 
regui  Pergameni  origine  de  Philetaero,  Eumene  I,  Attalo.  HL  olUHido 
Eumenes  II  Attali  I  filius  regnare  coeperit:  IV.  qnomodo  reges  Pergs- 
meui  in  Romanorum  venerint  societatem.'  Y.  de  Eamene  11  ifewanom» 
socio,  de  pace  Philippo  data,  de  Nabide.  VI.  de  beUo  AatioeUas 
(schlacht  von  Magnesia  s.  19).  VII.  Eumenes  Bomae  Teraataa»  de  ei- 
peditione  a  Manlio  in  Gallograeciam  facta,  de  pace  Antiocho  datm 
regnum  Pergamenum  aliquanto  auctum  ad  sammum  potestatis  fastigfui 
evehitur. 

Herford.  HOlsobei. 


INHALTSVERZEICHNIS. 


Bemerkungen  zu  dem  artikel  des  hrn.  prof.  dr.  Fahle  'siebseha  premsifolie 

Bchnlfragen'.     {Darschel.)    8.  80. 
Berichtignng.    [ffom.)    8.  304. 
Biedermann:   latein.  elementarbach  für  die  oniertte  datee  der  latein- 

schule  (sezta).    München  1875.    {Eus9ner,)    s.  64S. 
Bohemus,  Joh.,   gekrönter  poet,   rector  der  krenisehnle   >a  Dresden 

1689—1676.    (MeUzer.)    s.  190.  269. 
Brial:  quelques  mots  sur  rinstruction  pnbliqne  en  Fraaoe.    Paris  1878. 

{Kämmet.)    8.  147. 

Curtins,  Georg,  25jähriges  akademische«  jabiUnm.    (IMImA.)    s.  267. 

Deutsche  gesohlechtsnamen.    {AndreMen,)    s.  688. 

£rklftmng.     {Wendty  Kappes,  Damm.)    s.  109. 
—  (Sanegg,)    s.  441. 

EUendt:  lat.  grammatik,  bearbeitet  Toü  M.  S^Tffert  14e  anfl.  Berlin  1874. 

{Sanegg.)    s.  226. 

Wähle  und  Lampe:    phjsik   des  tilglichen  lebeas  usw.     Leipsig  1874» 

(Fahle.)     s.  40. 
Französisches  unterriehtswesen  siehe  Br^aL 

Geographie ,  zur  lehrmethode  derselben,    (deck.)    s^  618. 

Götze:    geographische  repetitionen  fttr  die  oberclaasen  Ton  gjrmnatieB 

und  realschulen.    2e  aufl.    Hains  1874.    (ffoUtti^)    a.  S87. 
Griechisches  extemporale  in  gymnasialprima.    (Be$$m)    ■•  1. 
G jmnasiallehrer ,    die    abhängigkeit    derselben   Tum    nriella   anderer, 

{Olawtky),     s.  521.  585. 
Gymnasium  und  gegenwart.     (WoMreh.)    §•  806. 

Meskamp:  etymologisches  latein.  vocabularinm  fBr  VI  und  V;    Hildes- 
heim 1874.     (Kauxch.)     s.  94. 
Hofmann:  schulbibel.     Dresden  1875.    (Mezger,)    s.  548. 

Meiler:   grundrisz  einer  historischen  einleitung  in  die  bibel  für  höhere 

bildungsanstalten.     Aarau  1874.     (Suier,)    s.  289. 
Kirchner:  gnindrisse  der  mythologie  und  sagengesehiehte  der  Grieehen 

und  Römer.     2e  aufl.     Gera  1872.    (FoUbrechL)    s.  98. 
JCoch:  griech.  scbulgrammatik  usw.    8e  aufl«    Leipsig  1874.    (Hmtmanm.) 

8.  481. 


640  Inhaltsyerzeichms. 

Köln,   die   Universität   daselbst   im  kämpfe   gegen   den   anfistrebendeB 

humanismus.     {Kämmel.)    s.  401. 

JLampe  und  Fahle:  phjsik  des  täglichen  lebens  siehe  Fahle. 

Mathematik  siehe  schalmathematik. 

Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.     {Bieck,)    a.  66.  ll^-  i<(l- 
Maturitätszeugnis,  nicht  maturitätsprüfung.    (Bielmayr,)    «•  888. 
MelU:  die  schönsten  sagen  des  classischen  altertums  nnd  det  deattchsn 

mittelalters.    Wien.     {VoUbrecfU.)    s.  98. 
Mensae  secundae.    Y.   Reinhardi  super  Demotthene  iadicianu    (SUmU- 

manru)    s.  159. 

Nekrolog,  betr.  M.  Thümmel.     (Stier,)    s,  8. 

—    betr.  dr.  Becker.     {Wiegand,)    s.  10. 
Noctes  scholasticae.    zur  frage  über  didaktische  und  plldagogiaehe  an- 

leitung  der  schulamtscandidaten.     (*  *  *)    s.  858. 
Noire:  pädagogisches  skizzenbuch.    Leipzig  1874.    {E,  in  M.)     s.  888. 

Fersonalnotizen.     (herausgeber.)    s.  109.  255.  350.  519. 
Preuszen,  zur  schulstatistik.    {Hess,)    s.  866. 
Programme.    {Doberenz.)     s.  160. 

—  {Benicken,)    s.  255.  300.  350.  397.  442. 

—  l/iölscher.)    s,  517.  581.  636. 

Psychologie,  zu  derselben,     über  mens,  animus,  ingeniom.    (Mexgn.) 
ü.  482. 

Randglossen  zu  dem  artikel  ixrfitv  äyay.    (Fahle,)    s.  107. 

Reis:  1  ehrbuch  der  phjsik.    2e  aufl.    Leipzig  1878.    (Fahie,)    s.  46. 

Religionsunterricht,  in  mittleren  classen  und  bei  confimuuiden.    (B,H» 

in  B.)     s.  154. 
Rümelin:  reden  und  aufsätze.    Tübingen  1875.    {liasemmm»)    s.  487. 

Bchaubach:   griech.  vocabularium   für  den  elementarontenieht.    Leipiig 

1873.     (Doberenz.)    s.  93. 
Schöne:  griech.,  röm.  und  deutsche  sagen  für  den  Unterricht  in  onteren 

classen.     2e  aufl.    Iserlohn.     (Follbrecht,)    s.  98. 
Schillers    glocke,    zur  erklärung  einer  stelle  aus  derselben.      (Ke^,) 

s.  626. 
Schillers  sueviämen.     (Boxberger.)    s.  628. 
Schneider:    Isokrates    ausgewählte    reden,     für   den  Bchnl^bimnch  v- 

läutert.    2c  aufl.    Leipzig  1874.     (Harimann,)    s.  488. 
Schriftzeichen,  unsere.     Vortrag.     (Hennings,)    s.  418. 
Schulmathematik,  zur  praxis  derselben.    (FcJde,)     B.  449. 
Seyffert-Ellendt:  latein.  grammatik  siehe  Ellendt. 
Sophokles,  zur  Antigene  desselben.     (Heubach,)    8.  186. 
Sprachhistorische    resultate,    Verwendung    derselben    beim    nnterrieht 

(Lang,)     s.  333. 
Stadelmanni  in  obitum.     (Reichenhardt.)     s.  580. 


VersammlnDg  deDtscbor  phitologen  nnd  aohalmäDner  in  InnEbmcli  1874. 

(PeratAonir.)     s.  S38.     293. 

Versammlang   deutscber  pLilologon  and  salialmltiiner  in  Rontooic  1875, 

(Brandl.)     l.  489.   556. 

VerBammlnng    mittelibüinUcher 

gjrmiiHiallelirer    In    Heidelberg    1ST6. 

[Kaufmann.)     >.  437, 

iltichUr.)    ,.  611. 

(Dtialal.)     B.  573. 

Wagntr:  flores  et  fractus  latioL     edit.  Itl.     Lipsiiie  1S75.     (fiarlmtmn.) 
:  387. 

fVaraäein:     neues    vereinfachtes    UomorwÖrterbucli.       Stuttgart    1ST4. 
[Sorgenfrey.)     s.  ata.